Restriktive Foren

Thema:
eröffnet von danijelle am 10.09.05 02:42
letzter Beitrag von beitlamed am 15.07.04 14:15

1. Distanzierung

geschrieben von danijelle am 07.05.04 17:35

Hallo an alle!

Ich distanziere mich hiermit und mit aller vehemenz von den Verbrechen an den Kriegsgefangenen im Irak, die von Amerikanern und Briten begangen wurden.

Ich verurteile diese Vorgänge aufs schärfste!

Das hat absolut nichts mit meinem Fetisch oder meiner Neigung zu tun.

Wollte ich nur noch einmal feststellen!

danijelle
(Diese Nachricht wurde am 07.05.04 um 17:35 von danijelle geändert.)
2. Re: Distanzierung

geschrieben von mister am 07.05.04 17:44

Hallo Danijelle
Fairerweise muß man auch die Verbrechen der Iraker
nennen, die nicht einmal davor zurückschrecken Uno
und Rote-Keuz Helfer umzubringen.
Jeder Krieg, egal aus welchen Beweggründen ist
abzulehnen.
Viele Grüße
Michael

(Diese Nachricht wurde am 07.05.04 um 17:44 von mister geändert.)
3. Re: Distanzierung

geschrieben von danijelle am 07.05.04 17:48

hallo Michael,

stimmt absolut!

Liebe Grüße
danijelle
4. Re: Distanzierung

geschrieben von yoriador am 07.05.04 18:17

@danijelle und mister:

ich verurteile die Misshandlungen = Folterungen ebenso mit allem Abscheu, aber was mich besonders wütend macht, ist, wie Teile der amerikanischen Armee mit ihrem ethischen Überbau sexuelle Macho-Phantasien zur Demütigung von Gefangenen einsetzt. Das haben meines Wissens die Iraker nicht getan.

Diese Rambo-Manieren der amerikanischen Regierung kann ich nicht mehr ertragen...

5. Re: Distanzierung

geschrieben von Muzolino am 07.05.04 18:45

Will allen Vorschreibern und vor allem Mister voll zustimmen.

Und ich glaube Mister nur zu bestätigen, wenn ich feststelle, dass die, in der Sadam-Zeit sicher auf der Tagesordnung stehenden, Folterungen und Ermordungen der Iraker an Ihren Landsleuten in keiner Weis dazu geeignet sein können, die Greueltaten der Besatzungsmächte auch nur im geringsten zu beschönigen.

Dass dies nichts mit irgendwelchen Fetischen oder Vorlieben zu tun haben kann, steht selbstredend fest.

Danke Danijelle für diesen Thread. Ich hätte ihn selbst nicht eröffnet. Es ist aber gut sich dazu äussern zu können.

verschlossene Grüsse


Muzolino
6. Re: Distanzierung

geschrieben von bluevelvet am 07.05.04 18:48

Eric Schmid von Google soll einmal gesagt haben (Quelle: die Internet- und Multimedia-Zeitschrift "Tomorrow"):

"Wenn ich über Mi***ft rede, ist das immer schlecht für meine Gesundheit."

So geht`s mir mit der Politik. Beenden wir die Diskussion darüber besser!

Bluevelvet

(Diese Nachricht wurde am 07.05.04 um 18:47 von bluevelvet geändert.)
(Diese Nachricht wurde am 07.05.04 um 18:48 von bluevelvet geändert.)
7. Re: Distanzierung

geschrieben von danijelle am 07.05.04 19:13

Hallo Jungs,

@blue > ich wollte gar nicht unbedingt diskutieren nur einfach meinen Standpunkt klarstellen.

@muzzolino > ich habe diesen thread nur gesetzt, weil es in den letzten Tagen, diese bilder im TV gab und es scheinbar noch reichlich menschen gibt, die meinen wir sind genauso drauf wie diese GI (wobei es sicher auch GI gibt die O.K sind). Leider auch im Forum.

Viele Liebe Grüße
danijelle
8. Re: Distanzierung

geschrieben von Nachtigall am 08.05.04 10:16

Hallo Danijelle,

dieses Thema zu eröffnen war eine gute Maßnahme! Besonders unter Berücksichtigung deiner letzten Stellungnahme dazu.

Lieben Gruß
Anja
9. Re: Distanzierung

geschrieben von Latekslover am 18.05.04 10:17

Interessant an der ganzen Geschicht ist, dass die Amis und Engländer jungen Männer in den Irak schicken, die erst einmal das gleiche irakische Feindbild haben, wie wir -nämlich persönlich für jeden einzelnen erst mal eigentlich gar keins. Dann wir ihnen eingetrichtert: die !!!BÖSEN!!! Iraker - das ganze geschieht Tag und Nacht- echte Gehirnwäsche.
...und schließlich wundern sich die hohen Herrn, dass nicht alle Soldaten -vorher völlig sozial verträgliche Jugendliche- den Absprung wieder bekommen.

Das ganze (Verletzungen der Genfer Konventionen) war so absehbar und ist -denke ich- in kaum einem Krieg zu vermeiden, so dass ich das scheinheilige Getue von Rice und Co. echt nicht verstehe. Die haben den Krieg angezettelt und müssen das jetzt auch verantworten - und DAS machen die hohen Herren + Frau Rice ECHT schlecht...


Latekslover
10. Re: Distanzierung

geschrieben von am 19.05.04 07:41



Wer Gewalt saet,wird Gewalt ernten,obwohl dies für beide die schlechteste Form des Umganges miteinander ist.
11. Re: Distanzierung

geschrieben von am 27.05.04 13:30

hallo beitlamed,
das ist wirklich ein mutiges Thema und ich bedaure es richtig, an dieser Veranstaltung nicht teil nehmen zu können.
Als die ersten Fotos veröffentlicht wurden, stets mit der Soldatin Lynndie England im Bild, erschien in der TAZ folgender Kommentar:

*... Lynndie England schleift einen Gefangenen mit einem Strick am Hals über den Boden ... Was soll das Bild erzählen? Eine Frau kastriert einen Mann. Wie eine Domina, schreibt ein Kommentator. Im kollektiven Bewußtsein ist das Bild Inventar der sexuellen Fantasie, nicht der Realität. Die Domina ist Provokateurin der Angstlust des Mannes. Das Machtverhältnis starker Mann- schwache Frau wird umgedreht, der Mann regrediert zu einem Stadium, in dem die Mutter die Stärkere und Mächtigere war und erlebt mit Schaudern seine Ohnmacht. Aber nur im Spiel.
Diese Bilder sind besonders perfide, weil sie mit der Angst des Mannes vor der Domina spielen ... der Gefangene ist es, an dem die Ohnmachtsfantasien inszeniert werden.*

Und - schwupps - da war ich mittendrin ... in einem inneren Dialog, der bis heute noch kein Ende gefunden hat.
An einer Leine hinter mir hergezogen habe ich meinen Sub auch schon, ihn demütigend meiner Dominanz ausgeliefert ebenfalls.
Selbstverständlich konsensuell, im lustvollen gemeinsames Spiel.
Aber gerade diese Hundeleine setzt mich im obigen Zeitungsartikel plötzlich in Bezug zu Folterbildern, die mich entsetzen und die ich als Teil einer aggressiven Kriegsmaschinerie verurteile.
Äußerlich nur eine dünne Argumentationsdecke, die mich plötzlich von solchen Greueln trennt, gefühlsmäßig ist dieser Gedanke nur schwer zu ertragen.
Ich beneide Euch in Wien um die Möglichkeit, über solche Bezüge öffentlich diskutieren zu können.
Gruß
ChariSMa


(Diese Nachricht wurde am 27.05.04 um 13:30 von ChariSMa geändert.)
12. Re: Distanzierung

geschrieben von oxymoron am 27.05.04 17:23

Moin moin

@ChariSMa
Ich werde Dir wohl kaum bei Deinem inneren Dialog helfen können. Allerdings gibt es, zumindest für mich, einen großen Unterschied zwischen dem Text und dem Bild.
Der Mann, der sich einer Domina unterwirft, in welcher Form auch immer, tut dies aus freien Stücken (wobei ich in diesem Fall auch *hörige* Männer dazu zähle). Der irakische Gefangene hat das mit Sicherheit nicht getan. Für ihn war es kein Spiel, sondern grausame Realität, aus religiöser Sicht erniedrigend.
Viele Dinge können friedlich oder als Waffe eingesetzt werden (z.B. ein Messer). Du solltest Dich nicht schlecht fühlen, weil andere mit einem Messer töten, Du aber damit Brot schneidest ...

oxymoron
13. Re: Distanzierung

geschrieben von mister am 27.05.04 17:54

Hallo zusammen
@ChariSMa
Ich verstehe deine Gefühle, denn das war der Grund warum ich meine Dominanz unterdrückt hatte und mit mir nicht im reinen war, Ich bin noch geprägt von dem Vietnam Krieg  und trete seitdem entschieden gegen Krieg und Faschismus ein. Nur um eines bitte ich euch.
Verfallt nicht wie ich damals in einem blinden Anti
Amerikamiesmuss. Es ist nicht das Amerikanische Volk  
es sind die jeweiligen Regierungen mit ihrer Kriegsmaschinerie. Die Soldaten sind ebenso Opfer und es wird nie einen sauberen Krieg geben.

ES GIBT EINFACH KEINE RECHTFERTIGUNG FÜR EINEN KRIEG.

Ich bewundere Männer wie Mahatma Ghandi, Nelson Mandela und den Dalai Lama.
Solche Menschen sind stellvertretend, das es auch anders geht.
Nachdenkliche Grüße
Michael

(Diese Nachricht wurde am 27.05.04 um 17:54 von mister geändert.)
14. Re: Distanzierung

geschrieben von am 27.05.04 18:43

hallo mister, hallo oxymoron,

ohne in Antiamerikanismus zu verfallen, sehe ich, dass die US-Armee, wie jede Armee, mit einem Demütigungssystem arbeitet: ständige Frustrationen erzeugen Aggression, die nach außen gelenkt wird. Dieses System wirkt auf alle Soldaten gleich, für Frauen wie Lynndie England kommt jedoch noch eine Extra Portion Demütigung dazu: sie haben sich ständig in einem männlich definierten System zu behaupten, das Weiblichkeit abwertet.
Sie ist Opfer und Täterin zugleich.
Hinter diesen inszenierten Fotos lässt sich sehen, was der ganz normale Krieg aus ganz normalen Männern und auch Frauen macht.

Dieses breite Grinsen von Lynndie England, wenn sie kastrierend mit ihrem nur angedeuteten Gewehr auf die Genitalien von Gefangenen zielt, geht mir die letzten Wochen kaum aus dem Kopf.
Es ist das Grinsen einer Frau, die einen Mann unter Billigung ihrer Mitsoldaten demütigen darf. Sie hat offensichtlich Spaß an einer Domina-Inszenierung.
Und ich wünsche mir dringend, dass das nichts mit mir zu tun hat.

Gruß
ChariSMa
(Diese Nachricht wurde am 27.05.04 um 18:43 von ChariSMa geändert.)
15. Re: Distanzierung

geschrieben von bluevelvet am 27.05.04 20:02

Hallo ChariSMa,

dass dir die Bilder mit der Hundeleine nicht so ohne weiteres aus dem Kopf gehen, kann ich, nach deiner Schilderung einer Szene mit deinem Sub, durchaus nachvollziehen. Aber lass dich bitte nicht von der bloß äußerlichen Ähnlichkeit täuschen. Du schriebst:

"Selbstverständlich konsensuell, im lustvollen gemeinsamen Spiel"

Und genau darin liegt der Unterschied! Ein kleines Kind, dass seine Eltern zufällig beim "wilden Sex" beobachtet, kommt möglicherweise zu dem Schluss, dass die Eltern miteinander kämpfen, wobei die Mutter - unter dem Vater liegend, stöhnend - offenbar unterliegt. Hat die Szene etwas mit Vergewaltigung (sexuell/nicht-sexuell) zu tun? Natürlich nicht.


Ich möchte noch einen anderen Punkt aufgreifen:

"...dass die US-Armee, wie jede Armee, mit einem Demütigungssystem arbeitet".

Nun war ich, noch zu Zeiten des kalten Krieges (!) für 15 Monate beim Bund und ich kann sagen, dass ich dort weit weniger Demütigungen ausgesetzt war als etwa im Referendariat oder in meiner Zeit als Sozialpädagoge oder seitens meiner Schüler jetzt. Ich wurde nicht schikaniert, mit Hass oder Feindbildern indoktriniert oder Ähnliches. Wie ich in einer Kriegssituation oder sonstigen Ausnahmesituation reagieren würde, darüber wage ich kaum eine Aussage; ich wäre wahrscheinlich von Angst überschwemmt. Und ich hoffe, dass meine Sicherungen stark genug wären, mich vor Missgriffen zu bewahren. Die Bitte des Vaterunsers "... und führe uns nicht in Versuchung" hat, das wird mir immer klarer, ihren tiefen Sinn. Wichtig ist, sich das Mitgefühl für die Opfer zu bewahren.

Nachdenkliche Grüße
Bluevelvet



(Diese Nachricht wurde am 27.05.04 um 20:02 von bluevelvet geändert.)
16. Re: Distanzierung

geschrieben von bluevelvet am 27.05.04 20:14

Hallo Michael,

Du schriebst:

"Es gibt keine Rechtfertigung für einen Krieg."

Von einem rein moralischen Standpunkt bin ich schnell geneigt, dir zuzustimmen. Ich teile auch deine Sympathien für Gandhi, Mandela und den Dalai Lama. Doch weder die Nazis, noch etwa die Roten Khmer waren mit gewaltlosem Widerstand zu besiegen, sondern nur durch Krieg. Und auch meine eigene Gewaltlosigkeit hätte schnell ein Ende, wenn jemand etwa meine Nichten und Neffen bedrohte und verbale Mittel offenbar nichts nützten.

Ich möchte damit sagen, dass es in unserer Welt durchaus oder immer wieder Situationen gibt, in denen es jeweils keine gute, sondern nur noch eine richtige Lösung gibt. - Leider.

Dir auch einen
nachdenklichen Gruß
Bluevelvet

17. Re: Distanzierung

geschrieben von am 27.05.04 21:42

Wahrscheinlich hast Du recht, bluevelvet,
mich hat einfach nur die Kongruenz dieser beiden Situationen etwas aus meiner Mitte geworfen ...
dass es einen wichtigen Unterschied gibt, weiß ich Gott sei Dank sehr gut.

lieber Gruß
ChariSMa
18. Re: Distanzierung

geschrieben von Why-Not am 27.05.04 22:26

Ich denke, das Problem bei diesen Bildern ist, daß sie uns auf zwei verschiedene Weisen ansprechen. Einerseits sprechen sie uns SMer erotisch-sexuell an - ob wir es wollen oder nicht. Andererseits lehnen wir sie aus ethisch-moralischen Gründen ab. In unseren Phantasien sind wir - je nach Neigung - die hilflosen Opfer oder die "machtvollen" Kerkermeister. Das ist es doch, was unser Kopfkino ausmacht. In den Phantasien geht es auch bei uns nicht SSC-mäßig zu - genauso, wie die Revolverhelden in einem Western nicht mit Platzpatronen schießen (auch wenn die Schauspieler es natürlich trotzdem tun). Und diese Phantasien erschrecken uns manchmal.

Aber wir sind genauso wenig unseren Phantasien hilflos ausgeliefert, wie die "Normalen". Wenn ein "normaler Mann" eine für ihn sexuell sehr reizvolle Frau in der S-Bahn sieht, stellt er sich in seiner Phantasie wahrscheinlich vor, was er mit ihr schönes machen könnte. Tatsächlich wird er allerdings (wenigstens normalerweise) nicht über sie herfallen, um seine Phantasien zu verwirklichen.

Warum gestehen wir uns diese zwei Ebenen nicht auch zu? Natürlich haben wir unsere Phantasien. Aber wir haben auch unsere Wertvorstellungen. Und zu diesen gehört, daß wir unsere Neigungen nicht auf Kosten anderer, sondern einvernehmlich mit Gleichgesinnten ausleben, die auch Spaß daran haben.

Unabhängig von meinen erotisch-sexuellen Neigungen lehne ich Folter aus ethisch-moralischen (und auch praktischen) Gründen ab und unterstütze Amnesty International nicht nur in Gedanken regelmäßig. Das ist nur oberflächlich betrachtet ein Widerspruch.

Nicht der SMer, der seine (wie auch immer gearteten) Phantasien einvernehmlich und für alle sicher auslebt, ist in meinen Augen ein Problem, sondern der "normale" Politiker, der allen Ernstes Folter als Mittel der Gefahrenabwehr (Euphemismus: "Rettungsfolter") fordert.

Why-Not
19. Re: Distanzierung

geschrieben von am 28.05.04 10:49

Ich glaube, Du hast es für mich genau auf den Punkt für mich gebracht, Why-Not. Das richtige Wort zur richtigen Zeit ...
Manche dieser Bilder haben einfach eine Doppelwirkung: sie zeigen mir das, was ich auf einer anderen Ebene sonst zutiefst erotisch finde und zugleich weiß ich aus dem sie umgebenden Kontext, dass sie brutal und menschenverachtend sind und ich sie mit meinen Wertmaßstäben ablehne.
Eigentlich schaue ich sie gleichzeitig mit vier Augen und zwei verschiedenen Seelen an.

lieber Gruß
ChariSMa

20. Re: Distanzierung

geschrieben von am 28.05.04 13:03

Hallöschen an alle!!
Auch ich habe mich hier schlaugelesen zum Thema Irak und Kriege und möchte dazu folgenes schreiben,was in der Praxis äußerst schwer nachzuleben ist,aber ich glaube den Kern trifft.

Auch wenn sich mein Feind von der Kernschicht weit entfernt hat,so ist er mir dennoch gleich und ich werde aus Liebe versuchen,ihn zurückzuholen.Mord oder irgendeine weniger krasse Destruktion oder Aggression ist eine Flucht nach vorn und ich füge einem anderen zu,was man im schlimmsten Fall mir zufügt.Wenn ich das weitergebe,bin ich nicht besser,auch wenn ich etwas Gutes wünsche und beabsichtige.

Gewalt erzeugt Gegengewalt und Aggression Gegenaggression.
Wann hat beides ein Ende
Wir müssen die Flucht nach vorn in die Aggression aufgeben und dürfen keinem mehr etwas antun,was man uns antut,dann erst ist der Eskalationskreislauf unterbrochen,erst dann kann sich langsam die Veränderung durchsetzen.


PS.Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schwer dies ist und es gelingt mir nicht immer,aber ich arbeite an mir.Jeden Tag.


Viele Grüße

Thomas
21. Re: Distanzierung

geschrieben von am 28.05.04 19:24

hallo Thomas,
mir ging es nicht prinzipiell um die Ablehnung des Irakkrieges oder den Umgang mit *Feinden*.
Mir ging es speziell um eine Abbildung einer Demütigung, die ich selbst in einem anderen Kontext schon als lustvoll gelebt und empfunden habe.
Ein Mann an einer Leine und ein Mann an einer Leine ... das können offensichtlich zwei ganz verschiedene Welten sein.
Gruß
ChariSMa
22. Re: Distanzierung

geschrieben von am 28.05.04 19:44

Hallo@ChariSMa!!

Ich hatte sehr gut auch deine Beiträge verfolgt und konnte die Augenblickliche Spaltung bei dir, vollkommen nachvollziehen und erleben.
Meine Empfindungen bei diesen schrecklichen Bildern waren ähnlich und ich war Anfangs wirklich sprachlos, als ich mich in die verschiedenen Rollen der beteiligten hineinversetzte.

Mein Beitrag war nicht für dich oder einen anderen bestimmten gedacht, es waren, sind *einfach* gefundene Kommentare, die das am besten ausdrücken wozu ich stehe.
Das der Kreislauf von Gewalt in welcher Form auch immer, nicht durchbrochen werden kann, macht mich zum einen hilflos und zum anderen *versuche* ich Gewaltlos zu Leben um im kleinen den Kreislauf zu durchbrechen, was jedoch in der Realität schwer machbar ist. Es geht aber, wenn auch nur in ganz kleinen Schritten, die leider auch mal zurückführen können.

PS.Deine Probleme, bei dem Thema, habe ich vollkommen verstanden!!

Viele Grüße

Thomas

(Diese Nachricht wurde am 28.05.04 um 19:44 von Aktivundoderpassiv geändert.)
23. Re: Distanzierung

geschrieben von am 28.05.04 19:58

hallo Thomas,
ja okay, in diesem Zusammenhang verstehe ich Deinen Beitrag.
Gruß
ChariSMa


(Diese Nachricht wurde am 28.05.04 um 19:58 von ChariSMa geändert.)
24. Re: Distanzierung

geschrieben von fa445962 am 04.06.04 22:40

Wie immer, wenn solche Teilnehmer einen Thread ausfüllen, waren eine Menge guter Gedanken dabei. Erlaubt mir dennoch, auf den einen Punkt einzugehen:

Mister schrieb, daß fairerweise auch die Verbrechen der Iraker genannt werden müßten, die ... auch UNO- und Rot Kreuz – Helfer umbrächten.
Sicher, das ist richtig. Aber werden da nicht Handlungen in eine Schale geworfen, die nicht in dieselbe gehören? Selbstredend ist das Umbringen Unschuldiger (die zudem auch noch helfen wollen), ein Verbrechen, aber es ist eines, das Überfallene in ihrem wild-um-sich-schlagen verüben in ihrer blinden Wut und scheinbaren oder gar tatsächlichen Alternativlosigkeit ob dieses Überfalls. Und das es sich um einen Überfall handelte, darüber sind wir uns alle doch hoffentlich einig, oder?
Ich hoffe, ich weiß, was ich schreibe, wenn ich seine moralische Qualität in Relation setze zum Überfall und der Begründung dessen auf Polen am 1.9.39. In beiden Fällen ging es einem durch Wahl nicht legitimierten politischen Führer darum, Lebensraum zu erobern bzw. die imperiale Geltung seines Landes, für die u. a. das Erdöl von vitalem Interesse ist, zu erhalten. In beiden Fällen ist eine windelweiche Ausrede, gesucht und von stets dienstbaren Polithuren (Geheindiensten, Regierungsmit- und –zuarbeitern) an den Haaren herbeigezogen beschafft worden. In beiden Fällen ging es dem Regime nicht um Moral, da es beiden Regimes offensichtlich eine derartige Denkweise völlig wesensfremd war/ist.

Insofern bin ich skeptisch gegenüber Yoriadors formuliertem ethischen Überbau der Okkupanten, zumindest, was die US-Invasoren betrifft. Den US-Regierungen sind rassistische, menschenverachtende, ausbeuterische Grundeinstellungen und die daraus abgeleiteten politischen Handlungen nie fremd gewesen. Daher ist auch die US-Armee, mit der historisch betrachtet relativ kurzen Ausnahme des Zweiten Weltkriegs, nie etwas anderes gewesen als das Sammelbecken all derer, die sich in ihrem Gottes eigenen Land, in ihrer Stadt auf dem Hügel, ihrem Vorbild für die Welt vermeintlich oder tatsächlich zu kurz gekommen fühlen und daher die Chance zu einer gewissen Karriere in ebendieser Organisation ergreifen. Ergebnis: überdurchschnittlich viele „Nichtweiße“, sozial Benachteiligte, Schulabbrecher und, nun ja, um es drastisch auszudrücken, geistig nicht eben sonderlich Bedachte.
Ethischer Überbau?

Nur am Rande: Selbst die systematische Ausrottung mißliebiger Völker am Beispiel der Indianerstämme hat die USA - im Rahmen ihrer seinerzeitigen technischen Möglichkeiten - bereits nachfolgenden Geisteskranken vorexerziert.
Ich verstehe in diesem Kontext (hoffentlich) ChariSMas Gedanken hinsichtlich eine Demütigungssystems, dem vor allem Frauen unterworfen sind. Daß Lynn England neben ihrer Täter- auch eine Opferrolle einnahm, damit habe ich aber schon Probleme. Selbstverständlich wertet gerade das US-Militärsystem alles Weibliche ab und zwingt zur Selbstbehauptung; aber doch nur dann, wenn frau sich, vielleicht wegen ihrer sozialen Umstände, freiwillig (!) In diese Lage begibt oder handelt es sich etwa nicht durchweg um Berufssoldaten? Darin auch eine Opferrolle zu sehen, kann legitim sein, aber dann ist es legitim, sie auch auf die Tausenden namentlich bekannter wie unbekannter SS-Mörder anzuwenden, denn auch sie sind vielleicht bedingt durch ihre sozialen Umstände (zumeist freiwillig) in diese Rolle geraten.
Wie gesagt, ich habe damit Probleme, denn jenseits aller Erklärungsansätze für ein Handeln oder Unterlassen gibt es ethische, moralische, religiöse oder was sonst noch für Grenzen, die ein denkendes, fühlendes Wesen, das sich Mensch zu nennen nicht entblödet, nicht zu überschreiten hat, punktum!
Daß die militärische Ausbildung gerade diese Schwellen zu beseitigen, zumindest aber zu senken versucht, mindert die Schroffheit meiner Forderung nicht, denn, wie gesagt, wenn ich aus eigenem Entschluß zum Militär gehe, habe ich immerhin eine Vorstellung davon, was mein Brötchengeber im Fall des Falles von mir erwartet. Auch bzw. gerade wegen des militärtypischen Repressions- und Demütigungssystems.
Bluevelvet hat zwar geschrieben, daß er in nachfolgenden Phasen weit größeren Demütigungen ausgesetzt war als beim „Bund“, aber das scheint wohl eine Frage der persönlichen Wahrnehmung zu sein. Aus meiner Sicht hat es nichts mehr mit der Betrachtung des Anderen als Menschen zu tun, wenn der Andere verpflichtet wird, gegenüber seinem Vorgesetzten, egal wie sehr er ein Idiot oder ein A....loch sein mag, „militärische Haltung“ anzunehmen. Nur ein Teil des ausgeklügelten Demütigungs- und Repressionsmechanismusses, der übrigens gerne auch den Druck auf die Gruppe soweit erhöht, daß innerhalb dieser entstandene Probleme ohne eigenes offizielles Zutun „gelöst“ werden, häufig unter Anwendung von Mechanismen, die einer gewissen politischen, gar demokratischen, Kultur spotten. Sicher wäre die Alternative gewesen, sich dem zu entziehen durch Kriegsdienstverweigerung, aber unser kapitalistisches System forderte seinerzeit dann weitere drei Monate des Lebens für einen Dienst, der es anständig zu bezahlen nie im Sinn hatte, weil es ja die „Zivis“ gab. Danke nein!

Es ist an uns, die Strukturen, die solche Bilder ermöglichen, daß es ChariSMa und andere umtreibt, zu zerstören, dann werden auch solche Bilder und die durch sie dokumentierten Handlungen aufhören.

In beinahe verzweifelter Hoffnung,
Jean
(Die bei mir üblichen Rechtschreibfehler korrogiert - wenigstens die, die ich gefunden habe)
(Diese Nachricht wurde am 04.06.04 um 22:37 von fa445962 geändert.)
(Diese Nachricht wurde am 04.06.04 um 22:40 von fa445962 geändert.)
25. Re: Distanzierung

geschrieben von Maxx1972 am 05.06.04 00:04


Zitat


ohne in Antiamerikanismus zu verfallen, sehe ich, dass die US-Armee, wie jede Armee, mit einem Demütigungssystem arbeitet: ständige Frustrationen erzeugen Aggression, die nach außen gelenkt wird. Dieses System wirkt auf alle Soldaten gleich, ...
Gruß
ChariSMa


Waren Sie denn schon mal bei einer Armee, dass Sie solch pauschaler Urteile erhaben sind dass alle nach einem Demütigungssystem arbeiten?

Gruß
Maxx
26. Re: Distanzierung

geschrieben von Why-Not am 05.06.04 00:05

Hallo Jean,

jetzt muß ich ja richtig aufpassen, nicht versehentlich in die Rolle gedrängt zu werden, George "Exxon" Bush zu verteidigen.

Aber ich denke, daß es neben dem eher unorganisierten Widerstand von Irakern, die sich insbesondere durch das Auftreten der amerikanischen Besatzer gedemütigt fühlen, vor allem der organisierte Widerstand von Kräften ist, die den Irak aus eigenen, machtpolitischen Interessen heraus destabilisieren wollen. Auf deren Konto dürften auch die (wie ich vermute) vorsätzlichen Attentate auf humanitäre Helfer gehen.

Im Übrigen kann man Unrecht nicht gegeneinander aufrechnen. Die Verbrechen Saddams bleiben Verbrechen, auch wenn die amerikanische Energiewirtschaft gewaltsam nach den Ölquellen des Irak greift. Die Verbrechen der US-Truppen bleiben solche, auch wenn es gezielten Terror irakischer Gruppen gibt, die selbst eine Diktatur errichten wollen. Und so weiter.

Zur Militär-Ausbildung allgemein:
Der Zweck militärischer Ausbildung ist das Ausschalten des eigenen Denkens. Wie sonst könnte man hinterher von Menschen erwarten, daß sie gegen ihren Selbsterhaltungstrieb Befehle befolgen, die sie in einen wahrscheinlichen - und überhaupt nicht heroischen - Tod führen. Gleichzeitig sehe ich eine grundsätzliche Notwendigkeit von (Verteidigungs-)Armeen. Ich war - während des Kalten Krieges - Wehrpflichtiger aus Überzeugung. Gleichzeitig hatte ich den Militärapparat - wie ich ihn erlebt habe - für idiotisch und menschenunwürdig gehalten. Ein Widerspruch, den ich nicht auflösen kann.

Why-Not
27. Re: Distanzierung

geschrieben von Maxx1972 am 05.06.04 00:20


Zitat


Zur Militär-Ausbildung allgemein:
Der Zweck militärischer Ausbildung ist das Ausschalten des eigenen Denkens. Wie sonst könnte man hinterher von Menschen erwarten, daß sie gegen ihren Selbsterhaltungstrieb Befehle befolgen, die sie in einen wahrscheinlichen - und überhaupt nicht heroischen - Tod führen. Gleichzeitig sehe ich eine grundsätzliche Notwendigkeit von (Verteidigungs-)Armeen. Ich war - während des Kalten Krieges - Wehrpflichtiger aus Überzeugung. Gleichzeitig hatte ich den Militärapparat - wie ich ihn erlebt habe -  für idiotisch und menschenunwürdig gehalten. Ein Widerspruch, den ich nicht auflösen kann.

Why-Not


Das Ausschalten des eigenen Denkens ist sicher nicht Ziel der militärischen Ausbildung! Vielleicht hast Du es während deiner Zeit als Wehrpflichtiger so empfunden, ich muss gestehen, phasenweise ging es mir genauso.

Du schreibst, dass Du eine Notwendigkeit in (Verteidigungs)Armeen siehst: NUR: Gibt es keinen Angriff, braucht es keine Verteidung! ABER: Angriff ist die beste Verteidigung! Ebenfalls ein Paradoxon schlecht hin!

28. Re: Distanzierung

geschrieben von Why-Not am 05.06.04 10:49

Allmählich wird es off-topic. Ich versuche mal, mich kurz zu fassen.

Zitat
Das Ausschalten des eigenen Denkens ist sicher nicht Ziel der militärischen Ausbildung! Vielleicht hast Du es während deiner Zeit als Wehrpflichtiger so empfunden, ich muss gestehen, phasenweise ging es mir genauso.

Aussage eines Vorgesetzten, die durchaus ernst gemeint war: "Sie sollen hier nicht denken, sondern gehorchen." (Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, in einer Kampfkompanie zu sein. In anderen Einheiten mag es anders aussehen.)

Zitat
Du schreibst, dass Du eine Notwendigkeit in (Verteidigungs)Armeen siehst: NUR: Gibt es keinen Angriff, braucht es keine Verteidung!

Eine glaubwürdige (und hinreichend starke) Verteidigungsbereitschaft kann Angriffe bereits im Vorfeld verhindern. Das gilt nicht nur für militärische Auseinandersetzungen, wie ich erst kürzlich wieder festgestellt habe. Aber das ginge jetzt zu weit ins Off-Topic.

Why-Not
29. Re: Distanzierung

geschrieben von fa445962 am 05.06.04 17:15

Hallo Why-Not,
vielen Dank für Deine Beiträge, die die eigene Position doch wieder überdenkenswert werden lassen (wobei auch Maxx1972 ens Gedanken selbstverständlich nicht ohne sind).
Schönes Wochenende,
Jean
30. Re: Distanzierung

geschrieben von DunklerRitter am 25.06.04 19:37

Zum Thema stupide Soldaten in Armeen:

Aus meiner Sicht ist die Bundeswehr in dieser Hinsicht ausgesprochen modern, auch wenn sie in anderer Hinsicht um 30 Jahre zurückhinken mag.

Ich war als Soldat in einem Spähzug bei einem der ersten deutschen Kontingente in Bosnien und habe mir bzgl. des Verhaltens deutscher "Besatzungs"soldaten wohl doch ein gewisses Bild machen können.

Wir haben speziell für den Einsatz in Bosnien eine ausgesprochen intesive Ausbildung erhalten und das Verhalten gegenüber Zivilisten, Aufständischen, in Hinterhälten, bei Geiselnahme, usw... bis zur physischen und psychischen Erschöpfung trainiert.
Wir wurden mit den Landessitten vertraut gemacht, mußten uns ein paar Brocken der Sprache aneignen, unsere Übungseinsätze wurden teilweise gefilmt und von Psychologen ausgewertet, wir wurden solange Extremsituationen ausgesetzt bis wir Fehler gemacht haben.

Niemand wurde jedoch dahingehend trainiert, blind zu gehorchen, sondern vielmehr mußte jeder selbst blitzschnell entscheiden, welches Auftreten angemessen ist. Ich war damals 19 und mehr als einmal völlig überfordert.

Diese Ausbildung hat dann im Einsatz in einer Situation ganz sicher mitgeholfen eine Eskalation bis zum Äußersten zu verhindern, so dass die Lage ohne auf Menschen zu Schießen geklärt werden konnte. Am Anfang unserer Ausbildung hatten wir in ähnlichen gestellten Situationen irgendwann um uns geschossen...

Ich weiß, dass die Amerikaner und die Franzosen mit denen wir teilweise zusammen unterwegs waren eine solche Ausbildung niemals erhalten hatten. Ich habe die Amerikaner zum Spaß Hunde erschießen sehen, wenn Du das als deutscher Soldat machst fliegst Du am nächsten Tag nach Hause und hast ein Disziplinarverfahren am Hals.
Und das ist auch gut so, ein Soldat der den "Frieden sichern" soll hat weder Rambo manieren nötig noch muss er aus Spaß rumschießen.

Wir waren zu jener Zeit so auf Passivität und möglichst freundliches Auftreten bemüht, dass wir unsere Maschinengewehre abgedeckt hatten und die Maschinenkanonen in die Luft zeigen ließen um ja niemanden zu provozieren.

Die ROE (rules of engagement) hätten uns nicht einmal erlaubt, feindliches Feuer zu erwiedern, wenn wir nicht unmittelbar selbst betroffen waren. Wenn ein Heckenschütze einen Zivilisten abgeknallt hätte dürften wir nicht zurückschießen sondern müßten mit dem Panzer in die Schußlinie fahren und dürften erst unter Beschuß das Feuer erwiedern (zum Glück kam ich nie in diese Situation, ich weiß aber, dass es die unter IFOR und UNPROFOR gab)

Diese sehr starke Passivität hat sicherlich vieles zur überwiegenden Akzeptanz der Bundeswehr im ehemaligen Jugoslawien beigetragen und dafür gesorgt, dass sich die Lage langsam aber kontinuierlich etwas zu entspannen schien. Die Aufstände dieses Jahr im Kosovo haben aber auch ganz klar die Grenzen einer "freundlichen" Armee gezeigt.
Hätte man geschossen, wären vermutlich ein Haufen Leben gerettet worden. (das hat zumindest das Verhalten der Armeen anderer Nationen gezeigt)

Doch ich hätte nicht derjenige sein mögen, der unter der Anklage, einen steineschmeißenden Zivilisten in den Kopf geschossen zu haben vor einem Militäruntersuchungsauschuß sitzen muß.

Das zeigt ganz klar, allgemeingültige "richtige" Regeln gibt es nicht.

Läßt man den Soldaten alle Freiheiten, entwickeln sich schnell Rambo Typen (auch wenn es sich zumindest zu meiner Zeit die Bundeswehr noch einigermaßen aussuchen konnte, wen sie ins Ausland schickt und wenn nicht und man durchaus den ein oder anderen ablehnte), zwängt man sie allerdings in ein Korsett strenger Vorschriften (ROE), dann sind sie in Extremsituationen (wie dieses Jahr im Kosovo) leider nicht so handlungsfähig, wie sie sein sollten.

Es ist sehr einfach, auf einem Richterstuhl sitzend zu entscheiden, was richtig und was falsch war. Wenn es allerdings nach mir ginge, würden dort nur Richter sitzen, die selbst einmal mit einem Sturmgewehr bewaffnet und drei Kameraden neben sich einem steinewerfenden Mob gegenüberstanden.

Wie völlig hilflos, allein und aufgeschmissen man in solchen Situationen ist kann man sich ansonsten nicht vorstellen.

Ich kann mich vielleicht einigermaßen in die 18-19jährigen amerikanischen Soldaten hineinversetzen, die vermutlich ohne jegliche psycholgische Schulung in diesen Krieg geschickt wurden und sich nun in einem kulturell völlig fremden und feindseeligen Land befinden.
Die Amerikaner mögen von der Militärtechnik und der effektiven Kriegsführung der Bundeswehr um Jahrzehnte voraus sein, bei der Ausbildung ihrer Soldaten (die im übrigen überwiegend aus den "Unterschichten" kommen) bzgl. Umgang mit fremden Kulturen, Verhalten in Kriesensituationen, usw... sind sie uns um Jahrzehnte hinterher.
Das rächt sich nun bitter...

Eine Besatzungsarmee, deren Soldaten mittlerweile die Angst im Nacken sitzt und die sich überall von Feinden umgeben fühlt, alleine gelassen von der Welt ist nicht das, was der Irak braucht.

Was ein Jahr unter solchen Zuständen in der Psyche und im Denken von hunderttausenden jungen Amerikanern ausrichtet mag ich mir lieber garnicht vorstellen.

Über wieviele junge Iraker, die man in die Hände der Terroristen und Extrmisten gespielt hat sollte man lieber auch nicht nachdenken.

Ein bescheuerter Krieg, dank der Gier nach Öl und macht, völlig überforderte Soldaten und eine verlogene US-Regierung, die sehr, sehr viel Vetrauen in der Welt verspielt hat. Der einzige Sieger bis jetzt ist der Terrorismus.
Soweit dazu mein Urteil vom bequemen Schreibtischstuhl aus.

mfg
31. Re: Distanzierung

geschrieben von xrated am 26.06.04 22:25

@ DunklerRitter

Find ich ich echt gut Dein Beitrag, den ich zu fast allen Punkten mit unterschreib - Super!

Gibt leider viel zu wenige, die öffentlich über "Blöd"-Zeitungsniveau, sich hierzu artikulieren können/wollen, bzw. wissen.

Am besten hat mir jedoch folgendes gefallen, was auch 100% meine Meinung widerspigelt, aber von allem, die was zu sagen haben in der Politik vehement verleugnet wird, aus guten Gründen (Politik ist eng verstrickt mit der Wirtschaft), folgende Teilfestestellung:

Zitat

...Ein bescheuerter Krieg, dank der Gier nach Öl und Macht...


Wenn eine gewählte Regierung sich total gegen die Wirtschaft stellt - also gegen die Wirtschaftsmacht - und widererwarten nur des Volkes Stimme/Mehrheit horcht bzw. Volkes Interessen versucht durchzusetzen anstatt die Interessen der Wirtschaftsmacht, ist sie nicht regierungsfähig und wird wie auch immer abgesägt - denn Geld (somit die Wirtschaft=Kapital) regiert die Welt. Alles andere ist ein Irrglaube, oder auch Augenwischerei.

Sorry für sehr OT, aber das brannte mir sehr auf den Nägeln und musste ich mal bei dieser Gelegenheit loswerden und unterstreichen!

Zitat

eine verlogene US-Regierung, die sehr, sehr viel Vetrauen in der Welt verspielt hat.

In der Tat verlogen. Die USA-Admnistration hat bis auf wenige Ausnahmen bisher immer nur egoistisch gehandelt und sich als Weltpolizist/Gott over the global earthball erhoben bzw. aufgespielt, mit nur egoistischen Interessen, alles andere ist nur vorgeschoben und vorgespielt. Ob nun IRAK-Krieg, Afgahnistan/Vietnam/(Liste fortsetzen könnte). Diese Länder waren nie wirklich Bedrohung für die USA, auch nit für die NATO-Verbündeten.

Zitat

Der einzige Sieger bis jetzt ist der Terrorismus.

Da haste mal Recht. Entzieht man denen das Argumentationspotential, das die USA sich immer wieder gern als Weltpolizist aufspielen möchte - gibt es eventl. auch dort Ruhe. Aber solange Gewalt mit Gegengewalt beantwortet wird - wird es immer wieder Gegengewalt auf die Gewalt geben - Eine Teufelsspirale dann ohne Ende (siehe auch das Gewaltspiel: Israeal & Palestina).

Xrated
(Diese Nachricht wurde am 26.06.04 um 22:25 von xrated geändert.)
32. Re: Distanzierung

geschrieben von fa445962 am 27.06.04 15:37

Hallo DunklerRitter,
Dein Beitrag ist eines der Glanzlichter dieses Threads,
Jean.
33. Re: Distanzierung

geschrieben von bibo am 15.07.04 10:23

Hi Danijelle et all,

schön Dich auch mal wieder zu treffen. Schliesse mich Deiner Meinung 100 % an.

Nachzutragen ist noch, dass die U.S. Armee ihre Angehörigen monatelang in Foltertechniken ausbildet (Anlegen von Elektroden etc).

Quelle: Bericht von "Der Spiegel" aus dem Jahre 1970.Fundstelle kann auf Wunsch nachgereicht werden.

So muss man sich über die Vorfälle im Abu Gureib Gefängnis ganz und gar nicht wundern...



Bibo
34. Re: Distanzierung

geschrieben von beitlamed am 15.07.04 14:15

Hi DunklerRitter,

danke für den exzellenten Beitrag. In einer deiner Schlußfolgerungen muß ich dir allerdings widersprechen:

Zitat

Wenn es allerdings nach mir ginge, würden dort nur Richter sitzen, die selbst einmal mit einem Sturmgewehr bewaffnet und drei Kameraden neben sich einem steinewerfenden Mob gegenüberstanden.

Wie völlig hilflos, allein und aufgeschmissen man in solchen Situationen ist kann man sich ansonsten nicht vorstellen.


Ich glaube, der Witz an einer durch Gesetze und Verfahrensregeln formalisierten Justiz ist, daß der/die RichterIn sich solche Situationen eben gar nicht vorstellen können muß. Denk deinen Ansatz mal weiter: Es müßte ja dann jeder Scheidungsrichter geschieden sein, jeder Strafrichter ein Dieb! Die RichterInnen haben festzustellen, ob eine Tat begangen wurde und ob ein bestimmtes Gesetz anzuwenden ist -- sie haben (im Idealfall, daß die auch Gefühle haben ist natürlich klar) NICHT mit der/dem Angeklagten oder KlägerIn zu sympathisieren.

bl

PS: Darf ich den Text deines Artikels kopieren und in ein anderes Forum stellen?
(Diese Nachricht wurde am 15.07.04 um 14:15 von beitlamed geändert.)


Impressum
© all rights reserved, 2024