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eröffnet von gag_coll am 30.12.13 18:35
letzter Beitrag von MartinII am 06.11.23 19:36

1. Maria

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:35

Vorwort
»Maria« ist eine von Paul VoF angefangene Geschichte, mich schon länger sehr fasziniert hat. Nachdem Paul schon sehr lange nichts mehr hatte von sich hören lassen, wollte ich einen Versuch starten, diese Geschichte selber fortzusetzen.
Bei diesem Vorhaben war es doppelt schwierig, denn ich musste mir nicht nur eine komplette Story überlegen, sondern ich musste diese Geschichte auch mit den Tatsachen in Übereinstimmung bringen, die Paul in den ersten beiden Kapiteln vorgibt. Trotzdem habe ich es nicht geschafft, alle seine Rätsel zu lösen.
Bedanken möchte ich mich vor allem bei Bastian, ohne den es diesen Versuch wohl gar nicht geben würde und der mich mit vielen neuen Ideen in die richtige Richtung gebracht hat. Genauso geht ein großer Blumenstrauß an Moana, die mir mit ihren nicht immer ganz einfachen Erinnerungen sehr geholfen hat und bei der ich mich auch noch einmal fürs Korrekturlesen bedanken möchte.
Paul hat die Geschichte aus der »Ich«-Form erzählt, ich nehme mir die schriftstellerische Freiheit, in meinen Kapiteln die Perspektive zu ändern.

Nach dem dritten oder vierten Kapitel kam dann eine überraschende Mail von ihm, die mich sehr gefreut hat und die meiner "Maria"-Variante sozusagen den Ritterschlag gab.

Lieber Karl,
entschuldige bitte, das ich dir erst jetzt antworten kann. Bin die ganze Woche beruflich unterwegs gewesen, komme erst jetzt so langsam wieder zur Ruhe. Von wegen, als Selbstständiger kann man sich die Zeit frei einteilen....
[...] Und bitte kein schlechtes Gewissen, was deine Fortsetzung zur Maria-Story angeht ! Du hast doch gar keine Möglichkeit gehabt, mich um eine Zustimmung zu bitten. Meine alte Mailadresse gibt es wohl noch, aber sie ist derart mit Spams vollgemüllt, das ich schon gar nicht mehr wage, sie noch abzurufen. Ich nutze sie schlichtweg nicht mehr, wahrscheinlich sollte ich sie einfach löschen.
Und jetzt zu Maria: Du hattest diese Geschichte schon mal angesprochen, daran kann ich mich noch erinnern. Ob es noch eine Fortsetzung geben würde...
Nun, ich habe diese Geschichte damals in einer besonderen Stimmung geschrieben und nur deshalb ist sie so geworden, wie du sie kennst. Ich wollte die Story ganz langsam aufbauen, den Leser immer nur stückweise mit Informationen versorgen. So, wie in einem gutem Krimi. Ich wollte, das das sogenannte "Kopfkino" angeregt wird, und ich glaube das ist mir ganz gut gelungen. Ja, und ich wollte Maria fortsetzen, doch ich finde einfach diese ganz bestimmte Stimmung nicht wieder, warum auch immer.
Deine Fortsetzung finde ich gut ! Das ist wirklich gut gelungen ! Natürlich drückst du der Story in diesem Teil deinen eigenen Stempel (Schreibstil, Perspektive des Erzählers und auch Inhalt) auf, aber das ist okay. Du siehst, ich bin einverstanden ! [...]
Bis bald
PaulVoF
2. RE: Maria Kapitel 1 - Der neue Schüler

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:37

Maria
Kapitel 1 - Der neue Schüler
Autor: Paul VoF
"Guten Morgen."
"Guten Morgen" kam es deutlich leiser aus der Klasse zurück.
Herr Peters nickte kurz, er schien die einstimmige, aber sehr müde klingende Begrüßung als völlig normal zu empfinden.
"So, ich möchte euch einen neuen Mitschüler vorstellen. Das ist Paul, und er wird ab sofort am Unterricht der Klasse teilnehmen."
´Viele Augen, voller Neugier. Ja, ein Neuer, seht mal alle her. Neugier, Argwohn, was noch alles war zu erkennen ?´
Ich bemühte mich ruhig zu bleiben, hoffte, das mein Gesicht nicht zeigte, wie unsicher ich doch war. Zaghaft nickte ich mit dem Kopf, versuchte freundlich zu wirken.
Seit einigen Tagen wohnte ich in der Stadt, meine Großmutter hatte mir ein Zimmer in ihrem Haus angeboten. Ich hatte ihr Angebot schnell angenommen, bot es mir doch die Möglichkeit, dem Alltagsgrau einer Kleinstadt zu entkommen. Meiner Mutter war es Recht, unser Verhältnis in den letzten Monaten hatte sich immer weiter verschlechtert. Wir verstanden uns einfach nicht mehr so gut. Ihre Probleme interessierten mich nicht, handelten sie nur zu oft vom Arbeitsalltag im Büro ihrer Firma. Meine Sorgen und Bedürfnisse schien sie oft gar nicht wahrzunehmen, so beschäftigt war sie immerzu. Solange meine Schulnoten sich nicht verschlechterten, war für sie die Welt in Ordnung.
Meine Großmutter hingegen war froh, das ich mich bei ihr eingerichtet hatte. Sie mochte es, wenn es im Haus lebhaft zuging. Trotz ihres hohen Alters hatte sie all die Jahre darauf bestanden, das ich die Sommerferien bei ihr verbrachte. Immer hatte sie ein offenes Ohr für mich, hatte Spaß daran, sich mit jungen Leuten zu unterhalten.
Die Stimme von Herrn Peters riss mich aus meinen Gedanken.
"Einen Platz haben wir noch frei, Paul. Setz dich bitte in die zweite Reihe neben Maria." sagte er, während er mit dem Finger auf den angewiesenen Stuhl zeigte.
Ich nickte wortlos, packte meine Schultasche und nahm neben dem Mädchen Platz.
"Hallo" sagte ich leise, während ich mich auf den Stuhl setzte.
"Hallo" flüsterte sie leise zurück, mir einen schnellen, schüchternen Blick zuwerfend. Herr Peters begann unverzüglich mit dem Unterricht. Mathematik war das Thema, dem er sich mit großer Energie widmete.
Nachdem die Hausaufgaben zügig durchgesprochen waren, begann er, einige geometrische Figuren auf die Wandtafel zu zeichnen. Minutenlang erklärte er verschiedene Formeln, zeigte Berechnungsmöglichkeiten für Winkel, Flächeninhalte usw. auf.
Auf die Frage, ob noch Fragen offen waren, erhielt er aus der Klasse keine Rückmeldungen.
"Ja, wenn alles verstanden worden ist, dann wollen wir das Thema noch etwas vertiefen."
Neue Zeichnungen entstanden an der Tafel, ergänzt durch Zahlen- und Winkelangaben.
"Möchte jemand freiwillig diese Aufgabe lösen ?"
Eine Hand hob sich in die Höhe, worauf Herr Peters nur lächelte.
"Nein Christian, bei dir bin ich mir sicher, das du es richtig lösen wirst. Aber wie wäre es mit dir, Maria ? Komm doch mal bitte an die Tafel."
Das Mädchen neben mir erhob sich langsam, um dann nach vorne zu gehen. Dort nahm sie die Kreide entgegen, und begann langsam, einige Werte zu errechnen. Alles was sie aufschrieb, erklärte sie mit ihrer leisen, aber festen Stimme.
Hatte ich sie vorher nur ganz kurz und verstohlen mustern können, so hatte ich jetzt die Gelegenheit, sie eingehender zu betrachten.
Maria hatte eine recht helle Haut, ja man konnte ihr Gesicht fast als blass bezeichnen. Ihre Wangen waren vor Aufregung leicht gerötet, was sie aber nur noch hübscher machte. Sanfte Gesichtszüge schmückten ihr Gesicht, gaben ihr ein sehr freundliches Aussehen. Die langen blonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der auf ihrem Rücken bis zu den Schulterblättern reichte.
´Sie ist hübsch, nein sie ist schön. Nein, der falsche Ausdruck. Sie ist irgendwie ganz anders, sie unterscheidet sich.´
Eine weite Bluse aus hellblauem Stoff bedeckte ihren Oberkörper vollständig. Trotz des warmen Sommerwetters trug sie lange Ärmel mit breiten Manschetten. Noch auffälliger aber war der hohe, vollständig zugeknöpfte Stehkragen, der bis unter ihr Kinn zu reichen schien.
Passend zur Bluse war auch der Rock. Ein dunkelblauer Baumwollrock, der leicht schimmerte und in weiten, schweren Falten bis über Marias Knie herabfiel. Unter dem Saum sah ich Stiefel aus dunkelbraunem Leder, mit einem nicht zu hohen Absatz.
Ihre gesamte Kleidung schien sorgfältig aufeinander abgestimmt zu sein. Alles passte perfekt zueinander, die Kleidung schien wie aus einem Guß gemacht zu sein.
´Es sieht streng aus, ja ihre Kleidung wirkt streng. Oder mehr züchtig ? Ihr muß doch warm sein, in dieser Bluse, mit dem engen Kragen. Ein langer Rock, dazu Stiefel im Hochsommer ?´
Inzwischen war Maria mit ihren Lösungswegen an der Tafel ins Stocken geraten. Sie hatte gut angefangen, aber jetzt schien sie nicht genau zu wissen, wie sie weitermachen musste. Herr Peters gab ihr einige Hinweise und mit seiner Hilfe konnte sie nach einiger Zeit tatsächlich ihre Aufgabe erfüllen. Es schien ihr schwer zu fallen, Mathematik war sicherlich nicht Marias Lieblingsfach. Zu ihrer großen Erleichterung konnte sie sich bald hinsetzen und Herr Peters begann wieder, die Wandtafel mit neuen Aufgaben zu füllen.
"Wir wollen doch mal sehen, wie gut sich unser Neuzugang auf Geometrie versteht. Paul, meinst du, das du diese Aufgabe lösen kannst ?"
´Oh, die Feuertaufe. So schnell ?´
Ich nickte und begab mich nach vorne. Nachdem ich kurz nachgedacht hatte, begann ich die geforderten Werte zu errechnen. Es war gar nicht schwer, und so hatte ich die Aufgabe im Handumdrehen gelöst.
Herr Peters nickte anerkennend.
"Das ging ja wirklich schnell. Da es wohl ein wenig zu leicht war, wollen mal einige Werte verändern."
Er wischte einige Teile der Zeichnung weg, ersetzte sie durch neue Striche und Zahlenangaben.
Auch hier hatte ich zum Glück keine Schwierigkeiten. Ausführlich erklärte ich den Lösungsweg und schrieb alles sorgfältig auf.
"Danke Paul, das reicht mir. Viel besser hätte ich das auch nicht erklären können."
Ich nickte und setzte mich wieder hin. Auf dem Weg zu meinem Platz spürte ich deutlich die Blicke meiner Mitschüler, ihre Neugier schien noch mehr zugenommen zu haben.
Irgendwann klingelte es schließlich zur Pause. Alle atmeten erleichtert auf, jeder räumte seine Sachen zusammen, um dann auf den Schulhof zu gehen.
Draußen auf dem Hof gesellten sich einige meiner neuen Mitschüler zu mir. Sie fragten mich ein wenig aus, machten einige Sprüche. Ich beantwortete all ihre Fragen, jedoch wurden meine Antworten immer knapper.
Denn auf der anderen Seite des Schulhofes hatte ich Maria entdeckt. Sie stand im Schatten eines großen Baumes und schien das rege Treiben auf dem Platz zu beobachten.
Überall liefen junge Schüler und Schülerinnen wild durcheinander, vergnügten sich in Spielen. Einige standen in Gruppen zusammen, man erzählte sich etwas, oft war ein Lachen zu hören.
Nur Maria stand ganz alleine unter ihrem Baum, der ihr Schatten spendete. Und sie sah wie ein Wesen aus einer anderen Welt aus.
Die meisten Schüler auf dem Schulhof trugen knappe T-Shirts oder leichte Hemden. Viele der Mädchen zeigten sich im kurzem, knappen Minirock, auch einige der Jungs hatte kurze Hose an. Seit Wochen hatte der Sommer Einzug gehalten und natürlich hatten sich alle mit ihrer Kleidung an das warme Sommerwetter angepasst.
´Sie trägt einen Umhang, es ist ein langes Cape. Bei diesem Wetter trägt sie ein Cape, kaum zu glauben. Und einen Hut dazu. Sie sieht beinahe aus wie eine Statue, wie da so fast bewegungslos steht. Ihr schmales Gesicht ist zu sehen, ein wenig nur. Die Hände, alles verbirgt sie unter dem Cape. Warum steht sie nur so weit entfernt ?´
Das Bild übte eine für mich ungewohnte Faszination aus, ja es zog mich richtig in seinen Bann. Das weite Cape umspielte Marias Körper bei jeder Bewegung, die Falten des Stoffes bewegten sich im Takt ihrer langsamen Schritte. Wie ein Wesen aus einer anderen Welt glitt sie dann über den Hof. Ihre Bewegungen waren langsam, doch strahlte die zarte Gestalt in ihrem Cape eine ungeheure Anmut aus.
"He Paul, hörst du mir noch zu ?" hörte ich eine Stimme neben mir.
"Ja, natürlich.." stammelte ich, ein wenig verlegen. Ich versuchte, mich wieder auf das Gespräch mit meinen neuen Klassenkameraden zu konzentrieren, was mir mit einiger Anstrengung auch gelang.
Nach dem Ertönen der Schulglocke ging ich schweigend, ganz in Gedanken versunken, in den Klassenraum. Ich war verwirrt, wie sehr mich Marias Aussehen auf dem Schulhof beeindruckt hatte. Warum war ich so fasziniert von ihrer Erscheinung ? Ja, es war mehr für mich als Faszination, es war... Noch konnte ich dieses neue Gefühl nicht einordnen.
Langsam füllte sich das Klassenzimmer, jeder nahm seinen Platz ein. Nur Maria kam noch nicht. Sie erschien erst gemeinsam mit der Lehrerin, die uns in den nächsten beiden Unterrichtsstunden die Feinheiten der Weltgeschichte näher bringen sollte.
Maria trug ihr Cape sorgfältig gefaltet über dem Arm, und als sie neben mir Platz nahm, hängte sie es ordentlich über die Stuhllehne.
Dem Unterricht verfolgte ich etwas halbherzig. Immer wieder lehnte ich mich zurück, um Maria beobachten zu können. Erst jetzt fiel mir auf, wie gerade und nahezu unbeweglich sie auf ihrem Stuhl saß. Nicht ein einziges Mal lehnte sie sich an, so als wollte sie das über die Lehne gehängte Cape nicht verknittern. Es war mir ein Rätsel, wie sie so lange in dieser kerzengeraden Haltung sitzen konnte.
Auch schien sie dem Unterricht ihre volle Konzentration zu widmen, denn immer wenn sie etwas gefragt wurde, hatte sie prompt die richtige Antwort parat. Andauernd machte sie sich Notizen, markierte für sie wichtige Stellen im Buch. Ich war mir inzwischen ganz sicher, das sie eine sehr gute Schülerin war.
Irgendwann endete auch diese Unterrichtsstunde. Alle standen auf, strömten wieder nach draußen.
"Wir haben jetzt Sportunterricht, drüben auf dem Sportplatz." Steckte mir einer der Jungs, während wir den Klassenraum verließen.
Ich zuckte mit den Schultern. Natürlich hatte ich noch keine Sportsachen dabei, also würde ich wohl zuschauen müssen.
In der Pause entdeckte ich einen kleinen Kiosk. Ich erstand eine kalte Flasche Limonade und machte mich langsam auf den Weg zum Sportplatz. Während meine Klassenkameraden sich in die Umkleidekabinen begaben, sprach ich den eintreffenden Sportlehrer an. Ich stellte mich kurz vor, und erklärte ihm, das ich nicht vorbereitet auf Sportunterricht war und deswegen keine passende Kleidung dabei hatte.
"Kein Problem. Du kannst dir ja heute von der Bank aus anschauen, was wir gerade üben. Und ab der nächsten Woche bist du dann mit dabei." meinte er freundlich.
Ich nickte, nahm meine Schultasche und machte mich auf den Weg. Am Rande der Laufbahn entdeckte einige Bänke, die natürlich leer waren.
Aber nicht ganz. Eine Person saß dort völlig alleine, und schaute auf den Sportplatz. Sie sah aus, als ob sie träumte. Es war Maria.
Mir stockte der Atem, als ich sie so auf der Bank sitzen sah. Wieder trug sie ihr langes Cape, dazu den Hut. Zum ersten Mal sah ich sie aus der Nähe, und schon wieder bemerkte ich, wie sehr mich ihr Anblick in Aufregung versetzte. Ich beschloß, mich direkt neben sie zu setzen. Als ich näher kam, sah ich, das sie ihr Haar unter einem Tuch verborgen hielt. Zusätzlich hatte sie den Hut auf und so war eigentlich nur ihr Gesicht zu sehen.
Sie schien mich gar nicht bemerken, erst als ich neben ihr Platz nahm, schaute sie auf. Zum ersten Mal sah sie mich direkt an. Zum ersten Mal sah ich ihre Augen. Strahlend blaue Augen, so klar und tief, wie ich es noch nie gesehen hatte.
"Hallo !" begrüßte sie mich, und ein Hauch von Lächeln huschte über ihr Gesicht.
"Hallo Maria." Grüßte ich zurück.
"Machst du den Sportunterricht nicht mit ?"
"Nein, heute nicht. Hab keine passenden Sachen dabei."
Maria lächelte kurz.
"Ja, wie solltest du auch wissen, das gerade heute Sport ist."
"Genau. Und du ? Auch keine Sachen dabei ?"
Für einen Moment verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und ich glaubte fast, sie ein wenig verlegen gemacht zu haben.
"Nein, das ist es nicht. Ich habe ein Attest vom Arzt, er meint wegen meines Kreislaufs sollte ich lieber nicht teilnehmen." Antwortete sie schließlich.
"Ach so, na da kann man wohl nichts machen."
Eine Weile schwiegen wir, beobachten unsere Mitschüler, wie sie mit dem Unterricht begannen. Alle wurden für eine Aufwärmrunde auf die Aschenbahn geschickt und schon nach wenigen Minuten begannen sie, natürlich auch durch die sengende Sonne, mächtig zu schwitzen.
Ich war froh, im Schatten sitzen zu können. Trotzdem wurde auch mir langsam warm und so nahm ich meine Schultasche und zog die Flasche mit der noch kalten Limonade hervor.
"Ganz schön warm heute" bemerkte ich. "Möchtest du vielleicht auch einen Schluck ?" bot ich Maria die Flasche an.
Sie warf mir einen unsicheren Blick zu, dann schien sie sich einen Ruck zu geben.
"Ja, gerne. Ist wirklich sehr warm heute." Geschickt schob sie ihre Hände aus den Durchgriffen ihres Capes hervor und nahm die angebotene Flasche entgegen. Schnell schraubte sie den Deckel ab und nahm einen tiefen Zug.
"Danke. Das hat wirklich gut getan." Sie hatte ihr Lächeln wiedergefunden, als sie mir die Flasche zurückgab.
"Gern geschehen." Mehr konnte ich nicht antworten. Mein Hals war trocken und so nahm ich schnell einen Schluck Limonade.
Wieder hatte Maria mich in Erstaunen versetzt. Sie trug Handschuhe ! Es schienen dünne Lederhandschuhe zu sein, im gleichen Farbton wie ihr Cape, so eng, das sie ihre zarten Hände wie eine zweite Haut umschlossen.
Verstohlen schaute ich noch einmal zu Maria hinüber. Aber sie hatte ihre Hände schon wieder unter dem Cape zurückgezogen.
Wie verwirrt ich war ! Tausend Fragen kreisten mir im Kopf. Warum war dieses Mädchen so angezogen ? Sie trug Kleidung, die sie vollständig verhüllte, eine Kleidung, die gerade mal eben das Gesicht herausschauen ließ. Und es waren Kleidungstücke, die alles Andere als der Mode letzter Schrei waren. Alles war untypisch, so völlig anders. Alle Mädchen, die ich bisher kennen gelernt hatte, trugen möglichst knappe, ja oft aufreizende Kleidung. Maria schien das genaue Gegenteil zu sein. Sie schien sich durch ihre Kleidung verhüllen, ja fast zu verstecken zu wollen.
´Warum ? Warum versetzt mich ihr Aussehen derart in Aufregung ? Warum muß ich sie immerzu anschauen ? Es ist fast wie ein Zwang. Ich möchte meine Blicke an ihr wandern lassen, aber nur so, das sie es nicht bemerkt.´
"Denkst du nach oder träumst du ?" hörte ich Marias Stimme.
"Ich... Ja, ich denke nach. Ja, es ist alles ganz neu für mich hier. Der erste Tag, nur neue Gesichter, daran muss ich mich erst gewöhnen."
Sie hatte mich förmlich aus meinen Gedanken gerissen. Durch ihre Frage wurde mir noch einmal bewusst, wie sehr ich mit mir selber beschäftigt war. So kannte ich mich eigentlich gar nicht.
"Aber gut eingeführt hast du dich heute morgen. Besonders in Mathe."
"Meinst du ?" fragte ich zurück.
"Ja, sicher. Wie du die Aufgaben an der Tafel gelöst hast, das war richtig gut. Ich wünschte, ich hätte es so gekonnt."
"Aber du warst doch auch gar nicht schlecht. Ich meine, schließlich hast du die Aufgabe an der Tafel doch gelöst, oder ?"
"Ja, aber nur mir viel Hilfe. Alleine hätte ich es wieder nicht geschafft. Mathe liegt mir einfach nicht. Da hatte ich schon immer Probleme, irgendwie komme ich auf keinen grünen Zweig."
Marias Seufzen war eindeutig.
"Und wenn ich dir helfen würde ? Ich meine, ich könnte versuchen, es dir zu erklären."
Maria schaute mich jetzt an und ich sah, wie ein Leuchten über ihr Gesicht huschte.
"Ja, ich würde es schon gerne versuchen, aber mach dir keine großen Hoffnungen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Alle meine Nachhilfelehrer haben das bisher gesagt."
"Es kommt auf einen Versuch an, okay ? Komm, wir fangen gleich an."
Ich nahm das Mathebuch aus meiner Schultasche und begann, darin zu blättern.
Die folgende Stunde verging wie im Fluge. Ich merkte nicht, wie heiß es war, ich schien meine Umgebung völlig vergessen zu haben. Maria und ich redeten die ganze Zeit über Formeln, über Berechnungen, eben alles, was zur Mathematik gehörte.
Ja, sie hatte tatsächlich Wissenslücken, das stellte ich recht bald fest. Aber sie gab sich wirklich Mühe und sie verstand das Erklärte eigentlich recht schnell. Ich empfand Spaß dabei, ihr den trockenen Stoff zu erläutern.
Als die Stunde zu Ende ging, verabschiedete ich mich von ihr, nicht ohne ihr aber zu versprechen, das wir schon am nächsten Tag weitermachen würden. Sie schien sich darüber sehr zu freuen, sie strahlte über das ganze Gesicht.
Als ich mit dem Rad zu meiner Großmutter heimfuhr, freute ich mich bereits auf den nächsten Schultag. Was hatte es das zuletzt gegeben ?
Natürlich musste ich meiner Großmutter vom ersten Tag in der neuen Schule berichten. Bereitwillig schilderte ich meinen Vormittag, erzählte ihr auch von Maria und wie wir begonnen hatten, gemeinsam Mathematik zu üben. Nur die Beschreibung von Marias Kleidung ließ ich aus.
Großmutter hörte sich alles lächelnd an und als ich mit meinen Erzählungen fertig war, fragte sie:
"Sie scheint ja sehr nett zu sein, diese Maria. Hab ich Recht ?"
"Ja, das ist sie wohl." Entgegnete ich nur kurz, denn ich war wieder nachdenklich geworden.
Großmutter hatte gleich gemerkt, wie ich über Maria gesprochen hatte. Sie hatte feine Antennen, und so konnte sie leicht meine Begeisterung heraushören.
Ja, schon jetzt fühlte ich, wie sehr mich dieses Mädchen faszinierte. Sie war so hübsch, so nett. Wenn sie mich ansah, fühlte ich, wie mir die Knie weich wurden. Sie hatte eine wunderbare offene, so eine natürliche Art an sich, etwas, das mein Herz zu öffnen schien.
Auch etwas Geheimnisvolles schien sie zu umgeben, die Art, wie sie sich kleidete, das war für mich ein Rätsel. Warum gab sie sich äußerlich so zugeknöpft, so verschlossen ? Welchen Grund konnte es dafür geben, das sie so außergewöhnliche Kleidung trug ?
Immer wieder beschäftigte mich dieser Gedanke, aber eine Lösung fand ich natürlich nicht. Noch nicht.
3. Maria Kapitel 2 - Entdeckungen

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:38

Maria
Kapitel 2 - Entdeckungen
Autor: Paul VoF
Als ich am nächsten Morgen den Klassenraum betrat, saß Maria bereits auf ihrem Platz.
"Hallo Paul" begrüßte sich mich freundlich. Ihre Augen strahlten schon wieder in diesem leuchtenden blauem Farbton, und ich bemerkte schon wieder dieses seltsame Gefühl in meinen Knien.
"Hallo Maria" antwortete ich lächelnd. "Und, hast du noch etwas von dem behalten, was wir gestern besprochen haben ?"
"Ja, ich denke schon. Ich glaube, du hast es mir ganz gut erklärt."
Wir unterhielten uns leise weiter miteinander und so hatte ich wieder Gelegenheit, Maria etwas genauer zu betrachten.
Sie war in der gleichen Art und Weise gekleidet, wie es mir gestern schon aufgefallen war.
Eine karierte Bluse mit hohem, engem Stehkragen, ein dunkler weiter Rock, dazu die passenden Stiefel. Über dem Stuhl hing wieder ihr Cape, sorgfältig zusammengelegt.
Die ersten Schulstunden vergingen nur langsam. Ich konnte es nicht abwarten, bis die Pause begann. Endlich ertönte die Glocke, endlich konnten wir auf den Schulhof gehen.
Ich nahm meine Mathebuch heraus und zeigte es Maria.
"Wollen wir in der Pause gleich weitermachen ?" fragte ich.
Sie nickte dankbar und nahm ihre Handschuhe aus der Tasche. Langsam zog sie sich das feine, helle Leder über die Hände. Als sie fertig war, nahm sie ihr Cape von der Stuhllehne, faltete es auseinander und schwang es sich um die Schultern. Sie steckte ihre Hände durch die Armschlitze, beugte sich herunter, ergriff den Saum des Capes und dann zog sie einen langen Reißverschluß bis zum Hals herauf. Darüber schloß sie noch eine Reihe von Knöpfen. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie sich auch ihr Tuch um den Kopf gebunden und den Hut aufgesetzt. Darin schien sie Übung zu haben, das war unverkennbar.
"So, ich bin jetzt soweit." Sagte sie. Täuschte ich mich, oder war dort eine kleine Spur Verlegenheit, ja Unsicherheit in ihrem Blick zu sehen ?
´Warum ?´
Tausend Fragen lagen mir auf den Lippen ! Aber ich sagte nichts, ich nickte nur und so gingen wir zusammen aus dem Raum.
Auf dem Schulhof suchten wir uns einen Platz auf einer Bank im Schatten und begannen, gemeinsam zu lernen. Während Maria die von mir gestellten Übungen bearbeitete, begann ich erneut, sie zu beobachten. Es war wie ein Zwang, ich konnte einfach den Blick nicht von ihr abwenden. Inständig hoffte ich, das es ihr nicht auffallen würde.
Es war wieder sehr warm, die Sonne hatte so früh am Vormittag sicherlich noch nicht ihre volle Kraft. Aber trotzdem begann ich schon jetzt leicht zu schwitzen. Maria aber schien die Hitze gar nicht zu stören. Ich konnte in ihrem Gesicht keine Anzeichen dafür erkennen. Ihre makellose, fast weiße Gesichtshaut schien nicht einmal gerötet zu sein.
Viel zu schnell näherte die Pause sich ihrem Ende. Als das Klingelzeichen erklang, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Klassenraum.
"Geh nur schon hinein, ich komme gleich." Sagte Maria zu mir, als wir die Tür unseres Klassenzimmers erreicht hatten.
Ich nickte nur und betrat wie alle Anderen den Klassenraum, um den Beginn der nächsten Schulstunde abzuwarten. Nur Maria kam noch nicht. Sie schien vor dem Klassenraum zu warten.
Auf wen wollte sie warten ? Wieder ein neues Geheimnis ? Ein neues Rätsel ?
Wenige Minuten später kam sie dann, gemeinsam mit dem Lehrer. Schnell legte sie ihr Cape über die Stuhllehne, nahm ihren Platz neben mir ein.
Verblüfft erinnerte ich mich daran, das Maria auch gestern zusammen mit der Lehrerin hereingekommen war. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Warum machte sie das ?
In der folgenden Pause wiederholte sich die Vorgänge. Maria zog sich schnell an, das heißt sie legte Handschuhe, Cape, Tuch und Hut an und wir beschäftigten uns gemeinsam mit dem Stoff der Mathematik. Nach der Pause schien sie wieder vor dem Klassenraum zu warten, um dann erneut gemeinsam mit dem entsprechenden Lehrer das Klassenzimmer zu betreten.
Ich konnte mich nur wundern, denn ich hatte keinerlei Erklärung für ihr Verhalten. Natürlich dachte ich immerzu darüber nach, doch eine Lösung wollte mir einfach nicht einfallen.
Irgendwie verging auch die nächste Schulstunde. Die kleine Pause nutzten Maria und ich, um uns leise zu unterhalten. Es machte mir Spaß, mit ihr zu reden, sie hatte Witz und Charme, und sie strahlte eine ungeheure Wärme aus.
Nach einigen Minuten ging die Tür auf, und Herr Peters betrat den Klassenraum. Er bat kurz um Ruhe, um dann zu verkünden, das die letzte Unterrichtsstunde wegen einer Erkrankung des Lehrers ausfallen würde.
Unter lautem Beifall packten alle Schüler ihre Taschen, verließen auf dem schnellstem Wege den Klassenraum. Auch ich suchte meine Sachen zusammen, hielt aber inne, als ich bemerkte, das Maria keinerlei Anstalten machte, sich auf den Weg zu machen.
"Willst du denn nicht nach Hause ? Wir haben eine Stunde eher frei." Fragte ich sie.
"Nein, geht leider nicht. Ich werde abgeholt. So lange werde ich wohl warten müssen."
"Ach so. Das ist ja unglücklich."
Maria nickte nur mit dem Kopf.
Ich hatte eine Idee.
"Ich mach dir einen Vorschlag. Wir gehen raus auf den Hof, suchen uns einen Platz auf der Bank und..."
"Nein, du brauchst nicht wegen mir zu bleiben. Es macht mir nichts."
"Doch, kein Problem, wirklich. Wir könnten uns unterhalten, oder Mathe lernen, ganz wie du willst."
"Ja, wenn du meinst..." noch immer schien Maria zu zögern, aber dann nickte sie mit dem Kopf.
Und sie freute sich doch ! Und so gingen wir hinaus auf den Hof, den wir nun ganz für uns hatten. Natürlich hatte Maria sich wieder vollständig eingekleidet, eine Prozedur, an die ich mich jetzt gewöhnt hatte. Doch jetzt, da niemand mehr im Klassenraum war, fiel mir etwas auf. Als Maria den letzten Knopf ihres Capes schloß, hörte ich ein leises Klicken. Ein Geräusch, ganz so, als ob etwas einzurasten schien.
Natürlich war ich neugierig, aber ich wagte nicht zu fragen. Nicht das. Nicht jetzt. Es wäre falsch gewesen, das spürte ich.
Und noch etwas viel mir auf. Wenn wir in den Pausen durch die Gänge der Schule gingen, so waren sie immer überfüllt, immer herrschte ein mächtiges Gedränge. Man kam nur langsam voran, bis man endlich den Schulhof erreicht hatte.
Jetzt war der Flur menschenleer. In den Klassenräumen wurde schon wieder unterrichtet, alle unsere Klassenkameraden waren längst auf dem Weg nach Hause. Wir hatten also freie Bahn.
Trotzdem gingen wir ziemlich langsam. Fast schien es mir, als ob Maria schon schneller gehen wollte, dies aber nicht konnte. Machte sie so kleine Schritte, oder bildete ich mir dies nur ein ? Während ich so neben ihr lief, konnte ich es nicht erkennen. Ihr weites Cape verdeckte mir die Sicht.
Aber ihr Cape hatte auch sehr schöne Seiten. Anmutig schwang es um ihren Körper, und ich konnte die leisen Geräusche hören, die der Stoff durch seine Bewegungen verursachte. Fast klang es wie Musik für mich. Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das es sie gab. Eine Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das ich sie mag.
"Wohnst du denn so weit entfernt, das du nicht alleine nach Hause fahren kannst ?" fragte ich, während wir über den Schulhof gingen.
"Nein, eigentlich nicht. Ich kann zu Fuß nach Hause gehen, es sind nur etwa 15 Minuten."
"Und trotzdem willst du hier warten ?"
Maria schaute mich mit ihren blauen Augen an. Was das Traurigkeit, was man darin entdecken konnte ?
"Nein, ich muß hier warten. Mrs. Potter erwartet, das ihre Anordnungen befolgt werden."
"Wer, Mrs. Potter ?"
"Ja, sie ist Engländerin, deswegen der seltsame Name. Sie ist so etwas wie meine Erzieherin, oder auch Kindermädchen, na so eine Mischung aus beidem eben."
"Das klingt ja interessant. Eine englische Erzieherin. Und deine Mutter ?"
"Sie ist kaum einmal zu Hause. Meistens arbeitet sie, überwiegend in den USA, leitet dort eine große Klinik. Und deswegen hat sie alles auf Mrs. Potter übertragen."
Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
"Und ich hab gedacht, so etwas gibt es nur im Film. Na ja, warum auch nicht. Aber sie scheint ja ziemlich streng zu sein, diese Mrs. Potter. Das du hier so warten musst..."
"Ja, das ist sie wohl. Sie hat ihre Gründe dafür."
Maria schaute mich kurz an, schlug dann die Augen nieder. Sie hatte etwas zu erzählen, das war klar.
"Na, ihr beiden Hübschen. So ganz alleine auf dem Schulhof unterwegs ?"
Drei Mädchen aus unserer Klasse standen vor uns. Sie wirkten sehr ausgelassen, ja fast albern.
Ich verdrehte die Augen. Mir schien es, als ob Maria mir im nächsten Moment etwas erzählen wollte. Die Antwort auf meine Fragen ?
Und gerade jetzt platzten diese drei Mädchen dazwischen.
"Maria, hast du dich auch warm genug angezogen ?" meinte Claudia, die offensichtlich ihre Wortführerin war.
"Vielleicht hättest du ein wärmeres Cape anziehen sollen, auch einen Schal hättest du dir umbinden können. Es ist doch nicht besonders warm hier in der Sonne, oder ?"
Die Mädchen prusteten los, als ob sie einen guten Witz gehört hätten. Sie hielten sich für sehr lustig.
"Laß mich in Ruhe, Claudia. Dein Gerede ist unerträglich." Antwortete Maria schließlich.
"Aber wir finden es schon lustig, wie du dich immer anziehst. So zugeknöpft, wie du herumläufst, man könnte ja fast meinen, du wolltest dich verstecken vor uns."
"Claudia, laß es bitte." bat Maria.
"Hast du dein Cape auch ganz bis oben geschlossen ? Sei lieber vorsichtig, Maria, es könnte dir ja kalt werden. Mensch, wenn ich so etwas anziehen müsste, ich würde mich gar nicht aus dem Haus trauen, ehrlich." lachte Claudia wieder.
"Du weißt, das es meine Sache ist, welche Kleidung ich trage. Und jetzt laß mich in Ruhe."
Claudia grinste nur weiter, wandte sich schließlich an mich.
"Na, Paul, was sagst du denn dazu. Wie findest du es denn, mit einem Mädchen herumzulaufen, das sich wie... ja wie eine Nonne einpackt."
"Nonne ! Das war gut, Claudia !" riefen die anderen Mädchen und kicherten wieder los.
"Ich weiß gar nicht, was ihr habt." Antwortete ich schließlich. "Jeder kann sich doch wohl so anziehen, wie es ihm gefällt, oder ?"
Das Gelächter erstarb, für einen Moment herrschte Stille.
"Aber du musst zugeben, das Maria ziemlich komisch aussieht in ihren Sachen, oder ?"
Die Mädchen ließen einfach nicht locker, schon begann das alberne Gelächter wieder.
"Nein, das tut sie nicht. Sie sieht überhaupt nicht komisch aus." entgegnete ich entschieden.
"Na, du willst doch wohl nicht sagen, das es dir so gefällt ?"
"Doch, mir gefällt Marias Aussehen. Es gefällt mir sogar sehr. Im Gegensatz zu euch hat sie einen eigenen Stil, während ihr nur das tragt, was man in jedem Kaufhaus kaufen kann."
Für einen Moment staunte ich über mich selbst. Aber es schien zu wirken, anscheinend hatte ich ihnen den Wind aus den Segeln genommen.
Die Mädchen hatten wirklich genug. Offensichtlich sahen sie jetzt ein, das sie mich nicht auf ihre Seite ziehen konnten. Achselzuckend drehten sie sich um und machten sich gemeinsam auf den Heimweg.
Maria und ich waren alleine auf dem Hof. Kaum ein Geräusch war zu hören, nur ein Vogel sang in der Ferne ein Lied.
"Hast du das ernst gemeint ? fragte Maria mich.
Ich blickte verlegen auf den Boden.
"Was meinst du ?"
"Du weißt schon, was du gerade gesagt hast. Tu nicht so unschuldig."
"Ja, ich habe es wohl ernst ernst gemeint."
"Und es gefällt dir wirklich, wie ich aussehe ?"
Ganz dicht stand Maria vor mir, ganz leise hatte sie diese Frage gestellt.
Ich nickte wortlos, versuchte dem Blick ihrer Augen standzuhalten.
"So etwas hat noch nie jemand gesagt. Das jemand so zu mir hält, das hätte ich nie..."
"Maria, weißt du denn gar nicht, wie wunderschön du bist ?" unterbrach ich sie leise.
Sie schüttelte nur den Kopf und ihre Augen schienen feucht zu glänzen..
Ganz vorsichtig legte ich meine Hände um ihre Schultern und zog sie zu mir heran. Ihre Lippen schienen wie Feuer zu glühen, so schien es mir, als wir uns den allerersten Kuß gaben. So weich, so zart, sie waren wie ein Geschenk.
Es war ein vorsichtiger Kuss, von kurzer Dauer, aber voller Gefühl und Sinnlichkeit. Und ich würde ihn nie vergessen, das wusste ich schon jetzt.
Minutenlang standen wir wortlos da, genossen das Gefühl, uns aneinander ganz nahe zu sein. Ich streichelte Maria sanft durch den glatten Stoff ihres Capes und sie schien unter meinen Berührungen förmlich zu zerfließen.
Ich nahm sie vorsichtig in den Arm.
´Sie ist wie aus Glas, so zart, so zerbrechlich.´
Irgendwann ließen wir voneinander ab, nahmen uns an die Hand und gingen langsam über den Hof.
Zuerst schwiegen wir, ließen das gerade Erlebte auf uns wirken.
4. Maria Kapitel 3 - Die Nachhilfe

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:41

Maria
Kapitel 3 - Die Nachhilfe
Autor: Karl Kollar
Das Telefon klingelte. Mrs. Potter stellte die Herdflamme kleiner und warf einen Blick zur Uhr. Das dürfte das Gymnasium sein, um diese Zeit riefen sie immer an. Es war bald Mittagszeit, und das Essen duftete schon recht lecker auf dem Herd. Sie legte den Kochlöffel aus der Hand, wischte sich kurz die Hände ab und ging mit resoluten Schritten über den Korridor in das Schreibzimmer. Dort trat sie an den großen Schreibtisch, nahm den Hörer ab und meldete sich.
Es war Herr Peters, der Mathematiklehrer von Maria. Mrs. Potter war wie immer sehr interessiert daran, wie sich Maria in der Schule machte, deswegen hatten sie diese täglichen Anrufe vereinbart. Doch heute war Mrs Potter besonders neugierig, wie sich der Kontakt zwischen Maria und Paul entwickelt hatte.
Auch Herr Peters war von Paul sehr angetan. »Paul hat einen sehr positiven Einfluss auf ihren Schützling.« Der Lehrer berichtet von den Ereignissen im Unterricht. Dann erwähnte er die ausgefallene Stunde und dass Paul mit Maria auf dem Schulgelände verblieben war. Sie lernten dort Mathe, fügte er hinzu.
Mrs. Potter wurde ungeduldig. »Was ist sonst noch passiert? Sollte ich noch etwas wissen?« Sie erinnerte ihn an die Abmachungen.
»Ja richtig, auf dem Schulhof haben sie sich geküsst.« Er berichtete von der Szene, bei der Paul Maria beigestanden hatte. »Das hat Maria anscheinend sehr beeindruckt.«
´Na endlich´, dachte Mrs. Potter, ´das Wichtigste kommt immer zum Schluss.´ Sie bedankte sich für den Bericht und verabschiedete sich. Dann legte sie auf und ging wieder in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Dabei überlegte sie, wie sie den Kontakt zwischen Paul und Maria verstärken konnte, denn Paul passte sehr gut in ihr Konzept. Sie warf einen Blick auf Marias Wochenplan, dann wusste sie, wie sie es angehen würde.
Nach einem Blick zur Uhr entschied sie sich, das sie sich so langsam auf den Weg machen könnte, um Maria abzuholen. Zwar wäre es nicht falsch, wenn sie noch etwas mit Paul zusammen sein konnte, doch für Maria war auch die Routine sehr wichtig.
* * *
Paul ging langsam neben Maria her und beide waren noch ziemlich gefangen von ihren neuen Gefühlen. Paul versuchte jede Sekunde von Marias Gegenwart in sich auf zu saugen. Maria schwieg neben ihm. Sie war genauso mit ihren Gedanken beschäftigt. Keiner konnte oder wollte etwas sagen.
So steuerten sie langsam auf den Ausgang zu. Diesmal fiel es gar nicht auf, dass Maria nur kleine Schritte machen konnte. Am Tor sah Paul eine große Frauengestalt stehen, die zu ihnen hinüber sah. Er war zu sehr von seinen Gefühlen eingenommen, sonst hätte er sicher bemerkt, das Maria mit jedem ihrer winzigen Schritte betrübter wurde. Etwas schien sie zu bedrücken.
Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, blieb er etwas hinter Maria zurück, die vor der Frau einen ziemlich altmodischen Knicks machte. Paul machte dies verlegen, ohne dass er recht wusste warum.
Zu ihrer beider Überraschung sprach die Frau Paul gleich an. »Du musst Paul sein, der neue Schüler?« Sie gab ihm die Hand, und Paul war überrascht ob ihres starken Händedrucks.
Paul war auf diese Frage gar nicht eingestellt, er konnte vor lauter verwirrenden Gefühlen nur nicken.
»Ich bin Mrs. Potter, die Erzieherin von Maria.« Sie stellte sich vor. Marias Blick wurde immer ängstlicher.
Mrs. Potter ließ sich davon nicht beirren, und Paul war von der Ausstrahlung und Strenge der Erzieherin sehr in den Bann gezogen. Ihre große und kräftige Gestalt wirkte auch auf ihn ziemlich einschüchternd. Er war froh, dass seine Großmutter viel kleiner und zierlicher war.
»Ich habe gehört, du hilfst Maria bei Mathematik?«
So langsam wachte Paul auf, doch er hatte ein sehr schlechtes Gewissen, weil er Maria geküsst hatte. Und er wusste, dieser Frau würde er keine Sekunde mit einer Lüge standhalten. Mrs. Potter hatte eine so starke Ausstrahlung, dass er einfach nicht anders konnte. Schon jetzt begann er zu verstehen, dass Maria einen solchen Respekt vor ihrer Erzieherin hatte.
Zu einer vernünftigen Antwort war Paul nicht in der Lage, er stammelte irgendwie »Ja... Wir ... Haben geübt. Zusammen.«
Mrs. Potter schien das schlechte Gewissen zu spüren, doch sie übersah es und blickte ihn wohlwollend an. »Das ist schön.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Maria tut sich recht schwer in Mathematik.«
Unwillkürlich warf Paul einen Blick auf Maria. Sie stand neben ihrer Erzieherin, und obwohl sie ihren Kopf aufrecht hielt, war ihr Blick doch auf den Boden gerichtet. Es fiel Paul auf, das sie eine sehr gerade Haltung hatte.
Mrs. Potter war bemüht, ihre Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen. »Wärst Du bereit, Maria Nachhilfe in Mathematik zu geben?« Sie hoffte dass ihr kurzfristig gefasster Plan aufgehen würde. »Du bekommst es auch gut bezahlt.«
Auch Paul musste sich Mühe geben, um sich unter Kontrolle zu halten. Das wäre die Gelegenheit, um weitere Zeit in Marias Nähe zu verbringen. »Ja gern.«
Er schaute Maria total verliebt an, doch es fiel ihm nicht auf, das Marias Blick sich verändert hatte. Sie blickte jetzt eher etwas ängstlich zwischen Paul und ihrer Erzieherin hin und her.
Früher hatte Paul mit der Nachhilfe sein kärgliches Taschengeld aufgebessert. Diesmal würde es allerdings eine andere Motivation sein. Er traute sich allerdings nicht einmal innerlich zu grinsen.
Mrs. Potter setzte nach. »Dann kommst Du heute um drei zu uns.« Paul fiel auf, dass Maria bei der Nennung der Uhrzeit zusammenzuckte und sich ihr Mund etwas öffnete. Ihre Erzieherin schien dies auch bemerkt zu haben und griff gleich ein. »Maria, wolltet Ihr etwas sagen?«
Maria war sehr verunsichert, das war ihr deutlich anzusehen. »Aber bis um vier Uhr habe ich mein Training.«
Dies schien Mrs. Potter nicht gelten zu lassen. »Du kannst auch mit dem Ding lernen, das geht schon.«
Paul sah deutlich, das Maria widersprechen wollte, doch nach einem strengen Blick von Mrs. Potter machte sie ihren Mund wieder zu und blickte vor sich auf den Boden.
Damit schien für Mrs. Potter das Thema erledigt zu sein. »Weißt Du, wo wir wohnen?«
Paul sagte, dass er es nicht wisse.
»Wir wohnen in dieser Straße, dahinten das Haus.« Mrs. Potter zeigte auf ein Grundstück und nannte die Hausnummer.
Paul stellte fest, dass er in Zukunft jeden Tag an Marias Haus vorbei gehen würde, denn es lag auf seinem Weg. »Ich wohne zwei Straßen weiter, wir haben den selben Weg.« Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
Den Rest des Weges gingen sie schweigend, bis sie vor dem Haus der beiden standen. Paul war recht unsicher, wie er sich jetzt von Mrs. Potter und Maria verabschieden sollte. Doch diesmal kam ihm Marias Erzieherin zur Hilfe, in dem sie ihm die Hand reichte. »Dann bis nachher.«
Paul hatte sich vielleicht noch eine Abschiedsgeste von Maria erwartet, doch diese schien sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt zu sein. Doch als Paul auch ihr die Hand reichen wollte, griff Mrs. Potter ein. »Maria freut sich auch auf nachher.« Paul spürte, das er ohne weiteren Gruß gehen musste.
»Und nun lasst uns gehen.« Sie legte ihren Arm um Maria und schob sie leicht vorwärts.
Paul blieb noch ein wenig stehen und blickte Maria und ihrer Erzieherin hinterher. Natürlich freute er sich auf die Nachhilfestunde mit Maria, doch gleichermaßen hatte er schon jetzt großen Respekt vor Mrs. Potter.
* * *
»Na, Du strahlst ja. Hast Du eine gute Note bekommen?«
Paul schüttelte den Kopf, »Nein, heute nicht.«
Seine Großmutter Selma warf noch mal einen prüfenden Blick auf ihren Enkel und hakte nach. »So wie Du strahlst, muss es aber etwas sehr schönes sein.«
Paul konnte nur leicht nicken. Er schluckte. Dann sagte er nur ein Wort: »Maria«.
Selma musste lächeln, als sie Pauls Miene dabei sah. »Na, dich hat es aber schwer erwischt. Habt ihr schon...?«
Paul wurde verlegen. »Wir haben uns heute geküsst.« Dann wurde er ernst. »Aber es ist so seltsam. Sie hat eine sehr strenge Erzieherin und trägt so seltsame Sachen.« Er erzählte von Marias Kleidung, diesem seltsamen Cape und den seltsamen Ereignissen beim Abholen.
Seine Großmutter lächelte nur. »Es ist schön, dass diese Erziehung heute noch praktiziert wird.«
Paul blickte auf. »Du kennst das?« Er sah ganz ungläubig aus.
»Ich habe Dir doch mal erzählt, dass ich früher bei Baron Grünberg gekocht habe.« Paul erinnerte sich an die vielen Geschichten aus der berühmten Küche.
»Die drei Töchter wurden vermutlich auch so erzogen wie Deine Maria.« Selma beschrieb kurz, wie sie die drei Töchter früher erlebt hatte.
Er druckste etwas herum. »Ich bin heute Nachmittag bei ihnen eingeladen, ich soll Maria Nachhilfe geben.« Er machte eine Pause. »Aber ich habe Angst vor Mrs. Potter.«
Selma spürte seine Unsicherheit. »Mach Dir keine Sorgen und benimm Dich einfach so, wie Du es bei mir gelernt hast, dann kann Dir nichts passieren.«
Paul half dies zwar nicht wirklich weiter, doch er nahm sich die Worte seiner Großmutter zu Herzen.
* * *
Maria war schon sehr aufgeregt, bald würde Paul vorbei kommen. Ihr Herz klopfte laut. Sie ging noch einmal in ihr Arbeitszimmer, um nach zu sehen, ob alles bereit war. Der Schreibtisch war in Steh-Position und es standen Getränke bereit. Für Maria steckte ein Strohhalm im Glas. Es war alles okay, Paul könnte kommen. Nur eine Sache stand noch aus.
Sie drehte sich um und ging in die Küche, wo ihre Erzieherin sich mit dem Abwasch beschäftigte. Sie stellte sich vor sie hin und wartete darauf, dass sie von Mrs. Potter angesprochen wurde. Sie hatte gelernt, dass sie selbst eine ältere Person nicht einfach ansprechen durfte, sondern warten musste, bis diese sie ansprach. Nur für die Schule waren die Regeln etwas gelockert. Und Mrs. Potter legte darauf sehr großen Wert.
Mrs. Potter blickte sie an, und nach einiger Zeit erst fragte sie. »Maria, was möchtest Du?«
Maria hob erleichtert den Kopf und blickte ihre Erzieherin an. Ihre Stimme klang schon fast etwas aufgeregt. »Bald kommt doch Paul. Ich würde deswegen gern das Haltungstraining beenden.« Sie bemühte sich, einen recht formalen Eindruck zu machen. »Würden Sie mich bitte aus dem Handschuh raus lassen. Wir wollen doch dann Mathematik machen.«
Doch ihre Erzieherin ließ sich davon nicht beeindrucken. Ihr Blick verengte sich etwas. Sie blickte noch einmal prüfend auf den weißen Monohandschuh, der Marias Arme auf dem Rücken hielt und wandte sich dann wieder ihrem Abwasch zu. Ihre Stimme klang ziemlich verärgert. »Das hatten wir doch schon geklärt oder? Der Handschuh bleibt! Euer Haltungstraining ist wichtiger. Ihr könnt dann ja im Kopf rechnen.« Natürlich war sie alles andere als verärgert, aber in diesem Moment musste sie eine gewisse Rolle vorspielen. Dabei war beiden klar, warum Maria wirklich aus dem Handschuh heraus wollte.
Marias Miene fror ein. »Aber ich mache bald Abitur, da ich kann doch nichts mehr im Kopf rechnen. Ich muß meinen Taschenrechner bedienen. Bitte lassen Sie mich da raus.« Sie versuchte etwas mit ihren Armen an dem Handschuh zu zerren, aber sie wusste schon länger, wie sicher ihre Arme so gefangen waren.
Mrs. Potter machte mit ihrer Arbeit weiter, ein paar Sekunden lang, dann legte sie den Teller, den sie gerade spülte zum Abtropfen auf die Seite und wandte sich erneut ihrem Schützling zu. Sie wusste, was Maria wirklich wollte, doch das konnte sie nicht erlauben. Sie gab ihrer Stimme einen etwas ernsteren Ton. »Ihr werdet mir gehorchen und den Handschuh anbehalten! Mathematik könnt Ihr so auch lernen.«
Maria wollte noch einmal ansetzen. »Aber er weiß doch gar nicht...« Weiter kam sie nicht, denn sie sah das entschlossene Gesicht ihrer Erzieherin und wusste, das sie jetzt besser schweigen sollte. Es liefen ihr ein paar Tränen die Wange hinunter.
Jetzt zeigte Mrs. Potter doch eine Reaktion. Sie nahm Maria in den Arm, wischte ihr mit einem Tuch die Tränen weg und streichelte ihr liebevoll über die in dem ledernen Monohandschuh verpackten Arme. »Du wirst das schon schaffen. Zeige ihm, das Du etwas ganz besonderes bist.«
Maria sah sie erstaunt an. »Meinen Sie das ernst?«
»Genug jetzt. Geht auf Euer Zimmer, er wird gleich kommen.«
Maria seufzte noch einmal leise, dann tat sie, was ihre Erzieherin ihr aufgetragen hatte.
* * *
Paul fragte sich, ob andere wohl sein Herz hören könnten. Es kam ihm vor, als würde es jetzt besonders laut schlagen. Er war sehr aufgeregt, als er jetzt auf dem Weg zu Marias Haus war.
Er freute sich sehr auf seine Nachhilfeschülerin, und zugleich hatte er ehrlich Angst vor ihrer so strengen Erzieherin. Wie würde es wohl sein bei der Nachhilfe? Maria schien ziemlich besorgt wegen eines Trainings, welches sie zu der Zeit machen würde. Er konnte sich jedoch darunter überhaupt nichts vorstellen.
Natürlich hatte sich Paul auch auf die Nachhilfe vorbereitet. Es war natürlich nicht seine erste Nachhilfe, doch aber die, vor der er am meisten Herzklopfen hatte.
Paul war so sehr in Gedanken, dass er fast an Marias Haus vorbeigegangen wäre. Das Grundstück war ihm schon aufgefallen, weil hier das Haus etwas nach hinten zurückgesetzt war. Vor dem Haus standen ein paar uralte große Bäume und gaben dem Ganzen eine parkähnliche Stimmung. Das Haus selber war eine große Jugendstil-Villa mit einem sehr schönen Fachwerkgiebel. Er fragte sich, wo wohl Marias Zimmer sein würde.
Er klingelte vorn an dem großen Tor und wunderte sich etwas, dass ihm gleich aufgemacht wurde. Der Türöffner summte und aus einem Lautsprecher hörte er Mrs. Potters Stimme, die ihn willkommen hieß. »Hallo Paul, schön dass Du da bist. Komm herein.«
Paul drückte gegen das Tor und trat auf das Grundstück. Er blickte zum Haus und sah, wie die Haustür auf ging und Mrs. Potter heraus kam. Sie blickte streng auf Paul, der immer unsicherer wurde. Er ging die wenigen Stufen zum Portal hoch und gab Marias Erzieherin die Hand. Wieder spürte er den sehr festen Händedruck und war noch eingeschüchterter.
Mrs. Potter bat ihn herein. »Maria trägt noch ihre Trainingsausrüstung, du wirst ihr etwas mehr helfen müssen.« Es schien ihr wichtig zu sein.
Paul ging hinter Mrs. Potter her und schaute etwas ungläubig.
»Sie macht ihr tägliches Haltungstraining«, erklärte sie, allerdings in einem Tonfall, der keine Nachfragen erlaubte.
Paul nahm es kommentarlos zur Kenntnis, innerlich brannte er lichterloh. Was würde Maria wohl tragen? Und für was würde Maria denn trainieren? Er ahnte, dass er sobald auf diese Fragen noch keine Antwort bekommen sollte.
Mrs. Potter ging voran und Paul folgte mit respektvollem Abstand.
* * *
Maria hatte die Klingel gehört und war sehr nervös, denn sie wusste, Mrs. Potter würde Paul herein lassen und zu ihr bringen. Sie war sehr unsicher, was Paul wohl von ihrem Handschuh halten würde. Gewiss, es half ihr, die richtige Haltung für Korsett und High-Heels zu trainieren, aber ob Paul dafür Verständnis haben würde?
Überhaupt, sie wollten Mathematik lernen und da würde sie doch ihre Arme brauchen. Seit längerer Zeit war Maria mal wieder etwas verärgert über die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin. Doch insgeheim wusste sie ja, dass es einer höheren Sache diente und deswegen wäre es gut, wenn Paul den Handschuh akzeptieren würde. Sie war stolz darauf, dass sie den Monohandschuh schon so lange tragen konnte. Und außerdem, das musste sie sich eingestehen, war der Handschuh ja nur der Anfang.
Marias Nervosität stieg ins Unermessliche, als sie die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe hörte. Ihre Erzieherin schien Paul etwas zu erklären. Maria hätte sich jetzt gern noch einmal kurz durch ihr Haar gefasst oder ihr Makeup kontrolliert. Doch da war nichts zu machen, ihre Arme wurden von der weißen Lederhülle auf dem Rücken zusammen gezogen, so das ihre Arme völlig unbeweglich waren. Ihr Körper wurde damit an die richtige damenhafte Haltung gewöhnt. Maria hatte sich ja auch schon ziemlich damit abgefunden. Solange sie den Handschuh hier im Haus trug und es sonst keiner sehen konnte, hatte sie keine Probleme.
Doch jetzt kam Paul, und dass er sie mit diesem Trainingsgerät sehen sollte, das passte Maria überhaupt nicht.
* * *
Im Treppenhaus hörte Paul zu, wie Mrs. Potter auf dem Weg zu Maria über die Nachhilfe sprach. Sie erwähnte noch einmal, dass Maria trainierte und dass deswegen die Nachhilfe etwas schwieriger sein würde. »Ihr werden etwas improvisieren müssen. Und ihr werdet im Stehen arbeiten müssen, das geht doch wohl, oder?«
Sie hatte es zwar als Frage formuliert, aber Paul fühlte, das es eher ein Befehl war. Er schaffte nur ein schwaches »Ja« als Antwort.
Paul trat hinter Mrs. Potter in das Zimmer und sofort fiel sein Blick auf Maria, die vor dem Schreibtisch stand und ihn anstrahlte. Ihre Nervosität bemerkte Paul nicht, was wohl daran lag, dass er genauso nervös war. Auf den ersten Blick sah es für Paul so aus, als würde seine Schulkameradin noch die Kleidung aus der Schule tragen. Die gekreuzten weißen Lederriemen über ihrer Brust bemerkte er nicht.
Er begrüßte sie mit einem schüchternen »Hallo Maria«.
Marias Herz schlug ziemlich laut. Sie erwiderte ein leises »Hallo Paul«.
Obwohl sie wußte, das es eigentlich albern war und dass er es bald sehen würde, war sie doch bemüht, ihm nicht ihren Rücken zu zeigen. Sonst würde er den Handschuh sehen und den wollte sie so lange wie möglich vor ihm verbergen. Auch wenn sie natürlich wusste, dass es unsinnig war.
Pauls Herz klopfte auch immer lauter, je näher er Maria kam.
»Schön, das Du gekommen bist.« Maria war sehr verlegen. »Setze Dich doch.«
Er blickte Maria jetzt etwas verwundert an. Maria bemerkte ihren Irrtum. »Ach ja, wir wollen ja im Stehen lernen.«
Paul war noch sehr von Marias Anblick und Haltung fasziniert. »Du machst ein Training«, Paul fragte ehrlich interessiert.
»Ja, ich muss meine Haltung verbessern.« Maria war immer noch ziemlich verlegen.
»Lasst Euch nicht stören«, war die Stimme von Mrs. Potter zu hören. Paul warf kurz einen Blick durch den Raum und sah, dass sie mit einem Tuch bewaffnet begann, ein Regal abzustauben. Maria wusste, dass sie das bisher bei jedem Nachhilfelehrer gemacht hatte. So sauber wie dieses Regal war sonst nichts im Haus.
Paul war sehr nervös, weil er sich jetzt auch noch von Mrs. Potter beobachtet fühlte, und Marias Nähe verwirrte ihn. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch, wo noch das Marias Lateinbuch lag. Grammatik war aufgeschlagen. Darin bewunderte er Maria, weil ihr das so leicht fiel und er hingegen hatte so viel Mühe damit.
Schließlich traute Paul sich, mit dem Stoff anzufangen. »Bist Du heute mitgekommen?« Er stellte eine wie er meinte einfache Fachfrage, die Maria jedoch nicht beantworten konnte, sie zuckte mit den Schultern. Paul wunderte sich, weil er nichts von ihren Armen sah, doch er ließ sich deswegen nichts anmerken.
Er hatte schon viel Nachhilfe gegeben und deswegen wusste er, dass es gut war, die Sachen aus der Stunde einfach noch mal durch zu sprechen. Deswegen fragte er Maria nach der Aufgabe, die sie heute in der Stunde rechnen durften.
Maria blickte verschämt. »Ich habe das erst überhaupt nicht raus bekommen.« Sie machte eine Pause. »Ich wusste ja nicht mal, wie ich anfangen sollte. Ohne den Herrn Peters wäre das nicht gegangen.« Aus ihrer Stimme klang fast etwas wie Verzweiflung.
»Wir sprechen die Aufgabe einfach noch mal durch.« Paul blickte auf ihrem Schreibtisch umher. »Wo ist denn Dein Mathebuch?«
Maria wurde rot. »In meiner Tasche« Es war ihr klar, das Paul spätestens jetzt den Handschuh zu sehen bekommen würde. Sie wollte am liebsten im Boden versinken. So toll der Handschuh auch sonst war, wenn sie während des Trainings etwas greifen oder sonst etwas mit den Händen machen wollte, störte er gewaltig. Und jetzt stand Paul neben ihr, während sie trainierte. Doch da ihre Erzieherin noch im Raum war, traute sie sich auch nicht, sich eine Blöße zu geben oder aus ihrer Rolle zu fallen.
Mrs. Potter blickte ab und zu heimlich auf das Liebespaar. Sie war sehr gespannt, wie Maria sich mit dem Monohandschuh machen würde und mindestens genauso fragte sie sich, wie Paul darauf reagieren würde. Sie putzte die Sachen aus dem Regal diesmal besonders langsam.
Paul blickte Maria erwartungsvoll an und wartete, das sie das Mathematikbuch suchen würde, doch Maria schien sich nicht zu bewegen.
Maria sah Paul an und sie wusste, das er jetzt das Mathebuch haben wollte. ´So ein Mist´ dachte sie bei sich. Das hätte sie auch heraus legen können, bevor Mrs. Potter sie in den Handschuh eingeschnürt hatte. Sie wollte ihm das Ding nicht zeigen, doch so konnte sie ihm das Mathebuch aber auch nicht geben. Sie blickte ihn ziemlich hilflos an und wartete.
Paul fiel ein, das er seines ja auch dabei hatte. Er nahm es aus seiner Tasche und legte es auf den Schreibtisch.
Doch Mrs. Potter war damit überhaupt nicht einverstanden. Natürlich wußte sie, warum Maria so zögerte. Es war ihr aber nicht recht, das Maria versuchte, den Handschuh vor Paul zu verbergen. Sie erwog kurz ihre Möglichkeiten, dann drehte sie sich direkt zu Maria und sprach sie direkt an.
«Maria, warum nehmt ihr nicht euer eigenes Buch?« Maria hörte zu ihrem Entsetzen die Stimme ihrer Erzieherin, und dass sie ihr eine Frage gestellt hatte. In Gegenwart anderer musste Maria unter allen Umständen das Protokoll einhalten, doch dazu müsste sie Paul den Rücken zudrehen und er würde ihren Handschuh sehen können.
Maria schluckte und wusste nicht, was sie Mrs. Potter antworten sollte. Sie zögerte. Doch gerade heute war Mrs. Potter besonders penibel. »Warum antwortet ihr nicht, wenn ihr gefragt werdet?«
Maria musste reagieren und irgendwie war der Respekt vor Mrs. Potter größer als die Sorge um ihr Ansehen bei Paul. Sie drehte sich so um, das sie Mrs. Potter anblicken konnte und antwortete wahrheitsgemäß. Paul war erst ihrem Blick gefolgt und hatte ebenfalls Mrs. Potter angesehen. »Weil es noch in meiner Schultasche ist.« Marias Stimme zitterte.
Pauls Blick suchte im Raum die Schultasche, dabei fiel sein Blick auch auf Marias Rücken und er war sehr erstaunt, als er dort etwas seltsames sah. Es brauchte zwei Blicke von ihm, um zu erkennen, was dort zu sehen war. Marias Arme wurden von etwas Weißem auf dem Rücken zusammen gehalten. Etwas Längliches in Weiß, welches auch noch wie ein Korsett geschnürt war. Es sah mehr als seltsam aus.
Mrs. Potter war gleichermaßen bemüht Maria Mut zu machen und ihr die Scheu vor Paul zu nehmen. Sie blickte sie scheinbar ernst an und so, als ob es das Selbstverständlichste wäre sagte sie: »Dann bittet doch Paul es heraus zu nehmen.«
Maria drehte sich langsam zu Paul hin und mit sehr leiser Stimme bat sie ihn, das Buch aus ihrem Ranzen zu holen. Allerdings fiel es ihr jetzt etwas leichter, denn jetzt hatte er den Handschuh gesehen. Und Paul war noch da.
Paul kam das alles ziemlich seltsam vor, auch der seltsame Ton, den Maria mit ihrer Erzieherin pflegte. Doch da er sich, ohne das er es sich selbst eingestehen wollte, schon in Maria verliebt hatte, nahm er es hin und genoss es, in ihrer Nähe zu sein.
Maria zeigte mit ihren verpackten Armen auf den Ranzen. Paul sah dies und warf noch einmal einen Blick auf dieses sehr seltsame Ding. Dann ging er zu Marias Schultasche, machte sie auf und blickte hinein. Er sah das dicke blaue Mathebuch, nahm es heraus und legte es auf den Schreibtisch. Während Maria sich langsam neben ihn stellte, schlug er die richtige Seite auf.
Paul wollte jetzt mit der Nachhilfe beginnen und bat Maria, sie sollte noch einmal die Zeichnung aus der Stunde nachzeichnen.
Mit einer Mischung aus Stolz und Unsicherheit blickte Maria zu Paul und sagte, dass sie das nicht machen könne. Dabei zeigte sie Paul mit einer Drehung des Oberkörpers ihre verpackten Arme.
Jetzt erst hatte Paul die volle Wirkung dieser seltsamen Vorrichtung verstanden und erkannte, das Maria so ihre Arme nicht benutzen konnte. Er dachte natürlich an das Naheliegende: »Soll ich Dir da raus helfen?« er kam Maria noch etwas näher.
Diese drehte sich erschrocken von ihm weg und widersprach: »Nein, ich muss den tragen. Bitte nicht.« Ihre Stimme klang fast weinerlich bittend. Sie wusste, dass es Paul sehr seltsam vorkommen musste, doch sie konnte es ihm jetzt auch nicht erklären. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen.
Mrs. Potter hatte das Gefühl, eingreifen zu müssen. Sie stellte den Gegenstand, den sie schon seit einiger Zeit putzte ins Regal und kam zu Maria. Sie gab sich Mühe, ihre Stimme ernst klingen zu lassen, obwohl sie doch mit dem bisherigen Verlauf schon sehr zufrieden war. »Lasst es Euch nicht einfallen, Euch den Handschuh ausziehen zu lassen! Ihr müsst Euer Training weiter machen.« Dann ging sie scheinbar auf die Beiden ein. »Was ist denn das Problem?«
Paul wollte eigentlich gegen Marias seltsames Armgefängnis protestieren. Er wollte sagen, dass die Nachhilfe so keinen Sinn mache und Maria unbedingt ihre Arme benutzen müsse. Doch als er Mrs. Potter mit ihrer großen und respekteinflößenden Gestalt gegenüber stand, konnte er nur schlucken. Mrs. Potter hakte nach: »Nun?«
Paul wurde innerlich kleiner. Er brachte einfach nicht den Mut auf, sich hier für Maria gegenüber Mrs. Potter aufzulehnen. Er dachte nach und es fiel ihm ein, dass er ja für Maria zeichnen könnte. Er war, ohne das er es selber erkannte, sehr eingeschüchtert. »Nein, es ist alles in Ordnung. Ich werde Maria zeigen, wie sie zeichnen müsste.«
Mrs. Potter hatte erreicht, was sie wollte. Paul war jetzt willens und in der Lage, Marias Handschuh zu akzeptieren und sich damit auch zu arrangieren.
Sie wünschte den beiden viel Erfolg und verließ den Raum. Die Tür ließ sie offen. Paul hörte, wie sie sich auf dem Korridor zu schaffen machte. Sie war also noch in Hörweite.
* * *
Paul warf noch einmal einen recht deutlichen Blick auf Marias Handschuh. »Wenn Du so etwas tragen musst.« In Pauls Stimme mischten sich die Bewunderung für Maria mit der Verwunderung über dieses seltsame Trainingsgerät.
»Gefällt er Dir?« Pauls Meinung war ihr anscheinend wichtig.
»Ich habe so etwas noch nie gesehen. Er sieht schon toll aus.« Paul war ehrlich. »Aber es wäre leichter mit der Nachhilfe, wenn Du Deine Arme benutzen könntest.«
Maria blickte ihn an und seufzte leicht. »Das ist sicher richtig.« Sie versuchte zu zeigen, wie viel Freiraum sie noch hatte. »Aber ein wenig kann ich meine Arme ja bewegen.« Sie konnte ihre Arme auf dem Rücken pendeln lassen. Und sie schaffte es, sie etwas an ihrem Körper vorbei nach vorn zu bewegen.
Paul schaute fasziniert zu. Er war verwundert und erfreut zugleich, wieder diese geheimnisvolle Spannung vom Schulhof zu spüren. »Er ist wunderschön«, er wusste nichts anderes zu sagen. Und außerdem war es grundehrlich gemeint. »Aber warum trägst Du so etwas?«
Maria antwortete etwas leiser, aber mit viel Begeisterung in der Stimme. »Er hält meine Arme auf dem Rücken zusammen.« Paul hielt fast den Atem an. Maria blickte an sich herunter. »Und diese Riemen halten ihn fest, damit er nicht herunter rutscht.«
Paul folgte ihrem Blick, und jetzt fielen auch ihm die Riemen auf, die sich über Marias Brust kreuzten. Er sprach auch etwas leiser. »Darf ich ihn mal anfassen?«
»Gern, darfst Du«, Maria flüsterte ebenfalls. ´Ich könnte Dich ohnehin nicht daran hindern´, dachte sie sich, ohne es auszusprechen. Paul streichelte ihr sehr zärtlich über die hilflosen Arme. Er spürte, das Maria etwas zitterte. Doch der Handschuh verbarg dieses, da er die Arme sicher festhielt.
Paul bekam eine Gänsehaut. Er wollte nachhaken. »Und warum machst Du das Training?«
Er bekam eine Antwort, die zwar ehrlich war, die ihm aber trotzdem nicht wirklich weiter half, Marias Training zu verstehen. »Für meine Mutter.« Er spürte durch ihrem Tonfall, dass er jetzt besser nicht nachfragen sollte. Er warf einen Blick auf das Mathematikbuch.
Maria folgte dem Blick und beide trafen sich bei der Aufgabe aus der Schule. »Ich habe nicht verstanden, warum ich bei diesem Winkel den Sinus brauche?« Sie war jetzt ernsthaft bemüht, sich auf Mathematik zu konzentrieren.
Paul fragte, welchen Winkel sie meinte.
Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, beugte Maria sich vor zu dem Gefäß mit Bleistiften, nahm einen davon in den Mund und zeigte Paul mit der Spitze des Bleistifts, welche der aufgeschlagenen Aufgaben sie meinte.
Paul war zu verwirrt, um es richtig zu realisieren, aber sie schien den Umgang mit den Bleistiften auf diese Art und Weise gewohnt zu sein. Der Bleistift zitterte nicht.
So langsam fand Paul auch den Weg zurück zu Mathe. Er griff das Thema auf und war bemüht, ihr die Zusammenhänge zu erklären.
* * *
Mrs. Potter blickte ab und zu durch die Tür auf den Schreibtisch, vor dem Paul und Maria standen und wirklich ernsthaft Mathematik machten. Sie war sehr erleichtert, denn Paul schien ein echter Glücksgriff zu sein. Er half Maria mit dem Unterrichtsstoff, er saß in der Klasse neben ihr und es schien, als hätten sie sich auch noch in einander verliebt. Genauso, wie es sein sollte.
Sie schaute auf die Uhr, es war bald 16 Uhr und für Maria würde es Zeit werden, sich für ihr Sportprogramm vorzubereiten. Sie ging auf das Zimmer zu und klopfte vorsichtig am Türrahmen.
Paul und Maria blickten auf und es fiel Paul schon auf, das Maria sich sofort komplett zu ihrer Erzieherin hin umdrehte. Sie schien wirklich streng erzogen worden zu sein.
»Ich wollte bloß wissen, ob ihr bald fertig seid.« fragte sie.
»Diese Aufgabe noch.« Aus Marias Augen strahlten Eifer und Verliebtheit um die Wette.
Ihre Erzieherin erinnerte sie daran, dass sie sich dann für den Sport umziehen müsste. Dann ließ sie die beiden weiter machen. Paul kam es schon ziemlich seltsam vor, dass sie in der Schule vom Sport befreit war und hier welchen machen musste.
Sie kamen mit der Aufgabe dann bald zum Schluss, und eigentlich wollte Paul sich schon verabschieden, als er spürte, das Maria noch etwas von ihm wollte.
Sie kam etwas näher und ihre Stimme wurde leiser. »Ich wollte mich noch mal dafür bedanken, dass Du mir auf dem Schulhof geholfen hast.« Paul kam auch einen Schritt näher. »Die anderen Mädchen sind immer so grausam,« sprach Maria, und dabei bekam sie einen recht traurigen Blick. »Sonst hält keiner zu mir, die denken alle, ich würde spinnen.«
Paul wollte Maria ehrlich trösten, deswegen legte er seine Arme um ihren Körper und zog sie an sich heran. Allerdings kamen seine Hände mit Marias Armen in Kollision, da diese auf ihrem Rücken gehalten wurden. Ohne dass Paul richtig wusste, was er tat, umfasste er mit einen Händen Marias Arme und hielt sie mit fest.
Maria blickte ihn mit großen Augen an, er war so nah. Ihre Lippen näherten sich und sie versanken in der Süße ihres zweiten Kusses.
* * *
Mrs. Potter blickte durch die Tür und lächelte, als sie sah, das die beiden sich küssten. Sie ließ ihnen Zeit, ihre Gefühle zu gießen. Erst nach einiger Zeit kam sie in das Zimmer und klopfte dabei leise an den Türrahmen.
Maria war sehr erleichtert, als sie nicht schimpfte, sondern sie nur an die Uhrzeit erinnerte. Diesmal hatte Maria auch das Protokoll vergessen, denn dazu hätte Paul sie loslassen müssen und das wollte in dem Augenblick keiner von beiden.
Dann war es aber doch Paul, der die Umarmung von sich aus löste, denn er spürte schon ein leichtes schlechtes Gewissen. Aber immerhin hatten sie ja auch eifrig Mathe gelernt. Beide blickten sich sehr verliebt in die Augen und Maria war es am ganzen Körper anzusehen, wie gern sie Paul auch umarmt hätte. Doch der Handschuh unterband dies zuverlässig.
»Ich muss dann Sport machen.« Marias Stimme klang etwas zitternd und es schien ihr gar nicht recht zu sein, dass sie jetzt getrennt wurden. Doch da war die Nähe von Mrs. Potter, die in der Tür stand.
Paul spürte, das der zärtliche Moment mit Maria vorbei war. Er hatte ihn sehr genossen. Jetzt schien Maria wieder in ihre alte Rolle zurück zu fallen. Ihr Blick wurde wieder etwas ruhiger.
»Ihr macht am besten Morgen gleich nach der Schule weiter« Mrs. Potter war ernsthaft bemüht, ihnen die Trennung leichter zu machen. Doch als Paul in Marias auf einmal sehr erschrockenes Gesicht blickte, war er etwas erstaunt.
Maria schien den Vorschlag ihrer Erzieherin nicht gut zu finden. Es war für ihn gut zu sehen, dass Maria einen Kampf mit sich selber führte. Es schien, als traute sie sich nicht, ihrer Erzieherin entgegen zu treten.
Mrs. Potter wusste natürlich genau, worum es Maria ging, doch da musste ihr Schützling durch, das musste sie lernen zu ertragen. Sie wandte sich noch mal an Paul. »Wenn Du Morgen Lust und Zeit hast, dann könntest Du uns auf einem Spaziergang begleiten.«
Paul war sehr davon angetan, ihn freute der Gedanke, auch einmal ohne Mathematik mit Maria zusammen zu sein. Er schaute zu Mrs. Potter herüber und bedankte sich für die Einladung.
Maria schien es nicht mehr auszuhalten. »Nein, das will ich nicht. Nicht wenn ich meine Stiefel trage.«
Mrs. Potter und Paul drehten sich beide erstaunt zu Maria hin. Ihre Erzieherin blickte sie sehr streng an und fragte süffisant: »Liebe Maria, wolltet ihr etwas sagen?«
Maria hatte schon ihren Mund aufgemacht und wollte loslegen, da sah sie in das auf einmal sehr strenge Gesicht ihrer Erzieherin und sofort wusste sie, dass es sehr unklug wäre, wenn sie jetzt etwas sagen würde. Diesen Blick kannte sie mehr als genug, und meistens bedeutete er ein paar Extra-Runden in ihrer »Folter-Kammer«. Doch das wollte Maria sich heute auf keinen Fall einhandeln.
Paul sah, wie bei Maria eine Träne die Wange hinunter lief. Er hätte sie gern getröstet, doch Mrs. Potter griff ein. »Jetzt solltest Du Dich von Paul verabschieden, er möchte gehen.«
Wieder war zu sehen, dass Maria mit ihren gefangenen Armen zuckte. Es schien sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Wieder musste ihre Erzieherin ihr helfen. »Du möchtest ihm vielleicht einen Abschiedskuss geben.« Sie drehte sich extra auffällig weg.
Paul stand auf seinem Platz wie festgeschraubt, so seltsam kam ihm das Ganze vor und ehe er sich versah, stand Maria vor ihm und blickte ihm in die Augen.
Ohne dass er wirklich wusste, was er tat, legte er wieder seine Arme um Maria und zog sie an sich heran. Maria schaute ihn verliebt an und flüsterte leise. »Dann bis Morgen.«
Paul sagte ebenfalls etwas und gleich darauf versanken sie in einem kurzen, aber sehr intensiven Kuss.
Mrs. Potter blickte heimlich ab und zu zu ihnen hinüber und als sie der Meinung war, sie hätte ihnen genug Zeit gelassen, räusperte sie sich. »Paul möchte dann gehen.«
Das war natürlich ein charmant ausgesprochener Befehl und Paul spürte dies auch deutlich. Er ließ Maria los und noch einmal tauschten sie intensive Blicke aus.
Mrs. Potter kam auf Paul zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er drehte sich um und ging in Richtung Tür, nicht ohne noch einmal zu Maria zu blicken und ihr zu zuwinken. Maria hätte auch gern gewunken. Ihre Arme zuckten auf ihrem Rücken, festgehalten von dem weißen Leder. So schenkte sie ihm noch einmal ein wunderschön verliebtes Lächeln.
* * *
»Na wie war die Nachhilfe?« Seine Oma war sichtlich neugierig.
Paul bemühte sich ruhig zu werden. Er war noch sichtlich bewegt von dieser so seltsamen Nachhilfestunde. »Maria ...« begann Paul. Da fiel ihm erst auf, dass er gar nicht wusste, was er zuerst sagen sollte.
Seine Großmutter wusste, welche Fragen sie stellen musste. »Ihr habt Euch wieder geküsst?«
Paul wollte sich rechtfertigen. »Nach der Nachhilfe.« Er wurde aber trotzdem rot dabei.
Selma war sensibel genug, um zu spüren, dass ihn noch etwas bewegte. »Du möchtest mir noch etwas erzählen?«
Ihr Enkel war dankbar für diese Frage. »Ja, das war alles so seltsam. Maria konnte ihre Arme nicht benutzen.« Er beschrieb die merkwürdige weiße Lederhülle.
Selma hörte sich den Bericht an, dann nickte sie verständig. »Maria hat einen Monohandschuh getragen.« Sie schien kurz nachzudenken. »Die drei Töchter mussten so etwas auch tragen. Gab es bei Maria auch über der Brust gekreuzte Riemen?«
Vor Erstaunen stand Paul der Mund auf. »Woher weißt Du das?«
«Das gehört zu dem Monohandschuh dazu«, erklärte sie ihm. »Die Riemen sorgen dafür, das der Handschuh nicht die Arme herunter rutschen kann.«
Paul erinnerte sich daran, das Maria so etwas ähnliches gesagt hatte. Er wollte es genauer wissen. »Maria hat gesagt, sie müsse etwas trainieren. Weißt Du, was sie da gemacht hat?.«
Statt einer Antwort stellte seine Großmutter wieder eine Frage: »Du hast Maria doch in den Armen gehalten. Hast Du da so etwas wie ein Korsett gespürt?«
Obwohl Paul jede Sekunde mit Maria genossen hatte, war ihm so etwas nicht aufgefallen. »Darauf habe ich nicht geachtet.«
»Trug Maria hohe Absätze?«
In seinen Gedanken ging Paul noch einmal das Bild durch, welches er sich von Maria mitgenommen hatte. Ihm fiel ein, das sie ja noch die Stiefel aus der Schule trug, und die hatten Absätze. Er beschrieb sie seiner Oma.
Diese nickte wissend. »Ich würde mal vermuten, das Maria ein Korsett-Training macht. Der Monohandschuh ist dann nur ein Hilfsmittel dafür.«
Paul war sichtlich interessiert. Bisher wusste er über Korsetts so gut wie gar nichts. Er blickte seine Oma neugierig an, aber er wusste nicht, welche Fragen er stellen sollte.
Selma beschrieb ihm die Wirkung der einzelnen Bestandteile des Trainings. »Der Monohandschuh hilft vor allem, den Brustkorb zu weiten, weil mit dem Korsett eine Bauchatmung nicht mehr möglich ist.« Sie machte eine Pause, weil sie Paul Zeit zum Nachdenken geben wollte.
»Das Atmen geht auch leichter, wenn Maria ganz gerade steht. Dabei helfen hohe Absätze, denn dann streckt sich der Körper, und der Bauch wird kleiner.« In Gedanken sah Paul die zierliche Figur von Maria vor sich. »Die Schultern werden zurückgenommen und geben der Brust mehr Raum.«
Paul schaute seine Oma total erstaunt an. Doch sie war noch nicht fertig: »Und das Korsett hebt auch die Brüste und bewirkt auch ein schönes Dekolleté, welches die Männer sehr gern mögen.« Paul wurde rot.
* * *
Kalt strahlte des Neonlicht von der Decke. Aus dem kleinen Kellerfenster drang nur wenig zusätzliches Tageslicht in den Raum. Ein starker Hauch von Schweiß und Anstrengung lag in der Luft.
In dem Raum standen verschiedene Sportgeräte. Eine Laufband, ein Trimm-Fahrrad, diverse Maschinen zum Gewicht-Heben, ja sogar eine Kniebeuge-Maschine - alle standen in dem kleinen Raum. Auffällig waren bei fast allen Maschinen die Erweiterungen, die man auf den zweiten Blick entdecken konnte. Bei jeder Maschine stand eine Art Zählmaschine dabei und fast überall dort, wo man normalerweise die Geräte anfaßt, waren kleine Lederriemen angebracht, teilweise verliefen unauffällig Drähte von den Zählern zu den Riemen.
Auch eine Rudermaschine stand in dem Raum, und von dort kamen die einzigen Geräusche, die in dem Raum zu hören waren. Am Lautesten war die Maschine selbst, wenn die Ruder bewegt wurden. Ein rhythmisches Knistern von Plastik war etwas leiser zu hören.
Dazu kam Marias Stöhnen, welches mit jedem Ruderschlag lauter wurde. Der Schweiß lief ihr in Strömen durch das Gesicht. Sie hätte gern gewusst, wie weit sie schon war, doch sie konnte die Zähler vor lauter Schweiß nicht mehr ablesen. Sie konnte sich die Augen auch nicht auswischen, denn ihre Hände wurden mit den Riemen an den Rudern festgehalten. Immer heftiger waren ihre Bewegungen. Fast konnte man meinen, sie würde vor einem Seemonster davon rudern wollen.
Endlich machte es »Klick« und die Riemen an den Händen sprangen auf. Maria merkte dies in ihrem Schwung erst gar nicht. Erst als die Rudermaschine gebremst wurde, nahm sie ihre Hände von den Stangen und konnte sich endlich die Augen frei wischen.
Maria blickte sofort auf die kleine Uhr an der Wand und dachte zuerst an einen Fehler, denn so schnell war sie noch nie fertig gewesen. Sie nahm sich das bereitliegende Handtuch und trocknete sich ihren Kopf etwas ab. Dann stand sie auf. Überall an ihrem Körper klebte das Plastik ihres Schwitzanzuges, und sie freute sich schon sehr auf ihre Dusche. Auch ihr Sportkorsett saß diesmal besonders locker. Sie fühlte kaum etwas von den Korsettstangen, und um ihre Taille spürte sie nur das Plastik ihres Trainingsanzugs.
Mit sehr glücklichem Gesicht ging sie in das Nachbarzimmer, wo Mrs. Potter schon wartete. Auch sie schaute sofort auf die Uhr, als sie ihren Schützling verschwitzt auf sich zu kommen sah. »Oh, Du bist heute aber früh fertig.«
Maria lächelte erschöpft, aber glücklich. Sie war noch sichtlich außer Atem. »Ja, ich habe mich heute extra in die Riemen gelegt.« Sie grinsten beide über das gelungene Wortspiel.
In diesem Moment war es nur ein Ritual, doch auch hier ließen sich beide in das Protokoll fallen. Maria stellte sich gerade vor ihre Erzieherin hin und wartete immer noch leicht keuchend. Mrs. Potter nahm diese Geste zur Kenntnis, aber wartete noch einige Zeit, bis sich der Atem der Sportlerin weiter beruhigt hatte. Dann kam der übliche Satz: »Nun Maria, was wünscht ihr?«
Marias Augen funkelten heute besonders als sie jetzt ihren Kopf hob und ihre Erzieherin ansah. »Würden Sie mich bitte aus meinem Korsett heraus lassen, ich möchte gern duschen.«
Auf dem kleinen Tisch lag das große Schlüsselbund, welches Mrs. Potter jetzt langsam zur Hand nahm. Während sie nach dem richtig Schlüssel suchte, überlegte Maria total fasziniert, dass alle dieser Schlüssel zu ihr gehörten. Sie selbst hätte nicht gewusst, welcher der vielen Schlüssel für welches Schloss war. Diesen Überblick hatte nur ihre Erzieherin.
Sie wartete geduldig, bis Mrs. Potter ihr das Sport-Korsett geöffnet hatte, dann bedankte sie sich und ging ruhigen Schrittes nach oben in Richtung Bad. Nur noch das Plastik ihres Anzugs knisterte etwas.
Mrs. Potter nahm indessen ein kleines Buch zur Hand und ging dann zu einzelnen Sportmaschinen. Bei jeder der Maschinen blieb sie stehen und notierte den Zählerstand. Sie öffnete das Fenster, dann machte sie das Licht aus und ging ebenfalls nach oben.
* * *
Sie hatte sich ein Handtuch um den Körper geschlungen, ein weiteres trug sie wie ein Turban auf dem Kopf. Maria betrat ihr Ankleidezimmer und öffnete den begehbaren Schrank. Sie ging zu den Fächern mit der Freizeitkleidung und nahm sich ihre Abendjacke und einen dazu passenden Rock heraus.
Sie legte sich die Sachen über den Arm und wollte gerade in ihr Fernsehzimmer gehen, als ihr ihre Erzieherin über den Weg lief. Mrs. Potter erkannte sofort, was Maria sich aus dem Schrank herausgenommen hatte, deswegen musste sie die Pläne ihres Schützlings ändern.
»Heute ist Euer Nacht-Korsett aus der Reinigung gekommen und das müssen wir ganz neu schnüren. Das wird lange dauern.« Sie sprach nicht aus, dass Maria heute keinen Fernseh-Abend bekommen würde, das verstand sich auch so.
Maria freute sich, denn obwohl es sehr streng war, trug sie dieses Korsett gern. Sie verließ den Raum und brachte ihre Abendkleidung wieder zurück in den Schrank.
Dann ging sie durch die kleine Tür in ihr Schlafzimmer, wo Mrs. Potter schon dabei war, den großen Karton mit dem Korsett auf zumachen und es auszupacken.
Zu anderen Gelegenheiten musste Maria sich immer bitten lassen, doch heute schien sie glänzende Laune zu haben. Sie nahm die Hängefesseln aus der kleinen Kommode und brachte sie an dem Trapez an. Sie probierte den Sitz der Lederriemen aus und als sie damit zufrieden war, stellte sie das Trapez auf die richtige Höhe ein.
Mrs. Potter war damit beschäftigt, die vielen Korsettschnüre zu sortieren und blickte nur nebenbei auf die Aktivitäten ihres Schützlings. Diesmal schien Maria wirklich alles selber machen zu wollen.
Maria hatte sich die kleine Fußbank unter das Trapez gestellt und probierte noch einmal die Höhe aus. Sie stellte das Trapez etwas höher und war dann mit ihren Vorbereitungen zufrieden. Sie stellte sich auf die kleine Fußbank und überlegte noch einmal kurz, ob sie an alles gedacht hätte. Sie würde sich in die Hängefesseln hinein hängen, dann ihren Körper etwas hochziehen und mit den Füßen die kleine Bank, auf der sie bisher stand, wegstoßen. Der Effekt würde dann sein, dass sie nur noch von ihren Handgelenken gehalten wurde und somit ergab sich, dass sie sich selbst aus dieser Stellung nicht mehr befreien konnte.
Diese Haltung war wichtig, damit Mrs. Potter das Korsett richtig zuschnüren konnte. Maria holte noch einmal tief Luft, dann spannte sie ihre Arme an, damit ihre Beine entlastet wurden. Sie schaute nach unten und stieß mit dem Fuß die kleine Bank weg. So hing sie bereit für das Korsett.
Mrs. Potter wartete noch einen Moment, bis sich der Atmen von Maria wieder beruhigt hatte, dann nahm sie die große schwere Lederhülle und trat auf Maria zu. Sie hielt ihr als erstes das Beinteil hin und Maria blickte nach unten, als sie ihre Füße in das Beinteil steckte. Sie musste ihre Füße wie bei ihren Ballett-Stunden strecken und konnte sie dann in das gepolsterte Fußteil des Korsetts stecken. Es war wie ein Ballett-Stiefel gearbeitet und es wäre Maria sogar möglich gewesen, damit zu stehen. Doch dieses Korsett hatte sie bis auf die Anproben bisher immer nur in der Nacht im Liegen getragen.
Mrs. Potter legte ihr als nächstes den oberen Teil um ihre Schulter und sicherte es mit zwei zusätzlichen Riemen über die Schultern, die das Korsett solange festhalten würden, bis es komplett geschnürt war.
Um die Zeit zu überbrücken, die sie erfahrungsgemäß mit dem Schnüren verbringen mussten, begann Mrs. Potter, Maria nach ihrem Tag zu fragen.
Maria nutze diese Zeit auch gern, um von den Tageserlebnissen zu erzählen. Oft genug hatte wieder von den anderen Mädchen zu erzählen, die sie auf dem Schulhof mal wieder geärgert hatten, doch diesmal gab es nur ein Thema: Paul. Wie einer besten Freundin erzählte Maria von den ersten gemeinsamen Erlebnissen und den schönen Küssen. Gleichzeitig spürte sie, wie Mrs. Potter es immer strenger zusammenschnürte.
»Ich glaube, ihr braucht bald ein neues Korsett.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang fast etwas verwundert. »Ich glaube, ich könnte Euch heute die Schnürung komplett schließen. Seit ihr bereit dazu?«
Maria fand es in Ordnung, dass sie gefragt wurde, auch wenn ihr klar war, dass ihre Antwort nur ´Ja´ lauten konnte. Immerhin erfüllte es sie mit Stolz, dass sie jetzt endlich komplett in dieses so superstrenge Korsett geschnürt werden konnte. Wenn die Schnürung geschlossen sein würde, dann war es Maria nicht mehr möglich, auch nur irgendetwas außer ihrer Arme und ihres Kopfes zu bewegen. Der restliche Körper war in dieses Monsterkorsett eingesperrt.
Immer weiter kam Mrs. Potter mit der Schnürung und Maria spürte mit Wohlwollen, wie es diesmal besonders streng geschnürt wurde. Sie begann neben ihren Erzählungen vom Tag leise zu stöhnen.
Als jedoch das Stöhnen überhand nahm, kam von Mrs. Potter doch die recht ernst gemeinte Frage, ob Maria einen Knebel haben wollte. Dies erinnerte Maria erst einmal daran, sie nicht so gehen zu lassen. Wenn sie sich sonst auch an die Knebel gewöhnt hatte, beim Korsettschnüren wären die einfach nur lästig. Außerdem erzählte sie viel lieber von Paul.
»So, fertig.« Mrs. Potter legte die Lederabdeckungen über die Schnürungen und ließ das kleine Schloss in Marias Nacken einrasten, dann trat sie zu der Kurbel des Trapezes und begann Maria herunter zu lassen.
Nur weil das Trapez gleich neben dem Bett angebracht war, war es für Maria trotz ihren jetzt sehr hilflosen Körpers leicht, ins Bett zu kommen.
Allerdings war selbst das alleine völlig unmöglich, denn jetzt steckte ihr ganzer Körper vom Hals bis zu den Zehenspitzen in dem Korsettmonster und wurde von dem Leder und den langen Korsettstangen unnachgiebig festgehalten.
Mrs. Potter ließ Maria noch einige Zeit neben dem Bett stehen. Maria konnte sich an dem großen Kopfende festhalten und gewöhnte sich etwas an die neuen Gefühle.
Derweil holte Mrs. Potter die Haube aus der Nachttischschublade. Maria stöhnte leise, als sie sah, dass es die ganz strenge Ausführung war. ´Ist das Korsett denn nicht schon streng genug?´ dachte sie, doch sie wusste ja, dass sie gestern eine Freinacht hatte und dass sie den gestrigen Tag nachzuholen hatte.
Mrs. Potter hatte auch den Mundschutz heraus gelegt. Maria schluckte. Wenn sie schon die Haube nicht mochte, dieses Ding hasste sie. Dabei war es noch einer ihrer bequemsten Gegenstände aus dem Schönheitsprogramm, denn sie konnte den Schutz einfach zwischen die Zähne nehmen und musste dabei nur aufpassen, dass ihre Zunge auch Platz fand in dem Hohlraum, welches des Plastikteil frei ließ. So konnte sie ihren Mund fast ganz schließen und war so recht bequem für die Nacht versorgt. Natürlich hätte sie den Mund öffnen können, um den Mundschutz wieder heraus zu nehmen, wenn da nicht gleich danach ihre Haube um den Kopf geschnürt werden würde.
Maria besaß mehrere solcher Masken, einige davon ließen Augen und Nase frei. Bei manchen waren nur noch die Nasenlöcher frei. Heute hatte Mrs. Potter die ganz strenge Maske herausgelegt. Den Mund öffnen konnte sie damit natürlich auch nicht mehr.
Obwohl Maria eigentlich schon total hilflos war, nahm Mrs. Potter sie noch in die Pflicht, was das Anlegen ihrer Nachtgegenstände betraf. Sie reichte ihr diesen vermaledeiten Mundschutz, den Maria nun wirklich nicht mochte.
Maria seufzte. Sie hatte schon gelernt, dass es wenig Sinn hatte, sich dagegen aufzulehnen. So würde sie eben gleich stumm wie ein Fisch sein. Sie schloss ihre Augen und mit Todesverachtung öffnete sie ihren Mund, schob sich langsam den Mundschutz hinein, und nachdem ihre Zunge den für sie vorgesehenen Platz gefunden hatte, schloss Maria langsam ihren Mund. Sie machte die Augen auf und blickte Mrs. Potter wortlos an.
Mrs. Potter fragte noch einmal ob alles in Ordnung war, und Maria nickte noch einmal leicht. Dabei lief ihr eine Träne die Wange hinunter. Dies ignorierte Mrs. Potter und zog ihr die strenge Haube über den Kopf. Dann begann sie die Schnürung am Hinterkopf zu schließen, und immer enger legte sich die Maske um Marias Kopf.
Maria musste ja zugeben, dass diese Haube sehr bequem war. Wenn sie richtig geschlossen war, dann fühlte es sich an wie ihre zweite Haut. Doch von ihren Sinnen konnte Maria danach nicht mehr viele benutzen. Die Augen waren durch die Maske verschlossen, über den Ohren waren noch einmal extra Polster, die sämtliche Geräusche abdämpften. Reden konnte sie nicht mehr, weil die Maske das Öffnen des Mundes verhinderte. Und natürlich hätte sie den Mundschutz nicht mehr herausnehmen können. Lediglich Fühlen mit den Händen und Riechen waren Maria geblieben und sie dachte mit Schaudern an die Samstag Nacht, wenn es noch viel strenger sein würde. Mit einem kleinen Schauer spürte sie, wie Mrs. Potter die Abdeckung über die Schnürung legte, und wie auch hier das kleine Schloss mit einem fühlbaren Klicken einrastete. Nun war sie wieder vollständig gefangen.
Nur sehr gedämpft hörte Maria die Stimme ihrer Erzieherin, die ihr jetzt erklärte, dass sie sie auf das Bett legen würde. Nur schwach spürte Maria die Berührungen und wieder erschauerte Maria, weil ihr hier wieder einmal bewusst wurde, wie streng ihr Nachtkorsett doch war.
Dass sie von Mrs. Potter noch zugedeckt wurde, spürte Maria nur, weil sie mit ihren Händen noch tasten konnte. Samstag Nacht würde das auch nicht mehr möglich sein.
»Gute Nacht mein Schatz.«, Maria hörte die Stimme ihrer Erzieherin nur ganz leise und nur ganz schwach spürte sie den Gutenachtkuß auf ihrer Stirn.
Maria wollte ebenfalls ein »Gute Nacht.« sagen, aber zu hören war davon nur ein Brummen.
Mrs. Potter blickte noch einmal liebevoll auf Marias Bett, machte dann das Licht aus und verließ das Zimmer.
Maria freute sich auf die kommenden Tage. Sie dachte an Paul und seine zärtlichen Küsse sowie an die Samstag Nacht, wenn es für sie so richtig streng werden sollte.
5. RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:43

Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Mrs. Potter wählte die Nummer, die mit den vielen Nullen begann und wartete, bis die Verbindung in die USA hergestellt war. Die Sekretärin war dran. Als diese die Stimme von Mrs. Potter hörte, wusste sie schon, was zu tun war und Marias Erzieherin musste nur noch kurz warten.
»Frederike hier«, meldete sich Marias Mutter. »Was gibt es neues?« Innerlich verdrehte Mrs. Potter die Augen. Immer diese Hetze. Doch dann begann sie ihrer Auftraggeberin von den Ereignissen der Woche zu berichten.
»Die schulischen Leistungen sind in Ordnung. Das Abitur wird sie sicher bestehen. Nur Mathe ist ein Problem.« Das war, das wussten beide, nicht wirklich etwas neues. »Doch jetzt hat sie einen neuen Nachhilfe-Lehrer und ich glaube sogar, zwischen den Beiden hat es gefunkt.«
Frederike Beller freute sich für ihre Tochter, denn sie wusste, das es für Maria nicht einfach war, einen Freund zu finden. Und dass sie jetzt hoffentlich sogar ihre Liebe gefunden hatte, war doppelt schön. Natürlich musste Frederike sich auch eingestehen, das ihr die Liebe ihrer Tochter auch bestens in ihr Konzept passte. So könnte der Plan doch noch aufgehen.
Mrs. Potter blickte auf ihre Notizen, dann bemühte sie sich, eine möglichst kurze, aber umfassende Beschreibung von Paul zu geben. Sie berichtete über seine Art, sein Wesen und vor allem den sehr guten Einfluss auf Maria.
Marias Mutter wurde immer nervöser. »Passt unser Programm oder müssen wir da etwas anpassen?«
Mrs. Potter versuchte Ruhe auszustrahlen. »Das passt so, denke ich. Wir werden ihn wie vorgesehen integrieren.«
»Wie viel weiß er schon?«, fragte die Mutter.
»Nur das Äußere.« Die Erzieherin berichtete, dass Paul Marias Monohandschuh bei der Nachhilfe gesehen hatte und das Paul darauf sehr gut reagiert hatte.
»Müssen wir dann ihren Tagesablauf nicht doch anpassen?« Frederike war skeptisch.
Mrs. Potter war dagegen. »Nein, er soll sich daran anpassen. Das wird dann gleich seine erste Prüfung.«
Marias Mutter fragte nach weiteren Ereignissen. Erst fiel der Erzieherin nichts wichtiges ein, doch dann musste sie daran denken, wie sie Maria eben ins Bett gebracht hatte. »Das große ganz lange Bett-Korsett konnte ich heute ganz zuschnüren.«
»Oh, das ist sehr schön.« Marias Mutter war von der Nachricht sehr angetan. »Dann bekommt sie in den Ferien gleich ein Neues angemessen.«
Sie sprach es nicht aus, aber sie dachte daran, wie schwer es dann für Maria in den Sommerferien werden würde, wenn ihre Tochter sie besuchen kommen würde. Sie beschloss, ihr deswegen davon noch nichts zu sagen, um ihr die Vorfreude nicht zu verderben.
Mrs. Potter fragte nach dem nächsten Termin für den Anruf. Frederike schlug vor, das Marias Erzieherin am Samstag wieder berichten sollte. Die Verabschiedung war kurz und nüchtern.
Mrs. Potter schaute danach noch einmal kurz zu Maria ins Zimmer hinein. Der leichte Atem zeigte an, dass Maria schon eingeschlafen war.
* * *
Stolz lag das große Schloss auf dem Hügel, beschienen von der untergehenden, schon fast rot leuchtenden Abendsonne. Die Strahlen warfen einen letzten sonnigen Gruß durch die hohen Fenster in den festlich geschmückten barocken Ballsaal. Drinnen funkelte das Sonnenlicht mit dem Licht der Kronleuchter und den Tausenden von Kerzen um die Wette.
Die Musiker spielten seichte Stücke zur Unterhaltung. Alle warteten auf die Befreiung der Debütantinnen, mit denen die Prinzen den Ball eröffneten. Bis dahin blieb die Tanzfläche leer.
Es lag eine gewisse Spannung im Raum. Es war für jede Debütantin eine große Ehre, hier an ihrem Pfeiler stehen zu dürfen und auf ihren Prinzen zu warten. Besonders aufregend war es, wenn der Zeremonienmeister ihre Handgelenke mit den goldenen Schlössern an die Pfeiler schloss. Und jede von ihnen fragte sich, ob ihr Prinz sie wohl wieder befreien würde. Den Schlüssel dazu bekamen sie vom Zeremonienmeister um den Hals gehängt.
Maria blickte auf die kleine Erhörung am anderen Ende des Saales. Dort standen die Elevinnen in ihren festlichen Kleidern. Von dort durften sie den ganzen Abend dem Treiben auf dem Ball zusehen. Es sah sehr hübsch aus, wie sie da abwechselnd in Weiß und in Rosa vor den kleinen Säulen standen.
Als besonderes Detail trugen diesmal die Mädchen mit weißem Kleid einen rosa Monohandschuh und die mit dem rosa Kleid einen in Weiß. Die Kleider gingen bis zum Boden und so war nicht zu sehen, warum sie sich nicht von ihrem Platz entfernen konnte. So war es leichter, den ganzen Abend dort oben stehen zu müssen. Maria wurde rot, wenn sie daran dachte.
Die Elevinnen waren aber auch sichtbar an ihren Platz gebunden. Die Spitze des Monohandschuhs war mit einem goldenen Schloss mit der Säule verbunden. Jede der Elevinnen wusste, dass sie im nächsten Jahr nicht mehr auf dieser Empore stehen würde. Stattdessen würde sie unten im Saal auf den Prinzen warten dürfen.
Maria hatte sich schon oft darauf gefreut. Jedes Mal hatte sie sich auf ihren Prinzen gefreut, doch stets war sie eine der wenigen, die nicht befreit wurden.
* * *
Die Prinzen kamen. Einer nach dem anderen kamen sie in den Saal und gingen zielstrebig auf ihre Prinzessinnen zu. Der Brauch wollte es, das jeder Prinz ein kleines Blumenbouquet mitbrachte, um es der Dame seines Herzen vor dem Ball zu überreichen. Dabei fragten die Prinzen gemäß eines alten Rituals nach dem Schlüssel zum Herz der Prinzessin. Nur selten vergaben die Angebeteten mal einen Korb, fast immer bedankte sich die Debütantin brav mit einem Knicks und wurde vom Prinzen von der Säule befreit. Ein paar wenige sehr mutige wagten auch einen ganz kurzen Dankeschön-Kuss.
Die Säulen leerten sich immer weiter, zurück blieben stets nur die kleinen goldenen Schlösser. Nur noch Maria stand an ihrer Säule. Sie seufzte. Bisher hatte sie noch kein Prinz nach ihrem Schlüssel gefragt. Sie blieb jedes Mal an der Säule stehen und hatte bisher von dort dem Treiben auf dem Ball zu sehen müssen.
Doch auf einmal klopfte ihr Herz laut, noch bevor sie überhaupt ahnen konnte warum. Es kam doch noch ein Prinz in den Saal. Paul!
Marias Herz klopfte richtig wild und sie war fast atemlos, als Paul auf sie zu kam und ihr den kleinen Blumenstrauß reichte. Dabei sprach er die Worte, die Maria hören wollte: »Gebt Ihr mir den Schlüssel zu Eurem Herzen?«
Sie konnte nicht antworten, sondern blickte ihn nur voller Liebe an und nickte. Pauls Hände zitterten leicht, als er den Schlüssel von der kleinen Ketten nahm. Er öffnete die Schlösser und befreite Maria von der Säule. Sie wäre ihm liebend gern um den Hals gefallen, doch erstens geziemte sich so ein Verhalten für eine Prinzessin nicht und zweitens konnte sie im Moment gar nicht über ihre Arme verfügen, weil diese von dem Monohandschuh auf ihrem Rücken festgehalten wurden.
Sehr gern ließ sie sich in den Arm nehmen und auf die Tanzfläche führen, wo die anderen schon tanzten. Sie blickten sich verliebt in die Augen und begannen sich auch zu der Musik im Kreis zu drehen.
Mrs. Potter stand am Rand der Tanzfläche und es schien, als riefe sie Maria etwas zu. Sie tanzten langsam zu ihr herüber und jetzt verstand Maria die Worte ihrer Erzieherin.
»Maria, ihr müsst aufwachen«, war ihre Stimme zu hören.
* * *
Mrs. Potter blickte mit Sorge auf Marias im Nacht-Korsett verpackten Körper. Ihr Schützling war ziemlich unruhig. Sie beeilte sich, das Schloss zu öffnen und die Haube aufzuschnüren, denn sie spürte, das heute etwas anders als sonst war. Andererseits hatte Maria nicht das Notsignal benutzt, also konnte es nicht wirklich etwas schlimmes sein.
Trotzdem war die Erzieherin besorgt und brauchte auch nicht lange, bis sie Maria die Haube vom Kopf genommen hatte. Sie blickte in Marias Gesicht und zu ihrer Erleichterung sah Maria zwar aufgewühlt, aber glücklich aus. Maria schlug die Augen auf. Mrs. Potter nahm ihr den Mundschutz aus dem Mund und legte den Knebel auf die kleine Schale auf dem Nachttisch.
Maria blickte ihre Erzieherin verliebt an. »Ich habe wunderbar geträumt.«
Ohne das sie es zeigte, war Mrs. Potter erleichtert, dass Maria nach dieser schon ziemlich strengen Nacht so leicht und munter aufwachte. Sie spekulierte: »Du warst wieder auf dem Ball?«
Maria bestätigte dies mit ihrem Blick. »Paul hat mich zum Tanzen geholt.« Sie erzählte von ihrem Traum, der diesmal ganz anders endete.
»Das ist ja wunderschön.« Mrs. Potter war sehr erleichtert und begann das strenge Nachtkorsett zu öffnen. Doch es war ihr etwas aufgefallen und da wollte sie nachhaken.
»Du sagtest, das Du diesmal an der Säule standest.«
Maria bestätigte dies.
»Und als in Pauls Armen lagst, trugst Du einen Monohandschuh?«
Maria schien in Gedanken ihren Traum noch einmal nachzuträumen. Dann blickte sie ihre Erzieherin erstaunt an. »Ja, Ihr habt Recht. So war es. Seltsam.«
Mrs. Potter nahm dies als ein sehr gutes Zeichen. Maria hatte ihren Handschuh mit Paul in Verbindung gebracht. Bisher lief es sehr gut.
Maria wartete geduldig, bis ihr Korsett soweit geöffnet war, dass sie aufstehen konnte. Doch wie sonst auch, fiel sie gleich wieder in ihre Rolle und wartete auf die Erlaubnis, ins Bad gehen zu dürfen.
Mrs. Potter schickte sie schließlich zum Duschen und während der Zeit legte sie Marias besondere Unterwäsche sowie die dazugehörigen Schlösser bereit.
* * *
Der heiße Kakao duftete schon auf dem Tisch, als Maria in die Küche kam. Sie war schon fertig für die Schule angezogen. Aus dem Schrank nahm sie sich eine kleine Schale und füllte sie sich mit Müsli und Milch, dann setzte sie sich an den Tisch und begann ihr Frühstück.
»Ich habe mit Eurer Mutter telefoniert und ihr von Paul erzählt«, berichtete Mrs. Potter.
Maria zuckte etwas zusammen, denn sie hatte wegen Paul schon ein etwas schlechtes Gewissen. »Sie freut sich für Euch.«
Maria schaute ihre Erzieherin ungläubig an. Sie hätte nicht im Traum damit gerechnet. »Ja ist sie denn nicht dagegen?«
Mrs. Potter blickte mit liebevoller Strenge auf ihren Schützling. »Nein, sie hat nichts dagegen.« Sie machte eine Pause. »Unter einer großen Bedingung.«
Maria seufzte.
»Es bleibt alles beim alten, was Euer Programm betrifft.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang ziemlich bestimmt.
Maria schien nachzudenken. Dann runzelte sie ihre Stirn. »Das komplette Programm?« Sie schien sich Sorgen zu machen.
Mrs. Potter schien zu ahnen, welche Gedanken ihr wohl gerade durch den Kopf gingen. Das wollte sie allerdings nicht und deswegen versuchte sie abzulenken. »Ihr müsst gleich zur Schule.«
Maria blickte auf die Uhr und begann etwas schneller zu essen.
Was würde Paul wohl machen? Ob er auch frühstückte? Sie war sehr erleichtert über Pauls bisherige Reaktionen. Aber sie fragte sich auch, wie er wohl über ihr Programm denken würde.
* * *
Oft genug fand Paul es lästig, wenn seine Oma auf dem morgendlichen Frühstück bestand. Doch heute war er recht dankbar darüber. Er war froh jemand zu haben, mit dem er über Maria reden konnte. Mit seiner Mutter hätte er das wohl nicht machen können.
»Sie gefällt Dir sehr.« Selma reichte ein Blick in Pauls Gesicht, um Bescheid zu wissen.
Paul grinste. »Ja!« Mehr schafft er im ersten Moment nicht zu sagen. Doch dann nahm er sich allen Mut zusammen, um es sich vor allem selber einzugestehen. »Aber ihre Erzieherin macht mir etwas Angst. Sie ist so streng, diese Mrs. Potter.«
Pauls Oma dachte über das nach, was ihr Enkel bisher erzählt hatte. Eine gewisse Ähnlichkeit war schon zu erkennen zu der Erziehung der Grafentöchter, die sie kennen gelernt hatte, als sie beim Grafen im Schloß als Dienerin gearbeitet hatte. Sie blieb bei ihrem Rat, er solle sich so benehmen, wie er es gelernt hatte.
Sein Frühstück hatte er diesmal komplett aufgegessen. Nur im Unterbewusstsein wusste er, das er bald nach dem Frühstück wieder Marias Erzieherin begegnen würde und so versuchte er, das etwas hinauszuzögern.
Doch auch seine Oma achtete darauf, das Paul nicht zu spät zur Schule kam. Sie trieb ihn an und nötigte ihn noch, die Regenjacke mitzunehmen. Für den heutigen Tag waren Gewitter angesagt.
Er packte sich die Jacke in den Ranzen und ging zur Tür. »Heute habe ich wieder Nachmittagsunterricht,« fiel ihm im letzten Moment ein. »Ich werde in der Schule essen.« Seine Oma war stets verärgert, wenn er ihr nicht Bescheid gesagt hatte. Er verabschiedete sich und trat nach draußen. Er bog um die Ecke und voller Freude sah er, dass Maria gerade auf den Bürgersteig trat. Seine Miene verfinsterte sich allerdings etwas, als er Mrs. Potter entdeckte, die gleich hinter seiner Angebeteten her kam.
Es lag an Marias sehr kleinen Schritten, dass er sie sehr schnell eingeholt hatte. Doch auch diesmal war nicht zu erkennen, warum Maria nur so kleine Schritte machte. Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, wurden seine Schritte auch langsamer, je näher er Mrs. Potter kam.
Er wollte eigentlich hinter den Beiden bleiben, doch als Mrs. Potter stehen blieb und sich direkt ihm zu wandte, hatte Paul keine andere Wahl mehr, als Beide zu begrüßen.
Es war wie gestern beim Abschied, Mrs. Potter gab ihm mit einem kräftigen Händedruck die Hand, während Maria, die auch stehen geblieben war und sich umgedreht hatte, nur ein schüchternes »Hallo Paul« heraus brachte. Sie gingen schweigend weiter.
Vor der Schule wünschte Mrs. Potter den Beiden einen schönen Tag, dann drehte sie sich um und ging diesmal mit schnellerem Schritt wieder zurück. Paul und Maria gingen schweigend über den Schulhof und betraten schließlich ihre Klasse.
* * *
Nach den beiden Stunden am Nachmittag gingen Paul und Maria zusammen zu Mrs. Potter, die am Tor schon auf sie wartete. Es fiel der Erzieherin auf, dass sich etwas ereignet haben musste. Sie fragte auch gleich danach.
»Wir schreiben nächsten Freitag eine wichtige Mathearbeit«, Marias Stimme klang sehr aufgeregt. »Und deswegen müssen wir unbedingt noch lernen.«
Im Prinzip war es Mrs. Potter ja recht, dass Maria mehr Zeit mit Paul verbringen würde. Doch gleichzeitig durfte ihr Schützling auch ihr normales Programm nicht vernachlässigen.
Mrs. Potter überlegte kurz. »Wie wäre es, wenn ihr gleich heute während Eures Ballett-Trainings etwas lernen würdet?«
Paul sah, das Maria diese Idee nicht so gut fand, doch sie wagte nicht, ihrer Erzieherin zu widersprechen.
»Am besten, Paul kommt gleich mit zu uns. Geht das, Paul?« Dem war das mehr als Recht. Er genoss jede freie Minute, die er mehr in Marias Gegenwart verbringen konnte.
Wie immer gingen sie recht langsam den kurzen Weg zu Marias Haus und Paul fragte sich dabei immer häufiger, ob Maria keine größeren Schritte machen konnte oder ob da etwas anderes dahinterstecken würde. Sie betraten das große Haus.
Mrs. Potter verschwand sofort, während Paul neben Maria wartete.
Maria hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Sie holt die Schlüssel für das Cape.« Dabei blickte sie etwas an sich herunter.
Paul folgte dem Blick und es fiel ihm auf, das der obere Verschluss des Capes tatsächlich ein Schlüsselloch hatte. Der Verschluss war außerdem so gearbeitet, das er gleichzeitig auch den Anfasser des Reißverschlusses mit verschloss.
Paul bekam eine Gänsehaut. Maria war in das Cape regelrecht eingesperrt.
Mrs. Potter kam mit dem großen Schlüsselbund zurück. Den richtigen Schlüssel hatte sie anscheinend schon gefunden, denn sie ging direkt auf Maria zu und steckte einen Schlüssel in das kleine Schlüsselloch. Es machte kurz ein leises Klick und Paul sah, wie das Schloss aufsprang. Jetzt konnte Mrs. Potter den langen Reißverschluss öffnen und Maria aus dem Cape helfen.
Ihr Schützling machte kurz einen Knicks und ging dann mit vorsichtigen Schritten zu einer kleinen Kommode, vor der auch ein kleiner Hocker stand. Sie machte die Schublade auf und nahm ein kleines Schlüsselbund heraus.
Dann schien sie zu warten. Ab und zu blickte sie fragend zu ihrer Erzieherin hinüber, die noch recht umständlich damit beschäftigt war, das Cape zusammenzulegen. Erst als sie damit fertig war, richtete sie ihren Blick auf Maria und schien ihr zuzunicken.
Erst jetzt setzte Maria sich auf den kleinen Hocker. Paul war sehr erstaunt. Maria hatte anscheinend auf die Erlaubnis zum Hinsetzen gewartet. Er nahm sich vor, seine Oma danach zu fragen.
Mittlerweile war Maria damit beschäftigt, sich mit einem der Schlüssel ein Schloss an ihrem Stiefel zu öffnen. Paul überlegte, warum ihm das bisher nicht aufgefallen war, doch dann fiel ihm ein, das Marias Rock dies bisher verdeckt hatte.
Nachdem sie sich bei beiden Stiefeln die Schlösser abgemacht hatte, legte sie diese mit dem Schlüssel auf die Kommode und konnte sich jetzt den Reißverschluss öffnen. Sie zog sich die Stiefel aus und stellte sie ordentlich in die Kommode.
Dann schien Maria zu warten. Paul fiel so nebenbei auf, das Maria anscheinend Strümpfe oder eine Strumpfhose trug. Soviel war davon zumindest zu sehen.
Mrs. Potter kam zurück und stellte Maria wortlos ein Paar äußerst seltsame Stiefel hin.
Paul hatte so etwas noch nie gesehen und er war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt Stiefel waren. Immerhin hatte Maria ihren Fuß hineingesteckt und begann jetzt den Schaft des Stiefels bis unter das Knie zuzuschnüren.
Sie bemerkte Pauls ziemlich ratlosen Blick und versuchte ihm es erklären: »Das sind meine Ballett-Stiefel. Das muss ich auch einmal die Woche trainieren.«
Jetzt begann Paul zu verstehen, in was Maria sich das gerade hineinzwängte. Die Stiefel bewirkten, das Maria wie beim Ballett-Tanz quasi auf Zehenspitzen unterwegs sein würden.
Sie sah Paul fragenden Blick und wollte ihm deswegen noch etwas mehr mitteilen. »Ich hatte früher Ballett-Unterricht. Ich bin das gewöhnt und will nicht aus der Übung kommen.«
Paul wusste nun gar nicht mehr, was er davon halten sollte. Er schaute ganz fasziniert zu, wie Maria sich die Stiefel anzog.
Maria hatte sich oben am Stiefelschaft eine schöne Schleife gebunden und Paul dachte schon, das sie damit fertig wäre. Doch zu seiner Überraschung nahm sie aus der Schublade zwei andere Schlösser und fädelte diese so in die Schleife ein, dass sie die Schleife nicht mehr öffnen könnte, wenn das Schloss eingeschnappt sein würde.
Maria kontrollierte die Qualität ihrer Schnürung noch mal, zog hier und da noch mal die Schüre nach, dann ließ sie die Schlösser zuschnappen und zog darüber die Schleife fest.
Paul stockte der Atem. Sie hatte sich eben selber in diese sehr seltsamen Stiefel eingesperrt.
Maria sah Pauls sehr verwunderten Blick und Maria hatte das Gefühl, sich etwas erklären zu müssen. »Ich möchte nicht in Versuchung kommen, die Stiefel ausziehen zu können beim Spaziergang.« Sie griff noch einmal in die Schublade. »Hier sind die Schlüssel.« Sie hielt wieder das Schlüsselbund hoch.
Paul war trotzdem sprachlos.
Maria hielt sich an der Kommode fest und versuchte langsam aufzustehen. »Zu Beginn bin ich immer etwas wackelig,« versuchte sie verlegen zu erklären.
Paul sah, dass sie recht hatte. Sie sah recht unsicher aus, wie sie auf den Stiefeln unterwegs war.
Ohne dass es zu bemerken gewesen wäre, stand Mrs. Potter im Raum. Sie wandte sich diesmal direkt an Paul. »Maria braucht in diesen Stiefel immer eine Hilfe. Am besten ist es, wenn Du Deinen Arm um sie legst.«
Im ersten Moment war es der Respekt vor Mrs. Potter, der Paul zögern ließ, doch dann begriff er, welche Nähe er zu Maria bekommen würde und ziemlich schüchtern legte er den Arm um Maria.
Seine Freundin brauchte die Hilfe auch gleich, denn Mrs. Potter wollte als erstes kontrollieren, ob Maria sich die Stiefel auch wirklich richtig angezogen hatte. Maria hob dabei ein Bein etwas hoch und zeigte ihr den zugeschnürten Stiefel.
Paul spürte ziemlich deutlich, wie wackelig Maria dabei stand und er war sehr bemüht, ihr den richtigen Halt zu geben. Paul war erstaunt, als Mrs. Potter die Qualität von Marias Stiefelschnürung wirklich zu kontrollieren schien. Zuerst hatte Maria das eine Bein gehoben, dann das andere. Dabei spürte Paul, dass sie sich wirklich auf seinen Hilfe verließ und Paul war sehr bemüht, ihr tatsächlich den Halt zu bieten, den sie suchte.
Nachdem sie sich von der Qualität von Marias Arbeit überzeugt hatte, wandte sie sich wieder Paul zu. »Hilfst Du bitte Maria bei der Treppe und bringst sie ins Arbeitszimmer. Ich hole Marias Handschuh und komme dann nach.«Sie hatte es wie eine Bitte formuliert, doch Paul empfand es eher als einen Befehl, dem er auf jeden Fall zu folgen hatte.
Er fühlte sich mehr als überrumpelt. Erst als Maria leise »Komm, lass uns gehen.« flüsterte, riss er sich zusammen und war bemüht, Maria eine Hilfe zu sein. Bis zur Treppe kamen beide gut voran. Doch dann bremste Maria. »Langsam.«
Obwohl er nicht wusste, warum das so war, merkte Paul, das Maria wirklich nicht viel Beinfreiheit hatte. Mit sehr viel Mühe schaffte Maria es, ihr Bein so weit zu heben, dass sie ihren Fuß oder besser die Fußspitze auf die erste Stufe stellen konnte.
Irgendwie instinktiv spürte Paul, dass er jetzt auch eine Stufe hinauf gehen Musste. Maria keuchte etwas, als sie von ihm mit hochgeschoben wurde, doch zu ihrer beider Freude standen sie dann auf der nächsten Stufe.
Paul fragte leise: »So geht es, oder?«
Statt einer Antwort spürte Paul, dass Maria gleich zur nächsten Stufe drängte. Wieder keuchte sie, als sie versuchte, die nächste Stufe zu erreichen.
* * *
Paul hatte vor lauter Aufmerksamkeit gar keine Zeit, die Nähe von Maria zu genießen, als sie jetzt mühsam Stufe für Stufe die Treppe hochkämpften. Paul fragte sich schon, was Maria hier auf sich nahm und auch warum, doch ihm fehlte der Mut, sich danach zu erkundigen.
Auf der obersten Stufe angekommen waren beide ziemlich erleichtert. Der Weg ins Marias Arbeitszimmer war jetzt nur noch eine Kleinigkeit. Allerdings hatte Paul Maria noch nicht wieder losgelassen. Er genoss ihre Nähe.
Und Maria hatte ihn auch nicht darum gebeten.
Erst als Paul die Schritte von Marias Erzieherin auf dem Korridor hörte, lockerte er die Umarmung.
Mrs. Potter kam in den Raum und Paul sah, das sie eine ziemlich seltsame weiße Ledertüte mit vielen Riemen daran in der Hand hielt. Maria sah die Lederhülle, löste sich von Paul und legte ihre Arme auf den Rücken. Dabei lagen die Handinnenflächen aufeinander wie bei einem Gebet.
Paul sah sehr fasziniert zu. Er sah, wie Marias Augen glänzten.
* * *
»Was möchtet ihr denn trinken?« Die Frage von Mrs. Potter zerriss die geheimnisvolle Spannung. Sie blickte zunächst Paul an, der erst nach einem kleinen Augenblick in der Lage war zu antworten.
»Ein Wasser bitte«
Dann blickte die Erzieherin Maria fragend an und diese schloß sich dem Wunsch von Paul an. Dabei nahm sie ihre Arme langsam wieder nach vorn.
Mrs. Potter legte den Handschuh und das große Schlüsselbund auf den Schreibtisch, dann ging sie wieder aus dem Zimmer. Dabei sagte sie, das sie jetzt die Getränke holen würde. Und sie bat Maria, sie sollte ihren Handschuh schon einmal vorbereiten.
Maria nahm sich zunächst das Schlüsselbund in die Hand und suchte daran nach einem bestimmten Schlüssel. Als sie den gefunden hatte, nahm sie den Handschuh vom Schreibtisch und begann, die einzelnen Schlösser zu öffnen.
Sie sah Pauls fragenden Blick und antwortete auf die Frage, die er noch gar nicht gestellt hatte. »Die Schlösser bräuchte es eigentlich gar nicht. Aus dem Handschuh käme ich auch so nie heraus, wenn er richtig geschnürt ist.« Sie machte eine Pause. »Aber meine Mutter wollte das so haben.« Sie zuckte mit den Schultern.
Jetzt wurde Paul etwas unruhig, denn er hatte endlich erkannt, was Maria da machte und vor allem was sie da in den Händen hielt.
Nach den Schlössern öffnete sie noch die verschiedenen Riemen, die an dem Handschuh angebracht waren. Wieder lächelte sie. »Der absolute Overkill, diese Riemen bräuchte es auch nicht. Die Schnürung allein ist schon streng genug.«
Paul verstand die Bedeutung dieser Worte noch nicht, aber er wagte auch nicht, sie danach zu fragen.
Maria öffnete die Schleife der langen Schnürung und zog diese an der Öffnung etwas auseinander. Dann legte sie den Handschuh wieder sehr sorgfältig auf den Schreibtisch und sortierte auch noch die einzelnen Riemen so, dass es wirklich ordentlich aussah. Dann schien sie fertig zu sein, denn sie nahm wieder die alte Haltung ein.
Paul hatte ihr sehr fasziniert zugesehen. Jetzt hatte er den Handschuh, den Maria gestern so seltsam getragen hatte, auch wieder erkannt.
* * *
Maria wurde langsam unruhig. Wo blieb bloß ihre Erzieherin bloß mit den Getränken? Sie musste ihr noch den Handschuh anlegen und dann wollten sie noch ausführlich Mathe lernen. Wegen der Mathematik-Arbeit nächsten Freitag.
Doch Mrs. Potter war noch nicht wiedergekommen.
Maria wurde sichtlich nervös. Sie trippelte leicht auf der Stelle und blickte immer häufiger zur Tür.
Wieder dachte Paul an das Naheliegende. »Vielleicht kann ich Dir dabei helfen?«
Maria schüttelte erst den Kopf, doch dann schien sie nachzudenken. ´Warum eigentlich nicht´, dachte sie bei sich.
Sie hatte das Gefühl, Paul erklären zu müssen, auf was er achten sollte. »Ich werde meine Arme auf den Rücken legen und dann musst Du mir den Handschuh von unten über die Arme schieben.« Sie nahm den Handschuh wieder in die Hand und versuchte es ihm zu zeigen, in dem sie einen Arm hineinsteckte. »So etwa.«
Sie reichte Paul den Handschuh und legte danach ihre Arme auf den Rücken.
Paul musste sich erst mal orientieren. »Die Schnürung gehört wohin?«
Maria drehte sich noch mal zu ihm um. »Die muss von mir weg zeigen, nach hinten.« Dann nahm sie wieder die alte Stellung ein.
Ganz vorsichtig begann Paul jetzt Maria die Hülle über die Arme zu schieben.
Mrs. Potter war ganz leise an die Tür geschlichen und beobachtete voller Freude, wie sich die Beiden mit dem Handschuh abmühten.
Maria beschrieb ihm, das er jetzt den einen der langen Riemen nehmen sollte. »Den bitte erst unter der Achsel durch, unter dem Hals entlang über die andere Schulter und dann bitte am Handschuh festmachen.«
Jetzt erkannte Paul die Riemen, die er gestern schon an Marias Handschuh gesehen hatte und deswegen fiel es ihm jetzt leicht, ihren Angaben zu folgen.
Er versuchte mitzudenken, und als er den anderen langen Riemen sah, fragte er, »diesen Riemen genauso?« Er wartete Marias Antwort gar nicht ab, sondern zog ihn auf die selbe Weise über die andere Schulter und machte diesen ebenfalls am Handschuh fest.
Mrs. Potter war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Sie nahm das Tablett mit den Getränken wieder in die Hand und ging leise in das Zimmer. Paul und Maria waren beide so beschäftigt, das sie die Erzieherin nicht bemerkten. Sie freute sich, dass ihr kleiner Plan aufgegangen. Doch jetzt wollte sie die Kontrolle wieder übernehmen.
»Lass es ruhig etwas lockerer, das kannst Du später noch fester machen.« sprach sie Paul direkt an.
Marias Freund zuckte zusammen. Er hatte sich richtig erschreckt, als die Erzieherin auf einmal neben ihm stand.
Sie bemerkte sein schlechtes Gewissen, doch das war in diesem Moment unwichtig. »Mach ruhig weiter,« ermunterte sie ihn. »Oder willst Du erst mal zusehen?«
Paul war letzteres viel lieber. Er hatte sowieso das Gefühl, schon viel zu weit gegangen zu sein. Seine Stimme zitterte ziemlich. »Ich... Ich will erst mal zusehen...«
Mrs. Potter stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und trat dann hinter Maria. Sie begutachtete Pauls bisherige Arbeit und begann wie bei einem Korsett die Schnürung von Marias Handschuh fest zuziehen.
Paul sah, das Maria ziemlich damit kämpfte, auf ihren wackeligen Stiefeln nicht umzukippen. Als Marias Körper einmal besonders stark schwankte, streckte Paul seinen Arm aus und hielt Maria kurz an der Schulter fest.
Mrs. Potter blickte zu ihm hin und Paul war schon dabei, seinen Arm wieder zurückzuziehen, als er von Marias Erzieherin angehalten wurde. »Halte Maria ruhig fest. Sie steht nicht besonders sicher auf ihren Stiefeln.«
Maria drehte ihren Kopf zu Paul und blickte ihn liebevoll und dankbar an.
Mrs. Potter hatte mittlerweile den Handschuh so gut wie vollständig geschlossen. Sie war jetzt dabei, die einzelnen Schnüre soweit nachzuziehen, dass der Handschuh um Marias Arme wirklich vollständig geschlossen war und sich ihre Ellbogen berührten.
»Paul, kannst Du mir mal eines der Schlösser reichen?«
Paul griff mit der noch freien Hand auf den Schreibtisch nach einem der Schlösser und reichte es Mrs. Potter hinüber. Kurz darauf hörte Paul dieses typische metallische Klicken und er bekam eine Gänsehaut bei dem Wissen, das Maria so streng in den Handschuh eingesperrt wurde.
»Jetzt kannst Du wieder weiter machen.« Mrs. Potter hatte es wie ein Angebot formuliert, doch wieder verstand Paul es als einen Befehl.
Er trat neben die Erzieherin und blickte sie fragend an. Er hätte allerdings kein Wort herausbekommen.
»Hier, die drei Riemen kannst Du schließen und das Schloss dran machen.« Mrs. Potter zeigte auf die Riemen an Marias Handgelenken, sowie unterhalb der Ellenbogen und am oberen Rand des Handschuhs. »Jeweils ins vorletzte Loch.«
Maria stöhnte ganz leise. Doch das war ihrer Erzieherin nicht entgangen. »Das ist nicht zu eng, ihr könnt das tragen.«
Pauls Finger zitterten, als er jetzt versuchte, die Riemen an den Handgelenken zu schließen. Erst beim dritten Versuch konnte er den Riemen durch die Schnalle ziehen. Er musste etwas kräftiger ziehen um bis in das vorletzte Loch zu kommen, doch er ließ es sofort wieder los, als er merkte, wie fest er da ziehen musste Er flüsterte: »Muss das wirklich so streng zugezogen werden?«
Maria drehte ihren Kopf etwas nach hinten und flüsterte genauso. »Das ist schon richtig so. Ich halte das aus.« Eine Menge Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
Mrs. Potter hatte das Flüstern wohl gehört, aber das ließ sie sich nicht anmerken.
Paul zog den Riemen noch einmal fest durch die Schnalle durch und fixierte ihn dann im vorletzten Loch. Er nahm eines der verbliebenen Schlösser und verriegelte den Riemen, wie es von Marias Erzieherin verlangt war. Das Gleiche machte er mit den beiden anderen Riemen, so dass Marias Arme wirklich sicher verpackt waren.
Mrs. Potter blickte anerkennend. »Jetzt kannst Du die Schulterriemen noch etwas enger ziehen. Vorletztes Loch müsste auch dort gehen.«
Maria gab sich Mühe, keine sichtbare Reaktion zu zeigen.
Paul war jetzt schon etwas sicherer, was das Hantieren an Marias Handschuh betraf.
Nachdem Mrs. Potter auch diese Schlösser kontrolliert hatte, schaute sie auf die Uhr, nahm sie ein kleines Notizbuch zur Hand und machte eine Eintragung.
Paul blickte bewundernd an Maria herunter und herauf. »Du siehst wirklich toll aus.« Aus seiner Stimme klang echte Bewunderung.
Maria lächelte beschämt. Dann ging ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Ich habe meinen Handschuh noch nie selber gehen.« Sie drehte ihren Kopf herum, als wollte sie hinter sich schauen, aber sie schaffte das natürlich nicht.
Mrs. Potter kam der plötzliche Anfall von Eitelkeit sehr gelegen und ihr war auch gleich die Lösung dafür eingefallen. »Geht doch ins Ankleidezimmer! Dort gibt es den großen Spiegel am Schrank und den Spiegel auf Rollen bringe ich Euch.«
Maria blickte Paul an und mit einem auffordernden Lächeln fragte sie ihn »Hilfst Du mir?«
Paul war in diesem Moment sehr schüchtern und suchte erst den Blick von Mrs. Potter. Erst als diese ihm wohlwollend zunickte, legte er seinen Arm um Maria und vorsichtig gingen sie in Richtung Tür.
Maria dirigierte ihn in die Richtung ihres Ankleidezimmers, er öffnete die Tür und sie traten ein.
Maria ging langsam vor den Spiegel und stellte sich vorsichtig seitlich davor, so dass sie sich im Profil sehen konnte. »Ja, soviel habe ich immer schon gesehen. Ich bin sehr gespannt, wie es von hinten aussieht.«
Mrs. Potter rollte den großen Spiegel herein. Sie stellte den Spiegel hinter Maria auf und richtete ihn so aus, das Maria den richtigen Blick hatte.
Maria blickte voller Faszination auf ihre verpackten Arme und war sichtlich davon angetan. Sie ließ ihre Arme ein wenig hin und her pendeln und beobachtete sich dabei im Spiegel. Sie war sichtlich stolz. »So etwas kann ich tragen. Und er ist wirklich ganz geschlossen.«
Paul hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. »Das sieht toll aus.«
Sie blickte ihn sehr verliebt und stolz an. »Danke.«
Mrs. Potter tat es zwar etwas weh, aber sie musste die romantische Stimmung unterbrechen und Maria und Paul an die Nachhilfe erinnern.
Maria suchte Pauls Blick. Dann fragte sie leise. »Hilfst Du mir wieder?«
Mrs. Potter runzelte die Stirn, aber sagte nichts. Es war eigentlich nicht in ihrem Sinne. Maria sollte lernen, von allein sicher auf den Ballett-Stiefeln zu stehen. Aber da dies eine sehr große körperliche Nähe zwischen den beiden Verliebten mit sich brachte, blieb sie ruhig.
Sie gingen zusammen wieder in Marias Arbeitszimmer und blieben vor dem Schreibtisch stehen.
Paul ließ Maria wieder los und holte Marias Mathebuch. Sie begannen Mathematik zu lernen. Immerhin war für nächsten Freitag die Arbeit angekündigt.
Es fiel Paul auf, das Maria sich jetzt etwas langsamer bewegte als gestern. Natürlich leuchtete ihm ein, dass dies an diesen seltsamen Ballett-Stiefeln lag. Ab und zu griff er an Marias Schulter, um ihr zusätzlich Halt zu bieten.
Maria nahm dies dankbar. Sie genoss jede einzelne Berührung von Paul.
* * *
Auf einmal kam Mrs. Potter in den Raum. Sie hatte Marias Cape dabei, legte dies über einen Stuhl und sagte den beiden Bescheid, dass sie schon einmal voraus gehen würde. »Ihr kommt dann nach.«
Maria blickte sie zunächst erstaunt an. Dann dämmerte es ihr, das sie noch einen Moment mehr mit Paul allein sein konnte und war davon sehr angetan.
»Den Weg zu dem Pavillion kennst Du ja, oder?« Ihre Erzieherin vergewisserte sich.
Maria musste kurz nachdenken, dann konnte sie es bestätigen. Plötzlich wurde Mrs. Potter aber wieder etwas förmlicher. »Ich erwarte Euch dann also gegen halb Fünf an dem kleinen Pavillion.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Ihr wisst, was passiert, wenn ihr zu spät kommt.«
Maria zuckte zusammen und machte für einen kurzen Moment einen sehr sorgenvollen Eindruck. Sie blickte zur Uhr, dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben.
* * *
Sie machten weiter mit Mathematik, nur ab und zu warf Maria einen prüfenden Blick auf die Uhr. Schließlich schien die richtige Zeit erreicht zu sein.
Maria blickte Paul an und erinnerte ihn an den Spaziergang. »Ich glaube, wir müssen uns dann fertig machen. Mrs. Potter erwartet uns.« Der Respekt vor ihrer Erzieherin schien auch in deren Abwesenheit zu wirken. »Es ist zwar nicht sehr weit, aber ich bin nicht ganz so schnell mit diesen Stiefeln und dem Handschuh.«
Paul blickte sie bewundernd an. Es ging ihm kurz der Gedanke durch den Kopf, dass Maria jetzt noch viel langsamer wäre als normal. Er wusste allerdings nichts zu antworten. Er griff nach dem Cape und drehte es zu Maria hin. Dabei fiel ihm auf, dass ihre Augen auf einmal besonders funkelten. Er fragte sich, was das bedeuten sollte.
Maria blickte noch einmal auf die Uhr. Es schien, als müsse sie sich innerlich überwinden. Dann wandte sie sich zu Paul. »Ich würde gern noch ein weiteres Teil tragen. Aber dazu bräuchte ich Deine Hilfe.«
Paul war etwas vorsichtig. Er war zwar bis über beide Ohren verliebt, aber Maria hatte hier Sachen, die er zuvor noch nie gesehen hatte. Aber er sagte, dass er ihr helfen würde.
»Wir müssen noch einmal in mein Ankleidezimmer, dort sind die Halskorsetts.« Dabei ging sie langsam in Richtung Tür.
Paul beeilte sich, sie einzuholen und seinen Arm um sie zu legen.
Maria ließ ein leises »Danke« hören.
* * *
Paul spürte, das Maria auf einen Schrank zusteuerte, und als sie davor standen, durfte Paul ihn öffnen. Wie er es nicht anders erwartet hatte, waren in dem Schrank lauter seltsame Dinge, von denen er noch keines jemals gesehen hatte. Die meisten schienen aus Leder zu sein.
Maria beschrieb ihm, welchen Gegenstand er aus dem Schrank nehmen sollte. Er blickte ziemlich ratlos auf das feste Stück schwarzes Leder, welches er in der Hand hielt.
Maria wollte ihm helfen. »Das ist ein Halskorsett. Das musst Du mir um meinen Hals legen und dann zuschnüren.«
Paul lag das »warum« zwar auf der Zunge, aber dann schluckte er es ungesagt herunter. Er blickte etwas ratlos auf das Gebilde in seinen Händen.
»Mach die Schnur heraus, dann kannst Du es mir um den Hals legen.« Marias Augen leuchteten.
Paul sah, dass da eine Schnur daran war, wie bei den Stiefeln oder bei dem Monohandschuh. Er konnte sie recht einfach herausziehen.
Jetzt konnte er das Halskorsett auch aufbiegen. Er versuchte es Maria um den Hals zu legen und diese hob ihr Kinn, um es Paul möglichst einfach zu machen. Sie bat ihn noch, das Haar aus dem Korsett heraus zu nehmen. Paul versuchte, dabei besonders vorsichtig und zärtlich zu sein.
»Jetzt nimmst Du die Schnur und fädelst sie wieder in das Halskorsett ein.«
Paul blickte erst einmal etwas ratlos auf die Löcher in dem schwarzen Leder.
Maria gab ihm den richtigen Tipp. »Das müsste genauso gehen wie bei den Stiefeln oder beim Handschuh.«
Das war das richtige Stichwort, jetzt wusste Paul, wie erst es machen musste.
Er fädelte die Schnur in die Löcher ein und gerade als er wie bei den Schuhen die Schnur festziehen wollte, fiel ihm ein dass er da vielleicht etwas vorsichtig sein sollte. Er fragte Maria, wie fest es denn werden sollte.
Sie bat ihn, einfach einmal anzufangen und ganz langsam festzuziehen, sie würde dann sagen, wenn es fest genug wäre.
Paul zitterte etwas, als er den Anweisungen seiner Geliebten folgte. Er zog wirklich sehr langsam und vorsichtig.
Maria machte ihm stets Mut, noch weiter zu machen. Schließlich sagte sie, dass es jetzt gut wäre. »Bitte mache jetzt eine Schleife.«
Paul gab sich größte Mühe, auch eine schöne Schleife hinzubekommen. Dabei ging ihm allerdings noch einmal durch den Kopf, wie starr das Halskorsett doch war, als er es vor hin in den Händen hielt. Er fragte Maria, ob sie denn jetzt noch ihren Kopf bewegen könne.
Diese versuchte den Kopf zu bewegen und es war deutlich zu sehen, dass sie ihren Kopf nur noch minimal bewegen konnte. Sie erklärte es ihm. »Das ist so gewollt, denn ich gewöhne mich so an die richtige Kopfhaltung.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Allerdings ist dieses nur ein einfaches Halskorsett. Ich habe noch viel strengere.«
Paul musste schlucken. Doch die Seltsamkeiten sollten für Paul noch nicht aufhören.
»Geh bitte mal an die kleine Schublade und nimm dort ein Schloss heraus.« Maria musste ihren kompletten Körper drehen um ihm die Richtung zu zeigen, in der er die angesprochene Schublade finden würde.
Paul ging hin und öffnete die Lade. Lauter kleine Vorhängeschlösser lagen darin. Auf jeden war eine kleine Nummer aufgeklebt. »Egal welches?«
Marias Stimme zitterte jetzt etwas. »Ja, das ist egal. Die Schlüssel hat sie nie dabei.«
Paul kam zu ihr zurück und hielt das offene Schloss in der Hand. »Oben links und rechts oberhalb der Schnürung müssten zwei Metallösen sein. Dort muss das Schloss durch«, erklärte sie ihm und es lag ein gewisser Trotz in ihrer Stimme.
Paul war skeptisch. »Aber dann kann ich Dir das Halskorsett nicht mehr abnehmen. Wo sind denn die Schlüssel« Paul zögerte sichtlich.
Maria wollte ihren Plan weiter verfolgen. Sie blickte Paul liebevoll an und flüsterte leise. »Bitte mache es.« Sie versuchte, ihn zärtlich zu berühren.
Paul war zwar nach wie vor nicht davon überzeugt, das richtige zu tun, aber dieser so liebevoll vorgetragenen Bitte konnte er nicht widerstehen. Er nahm das Schloss und steckte es vorsichtig durch die beiden Ösen hindurch. Er fragte noch einmal: »Und Du bist Dir auch ganz sicher?«
Maria bestätigte ihm mit liebevoller Stimme noch einmal ihren Wunsch. Paul nahm all seinen Mut zusammen und drückte auf den Schloßbügel. Es machte Klick.
Maria war irgendwie erleichtert. »Danke. Dann lass uns losgehen.«
Paul sah, wie Maria jetzt ziemlich unbeholfen auf die Tür zuging. Er sah, dass sie nicht mehr vor sich auf den Boden blicken konnte. Es dauerte trotzdem einen Moment, bis Paul erkannte, dass Maria jetzt noch viel mehr Hilfe brauchte als vorher. Er ging auf sie zu und legte ihr wieder den Arm um die Schulter.
Maria war erleichtert. »Danke.« Etwas leiser fügte sie noch etwas hinzu.
Paul verstand so etwas wie »Ich werde es ihr zeigen, dass ich es kann..« Er wusste allerdings nicht, was Maria damit meinte. Und Nachfragen wollte er auch nicht.
Paul wollte mit Maria direkt auf die Treppe zugehen, doch Paul spürte, dass sie in Richtung Arbeitszimmer drängte. »Wir müssen noch mein Cape holen. Das muss ich draußen tragen.«
Wegen der Konzentration auf die recht hilflose Maria bemerkte Paul nur am Rande, das Maria ´wir´ gesagt hatte. Er freute sich trotzdem darüber.
* * *
Das Cape lag über einer Stuhllehne und Paul nahm es zur Hand. Er breitete es auseinander und erkannte recht bald, wie herum er es Maria umlegen musste. Er hängte es ihr über die Schultern und trat dann vor sie. »Jetzt muss ich den Reißverschluss zumachen?«
Maria bat ihn, es noch einmal kurz richtig zurecht zu rücken, dann durfte Paul es schließen. Seine Hände zitterten, je näher er mit dem Anfasser des Reißverschlusses in die Nähe von Marias Busen kam. Maria schien dies nicht zu bemerken.
»Jetzt musst du noch den Riegel zumachen, aber sei bitte vorsichtig, den können wir nicht wieder aufmachen. Das kann nur sie.« So wie Maria das ´sie´ betont hatte, konnte nur ihre Erzieherin damit gemeint sein.
Bei Paul bildete sich eine Gänsehaut. Er betrachtete die beiden Teile am oberen Rand des Capes und er erkannte, wie der Verschluss wohl funktionieren würde. Nur das Wissen, dass er den Schlüssel dafür nicht hatte, hielt ihn davon ab, damit herumzuspielen.
»Auf was muss ich noch achten?« fragte er mit zitternder Stimme.
Maria überlegte kurz. »Ich denke, es passt alles... Und das Cape sitzt gut. Mach es zu.« Beim letzten Satz war ihre Stimme etwas leiser.
Paul nahm die beiden Riegelteile in die Hände, steckte sie ineinander und drückte sie zusammen, bis das Schloss einschnappte.
* * *
Maria bremste Paul, als sie vorn an der Treppe standen. Paul war sehr beeindruckt von der Geschicklichkeit, mit der Maria auf der Treppe dabei war, die Stufen hinunter zu gehen. Immerhin konnte sie sie nicht sehen und sie konnte auch ihre Beine nicht besonders weit auseinander öffnen. Bei letzterem wusste Paul immer noch nicht, warum das so war. Er vermutete einen wohl recht engen Unterrock.
Die Ballett-Stiefel schienen Maria noch am wenigsten auszumachen. Mit denen kam sie sehr gut zurecht.
Schon bald konnte Paul die letzte Stufe ankündigen. Als sie unten waren, blickte ihn eine sehr glückliche und stolze Maria an.
Paul schaute auf die Uhr. Gemessen an Marias Tempo mussten sie sich jetzt etwas heranhalten.
* * *
Sie hatten den Eingang des Parks erreicht. Und da Maria den Weg bis dahin in einem für ihre Verhältnisse sehr schnellen Tempo geschafft hatten, konnten sie sich jetzt sogar etwas Zeit lassen.
Paul versuchte, jetzt wo sie sich nicht mehr so sehr auf Weg und Verkehr konzentrieren mussten, ein Gespräch zu beginnen. Er fragte nach Marias Mutter.
»Meine Mutter lebt in den USA« , erklärte Maria, »sie leitet dort eine Klinik.« Es war ein gewisser Stolz in Marias Stimme zu hören.
»Dann seht ihr euch wohl nicht oft?« fragte Paul interessiert.
Maria seufzte etwas, »Nein, wenn überhaupt, dann nur in den Ferien.«
Ein wenig Mitleid empfand Paul schon für seine Freundin.
Mit ein wenig Begeisterung in der Stimme ergänzte Maria. »In den Sommerferien werde ich sie besuchen.«
Dies gab Paul einen kleinen Stich, denn dann könnte er nicht mit Maria zusammen sein. Insgeheim hatte er sich so etwas schon ausgemalt.
Paul genoss es sehr, hier neben Maria her gehen zu dürfen und dabei ihren sehr hilflosen Körper zu bewachen. Er wollte ihr ein Kompliment machen. »Du bist sehr gut in der Schule.«
Maria war ehrlich erfreut. »Danke. Wenn bloß Mathe nicht wäre...« Sie seufzte. »Aber Mrs. Potter sorgt dafür, dass ich immer gut lerne.«
Paul fühlte die Gegenwart von Marias Erzieherin auch in deren Abwesenheit. »Sie ist sehr streng.«
»Ja«, Marias Stimme klag fast etwas trotzig, »dafür wird sie von meiner Mutter bezahlt.«
Paul spürte, dass er nicht weiter fragen sollte, obwohl er gern mehr gewusst hätte. Er überlegte, was er sonst noch fragen könnte. »Spielst Du auch ein Instrument?«
»Ja, ich spiele Querflöte. Ich habe Übermorgen im Park einen Auftritt. Magst Du nicht kommen?«
Paul nahm das Angebot gern an.
Hätten Paul und Maria einmal zum Himmel aufgesehen, dann hätten sie die dunklen Wolken gesehen, die jetzt aufzogen.
Auf einmal klang Marias Stimme ziemlich entsetzt: »Oh nein, was ist denn das?«
Paul verstand erst einmal nicht, was seine Freundin so erschreckte. Sie standen vor einer großen Steintreppe. Paul hatte die Treppe kurz angesehen und sah in ihr kein Problem. Die würde er leicht hochkommen. Doch dann erst fiel ihm ein, das Maria mit den hohen Stufen deutlich mehr Probleme haben würde.
Doch das war es nicht, was Maria so erschreckt hatte. Sie machte ihn darauf aufmerksam, dass der Weg neben der Treppe gesperrt war. Mitten auf dem Weg klaffte ein tiefes Loch. Anscheinend wurden hier irgendwelche Reparaturen an den verlegten Rohren durchgeführt.
»Ich gehe sonst immer diesen Weg hoch.« Ihre Stimme klang ziemlich verzweifelt. »Die Stufen schaffe ich doch nicht.«
Fast unbewusst sah Paul auf die Uhr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit und er wollte auf keinen Fall, dass Maria wegen ihm Ärger bekommen würde. Er löste seinen Arm aus der Umarmung und ging ein paar Schritte auf die Baustelle zu, um vielleicht einen Weg um sie herum zu finden. Er hatte mit einem schnellen Blick erkannt, dass ihnen nur die Treppe blieb. Langsam drehte er sich, um Maria dies mitzuteilen.
Im Nachhinein wusste Paul gar nicht mehr, warum er so gehandelt hatte. Es war einfach ein Reflex gewesen. Maria war mit ihrem Stiefel an einer etwas hochstehenden Bodenplatte hängen geblieben und hatte versucht, mit schnellen Schritten nach vorn ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Paul sah mit Entsetzen, dass sie genau auf einen unordentlichen Stapel scharfkantiger Steinplatten zusteuerte.
Zuerst dachte er, dass sie die doch sehen müsste, dann fiel ihm ihr Halskorsett wieder ein. Sie konnte es nicht sehen.
Es lief wie in Zeitlupe. Paul ging mit schnellen Schritte auf Maria zu, doch er kam zu spät, Maria war bereits in den Plattenstapel hineingelaufen. Sie begann nach vornüber zu kippen. Paul konnte sie gerade noch auffangen.
* * *
Maria lag in Pauls Armen und beide versuchten sich von dem Schreck zu erholen.
Paul brachte als erstes wieder ein Wort heraus. »Das war knapp.«
Maria war auch ziemlich bewegt. Sie brachte zunächst kein Wort heraus.
Paul blickte etwas ratlos. »Was machen wir jetzt?«
Maria ergriff die Initiative. »Lass uns zu der Treppe gehen. Ich probiere es.«
Er legte Maria wieder den Arm um die Schulter und dann gingen sie für Marias Verhältnisse relativ schnell zu der Treppe. Maria stand vor der ersten Stufe und versuchte ihr Bein hochzuheben, um auf die nächste Stufe zu kommen. Doch wie es zu erwarten war, sie schaffte nicht einmal die Höhe einer halben Stufe. Weiter konnte sie ihre Beine nicht hochheben.
»Was trägst Du auch so seltsame Sachen.« Paul hatte nicht wirklich nachgedacht, als er das sagte.
Maria nahm es mit dem nötigen Humor auf. »Sei froh, das ich nicht den ganz strengen Rock trage.«
Paul wollte in diesem Moment allerdings gar nicht wissen, was da noch strenger sein konnte. Er blickte wieder auf die Uhr und seufzte. Dann sah er wieder die Treppe hoch. Zwei mal acht dieser großen Stufen.
Maria kam die richtige Idee. »Kannst Du mich da hinauf heben?«
Er versuchte mitzudenken. »Lass uns in der Nähe vom Geländer bleiben.«
Maria begann sofort loszutrippeln und Paul ging ihr hinter her. Zusammen standen sie vor der ersten Stufe.
Paul legte seine Arme um Maria und versuchte sie hochzuheben. Er schaffte es zwar, Maria hoch genug zu heben, doch sie standen noch zu weit von der ersten Stufe entfernt. Maria schaffte es so noch nicht.
Der Wind hatte stark zu genommen, doch dies nahmen die beiden nicht wahr.
Paul war jetzt direkt neben die Stufe getreten und Maria hatte sich zu ihm hingedreht. Er hob Maria noch einmal an und diesmal war Maria nahe genug, dass sie ihre Stiefel auf die erste Stufe stellen konnte.
Sie blickten sich erfreut an.
Maria war ziemlich erleichtert. »So geht es.«
Sie hatten einen Weg gefunden.
Paul trat ebenfalls auf die erste Stufe. Er fasste wieder zu und hob Maria an. Diesmal ging es schon etwas flüssiger.
Nach der vierten Stufe war Maria schon etwas erleichtert. »Ein Viertel haben wir schon.«
Wenn man in die Gesichter der Beiden blickte, war zu sehen, dass es für beide eine große Anstrengung war. Denn auch Maria musste sich sehr anstrengen, um nicht umzufallen und einen sicheren Stand auf den kleinen Stufen zu haben.
* * *
Beide waren schon etwas erleichtert, als sie auf der großen Zwischenstufe standen. Die Hälfte der Treppe hatten sie geschafft. Paul schaute auf seine Uhr. Er erschrak. Sie hatten sehr viel Zeit verloren. Es wurde immer knapper.
Er blickte noch einmal an Marias hilflosem Körper herunter und er überlegte kurz, dann trat er direkt auf Maria zu und blickte sie lieb an. »Lass mich etwas ausprobieren.«
Maria blickte zurück mit einer Mischung aus Neugier und Verzweiflung. Sie durften einfach nicht zu spät kommen.
Die kleinen schwarzen Punkte auf dem Boden, die von den ersten Regentropfen hinterlassen wurden, sahen beide nicht.
Er legte einen Arm um Marias Schultern, den anderen in Richtung ihrer Kniekehlen, dann versuchte er Maria hochzuheben. Ein kleiner Schreck ging durch Marias Körper.
Paul biss die Zähne zusammen. So etwas schweres hatte er schon lange nicht mehr gehoben, aber er hatte gar keine Zeit darüber nachzudenken. Er ging mit Maria auf den Armen vorsichtig auf den zweiten Treppenteil zu. Ganz vorsichtig wegen seinen kostbaren Last setzte er seinen Fuß auf die nächste Stufe und mit viel Kraftaufwand schaffte er die Stufe. Auf diese Weise kamen sie gut die nächsten Stufen hoch. Schließlich hatten sie es geschafft.
Paul stellte Maria ganz vorsichtig wieder auf den Boden und ließ sie kurz los. Maria versuchte das Vertrauen zum Boden wieder zu bekommen. Sie blickte ihn sehr dankbar an. Auch Paul war sehr erleichtert und glücklich. Sie hatten die Treppe geschafft.
Er blickte auf seine Uhr. Jetzt lagen sie wieder gut in der Zeit. In der Nähe sah er das kleine Rondell, welches als Treffpunkt ausgemacht war.
Er blickte Maria glücklich an.
Beide kamen sich näher.
Ein lauter Donner zerriss die Stille und beide zuckten vor Schreck zusammen. Gleichzeitig prasselte auf einmal der Regen sehr heftig vom Himmel.
Maria war erschreckt. »Meine Kapuze.« Ihre Stimme klang ziemlich hektisch. Paul fasste hinter Maria und hatte ihr mit einer schnellen Bewegung die Kapuze des Capes über den Kopf gezogen. Dabei musste er kurz darüber nachdenken, wie sehr hilflos Maria doch war und wie dringend sie seiner Hilfe bedurfte. Besonders, wo jetzt starker Wind aufkam und der Regen vom Himmel prasselte.
Paul hatte den Impuls unterdrückt, gleich loszulaufen, denn er musste hier bei Maria bleiben. Er konnte sie doch so nicht allein lassen, auch wenn es noch so sehr vom Himmel schüttete.
Er legte wieder seinen Arm um seine hilflose Freundin und dann gingen sie durch den Regen bis zu dem kleinen Pavillon, der nicht weit entfernt war. Paul schätze die Entfernung auf vielleicht fünfzig Meter. Doch bei dem Tempo, welches Maria nur gehen konnte, dauerte es trotzdem eine ganze Weile, bis sie endlich das schützende Dach erreicht hatten. Die zwei Stufen hatte Paul Maria einfach schnell hoch getragen. Seit der großen Treppe hatte er darin Übung.
Sie standen in dem kleinen Pavillon und waren noch dabei, wieder zu Atem zu kommen, als Paul auf einmal bei Maria eine gewisse Nervosität spürte. Er wusste zunächst nicht, warum dies so war. Er blickte sich um und erst als er die eiligen Schritte von Mrs. Potter entdeckte, ahnte er, das sie der Grund sein könnte.
»Na, das ist ein Unwetter, was?« sprach sie, als sie die beiden Stufen herauf gekommen war. Sie legte ihren großen Regenschirm zusammen und wandte sich an Paul und Maria. »Schön, das ihr es pünktlich geschafft habt.
Paul berichtete vom gesperrten Aufgang und das er deswegen Maria hochgetragen hatte. Er bekam ein Lob von Marias Erzieherin.
Paul fiel nicht auf, das Maria sich seltsam still verhielt.
Doch Mrs. Potter war dies aufgefallen, und da sie ihren Schützling genau kannte, ging sie auf Maria zu und nahm ihr die Kapuze vom Kopf.
Maria vermied es, sie anzusehen. Wobei sie das wegen des Halskorsetts auch gar nicht gekonnt hätte. Ihr schlechtes Gewissen war deutlich zu spüren.
Paul war eigentlich noch ziemlich stolz darauf, dass er es mit Maria pünktlich trotz all der Widrigkeiten zum Treffpunkt geschafft hatte.
Doch Marias Erzieherin wollte dies nicht anerkennen, denn ihr war etwas anderes viel wichtiger. »Maria, warum tragt ihr das Halskorsett?«, ihre Stimme hatte sich verändert.
Paul hatte den Stimmungswechsel noch nicht bemerkt. »Ich habe ihr dabei geholfen.« In seiner Stimme klang noch etwas Stolz.
Mrs. Potter drehte sich kurz zu Paul um und blickte ihn ärgerlich an. »Wie siehst Du überhaupt aus? Du bist ja klitschnass.«
Paul blickte an sich herunter und musste zugeben, dass sie recht hatte. Er war vom Regen völlig durchnässt.
Sie sprach im gleich Ton weiter. »Geh nach Hause und zieh Dich um. Komm bitte um sieben Uhr wieder zu uns.«
Paul wagte nicht, etwas zu erwidern. Wortwörtlich wie ein begossener Pudel ging er zögernd in den Regen zurück. Zunächst ging er ziemlich langsam, sei es aus Trotz oder weil er beleidigt war. So war er noch in Hörweite und konnte erleben, das Mrs. Potter mit Maria schimpfte.
»Maria, ich hatte euch verboten, das Halskorsett zu den Stiefeln zu tragen. Ihr wisst, wie gefährlich es ist.« Ihre Stimme klang ernsthaft böse. Maria schien etwas zu antworten, doch sie sprach sehr leise, so dass er es nicht mehr hören konnte.
»Das ist egal. Ihr habt ein Verbot missachtet. Ihr wisst, welche Strafe darauf steht.« Die Stimme ihrer Erzieherin war dagegen noch gut zu verstehen.
Paul war auf einmal entsetzt. Das hatte er nicht gewollt. Er blieb stehen und drehte sich um. Marias Gesicht sah traurig aus. Er konnte es nicht mehr so genau erkennen, aber er glaubte sogar, das Maria zu weinen schien. Dann sah er, das ihre Erzieherin sich noch einmal zu ihm umdrehte. Schnell drehte Paul sich zurück und ging selbst auch traurig die Stufen der Treppe herunter.
Er hatte auf einmal große Schuldgefühle, denn er hatte Maria ja bei diesem seltsamen Ding geholfen. Jetzt hatte er auch begriffen, was Maria wohl damit meinte, als sie gesagt hatte, das ´sie´ die Schlüssel nicht dabei hätte. Dann fiel ihm ein, das er für heute Abend bei ihnen eingeladen war. Paul hatte jetzt schon Angst davor.
Obwohl es immer noch in Strömen regnete, ging Paul mit normalen Schritte weiter. Er hatte es nicht mehr weit bis zu seinem Haus.
6. RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:44

Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar
Zum Glück war seine Oma nicht da, denn sonst hätte sie mindestens genauso geschimpft wie eben Mrs Potter.
Ihm ging durch den Kopf, das er sein Regenzeug sogar dabei gehabt hätte. Allerdings war das in seinem Ranzen und der stand neben Marias Schreibtisch.
Er zog sich seine nassen Sachen aus und sprang als erstes in die Dusche. Wieder prasselte das Wasser auf ihn, nur diesmal war die Temperatur wesentlich angenehmer. Er dachte nach über die Gefühlsschwankungen, die er heute schon erlebt hatte. Seine Verliebtheit in Marias Nähe, sein Eifer bei der Mathematik-Nachhilfe, der Schreck bei Marias Sturz, sein Stolz an der großen Treppe und schließlich sein so großes schlechtes Gewissen, weil Maria jetzt wegen ihm Ärger bekam. Das Maria ihn eigentlich ausgetrickst hatte, das kam ihm nicht in den Sinn.
Jetzt bedauerte er es, dass seine Oma nicht da war, hätte er sie doch gern nach diesen seltsamen Stiefeln gefragt. Und nach diesem seltsamen Kragen, den er Maria umgelegt hatte und der ihre Erzieherin so aufgebracht hatte.
Er blickte auf die Uhr und erkannte, dass er noch eine Stunde Zeit hatte, bis er erneut bei Maria sein würde. Die Freude darauf wurde diesmal sehr getrübt durch die Angst vor Mrs. Potter und von dem Wissen, dass er Maria vermutlich eine Strafe eingehandelt hatte.
Er wollte sich seine Schultasche nehmen und schauen, ob er vielleicht noch etwas für Morgen vorbereiten konnte. Doch dann fiel ihm ein, das diese auch bei Maria stand.
Er hätte in seinem Buch weiterlesen können. Doch er hatte Angst, dass er dann den Termin verpassen könnte und das wollte er auf gar keinen Fall riskieren. Er setzte sich etwas vor den Fernseher und schaute zu. Es lief irgendetwas. Paul war ohnehin die ganze Zeit mit seinen Gedanken bei Maria.
Was würde ihr wohl passieren? Ob er ihr wohl irgendwie dabei helfen könnte? Aber er wusste, das er sich wohl nie bewusst gegen Mrs. Potter stellen könnte. So groß war der Respekt, den sie ausstrahlte.
Paul seufzte noch einmal. Er spürte, wie seine Nervosität mit jeder Minute wuchs. Aber da war auch noch Maria, seine zarte, sehr geheimnisvolle neue Freundin.
Er zog sich seine Jacke über und machte sich auf den Weg. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen. Eine Viertelstunde zu früh drückte Paul auf den Klingelknopf an dem Tor zu Marias Haus. Nach einer Weile hörte er die strenge Stimme von Mrs. Potter. »Hallo Paul, komm herein.«
Das Tor summte und Paul drückte es auf. Mit großem Herzklopfen ging er auf das Haus zu. Je näher er kam, desto deutlicher hörte er Flötenspiel. Das musste Maria sein. Sie hatte ihm ja von ihrer Musik und dem Auftritt am Samstag erzählt.
Sie schien nur die schwierigen Stellen zu spielen, denn er hörte kein zusammenhängendes Stück. Aber es klang toll.
Die Haustür ging auf und eine recht kritisch schauende Mrs. Potter trat vor die Tür. Ein kräftiger Händedruck und die eigentlich sachliche Bemerkung: »Du bist etwas zu früh« ließen Paul zusammenzucken und bewirkten bei ihm ein schlechtes Gewissen wegen des Halskorsetts.
Er ging hinter Marias Erzieherin her in das Wohnzimmer. »Setz Dich, Paul«, sie zeigte auf das Sofa und Paul war so von ihrer Ausstrahlung beeindruckt, dass er fraglos folgte.
Sie selbst setze sich in den Sessel daneben, und sogar im Sitzen war ihre Gestalt so groß, das Paul zu ihr aufsehen musste. Er war dadurch noch eingeschüchterter.
»Paul«, sie blickte ihn mit ernster Miene an. »Es ist mir nicht entgangen, dass Du Maria offenbar sehr gern hast.«
Paul wurde rot. Eine richtige Antwort brachte er nicht zustande.
Aber die schien Mrs. Potter auch gar nicht zu interessieren. »Bitte erzähl mir, warum Du Maria das Halskorsett angelegt hast.« Ihre Stimme klang recht hart.
Paul rutschte noch tiefer in das Sofa hinein. Er stotterte. »Aber ... Maria...« In diesem Moment fragte er sich, in wie weit er lügen und damit Maria in Schutz nehmen sollte. Doch ein Blick in das Gesicht ihrer Erzieherin sagte ihm, dass er seinem Gegenüber nicht lange standhalten könnte.
Er beschloss die Wahrheit zu sagen. Er beschrieb, wie Maria ihn dazu gebracht hatte, ihr das seltsame Korsett um den Hals zu legen. »Ich wusste nicht, dass es verboten ist.«
Ihre Miene schien sich für einen kurzen Moment zu entspannen. Dann wurde sie wieder ernst. »Verboten ist es auch nur, wenn Maria gleichzeitig auch die Ballett-Stiefel trägt.«
Sie erklärte ihm die Wirkung und Paul begriff jetzt wie hilflos Maria wirklich gewesen war, als sie im Park unterwegs waren. In diesem Moment, dies spürte Mrs. Potter deutlich, war Paul trotz seiner Verliebtheit etwas irritiert, weil er erkannte, das Maria ihn ausgenutzt hatte. Sie überlegte, wie sie das zu ihren Gunsten einsetzen könnte.
»Du solltest wissen«, irgendwie klang ihre Stimme recht wichtig, »dass Maria auf ihren eigenen Wunsch hin ein ganz spezielles Training macht.«
Paul hätte gern nachgefragt, aber dies traute er sich nicht.
»Doch dieses erfordert besondere Aufmerksamkeit«, so fuhr sie fort, »denn mit vielen Dingen aus dem Programm ist Maria sehr hilflos, wenn sie sie trägt.«
Er schwieg, doch in ihm herrschte eine große Aufruhr.
»Und dann muss ihre Begleitperson sich um alles kümmern.« Sie blickte ihn noch einmal prüfend an. »Du hast das schon sehr gut gemacht.«
Paul begriff erst ziemlich spät, dass sie ihn gerade gelobt hatte. Zu groß war noch sein schlechtes Gewissen.
Doch dann sprach sie weiter. »Du musst wissen, das Maria mit den Ballett-Stiefeln einen sehr unsicheren Stand hat. Wenn sie aber dazu das Halskorsett trägt, dann kann sie nicht mehr sehen, wo sie ihre Schritte hinsetzt und kommt so sehr leicht ins Stolpern«, Paul lauschte atemlos, »und wegen dem Handschuh kann sie auch nicht ihre Arme benutzen, um das Gleichgewicht zu halten.«
Ihre Stimme wurde noch etwas ernster. »Und wenn sie dann stolpert und stürzt, dann kann sie sich nicht mehr mit den Armen abstützen. Und ihren Kopf kann sie auch nicht wegdrehen. Sie riskiert eine ernsthafte Kopfverletzung oder sogar einen Genickbruch.«
Paul durchfuhr ein eisiger Schreck, als er an die Baustelle zurückdachte.
­Ein paar große Gehsteigplatten hatten aufgetürmt im Weg gelegen. Er hatte Maria kurz losgelassen, um zu sehen, ob es einen Weg herum gebe. Als sie alleine weiter ging, war sie ins Stolpern geraten und wäre fast gestürzt, wenn Paul sie nicht im allerletzten Moment aufgefangen hätte. Erst jetzt erkannte Paul, was da alles hätte passieren können.
Ihm wurde ganz mulmig zumute, als ihm klar wurde, in welcher Gefahr Maria tatsächlich gewesen war, als sie auf die scharfkantigen Platten zu stürzen drohte. ´Nur gut´, dachte er, ´dass wir ihr davon nichts erzählt haben!´ Er war noch weiter in das Sofa gerutscht.
Bisher hatte er Marias seltsamen Kleidungszubehör nicht so ernst gesehen. Doch jetzt wurde ihm erst bewusst, welche Verantwortung Marias Nähe mit sich brachte.
Mrs. Potter sprach es auch noch einmal aus: »Bei allem ist Marias Schutz und Sicherheit alleroberste Priorität, und wenn Du weiter mit ihr zusammen sein willst, dann musst Du sie gut beschützen!«
Eines verstand Paul aber nicht. Wenn Maria das alles aus freien Stücken machte, warum wurde sie dann immer regelrecht in ihre Kleidung eingesperrt? Er dachte mit Gänsehaut an die vielen Schlösser. Er traute sich, dies als Frage zu formulieren.
»Maria nimmt an einem Forschungsprogramm teil. Deswegen ist es wichtig, dass alle Maßnahmen genau nach Vorschrift durchgeführt werden. Und abgeschlossen werden sie, damit die Testbedingungen nicht verändert werden können.«
Paul fand das ziemlich seltsam. Aber er versuchte mitzudenken. »Dann war das Halskorsett nicht vorgesehen.«
Sie blickte ihn anerkennend an. »Das hast Du richtig erkannt.« Ihre Gesichtszüge entspannten sich etwas. »Maria mag dieses Halskorsett sehr gern. Allerdings kommt es in dem Programm nicht allzu häufig vor.« Noch etwas war ihr wichtig. »Du wirst oft mit Maria allein sein wollen.«
Paul spürte, wie er rot wurde. Immerhin schaffte er es, sie bittend anzusehen.
»Dann wirst Du Dich um Marias Programm kümmern dürfen. An vielen Punkten braucht Maria Hilfe.«
Doch etwas war für ihn noch offen. Maria hatte ihn wegen des Halskorsetts ja quasi angelogen. Woher sollte er denn immer wissen, ob Maria die Wahrheit sagte?
Mrs. Potter spürte Pauls Misstrauen und versuchte dies in die richtige Richtung zu lenken. »Du solltest wissen, das Maria sehr streng erzogen wird. Sie wird heute noch für dafür bestraft werden.«
Paul war erschrocken. So hatte er das nicht gewollt.
Marias Erzieherin schien dies zu spüren. »Maria wird auch nicht wegen der kleinen Ungehorsamkeit bestraft, sondern wegen ihrem Leichtsinn und ihrer Gedankenlosigkeit.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Es gibt einen schönen Spruch, den ich Dir und Maria gerne ans Herz legen möchte: ´Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht!´«
Paul musste etwas grinsen. Jetzt war ihm schon wesentlich wohler zumute.
»Wenn ihr das immer beherzigt«, ihr Ton wurde wieder etwas wärmer, »und stets an die Sicherheit denkt, dann müsst ihr nur noch das elfte Gebot streng beachten.«
Paul schluckte. Er traute sich eigentlich kaum zu antworten, doch er musste es fragen: »Was ist denn das elfte Gebot? Ich kenne nur zehn!«
Jetzt war fast schon so etwas wie ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. »Das, mein lieber Paul, musst du schon selbst herausfinden.« Sie blickte auf die Uhr und erhob sich. »Ich muss jetzt nach Maria sehen. Sie wird sich noch umziehen und dann kommen wir wieder. Wartest Du bitte hier?«
Es klang wie eine Bitte, doch Paul verstand es trotzdem als Befehl. »Ach ja, und noch etwas. Wenn Maria kommt, zeige ihr bitte, dass Du ihr verziehen hast. Nimm sie ein bisschen in den Arm, sie fühlt sich schon schlecht genug und hat auch noch die Strafe vor sich.«
Es fiel Paul gar nicht auf, dass sie ihm gar keine Wahl gelassen hatte.
* * *
Das Flötenspiel hatte aufgehört. Paul wurde zusehend nervöser. In ihm kämpften der leichte Ärger wegen des Halskorsetts mit seiner immer stärker werdenden Liebe zu Maria. Außerdem waren da die vielen Sachen aus Marias Programm, die sie alle so sehr hilflos machten. Auch davon war Paul sehr fasziniert.
Er hörte Schritte und hielt den Atem an, als Maria langsam das Zimmer betrat.
Sie trug einen weinroten bodenlangen Rock und eine ziemlich enge Zwangsjacke aus weißen Leder. Ihre Arme schienen darin bewegungslos gefangen zu sein, denn Maria bewegte sie nicht
Dies fiel Paul sofort auf, und kurz durchfuhr ihn der Gedanke, dass Maria damit wirklich sehr anziehend aussah.
Aber er hatte gar keine Zeit, über die sehr seltsame Jacke nachzudenken, denn hinter Maria kam ihre Erzieherin in den Raum und zog die Aufmerksamkeit auf sich. »Setze Dich neben Paul auf das Sofa.« Ihre Stimme klang gerade ziemlich kalt.
Maria ging mit langsamen Schritten auf Paul zu und setzte sich gehorsam neben ihn. Beim Näherkommen hatte Paul Zeit, noch ein Detail an Maria zu entdecken. Sie trug sie ein Halsband recht locker um den Hals. Es war ein schmaler Lederriemen. Vorn unter dem Kinn war allerdings ein zirka drei bis vier Zentimeter großer Ball auf dem Lederriemen.
Es sah ziemlich seltsam aus. Paul wusste nicht, ob das nun ein Schmuck sein sollte, oder was es sonst hätte sein können. Er blickte noch auf das seltsame Gebilde und glaubte, so etwas schon einmal gesehen zu haben. Doch im Moment fiel im nicht ein, wo dies gewesen war.
Paul war durch die neuen Ereignisse sehr abgelenkt, sonst hätte er sicher gemerkt, dass Maria genauso nervös war.
Mrs. Potter ergriff die Initiative. »Paul, ich möchte, das Du Maria den Knebel anlegst.«
Paul blickte wieder auf Marias Hals und jetzt, wo die Erzieherin das Wort »Knebel« benutzt hatte, erkannte Paul diesen seltsamen Halsschmuck auch. Trotzdem blickte er Mrs. Potter ziemlich hilflos an, weil er nicht wusste, wie mit diesen Knebeln umzugehen war.
Marias Erzieherin sagte ihm, dass er die Schnalle aufmachen müsse, dann könne er Maria den Ball in den Mund stecken und die Schnalle wieder schließen. Sie legte ein kleines geöffnetes Schloss auf den Couchtisch. Paul bekam sofort eine Gänsehaut, als er es sah.
Er beugte sich zu Maria hin und mit ein wenig Geschicklichkeit hatte er die Schnalle des Knebels geöffnet. Gerade als er Maria den Ball vor den Mund halten wollte, wurde er von Mrs. Potter unterbrochen. »Doch zuvor möchte Maria dir noch etwas sagen.«. Sie blickte Maria streng und auffordernd an.
Maria drehte ihm den Kopf hin, musste einmal schwer schlucken und blickte ihn mit einer Mischung aus Liebe, Trauer und Zerknirschtheit an. »Bitte verzeih mir« Ihre Stimme war ziemlich leise.
Paul war nicht mehr zu einer Antwort fähig. Er nickte nur leicht. Sie blickte wieder zu ihrer Erzieherin. »Und jetzt lege mir bitte den Knebel an.«
Paul war total verunsichert. Er ahnte, was der Ball in Marias Mund bewirken würde. »Aber dann kannst Du doch nicht mehr reden?«
Ein klein wenig klang die Stimme von Maria schnippisch. »Ich habe heute Nachmittag schon genug gesagt.« Sie blickt ihn fast etwas trotzig an. »Bitte mach es.« Sie machte ihren Mund auf.
Seine Hände zitterten, als er Maria den Ball in den Mund steckte. Sie legte sofort ihre Lippen um den Ball und schloss die Augen. Ihr Atem ging etwas schwerer.
Mrs. Potter schaute interessiert zu und war sehr angetan davon, wie gut Paul mit dem Knebel zurecht kam. Sie bat Paul, die Riemen doch unter Marias Haaren entlang zu führen und sie nicht einzuklemmen.
Paul gab sich Mühe, der Anweisung nachzukommen.
»Und jetzt noch das Schloss.« Die Stimme von Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas leiser, doch dies fiel Paul nicht auf. Er wusste erst nicht, wie er das Schloss an dem Knebel anbringen sollte. Erst als Mrs. Potter ihm erklärte, dass er es durch das kleine Loch am Dorn stecken musste, war ihm klar, wie es ging.
Als er das kleine leise »Klick« hörte, hatte er den Eindruck, dass ein Ruck durch Marias Körper ging. Und es schien, als sei sie noch eine Spur trauriger geworden.
Mrs. Potter unterbrach die Stimmung. »Ich gehe dann mal Getränke holen. Ihr dürft es euch derweil gemütlich machen.« Letzten Satz sprach sie wie einen Befehl aus.
* * *
Er spürte sehr erfreut, wie Maria sich deutlich fühlbar an ihn kuschelte. Es hatte fast etwas von Trotz. Er überlegte, wie er seinerseits dem letzten Befehl von Marias Erzieherin nachkommen könnte. Schließlich legte er seinen Arm um Maria, wie auf dem Spaziergang. Maria legte ihren Kopf gegen seine Schulter und seufzte leicht trotz des Balles in ihrem Mund.
Paul überlegte einige Zeit, was er Maria jetzt fragen konnte. Er rang sich zu einem »Geht es Dir gut?« durch.
Maria drehte den Kopf zu ihm hin und er sah, wie der Ball in ihrem Mund dabei etwas wackelte. Sie nickte leicht.
Paul begriff jetzt erst, was der Ball in Marias Mund bewirkte. »Du kannst wirklich nicht mehr reden?«
Maria blickte ihn total verliebt an. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie musste gähnen. Es sah recht seltsam aus mit dem Ball im Mund.
So blieben sie, bis Mrs. Potter mit den Getränken zurück kam. Sie hatte drei Gläser mit Wasser auf dem Tablett, in einem der Gläser steckte ein Strohhalm.
Sie stellte Paul und sich je ein Glas hin. Das von Maria ließ sie gleich auf dem Tablett stehen. Sie bemerkte Paul fragenden Blick. Sie grinste etwas. »Maria ist eingeschlafen.«
Paul blickte an sich herunter und musste zu seinem Erstaunen feststellen, dass sie recht hatte. Maria lag in seinen Armen und schlief. Er freute sich, dass Maria mit ihrer Strafe anscheinend so gut zurechtkam.
Mrs. Potter hatte sich in den Sessel neben Paul gesetzt und kam ihm damit schon ziemlich nah. Paul bemerkte zu seinem Entsetzen, das er durch Marias Körper quasi an seinen Platz gefesselt war.
Marias Erzieherin begann das Gespräch. »Ich habe gehört, Du lebst bei Deiner Oma?«
Paul fühlte sich schon ein klein wenig in die Ecke gedrängt und er glaubte sich eher in einem Verhör als bei einer gemütlichen Gesprächsrunde. Er war bemüht, gut zu antworten, deswegen erzählte er, wie es kam, dass er nicht mehr bei den Eltern wohnte. »Sie sind fast immer auf Geschäftsreisen. Erst nur mein Vater, jetzt reist meine Mutter auch. Seitdem wohne ich bei meiner Oma.«
»Wie geht es Dir so in der Schule? Hast Du Dich schon eingewöhnt?« fragte Mrs. Potter.
»Ich komme ganz gut mit. Aber so gut wie Maria bin ich nicht.« Paul blieb bescheiden.
»Es scheint, Du kannst Mathe ganz gut?«
Paul fühlte sich geschmeichelt. »Ja, Mathematik ist mein Lieblingsfach.« In diesem Moment hatte Paul nicht das Gefühl, dass er ausgefragt wurde.
Mrs. Potter fragte unvermittelt, was Paul von Marias Gegenständen aus dem Programm hielt.
Paul musste zugeben, das er so etwas noch nie gesehen hatte. »Nur den Knebel habe ich schon einmal in einem Film gesehen.« Er machte eine kleine Pause. »Maria sieht damit sehr schön und anmutig aus. Ich finde es toll, wie gut sie damit klar kommt.«
Mrs. Potter runzelte etwas die Stirn. Doch sie sagte nichts.
»So gesehen gefällt mir ihr Programm auch gut. Nur das Lernen ist damit nicht so einfach.«
Paul erzählte noch etwas von seinen anderen Hobbies und von seiner alten Schule.
* * *
Mrs. Potter schaute auf die Uhr. »Es wird Zeit, ich muss Maria ins Bett bringen.«
Sie bemerkte Pauls fragenden Blick. »Es ist wichtig für das Programm, dass die Zeiten so gut wie möglich eingehalten werden.«
Sie stand auf. »Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten.«
»Ja, gern.« antwortete Paul, aber wie um es deutlich zu machen blickte er auf die vor sich schlafende Maria.
»Ich muss das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Würdest Du sie noch ein wenig festhalten?« Sie sah Paul fragend an.
Paul war bei diesen Worten entsetzt. Er versuchte zu protestieren. »Und der Knebel? Maria wird doch schon bestraft.«
Marias Erzieherin blickte ihn gutmütig an. »Es ist sehr nobel von Dir, dass Du Maria in Schutz nehmen willst.« Sie blickte auch noch einmal auf Maria. »Aber der Knebel ist nur für ihre Widerworte beim Pavillon.«
Paul war sehr enttäuscht. Er hatte sich schon darüber gefreut, dass Maria so einfach »davonkommen« würde.
»Und wie wird Maria bestraft?« Paul war auf einmal verzweifelt, weil er Maria nicht vor der Strafe schützen konnte.
»Das soll sie Dir Morgen selbst erzählen.« Mrs. Potter sah erfreut, dass Paul sehr viel Interesse an Marias Schicksal zeigte. »Aber ich möchte deutlich betonen, dass Maria nicht wegen des Ungehorsams bestraft wird, sondern weil sie so leichtsinnig war und sich selber in große Gefahr gebracht hat. Es war einfach gedankenlos.«
Mit diesen Worten ging sie aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul die Schritte auf der Treppe.
* * *
Er spürte, wie Maria sich in ihren Armen bewegte. Ihr erster Blick fiel auf die Uhr, und sie zuckte für Paul fühlbar zusammen. In ihrem Blick stand Furcht und Paul erkannte, dass sie von der Strafe wusste.
Sie sah ihn an, und als er ihren traurigen Blick sah, erschrak Paul fast.
Er wusste allerdings nicht, was er sagen sollte. Er wollte sie trösten, doch er wusste nicht wie. Es liefen ein paar Tränen über Marias Gesicht. Es tat Paul sehr weh.
Schon erklangen wieder die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe. Maria wurde nervöser, das spürte Paul. Er spürte, wie sie sich aufrichten wollte. Doch sie konnte sich ja nicht mit den Armen abstützen. Paul half ihr, sich wieder gerade hinzusetzen.
Es liefen wieder ein paar Tränen über ihr Gesicht. Paul wurde innerlich immer aufgebrachter, doch sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, das er hier besser nichts unternehmen sollte. Abgesehen einmal davon, dass er gegen Mrs. Potter ohnehin nicht genügend Mut aufgebracht hätte.
Aber er fühlte sich schlecht, weil er seine Freundin nicht vor ihrer Strafe schützen konnte. Auch wenn er natürlich verstanden hatte, warum sie bestraft wurde. Denn schließlich hatte sie ihn ohne sein Wissen zum Werkzeug für ihren Eigensinn gemacht.
Mrs. Potter kam in das Zimmer und Paul war recht erstaunt, dass sie seine Schultasche in der Hand hatte. Die hätte er jetzt ganz vergessen. Sie reichte ihm die Tasche. Paul war recht bedrückt.
* * *
Maria stand mit Tränen in den Augen vor ihm und gab ihm mit dem Ball im Mund einen Abschiedskuss. Dann ging sie mit traurigen Schritten aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul ihre Schritte auf der Treppe.
Mrs. Potter brachte Paul zur Tür. Immer noch ziemlich verwirrt trat Paul hinaus und ging langsam den Weg in Richtung Straße. Überall auf dem Boden lagen Blätter und dünne Äste, die anzeigten, dass kurz zuvor ein heftiges Unwetter getobt hatte.
Doch dafür hatte Paul im Moment keine Augen. Zu sehr war er in Gedanken bei Maria und ihrer jetzt wohl stattfindenden Bestrafung. Er hatte zunächst angenommen, der seltsame Ball in ihrem Mund sei die Bestrafung gewesen und er hatte sich schon gefreut, dass Maria es so einfach wegsteckte.
Es tat ihm weh und er hätte es gern verhindert. Doch er wusste weder wie er das machen sollte, noch hätte er dazu den Mut aufgebracht. Denn dazu hätte er sich gegen Mrs. Potter stellen müssen.
Die Strafe hatte vermutlich etwas mit Schlafen zu tun, denn Mrs. Potter wollte ja das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Er fragte sich, was Maria da wohl erleiden musste. Dass sie es fürchtete, das hatte er gespürt, als er sie in seinen Armen halten durfte. Zum Schluss sah Maria richtig traurig aus.
Am Himmel waren keine Wolken mehr zu sehen. Der starke Wind hatte dafür gesorgt, dass sie weggeweht waren. So langsam kündigte sich die Nacht an.
Paul war davon unbeeindruckt, trotzdem beschleunigte er seine Schritte. Er musste unbedingt mit jemanden reden und er hoffte sehr, dass seine Oma jetzt zu Hause sein würde.
Schon am Gartentor sah er, dass in der Küche Licht brannte. Er war erleichtert.
Selma saß am Küchentisch und war dabei, einen großen Eimer Sauerkirschen zu entsteinen. Sie war sehr erstaunt, als Paul sich zu ihr setzte und ihr wie früher mit einer zweiten Haarnadel beim Entsteinen half.
Sie kannte ihren Enkel gut und wusste, dass ihm etwas auf dem Herzen lag. Andererseits war ihr die Hilfe bei den vielen Kirschen auch ganz recht. »Was ist denn passiert?« fragte sie recht unvermittelt.
Paul war im ersten Moment ziemlich verblüfft, doch dann seufzte er. »Maria wird bestraft und ich habe sie in Gefahr gebracht.«
Ohne dass sie ihn ansah, spürte Pauls Oma, das ihr Enkel ziemlich aufgewühlt war. »Jetzt erzähl doch mal der Reihe nach.« Sie entkernte ruhig weiter ihre Kirschen.
Paul blickte sie verblüfft an, dann holte er tief Luft und begann mit leiser Stimme zu erzählen...
* * *
Maria kam traurig aus dem Bad und ging langsam auf ihr Bett zu. Es war so ein schöner Tag mit Paul gewesen. Seufzend schlug sie die Bettdecke zurück. Dort lag er, der verhasste Gummischlafsack. Maria war wütend, doch sie wusste selbst nicht genau auf wen eigentlich.
Sie wusste, das sie gegen eine wichtige Regel verstoßen hatte und die Ereignisse vom Spaziergang hatte ihr die Folgen ihres Leichtsinns auch drastisch vor Augen geführt. Wenn Paul nicht gewesen wäre, dann... Sie wagte nicht, es zu Ende zu denken.
Sie war alt genug, um zu wissen, wie wichtig Konsequenz in der Erziehung war. Doch warum ausgerechnet heute. Und fast wäre Paul noch dabei gewesen.
Sie strich verächtlich über das Gummi ihres Nachtgefängnisses. Eigentlich war es ja gar nicht so schlimm. Die Sachen aus der »schönen« Samstag Nacht waren strenger.
Aber in diesem Gummi kam sie immer sehr ins Schwitzen und verbunden mit der Unbeweglichkeit wurde dies dann wirklich zu einer Strafe.
Mrs. Potter kam in das Schlafzimmer und als Maria sah, dass sie die strenge Haube in der Hand hielt, fluchte Maria leise vor sich hin. Manchmal war ihr die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin wirklich zu viel. Doch sie wusste, das sie sich nicht wirklich dagegen wehren konnte. Und in ihrem Interesse lag es auch nicht.
»Seit ihr bereit, Eure Strafe anzutreten?« Dieser Satz leitet stets das jeweilige Ritual ein. Früher hatte Maria das toll gefunden. Im Moment dachte sie anders darüber.
Eine Antwort brachte Maria nicht zustande. Stattdessen lief ihr eine Träne Über das Gesicht, die sie versuchte heimlich wegzuwischen. Dann stellte sie sich gerade neben ihr Bett und senkte wie sonst auch den Blick zu Boden. Eine Antwort gab sie nicht.
Trotz allem spürten beide, dass es heute etwas anders war als sonst. Und zumindest Maria wusste im Augenblick nicht, woran das lag.
»Ich erlaube Euch, mit der Strafe zu beginnen.« Für Maria war das das Zeichen, dass es jetzt wirklich beginnen würde.
Sie seufzte ganz leise, dann setzte sie sich langsam auf das Bett und nahm die schwere Gummihülle zur Hand. Sie erschauderte schon, als sie das im Moment noch kalte Material in den Fingern spürte. Gleich würde ihr gesamter Körper von diesem Gummi umgeben sein. Es lief noch eine Träne ihre Wange herunter.
Gewiss, Maria war den Umgang mit diesen Materialien gewohnt. Aber diesmal war noch etwas anderes dabei. Ihre frisch erwachte Liebe zu Paul machte ihre Strafe heute doppelt schwer. Wie gern wäre sie neben ihm eingeschlafen und nicht in diesem fast widerlichen Gummisack.
Ein Räuspern ihrer Erzieherin riss Maria aus ihren Gedanken. Sie musste jetzt wirklich anfangen. Langsam steckte sie ihre Beine in den Gummisack. Es war zu sehen, dass sie den Umgang mit diesem Strafgerät gewohnt war. Mit sehr viel Geschick hatte sie ihre Beine bis zur Hüfte in die verhasste Hülle verpackt. Mit den so gefangenen Beinen stellte sie sich vor das Bett und blickte mit einer Mischung aus Traurigkeit und Wut auf ihre Erzieherin.
Sie bekam kaum ihren Mund auf. »Ich wäre dann soweit.« Mrs. Potter war dies zu undeutlich, doch heute verzichtete sie auf das demütigende Ritual, Maria eine deutliche Aussprache abzuringen. Das war eine der wenigen Gelegenheiten, wo sie Nachsicht zeigen konnte.
Sie trat auf Maria zu und zog die schwere Gummihülle langsam bis zu Marias Hals hoch. Diesmal schaffte ihr Schützling es gleich beim ersten Mal, die Arme links und rechts in die innen liegenden Ärmel zu stecken. Sie wollte es heute schnell hinter sich bringen und endlich ihre Ruhe haben.
Als Mrs. Potter den Reißverschluss zu machte, bekam Maria eine Gänsehaut. Dieses ratschende Geräusch hatte für sie immer etwas endgültiges. Sie wusste, das sie vor Morgen früh aus diesem Sack nicht mehr heraus kam. Sie konnte sich darin kaum ein paar Millimeter bewegen und an ein selber befreien war überhaupt nicht zu denken.
Mrs. Potter half ihr, sich auf das Bett zu setzen. Maria hob ihre Beine in der Gummihülle und schwang sie auf das Bett. Ihre Erzieherin half ihr, sich in die Mitte des Bettes zu legen.
Dann nahm sie die lange Schnur und begann, sie in die Schnürleisten links und rechts vom langen Reißverschluss einzufädeln. Nach dem sie damit oben angekommen war, begann sie die Schnürung nachzuziehen und den noch etwas dehnbaren Schlafsack immer enger um Maria zu spannen, bis ihr Schützling sich gar nicht mehr bewegen konnte.
Maria fand dies mehr als überflüssig. Sie hätte sich auch ohne die Schnürung nie befreien können und enger wurde es damit auch. Gut, normalerweise mochte sie die Enge recht gern, wenn es bloß nicht dieses Gummi wäre. Die anderen Schlafsäcke waren wesentlich angenehmer.
Außerdem wollte Maria endlich mit ihrem Kummer allein sein. Sie wusste, das ihre Erzieherin sich noch nie von ihren Tränen hatte beeindrucken lassen.
Auf dem Nachttisch lag drohend noch die Kopfhaube und ihr Mundschutz. Maria erschrak, als ihr Blick darauf fiel. Sie hasste es ja schon, wenn sie sich selbst dieses Ding anlegen musste. Noch schlimmer war es, wenn Mrs. Potter es machen würde.
Sie ärgerte sich sehr, dass sie es vergessen hatte.
* * *
»Und gegen Ende des Abends sagte Mrs. Potter dann plötzlich, das Maria noch bestraft wird.« Die Enttäuschung schwang jetzt noch in Pauls Stimme mit.
Seine Oma hatte bisher nur zugehört. Jetzt versuchte sie, Anteilnahme zu zeigen. Doch sie kam nicht umhin, Marias Erzieherin Recht zu geben. »Ich weiß ja nicht, wie streng die Strafe wohl ausfallen wird, aber die ist wohl zu recht erteilt.«
Paul hielt mit dem Entsteinen der Kirschen inne und blickte seine Oma mit einer Mischung aus Unverständnis und Verzweiflung an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ihr wart wirklich sehr leichtsinnig.« Paul merkte an ihrem Tonfall, dass auch sie es ernst meinte.
Paul versuchte sich zu rechtfertigen, auch wenn er wusste, dass er im Moment nichts mehr ändern konnte. »Ich hatte den Eindruck, dass Maria damit sehr gut klar kam.«
»Sie wollte sich nichts anmerken lassen.« Seine Oma dachte nach. »Sie ist sehr stolz, und daher will sie vor Dir keine Schwäche zeigen. Und sie will wohl auch zeigen, dass sie für ihre Fehler gerade steht und Verantwortung übernimmt.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte.
»Aber Du hast sie wirklich in Gefahr gebracht«, fügte sie nach einer kurzen Pause dazu.
Mit einer Gänsehaut dachte Paul noch einmal an die Baustelle und wie Maria bei den großen Platten gestolpert war. Er hatte sie gerade noch auffangen können. »Du hast recht, ich muss da in Zukunft wohl sehr gut aufpassen.«
Der Blick seiner Oma machte ihm Mut. Dann dachte er noch einmal über Marias Schuhwerk nach. »Warum hat sie denn wohl diese seltsamen Stiefel getragen? Das sind doch einfach Stiefel mit besonders hohen Absätzen, oder?«
Seine Oma war empört: »Wo denkst Du hin. Es sind eben nicht nur Stiefel mit hohem Absatz. Die Ballett-Stiefel bewirken ein schön gestrecktes Bein, strecken ganz andere Muskeln und bringen den Fuß in eine natürliche Haltung.«
Paul blickte seine Oma total erstaunt an. Sie schien sich wirklich sehr gut auszukennen.
»Schau mal ein Foto an von einem Mädchen, das kniet oder mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett oder am Strand sitzt. Sie hat die Füße in perfekt gestreckter natürlicher Haltung!«
Paul versuchte, seinen Fuß so zu strecken.
Seine Oma lachte. »Bei Männern funktioniert das nicht, die können die Füße nicht so strecken.«
Sie erklärte ihm, dass dies eine weibliche Eigenschaft sei. »Gute Ballett-Stiefel werden genau die natürliche Fußhaltung stützen. Und ich bin mir sicher, dass deine Maria so welche trägt. Du müsstest es an ihrer ganzen Körperhaltung erkennen können.«
Paul versuchte sich zu erinnern. »Sie trug allerdings einen recht langen Rock, bis über die Knie.«
»Balance und Grazie werden geübt und wie bei einer Turnerin wird der ganze Gang sehr kontrolliert und fest angespannt. Naja, du wirst es schon noch erleben.«
Paul fühlte fast so etwas wie stolz, wenn er an ´seine´ Maria dachte. Das mit den Stiefeln glaubte er jetzt verstanden zu haben. Doch da war noch etwas: »Und warum wohl hat sie auch noch das Ding um den Hals tragen wollen?«
Seine Oma musste lächeln. »Das &slquoDing´ nennt man Halskorsett.« Sie hielt für einen Moment ihren Kopf so als ob sie selbst eines tragen würde. »Es hält den Kopf gerade und aufrecht. Damit sich die Trägerin an die richtige Kopfhaltung gewöhnt.«
Paul erinnerte sich an den stolzen Eindruck, den er von Maria hatte.
»Aber natürlich kann Maria dann auch ihren Kopf nicht mehr bewegen.« Sie hielt kurz inne. »Ich weiß nicht, warum sie das unbedingt tragen wollte. Vielleicht gefällt es ihr. Du kannst sie ja mal danach fragen.«
Paul blickte sie erstaunt an. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.« Er dachte noch einmal an Marias Gestalt. »Aber das Seltsamste ist dieser Handschuh, der ihre Arme auf dem Rücken zusammenhält.«
Auf einmal stand seine Oma auf. »Warte mal, ich habe da etwas für Dich.«
Sie ging zur Spüle und wusch sich die Hände dann verschwand sie in Richtung Wohnzimmer. Paul hörte, wie sie den Wohnzimmerschrank öffnete. »Wo habe ich es denn hingelegt?«
Paul hörte sie herumkramen.
»Ach, hier ist es.« Als sie wieder kam, trug sie etwas großes unter dem Arm. Sie blickte auf ihren Neffen und lächelte, als sie seine roten Finger sah. »Wasche Dir bitte auch erst die Hände.«
Paul kam der Bitte nach. Mittlerweile hatte Selma den Gegenstand auf den Küchentisch gelegt und Paul sah, dass es ein altes Fotoalbum war. »Bitte sei vorsichtig damit, es hat schon sehr gelitten.«
Paul blickte auf die Fotos, die sie ihm zeigte. Auf der linken Seite waren zwei Gruppenaufnahmen der Grafenfamilie. Und rechts war ein einzelnes Foto. Paul war total fasziniert, es zeigte seine noch junge Oma, wie sie der einen Grafentochter gerade so einen seltsamen Handschuh anlegte, genauso einen, wie Maria auch getragen hatte. Paul war sprachlos.
* * *
Es tat Mrs. Potter ja selbst Leid, das sie Maria in diese schwitzige Gummihülle stecken musste. Aber Maria war heute sehr leichtsinnig und ungehorsam gewesen, und deswegen war für diesen Fall diese Strafe vorgesehen. Und Konsequenz war in Marias Programm besonders wichtig.
Eigentlich machten diese Nächte ihrem Schützling gar nichts aus. Wenn sie Maria morgens aus dem Gummisack heraus ließ, war sie zwar ziemlich verschwitzt, aber nach einer schnellen Dusche war für sie alles vorbei.
Doch heute war es anders und deswegen war Mrs. Potter ziemlich verunsichert. Maria war sehr unruhig und es schien, dass sie unter der Haube weinte.
Die Erzieherin dachte nach. Es war doch eigentlich wie immer gewesen, sie hatte sie in den Sack gesteckt und zugeschnürt. Diesmal hatte sie die Schnürung nicht einmal so fest angezogen wie sonst. Dann hatte sie Maria noch den Mundschutz eingesetzt und ihr die strenge Gummihaube darüber geschnürt. Auch daran konnte es eigentlich nicht liegen, denn diese Kombination trug Maria in dem Programm auch relativ häufig.
Sie schaute noch einmal nach ihrem Schützling. Maria schien unter der Haube wirklich intensiv zu weinen. Das Schluchzen war deutlich zu hören.
Die Erzieherin setzte sich neben das Bett und hörte einen Moment aufmerksam zu. ´Nein´, kam sie zu einem Entschluss, da war etwas nicht in Ordnung. So konnte sie Maria nicht in die Nacht entlassen.
Im ersten Moment schien Maria gar nicht mitzubekommen, dass ihre Haube wieder aufgeschnürt wurde, doch dann hielt sie auf einmal mit dem Schluchzen inne und schien abzuwarten.
Mrs. Potter zog ihr die Haube vom Kopf, und während sie noch den Mundschutz entfernte, fragte sie ihren Schützling, warum sie denn weinte.
Maria blickte sie mit verweinten Augen an. »Paul«, sie schluchzte erbärmlich, »was wird er bloß von mir denken?« Es klang herzzerreißend.
Mrs. Potter streichelte ihr über die zerzausten Haare.
»Das mit dem Halskorsett habe ich so nicht gewollt.« Sie schluchzte wieder. »Er wird mir nie verzeihen.« Maria blickte ziemlich verzweifelt.
»Natürlich wird er Dir verzeihen.« Auch wenn sie gar nicht so genau wusste, um was es Maria ging. »Du liebst ihn, nicht wahr?«
Maria blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Dann nickte sie vorsichtig. Ihr Blick hatte auf einmal etwas verträumtes. Sie sagte nur ein Wort. »Sehr«
Dann wurde Maria wieder traurig. »Ich habe ihn ausgenutzt. Ich war so egoistisch.« Sie schluchzte schon wieder. »Und das nur wegen diesem blöden Halskorsett. So schön war es nicht einmal.«
Jetzt ahnte Mrs. Potter, was wirklich in Maria vorging. Und sie war erleichtert, dass es nichts mit der Gummisack-Strafe zu tun hatte. »Ihr sehr Euch ja morgen in der Schule. Und Paul kommt doch nochmal zur Nachhilfe.« Sie blickte Maria fragend an.
Maria nickte vorsichtig.
»Dann kannst Du ihm alles erzählen. Er liebt Dich doch auch.«
Ein ungläubig erstaunter Blick kam von Maria. »Meinen Sie?«
Sie wollte ihren Schützling beruhigen und ihr ein einfache Strafnacht ermöglichen. Sie streichelte ihr noch einmal über das Haar, dann erhob sie sich wieder.
»Ihr müsst jetzt schlafen, Prinzessin.« Ihr Ton hatte gewechselt. »Ich hole Euch die leichte Haube. Aber sagt Eurer Mutter nichts davon.« Sie ging an den Kleiderschrank und kramte kurz darin.
Maria war über diese Straferleichterung sehr froh, denn zum einen gab es sie nur sehr selten und zum anderen wagte sie auch nie, von sich aus danach zu fragen. Dazu war sie zu stolz. Doch sie war sehr erleichtert, den so strengen Mundschutz nicht tragen zu müssen.
Mrs. Potter setzte sich wieder neben Maria und legte ihr genauso zärtlich wie vorsichtig die leichte Strafhaube an. Diese war aus Leder und ließ sowohl Nase als auch Mund frei. »Jetzt müsst ihr mir aber versprechen, dass ihr mit dem Weinen aufhört.« Sie sprach etwas lauter, weil sie wusste, das diese Haube etwas dämpfte.
Maria drehte ihren Kopf in die Richtung, in der sie ihre Erzieherin vermutete und sprach recht leise. »Ich will es versuchen.«
Diese streichelte ihr noch einmal über die jetzt nicht mehr bedeckte Wange. »Gute Nacht, Prinzessin.«
Maria wünschte ihr auch eine Gute Nacht.
* * *
Paul blickte voller Ehrfurcht auf die drei Fotos. »Das rechte Foto war eine Probeaufnahme des Fotografen. Der Graf hat sie mir geschenkt« Es klang viel Stolz in ihrer Stimme mit.
Sie zeigte vorsichtig auf das recht Bild. »Hier kannst Du auch gut den Unterschied in der Haltung erkennen. »Die älteste Tochter trägt ihren Handschuh schon und die jüngste hat noch ihre Arme frei.«
Paul blickte noch einmal genauer auf die Bilder. Die mittlere Tochter wurde von seiner Oma gerade in den Handschuh geschnürt und so wie sie es gesagt hatte, war bei den anderen Töchtern der Haltungsunterschied gut zu erkennen.
Er verglich dies auch noch einmal mit den offiziellen Aufnahmen. Die Haltung der Schwestern hatte schon etwas sehr vornehmes, fast hochnäsiges. Ohne das es ihm richtig bewusst war, sprach er seine Gedanken aus. »Maria ist nicht so hochnäsig.«
Selma musste lächeln. Ihr Neffe hatte natürlich recht, die Grafentöchter waren mehr als hochnäsig gewesen. Trotzdem dachte sie gern an die Zeit zurück.
Paul fiel ein, dass er seine Oma noch etwas fragen wollte. »Marias Erzieherin hat noch was ziemlich seltsames gesagt. Vielleicht kannst Du mir das erklären?«
Er wartete ihre Antwort gar nicht ab. »Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht! Das habe ich ja verstanden.«
Er machte eine Pause. »Wir sollen immer auf die Sicherheit achten...«
Seine Miene wurde nachdenklich. »Und wir sollen dem elften Gebot streng folgen.«
Selma versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich glaube, trotz all ihrer Strenge ist diese Mrs. Potter ein Pfundskerl, der wirklich nur das Beste für Euch will.«
Sie strich ihm leicht über die Wange. »Wenn du gut auf Deine Maria aufpasst, dann brauchst du wirklich keine Angst vor ihr zu haben.«
Paul freute sich über diese Einschätzung. Doch etwas wusste er immer noch nicht. »Ja, aber was ist denn nun dieses elfte Gebot? Ich habe nur zehn gelernt.« Und dabei überging er sein schlechtes Gewissen, auch diese Zehn nicht mehr auswendig zu können.
»Armer Paul, hast du das wirklich noch nie gehört?« Selma lächelte. »Das elfte Gebot lautet: Du sollst Dich nicht erwischen lassen!«
7. RE: Maria

geschrieben von Herrin_nadine am 31.12.13 01:58

Hallo Gag_coll,


deine Monstertextblöcke sind extrem schlecht zu lesen. Für deine klemmende Entertaste beame ich dir einen LKW mit Hänger voll mit Schmieröl.

Eine Leerzeile sollte nach ca. 10 - 15 Zeilen sein.
8. RE: Maria

geschrieben von aiglestiefel am 31.12.13 14:15

Hallo Gag_coll,


Super Fortsetzung der alten Geschichte von Paul,
mach weiter so, freue mich schon auf eine Fortsetzung.
Andere alte Geschichten von Paul VoF gibt es hier im Archiv:
http://web.archive.org/web/2000120617580...vof/hseite.html
Hoffentlich funktioniert der Link.
Grüsse und einen guten Rutsch
aiglestiefel
9. RE: Maria

geschrieben von pauli2004 am 01.01.14 19:01

Ganz tolle Geschichte, ich kann die Fortsetzung kaum erwarten. Ich freue mich schon auf den Samstag.
10. RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 01.01.14 23:16

Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Als wäre die Strafnacht nicht gewesen, kam Maria ziemlich unbeschwert aus der Dusche. Sie freute sich auf den Tag und auf Paul. Ihre Sorgen von gestern hatte Mrs. Potter mit ihren überraschend einfühlsamen Worten weggeblasen.
Gewiss, sie hatte sich vorgenommen, heute mit ihm zu reden und ihm einiges zu erklären. Es musste sich ja endlich mal eine Gelegenheit ergeben. Bisher war immer irgendetwas dazwischen gekommen.
Maria blickte auf die Uhr und als sie sah, wie spät es war, ging sie schon mal vorsorglich in Richtung Telefon. Gleich würde ihre beste Freundin anrufen. Sie hatten diese feste Uhrzeit ausgemacht, um die Zeitverschiebung mit Australien in den Griff zu bekommen. Heute war Rosalie dran anzurufen.
Maria brauchte an diesem Morgen nicht lange zu warten. Gerade als sie neben dem Telefon ankam, klingelte es auch schon. Sie rief ein »Ich gehe ran« in das Treppenhaus und nahm ab.
Normalerweise ging erst Mrs. Potter ans Telefon und rief Maria, wenn es für sie war. Das hatte aber nichts mit Zensur zu tun. Es lag daran, das Maria oft einfach nur sehr lange brauchte, bis sie am Telefon war. Meistens hatte der Anrufer dann schon wieder aufgelegt. So fungierte Mrs. Potter quasi als ihr Anrufbeantworter. Nur heute war das nicht notwendig.
* * *
»Oh, Du bist selber dran und nicht Dein Wachhund?« Rosalie war jetzt schon ein halbes Jahr in Australien, doch ihren Spott hatte sie mitgenommen.
Maria überhörte es. »Ich freue mich auch, Dich zu hören.« Doch in ihrer Stimme klang trotzdem etwas Ärger mit.
»Ach komm, Du weißt schon, wie ich das meine. So wirst Du nie einen Freund finden.« Dieses Thema hatten sie schon oft diskutiert. Rosalie war immer etwas in Sorge, was das Liebesleben ihrer Freundin anging. Bislang gab es das nämlich nicht.
Maria war mehr als froh, ihr hier endlich den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Ihre Stimme wurde eine Nuance leiser. »Er heißt Paul.«
Rosalie war schwer beeindruckt. »Sag bloß, es hat Dich trotzdem erwischt?«
Maria wurde innerlich rot. Sie zögerte etwas. Dann wurde ihre Stimme noch etwas leiser. »Er gibt mir Mathe-Nachhilfe.«
»Ach so, Mathe-Nachhilfe.« Das Grinsen der Freundin war sogar durch das Telefon zu hören. »Und, wie ist er? Was habt ihr schon gemacht?«
Maria erzählte ein wenig von ihren Nachhilfestunden.
»Was sagen denn Deine Mutter und Dein Kindermädchen dazu?«
Normalerweise hätte sich Maria durch das ´Kindermädchen´ provoziert gefühlt, heute überhörte sie es. »Meine Mutter weiß es noch nicht. Zumindest nicht von mir. Sie könnte es ihr vielleicht schon gesagt haben.«
Rosalie hakte nach. »Was machst Du jetzt mit dem Training für deinen Mutter? Hörst Du auf?«
Maria war empört. »Auf keinen Fall. Das will ich noch ein paar Jahre durchziehen.« Sie machte eine kleine Pause, als müßte sie nachdenken. »Ich glaube, Paul ist davon ganz angetan. Gestern hat er mir den Handschuh angelegt. Ich glaube, er mag mich so.«
»Ich bewundere Dich.« In der Stimme ihrer Freundin klang ehrliche Bewunderung. »Ich könnte das nicht.«
Maria seufzte, weil sie dieses Thema eigentlich schon oft durchgekaut hatten. »Du weißt, dass es eigentlich ganz einfach ist.«
Rosalie blieb bei ihrer Meinung. »Ich könnte so einen Handschuh nicht tragen. Nicht so wie Du.«
»Das hatten wir doch schon oft genug diskutiert.« Marias Stimme klang mittlerweile etwas genervt. »Wenn Du nicht mit dem Ballett aufgehört hättest, dann könntest Du das jetzt auch.«
»Weiß er schon von Deiner netten Unterwäsche?«
»Nein«, seufzte Maria und mit diesem Seufzer schien sie viel zu sagen.
Doch Rosalie verstand dies falsch. »Du darfst ja erst nach der Hochzeit. Ich weiß nicht, ich würde das nicht aushalten.«
Maria war innerlich aufgebracht und empört. »Du weißt genau, dass das so nicht stimmt.«
»Was ist denn heute los?« Rosalie wunderte sich über ihre Freundin. »Du bist heute so gereizt.«
Jetzt klang Marias Stimme fast etwas traurig. »Ich hatte heute mal wieder eine Gummi-Nacht.«
»Ach Du Ärmste.« Rosalie schien Maria zu bedauern, doch in ihrer Stimme klang auch viel Spott mit »Was hast Du denn wieder angestellt?«
Wie üblich ging Maria nicht drauf ein. »Es war schön gestern mit ihm.«
Wieder war das Grinsen der Freundin durch das Telefon zu hören. »Was machst Du am Wochenende? Wirst Du mit ihm ausgehen?«
Maria war von dieser Frage überrumpelt. Bisher wusste sie nur, dass sie am Samstag den großen Auftritt hatte. »Ich habe noch nichts ausgemacht.« Sie machte eine Pause. »Am Samstag werden wir im Kurpark auftreten. Drücke mir die Daumen.«
Rosalie schien einen Moment nachzudenken. »Du meinst diese Musikgruppe, die immer mit Korsetts auftritt?«
Maria war über den Themenwechsel ganz dankbar. »Ja, heute proben wir noch mal dafür.«
Ihre Freundin erinnerte sich an das, was Maria bewegte. »Hast Du jetzt endlich mal gefragt, ob Du mal die erste Stimme spielen darfst?«
Maria seufzte. »Nein, ich habe mich noch nicht getraut. Carla spielt die Stimme, und die ist die Frau vom Chef.«
Rosalie wollte ihr Mut machen. »Red doch mal mit den Beiden. Sag ihnen, dass Du auch mal möchtest. Du kommst doch mit dem Korsett sicher besser zurecht als Carla, oder?«
Maria war bescheiden, sie wollte sich nicht vordrängen. »Meinst Du?«
»Sicher, tu es.« Rosalies Stimme klang bestimmt.
Mrs. Potter erschien im Flur und zeigte auf die Uhr. Maria erschrak etwas. »Wir müssen Schluß machen. Ich muss zur Schule. Dann bis zum nächsten Freitag.«
Sie verabschiedeten sich, und Maria legte auf.
* * *
Schon beim Frühstück war Paul sehr unruhig. Er hatte in der Nacht von Maria geträumt. Maria kniete in seinem Traum weinend vor dem Bett und ihre Erzieherin ging gerade mit einem Stock weg. Paul war vor Schreck aufgewacht und er hatte sich sofort gefragt, ob Maria wirklich so eine Strafe erleiden musste. Er hatte über seinen Traum auch mit seiner Oma gesprochen. Doch diese fand so eine Strafe eher unwahrscheinlich.
Aber Paul hatte Marias traurigen Blick von gestern Abend noch sehr gut in Erinnerung. Sie schien von der Strafe sichtlich betroffen gewesen zu sein. Paul hatte seit dem einen noch viel größeren Respekt vor Marias Erzieherin und vor allem auch vor der Konsequenz, mit der Maria anscheinend immer noch erzogen wurde.
Mit großem Herzklopfen bog Paul in die Straße ein, in der Marias Haus lag. Er hoffte sehr, wieder Maria auf dem Weg zur Schule begegnen zu können.
Allerdings war ihm auch klar, dass er sich dann wohl auch mit der Anwesenheit ihrer Erzieherin abfinden musste.
Doch zu seiner großen Enttäuschung musste er erkennen, dass er zu spät dran war.
Gerade als er Marias Haus passierte und überlegte, ob er etwas warten sollte, sah er ihre Erzieherin von der Schule zurück kommen. Sie hatte Maria anscheinend schon zur Schule gebracht und war auf dem Weg nach Hause.
Paul wollte ihr eigentlich auf gar keinen Fall begegnen. Vor allem nicht ohne Maria. Doch sie hatte ihn schon gesehen. Jetzt konnte er ihr nicht mehr ausweichen.
Sie kam näher.
Paul erwog seine Möglichkeiten. Natürlich hätte er auf der anderen Straßenseite weiter gehen können. Doch es war ihm auch daran gelegen, bei Maria Erzieherin einen guten Eindruck zu hinterlassen. So nahm er allen Mut zusammen und stellte sich auf das Zusammentreffen ein.
Die Gegenwart von Mrs. Potter weckte bei ihm ein schlechtes Gewissen. Irgendwie hatte er das Gefühl, mitschuldig zu sein. Und er wusste, dass er Marias Erzieherin nicht anlügen konnte.
Sie blieb stehen und blickte Paul interessiert an. »Guten Morgen Paul.« Ihre Stimme war zwar resolut, aber irgendwie auch freundlich.
Paul wünschte ihr möglichst höflich auch einen guten Morgen. Trotzdem war seine Stimme verschüchtert leise.
Sein Gegenüber überging dies. »Ich habe Maria schon zur Schule gebracht. Wir gehen jeden Morgen um halb aus dem Haus.« Eigentlich wollte sie Paul nur einen Hinweis geben, wann er Maria auf dem Weg zur Schule treffen konnte.
Doch Paul verstand dies falsch und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie heute verpaßt hatte.
Er blickte sie ziemlich verschüchtert an und hatte gerade den Mund aufgemacht um sich zu entschuldigen, als sie weiter sprach. »Bitte sei vorsichtig und geduldig, wenn Du mit Maria zusammen bist.« Ihre Stimme klang irgendwie wichtig. »Sie macht etwas für sie ziemlich schweres.«
Paul brachte kein Wort heraus. Er schaute auf zu ihr und nickte zunächst vorsichtig. Es dauerte eine Weile bis Paul verarbeitet hatte, worum Marias Erzieherin ihn gerade gebeten hatte.
»Es wird Dir vieles seltsam vorkommen, aber glaube mir, es hat alles seine Richtigkeit.«
Paul hätte jetzt tausend Sachen fragen wollen, doch er war nicht in der Lage, auch nur eine einzige Frage zu formulieren.
Mrs. Potter wünschte ihm viel Erfolg in der Schule und reichte ihm die Hand. Paul war wegen ihres starken Händedrucks erstaunt und eingeschüchtert zugleich.
Langsam ging er weiter in Richtung Schule. Erst langsam begriff er, dass er Marias Erzieherin wohl falsch eingeschätzt hatte. Er ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen.
Sie hatte ihn gebeten, bei Maria geduldig zu sein und sich über die vielen Seltsamkeiten nicht zu wundern. Aber es waren keine Worte dabei, die ihn aufgefordert hätten, die Finger von Maria zu lassen. Im Gegenteil, sie hatte ihm ja eher Mut gemacht.
Er ging etwas fröhlicher weiter.
* * *
Als er kurz vor Beginn der Stunde in die Klasse kam, saß Maria schon auf ihrem Platz und ihr Cape hing wie üblich über ihrem Stuhl. Er kam gerade noch dazu, ihr einen guten Morgen zu wünschen, als auch schon der Unterricht begann.
Er bewunderte Maria, wie leicht es ihr fiel, dem Unterricht nicht nur zu folgen, sondern sogar recht aktiv mitzuarbeiten. Von ihrem Eifer ließ sich Paul sogar etwas anstecken, und es ermutigte ihn, sich auch etwas öfters am Unterricht zu beteiligen.
Nur gelegentlich tauschten sie kurze verliebte Blicke aus.
Paul freute sich sehr darüber. Und er wusste, dass er es nicht übers Herz brachte, Maria jetzt noch nach ihrer Strafe zu fragen. Auch wenn es ihn brennend interessierte.
* * *
Es läutete zur großen Pause. In alter Gewohnheit sprang Paul sofort auf und war schon drauf und dran, aus der Klasse zu laufen, als ihm einfiel, dass er besser auf Maria warten sollte.
Er drehte sich zu ihr hin und sah, dass sie gerade dabei war, sich ihr Cape umzuhängen und zu verschließen. Die Handschuhe trug Maria schon. Paul war über diese Sorgfalt immer wieder erstaunt.
Er entdeckte die Sorgenfalten auf Marias Stirn, und es fiel ihm nicht schwer zu erraten, was sie beschäftigte. Als nächstes kam die Doppelstunde Mathe, und es waren nur noch drei Unterrichtsstunden bis zur alles entscheidenden Mathematikarbeit.
Auf dem gemeinsamen Weg nach draußen schnitt er das Thema gleich an. »Hast Du noch Fragen zu den Hausaufgaben?« Er war ernsthaft bemüht, ihr zu helfen.
Es war Maria klar, dass er Mathematik meinte. Sie dachte kurz nach. »Ich glaube, ich habe den Lösungsweg verstanden.« Sie beschrieb noch einmal, wie sie Aufgaben dieses Typs lösen würde.
Paul sah, dass sie es wirklich verstanden hatte. Er lobte sie und traute sich sogar einen kleinen Scherz zu: »Immerhin hast Du hier ja auch die Arme frei.«
Maria blickte ihn erstaunt an. Dann erst hatte sie begriffen, dass Paul einen Witz gemacht hatte.
»So weit kommt es noch.« Sie lächelte.
* * *
Paul spürte, dass Maria bei Mathe jetzt etwas gelöster und nicht mehr so verkrampft wie bisher war. Wobei sie natürlich stets vorbildlich auf ihrem Stuhl saß. Aber sie kam jetzt besser mit und konnte den Stoff gleich richtig aufnehmen.
Sie wurde an wieder an die Tafel gerufen. Diesmal schaffte sie es, die Aufgabe ganz ohne Hilfe zu lösen. Herr Peters war sehr beeindruckt von ihrer Leistung. Er sprach ihr ein großes Lob aus.
Marias Augen strahlten, als sie zurück zu ihrem Platz ging. Und sie hatte nicht vergessen, wem sie das zu verdanken hatte. Sie flüsterte ihm ein leises »Danke« zu.
Paul hatte sich über die tolle Leistung von Maria auch sehr gefreut. »Das war gut«, flüsterte er ihr leise zu. In der Klasse war es in diesem Moment seltsam still.
Neben den fachlichen Leistungen war Paul aber auch aufgefallen, wie korrekt Maria an der Tafel stand und wie perfekt in jedem Moment ihre Haltung war. Er konnte nur vermuten, was wohl dahinter stecken mochte.
Es fiel ihm erst nach einiger Zeit auf, dass Maria neben ihm von einer gewissen Unruhe ergriffen war, die er sonst nicht von ihr kannte. Sie war unkonzentriert und rutschte ziemlich nervös auf ihrem Stuhl herum. Sie sah auch sehr oft auf die Uhr.
Zuerst dachte Paul, dass es mit der Aufgabe zusammenhing, an der sie gerade dran waren. Doch als der Lehrer sie dran nahm, konnte sie seine Fragen problemlos beantworten. Es musste etwas anderes sein.
Sie wurde schleichend immer unruhiger. Auch Herr Peters schien dies zu bemerken. Er blickte gelegentlich zu Maria herüber.
Paul rang sich dazu durch, leise ein »Was ist denn los?« zu flüstern.
Maria teilte ihm leise mit, dass sie bald auf Toilette müsste.
Paul blickte auf die Uhr. Es war noch lang bis zur Pause. »Dann geh doch jetzt.«
Maria war genervt. »Das geht nur in der großen Pause.« Es schien ihr sichtlich unangenehm zu sein. »Ich brauche Hilfe.«
Paul war verwundert. So hatte er Maria noch nicht erlebt.
Auch Herr Peters schien dies zu bemerken und zu Pauls Erstaunen fragte er nicht etwa nach, sondern er schien Maria sogar extra zu schonen, denn sie kam die Stunde über nicht mehr dran, auch wenn sie sich ab und zu noch einmal meldete.
Es klingelte zur Pause.
Maria flüsterte ein »endlich«, dann sprang sie auf und ging mit für ihre Verhältnisse sehr raschem Schritt aus dem Klassenzimmer.
Paul erinnerte sich an die Worte ihrer Erzieherin und beschloss ihr einfach hinter zu gehen. Wenn sie Hilfe bräuchte, wollte er zur Stelle sein.
Zu seinem großen Erstaunen ging Maria an mehreren Toiletten vorbei. Doch er wagte nicht, sie deswegen anzusprechen.
Die Deutschlehrerin lief ihnen über den Weg und diese sah sofort, dass Maria etwas auf dem Herzen hatte. Maria ging zu ihr hin und sagte ihr, dass sie dringend auf die Toilette müsste. Die Lehrerin schien sofort Bescheid zu wissen. Sie bat Maria, doch schon einmal vor zu gehen, sie würde die Schlüssel holen.
Maria ging mit ihren kleinen, aber immer schneller werdenden Schritten in Richtung der Lehrerzimmer. Paul war total verwundert.
Vor der Tür der Lehrertoilette bliebt sie stehen und wurde zunehmend nervöser.
Sie trippelte von einem Fuß auf den anderen und biss sich auf die Lippen. Für Paul hatte sie keine Augen mehr.
Die Lehrerin kam mit einem Schlüsselbund zurück. »Na dann komm«, sprach sie ernst und betrat hinter Maria die Toilette.
* * *
Paul blieb erst noch einige Zeit vor der Tür stehen.
Er war sehr verwundert.
Maria konnte nicht selber zur Toilette gehen? Die Lehrerin musste einen Schlüssel holen?
Nach der halben Pause war Maria immer noch nicht fertig. Paul schien so langsam zu begreifen, dass diesmal nicht seine Hilfe gefragt war. Er ging langsam und ziemlich verwirrt in seine Klasse zurück.
Maria kam erst kurz nach Beginn der nächsten Stunde zurück in die Klasse. Sie sprach kurz mit dem schon anwesenden Lehrer und setze sich dann auf ihren Platz.
Paul sah ihr an, dass ihr es sichtlich unangenehm war. Allerdings war auch eine gewisse Erleichterung in ihrem Blick zu sehen.
* * *
Maria stand in ihrem Arbeitszimmer vor dem Schreibtisch und war dabei, Notenblätter zu sortieren. Sie summte dabei kleine Melodien. Von Zeit zu Zeit blieb sie länger an einem Blatt hängen und ging in Gedanken das Stück noch einmal durch. Morgen war der wichtige Auftritt im Kurpark und Maria freute sich schon sehr.
Heute Abend war die Probe für den Auftritt und Maria wollte gut vorbereitet sein. Sie legte sich die Noten der Stücke zurecht, die sie heute Abend proben und Morgen aufführen würden. Sie freute sich schon sehr auf diesen für ihre kleine Gruppe sehr wichtigen Auftritt. Sehr gewissenhaft schaute noch einmal nach den schwierigen Stellen in den Stücken. Sie hatte alle geübt und war fit für den Auftritt.
Ihr fiel ein, dass sie formal ihre Erzieherin ja noch um die Erlaubnis bitten musste, zur Probe gehen zu dürfen. Außerdem würde sie ja auch eine Begleitung brauchen.
Sie summte die Melodie eines der Stücke und machte sich auf den Weg, Mrs. Potter zu suchen. Maria freute sich sehr auf die Musik.
* * *
Mrs. Potter war in der Küche damit beschäftigt, ein Geschenk einzupacken. Sie band gerade eine farbige Schnur um das kleine sehr geschmackvoll eingepackte Paket. Maria fand, dass auch ihre Erzieherin sehr gute Laune hatte.
Maria stellte sich vor den Tisch und nahm die vorgeschriebene Haltung ein. Dann wartete sie, bis ihre Erzieherin ihr die Erlaubnis zum Sprechen gab.
»Nun Maria«, ihre Stimme klang gut gelaunt, »was möchtet ihr?«
Maria hob ihren Kopf und blickte ihre Erzieherin an. »Ich möchte um Erlaubnis bitten, heute Nachmittag die Probe besuchen zu dürfen.«
Mrs. Potter legte die Rolle Klebeband auf den Tisch und blickte ihren Schützling erstaunt an. »Was für eine Probe? Und wo?«
Maria war verwundert. »Sie wissen doch, dass wir Morgen im Kurpark auftreten. Und heute ist dazu die Extraprobe.«
Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas verwirrt. »Von dieser Probe habt ihr mir aber nichts gesagt.« Sie schien nachzudenken. »Ich bin doch heute bei Oma Elisabeth zum Geburtstag eingeladen.«
Marias Gesicht wurde länger. Oma Elisabeth war eine langjährige Freundin in der Nachbarstadt. Sie mochten sie alle sehr gern. Allerdings war sie schon ziemlich alt und wurde entsprechend respektvoll behandelt. Maria begann zu ahnen, was dies bedeuten würde.
»Aber dann kann ich doch nicht zur Probe gehen.« Sie schluckte. »Ich habe Ihnen doch von der Probe erzählt.«
»Ihr habt mir nur etwas von dem Auftritt Morgen gesagt.« Mrs. Potter war sichtlich bewegt.
»Aber die Probe ist Bedingung für den Auftritt. Wer bei der Probe nicht dabei ist, darf auch nicht mit auftreten.« Maria begann zu ahnen, was passieren würde und eine erste Träne lief über ihr Gesicht.
»Ich kann doch nicht wegen Deiner Probe ihren 90igsten Geburtstag absagen.« In ihrer Stimme kämpften Empörung und Bedauern miteinander.
Marias wurde verzweifelter. »Die Probe ist unheimlich wichtig. Ich muss da unbedingt hin.«
Die Stimme von Mrs. Potter wurde verärgert. »Du weißt, dass Du nicht allein dorthin gehen darfst.«
Maria begann zu weinen. »Das ist so ungerecht. Ich habe mich so auf diesen Auftritt gefreut.« Noch hoffte sie, ihre Erzieherin umstimmen zu können.
Mrs. Potter schien dies zu spüren. »Wie stellst Du Dir das vor. Die Oma wohnt in der Nachbarstadt und ich kann nur mit dem Bus dahin fahren.«
Maria wusste, dass Mrs. Potter kein Auto hatte, und bisher war das auch nie ein Problem gewesen.
»Maria«, die Stimme wurde auf einmal etwas kälter, »vergesst Eure Erziehung nicht.« Es tat ihr weh, aber sie musste Maria hier in ihre Schranken weisen.
Mit einem Schlag war Maria aller Wind aus den Segeln genommen. Sie erkannte, dass sie ihre Probe und damit auch den Auftritt absagen musste. Tränen schossen ihr ins Gesicht.
Sie drehte sich um und lief auf ihr Zimmer. Sie warf sich auf das Bett und weinte bitterlich.
* * *
Sie spürte ein Streicheln auf ihrem Kopf und drehte sich verärgert um. Konnte ihre Erzieherin sie nicht in Ruhe weinen lassen? Mit vor Tränen verschwommenen Augen blickte sie auf die Gestalt vor dem Bett, und erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass Paul vor ihr stand.
»Mrs. Potter hat mich herauf geschickt.« Seine Stimme klang ziemlich verunsichert. »Wir wollten heute doch noch etwas Mathe machen.«
Maria war beschämt, dass sie ihm gegenüber so einen erbärmlichen Eindruck machte. Sie wischte sich ihre Augen aus und blickte ihn verblüfft an. »Ich kann die Probe nicht besuchen,« antwortete sie auf die Frage, die Paul gar nicht gestellt hatte. Sie schluchzte erbärmlich. »Es ist der wichtigste Auftritt im Jahr, und ich kann nicht hin.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Sie hatte ihm etwas vom einem Auftritt im Kurpark erzählt. Das musste sie wohl meinen. Er wusste, es war falsch, jetzt auch noch danach zu fragen.
Paul sah die Spuren, die die vielen Tränen auf Marias Wange hinterlassen haben. Er griff in seine Hosentasche und reichte Maria ein sauberes Taschentuch. Seine Oma nötigte ihn regelmäßig, sich eines einzustecken. Jetzt war er das erste Mal froh darüber.
Maria setzte sich auf, nahm das Taschentuch dankbar an und wischte sich ihre Tränen weg. Sie flüsterte ein leises ´Danke´. Es war zu sehen, dass sie mit sich kämpfte.
Paul wusste auch nicht, was er sagen sollte. Er spürte zwar, dass Maria Hilfe gebrauchen konnte, doch er wusste nicht, wie. Denn er hatte auch noch gar nicht verstanden, was eigentlich los war. So schwiegen sie sich eine Zeitlang an.
* * *
Maria stand langsam auf und ging zum Schreibtisch. Es war zu spüren, dass es sie große Überwindung kostete. »Laß uns Mathe machen.« Ihre Stimme klang noch ziemlich weinerlich, auch etwas Trotz war dabei. Sie ergriff ihre Schultasche, stellte sie auf den Schreibtisch und nahm ihre Bücher heraus.
Paul ahnte, dass sie ihre Schultasche am liebsten sonst wohin geworfen hätte.
Maria setzte sich auf ihren Stuhl und rollte vor den Tisch. Sie griff nach
einigen Riemen, die an dem Stuhl befestigt waren und schien sich damit an den Stuhl zu schnallen. Jedes mal wenn sie einen Riemenpaar schloss, war zudem ein leises »Klick« zu hören. Paul war mehr als verwundert und er hätte gern nach diesem seltsamen Stuhl gefragt. Doch er wusste um Marias aktuellen Gemütszustand, und so zwang er sich, seine Neugier zu beherrschen. Er nahm sich einen anderen Stuhl und setzte sich neben sie.
Maria war sehr abgelenkt und unkonzentriert. Sie konnte selbst die einfachsten Fragen nicht beantworten.
Paul versuchte zunächst, die Sachen aus dem heutigen Unterricht durchzusprechen. Doch er musste sehr bald einsehen, dass dies im Moment keinen Sinn hatte. Maria schaffte es nicht, sich zu konzentrieren.
Er fühlte sich ziemlich hilflos. Auf der einen Seite drohte die Mathematik-Arbeit in einer Woche. Andererseits wollte er Maria auch nicht bedrängen. Er hatte noch die Worte von Mrs. Potter im Kopf, dass Maria etwas sehr schweres machte.
Doch so unkonzentriert wie sie heute war, hatte es auch keinen Sinn. Dies war Paul klar, doch er wollte Maria auf jeden Fall helfen. Vielleicht half es ihr, wenn sie über ihren Kummer redete. Er rang sich durch, nach ihren Sorgen zu fragen.
»Oma Elisabeth hat heute Geburtstag und ich muss Morgen den Auftritt absagen.« Sie fing wieder an zu weinen.
´Schlechte Frage´, dachte sich Paul. Jetzt verstand er noch weniger. Und ein Weiterfragen verbot sich auch.
Er ergriff die Flucht nach vorn. »Dann lassen wir heute die Nachhilfe ausfallen?«
Doch diese Frage schien Maria aufzurütteln. Sie blickte ihn erstaunt an. »Nein, auf keinen Fall.« Sie schien mit sich selber zu kämpfen. »Ich versuche, mich zu konzentrieren.«
Nach einer kurzen Pause fragte sie von selber nach den Einzelheiten der Aufgabe, die Paul besprechen wollte.
11. RE: Maria

geschrieben von Herrin_nadine am 02.01.14 14:57

Danke für schwere Lesbarkeit der Absätze. Da ist mein LKW mit dem Öl noch nicht angekommen.

12. RE: Maria

geschrieben von DerFeger am 02.01.14 19:18

Hallo gag-coll
ich lese die Geschichten sehr gerne, antworte aber selten. Heute möchte ich eine Ausnahme machen.

Ich hoffe, dass dir der LKW mit Öl von Herrin_nadine nicht die Laune am Schreiben verdriebt.
Ich würde es sehr schade finden, wenn die Geschichte sich in die unendlich lange Reihe der unvollendeten einreihen würde. Wenn der Autor aufgrund der Kritik die Lust verliert.
Wobei ich dies bei einigen Kritiken durch ausverstehen kann.

Daher bitte weiter so.

mfg
DF
13. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 03.01.14 05:29

Tolle Geschichte wenn auch etwas schwer zu Lesen.
Ausnahmsweise muss ich unserer Absatzfetischistin Nadine Zustimmen, eine Leerzeile bei den Absätzen wär nicht schlecht.
Ich hoffe das Maria doch noch zur Probe und damit zum Auftritt kann. Paul könnte ja die Rolle der Erzieherin Übernehmen und auf Maria Aufpassen und auch den Einschluß übernehmn wenn er von Miss Potter die richtigen Anweisungen erhält.
Ich fände es Praktischer wenn Gleichschließende Schlösser Verwendet würden das Spart ne Menge Zeit immer erst den Passenden Schlüssel zu suchen.
Die Fortsetzung der Geschichte ist dir echt gut gelungen.
14. RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 03.01.14 07:51

So, ich hoffe, jetzt ist es leichter zu lesen...

Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Paul spürte, dass Maria sich fühlbar Mühe gab. Doch genauso nahm er ihren Kummer war. Er hätte ihr gern geholfen, doch er wusste nicht wie. Er fühlte sich ziemlich hilflos.
Sie sprachen zunächst noch einmal die Aufgaben aus dem Unterricht durch.
Marias gelegentliches Schluchzen übersah Paul höflich.

Auf einmal waren die resoluten Schritte von Marias Erzieherin auf der Treppe zu hören. Er sah mit Bedauern, wie Maria zusammenzuckte und sich ihr Blick sich in eine Mischung aus Wut und Traurigkeit verwandelte. Trotzdem zeigte Maria keine weitere Regung, als Mrs. Potter in das Arbeitszimmer kam. Wenn man einmal davon absah, dass Pauls Nachhilfeschülerin ihren Kopf gesenkt hatte.
Paul hingegen hatte Mrs. Potter angesehen und ihm war aufgefallen, dass auch sie heute einen etwas bedrückten Eindruck machte. Er wusste allerdings nicht, warum das so war. Ihm fiel auf, dass sie ein großes Schlüsselbund dabei hatte.
Sie wandte sich an Paul. »Was hast Du heute Abend vor?« Es war als höfliche Frage gemeint, doch sie hatte es in einem Ton ausgesprochen, dass Paul das Gefühl hatte, sämtliche Pläne für den Abend sofort über den Haufen werfen zu müssen. Aber er wollte ehrlich bleiben: »Ich wollte noch etwas lernen... Und vielleicht fernsehen...« Warum sie das wissen wollte, das traute er sich nicht zu fragen.
»Hättest Du heute Abend vielleicht Zeit«, ihre Stimme klang jetzt eine Spur freundlicher, »um Maria auf die Probe zu begleiten?«
Kaum hatte sie diese Frage ausgesprochen, als Maria auf einmal ihren Kopf hob und Paul ansah. Innerhalb eines winzigen Moments verschwand alle Traurigkeit aus Marias Gesicht und sie strahlte ihn an. »Ja! Bitte. Das wäre so schön.«
Paul war von ihrem plötzlichen Strahlen total gefangen. Jetzt bekam er kein Wort mehr heraus. Er kämpfte etwas mit sich selbst. Er wollte nicht unhöflich sein, doch er fühlte sich total überrumpelt. »Doch, das geht.« Seine Stimme war fast etwas heiser. Er räusperte sich und seine Stimme klang wieder etwas klarer. »Das kann ich machen.«
»Dann wünsche ich Euch eine schöne Probe.« Marias Erzieherin legte das große Schlüsselbund vor Maria und Paul auf den Schreibtisch. Sie blickte ihren Schützling an. »Du kennst Dich ja mit allem aus.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die keinen Widerspruch zuließ.
Dann drehte sie sich um und ging mit nicht minder resoluten Schritten aus dem Zimmer.
Paul und Maria starrten beide auf das Schlüsselbund.
Durch die Zimmertür waren die resoluten Schritte auf der Treppe noch gut zu hören, dann schon etwas leiser im Flur. Sie hörten die Haustür klappen. Immer leiser klangen ihre Schritte draußen auf dem Kiesweg zur Straße.

Es war still.

Paul und Maria blickten immer noch auf das Schlüsselbund. Langsam hob Paul den Blick in Richtung Maria und flüsterte: »Jetzt ist sie weg.«
Maria war von den Veränderungen völlig überrumpelt. Noch langsamer als Paul hob auch sie ihren Kopf und blickte Paul an. Allmählich begannen auch ihre Augen zu strahlen und ein Lächeln erschien in ihrem Gesicht. »Das ist so schön von Dir, dass Du das machen willst.«
Paul freute sich sehr darüber, dass Maria auf einmal so froh war, dennoch warf er wieder einen verunsicherten Blick auf das Schlüsselbund.
Maria fing diesen Blick auf. Sie ahnte, was ihn bewegte und nahm seine Hand. »Das kriegen wir schon hin.« Sie streichelte seine Hand. »Ich bin ja so froh.«
Paul blickte zuerst auf Marias Hand, dann sah er in ihr Gesicht. »Wann beginnt denn die Probe?« Er versuchte, sich an die neue Situation anzupassen.
Maria begriff langsam, dass sie sich jetzt selbst um sich kümmern musste. Sie begann laut zu denken. »Bis zur Probe haben wir noch knapp zwei Stunden. Dann können wir in Ruhe lernen, noch etwas essen und dann gehen wir los.« sie klang jetzt sehr zuversichtlich.
Sie blickte noch einmal auf die Uhr an der Wand. »Ich muss mich nicht mehr umziehen. Nur noch die Stiefel anziehen.«
Paul hörte fasziniert zu. Aber er erkannte nicht, was diese Worte sonst noch bedeuteten.
»Ich muss das Cape tragen.« Sie zögerte etwas. »Und sonst nur noch meine Tasche mit den Noten. Und die Flöte natürlich.«
Vorsichtig ließ sie Pauls Hand los und nahm das Schlüsselbund zur Hand. Sie schien einen bestimmten Schlüssel zu suchen. »Er ist da.« Sie hatte ihn gefunden und zeigte Peter einen der vielen Schlüssel an dem Bund.
Was sie damit meinte, wusste Paul nicht. Sie spürte seine Neugier. »Du musst mich von diesem Stuhl losmachen.« Als Paul sich anschickte aufzustehen, schob Maria schnell ein »nachher« hinterher.
Sie legte den Bund wieder auf den Tisch und wurde etwas nachdenklich. »Sie hat wirklich alle Schlüssel dagelassen.« Das Wort ´alle´ hatte sie besonders betont.
Paul blickte sie erstaunt an, und für einen Moment glaubte er, in ihren Augen ein ganz besonderes Funkeln zu sehen.
Doch dann schien sie sich zu besinnen. Sie blickte noch einmal auf die Uhr und schien zu überlegen. Schließlich hatte sie sich anscheinend entschieden. »Lass uns noch eine Stunde Mathe machen. Und dann machen wir uns fertig.«
* * *
Jetzt war es an Paul, unkonzentriert zu sein. Er brauchte manchmal etwas länger, um Marias Fragen zu beantworten. Auch tat er sich schwerer, Maria fachliche Zusammenhänge zu erklären. Immer wieder blickte er zu dem großen Schlüsselbund.
Gestern hatte sie ihn wegen des Halskorsetts angelogen. Woher sollte er wissen, dass sie ihm heute die Wahrheit sagen würde?
Er fragte sich, ob Maria ihn hier auch wieder austricksen würde. Diesmal war er ihr ausgeliefert. Dies musste er zu seinem Schrecken erkennen. Es blieb ihm keine andere Wahl, als ihrem Wort blind zu vertrauen.
Aber er freute sich über die Aussicht, sie zur Probe begleiten zu dürfen. Zumal sie anscheinend den ganzen Nachmittag ohne Mrs. Potter verbringen konnten.
Als Maria ihn drauf ansprach, dass er recht unkonzentriert sei, wusste er nichts vernünftiges zu erwidern. Er blickte sorgenvoll auf das Schlüsselbund. Maria bemerkte seinen sorgenvollen Blick und versuchte ihm Mut zu machen. »Das werden wir schon schaffen. Ich weiß ja, was alles erforderlich ist.« Von Pauls eigentlichen Sorgen ahnte sie nichts.
Aber auch sie machte sich ihre Sorgen. Ob Paul ihr bei allem, was für den Probenbesuch erforderlich war, auch wirklich helfen konnte? Maria war ebenfalls ziemlich verunsichert.

Sie drängte ihn dazu, sich doch wieder mehr mit Mathematik zu befassen. Paul musste sich erst einen Ruck geben, dann versuchte er das Schlüsselbund zu ignorieren.
Immerhin war es diesmal sehr viel leichter, weil Maria diesmal ihre Arme frei bewegen konnte. So konnte sie selbst zeichnen, die Rechenaufgaben aufschreiben und den Taschenrechner bedienen.
Allerdings, das war Paul nach einiger Zeit aufgefallen, ganz frei war sie auf dem Stuhl auch nicht. Sie wurde von den Riemen so auf dem Stuhl festgehalten, dass sie zwar ihren Oberkörper frei bewegen konnte, aber der Riemen um ihren Bauch verhinderte, dass sie aufstehen konnte.
Paul nahm es nur noch zur Kenntnis. Wundern tat er sich schon lange nicht mehr drüber.
* * *
Maria blickte auf die Uhr und räkelte sich auf dem Stuhl, dann sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme, dass sie dann langsam aufbrechen müssten.
Paul schaffte es nicht, sein leichtes Erschrecken über diese Ankündigung zu verbergen.
Maria nahm noch einmal seine Hand und versuchte ihn beruhigen. »Wir schaffen das schon.«
Doch das war es nicht, was Paul beschäftigte. Er fürchtete etwas die Verantwortung, die Marias Nähe mit sich brachte. Der Beinahesturz gestern hatte ihm die Folgen von Marias Leichtsinn und ihrer Hilflosigkeit drastisch vor Augen geführt. Er hatte erkannt, welch große Verantwortung er gegenüber Maria trug. Und er wusste immer noch nicht, ob er diese wirklich auf sich nehmen wollte.
* * *
Maria griff zum Schlüsselbund und suchte anscheinend nach einem bestimmten Schlüssel. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie nahm den Schlüssel und reichte ihn Paul. Sie bat ihn, die einzelnen Schlösser der Riemen zu öffnen. Sie waren so angebracht, dass Maria sie selbst nicht erreichen konnte. Paul war fasziniert davon.
Maria konnte sich jetzt von ihrem Stuhl erheben. Sie warf einen Blick in den Spiegel und war beschämt wegen ihres verweinten Gesichts. »Ich bin kurz im Bad.« Mit diesen Worten ließ sie Paul allein im Zimmer zurück.
Sein Blick fiel auf Marias seltsamen Stuhl und er ging zu ihm. Fasziniert bestaunte er das System der Riemen, mit dem Maria auf diesem Stuhl festgehalten wurde.
»Gefällt es Dir?« Maria war wieder in den Raum gekommen und ging auf den Notenständer zu, der am Fenster stand.
Paul zuckte etwas zusammen. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Allerdings hätte er schon gern gewußt, warum sie auf ihrem Stuhl auch festgehalten wurde. Doch dies als Frage zu formulieren, dazu war er nicht mutig genug.

Maria versuchte trotzdem, es ihm zu erklären. »Das ist meine Lernhilfe.« Sie machte vor dem letzten Wort eine Pause, so dass die Ironie recht deutlich wurde. »Sie macht mich erst dann wieder los, wenn ich mit den Hausaufgaben fertig bin.«
Mit ´Sie´ konnte nur Mrs. Potter gemeint sein, dies war Paul klar. Er musste wegen dieser sehr seltsamen Motivationshilfe schlucken.
Maria nahm die Notenblätter vom Ständer und legte sie auf ihren Schreibtisch. Dann begann sie den Notenständer zusammenzulegen. Sie griff sich eine Tasche, die neben dem Schreibtisch stand, und tat Noten, Ständer und einen kleinen schwarzen Koffer hinein. Paul vermutete, dass darin ihre Flöte sei. So etwas ähnliches hatte er schon einmal gesehen.
So nebenbei war ihm auch aufgefallen, dass Maria nicht etwa normale Hausschuhe trug. An ihren Füßen entdeckte Paul eine Art Pantoffeln mit hohen Absätzen. Paul fand das ziemlich seltsam. Gesehen hatte er so etwas noch nicht, aber er erinnerte sich an das, was seine Oma ihm gesagt hatte. Es hing wohl mit dem Tragen von Korsetts zusammen.

Maria schien nachzudenken.
Sie nahm sich das Schlüsselbund vom Schreibtisch und ging durch den Raum zu einer kleinen Garderobe, wo ihr Cape hing. Sie nahm es in die Hand und bat Paul näher zu kommen.
»Ich möchte Dir zeigen, wie Du das Cape aufschließen musst.« Es war ihr recht wichtig, dass Paul das wusste. Sie wollte es ihm nicht erst im Probenraum zeigen, wenn sie zudem in dem Cape eingesperrt sein würde. Sie hielt das Cape im Arm und nahm den Kragenriegel in die eine Hand. In der anderen Hand hatte sie den kleinen Schlüssel, und damit zeigte sie Paul, wie das Schloss zu öffnen war. Sie reichte Paul das Cape und das Schlüsselbund und lächelte ihn an. »Bitte probiere es mal.«
Paul war zwar immer noch verunsichert, doch er nahm das Cape in die Hand und probierte dann mit dem Schlüssel das Öffnen des Kragenverschlusses. Seine Hände zitterten leicht dabei.
Maria war trotzdem mit ihm zufrieden.

So langsam hatte Paul begriffen, dass Maria in diesem Cape wirklich eingesperrt war. Er äußerte dies.
Maria lächelte. »Das ist so gewollt.« Sie nahm es ihm noch mal aus der Hand und zeigte ihm die Armdurchgriffe. »Hier kann ich meine Arme ja noch durchstecken.« Sie grinste. »Aber wenn der Kragen einmal verschlossen ist...« Sie sprach nicht weiter.
Paul musste schlucken.
Sie reichte ihm das Cape wieder hin.
Paul war neugierig und schaute sich das Cape etwas genauer an. Er war erstaunt. »Die Armdurchgriffe lassen sich ja auch noch verschließen.« Er sah Maria verwundert an.
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Neugier und Verwegenheit an. »Ja, aber nur von außen.« Sie machte eine Pause, damit Paul es nachvollziehen konnte. »Wenn ich meine Arme drinnen habe, dann kann ich die nicht mehr aufmachen. Ich komme dann nicht an den Reißverschluss.«
Paul war genauso ehrlich wie spontan. »Seltsam.«
In Marias Stimme klang viel Stolz mit. »Findest Du? Ich habe mir das so gewünscht.«
Es fiel ihm noch etwas auf. »Aber Du kannst Dir doch einfach das Cape nach oben ziehen.«
Sie musste zugeben, dass er recht hatte. »Aber erstens mache ich so etwas nicht, und zweitens« Sie griff an eine bestimmte Stelle vom Cape. »wären hier noch Bänder, um es an meinen Beinen fest zu machen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Aber ich bin brav und brauche die Bänder nicht.« Sie grinste hintergründig.
Paul blickte sie noch verwunderter an. Er sah sich das Cape weiter an. »Hier sind ja auch Innentaschen.«
Er sah, wie Maria leicht rot wurde. »Das sind keine Taschen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Das sind Ärmel.«

Paul war sprachlos.
Marias Stimme klang auf einmal recht nachdenklich. »Da könnte ich meine Arme hinein stecken.« Sie dachte laut. »Ich habe das noch nie ausprobiert. Es war so gut wie nie Zeit dafür.« Es klang auch ein wenig Bedauern in der Stimme mit.
Paul hatte einen Arm ein wenig in so einen Ärmel gesteckt. »Aber diese Ärmel sind ja festgenäht. Du könntest dann deine Arme gar nicht mehr bewegen.« Er schaute sie ungläubig an.
Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Ja, das ist so gewollt.« Sie blickte ihn herausfordernd an.
Paul war noch sehr mißtrauisch. »Aber es ist verboten.« Er hatte es zwar nicht als Frage formuliert, doch es war so gemeint.

Maria hatte ihren Kopf zu Boden gesenkt und schien ernsthaft nachzudenken. Dann blickte sie Paul strahlend an. »Nein, das ist erlaubt.« Sie bemerkte seine Unsicherheit. »Ich habe es bisher nur noch nie gemacht.«
Maria grübelte. Es war zu sehen, dass sie mit sich selber kämpfte. »Doch, das könnte funktionieren.« Sie zögerte. »Ich will nicht schon wieder in den Sack«, murmelte sie vor sich hin.
Paul hatte den Satz trotzdem verstanden. Allerdings hielt ihn ihr in diesem Moment recht trauriges Gesicht davon ab, weiter nach zu fragen.
Andererseits faszinierte ihn der Gedanke, wenn Maria in diesem Cape so hilflos neben ihm gehen würde. Und ein großer Unterschied zu gestern war es auch nicht. Gestern trug sie diesen seltsamen Handschuh, mit dem sie mindestens genauso hilflos war.
Er blickte sie jetzt auffordernd an. »Du möchtest die Ärmel mal ausprobieren?«
Maria strahlte.
* * *
»Wir sollten aber erst noch etwas Essen.« Trotz der großen Vorfreude auf das Kommende versuchte Maria vernünftig zu bleiben und an ihre Regeln und Verbote zu denken. »Lass uns mal in die Küche gehen.«
Paul wusste nicht so recht, ob er widersprechen oder zustimmen sollte.
Widersprechen gebot ihm seine Erziehung, doch sowohl sein Magen als auch sein Herz sagten ihm, dass er lieber nicht ´nein´ sagen sollte.
Maria ging in der Küche zielstrebig auf den Kühlschrank zu und öffnete ihn. Es freute sie, was sie sah, denn es stand da ein großer Teller mit Folie bedeckt, unter der einige belegte Schnittchen zu erkennen waren, und daneben stand ein Schild, auf dem »Laßt es Euch schmecken« stand.
Sie nahm den Teller auf dem Kühlschrank, nahm die Folie ab und stellte ihn auf den Tisch. Dann machte sie ein paar Schranktüren auf, bis sie anscheinend das Gesuchte gefunden hatte. Sie stellte zwei Gläser auf den Tisch. Dann ging sie noch einmal zum Kühlschrank und nahm ein paar ein paar Flaschen heraus und stellte diese ebenfalls auf den Tisch.
Paul stand etwas verlegen neben dem Tisch. Er hätte Maria gern geholfen, doch er kannte sich in der Küche noch schlechter aus.
Sie setzten sich und ließen es sich schmecken.
* * *
Maria blickte auf die Uhr. »So langsam müssen wir uns wirklich auf den Weg machen.« Ich komme ja nicht so schnell voran, dachte sie im Stillen noch dazu.
»Meine Stiefel sind unten.« Sie nahm ihre Tasche und bat Paul, das Cape mitzubringen.
Paul kam ihrer Bitte nach und ging dann langsam hinter ihr her aus dem Raum und in Richtung Treppe. Auf dem Weg nach unten fiel Paul auf der einen Seite auf, wie sehr mühsam für Maria das Treppen hinabsteigen war. Auf der anderen Seite spürte er aber auch ihren unbändigen Willen, gegen ihre Einschränkungen anzukämpfen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Wobei Paul aber immer noch nicht wusste, was sie so sehr behinderte.
Auf jeden Fall schien Maria den Umgang so sehr gewöhnt zu sein. Es machte ihr überhaupt nichts aus, im Gegenteil, sie strahlte sogar etwas Stolz aus.
Unten angekommen ging sie auf eine kleine Kommode zu und öffnete diese. Sie zog sich ihre Hausschuhe aus und stellte sie an die Stelle der Stiefel im Schrank, die sie heraus nahm.
Paul fiel auf, dass beide ungefähr die selbe Absatzhöhe hatten.
Sie schlüpfte in die Stiefel und zog den langen Reißverschluss zu. Es schienen die Stiefel zu sein, die Maria auch in der Schule trug. Paul glaubte den einen kleinen Kratzer wieder zu erkennen.

Aus einer der Schubladen nahm sie sich wieder ein Schloss und brachte es am oberen Ende des Stiefelschaftes an.
Paul schaute sehr fasziniert zu, wagte jedoch nichts zu fragen.
Maria bemerkte seinen fragenden Blick und hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Das gehört zum Programm. Alles wird kontrolliert.« Sie machte eine Pause. Sie schien nach zu denken. Dann lachte sie. »Heute habe ich ja frei. Da bräuchte ich ja gar nicht.«
Trotzdem nahm sie aus der Schublade ein weiteres Schloss und sperrte sich auch in den zweiten Stiefel ein.
Auf einmal blickte sie Paul besorgt an. »Die Schlüssel hast Du eingesteckt.«

Paul wurde rot. »Nein, die liegen noch auf deinem Schreibtisch.«
Maria musste ihn nicht auffordern. Er reichte ihr das Cape, drehte sich um und lief eilig die Treppe hoch. Er ging in Marias Arbeitszimmer und griff sich das Schlüsselbund. Eine Gänsehaut überkam ihm dabei, denn er ahnte, dass er mit den Bund wohl auch den Schlüssel zu manch einem von Marias Geheimnissen in der Hand hielt.
Maria blickte ihn dankbar an, als er mit den Schlüsseln zurück kam. Mit einem herausfordernden Lächeln reichte sie ihm das Cape. »Hilfst Du mir?«
Im ersten Moment wunderte sich Paul, denn sonst konnte sie sich das Cape ja selbst anziehen. Und wie er ja jetzt wusste, brauchte sie eigentlich nur Hilfe beim Öffnen des Kragenriegels.
Er blickte sie verwundert an. Doch dann fiel ihm ein, dass Maria ja die Ärmel ausprobieren wollte. Allerdings traute er sich nicht, etwas zu sagen. Doch in ihm klangen die Worte von Marias Erzieherin nach. ´Über Verbote nachdenken... Das elfte Gebot...´

Maria spürte seine Unsicherheit und ließ sich davon anstecken. Sie begann laut zu überlegen. »Ich trage das Cape schon sehr lange. Aber die Arme in den Ärmeln hatte ich noch nie.«
Paul versuchte mit zu denken. »Du wärst dann ziemlich hilflos.«
Sie blickte ihn an und strahlte. »Ja.« Dabei wurde sie leicht rot.
Paul versuchte vorsichtig zu bleiben. »Du hast normale Stiefel an und kannst sehen, wo Du hin trittst.«
Maria blickte ihn verliebt an. »Du meinst auch, wir könnten es probieren?«
Paul versuchte, seine letzten Zweifel zu unterdrücken. Er faltete das Cape langsam auseinander und hielt es Maria hin. Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Öffnungen suchte und hinein schlüpfte.
Paul sah dies atemlos und zog das Cape langsam hoch. Marias Arme verschwanden langsam in den Ärmelhüllen.
Er zog ihr den Umhang über die Schultern, dann trat er vor sie und blickte sie fragend an. »Wie gefällt es Dir? Sitzt es gut?«

Maria konnte nur noch flüstern: »Ja, es ist sehr schön.« Sie musste schlucken. »Bitte mach es zu.«
Paul kniete sich kurz vor Maria hin, so dass er den Reißverschluss besser schließen konnte. Er schob ihn langsam hoch und stand dabei wieder auf. Bevor er den Kragenriegel schloss, fasste er noch einmal an seine Tasche, ob die Schlüssel da waren. Er fühlte sie.
Es machte leise »klick« und Marias Augen strahlten. Sie wackelte etwas mit ihren Arme und stöhnte ganz leise dabei. Sie blickte ihn an. »Es fühlt sich toll an.« Sie zeigte ihm, welchen Freiraum sie noch mit ihren Armen hatte. Es war nicht viel.
Sie blickte auf die große Standuhr. »Jetzt müssen wir aber gehen.« Maria ging auf ihre Musiktasche zu und wollte sie wie sonst auch unter dem Cape mit der Hand greifen, als sie beschämt feststellte, dass dies jetzt doch nicht ging. Sie konnte ihre Hand in der engen Hülle nicht genug bewegen. Ein klein wenig ärgerte sie sich. Dies hatte sie doch nicht bedacht.
Paul wusste, dass er bei Marias besonderem Zustand jetzt sehr aufmerksam sein musste, und so entging ihm auch nicht, dass Maria jetzt etwas unsicher auf ihre Tasche blickte. Er ging entschlossen auf sie zu und nahm sich die Tasche. Er legte seinen Arm um Marias Schultern und schob sie sanft in Richtung Tür.
»Laß uns gehen.«
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Dankbarkeit an.
* * *
Die Sonne stand schon tief, als Paul und Maria sich langsam auf den Weg machten. Sie gingen langsam schweigend nebeneinander her. Paul war sehr bemüht, auf seine hilflose Maria gut aufzupassen. Der Weg würde nur eine halbe Stunde dauern, hatte sie ihm gesagt und dabei an sich herunter gesehen.
Paul wusste, was sie damit sagen wollte, auch wenn er nicht wusste, was ihren Schritt so ausbremste. Aber das traute er sich nicht zu fragen.
Es war ihm irgendwie auch klar, dass es der falsche Zeitpunkt war, um Maria nach ihrer Strafe zu fragen, auch wenn es ihn sehr interessierte. Er wollte ihr nicht die Laune verderben. Außerdem erinnerte er sich noch gut daran, wie traurig sie noch vor kurzem war.
Er bedauerte es allerdings, dass Maria jetzt keine »Gehhilfe« brauchte. Sie ging selbständig neben ihm und bis auf die Tatsache, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte, was sie doch ziemlich agil. Paul hätte sie lieber in seiner Umarmung geführt. Aber dies traute er sich nicht, weil er wusste, dass Maria sich dagegen nicht wehren konnte. Und aufzwingen wollte er es ihr nicht.
Auf einmal blieb Maria stehen und Paul sah, dass sie versuchte, ihre Arme zu bewegen. Maria stöhnte leicht. »Ich hätte die Ärmel doch nicht benutzen sollen.«
Paul blickte sie verunsichert und etwas verängstigt an.
Maria blickte Paul an. »Ich müsste mich mal kratzen.« Sie grinste etwas.
Paul war erleichtert und versuchte ihr entgegen zu kommen. »Soll ihr Dir das Cape aufmachen?«
Maria nahm das Angebot dankbar zur Kenntnis. »Nö, laß nur. Aber Du könntest mich an der rechten Schulter kratzen.... jaaa.... danke!« sie ging weiter.
Paul begriff so langsam, wie hilflos Maria in diesem doch so einfachen Cape war. Beide genossen unabhängig voneinander ihre Gefühle.
* * *
Sie waren die ersten im Probenraum.
Paul ließ sich von Maria den Stuhl zeigen, auf dem sie sitzen würde und stellte dort ihre Tasche ab.
Er nahm das Schlüsselbund aus seiner Tasche und ging auf Maria zu. Er grinste.
»Werte Prinzessin, darf ich Euch aus dem Mantel helfen?« Maria blickte ihn zunächst erstaunt an, dann musste auch sie etwas grinsen. Sie stellte sich vor ihn hin und hob etwas den Kopf.
Paul öffnete den Kragenverschluss, so wie er es geübt hatte. Dann zog er den langen Reißverschluss herunter.
Maria versuchte, sich aus den Ärmeln zu befreien, doch zu ihrem eigenen Erstaunen blieb sie in dem Cape gefangen. Ihre Hände hatten in den engen Ärmeln nicht genug Spiel, um es nach unten zu ziehen. Außerdem wurde es noch von ihren Schultern gehalten.

Paul schaute ihr zunächst fasziniert zu, wie sie sich mit ihrem Spazier-»Gefängnis« abmühte.
Anscheinend hatte Maria die Wirkung der Ärmel unterschätzt. Sie drehte sich zu Paul um und ging auf ihn zu. »Die Ärmel sind besser als ich dachte.« Sie lächelte verträumt. »Hilfst Du mir da heraus?«
Paul streifte ihr das Cape von den Schulter und zog es dann nach unten, so dass Maria die Arme heraus nehmen konnte.
»Danke« lächelte Maria. Und es lag ein gewissen Leuchten in ihren Augen.
Maria ging auf ihren Stuhl zu und nahm zunächst den Notenständer heraus. Sie baute ihn auf und legte ihre Notenmappe darauf. Dann packte sie ihre Flöte aus.
Sie sah, dass Paul etwas hilflos mit ihrem Cape in den Händen im Raum stand. Sie zeigte ihm die Garderobe und schlug ihm vor, dass er sich hinten ans Fenster setzen könnte.
Paul kam dieser Bitte gern nach. Er hängte das jetzt so unschuldig wirkende Cape auf und setzte sich auf einen der Stühle am Fenster. Er war erleichtert, denn er hatte Maria sicher zur Probe gebracht. Jetzt erst spürte er, wie müde er doch war.
Maria hatte auf ihrem Stuhl Platz genommen und begann auf ihrer Flöte zu spielen. Paul lauschte den zarten Klängen und ließ sich davon entführen...
* * *
Er schritt langsam den steilen Berg hinauf zur königlichen Burg. Ein Bote hatte eine Einladung in das Schloss gebracht, jedoch wusste er nicht, was die königliche Familie von ihm wollte.
Sein Blick fiel gelegentlich auf die stolze Burg, die langsam näher kam. Schon oft hatte er sich gewünscht, dort einmal hineinschauen zu dürfen. Jetzt trug er fast atemlos die Einladung ihrer Bewohner in der Hand.
Die Wachen am ersten Tor hätten ihn fast wieder davon gejagt. Erst im letzten Moment fiel Paul ein, dass er die Einladung vorzeigen musste. Sofort wurden die Männern freundlicher und begrüßten ihn als einen Gast des Königs.

Auf dem Weg zum zweiten Tor hörte Paul leises Flötenspiel. Er blickte auf zur Burg und sah, dass die liebliche Prinzessin Maria am Fenster saß und auf ihrem Instrument spielte. Sie schien ihn bemerkt zu haben, doch er traute sich nicht, ihr zu zuwinken. Er bewunderte die Prinzessin, doch sie war auch etwas Unnahbares, etwas Heiliges. Außerdem konnte ihn sowohl die Wächter vom ersten als auch vom zweiten Tor sehen und er war bemüht, kein weiteres Aufsehen zu erregen.
Beim zweiten Tor zeigte er gleich seine Einladung vor und die Wächter ließen ihn passieren. Doch für Paul begann jetzt erst das richtige Herzklopfen. Er stand bald darauf vor dem eigentlichen Burgtor. Sehr respektvoll ergriff er den schweren Klopfer und ließ ihn gegen das Tor fallen. Dumpf hallte es durch den Burghof.
Eine kleine Seitenpforte öffnete sich und Paul zeigte sofort seine Einladung vor. Der Kämmerer warf einen kurzen Blick darauf und blickte Paul ernsthaft an. »Ihre Hoheit wartet schon.« Dann bat er ihm zu folgen.

Paul schritt hinter dem Kämmerer her in den Burghof, und nur am Rande nahm er die Musiker wahr, die auf dem kleinen Podest vor der Dürnitz standen und musizierten. Paul konnte nur einen kurzen Blick auf die Personen werfen, doch die kleine Flötistin fiel ihm auf. Er glaubte sie zu kennen.
Er wurde in das Vorzimmer zum Weißen Saal gebeten und angehalten, dort zu warten. Paul kam der Bitte nach und war sehr neugierig, was »Ihre Hoheit« von ihm wollte. Erst jetzt fiel ihm auf, das mit dieser Bezeichnung nicht der König gemeint sein konnte, sondern entweder die Königin oder vielleicht sogar die Prinzessin. Er war sehr gespannt, was wohl von ihm erwartet wurde.
Von draußen klangen noch die Klänge der Musiker durch die offenen Fenster, doch dafür hatte Paul genauso wenig Aufmerksamkeit über wie für den prachtvollen barocken Raumschmuck.

Mrs. Potter kam aus einer Türen und mit einer sehr strengen Miene schalt sie ihn, was ihm denn einfiele, die Prinzessin so lange warten zu lassen. Völlig eingeschüchtert ging Paul hinter ihr her in den großen Weißen Saal.
An der Seite spielten wieder eine kleine Gruppe Musiker, und vorn vor dem großen Spiegel stand die Prinzessin Maria neben einer kleinen Schulbank und einer Tafel. Paul war verwundert und aufgeregt zugleich. Beim Näherkommen sah er, das die Prinzessin ein langes Cape trug. Es kam ihm ziemlich bekannt vor.
Mit einem strengen Blick bat die Prinzessin Paul näher zukommen. Er folgte ihrer Anweisung mit großem Herzklopfen.
»Bitte helft mir aus dem Cape.« Es kam Paul nicht in den Sinn, sich dieser seltsamen Bitte zu widersetzen. Er trat auf die Prinzessin zu, öffnete das Cape und nahm es ihr von den Schultern. Darunter kam ein wunderschönes Kleid zu Tage mit einem sehr reizvollen Dekolleté und einer sehr schmalen Taille.
Und dass die Prinzessin einen zum Kleid passenden Monohandschuh trug, konnte Paul nicht wirklich in Erstaunen versetzen.

Die Prinzessin bedankte sich bei Paul und setzte sich an die Schulbank. Sie lenkte Pauls Blick auf die Tafel, auf der mit Kreide eine Mathematikaufgabe notiert war.
»Könnt ihr mir helfen, diese Aufgabe zu lösen?« die Stimme der Prinzessin klang etwas verärgert. Sie schien sich damit schon länger befasst zu haben.
Paul schaute sich den Text der Aufgabe an: ´Aus dreieinhalb Hektar Getreide lassen sich 20 Brote backen. Welche Fläche wird für 200 Personen gebraucht?´
Paul erkannte sofort, dass sich diese Aufgabe so nicht lösen ließ. Es fehlte doch die Angabe, wie viel Brot eine Person brauchte. Er sagte dies der Prinzessin.
Diese blickte ihn mit einer Mischung aus Enttäuschung und Verwunderung an. »Seht ihr, er kann es auch nicht. Wachen, führt ihn ab.«
Die Musik hatte aufgehört zu spielen und Paul sah mit Erschrecken, wie jemand mit einer schweren Rüstung auf ihn zu kam.
* * *
Im letzten Moment wurde Paul wieder wach und sah, dass einer der Musiker auf ihn zu kam. »Wir gehen jetzt noch ein Gläschen trinken. Du kommst doch mit, oder?«
Paul sah sich verwundert um und dann fiel ihm wieder ein, dass er Maria ja auf die Probe begleitet hatte. Er war beschämt, weil er eingeschlafen war.
Maria war auch zu ihm getreten und blickte ihn lieb an. »Bitte lass uns mitgehen.«
Paul hatte wegen seines Schlafens ein großes schlechtes Gewissen, und die Aussicht, noch länger mit Maria zusammen zu sein, ließ ihn sofort zustimmen.
Auf dem Weg musste er über seinen verrückten Traum nachdenken. Gern hätte er Maria, seiner Prinzessin, davon erzählt, doch dazu hätte er ihr gegenüber zugeben müssen, dass er während ihres Spielens eingeschlafen war.
* * *
Die Gaststube war gleich im Nachbarzimmer. Es wurden zwei Tische zusammengestellt, so dass alle an einem großen Tisch Platz fanden. Paul war erfreut, dass er neben Maria sitzen konnte, denn er kannte sonst keinen aus der Runde.
Der Wirt kam an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen. Paul wollte ein Bier, während Maria sich ein Wasser bestellte.
Der Mann, der ihn gefragt hatte, stand auf und sprach ein paar Worte. Er dankte allen für die Teilnahme an der Extraprobe und begrüßte Paul, der ja extra seine Freizeit geopfert habe.
Maria bedankte sich noch einmal mit einem besonders liebevollen Blick bei ihm.
Direkt an Paul gewandt, stellte sich der Mann als Leiter der Gruppe vor. Er hieß Fritz und saß neben seiner Frau Carla, die die erste Stimme bei den Flöten spielte. Danach stellte er auch die anderen Musiker vor.
Er wünschte allen einen schönen Auftritt Morgen und erinnerte auch noch einmal an das wichtige Katerinenfest, welches dieses Jahr wieder stattfinden würde.
Dann nahm er wieder Platz.

Die Getränke kamen. Sie stießen auf den Auftritt am nächsten Tag an.
Maria war in diesem Moment sehr glücklich, dass Paul sie begleitet hatte. Sie blickte ihn sehr dankbar an und lächelte. Er erwiderte den Gruß.
»Es ist schön, dass Du auch mal mitkommst.« Carla hatte Maria angesehen.
Fritz pflichtete ihr bei. »Ja, das ist sehr schön.« Er blickte zu Paul und dann wieder zu Maria. »Wo hast Du denn Deine Mrs. Potter gelassen?«
Anfangs war Maria über die Geburtstagfeier sehr unglücklich gewesen. Doch jetzt war sie froh, dass stattdessen Paul sie begleiten konnte. »Die musste unbedingt einen Geburtstag feiern.«
Carla grinste. »Paul ist auch eine wesentlich schönere Begleitung für Dich.«
Maria lächelte, und als Antwort nahm sie Pauls Hand und hielt sie fest. »Dabei war ich drauf und dran, alles abzublasen.« Sie überlegte, wie viel sie von sich selbst erzählen wollte. »Aber dann kam Paul, und er hat mich eskortiert.« Vor dem Wort ´eskortiert´ hatte sie eine rätselhafte Pause gemacht.
Paul genoss den Händedruck von Maria sehr und fühlte gleichzeitig auch die Verantwortung, die auf ihm lastete, wenn er die anscheinend oft sehr hilflose Maria begleitete. Er fasste mit der freien Hand an seine Hosentasche. Das dicke Schlüsselbund war noch da.
Carla machte ihr noch ein Kompliment. »Du kommst auch mit den Korsetts immer besser zurecht. Du hast einen sehr schönen Flötenton.«

Maria wurde rot.
Doch die Frau des Leiters ließ nicht nach. »Doch ernsthaft, Du spielst schon fast besser als ich.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Sag es ihr.«
Maria blickte Fritz verwundert an. »Carla und ich haben überlegt, dass Du öfters mal mit Carla die Stimme tauschen könntest.«
Maria war erstaunt. »Aber Carla spielt doch die erste Stimme.« Dann erst begriff sie, was Fritz wirklich gesagt hatte, und sie war erstaunt. »Meint ihr, das schaffe ich?«
Carla lächelte. »Bescheiden wie immer.« Sie streichelte sie zärtlich an der Schulter. »Natürlich kannst Du das.«
Maria fühlte sich sehr geschmeichelt, und die Aussicht auf die erste Stimme freute sie sehr. »Aber auf dem Fest machen wir das noch nicht. Ich muss doch erst mal die Stücke alle üben, und bis dahin ist es gar nicht mehr so lange.«

Fritz ermutigte sie. »Jetzt sind ja bald Ferien. Da hast Du Zeit, Dir die Stücke anzusehen. Und vor dem Fest sagst Du dann noch mal Bescheid.«
Damit war Maria einverstanden.
Jemand wollte von Paul wissen, ob er auch ein Instrument spielte.
»Ich habe mit Blockflöte angefangen.« Paul freute sich, dass er Marias Hand immer noch festhalten konnte. »Ich habe auch mal kurz das Trompetespielen probiert. Doch es wurde mit der Schule zu viel.« Ein wenig Bedauern war in seiner Stimme zu hören.

Carla blickte in die Runde. »Kinder, ich freu mich schon auf das Katerinenfest.«
Karin, die die zweite Tenorflöte spielte, blickte verträumte in die Runde. »Oh ja, das war schön damals.« Ihr Blick hatte etwas verträumtes. »Kerstin war toll als Katerina.«
Carla fiel auf, dass einige in der Runde etwas verständnislos schauten, Paul inbegriffen. »Ach ja, ihr seid ja erst danach dazu gekommen.« Sie schien noch einmal tief Luft zu holen. »Alle sieben Jahre wird bei uns in der Stadt das Katerinenfest gefeiert.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Erzähl Du das, Du kennst Dich da besser aus.«

Fritz blickte in die Runde und begann zu erzählen. »Das Fest ist schon sehr alt und es wird alle sieben Jahre gefeiert. Irgendwann im dreizehnten Jahrhundert gab es mal einen Krieg zwischen dem hiesigen Herzog und dem benachbarten Grafen. Der Graf wurde vom Herzog besiegt, und um den Frieden zu sichern, wurde die Grafentochter Katerina als Geisel mit von der Schlacht in die Stadt gebracht. Der Sohn des Herzogs hat sich dann allerdings in die Grafentochter verliebt und schon ein paar Wochen später wurde damals Hochzeit gefeiert.«

Er machte eine bedeutsame Pause. »Zum Ende der Sommerferien wird dieses Fest nachgespielt. Am Freitag Nachmittag ist die siegreiche Heimkehr von der Schlacht. Die Grafentochter wird als Geisel in Ketten in die Stadt gebracht.« Er warf einen Blick auf Karin, die Mutter der letzten Katerina-Darstellerin.
Diese fing den Blick auf und musste lächeln. »Oh ja, das war nicht einfach für Kerstin, die schweren Ketten zu tragen, auf dem ganzen Weg.«

Die Neuen in der Runde blickten etwas verwundert. Fritz versuchte zu erklären. »Ja, das ist das besondere an dem Katerinenfest. Die damalige Katerina war ja eine Geisel, und als solche trug sie die ganze Zeit bis zur Hochzeit immer irgendwelche Fesseln. Und das wird heute immer noch dargestellt. Sogar auf dem Ball, auf dem sie mit dem Herzogssohn getanzt hat, war sie nicht frei. Erst in der Kirche, nach dem »Ja«-Wort.«
Karin war immer noch ziemlich stolz auf ihre Tochter. »Es war nicht einfach für Kerstin, ohne ihre Arme zu tanzen. Aber ich denke, es hat ihr auch Spaß gemacht.«
Carla konnte sich auch gut dran erinnern. »Ja, das war ein schönes Fest. Wie wird es wohl heuer werden?« Sie verzog etwas ihr Gesicht.

Jemand aus der Runde fragte, wer denn dieses Jahr die Katerina spielen würde.
»Na unser aller Party-Luder.« Es lag sehr viel Bedauern und Ärger in Carlas Stimme. »Die liebe Baroness Sophie von Harsumstal.« Es war deutlich zu hören, wie sehr ihr diese Person zuwider war.
Fritz war anzusehen, dass es ihm auch nicht recht war. »Aber da müssen wir durch. Das läßt sich jetzt nicht mehr ändern.« Er beschrieb, dass Sophie schon vor sieben Jahren ausgewählt worden war, und dass ihr Vater, der Baron, deswegen auch den Vorsitz des Festausschusses hatte. Das wurde schon immer so gemacht, und bisher waren die Töchter auch immer brav und artig gewesen. »Aber denken wir nicht an dieses Biest und konzentrieren wir uns lieber auf unsere Auftritte.
Wir werden an dem Wochenende viel zu spielen haben. Bitte vergeßt das Üben nicht.«
* * *
Paul hatte sich seine Jacke schon angezogen und nahm nun Marias Cape vom Haken. Er nahm es am Kragen und hielt es Maria hin. Dabei blickte er sie fragend an, ohne allerdings etwas zu sagen.
Maria stutze erst, als sie seinen Blick bemerkte, dann schien sie den Inhalt der nicht gestellten Frage begriffen zu haben. Sie grinste ihn an und nickte ganz leichte.
Irgendwie war beiden klar, dass Maria wieder die Ärmel benutzen wollte, aber so, dass es die anderen nicht mitbekamen. Paul gab sich große Mühe, das Cape so zu halten, dass Maria mit ihren Händen schnell die inneren Ärmel finden konnte. Zu ihrer beider Freude klappte es sehr gut, und Paul konnte Maria das Cape zu den Schultern hinaufziehen und den Reißverschluss mitsamt dem Kragenriegel schließen. Marias Augen strahlten.
Die anderen Musiker waren das Ritual des Cape-Anziehens von Mrs. Potter her schon gewohnt, und daher schenkten sie auch Paul keine besondere Aufmerksamkeit.
* * *
Der Mond schien ziemlich hell vom Himmel und tauchte die Nacht in ein romantisches Licht. Paul und Maria gingen langsam den Weg zu Marias Haus.
Paul versuchte an ihrer Seite sich an das langsame Tempo anzupassen. Er wurde mutig. »Schade, dass Du den Handschuh nicht trägst.«
Maria blieb verblüfft stehen und blickte ihn mit einem fragenden Gesicht an.
Paul versuchte seine Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen, doch innerlich war er sehr aufgewühlt. »Ich dürfte dann wieder den Arm um Dich legen und Dich führen.«
Ganz langsam glitt ein Lächeln über Marias Gesicht. Sie ging langsam weiter, ohne Paul eine Antwort gegeben zu haben. Doch ihm fiel auf, dass sie auf einmal viel wackeliger auf den Beinen war. Zuerst bekam er einen Schreck und fragte sie, ob denn alles in Ordnung sei. Er schalt sich einen Narren, dass er seinem Wunsch nachgegeben hatte. Er hätte lieber an Marias Schutz denken sollen.
Sie blieb stehen und blickte Paul herausfordernd an. »Ich bin doch etwas unsicher auf den Beinen nach der anstrengenden Probe. Magst Du mich nicht führen?«
Paul legte zärtlich den Arm um Marias Schulter und spürte erfreut, wie sie sich auch etwas an ihn schmiegte.
* * *
Je näher sie dem Tor kamen, desto unruhiger wurde Paul. Es war ihm klar, dass er sich wegen Maria und seiner Begleitung vor Mrs. Potter rechtfertigen musste.
Er war sich zwar sicher, diesmal nichts verbotenes getan zu haben, aber wegen der Cape-Ärmel hatte er irgendwie doch ein schlechtes Gewissen. Andererseits, so versuchte er sich zu beruhigen, schienen sie Maria ja zu gefallen. Und sie hatte ihm extra noch einmal beteuert, dass sie nicht verboten waren.
Vor dem Tor blieben sie stehen und drehten sich zueinander. Maria flüsterte ein leises »Danke für den schönen Abend.«
Paul hielt Maria immer noch in seinem Arm. Es fiel ihm schwer zu antworten, denn er war ganz gefangen von Marias Nähe und gleichzeitig auch ihrer großen Hilflosigkeit, die sie sich selbst so gewünscht hatte. Er brummte so etwas wie ein »Gern geschehen.«
Maria begann sich in seinem Arm zu ihm hin zu drehen und Paul hatte das Gefühl, seinen Arm jetzt wegnehmen zu müssen. Doch als er einen Hauch des Enttäuschens über Marias Gesicht huschen sah, legte er den Arm wieder um sie.
Sie blickte ihn an. Sie schluckte. Dann sprach sie leise. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Du morgen zu dem Konzert zum Zuhören kommen würdest.«
Paul blickte sie und obwohl dies schon fast nicht mehr möglich war, wurde er noch glücklicher. »Sehr gern komme ich morgen mit.«
Er hätte ihr gern ein Kompliment zu der Musik gemacht, doch da er während der Probe eingeschlafen war und Maria gegenüber sehr ehrlich sein wollte, konnte er sich im Moment noch kein Urteil erlauben. Er wäre ohnehin in den Kurpark gegangen, sein schlechtes Gewissen wegen des Einschlafens und des Traumes hatten ihm dies schon geraten.

Maria sprach weiter. »Danke für die Hilfe mit dem Cape.«
Paul erschrak auf einmal. Er hatte erkannt, dass Maria immer noch mit den Armen gefangen war und dass ihre Erzieherin es bemerken würde. Er blickte Maria sorgenvoll an: »Was wird sie bloß dazu sagen?«
Maria erkannte seinen Gedankengang und fühlte tief in sich so etwas wie Trotz. »Ich habe heute meinen freien Tag, da kann ich machen, was ich will.« Sie klang ziemlich gefestigt.
Paul blickte sie erstaunt an. »Du magst es, wenn Du so hilflos bist?«

Zuerst wurde Maria rot und schwieg etwas, dann blickte sie zu ihm auf und lächelte hintergründig. »Wenn Du mich jetzt küssen wolltest, könnte ich Dich nicht dran hindern.«
Paul war schon wieder verblüfft. Zwar war sie ihm ausgewichen auf die Frage nach der Hilflosigkeit, doch dafür hatte sie ihm ein sehr verlockendes Angebot gemacht. Trotzdem war Paul vorsichtig, denn er wollte auf keinen Fall ihre Hilflosigkeit ausnützen.
Er legte langsam und zärtlich beide Arme um sie und zog sie ganz langsam an sich heran. Marias Augen strahlten. Ihre Lippen kamen sich näher.
* * *
Mrs. Potter saß im Wohnzimmer und freute sich über den doch noch gelungenen Tag und auf die Rückkehr ihres Schützlings. Es war das erste Mal, dass sie ihr so viel Freiheit und Vertrauen entgegen brachte, und sie hoffte sehr, dass Maria sich richtig verhalten würde. So wie es im Programm vorgesehen war.
Dabei war es Marias Fehler gewesen, dass es fast ein sehr trauriger Tag geworden wäre, denn sie hatte es wirklich versäumt, etwas von der Extraprobe zu sagen.
Es war sehr gut, dass Paul da gewesen war. Den 90. Geburtstag hatte sie wirklich nicht absagen können, aber es hätte ihr fast das Herz gebrochen, Maria ihren Konzertauftritt verderben zu müssen, auf den sie sich schon so lange freute. Sie hätte es auch sehr unfair gefunden, wenn sie nur wegen des Programms Maria hätte so in die Schranken weisen müssen.

Sie hörte Schritte. Marias Stiefel waren dabei und jemand begleitete sie. Mrs. Potter ging an das Fenster und hoffte sehr, dass es Paul sein würde. Es wäre so schön, wenn Maria in ihm einen Freund finden würde.
Das helle Mondlicht erlaubte es, dass sie Maria und Paul vor dem Tor stehen sah. Voller Freude entdeckte sie, dass die beiden sich gerade küßten. Und auf den zweiten Blick sah es aus, als hätte Maria ihre Arme in den Capeärmeln stecken. Sie freute sich über beides.
Sie zog sich eine Jacke über und ging langsam vor das Haus, um Maria abzuholen. Sie war bis jetzt schon sehr zufrieden mit ihrem Schützling.
* * *
Paul und Maria blickten sich völlig verliebt in die Augen, als auf einmal die Schritte von Mrs. Potter zu hören waren. Paul nahm aus seiner Verliebtheit heraus den Mut, sich nicht von Maria zu lösen. Er wollte ihr zeigen, dass er zu Maria stand.
»Na, hattet ihr einen schönen Abend? Und wie war die Probe?« Mrs.Potter hatte sich extra Mühe gegeben, ihre Stimme möglichst freundlich klingen zu lassen.
Maria faßte sich als erstes. Sie blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Sie stotterte trotzdem etwas. »Es... Es war sehr schön.« Es schien, als erwache sie gerade aus einem schönen Traum. »Ich darf bald die erste Stimme spielen.«
Mrs. Potter zeigte ehrliche Freude an der schönen Nachricht. Auch sie lobte Maria noch einmal für ihr schönes Flötenspiel.

»Seit ihr mit dem Cape und den Schlüsseln klargekommen?« Die Frage war mehr an Paul gerichtet und trotzdem zuckten beide bei dem Wort ´Cape´ etwas zusammen.
Paul war zunächst nicht zu einer Antwort fähig. Er griff in seine Hosentasche und nahm zitternd das Schlüsselbund heraus. Er reichte es Mrs. Potter. »Es... Es...« Er stotterte noch mehr als Maria. »Es hat alles gut geklappt.«
Das schlechte Gewissen wegen der Cape-Ärmel war beiden auf die Stirn geschrieben.

Mrs. Potter war der Meinung, dass die beiden jetzt genug gelitten hatten. Sie wollten ihnen ein Zeichen geben. »Lassen sich die Ärmel gut tragen?« fragte sie mit ruhiger Stimme und blickte Maria dabei wohlwollend an.
Maria blickte sie völlig verwirrt an. »Aber wieso... Ich meine...«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Mund blieb offen stehen.
Die Stimme ihrer Erzieherin wurde noch etwas weicher. »Du hast heute Deinen freien Tag. Genieße es.«
Maria machte ihren Mund langsam wieder zu und nur langsam begriff sie, was ihre Erzieherin gerade gesagt hatte.
Diese blickte Maria noch einmal ermutigend an. »Du möchtest Paul vielleicht noch einen schönen Abschiedskuß geben, dann komm bitte ins Haus.« Sie drehte sich um und ließ die beiden total erstaunt und verwundert vor dem Tor stehen.
* * *
Maria kam sehr glücklich aus dem Bad und sah, dass ihre Erzieherin schon ihr Bett für die Nacht zurecht gemacht hatte. Auf dem Tisch, auf dem sich manchmal ganze Berge von Leder und Gummi häuften, lagen nur die beiden strengen Armkorsetts, die sie diese Nacht tragen würde, sowie das kleine Taillenkorsett.
Leise Musik war zu hören. Maria erkannte, dass es eines ihrer Lieblingsalben war. Sie überlegte. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten. Sollte der Tag wirklich so schön enden?

Und richtig, auf dem Nachttisch sah Maria etwas beschämt ihren Lieblingsvibrator liegen sowie ein extra Paket mit Batterien.
Auf dem Regal an der Wand sowie auf dem Nachttisch brannten ein paar Kerzen und tauchten den Raum in ein sehr warmes Licht.
Von draußen warf auch der Mond noch einen Gruß ins Zimmer, als wollte er Maria bei dieser schönen Nacht extra begleiten.
Leise schwebte die Musik im Raum.

Maria setzte sich auf das Bett und blickte ihre Erzieherin mit einer Mischung aus Glück und Verwunderung an. Sagen konnte sie in diesem Moment nichts.
Mrs. Potter blickte sie liebevoll an und streichelte ihr zärtlich über die Haare. Mit leiser geheimnisvoller Stimme sagte sie: »Ich komme dann in einer Stunde wieder, um Dir die Armkorsetts anzulegen. Aber sag Deiner Mutter nichts davon.«

Maria wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie hätte wohl aber auch kein Wort heraus bekommen.
Ihre Erzieherin blickte Maria noch einmal ermutigend an, dann ging sie langsam und leise hinaus.
Maria legte sich auf das Bett und schloß die Augen. Sie dachte an Paul und seine schönen Küsse. Dabei begann sie sich langsam und zärtlich zu streicheln.
Die Musik schwebte zauberhaft im Raum und das Kerzenlicht warf einen warmen Schimmer auf das Bett.
Zärtlich berührte sie ihren Körper und stellte sich dabei vor, es wäre Paul, der sie liebkoste.

In Gedanken ging sie die schöne Zeit an Pauls Seite noch einmal durch, und nur sehr langsam strichen ihre Hände dabei über ihren Körper.
Nach einiger Zeit griff sie langsam zum Nachttisch und nahm sich den vertrauten Vibrator in die Hand, ohne dabei die Augen aufzumachen.
Ein bekanntes leises Brummen mischte sich sanft mit der Musik. Langsam führte sie ihre Hand nach unten. In Gedanken spürte sie, wie ihre Arme von dem Handschuh umfaßt waren. Paul hatte sie darin so schön eingeschnürt. Und die Ärmel in dem Cape, bei denen Paul ihr geholfen hatte.
Paul...
Verträumt dachte sie an die zärtliche Umarmung und an die schönen Küsse.
* * *
»Na so wie Du strahlst, hast Du sie bestimmt geküßt.« Pauls Oma musste ihren Enkel nur einmal kurz ansehen.
Paul war verblüfft. Er wusste nicht, was er sagen sollte. So viel neues und seltsames war heute auf ihn eingeströmt.
»Das ist doch in Ordnung.« Sie wollte ihm Mut machen. »Ich freue mich für Dich.«
»Zuerst war Maria total traurig, weil sie nicht auf die Probe durfte.« Paul begann ihr vom Tag zu erzählen. »Aber dann hatte Mrs. Potter die Idee, dass ich sie begleiten könnte.«

Selma spürte, dass ihren Enkel noch etwas bedrückte. »Du hattest Angst, dass sie dich wieder zu etwas verbotenem überredet.«
»Es war das Cape, welches sie immer trägt.« Er erzählte ihr von dem seltsamen Verschluß und von den inneren Ärmeln, die Maria so unerwartet hilflos machten. Und davon, wie ihre Erzieherin am Schluß reagierte.
»Ich habe Dir doch gesagt, dass sie in Ordnung ist.«
Paul fiel ein, dass er seiner Oma auch von dem seltsamen Traum erzählen konnte. »Ich habe mich nicht getraut, es Maria zu erzählen, denn dann hätte ich ja zugeben müssen, dass ich während ihrer Probe eingeschlafen bin.«

»So so, Du konntest also die Matheaufgabe nicht lösen.« Sie musste lächeln. Sie kannte ihren Enkel gut genug um zu wissen, dass ihn so etwas schon sehr ärgerte.
Paul wollte sich rechtfertigen. »Da hat doch eine Angabe gefehlt.«
Oma Selma dachte einen Moment nach. Dann lächelte sie. »Der Traum wollte Dir etwas ganz anderes sagen.«
Paul blickte seine Oma erstaunt an.
»Wenn Du mit Maria zusammen bist, dann höre nicht auf Deinen Kopf, sondern folge Deinem Herzen.« Sie machte ein kleine Pause. »Tue, was Dein Gespür Dir sagt und sei sehr aufmerksam. Dann wirst Du erkennen, was nötig ist, damit ihr glücklich werdet!«
15. RE: Maria

geschrieben von Joern am 03.01.14 07:53

Hallo gag-col,

auch ich möchte mich an dieser Stelle von Herzen für diese schaurig schöne Geschichte bedanken. Laß dir den Spaß am Schreiben nicht von Leuten verderben, die hier selber noch nie eine eigene Geschichte veröffentlicht haben. Ich habe auch vor geraumer Zeit mal eine unvollendete Geschichte angefangen weiterzuspinnen. Leider kome ich nur selten dazu daran weiterzuschreiben. Bei mir ist es allerdings der männliche Part einer sich entwickelnden Beziehung, welcher in den "Genuß" einer strengen Behandlung kommt und ich selber noch am Überlegen bin, wie weit ich da seine neue Freundin mit einbeziehe. Ich vermute ja, daß Paul in deiner Geschichte bald schon in Marias Training einbezogen wird. Er durfte ihr ja schon den Monohandschuh und sogar das Halskorsett anlegen und seine Reaktion darauf war ja äußerst vielversprechend. Und es gibt ja noch jede Menge Fragen, die nicht nur ihm derzeit durch den Kopf zu gehen scheinen: Wwieso kann Maria nicht allein zur Toilette? Ob das wohl etwas mit ihrer im Telefonat erwähnten "Netten Unterwäsche" zu tun hat? Wie wurde Maria bestraft? Ob wohl Paul in ferner Zukunft selbst in die Verlegenheit kommen wird Maria derart unter Strafe zu stellen? Fragen über Fragen...

Viele Dank nochmals und viel Spaß beim Weiterschreiben

Joern
16. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.01.14 07:55

Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte?
17. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 03.01.14 10:11

Zitat
Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte?


Du müsstest eine Anfrage bei den Admins machen .
Doch warum ? Schreibe so weiter wie es dir am angenehmsten ist und
erfreue uns Nichtnörgler mit deiner Geschichte . Ich rede den Autoren
nicht gerne rein vom Stil her ist es auch bei deiner Geschichte genau das
was ich mag , leiser BDSM-stil wie auch bei Janet_ro .
Wenn es deine Geschichte nicht zusehr stört lasse Paul doch an einem
Wochenende spühren wie hilflos Maria ist und wie sehr sie ihm vertraut .


An sonsten danke und lasse uns nicht zulange auf weiteres warten .

.
18. RE: Maria

geschrieben von Joern am 03.01.14 12:20

Vielen Dank für die weitere tolle Fortsetzung. Ich hatte ja insgeheim schon darauf gehofft, daß Mrs. Potter Paul mit Marias Beaufsichtigung betrauen würde. Auch die neuen Dimensionen von Marias Hilflosigkeit mit den Innenärmeln des Capes finde ich toll. Was wird Maria wohl Samstagnacht erwarten? Da kamen ja schon gewisse Andeutungen daß diese Nacht sogar noch strenger als die bereits beschriebene Gumminacht ausfallen wird. Paul ist ja sehr gelehrig und aufgeschlossen und ich frage mich, wann er wohl das erste Mal dabei sein wird, wenn Maria zu Bett gebracht wird. Auch Marias Toilettengänge sind ja noch immer ein Rätsel - nicht nur für Paul... Schön, daß du uns zeitweise so auf die Folter spannst und das Kopfkino so richtig in Fahrt bringst.

LG Jörn
19. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 03.01.14 19:04

Was das Ändern deiner Beiträge Angeht schreib Johni an der kann die Berechtigung Ändern.
Hachja Wunderschöne Fortsetzung und ein Großer Vertrauensbeweis für Maria und Paul das Mrs Potter Alle Schlüssel dagelassen hat.
Da hat Maria einen schönen Abend nach der Strafnacht. Was die Liebe doch so alles Anstellt mit 2 Menschen. Paul wird hoffentlich bald mehr in Marias Training mit Eingebunden werden aber ich hoffe das er seine Schüchternheit noch eine Weile behält.
20. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 04.01.14 05:31

Lieber Gag_coll,

Ich lese hier schon seit dem ich fünfzehn bin mit und habe in dieser Zeit sehr viele und zum Teil sehr gute Geschichten gelesen. Aber noch keine hat mich derart mitgerissen wie diese! Aus diesem Grund hier mein erster Beitrag zu einer Geschichte
Ich fände es extrem schade würdest du aufhören... Lass diese Geschichte bitte noch lange wachsen! Es steckt so viel Potential dahinter und es hat so schön und fantastisch angefangen!

Liebe Grüße
Black
21. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 05.01.14 17:36

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Mrs. Potter wartete, bis die lange Nummer in die USA gewählt war. Sie musste nur kurz ihren Namen nennen und wurde sofort von der Sekretärin durchgestellt. Sie meldete sich und wollte eigentlich den Grund für ihren Anruf außer der Reihe erklären. Doch Marias Mutter wollte zunächst wissen, wie sich der Kontakt zu dem neuen Freund ihrer Tochter entwickelt hatte.
»Es läuft sehr gut«, war die Einschätzung der Erzieherin. Sie berichtete zunächst von Marias Aktion mit dem Halskorsett, welches sie sich von Paul hatte anlegen und verschließen lassen. Ihre Stimme klang dabei fast etwas empört, und Marias Mutter glaubte so etwas wie Eifersucht in den Worten zu hören. Das Lächeln darüber war fast durchs Telefon zu hören.
»Ich habe sie natürlich wie vorgesehen bestraft.« Mrs Potter erzählte, dass sie Maria mal wieder in den Gummisack gesteckt hatte. »Das erschien mir noch am passendsten.«
Natürlich freute es Frederike, wenn sich ihre Tochter selbst um weitere Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit kümmerte. Aber es war schon wichtig, dass sie gerade in Betracht ihrer Hilflosigkeit auch darüber nachdachte, was sie tat. Gewiss, sie war frisch verliebt und deswegen sicher übermütig. Außerdem war es nicht richtig, dass sie ihren neuen Freund da mit hinein zog. Alles in allem war die Strafe also gerechtfertigt.
Und so wie Maria am Abend geweint hatte, schien die Strafe auch wie vorgesehen gewirkt zu haben. Mrs. Potter berichtete zwar davon, dass sie die Haube noch mal geöffnet hatte und sie etwas beschwichtigt hatte, aber von der Straferleichterung sagte sie nichts. Deswegen war sie auch recht froh, dass Frederike von sich aus das Thema wechselte.

»Wie hat Maria heute ihren freien Nachmittag verbracht?« Sie bekam zwar ohnehin regelmäßig Berichte darüber, aber diesmal war sie wegen Marias neuen Freundes natürlich besonders neugierig.
Mrs. Potter hatte sich schon überlegt, wie sie den Zwischenfall vom Nachmittag darstellen wollte. »Wir hatten uns schlecht abgesprochen. Ich hatte eine Geburtstagsfeier im Nachbarort und dachte eigentlich, dass Maria daheim bleiben würde zum Lernen. Aber sie hatte eine extra Probe ihrer Musikgruppe, und nachdem sie mir davon nichts gesagt hatte, bestand ich darauf, meinen Termin wahr zu nehmen.«
Konsequenz in der Erziehung war wichtig, dass wußten beide. Deswegen stellte Marias Mutter die Entscheidung der Erzieherin auch nicht in Frage.
»Aber weil es ihr anscheinend sehr viel bedeutete, habe ich Paul gefragt, ob er sie zur Probe begleiten könnte.« Sie erklärte, das es eine Notlösung gewesen sei, und das es ihr im Nachhinein auch unangenehm war. »Ich weiß ja, wie wichtig ihr das Musizieren ist. Und sie treten ja nur so selten auf.«

Die Mutter wusste über Marias musikalische Aktivitäten Bescheid und freute sich nebenbei, das ihre Tochter bei dem Flötenspielen so gut mit den Korsetts zurecht kam.
»Ich weiß nicht, ob es richtig war, aber ich habe ihnen einfach alle Schlüssel dagelassen.« Dies war der Punkt, an dem Mrs. Potter sich ein schlechtes Gewissen eingestehen musste. »Aber es hat gut geklappt. Die Schlösser waren alle noch so, wie ich sie angebracht hatte.«
Zu ihrer Erleichterung war die Mutter mit dem Schritt einverstanden. Um so mehr freute es Frederike, als Marias Erzieherin auch noch erzählte, dass Maria die Capeärmel benutzt hatte.

»Ich weiß nicht, ob sie sie auch schon auf dem Weg zur Probe benutzt hat, aber als sie zurückkam, hatte Maria die Arme darin stecken.« Sie beschrieb auch noch, wie sich die beiden vor dem Haus noch geküßt hatten, und dass sie ihnen auch noch einen schönen Abschiedskuß gestattet hatte.
Frederike war sehr zufrieden. »Das wäre ja richtig eine Belohnung wert.«
Mrs. Potter berichtete, dass sie der selben Meinung gewesen war und dass sie »es« Maria eben erlaubt hatte. »Ich glaube, es hat ihr sehr gut getan.«

Marias Mutter wollte noch wissen, was die nächsten Tage noch anlag.
»Morgen Vormittag ist der Auftritt im Kurpark. Am Nachmittag will ich den beiden vielleicht einen Kinobesuch erlauben.« Der Rest vom Samstag war schon vorgegeben durch die »schöne« Nacht, dies wußten beide.
Frederike hatte noch einen Punkt. »Nächste Woche käme ja Margarete als Vertretung für die schöne Nacht. Und das gefällt mir gar nicht.« Weder die Mutter noch die Tochter mochten die Krankenschwester, allerdings aus jeweils ganz unterschiedlichen Gründen. »Könnte Paul das nicht machen?«

Mrs. Potter war zunächst etwas skeptisch. »Ist das nicht zu früh?«
Marias Mutter war anderer Ansicht. »Je eher wir ihn damit konfrontieren, desto eher wird er es akzeptieren. Im Moment ist ihre Beziehung noch nicht so gefestigt.«
Mrs. Potter sah es ein. »Und wie bringen wir ihnen das bei?«
»Sie könnten ihnen sagen, das Margarete abgesagt hätte,« überlegte Frederike. »Maria wird darüber mehr als erleichtert sein.«
»Und Paul wird hoffentlich Zeit haben.« Die Erzieherin war zuversichtlich. »Ich werde so bald wie möglich mit ihm reden.«

Marias Mutter dachte nach. »Der Druck durch die Schöne Nacht wird so groß sein, dass sie nicht auf den Gedanken kommen werden, es zu mißbrauchen.«
Die Erzieherin war damit einverstanden: »Das paßt eigentlich besonders gut, denn Maria und Paul sind beide noch nicht so weit, als dass sie die Gelegenheit ausnutzen würden. Sie sind sich von einander noch sehr unsicher, unsicher der eigenen Gefühle und der des anderen.«
Frederike musste sich in diesem Fall auf das Urteil der Erzieherin verlassen. »Paul wird von so viel Neuem auch so überwältigt sein, dass er gar keine anderen Gedanken fassen kann als den, alles richtig machen zu wollen. Beide müssen hier und auch künftig von den Erignissen und Neuerungen so in Atem gehalten bzw. überfahren werden, dass sie gar nicht auf »dumme« Gedanken kommen! Besser jetzt als später!«

Marias Mutter dachte eine Moment nach. »Und außerdem, wenn Paul diese Woche erfährt, dass er es nächste Woche ganz allein machen muss, wird er erst recht nicht an einen Mißbrauch denken. Sie müssen ihm nur deutlich machen, dass es gut für Maria ist.«
Mrs Potter war einverstanden. »Ich werde also Margarete absagen, sobald Paul zugesagt hat. Aber den beiden werde ich es andersherum verkaufen.«
Sie verabschiedeten sich und legten auf.
* * *
»Was ist denn mit Dir los?« Pauls Oma Selma war sehr überrascht, als ihr Enkel sich zu ihr an den Frühstückstisch setzte und ihr auch noch gut gelaunt einen Guten Morgen wünschte.
»Dir auch einen Guten Morgen. Seit wann stehst Du am Samstag Morgen so früh auf?« Sie bot ihm Kaffee an.
Paul lächelte verlegen. »Maria tritt heute mit ihrer Musikgruppe im Kurpark auf. Und ich möchte nicht zu spät sein.«
Zunächst freute sich Pauls Oma über das kulturelle Interesse ihres Enkels. Doch als sie ihn ansah, war ihr klar, dass er wegen Maria dort hin ging und nicht wegen der Musik. Sie lächelte.
»Und außerdem«, Paul hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, während er sich ein Brötchen schmierte, »bin ich ja gestern bei der Probe eingeschlafen und habe gar nicht gehört, was sie so spielen.«
Seine Oma blickte zweifelnd. »Es ist Dein schlechtes Gewissen, nicht wahr.«
Paul blickte seine Oma etwas erstaunt an. »Das auch.« Er grinste und ließ sich sein Brötchen schmecken.

»Wann beginnen sie denn?« wollte seine Oma wissen.
Paul blickte auf die Uhr. »Sie fangen um zehn an. Aber ich möchte Maria von daheim abholen. Und sie werden schon um neun Uhr losgehen.«
Pauls Oma hörte den Seufzer. »Ihre Erzieherin wird auch dabei sein?«
Paul blickte sie etwas unglücklich an. »Nie ist Maria mal allein. Immer ist diese Mrs. Potter dabei.«
Selma war über diese Erzieherin gar nicht so unglücklich, denn so wurde die Liebe ihres Enkels etwas gebremst und gleichzeitig auch geprüft. Doch das würde er nicht verstehen.
»Was soll ich denn anziehen?« Er musste zugeben, das er noch nie auf einem Kurkonzert war.
Seine Oma kannte diese Konzerte. »Da sind häufig die Kurgäste, und die sind ganz normal angezogen. Bleib so wie Du bist.«
Paul war erleichtert.

Selma blickte ihn an. »Ich würde Deine Maria gern mal kennenlernen.«
Paul blickte sie recht unsicher an. »Sie wird von Mrs. Potter aber sehr unter Kontrolle gehalten.«
»Du würdest mir einen großen Gefallen tun.«
Paul dachte an das naheliegende. »Und wenn Du einfach mit zum Konzert kommst?«
»Das geht nicht, ich bin heute vormittag schon im Bastelkreis.«
»Schade«, Paul bedauerte es, denn das wäre einfach gewesen. »Ich versuche zu fragen.« Er musste an Marias Erzieherin denken. »Aber ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu aufbringe.«
* * *
Pauls Herz klopfte laut, als er vor Marias Haus stand und wartete. Sie hatten ausgemacht, dass er sie abholen sollte, doch Paul wusste nicht, ob es schicklich war, bis zur Haustür zu gehen oder draußen auf der Straße zu warten.
Er blickte zu dem Haus hinüber und fragte sich, hinter welchem der Fenster Maria wohl schlafen würde. In Gedanken ging er noch einmal durch das Haus, doch er wusste bisher nur, wo Marias Arbeitszimmer war. Dieses lag allerdings mit dem Fenster zur anderen Seite, so das er es nicht sehen konnte.
Sein Blick ging Richtung Himmel, und als er ein einziges Blau sah, freute er sich über das für das Konzert perfekte Wetter. Es würde hoffentlich bis Mittag wohl auch nicht zu heiß werden. Es könnte ein schönes Konzert werden.

In der Stadt war es um diese Zeit noch ziemlich ruhig. Immerhin war Wochenende, und nur wenige mußten früh aufstehen. Er fragte sich, ob denn um die Zeit auch genügend Zuhörer kämen. Doch ihm war versichert worden, dass sich bei den Konzerten viele Kurgäste einfanden, weil diese am Samstag Morgen keinerlei Anwendungen hatten. Diese Konzerte seien immer sehr gut besucht gewesen. Paul hoffte, dass es auch heute so wäre. Insgeheim war er sehr gespannt, wie Maria sich machen würde.
Die Haustür ging auf und Paul hielt unbewußt aber reflexartig den Atmen an. Doch zunächst verstand er nicht, was sich da aus der Tür ins Freie schob. Erst als er Marias Gesicht sah, begriff er und er erkannte, dass Maria einen dieser großen Reifröcke trug, wie er sie aus den Sissi-Filmen noch gut in Erinnerung hatte. Sein Herz klopfte noch etwas lauter, zumindest hatte er das Gefühl, dass es so wäre.

Aber sah er gleich darauf, dass auch Marias Erzieherin hinter ihr aus dem Haus trat. Ein wenig war er enttäuscht, denn er hatte gehofft, mit Maria allein sein zu dürfen. Doch er hatte schon damit gerechnet, dass er sich mit Mrs. Potter auseinander setzen musste. Diese hatte allerdings wegen der Probe gestern ein schlechtes Gewissen, auch wenn sie es niemandem eingestehen würde, und deswegen wollte sie bei Marias Auftritt auf jeden Fall dabei sein.
Es fiel ihm auf, das Maria ihren Kopf scheinbar brav gesenkt hatte. Aber als ihre Erzieherin die Haustür verschloß, nutzte Maria die Gelegenheit und hob kurz ihren Kopf. Sie war erfreut, als sie Paul erblickte, und er sah, wie sie kurz ihren Unterarm hob, um ihm zuzuwinken. Paul freute sich auch sehr über diese kleine Geste.
Je näher Maria kam, desto nervöser wurde Paul. Und es war ihm nicht klar, ob Mrs. Potter diesen Effekt verstärkte oder abschwächte. Aber die Freude auf Maria überwog.
Er konnte immer mehr Details ihres Kleides ausmachen. Der Reifrock hatte einen sehr großen Durchmesser. Wie sonst auch machte Maria nur sehr kleine Schritte und Paul fragte sich, ob er wohl einmal erfahren würde, warum dies so war. Ihr Taille war hingegen sehr schlank und kam durch das eng anliegende, hinten geschnürte Kleid sehr schön zur Geltung, und Paul fühlte sich noch mehr in die Sissi-Zeit hineinversetzt. Maria sah in dem Kleid wirklich wie eine Prinzessin von damals aus.
Schließlich stand sie vor ihm, und auch ihre Stimme zur Begrüßung war etwas leiser als sonst. »Ich freue mich, dass Du gekommen bist.« Sie reichte ihm schüchtern die Hand, und es fiel Paul schon auf, dass sie dabei nur ihren Unterarm bewegte.

Er musste sich weit vorbeugen, um ihre Hand zu erreichen. Im ersten Moment hielt er es für unhöflich, doch dann schalt er sich einen Narren und suchte verstohlen nach der eigentlichen Ursache. Sein Blick fiel auf Marias Schulterumhang. Er sah zwar ziemlich verspielt aus, doch auf den zweiten Blick erkannte er, das dieser Umhang bis zu den Ellenbogen reichte und nirgends so etwas wie einen Schlitz hatte.
Zudem saß er ziemlich eng und auf einmal war Paul klar, das dieser so zärtlich verspielte Umhang in Wirklichkeit Maria die Bewegungsfreiheit der Oberarme nahm. Zwei Knöpfe hielten den Umhang geschlossen und hätte Paul genauer hingesehen, hätte er entdeckt, das der untere Knopf schon deutlich auf Spannung saß. All dies nahm Paul in einem kurzen Augenblick wahr, während ihm bewusst wurde, dass sie ihre ergriffene Hand nicht ausstrecken konnte. Inspiriert von ihrem schönen Kleid und vielen alten Filmen drehte er ihre Hand sanft auf die seine, verbeugte sich und deutete einen perfekten Handkuß an.

Maria blickte ihn erstaunt an und errötete tief, machte dann geistesgegenwärtig einen ebenso perfekten Knicks.
»Es ist schön, dass Du uns begleiten möchtest.« Die Stimme von Marias Erzieherin ließen Paul aufschrecken.
Verlegen blickte Paul auf und reichte auch ihr die Hand für einen guten Morgen Gruß.
Sie wünschte Paul auch einen guten Morgen und blickte dann auf Maria. »Was sagst Du zu Marias Kleid? Sieht sie darin nicht toll aus?«
Maria blickte ihre beiden Begleiter erstaunt an.

Paul konnte nur mit dem Kopf nicken, während seine Augen Bände sprachen. Er war von Maria in dem tollen Kleid mehr als hingerissen. Es fiel ihm dabei nicht auf, dass ihre Erzieherin auf einmal gar nicht mehr so streng wirkte wie sonst.
Mrs. Potter unterbrach die geheimnisvolle Spannung. »Dann laßt uns gehen.«
Marias Blick suchte Paul und schien ihn zu ermutigten, neben ihr zu gehen.
Mrs. Potter genügte es, hinter den beiden her zu gehen. Pauls Gefühle wirbelten in diesen Augenblick ziemlich durcheinander. Er genoß die Nähe von Maria, aber gleichzeitig machte es ihn nervös, dass ihre Erzieherin direkt hinter ihnen war.

Wieder ging Maria nur sehr langsam, und Paul fragte sich, ob er wohl irgendwann das Geheimnis ihrer kleinen Schritte entdecken würde.
Auf einmal nahm Maria ihre Tasche von der rechten in die linke Hand, und dabei fiel ihm auf, das sie wohl nicht ganz leicht sein würde. Er erinnerte sich an gestern Abend und überlegte, dass sie wohl mindestens ihre Flöte und ihren Noten samt Ständer darin haben würde.
Paul versuchte, seiner Stimme einen sehr höflichen Ton zu geben und fragte, ob er Maria die Tasche tragen sollte.
Maria wusste im ersten Moment nicht, was sie antworten sollte. Auf der einen Seite wäre es ihr mehr als recht gewesen, andererseits hatte sie auch ihren Stolz und ließ sich nicht gern helfen.

Doch ihre Erzieherin nahm ihr die Entscheidung ab. Auch ihre Stimme klang recht freundlich »Das ist sehr nett von Dir, Paul. Maria freut sich sicher darüber.« Trotzdem schwang ein gewisser Befehlston in ihrer Stimme mit, der keinen Widerspruch duldete.
Maria reichte ihm die Tasche und flüsterte ein leises »Dankeschön« dazu. Sie vermied es in diesem Moment, ihn anzusehen.
* * *
Auf einmal wurde Maria noch langsamer als sie ohnehin schon ging und schließlich blieb sie stehen. Paul verstand erst nicht, doch dann blickte er zu Boden und erkannte die beiden Stufen, die er sonst nicht einmal wahrgenommen hätte, weil sie für ihn einfach kein Hindernis darstellten. Doch Maria schienen sie aufzuhalten.
»Paul, magst Du Maria bei den Stufen helfen?« Mrs. Potter hatte es zwar als Frage formuliert, aber wie üblich wagte Paul keinen Widerstand, sondern war sofort bereit, der Bitte nachzukommen. Doch er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte.

Marias Erzieherin schien Pauls Bereitschaft zu spüren. Sie ermutigte ihn. »Reiche Maria die Hand, dann kann sie sich festhalten und schafft die Stufen.«
Paul folgte der Bitte und spürte gleich darauf, wie sich Marias Finger zärtlich um die seine Hand schlossen.
Er war glücklich und doch auch bemüht, Maria bei den Stufen eine echte Hilfe zu sein. Auch wenn er immer noch nicht wusste, wodurch Maria so sehr eingeschränkt war.
Sein Blick richtete sich auf die kleinen Stufen und er half erst Maria eine Stufe hinauf, bevor er selber einen Schritt nach oben ging.
Nach den zwei Stufen spürte Paul, wie Maria seine Hand kurz etwas fester drückte und er nahm dies als Signal, nicht loszulassen, wie er es eigentlich vorhabt hatte. Selbst Mrs. Potter, die weiter hinter ihnen her ging, konnte ihn durch ihre Anwesenheit nicht mehr dazu bringen, Maria von sich aus loszulassen. Marias stille Bitte war stärker.
Doch zu seiner großen Überraschung war die Erzieherin mit dem Händchenhalten einverstanden. Pauls anfänglich große Nervosität wich langsam, und er traute sich, Maria zu sagen, wie schön sie in dem Kleid aussah. »So schön wie Sissi.«

Maria lächelte ihn an, doch sie schwieg. Aber Paul spürte, wie sich ihr Händedruck wieder für einen Moment fester anfühlte. Er war glücklich.
Marias Stimme war ziemlich leise und Paul war nicht klar, ob sie schüchtern war oder ob es nur ihre Erzieherin nicht hören sollte. »Danke, dass Du mich gestern zur Probe begleitet hast.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Er blickte sie liebevoll an. Aber er hoffte, dass Maria nicht nach den Stücken fragen würde. Er wollte ihr nicht sagen, das er eingeschlafen war.

So gingen sie schweigend weiter. Die Bühne im Kurpark war schon in Sichtweite, und Paul wusste, dass er Maria wieder loslassen musste. Doch er ließ es sich nicht nehmen, Maria bis zu ihrem Stuhl auf der Bühne zu führen. Dank seiner Hilfe hatte Maria auch mit den wenigen Stufen kein Problem.
Er stellte die Tasche auf den Stuhl und blickte Maria fragend an.
Maria bedankte sich liebevoll und sagte Paul, dass sie jetzt ihre Sachen aufbauen würde.
Er wünschte ihr noch mal einen schönen Auftritt und Maria bedankte sich für die Hilfe. Dann ließ sie seine Hand los.
* * *
Paul war sehr erstaunt, dass er erst in der dritten Reihe ein paar freie Plätze vorfand. Anscheinend waren diese Konzerte sehr beliebt. Es freute ihn für Maria, dass ihre Musikgruppe ein so zahlreiches Publikum hatte.
Er blickte wieder zur Bühne. Die anderen Musiker waren angekommen. Auch die anderen Musikerinnen trugen so ein Reifrock-Kleid. Es sah toll aus. Doch zu Pauls Überraschung waren die anderen Kleider schulterfrei, und als er dies sah, blickte er noch einmal erstaunt zu dem Stuhl auf dem Maria Platz genommen hatte.
Maria hatte schon ihren Notenständer aufgebaut und hatte ihre Noten darauf gelegt. Sie hielt ihre Unterarme etwas seltsam vor ihre Brust, und Paul brauchte einen Moment, bis er erkannte, was Maria da machte. Sie schien den unteren Knopf ihres Umhanges mit den Armen gerade so erreichen zu können. Erst als sie ihn geöffnet hatte, schienen ihre Arme auch mehr Freiheit zu haben. Paul begriff erst in diesem Moment, wie viel Einschränkungen von diesem einfachen Umhang ausgingen.
Sie griff zum Knopf direkt an ihrem Hals und öffnete auch diesen. Fast etwas zögernd zog sie sich den Umhang von den Schultern. Paul hielt den Atem an, als er Maria jetzt in dem schulterfreien Kleid sah. Sie sah wirklich toll aus. Er war so sehr fasziniert, dass er gar nicht wahr nahm, wie sich Marias Erzieherin neben ihn setzte.
* * *
Das Konzert mit der historischen Musik begann. Diese Art von Musikstil kannte Paul überhaupt nicht, doch er gefiel ihm sehr gut. Dies lag natürlich zu einem großen Teil an Maria.
Fritz, der Leiter der Gruppe, hatte die Stücke allerdings auch bewußt gut ausgesucht. Das Publikum war sehr zufrieden und es gab reichlichen Applaus.
Zuerst hatte Paul sich erschrocken, als er Mrs. Potter neben sich sitzen sah. Doch es schien, als hätte sie in diesem Moment all ihre Strenge abgelegt. Sie war von Marias Auftritt genauso angetan wie Paul es war.

Im einem Stück hatte Maria ein kleines Solo zu spielen. Paul war dabei sehr stolz auf Maria. Und auch Marias Erzieherin war anzusehen, dass sie mit ihrem Schützling mehr als zufrieden war. Sie beugte sich zu Paul hinüber, und zu seiner Überraschung zeigte sie auf einmal Gefühle. »Macht sie das nicht toll? Und das mit dem strengen Korsett.«
Paul war sehr verwundert und im ersten Moment wusste er nichts zu antworten. Doch dann fing er sich und konnte ihr zustimmen, wenn auch mit etwas belegter Stimme. Aber er wusste nicht, wie er den Satz mit dem Korsett einordnen sollte.
Fritz kündigte mit dem nächsten Stück eine kurze Pause an und dann könnten sich die Zuhöhrer auf andere Melodien freuen, soviel verriet er schon.
* * *
Eigentlich mochte er diese Musik überhaupt nicht. Doch der Baron wusste, das es für ihn kaum noch eine andere Möglichkeit gab, und so zwang er sich, dem Konzert zu folgen. Immer wieder schaute er auf die kleine zarte Gestalt der Flötistin. Es war ziemlich offensichtlich, dass sie ein strenges Korsett trug. Außerdem hatte er die Berichte ihrer Mutter an das Konsortium gelesen. Sie trug auch sehr oft und mit großer Begeisterung diesen seltsamen Handschuh, der die Arme auf den Rücken fesselte. So hatten es ihm alle die Personen berichtet, die er in den Haushalt geschickt hatte.

Er seufzte innerlich. Wie einfach hatte das noch vor sieben Jahren ausgesehen. Seine Tochter war auserkoren worden, die nächste Katerina zu spielen, und er hatte voller Stolz und Vorfreude das Amt des Vorsitzenden des Festausschusses angetreten. Damals freute sich Sophie noch auf die Aufgabe, und selbst die Aussicht, über drei Tage die Arme gefesselt tragen zu müssen nahm ihr nichts von der Begeisterung. Es war einfach Bestandteil der Rolle, und bisher hatte es auch noch nie jemand in Frage gestellt.
Seine Frau fehlte ihm sehr. Er wusste, dass ihr Tod der Ursprung der darauf folgenden Entwicklungen war. Ihr guter Rat bei seinen geschäftlichen Entscheidungen fehlte ihm sehr, und mit ihr an seiner Seite wäre er auch nicht in diese Schieflage geraten, aus der er jetzt verzweifelt versuchte herauszukommen. Seine Tochter hatte es noch schlimmer getroffen, sie hatte durch den Tod ihrer Mutter völlig den Halt verloren. Gerade in der schwierigsten Pubertätsphase verließ die Baronin ihre Tochter für immer. Sophie kam nicht darüber hinweg, und sie entglitt komplett der Kontrolle ihres Vaters. Sie feierte nur noch Parties mit ihren Freundinnen, gab massenhaft Geld aus und begann ein wildes Lotterleben zu führen.

Eigentlich konnte ihm seine Tochter gleichgültig sein, denn der Ruf seiner Familie war sowieso schon ruiniert, und es gab eigentlich nichts mehr zu verlieren. Doch dann hatte der Baron in den Unterlagen zum Katerinenfest diesen Hinweis gefunden, und er wusste, das konnte seine Rettung sein. Doch ihm war auch sofort klar, dass seine Tochter dies nie schaffen würde. Er wusste, dass es nur eine Darstellerin für die Katerina geben konnte. Nur eine war vielleicht in der Lage, dieses Kunststück zu schaffen.
* * *
Der erste Teil des Konzertes war vorbei, und die Musiker hatten sich die Pause redlich verdient.
Maria hatte ihre Flöte vorsichtig und sorgfältig in den Kasten gelegt, dann stand sie auf. Sie kämpfte innerlich mit sich selbst. Einerseits wäre sehr gern sofort zu Paul und ihrer Erzieherin hinüber gelaufen. Andererseits geziemte sich dies für eine Prinzessin überhaupt nicht, und immer wenn sie dieses tolle Kleid trug, erinnerte sie alles an die damalige Zeit, und sie träumte einen verklärten Traum. Außerdem wusste sie, dass sie wegen diesen Dingern nur kleine Schritte machen konnte. Sonst störte sie das ja auch nicht.

Paul war mittlerweile aufgestanden und hatte gerade erst aufgehört zu klatschen. Auch Mrs. Potter zeigte ihre Begeisterung über das sehr gelungene Konzert. Beide spürten unabhängig voneinander das Verlangen, Maria entgegenzugehen, und ohne dass sie sich abgesprochen hätten, gingen beide in Richtung Bühne, wo Maria gerade sehr vorsichtig die Stufen der kleinen Treppe hinabging.
Marias Augen glänzten, als sie zu Paul und Mrs. Potter herüber kam. Doch auch hier musste Maria kurz warten, bis sie von Mrs. Potter angesprochen wurde. »Ihr habt sehr schön gespielt.« Die Stimme von Mrs. Potter klang seltsam ergriffen.

»Ich danke Euch« sagte Maria mit einem Knicks und einem strahlenden Lächeln. Sie freute sich sichtlich über das Lob.
Paul war noch dabei zu überlegen, wie er Maria seine Begeisterung ausdrücken sollte, als ihre Runde gestört wurde. Ein fremder Mann trat zu ihnen. Zumindest war er Paul unbekannt. Mrs. Potter schien ihn zu kennen, und soviel hatte Paul sofort erkannt, sie schien ihn nicht zu mögen. Doch der Herr ließ sich davon nicht abhalten. Er wünschte der Runde einen guten Tag, doch er vermied es, jemanden die Hand zu reichen.

Obwohl Paul den Herrn nicht kannte, spürte er doch, wie sehr sich die Stimmung bei Maria und vor allem bei ihrer Erzieherin veränderte.
»Was wollt ihr, Baron?« Die Stimme von Mrs. Potter klang so kalt, das Paul zusammenzuckte, obwohl er doch gar nicht angesprochen war.
Dem Baron schien diese Kälte nichts auszumachen. Er wusste, dass er nur wenig Zeit hatte, und die wollte er ausnutzen. »Ich hätte etwas mit Maria zu besprechen. Wann darf ich denn einmal zu Besuch kommen?«

Marias Erzieherin, an die diese Frage gerichtet war, musste nicht lange überlegen. »Ihr könnt sie morgen nach dem Gottesdienst beim Kirchenkaffee treffen.« Ihre Stimme hätte dabei nicht abweisender klingen könnte. Sowohl Paul als auch Maria zitterten beim Klang der Stimme. »Ihr wisst ja hoffentlich, wo das ist?« Obwohl sie genaugenommen nur eine Frage gestellt hatte, schwangen darin doch einige Vorwürfe mit.

Doch dem Baron schien es nichts auszumachen. Er bedankte sich für die Einladung, die in Wirklichkeit keine war, und ließ die drei wieder allein.
Paul traute sich kaum, wieder in die Runde zu sehen. Sehr deutlich spürte er die veränderte Stimmung, und jetzt fand er keinen Mut mehr, um etwas zum Konzert zu sagen.
Dafür sah er, dass Mrs. Potter sichtlich aufgebracht war. »Der kommt mir nicht mehr ins Haus. Womöglich bringt er auch noch seine mißratene Tochter mit.« Dass sie ihm damit eigentlich Unrecht tat, wusste sie vermutlich, doch es war ihr in diesem Moment herzlich egal.

Paul und Maria blickten sie erstaunt an.
Mrs. Potter hatte trotz ihrer Rolle das Bedürfnis, sich rechtfertigen zu müssen. »Ich mag die Familie nicht. Sie erwarten immer, dass man sofort springt. Der Vater genauso wie die Tochter. Wobei die Sophie noch viel schlimmer ist.«

Carla und Fritz kamen vorbei und gratulieren Maria zu ihrem schönen Flötenspiel.
Maria war nur in der Lage, höflich, aber dankbar zu lächeln.
Carla berichtete, dass alle Musiker vom Kurhaus zum Mittagessen eingeladen waren. »Es wäre schön, wenn Maria mitkommen könnte.«
Maria blickte kurz ihre Erzieherin an, und als diese wohlwollend nickte, drehte sich Maria wieder zu Carla und sagte, dass sie mitkommen würde.
Carla blickte auf Uhr über der Bühne und erinnerte Maria daran, dass sie gleich wieder auf die Bühne müßten.
* * *
Mrs Potter reichte Paul die Speisekarte und blickte ihn aufmunternd an. »Was magst Du essen? Ich lade Dich ein.«
Er nahm die Karte in die Hand und bedankte sich höflich. Er versuchte ruhig zu erscheinen, doch innerlich war er sehr aufgewühlt. Er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin, auch wenn diese im Moment überhaupt nicht streng auftrat.
Er ahnte nur, wie es Maria ergehen musste.

Mrs. Potter war es, die zuerst Gefühle zeigte. »Maria hat wirklich toll ausgesehen. Mit diesem schönen Kleid.«
Paul blickte sie erstaunt an. Im ersten Moment wusste er gar nicht wie ihm geschah. Doch dann stimmte er ihr begeistert zu.
Eine Bedienung kam vorbei und nahm die Getränke auf.
Pauls Gedanken schwebten immer noch bei dem Konzert. Der zweite Teil hatte ihm sehr gut gefallen, und er war entschlossen, Maria noch einmal seine Begeisterung auszudrücken.

Der Arrangeur der Musikgruppe hatte seine Aufgabe sehr gut gelöst. Trotz der historischen Instrumente und der eingeschränkten Klangmöglichkeiten war immer sofort zu hören, welches Stück sie gerade spielten. Sei es Abba, die Beatles oder aktuelle Schlager.
Paul glaubte auch gesehen zu haben, das die modernen Stücke den Musikern mehr Spaß gemacht hatten. Er nahm sich vor Maria danach zu fragen.

Die Bedienung fragte nach den Essenswünschen. Sie bestellten.
Bei Mrs. Potter war die Stimmung bei seit dem Besuch des Barons sehr verwandelt.
Paul wollte seinen Eindruck wiedergeben. »Der Baron sah ziemlich verzweifelt aus, fand ich.«

Im ersten Moment wollte Mrs. Potter abwiegeln und ihren Vorurteilen nachgeben, doch dann blickte sie Paul nachdenklich an. »Mit der Baronin wäre es nicht so weit gekommen. Die hätte sie unter Kontrolle behalten.«
Jetzt war es an Paul verwundert zu schauen.

»Die Baronin ist vor einigen Jahren gestorben.« Sie seufzte. »Leider viel zu jung.« Das Bedauern in ihrer Stimme war ehrlich. »Wenn sie noch leben würde, dann wäre es nicht so gekommen, wie es heute ist.«
Paul hörte interessiert zu, doch er wusste nichts zu antworten.

»Hättest Du heute Nachmittag bis zum Abend Zeit?« Sie wechselte abrupt das Thema.
Paul hatte gehofft, die angesprochenen Zeit mit Maria verbringen zu können. Aber er wollte ehrlich sein. »Ich habe noch nichts vor.«

»Wie sieht es am nächsten Wochenende aus? Hättest Du dort auch Zeit?« Ihr Blick war etwas forscher geworden.
Paul hatte das Gefühl, ehrlich zu sein, aber doch auch seine Wünsche äußern zu sollen. Ihm war nur selbst nicht klar, wo er den Mut dafür hernahm. »Ich wollte vielleicht etwas mit Maria unternehmen.« Er schaffte es nicht, sie nach diesem Satz anzusehen. »Wenn sie darf.«

»Ich freue mich, dass Du so ehrlich bist.« Ihre Stimme klang auf einmal viel liebevoller. »Du sollst ihr nämlich bei ihrem Schönheitsprogramm helfen.«
Paul wurde hellhörig. Würde er vielleicht endlich etwas von Marias Geheimnissen lüften können?

»Ich freue mich sehr.« Er hatte den Kopf wieder erhoben. Doch dann wurde er unsicher. »Was muss ich denn tun?«
»Das würden Maria und ich Dir heute abend gern zeigen.« Ihre Stimme klang auf einmal ziemlich geheimnisvoll. »Du kommst doch heute noch mal wegen der Nachhilfe vorbei, oder?«
Es gefiel Paul gar nicht, jetzt an die Schule erinnert zu werden. Doch er bemühte sich, seine schlechten Gedanken hinunter zu schlucken. Er nannte die Uhrzeit, die sie ausgemacht hatten.
»Nimm dir einfach viel Zeit, dann zeigen wir Dir, was wir von Dir erwarten.«
Das bestellte Essen kam.
* * *
Paul nahm seine Mathematikbücher und packte sie in seine Tasche. Er freute sich sehr auf den Nachmittag, denn er war mit Maria verabredet. Sie wollten noch einmal den Stoff für die Mathearbeit besprechen. Und irgendwie hoffte Paul, dass sie vielleicht auch wieder diesen seltsamen Handschuh tragen würde.
Es war Paul gar nicht so genau klar, warum er dieses seltsame Ledergebilde so faszinierend fand. Doch wenn Maria den Handschuh trug, hatte sie eine besondere Ausstrahlung. Und sie war ziemlich hilflos, weil sie ihre Arme nicht benutzen konnte.
Er wusste immer noch nicht genau, warum Maria dies tat. Sie sagte zwar immer dass sie trainieren müsse, aber nicht wofür. Er wusste bisher nur, dass sie irgendetwas für ihre Mutter zu tun hatte.

Er verabschiedete sich von seiner Oma und sagte ihr, dass es vielleicht etwas länger dauern würde. Mit leichtem Herzklopfen ging er los.
Um sich ein klein wenig abzulenken, ging er in Gedanken noch einmal den Stoff für die Arbeit durch. Doch ständig hatte er dabei das Bild von Maria vor Augen, wie sie mit dem Handschuh vor dem Schreibtisch stand.
Er wusste auch nicht, was ihm jetzt wirklich lieber wäre. Auf der einen Seite würde er es natürlich begrüßen, wenn Maria die Arme frei hätte und sie die Aufgaben selbst lösen konnte. Auf der anderen Seite war er von Marias Hilflosigkeit seltsam fasziniert und er freute sich auch schon darauf, mit ihr die Matheaufgaben zu lösen.
* * *
Wie üblich stand Mrs. Potter schon in der Tür, als Paul auf das Haus zuging. Unbewußt versuchte Paul, einen Schritt schneller zu gehen. Er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin.
»Schön, dass Du gekommen bist.« Sie gab sich Mühe, ihrer Stimme einen weichen Klang zu geben. »Maria erwartet Dich schon.« Sie reichte Paul die Hand.

Paul war von liebevollen Begrüßung etwas überrascht. Auch war ihr Händedruck diesmal nicht ganz so stark, hatte er den Eindruck. Er wünschte ihr einen Guten Tag. Diesen Gruß erwiderte sie wohlwollend.
»Den Weg kennst Du ja.« Sie bat ihn ins Haus und blickte ins Treppenhaus.
Als er die Stufen hinauf ging, wurde sein Herzklopfen noch stärker. Mit jedem Schritt wuchs seine Anspannung.

Maria schien ihn gehört zu haben, denn ihre Stimme war schon im Flur zu hören. »Hallo Paul, schön dass Du kommst. Du mußt mir unbedingt mit diesem Winkel hier helfen.«
Es freute ihn sehr, Marias Stimme zu hören. Er trat in ihr Zimmer ein und war im ersten Moment etwas enttäuscht. Maria trug die Sachen, die sie sonst auch in der Schule trug. Die langen Stiefel, den Rock, der bis kurz über die Stiefel reichte, und die strenge Bluse. Von dem Handschuh war nichts zu sehen. Doch als er Marias Gesicht sah, waren diese Gedanken auf einmal wie weggeblasen.

Er griff ihre Frage auf und ließ sich von ihr die Aufgabe zeigen, mit der sie Probleme hatte.
Er musste selbst auch erst einmal nachdenken, bevor er seiner Freundin helfen konnte. Unbewußt freute es ihn, das Maria jetzt schon mit etwas schwierigeren Aufgaben Probleme hatte. Die leichten Sachen schien sie begriffen zu haben.
* * *
Die Schritte von Mrs. Potter waren im Treppenhaus zu hören und Paul stellte sich darauf ein, dass sie sicher gleich in der Tür stehen würde. Seine Anspannung wuchs, und er spürte die gleiche Nervosität bei Maria.
Doch zu ihrer beider Überraschung trat Marias Erzieherin bewußt langsam und bedächtig in ihr Zimmer. Sie freute sich über die Nähe der beiden und ließ ihnen bewußt Zeit. Erst nach einem kurzen Moment machte sie sich bemerkbar. »Maria, es wird dann Zeit für Euer Training.«

Das verliebte Paar drehte sich langsam zu Mrs. Potter hin um. Beide blickten auf den Handschuh, den die Erzieherin in der Hand hielt.
Maria seufzte ganz leise. Sie wäre gern mit Paul allein gewesen, ohne dass sie ihr so aufwendiges Training durchführen musste. Sie zögerte etwas, so als ob sie das Anlegen noch etwas hinausschieben könnte, doch dann trat sie einen Schritt vom Schreibtisch zurück. Sie verkniff sich einen weiteren Seufzer und legte ihre Arme auf den Rücken.

Ohne das Paul so recht wusste warum, fühlte er einen Anflug von Angst vor dem was kommen sollte. Er hatte sich darauf gefreut, dass Maria den Handschuh tragen würde, doch wenn ihn jemand gefragt hätte warum er sich freute, dann hätte Paul keine Antwort gewußt. Doch jetzt war die Freude gewichen und hatte einem neuen Gefühl Platz gemacht, welches Paul noch nicht so recht einordnen konnte.
Zu seiner Überraschung ging Mrs. Potter auf ihn zu und reichte ihm den Handschuh. »Magst Du es mal allein probieren?«

Es war als liebevolle Frage formuliert, aber Paul verstand es so, wie es vermutlich gemeint war, als Befehl. Und er wusste, dass er ihm unbedingt nachkommen sollte. Er nahm das Lederbündel in die Hand und versuchte, es so in die Hand zu nehmen, wie er es für Marias Arme brauchen würde.
In Maria arbeitete es schwer. Eigentlich trug sie den Handschuh ganz gern, denn mit den weggeschnürten Armen war sie dann ja auch von jeglicher Arbeit befreit. Doch in Pauls Gegenwart wäre ihr Arbeit in Freiheit lieber gewesen.

Aber auf der anderen Seite war es für sie, so fand sie, das geringere Übel. Lieber würde sie von Paul in den Handschuh geschnürt werden als von ihrer Erzieherin in Pauls Gegenwart. Sie unterdrückte ihren nächsten Seufzer und drehte sich so, dass sie Paul ihre Arme auf dem Rücken anbot.
Paul war sehr nervös, dann begann er die Lederhülle an Marias Armen hoch zu ziehen.

»Oh, ich habe die Schlösser vergessen.« Mrs. Potter drehte sich um und ging langsam aus dem Raum. »Fangt doch schon mal an«, rief sie ihnen hinterher.
Maria war etwas erleichtert darüber, dass sie jetzt mit Paul allein war. Obwohl es für das Anlegen des Handschuhs vermutlich sinnvoller gewesen wäre, wenn sie dageblieben wäre. Denn Maria konnte nicht kontrollieren, wie der Handschuh auf ihrem Rücken auszusehen hatte. Aber wenn es ganz falsch wäre oder weh tun würde, dann würde sie es Paul schon sagen. Und ihre Erzieherin würde, wenn sie zurück käme, sicher auch noch einmal kontrollieren.

Ein wenig war Maria aber verwundert. Sie war doch sonst immer so sorgfältig. Warum sollte sie ausgerechnet heute die Schlösser vergessen. Das ergab einfach keinen Sinn. Maria vermutete eine andere Absicht dahinter, und der Gedanke freute sie um so mehr. Denn so hatte ihre Erzieherin erreicht, dass Paul sich ganz ungestört mit dem Handschuh vertraut machen konnte.

Maria hatte die Augen geschlossen und fühlte nur, wie der Handschuh auf dem Rücken langsam immer enger wurde. Es kribbelte in ihrem Bauch, und es fühlte sich auf einmal ganz anders an. Ob das an Paul lag?

Es kam ihr kurz der Gedanke, einmal mit ihrer Mutter zu reden. Es wäre doch toll, wenn Paul einen Teil ihres Programms übernehmen könnte. Doch gleich darauf verwarf sie die Idee wieder. Das würde ihre Mutter sicher nie erlauben. Aber sie würde sich Pauls Kontrolle gerne unterwerfen. Sie schluckte, als sie über das Wort nachdachte. »Unterwerfen?« Doch, genau das würde sie machen, wenn Paul sich um sie kümmern würde. Innerlich schüttelte sie den Kopf. Das konnte ja gar nicht gehen, Paul hätte bestimmt viel zu wenig Erfahrung.
Aber schön wäre es schon. Sie blickte ihn über die Schulter verliebt an.
* * *
Paul war bemüht, sich an alle Tipps von gestern zu erinnern, als er mit dem Handschuhanlegen anfangen durfte. Er konnte nur erahnen, wie streng dieses Programm für Maria war, und trotzdem war er bemüht, trotz der Strenge, die er jetzt ausüben musste, zärtlich zu sein.
Dennoch glaubte er in Maria einen gewissen Unwillen zu spüren und er bedauerte sie. Doch er wusste, dass er an ihrem Schicksal nichts ändern konnte. Genaugenommen hatte er ja überhaupt keine Ahnung davon, was Maria hier eigentlich machte.

Er warf noch einmal einen kritischen Blick auf die Schnürung, dann war er der Meinung, dass er fertig wäre. Er musste sich erst räuspern, bevor er fragen konnte. »Ich wäre dann dann soweit.« Seine Stimme war sehr leise. »Soll ich...« Er musste schlucken, » einen Knoten machen oder eine Schleife?«
Maria hatte die Augen geschlossen. Es schien als wollte sie den Sitz des Handschuh ganz vorsichtig prüfen, damit die noch ungesicherte Schnürung nicht wieder auf ging. Ihre Stimme war sehr leise. »Mach bitte eine Schleife.«

Paul sah, dass sie ein wenig die Arme bewegte.
»Ja, so ist es gut.« Ihre Stimme war noch leiser.
Paul war bemüht, oben am Handschuh eine schöne Schleife zu binden und damit die Schnürung des Handschuhs zu sichern.

»Hier ist die Schnürung noch zu weit auf, und hier ist es schief.« Mrs. Potter stand urplötzlich neben Paul und hatte die Schnürung begutachtet.
Paul war heftig zusammen gezuckt und machte einen sehr erschrockenen Eindruck.
Marias Erzieherin übersah dies. »Aber das könnt ihr heute so lassen.« Sie reichte ihm das erste der vielen Schlösser.

Paul war noch dabei, sich von dem Schreck zu erholen, als er sich damit befassen musste, Maria jetzt noch etwas sicherer in den Handschuh zu sperren. Es war ihm ein Rätsel, warum die Schlösser nötig waren. Maria hätte auch ohne diese zusätzlichen Maßnahmen keine Chance, von selber aus dem Handschuh heraus zu kommen. Doch er wusste, dass er auf eine Frage danach keine sinnvolle Antwort bekommen würde.

Nach dem er alle Schnallen mit je einem Schloß versehen hatte und sogar in die von ihm so kunstvoll geschnürte Schleife eines hatte stecken müssen, blickte er Mrs. Potter unsicher an. Er brachte nur ein leises und zweifelndes »Fertig« heraus.
Mrs. Potter sah kurz auf die Uhr und nahm ein kleines Notizbuch zur Hand, in das sie eine Eintragung machte. Dann blickte sie Paul und Maria liebevoll an. »Dann mal noch viel Erfolg bei der Mathematik.«
Dann verließ sie den Raum genauso schnell und unauffällig wie sie gekommen war.
* * *
Langsam drehte Maria sich wieder zum Schreibtisch und blickte auf die Zeichnung, die sie gerade noch angefertigt hatte. Auf einmal glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie drehte ihren Kopf zu Paul. »Ich habe den Fehler gefunden. Hier der Winkel ist falsch.«
Paul trat zu ihr, und noch bevor er darüber nachdachte, fragte er welcher. Er blickte interessiert auf die Zeichnung.
Wie schon am Tag zuvor nahm Maria einen Bleistift in den Mund und zeigte ihm eine Stelle auf der Zeichnung.

Paul bekam eine urplötzlich eine Gänsehaut. Es faszinierte ihn, wie selbstverständlich und natürlich Maria mit ihrem Monohandschuh umging. Ohne das er recht wusste, was er tat, streichelte er ihr über die verpackten Arme und blickte sie bewundernd er. »Du bist sehr tapfer.«
Maria blickte ihn verwundert an. »Das ist nett von Dir.« Sie lächelte erfreut und irritiert zugleich. »Aber jetzt laß uns Mathe machen.«
* * *
Mrs. Potter prüfte noch einmal, ob sie alles dabei hatte. Diesmal wäre es der Stimmung nicht zuträglich, wenn sie die beiden bei ihrem Vorhaben allein lassen würde. Sie hoffte, dass sie ihren Schützling gut genug kannte, um ihre Reaktionen vorher zu sehen. Denn sie wollte erreichen, dass Maria zusammen mit Paul einen schönen Samstag Nachmittag erleben sollte, der sie noch weiter zusammenschweißte.
Sie hatte von Marias Mutter in dieser Hinsicht freie Hand bekommen und trotzdem war sie unsicher, ob ihr Plan aufgehen würde. Andererseits hatte Paul sich schon gestern als sehr zuverlässig erwiesen.
Sie ging bewußt mit resolutem Schritt die Treppe hinauf, um sich bemerkbar zu machen. Ihre beiden Liebenden hatten jetzt genug für die Schule gelernt, jetzt sollten sie sich noch etwas entspannen vor der so schwierigen Nacht.
* * *
Paul spürte sofort die Stimmungsveränderung bei Maria, als die Schritte von ihrer Erzieherin auf der Treppe zu hören waren. Er ließ sich davon anstecken, obwohl er keine Vorstellung hatte, was jetzt kommen würde.
Doch es sollte für beide eine Überraschung werden, als Mrs. Potter das Zimmer betrat und gleich zu dem kleinen Extra-Tischchen ging. »Ich denke, ihr habt jetzt genug gelernt.« Sie versuchte ihre Stimme möglichst entspannt klingen zu lassen. »Ihr habt Euch ein wenig Unterhaltung verdient.«

Obwohl Maria sich noch nicht von der Matheaufgabe gelöst hatte, war ihrem Blick doch zu entnehmen, dass sie nicht wusste, was ihre Erzieherin vorhaben könnte. Doch dann erinnerte sie sich an ihre Erziehung und drehte sich vom Schreibtisch hin zu Mrs. Potter. Zu ihrem Erstaunen sah Maria, dass auf dem kleinen Tisch nicht nur ihr Cape, sondern auch ein Halskorsett lag. Unwillkürlich begannen ihre Augen zu leuchten.
»Wie wäre es mit einem Kino-Besuch?« Die Stimme der Erzieherin klang fast liebevoll.

Maria zeigte zum Erstaunen von Paul nur sehr wenig Begeisterung, und Paul fragte sich sofort warum. Vermutlich dachte Maria daran, dass ihre Erzieherin mit ins Kino gehen würde. Er sah dies in Gedanken schon vor sich. Mrs. Potter sicher in der Mitte, sowie links und rechts er und Maria. So zumindest könnte er Marias Stimmung erklären.
Doch die nächste Frage brachte Klarheit. »Ihr könntet mit dem Bus fahren und wärt noch rechtzeitig zur Nachmittagsvorstellung dort. Ich werde in der Zwischenzeit die Erdbeeren einfrieren.«

Auf einmal schien Maria aufzuwachen. »Ihr meint, ich dürfte allein... mit Paul...?« Ihre Augen begannen zu leuchten. Doch dann blickte sie zur Uhr und schien enttäuscht. »Aber mein Training dauert ja noch länger.«
Mrs. Potter schien mit dieser Antwort gerechnet zu haben. »Oh, ihr könnt aber auch im Kino trainieren.«

Es war Maria anzusehen, dass es in ihr arbeitete.
Ihre Erzieherin sprach weiter. »Ihr behaltet einfach das Cape an.«
Paul kam ins Grübeln. War das Cape normalerweise nicht sogar abgeschlossen? Er wunderte sich.

Maria blickte zwischen ihrer Erzieherin, dem Tischchen und Paul hin und her. Sie wusste immer noch nicht, woran sie war.
»Ich möchte es dir freistellen, diesen Nachmittag auch das Halskorsett zu tragen.« Mrs. Potter hatte die nächste ihrer Überraschungen ausgebreitet.
Maria war mehr als erstaunt. »Ihr meint, ich dürfte es tragen?« Sie machte eine Pause. »Ohne Gummisack?«
Mrs. Potter bestätigte. »Ohne.«

Paul war verwundert. Was hatte es wohl mit diesem Gummisack auf sich? Doch er ahnte, dass er danach besser nicht fragen sollte.
»Aber Paul muss versprechen, gut auf Dich aufzupassen.«
Auf einmal richteten sich beide Blicke auf Paul. Dieser war mehr als überrumpelt.
Paul verstand nicht so recht, was sie von ihm wollten. Aber er wollte auf keinen Fall Maria enttäuschen und versprach, gut auf Maria Acht zu geben. »Was muss ich denn alles beachten?«

Mrs. Potter blickte Paul. »Eigentlich hast Du es letztens schon ganz gut gemacht.« Es folgte eine schneller, aber böser Blick zu Maria. »Mit dem Halskorsett kann Maria nicht mehr vor sich auf den Boden schauen.«
Paul glaubte erkannt zu haben, auf was es ankam. Doch diesmal wollte er mehr wissen. Er nahm sich allen Mut zusammen und fragte: »Und welchen Zweck hat dieses Halskorsett?«

Mrs. Potter blickte Paul erstaunt an, doch dann entspannte sich ihr Blick. Sie nahm das Halskorsett und legte es Maria um den Hals. »Hast Du gesehen, dass Maria jetzt ihren Kopf etwas höher halten muss?«
Paul sah in diesem Moment eher nur in Marias leuchtende Augen.
«Es verleiht ihr eine stolze Haltung. Sie kann ihren Blick nicht senken, sondern muss allen immer stolz in die Augen blicken, wie eine Aristokratin«
Ohne das Paul groß nachdachte, entfuhr ihm ein »Sissi«.

Maria lächelte und wollte den Kopf zu ihm hindrehen. Dabei spürte sie sofort etwas den Widerstand des Halskorsetts. Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Und ich kann meinen Kopf nicht mehr so drehen wie ich möchte.« In ihrer Stimme klang viel Begeisterung mit. »Aber im Kino braucht es das ja auch nicht.«
Da ihre Erzieherin das kleine Korsett nur zur Anschauung um Marias Hals gehalten hatte, gab es natürlich nach, als Maria ihren Kopf drehte. Mrs. Potter nahm es wieder ab und reichte es Paul. »Möchtest Du es Maria anlegen? Du weißt ja, wie es geht.«
Paul wurde rot, doch dann nahm er das kleine Korsett in die Hand. Natürlich wusste er noch wie es anzulegen war, wenn er auch letztens von Maria verbotenerweise dazu überredet worden war. Es war Paul schon lieber, dass es jetzt erlaubt war.

Trotzdem zitterte seine Hände ein klein wenig, als er seiner Freundin jetzt das Korsett um den Hals legte. Er wollte sich gerade auf die Suche nach der Schnur zum Verschließen machen, als Marias Erzieherin ihm diese auch schon anreichte. Er war etwas verwirrt und murmelte ein »Danke«.
Er wusste noch, wie er das Korsett schließen musste und da er ahnte, das Maria sich darüber freute, hatte er damit auch keine Probleme. Diesmal ging es sogar wesentlich schneller.

Doch als Mrs. Potter ihm wortlos wieder ein kleines Schloß reichte, musste er doch etwas schlucken.
Maria spürte sein Zögern und obwohl ihr das Sprechen schwer fiel, versuchte sie ihren Freund zu beruhigen. »Das ist schon in Ordnung so.« Es war zu hören, das sie durch Korsett ein klein wenig beim Sprechen behindert wurde.
Paul seufzte hörbar, dann brachte er das Schloß am Halskorsett an. Das leises »Klick« verursachte wieder eine Gänsehaut beim ihm.

Maria brachte ein sehr leises »Danke« über die Lippen. Als Paul um sie herum ging, sah er, dass ihre Augen strahlten. Er freute sich für seine Freundin. Es schien nicht allzu oft vorzukommen, dass sie so aus ihrem Alltag ausbrechen durfte.
Paul blickte noch einmal auf den kleinen Tisch. Dort lag nur noch Marias Cape. Er wusste, dass das Cape ein integriertes Schloß hatte, und wieder überkam ihn eine Gänsehaut. Er bewunderte Maria, wie gut sie mit all diesen strengen Regeln und Einschränkungen zurecht kam. Besonderen Respekt hatte Paul vor diesem seltsamen Handschuh, der Marias Arme auf ihrem Rücken gefangen hielt. Er gab ihr etwas sehr hilfloses, verletzliches, und Paul nahm sich vor, heute besonders gut auf sie aufzupassen. So etwas wie gestern bei den Steinen sollte nicht wieder vorkommen.

Das Rascheln des Cape riss ihn aus seinen Gedanken. Mrs. Potter hatte es vom Tisch genommen und hielt es vor sich hin. Sie blickte es prüfend an und wunderte sich. »Die Durchgriffe sind ja verschlossen?« Sie blickte Maria fragend an.
Maria sah ihre Erzieherin mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Verliebtheit an. »Paul hat die zugemacht.« Sie drehte sich zum ihm hin und warf ihm einen Kußmund zu. »Er neckt mich damit.«

Mrs Potter blickte Paul erstaunt an. Paul hatte auf einmal ein schlechtes Gewissen. Doch zu seiner Überraschung wandelte sich ihr Blick von Erstaunen zu Bestätigung. »Das ist gut,« sprach sie mehr zu sich selbst als zu Paul.

Doch war es wichtig sein schlechtes Gewissen zu erleichtern. »Ich hätte ja auch gern noch das Cape zugebunden, wenn Maria Hosen tragen würde.« Er wurde rot und grinste beschämt, denn die Idee hatte er wirklich gehabt. Doch ob er wirklich den Mut gehabt hätte, Maria an den Beinen zu berühren, das bezweifelte er.
Doch zu seinem Erstaunen passierte etwas, mit dem er überhaupt nicht gerechnet hätte.

Maria blickte Paul verblüfft an. Dann zeigte ein verwegenes Lächeln und drehte sie sich zu ihrer Erzieherin um. Paul entdeckte, dass sie sich irgendwie gerade aufrichtete. Dann blickte sie vor ihrer Erzieherin auf den Boden.
Diese schien dieses Signal sofort zu erkennen und war doch auch etwas überrascht. Sie drehte sich mit dem Körper zu Maria und kam der Bitte um Sprecherlaubnis nach. »Maria, ihr wünscht?«

Paul war von diesem Ritual mehr als erstaunt.
Marias Stimme klang nur sehr leise und doch glaubte Paul so etwas wie Übermut darin zu hören. »Es ist Wind angesagt.«
Marias Erzieherin war mehr als erstaunt. »Seit ihr sicher, das ihr das wirklich wollt?«
Ein sehr stolzer Blick war die Antwort.
»Gut, wenn ihr dies wirklich wollt.« In Mrs. Potters Stimme war noch viel Verwunderung zu hören. Doch dann hängte sie wie gewohnt das Cape um Marias Schultern und kniete sich vor sie hin.

Paul erwartete, das sie jetzt den Reißverschluß schließen würde, doch zu seinem Erstaunen löste sie die Bänder, die an der Innenseite des Capes angebracht waren und band diese an einem Ring fest, der plötzlich oberhalb von Marias Knie an ihrem Rock sichtbar wurde. »So haben wir die Bänder doch nicht umsonst angelegt.«
Paul wusste mit diesem Satz nichts anzufangen. Doch er sah sehr erstaunt zu, wie Marias Cape aus irgendeinem magischen Grund doch an ihren Beinen befestigt werden konnte.

Er hielt fast etwas die Luft an. Denn jetzt, so erkannte er mit einer seltsamen Faszination, war Maria wirklich in ihrem Cape gefangen. Sie hatte jetzt keine Möglichkeit mehr, es hoch zu ziehen und vielleicht an den Verschluß zu kommen. Diesen hätte sie vielleicht öffnen können, wenn er nicht abgeschlossen wäre. Auch die Möglichkeit, die Armdurchgriffe von aussen zu öffnen, stand Maria jetzt nicht mehr zur Verfügung.

Dann fiel ihm ein, dass ihre Arme ja sowieso in ihrem Handschuh gefangen waren, und so hätte sie sich auch ohne die Bänder nicht befreien können.
Er fragte sich, woran die Bänder jetzt festgebunden waren, doch er hatte keine Gelegenheit mehr, dort genauer hinzusehen, denn Marias Erzieherin machte jetzt auch den Reißverschluß des Capes zu. Gleich darauf hörte er das faszinierende »Klick«.

Marias Augen strahlten, als sich sie jetzt zu Paul hindrehte.
Jetzt tat es Mrs. Potter fast etwas leid, doch sie musste die Stimmung etwas dämpfen. Beide mußten erfahren, was für die schönen Nächte ausgemacht war.
»Margarete hat für das nächste Wochenende abgesagt.« Maria blickte ihre Erzieherin zunächst erstaunt an. »Ich habe Paul gefragt, ob er das nicht übernehmen möchte, und er hat zugesagt.«
Maria war im ersten Moment entsetzt ob dieser Nachricht. Ihre Stimme klang fast etwas erschrocken. »Nein, bitte nicht das...« Doch dann blickte sie Paul verlegen an und schien ins Grübeln zu kommen.

Ihre Erzieherin ahnte, was in ihrem Schützling vorging, und sie wollte sie gleich in die richtige Richting bringen. »Keine Widerrede, es ist schon alles ausgemacht.« Sie strich Maria kurz durch das Gesicht. »Ihr werdet das schon schaffen. Und jetzt viel Spaß im Kino.«

Zu Pauls Überraschung reichte sie ihm noch ein kleines Schlüsselbund und blickte ihn dabei ernst an. »In zwei Stunden ist Marias Training vorbei. Versprich mir bitte, das du sie nicht vorher aus dem Handschuh heraus läßt.«
Paul blickte genauso erstaunt auf den Schlüsselbund wie Maria.
22. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 05.01.14 21:55

Schöne Fortsetzung.
Maria muß Toll Ausgesehen haben im Sissi Kleid.
Das ist ein großer Vertrauensbeweis das Paul die Schlüssel mitbekommt um Maria den Monohandschuh Abzunehmen. Ich Tippe mal das Maria das Halskorsett auch nach dem Kino Anbehält und nur den Handschuh Loswerden möchte um mit Paul Händchen zu Halten.
23. RE: Maria

geschrieben von Balu am 05.01.14 22:08

Dir ist die Fortzetzung wieder SUPER gelungen mache Bitte weiter so
24. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 06.01.14 03:53

Wow das wird ja immer besser

Mach weiter so! I h Warze gespannt auf den nächsten Teil!
LG
25. RE: Maria

geschrieben von Joern am 06.01.14 10:23

Und wieder eine supertolle Fortsetzung! Vielen Dank dafür - du hast wirklich eine unvergleichliche Art das Kopfkino zum kreiseln zu bringen. Was mag es wohl mit den "Schönen" Nächten auf sich haben, das Maria diesen mit dermaßen gemischten Gefühlen entgegensieht, wo sie sich doch bisher als sehr tapferes und leidensfähiges Mädchen bewießen hat. Zumindest scheint es diese wöchentliche Behandlung schon einigermaßen in sich zu haben, wenn dafür während Mrs. Potters Abwesenheit sogar eine Krankenschwester engagiert werden mußte um Marias vorgesehene Behandlung sicherzustellen. Ob Maria Paul wohl schon während des Kinobesuchs auf die kommenden Maßnahmen vorbereiten wird? Bestimmt hofft auch Mrs.Potter, dass Paul dadurch einigermaßen schonend (sofern das überhaupt machbar ist) auf Marias bevorstehendes Martyrium (was sonst würde wohl Marias Unbehagen auf die bevorstehende "Schöne Nacht" begründen?) vorbereitet wird. Ob Paul dieser Aufgabe überhaupt gewachsen ist und diese mit der nötigen Strenge und Sachkenntnis durchführen kann?

Wie auch immer es weitergeht, ich halte es kaum aus vor Spannung. Da ist ja auch noch das angekündigte Treffen mit dem Baron am Sonntag. Das schafft ja zusätzlichen Stoff für weitere Spekulationen und ich kann es ebenfalls kaum erwarten, was Maria da wohl noch bevorstehen mag.

Vielen Dank und Weiter so...
26. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 06.01.14 16:52

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Maria ging traurig neben Paul her. Sie machte nur kleine Schritte und ging langsam. Zum Glück war es nicht weit bis zur Bushaltestelle.
Paul ging nervös neben ihr. Er hätte ihr gern beim Gehen geholfen, doch den Arm um die Schultern wollte Maria nicht. »Das schaffe ich auch so.« Ihre Stimme hatte dabei recht schnippisch geklungen.

Paul spürte, dass er seine Freundin jetzt nicht bedrängen durfte. Sie schien irgendwie mit sich selbst zu kämpfen. Dabei hätte er so viele Fragen gehabt. Er wusste auch nicht, was er von der Ankündigung der schönen Nacht zu halten hatte. Auf der einen Seite war er sehr dankbar für jede Minute, die er mit Maria verbringen konnte. Auf der anderen Seite spürte er Marias Sorgen wegen seiner Aufgabe, und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.
Er nahm Marias leichte Traurigkeit wahr und dennoch konnte er sie sich nicht so recht erklären. Er traute sich auch nicht, ein Gespräch anzufangen. Denn er wusste nicht, worüber er jetzt mit Maria reden sollte.

Trotzdem war Paul ziemlich aufgeregt, denn er war mit Maria allein. Auch wenn es ihm bewußt war, wie streng Maria doch unter Kontrolle stand. Er hörte noch das Klicken, mit dem Maria soeben noch in ihre Kleidung eingesperrt worden war. Und er wusste, dass diese Schlösser auch ihn aussperrten. Er hoffte, dass es im Kino nicht zu warm sein würde. Marias Cape war abgeschlossen. Paul bekam eine Gänsehaut, wenn er an die Strenge dachte.
Ihm gingen die Schlüssel durch den Kopf, die er bekommen hatte. Er wusste zwar nicht, wie weit er damit kommen würde, und ebensowenig, welcher Schlüssel welches der vielen Schlösser öffnen würde, doch es hatte etwas beruhigendes, die Schlüssel zu spüren. Doch ebenso fühlte er sich an das Versprechen gebunden, Maria frühestens nach zwei Stunden zu befreien.
* * *
Sie mußten nicht lange auf den Bus warten. Paul ließ Maria als zuerst einsteigen, dann ging er hinterher. Dabei fiel es ihm schon auf, wie schwer Maria sich dabei tat. Andererseits war er auch fasziniert von dem ungeheuren Stolz, den Maria ausstrahlte.
Nur für einen kurzen Moment wunderte er sich, warum Maria nicht ihre Hände benutze, dann fiel ihm beschämend ein, das sie ja ihren für ihn immer noch recht rätselhaften Handschuh trug. In ihm kam ein schlechtes Gewissen auf und ihm fielen die letzten Worte von Marias Erzieherin ein, als er kurz mit ihr allein gewesen war. ´Paß gut auf Maria auf.´ hatte sie gesagt. Sie sei oft sehr stolz und würde jegliche Hilfe ablehnen. ´Doch im Bus mußt Du energisch sein. Maria wird das brauchen.´ Dass der letzte Satz doppeldeutig war, dafür hatte Paul in diesem Moment allerdings keinen Blick gehabt.

Im Bus war kein Sitzplatz mehr frei. Es war Samstag kurz nach dem Mittag und es schienen alle in die Stadt zu wollen. Deswegen mußten beide stehen bleiben. Paul war dies gar nicht recht, doch er wusste, dass er daran nichts ändern konnte. Er hätte es gern gesehen, wenn Maria sich hätte hinsetzen können. Er blickte sie mit einer Mischung aus Mißtrauen und Vorsicht an. Es war Sommer, und obwohl es nicht allzu warm war, stach Maria mit ihrem Cape aus der Menge der Busfahrenden schon etwas heraus. Aber es nahm keiner Notiz von ihr. Paul überlegte mit einer Gänsehaut, dass sie bestimmt nicht das erste Mal auf diese Weise mit dem Bus fuhr.

Als der Busfahrer los fuhr, stand Paul dicht neben Maria und er spürte sofort, wie sie mit ihrem Gleichgewicht kämpfte. Jetzt erkannte er, was Mrs. Potter wohl gemeint hatte, und er legte seinen Arm um ihre Schulter. Mit der anderen Hand hielt er sich an einer der Stangen fest.
Paul spürte sofort, dass seiner Freundin diese Umarmung und die Nähe nicht recht waren, doch das ständige Ruckeln des Busses zeigte ihm die Notwendigkeit. Zudem waren ihm die Worte ihrer Erzieherin noch gut im Gedächtnis.
Marias Stimme war sehr leise, fast geflüstert. »Kannst du mich bitte loslassen? Ich kann schon selber stehen.« Sie klang sehr schnippisch.

Paul musste erst einmal schlucken. Ihm ging noch einmal durch den Kopf, was er Marias Erzieherin versprochen hatte. »Sie hat gesagt, dass ich Dich festhalten soll, und das werde ich machen. Auch wenn es Dir nicht recht ist.« Er hätte dies nicht gesagt, wenn er mit Maria wirklich allein gewesen wäre. Aber Mrs. Potter hatte ihm quasi die Worte in den Mund gelegt und ihm versichert, dass es das richtige für Maria sei.

Er blickte Maria zugleich neugierig und bestimmt an. Sie hatte die Augen geschlossen. Paul spürte, dass sie ihren ganzen Körper anspannte. Ihm kam es fast vor, als hielte er ein Brett fest.
Fast wäre es ihm unheimlich geworden, denn diese Reaktion hatte ihre Erzieherin ebenfalls vorher gesagt. Paul hoffte, dass diese auch weiterhin recht behalten würde.
Der Busfahrer war nicht besonders sanft in den Kurven sowie beim Anhalten und losfahren, so dass es Paul schon einige Kraft kostete, sie beide festzuhalten. Doch er wusste, was von ihm erwartet wurde.

Zu seiner großen Erleichterung entspannte Marias Körper sich spürbar, je länger sie nebeneinander standen. Paul vermied es jedoch, Maria ins Gesicht zu blicken, denn er wusste, das sie seinem Blick nicht ausweichen konnte, und das wollte er nicht ausnutzen.
»Nächste Station müssen wir aussteigen.« Marias Stimme stimmte war leise, und doch kam es Paul vor, als klänge kein Ärger mehr mit, sondern eher Zufriedenheit und Vorfreude. Er blickte sie erstaunt an.

Der Bus hielt und Paul half seiner Freundin die paar Stufen hinab. Zu seiner Überraschung blieb Maria stehen und drehte sich zu ihm hin. »Bitte halte mich weiter fest.« Sie lächelte schüchtern.
Paul fand keine Worte, als er Marias Bitte nachkam. Er spürte sofort, wie sie sich zärtlich an ihn schmiegte.
* * *
Die Kinobesitzerin Thea erwartete sie schon. »Ah, da seid ihr ja. Dorothea hat mir Bescheid gegeben, dass ihr kommt.«
Paul musste sich eingestehen, dass er nicht wirklich verwundert war.
»Wen bringst Du denn heute mit?« Thea blickte neugierig zwischen Maria und ihrem Freund hin und her.
Marias Stimme war etwas leise. »Das ist Paul, ein neuer Schüler.«
Es fiel Paul auf, das Maria vor Thea viel Respekt zu haben schien.

Mit einer Handbewegung gab sie ihnen zu verstehen, dass sie hinein gehen sollten. »Ich habe einen schönen Film für Euch ausgewählt. Der wird Euch gefallen.« Sie zwinkerte Maria zu.
Paul war schon etwas mißtrauisch, denn es war Zeit für die Familienvorstellung. Doch da er sich immer noch erhoffte, endlich einmal mit Maria allein zu sein, war ihm dies recht.
Sie betraten einen eher etwas kleineren Saal, und Paul stellte fest, dass schon ein paar Familien mit kleinen Kindern darin Platz genommen hatten. Paul war nicht wirklich verwundert darüber.

»Hast Du die Stange dabei?« Theas Stimme klang leicht besorgt.
Maria wies auf die Außentasche im Cape hin.
Thea nahm etwas aus der Tasche, dann strich sie Maria leicht über das Cape und fragte, ob sie es nicht ausziehen möchte.
Als Antwort seufzte Maria.
Doch Thea ließ nicht nach. »Oder willst Du es anbehalten?«
Maria brachte nur ein kurzes »Ja« über die Lippen.
Thea streichelte ihr zärtlich über die Wange. »Tapferes Mädchen.« Sie blickte in die Reihe mit den Kinositzen. »Am besten ist es Du setzt Dich dort hin, genau in die Mitte.«

Paul ging voraus und setzte sich neben Marias anvisierten Platz. Er sah, das Thea hinter Maria her ging und er wunderte sich.
Maria nahm ebenfalls Platz und richtete ihren Blick auf die Leinwand.
Die Kinobesitzerin hatte die Stange in der Hand begann, sie an dem Halskorsett anzubringen. Später wusste Paul nicht mehr, woher er in der Situation den Mut nahm, doch er protestierte. Irgendwie fand er es nicht richtig, das es für Maria jetzt noch strenger werden sollte.

»Was soll denn das?« Seine Stimme klang rau. »Maria ist doch schon so streng verpackt?«
Thea blickte Paul trotz seines spürbaren Ärgers liebevoll an. »Ich will es Maria ja einfacher machen.« Sie zeigte auf die Leinwand. »Siehst Du, wohin Maria schauen muss? Der Halskragen hält ihren Kopf aber zu tief und Maria müßte die ganze Zeit ihren Hals nach hinten drücken. Das wird ihr mit der Stange abgenommen und sie kann den Film genießen.«

Paul war auf einmal ganz kleinlaut und entschuldigte sich. »Das habe ich nicht gewußt. Entschuldigen sie bitte.« Es war ihm sichtlich unangenehm.
* * *
»Was hat denn die Tante am Hals?« eine helle Kinderstimme war deutlich im Saal zuhören.
Paul erstarrte. Es war ihm sofort klar, dass Maria mit ihrem Halskorsett damit gemeint war.

Als nächstes war die Stimme einer Frau zu hören. Es war vermutlich die Mutter. »Die hat ein ´Aua´ am Hals, deswegen muss sie einen Kragen tragen.«
Paul hörte teils mit Angst, teils mit Faszination zu. Er blickte zu Maria hinüber. Sie schien auch begriffen zu haben, dass es um sie ging. Doch er wusste, dass sie nicht wirklich etwas machen konnte. Es schien Paul, als zittere Maria ein wenig.

Es waren kleine Trippelschritte zu hören sowie die Stimme der Mutter. »Nein, Schatz, bleib hier«
Die Trippelschritte kamen näher. Paul beugte sich vor und erstarrte. Ein kleines blondes Mädchen war gerade dabei, auf den Sitz neben Maria zu klettern.
Doch zum Erstaunen von Paul und Maria stellte sich das kleine Mädchen neben Maria und pustete ihr auf den Hals beziehungsweise auf das Halskorsett. Dann fragte sie mit liebevoller Kinderstimme »Ist Dein Aua jetzt weg?«

Maria musste trotz ihrer Anspannung etwas lachen. »Danke, das ist ganz lieb von Dir. Es geht mir schon etwas besser.«
Mittlerweile kam die Mutter und nahm ihre Tochter bei der Hand. »Bitte entschuldigen sie.«

Maria versuchte sich etwas mit dem Oberkörper zu der Mutter hinzudrehen. »Das ist kein Problem. Sie ist ja lieb, die Kleine.«
Der Mutter war es sichtlich unangenehm. Fast etwas abrupt nahm sie ihre Tochter hoch und entschuldigte sich noch einmal bei Maria. Dann ging sie wieder zu ihrem Platz, nicht ohne noch einmal einen seltsamen Blick auf Maria zu werfen.
* * *
Sein erstes Rendezvous hatte Paul sich schon anders vorgestellt. Doch von Maria ging ein seltsamer Zauber aus, von dem Paul, so musste er sich eingestehen, total gefangen war. Dabei war Maria in ihrem sogenannten Training doch viel mehr gefangen als es Paul recht war. Denn er hatte sich das Zusammensein mit seiner Freundin irgendwie anders vorgestellt. Doch mit ihrer Hilflosigkeit die sie ausstrahlte, wenn sie den Handschuh trug, zog sie Paul total in ihren Bann.
Durch des Halskorsett, welches Maria heute einmal tragen durfte, wurden die Eindrücke eher verstärkt. Denn durch die Ereignisse vom Vortag war Paul sensibilisiert, auf Maria aufzupassen und auch auf kleinste Signale zu achten.

Schon im Bus hatte er deutlich gespürt, dass Maria seine Umarmung zunächst nicht mochte. Und hätte ihn ihre Erzieherin nicht auf die Situation vorbereitet, hätte Paul nicht die Kraft gehabt, sich zum ersten Mal gegen ihren deutlichen Willen zu stellen.
Dass er jetzt in der Familienvorstellung saß und sich einen Märchenfilm anschauen musste, hätte ihn unter normalen Umständen amüsiert. Doch neben ihm saß die durch ihre Kleidung und ihre Trainingsausrüstung sehr hilflose und schutzbedürftige Maria und verlangte Paul sehr viel Aufmerksamkeit ab.

Paul blickte sehr oft zu Maria hinüber, die diese Blicke zwar wahrnahm, aber nicht erwidern konnte, da sie nicht in der Lage war, ihren Kopf zu drehen.

Auf der Leinwand wurde das traurige Leben der Heldin dargestellt. Judith, die älteste Tochter des Schneiders, hatte sehr unter der Stiefmutter zu leiden, wie es in Märchen so üblich war. Dies gipfelte darin, das die Stiefmutter durchsetzte, das Judith die Familie verlassen sollte, weil sie alt genug sei.
Gerade als Judith sich unter Tränen von ihren Geschwistern und ihrem Vater verabschiedete, bemerkte Paul, dass Maria auch weinte. Die Tränen liefen ihr recht heftig durch das Gesicht und Paul war sofort sehr besorgt und hatte keinen Blick mehr für die Leinwand. Er griff in die Hosentasche und nahm sich sein Taschentuch zur Hand.

Ohne auf eine Erlaubnis von Maria zu warten, wischte er ihr zärtlich die Tränen weg und fragte besorgt, ob alles in Ordnung sei. »Es ist doch bloß ein Märchenfilm.« Noch dachte er, dass Maria über die Ereignisse auf der Leinwand weinen würde.
Maria schluchzte wieder. »Das ist es ja.« Sie flüsterte. »Was mußt Du bloß von mir denken?«

Paul verstand noch nicht, worum es Maria ging. Er versuchte, sie sehr zärtlich zu streicheln.
Doch es nutze nichts, Maria schluchzte weiter. »Ich schäme mich so, dass du jetzt hier neben mir sitzt. In der Kindervorstellung.« Sie schluchzte wieder. »Und das alles wegen dem blöden Programm.«

Paul wurde hellhörig, doch er wusste, dass er jetzt keine Frage stellen durfte. Er war erleichtert und besorgt zugleich.
»Was mußt Du bloß von mir denken?« Wieder lief eine Träne über Marias Wange. »Selbst im Kino muss ich dieses Zeug tragen.«
Paul war gerührt, denn mit solchen Sorgen hatte er nicht gerechnet. Er nahm sich vor, ihr Mut zu machen. Er wischte ihr noch einmal die Tränen weg und bat sie, mit dem Weinen aufzuhören.

»Ich würde so gern Deine Hand halten, aber das geht nicht wegen dem blöden Training. Und ich hätte auch gern meinen Kopf auf deine Schulter gelegt. Aber ich trage ja diese Halsding.«
Paul bemühte sich, seine Stimme ehrlich klingen zu lassen. »Ich bewundere Dich, das Du das alles so durchhältst.«

Maria schluchzte wieder. »Aber das schlimmste kommt erst noch. Meine schöne Nacht.« Sie machte eine kurze Pause und Paul hielt dabei den Atem an. »Du wirst mich danach sicher nicht mehr mögen.«
Paul fand keine Worte mehr um Maria zu trösten. Er war fast verzweifelt.

Er war bemüht, besonders zärtlich und sensibel zu sein. »Ich möchte Deine Hilflosigkeit nicht mißbrauchen, aber würdest Du es mögen, wenn ich Dich in den Arm nehme?«
Maria hielt kurz inne, und es war ihr anzusehen, dass sie sich gern zu Paul hingedreht hätte. Dann lehnte sie ihren Körper zu Paul hinüber.

Paul nahm dies als positives Zeichen und legte sehr vorsichtig seinen Arm um Marias Schultern. Dann begann er Maria sehr vorsichtig zu streicheln und spürte, dass es Maria gut zu tun schien. Er wischte ihr noch einmal die Tränen weg und bat mit sehr liebevoller Stimme »Bitte weine nicht mehr, ich halte zu Dir, egal was passieren wird.«

Er spürte, das Maria sich unter dem Cape zu bewegen versuchte, und wieder überkam ihm eine Gänsehaut bei dem Gedanken, wie streng seine Freundin unter Kontrolle stand. Gewiss, er hatte ein paar Schlüssel bekommen, mit denen er Maria die Lage erleichtern konnte, doch er hatte auch das Versprechen gegeben, Maria erst nach ihrer Trainingszeit zu befreien. Und er wollte sein Wort halten. Auch wenn er immer noch nicht wusste, was Maria hier trainierte.

Groß war seine Überraschung, als er plötzlich an seiner Seite eine zärtliche Berührung spürte. Marias Lippen zeigten ein Lächeln. Paul war glücklich. Maria hatte es geschafft, mit ihren so streng verpackten Händen auch etwas Zärtlichkeit zu zeigen. Quasi als Antwort streichelte Paul auch wieder etwas an ihrem Körper. Dabei bemerkte er eigentlich nur nebenbei, wie hart Marias Körper an einigen Stellen war. Doch er wagte nicht, darüber nachzudenken.
* * *
Auf der Leinwand hatte die Heldin Judith mit einer kühnen Tat das Leben der Königin gerettet und durfte sich eine Belohnung aussuchen. Mit viel Klugheit wünschte sich die Schneiderstochter, dass sie eine Dienerin der Königin werden dürfe.

Paul und Maria konnten jetzt den Film genießen. Beide hatten sich ausgesprochen, und Marias Sorgen waren zumindest im Moment beiseite gewischt. So konnten sie die Klugheit und den Weitblick der Filmheldin genießen, die es so geschickt anstellte, dass sich der Sohn der Königin in die neue Dienerin verliebte.

Die Königin, die von dem Wesen von Judith sehr angetan war, befürwortete die Verbindung, und so wurde sehr bald die Verlobung bekannt gegeben.
Judith hatte nicht vergessen, woher sie gekommen war. Sie sorgte dafür, dass ihre Familie in die Nähe des Schlosses ziehen konnte, und ihr Vater musste nicht mehr arbeiten. Doch er ließ es sich nicht nehmen, noch ein Kleid zu nähen, und es sollte das schönste werden, welches er je genäht hatte. Es war das Brautkleid für seine Tochter. Denn bald darauf wurde prachtvoll geheiratet.

Die Schlußszene des Filmes zeigte die Schneiderstochter, wie sie bei der Krönung ihres Ehemannes zum König neben ihm stand und aus seinen Händen die Krone der Königin entgegen nahm.
* * *
Langsam ging das Licht im Kino an, und sofort strömten die kleinen Kinder mit ihren Eltern hinaus, so dass nur Paul und Maria noch den Rest des Abspannes genossen.
Thea kam, und als sie die beiden Liebenden nebeneinander sitzen sah, lächelte sie. Nur sehr langsam näherte sie sich den beiden und fragte Maria, ob sie ihr die Stange wieder abnehmen sollte. Maria nahm das Angebot sehr dankbar an.

Paul fiel das kleine Schlüsselbund wieder ein, welches Mrs. Potter ihm gegeben hatte. Jetzt hatte er fast ein schlechtes Gewissen, weil Maria immer noch in dem Handschuh steckte.
Er wartete, bis Maria aufgestanden war, dann stellte er sich ihr gegenüber und zeigte ihr das Schlüsselbund. »Ich denke, die zwei Stunden sind längst um und dein Training ist vorbei. Ich darf dich jetzt aus den Sachen rauslassen.«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie innerlich aufgewühlt war. Sie schien mit sich selbst zu kämpfen. Schließlich blickte sie Paul entschlossen an und wurde rot. Sie druckste herum und schien keine Worte zu finden.
Paul hatte schon die Schlüssel in der Hand und schien herausfinden zu wollen, welcher der vielen Schlüssel für das Cape passen würde. Doch dann sah er in Maria Gesicht und war verwundert. »Du möchtest den Handschuh weiter tragen?«

Maria schien dankbar zu sein, es nicht aussprechen zu müssen. Trotz ihres Halskorsetts versuchte sie ein Nicken. Als sie merkte, das dies kaum gelang, brachte sie ein leises »Ja« über die Lippen.

In Pauls Blick mischte sich Bewunderung mit zunehmender Faszination. »Ich bewundere Dich, das Du das aushältst« Sie gingen langsam zum Ausgang.

Maria nahm das Lob gern entgegen. »Ich bin es gewohnt, ihn über mehrere Stunden zu tragen.« Eine Menge Stolz war in ihrer Stimme zu hören.
Paul wollte zugleich ehrlich und nett sein. »Ich könnte das nicht.«
»Oh, es hat aber auch angenehme Seiten.« Maria lächelte verschmitzt. »Ich bin dann sehr hilflos, und alle wollen mich bedienen.«

Paul lag die Frage auf der Zunge, wer denn mit »alle« gemeint sein könnte, doch das traute er sich nicht zu fragen. Stattdessen versuchte er sachlich zu bleiben. »Er ist sehr aufwendig anzuziehen, und du brauchst immer Hilfe dazu.«
Maria grinste. »Und ausziehen kann ich ihn auch nicht selber.«

Paul musste auch etwas schmunzeln. Er fand es in diesem Moment toll, das Maria ihr Schicksal mit Humor nahm.
Sie verließen das Kino und machten sich langsam auf den Weg zur Bushaltestelle.

Paul lag die Frage schon lang auf der Zunge. Er war der Meinung, sie jetzt stellen zu können. »Und warum nimmst Du das auf Dich?« Er dachte an all die Nachteile, die Maria damit hatte.

Zu seiner Überraschung musste Maria mit ihrer Antwort gar nicht lange nachdenken. »Die Prinzessinnen von früher mußten auch sehr für ihr Volk leiden.«
Paul blickte sie verwundert an.
Maria versuchte sachlich zu argumentieren. »Sie waren oft in ihre Kleidung eingenäht und konnten sie selber nicht ausziehen.«

Pauls irritierter Blick bewegte Maria dazu, weiter zu sprechen. »Reißverschlüsse waren noch nicht erfunden, und Knöpfe sahen oft genug nicht gut aus.«
Sie waren bei der Bushaltestelle angekommen und warteten.
Paul merkte an, das die Prinzessinnen oft auch in diese strengen Korsetts eingeschnürt waren.
Maria blickte Paul mit einem rätselhaften Blick an. »So gesehen bin ich eine echte Prinzessin.«

Obwohl Paul die Antwort eigentlich schon wusste und er es sich nur nicht eingestehen wollte, fragte er: »Wie meinst Du das?«
Statt einer Antwort trat Maria ganz dicht an Paul heran und schmiegte sich mit ihrem Oberkörper dich an seinen.
Paul spürte es deutlich an seinem Körper, und doch begriff er nur langsam: »Du trägst auch solche Korsetts?«
Maria lächelte nur.

Jetzt wurde Paul mutiger. »Und warum kannst Du nur so langsam gehen?«
Maria schien auf diese Frage vorbereitet zu sein. »Das hat andere Gründe.« Sie holte tief Luft. »Die Prinzessinnen habe sich stets langsam und würdevoll bewegt. Und meine Mutter sorgt dafür, dass ich das auch machen muss.« Den wahren Grund, die doppelten Schenkelbänder, wollte sie jetzt noch nicht erwähnen.

Paul war fast sprachlos. »Ich bewundere Dich, dass Du das so durchhältst.«
Maria seufzte. »Es ist nicht immer einfach.«

Paul hätte gern noch mehr gefragt, doch in diesem Moment bog der Bus um die Ecke und rollte langsam heran.
Wieder tat sich Maria sehr schwer mit dem Einsteigen, doch sie war zu stolz, um sich helfen zu lassen. Paul paßte lediglich auf, das sie nicht ins Stolpern kam. Insgeheim bewunderte er Marias eisernen Willen und dass sie es schaffte, trotz ihrer so strengen Einschränkungen noch so behände zu sein.

Es war nur noch ein Sitzplatz frei. Maria schien stehen bleiben zu wollen, obwohl sie den freien Platz sicher auch entdeckt hatte. Doch zu Pauls Überraschung brauchte es von ihm nur einen auffordernden Blick und Maria ging auf den freien Platz zu. Sie setzte sich vorsichtig, und Paul stellte sich neben sie.
* * *
Paul hatte es schon auf dem ganzen Rückweg gespürt. Maria war von einer gewissen Unruhe erfüllt. Aber sie schien sich auch auf das Kommende zu freuen, denn sie ging für ihre Verhältnisse sehr schnell.
Paul selber ahnte nicht, was auf ihn zu kam. Sie hatten ihm nur etwas von Schönheitsprogramm und der »Schönen Nacht« gesagt. Doch was dies wirklich für ihn und Maria bedeuten sollte, das ahnte er noch nicht. Doch er war sensibel genug, um sich von Marias Unruhe anzustecken.

Mrs. Potter stand schon an der Haustür, als sie das Grundstück betraten. Schon aus der Ferne war auch bei ihr eine gewisse Anspannung zu spüren, obwohl sie versuchte, ganz locker zu erscheinen. Paul hatte den üblich strengen Ton zur Begrüßung erwartet, doch zu seinem Erstaunen klang ihre Stimme eher liebevoll und fast zärtlich. »Na, ihr beiden, hattet ihr einen schönen Nachmittag im Kino?« Sie schien ehrlich interessiert sein.
Maria schien die Stimmung zu genießen. »Es war ein schöner Film.« Sie strahlte.

Paul reichte Mrs. Potter nervös das Schlüsselbund und versuchte ein Lächeln. »Wir haben es nicht gebraucht. Maria wollte nicht.« Noch immer klang Erstaunen in seiner Stimme mit.

Mrs. Potter erwiderte nichts. Doch sie nahm das Bund in die Hand und schloß das Cape auf. Sie öffnete die Schlösser vom Halskorsett und vom Handschuh und band die Bänder los. Maria wartete geduldig, bis sie ihr den Handschuh abgenommen hatte, dann bewegte sie ihre Arme und schien fast so etwas wie Gymnastik zu machen. Sie blickte Paul und lächelte etwas. »Das tut gut.«

Paul war beruhigt und doch auch zugleich sehr nervös, denn er wusste immer noch nicht, was kommen würde.
Mrs. Potter bat die beiden ins Eßzimmer und fragte nebenbei, wie denn der Film war.

Maria erzählte von der Schneiderstochter, die zur Prinzessin wurde, und ihre Augen leuchteten dabei. Paul war erstaunt, wie genau Maria den Film wiedergeben konnte. Er selber hatte im Kino fast nur Augen für Maria gehabt. Ihm ging durch den Kopf, dass Maria mit diesem seltsamen Halskorsett natürlich ständig auf die Leinwand schauen musste. Von den vielen Tränen sagte Maria nichts.

Auf dem Tisch waren Schnittchen vorbereitet und Getränke standen bereit. Mrs. Potter forderte die beiden auf, sich zu stärken vor der so wichtigen Nacht. Beide griffen zu und ließen es sich schmecken.
Paul wollte ehrlich mehr wissen, doch er wusste nicht so recht, wonach er fragen sollte. »Und wie lange dauert diese Nacht?«

Maria freute sich über seine Frage. »Wir wollen Morgen früh in den Gottesdienst, deswegen muss ich früh aufstehen.«

Paul war in diesem Moment entschlossen, auch einmal wieder zur Kirche zu gehen, obwohl er lange Zeit nicht einmal an daran gedacht hatte. Deswegen fragte er, in welche Kirche Maria gehen würde. Er bekam als Antwort die Christuskirche genannt. Er hoffte, dass seine Oma wissen würde, welche Kirche das war, denn er selber wusste es nicht. Doch das wollte er nicht zugeben.
* * *
Die Spannung im Eßzimmer war immer deutlicher zu spüren. Doch weder Mrs. Potter noch Maria machten den Anschein, als wäre etwas eilig oder schnell zu erledigen. Im Gegenteil, Paul kam es eher so vor, als würden sie ´es´ künstlich hinauszögern.

Schließlich war es Maria, die das Signal gab. Sie stand auf, nahm diese formale Haltung an, die Paul schon öfters bei ihr gesehen hatte, und wartete, bis ihre Erzieherin ihr die Erlaubnis zum Sprechen gab. Mit ruhiger Stimme bat Maria: »Ich wäre dann bereit für die Schöne Nacht.«

Ihre Erzieherin schien auf diesen Moment gewartet haben, denn jetzt stand auch sie auf und ging zur Tür. Sie öffnete sie und mit einer Handbewegung lud sie Maria ein. »Nun denn, ich erlaube Euch, zum Umziehen zu gehen.«

Paul kam das Ganze schon sehr seltsam vor. Ihm schien es, als spielten sie ein Spiel, denn ihrer beider Benehmen war auf einmal sehr formal und steif.
Maria drehte sich erst in Richtung Tür, dann knickste sie und ging dann mit kurzen aber feierlichen Schritten aus dem Raum. Gleich darauf hörte Paul sie auf der Treppe.
Ihre Erzieherin wandte sie sich an Paul. »Du könntest mir bei den Vorbereitungen helfen.« Sie bat ihn, ihr zu folgen. Sie gingen ebenfalls nach oben. Sie betraten ein sehr schlicht eingerichtetes Zimmer. Es standen dort nur ein Bett mit einem kleinen Nachschrank sowie eine große Schrankwand. An der Wand stand noch ein Tisch nahe beim Bett.

Mrs. Potter machte eine der Schranktüren auf und bat Paul, alles aus zwei bestimmten Fächern auf den Tisch zu legen. Paul kam der Bitte sofort nach. Sie selbst nahm etwas sehr großes aus Leder aus dem Schrank und legte es auf den Tisch.
»Ich sehe mal kurz nach Maria.« informierte sie Paul, dann ging sie ins Nebenzimmer.
* * *
Paul kontrollierte noch einmal, ob er wirklich alle Gegenstände aus dem Schrank genommen hatte. Beide Fächer waren leer.
Paul ging wieder zum Tisch und blickte recht ratlos auf die vielen Sachen, die er auf den Tisch gelegt hatte. Fast alle Gegenstände waren aus Leder, ein paar Sachen aus Stoff waren dabei, und sehr viele Schnüre. Er fragte sich, was mit Maria wohl passieren würde.

Mrs. Potter kam zurück in den Raum und blickte Paul prüfend an. »Maria kommt gleich.« Dann sah sie sein fragendes Gesicht. Und musste lächeln. »Sobald Maria kommt, werden wir Dir erklären, was dies alles soll.«

Sie ließ ihren Blick über den Tisch gleiten, dann nahm sie den einen oder anderen Gegenstand zur Hand und schien ihn noch etwas herzurichten.
Paul sah ihr mit einer Mischung aus Faszination und Unsicherheit zu. Er hatte keine Idee, was als nächste passieren würde, und er konnte sich unter einer »schönen Nacht« immer noch nichts vorstellen.

27. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 06.01.14 22:13

He du sollst deine Charaktere Foltern nicht uns Leser!!
Interessante Fortsetzung. Ich hätte echt nicht damit gerechnet das Paul und Maria sich einen Märchenfilm ansehen.Mußten?
Dorothea ist Mrs. Potter? Bin ja auf die "schöne" Nacht gespannt.
Schön wie Paul sich dann doch etwas gegen Marias Dickkopf durchgesetzt hat.
28. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 05:31

Zitat
Ich hätte echt nicht damit gerechnet das Paul und Maria sich einen Märchenfilm ansehen.Mußten?

Naja... um die Uhrzeit lief eben nichts anderes..
Zitat
Dorothea ist Mrs. Potter?

Stimmt, an dieser Stelle sind die Namen etwas ungünstig gewählt. Dorothea ist der Vorname von Mrs. Potter. Thea ist der Vorname der Kinobetreiberin.
29. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 05:34

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Die Tür zum Nachbarzimmer ging langsam auf und Maria trat mit einem Strahlen im Gesicht in das Schlafzimmer. Paul sah erstaunt, dass sie einen langen roten Umhang trug, der locker um ihre Schultern geschwungen war. Darunter war viel weiß zu sehen.
»Nun, meine Prinzessin«, die Stimme von Mrs. Potter hatte sich etwas verändert, sie klang auf einmal recht förmlich, »seid ihr bereit für Eure Schöne Nacht?«

Maria blieb mitten im Zimmer stehen, und statt einer Antwort breitete sie ihre Arme so aus, dass das Umhangtuch hinter ihr zu Boden fiel. Paul blickte atemlos auf Marias Figur, die sich deutlich unter dem sehr eng anliegenden Catsuit abzeichnete.
Marias Erzieherin drehte sich zu Paul hinüber und flüsterte ihm ziemlich vertraut zu. »Sie liebt diesen Auftritt.«

Paul blickte sehr erstaunt zwischen Maria und ihrer Erzieherin hin und her. Er wusste überhaupt nicht, was er von diesem seltsamen Schauspiel halten sollte.
»Nun, dann kommt herbei, es ist alles bereit.« Wieder klang Mrs. Potters Stimme sehr feierlich.

Maria ging bewußt langsam auf ihr Bett zu und stellte sich neben das Bett. Auf einmal entspannte sich ihr Blick.
Mrs Potter drehte sich wieder zu Paul, dessen Gesicht immer ratlosere Züge annahm. Trotz der Anspannung, die im Raum lag, wurde ihre Stimme etwas weicher, als sie jetzt Paul anblickte, aber mit Maria sprach. »Ich glaube, meine liebe Maria, wir sind Paul jetzt ein paar Erklärungen schuldig.«

Es schien Maria im ersten Moment nicht recht zu sein, dass sie aus ihrem Spiel gerissen wurde, doch dann sah sie es ein und drehte sich ebenfalls in Richtung ihres Freundes. Mit leiser Stimme begann sie zu erklären: »Ich mache jede Samstag Nacht ein besonderes Schönheits- und Haltungsprogramm.« Ihre Stimme klang seltsam ernsthaft.

Paul blickte sie sowohl erwartungsvoll als auch etwas schüchtern an.
»Es freut mich, dass Du mir nächste Woche helfen willst.« Was sie von Margarete hielt, behielt sie lieber für sich. »Bitte wundere Dich aber über nichts.«
Paul ahnte noch nicht, was alles auf ihn zu kommen sollte, deswegen klang seine Stimme in diesem Moment noch ziemlich zuversichtlich. »Was muss ich denn alles machen?«

»Als erstes wird sich Maria ihre Bettstiefel anziehen.« Mrs. Potter ging zum Tisch und winkte Paul zu sich. Sie nahm sich einen der Stiefel und gab ihn Paul. Der nahm ihn an und blickte sehr erstaunt auf die seltsame Fußform, die Marias Füße gerade gestreckt in einer Linie mit ihrem Bein halten würde.. Er blickte zuerst zu Maria, dann zu ihrer Erzieherin. »Aber damit kann Maria doch dann nicht mehr gehen, oder?«

Maria war auf ihn zugekommen. Sie versuchte, sehr liebevoll zu klingen. »Das sind ja auch meine Bettstiefel.« Sie hielt kurz inne, sie schien zu überlegen. Dann strahlte sie. »Wenn ich mich festhalten kann, dann kann ich den Stiefeln aber trotzdem gehen.« In diesem Moment strahlte sie sehr viel Stolz aus.
Sie ging auf ihr Bett zu und setzte sich. Dann hob sie ihr Bein und blickte Paul bittend an. »Laß uns anfangen.«

Jetzt hatte Mrs. Potter doch das Gefühl, einschreiten zu müssen. »Wir hatten das doch anders besprochen, meine Liebe.« Sie blickte sie zärtlich, aber bestimmt an.
Maria schien sich zu erinnern. »Ach ja richtig«, sie wandte sich an Paul. »Wir wollten die Sachen vorher besprechen.« Sie zeigte auf den großen Stapel, aus dem ihr großes Ganzkörperkorsett natürlich hervorstach. Doch dann blickte sie wieder etwas ratlos auf ihre Erzieherin. »Womit fangen wir an?«
Mrs. Potter wollte die Stimmung möglichst lange beibehalten und ließ sich deswegen von Maria leiten. Sie blickte auf Paul und dann wieder auf den Tisch und all die Sachen, die darauf bereit lagen.

Doch es war Paul, der die Initiative ergriff. Er ging auf den Tisch zu und blickte stumm auf all die Sachen, die dort lagen. Sowohl Maria als auch Mrs. Potter hielten quasi den Atem an. Paul nahm den einen oder anderen Gegenstand in die Hand, doch es schien, als wisse er nicht, was jetzt wirklich von ihm erwartet wurde.
Schließlich hielt Paul einen der Gegenstände hoch und fragte mit leiser Stimme, was das sei.

Maria musste zweimal schlucken, als sie sah, was Paul in der Hand hielt. Es war ihr verhaßter Mundschutz. Ihre Erzieherin war genauso betroffen. Sie wusste, was Maria von diesem Knebelgerät hielt und sie überlegte, wie sie es Paul wohl erklären könnte.
Doch Maria nahm allen ihren Mut zusammen und versuchte zu erklären. »Das ist mein Mundschutz. Den trage ich im Mund, wenn ich die Haube aufgesetzt bekomme. Er wirkt wie eine Zahnspange und verhindert, dass sich meine Zähne langfristig verschieben, wenn meine Haube geschnürt ist.«
Paul war sprachlos und blickte noch einmal auf diesen seltsamen Gegenstand, und er überlegte, wie der wohl in Marias Mund gehören würde. Er fragte das offensichtliche. »Reden kannst Du dann nicht mehr, oder?«

Maria blickte ihn nur an, und statt einer Antwort fragte sie sich, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn Paul ihr den Mundschutz einmal einsetzen würde, und zu ihrem eigenen Erschrecken stellte sie fest, dass sie sich fast etwas darauf freute.

»Dann ist das hier die Haube, die dazu gehört?« Er hielt eine Art Stoffbeutel in der Hand, der auf den zweiten Blick als Kopfhaube zu erkennen war. Maria konnte in diesem Moment zunächst nur schüchtern lächeln. Doch dann konnte sie weiter erklären. »Der Stoff wird oft noch mit einer Creme eingestrichen, und darüber kommt dann noch eine Lederhaube, damit er gut anliegt und die Creme gut wirken kann..«
Paul sucht auf dem Tisch diese angesprochene Haube. Schließlich hatte er etwas gefunden, und als Maria leicht nickte, betrachtete er die Lederhaube etwas genauer. Er erschauerte, als er sah, dass die Haube nur eine Öffnung für die Nase hatte. Mund- und Augenöffnungen waren nicht vorhanden. Unbewußt sprach er seine Gedanken aus. »Die ist aber streng.«

Statt einer Antwort seufzte Maria. Doch ein strenger Blick von Mrs. Potter ließ sie ein »es geht« ergänzen. Es klang allerdings nicht besonders überzeugt.
Paul schob die Sachen auf dem Tisch etwas zusammen und legte die bisher schon untersuchten Gegenstände auf die freie Fläche. Dann nahm er aus dem anderen Haufen wieder etwas auf und hielt es hoch.

Maria stand vom Bett auf und ging zu Paul hinüber. Sie blickte erst ihn liebevoll an, dann sah sie auf den Gegenstand in seiner Hand. »Das ist einer meiner â€? Stiefel.« Die Pause vor dem Wort Stiefel sprach Bände. »Aber die hatten wir ja schon.«
Trotzdem hielt Paul den Stiefel noch etwas länger in der Hand hielt schien darüber zu grübeln. Dann schien er sich zu besinnen. »Ach ja richtig.«
Maria hatte das Gefühl, noch etwas sagen zu müssen. »Sie sind wesentlich bequemer als sie aussehen.« Paul blickte sie ungläubig an. Dann legte er den Stiefel zu den schon untersuchten Sachen.

Maria griff zum anderen Stiefel und legte ihn ebenfalls zu den untersuchten Sachen. Sie lächelte.
Paul war im ersten Moment von ihrer Initiative fast etwas überrumpelt. Doch dann hatte er sich wieder gefaßt. Er griff wieder zu einem von zwei gleichen Gegenständen. Es war eine etwa armlange Röhre, die der Länge nach offen war, und an den Rändern war wie bei einem Korsett eine Schnürung angebracht.
Maria blickte auf den Gegenstand, und recht spontan rutsche ihr ein »Die trage ich nicht so gern, die machen mich immer so unbeholfen« heraus. Doch dann schien sie ihren Satz zu bereuen. Immerhin hatte sie mit ihrer Erzieherin vereinbart, Paul zu den Gegenständen immer nur etwas positives zu sagen. Sie versuchte, den Fehler wieder gut zu machen. »Das sind meine Armkorsetts.« Sie strich sich über ihren Unterarm. »sie sorgen für schöne schlanke Arme. Und im Bett stören sie mich kaum.« Dabei blickte sie Paul ermutigend an.

Doch Paul hatte noch den ersten Satz im Kopf und war entsprechend voreingenommen. Er nahm das zweite Armkorsett dazu und legte beide zusammen zu den schon untersuchten Gegenständen. Doch Marias Vorbehalte hatte er sich gemerkt.
Der nächste Gegenstand, den Paul in die Hand nahm, hatte die Form eines übergroßen Fausthandschuhs ohne Daumen, war jedoch flach wie eine Zigarrenkiste und völlig starr.

»Das sind meine Handschuhe.« Paul blickte Maria etwas ratlos an. Maria nahm sich den zweiten Handschuhkasten vom Tisch und fingerte etwas an der Seite des Kastens. Es machte ´Klick´, und der Deckel des Handschuhs sprang auf. Maria zeigte Paul das Innenleben ihres zukünftigen Handgefängnisses, in dem scheinbar in sehr festem, mit schwarzem Stoff überzogenen Schaumstoff die Form einer schlanken Hand ausgespart war, und zeigte ihm, wie es anzuwenden sei. Sie legte ihre Hand hinein und klappte den Deckel wieder zu. Doch es war zu sehen, dass er nicht mehr von allein zuging.
Maria trat zu Paul reichte ihm ihre im Kasten steckende Hand, während sie den Kasten noch mit den anderen Hand festhielt. »Du mußt den Kasten kräftig zudrücken.« Paul griff zunächst mit einer Hand zu dem Kasten und wollten ihn einfach zudrücken. Doch er musste erstaunt feststellen, dass der Kasten einfach nicht nachgeben wollte.

Maria sah seine Bemühungen und wollte ihm Mut machen. »Du mußt mit beiden Händen kräftig zudrücken. Meine Hand wird innen dann richtig zusammengepreßt.« dass dies die falsche Wortwahl war, wusste Maria, als sie Pauls entsetztes Gesicht sah.
»Nein!« Paul war bemüht, seine Stimme recht energisch klingen zu lassen. »Das kann ich nicht.« Er suchte nach Worten. »Ich...« Er wurde fast etwas lauter. »Das kann ich dir doch nicht antun.«

Maria legte den Handschuh auf den Tisch und ging mit ganz ruhigen Schritten auf Paul zu. Sie nahm seine Hand und hielt sie fest. »Du tust mir nicht weh. Es hat alles seine Richtigkeit. Der Handschuh sorgt dafür, dass ich schöne schlanke Finger bekomme. Und dafür muss er natürlich so eng sein.«
Paul wollte noch nicht nachgeben. »Aber diese ganzen Sachen hier. Du kannst Dich doch dann gar nicht mehr bewegen.« Für Marias leuchtende Augen hatte er in diesem Moment keinen Blick. Stattdessen ließ er seinen Blick noch einmal über all die Sachen auf dem Tisch schweifen.
Mrs. Potter stand noch neben dem Kleiderschrank und hielt in diesem Moment unbewußt den Atem an. Dies war ein ziemlich kritischer Moment. Wie würde er wohl reagieren?

Paul trat vom Tisch zwei Schritte zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, das werde ich Dir nicht antun. Das traue ich mir nicht zu.«
Mrs Potter hatte genaugenommen mit dieser Reaktion gerechnet, und sie war sehr gespannt, wie Maria mit dieser Situation umgehen würde. Sie wusste selbst, dass sie in diesem Moment nicht eingreifen durfte. Das war etwas, was die beiden Liebenden unter sich ausmachen mußten. Sie würde später eingreifen, wenn Paul irgendwelche Fehler machen würde beim Anlegen der vielen Gegenstände.
Maria trat zu Paul und blickte ihn liebevoll an. Sie nahm seine etwas zitternde Hand und hielt sie fest. »Bitte laß es uns versuchen.« Sie blickte zu dem Tisch und dann wieder in Pauls Gesicht.
Paul war immer noch fest entschlossen, seiner Freundin solche Grausamkeiten nicht antun zu wollen. Doch er wusste nicht, was er sagen sollte. Er schüttelte halbherzig den Kopf.

»Bitte, ich mache das sehr oft...« Sie schien nach Argumenten zu suchen. »Es ist wirklich mein eigener Wille, es hat Erfolg, und ich helfe Dir auch dabei.«
Pauls Blick wandelte sich zu Erstaunen.
Maria fuhr fort. »Du tust mir dabei nicht weh, und ich trage diese Sachen auch sehr gern.«
Paul blickte sie noch erstaunter an. Er hatte bisher Zweifel gehabt, weil Maria sich bei einigen Gegenständen doch eher negativ geäußert hatte.
Maria beugte sich zu ihm hin und küßte ihn kurz auf den Mund. Dann blickte sie ihn wieder an. »Bitte laß es uns versuchen. Zusammen schaffen wir das.«
Mrs Potter war in diesem Moment sehr stolz auf Maria. Doch genauso war ihr klar, dass sie die beiden auch nicht stören durfte.
Paul kämpfte sehr mit sich selbst. Sein Blick wechselte zwischen den Sachen auf dem Tisch und Marias so leuchtenden Augen.
»Und nächste Woche muss ich das also ganz alleine machen?« Seine Stimme zitterte etwas.

In diesem Moment wußten die beiden Frauen, dass sie es geschafft hatten. Maria umarmte Paul und küßte ihn. »Danke, das Du mitmachst. Das ist schön.«
Paul ging die wenigen Schritte zum Tisch und blickte noch einmal mit einem Seufzer auf die seltsamen Gegenstände. »Ich will es versuchen.« Es war ihm anzuhören, dass es ihm nicht leicht fiel. »Womit fangen wir an?«

In Mrs. Potter kam etwas Bewegung. Sie ging auf Paul zu und reichte ihm einen Schnellhefter. Paul wusste zunächst nicht, was er damit sollte. Auf dem Deckblatt stand irgendetwas von Therapie, und oben rechts stand etwas von Klinik und einer Adresse.
Mrs. Potter war bemüht, ihre Stimme wichtig, aber gutmütig klingen zu lassen. »Ab der Seite 20 ist die Variante fünf beschrieben. Dort ist haarklein aufgeführt, was ihr machen müsst. Doch laß es Dir lieber von Maria zeigen, und nur wenn ihr gar nicht mehr weiter wißt, nehmt es zu Hilfe. An vielen Stellen ist es nämlich etwas übergenau beschrieben.«

Maria flüsterte ein »Meine Mutter wieder«, und sie verdrehte leicht die Augen. Ein Räuspern von ihrer Erzieherin ließ sie leicht zusammenzucken.
Doch dann ergriff sie die Initiative. Sie nahm die beiden Stiefel vom Tisch und ging auf ihr Bett zu. Sie drehte sich zu Paul um und fragte ihn mit sehr liebevoller Stimme: »Kommst Du und ziehst mir die Stiefel an?« Dann setzte sie sich auf das Bett und blickte Paul erwartungsvoll an.
Dieser ging auf Maria zu und kniete sich vor sie hin. Maria reichte ihm den ersten Stiefel und streckte ihm das Bein so hin, dass er den Stiefel einfach darüber streifen konnte.

»Achte darauf, dass er gut sitzt.« Mrs. Potter war neben ihn getreten und zeigte ihm, worauf er bei dem Stiefel besonders achten sollte. »Natürlich hat der Schuh vorn eine Stahleinlage, damit er gut paßt.«
Paul warf einen Blick auf die Stiefelspitze, und es fiel ihm auf, dass sie an der Spitze schon ziemlich verkratzt und abgerieben war. Sollte Maria mit diesen Stiefeln wirklich gegangen sein?

Maria war seinem Blick gefolgt und ahnte, was ihm durch den Kopf ging. »Ich kann mit den Stiefeln gehen. Es ist nur nicht einfach, das Gleichgewicht zu halten, so ganz auf den Zehenspitzen.« Sie machte eine Pause und lächelte. »Es ist leichter als Ballett.«
»Sitzt er gut?« Paul traute sich zu fragen.
Er sah, das Maria versuchte, ihre Beinmuskeln etwas zu bewegen. Doch schon jetzt schien der Stiefel ihr viel Freiheiten zu nehmen. »Ja, sitzt perfekt, Du kannst ihn zuschnüren.«

Das Zuschnüren kannte Paul schon von Marias seltsamem Monohandschuh, und deswegen machte ihm der Stiefel hier keine Probleme. Sehr bald war er oben am Stiefelrand angekommen und konnte eine Schleife machen.
Wieder probierte Maria, ihren Fuß zu bewegen, und als sie spürte, dass so gut wie keine Bewegung mehr möglich war, schien sie zufrieden. Sie setzte ihr Bein auf dem Boden ab und streckte dafür das andere vor.

Beim zweiten Stiefel tat sich Paul schon etwas leichter, und doch ließ er auch hier Maria den Sitz prüfen, bevor er mit der Schnürung begann.
Nach dem auch der zweite Stiefel geschlossen war, griff Maria an einen der Bettpfosten und versuchte langsam aufzustehen. Vorsichtig fing sie an, ihre Beine in den Stiefeln zu belasten, und zu Beginn stand sie auch ziemlich unsicher.

Mrs. Potter wusste, dass sie hier eingreifen musste, denn an dieser Stelle entwickelte Maria immer zuviel Ehrgeiz. Sie bat Paul, Maria gleich in den Arm zu nehmen und ihr auf dem Weg zum Trapez zu helfen. Paul hatte schon verstanden, warum Maria unbedingt Hilfe brauchte. Er ging auf sie zu und legte den Arm um sie. Er spürte sofort, wie unsicher sie in diesem Moment war.

Maria schien sich entschuldigen zu wollen. »Ich brauche noch viel Übung.« Sie keuchte etwas. Nur langsam begriff Paul, das Maria es wohl eher scherzhaft gemeint hatte.
Doch was war mit dem Trapez gemeint? Paul fragte in die Runde.

Maria zeigte ihm die Trapezstange, die neben dem Fußende des Bettes in der Luft hingt. Sofort fielen ihm die starken Ledermanschetten auf, die an der Trapezstange angebracht waren.
Es schien, als wusste Maria schon, was Paul als nächste hätte sagen wollen, denn sie versuchte ihn zu beruhigen. »Das brauche ich nur für das Anlegen des großen Korsetts. Danach mußt Du mir da wieder runter helfen.«

Paul wusste in diesem Moment noch nicht, was Maria meinte, doch er spürte ihren Drang in Richtung dieser seltsamen Stange. Unter der Stange stand der kleine Hocker, und Maria bat Paul um extra Aufmerksamkeit, als sie vorsichtig zuerst das eine, dann das anderen Bein darauf stellte. Jetzt konnte sie sich strecken und war in der Lage, die Stange mit beiden Händen zu fassen.

Nach einem kurzen Augenblick schien Maria weiter machen zu wollen. Sie bat Paul, das große Nachtkorsett vom Tisch zu holen.
Paul ging zum Tisch und versuchte zu erkennen, was denn mit Nachtkorsett gemeint sein könnte. Doch erst als Mrs. Potter ihn auf die große lederne Hülle aufmerksam machte, wusste er, was Maria jetzt haben wollte.
Er hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Ich habe das für eine große Tasche oder so etwas ähnliches gehalten.« Er versuchte etwas zu lächeln.
Maria blickte ihn liebevoll an.

Er nahm das Lederungetüm vom Tisch und war sofort erstaunt über das Gewicht von Marias Korsett. Doch gleichzeitig fiel ihm auf, wie starr das Korsett auch war. Obwohl Paul es in der Mitte angefaßt hatte, gab es zu den Enden hin nicht nach, sondern blieb fast waagerecht. Unbewußt ahnte Paul, dass da wohl jede Menge Stahlstangen eingearbeitet waren, die das Korsett auf Form hielten. dass es auch die Trägerin in genauso fester Form hielt, das wurde ihm erst später klar.
Marias Augen leuchteten, als sie Paul mit dem Korsett auf sie zu kommen sah. Sie erklärte ihm, dass sie ihre Arme durch die Ärmel-Löcher an der oberen Seite des Nachtkorsetts stecken würde.

Paul versuchte, das Korsett in die richtige Position zu bringen, doch bei dem Gewicht tat er sich ziemlich schwer mit dem großen Lederungetüm.
Mrs. Potter versuchte ihm zu helfen. »Du kannst das Korsett ruhig auf dem Boden abstellen. Es steht fast von allein.«
Paul fand ihre Worte bestätigt, und so konnte er die Hülle in die Form bringen, die Maria erwartete.

Maria steckte zunächst einen Arm durch die Hülle und bat Paul, das Korsett etwas anzuheben. Damit konnte sie mit der Hand wieder an das Trapez fassen. Genauso verfuhr sie mit der anderen Hand.
Mrs. Potter zeigte Paul, wie er das Korsett so um Maria herum legen sollte, dass er es hinten zusammenziehen und sichern konnte.
Als Maria dies sah, bat sie Paul, sie kurz loszulassen.

Mrs. Potter sah Pauls Zögern und wollte ihn beruhigen. »Das macht Maria immer allein.«
Maria ließ zunächst eine Hand vom Trapez los. Es war ihr schon anzumerken, dass sie das zusätzliche Gewicht des schweren Lederkorsetts spürte. Sie legte ihre Hand in die Lederschlaufe, die an dem Trapez angebracht war. Paul sah, dass sie mit der Hand wirklich sehr sorgfältig umging. Es schien als versuchte sie eine sehr bequeme Haltung zu finden. Schließlich war sie zufrieden, und das Schauspiel wiederholte sich mit der anderen Hand.
Zunächst ging Maria in die Knie und schien auszuprobieren, ob sie sich den Schlaufen voll anvertrauen konnte. Sie musste nicht lange probieren, dann sagte ihr Gesichtsausdruck, dass sie zufrieden war.

Doch was jetzt kam, überraschte Paul. Sie hob ihre Beine hoch und stieß mit den Füßen den Hocker weg. All ihr Gewicht wurde jetzt nur noch von ihren Handgelenken getragen. Doch auch das schien sie gewohnt zu sein. Im ersten Moment wollte Paul ihr den Hocker wieder hinstellen, weil er glaubte, Maria wäre ein Mißgeschick passiert. Doch dann begriff er, dass sie ihn mit Absicht umgestoßen hatte.
Sie ließ ihren Blick zwischen Paul und ihrer Erzieherin hin und herwandern und strahlte sie an. »Ihr könnt loslegen.«
Paul blickte ziemlich unschlüssig, denn er wusste nicht, was jetzt wieder von ihm erwartet wurde. Erst als Marias Erzieherin ihm eine lange Schnur reichte, dämmerte es ihm.

»Die erste Schnur ist am schwierigsten, denn mit der mußt Du das Korsett in Form bringen.« versuchte Mrs. Potter ihm zu erklären. Sie bat ihn, sich vor Maria hinzuknien und zeigte ihm, wie er die Schnur einfädeln musste. Paul musste kräftig ziehen, um das Korsett zu schließen, und doch blieb noch ein großer Spalt auf ihrem Rücken offen.

Er keuchte und sagte, dass es nicht weiter zusammen gehe.
Marias Erzieherin erklärte ihm, dass er jede der Schnüre mehrmals nachziehen müsse, und sie reichte ihm die nächste Schnur.
Nach und nach legte sich das Korsett um Marias Körper, und der Spalt wurde immer kleiner.
Nach drei Schnürrunden war Mrs. Potter zufrieden. »So muss das nächste Woche auch aussehen.«

Bei diesen Worten erschrak Paul noch einmal, denn es wurde ihm klar, dass er es nächste Woche allein machen musste.
Maria hatte ihre Augen geschlossen und schien zu träumen. Jetzt öffnete sie sie wieder und blickte Paul verliebt an.
Paul hingegen hatte immer noch leise Zweifel, ob es richtig war, was er seiner Freundin hier antun musste. Doch Maria machte einen sehr zufriedenen und glücklichen Eindruck, und so verschwanden Pauls Zweifel langsam wieder.

Mrs. Potter erklärte das weitere Vorgehen. »Du mußt Maria jetzt auf das Bett helfen.« Sie zeigte ihm, wie er Marias Beine auf das Bett legen musste. »Dann kannst Du das Trapez langsam herunter lassen, bis Du Maria auf das Bett legen kannst. Erst dann darfst Du die Schlaufen öffnen.«
Paul spürte, dass er hierbei besonders vorsichtig sein musste. Doch er schaffte es, dass Maria genau in der Mitte des Bettes zu liegen kam. Sie sah sehr zufrieden aus.

Mrs. Potter ahnte, dass sie den beiden eine Pause gönnen musste.
Maria blickte Paul erleichtert an. »Danke.« Ihre Stimme war leiser als sonst. »Das war der schwierigste Teil. Du hast es gut gemacht.« Sie machte eine kleine Pause. »Setzt Dich bitte zu mir.« Sie zeigte mit dem Arm auf das Bett.

Paul kam der Bitte gern nach und hatte jetzt erstmals Zeit, einen Blick auf das Korsett zu werfen. Es war eine leicht glänzende Lederhaut, die sich streng um Marias Körper schmiegte. Überall zeichneten sich die langen Stahlstangen durch das Leder ab. Längs an der Körperseite entlang waren noch einige D-Ringe angebracht. Paul blickte verwundert auf die Ringe, doch eine Frage brachte er nicht mehr heraus.
Maria war seinem Blick gefolgt und lächelte. »Damit könnte ich noch auf das Bett gebunden werden. Das passiert manchmal, wenn ich die Arme frei habe.« Sie spürte, dass Paul einen Wunsch zu haben schien. »Du darfst mich gern mal anfassen.«

Paul war etwas beschämt darüber, dass sie seinen Wunsch erraten hatte, doch dann legte er sehr vorsichtig seine Hand auf mit Leder verpackten Körper seiner Freundin. Es fühlte sich ziemlich hart an. Er blickte Maria fragend an und diese schüttelte ganz leicht den Kopf. »Nein, ich spüre nichts davon.«
Paul bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken, wie streng er Maria hier für die Nacht zurechtmachen musste.

Es war Maria, die mit ihrer Verpackung weiter machen wollte. »Jetzt mußt Du mir die Korsetts für die Arme anlegen.«
Innerlich stöhnte Paul. ´Noch mehr Korsetts? Wie streng würde das denn noch werden?´
Maria schien seine Gedanken zu spüren. »Es wird nicht mehr lange dauern.«

Paul stand auf und ging zum Tisch. Er erinnerte sich an die Vorstellung der Sachen für Marias schöne Nacht, und so wusste er, was er jetzt in die Hand nehmen musste. Es waren die langen Röhren, die an der Seite offen waren und wo jeweils eine lange Schnürleiste auf seine Arbeit wartete.
Maria hatte den Kopf leicht erhoben und blickte zu ihm hinüber. Sie sah es ihm deutlich an, wie schwer es ihm fiel, und doch wusste sie keine Möglichkeit, wie sie es ihm leichter machen könnte. Und der schwerste Teil würde erst noch kommen. Maria seufzte innerlich, als sie an den Mundschutz und die Haube dachte.
Paul nahm beide Armkorsetts in die Hand und ging wieder zu Marias Bett. Er setzte sich an ihre Seite und legte die beiden Röhren vorsichtig neben Marias verpackten Körper.

Maria hob leicht ihren Arm und blickte Paul erwartungsvoll an. Dieser schien zu ahnen, was seine Freundin von ihm wollte, und so nahm er eine der beiden Röhren zur Hand. Als Maria die Röhre sah, musste sie sich erst einmal räuspern, bevor sie sprechen konnte. Trotzdem wurde es nur ein Flüstern. »Die ist für den anderen Arm.«

Paul brachte es nicht zustande, sich zu wundern. Wortlos legte er das Armkorsett auf Marias andere Körperseite und nahm sich das andere Korsett zur Hand. Es fiel ihm auf, dass das eine Ende größer war als das andere, und so vermutete er richtig, wie herum er es Maria anlegen musste. Trotzdem warf er einen fragenden Blick zuerst zu Maria, und als diese ganz leicht nickte, wusste Paul, dass er auf dem richtigen Weg war.

Die Schnürung ließ sich wesentlich leichter schließen als die des großen Korsetts, und er begann auch von selbst, die Schnürung noch einmal richtig fest zu ziehen. Maria blickte ihn dankbar an. Sie flüsterte ein leises »Danke«.

Trotzdem blickte Paul wieder etwas fragend zu Maria, als er mit dem einen Arm fertig war. Erst dann traute er sich und fasste Maria verpackten Arm einmal an. Auch hier spürte er nur sehr festes Leder, aber nichts mehr von Marias Arm, der darin eingeschnürt war.
»Jetzt noch den anderen Arm«, Marias Stimme war genauso leise wie liebevoll. Sie wusste, dass sie Paul hier nicht verschrecken durfte. Dieser Samstagabend kostete Maria sehr viel Kraft.

Mit der Einschürung des zweiten Armkorsetts war Maria ebenfalls sehr zufrieden. Sie blickte Paul verliebt an. »Jetzt meine Handschuhe.«
Paul erinnerte sich mit Grausen an diese beiden seltsamen Kästen, die sie ihm vorhin gezeigt hatten. Er wollte gerade aufstehen, um sie vom Tisch zu holen, als er bemerkte, das Mrs. Potter neben ihm stand und ihn einen der beiden Handschuh reichte. Im ersten Moment war Paul etwas erschrocken, denn er war sich der Anwesenheit von Marias Erzieherin gar nicht mehr bewusst gewesen.

Mrs. Potter gab sich Mühe, ihre Stimme ruhig und leise klingen zu lassen. »Das Armkorsett trägt ein wenig auf, deswegen mußt Du noch etwas kräftiger drücken.«
Paul hatte nicht mehr die geistige Kraft, um sich dagegen zu wehren. Er nahm den Handschuhkasten, drückte auf den kleinen Knopf zum Öffnen und beugte sich zu Maria, die ihm ihre Hand schon entgegen streckte.

Wieder versuchte Mrs. Potter den beiden zu helfen. »Mache es ganz langsam zu, damit Maria genug Zeit hat, um den richtigen Platz zu finden.«
Paul konnte nur noch leicht nicken. Dann hielt er Maria den Kasten so hin, dass sie ihre Hand innen in die Ausbuchtung legen konnte.
Erst als sie ihn ansah, begann Paul ganz langsam, den Kasten vorsichtig zusammenzudrücken. Er beobachtete, wie der Spalt millimeterweise kleiner wurde, bis es schließlich »Klick« machte. Erst nach einem prüfenden Blick in Marias Gesicht konnte Paul sich für einen Moment entspannen.

Mrs. Potter reichte ihm den zweiten Handschuh. Paul holte noch einmal tief Luft, dann stand er auf und ging auf die andere Seite des Bettes. Er setzte sich wieder und legte auch diesen Kasten um die Hand, die Maria ihm hinhielt. »Klick«
Paul glaubte, den schlimmsten Teil überstanden zu haben. Er blickte auf mit sorgenvollem Gesicht auf Marias so streng verpackten Körper. Warum nahm sie das bloß auf sich.

Marias Stimme riß ihn aus seinen Gedanken. »Jetzt kannst Du mir noch die Arme am Körper festschnallen.«
Paul blickte zunächst etwas verwundert.

»Auf dem Tisch müßten noch ein paar einzelne Lederriemen sein.« Maria konnte vom Bett aus nicht mehr auf den Tisch sehen.
Paul stand auf und ging zum Tisch hinüber. Tatsächlich, dort lagen noch jede Menge Riemen. Vier kürzere und unzählige lange Riemen. Fast schon mit etwas Resignation und Galgenhumor fragte er: »Die kurzen oder die langen?«

Mrs. Potter war zu ihm an den Tisch getreten und zeigte sanft auf die kurzen Riemen. »Diese hier. Die langen kommen später.« In diesem Moment wollte Paul gar nicht wissen, wofür diese noch waren.

Er nahm sich die vier Riemen und trat wieder an das Bett. Er blickte auf Marias Bettkorsett und auf die Arme und sah, dass an je zwei Stellen extra Schnallen angebracht waren, durch die er je einen der Riemen ziehen konnte. Er fädelte den Riemen ein und blickte fragend zu Maria »Richtig so?«
Maria war zufrieden. Ihre Arme waren jetzt genauso unbeweglich wie ihr restlicher Körper. Doch innerlich war sie sehr aufgewühlt. Jetzt kam das schlimmste. Ihr Mundschutz und die Haube. Sie haßte es, doch sie wusste, dass sie es jetzt nicht zeigen durfte. Wenn sie auch nur ein winzige Träne verlieren würde, dann würde Paul sicher weglaufen, und das wollte sie noch weniger.

Paul wollte sich gerade wieder erheben, um den Rest vom Tisch zu holen, als Mrs. Potter ihn aufhielt. »Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für Dich, um Maria eine Gute Nacht zu wünschen. Später wird sie nicht mehr reden können.« Sie drehte sich höflich um.
Bei Paul lief eine Träne über das Gesicht, denn es tat ihm sehr weh, was er Maria hier im Namen der Schönheit antun musste. Noch schlimmer war für ihn der Gedanke, dass er es nächste Woche allein machen musste.

Maria ahnte, was in ihm vorging und sie versuchte, ihn zu trösten. »Glaub mir, es hat alles seine Richtigkeit.« Gern hätte sie ihm die Träne weggewischt, doch sie konnte sich nicht mehr bewegen.
Paul beugte sich zu Maria herunter und wünschte ihr eine gute Nacht, dann gab er ihr einen Kuß.

* * *
Mrs Potter beobachtete die beiden nur aus dem Augenwinkel. Sie war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden, und insgeheim erfüllte es sie mit Stolz, wie tapfer Maria ihre »schöne Nacht« verteidigt hatte.
Nachdem jetzt das meiste gemacht war, wollte sie den beiden Zeit lassen, sich in Ruhe zu verabschieden. Denn jetzt kam noch Marias Mundschutz und die Haube. Sie wusste, was Maria bisher davon gehalten hatte.

Doch zu ihrem großen Erstaunen fragte Maria jetzt von selbst nach ihrem Mundschutz, und Paul stand auf. Er ging zum Tisch und blickte fragend darauf umher. Mrs. Potter trat zum ihm und zeigte ihm die Gegenstände, die er jetzt mit zum Bett nehmen sollte.
Als Maria Paul mit ihrem Mundschutz in der Hand sah, schloß sie die Augen, hielt die Luft an und machte ihren Mund weit auf. Spannung lag in der Luft.
Doch es passierte nichts und so machte sie die Augen wieder auf. Sie musste trotz ihrer Anspannung lachen. Paul blickte mit sehr rätselhaftem Gesicht auf den sehr seltsamen Gegenstand in seinen Händen. Er drehte ihn hin und her und er hatte überhaupt keine Idee, wie dieses seltsame Ding wohl zu benutzen sei.
Marias doch ziemlich unbeschwertes Lachen riss ihn aus seinen Gedanken, und er blickte sie erstaunt und fragend an. Eine Frage brachte er jedoch nicht mehr über die Lippen.

»Das mußt Du mir in den Mund stecken. Wie bei den Boxern, die tragen sowas auch.«
Paul hatte allerdings noch nie einen Boxkampf gesehen, so dass ihm dies auch nicht weiter half. Er drehte das seltsame Plastikteil langsam in seinen Fingern.
Es fiel Maria erstaunlich leicht, darüber zu sprechen. »Hinten in das Loch werde ich meine Zunge stecken. Und meine Zähne kommen in diese Vertiefungen.«
Paul warf noch einmal einen Blick auf das Teil. Jetzt glaubte er verstanden zu haben, wie Maria es tragen würde. Er drehte es so, dass das Loch auf Marias Mund zeigte, und blickte Maria fragend an.

»So ist es richtig.« Ihre Stimme zitterte nicht. Langsam machte sie ihren Mund auf. Paul schob ihr den Mundschutz sehr vorsichtig in die Mundhöhle, und dabei spürte er, dass Maria mit ihrer Zunge noch etwas die Richtung anpaßte. Dann sah er ganz fasziniert, wie Maria ihren Mund langsam zumachte. Erst als seine Finger Marias Lippen spürten, ließ er los.

Maria war total aufgewühlt. Paul hatte ihr den Mundschutz eingesetzt, und es fühlte sich auf einmal ganz anders an als bei ihrer Erzieherin. Sie blickte Paul verliebt an.
Paul ließ sich von ihrer Stimmung anstecken. Er verstand, dass seine Freundin jetzt nicht mehr reden konnte, und dass er ihr gerade sozusagen die Lippen versiegelt hatte. Er beugte sich zu ihr herunter, und seine Lippen berührten noch einmal die ihrigen. Maria ließ ein wohliges Stöhnen hören. Im ersten Moment wunderte sich Paul, doch dann dämmerte ihm, das Maria sich jetzt nicht mehr anders äußern konnte.
Es tat Mrs. Potter ein klein wenig weh, dass sie jetzt eingreifen musste, doch sie hatte Marias Stoffhaube schon mit der Feuchtigkeitscreme getränkt, und deswegen musste Maria diese jetzt möglichst bald angelegt bekommen.

Sie zeigte Paul, was er machen musste. Paul küßte Maria noch ein letztes Mal, dann zog er ihr den Stoff zärtlich über den Kopf. Er erschauderte, als nur noch Marias Nasenlöcher zusehen waren.
Mrs. Potter drückte jetzt etwas aufs Tempo. Sie reicht ihm die schwere Lederhaube, die er jetzt Maria noch anlegen musste.

Von der Kopfseite des Bettes nahm sie jetzt eine lange Kissenrolle und legte sie auf die ihr zugewandte Seite von Maria. Mit etwas Kraftanstrengung packte sie Maria am Oberarm und drehte sie auf die Seite, legte dann die Kissenrolle unter sie, so dass sie auf der Seite liegenblieb.

Nun zeigte sie Paul, wie die Haube anzulegen war und wie streng er die Schnürung an der Rückseite schließen musste.
Paul war über sich selbst erstaunt, denn jetzt machte es ihm nicht mehr so viel aus, seine Freundin hier in ein total hilfloses Schönheitswesen zu verwandeln. So wunderte er sich auch nicht mehr, als Mrs. Potter ihm auch noch ein Halskorsett reichte.

Paul hatte es wiedererkannt, deswegen zuckte er ein klein wenig zusammen. Doch er wusste, wie er damit umzugehen hatte, und schloß die Schnürung an der Rückseite. Und nach kurzer Zeit wusste er, dass Maria sich jetzt gar nicht mehr bewegen konnte. Sogar ihre Zunge war gefangen genommen.
Ein sehr seltsames Gefühl von Faszination überkam ihm, doch er konnte es nicht einordnen.

Ohne weitere Aufforderung von Mrs.Potter hielt er Marias starre Form an ihrem Arm fest, entferne die Kissenrolle undlegte Maria vorsichtig wieder auf ihren Rücken.
Mrs. Potter räusperte sich. Auch ihr fiel das Sprechen schwer, denn auch sie war von Marias Verwandlung sehr beeindruckt. »Jetzt nimmst Du noch die langen Riemen und machst das Korsett am Bett fest.«

Paul hatte nicht mehr die Kraft, um zu protestieren, obwohl er dies für absolut überflüssig hielt. Wortlos folgte er ihren Worten, und sehr sorgfältig sorgte er dafür, das Marias strenges Korsett fest mit dem Bett verbunden war.

Mrs. Potter war sehr zufrieden. »Du kannst ihr noch einmal über das Gesicht streichen, das kann sie noch spüren.« Das war das Gute Nacht Signal, wann immer Maria die Haube trug. »Hören kann sie Dich nur sehr schwach.«

Paul beugte sich noch einmal zu dem so aberwitzig streng verpackten Körper herunter und strich Maria sehr sehr zärtlich über ihre Wange. Ein leises Stöhnen zeigte ihm, das sie seine Berührung gespürt hatte.

* * *

Immer wieder blickte Maria mit sorgenvollen Gesicht zum Bett, in dem ihre kranke Oma lag. Die Stirn war sehr heiß und ihr Atem ging keuchend. Sogar ihre Stimme war sehr schwach; und nur mit Mühe konnte Maria sie verstehen.
Ihre Enkelin hatte ihr schon einige Kräutertees zubereitet, doch davon war keine Besserung zu spüren.

Maria sah, dass ihre Oma sie zu sich heran winkte. Sie sah, dass ihre Lippen sich bewegten, und Maria beugte sich zu ihr herunter und versuchte, die sehr schwache Stimme zu verstehen.
Erst beim dritten Mal konnte Maria die leisen und schnellen Worte entziffern. »Geh in die Stadt und hol den Doktor.«

Es war nicht das erste Mal, dass die Oma Maria in die Stadt schickte, doch diesmal, dies musste Maria erkennen, konnte sie sich nicht um ihre Enkelin kümmern. Immerhin wusste Maria, was sie zu tun hatte.
Sie öffnete ihren kleinen Schrank und überlegte, was sie denn in die Stadt anziehen könnte. Sie nahm sich den langen Ledermantel heraus und stellte ihre schweren Lederstiefel heraus. Sie mochte das schwere Leder, denn es gab ihr zusätzlichen Schutz. Zärtlich strich sie über das glatte schwarze Leder, doch dann riss sie sich zusammen und legte ihn auf das Bett.

Insgeheim hatte sie Angst vor der Stadt, denn es ging dort sehr wild und rauh zu. Doch genauso gern bummelte sie dort auf dem Markt. Es gab dort immer viel zu sehen und exotische Sachen zu kaufen. Nur hatte ihre Oma ihr verboten, allein auf den Markt zu gehen, denn das war sehr gefährlich bei all dem Gesindel, das sich dort herum trieb.

Sie griff sich unwillkürlich an ihre Taille und wusste, dass da noch etwas fehlte. Nur kurz dachte sie daran, dass sie vielleicht ´ohne´ in die Stadt gehen könnte. Doch sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Das war viel zu gefährlich. Sie musste sich selbst in dieses Metallding einsperren.

Seufzend zog sie die große Schublade auf und nahm das silber glänzende Metallgestell in die Hand. Es war ein sehr moderner Keuschheitsgürtel, den die Firma Neustahl extra für sie angefertigt hatte. Doch sie wusste natürlich auch, dass sie selbst dann auch nicht mehr an sich heran kam, und deswegen trug sie den Gürtel immer nur dann, wenn es ihre Oma ihr abverlangte.

Das Versteck der Schlüssel kannte Maria schon seit langem, doch hatte sie bisher nie Grund, sich selbst um ihre Befreiung zu kümmern. Immer wenn sie aus der Stadt zurück kam, hatte ihre Oma sie bald darauf aus dem Keuschheitsgürtel befreit. Und sehr oft verschwand Maria danach in ihr Zimmer und legte sich auf ihr Bett, um weiter von dem Prinzen zu träumen, denn sie in der Stadt manchmal gesehen hatte.

Doch heute war es anders, das wusste Maria. Seufzend legte sie den Gürtel auf das Bett und sah mit einer Gänsehaut, wie sich das Licht in dem glänzenden Metall spiegelte.

Jedes Mal, wenn sie sich den Gürtel anlegte, kam es ihr vor, als wäre er schon wieder etwas enger geworden. Doch dies schien nur so, denn der Gürtel war eben sehr eng gearbeitet, und Maria brauchte immer einige Zeit, um sich an die Enge zu gewöhnen.

Sie zog sich ihren Rock aus, legte sich den Gürtel um die Taille und zog das Schrittteil zwischen ihren Beinen nach vorne durch, um es vorn am Gürtel zu befestigen. Sie stöhnte leise, als sie das Schloß zur Hand nahm. Sie wusste, dass sie in wenigen Sekunden versperrt sein würde. Ohne die Schlüssel würde sie nicht mehr aus dem Gürtel heraus kommen.

Sie zögerte und blickte noch einmal auf das kleine, aber sehr robuste Schloß. Sie überlegte und ging langsam und vorsichtig ins Schlafzimmer und blickte sorgenvoll auf das Bett. Die Oma schien zu schlafen. Nur ab und zu war ein leises Stöhnen zu hören. Die Augen waren geschlossen.
Sie ging zu der kleinen Kommode und zog eine der kleinen Schubladen auf. Sie war entsetzt, denn der kleine Schlüsselbund war weg.

Was sollte sie jetzt tun? Zunächst wusste sie nicht weiter. Vom Bett der Oma war ein tiefer Seufzer zu hören und Maria schalt sich eine Närrin. Wie konnte sie an ihr eigenes Vergnügen denken, wenn es ihrer Oma hier so schlecht ging.
Todesmutig nahm sie das Schloß und ließ es am Gürtel einschnappen. Nun war sie sicher geschützt und konnte sich in die Stadt wagen, um den Doktor zu holen.
Doch auch ein wenig Angst schwang mit. Würde sie den Keuschheitsgürtel wohl wieder los werden?

Ein erneutes Stöhnen ihrer Oma riss sie aus ihren Gedanken. Sie musste sich beeilen.
Mit leisen, aber schnellen Schritten ging sie wieder in ihr Zimmer und zog sich den Rock wieder an. Jetzt war zwar von ihrem Tugendwächter nichts mehr zu sehen, aber dafür spürte sie deutlich das unnachgiebige Metall an ihrem Körper.

Sie setzte sich vorsichtig auf das Bett und nahm sich ihre Stiefel zur Hand. Sie waren sehr schick, und sie konnte aufgrund der eher flachen Absätze auch sehr gut darin gehen. Das war wichtig, denn es war ein langer Weg in die Stadt. Sie schlüpfte hinein und zog sich den Reißverschluß zu. Die Stiefel reichten bis kurz unter das Knie und verliehen ihr einen recht sicheren Schritt.

Genauso mochte sie den schweren Ledermantel, denn er kam ihr fast vor wie eine Umarmung oder ein Teil einer Rüstung. Sie fühlte sich in dem Leder sehr geschützt und geborgen.

Maria ging noch einmal ins Schlafzimmer zu ihrer Oma. Sie trat an das Bett und beugte sich zu ihr herunter. Sie flüsterte »Ich gehe dann los.«
Ihre Oma zeigte bis auf ein kurzes Blinzeln keine Reaktion. Maria gab ihr einen kurzen Kuß auf die Stirn, dann drehte sie sich um und ging sorgenvoll aus dem Zimmer. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um. Hoffentlich konnte der Doktor ihr helfen.

* * *
Die schwere Tür fiel ins Schloß, und Maria begann ihren langen Weg zur Stadt. Das Haus ihrer Oma lag schon sehr weit abseits, so dass sie sicher zwei Stunden unterwegs sein würde. Heute würde sie aber nicht so trödeln, wie sie das sonst machte. Es war Maria sehr wichtig, dass sie möglichst schnell bei dem Doktor sein würde. Sie wusste, dass sie danach auf den Markt gehen konnte. Dort gab es immer viel aufregendes zu sehen. Und vielleicht konnte sie ja auch wieder einmal einen Blick auf den Prinzen werfen. Sie träumte oft von ihm.

Die Sonne strahlte vom Himmel und die Vögel sangen, doch Maria hatte heute weder Augen noch Ohren dafür. Zu groß waren die Sorgen um die Oma. Selbst die blühenden Blumen am Wegrand übersah Maria diesmal. Sonst hielt sie oft inne, um sie zu pflücken, meistens, wenn sie auf dem Rückweg waren oder wenn sie Besuche machten. Doch heute...

Maria versuchte noch einen Schritt schneller zu gehen. Sie spürte, wie ihr wärmer wurde. Die Sonne hatte schon richtig viel Kraft. Sie hielt kurz inne und überlegte. Bis kurz vor der Stadt würde sie es wohl wagen können, den Mantel auszuziehen. Er war heute einfach zu warm. Sie schlüpfte aus ihrer Rüstung heraus und legte sich das von der Sonne aufgeheizte Leder über den Arm.

Ob die Wärter am Stadttor sie heute wohl ohne Probleme einlassen würden? Manchmal waren die richtig gemein, und Maria musste erst ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen, bevor sie eingelassen wurde. Sie hoffte, dass es heute einfacher werden würde.

Manchmal, dass wusste sie, halfen auch ein paar Tränen. Und die machten ihr heute überhaupt keine Probleme. Sie musste nur an den Zustand ihrer Oma denken und schon liefen sie. Dazu kam noch die Ungewissheit, ob sie wohl wieder aus dem Keuschheitsgürtel heraus kommen würde.

Maria grübelte darüber, warum der Schlüssel weg war. Ihre Oma hatte in der letzten Zeit oft das Wort ´heiratsfähig´ erwähnt, und ab und zu waren seltsame Schnösel zu Besuch. Maria ahnte, was es bedeutete, doch zu ihrer Erleichterung hatte ihre Oma alle diese â€? Maria musste schlucken, als sie über das Wort nachdachte - ´Freier´ wieder weggeschickt.

Dass jetzt der Schlüssel weg war, würde doch hoffentlich nicht bedeuten, dass jemand... Sie wagte es nicht, den Gedanken zuende zu denken.
Das Stadttor kam in Sicht, und Maria blieb kurz stehen, um sich den Mantel wieder anzuziehen. Nicht weil ihr vielleicht kalt geworden wäre, sondern weil der Mantel ihr sehr viel Schutz vermittelte. Mit tapferem Schritt ging sie auf das Stadttor zu.

Zu ihrer großen Erleichterung waren die Wärter diesmal sehr freundlich und ließen sie ohne Probleme ein. Ein neuer Wächter war dabei, der sich als Paul vorstellte, und dieser begleitete sie sogar bis zum Haus des Doktors.

Nach nur kurzer Zeit hatte der Doktor Zeit für sie. Maria brachte ihr Anliegen vor und beschrieb möglichst genau den Zustand der Oma. Sie zählte auf, was sie schon alles getan hatte, und bat den Doktor inständig, bei der Oma vorbei zu sehen.

Der Doktor hörte ihr aufmerksam zu und versprach ihr, nach der Sprechstunde gleich nach der Oma zu schauen. Maria war erleichtert.

* * *
Ihre Oma hatte ihr verboten, allein auf den Markt zu gehen, das wusste Maria. Und doch war die Versuchung stärker. Außerdem hoffte sie, vielleicht noch einmal dem Prinzen zu begegnen.

Maria war erstaunt, was es auf dem Markt alles gab. Einige wenige Sachen waren ihr bekannt, aber es gab sowohl Tiere als auch Lebensmittel und sonstige Waren, die sie noch nie oder bisher nur hier auf dem Markt gesehen hatte. Sehr interessiert schlenderte sie zwischen den Marktständen hindurch und hielt dabei immer einen Blick hinauf zur Burg gerichtet, ob sie vielleicht einmal einen Blick auf den Prinzen werfen könnte.

Deswegen fiel Maria auch nicht sofort auf, dass sie ins Visier einiger junger Männer geraten war. Erst als sie deutlich hinter ihr her gingen, hatte Maria es bemerkt. Sie beschleunigte ihre Schritte, doch es nutzte nichts, die Männer waren schneller.

Maria hätte jetzt gern den Mantel ausgezogen, denn dann hätte sie noch etwas schneller gehen können, doch dafür war es zu spät. Sie hatten sie eingeholt und drückten sie zu Boden. Einer der Männer machte ihren Mantel auf und schob ihr den Rock hoch. Maria weinte und flehte, doch die Männer lachten nur und ließen sich nicht beeindrucken.

Der Mann, der sie fest hielt, sah den Keuschheitsgürtel. Er fluchte und versuchte am Schloß zu rütteln. Maria spürte, wie kräftig er war, doch der Gürtel war stärker. Maria hielt in dem Moment den Atem an. Tränen liefen ihr durch das Gesicht, doch die Männer waren davon unbeeindruckt.

Eine laute Stimme war zu hören und sie spürte, wie die Halunken von ihr ließen und wegliefen. Jemand streckte ihr eine Hand hin und half ihr auf. Maria konnte zunächst mit ihren verweinten Augen gar nichts erkennen.

Dankbar nahm sie das Taschentuch, welches ihr Gegenüber ihr reichte, und wischte sich damit die Augen aus. Dann sah sie ungläubig, dass ihr der Prinz gegenüber stand. Sie zitterte. Prinz Paul hatte ihr geholfen. Maria war dankbar und bewegt.

Der Prinz lobte sie für ihre Umsicht, so einen guten Keuschheitsgürtel zu tragen. Dennoch war Maria etwas beschämt, denn der Prinz hatte ihre ´Unterwäsche´ gesehen. Doch gleichzeitig freute sie sich über das Lob.

Sie wollte sich bei dem Prinzen bedanken, doch sie stellte fest, dass sie im Mund den Mundschutz trug, und sie brachte deshalb kein Wort heraus. Sie wollte ihm die Hand reichen, doch sie spürte, dass sie ihren Arm nicht bewegen konnte.

Maria erkannte, das sie geträumt hatte. Jetzt lag sie wach im Bett und spürte überall am Körper die Einschränkungen der ´schönen Nacht´.

Leise dran das Wasserplätschern an ihre Ohren, und sie wusste, dass ihre Erzieherin schon ihr Bad vorbereitet. Lange würde es also nicht mehr dauern, und Maria würde sich wieder bewegen können, und sie freute sich schon auf das schön warme Badewasser.

Sie dachte wieder an ihren Traum und seufzte. Wie sollte sie Paul bloß beibringen, dass sie einen Keuschheitsgürtel trug?

Im Traum war es so einfach gewesen und der »Prinz« Paul hatte sie sogar für ihre Umsicht gelobt. Doch das war in einer anderen Zeit gewesen. Wie sollte sie es ihm erklären, dass sie sich oft sogar freiwillig in dieses Monster einsperren ließ, ohne zu wissen, wann sie wieder einmal an sich heran durfte.

Okay, dies musste sie sich eingestehen, oft waren es praktische Gründe, weswegen sie im Gürtel verblieb. Die Absprache lautete zwar, dass sie den Tugendwächter, wie sie ihn manchmal scherzhaft nannte, im Haus nicht zu tragen brauchte. Aber da sie nach der Schule oft gleich wieder weg musste, war es einfach praktischer, wenn sie eingesperrt blieb.

Doch wie würde Paul darauf reagieren? Sie seufzte noch einmal.
30. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 07.01.14 06:41

Danke wieder eine toll geschriebene Fortsetzung .

Aber , ich bin auch endtäuscht !
Das war doch höchstens eine Schönheitsnacht !
Unter einer schönen Nacht hatte ich mir die selbe
Kleidung , aber durch die Mutter vorgegebene
minutengenaues E-stim-kriebbeln und Viberationen
gedacht . So als danke schön und Anreiz der Mutter .
Bei Belohnungen darf Maria ja frei handeln . Paul
würde dann auch nicht so ein schlechtes Gewissen
haben .

Verflucht jetzt quasel ich dir doch in deine Geschichte .
.
31. RE: Maria

geschrieben von Joern am 07.01.14 11:00

Zwei tolle Fortsetzungen kurz nacheinander. Das geht ja wie das Brezelbacken. Ich finde deine gefühlvolle Erzählweise sehr angenehm und auch die immer wieder eingestreuten Hinweise lassen jede Menge Raum um diese herrliche Geschichte ausgiebig weiterzuspinnen. Wenn ich da nur an den Hefter aus der Klinik denke... Seite 20 Variante 5...
wie viele Varianten da wohl noch kommen mögen? Deswegen finde ich es garnicht mal so schlimm, wenn es in der "Schönen Nacht" nicht gleich Vibrationen und E-stim Kribbeln gibt, wie von Fehlermeldung erwähnt. Ich denke mal eine der späteren Varianten bietet da noch genug Raum für weitere Maßnahmen dieser Art. Tja, ansonsten ist das schon sehr tolles Kopfkino der feinsten Sorte.

Was ich mich beim Lesen gefragt habe: Hat Maria in der Schönen Nachte denn den KG nicht dran? Hätte der sich nicht wenigstens unter dem engen Catsuit abzeichnen müssen? War sie nicht auch zusätzlich in doppelten Schenkelbändern, als sie aus dem Kino kamen? Mrs. Potter hat Maria dann allein zum Umkleiden geschickt, während sie mit Paul Marias Nachtausstattung vorbereitete. Sollte Maria tatsächlich in der Lage sein, sich selbst aus KG und Schenkelbändern zu befreien?
Sorry, wegen der Fragen, aber die Story geht mir nun mal eben nicht einfach so vorbei. Ich weiß nur noch nicht, ob ich lieber Pauls oder Marias Rolle darin hätte.

LG Jörn
32. RE: Maria

geschrieben von Joern am 07.01.14 11:00

Noch eine Frage - sorry - mit der Frequenz wie du hier die Fortsetzungen reinstellst drängt sich die Vermutung auf, daß du da schon Einiges im Vorfeld fertig geschrieben hast. Darf man fragen, ob du schon die ganze Story im Kasten hast? Beim 3. Teil der hier veröffentlichten München Trilogie war das ja so. Ist nur reine Neugier meinerseits, dahingehend, inwiefern das Schicksal der Protagonisten schon feststeht oder noch Spielraum für die Entwicklung einerseits, aber auch die Gefahr einer "Unvollendeten" andererseits besteht.

LG Joern
33. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 07.01.14 15:32

Hm Interessante "schöne" Nacht die Maria Verbringen durfte. Nur das mit dem Handschuhkästen kommt mir seltsam vor. Ich hätte Erwartet das da auch eine Art Pflege für die Hände Stattfindet. Ein Interessanter Traum von Maria. Paul hat ja noch eine Woche Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen Maria nächstes WE genauso Einzuschließen.
Ist er dann eigentlich nach Haus gegangen oder hat er im Haus Übernachtet?
34. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:24

Zitat
Noch eine Frage - sorry - mit der Frequenz wie du hier die Fortsetzungen reinstellst drängt sich die Vermutung auf, daß du da schon Einiges im Vorfeld fertig geschrieben hast. Darf man fragen, ob du schon die ganze Story im Kasten hast? Beim 3. Teil der hier veröffentlichten München Trilogie war das ja so. Ist nur reine Neugier meinerseits, dahingehend, inwiefern das Schicksal der Protagonisten schon feststeht oder noch Spielraum für die Entwicklung einerseits, aber auch die Gefahr einer \"Unvollendeten\" andererseits besteht.

LG Joern


Hallo Joern,

die Geschichte besteht aus 14 Kapiteln, wobei ich jetzt 11 Kapitel fertig habe und die Kapitel 12 - 14 sind schon konzipiert. Der Schluß von Kapitel 14 ist auch schon fertig. Allerdings ist es ein offenes Ende, bzw. die Geschichte endet mit dem Katerinenfest. Für die Zeit danach gibt es bisher nur ganz grobe Skizzen und für weitere Ideen bin ich immer empfänglich.
35. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:34

Zitat
Was ich mich beim Lesen gefragt habe: Hat Maria in der Schönen Nachte denn den KG nicht dran? Hätte der sich nicht wenigstens unter dem engen Catsuit abzeichnen müssen? War sie nicht auch zusätzlich in doppelten Schenkelbändern, als sie aus dem Kino kamen? Mrs. Potter hat Maria dann allein zum Umkleiden geschickt, während sie mit Paul Marias Nachtausstattung vorbereitete. Sollte Maria tatsächlich in der Lage sein, sich selbst aus KG und Schenkelbändern zu befreien?


Hmm... da hast du tatsächlich einen Konzept-Fehler gefunden bzw. ich habe mir genau diesen Punkt noch nicht so richtig überlegt. Fakt ist bisher nur, dass Maria das Haus nie ohne den Gürtel verlassen soll. Im Haus gibt es für das Tragen keine Anweisung von Seiten der Mutter. Maria hält es in der Regel so, dass sie im Haus auch im Gürtel verbleibt, weil es einfacher ist und oft zu wenig Zeit ist zum Wechseln. (das wird in den späteren Kapitel noch genauer beleuchtet)
36. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:37

Zitat
Ist er dann eigentlich nach Haus gegangen oder hat er im Haus Übernachtet?


Hmm... das habe ich nicht erwähnt. Aber Paul ist am nächsten Morgen beim Frühstück daheim. Ich denke. Mrs. Potter wird ihn nach Hause geschickt haben.
37. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 08.01.14 06:10

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Seine Oma blickte Paul erstaunt an. »Was willst Du denn schon hier?«
»Ich wünsche Dir auch einen schönen Guten Morgen.« Paul hatte sehr gute Laune.

Sie musste ihn nur kurz ansehen und schon konnte sie ihm sagen, was ihn aus dem Bett trieb. »Maria?«

Doch Paul hatte noch eine weitere Überraschung für seine Oma. »Du gehst doch oft in die Kirche, oder? Würdest Du mich heute mal mitnehmen?«

»Du mußt ja schwer verliebt sein. Maria geht auch in die Kirche, nehme ich an?« Sie zeigte auf den gedeckten Tisch. »Jetzt setzt Dich erst mal hin und frühstücke. Bis die Kirche anfängt, haben wir noch Zeit.«

Paul kam der Aufforderung gern nach. Er nahm sich Kaffee und machte sich ein Marmeladenbrötchen. Er überlegte die ganze Zeit, ob er mit seiner Oma über Marias schöne Nacht reden konnte. Immerhin hatten ihn weder Maria noch ihre Erzieherin um irgendein Stillschweigen gebeten.
Oma Selma fragte, ob sie einen schönen Abend verbracht hätten.

Paul seufzte und begann leise zu erzählen. »Es war sehr seltsam gestern Abend.« Er beschrieb Marias Schönheitsprogramm, und es war ihm dabei anzuhören, dass er immer noch nicht von dessen Wirksamkeit überzeugt war.

Doch seine Oma überraschte ihn. »Das kenne ich. Das mußten die Grafentöchter auch oft über sich ergehen lassen.«

Paul blickte seine Oma erstaunt an. »Du mußtest so etwas auch machen?«

»Die Töchter hatten kein so großes Korsett, aber ansonsten waren diese Schönheitsnächte Pflicht.«
Einerseits war Paul beruhigt, dass Maria sich da etwas Bewährtem unterordnete, andererseits litt er sehr mit ihr, denn sie war schon sehr hilflos in dieser Nacht.

»Maria geht in die Christuskirche. Das ist doch die Gemeinde, wo Du auch immer hin gehst?« Paul war wieder in der Gegenwart.

Doch Selma musste ihn enttäuschen. »Das ist die Nachbargemeinde. Ich gehe zu der Schutzengel-Gemeinde.«

Paul war enttäuscht. Er hätte sehr gern Maria in die Kirche begleitet.
Seine Oma kannte ihren Enkel gut, und da sie ein Herz für ihn hatte, bot sie ihm an, heute einmal in die andere Gemeinde zu gehen. »Da war ich schon länger nicht mehr.«

Paul wäre seiner Oma am liebsten um den Hals gefallen.
»Dann mache Dich fertig. In zehn Minuten gehen wir los.«
* * *
Den Weg zu Marias Kirche kannte Paul nicht. Doch er wollte sich auch nicht die Blöße geben, dies zuzugeben. Er wäre sehr gern an ihrem Haus vorbeigegangen, doch da er den Weg nicht kannte, musste er sich von seiner Oma führen lassen. Doch zu seiner Freude sah er, dass ihr Weg sie tatsächlich an Marias Haus vorbei führte. Er zeigte seiner Oma das Haus, sobald das Grundstück in Sicht kam.

Als sie neben Marias Haus ankamen, sah Paul, dass Maria mit ihrer Erzieherin auch schon auf dem Weg war. Er winkte Maria zu.
Maria zögerte erst und warf einen Blick auf Mrs. Potter, dann hob sie ihren Arm und winkte schüchtern zurück.

Als sie näher kamen, fing Oma Selma auf einmal an, etwas vor sich hin zu murmeln. Paul verstand so etwas wie ´Das kann doch nicht wahr sein...´ Er wusste nicht, was seine Oma so bewegte.
Selma blickte Marias Erzieherin prüfend an. »Doro, bist Du es?«
Auch Mrs. Potter blieb stehen und war erstaunt. »Selma?« Sie musste schlucken.

Pauls Oma war genauso erstaunt. »Ich wusste nicht, dass Du das bist.« Sie blickte liebevoll auf ihren Enkel. »Paul hat immer nur von einer Mrs. Potter gesprochen.«
Mrs. Potter war genauso fasziniert. »Du bist die Oma von Paul?«

Paul und Maria blickten sich genauso verwundert an. Doch sie trauten sich auch beide nicht, die Unterhaltung der beiden Damen zu unterbrechen.
»Ihr müsst unbedingt heute zu uns zum Kaffee kommen.« Oma Selma sprach die Einladung mit echter Vorfreude aus. Paul war über den Gedanken, Maria schon am Nachmittag wiederzusehen ebenfalls sehr erfreut.

Mrs. Potter war in diesem Punkt jedoch etwas zögernd. »Maria muss heute nachmittag wieder den Handschuh trainieren.«
Doch Pauls Oma gab nicht nach. »Dann soll sie ihn mitbringen. Ich würde das sowieso gern einmal wieder sehen.«

Sowohl Paul als auch Maria standen etwas begossen daneben, weil sie beide scheinbar nicht gefragt wurden. Doch sie irrten sich. Oma Selma fragte, ob es den jungen Leute Recht wäre.

Doch es war Marias Erzieherin, die die eigentliche Überraschung bereit hielt. »Selma, wir müssen uns soviel erzählen, da kommen die jungen Leute sicher auch mal ohne uns zurecht.«

Irgendwie fühlte Paul sich ermutigt und versuchte Marias Hand zu ergreifen. Maria war zunächst ziemlich unsicher, weil ihre Erzieherin hinter ihr herging. Doch mit einer liebevollen Stimme gab sie zu verstehen, dass sie damit einverstanden war.

* * *

Sehr erleichtert hörte Paul die ersten Klänge des Orgelnachspiels. Er war in diesem Gottesdienst besonders angespannt gewesen, denn zum einen war er schon sehr lange nicht mehr in der Kirche gewesen, und zum anderen wollte er sich weder gegenüber Maria noch gegenüber seiner Oma blamieren.
Er hatte versucht, ordentlich mitzusingen und die Gebete mitzusprechen, zumindest die, die er noch kannte. Er war auch immer mit aufgestanden, wenn die anderen aufgestanden waren. Es dämmerte ihm, dass er mit Maria wohl noch öfter hierher kommen würde.

Sie hatte während des Gottesdiensts nur gelegentlich kurze Blicke ausgetauscht. Beide wollten sich nicht ungehörig verhalten und so Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Auch der Predigt war Paul aufmerksam gefolgt und hatte sogar ein paar der kleinen Pointen entdeckt, die die Pfarrerin gelegentlich einstreute. Trotzdem war Paul froh, dass der Gottesdienst jetzt zu Ende war.
Die Gemeinde wartete noch, bis das Orgelspiel vorbei war, dann standen die Besucher auf und gingen langsam hinaus.

Mrs. Potter erinnerte Maria an die Verabredung, die sie noch beim Kirchenkaffee haben würden. Paul musste kurz nachdenken, dann fiel ihm ein, dass sich gestern der Baron angemeldet hatte. Er war schon neugierig, was dieser von Maria wollte. Doch Paul traute sich von sich aus nicht zu fragen, ob er dabei sein könne.
Doch Maria nahm ihm die Entscheidung ab, denn gleich nachdem ihre Erzieherin sie an den Termin erinnert hatte, nahm sich Maria Pauls Hand und lächelte ihn an. »Du kommst mit.« Sie ließ ihm gar keine Zeit, um zu widersprechen. Und Mrs. Potter schon auch nichts dagegen zu haben. Paul spürte irgendwie die Nervosität der beiden Frauen.

Pauls Oma wünschte ihnen »wenig Ärger« mit dem Baron, dann verabschiedete sie sich. Sie müsse für den Nachmittag noch einiges vorbereiten. Und sie erinnerte Paul daran, rechtzeitig zum Mittagessen daheim zu sein.

Paul versprach, bald zu kommen. »Sobald Maria mich gehen läßt.« Und er streichelte ihr sanft über die Hand. Maria küßte ihn kurz auf die Wange und lächelte.

* * *

Im Gemeinderaum, aus dem es schon nach frisch gebrühten Kaffee duftete, waren noch einige Tische frei. Mrs. Potter ging an einen der liebevoll gedeckten Tische und verteilte recht resolut die Plätze. Unter normalen Umständen hätte Paul vielleicht protestiert, doch in diesem Moment spürte er die Angespanntheit von Marias Erzieherin, und deswegen kam er ihrer Anweisung sofort nach.

Doch gleich darauf erkannte Paul, was sie mit der Sitzordnung bezweckte. Es war nur ein Platz am Tisch frei, und dort würde der Baron sitzen müssen. Ihm gegenüber saß Maria, und Paul sowie Mrs. Potter saßen an je einer Seite zwischen Maria und dem Baron.
Paul begriff, dass sie so Maria etwas schützen konnten. Und sie würden automatisch alles hören, was der Baron zu sagen hätte.

* * *

Er fragte sich immer noch, ob es richtig war, was er jetzt anzustoßen begann. Doch immer, wenn er darüber nachdachte, musste er erkennen, dass es keinen anderen Ausweg gab. Er musste es tun, sonst würde seine Tochter alles ruinieren.

Mit traurigen Schritten betrat der Baron von Harsumstal das Kirchengelände und ging in Richtung des Gemeindesaals. Früher, als die Baronin noch lebte, waren sie oft hier, doch jetzt als Witwer war ihm alles entglitten.

Er ging in Gedanken seinen Plan noch einmal durch, und es gab eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er auch funktionieren könnte. Ein wichtiger Bestandteil des Planes bestand darin, Marias Erzieherin zu überzeugen oder zu überrumpeln. Er wusste, dass sie ihm gegenüber voreingenommen war wegen einer alten Geschichte und er hoffte sehr, dies zu seinem Vorteil ausnutzen zu können, um ihre Entscheidung in seinem Sinne zu beeinflussen.

Natürlich war ihm klar, dass Sophie es nie schaffen würde, selbst wenn sie es versuchen würde. Doch wenn sein Plan aufgehen würde, dann wäre dies auch völlig egal. Trotzdem nahm er sich vor, den stolzen und ehrgeizigen Vater vorzugeben und er hoffte sehr, dass sie es ihm abnehmen würden.

* * *

Mrs. Potter wollte den beiden noch erklären, wie sich gegenüber dem Baron verhalten sollten, doch dieser kam ihnen zuvor. Er kam an ihren Tisch und und blieb zunächst neben dem freien Stuhl stehen.
»Einen wunderschönen Guten Tag möchte ich wünschen.« Er ahnte, das er keine Antwort bekommen würde und sprach deswegen gleich weiter. »Gestatten Sie, dass ich mich zu Ihnen setze, um mein Anliegen vorzutragen.«

Mrs. Potter kam nicht umhin, einen Blick auf den freien Platz zu werfen.

Dies genügte dem Baron, und er setzte sich an den kleinen Tisch. Den unfreundlichen und zweifelnden Blick von Mrs. Potter übersah er dabei.
»Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, bin ich der Vorsitzende des Katerinenfestes. Und in dieser Funktion habe ich die Aufgabe, für die Rolle der Katerina, die von meiner Tochter Sophie gespielt wird, eine zweite Besetzung auszuwählen.« Er machte eine kleine Pause, um die Wichtigkeit dieser Aussage zu betonen.

Als er seine Tochter erwähnte, sah Paul, dass Mrs. Potter die Stirn runzelte. Er verstand sie mittlerweile gut genug, um daraus zu lesen. Der Vater tat sicher gut daran, sich um einen Vertretung zu kümmern. Wenn Sophie eine Eigenschaft fehlte, dann war es Zuverlässigkeit. Das war stadtbekannt.

Marias Erzieherin brauchte nicht lange, um sich eine Meinung zu bilden. Sie kannte das angesprochene Fest zwar nur aus Berichten, aber es würde für Marias Entwicklung nur gut sein. Zumal Maria die Monohandschuhe, die in den Berichten als wichtiger Bestandteil des Festes erwähnt wurden, schon kannte und gut tragen konnte.

Der Baron versuchte ein Lächeln. »Es könnte ja immerhin sein, dass Sophie plötzlich krank wird, und dann sollte ein vorbereiteter Ersatz zur Verfügung stehen.« Er hoffte, dass seine List aufgehen würde. Denn trotz oder gerade wegen seiner verzweifelten Lage kamen ihm die Vorurteile von Marias Erzieherin gerade recht. Er legte den Köder aus. »Sophie wird dieses Jahr die Originalhaltung tragen. Wir haben das aufgrund von historischen Texten ausgearbeitet.«

Jetzt wandte er sich direkt an Maria. »Meinen Sie, Sie wären in der Lage und hätten Zeit, die zweite Besetzung der Katerina zu übernehmen? Ich hoffe ja sehr, das es nicht nötig ist, aber ich muss dafür Sorge tragen.«

Mrs. Potter ging ihm auf den Leim. Sie war von den schlechten Nachrichten über Sophie so voreingenommen, dass sie sich fast in ihrem Stolz verletzt fühlte. »Natürlich wird Maria das machen. Ihr könnt auf sie zählen.« Innerlich war sie empört. Wieso sollte dieses Luder Sophie etwas können, was Maria mit ihrer guten Ausbildung nicht zustande bringen sollte?

Der Baron fuhr fort: »Es ist ja nur der Form halber. Sophie wird das sicher schaffen. Es wird genügen, wenn Maria die eine oder andere Tanzstunde mitmacht, aber mehr Zeit wird sie sicher nicht aufbringen müssen.« Er wollte sie in Sicherheit wiegen. »Und falls Maria Sophie wirklich vertreten müßte, dann wäre sie sicher fast genauso schön anzusehen als Prinzessin!« Der Baron versuchte den liebenden Vater vorzugeben, für den natürlich seine eigene Tochter die schönste der Welt ist. Denn natürlich war ihm klar, dass dieses vermeintliche Kompliment in Wirklichkeit ein bodenlose Frechheit war.

Maria blickte sehr ungläubig von ihrer Erzieherin zum Baron und wieder zurück. Doch sie wagte es nicht, ihr zu widersprechen. Solch große Entscheidungen hätte sie ohnehin nicht allein treffen dürfen.

Paul hingegen glaubte das Spiel des Barons durchschaut zu haben, denn irgendwie schien dieser von den schauspielerischen Qualitäten seiner Tochter gar nicht so sehr überzeugt. Doch auch Paul traute sich nicht, in Anwesenheit von Mrs. Potter zu widersprechen.

Der Baron nahm scheinbar dankbar die Zusage von Marias Erzieherin entgegen, dann verabschiedete er sich höflich und verließ die kleine Runde wieder.
Mrs. Potter drehte sich zu Maria, und in einem sehr vertrauensvollen Ton sagte sie: »Mach Dir keine Sorgen, Maria. Das, was sein verzogenes Töchterlein schafft, das schaffst Du dreimal.« dass sie auf den Baron hereingefallen waren, das erkannte sie nicht.

* * *

Der Baron ging über die Straße zu der Telefonzelle. Noch einmal dachte er darüber nach, ob es wirklich richtig war. In ihm kämpften sein schlechtes Gewissen mit seiner Verzweiflung über seine geschäftliche und gesellschaftliche Lage.

Er zog langsam die Tür auf und trat ein. Aus seiner Tasche kramte er etwas Kleingeld und einen Zettel. Er warf ein paar Münzen in das Telefon und wählte die Nummer, die auf dem Zettel geschrieben war. Ein Name stand nicht dabei.
Die Gegenseite meldete sich mit »Ja?«

Der Baron bemühte sich, leise zu sprechen. »Stichwort Katzenbuckel«
Sein Gegenüber schien sofort Bescheid zu wissen.

Der Baron sprach weiter. »Sie fährt sehr viel mit dem Auto. Lassen sie sich etwas einfallen. Es soll wie ein Unfall aussehen.«

Sein Gesprächspartner erklärte ihm, dass schon alles vorbereitet sei, und dass er nur noch auf das »Los« warte.
Der Baron wollte sichergehen, dass nichts schief ging. »Sie bringen sie auf jeden Fall in das Unfallkrankenhaus?«

Sein Gegenüber war fast etwas gekränkt. »Natürlich, so war es doch abgesprochen.« Er spürte die Nervosität seines Auftraggebers und versuchte ihn zu beruhigen. »Die Sanitäter sind auch vorbereitet. Es wird nichts schief gehen.«

Dann kam doch noch einmal der sich sorgende Vater durch. »Aber es darf ihr nicht wirklich etwas passieren, das müssen sie mir versprechen!« Er wusste, dass er besser nicht auf die Antwort warten sollte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das Geld gibt es im Herbst.«

Sein Gesprächspartner war über die Nöte des Barons informiert und wusste, dass nach dem Fest sicher noch mehr zu holen wäre.
Sie legten auf.

* * *

Er musste einmal tief durchatmen, dann wählte er eine neue Nummer. Die Sekretärin des Chefarztes war dran.
Er wollte den Chef sprechen. Sie fragte, wer spreche. Der Baron nannte den abgesprochenen Namen. Sie stellte durch.

Der Arzt meldete sich. »So soll es also losgehen?« Er wusste sofort Bescheid.
Der Baron kam gleich zur Sache. »Also wie abgesprochen, du musst sie für mindestens ein halbes Jahr aus dem Verkehr ziehen.«

Der Arzt bemühte sich, möglichst wenig Worte zu machen. »Alles?«
Der Baron versuchte sich an die bisherigen Absprachen zu erinnern. »Ja, mach alles so wie abgesprochen. Auch das mit dem Kiefer. Es muss alles so echt sein, dass sie es selber glaubt.«

Der Arzt versuchte ihn zu beruhigen. »Mach dir keine Sogen, sie wird nichts merken.«
»Ich vertraue Dir. Du hast dann was gut bei mir.«

Was mit den Kosten sei, wollte der Arzt noch wissen.
Der Baron hatte insgeheim mit dieser Frage gerechnet. »Sie ist ein Unfallopfer. Stell die Diagnose so, dass es die Kasse zahlt.«
Der Arzt sagte ihm, dass dies leicht möglich sei.

Der Baron war erleichtert, dass er das Krankenhaus nicht auch noch bezahlen musste. Das wäre teuer geworden. Er dankte dem Arzt.
Dieser wiegelte ab. »Ich bitte Dich. Wir Väter müssen doch zusammenhalten bei diesen kleinen Monstern.«

* * *

Nachdenklich verließ der Baron die Telefonzelle und ging mit langsamen Schritten auf sein Auto zu. Er hoffte, dass er seiner Tochter jetzt nicht mehr begegnen musste. Er würde ihr nicht mehr in die Augen sehen können. Doch, so musste er sich eingestehen, das hatte er sowieso schon lange nicht mehr getan.
Sie hatten sich einfach schon zu sehr von einander entfernt. Wenn dieses dumme Fest nicht wäre, in dem all sein Geld steckte, dann wäre alles anders.
Er hatte tiefes Mitleid mit seiner Tochter, dass er ihr so etwas Grausames antun musste, aber er sah einfach keine andere Möglichkeit mehr. Sophie würde es sonst schaffen, alles kaputt zu machen.

Obwohl, dies musste er sich auch eingestehen, es gab nicht mehr viel kaputtzumachen. Seit dem Tod seiner Frau war es immer weiter bergab gegangen. Doch jetzt schien sich trotzdem noch ein viel größerer Abgrund aufzutun, und er war bemüht, ihn mit einem großen Schritt zu überwinden.

* * *

Paul war schon ziemlich nervös und rannte ständig von einem Fenster zum anderen. Gleich nach dem Mittagessen war er nach oben gegangen und hatte sein Zimmer aufgeräumt. Dann hatte er seiner Oma sogar in der Küche geholfen.
Über die Ereignisse hatten sie nur kurz gesprochen. Er war viel zu aufgeregt wegen Marias Besuches. Immer wieder schaute er aus dem Fenster auf den runden Vorplatz, ob er Maria und ihre Erzieherin nicht vielleicht schon kommen sehen konnte.

Endlich sah er, wie sie langsam die Straße herauf kamen. Als sie auf den Wendeplatz vor dem Haus traten, versuchte Paul zu erkennen, was Maria trug, doch er konnte nur ihre langes Cape erkennen. Und sie schien diese seltsamen Stiefel zu tragen, denn sie ging besonders vorsichtig. Paul fiel erst nach einiger Zeit wieder ein, dass Maria diese Stiefel als Ballett-Stiefel bezeichnet hatte.

Er hielt es nicht mehr aus. Obwohl sie noch nicht einmal an der Gartentür waren, lief Paul die Treppe hinuntger und öffnete die Haustür.
* * *
»Hier duftet es ja schon nach Kaffee.« Mrs. Potters Stimme klang erfreut und neugierig zugleich.
Paul wartete, bis beide Frauen im Flur waren, dann schloß er die Haustür.

Oma Selma war jetzt ebenfalls gekommen und begrüßte ihre alte Freundin sehr herzlich.
Maria gab Paul einen Begrüßungskuß und zeigte ihm, dass bei ihrem Cape die Armdurchgriffe verschlossen waren. »Das haben wir beim Anziehen nicht gemerkt. Kannst Du mir die bitte aufmachen?«
Paul warf einen heimlichen Blick auf Marias Erzieherin, doch diese wurde immer noch von seiner Oma begrüßt. Also nahm er sich ein Herz und zog die beiden Reißverschlüsse auf. Er kannte sich mit den vielen Regeln, mit denen Maria umgeben war, immer noch nicht so genau aus, und er wollte eben keine Fehler machen. Aber hier siegte sein Herz, und so hatte er kaum Bedenken, Marias Händen hier etwas mehr Freiraum zu verschaffen. Maria war sehr dankbar, dass sie jetzt Paul und vor allem seiner Oma die Hand reichen konnte. Dieser war gut anzusehen, dass sie sich über den Besuch von Maria wirklich freute.

Mrs. Potter zog sich ihre leichte Jacke aus und reichte sie Paul. Dann nahm sie einen Schlüssel aus ihrer Tasche und schloß Maria das Cape auf. Es fiel Paul schon auf, das sie diesmal das kleine Bund dabei zu haben schien.
Oma Selma war ein klein wenig enttäuscht. Sie wandte sich an Maria. »Schade, ich hatte gedacht, Du würdest deinen Handschuh tragen. Paul hat mir schon viel davon erzählt.«

Maria war ihr Ansehen bei Pauls Oma schon recht wichtig. Sie öffnete die Tasche, die sie unter dem Cape getragen hatte, und zeigte den Handschuh, der darin lag. »Ich müßte bald wieder trainieren. Ich hoffe, das stört euch nicht.«

Oma Selma kam ihr entgegen. »Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mal wieder so einen Handschuh sehen dürfte. Du würdest mir eine große Freude damit machen. Das habe ich Paul auch schon gesagt.«

Auf Marias Gesicht verwandelten sich die Zweifel in ein Strahlen, gemischt mir etwas Erstaunen. Sie blickte Paul fragend an.
Doch seine Oma unterbrach die Stimmung. »Jetzt wollen wir erstmal Kaffee trinken. Ich habe extra Kuchen gebacken.«

* * *

Der Kaffeetisch war liebevoll gedeckt, und Paul hatte sogar einen kleinen Strauß Blumen auf dem Garten auf den Tisch gestellt. Sie nahmen Platz, und Paul bot den Kuchen an, während seine Oma den Kaffee verteilte.

Es fiel Paul auf, dass Maria recht nervös zur Uhr blickte, während sie ihren Kuchen aß. Ihre Erzieherin hatte diesen Blick bemerkt und schien zu wissen, was ihr Schützling wollte. Sie zwinkerte ihr zu. »Wir lassen Dein Training heute etwas später beginnen.« Maria war sowohl dankbar als auch erstaunt, denn sonst gab es so eine Ausnahme nicht.

Oma Selma schien auch zu ahnen, was Maria wollte. »Die Grafentöchter haben so einen Handschuh auch sehr oft getragen,« begann sie recht unvermittelt. »Ich freue mich, dass Du ihn so oft trägst.«

Maria wurde rot. Sie wusste nicht so recht, was sie antworten sollte. Aber sie lächelte dankbar.
Selma sprach weiter, und sie klang dabei ziemlich wehmütig. »Leider ist diese klassische Erziehungsform ja in unseren modernen Zeiten in Vergessenheit geraten. Gewiss, sie ist ziemlich mühsam und anstrengend und sie verlangt den Mädchen einiges ab. Aber Du bist der beste Beweis dafür, dass sie immer noch funktioniert, und dass sie Resultate bringt!«

Maria errötete noch mehr und beugte sich mit einem glücklichen Lächeln über ihren Kuchenteller.
Die Begeisterung schwang in ihrer Stimme mit. »Kind, so eine schöne Haltung und Figur habe ich seit meiner Zeit bei dem Grafen nicht mehr gesehen.«

* * *

Maria hatte ihren Kuchen aufgegessen, und ihre Kaffeetasse war auch leer. Mehr Kaffee wollte sie nicht. Stattdessen begann sie nervös auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen.
Mrs. Potter war in Gedanken noch bei dem, was Oma Selma gerade erzählt hatte, deswegen entging ihr Marias Unruhe zunächst. Doch dann blickte sie kurz auf die Uhr und wandte sich dann an ihren Schützling. »Ich denke, jetzt wäre es Zeit für das Training.«

Maria war erst ziemlich unsicher, ob sie auf die Erlaubnis zum Aufstehen warten musste oder nicht. Doch dann nahm sie sich ein Herz, schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Sie ging zu ihrer Tasche und nahm ihren Handschuh heraus. Sie sortierte gleich etwas die Riemen und ging dann mit dem Lederbündel wieder auf ihre Erzieherin zu. Sie stellte sich neben sie und reichte ihr den Handschuh.

Doch zu ihrer Überraschung blickte Mrs. Potter nur kurz auf den Handschuh und sagte mit bewußt liebevoller Stimme: »Paul wird Dir bestimmt gern bei deinem Training helfen.«

Maria ließ den Handschuh sinken, und für einen Moment wusste sie nicht weiter. Es war ihr anzusehen, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Doch dann glitt auf einmal ein Lächeln über ihr Gesicht, und sie ging mit fast etwas wackeligen Schritten auf Paul zu. Sie reichte ihm den Handschuh und sah ihn voller Liebe an.
Paul war innerlich sehr aufgewühlt. Er hatte sich zwar irgendwie darauf gefreut, Maria wieder in dem Handschuh zu sehen, auch wenn er selbst gar nicht so genau wusste warum. Aber dass er ihr den jetzt sogar selbst wieder anlegen sollte, das hatte er nicht erwartet.

Er nahm das Lederbündel in die Hand und blickte seine Oma fragend an. Er wusste, dass sie sich damit auskennen würde. Sie hatte ja oft von den Grafentöchtern erzählt.
Sie blickte ihn zuversichtlich an. »Das schaffst Du schon.«

Auch Maria versuchte ihm Mut zu machen. »Ich sage Dir, wenn etwas nicht stimmen sollte.« Dann beugte sie sich vor und küßte ihn kurz auf die Wange. »Bitte versuche es.«

Paul nahm das Lederbündel an und ließ es auseinander rollen. Er sortierte konzentriert die vielen Lederriemen, und als er wieder aufblickte, sah er, dass Maria sich mittlerweile umgedreht hatte und ihm die Arme auf dem Rücken präsentierte.

Paul bemerkte es nicht, denn er war viel zu sehr mit dem Handschuh beschäftigt, aber seine Oma lobte Maria, weil sie es auch ohne Hilfe schaffte, ihre Ellenbogen sich auf dem Rücken berühren zu lassen.

Maria drehte ihren Kopf zu Pauls Oma, die mittlerweile auch aufgestanden war und neben Maria stand. Es war Maria anzusehen, dass ihr das Lob sehr gefiel. Doch eine Antwort brachte sie nicht zustande. Dafür war sie im Moment zu aufgeregt.

Paul versuchte sich zu erinnern, was er tun musste. Er blickte mit viel Unsicherheit auf den Handschuh und dann noch einmal auf Marias Arme, die sie ihm mit wachsender innerer Unruhe hinhielt.

»Oh, das ist ja sogar noch ein Handschuh in der alten Art.« Es war Selmas Stimme anzuhören, das es sie sichtlich freute. »Auf der ganzen Länge zum Schnüren und mit sich über der Brust kreuzenden Riemen.« Maria freute sich des Lobes.

Paul wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Doch dann versuchte er sich daran zu erinnern, was er beim letzten Mal gemacht hatte. Er schob Maria die Lederhülle vorsichtig von unten über die Arme und zog sie dann langsam nach oben. Seine Freundin hielt ihre Hände brav aufeinander, so dass sie unten in der engen Spitze des Handschuhs sofort den richtigen Platz fanden.

Seine Oma gab ihm den Tipp, auf das Aussehen des Handschuhs und auf die Lage der Hände zu achten. Sie zeigte ihm, dass Marias Finger sich fast etwas abzeichneten, und dies, so erklärte sie ihm, sei ein Zeichen dafür, das der Handschuh gut säße.

Paul wurde immer nervöser und wollte gleich mit der Schnürung beginnen. Maria spürte dies und deswegen unterbrach sie ihn mit leiser, aber fester Stimme. »Zuerst die langen Riemen.«

Paul wurde etwas verlegen und ließ die Schnüre wieder los. Er nahm die langen Lederriemen zur Hand und überlegte, wie er damit umgehen musste. Doch dann wurde er auf einmal unsicher und blickte seine Oma an. »Kommen die jetzt erst über die Schulter oder erst drunter durch?«

Seine Oma warf einen Blick auf den Handschuh, dann konnte sie es ihm zeigen. Er zog also den Riemen zuerst unter der Schulter durch über die Brust, dann über die Schulter zurück zum Handschuh. Dort wartete schon die Schnalle zum Festmachen.

Dass er den Riemen später noch enger machen musste, das wusste Paul noch, und so wandte er sich gleich dem zweiten Riemen zu, den er genauso fest machte.
Nach einem fragenden Blick zu seiner Oma begann Paul, die Schnürung festzuziehen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde er von seiner Oma unterbrochen. »Das mußt Du anders machen, dann wird der Druck gleichmäßiger verteilt, und für Maria ist es leichter zu tragen.«

Sie trat neben Paul und zeigte ihm, dass er die Schnürung immer in der Mitte anfassen sollte und sie von unten nach oben immer weiter schließen sollte.
Paul kam dem Ratschlag gern nach, denn wenn er Maria schon so etwas seltsames antun musste, dann sollte es für sie doch wenigstens so bequem wie möglich sein.
Selma blickte auf die Schnürleiste, die von Paul immer weiter geschlossen wurde. Sie sprach eher leise und zu sich selbst. »Du könntest aber schon einen etwas strengeren Handschuh tragen.«

Maria hatte die Worte trotzdem gehört, und voller Stolz berichtete sie, dass sie im Sommer von ihrer Mutter eine neue strengere Trainingsausrüstung bekommen würde. »Und ein engerer Handschuh ist sicher dabei.«

Mrs. Potter war von dem Schauspiel sehr angetan. Sie überwand sogar ihren Stolz, dass Pauls Oma sich mit dem Handschuh besser auskannte. Sie legte einige Schlösser auf den Tisch und trug etwas in ein kleines Notizbuch ein, nachdem sie auf die Uhr gesehen hatte.

Selma blickte ungläubig auf die Schlösser auf dem Tisch. Doch sie sagte nichts.

Paul wusste, was er zu tun hatte. Er nahm eines nach dem anderen in die Hand und brachte es an den Schnallen des Handschuhs an. Es war Selma anzusehen, dass sie davon erstaunt war, doch sie sagte nichts. Mrs. Potter hatte den fragenden Blick gesehen, doch auch sie sagte nichts.

Selma war von Maria und der Weise, wie sie den Handschuh trug, sehr angetan. »Du machst das toll, mein Kind.«
Maria freute sich sichtlich über das Lob.

* * *

Oma Selma hatte angeregt, ins Wohnzimmer zu gehen. Sie schritt mit prüfendem Blick voran, dabei schien sie etwas zu suchen. Sie bat Maria zu ihr zu kommen.
Maria ging mit sehr langsamen Schritten auf Pauls Oma zu. Es brauchte keiner Worte, denn Maria wusste, das sie jetzt besonders vorsichtig gehen musste. Sie trug die Ballett-Stiefel, und ihre Arme, mit denen sie sonst die Balance halten konnte, steckten hinten in ihrem Monohandschuh. Zudem wollte sie nicht über eventuelle Falten im Teppich stolpern.

Pauls Oma spürte Marias Unsicherheit und überlegte, ob sie ihr nicht helfen sollte. Aber dann würde sich Maria vermutlich in ihrem Stolz verletzt fühlen, und das wollte Selma nicht. Also wartete sie geduldig, bis Maria neben ihr stand.

Sie bat Maria, sich auf das Sofa zu setzen. Maria kam der Bitte nach. Oma Selma war bemüht, es Maria bequem zu machen, und deshalb schichtete sie links und rechts von ihrem Handschuh einige Kissen auf, sodaß Maria sich trotz ihrer Armhaltung bequem zurücklehnen konnte.

Paul stellte in der Zwischenzeit einige Gläser und Getränke auf den Tisch vor dem Sofa. Er blickte auf Maria und wusste nicht so recht, was er machen sollte.
Maria flüsterte ihm ein »Strohhalm« zu.

Paul grinste, dann ging er noch einmal in die Küche und kam mit einem langen Strohhalm zurück und steckte ihn in Marias Glas.
Maria bedankte sich schüchtern.

Die anderen nahmen auch Platz rund um den Couchtisch. Paul sollte sich neben Maria setzen und ein wenig auf die Kissen achten, damit Maria bequem sitzen könne. Er bekam einen liebevollen Blick von ihr.

* * *

Selma war sehr angetan von Maria und der Art, wie sie den Handschuh trug. »Es ist einfach schön, wieder jemanden zu sehen, der den Handschuh mit so viel Grazie und Würde tragen kann wie Du. Heutzutage sieht man das ja praktisch überhaupt nicht mehr.« Sie seufzte. »Ich glaube, die einzige Gelegenheit in diesen modernen Zeiten ist das Katerinenfest, das ja auch dieses Jahr wieder stattfindet.«

Die fragenden Blicke aus der Runde ließen Pauls Oma erklären. »Die Darstellerinnen der Katerina müssen ja auch so einen Handschuh tragen. Inden vergangenen Jahren gaben sie sich zwar redliche Mühe, aber sie machten aber einen eher jämmerlichen und unbeholfenen Eindruck, weil sie das vorher nie genug geübt hatten.«
Oma Selma blickte auf Maria.

»Du würdest eine schöne Katerina geben.« Oma Selmas Stimme klang ehrlich begeistert. »Du müßtest das Handschuh-Tragen nicht einmal trainieren.«
Die anderen in der Runde blickten etwas ungläubig.

»Ich meine die Darstellerin der Katerina auf dem gleichnamigen Fest.« Sie erklärte, dass bisher jede Darstellerin das Tragen des Handschuhs erst üben musste.

Bei Mrs. Potter kam wieder die Empörung vom Kirchenkaffee hoch. »Und die Sophie will das besser können? Die will sogar das Original tragen?« Ihre Stimme klang sehr erregt.

Oma Selma wurde hellhörig. »Wer? Doch nicht etwa die - Baroness?« Die Pause, die sie vor dem Wort Baroness gemacht hatte, sprach Bände.

Mrs. Potter versuchte es zu erklären. »Doch, genau die.« Sie holte noch einmal tief Luft. »Ihr Vater war vorhin bei uns, weil er für die Rolle eine Vertretung benennen muss, und dafür hat er Maria gefragt.«

Oma Selma nickte zustimmend, so wurde das bisher jedes Mal gemacht.

»Aber er meint«, so fuhr sie fort, »Maria bräuchte sich dabei um nichts zu sorgen, denn Sophie würde das ganz sicher schaffen.«

Ein Stirnrunzeln von Selma war die Antwort. Es war gut zu sehen, was Pauls Oma von der Baroness hielt.

Paul erinnerte sich an die Worte des Barons. »Er sagte, Sophie würde dieses Jahr sogar die Originalhaltung tragen.«
Mrs. Potter bestätigte dies und erzählte, wie der Baron beim Kirchenkaffee vorbei gekommen war.

Ein Lachen von Pauls Oma war die Antwort. »Na, da hat er euch aber einen schönen Bären aufgebunden.«
Die anderen blickten erstaunt zu Selma.

Sie blickte in die verwunderten Gesichter. »Ihr wißt nicht, was die Originalhaltung ist?«
Das Schweigen war Antwort genug.

»Die Haltung ist ziemlich in Vergessenheit geraten und läßt sich nur sehr schwer erreichen. Sie wurde früher mal ´das Gebet auf dem Rücken´ genannt.« Sie macht eine Pause und schien zu überlegen. »Ich müßte eigentlich noch eine Zeichnung davon haben. Es ist nicht leicht zu beschreiben.«

Sie stand auf und ging zum Wohnzimmerschrank. Sie kam mit dem Album zurück, aus dem sie Paul schon das Bild der Grafentöchter gezeigt hatte. Sie legte das Buch vorsichtig auf den Tisch und schlug es auf. Sie blätterte langsam von hinten nach vorn.
»Ah, hier ist es.« Sie nahm eine sehr alt aussehende Papiermappe heraus. »Bitte seid sehr vorsichtig, es hat schon sehr gelitten.«

Sie machte die Mappe auf und blätterte sehr vorsichtig darin herum. Es waren hauptsächlich Modeskizzen aus längst vergangenen Zeiten. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie legte die Zeichnung vorsichtig auf den Wohnzimmertisch, nachdem sie kurz Platz gemacht hatte.

Alle in der Runde blickten atemlos auf die Zeichnung, die eine junge Frau von vorn und von hinten sowie auch von der Seite zeigte. Sie trug so etwas wie ein eng anliegendes Sporttrikot. Doch das eigentlich erstaunliche war ihre Armhaltung.

Ihre Oberarme lagen hinter dem Rücken und folgten dabei der Kontur ihres Brustkorbes so, dass sie von vorne von den Schultern abwärts nicht sichtbar waren. Ihre Unterarme lagen aneinander und zeigten zwischen ihren Schulterblättern nach oben, so dass ihre Hände nahe ihrem Hals auf dem Rücken lagen. Das enge Trikot verbarg die Arme fast vollständig.

Ähnlich wie beim Tragen eines Monohandschuhes wurde die Trägerin zu einer sehr stolzen und aufrechten Haltung gezwungen, die auch ihre Brust in einem tiefen Ausschnitt sehr schön zur Geltung kommen ließ. Anders als bei einem Monohandschuh war jedoch ihre sehr schlanke Taille völlig unverdeckt von allen Seiten sichtbar und schien sich wie ein wohlgeformter Blütenkelch zu ihren Brüsten und Schultern hin zu entfalten.

Die Frau auf der Zeichnung strahlte von allem etwas aus - Ästhetik, Stolz, aber auch eine gewisse unschuldige Erotik, viel mehr, als dies mit einem klassischen Monohandschuh möglich gewesen wäre.

Mrs. Potter war die erste, die wieder Worte fand. »Das ist die Originalhaltung?« Sie blickte noch einmal ungläubig auf die Zeichnung. »Das wird dieses Luder doch nie schaffen.« Sie sprach aus, was alle dachten.

Oma Selma blickte Maria forschend an. »Du würdest das vielleicht hinbekommen, Maria.«

Maria blickte Pauls Oma überrascht an.
38. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 08.01.14 07:14

ich mag die Geschichte von Mal zu Mal mehr =)
Ich habe schließlich fünf Jahre kein einziges Kommentar geschrieben, aber hier muss ich dich einfach nach jeder Fortsetzung loben! Einfach spitze.
Ich bin sehr gespannt!
Der zweite, neue Handlungsstrang um die Grafentochter wird bestimmt auch sehr interessant. Aber lass die Geschichte zwischen Paul und Maria bitte nicht darunter leiden =)


Alles Liebe
39. RE: Maria

geschrieben von Joern am 08.01.14 09:44

Danke für die neue Fortsetzung.

Und wieder werfen neue Ereignisse ihre Schatten voraus. Auf Sophie kommen anscheinend sehr schwere Zeiten zu und wenn ich raten müßte, sehe ich sie demnächst in Gips und/oder Schienen. Da ich selbst ein Faible für orthopädische Korsetts und Apparate habe könnte ich mir da schon Einiges vorstellen, was die nötige Ruhe und Regelmäßigkeit in das offensichtlich unstete Leben der Baroness bringen würde. Naja, das Stichwort "Katzenbuckel" am Telefon läßt ja auch einiges erahnen und es ist ja wohl auch eine Versorgung des losen Mundwerks von Sophie geplant. Jeder kriegt eben was er verdient und Maria hat mit dem Training der "Originalhaltung" auch gleich eine neue Herausforderung gefunden. Bestimmt wird das anstrengend und schmerzhaft für sie, aber mit Pauls Unterstützung könnte es klappen...

LG Joern
40. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 08.01.14 12:17

Da ist die Gute Mrs Potter aber dem Baron gehörig auf den Leim gegangen. Er hat das ja ganz Geschickt Angefangen und nur Paul hat das Bemerkt.
Ich glaube nicht das Sophie in der Geschichte Auftaucht höchstens als Randnotiz das die Baroness doch soo schwer Verletzt ist das sie Unmöglich am Fest Teilnehmen kann. Marias Training wird sich wohl Verschärfen aber mit Pauls Unterstützung schafft sie das Bestimmt. Diese Orginal Haltung ist bestimmt Unheimlich schwer selbst für Geübte Trägerinnen eines Monohandschuhs. Das muß doch Unheimlich wehtun.
41. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 08.01.14 13:03

`` Diese Orginal Haltung ´´wird in Bondagegeschichten meist ``Back prayer ´´ genannt .
Im Original sieht man dies nur sehr selten bei guten Shibarimodeln . Auf die schnelle fand
ich nur ein Bild mit Google
http://kirinawa.com/kinbaku/images/kinbaku%20%2857%29.jpg


Ansonsten wieder eine tolle Fortsetzung und der Gedanke , dass es Sophie wie Sabrina im
Minutenbuch ergehen könnte macht doch einiges gut . Nur das alles die Kasse tragen soll
stinkt mir ! Kannst du den Baron nicht auch in ein Gipsbett packen ?
42. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 06:38

Zitat
`` Diese Orginal Haltung ´´wird in Bondagegeschichten meist ``Back prayer ´´ genannt .


Ich dachte dabei eher an so etwas:
http://25.media.tumblr.com/tumblr_m4mzgf...wj7y6o1_500.jpg
oder so etwas http://25.media.tumblr.com/tumblr_ljhn2m...f68eno1_500.jpg
43. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 06:40

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

»Magst Du mir deinen Handschuh mal genauer zeigen?«

Maria wollte es immer noch nicht so recht glauben. Doch weil sie wollte Pauls Oma nicht enttäuschten wollte, kam sie der Bitte nach. Sie stand auf und ging zu ihr hinüber, dann drehte sie sich mit dem Rücken zu ihr hin.

Selma war bemüht, ihrer Stimme einen möglichst liebevollen Klang zu geben. »Darf ich Dich anfassen, mein Kind?«
Maria brachte es in diesem Moment nur zustande zu nicken.

Oma Selma versuchte Maria nur sehr zärtlich anzufassen. Sie prüfte den Sitz des Monohandschuhs und versuchte, Marias Ellenbogen noch weiter aneinander zu drücken. Dann faßte sie Maria an die Schultern und zog diese noch etwas weiter zurück.
»Du bist wirklich sehr gelenkig, mein Schatz.«

Es war Maria anzusehen, dass sie sich über das Urteil von Pauls Oma freute. Sie flüsterte ein leises »Danke«.
»Du solltest wirklich bald einen strengeren Handschuh tragen.« Sie faßte Maria noch einmal an die Schultern. »Auch die Schulterriemen könnten noch weiter angezogen werden.«

Maria versuchte ein Keuchen zu unterdrücken, als Selma ihre Taille untersuchte. »Du könntest auch ein strengeres Korsett tragen.«
Wieder war Marias Stimme leise, aber sehr stolz. »Im Sommer...« Weiter sprach sie nicht, denn sie war verwundert über die nächste Untersuchung.

Selma hatte ihre Brüste untersucht, und obwohl sie auf kurz aber fest drückte, gab Marias Bluse nicht nach. Auch wenn Pauls Oma nichts sagte, war doch zu sehen, dass sie schwer beeindruckt war.

Sie schien fertig zu sein. »Danke für Deine Geduld, mein Kind. Du kannst Dich wieder setzen.«
Vorsichtig ging Maria wieder zu ihrem Platz.

»Du könntest das »Gebet auf dem Rücken« bestimmt tragen.« In Selmas Stimme schwang einige Begeisterung mit. »Einige Wochen Training und Du wärst dann soweit.«
Maria blickte noch mal auf faszinierende Zeichnung. Ein freudiges Strahlen ging über ihr Gesicht.
»Wenn Deine Mutter es erlauben würde, dann könnte ich Dir dabei sogar helfen.«

Marias Augen leuchteten seltsam, und sie schien sich von der Zeichnung überhaupt nicht lösen zu können. Sie schien ihre Arme im Handschuh bewegen zu wollen, doch dieser hielt sie unerbittlich in der Haltung fest.

Paul wollte es auch nicht so recht glauben. »Und das hat die echte Katerina getragen?«
Pauls Oma freute sich über das Interesse ihres Enkels. Sie blickte kurz auf die Gesichter ihrer Gäste, und als sie sah, dass diese auch recht interessiert schauten, begann sie zu erzählen.

»Irgendwann im vierzehnten Jahrhundert führte der hiesige Herzog einen Krieg gegen den benachbarten Grafen. Es ist heute nicht mehr so ganz nachzuvollziehen, warum es überhaupt dazu gekommen ist. Eine Erklärung besagt, es sei wegen der Verschiebung einer Grenze gewesen, die der Graf versucht habe. Andere sagen, das der Graf öfters einmal einen Handelszug für den Herzog abgefangen habe.

Auf jeden Fall hat der Herzog den Grafen in einer Schlacht besiegt, und um den Grafen auch weiterhin unter Kontrolle zu halten, nahm er die Grafentochter, die Comtess Katerina, als Geisel und führte sie in einem Triumphzug in die Stadt.«
Sie machte eine Pause.

»Wie es in der damaligen Zeit üblich war, wurde auch die adeligen Gefangenen in Ketten gelegt. Es war wohl weniger wegen der Fesseln, als mehr wegen der Demütigung. Doch weder Katerina noch ihre Dienerinnen, die auch Ketten trugen, ließen sich davon beeindrucken. Die Tochter machte einen stolzen und selbstbewußten Eindruck, so erzählte man.«
Sie nahm einen Schluck Wasser.

»Es war dem Herzog bewußt, dass er die Grafentochter gut behandeln musste, wenn sie ihren Wert als Geisel nicht verlieren sollte. Da er sich selbst aber bei den Friedensverhandlungen befand, beauftragte er seinen Sohn Anselm damit, sich um die Comtess zu kümmern.«

Sie blickte in die Runde und grinste. »Ihr ahnt es sicher schon, der Herzogssohn hat sich bald darauf in die Grafentochter verliebt. Ob es Berechnung war oder Naivität, wurde nie bekannt. Offiziell war der Herzog gegen eine Verbindung mit der Familie des Grafen.«
Sie schien einen Moment nachzudenken.

»Es war eine Art Programm für die Grafentochter vorgesehen. Sie sollte bei jedem in der Stadt als Geisel bekannt gemacht werden. Deswegen wurde sie zunächst bei den Zünften vorgestellt und sollte dort jeweils ein paar Stunden mitarbeiten. Der Sohn des Herzogs musste sie dabei beaufsichtigen. Oft half er ihr aber auch bei den Arbeiten.

Nach den Zünften wurde Katerina bei den Honoratioren der Stadt vorgestellt. Auch dabei war sie immer in Begleitung. Irgendwann gab es den ersten zärtlichen Kuß, und die beiden waren sich bald einig.«

Maria hatte die Augen geschlossen und lehnte sich leicht gegen Pauls Schulter. Paul legte fast unbewußt seinen Arm um Marias Schulter und genoß ihre Nähe. Doch dann wurde er sich bewußt, was er da gerade getan hatte, und blickte erschrocken zu seiner Oma und kurz zu Marias Erzieherin. Doch beide nahmen seine Aktion entweder nicht wahr oder billigten sie. Er entspannte sich und lauschte weiter den Worten seiner Oma.

»Sie versuchten es zunächst geheim zu halten, doch bald machte das Gerücht in der Dienerschaft die Runde und erreichte schließlich auch die Ohren des Herzogs. Dieser rief seinen Sohn zu sich und machte ihn noch einmal auf seine Aufgabe sowie auf den Status von Katerina als Geisel aufmerksam. Besonders wies er darauf hin, dass er keine familiäre Bindung zur Familie des Grafen wünschte.

Doch der Sohn zeigte sich bockig. Er stand zu seinen Gefühlen und ignorierte sämtliche Anordnungen und Befehle seines Vaters.
Es vergingen einige Wochen, dann ließ der Vater bekannt geben, dass er einen Ball veranstalten würde, und auf diesen Ball würde sein Sohn sich verloben. Anselm befand sich in einer Zwickmühle. Gemäß dem damaligen Protokoll war so ein angekündigter Verlobungsball verbindlich. Und gleichzeitig wusste er, dass sein Vater alles unternehmen würde, um die Verbindung zur Comtess verhindern zu können.«

Diesmal war es Maria, die Pauls Oma unterbrach. Eigentlich paßte es nicht zu ihr, doch sie schien sehr mit dem Glück des Paares mitzufiebern. »Aber sie haben sich doch bekommen, oder?«

Selma war trotz allen auch dankbar für die Unterbrechung, denn sie griff erst mal zu ihrem Glas. Nach einem guten Schluck sprach sie dann weiter.
»Der Vater ergriff damals die Initiative. Er ließ verlauten, Katerina sei nach wie vor eine Geisel, und sie habe deswegen die ganze Zeit auch gefesselt zu sein. Es war wohl so, dass dies in der letzten Zeit ziemlich lasch gehandhabt wurde. Das Paar war über diese Entscheidung nicht besonders glücklich, doch sie mußten sich fügen.

Der Herzog hatte sich mit seinen Beratern besprochen, und diese hatten ihm geraten, dafür Sorge zu tragen, das Katerina bei dem Fest nicht mit dem Prinzen tanzen konnte. Doch gemäß ihres Ranges konnte er sie auch nicht von dem Fest ausschließen, zumal auch ihr Vater, der Graf, eingeladen war.«

Selma schien einen Moment nachzudenken.
»Es ist nicht mehr klar, wer letztendlich die Idee mit der besonderen Armhaltung hatte, doch dies hatte dem Herzog sofort gefallen. Denn auf der einen Seite ermöglichte es für den Herzog die Einhaltung des Protokolls, und auf der anderen Seite konnte die Comtess den Verlobungstanz ohne Arme nicht tanzen, und sie wurde damit »unmöglich« gemacht.

Die Schneiderin war es schließlich, die indirekt dafür sorgte, dass Grafentochter und Herzogssohn von den Plänen erfuhren, denn sie musste ja für das besondere Kleid extra noch einmal Maß nehmen, und insbesondere die besondere Armhaltung war etwas neues, deswegen wußten die beiden, was auf sie zukommen würde.«
Alle im Wohnzimmer hielten an dieser Stelle fast den Atem an. Es war wie in einem Märchen, und alle fragten sich, wie es weiter gehen würde.

»Die beiden Liebenden haben also durch die Schneiderin und eine mitleidige Dienerin des Herzogs von den Plänen erfahren, und letztendlich war es Katerina, die darauf gedrängt hat, den Verlobungstanz ohne Arme zu üben.«

Paul unterbrach seine Oma. »Sie waren sicher sehr verliebt?« Dabei blickte er erst seine Oma an und dann Maria. Er spürte, wie sie sich zärtlich an ihn schmiegte.

Die Oma fuhr fort: »Kurz vor Beginn des Balles wurde der Herzogssohn unter einem Vorwand weggelockt. Zwei dem Herzog ergebene Dienerinnen nahmen Katerina und zwangen sie in das grausame Kleid, welches ihre Arme komplett versteckte. Dazu mußten sie ihre Arme in der Haltung«, sie zeigte auf die Zeichnung, »gefesselt werden. Eine Vorbereitung hat sie damals nicht bekommen.«

Alle in der Runde hatte in diesem Moment Mitleid mit Katerina.
»Sie wurde angewiesen, den Mund zu öffnen, und gleich darauf wurde ihr ein Stoffbündel in den Mund geschoben und mit einem Tuch über den Lippen fixiert. Darüber wurde ein kunstvoller Schleier gebreitet.

Die Schneiderin hatte perfekte Arbeit geleistet. dass ihre Arme an dem Kleid fehlten, fiel überhaupt nicht auf, und auch der Schleier paßte perfekt zu der restlichen Erscheinung. Es gab keinen Grund, etwas an der Erscheinung der Grafentochter in Frage zu stellen. Und doch war sie grausam gefesselt und zum Schweigen gezwungen.«
Selma macht eine bedeutsame Pause.

»Doch die Liebe zwischen Anselm und Katerina war stärker.«

Das Telefon klingelte, und Oma Selma stand auf und verließ das Zimmer. Man hörte, wie sie am Telefon sprach. Es war aber nicht zu verstehen, worum es ging.
Auch Mrs. Potter stand auf und schien sich heimlich etwas zu recken. Dann ging sie zum Fenster, um in den Garten zu blicken.

Maria schmiegte sich noch einmal an Paul an. Sie drehte ihren Kopf zu ihm, blickte ihn sehr verliebt an und flüsterte: »Bitte küß mich.«
Von sich aus hätte Paul die Hilflosigkeit von Maria nicht ausnutzen wollen, aber dieser liebevollen Bitte kam er gern nach. Ihre Lippen trafen sich.

* * *

Anselm wurde immer nervöser. Gleich würde der Verlobungstanz beginnen. Er hatte dieses Ritual schon oft erlebt, wenn er und seine Familie bei anderen Festen eingeladen war. Oft genug war das Aussuchen der Braut nur noch eine formale Angelegenheit, denn längst war alles verabredet, und eine wirkliche Wahl gab es nicht.
Doch heute betraf es ihn selbst, und er sollte sich heute seine Braut aussuchen. Und er wusste, dass der Verlobungstanz verbindlich war. Es war fast wie ein Vertragsabschluß.

Anselm wusste, dass er auf jeden Fall seine Katerina heiraten wollte. Genauso war ihm aber klar, dass sein Vater alles versuchen würde, um genau dies zu verhindern.
Anselm hatte schon mit einigen der anwesenden Damen getanzt, doch bisher hatte er seine Braut nirgens entdeckt. Er wusste, dass sie anwesend war, denn auch ihr Vater war eingeladen. Aber wo war Katerina?

Schließlich entdeckte er auf der gegenüberliegenden Seite eine kleine Gruppe von Frauen, die alle einen Schleier trugen. Jede dieser Damen trug ein Tuch über den Schultern, so dass ihre Arme nicht zu sehen waren. Anselm war klar, dass seine Katerina eine von ihnen sein würde.

In den letzten Tagen, die er noch mit Katerina verbringen konnte, hatten sie ein paar Zeichen verabredet, weil sie wußten, dass der Herzog bestimmt Mittel ergreifen würde, um ihre Verlobung zu verhindern.

Der Prinz tanzte in die Nähe der verschleierten Frauen, und jedes Mal, wenn er sie anblickte, sah er, dass eine der Frauen mit dem Kopf ein Dreieck andeutete.
Er war erleichtert, er hatte seine Katerina erkannt und sie hatte ihm signalisiert: »Er war grausam, aber mir geht es gut.«

Schließlich kam der Verlobungstanz, und alle im Saal waren sehr gespannt, wen der Prinz auswählen würde. Dieser ging zielstrebig auf die verhüllten Gestalten in der Ecke zu. Und jetzt zeigte sich ein Fehler in den Plänen des Herzogs. Durch den Schleier konnte niemand sehen, wen der Prinz da wirklich ausgewählt hatte. Der Herzog und seine Umgebung wußten es zwar, aber er konnte nicht einschreiten, ohne das Gesicht zu verlieren. So musste er dem Treiben zusehen ohne dass er eingreifen konnte.

Sie tanzten wunderbar miteinander, und dass Katerina ihre Arme nicht benutzen konnte, fiel keinem auf, der es nicht wusste. Alle Figuren waren korrekt, und selbst die Figuren, die die Dame alleine tanzen musste, stimmten.

Katerina wusste sich sogar mit dem Prinzen zu verständigen. Die Zeichen, die sie zuvor für alle Fälle vereinbart hatten, kamen ihnen jetzt zugute. Zudem hatte Anselm ohnehin eine Bosheit seines Vaters erwartet.

Alle waren von der Wahl des Prinzen sehr angetan.

Er wollte Katerina die Demütigung ersparen, den Knebel zeigen zu müssen. Obwohl es nicht geplant war, tanzten sie beide durch die offene Tür hinaus in das Nebenzimmer, wo nur wenige sie sehen konnten. Sie blieben nur einen winzigen Moment draußen, und als sie wieder in den Saal kamen, trug Katerina ihren Schleier noch. Doch es schien, dass sie jetzt etwas erleichtert war. Wer ganz genau hingesehen hatte, konnte sehen, dass Anselm beim Hereinkommen kurz etwas weggeworfen hatte.

Gegen Ende des Tanzes traten sie vor den Thron, wie es das Protokoll vorsah...

* * *

»Und dann haben sie geheiratet?« Mrs. Potter stellte als erste die Frage, die allen im Kopf herumschwirrte.

Oma Selma lächelte. »Ja, dann haben sie sich bekommen. Der Herzog hatte sozusagen verloren gegen die Liebe.«

»Und wie lange musste sie ihre Arme so grausam tragen?« Marias Stimme war noch ziemlich leise.

Selma lächelte wieder. »Das ist nicht so genau überliefert. Einige Quellen deuten daraufhin, dass sie gleich nach der Verlobung wieder »frei« war, in anderen ist die Rede davon, dass sie erst in der Kirche nach dem Ja-Wort Gnade bekommen hat.«

Sie ließ den anderen Zeit, etwas darüber nachzudenken. »Heute wird es so gespielt, dass sie in der Kirche noch die Arme auf dem Rücken trägt.«
Paul traute sich zu fragen: »Und wie läuft das Fest so ab?«

Statt einer Antwort stand Pauls Oma auf und ging zur Terrassentür. »Die Sonne scheint nicht mehr so stark. Wollen wir uns nicht nach draußen setzen? Und dort erzähle ich Euch von den heutigen Festen.«

Paul spürte sofort, dass Maria mit dem Vorschlag nicht einverstanden war, denn er spürte, wie sie sich aufrichtete und versteifte. Sie suchte den Blick ihrer Erzieherin, und diese schien auch sofort zu wissen, was Maria beschäftigte. Allerdings blickte sie ihren Schützling ermutigend und auffordernd an.

»Ich darf mit dem Handschuh nicht nach draußen.« Marias Stimme zitterte etwas. Doch als sie sah, dass Oma Selma sichtlich enttäuscht war, überlegte sie selber, warum das so war. Sie wollte Pauls Oma eigentlich nicht enttäuschen. »Ich war mit dem Handschuh noch nie so draußen.«

Oma Selma war in diesem Moment sehr verständnisvoll. »Das verstehe ich gut. Aber ich kann Dich beruhigen, die Terrasse kann man von außen nicht einsehen.«

Maria zögerte noch. Selma ging zu einer Schublade und nahm ein großes Seidentuch heraus. Dies hängte sie Maria so um die Schultern, dass von ihrem Handschuh nichts mehr zu sehen war. »Paul, magst Du Maria hinaus führen?«

Paul kam der Bitte gern nach und half Maria beim Aufstehen. Dann legte er einen Arm um ihre Schultern, und langsam gingen sie zur Terrassentür. Sehr vorsichtig setzte Maria ihre Stiefel nach draußen und blickte sich sofort scheu um.

Zu ihrer Erleichterung war es wirklich so, wie Selma gesagt hatte. Die Terrasse war von keiner Seite einzusehen. Paul spürte, wie Maria sich zunehmend entspannte.
Er führte Maria zu der kleinen Bank und half ihr, sich dort hinzusetzen. Dann half er seiner Oma, den Tisch und die anderen Stühle dazu zu stellen. Als letztes ließ er noch die Markise herab.

Es stand ein Tablett mit Gläsern bereit, und Paul fragte nach den Getränkewünschen. Er ging noch einmal hinein und kam mit einem Korb mit Flaschen und ein paar Kissen zurück. Er stellte die Flaschen auf den Tisch, dann nahm er die Kissen und versuchte, Maria ein möglichst bequemes Sitzen zu ermöglichen.
Maria spürte, dass Oma Selma gern noch mehr von ihrem Handschuh gesehen hätte. Sie nahm sich all ihren Mut zusammen und bat Paul, das Tuch wieder hineinzubringen. »Ich denke, das brauche ich doch nicht.«

Oma Selma freute sich über Marias Geste. »Das ist schön von Dir, ich danke Dir.« Sie schaute noch einmal fasziniert auf Marias so streng verpackte Arme. »Es gibt heute nicht mehr viele Mädchen, die so einen Handschuh tragen. Du machst das wirklich toll.«

Maria fühlte sich sehr geschmeichelt. Doch etwas bewegte sie. »Was müßte ich denn als Katerina so machen?«

Mrs. Potter musste zugeben, das auch sie sich mit dieser Frage beschäftigte. Sie wollte ebenso erfahren, was sie dem Baron zugesagt hatten.
Oma Selma blickte Maria prüfend an. »Losgehen wird es am Freitag auf dem großen Sportplatz. Du wirst schon mit dem Kostüm dorthin gehen oder mit dem Auto gebracht werden. Dort werden Dir die Ketten angelegt.«

Marias erschrak. »Ketten?« Doch dann schien sie etwas nachzudenken. »Ja richtig, Katerina war ja eine Geisel.«

Selma blickte verständnisvoll. Maria wäre bei weitem nicht die erste Darstellerin, die sich vor den Ketten fürchten würde. »Die Hand- und Fußmanschetten werden extra für Dich neu geschmiedet, damit sie gut sitzen und Du sie gut tragen kannst.«

Maria keuchte.

»Und diese Manschetten werden dann mit Ketten verbunden.« Sie schaute noch einmal prüfend auf Maria. »Ich glaube, Du könntest sogar die schweren Ketten tragen.«
Einerseits fühlte Maria sich geschmeichelt, andererseits wollte sie doch auch wissen, was denn die andere Möglichkeit wäre.

»Es gibt auch noch Ketten aus Aluminium. Die sind schön leicht, aber dafür haben sie keinen so schönen Klang.«

Maria schien nachzudenken.

Oma Selma beantwortet die Frage, die Maria noch gar nicht gestellt hatte. »Fast jede Darstellerin hat die schweren Ketten getragen.«

Mrs. Potter war auch an Marias möglichen Aufgaben interessiert. »Wie lange müßte sie das denn machen?«
Oma Selma musste nicht lange überlegen. »Der Festzug dauert üblicherweise ungefähr eine Stunde. Es dauert einige Zeit, bis es losgeht, und zusammen mit der Arbeit auf dem Marktplatz -« Sie rechnete zusammen. »Ungefähr drei Stunden. «

Maria schaute fast etwas geringschätzig. »Naja, das würde ich schon hinkriegen.«
Paul mischte sich jetzt auch ein. »Arbeit auf dem Marktplatz?«

»An dem Festwochenende ist auf dem Platz vor dem Rathaus ein historischer Markt aufgebaut mit altem Handwerk und Gewerbe.« Oma Selma freute sich über das Interesse ihres Enkels. »Und die Katerina muss an jedem dieser Stände etwas tun.«

Maria schaute recht ungläubig. »Mit den Ketten?«

»Ja, das soll darstellen, dass Katerina damals bei den Zünften arbeiten musste, um überall als Geisel bekannt zu sein.«
Maria schien sich das vorzustellen. »Wie lange dauert das, und was muss ich da so tun?«

»Das dauert ungefähr eine Stunde. An jedem der Stände ungefähr fünf bis zehn Minuten. Es sind eher symbolische Handlungen.« Pauls Oma dachte einen Moment nach. »Du musst ein Brot aus dem Ofen holen, zwei bis drei mal mit dem Hammer in der Schmiede auf den Amboß schlagen, und ähnliches.«

Maria war noch am Zweifeln.

»Bisher hat das noch jede Katerina-Darstellerin hinbekommen.« Selma versuchte Zuversicht auszustrahlen.

Mrs. Potter hatte allerdings Zweifel, ob die Baroness es schaffen würde. Und zwar weniger aufgrund ihrer Kraft sondern eher, weil sie vermutlich nicht wusste, an welchem Ende ein Hammer anzufassen wäre.

»Außerdem kannst Du Dich danach gleich ausruhen.« Selmas Stimme hatte jetzt etwas beruhigendes. »Denn jetzt kommt der erste Auftritt des Herzogssohns.«

Marias Blick bekam etwas verträumtes. Sie blickte zu Paul.

Oma Selma sah diesen Blick und musste Maria enttäuschen. »Die Rolle des Prinzen ist schon vergeben. Ich glaube, dieses Jahr soll er von einem Neffen des Barons dargestellt werden.«

Ein verschämtes Lächeln ging über Marias Gesicht, sie fühlte sich ertappt. Aber es stimmte, sie fände es toll, wenn Paul der Prinz sein könnte.

»Was passiert denn beim Auftritt des Prinzen?« Jetzt war auch Mrs. Potter neugierig geworden.

»Es rollt eine Kutsche auf den Marktplatz, auf der ein Thron aufgebaut ist. Katerina wird darauf Platz nehmen, und dann kommt der Prinz und wird sie mit symbolischen Fesseln an diesen Thron binden.«

Oma Selma nahm wieder einen Schluck Wasser und blickte kurz in die fragenden Gesichter.

»Naja, es sind schon echte Fesseln, ich glaube Eisenschellen. Aber es ist eben nur ein Spiel. Wenn sich die Katerina-Darstellerin heftig bewegen und sich wehren würde, dann würden die Fesseln sicher sofort aufgehen.«

Innerlich war Maria in diesem Moment etwas enttäuscht, ohne dass sie wirklich wusste warum.

»Der Prinz stellt sich dann neben die Prinzessin und die Kutsche fährt los.«

»Wo geht es jetzt noch hin?« wollte Maria wissen.

»Die Kutsche dreht nur noch eine Runde auf dem Marktplatz, und dann fährt sie durch das große Tor ins Rathaus hinein. Das Tor schließt sich, und damit ist das Spiel vorbei.«

Es war Marias Blick anzusehen, dass sie über das Spiel nachdachte.

»Fast immer gibt es dann vom Publikum einen solch großen Applaus, dass die Prinzessin und der Prinz sich noch einmal zeigen müssen. Aber dann ist es für den Freitag geschafft.«

Maria sah bis jetzt noch ganz zuversichtlich aus. Sie lehnte sich etwas vor und versuchte ihre Arme im Handschuh etwas zu strecken.
Paul blickte sie fragend an.

Maria lächelte, »Ich mag mich nur mal ein wenig strecken.« Sie wollte nicht, dass Paul sich wegen des Handschuhs und ihres Wohlbefindens Sorgen machen sollte.
»Am Samstag wird den ganzen Tag das Friedensfest gefeiert. Überall auf dem Marktplatz wird ein historisches Fest dargestellt. Es gibt viel Musik und Tanz.« Selma schien sich zu erinnern. »Das war früher für die Kinder immer das schönste. Denn wegen des Festes gab es schulfrei.«

»Was muss die Katerina denn am Samstag machen?« wollte Maria wissen, die sich mit dem Handschuh wieder in ihre Kissen gekuschelt hatte.

Oma Selma musste erst nachdenken. »Seltsam, das fällt mir erst jetzt richtig auf. Der nächste Auftritt der Comtess ist erst am Abend beim Verlobungsball.«
Doch dann musste sie sich korrigieren. »Nein, sie hat vorher doch was zu tun. Sie wird den Tag über die verschiedenen Sponsoren besuchen. Das hat nur noch indirekten Bezug zum Original. Früher wurde sie bei den Honoratioren des Ortes vorgestellt.«

Es war Selma anzusehen, dass sie diese Entwicklung bedauerte. »Die Sponsoren dürfen mit der Katerina werben.«

»Trägt sie dabei auch die Ketten?« wollte Mrs. Potter wissen.

»Entweder die Ketten oder etwas ähnliches. Das liegt an der Darstellerin und ihren Kräften.« Selma blickte verträumt auf Maria. »Aber spätestens gegen 15 Uhr ist Schluß, damit sich die Katerina auf den Ball vorbereiten kann.«

Marias Augen begannen zu leuchten. Sie versuchte ihre Arme ein wenig zu bewegen.

»Das Ballkleid der Katerina ist jedesmal eine Überraschung. Es wird für jede Darstellerin neu geschneidert, denn jede geht mit dem Handschuh anders um.«
Eine gewisse Spannung lag in der Luft. »Fast alle Mädchen haben so einen Handschuh wie Du getragen. Und der wurde dann unter dem Kleid versteckt.« Oma Selma hatte kurz die Augen geschlossen und schien sich die Bilder ins Gedächtnis zu rufen. »Es gab nur ein Mädchen, welches den Handschuh nicht geschafft hat. Die trug dann so eine Art Tasche um die Arme.«

Marias Blick sprach Bände.

»Aber bei jeder Darstellerin waren die Arme gut verpackt, und sie musste ohne sie tanzen.«

Mrs. Potter schien nicht so tief zu träumen. »Aber das ist doch gefährlich für die Darstellerin, oder? So ganz wehrlos?«

Selma gab ihr recht. »Ja, das ist jedes Mal ein wichtiges Thema. Und deswegen wird die Darstellerin auch ständig von Dienerinnen und Dienern begleitet, die keine anderen Aufgabe haben als sie zu beschützen.« Sie blickte Maria prüfend an, während sie weiter sprach. »Einige der Schauspielerinnen haben während dem Fest sogar so etwas wie einen Keuschheitsgürtel getragen.«

Maria musste husten. Mrs. Potter blickte auf einmal ganz verschreckt zu Maria hinüber.

Oma Selma lächelte in sich hinein. Sie hatte genau die Reaktion bekommen, die sie erwartet hatte. Doch es gab auch einen realen Grund für den Schutz. »Das vermittelt ihnen zusätzliche Sicherheit und erlaubt, dass sie selbstbewußter auftreten.«

Maria nahm wieder einen Schluck Wasser.

»Und außerdem bekommt die Katerina vorher Unterricht in Selbstverteidigung und sie lernt, welche Mittel ihr dann noch bleiben.«

»Und der Prinz?« Marias Augen wechselten zwischen Paul und seiner Oma hin und her.

»Der kann sie auch beschützen. Zumindest nachdem sie getanzt haben.«

Maria war fasziniert. »Und wie läuft der Ball ab?«

Oma Selmas Blick bekam jetzt auch etwas Verträumtes. »Oh, das ist der erste Höhepunkt des Festes. Alle tragen historische Kostüme. Die Musik spielt.« Sie blickte auf Maria. »Und sie tanzen Tänze nach historischem Vorbild.«

»Und Katerina?« Marias war sehr an ihrer eventuellen Rolle interessiert.

»Um es der Darstellerin nicht unnötig schwer zu machen, muss sie nur einen Tanz tanzen, nämlich den Verlobungstanz.«

Maria war fast etwas enttäuscht.

»Aber fast jede Darstellerin hat dann von sich aus den einen oder anderen Tanz mehr getanzt.« Sie dachte einen Moment nach. »Bei meinem zweiten Fest gab es eine Darstellerin, die wirklich alles mitgetanzt hat. Die war wirklich toll, obwohl sie auch einen Handschuh unter dem Kleid trug.«

Maria war zuversichtlich. »Ich werde auch viel tanzen.«

Ein fragender Blick von ihrer Erzieherin ließ sie sich korrigieren. »Ich würde viel tanzen.« Sie schien dabei fast etwas enttäuscht.

»Und dann kommt der Sonntag.« Oma Selmas Stimme klang geheimnisvoll. »Das Fest geht weiter mit dem Einzug der Braut in die Kirche.«

Maria bekam sofort einen sehr verträumten Blick. Unwillkürlich blickte sie zu Paul, ihre Blicke trafen sich.

»Die Braut ist immer etwas sehr besonderes. Sie trägt fast immer ein schulterfreies weißes Kleid mit sehr weitem Rock und langer Schleppe. Doch auch hier trägt sie einen passenden weißen Handschuh. Das sieht jedesmal toll aus.«

Selma blickte in verwunderte Gesichter. »Katerina behielt auch nach der Verlobung ihren Status als Geisel und musste weiter Fesseln tragen. Erst nach dem Eheversprechen in der Kirche durfte sie endlich frei sein. Zumindest wird es heute so gespielt.«

»Und sie geben sich wirklich da Ja-Wort.« Maria war erstaunt.

Selma schien ihre Gedanken zu erraten. »Es ist eben nur gespielt.« Sie dachte kurz nach. »Aber es gab einmal ein Darstellerpaar, das stand zwei Wochen später wieder vor dem Altar und hat dann richtig geheiratet.«

Maria blickte verträumt zu Paul. Dieser fing den Blick zwar auf, fühlte sich aber nicht so recht angesprochen. Er lächelte verunsichert zurück.

»Sind dann die Pflichten der Katerina beendet?« wollte Mrs. Potter wissen.

Ein Lächeln ging über Selmas Gesicht. »Jetzt kommt ein sehr angenehmer Teil, Katerina sitzt zusammen mit ihrem Ehemann in der Kutsche, und in einem neuen Umzug werden sie noch einmal mit Musik durch die Stadt geführt. Und überall jubeln ihnen die Leute zu.« Selma spürte die Frage. »Aber hier hat sie die Arme frei, denn das Publikum möchte eine glücklich winkende Braut sehen.«

Marias Augen leuchteten. »Aber dann ist es vorbei.«

»Für das Wochenende ist es vorbei, ja.« Selma war in Gedanken auch noch bei dem letzten Hochzeitszug. »Aber dann beginnt das Katerinenjahr. Es ist so etwas ähnliches wie bei einer Weinkönigin, und die Katerina hat noch viele Auftritte.«

Auf einmal war Maria recht aufgeregt. »Und muss sie dort auch den Handschuh tragen?« Ihre Augen leuchteten schon wieder.

»Das kommt auf den jeweiligen Anlaß an. Aber bei den Sponsoren trägt sie ihn fast immer.«

Mrs. Potter räusperte sich, und Maria zuckte zusammen. Sie schien jetzt fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen zu haben. »Ich habe mich wohl etwas zu sehr gehen lassen.« Aus ihrem Gesicht war die Begeisterung wieder verschwunden. »Ich bin ja nur die zweite Besetzung.«

Oma Selma spürte den Stimmungswechsel auch. Sie wollte ablenken. »Ich würde Euch gern den Garten zeigen.«

Mrs. Potter war von der Idee recht angetan. Doch dann fiel ihr Blick auf Marias Stiefel.

Maria hatte den selben Gedanken. Sehr vorsichtig blickte sie ihre Erzieherin an. »Ich würde gern hier oben bleiben.« Dabei warf sie einen Blick auf ihre Stiefel.
Zu ihrer Erleichterung hatte Mrs. Potter dagegen nichts einzuwenden. »Dann bleibt ihr beiden hier oben, und Selma und ich schauen uns den Garten an.«

»Das ist eine gute Idee, Doro« Selma war aufgestanden. »Lassen wir die jungen Leute hier oben und plaudern wir von den alten Zeiten.«

Mrs. Potter stand ebenfalls auf. Sie blickte noch einmal etwas nachdenklich auf Maria und ergänzte: »Ihr könnt ja noch etwas für die Schule tun. Wie steht es mit der Mathearbeit?« Dann ging sie hinter Selma die kleinen Stufen hinunter in den Garten.

Sowohl Paul als auch Maria zuckten beide etwas zusammen. Doch Marias Erzieherin hatte recht, sie mußten langsam wieder an die Schule denken.

Paul bot sich an, seine Bücher und etwas zu schreiben zu holen. Er blickte auf Maria und grinste etwas, dann stand er auf. »Ich hole dann mal die Bücher«
Maria lächelte ihm hinterher.

Als er wieder kam, zitterte Pauls Stimme etwas. »Darf ich mal was fragen?« Er legte die Bücher auf den Tisch.

Maria blickte ihn erstaunt an.

»Es ist mir schon häufiger aufgefallen. Immer wenn Deine Erzieherin sich räuspert, zuckst du zusammen und bist danach meistens etwas traurig.«

Ein Lächeln glitt über Marias Gesicht. »Ach, das hat aber nicht wirklich eine Bedeutung. Das ist eher ein Spiel.«

Paul blickte sie verblüfft an. »Ein Spiel?«

Maria war amüsiert. »Naja, eigentlich geht es um meine Stiefel.« Sie hob ein Bein, um einen der Stiefel zu zeigen. »Am Anfang mochte ich die Stiefel überhaupt nicht, weil ich keine Übung hatte, darin zu gehen.«

Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Er strich mit der Hand vorsichtig über den Stiefel und blickte Maria verwundert an.

»Und außerdem musste ich lernen, mich gut zu benehmen. Und wir haben dann ein Spiel daraus gemacht. Immer wenn sie der Meinung war, dass etwas von mir schlecht war, hat sie sich geräuspert, und ich hatte einen Strafpunkt auf meinem Konto.«

Paul war jetzt fast etwas ungehalten. »Und was war eben falsch?«

»Ach, ich habe mich wohl zu sehr in die Rolle der Katerina reingedacht.« Ihr Blick hatte kurz wieder etwas verträumtes. »Und wenn ich zehn Punkte zusammen habe, dann muss ich bei der nächsten Gelegenheit die Stiefel tragen.«

Paul begann so langsam zu verstehen.

»Aber heute trage ich die Stiefel gern, und diese Motivation bräuchte es eigentlich nicht mehr.« Maria schien in diesem Moment etwas verwundert zu sein. »Aber ich kann doch nicht...« Es schien sie zu beschäftigen.

Paul wollte ihr helfen. »Soll ich ihr sagen, dass Du die Strafe nicht mehr brauchst?« Ob er den Mut dazu haben würde, wusste er allerdings nicht.

»Untersteh Dich.« Maria war fast beleidigt. »Misch Dich da bitte nicht ein.«

Paul spürte, das er zu weit gegangen war. »Bitte sei mir nicht böse.« Er blickte sie lieb an.

»Sie wird sich sonst nur eine neue Strafe ausdenken. Und mit dieser komme ich ganz gut zurecht.« Sie blickte ihn verschmitzt an. »Dann laß uns noch etwas über Mathe reden.«

Paul war erleichtert.

* * *
44. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 09.01.14 07:19

gag_coll: ja den Backprayer den du gepostet hast meinte ich auch. Der deines Vorposters ist ja doch eine sehr leichte Form die die meisten noch hinbekommen würden. Bei einem "richtigen" Backprayer sieht es da schon anders aus! Ich kenne nur zwei Personen die es können, die eine weil Übung den Meister macht und die andere weil es mir scheint als hätte sie Gummibänder


Klasse Fortsetzung!!!
45. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 09.01.14 08:48

Wer sich diese haltung mal anschauen möchte, der sollte mal auf www.myvideo.de gehen und dort als Suchfunktion mal
"reverse prayer"
eingeben, dann findet man schon einige Videos die eine solche Haltung zeigen. Einige sind wirklich gut, andere weniger. Halt einfach mal durch blättern.

Mfg Rainman
46. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 09.01.14 14:31

Maria scheint sich ja auf die Rolle der Katerina richtig zu Freuen trotz oder grade wg dem Backprayer? Ich vermute mal Oma Selma hat bemerkt das Maria einen KG trägt. Klar das Maria nicht möchte das Paul Mrs Potter wg der Strafe Anspricht. Lieber eine Strafe die man gut Verträgt als eine Strafe die Wirklich eine ist.
47. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 09.01.14 18:22

Eine sehr schöne Geschichte .
Ich bin wirklich gespannt wie es weiter gehen wird und was der Baron noch so in Schilde führt .
48. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 19:44

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Baron von Harsumstal saß an seinem Schreibtisch und hatte einige Schriftstücke vor sich liegen. Eigentlich kannte er den Inhalt auswendig, doch er nahm sie immer wieder zur Hand, um darin zu lesen. Denn sie stellten seine allerletzte Hoffnung dar.

Das erste Schriftstück stammte aus dem vorangegangen Jahrhundert. Es war die kurze und nüchterne Bestätigung eines Notars. [...] Gemäß ihren Wünschen haben wir Zweihunderttausend Mark in Gold angelegt. Zur Auszahlung kommt das Geld nur dann, wenn bei dem betreffenden Fest es eine Darstellerin schafft, das »Gebet auf dem Rücken« zu tragen. [...]

Er legte den Brief wieder beiseite und dachte nach. Seine Tochter würde das nie schaffen, selbst wenn sie bereit wäre, es zu versuchen. Doch selbst das hielt er für ausgeschlossen.

Der zweite Brief war eine Bankauskunft aus heutiger Zeit und nicht weniger nüchtern. [...] können wir Ihnen mitteilen, dass der Wert des Goldes sich mittlerweile verzwanzigfacht hat und im Moment bei knapp vier Millionen Mark steht. Beachten sie jedoch die besonderen Bedingungen, die mit der Auszahlung verknüpft sind.[...]

Er seufzte. Das Geld wäre genug, um seine finanziellen Probleme zu lösen. Doch dann musste er an seine verstorbene Frau und an seine Tochter denken. Das Geld würde an dem jetzigen Zustand auch nichts ändern. Er wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und nahm sich den dritten Brief zur Hand.

Dieser stammte aus dem gleichen Notariat und enthielt weitere Bedingungen. [...] das Vermögen kann nur zur Auszahlung an die Darstellerin kommen, wenn diese ihr fünfundzwanzigstes Lebensjahr vollendet hat oder verheiratet ist. Bis dahin soll es der Vorsitzende des Festes zu treuen Händen verwalten. [...]

Es war ein Glück, so dachte der Baron, dass dort nicht die Rede war vom Vater der Darstellerin, sondern vom Vorsitzenden. Bisher war dies zwar immer dieselbe Person, doch mit Maria würde sich dies ändern.

* * *

Mrs. Potter und Pauls Oma kamen die Stufen herauf. »Und dann habe ich die Stelle bei Baron Grünberg angenommen.« berichtete Oma Selma.

Mrs. Potter blickte sie sehr interessiert an.

Selma erklärte, dass es eine Erzieherinnenstelle im alten Stil gewesen wäre. »Doch jetzt wollen wir erst mal Abendbrot essen.«

Paul nahm dies sofort als Signal und begann, die Bücher zusammen zu packen.

Maria blickte ihre Erzieherin an und bat mit leiser Stimme um die Schlüssel. »Meine Trainingszeit ist bestimmt vorüber, dann kann Paul mich aus dem Handschuh rauslassen.«

Mrs Potter kramte in ihrer Handtasche und reichte Paul einen Schlüssel. Gleichzeitig nahm sie ein kleines Notizbuch und machte eine kurze Eintragung. Dann blickte sie wieder zu Maria. Sie versuchte, ihrer Stimme einen weichen Klang zu geben. »Paul, bitte warte mal einen Moment.«

Paul hatte gerade das letzte Schloß geöffnet und war gerade dabei, den ersten Riemen zu öffnen, doch jetzt hielt er inne. Er legte die Schlösser auf den Tisch und schaute etwas ratlos zwischen Maria und ihrer Erzieherin hin und her.

Mrs. Potter wandte sich noch einmal an Paul. »Deine Oma hat mich um einen Gefallen gebeten. Allerdings müsst ihr beide auch damit einverstanden sein.«

Alle Blicke richteten sich auf Maria. Diese ließ ihren Blick etwas verwirrt zwischen Paul und seiner Oma wandern. Doch dann schien sie zu begreifen, was Pauls Oma von ihr wollte. Sie ließ den Blick erstaunt auf Selmas Gesicht ruhen.

Selma blickte Maria an. »Du würdest mir eine große Freude machen.« Sie war fast etwas beschämt. »Ich durfte es schon so lange nicht mehr erleben.«

In Pauls Gesicht war deutlich zu lesen, dass er keine Ahnung hatte, was jetzt von Maria erwartet wurde. Er wollte sie jetzt eigentlich aus dem Handschuh heraus lassen, denn er war der Meinung, das sie ihn jetzt wirklich lange genug getragen hatte.

Auf einmal dämmerte es auch ihm. »Maria soll den Handschuh weiter tragen?« Seine Stimme klang vorsichtig, er wollte sich nicht schon wieder in die Nesseln setzen. »Beim Abendessen etwa auch?« Jetzt endlich hatte Paul auch verstanden, um was es hier gerade ging und war entsprechend hin- und hergerissen. Auf der einen Seite wollte er Maria gern die Demütigung ersparen, hier gefüttert werden zu müssen, andererseits wollte er seiner Oma aber auch die kleine Freude nicht verderben.

Maria nahm ihm schließlich die Entscheidung ab. »Laß nur, das geht in Ordnung.« Sie blickte ihn liebevoll an und küßte ihn auf die Wange. »Du wirst mir dann Häppchen schneiden und mich füttern.« Dabei war ein seltsames Leuchten in ihren Augen zu sehen.

»Ich bin stolz auf Dich.« Mrs. Potter war neben Maria getreten und strich ihr liebevoll über den Kopf.

Maria blickte sie erstaunt an. Doch dann glitt ein glückliches Lächeln über ihr Gesicht.

* * *

Selma hatte schon fertige Schnittchen vorbereitet, die Paul jetzt nur noch aus dem Kühlschrank holen musste. Er stellte die Platte auf den Tisch und sah noch einmal nach den Getränken. Dann nahm er selbst neben Maria auch am Tisch platz.

»So war es früher oft bei Baron Grünberg. Es ging sehr streng zu, und die Töchter kamen oft fast den ganzen Tag nicht aus dem Handschuh heraus.« Oma Selmas Stimme klang fast etwas wehmütig.

Paul war über diese Behandlung etwas empört. »Aber du hättest sie doch rauslassen können, oder?«

Selma kannte ihren Enkel gut. Sie lächelte. »Ich hatte sehr oft Mitleid mit den Töchtern. Aber zumindest die großen der beiden hatten es meistens auch verdient.«
Sie bekam erstaunte Blicke. »Ja, die jüngste kam öfters mal zu mir ins Zimmer, und dort habe ich sie heimlich für ein paar Minuten aus dem Handschuh gelassen.«

Paul musste jetzt fast etwas lachen. »Ich dachte immer, Du wärst so eine strenge Erzieherin gewesen?«

Die Runde musste auch lachen.

»Aber was wollt ihr denn trinken?« Oma Selma zeigte auf die verschiedenen Flaschen. »Greift bitte zu.« Sie reichte die Platte mit den vorbereiteten Schnittchen herum.

Paul nahm die Platte und legte sich zwei Schnittchen auf den Teller. Dann reichte er die Platte zu Maria.

Diese blickte ihn verblüfft an und grinste »Witzbold.« Dann stupste sie ihn mit ihrem Handschuh etwas in die Seite.

Paul bemerkte seinen Fehler erst jetzt. »Entschuldige, das war keine Absicht.« Er wurde rot. »Was magst Du denn?«

Maria wählte zwei der kleinen Brotscheiben, die mit Käse belegt waren. Paul legte sie ihr vorsichtig auf den Teller. Dann reichte er den Teller weiter. Er blickte Maria noch einmal bittend an. »Bitte entschuldige, das ist so neu für mich.«

Als Antwort küßte sie ihn kurz auf die Wange. »Das ist schon in Ordnung.«

Paul nahm ein Messer zur Hand und zerteilte Marias Schnittchen in mundgerechte Häppchen. Er blickte sie wieder fragend an.

Doch Maria wirkte in diesem Moment seltsam abwesend. Sie hatte die Augen halb geschlossen und blickte auf ihren Teller herunter. Ihr Atem ging auf einmal etwas heftiger.

Paul blickte sie erstaunt an. Er wusste nicht, was er machen sollte. Fast etwas hilflos blickte er zu seiner Oma.

Auch ihr war der seltsame Zustand von Maria aufgefallen, doch es schien, als wisse sie Bescheid. Sie deutete Paul an, Maria den Arm um die Schultern zu legen und sie an ihn heran zu ziehen. Dann begann sie auf einmal wieder von ihrem Garten zu erzählen, und ihr fiel ein, dass sie Mrs. Potter unbedingt noch eine Blume zeigen wollte. Die beiden standen auf.

Paul hatte immer noch nicht verstanden, was da gerade passierte. Doch er ahnte, dass Maria jetzt Halt brauchte. Er spürte ein Zittern in ihrem Körper und hörte ein leises Stöhnen dazu. Doch er verstand nicht.

Erst als sie langsam die Augen wieder öffnete, tat er ohne dass er recht begriff das vermutlich einzig richtige, er gab ihr einen langen Kuß.

* * *

Paul winkte noch einmal die Straße hinab, dann war Maria mit ihrer Erziehrerin um die Ecke gebogen und damit außer Sichtweite. Der Abschied war ihm schwer gefallen. Er war immer noch total verwirrt von den Ereignissen dieses Wochenendes und besonders eben von dem außergewöhnlichen Abendessen. Er glaubte fast, dass er geträumt hatte. Doch der leere Teller auf dem Terrassentisch erinnerte ihn daran, wie lieb und romantisch er eben noch Maria gefüttert hatte nach diesem seltsamen Ereignis. Allerdings hatte bis jetzt keiner ein Wort darüber verloren, und er selbst traute sich auch nicht danach zu fragen.

Seine Oma kam aus dem Haus und lobte ihn. »Du hast Dich eben sehr vorbildlich verhalten. Du hast genau das richtige gemacht.«

Jetzt fand er endlich den Mut zu fragen. »Aber was ist denn da eben eigentlich passiert? Was war denn mit Maria los?«

Seine Oma zögerte ein wenig mit ihrer Antwort. Sie schien die richtigen Worte zu suchen. »Maria ist eben in Deinen Armen gekommen. Sie hatte einen Höhepunkt, oder wenn Du es direkt hören willst, einen Orgasmus.«

Jetzt begriff Paul endlich und wurde dabei knallrot. Er wusste gar nichts mehr zu sagen. »Ich ... Sie...«

Selma sprach weiter. »Sie hat in dem Moment Halt gebraucht, und genau den hast Du ihr gegeben.«

Paul blickte seine Oma fassungslos an.

»Du sorgst Dich sehr um sie. Du liebst sie, und das ist schön so.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Liebe ist, wenn das Wohlbefinden eines anderen Menschen entscheidend für das eigene Wohlbefinden ist.«
49. RE: Maria

geschrieben von Tigerauge am 09.01.14 22:31

Eine wirklich wunderbare Fortsetzung ich bin der Meinung, dass der Baron in der Geschichte leer ausgehen sollte.
50. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 09.01.14 22:45

Also ich muß sagen das es wieder eine schöne Fortsetzung war und hoffe genau so das der Baron ins leere schaut er hat es nicht anders verdient.
51. RE: Maria

geschrieben von Joern am 10.01.14 09:12

Ich liebe diese Geschichte. Du verstehst es sehr gut die Spannung auf hohem Niveau zu halten und auch ich hoffe, daß es zu guter Letzt ein Happy End geben wird und der perfide Plan des Barons sich ins Gegenteil verkehrt. Mir stellt sich gerade die Frage ob Paul ind Maria schon im heiratsfähigen Alter sind... Evtl. braucht es ja für den Hauptdarsteller auch noch eine Zweitbesetzung, wenngleich ich mir Paul auch gut in der Rolle der Zofe vorstellen könnte, die Maria während des Festes betreut. Immerhin ist er ja inzwischen bestens mit den Befindlichkeiten einer streng gefesselten jungen Dame vertraut. Wie geht es eigentlich mit Sophie weiter? Bestimmt tut es ihr ganz gut mal für eine Zeitlang "ruhiggestellt" zu werden.

LG Joern
52. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 11.01.14 23:49

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Bislang war es ruhig auf dem Polizeirevier, so wie es eigentlich fast jeden Montag war. Der Beamte hatte sich zurück gelehnt und genoss den leichten Dienst. Seine Mittagspause lag schon hinter ihm, deswegen er wagte es, sich schon etwas auf den baldigen Feierabend zu freuen.
Das Telefon klingelte. Sein Blick fiel routinemäßig auf die Uhr, es war kurz nach halb Eins. Er nahm ab und meldete sich: »Polizeirevier Landsbach Süd« Er nannte noch seinen Namen dazu.

»Hier ist ein Unfall passiert«, sagte die Stimme am anderen Ende. Die Stimme klang erstaunlich ruhig, dies fiel dem Polizisten schon auf. Fast war es, als würde sein Gegenüber bewusst leise sprechen. Normalerweise waren die Anrufer immer sehr erregt.

Der Beamte fragte gewohnheitsmäßig nach Ort und Art des Schadens.
»Ein Wagen ist von der Straße abgekommen und hat sich vermutlich mehrmals überschlagen.«

Er machte sich Notizen. Dann stellte er die nächste Frage: »Und wo?«
»In der Teufelskurve in Richtung Stadtauswärts«

Innerlich stöhnte der Beamte. In dieser Kurve passierten oft schwere Unfälle. Er fragte sich, wann die Stadt deswegen endlich mal was tun würde. Dann erkundigte er sich nach den Unfallopfern.

»Eine junge Frau, sehr extravagant angezogen. Sie war nicht ansprechbar und hatte keine Papiere dabei. Aber sie wurde schon von Sanitätern vor Ort versorgt.«
Die Laune des Polizisten wurde schlechter.

Er fragte nach dem Autokennzeichen. Die Stimme gab es durch.

Dann wollte der Polizist noch wissen, wer denn den Unfall meldete. Doch die Gegenseite hatte aufgelegt. Der Anrufer wollte anscheinend anonym bleiben.
Der Beamte schickte einen Streifenwagen an die bewusste Stelle. Er bedauerte, dass es schon fast traurige Gewohnheit war. In dieser Kurve kamen die Fahrer oft von der Straße ab und leider besonders die jungen und unerfahrenen von ihnen.

In dem Kennzeichenregister fand er schließlich das angegebene Kennzeichen und wurde blass. Es gehörte Sophie Baroness von Harsumstal.

Doch dann vergaß er für einen kurzen Moment seine Pflicht als Polizist und freute sich insgeheim. Es hatte in der letzten Zeit soviel Ärger mit dieser Frau gegeben. Sie glaubte, für sie würden die Gesetze und Verordnungen nicht gelten und sie könnte so fahren, wie sie wollte. Er fühlte fast so etwas wie Genugtuung. Doch dann kam wieder seine Professionalität durch und er leitete die im weiteren erforderlichen Schritte ein.

* * *

So eine Impertinenz! Was bildete dieser Kerl sich ein? Sophie war verärgert. Nur weil er als Butler von ihrem Vater eingestellt war, gab dies ihm noch nicht das Recht sie, die Baroness, so herum zu kommandieren und sie zu bevormunden.

Sie schüttelte mit dem Kopf. Warum sollte sie nach zwei Gläsern Sekt nicht mehr Autofahren? Schließlich frühstückte sie immer so. Außerdem war heute der Kaviar aus und das mochte sie überhaupt nicht. Der Butler sollte gefälligst seinen Job machen und sie nicht schon um elf Uhr aus dem Bett schmeißen.

»Termin mit dem Berufsberater« hatte er gesagt. Wieder schüttelte sie ungläubig mit dem Kopf. Warum sollte sie denn einen Beruf ergreifen? Ihr Vater hatte das Geld und sie lebte für ihre Parties. Und so sollte es auch bleiben.

Der geliebte Blick in den Spiegel besänftigte sie etwas und sie kontrollierte noch einmal ihr Aussehen. Das lange blonde Haar fiel locker um ihre Schultern. Doch am Haaransatz war wieder etwas ihrer tatsächlichen Haarfarbe zu sehen. Sie beauftragte den Butler, einen Termin beim Frisör auszumachen. Dabei wussten alle ihre vielen Liebhaber, dass sie in Wirklichkeit dunkle Haare hatte.

Sie zog sich die langen Stiefel an und nahm sich die kurze rote Lackjacke vom Haken. Sie wusste, dass die Männer sie so mochten. Sie war es gewohnt, auf hohen Absätzen unterwegs zu sein und auch das Autofahren machte ihr damit keine Probleme. Sie stöckelte zum Schlüsselbrett und nahm sich den Schlüsselbund zu einem der Autos ihres Vaters. Hoffentlich war das Cabrio aufgetankt, sie hasste es, wenn die die Familienkutsche nehmen musste.

Das Verdeck des Wagen war auch nicht offen. Warum gehorchte ihr keiner hier? Sie hatte es doch gestern Abend nach der Party laut und deutlich gesagt, bevor sie in ihr Zimmer getorkelt und auf ihr Bett gefallen war. Sie drückte den Knopf und wartete ärgerlich, bis das Dach verschwunden war. Dann ließ sie den Motor an und mit einem Aufheulen des Motors fuhr sie los.

Vor der roten Ampel bremste sie. Immerhin hatte sie erst gestern wieder von der Polizei eine Ermahnung bekommen, dass sie sich auch an die Regeln zu halten hätte. Doch sie kannte den Einfluss ihres Vaters und wusste, das ihr nicht wirklich etwas passieren konnte. Wenn wenig Verkehr war, sah sie nicht ein, warum sie nicht frei fahren sollte.

Neben ihr hielt ein Mercedes, in dem zwei Männer saßen. Wie immer genoss es Sophie, wenn die Männer sie bewunderten und sie anhimmelten, und so warf sie sich auch für diese Zwei in Pose, als sie sah, dass der Beifahrer die Scheibe runter kurbelte. Dann wurde es schwarz vor ihren Augen...

* * *

Immer wieder nahm die Krankenschwester den kurzen Bericht zur Hand. Eigentlich wäre es ja Routine, die Angehörigen zu verständigen nach so einem schweren Unfall und sie machte dies ja auch nicht zum ersten Mal. Und sie hatte auch genügend Professionalität, um ihre privaten Gefühle da heraus zu halten. Doch diesmal war das Gefühl der Schadenfreude schon besonders groß. Endlich hatte es mal diese Schnepfe erwischt.

Die Schwester las noch einmal die kurzen und nüchternen Zeilen. Die Baroness hatte es heftig getroffen. Sie musste so gut wie überall eingegipst werden und es wäre sehr fraglich, ob sie vor einem halben Jahr wieder genesen könne.

Sie wählte die angegebene Nummer. Es meldete sich ihr Vater der Baron von Harsumstal. Die Schwester begann zunächst mit ihrer dienstlichen Routine mit ein paar vorbereitenden Worte und dabei kam es ihr kurz so vor, als wisse der Baron schon Bescheid. Doch dann verwarf sie ihren Gedanken wieder und berichtete, was sich zugetragen hatte und las den kurzen Bericht des Chefarztes vor. Dabei fand sie es schon ziemlich seltsam, wie ruhig ihr Gegenüber blieb. ´Komische Familie´ dachte sie insgeheim.

Es fiel dem Baron erst im letzten Moment ein, dass er vielleicht den sorgenvollen Vater geben sollte und so fragte er zum Abschluss des Telefonats nach den Besuchszeiten. Natürlich hatte er so bald nicht vor, im Krankenhaus aufzutauchen. Doch es machte bestimmt einen besseren Eindruck, wenn er vorgab, sich um seine Tochter zu sorgen.

Er bedankte sich für den Anruf und legte auf. Dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen.

* * *

Andrea blickte noch einmal ärgerlich auf die Uhr, dann klappte sie ihren Notizblock zu und rief nach der Kellnerin, um zu zahlen. Dieses Luder von Baroness war die Unzuverlässigkeit in Person. Dabei hatte Andrea sich zuerst sehr gefreut, dass sie von ihrem Chef den Auftrag für ihre erste eigenen Reportage bekommen hatte.
Doch je mehr sie sich mit der Baroness befasste, desto klarer wurde ihr, das sie damit einen sehr undankbaren Auftrag bekommen hatte. Dies war nun schon der sechste Termin, den Sophie aus irgendwelchen Andrea nicht bekannten Gründen platzen lies.

Dabei hatte es zu Beginn einfach und nett ausgesehen. Sie hätte die Baroness auf dem Weg zum Katerinenfest begleiten sollen. Da die Reporterin erst vor kurzem nach Landsbach gezogen war, wusste sie nicht, worum es sich bei dem Fest handeln würde, da dieses nur alle sieben Jahre stattfand.

Schon bei den ersten Kontakten hatte Andrea zu spüren bekommen, das es mit der Baroness nicht einfach werden würde. Ständig gab es irgendwelche Ausflüchte und selbst wenn ein Termin eine Woche vorher ausgemacht war, ließ die Baroness ihn platzen.

Andrea zahlte und packte wütend ihren Block und das Diktiergerät wieder ein. Doch dann kam ihr ein Gedanke. »Nicht mit mir.« Sie stand auf und ging zu ihrem Wagen. ´Ich gehe jetzt zum Baron und werde mich beschweren.´ Mehr als hinauswerfen kann er mich ja nicht.´ Andrea war mehr als geladen, als sie zu ihrem Auto ging.

Den Weg kannte sie von ihren bisherigen Versuchen. Sehr bald fuhr sie auf den Hof des großen Anwesens und stellte ihr Auto auf dem kleinen Parkplatz neben die anderen Wagen. Mit entschlossenen Schritten ging sie zu dem großen Eingangsportal. Sie klingelte und schon nach kurzer Zeit wurde ihr vom Butler geöffnet. Mit dem Butler verband Andrea eine gewisse Sympathie. So wie sie ihn bei den vergangen Besuchen kennengelernt hatte, hatte auch er gewaltig unter den Launen der Baroness zu leiden.

Doch diesmal kam es ihr vor, als befände sich im Gesicht des Butlers eine winzige Spur des Triumphes, als sie nach der Baroness fragte. Aber dann hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle und sagte bedauernd, dass die Baroness nicht im Hause sei.

Andrea war darauf vorbereitet und wünschte deswegen den Baron zu sprechen. Zu ihrer Überraschung wurde sie vom Butler daraufhin gleich nach oben in das Arbeitszimmer geführt. Als sie den nobel eingerichteten Raum betrat, spürte sie ohne das sie es groß erklären konnte, eine sehr gelöste Stimmung vor. Sie nahm dies positiv, denn dann würde der Baron vielleicht eher auf ihre Beschwerde eingehen.

»Guten Tag, meine Liebe« Die Stimme des Barons klang am Anfang ungewöhnlich heiter, erst im Verlaufe des Satzes wurde sie ruhig und seltsam traurig. »Sie wollen sicher zu meiner Tochter.«

Andrea hatte sich schon überlegt, was sie vorbringen wollte. »Wir hatten für heute einen Interviewtermin ausgemacht, wegen dem Fest, und sie ist wieder nicht gekommen.« Sie war bemüht, ihre Stimme resolut klingen zu lassen.

Der Baron blickte sie ernst an. »Meine Tochter ist im Krankenhaus. Sie hatte einen schweren Autounfall.«

Andrea hatte sich wieder auf eine dieser flachen Ausreden eingestellt, deswegen realisierte sie erst nach kurzer Zeit, was der Baron gesagt hatte. »Oh, das tut mir leid.«

»Ich habe es eben erst von den Ärzten erfahren.« Er war bemüht, seine Stimme betroffen klingen zu lassen.

Andrea fürchtete um ihre Geschichte. »Ist sie schwer verletzt?«

Der Baron merkte, dass er auf diese Art von Fragen noch keine Antworten parat hatte. Er blickte sie etwas hilflos an.

Mit ihrer Sensibilität nahm Andrea dies wahr und wusste, das sie hier zunächst nicht nachhaken sollte. Dennoch wollte sie ihren Job machen. »Aber das Katerinenfest wird sie doch spielen können oder?«

Baron Harsumstal war dankbar, dass sie von sich auch das Thema angeschnitten hatte. »Die Ärzte haben mir da sehr wenig Hoffnung gemacht. Sie hat eigentlich überall schwere Knochenbrüche und es wird mit der Heilung sehr lange dauern.«

Andrea musste kurz darüber nachdenken, dass an den Gerüchten, Sophie würde sich nie anschnallen, wohl etwas dran sein musste. »Könnte ich Sophie wohl besuchen?« Andrea wollte sich alle Möglichkeiten offen halten.

Der Baron blickte kurz aus dem Fenster. Er überlegte, wie er Andreas deutlich spürbaren Ehrgeiz und ihre Neugier wohl am ehesten zu seinen Gunsten benutzen konnte. »Das können Sie gern machen. Aber die Ärzte sagen, dass sie nicht sprechen kann, weil ihr Kiefer komplett geschieht werden musste.« Er machte eine bedeutsame Pause, wie wenn er die Schwere von Sophies Verletzungen betonen wollte. »Sie ist wohl mit dem Kopf auf das Lenkrad geschlagen.«

Er nahm sich einen Stift und schrieb etwas auf einen Zettel. »Sehr wahrscheinlich wird Maria Beller sie vertreten. Ich habe Ihnen hier die Adresse aufgeschrieben.« Er reichte ihr den Zettel. »Morgen tagt der Festausschuss und ich werde sie als neue Erstbesetzung vorschlagen.«

Andrea nahm sich den Zettel und steckte ihn ein. Sie spürte, dass es wohl Zeit wäre zu gehen. Sie wünschte dem Baron noch einen guten Tag und gute Besserung für seine Tochter, dann verließ sie das Zimmer. Der Butler stand bereit und führte sie zum Auto.

* * *

Der Baron nahm sich sein Notizheft zur Hand und machte ein paar Eintragungen. Er musste damit rechnen, dass in den nächsten Tagen noch mehr dieser Pressevertreter auftauchen würden. Bei der Bekanntheit seiner Tochter war dies leider abzusehen. Es war wichtig, dass er allen die gleiche Geschichte erzählte, sonst würde seine Intrige auffliegen und dass konnte er jetzt nicht riskieren.

Außerdem hatte es eben ein paar Fragen gegeben, auf die er noch keine Antworten wusste. Das durfte in Zukunft aber nicht mehr passieren, wenn er sein Ziel erreichen wollte.

Der Baron stand auf und ging zum Fenster. Eben stieg die Reporterin ins Auto. Sie hatte wohl noch versucht, den Butler zu befragen. Das konnte sie ruhig machen, denn er wusste nichts.

Er wartete, bis das Auto der Reporterin wieder auf der Straße war und ging erleichtert zu seinem Schreibtisch zurück, immerhin war ihm jetzt wenigstens eine Sorge abgenommen. Er brauchte sich keine Gedanken mehr machen, wie er denn möglichst unauffällig die Presse informieren könne. Dies hatte sich soeben von selbst erledigt. Zum ersten Mal hatte der schlechte Ruf seiner Tochter etwas Gutes bewirkt.

Doch es galt noch Weiteres zu veranlassen, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Er musste ein paar einflussreiche Leute von seinen Ideen überzeugen.
Während er aus dem großen Notizbuch ein paar Nummer heraus schrieb, dachte er noch einmal über die Vergangenheit nach. Damals war er auch voller Hoffnung dem Konsortium beigetreten, als sich erste Anzeichen von Sophies Entwicklung zeigten. Er hatte dort viele Freunde gefunden, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten und sie hatten sich versprochen, für einander einzustehen, wenn es Probleme geben sollte. Er hoffte, dass er jetzt offene Ohren finden würde.

Ganz unten unter die Liste mit den Telefonnummern setzte er noch eine weitere Nummer, die wichtigste, nämlich die von Frederike Beller, Marias Mutter. Er hoffte, er hätte bis zu dem Anruf genügend Argumente und Fürsprecher gewonnen, um sie zu der Einwilligung bewegen zu können.
Er nahm sich einen zweiten schon vorbereiteten Zettel zur Hand, dort hatte er sich schon einige Argumente und Stichwörter notiert. Er hoffte, dies in Verbindung mit den Beschreibungen zu dem Fest würden reichen.
Er wählte die erste Nummer.

* * *

Frederike Beller war verwundert. Ein Anruf aus Landsbach von Baron Harsumstal? Was würde der wohl wollen? Sie drückte die entsprechende Taste, um den Anruf vom Apparat der Sekretärin zu übernehmen und meldete sich.

»Wie ist das Wetter?« Der Baron war bemüht, sehr freundlich zu klingen.

Frederike blieb misstrauisch. »Regnerisch, aber Sie rufen doch nicht an, um nach dem Wetter zu fragen?«

»Naja, unter alten Freunden kann man doch nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.« Der Baron spürte, dass es wohl nicht einfach werden würde.
Frederike wurde nur sehr ungern an diese Zeit erinnert. »Warum rufen Sie an?«

»Sie sind doch eine alte Landsbacherin und kennen sicher noch das Katerinenfest?« Er sah ein, dass er zum Kern seines Anliegen kommen musste.

Da sich Frederike regelmäßig den Landsbacher Boten nachsenden ließ, stand sie noch ein wenig mit ihrer alten Heimat in Kontakt und wusste ungefähr, was so passiert war. »Ja natürlich. Diese Jahr wird es wieder stattfinden. Mit ihrer Tochter als Katerina.« Sie kannte das Fest noch aus ihrer Kindheit und hatte die Mädchen bewundert, die den Handschuh tragen durften. Zudem hatte ihre Erzieherin ihr gestern noch mitgeteilt, dass Maria die Zweibesetzung zugesagt hatte.
»Meine Tochter hatte einen schweren Unfall und liegt mit sehr schweren Verletzungen in der Klinik.« Er begann scheinbar ausführlich von den Verletzungen zu berichten.

Frederike unterbrach ihn. »Und warum erzählt ihr mir das?«

Er lies die Katze aus dem Sack. »Maria hat mir die Vertretung für so einen Fall zugesagt. Doch es gibt Schwierigkeiten mit den Sponsoren.« Er erklärte, dass die beteiligten Firmen ihre Werbeverträge in Gefahr sähen. Die Finanzierung des nächsten Festes wäre ernsthaft in Gefahr.

Frederike verstand die Zusammenhänge immer noch nicht. Sie fragte nach, warum.

Die Bekanntheit seiner Tochter war es. Damit wollten die Firmen später werben dürfen.

Marias Mutter konnte dies nachvollziehen.

»Es wäre doch sehr schade um das schöne Fest und die lange Tradition.« Er hoffte, ihr Heimatgefühl zu treffen.

So langsam wollte Marias Mutter wissen, worauf der Baron hinaus wollte. Sie fragte danach.

»Meine Tochter wollte ja die Originalhaltung tragen.« Er hoffte, das Frederike sich von seinem kumpelhaften Versuch täuschen ließ. »Aber da habe ich ja auch nicht dran geglaubt. Aber ihre Tochter würde das bestimmt zustande bringen.«

Frederike versuchte sich daran zu erinnern, was denn die Originalhaltung war. Nach kurzem Nachdenken fiel es ihr wieder ein, weil sie damals extra mal eine Zeichnung dafür angefertigt hatte. »Wissen Sie, was Sie da von meiner Tochter verlangen?«

Das wollte der Baron nicht hören. »Sicher, es wird nicht einfach. Doch wenn Maria das Gebet schaffen sollte, dann wäre das die Sensation und die Sponsoren wären sicher mehr als zufrieden mit dem Ersatz.«

»Aber wie soll Maria das denn lernen?« Frederike hatte noch nicht begriffen, was der Baron von ihr wollte.

»Mit einer Änderung von Ihrem Programm müsste das doch eine Kleinigkeit sein.« Der Baron war für die Vorlage dankbar.

Frederike fühlte sich geschmeichelt, erst später erkannte sie, dass sie hier dem Baron auf den Leim gegangen war.

»Ungefähr ein Viertel der Werbeeinnahmen wird die Darstellerin der Katerina bekommen, so ist es festgelegt. Das würde dann alles Maria zustehen.«
Marias Mutter überlegte noch. Sie musste zugeben, dass der Gedanke, Maria könnte das Gebet auf dem Rücken tragen, sie auch reizte. Es war zwar ihre eigene Tochter, der sie das zumutete, aber Maria könnte diese komplizierte Haltung wirklich schaffen. In Gedanken machte sie schon Pläne, was Maria bis dahin noch lernen musste und an welchen Maschinen sie üben würde.

»Und für ihre berufliche Laufbahn kann das Fest auch nur von Nutzen sein.« Der Baron spürte insgeheim, das er gewonnen hatte.

* * *

Frederike Beller nahm sich einen Block zur Hand und machte sich Notizen. Sie bat bei den beiden Orthopäden um einen Termin für eine Besprechung und forderte zudem Marias letzte Röntgenbilder an.

Dann ging sie ging zum Tresor und nahm ein kleines Notizbuch heraus. Es standen nur einige Telefonnummern darin, das wusste sie. Aber die Eigentümer dieser Geheimnummer wollten auf keinen Fall, das eine Verbindung zu ihnen hergestellt werden konnte und deswegen achtete Frederike peinlichst darauf, mit diesen Nummern sorgsam umzugehen.

Sie blätterte kurz dann hatte sie die Nummer gefunden, die sie suchte. Ihr Gegenüber meldete sich nur mit »Ja?«. Sie nannte ihren Namen. Ihr Gegenüber schien sofort Bescheid zu wissen. »Wie geht es denn unserem Schützling?«

Marias Mutter war froh, dass sie nur Gutes über ihre Tochter berichten konnte. Besonders hob sie hervor, das sie jetzt endlich einen Freund gefunden hatte.

Ihr Gegenüber dankte ihr für die gute Arbeit.

Frederike holte tief Lust, dann berichtete sie über die neue Aufgabe, die anstehen würde und die bisher überhaupt nicht eingeplant war.
Ihren Gegenüber schien dies nicht zu überraschen. »Das haben wir schon diskutiert und wir würden es befürworten, wenn ihr Schützling das Gebet schaffen würde.«

Frederike war sprachlos. Sie hatte angenommen, das sie den Wunsch des Baron hier verteidigen müsste. Doch es war nicht nötig.

Auch beim nächsten Gesprächspartner stieß sie mit der Mitteilung zum Gebet auf offene Ohren. Und selbst als sie die finanzielle Seite klären wollte, wurden ihr zusätzliche Mittel für diese Ausbildungsänderung bereitgestellt.

Sie brachte das so wichtige Notizbuch wieder zurück in den Tresor, schloss die Tür und ging zum Fenster. Es fing an dunkel zu werden. Ob es wirklich das richtige war? Immerhin war es ihre Tochter. Doch dann musste sie sich eingestehen, dass ihre Skrupel wohl etwas zu spät kamen.

Sie fragte sich, was Maria in diesem Moment wohl machen würde. Sie schaute auf die Uhr. In Europa war noch tiefe Nacht und Maria schlief hoffentlich tief und fest. Sie ahnte sicher noch nichts von der großen Aufgabe, die auf sie wartete.

* * *

Gestern hatte Andrea vom Baron erfahren, das die Baroness einen schweren Autounfall hatte. Sie hatte beim Krankenhaus um einen Termin für ein Interview gebeten und zu ihrem Erstaunen schon für heute bekommen. Dies kam ihr zwar etwas komisch vor, aber warum sollte nicht auch mal eine junge unerfahrene Reporterin Glück haben. Sie freute sich. Denn normalerweise wurde die Presse mit Fußtritten aus dem Krankenhaus gejagt. Besonders wenn es um Prominente ging. Doch bei Sophie schien es anders zu sein.

Mit einem frischen Band im Diktiergerät machte sie sich auf den Weg zum Krankenhaus. Eigentlich hatte sie sich hatte darauf eingestellt, am Telefon Fragen zu stellen. Doch zu ihrer Überraschung sollte sie heute sogar einen Termin bei Chefarzt persönlich bekommen. Und sie würde auch bei Sophie im Krankenzimmer vorbei schauen. Nur ein Interview der Baroness sei aus medizinischen Gründen nicht möglich. Andrea war sehr zuversichtlich.

* * *

Auf die Presse war der Chefarzt überhaupt nicht gut zu sprechen. Sie brachten ständig nur Unruhe in den Klinik-Alltag und schrieben dann doch nur Mist. Doch in diesem speziellen Fall kam ihm die neugierige Reporterin genau recht. Er hoffte, dass er überzeugend genug sein würde. Je mehr Leute glaubten, dass die Baroness tatsächlich so schwer verletzt sei, desto besser.

Er hatte sich extra Zeit für die Reporterin genommen und bot sie zunächst in sein Büro. Er erzählte von dem Unfall und seinen schlimmen Folgen. »Sie hat vermutlich versucht, sich mit den Händen abzustürzen, ist dann aber auch noch mit dem Kopf auf das Lenkrad aufgeschlagen.«

Er machte eine wichtige Pause und ließ Andrea so Zeit, sich die möglichen Verletzungen auszumalen.

»Sie hat fast überall Knochenbrüche, deswegen mussten wir sie fast komplett eingipsen.«
Andrea machte sich eifrig Notizen.

»Auch ihren Kopf mussten wir komplett eingipsen, weil ihr Kiefer mehrfach gebrochen ist. Sie wird durch einen Schlauch ernährt.«

Andrea stellte fest, dass sie neben der »gesellschaftlichen Schadenfreude« durchaus so etwas wie Mitleid mit Sophie hatte.

»Getrunken hatte sie auch. Wir haben fast zwei Promille festgestellt.« Der Chefarzt war sich nach wie vor nicht sicher, wie überzeugend er wohl war. Er hoffte, das die Reporterin ihm die Geschichte abnehmen würde.

Zum Glück wollte Andrea nichts weiter wissen. »Kann man sie besuchen?«

»Wir können gern mal in ihr Zimmer gehen. Aber sie dürfte von der langen Operation noch müde sein.«

Er wollte die Reporterin auf keinen Fall mit Sohpie alleine lassen, denn es hätte ja sein können, das die Baroness wider erwarten doch ein Mittel zur Kommunikation finden würde.

Sie traten in das Zimmer ein und Andrea war trotz der Ankündigungen des Arztes entsetzt. Auf dem Bett war von Sophie wirklich nichts zu sehen, sondern nur ein dicker Gipspanzer mit Armen und Beinen. Nur zwei Augen blickten aus den dafür vorgesehenen Löchern. Andrea hatte trotz ihrer sonstigen Vorurteile Mitleid mit Sophie. Sie bekam eine Gänsehaut.

Der Arzt wollte es noch mal erklären. »Wir mussten sie komplett eingipsen, um sie ruhig zu stellen und ihre vielen Knochenbrüche zu heilen zu lassen.«
Auf einmal viel ihm siedend heiß ein, das es gar keine Röntgenbilder von Sophie gab. Er hoffte sehr, dass Andrea ihn nicht danach fragen würde. In Gedanken notierte er, das er das Problem lösen musste.

Doch Andrea hatte genug gesehen und wollte nur noch raus. Denn sie fühlte sich schuldig wegen ihrer Vorurteile und ertrug es nicht, hier neben der so erbarmungswürdigen Sophie stehen zu müssen.

Sie bat den Arzt, vor die Tür gehen zu dürfen.
Der Arzt folgte ihr.

»Und wann wird Sophie wieder gesund sein?« Diese Frage wollte sie noch beantwortet haben.

Der Arzt versuchte sich an die Absprachen zu erinnern. »In einem halben Jahr können wir ihr wohl erlauben, wieder mit dem Gehen zu beginnen.«
Andrea war mit der Antwort zufrieden. Sie verabschiedete sich von dem Arzt und verließ das Krankenhaus.

* * *

Mrs. Potter hatte das Mittagessen vorbereitet und räumte gerade etwas die Küche auf, als das Telefon klingelte. Sie ging ran und meldete sich. Ihre Auftraggeberin war dran und sagte, dass es wichtig sei. Deswegen verzichteten beide auf den sonst üblichen Smalltalk.

»Kennen Sie das Katerinenfest?« Marias Mutter klang recht freundlich, aber trotzdem bestimmt.

Mrs. Potter berichtete kurz vom Nachmittag bei Pauls Oma, die sich mit dem Fest gut aus kannte.

Frederike Beller war zufrieden. »Das ist gut. Maria wird an dem Fest die Katerina spielen. Ich möchte, das sie alles veranlassen und gewähren, um Maria dies zu ermöglichen.«

Mrs. Potter verstand noch nicht. »Aber sollte dies nicht die Baroness machen?«

Marias Mutter war verwundert, dass diese Nachricht sich noch nicht verbreitet hatte. »Sophie hatte einen schweren Autounfall und fällt deswegen aus.«
Jetzt fiel auch der Erzieherin die Anfrage des Barons vom Sonntag wieder ein. Sie erzählte von der Zusammenkunft mit dem Baron.

Frederike war bemüht, ihre Stimme sanft klingen zu lassen. »Bitte lassen sie ihre Gefühle gegenüber den Harsumstals ruhen. Ich wünsche eine harmonische und effektive Festvorbereitung.«

Mrs. Potter fühlte sich ertappt. Sie versprach eine gute Zusammenarbeit.

»Es soll bitte noch keiner erfahren«, die Stimme der Auftraggeberin klang geheimnisvoll, »aber Maria soll auf dem Fest die Originalhaltung tragen. Das Konsortium würde es sehr begrüßen, wenn meine Tochter dieses schaffen würde.«

Mrs. Potter war sprachlos. »Weiß sie das schon?«

»Ich werde versuchen, es ihr schonend beizubringen.« Im Moment hatte sich die Stimme der Mutter gegenüber der der Wissenschaftlerin durchgesetzt. »Sie wird das in den Ferien bei mir trainieren. Aber Sie können es ihr in einem geeigneten Moment ruhig schon sagen.«

»Darf Paul es auch wissen?« Mrs Potter musste sofort an Marias neuen Freund denken.

Frau Beller schien einen Moment nachzudenken. »Er darf es wissen. Sonst versuchen sie bitte es geheim zu halten. Ich werde alles notwendige veranlassen.« Sie machte eine kleine Pause. »Bitte seien sie in Bezug auf Maria ab jetzt sehr flexibel. Das Fest ist sehr wichtig und es sind alle damit einverstanden, dass Marias Programm im Notfall solange ausgesetzt wird. Dies dürfen sie selbst entscheiden.«

Mrs. Potter fragte nach Prioritäten.

»Es wird für das Fest viel Vorbereitungen geben, Tanzstunden, Unterricht und Benimm, sowie Sprachunterricht. Maria sollte es möglich sein, an allen Veranstaltungen teil zu nehmen.«

Mrs. Potter versprach, dies ihrem Schützling möglich zu machen.

* * *

Paul war sehr zufrieden. Wieder hatte Maria die Mathematikaufgabe selbstständig gelöst. Er lobte sie.
Maria freute sich sichtlich über das Lob. Doch auf einmal glitt ein Schatten über ihr Gesicht. Paul sah dies zwar, aber er verstand zunächst nicht, was seiner Freundin die Stimmung trübte.

Doch dann hörte auch er die deutlichen Schritte von Marias Erzieherin auf der Treppe. Er spürte, wie ein wenig von Marias guter Laune verschwand.

Mit bewusst sanften Schritte betrat Mrs. Potter das Zimmer und genauso sanft klang ihre Stimme, als sie Maria an ihre Probe erinnerte.

Paul nahm an, das Mrs. Potter Maria wieder selbst zur Probe bringen würde und deswegen wollte er sich verabschieden, als sie beide von Marias Erzieherin überrascht wurde. Sie wandte sich an Paul: »Möchtest Du Maria zur Probe begleiten?«

Paul blickte kurz zu Maria und sah, dass diese von der Aussicht genauso erfreut war. Er sagte gern zu.

Maria begann ihre Sachen zusammen zu packen. Die Flöte, auf der sie vorhin noch geübt hatte, packte sie in den Kasten und letzteren in ihre Tasche, in der schon der Notenständer und die Noten waren. Dann blickte sie fragend zu ihrer Erzieherin, die ihr Cape schon bereit hielt.

»Wie wollt ihr das Cape tragen?« fragte Mrs. Potter mit sehr liebevoller Stimme.

Maria war von der Frage ihrer Erzieherin anscheinend genauso überrascht wie Paul. Sie blickte zwischen Paul und Mrs. Potter hin und her und fast meinte Paul, bei Maria ein Leuchten im Gesicht zu sehen. Doch dann schien sie sich zu besinnen. »Ganz normal« Ihre Stimme klang leise und unsicher.

Paul war überrascht, das Maria hier eine Wahlmöglichkeit zu haben schien. Doch noch größer wurde seine Überraschung, als Mrs. Potter auf einmal auf ihn zu kam. Sie griff in die Tasche und reichte Paul ein kleines Schlüsselbund. Ihre Stimme klang feierlich. »Paul, Du sollst jetzt ein eigenes Schlüsselbund für Maria bekommen.« Sie zeigte ihm einen der Schlüssel. »Dieser hier ist für das Cape« Sie nahm einen anderen Schlüssel in die Hand. »Und dieser passt in die meistens der Vorhängeschlösser.«

Paul wusste überhaupt nicht, was er sagen sollte. Sein Blick ging hilflos zwischen Maria und Mrs. Potter hin und her. Schließlich brachte er ein leises »Danke« über die Lippen. Ein vorsichtiger Blick zu Maria zeigte ihm, dass diese von diesem Geschenk auch eher überrascht war.

Anschließend reichte sie ihm das Cape und bat ihn, Maria dabei zu helfen. Er kam dieser Bitte mit zitternden Händen nach.
Nachdem Paul den Reißverschluss zugezogen hatte, bekam er von Maria einen Kuss »Danke!«

Doch beide wussten noch nicht so recht, wie sie mit der neuen Situation umzugehen hatten.

* * *

Es war Petra, eine der anderen Flötistinnen, die die Neuigkeit mit zur Probe mitbrachte. »Wisst ihr, wer heute einen Unfall hatte und bei uns eingeliefert wurde.«

Die anderen Musiker blickten Petra erstaunt an. Sie arbeitete im Unfallkrankenhaus, doch es war ungewöhnlich, dass sie etwas aus der Arbeit berichtete.

»Unsere liebe Baroness.« Sie verdrehte etwas die Augen. Dabei strahlte die Schadenfreude über das gesamte Gesicht.

»Und wisst ihr, was die beste Nachricht ist?« Sie blickte mit einem breiten Grinsen in die Runde.

Die anderen Musiker blickten sie neugierig an.

»Sie muss wegen der vielen Verletzungen mindestens ein halbes Jahr in der Klinik bleiben und kann deswegen an dem Fest nicht teilnehmen.«

Die Nachricht freute alle. Die Baroness mochte keiner und alle hatten erwartet, dass sie das Fest ruinieren würde.

Jemand fragte, wer denn nun die Katerina spielen würde. Es herrschte Ratlosigkeit trotz der guten Stimmung. Paul hatte eine Ahnung, traute sich aber nichts zu sagen.

Der Bassist überlegte. »Meine Frau ist im Festausschuss und der tagt im Moment nebenan. Wir werden es bald erfahren.«

Fritz wollte zwar nicht die gute Stimmung verderben, aber er erinnerte daran, dass sie ja eigentlich proben wollten. Er sagte das erste Stück an.

* * *

Baron von Harsumstal lehnte sich zurück und blickte noch einmal auf die schon anwesenden Personen. Sie waren bisher fast alle seiner Einladung gefolgt, obwohl er noch keine der brisanten Neuigkeiten bekannt gegeben hatte. Nur die Betreuerin der Hauptdarsteller fehlte noch.

Er fragte sich, wie sie wohl auf die neue Situation reagieren würden. Er schaute in die Runde und versuchte die einzelnen Personen zu taxieren.

Da war sein Vertreter Robert, ein eher konservativer Mann, dem hier im Ort eines der Einzelhandelsgeschäfte gehörte. Er war mit der Entwicklung von Sophie nie einverstanden gewesen und es würde ein leichtes sein, ihn für Maria zu gewinnen.

Der Baron nahm sich vor, auf dieser Versammlung und auf der von Morgen noch nichts von dem »Gebet auf dem Rücken« zu sagen, es würde seinen Plan nur gefährden, wenn es zu früh bekannt werden würde.

Er ließ seinen Blick noch einmal schweifen und blickte zum Protokollführer. Dieser war auch ein Geschäftsmann, der ein Bauunternehmen leitete. Auch ihm war an einem reibungslosen Festverlauf gelegen und er würde sicher auch keinen Ärger machen.

Dann blieb noch der Kassenwart, bei ihm war sich der Baron nicht sicher. Er war einer der Direktoren der Sparkasse und diese hatte sich viel davon versprochen, wenn sie mit Sophie werben konnten. Hier wäre Maria sicher kein passabler Ersatz. Der Baron musste sich darauf einstellen, von dieser Seite Gegenwind zu bekommen. Andererseits, so wollte er argumentieren, würde das Fest mit Maria sicher auch ein Erfolg werden.

Die einzige Frau in der Runde erschien. Ihr oblag die Betreuung der Hauptdarsteller und auch ihr war sicher sehr daran gelegen, nicht mit Sophie zusammen arbeiten zu müssen.

»Ich freue mich, dass ihr alle hergekommen seid.« Der Baron war bemüht, einen Ton der Harmonie entstehen zu lassen.

Nachdem er die Beschlussfähigkeit festgestellt hatte, präsentierte er die heutige Tagesordnung. »Es wird Euch sicher aufgefallen sein, das mit dem heutigen Tag große Änderungen anstehen.« Er bemühte sich, jetzt etwas mitleiderregend zu klingen. »Meine Tochter hatte einen schweren Autounfall und kann an dem Fest nicht teilnehmen. Deswegen müssen wir den Ablauf für das Fest und die Vorbereitung noch einmal neu planen.«

Robert fragte nach, ob der Baron denn schon eine Zweitbesetzung für die Rolle der Katerina ausgesucht hatte.

»Das möchte ich ja mit Euch besprechen.« Der Baron versuchte den besorgten Vater zu geben. »Ich hatte am Sonntag Maria Beller gefragt, ob sie das übernehmen könnte. Sie hat zugesagt.«

In der Runde war ein deutliches Aufatmen zu vernehmen.

Doch der Kassenwart hatte mit dem Ausfall von Sophie so seine Probleme. »Und es ist ausgeschlossen, dass Sophie es nicht vielleicht doch machen kann?« Er kramte in seinen Unterlagen. »Wir haben da ein paar wichtige Sponsorenverträge, die ausdrücklich Sophie verlangen.«

Insgeheim hatte der Baron mit solchen Einwänden gerechnet. »Er nahm eine Mappe zur Hand und reichte sie dem Direktor der Sparkasse. »Hier sind die Berichte der Polizei und des Krankenhauses.«

Der Kassenwart begann die Berichte zu lesen.

* * *

Maria setzte ihre Flöte ab und blickte fast etwas abwesend auf ihre Noten. Sie hatte eben zum dritten Mal ihren Einsatz verpasst.

So nach und nach hörten auch die anderen Gruppenmitglieder mit dem Spielen auf. Fritz wurde schon langsam etwas unruhig. »Maria, was ist denn heute los?«
Alle in der Runde sahen, dass Maria auf einmal einen recht verwirrten und unkonzentrierten Eindruck machte.

Pauls Freundin blickte auf die anderen und entschuldigte sich. »Verzeiht mir, ich bin heute etwas unkonzentriert.«

»Du gefällst mir heute gar nicht.« Carla war wie immer recht aufmerksam. »Fehlt Dir was?«

Maria Blick war fast etwas abwesend. Sie blickte verwundert in die Runde. Ihre Stimme klang leise. »Ich glaube, ich bin die neue Katerina.«
53. RE: Maria

geschrieben von ok2601 am 12.01.14 20:50

Gratulation

diese Story ist absolut super, stielistisch und inhaltlich.

Baronesschen, könnte sich zu einer sehr interessanten Nebenhandlung entwickeln.
Orthopäden haben da so ihre mittel, aus einem partygirl eine folgsame tochter zu machen.
Kommunikation dauerhaft zu unterbinden oder zu erschweren.
Gips kann durch plastik und stahl ersetzt werden,was nach der "heilung" sowieso erforderlich wäre.
Ihre soziale Stellung ist damit, dahin.
Sie kann dann froh sein wenn sie einer überhaupt noch ansieht.


Weiterhin wünsche ich dir noch viel erfolg bei den nächsten Folgen.
54. RE: Maria

geschrieben von AK am 13.01.14 16:57

Super story. Habe soe gerade fast ohne pause verschlungen. Freue mich schon auf die vortsetzung.
55. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.01.14 17:03

Soviel zum Thema: Berufswunsch Tochter!
Das dürfte sich erledigt haben und nach der Reha wird die "Baronesse" wirklich eine Baronesse sein, Wohlerzogen Höflich und mit guten Manieren.
Vielleicht kommt sie in ein Internat wo ihr das gute Benehmen Beigebracht wird.
Allerdings hoffe ich dass das Training für das Gebet auf dem Rücken nicht zu hart für Maria wird und das Paul auch weiter zu ihr hält und ihr hilft.
Kein Wunder das Maria beim Gedanken die Katerina zu Spielen und das Gebet tragen zu müssen Abwesend ist.
56. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.01.14 19:05

Ich habe in 7/1 im Zusammenhang mit Sophie einen bewußten Widerspruch eingebaut und wollte mal fragen, ob euch der aufgefallen ist?
57. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.01.14 19:35

Ok ich habs jetzt 3mal gelesen find den Widerspruch nicht Karl.
58. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.01.14 20:06

Zitat
Soviel zum Thema: Berufswunsch Tochter!
Das dürfte sich erledigt haben und nach der Reha wird die \"Baronesse\" wirklich eine Baronesse sein, Wohlerzogen Höflich und mit guten Manieren.
Vielleicht kommt sie in ein Internat wo ihr das gute Benehmen Beigebracht wird.


Wie ich es schon angedeutet habe, ist die Geschichte Maria mit dem Kapitel 14 bzw. dem Katerinenfest zuende...

Eine Nachfolgegeschichte soll sich dann mit der (Um)-Erziehung von Sophie befassen... mit Maria als Vorbild und ggfs. auch als Trainerin. Aber dafür gibt es bisher nur drei bis vier Stichwörter... und ich bin für alle Ideen und Wünsche, was die Erziehung betrifft offen.
59. RE: Maria

geschrieben von Petbitch am 13.01.14 23:23

Ich fands super geschrieben
60. RE: Maria

geschrieben von Petbitch am 13.01.14 23:23

Ich fands super geschrieben
61. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 14.01.14 06:38

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Der Kassenwart blickte auf und sah den Baron zweifelnd an. Doch dann klappte er die Mappe zu und reichte sie weiter. »Wer ist denn die Neue? Hat sie wenigstens Format?«

Insgeheim hatte der Baron mit dieser Frage gerechnet und er brachte die Argumente vor, die er sich zurecht gelegt hatte. Am Ende seiner Worte waren alle am Tisch zuversichtlich, dass das Fest mit Maria vielleicht doch ein Erfolg werden könnte.
Er blickte in die Runde und spürte, dass er es vermutlich geschafft hatte. Selbst der Kassenwart hatte versprochen, noch einmal mit den Sponsoren zu reden und auf die veränderte Situation aufmerksam zu machen.

»Da wäre noch die Ausbildung der Katerina.« Der Baron nahm eine andere Liste zur Hand. Er warf einen Blick darauf und wandte sich an seinen Robert, der sich um alle Belange rund um die Ausbildung der Katerina zu kümmern hatte. Er hatte den Kontakt zu den verschiedenen Lehrern und machte die Termine aus. »An welchen Terminen hat meine Tochter bisher teilgenommen?« Der Baron wusste, dass er sich die Frage eigentlich hätte sparen können, doch der Form halber musste er sie stellen.

Sein Vertreter seufzte. Auch er nahm eine Liste zur Hand, doch auch er musste nicht darauf blicken, um die Antwort geben zu können. »Keinen einzigen.«
Für einen Moment ließ der Baron seine wahren Gefühle durchblicken. »Das hätte mich auch gewundert.« murmelte er leise. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle und ging zu der Tafel, auf der er eine kleine Skizze gemalt hatte. Sie zeigte den zeitlichen Verlauf bis zum Fest und deutlich sichtbar war ein Zeitraum von drei Wochen, der mit USA beschriftet war.

Er nahm einen Stift und begann die Skizze zu erklären. »Maria wird in den Sommerferien drei Wochen in den USA sein zu einer wichtigen medizinischen Untersuchung. Dies ist seit längerem geplant und kann nicht verschoben werden.« Er zeigte den Bereich auf der Tafel, als wollte er damit die Wichtigkeit betonen.
»Das bedeutet«, so sprach er weiter, »das wir die Ausbildung der Katerina auf die restliche Zeit zusammenfassen müssen.« Er blickte auf seinen Verteter, der die Termine ausmachte. »Könnten sie das koordinieren?«

Robert stöhnte. »Das wird nicht einfach. Es sind allein zehn Tanzstunden, vier Sprachstunden und einiger theoretischer Unterricht.«
Insgeheim hatte der Baron sich schon überlegt, wie er auf die verschiedenen Einwände reagieren würde. »Dann sorgen sie dafür, dass mehrere Termine an einem Tag stattfinden.«

Sein Vertreter versprach es.
Die Betreuerin des Prinzenpaares fragte, wer denn dann die Rolle des Prinzen übernehmen sollte.

An dieser Stelle merkte der Baron, dass er etwas wichtiges vergessen hatte. Die Rolle des Herzogssohns. Er versuchte Zeit zu gewinnen und blätterte etwas in seinen Unterlagen. Doch er fand keine wirklich befriedigende Antwort. »Mein Neffe wird den Herrzogssohn spielen. So wie bisher geplant.«
Der Baron ging wieder zum Tisch und nahm platz. »Ich habe für morgen Abend eine große Sitzung angesetzt, bei der auch die Sponsoren und das Prinzenpaar anwesend sein werden. Dort werden wir die neue Katerina vorstellen.«

Er wandte sich an Robert. »Könnten sie es schaffen, bis Morgen Abend einen groben Ausbildungsplan auszuarbeiten und die Termine dafür abzustimmen?«
Als der Baron das entsetzte Gesicht des zweiten Vorsitzenden sah, fügte er ein »Es wäre sehr wichtig« hinzu.

Schließlich kam ein »Ich will es versuchen.«

Fritz realisierte als erster, was Maria gerade gesagt hatte. Doch auch er war sich nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte. »Bist Du Dir da sicher?«
Maria legte ihre Flöte aus der Hand und blickte ihre Musiker nachdenklich an. »Der Baron war am Sonntag bei uns und hat ´sie´ gefragt.« In der Runde wussten alle, das Maria ihre Erzieherin meinte. »Und wir haben zugesagt, das ich einspringe, wenn der Baroness etwas zustoßen sollte.«

Carla legte ihren Arm auf Marias Schulter. »Du wirst eine wesentlich bessere Katerina geben. Ach Kinder, das wäre zu schön.«
Auch die anderen Musiker im Raum brachten ihre Freude und vor allem auch ihre Erleichterung zum Ausdruck. Das Fest fand immerhin nur alle sieben Jahre statt und es wäre schon sehr schade gewesen, wenn es diesmal von der Baroness ruiniert worden wäre.

Die allgemeine Freude steckte Maria an. »Ich freue mich auch.« Doch dann wurde sie nachdenklich. »Seltsam, der Baron war noch so zuversichtlich, dass seine Tochter es schaffen würde.«

Fritz blickte stolz auf Maria. »Denk nicht mehr an sie.« Er blickte kurz zu seiner Frau. »Du gibst der Rolle viel mehr Würde und du wirst eine gute Katerina sein.« Doch dann glitt ein kleiner Schatten durch sein Gesicht. Er blickte auf einmal etwas ernster. »Aber du wirst uns fehlen.«

Maria hatte den Stimmungsumschwung in seiner Stimme bemerkt, doch sie verstand nicht, was er meinte. Sie blickte ihn fragend an.

Er lächelte. »Naja, wenn Du als Katerina die Ketten oder den Handschuh trägst, kannst Du ja schlecht bei uns mitspielen.«

Erst jetzt begriff Maria und deswegen war sie auch ein klein wenig enttäuscht. Sie hatte sich sehr auf die Auftritte auf dem Fest gefreut und vor allem auf die Aussicht, bei den Auftritten die erste Stimme spielen zu dürfen.

Fritz, der immer sehr einfühlsam war, ahnte, was Maria in diesem Moment dachte, tröstete sie. »Freue Dich auf deine Rolle. Und die erste Stimme kannst Du ja trotzdem üben.«

Karin wurde etwas skeptisch. »Wenn Du überhaupt noch Zeit findest, zu den Proben zu kommen.« Sie erzählte, dass Kerstin als Katerina fast jeden Abend unterwegs war.

Marias Augen begannen zu leuchten. Sie blickte sich zu Paul um, der wieder mit zu Probe gekommen war. Sie lächelte. Diesmal war er nicht eingeschlafen.


Das Telefon klingelte. Missmutig nahm Franz-Ferdinand den Hörer ab. »Freiherr von Schleihthaal, bitte?«
Wenn er als Jura-Student auch sonst wenig von seinem Adelstitel hatte, konnte er ihn doch immerhin dafür nutzen, um sich am Telefon beeindruckend zu melden. Meistens waren es ohnehin nur seine Mitstudentinnen, die ein Rendezvous mit ihm haben wollten. Doch danach verlangte es Franz-Ferdinand nur selten.
Die Stimme am anderen Ende kannte er. »Ach du bist es, Onkel Friedrich.« Er begrüßte den Baron ungern mit dem Titel, der ihm zugestanden hätte, denn vom Adelsrang gesehen stand sein Onkel Baron Harsumstal weit über ihm. Und das wurmte ihn oft.

»Wie Du sicher schon weißt,« Der Baron wusste, dass er es noch nicht wissen konnte, »hatte Deine Cousine einen schweren Unfall und fällt somit für das Fest aus.«
Das Schicksal seiner Cousine war Franz-Ferdinand eigentlich gleichgültig, aber ihren aktuellen Lebenswandel lehnte auch er ab.
»Das bedeutet, dass Du als ´Herzogssohn´ mit einer anderen Darstellerin vorlieb nehmen musst«

Franz-Ferdinand fragte sich, wenn aus seiner Familie der Baron wohl ausgewählt hatte. Er brummte ein »Ja?«

»Du wirst mit Maria Beller das Fest spielen?«

Auf einmal war der Neffe hellhörig. »Was? Wer ist das? Doch nicht etwa eine bürgerliche?«

»Ich möchte Dich einladen, morgen Abend ist eine Festsitzung außer der Reihe. Ich würde Euch beide gern vorstellen.«

Franz-Ferdinand war verärgert. Was fiel seinem Onkel ein, einfach so über seine Zeit zu verfügen. »Da kann ich nicht. Wir müssen das letzte Examen von Ludwig besprechen.« Eigentlich wollte er ´begießen´ sagen, aber im letzten Moment konnte er sich noch beherrschen. Allerdings ahnte er, dass sein Onkel genau wusste, was dieses Besprechen wirklich war.

Der Baron stöhnte und geriet langsam in Sorge. Er konnte es nicht zulassen, dass jetzt ausgerechnet sein Neffe ihm einen Strich durch die Rechnung machen würde. »Dann schau sie Dir wenigstens mal an. Ich möchte, dass ihr das Fest zusammen spielen sollt.«

Der Neffe rang sich ein »Mal sehen« heraus, dann legte er auf.

Der Baron machte ein sorgenvolles Gesicht und ärgerte sich. Warum hatte er bloß die Rolle des Herzogssohns nicht bedacht. Sein so mühsam gezimmerter Plan könnte ins Wanken kommen und das musste er unbedingt verhindern.

* * *

Jetzt wo er offiziell Schlüssel für Maria bekommen hatte, fiel Paul der Umgang mit Marias Cape etwas leichter. Er holte es von dem Haken, wo er es vor der Probe aufgehängt hatte und trat zu Maria. Er breitete das Cape aus und hielt es Maria so hin, das sie leicht hinein kommen könnte. Dabei fragte er sich, ob Maria wohl wieder die Ärmel in dem Cape benutzen würde. Er ahnte, dass Maria wohl ziemlich hilflos war, wenn ihre Arme so festgehalten wurden. Er blickte Maria fragend an.
Doch Maria war noch so in Gedanken, dass sie gar nicht auf Paul achtete. Sie steckte fast automatisch ihre Arme in die bereitgehaltenen Ärmel.

Paul war schon etwas verwundert, denn er hatte insgeheim damit gerechnet, dass Maria heute die Bewegungsfreiheit ihrer Arme bevorzugen würde. Doch um ihre Stimmung nicht zu stören, ließ er sich viel Zeit und schloss ihr Cape bewusst sehr langsam. Denn es war ihm bewusst, dass es den anderen Musikern vielleicht auffallen würde, dass Maria ihnen jetzt nicht mehr die Hand reichen konnte. Andererseits, so sagte er sich, sie wären bestimmt die eine oder andere Besonderheit von Maria gewöhnt.

Erst als Paul sehr langsam den Kragenriegel zusammen schob und es leise »Klick« machte, schien Maria zu erwachen. Erst jetzt versuchte sie ihre Arme zu bewegen und stellte natürlich fest, das sie dieses nicht mehr machen konnte. Sie blickte Paul etwas erschrocken an. »Ich wollte die Ärmel gar nicht nutzen.«
Paul sah recht fasziniert, wie Maria ihren verbliebenen Freiraum auslotete. Doch dann vertrieb er seine egoistischen Gedanken und begann zu überlegen. Er tastete nach seinem neuen Schlüsselbund und fragte Maria, ob er Maria das Cape wieder öffnen sollte.

Maria hielt auf einmal in ihren Bewegungen inne. Sie schien zu überlegen. Auf einmal sah Paul, wie sie ihre Arme bewusst langsam in ihren Gefängnissen zu bewegen schien. Ihre Augen glänzten. »Nein, lass nur, dass ist ja ganz bequem so.« Und um Paul zu beruhigen, küsste sie ihn kurz auf die Wange.
Paul blickte sehr fasziniert auf Maria und ihre sehr stolze Haltung.

»Maria, hast Du noch einen Moment Zeit?« die Stimme von Karin klang etwas hektisch, als sie eilig auf Maria zu kam.
Paul bekam einen Schreck, denn er wusste nicht, ob die anderen Musiker über Marias besonderes Cape Bescheid wussten oder ob Maria ihren Zustand geheim halten wollte.

Maria drehte sich langsam zu Karin hin und blickte sie etwas unsicher an.
Doch zum Glück schien Karin die Besonderheit des Cape nicht wahrzunehmen. Oder sie hatte sich längst dran gewöhnt. Paul wusste es nicht.
»Wenn Du möchtest, dann kann ich Kerstin fragen, ob sie Dich mal besuchen kommt.« Der Blick von Karin hatte in diesem Moment etwas träumerisches. »Sie war damals eine tolle Katerina und wird Dir sicher sehr viel Tipps geben können.«

Maria nahm das Angebot dankbar an. »Sie soll mal kurz anrufen, dann können wir einen Termin ausmachen.«

Karin wünschte Paul und Maria noch einen schönen Abend, dann drehte sie sich um und ging zu ihrer Tasche zurück.

Paul nahm unbewusst Maria in den Arm und flüsterte ein »Ich hatte schon Angst, sie hätte was gemerkt«

Maria blickte ihn an und lächelte. »Mach Dir keine Sorgen, die anderen wissen fast alle Bescheid.«

Auf der einen Seite fand Paul es beruhigend, andererseits hätte er auch gern mehr über Marias Geheimnis gewusst.

* * *

Sie gingen langsam auf die Straße. Paul hatte Maria zärtlich und sehr vorsichtig in den Arm genommen. Er versuchte sensibel darauf zu achten, ob Maria mit dieser Umarmung einverstanden war. Doch da er keinerlei Anspannung spürte und sich Maria sogar etwas an ihn schmiegte, schien alles in Ordnung zu sein.
Nach einiger Zeit blieb Maria stehen und ein Leuchten war in ihrem Gesicht zu sehen. Sie schluckte. »Paul, ich würde Deine Oma gern noch mal etwas fragen. Meinst Du, sie hätte mal Zeit für mich?«

»Oh, wir können kurz bei uns vorbei gehen, um diese Zeit ist sie immer noch auf.« Auch wenn Paul nicht wusste, was Maria wohl von seiner Oma wissen wollte, freute ihn diese Anfrage sehr.

Maria wollte abwiegeln. »Oh, um diese Zeit mag ich aber nicht mehr stören.«

»Du störst nicht.« Jetzt spürte Paul eine Spannung in Marias Körper, doch er wusste, wie er damit umzugehen hatte. »Wir gehen jetzt einfach zu ihr. Sie freut sich sicher über Deinen Besuch.«

In Maria kämpften ihr sehnsüchtiger Wunsch, noch einmal einen Blick auf die Zeichnung mit dem »Gebet auf dem Rücken« mit ihrer guten Erziehung und dem Wissen, dass es wohl eher unhöflich war, um diese Zeit noch fremde Leute zu besuchen.

Doch beim Weitergehen spürte Maria eine immer stärker werdende Dominanz von Paul. Er ließ ihr einfach keine Wahl mehr, sondern schob sie sanft voran. Besonders deutlich wurde dies an der Kreuzung, wo sie zu Pauls Haus abbiegen mussten So langsam begriff Maria, dass sie sich in diesem Moment Paul unterzuordnen hatte. Auf einmal kribbelte es in ihrem Bauch.

Paul fiel auf, dass die Anspannung ihres Körpers wieder nachgelassen hatte.

* * *

Zu Marias Erleichterung war Pauls Oma tatsächlich noch wach. Sie saß auf der Bank vor dem Haus und strickte an einem Pullover. Als sie die beiden kommen sah, stand sie auf, legte ihr Strickzeug weg und kam ans Gartentor. »Das ist schön, dass Du Maria mitbringst.«

Beiden begrüßten Pauls Oma artig und fast etwas übertrieben höflich.

Selma lächelte. »Was führt Dich zu mir?« Sie blickte fragend auf Maria. Irgendwie wusste Selma, dass Maria nicht so einfach von ihrem Weg abweichen würde. Es musste einen Grund für diesen Besuch geben.

Marias Stimme war sehr leise. »Ich hätte da eine Frage.«

Selma lächelte hintergründig. »Gern, kommt nur herein.«

Sie öffnete die Haustür und bat die beiden herein. Dabei warf sie einen sehr interessierten Blick auf Marias Cape. Fast schien es, als würde sie durch das Cape auf Marias gefangene Arme blicken wollen.

Maria blickte Paul auf einmal etwas sorgenvoll an. »Ich muss ´sie´ anrufen, dass ich später komme.« Paul wusste sofort, wer gemeint war. Er zeigte Maria das Telefon.

Es war deutlich zu sehen, dass Maria in alter Gewohnheit das Cape hoch heben wollte. Doch sie musste sofort feststellen, dass sie in dem Cape gefangen war. Sie lächelte in sich hinein und blickte Paul fragend an. »Könntest Du für mich anrufen?« Sie nannte ihm die Nummer.

Paul musste erst einmal schlucken, denn er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin. Doch er wollte Marias Bitte auf jeden Fall nachkommen. Mit etwas zitternder Hand wählte er die Nummer und wartet.

»Mrs. Potter.« hörte er die Stimme aus dem Hörer.
»Hier ist Paul,« in diesem Moment fiel ihm ein, dass er vielleicht auch seinen Nachnamen nennen sollte. »Paul Mohr. Ich soll von Maria ausrichten, dass sie später kommt.«

»Warum kommt sie später?« Ihre Stimme klang streng und Pauls Herz rutschte noch weiter die Hose herunter.

Er musste sich räuspern, bevor er weiter sprechen konnte. »Wir sind bei meiner Oma, weil Maria sie etwas fragen möchte.«

Auf einmal klang die Stimme von Mrs. Potter viel freundlicher. »Na dann ist ja gut. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend.«

Sie verabschiedeten sich und Paul legte auf. Er war sehr erleichtert und blickte Maria freudig an. »Sie wünscht uns einen schönen Abend.«

Maria kam zu Paul her und küsste ihn auf die Wange. »Danke, das war sehr nett von Dir.« Sie versuchte ihn zu streicheln. »War sie sehr streng?«

Paul war wegen dieser Frage überrascht, doch dann erzählte er, wie sie erst streng und dann aber sehr freundlich geklungen hatte.

»Ja«, bestätigte Maria, »das macht sie oft so.« Sie lächelte.

Oma Selma war neugierig geworden. »Was wolltest Du denn fragen, Maria?«

Maria drehte sich zu Selma hin und blickte sie erwartungsvoll an. »Ich würde gern noch einmal einen Blick auf die Zeichnung mit der Originalhaltung werfen.«

Oma Selma musste Maria nur ganz kurz in das Gesicht blicken, um ihre wahren Absichten zu erkennen. »Du möchtest die Arme auch so tragen können.«

Maria blickte Pauls Oma erstaunt an. »Woher...« Sie staunte. »Ich meinte, wieso weißt Du das?«

Selma streichelte Maria sanft über den Kopf. »Ich habe am Sonntag Deine leuchtenden Augen gesehen. Und jetzt, nach dem Unfall...« Für einen Moment blickte Selma etwas nachdenklich. Doch dann wandte sie ihren Blick wieder auf Pauls Freundin. »Ich denke, Du würdest das schaffen. Du musst nur tüchtig trainieren.«

Paul verstand zwar nicht so recht, worüber die beiden genau sprachen, aber jetzt mischte er sich ein. »Aber Maria muss doch ohnehin schon ständig üben.« Wobei Paul immer noch nicht wusste, für was Maria diesen faszinierenden Handschuh trug.

Maria blickte ihn mit leuchtenden Augen an. »Ja.« Sie strahlte.

Oma Selma blickte die beiden an. »Kommt, wir gehen ins Wohnzimmer.« Doch dann warf sie noch einen Blick auf Maria. »Willst Du Dein Cape nicht lieber ausziehen?«
Maria blickte Selma verwirrt an. Sie wusste nicht so recht weiter. Sie wäre gern der Bitte von selber nachgekommen, doch die besonderen Eigenschaften des Cape unterbanden dies zuverlässig. Sie konnte sich nicht selber aus dem Cape befreien, sie war darin gefangen. Maria fühlte auf einmal ein seltsames Kribbeln im Bauch.

Doch Paul war auch sehr aufmerksam und Maria sah, dass er schon sein neues Schlüsselbund in den Händen hielt. Maria lächelte.

Vorsichtig schaute Paul, das er auch den richtigen Schlüssel hatte dann machte es leise »Klick« und er konnte den Kragenriegel öffnen und dieser gab auch den Reißverschluss frei. Langsam zog Paul diesen nach unten.

Zu beider Überraschung trat Selma jetzt vor Maria und fragte, ob sie das Cape mal genauer in Augenschein nehmen dürfte.
Im ersten Moment wurde Maria rot, doch dann ließ sie Pauls Oma gewähren.

»Ich wollte mal sehen, wie die Ärmel gearbeitet sind.« Ihre Stimme klang sehr interessiert. »Einfach mal sehen, ob sich seit damals viel verändert hat.«
Paul war sehr verwundert. Er dachte eigentlich, dass er seine Oma genug kennen würde.

Maria wäre Selma gern etwas entgegen gekommen, doch solange das Cape um ihre Schultern lag, konnte sie sich darin so gut wie gar nicht bewegen.
Pauls Oma schob das Cape langsam von Marias Schultern und blickte sehr dabei aufmerksam auf die in den Ärmeln steckenden Arme. »Viel Platz bleibt Dir in den Ärmeln nicht oder?«

Maria seufzte zuerst etwas. »Ja, es ist sehr eng darin.« Doch dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Es fühlt sich toll an und ich mag es gern.« Sie blickte zu Paul. »Wenn Paul dabei ist.« fügte sie verliebt dazu.

Langsam zog Selma das Cape nach unten. »Sag mir bitte, ab wann Du die Arme bewegen kannst.« Sie blickte sehr fasziniert auf Marias immer noch gefangene Arme.
Es war gut zu sehen, wie Maria fast fieberhaft versuchte, der Bitte nachzukommen. Doch erst als die Ärmel schon bis zum Ellenbogen herunter gezogen waren, hatte Maria genügend Freiraum, um selbstständig die Arme aus den Ärmeln zu ziehen.

»Eine sehr gute Arbeit, dieses Cape.« Aus Selmas Stimme klang ehrliches Lob.

»Das haben wir uns zusammen ausgedacht. In den Ferien.« Marias Stimme klang sehr stolz. »Meine Mutter und ich.« Sie kämpfte noch etwas mit den Ärmeln. »Ich wollte unbedingt Ärmel haben und meine Mutter bestand auf einem Cape.« Sie grinste. »Als ich den inneren Ärmeln zugestimmt habe, hatte ich mir die allerdings etwas anders vorgestellt.«

Selma musste lachen.

»Zum Glück muss ich die bei ihr nicht tragen.« Maria verzog ganz leicht das Gesicht. Jeder wusste, wer gemeint war. »Aber bei Paul fühlt es sich toll an.« Sie war jetzt ganz aus dem Cape geschlüpft, nahm es in die Hand, um es sorgfältig zusammen zu legen. Dann erst legte sie es auf die Garderobe.

»Na dann kommt mal mit ins Wohnzimmer.« Sie ging voran.
Sie bot den beiden Plätze an, dann ging sie an den Wohnzimmerschrank und holte die Mappe heraus. Sie legte es vorsichtig auf den Wohnzimmertisch und schlug die betreffende Seite auf.

Maria hielt den Atem an. Wieder war dieses Leuchten in ihren Augen zu sehen.

Auch Paul blickte auf die Zeichnung und so langsam begann er zu begreifen, um was es Maria ging. Er blickte sie verwundert an. »Das willst Du schaffen?«

Maria blickte ihn an und in diesem Moment, als Paul Marias Augen sah, war sogar ihm klar, wie sehr Maria schon von dem Bild gefangen war.

Oma Selma begann auf einmal zu grübeln. »Warte mal, ich glaube, da habe ich auch noch eine andere Zeichnung.« Sie zog die Mappe zu sich hin und blätterte sehr vorsichtig darin. Schon nach wenigen Seiten hatte sie es gefunden.

Die Zeichnung zeigte eine junge Frau, die einen schwarzen Catsuit trug. Sie kniete und saß auf ihren Fersen. Doch das erstaunliche war die Armhaltung. Die Arme lagen über Kreuz auf dem Rücken und wurden von Riemen jeweils zur gegenüberliegenden Schulter gezogen. Die Riemen verliefen über die Schulter, um dann vorn zu einer Art Gürtel geführt zu werden. Durch ihren Schritt verliefen vom Gürtel nach unter verlaufende Riemen. Die Frau zeigte ein sehr stolzes, wenn auch leicht gequältes Gesicht.

Maria blickte sehr fasziniert auf die Zeichnung. Sie stöhnte leise und biss sich auf die Lippen.
Oma Selma hatte Marias Faszination bemerkt. Fast beiläufig, so sollte es rüber kommen, erwähnte sie, dass hier vermutlich einfach eine Zwangsjacke aus Leder umgearbeitet wurde.

Es war Paul, der eher unbewusst den Anstoß gab »So eine hast Du doch auch, Maria. Nur in Weiß.«

Maria griff den Gedanken auf. »Stimmt, die hat sogar rote Riemen.« In ihrer Stimme klang Begeisterung. Erst dann ging ihr durch den Kopf, um was es wirklich ging. »Du meinst, wir sollten sie »so« machen?« Bei dem ´so´ hatte Maria noch einmal eindringlich auf die Zeichnung geblickt.

Selma wollte die beiden ermutigen. »Das wäre eine sehr gute Idee.«

Maria blickte sie nachdenklich an. »Wie? Du meinst...«

Selma nickte. »Wenn Du das Gebet trainieren willst, dann wäre so eine Jacke ein sehr guter Anfang.«

Maria schaute etwas zweifelnd. »Aber ob sie das erlauben wird? Immerhin ist das meine Strafjacke.« Sie seufzte etwas.

Auf einmal sah Selma sehr entschlossen aus. »Das mache ich schon.« Sie stand auf. »Wie war noch mal die Telefonnummer?«

Maria nannte die Zahlen. Selma ging aus dem Zimmer. Beide blickten ihr nach.
Paul drehte sich wieder zu der Zeichnung. Er sah noch einmal recht intensiv auf die kniende Frau. Eine seltsame Faszination überkam ihm dabei. »Sie kann ihre Arme gar nicht mehr bewegen«, stellte er flüsternd fest.

Aus Maria sprach die Vorfreude. »Du hast recht. Das ist eine sehr interessante Haltung.«

Selma kam zurück. »Paul, magst Du kurz mal zu Doro gehen und die Jacke holen? Sie weiß Bescheid.«

Maria entglitt ein kurzes »Super«. Dann drehte sie sich zu Paul. »Ach ja bitte, das wäre sehr nett.«

* * *

Pauls Herz klopfte laut, als er jetzt an Marias Haus klingelte. Gleich darauf waren ihre resoluten Schritte zu hören. Die Tür ging auf.
»Ah, Du bist es, Paul.« Sie machte eine einladende Handbewegung. »Komm kurz rein. Ich habe die Jacke schon bereit gelegt.« Ihre Stimme klang ausnehmend nett.

Auf dem kleinen Tischchen neben dem Telefon lag ein weißes Etwas. Auf den ersten Blick hätte man es für einen normal zusammengelegten Pullover halten können. Doch zum einen war deutlich das besondere Material zu erkennen und zum anderen störten einige der roten Riemen, die hier und da aus dem Bündel heraus ragten.
Mrs. Potter ging zu dem Tisch und gab Paul die Jacke. Sie blickte ihn ermunternd an. »Ich bin schon sehr gespannt, wie Maria damit zurecht kommen wird.«

Doch auf dem Tisch lag noch ein kleiner Stoffbeutel. Als Marias Erzieherin den in die Hand nahm, war ein metallisches Klirren zu hören. »Hier ist noch etwas Zubehör. Ich weiß nicht, ob Selma das auch braucht.« Sie reichte Paul auch den Stoffbeutel und Paul war wegen seines Gewichtes erstaunt.

Was mochte wohl in dem Beutel drin sein, schwer und nach Metall klingend? Doch dann war es ihm klar, das es sicher einige Vorhängeschlösser waren, wie sie bei Maria nur allzu oft anzutreffen waren.

Paul blickte Mrs. Potter unsicher an. Wie viel hatte seine Oma ihr denn schon gesagt. Paul wusste nicht, ob er in diesem Moment etwas verraten durfte. Er rang sich zu einem »Danke« durch.

Marias Erzieherin schien Pauls Unruhe zu spüren. Sie ging zur Haustür und öffnete sie. »Na dann viel Spaß mit der Jacke. Ich warte auf Euch.«

Paul blickte sie erstaunt an, dann begriff er, dass sie ihm gerade so einige Brücken gebaut hatte. Dankbar wünschte er Mrs. Potter noch einen schönen Abend, dann ging er mit zunächst langsamen höflichen Schritten aus dem Haus. Doch als er auf dem Kiesweg war, beschleunigte er seine Schritte.

Er dachte über das eben Erlebte nach. Mrs. Potter war sehr freundlich gewesen und er hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass er dies gar nicht wahr genommen hatte. Jetzt schämte er sich fast etwas.

* * *

»Oh, die ist ja von vorn zu schließen.« Oma Selma war erstaunt.

»Das durfte ich mir aussuchen.« In Marias Stimme war sehr viel Stolz zu hören.

Oma Selma hielt Maria die Jacke hin und Maria steckte langsam einen Arm in den bereitgehaltenen Ärmel.

»In den Handgelenken ist ein Gummizug.« Ihre Stimme war leise. »Kannst Du mir da rein helfen.«

Selma verstand im Gegensatz zu Paul, was Maria wollte. Sie fasste oben an den Ärmel und hielt ihn fest. Jetzt konnte Maria mit etwas Druck ihre Hand in den eingearbeiteten Handschuh stecken.

»Hast Du darin auch Fingerhüllen?« Selmas Stimme klang sichtlich interessiert.

»Das hatten wir erst überlegt«, sie blickte scheu zu Paul, »aber so streng sollte es dann doch nicht werden.«

Selma bedauerte dies. »es könnte für das Gebetstraining nützlich sein, wenn Du die Hände nicht drehten kannst.« Sie fasste Marias Hand an. »Aber der Handschuh ist ohnehin recht eng gearbeitet. Das müsste auch so gehen.«

Sie half Maria mit dem zweiten Arm. Dann zog sie ihr die Jacke die Schultern hoch.

Selma blickte Paul an, der etwas verloren neben Maria stand. »Magst Du Maria mal die Jacke schließen? Ich halte sie solange fest.«

Paul wunderte sich, was dieser ganze Zirkus sollte, doch seiner Oma wollte er nicht widersprechen. Er fragte sich allerdings, ob seine Oma Maria oder ihre besondere Jacke festhalten wollte.

Er kniete sich vor Maria hin und versuchte die beiden Enden der Jacken zusammen zu ziehen, um den Reißverschluss unten ineinander zu schieben. Doch zu seinem Erstaunen blieb ein Spalt von knapp fünf Zentimeter offen. Er blickte Maria ratlos an. »Die geht nicht zu. Ist sie zu eng?«

Maria wusste im ersten Moment auch nicht, was zu tun wäre. Doch da sie wusste, dass sie die Jacke schon oft getragen hatte, musste es einen Weg geben. »Sie sitzt immer sehr sehr eng. Ich glaube, Du musst kräftig ziehen.«

Paul versuchte es. Es kostete ihm sichtlich Kraft, die beiden Enden zusammen zu bringen und den Reißverschluss zu schließen.

Die Jacke schien aber nur in der Taille so eng gearbeitet zu sein. Ab Marias Brustkorb war die Jacke viel leichter zu schließen.

»Sollten wir den Schrittriemen auch noch schließen?« In Oma Selmas Stimme klang eine seltsame Faszination mit.

Maria war erschrocken. »Nein, das geht nicht.« Dabei blickte sie verängstigt zu Paul. Sie wollte ihr Geheimnis nicht hier vor Paul offenbaren.

Selma trat an Maria heran und fasste sie an ihre Taille. Dann folgte ein prüfender Griff auf Marias Bauch. Sie nickte verständlich. Dann fasste sie kurz an Marias Bein kurz über dem Knie. »Trägst Du den Gürtel immer?«

»Nur wenn ich draußen bin.« ihre Stimme klang ängstlich.

»Das ist sehr weise, mein Schatz.« Selma ging zum Schrank und holte ein Maßband sowie einen Stift und Zettel heraus. »Ich werde dann für die Trainingsriemen maßnehmen.«

Sie trat zu Maria und begann verschiedene Strecken an Maria auszumessen und zu notieren.

Dann setzte sie Stift und Maßband ab und blickte Paul und Maria mit einem sorgenvollen Blick an. »Ich müsste jetzt ein paar Maße nehmen, wenn Maria ihre Arme in der vorgesehen Haltung hat.«

Maria versucht von sich aus, mit ihrem weiß verpackten Arm die Haltung einzunehmen, aber sie musste bald erkennen, dass dieses noch nicht möglich war.

»Ich versuche Euch das erst zu erklären, damit es dann schnell gehen kann.« Sie trat hinter Maria.

»Ich werde Maria Arm in die ungefährer Position schieben, die ich brauche beziehungsweise die Maria später trainieren muss« Sie blickte zu ihrem Enkel. »Paul, Du musst dann den Arm so festhalten und wenn ich es sage, einmal kurz noch etwas nach oben ziehen. Ich versuche, ganz schnell zu messen, dann kannst Du wieder loslassen.«

Sie wandte sich an Maria. »Mein Kind, das wird sicher weh tun. Bitte versuche es durchzuhalten. Ich mache es auch ganz schnell.«

Maria blickte sie ganz zuversichtlich an. »Macht nur, ich werde es aushalten.«

Selma kontrollierte noch einmal, dass alles an seinem Platz bereit lag, dann trat sie hinter Maria und blickte Paul noch einmal an.

Paul nickte.

Sie fasste Maria Arm und zog ihn mit den Fingern voran zu der gegenüberliegenden Schulter. »Jetzt festhalten.«

Sobald Paul Marias Arm sicher in der Hand hatte, griff sie schnell zum Maßband und nahm zwei Strecken ab. »Geht es, Maria?«

Maria hatte ihren Kopf zur Seite gedreht. Sie wollte nicht, dass einer der beiden ihr schmerzverzerrtes Gesicht sehen konnte.

Doch gleich darauf war es geschafft. Paul durfte Marias Arm langsam loslassen.

Die gleiche Prozedur spielte sich für den anderen Arm ab.

»Das war es schon.« Oma Selmas Stimme klang erleichtert.

Sie blickte noch einmal auf ihren Zettel mit den notierten Maßen. »Ich hoffe, ich habe noch genügend Lederriemen dafür.« Sie ging ins Nachbarzimmer und es war zu hören, dass sie dort etwas durchsuchte.

Schließlich kam sie zurück. »Paul, ich muss dich bitten, Morgen noch zu mal zu Tier-Meier zu gehen.«

Paul blickte sie verwundert an. »Ich brauche noch eine rote Hundeleine sowie ein Halsband für Hunde.«

Jetzt verwandelte sich Pauls Blick in Empörung. »Wofür denn das? Soll ich Maria etwa...? Er sprach nicht weiter.

Oma Selma lachte. »Nein, Du Dummchen.« Sie gab ihm einen Stubs. »Maria kommt natürlich nicht an die Leine.« Sie lachte. »Aber Meier hat das beste Leder überhaupt. Und die Hundeleinen sind sehr günstig bei ihm. Ich brauche die Riemen für die Jacke.«

Doch Maria hatte auf einmal einen total verklärten und abwesenden Blick. Sie schaute sehr verliebt zu Paul und schien zu träumen.

62. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 14.01.14 08:34

Toll so gefällt es mir , aufwachen und dann `` Frühstück mit Maria ´´
wieder toll geschrieben und doch wieder einen Haufen Fragen offen gelassen

Wie so Plant der Herr Baron so gross ? Er hat doch nur die mündliche Zusage der Erzieherin .
Bei solchen Summen geht es doch nicht ohne Rechtsbeistand und Eltern .
Lassen sich Maria und ihre Mutter 3 Wochen ihrer sehr knappen gemeinsamer Zeit Rauben ?
Ich hoffe in dem kleinen Telefonbuch stehen Leute , die dem Baron einen dicken Strich
durch seine finanziellen Träume machen oder Paul und Maria werden noch während des
Festes Heiraten ( Maria natürlich in Ketten und Paul legt sie dann an die Leine )
Diesen Traum Marias habe ich aus den letzten beiden Sätzen deiner fantastischen
Fortsetzung herausgelesen .

Danke mach bitte weiter so
63. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 14.01.14 09:17

Das Maria sich gerne von Paul an die Leine legen lassen würde Vermute ich auch. Ob Maria wohl in der Strafjacke mit Übergelegten Cape von Paul nach Hause gebracht wird?
Oh man der Neffe scheint ja auch so eine Pfeife zu sein, nicht ganz so Schlimm wie Sophie aber es Reicht wohl. Dann haben wir Leser ja Vielleicht doch das Glück und Erleben beim Fest Paul und Maria als Paar die sich dann zumindest Verloben. Für eine Heirat ist es wohl noch zu Früh.
Eigentlich ist es Schade das diese Geschichte mit dem Fest Enden soll. Ich Zumindest würde gern Lesen wie Paul&Maria mit dem Fest Zurechtkommen und den ganzen PR Terminen.
64. RE: Maria

geschrieben von ok2601 am 14.01.14 14:12

Wenn du für die Baroness noch stichworte brauchst, sag mir die richtung . Vielleicht kann ich dir helfen helfen.
65. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 14.01.14 14:12

Ich muß sagen wieder eine gelungene Fortsetzung .
Bin sehr gespannt wie es weiter gehen wird .
66. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 14.01.14 21:21

Hallo gag_col

Finde deine Geschichten echt toll. Wenn man sie liest, fühlt man sich mittendrin. Du hast eine echt tolle "schreibe". Ich verschlinge deine Geschichten echt gerne. Aber leider hast du auch eine Unart wie alle anderen Autoren auch. DU hörst immer im spannensten Moment auf!

Nun zu deiner Bemerkung zu Kapitel 7 Teil 1. Ich habe das schon beim lesen mitbekommen. Habe mir einfach gedacht, das du halt uns Leser überraschen wolltest und fand das auch echt gut gelungen.

Wenn du nach dem Katerinenfest mit Maria weitermachen möchtest fände ich das toll. Bin ja mal gespannt, ob Paul dann auch noch eine Rolle spielt. Und vor allem, ob der Baron mit seinen Intrigen durchkommt, oder ob er für seine Boshaftigkeit doch noch die Quitung bekommt.
Bitte laß uns nicht wieder 2 Tage auf die nächste Fortsetzung warten.

Mfg Rainman.
67. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 15.01.14 10:43

Hallo gag_col

Super Schreibstil mach weiter so
68. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 16.01.14 05:45

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Der Direktor des Gymnasiums warf einen Blick in seinen Terminkalender. Für heute, Mittwoch Morgen, hatte sich ein Baron von Harsumstal angesagt, er wäre der Vorsitzendes des Festausschusses. Es ginge um das Katerinenfest.
Da er erst das zweite Jahr in der Stadt und in dieser Schule war, bat er seine Sekretärin zu sich herein und fragte sie, ob sie etwas über dieses Fest wüsste.

Die Schulsekretärin konnte ihm die wesentlichen Einzelheiten des Festes erklären, ein wenig von dem historischen Hintergrund und genauso etwas zu den drei Tagen, an denen es statt fand. »Aber ich weiß nicht, was wir damit zu tun haben sollen, denn es findet immer zu Ende der Sommerferien statt.« waren ihre abschließenden Worte.

Der Direktor wollte nachhaken. »Wie war es denn beim letzten Mal?«
Die Sekretärin musste erst einmal etwas nachdenken, bevor sie antworten konnte. »Die letzte Darstellerin hat ein Jahr später das Abitur gemacht. Sie war eine Schülerin von uns.«

Der Direktor überlegte, ob es diesmal auch so sein würde.

»Nein, dieses Jahr wird die Tochter des Barons die Katerina darstellen.« Sie verzog das Gesicht. Doch dann verwandelte sich ihr Gesicht in Verwunderung. »Aber die hat doch den schweren Unfall gehabt« sagte sie mehr zu sich selber als zu ihrem Chef.

Dieser blickte sie verwundert an. »Unfall?«

»Haben sie es heute nicht in der Zeitung gelesen?« ihre Stimme klang verwundert.

»Ach da bin ich noch nicht dazu gekommen.« Er nahm sich den Landsbacher Boten zur Hand.
»Gleich auf Seite eins.« Sie zeigte ihm den Artikel. »Leider gibt es kein Foto.«

Er begann zu lesen.

* * *

Es klopfte an der Klassenzimmertür. Die Klasse war verwundert.

Der Hausmeister trat herein. »Maria Beller möchte bitte einmal zum Direktor kommen.«

In der Klasse war es auf einmal sehr still. Es war schon lange nicht mehr vorgekommen, dass jemand zum Direktor gerufen wurde. Meistens ging es dabei um irgendwelche gröberen Streiche oder ähnlicher Unfug.

Doch warum Maria? Diese war die Unschuld in Person. Paul wunderte sich.

Maria stand vorsichtig auf und blickte noch einmal zu Paul, bevor sie mit für ihre Verhältnisse eiligen Schritten die Klasse verließ.

Ein Tuscheln setzte ein. Dass Maria zum Direktor musste, war wirklich etwas außergewöhnliches.

* * *

Mit Herzklopfen klopfte Maria schüchtern an die zum Schulsekretariat. Nach einem kurzen »Herein« trat sie ein.

»Schön, das Du kommst.« Die Schulsekretärin begrüßte sie, dann drückte sie eine Taste auf der Sprecheinrichtung. »Maria Beller ist hier.«

Sofort ging die Tür zum Direktorenzimmer auf und der Schulleiter bat Maria, doch herein zu kommen.

»Nimm Platz.« Er zeigte auf einen Stuhl und Maria setzte sich kam der Anweisung nach.

Jetzt erst bemerkte sie, dass der Direktor einen weiteren Besucher hatte. Baron von Harsumstal. Maria wusste nicht, was sie davon halten sollte.

»Maria«, die Stimme des Direktors klang irgendwie wichtig, »der Herr Baron hat mir gesagt, das er Dich ausgewählt hat, ersatzweise die Rolle der Katerina für seine verunglückte Tochter zu übernehmen.«

Er machte eine Pause, in der Maria einmal heftig schlucken musste

»Ich freue mich für Dich und wünsche Dir alles Gute dafür.«

Maria war etwas verwundert. Um ihr das zu sagen, musste sie extra herkommen?

»Baron von Harsumstal hat mich gebeten, dich wenn nötig von der Schule frei zu stellen.« Er nahm ein Stück Papier zur Hand. »Das ist natürlich schwierig ein Jahr vor dem Abitur.« Er schaute sich das Blatt an. »Aber deine Leistungen sind fast überall sehr gut.«

In Gedanken setzte Maria den Satz fort: ´Nur in Mathematik könnte es besser sein.´ Aber seit sie die Nachhilfe von Paul bekam, war sie der Meinung, dass es besser werden würde.

»Ich denke«, so sprach der Direktor mehr zu sich selber als zu Maria, »wir können dem Ansinnen des Herrn Barons nachgeben.«

Maria verstand noch nicht ganz, was dies bedeuten würde.

»Aber Du musst versprechen, Dich über die aufgefallenen Stunden zu informieren und es gegebenenfalls nachholen.

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich verspreche es.« So ganz hatte sie immer noch nicht begriffen, was hier gerade passierte.

* * *

Obwohl Paul mit Marias Erzieherin jetzt auch schon sehr freundliche Momente erlebt hatte, stand er doch wieder mit Herzklopfen vor dem Tor und klingelte. Er hatte Maria diesmal nicht von der Schule mit nach Haus gebracht, weil er in der Stadt noch die Sachen für seine Oma besorgt hatte.

Der Verkäufer bei Tier-Meier hatte Paul gefragt, für was für einen Hund das Halsband wäre und Paul wurde rot, weil er darauf keine Antwort hatte. Es fiel ihm bloß ein »möglichst groß bitte« ein. Der Verkäufer hatte ihn etwas seltsam angesehen, doch dann bekam Paul das, was auf seinem Zettel stand.

Seine Oma war mit den Sachen zufrieden gewesen und sie hatte sich gleich an die Arbeit gemacht, um Marias Jacke für dieses seltsame Gebet um zuarbeiten. Paul hatte allerdings noch nicht so richtig verstanden, was Maria mit dieser Jacke dann machen würde. Aber bei den vielen Seltsamkeiten, die er bisher so erlebt hatte fiel diese Jacke schon nicht mehr ins Gewicht.

Paul hörte ein Summen und er drückte gegen das Tor. Beim Zugehen auf das Haus sah er, wie sich die Haustür öffnete und zu seiner großen Freude sah er, dass Maria ihm geöffnet hatte. Er winkte und sah dabei, dass Maria diesmal auch frei zurück winken konnte. Diesmal schien sie nicht eingeschränkt zu sein.

»Schön, dass Du gekommen bist. Wir müssen doch noch lernen. Morgen ist die Mathearbeit.« Ihre Stimme klang fast etwas begeistert. Paul fragte sich, ob das an ihm lag oder vielleicht sogar an der anstehenden Schularbeit. Fast konnte man meinen, Maria würde sich über die Arbeit freuen.

Auf einmal war die Stimme von Mrs. Potter zu hören, die gerade auf den Flur trat. »Heute werdet ihr nicht mehr lernen.«

Sowohl Paul als auch Maria blickten sie beide verwundert an. »Ihr habt genug getan. Heute solltet ihr mal entspannen.« Paul sah, dass sie Marias Handschuh in den Händen hielt.

Fast schien es, als war Maria etwas enttäuscht, doch dann blickte sie Paul verliebt an. »Ich muss heute wieder trainieren. Hilfst Du mir?« Sie lächelte und blickte auf den Handschuh in den Händen ihrer Erzieherin.

Diese reichte Paul den Handschuh und blickte ihn auffordernd an. »Magst Du? Du weißt ja jetzt, wie es geht.«

Pauls Hand zitterte etwas, als er den Handschuh entgegen nahm. Er begann die Riemen zu sortieren, dann lockerte er etwas die Schnürung und trat an Maria heran.
Er versuchte sich an die Worte zu erinnern, die er sich zurecht gelegt hatte. »Nun denn liebe Prinzessin, seit Ihr bereit, Euer Training zu beginnen?«

Maria blickte Paul sehr erstaunt an, dann jedoch glitt ein großes Lächeln über ihr Gesicht. Sie machte einen Knicks, dann blickte sie auf zu Paul und fast etwas ehrfürchtig sprach sie leise: »Ja, mein Prinz, ich bin bereit. Gebt mir die Freiheit, in dem Ihr sie mir nehmt.«

Paul spürte die feierliche Stimmung und war bemüht, das etwas seltsame Spiel weiter mit zuspielen. »Nun legt also Eure Arme bereit für den Handschuh.« Er musste schlucken, denn eine seltsame Erregung überkam ihm.

Doch als er dann langsam die Lederhülle über Marias Arme schob, wurde ihm wieder etwas nüchtern und er versuchte sich an alle Tipps seiner Oma zu erinnern, was das Anlegen dieses seltsamen Dings betraf.

Seit er wusste, dass seine Oma früher diese Trainingssachen früher auch gemacht hatte, gab ihm dies ein gewisses Gefühl von Sicherheit und er hoffte, es diesmal gleich so hin zubringen, dass sowohl Maria als auch ihre Erzieherin zufrieden waren.

* * *

Marias Augen leuchteten. So gut saß der Handschuh schon lange nicht mehr. Sie spürte überall einen gleichmäßigen Druck und nirgends wurde etwas eingeklemmt oder drückte etwas. Sie war sehr zufrieden mit Paul und drehte sich wieder zu ihm hin.

»Danke mein Prinz«, ihre Stimme klang fast etwas zitternd. »Der Handschuh sitzt heute besonders gut.«

»Es ist gern geschehen, meine Prinzessin.« Paul fühlte sich sehr geschmeichelt. Er war bemüht, weiter zu machen. »Es freut mich, wenn der Prinzessin meine Arbeit gefällt.«

Mrs. Potter trat näher und warf einen Blick auf die Schnürung des Handschuhs. Zu Pauls großem Erstaunen schien sie das Spiel mit zuspielen. »Oh ja, Prinzessin, eine vorzügliche Arbeit. Ein großes Lob für Euren Prinzen.« Sie blickte Paul schmunzelnd an.

Paul wusste in diesem Moment gar nicht, wie ihm geschah.

Mrs. Potter reichte ihm die Schlösser. »Nun lasst es uns vervollständigen.«

Mit jedem »Klick«, welches jetzt zu hören war, wurde Pauls Gänsehaut stärker. Sie schienen es diesmal richtig zu zelebrieren. Paul wollte auf keinen Fall als erster aus der Rolle fallen, doch er wusste auch nicht was er jetzt machen könnte oder sollte.

»Wie wäre es, mein lieber Prinz«, die Stimme von Mrs. Potter klang seltsam heiter, »wenn ihr nun die Prinzessin in ihre Gemächer begleitet?« Sie blickte ihn aufmunternd an. »Dort wartet ein sehr gemütliches Plätzchen auf Euch beide.«

Paul stellte sich neben Maria und war etwas unsicher, ob er sie wieder umarmen dürfte. Immer wenn Maria in ihrem Handschuh so hilflos war, wollte er dies auf keinen Fall ausnutzen.

Maria schien diese Unsicherheit zu spüren und sie wollte ihm entgegen kommen. »Mein Prinz«, sie blickte ihn an. »Ich könnte euren helfenden Arm gebrauchen.«

Dankbar für dieses Zeichen legte Paul seinen Arm um Marias Schulter und zog sie etwas zu sich heran. Fast war ihm, als würde er ein Zittern in Marias Körper spüren. Deutlich jedoch spürte er, wie Maria mit ihren verpackten Händen versuchte, ihn etwas auf dem Rücken zu streicheln. Sie war bemüht, den winzigen Freiraum, den ihr der Handschuh bot, auch auszunutzen.

* * *

Das kleine Sofa in dem Raum, in den Maria sie beide führte, sah wirklich sehr gemütlich aus. Maria ging auf das Sofa zu und setzte sich vorsichtig hin. Dann blickte sie Paul liebevoll und auffordernd zugleich an.

Paul setzte sich neben sie. Sofort lehnte sich Maria an ihn und flüsterte. »Haltet mich fest, mein Prinz.«

Paul kam dieser Bitte sehr gern nach. Beide genossen die Ruhe und ihre gegenseitige Nähe.

»Wie ging noch mal der Sinus-Satz?« Auf einmal war Marias Stimme wieder etwas nüchtern. Sie sagte das auf, was sie gelernt hatte.

Paul konnte sie loben. Sie hatte den Satz richtig gelernt und wusste jetzt auch wie er anzuwenden war.

Er nahm ihren Stimmungswechsel auf und stellte diesmal eine Fangfrage.

Im ersten Moment fing Maria an, ernsthaft nachzudenken, dann jedoch erkannte sie die Fangfrage und fast liebevoll stubste sie ihn mit ihren verpackten Händen in die Seite. Sie schob ein liebevolles »Du Schuft« hinterher.

Paul freute sich, dass sein kleiner Scherz gelungen war. Zudem stellte er fest, dass er immer dann, wenn er Maria so provozierte, eine gewisse Faszination von ihrer Hilflosigkeit ausging. Er überlegte, ob er wohl mal mit seiner Oma drüber sprechen könne. Etwas an Marias Zustand zog ihn unheimlich an und er verstand noch nicht warum.

»Das geht jetzt nicht, Maria muss ihren Mittagsschlaf halten.« Die Stimme von Mrs. Potter war sehr deutlich im Haus zu hören.

Eine fremde Stimme schien etwas zu antworten.

»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass sie Sie jetzt nicht empfangen kann. Sie schläft.«

Sowohl Paul als auch Maria zuckten beide zusammen. So energisch hatte die Stimme der Erzieherin schon lange nicht mehr geklungen.

Doch ihr Gesprächspartner schien dies nicht zu beeindrucken. Er wurde ebenfalls etwas lauter. »Dann wecken Sie sie eben.« Fast schien es, als wolle er sie durch seine Lautstärke wecken.

Maria blickte Paul ängstlich an. »Wer ist das bloß?«

Paul sah ebenfalls ziemlich aufgebracht aus. »Und was will er wohl von Dir?«

Es schien, als würde Maria erst jetzt ihr tatsächlicher Zustand bewusst »Wer auch immer das ist, er darf mich so nicht sehen.« Sie blickte auf die Riemen über ihrer Brust und auf die auf dem Rücken verpackten Hände, die sie hektisch hin und her bewegte.

»Ich könnte Dir den Handschuh öffnen.« Paul war schon dabei, seinen Schlüsselbund zu suchen.

»Nein«, Maria musste nicht lang überlegen, »das wird zu lange dauern. Außerdem darf ich das nur im Notfall.« Sie hatte eine Idee. »Geh schnell in mein Zimmer und hole mein Cape. Es müsste im Schrank ganz rechts hängen.«

Paul war schon aufgestanden.

»Nein, warte, ich komme gleich mit.« Maria stand ebenfalls auf.

Die Schritte von Mrs. Potter waren überdeutlich auf der Treppe zu hören. Es schien aber, als würde sie diesmal ganz bewusst sehr langsam gehen.
Auf dem Weg in ihr Zimmer fiel Paul auf, das Maria leise mit zählte. Er verstand erst nicht.

»Geht das nicht etwas schneller?« Die fremde Stimme klang sehr ungeduldig, doch es schien, als ließe sich Mrs. Potter davon nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, Sie blieb stehen, um ihm zu antworten.

Paul und Maria hatte inzwischen das Zimmer erreicht und Maria war gerade bei »Neun«. Jetzt dämmerte es ihm, dass Maria die Stufen mit zählte.
Paul sah das Cape über einem der Stühle liegen. Schnell nahm er es hin und hängte es über Marias Schultern. Genauso schnell hatte er Reißverschluss und Kragenriegel geschlossen.

Maria blickte hektisch an sich herunter. Sie schien fast so etwas wie Panik zu haben. »Schnell, mach die Bänder auch noch fest.«

Paul wusste, dass das Cape innen noch Bänder hatte, die ein Hochziehen verhindern sollten. Er kniete sich vor Maria hin und hob das Cape etwas hoch. Er löste die Schleife und wollte die Bänder um Marias Bein schlingen. »Die sind zu kurz.« Er blickte zu ihr hoch.

Maria war mit dem Zählen mittlerweile bei 13 angekommen und sechzehn Stufen waren es bloß. Zudem waren jetzt auf einmal weitere Schritte auf der Treppe zu hören. Der unbekannte Besucher schien ebenfalls herauf zu kommen. »Schnell, hebe meinen Rock hoch. Da muss ein Ring sein.«

Paul ließ sich von Marias Hektik anstecken, denn er war bemüht, sehr schnell ihren Wünschen nach zu kommen.

»Nein, ich lasse Sie hier nicht vorbei.« Selbst von der sehr eisigen Stimme von Mrs. Potter ließ der Besucher sich nicht beeindrucken. Immerhin waren seine Schritte jetzt nicht schneller als die von ihr.

Paul sah, dass Maria einen Metallring um ihren Oberschenkel trug. Sofort sah er auf der Außenseite den kleinen Ring und dort hin band er die Bänder des Capes. Auf die Schnelle machte er zwei Knoten.

Er war gerade mit dem zweiten Band fertig geworden, als Mrs. Potter mit dem Besucher in das Zimmer trat.

Dieser stürmte an der Erzieherin vorbei zu Maria und blickte sie geringschätzig an. »So, ein Mittagsschlaf.« Er zerrte an Marias Cape. »Und was ist das hier.«

Mrs. Potter war die erste, die wieder Worte fand. »Das ist zu ihrem Schutz.«

Der Fremde trat einen Schritt zurück und blickte verachtend auf Maria. »Ihr könnt Sophie doch nie das Wasser reichen.« Er war sichtlich aufgebracht und blickte Maria geringschätzig an. »Damit Sie es weiß, ich bin nur hier, weil mein Onkel es wünscht.«

Maria blickte ihn verschüchtert und ängstlich an. Sie wusste keine Antwort. Dabei hatte sie weniger Angst vor dem Besucher als mehr Angst vor der Entdeckung ihres Handschuh. Doch sie versuchte sich zu beruhigen, Paul hatte das Cape verschlossen und sie wusste aus leidvoller Erfahrung, dass sie dann nicht mehr heraus kam. Es kam aber auch genauso keiner an sie heran.

»Welche Sprachen spricht Sie?« Dabei blickte er aus dem Fenster.

Maria begriff überhaupt nicht, dass sie gemeint war.

»Redet Sie nicht mit mir?« Seine stimme klang noch seltsamer.

Mrs. Potter nannte Englisch und Französisch.

Er schüttelte den Kopf. »Sie hat weder das Format noch die Größe von Sophie.« Auch jetzt blickte er Maria nicht an.

Diese stand mit offenem Mund da und schaute sehr verwundert.

»Das kann doch mein Onkel nicht ernst meinen, dass ich mit Ihr spielen soll. Mit Euch nicht!« Er drehte sich um und lief laut stampfend aus dem Zimmer. Gleich darauf war er auf der Treppe zu hören und einen Moment später klappte recht deutlich die Haustür zu.

»Wer war denn das?« Paul fand als erster wieder Worte.

Mrs. Potter blickte ihn bedrückt an. »Das war seine Hoheit Freiherr Franz-Ferdinand von Schleihthal, der Neffe von Baron Harsumstal.« Ihre Stimme war fast etwas belegt. Dann blickte sie zu Maria. In ihrer Stimme klang fast so etwas wie Mitleid. »Er wird auf dem Katerinenfest den Herzogssohn spielen.«

Maria erstarrte. »Was?« Sie stotterte fast. »Mit dem... soll ich?« Eine Träne lief über ihre Wange. Auf einmal schien ihr Traum zu zerplatzen.

Mrs. Potter ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. »Ich fürchte, mein Schatz«, sie streichelte sie über das Cape, »das wirst Du Dir nicht aussuchen können.«
Paul war verwundert. Es war das erste Mal, dass Marias Erzieherin Gefühle zeigte.

Maria war für einen Moment trotzig. »Aber mit dem Schnösel doch nicht.«

Mrs. Potters Stimme klang leicht verändert. »Die Prinzessinnen früher konnten sich ihren Mann auch oft nicht aussuchen. Und die mussten ein Leben lang mit ihm auskommen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Oder muss ich mich noch mal räuspern?«

Maria blickte sie verklärt an. »Die Prinzessinnen... Früher.« Es schien, als erkannte sie gerade die ganze Dimension ihres Traumes.

»Immerhin bleibt Dir die Hochzeitsnacht erspart.« Paul brachte den Satz eigentlich recht trocken, doch er bewirkte, dass alle drei trotz der Stimmung etwas lachen konnten.

»Du wirst auch diesem Kerl zeigen, was in Dir steckt.« Sie blickte auf Marias Cape. »Wollt ihr nicht vielleicht noch etwas spazieren gehen? Jetzt wo Du das Cape schon an hast?«

Es wäre sicher besser für Maria, wenn sie jetzt auf etwas andere Gedanken kommen würde. »Aber bleibt besser in Rufweite, wer weiß, was heute noch passieren wird.«

* * *

Sie waren noch nicht bei der Haustür, als es schon wieder am Tor klingelte. Mrs. Potter warf einen Blick durch das Fenster und stöhnte leise vor sich hin. »Noch eine von der Bande.« Doch dann erinnerte sie sich an die ermahnenden Worte ihrer Auftraggeberin und ließ deswegen ein »Der Baron« folgen.

Baron Harsumstal kam schnell näher. »Ich hoffe, ihr habt kurz etwas Zeit? Es hat sich etwas wichtiges ereignet.« Eine formale Begrüßung hatte er ausgelassen.

»Was führt Euch zu uns, Baron?« Mrs. Potter bemühte sich, neutral zu klingen.

»Ihr habt es sicher schon gehört,« seine Stimme klang leicht nervös, »meine Tochter hatte einen schweren Unfall.«

Die Erzieherin blickte ihn wissend an. »Ja, wir haben schon davon gehört.« In ihrer Stimme kämpften Schadenfreude und Mitleid miteinander.

Der Baron war weiterhin bemüht, den sorgenden Vater vorzugeben. »Die Ärzte sagen, dass sie auf keinen Fall an dem Fest teilnehmen kann und jetzt hoffe ich, Maria ist in der Lage, zu ihrem Wort zu stehen?« Er blickte Maria fragend an.

Diese wollte zunächst ihren Ärger über den Neffen loswerden. Sie erzählte, was sich gerade abgespielt hatte.

Der Vater von Sophie seufzte. »Ja, mein Neffe schießt da im Moment etwas quer. Ich werde ihm noch mal ins Gewissen reden.« Letzteres war nicht mal gelogen, Baron Harsumstal ärgerte sich gewaltig über den auf einmal so schwachen Punkt in seinem Plan. Er versuchte, seinen Köder auszulegen. »Ihr habt am Sonntag gesagt, Maria würde die Originalhaltung auch tragen können?«

Mrs. Potter ging ihm wieder auf den Leim, diesmal allerdings aus Eitelkeit. »Ich bin mir sicher, Maria würde das Gebet tragen können.«

Der Baron nahm dies erleichtert zur Kenntnis. »Heute Abend wäre eine außerordentliche Sitzung des Fest-Vorstandes. Wir wollen die Ersatzbesetzung für die Katerina besprechen. Es wäre sehr gut, wenn ihr kommen könntet.«

»Wann beginnt das denn? Maria muss heute noch ihren Sport machen.« Doch dann erinnerte sie sich an die Worte von Marias Mutter, die die Prioritäten neu gesetzt hatte.

»Es wäre gut, wenn ihr das verschieben könntet.« Der Baron nannte die Uhrzeit.

Mrs Potter wollte andererseits auch nicht das Gesicht verlieren. Sie blickte noch einmal streng auf Maria, dann auf die Uhr. »Das sollte gehen. Wir werden kommen.«

* * *

Es tat ihm zwar weh, aber er musste das einzige Druckmittel benutzen, welches er gegenüber seinem Neffen hatte. »Wenn Du weiter Geld zum Studieren bekommen möchtest, dann wirst Du beim Fest mit Maria tanzen, ist das klar?«

Franz-Ferdinand hatte außer chronischer Unlust nicht wirklich Argumente vorzubringen, warum es denn nicht gehen würde. Das eine Bürgerliche unter seine Würde sei, dass ließ der Baron nicht gelten. »Du sollst sie ja auch nicht heiraten, sondern nur das verdammte Fest mit ihr spielen.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch.

»Ist das dein letztes Wort?« Der Neffe glaubte noch, uneinsichtig sein zu können.

»Ich warne Dich, ich werde meinen gesamten Einfluss geltend machen, um dich von der Uni und der Burschenschaft auszuschließen, wenn Du jetzt quer schießt.«

Franz-Ferdinand musste schlucken. Er ahnte, dass sein Onkel nicht bluffte. Er hatte wirklich einflussreiche Kontakte, die er sonst sehr gewinnbringend zu nutzen verstand. Er begriff, dass er hier wohl den kürzeren ziehen würde. Er versprach, sich mit Maria abzufinden. Aber leicht würde er es ihr nicht machen.

* * *

Eigentlich bräuchte es die Namensschilder nicht, denn hier in Landsbach kannte doch jeder jeden. Doch es hob die Bedeutung der Versammlung und es gab dem Baron ein wenig Sicherheit, keinen vergessen zu haben. Zu seiner Überraschung hatten alle Angesprochenen die Teilnahme an dieser etwas überstürzt angesetzten Versammlung zugesagt. Alle bis auf seinen Neffen, dachte der Baron verärgert. Doch vielleicht hatte es auch etwas Gutes, das er fehlte, denn so konnte er nicht quer schießen. Nach seinem Auftritt bei Maria und vorhin bei ihm war dem Baron wichtig, seinen Neffen im Auge zu behalten. Er hoffte sehr, dass er ihn noch zur Vernunft bringen konnte.

Er nahm sich noch einmal die Tagesordnung zur Hand. Bei jedem der Punkte hatte er sich schon überlegt, wer da jeweils Einwände erheben könnte und wie er diesen begegnen würde. Es durfte jetzt nichts mehr schief gehen.

Das Schlagen der Rathausuhr erinnerte ihn daran, dass er vor der Sitzung seine neue Hauptdarstellerin noch etwas einweisen wollte. Er hoffte, dass Maria seiner Bitte um frühes Erscheinen folgen würde.

* * *

Diesmal konnte Maria sich selbst an dem Treppengeländer festhalten, als sie die Stufen zum Rathaussaal hinauf ging. Paul brauchte sie nicht festzuhalten. Doch dafür war sie ziemlich aufgeregt. Sie fragte sich, was der Baron wohl noch von ihr wollte. Aber sie war seiner Bitte um frühes Erscheinen gern nachgekommen.
Außerdem freute es sie, dass sie dafür ihren Sport ausfallen lassen durfte. Das war immerhin das erste Mal gewesen. Sonst hatte ihre Erzieherin immer sehr streng darauf geachtet, wunderte sich Maria.

Auch hatte sie diesmal nicht darauf bestanden, dass das Cape ordentlich verschlossen war. Im Gegenteil, sie hatte Paul und ihr sogar geraten, das Maria den Umgang mit dem Cape diesmal selbst probieren sollte. Maria hatte festgestellt, dass sie es ohne den Kragenriegel und mit offenen Durchgriffen bequem selbst an- und ausziehen konnte.

Als sie den großen Sitzungssaal betrat, kam ihr der Baron gleich entgegen und reichte ihr die Hand. Maria war sehr erleichtert, dass sie diesen Gruß korrekt erwidern konnte. Gleich darauf zogen sie sich ihr Cape aus und reichte es Paul, der schon den Arm danach ausgestreckt hatte. Sie flüsterte eine liebes »Danke« dazu.

»Bitte entschuldigt, dass ich Euch gleich so überfalle, aber wir haben nicht viel Zeit, bis die anderen eintreffen.« Die Stimme des Barons klang ziemlich nervös und angespannt.

Maria blickte ihn fragend an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

»Ich möchte Euch bitten«, seine Stimme hatte jetzt etwas verschwörerisches, »heute noch nichts von der Originalhaltung zu sagen. Die Versammlung soll erst mal davon ausgehen, dass ihr den Handschuh tragt wie die anderen Mädchen auch.«

Maria sagte ihm zu, daran denken zu wollen. Dann fiel ihr ein, dass sie ja auch ein Anliegen hatte. Sie hatte Paul mitgebracht, obwohl dieser nicht eingeladen war. Sie fragte, ob er bleiben könne.

Dem Baron kam diese Anfrage recht gelegen, denn so konnte er den freien Platz neben Maria kaschieren. Wenn Paul dort saß, gab es hoffentlich keine Fragen zu seinem Neffen. Es würde auf jeden Fall besser aussehen, als wenn der Platz des »Herzogssohns« leer bleiben würde.

Der Baron nahm eines der noch leeren Ersatztischkärtchen und fragte Paul nach seinem Namen. Dieser gab bereitwillig Auskunft und der Baron schrieb den Namen auf das Kärtchen. Das Feld mit der Funktion ließ er einfach leer. Dann bat er die beiden, sich schon einmal hinzusetzen. Die Anderen würden gleich kommen.

* * *

Paul nutzte die Wartezeit, um sich die einzelnen Namensschilder anzusehen. Die meisten der Namen sagten ihm nichts. Doch er war erstaunt über die verschiedenen Funktionen, die hier vertreten waren. Vier Leute kamen aus dem Katerinenfest-Vorstand, so stand es auf dem Schild, dann war ein Vertreter des Bürgermeisters da sowie einige Stadträte. Es wurde ihm so langsam bewusst, dass dies wohl eine wichtige Sitzung werden würde.

Es war ein ein Arzt der Unfallklinik anwesend sowie einige Vertreter der Sponsoren. Auch ein Orthopäde hatte seinen Platz sowie die Darstellerin vom letzten Fest. Paul war beeindruckt.

So nach und nach füllten sich die Plätze und als alle Platz gefunden hatten, stand der Baron auf und begrüßte die Anwesenden. Er kam sofort zu dem Unfall seiner Tochter und dass sie wohl für länger im Krankenhaus bleiben müsste. Er verwies auf den Arzt, der darüber berichten würde. »Deswegen habe ich diese Versammlung einberufen, damit wir entscheiden können, wie es mit dem Fest weiter gehen soll. Maria Beller wäre bereit, die Vertretung für Sophie zu übernehmen. Ihr Freund begleitet sie heute.«

Auf einmal richteten sich alle Blicke auf Maria. Sie blickte den Baron etwas unsicher an. Aufgrund einer kleinen Handbewegung des Barons stand Maria auf und verbeugte sich kurz. Es war ein kurzer zaghafter Applaus zu hören.

Der Baron sprach weiter. »Robert wird dann den neuen Ausbildungsplan vorstellen. »Er wies auf den Platz des zweiten Vorsitzenden. »Und die Meinung der Sponsoren wollen wir dann auch noch hören.« Er warf einen Blick auf die vier Herren gegenüber.

Dann verwies er noch auf die letzten beiden Punkte der Tagesordnung: »Noch anstehende Fragen und die endgültige Entscheidung werden wir dann unter »Verschiedenes« und »Beschlussfassung« abhandeln.«

Er warf einen Blick auf seine Notizen. »Dann möchte ich noch meinen Neffen entschuldigen, der heute keine Zeit hat.« Der ärgerliche Ausdruck in seinem Gesicht war nicht gespielt.

Er blickte einmal in die Runde. »Sind soweit alle einverstanden?«

Es kam kein Widerspruch.

»Dann würde ich sagen, dass wir direkt mit dem Bericht aus dem Krankenhaus beginnen.« Er bat den doch recht jungen Arzt um seinen Beitrag.
Der junge Mann stellte sich als der Assistenzarzt der Station vor, auf der Sophie lag. Er nahm seine Unterlagen zur Hand und blickte unsicher in Richtung des Barons. »Der Chef hat mir einen Bericht mitgegeben, denn könnte ich vortragen.«

Im Moment war der Baron noch etwas unsicher, in welche Richtung dies gehen würde. Es musste vor allem überzeugend sein, so dass keiner Sophies Zustand anzweifeln würde.

Doch als der Arzt mit dem Vorlesen begann, wusste er, dass der Chef der Klinik genau das richtige gemacht hatte. Es war ein anscheinend sehr ausführlicher Bericht, der mit medizinischen Fachausdrücken nur so gespickt war.

Doch schon nach dem vierten Satz wurde er vom zweiten Vorsitzenden unterbrochen. »Bitte sagen Sie uns doch einfach nur, ob die Baroness auf dem Fest spielen kann.«

Der Arzt wurde nervös und begann in den verschiedenen Seiten hin und her zu blättern. Schließlich hatte er etwas gefunden, was die Frage beantwortete. Vor Ende September sei nicht damit zu rechnen, dass die Patientin überhaupt in der Lage wäre, aufzustehen, zitierte er aus dem Bericht.

Der Baron bedankte sich sehr freundlich bei dem Arzt. Insgeheim war er sehr zufrieden. Besser hätte es wohl nicht laufen können.

Doch er blickte mit leichten Sorgen auf seine Notizen. An dieser Stelle hätte er eigentlich mehrere Kandidatinnen präsentieren müssen, aus denen dann die Beste ausgewählt werden würde. Er hoffte sehr, dass er dies mit den Problemen rund um Marias verkürzte Ausbildung kaschieren konnte.

Er räusperte sich, dann gab er das Wort an seinen Vertreter Robert Greinert weiter. Dieser stellte sich ebenfalls kurz vor, dann reichte er einen kleinen Stapel Papier weiter. »Ich habe hier mal einen Entwurf gemacht, wie eine verkürzte Ausbildung aussehen könnte.«

Er wartete, bis sich jeder ein Blatt genommen hatte. »Wir müssen bis zum USA-Aufenthalt fertig sein.« Er machte eine kleine Pause, damit sich jeder zurecht finden konnte.

Besonders Paul und Maria blickten sehr interessiert auf die Übersicht. Es hatte fast so etwas wie ein Stundenplan. Allein zehn Tanzstunden standen darauf, vier mal Sprachunterricht, diverse Termin bei den Sponsoren und mehrere Besuche beim Kunstschmied. Auch ein Probenwochenende war vorgesehen.

»Im Prinzip haben fast alle Lehrer die neuen Termine schon zugesagt.« Er betonte dies deutlich, als wolle er seine eigene Leistung herauszustellen. »Nur die Geschichtslehrerin habe ich noch nicht erreicht, da kämen dann noch drei oder vier Stunden dazu.«

So langsam dämmerte es Maria, dass sie in der nächsten Zeit wohl sehr oft mit Franz-Ferdinand zu tun haben würde. Sie stöhnte innerlich und fragte sich sofort, ob sie das wirklich durchhalten würde. Doch dann erinnerte sie sich an die Worte ihrer Erzieherin, die sie an das Schicksal und die Pflichten einer echten Prinzessin erinnert hatte.

»Maria?« die Stimme von Robert riss sie aus ihren Gedanken.

»Oh, Entschuldigung, ich habe nicht zugehört.« Maria war wirklich verlegen.

»Ich hatte euch gefragt«, die Stimme klang trotzdem nett, »ob ihr mit dem Plan zurecht kommen werdet.«

Maria musste erst kurz überlegen, dann kam ihre Stimme etwas leise. »Das werde ich schaffen.«

Robert sprach weiter. »Es wird sicher noch zu der einen oder anderen Verschiebung kommen, doch da sind alle sicher flexibel genug.« Er versuchte einen zuversichtlichen Eindruck zu machen. »Wir dürfen nur den fünfundzwanzigsten Juli nicht aus den Augen verlieren.« Das war Marias Flug nach Amerika.

Der Baron übernahm wieder das Wort und dankte seinem Vertreter für die schnelle und gute Arbeit. Zu Maria blickend, ließ er ein »Wir werden das schon schaffen« hören. Maria kam es fast vor, als hätte er ihr eben zugezwinkert. Dann gab er das Wort weiter an den Kassenwart.

Dieser stand auf und nahm ebenfalls ein Blatt Papier zur Hand. »Ich habe mit den Sponsoren Kontakt aufgenommen.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Sie möchten vor allem wissen, ob Maria Beller den Handschuh der Darstellerin überhaupt tragen kann, bevor sie weiteres entscheiden.«

Es entstand Gemurmel. Sophie hätte den Handschuh auch nicht tragen können, dies wusste eigentlich jeder. Deswegen war die Forderung der Sponsoren eigentlich eine Frechheit. Doch der Baron hatte genau diesen Einwand voraus gesehen.

Er wandte sich an Kerstin. »Liebe Frau Richards, habt ihr das gemacht, um das ich Euch gebeten hatte?«

Kerstin griff zu ihrer großen Tasche und machte sie auf. Sie nahm ein großes Lederbündel heraus und legte es auf den Tisch. »Das ist mein Handschuh vom letzten Fest.« Es war stets Brauch, dass die Darstellerinnen ihn als Erinnerungsstück behalten durften.

Der Baron blickte auf die Uhr. »Ich schlage vor, dass wir eine kurze Pause machen, dann wird Maria uns vorführen, dass sie diesen Handschuh tragen kann.«
Natürlich quälten den Baron noch leise Zweifel, ob Maria es wirklich schaffen würde. Er ging zu ihr und bot ihr an, zunächst in den kleinen Nachbarraum zu gehen.

* * *

»Hallo Maria«, Kerstin reichte ihr die Hand, »Ich freue mich für Dich. Du wirst das sicher schaffen.«

Maria hatte noch etwas Zweifel im Blick. Aber sie wollte ihr Bestes geben. Sie legte ihre Arme auf den Rücken.

Kerstin blickte Paul fragend an. »Magst Du kurz mit anfassen? Ich weiß nicht mehr genau, wie das ging, aber bei mir brauchte es immer zwei Leute zum Anlegen.«

Paul kam der Aufforderung gern nach. Immerhin hatte er schon etwas Erfahrung mit Marias seltsamen Handschuhen.

Maria spürte, wie sich auch diese Lederhülle ihre Arme hoch schob. Sie lächelte, als Paul ihr die Riemen über die Brust legte und wieder am Handschuh befestigte. Sie hatte bisher die Arme streng festgehalten, jetzt versuchte sie vorsichtig, sie etwas zu bewegen. Doch da sie überhaupt keinen Widerstand spürte, hielt sie ihre Arme wieder unter Spannung und blickte Paul an. »Du kannst ihn zumachen.«

Paul war ebenfalls erstaunt. »Der Handschuh ist komplett geschlossen.«

Kerstin blickte bewundernd auf Marias Arme. »Man, bist Du beweglich. So weit habe ich das nie geschafft. Ich konnte den Handschuh gerade so tragen.«

Maria wollte jetzt selber ausprobieren, wie viel Platz der Handschuh ihr bot. Sie löste die Anspannung und war erstaunt, als sie ihre Arme fast zehn Zentimeter auseinander nehmen konnte. ´Das ist ja ein Witz´, dachte sie bei sich, doch sie sprach es nicht aus, weil sie Kerstin nicht verletzten wollte.

Erst jetzt wurde Maria klar, dass sie zum ersten Mal einen Monohandschuh in Gegenwart von Fremden tragen durfte. Sie wurde nervös.

Auf einmal hatte Kerstin eine Idee. »Das machen wir ganz dramatisch.« Sie grinste und blickte Paul an. Sie reichte ihm ihr Halstuch. »Kannst Du, wenn ich es dann vor den anderen sage, Maria die Arme soweit zusammenbinden, wie sie sie vorhin hatte?«

Paul blickte etwas unsicher auf Maria. Doch diese hatte Kerstins Idee verstanden und fand sie gut. Sie wollte Paul ermutigen. »Probiere es einfach mal.«

Kerstin reichte Paul das Tuch und Paul legte es vorsichtig um ihre Unterarme knapp unter den Ellenbogen. Er zog vorsichtig zusammen. Maria machte ihm Mut. »Ich sage schon, wenn es zu weit ist.«

Es war nur noch ein ganz kleiner Spalt über, als Maria leicht stöhnte. Sofort hörte Paul auf zu ziehen und ließ das Tuch wieder ein klein wenig lockerer.

Kerstin war zufrieden. »Ja, das geht gut so.« Es war gut zu sehen, wie locker der Handschuh saß. »Das sollte sie überzeugen.« Sie kicherte. »Das wird gut.« Sie blickte Paul und Maria siegesgewiss an. »Macht einfach nur, was ich Euch sage, dann werden wir sie überzeugen.«

* * *

Zunächst ging nur Kerstin in den Raum.

Paul bleib anweisungsgemäß bei Maria zurück. Er warf einen Blick auf Maria. Kerstins Tuch war locker um ihre Schultern gelegt, so dass es bei einem Blick von hinten den Handschuh verbarg und vorn nur einen Blick auf die Riemen erlaubte.

Von draußen hörten sie Kerstins Stimme. »Maria kann den Handschuh tragen.«

»Das wollen wir schon sehen.« Es war einer der Sponsoren, der sich schon von Sophie ordentlich an der Nase herumgeführt fühlte.

Kerstin bat Maria herein zu kommen. Es waren zwar die Riemen zu sehen, aber der Blick auf den Handschuh war durch das Tuch verdeckte.

»Seht ihr, sie kann es doch nicht.« Es war derselbe Sponsor, der schon Zweifel geäußert hatte. »Er will uns schon wieder täuschen.«

Kerstin hatte mit einem Einwand dieser Art gerechnet. Sie hatte die Situation gut eingeschätzt. Jetzt wollte sie Maria den kleinen Triumph gönnen. »Sie haben Recht, meine Herren, der Handschuh passt doch nicht.«

Sie ging auf Maria zu und bat sie, sich umzudrehen, dann zog sie mit einem Ruck das Tuch von den Schultern. »Er ist zu groß!«

Sie blickte Paul an und reichte ihm das Tuch. »Jetzt.«

Paul nahm es entgegen und wie eben geprobt, band er es Maria um die Arme und zog ihre Arme bewusst sehr langsam zusammen. Jetzt hatte er verstanden, worauf es ankam.

Es waren erste Stimmen im Saal zu hören. »Nein, hör auf.« und »Wir glauben es.«

Doch Paul zog langsam weiter bis kurz vor den Punkt, bei dem Maria vorhin gestöhnt hatte. Er machte einen Knoten.

Der Baron hatte bisher nur still zugeschaut. Jetzt erhob er sich und ging auf Maria zu. »Danke für diese beeindruckende Vorführung. Wir sind sehr stolz auf Dich.« Er streichelte ihr leicht über den Kopf.

Marias Augen strahlten.

Doch der Baron wollte auch die letzten Zweifler herum kriegen. Er bat den Orthopäden, sich Maria in dieser Haltung anzusehen.

Der angesprochene Mediziner trat vor Maria und fragte sie, ob er sie mal berühren dürfe.

Maria nickte. Zu einer Antwort war sie im Moment nicht fähig.

Er tastete Maria vorsichtig an einigen Stellen ab, dann blickte er sehr zufrieden in Richtung des Baron. »Sie haben recht, Maria ist sehr gelenkig. Ich habe keine Einwände, wenn sie genügend Training bekommt.« Er blickte Paul an. »Kannst Du sie jetzt wieder befreien?«

Paul kam der Bitte gern nach, denn insgeheim war ihm diese Vorführung nicht ganz geheuer.

Nach dem er das Tuch entfernt hatte, ließ Maria ihre Arme kurz noch etwas in der vom Tuch aufgezwungenen Haltung, dann erst ließ sie locker.

»Den Handschuh auch?« Paul blickte fragend in Richtung Kerstin.

Sie kam auf Paul und Maria zu und gemeinsam öffneten sie Maria die Riemen. Paul zog den Handschuh von Marias Armen herunter.

»Darin hätte ich ja stricken können.« Maria flüsterte dies sehr leise in Richtung Paul. Dieser grinste, denn er wusste, wie Maria sonst die Arme hielt.

* * *

»Bitte nimm mich in den Arm.« Paul war Marias Bitte gern nachgekommen. Gemeinsam kamen sie von der Versammlung zurück. Sie waren auf dem Weg zu Pauls Oma, wo Maria heute noch die neue Trainingsjacke probieren wollte.

»Du warst echt toll.« Paul wollte etwas Nettes sagen.

Maria freute sich über das Lob. »Dabei habe ich doch eigentlich gar nichts gemacht.« Sie grinste.

Paul wollte Marias Leistung aber nicht schmälern lassen. »Aber Du hast durch die Vorführung alle überzeugt.« Er dachte laut darüber nach, dass dies wohl sehr wichtig für den Baron war.

Maria blieb stehen und drehte sich zu Paul hin. Sie strahlte sehr glücklich. »Ich habe den Handschuh zeigen dürfen.« Das war ihr sehr wichtig.

Paul schlang beide Arme um seine Freundin und zog sie an sich heran. »Ich bin sehr stolz auf Dich.«

Ihre Lippen trafen sich. Es wurde ein langer Kuss.

»Ich würde Dich auch gern umarmen.« In Marias Stimme klang etwas Sehnsucht.

»Na komm«, Pauls Stimme klang belustigt, »daran bist Du jetzt aber wirklich selber schuld.« Er erinnerte sie daran, dass sie die Ärmel tragen wollte.

Spielerisch kämpfte Maria mit ihren Armen in dem Cape. Es war sehr gut gearbeitet und Paul spürte, dass sie ihre Arme kaum bewegen konnte. »Ich weiß.« Maria grinste. »Du kommst ja nicht auf solche Ideen.« Sie blickte ihn herausfordernd an.

Paul kam ins Grübeln. »Ich dachte, Du machst das alles nur für Deine Mutter.«

Maria wurde ein klein wenig rot. »Naja, es gefällt mir aber auch, so wenig tun zu können.«

Paul war sich nicht sicher, ob er seine Freundin richtig verstanden hatte.« Du meinst, ich sollte Dich...« Er wusste nicht, was er genau sagen sollte. »Und Du magst es?«

Maria blickte ihn mit leuchtenden Augen. »Bei Dir fühlt sich das ganz anders an als bei ´ihr´.« Ihre Stimme zitterte. »Es ist so aufregend.«

In diesem Moment war das Schlagen einer Kirchturmuhr zu hören.

Maria seufzte. »Wir müssen weiter gehen. Ich will sie gleich anrufen.«

69. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 16.01.14 12:13

Ich Plädiere dafür diesen Schnösel von Neffen Abzusetzen und Paul die Rolle des Prinzen zu geben.
Maria Vertraut ihm und fühlt sich wohl bei ihm wenn sie so Eingeschränkt ist.
Außerdem scheint dieser Freiherr wohl keine Manieren zu kennen oder Bildet sich sonst was auf seinen Titel ein. Man geht nicht so einfach in ein Fremdes Haus und Veranstaltet dann so ein Theater. Doros Bemerkung: "Noch einer von dieser Bande" fand ich sehr Amüsant.
Das Maria im Handschuh von Kerstin Stricken könnte glaub ich allerdings nicht, aber Maria wollte wohl nur Feststellen wie weit die Beweglichkeit im Handschuh war.
Vielleicht sollte man den Neffen mal ins Dschungelcamp schicken und einige Prüfungen machen lassen.
70. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 16.01.14 15:41

Wieder eine tolle Fortsetzung .
Dieses mal war es für den Baron mal ein erfolg , bin gespannt wie es weiter gehen wird .
71. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 16.01.14 19:43

Wieder eine tolle Fortsetzung .... allerdings wäre ich dir nicht böse wenn du diesen widerwärtigen Neffen von Adelauch verunglücken lassen würdest .... an ihre Seite gehört Paul ... und nicht so ein unerzogener Rotzbengel
72. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 17.01.14 01:06

Eine wirklich gelungene Fortsetzung
73. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Vierter und letzter Teil

geschrieben von gag_coll am 17.01.14 06:37

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Vierter und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Oma Selma saß wieder draußen auf ihrer Bank, als Paul mit Maria im Arm vor dem Haus ankam. Sie sah schon mit dem ersten Blick, dass sich etwas besonderes ereignet haben musste Selma unterdrückte ihre Neugier und hieß die beiden erst mal herein kommen.

Maria war wie immer sehr pflichtbewusst. »Darf ich sie bitte an anrufen? Ich soll ihr sofort berichten.«

Oma Selma warf einen Blick auf Maria, dann musste sie lächeln. »Sollte Dir Paul nicht erst mal das Cape ausziehen?«

Maria musste auch lächeln. Sie hatte fast etwas enttäuschtes im Blick. »Ja, das wäre wohl besser.«

Paul kam der Bitte nach, dann zeigte er Maria, wo das Telefon stand.

Selma bat Maria, von ihr Grüße zu bestellen, dann bat sie Paul nach draußen. »Ich wollte Dir noch etwas sagen, bevor Maria die Jacke probiert.« Ihre Stimme klang fast etwas geheimnisvoll.

Paul blickte sie aufmerksam an.

»Marias erste Erfahrung in der Jacke muss unbedingt etwas positives sein.« Sie hörte sich sehr wichtig an. »Nimm sie zärtlich in den Arm und streichle sie.«

Paul war ernsthaft bemüht, den Gedanken seiner Oma zu folgen. »Küssen darf ich sie wohl nicht?«

»Zwinge es ihr nicht auf, aber gehe darauf ein, wenn sie es möchte.« Selma wollte Paul gut vorbereitet haben. »Es kann sein, dass Maria wieder kommen wird.«

Paul musste erst einen Moment überlegen, bevor er wusste, was seine Oma meinte. Er wurde rot.

»Es ist sehr wichtig, dass sie jetzt in der Jacke etwas schönes erlebt. Später wird sie es sehr schwer haben, also mache es ihr jetzt leicht.«

Paul fühlte einen großen Druck auf sich lasten und er hoffte, immer das richtige zu tun.

Seine Oma schien seine Sorgen zu spüren. »Ich bin ja in der Nähe. Sei einfach sehr aufmerksam.«

Maria kam nach draußen. »Sie lässt ebenfalls schön grüßen.«

Oma Selma bedankte sich. »Und wie war es jetzt auf der Versammlung? Was hat der Baron gemacht?«

»Oh, es war sehr gut vorbereitet.« Paul und Maria waren sich da einig. Paul zeigte seiner Oma den Plan für Marias weitere Ausbildung.

Oma Selma warf einen kurzen Blick darauf, dann blickte sie Maria leicht bedauernd an. »Das wird aber nicht einfach.«

Maria war zuversichtlich. »Ich werde es schaffen.«

Pauls Oma fragte nach den Geschehnissen.

Ihr Enkel erzählte von der guten Vorbereitung und dem Verlauf. »Und gegen Ende kam die große Abstimmung. Es waren sich alle einig und Maria wurde einstimmig gewählt.«

Maria ergänzte: »Nur der Kassenwart bat sich einen Vorbehalt aus. Ich soll mich sobald wie möglich bei den einzelnen Sponsoren vorstellen.«

»... mit dem Handschuh.« Sogar in Pauls Stimme klang jetzt Stolz mit.

Oma Selma nickte mit dem Kopf. »Ja ja... Das liebe Geld.«

Maria griff Pauls Einwurf auf. »Ich darf dabei den Handschuh sogar tragen.« Ihre Augen strahlten.

Oma Selma blickte Maria nachdenklich an. Doch sie sagte nichts, stattdessen nahm sie Marias neue Trainingsjacke zur Hand. »Wir könnten sie dann probieren. Aber dazu gehen wir rein.«

Oma Selma hatte die Jacke auf den Tisch gelegt und zeigte Maria und Paul die Änderungen, die sie gemacht hatte. »Ich habe hier an den beiden Schultern eine jeweils eine Schlaufe angebracht, damit die Riemen nicht von den Schultern rutschen können.« Sie zeigte auf das aufgenähte Stück. »Und die Riemen an den Händen habe ich ausgetauscht.« Sie breitete die Ärmel aus und holte die Riemen an den Fingerspitzen hervor. »Jetzt sind die beiden Riemen gleich lang.«

Marias Augen leuchteten. »Ich bin ja sehr gespannt.«

Oma Selma drehte die Jacke um. »Die anderen Riemen sind unverändert. Die können wir so brauchen, wie sie schon waren.« Sie machte noch darauf aufmerksam, dass in den Riemen zum Festschnallen der Arme noch ein paar Löcher fehlen. »Die müssen wir jetzt noch anbringen.«

Sie hatte ein paar Büroklammern als Markierungen vorbereitet. Sie wandte sich an Paul. »Könntest Du bitte mal die Lochzange aus der Werkstatt holen?«

Paul kam der Bitte gern nach. Er verließ den Raum.

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, als Selma etwas auf Maria zu ging. Sie versuchte ihre Stimme bewusst liebevoll und zärtlich klingen zu lassen, obwohl sie Pauls Freundin etwas ziemlich heikles fragen wollte. »Maria, wann trägst Du den Keuschheitsgürtel? Wie oft meine ich.«

Maria musste zunächst schlucken, doch dann spürte sie irgendwie, dass sie zu Pauls Oma Vertrauen haben konnte. »Ich soll ihn eigentlich immer nur tragen, wenn ich draußen bin. Daheim müsste ich ihn nicht tragen. Doch oft ist es praktischer, wenn ich ihn tagsüber gar nicht erst ablege.«

Selma begriff. »Er ist also vorrangig zu Deinem Schutz?«

Maria fühlte sich verstanden. »Ja, genauso wie dieser seltsame BH auch. Im Training bin ich oft recht hilflos.«

»Und in der Nacht?« wollte Selma wissen.

Maria spürte, wie sie leicht rot wurde. »Da brauche ich ihn nicht zu tragen.« Sagen tat sie mit ihren Worten aber viel mehr.

»Warum trägst Du die Schenkelbänder?«

Maria seufzte. »Die gehören zum Programm. Wegen der damenhaften Bewegung.« Ein winziges bisschen Spott klang in ihrer Stimme mit.

»Weiß Paul schon davon?« Selma dachte an ihren Enkel.

Auf einmal wurde Maria traurig. »Nein.« Sie seufzte. »Und ich weiß auch immer noch nicht, wie ich ihm das erklären soll.«

Selma schien eine Idee zu haben. »Dürfte er es denn wissen?«

Maria dachte nach. »Eigentlich schon.«

Ein Lächeln glitt über das Gesicht von Pauls Oma. »Vertraust Du mir?«

Das »Ja« von Maria klang noch recht unsicher.

»Dann lass mich nur machen.« Im Gegensatz zu Maria klang Selma Stimme sehr zuversichtlich. »Was trägst Du denn darunter?«

»Einen ganz normalen Gymnastik-Anzug.« Maria wunderte sich.

In diesem Moment ging die Tür auf und Paul kam mit der Lochzange zurück.

Selma dankte ihm, dann nahm sie die Jacke zur Hand und erklärte, worauf es jetzt ankam. »Wir wollen ausmessen, wo wir in den Armriemen Löcher brauchen. Aber dazu muss Maria die Jacke einmal anziehen.«

Sie drehte sich fast etwas übertrieben zu Maria hin. »Zieh Dir bitte Rock und Bluse aus, dann ist es leichter.« In Wirklichkeit konnte sie so Maria zuzwinkern, ohne das Paul es sehen konnte.

Maria war im ersten Moment sehr erschrocken, doch dann erinnerte sie sich an die Bitte um Vertrauen. Sie knöpfte sich also langsam die Bluse auf, zuerst die Knopfleiste, dann die Knöpfe an den Ärmeln. Der Stahl-BH kam zum Vorschein, und das Schloss, mit der er verschlossen war, war recht deutlich zu sehen.
Ohne weiteres Zögern zog Maria den Reißverschluss ihres Rockes auf und ließ diesen mit einer gewissen Dramatik zu Boden fallen. Sie stieg heraus und bückte sich, um ihn aufzuheben. Sowohl der Keuschheitsgürtel als die Schenkelbänder waren nicht mehr zu übersehen. Zumal sich das Metall deutlich von dem Sporttrikot abhob.

Paul wurde mit jeder Bewegung von Maria nervöser. Er blickte ziemlich irritiert zwischen Maria und seiner Oma hin und her. Es war gleich doppelt verwirrt, zum einen natürlich von Marias sehr seltsamer Stahl-Unterwäsche, aber nicht minder davon, das seine Oma überhaupt keine Reaktion zeigte, sondern so tat, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, dass Maria ihre seltsame Metallunterwäsche zeigte.

»Hilfst Du Maria bitte beim Anziehen?« Oma Selma reicht Paul die Jacke. »Ich bereite das Maßnehmen vor.«

Es war Paul anzusehen, dass es ihn sichtlich irritierte. Seine Hände zitterten.

Doch auch in Maria war eine gewaltige Anspannung zu spüren. Es war die Anwesenheit von Selma, welche bei ihnen beiden beruhigend wirkte.

Paul hielt Maria die Jacke so hin, dass sie ihre Arme in die engen Ärmel stecken konnte. Dann kniete er sich vor sie hin und schloss den Reißverschluss Jetzt hatte er sein Gesicht direkt vor ihrem Stahl-Höschen, doch er sagte nichts.

Oma Selma hatte ihm heimlich aus den Augenwinkeln zugesehen. »Die Riemen zwischen Beinen bitte auch, jetzt brauchen wir die.«

Paul nahm die Riemen, die vorn an der Jacke angebracht waren in die Hand, doch dann ließ er sich wieder los und blickte zu seiner Oma hin. »Das kann ich nicht.« Seine Stimme zitterte.

Selma war bemüht, ihre Stimme sehr bestimmt und doch auch liebevoll klingen zu lassen. »Bitte trau Dich. Genau dafür trägt Maria doch den Keuschheitsgürtel. Damit ist sie sicher geschützt und du tust ihr nicht weh.«

Hätte Paul in diesem Moment auf Maria geblickt, dann hätte er gesehen, wie sie bei dem Wort ´Keuschheitsgürtel´ zusammenzuckte. Doch er wandte nur langsam seinen Blick wieder zurück zu Maria. Seine Hände zitterten sehr, als er die beiden Riemen durch ihre Beine zog.

Maria hielt in diesem Moment den Atem an. Gewiss, durch den Gürtel spürte sie im Schritt keine der Berührungen der Riemen. Aber ihre Schenkelinnenseiten waren nicht geschützt und jede Berührung von Paul ließ Blitze durch ihren Körper schießen. Sie biss sich auf die Lippen, um ein Stöhnen zu vermeiden. Sie wollte es Paul nicht noch schwerer machen.

Pauls Oma war an ihn herangetreten und prüfte die Spannung der Riemen. Sie bat ihn, es noch zwei Löcher enger zu machen. »Es ist wichtig, dass die Jacke von unten gut festgehalten wird.«

Maria fragte sich in diesem Moment, wie es wohl sein würde, wenn sie die Jacke mal ohne den schützenden Gürtel tragen würde. Ein seltsames Ziehen ging durch ihren Bauch.

Paul stand auf und blickte Maria verwundert an. Er rang sich ein »Trägst Du immer so etwas?« heraus.

Marias Stimme war sehr leise, als sie ihm antwortete. »Immer wenn ich raus gehen möchte.«

Oma Selma hatte den beiden zugesehen und war mit dem Ablauf sehr zufrieden. Sie hatte nicht weiter eingreifen müssen und Paul hatte sehr gut reagiert. »Gut, dann wollen wir mal maßnehmen.«

Sie bat Maria, ihren Arm so auf den Rücken zu legen wie sie es auf der Zeichnung gesehen hatte. Maria schaffte dies fast bis zum Schulterblatt.
Selma nahm den langen von ihr angebrachten Riemen und schob ihn unter der Lasche auf der Schulter durch. Sie bat Paul, ihn doch vorn durch die Schnalle zu ziehen. »Bitte festhalten.«

Das gleiche tat sie mit Marias anderem Arm. Diesmal hielt sie selber den Riemen in der Schnalle fest. Sie nahm die bereitgelegten Büroklammern und markierte die Stelle auf dem Riemen. »Hier müssen die Löcher anfangen«

Sowohl Paul als auch Maria begriffen, was sie meinte.

Selma blickte Maria fragend an. »Welchen Arm sollen wir nehmen?«

Maria war der linke Arm lieber.

»Ich möchte jetzt noch wissen, wie weit wir die Riemen noch kürzen können. Dazu soll Paul den Arm noch einmal hoch drücken.« Sie erinnerte das Liebespaar daran, wie sie es gestern gemacht hatten.

Maria biss die Zähne zusammen und wollte gerade mit einem leichten Stöhnen beginnen, als Selma auch schon ein »Danke« sagte. Paul ließ sofort wieder los und Marias Arm lockerte sich.

Selma war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Sie bat Maria, die Jacke noch einmal auszuziehen. Maria lächelte und blickte Paul fragend an. Selma bemerkte ihren Fehler und lächelte. »Oh sorry, ja, bitte Paul, die Jacke noch einmal ausziehen. Ich muss damit noch mal an die Maschine.«

Das wäre zwar nicht nötig gewesen, aber Selma sah eine gute Gelegenheit, Paul und Maria sich ein wenig mit Marias seltsamer Unterwäsche befassen zu lassen. Sie bot den beiden an, sich auf das Sofa zu setzen, während sie mit der Jacke auf die Nähmaschine zu ging. »Ich werde die Enden der Riemen noch kürzen und vernähen.«

* * *

Paul war immer noch sehr verwirrt wegen der Ereignisse. Besonders die sehr seltsame Unterwäsche aus Metall irritierte ihn sehr. Natürlich hatte er im Museum mal so etwas wie einen Keuschheitsgürtel gesehen, doch er hielt das bisher für ein Relikt aus der Vergangenheit.
Aber er genoss nach wie vor die Nähe zu Maria. Sie saßen zusammen auf dem Sofa und blickten beide interessiert zu Selma. Paul traute sich nicht, den Arm um Maria zu legen und Maria traute sich nicht, darum zu bitten. Irgendwie lag eine viel zu große Anspannung in der Luft.
Nur gelegentlich warf Paul einen Blick auf Marias so seltsam verpackten Körper. Schließlich rang er sich zu einer Frage durch. »Trägst Du das in der Schule auch?«

Maria war nicht ganz klar, was Paul genau meinte, aber er konnte eigentlich nur ihre Stahl-Unterwäsche meinen. Sie wackelte etwas mit den Beinen, um die Kette etwas in Bewegung zu bringen. Als Paul seinen Blick darauf gerichtet hatte, sagte mit leiser Stimme. »Das brauche ich nicht, wenn ich einen engen Rock trage.«

Die beiden Metallringe um die Oberschenkel hatte Paul schon heute Nachmittag gesehen, doch in der Hektik hatte er keine Zeit gehabt sich darüber zu wundern. Jetzt konnte er die Schenkelbänder in aller Ruhe betrachten und besonders fiel ihm die kurze Kette zwischen den Beinen auf. Er erkannte endlich, warum Maria immer nur so kleine Schritte machen konnte. Er rang sich ein »Du bist sehr tapfer« ab.

Nur ganz langsam wich Marias Anspannung und ein wenig Glücksgefühl nahm den Platz ein. Sie drehte sich zu ihm hin. »Danke«

Selma hantierte weiter ziemlich umständlich mit der Jacke herum. Sie wollte den beiden noch etwas Zeit lassen, ihre Erlebnisse zu verdauen.

Maria wurde mutig. »Du kannst es ruhig mal anfassen. Ich spüre davon nichts.«

Pauls Hand zitterte sehr, etwas als sie sich Marias Busen näherte. Erst als er realisierte, das er wirklich nur Metall spürte, ließ seine Nervosität etwas nach.

* * *

Selma stand auf und fragte Paul nach der Lochzange.

Paul und Maria standen beide vom Sofa auf. Paul blickte sich im Raum um und holte die Zange von der kleinen Anrichte.
»Ich denke, dass machen wir zu dritt. Paul macht die Löcher, ich halte den Riemen fest und Maria, bitte halte das Maßband.« Selma wusste, das sie natürlich auch die Löcher hätte anzeichnen können, doch sie wollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Paul und Maria erreichen. »Bitte alle eineinhalb Zentimeter ein Loch genau in die Mitte.«

Insgeheim lächelte sie. Das wäre natürlich auch leichter gegangen, aber es war sehr schön anzusehen, wie konzentriert die beiden zusammen bemüht waren, die Löcher akkurat in die Mitte und im richtigen Abstand zu setzen. Vergessen waren Keuschheitsgürtel und Schrittbänder. Selma war sehr zufrieden.

Nach dem der zweite Riemen mit den gleichen Löchern versehen war, blickte Selma noch einmal auf ihre beiden Schützlinge. Sie schienen sich beruhigt zu haben. Besonders Maria machte einen sehr gelösten Eindruck und Paul schien sich auch gut unter Kontrolle zu haben.

»Dann wollen wir die Jacke mal ausprobieren.« Sie war bemüht, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, doch auch Selma war in diesem Moment etwas aufgeregt. Das Vorhaben von Pauls Freundin war doch etwas außergewöhnliches.

Marias Augen leuchteten. Sie blickte noch einmal an sich herunter und konnte es immer noch kaum glauben. Sie trug ihr Keuschheitsgeschirr in der strengen Variante und Paul hatte sich nicht daran gestört. Ein großer Stein war ihr damit vom Herzen gefallen.

Selma reichte Paul die Jacke. »Hilfst Du Maria bitte beim Anziehen? Ich schaue dann noch mal, ob alles richtig sitzt.« Sie überlegte einen Moment. »Die Arme machst Du bitte noch nicht fest.«

Es kam Paul schon sehr seltsam vor, von seiner Oma hier so befremdliche Anweisungen für seine Freundin zu bekommen, doch als er Maria anblickte, sah er, dass sie auch auf seine Taten wartete.
Seine Herz klopfte laut, als er Maria die Jacke hin hielt.

Maria war ebenfalls sehr aufgeregt, als sie ihre Arme in die Ärmel steckte, die ihr Freund bereit hielt.

Paul zog die Jacke hoch und legte sie um Marias Schultern. Dann trat er vor sie und schloss den Reißverschluss Diesmal ließ er sich von dem Keuschheitsgeschirr gar nicht mehr irritieren.

Selma war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. »Die Riemen zwischen den Beinen bitte auch, die sind jetzt wichtig, weil die Arme am Gürtel ziehen werden.«
Pauls Hände zitterten etwas. Es war noch lange nicht selbstverständlich, dass er seine Freundin einfach so in eine Zwangsjacke einsperren würde und entsprechend groß war sein Respekt. Ohne den Stahlgürtel zwischen Marias Beinen hätte er das Anlegen der Schrittriemen vermutlich abgelehnt. So wusste er zumindest, dass Maria davon nichts spüren würde und das beruhigte ihn.

»Fertig.« Seine Stimme zitterte noch mehr als seine Hände.

Beide blickten Selma mit Spannung an. Jetzt würde es passieren.

Pauls Oma trat langsam hinter Maria und bat sie um einen Arm. Paul sollte sich vor Maria aufstellen und bereit sein.

Maria legte einen Arm auf ihren Rücken, so wie sie es schon beim Maßnehmen gemacht hatte.

Selma war mit der Armhaltung schon recht zufrieden. Sie nahm den Lederriemen an den Fingerspitzen und schob ihn durch die Lasche über der Schulter. Sie bat Paul, ihn ganz langsam nach vorn zu ziehen.

Paul kam der Bitte nach. Knisternde Spannung lag im Raum. Auf einmal spürte Paul Widerstand. Er hörte auf zu ziehen.

»Bis hier hin erst mal.« Auch die Stimme seiner Oma verriet etwas von ihrer Anspannung. »Bitte führe den Riemen jetzt in die Schnalle am Gürtel. Auf der anderen Seite.«

Paul schaute einmal auf den Gürtel und wusste, wie es gemeint war. Er zog den Riemen durch die Schnalle und fragte mit leiser Stimme. »Gleich ins erste Loch?«

Selma ließ Maria dies entscheiden, doch diese war unentschlossen. Sie schob ihren Arm etwas nach oben. »Welches Loch wäre das?«

Paul zog den Riemen etwas an und schaute nach. »Das wäre das zweite.«

Marias Stimme klang in diesem Moment mutig. »Dann bitte das vierte.«

Doch Selma widersprach. »Maria, Du solltest es gerade am Anfang langsam angehen. Das zweite Loch reicht.«

Im ersten Moment war Maria enttäuscht, doch dann nahm sie den Rat von Pauls Oma an. »Gut, das zweite.«

»Jetzt bitte den anderen Arm.« Selma kam Maria zu Hilfe, den sie musste ja jetzt den zweiten Arm über den ersten Arm darüber legen.

Maria spürte, wie Paul auch diesen Riemen fest zog. Jetzt konnte sie die Anspannung aus ihren Armen lösen und trotzdem blieben diese in ihrer Position. Marias Atem ging etwas heftiger. Die neue erzwungene Haltung war sehr aufregend.

Selma ahnte, das es wohl nicht mehr lange dauern würde, bis Maria kommen würde. Sie bat sie, sich jetzt auf das Sofa zu setzen. Paul sollte sie dabei begleiten.
Selma gab Paul ein Zeichen und dieser legte seinen Arm um Maria. Zärtlich begann er Maria zu streicheln.

Marias Atem ging heftiger. Die sehr gelöste Stimmung und das Vertrauen zu Paul und seiner Oma erlaubten ihr, sich in ihre Gefühle fallen zu lassen. Sie war sehr erregt. Pauls Berührungen elektrisierten sie. Sie schloß die Augen und keuchte. Ein Zittern ging durch ihren Körper.

Maria drehte ihren Kopf etwas unsicher zu Paul und blickte ihn verliebt an. Langsam kamen ihre Lippen sich näher.

* * *

Selma blickte zufrieden auf das Liebespaar auf dem Sofa. Es war genauso gekommen, wie sie es vorausgeahnt hatte. Maria war nach ihrem Höhepunkt sehr glücklich und ließ sich in ihrer Wehrlosigkeit von Paul verwöhnen.

Oma Selma schaute auf die Uhr. Zulange sollten Marias Arme beim ersten Mal nicht in dieser Haltung gefangen sein. Es tat ihr zwar etwas weh, aber sie musste die romantische Stimmung jetzt unterbrechen. Sie ließ ihre Stimme bewusst leise klingen. »Für heute soll es genug sein.« Als sie Marias enttäuschtes Gesicht sah, fügte sie hinzu. »Gerade am Anfang darfst Du es nicht übertreiben.«

Maria sah es ein und seufzend bat sie Paul, ihr die Arme wieder zu befreien.

Paul war noch ganz benommen von den Ereignissen, deswegen kam er der Bitte nur langsam nach. Zu viel war auf ihn eingeströmt, als das er noch normal denken konnte. Ihm kam es vor, als würde er träumen.

»Aber ich bin mir ziemlich sicher«, jetzt war die Stimme von Selma wieder normal, »dass Du das Gebet auf dem Rücken schaffen wirst.«
Maria blickte sie etwas unsicher an. Sagen konnte sie noch nichts.

»Aber eben hat Maria es doch schon fast geschafft.« Paul streichelte Maria noch einmal sehr zärtlich.

»Ja schon,« Selma lächelte verständnisvoll, »aber auf dem Fest müssen die Arme über mehrere Stunden so getragen werden. Und das muss lange und hart trainiert werden.«

Maria drehte sich noch einmal zu Paul und küsste ihn. »Danke.«

Selma tat es zwar etwas weh, aber es war ihr wichtig, dass Maria gut vorbereitet war. »Es wird sehr schwer für Dich werden. Du wirst viel Kraft brauchen. Aber Du kannst es schaffen.«

Zu einer Antwort war Maria nicht fähig, doch ihr Blick zeigte Entschlossenheit.
74. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 17.01.14 13:26

Gratuliere zur gelungenen Fortsetzung der Geschichte.
Ich muß sagen du weißt wie man die Spannung aufrecht hält . Ich bin gespannt wie es weiter geht .
75. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 18.01.14 20:09

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

»Freitag ist sicher etwas kurzfristig, aber vielleicht könnten Sie es trotzdem einrichten?« Die Stimme am Telefon klang ernsthaft bemüht, aber zugleich auch entschuldigend.

»Das ist ja schon Morgen.« Im ersten Moment war Mrs. Potter fast empört, doch dann schien sie darüber nachzudenken. »Ich muss heute ohnehin noch einkaufen, ich denke es lässt sich einrichten.«

»Maria würde sich sicher sehr freuen.« Die Stimme strahlte eine gewisse Begeisterung aus. »Es wäre wirklich gut, wenn sie es möglich machen könnten.«

Schließlich sagte Mrs. Potter es zu. »Sie wird eine schwere Zeit vor sich haben, dann wäre es vielleicht gut, wenn es mit so etwas Schönem anfängt.«

Sie verabschieden sich und legen auf. Mrs. Potter nahm sich ihren Einkaufzettel und überlegte. Dann griff sie zu einem Stift und schrieb noch einiges dazu. Wieder klingelte das Telefon. Sie ging ran.

* * *

Andrea lauschte dem Klingelton und fragte sich zweifelnd, ob sie diesmal wohl mehr Glück haben würde. Ihre bisherigen Versuche bei der Baroness waren mehr als nur frustrierend verlaufen. Dieses arrogante Biest hielt es nicht für nötig, sich an irgendwelche Absprachen oder Termine zu halten.

Es wurde abgenommen. Andrea erschrak, als sie die sehr strenge Stimme von Mrs. Potter hörte. Sie fühlte sich irgendwie total eingeschüchtert. Doch diesmal wollte sie sich nicht unterkriegen lassen. Sie musste sich erst etwas räuspern. »Mein Name ist Andrea Baselitz. Ich bin Reporterin vom Landsbacher Boten und mache eine Reportage über die Katerina.«

Mrs. Potter stellte sich dumm. »Und was wollen sie dann von uns?«

Andrea spürte, dass sie es auch hier schwer haben würde. Doch diesmal wollte sie sich nicht abwimmeln lassen. »Baron von Harsumtal hat mir gesagt, dass Maria Beller die Vertretung für seine Tochter übernehmen würde.« Sie holte noch einmal Luft. »Er hat mir diese Nummer gegeben und ich würde gern ein Interview mit Maria als der künftigen Katerina machen.«

Mrs. Potter seufzte innerlich. Das mit der Presse gefiel ihr gar nicht, denn sie ahnte, dass dies sicher nur der Anfang sein war. Sobald bekannt sein würde, das Maria die Rolle der Grafentochter übernehmen wird, würde die Presse auf sie ein stürmen.

Auf der anderen Seite schrieb Maria morgen die wichtige Mathearbeit, und da wäre ein wenig Ablenkung bestimmt nicht schlecht. Immerhin hatte diese Andrea eine sehr sympathische Stimme. Lieber jetzt, und mit einer netten Reporterin als später mit einer unsympathischen! »Sie könnten heute Nachmittag zum Kaffee vorbei kommen.«

Sie überlegte, ob sie jetzt schon Marias Training erwähnen sollte, doch dann gab sie den Gedanken wieder auf. Das war noch zu früh.

Andrea war erleichtert. Diese Einladung klang sehr viel anders als die Plattheiten und Ausreden, die sie sich bisher bei der Baroness und ihrem Vater hatte anhören müssen. Irgendwie spürte sie eine recht unprofessionelle Vertrautheit. »Ich könnte etwas Kuchen mitbringen.«

»Wann werden Sie kommen?«

Andrea schlug eine Uhrzeit vor.

Mrs. Potter dachte kurz nach, dann sagte sie, dass dies gehen würde. Dann verabschiedeten sie sich.

Insgeheim freute sich Marias Erzieherin über die neue Aufgabe für ihren Schützling. Es würde sehr gut zeigen, wie das Programm bisher schon gewirkt hatte. Mrs. Potter war sehr gespannt, wie Maria sich als Katerina geben würde und wie gut sie mit den Einschränkungen der Rolle klar kommen würde. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr war sie über die Reporterin erfreut, denn so gab es Maria die Gelegenheit, sich langsam an den Aspekt zu gewöhnen, dass sie zukünftig mit ihrer doch recht strengen Fesselung in der Öffentlichkeit stehen würde.

Sie nahm sich noch einmal ihren Einkaufszettel zur Hand und schrieb ein paar weitere Sachen auf die Liste. An der Wand hing der neue Ausbildungsplan für Maria. Mrs. Potter warf einen Blick darauf und sah, dass für heute ein Tanztraining angesetzt war. Der Kurs wurde vom hiesigen Sportverein veranstaltet, und deswegen fragte sie sich, was Maria dort wohl lernen würde. Eigentlich konnte es im Rahmen des Festes nur um historische Tänze gehen. Doch darüber wusste sie bisher nicht viel.

Sie freute sich sehr über Marias neue Aufgabe. Insgeheim, auch wenn sie dies niemals zugeben würde, war sie froh, dass sich endlich mal etwas Abwechslung für Maria ergeben würde. Ihre Mutter hatte ihr die neuen Prioritäten mitgeteilt und dies bedeutete eben sehr viel zusätzliches Lernen und Zusatzunterricht verschiedenster Art. Teilweise waren sogar mehrere Termine an einem Tag angesetzt.

Sie wusste zwar immer noch nicht so ganz genau, was von Maria genau erwartet wurde, doch sie war entschlossen, Maria auf dem Weg zum Fest in jeder Hinsicht beizustehen.

* * *

Paul ging langsam neben Maria her und dachte nach. Seit er gestern Marias Keuschheitsgürtel und die Schrittbänder gesehen hatte, wusste er, warum seine Freundin nur so kleine Schritte machen konnte. Doch gerade deswegen war er sehr stolz auf Maria, denn es beeindruckte ihn sehr, wie gut sie mit ihrem Schicksal umzugehen wusste Trotzdem fragte er sich um so mehr, warum Maria dies alles auf sich nahm.

Doch er hatte noch nicht den Mut, diese Frage auch auszusprechen. »Du warst gut heute.« Paul dachte an den Matheunterricht. »Herr Peters hat dich sogar gelobt.«

Maria lächelte, trotzdem war sie noch unsicher. »Wie wird es morgen laufen?« Sie seufzte und dachte an die so wichtige Mathearbeit.

Sie gingen schweigend weiter. Paul war sehr zuversichtlich, dass Maria diesmal eine gute Note bekommen würde.

* * *

Mrs. Potter stand schon an der Haustür und begrüßte sie. »Wie war es heute?« Auch sie war an Marias schulischen Leistungen interessiert.

Maria war zurückhaltend. »Es lief gut.«

»Maria hat sogar ein Lob von Herrn Peters bekommen.« Paul ahnte, dass Maria dies in ihrer Bescheidenheit vermutlich verschweigen würde.

Mrs. Potter freute sich darüber. Dann berichtete sie, dass sich für heute Nachmittag eine Reporterin angesagt hatte.

Maria war enttäuscht. »Schade, ich wollte doch die neue Jacke ausprobieren.« Es war ihr anzusehen, dass sie sich auf den geplanten Spaziergang sehr gefreut hatte.

Paul schien nachzudenken. »Wann will die Reporterin denn kommen?«

Mrs. Potter nannte die Uhrzeit. Paul blickte einmal auf seine Uhr und einmal auf Maria. Dann ging ein Leuchten über sein Gesicht. »Ich beeile mich mit dem Mittagessen und dann komme ich gleich vorbei. Dann können wir vorher noch spazieren gehen.«

In Marias Augen war ebenfalls ein Leuchten zu sehen, als sie ihre Erzieherin fragend ansah. Diese nickte wohlwollend.

* * *

Die umgearbeitete Jacke sah toll aus, wie sie so unschuldig auf dem Tisch lag. Das weiße Leder glänzte leicht im Sonnenlicht, und die roten Lederriemen bildeten einen sehr hübschen Kontrast dazu. Paul strich fast zärtlich über das Leder und dachte darüber nach, wie streng es doch seiner Freundin gegenüber sein konnte.

Maria blickte ihn leicht amüsiert an. Doch sie sagte nichts.

»Und was machen wir jetzt mit deinem Konto?« Die Frage von Mrs. Potter riss beide aus ihren Gedanken.

Maria hatte diese Frage befürchtet.

Doch zu ihrer Erleichterung hatte ihre Erzieherin sich dies schon überlegt. »Bis zum Herbst werden wir die Jacke sicher nicht brauchen. Und danach lasse ich einfach eine neue anfertigen.«

Sowohl Maria als auch Paul waren über diese Nachricht erfreut, denn es war ihnen nach wie vor nicht ganz geheuer, wie selbstverständlich Pauls Oma in Marias Tagesablauf eingegriffen hatte.

Mrs. Potter nahm die Jacke vom Tisch und reichte sie Paul. Dabei blickte sie ihn aufmunternd an.

Paul versuchte, sich zusammen zu nehmen, obwohl er doch ziemlich aufgeregt war. Er fasste die Jacke am Kragen und trat damit hinter seine Freundin.

Diese hatte ihre Augen fast geschlossen, als sie jetzt langsam ihre Arme in die Ärmel ihrer ehemaligen Strafjacke steckte. Auch Maria zitterte leicht, als Paul die Jacke langsam an ihrem Oberkörper hoch zog.

Paul ging um Maria herum und schloss mit dem nötigen Kraftaufwand den Reißverschluss der Jacke. Genauso wie gestern kostete es ihn viel Überwindung, die unteren Riemen zwischen Marias Beinen hindurch zu führen und fest zu machen.

Maria ließ sich davon nichts anmerken, sie wackelte nur etwas mit ihren Armen.

Beide spürten, das jetzt ein wichtiger Moment gekommen war. Paul überlegte, ob er Maria mit »Prinzessin« anreden sollte, doch irgendwie schien er zu spüren, dass Maria dafür nicht in der richtigen Stimmung war. Dafür war die Jacke in ihrer veränderten Funktion noch zu neu.

Ohne dass ein Wort gefallen war, legte Maria ihren Arm auf den Rücken, so dass die Hand in Richtung ihres Nackens zeigte. Paul war bereit und zog den roten Riemen vorn an dem Handschuh durch die Öse auf der Schulter. Als er einen leichten Widerstand spürte, stoppte er und brachte den anderen Riemen ebenfalls so in Position. Dann trat er vor Maria.

Sie hatte die Augen geschlossen. Ihr Atem ging deutlich heftiger als sonst. Er erschrak leicht, als Mrs. Potter neben ihm stand. Doch auch sie hatte das besondere der Situation erfasst und legte ihren Zeigefinger auf den Mund, als sie Paul freundlich anblickte.

Paul war reichlich verwirrt. Erst als Marias Erzieherin den über der Schulter hängenden Riemen in die Hand nahm und auf das zweite Loch zeigte, war er in der Lage, weiter zu machen.

Maria hatte die Augen nach wie vor geschlossen. Er nahm den Riemen des rechten Armes und zog ihn zunächst einmal stramm. Doch die Schnalle war noch nicht erreicht. Er blickte auf Maria, die das Strammziehen gespürt hatte.

Sie machte die Augen auf und blickte Paul sehr verliebt an. Dann schob sie ihren Arm noch etwas nach oben. »Du musst etwas ziehen.« Ihre Stimme kam sehr leise.
Paul war bemüht, alles richtig zu machen, gleichzeitig wollte er seiner Freundin unnötigen Schmerz ersparen. Sehr vorsichtig begann er den Zug auf den Riemen zu erhöhen.

»Trau Dich, ziehe ruhig kräftiger.« Maria wollte ihn ermutigen. Ihre Stimme war immer noch sehr leise.

Dermaßen ermutigt, zog Paul etwas kräftiger an dem Riemen. Er konnte ihn in die Schnalle einführen und wie verabredet in dem zweiten Loch festmachen. Der Riemen vom linken Arm ging leichter, da Paul jetzt ein Gefühl dafür hatte, wie stark er ziehen musste.

Mrs. Potter war mit dem Vorgang zufrieden. Sie griff in ihre Tasche und holte zwei kleine Schlösser heraus. Sie nahm sie und brachte sie jeweils in dem Loch nach der Schnalle an. Im ersten Moment wollte Paul lachen, denn auf der Seite würden die Schlösser ja nichts verschließen. Doch dann dachte er an die Gründlichkeit, mit der Marias Erzieherin sonst unterwegs war. Sie wollte sicher damit etwas bezwecken, doch er kam nicht drauf.

Schließlich nahm Paul doch einen Fehler an, und weil er mittlerweile genügend Mut und Vertrauen hatte, sprach er Mrs. Potter darauf an. »Gehören die Schlösser nicht auf die andere Seite?«

Marias Erzieherin lächelte. »Den Tipp hat mir deine Oma gegeben. Sie meint, Maria würde Dich sonst überreden, die Riemen jetzt schon enger zu machen, und das wollen wir verhindern.«

In diesem Moment erschrak Paul, denn jetzt hatte er die Situation begriffen. Er würde alles machen, was Maria sagte. Er dachte mit Schrecken an das Halskorsett.

Marias Blick in diesem Moment sprach Bände. Sie fühlte sich ertappt und wurde etwas rot. In ihr breitete sich fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen aus. »Ich glaube, ich muss jetzt doch meine Ballettstiefel tragen.«

Mrs. Potter erklärte, dass das Programm ausgesetzt war. Doch zum Erstaunen von Paul und der Erzieherin machte Maria auf einmal ein ziemlich enttäuschtes Gesicht.
»Na gut, wenn du es unbedingt willst.« Mrs. Potter zeigte ein überraschtes Lächeln, dann ging sie zum Schuhschrank, holte die Stiefel heraus und reichte sie Paul.

Maria setzte sich auf ihren Schemel und streckte Paul ihre Beine hin.

Nur ganz am Rande fiel Paul auf, wie selbstverständlich und behende Maria sich ohne Zuhilfenahme ihre Arme bewegen konnte. Sie schien wirklich sehr viel Übung zu haben.

Fast routiniert zog Paul Maria die normalen Stiefel aus und half ihr in die Ballettstiefel zu kommen. Er blickte Maria kurz fragend an, und als sie nickte, begann er, die Stiefel am Fuß seiner Freundin fest zuschnüren.

»Ziehe ruhig ordentlich fest. Maria braucht guten Halt in den Stiefeln.« Mrs. Potter stand neben Paul und hatte Marias Cape in der Hand.

Nachdem Paul auch den zweiten Stiefel gut geschlossen hatte, sah er fasziniert zu, wie Maria ohne Hilfe wieder aufstand und selbst auf diesen so schwierigen Stiefeln sicher stand. Er bekam eine Gänsehaut.

Mrs. Potter reichte Paul das Cape und bat das Paar, sehr pünktlich wieder da zu sein. Dann wünschte sie ihnen einen schönen Spaziergang.

* * *

Sie machten nur sehr kleine Schritte und diese auch noch sehr langsam. Und doch war es Paul am Rascheln des Capes aufgefallen, dass Maria oft ihre Arme bewegte.

»Ist alles in Ordnung?« Er hatte gesehen, wie Maria sich ab und zu auf die Lippen biss.

»Es ist alles okay.« Marias Stimme keuchte leicht. »Es ist nur so ungewohnt und aufregend.« Sie holte Luft. »Sehr aufregend.« Sie blickte ihn verliebt an.

Sie gingen ein paar Schritte weiter. Maria blieb stehen und keuchte etwas lauter. Ohne lang zu überlegen blieb Paul ebenfalls stehen und trat vor Maria. Er legte seinen Arm um sie und zog sie fest an sich heran.

Ihren Blick konnte er später nicht mehr beschreiben, doch es lag alles darin - Lust und Liebe, aber auch etwas Angst vor dem Entdeckt werden sowie Verlangen nach mehr. Er sah, wie ihre Lippen näher kamen. Er dachte an die Worte seine Oma und blieb zunächst zurückhaltend. Erst als er sich sicher war, das Maria es wirklich wollte, beugte er seinen Kopf zu ihr hinunter.

Maria schloss die Augen. Paul spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper ging. Zärtlich spielten ihre Zungen miteinander.

* * *

»Was wird die Reporterin wohl wollen?« Paul fand als erster wieder Worte, nachdem Marias Höhepunkt verklungen war und er sie noch lange sehr zärtlich streichelnd in den Armen gehalten hatte.

»Es geht sicher um das Fest.« Maria blickte ihn voller Liebe und Stolz an.

»Da hast Du sicher recht. Immerhin liegt die Hauptdarstellerin im Krankenhaus.«

Maria dachte laut. »Landsbach wird sicher enttäuscht sein, dass die Baroness nicht spielen wird.«

Paul wusste noch nicht viel über die Baroness. »Aber sie soll ja keinen guten Ruf haben.«

Maria wurde nachdenklich. Sie seufzte. »Wer weiß, was ich für einen Ruf habe. So komisch, wie ich immer herumlaufe.«

Paul wollte das überspielen und seine Freundin ablenken. »Zu der Rolle gehört es ja, dass Du den Handschuh trägst.«

»Ich freue mich schon darauf.« Ihre Stimme klang auf einmal etwas verwundert. »Ich darf ihn dann in der Öffentlichkeit tragen. Und sie werden mich hoffentlich nicht mehr auslachen.«

Paul konnte nur ahnen, was seine Freundin in der Vergangenheit zusätzlich zu den Einschränkungen wohl so hatte erleiden müssen.
76. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 19.01.14 14:35

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Andrea drückte auf den Kningelknopf und fragte sich, ob es diesmal besser laufen würde. Sie hörte Schritte. Sie blickte noch einmal auf das kleine Kuchenpaket und fragte sich, ob dies nicht hoffnungslos unprofessionell war. Doch die Stimme am Telefon hatte am Schluss so einladend geklungen.

Die Tür ging auf und Mrs. Potter gab sich Mühe, unvoreingenommen zu sein. Die Reporterin stellte sich vor. »Ich bin Andrea Baselitz und komme vom Landsbacher Boten.« Sie roch den Kaffeeduft und reichte ihr kleines Kuchenpaket vor. »Wie abgemacht.«

Mrs. Potter blickte etwas verwundert auf das Paket, dann nahm sie es entgegen und bat die Reporterin herein. »Maria wartet schon.«

Andrea war sichtlich erleichtert. »Oh, das freut mich. Endlich habe ich mal Glück.«

Mrs. Potter verstand die Bemerkung nicht. »wieso Glück? Der Termin war doch ausgemacht.«

Andrea musste seufzen. »Ich habe schon zehn oder zwölf Termine mit der Baroness ausgemacht, und bei keinem hatte sie Zeit. Immer war irgendwas dazwischen gekommen.« Ohne es zu ahnen, hatte die Reporterin damit bei Mrs. Potter sehr viel Sympathie gewonnen.

Andrea ging hinter Marias Erzieherin her und betrat das Esszimmer, in dem Maria schon mit Paul wartete. »Ich bin sehr erleichtert, dass es diesmal klappt.« Sie begrüßte Maria und Paul. »Wissen Sie, dies ist meine erste Reportage und ich war furchtbar unglücklich, als ich merkte, wie unzuverlässig die Baroness doch ist.«
Irgendwie war der Damm gebrochen, denn jetzt hielt auch Mrs. Potter ihre Meinung über den Baron und seine Sippschaft nicht länger zurück. Es wurde eine sehr gemütliche Kaffeetafel.

Erst als Paul mal nachfragte, fiel es Andrea ein, das sie ja eigentlich wegen Maria und dem Fest da war. Sie nahm ihren Block zur Hand und legte ihren Stift bereit. Sie fragte Maria, was sie denn bisher schon gemacht hätte.

Maria stellte fest, dass sie bisher nur auf der Sitzung des Festausschusses gewesen war.

Andrea ärgerte sich nur noch am Rande darüber, dass der Baron deswegen die Presse nicht informiert hatte. »Was ist denn da passiert?«

Jetzt meldete Paul sie zu Wort. »Maria musste beweisen, dass sie den Handschuh tragen kann.«

Maria erinnerte ihn daran, dass ja auch noch einiges andere besprochen wurde.

Paul blieb dabei. »Aber der Höhepunkt warst Du mit dem Handschuh. Selbst Kerstin war beeindruckt.«

Andrea wurde neugierig. »Was hat es eigentlich mit diesem Handschuh auf sich? Ich habe schon einiges darüber gelesen, aber ich weiß immer noch nicht, was das eigentlich ist.«

Mrs. Potter sah eine gute Gelegenheit. »Einen Moment bitte.« Sie stand auf und verließ den Raum. Gleich darauf kam sie zurück und legte einen von Marias Trainingshandschuhen auf den Tisch, nachdem sie etwas Platz gemacht hatte. Dann begann sie den Tisch abzuräumen. Es lag auch in ihrem Interesse, dass Maria sich bei der Presse gut verkaufte.

Andrea blickte ziemlich verwundert auf das weiße Bündel Leder mit den vielen Schnüren. »Das ist der Handschuh?« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie sich noch gar keinen Reim darauf machen konnte. Sie blickte abwechselnd auf Maria und auf das seltsame Lederbündel.

Maria spürte die Blicke, doch sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.

Mrs. Potter schließlich gab den Anstoß. »Maria, Paul, wollt ihr den Handschuh nicht vielleicht mal vorführen?« Sie blickte die beiden aufmunternd an.
Maria blickte zuerst auf ihre Erzieherin, dann zu Paul. Es war ihr anzusehen, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Doch dann stand sie auf, drehte ihren Rücken zu Paul und legte ihre Arme in Position.

Obwohl Paul Maria jetzt schon mehrmals in den Handschuh eingeschnürt hatte, spürte er doch, dass es jetzt etwas Besonderes war. Diesmal war eine Vertreterin der Presse anwesend und Maria stand ab sofort im öffentlichen Interesse. Doch schon als er die Lederhülle über Marias Arme schob, vergaß er diese Gedanken und war bemüht, den Handschuh genauso schnell wie sorgfältig anzulegen.

* * *

Mit großen Augen beobachtete Andrea das ihr dargebotene Schauspiel. Sie war erstaunt, welche Verwandlung dieses schüchterne Mädchen erfuhr, als der eigentlich auch recht schüchterne Junge sie erstaunlich routiniert und auch recht kraftvoll in diese seltsame Lederhülle schnürte. Eben noch war sie in recht schüchterner Haltung dagestanden. Die Schultern hatte sie nach vorne geneigt und sich selbst eher schützend bedeckt.

Doch nun wurden ihre Schultern gnadenlos in eine stolze, aufrechte Haltung zurückgezogen. Ihr Brustkorb weitete sich und ihre nicht zu großen, aber doch recht ansehnlichen Brüste kamen wundervoll zur Geltung, als sich ihre Bluse über sie spannte, umso mehr, da ihr Brustkorb frei von den auf den Rücken gezogenen Armen geworden war. Und in ihrem eben noch recht schüchternem Gesicht war ein stolzes Strahlen erschienen.

´Mein Gott´, dachte Andrea, ´wo ist das Schulmädchen von eben geblieben? Sogar auf mich als Frau hat sie ihre Wirkung, was müssen erst Männer bei ihrem Anblick empfinden?´

»So wird die Katerina auftreten.« In Marias Stimme war eine Menge Stolz zu hören.

Andrea war sprachlos. »Darf ich dich mal anfassen?«

Ihr sehr intensives Interesse ließ vermuten, dass es mehr als nur dienstlicher Natur war. »Das wird Hans interessieren.« Doch dann erinnerte sie sich an ihren eigentlichen Auftrag und ließ sich über das Fest berichten. Nur gelegentlich stellte sie noch eine Zwischenfrage.
Schließlich blickte Mrs. Potter zur Uhr. Nach einem freundlichen Blick zu Andrea wollte sie Maria an ihren nächsten Termin erinnern. »Maria, so langsam müsstest Du Dich zum Tanztraining fertig machen.«

Andrea nahm dies als Signal, das Interview zu beenden. Sie wollte sich verabschieden. Sie hatte ohnehin schon weit mehr erreicht, als sie sich erhofft hatte.
Doch Marias Erzieherin bot ihr an, Maria und Paul noch bis zum Tanzen zu begleiten. Immerhin war ihr klar, dass Maria wieder dem Darsteller des Prinzen über den Weg laufen würde, und da war etwas Verstärkung sicher recht sinnvoll.

Andrea war sichtlich überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet, und sie freute sich sehr darüber, Maria weiter zu begleiten. Die gemeinsame Abneigung gegenüber der Familie von Harsumstal spielte eine wichtige Rolle dabei, auch wenn es nicht ausgesprochen wurde.

Maria blickte Paul liebevoll an, und mit leiser Stimme bat sie ihn, sie doch bitte aus dem Handschuh heraus zu lassen. Erst jetzt erkannte Andrea den anderen Aspekt des Handschuhs, er machte die Trägerin nämlich sehr sehr hilflos, da sie überhaupt nicht mehr über ihre Arme verfügen konnte. Sie bekam eine Gänsehaut.

* * *

Unter normalen Umständen wäre Andrea das langsame Tempo von Maria wohl sehr auf die Nerven gegangen. Doch jetzt nutzte sie die Gelegenheit, neben dem so faszinierenden Mädchen her zugehen und noch die eine oder andere Frage stellen zu können. Vor allem wollte Andrea wissen, ob das Tragen des Handschuhs schwierig wäre.

Maria lächelte schüchtern. Es war ihr immer noch nicht ganz geheuer, hier so viel von sich preis zu geben. »Oh, das ist jetzt kein Problem mehr, aber am Anfang war es nicht leicht.« Sie schien nachzudenken. »Damals war der Handschuh noch weiter, aber dafür hatte ich auch weniger Übung.«

Andrea blickte voll Bewunderung auf die zarte Gestalt von Maria.

»Ich habe früher viel Ballettunterricht gehabt, deswegen bin ich auch sehr gelenkig.«

Andrea schien laut nachzudenken. »Ob ich das wohl auch könnte?«

Maria wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.

* * *

»Ah, schön, dass Sie wenigstens schon da sind.« Renate Bayer stellte sich als Betreuerin des Prinzenpaares vor, als sie in die große Turnhalle kamen.
Es waren schon viele Leute anwesend, fast alle trugen Sportsachen. Maria blickte erschrocken an sich herunter und war verlegen. »Ich wusste nicht, dass ich was anderes tragen sollte.«

Frau Bayer fühlte fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen. »Bitte entschuldigen sie, das wäre meine Aufgabe gewesen. Ich bin sehr abgelenkt wegen des Prinzen.« In ihrer Stimme war deutlicher Ärger zu hören. »Er sollte heute hier sein, aber natürlich ist er nicht gekommen. Er sagt, in seinen Kreisen wüsste man, wie man zu tanzen hat.«

Paul und Maria ahnten, um wen es ging. Maria war sichtlich erleichtert, nicht mit dem Neffen des Barons zusammen treffen zu müssen. Gewiss, es war ihr klar, dass sie auf dem Fest zusammen spielen mussten, trotzdem war ihr das Zusammensein mit diesem hochnäsigen Neffen ein Greul.

»Die Nachricht vom Festausschuss kam sehr plötzlich«, entschuldigte sich sie noch einmal. »Ich habe die große Änderung nicht erkannt.« Obwohl sie es nicht aussprach, war ihr doch anzusehen, wie sehr erleichtert sie über die geänderte Besetzung war.

Ein Mann in Sportsachen war zu ihnen getreten. Er stellte sich als der Leiter der Tanzgruppe vor und begrüßte die kleine Gruppe. Dann wandte er sich an Maria. »Sie sind die neue Katerina?«

Maria bestätigte es schüchtern. Sie war es nicht gewohnt, gesiezt zu werden.

»Wir Tänzer duzen uns alle, ich bin der Carlos.«

Maria erwiderte den Händedruck und nannte leise ihren Vornamen. Dann fragte sie mit der gleichen Unsicherheit, ob Paul da bleiben könnte.

Carlos blickte einmal in die Runde, dann sah er Frau Bayer fragend an. Diese schien zu wissen, was er erfahren wollte. »Er ist nicht gekommen. Er hätte Tanzunterricht nicht nötig.« Sie holte tief Luft. »Der Baron hat auch schon nachgefragt.«

Irgendwie schien Carlos dies nicht zu überraschen. »Aber Maria braucht einen Partner. Allein kann sie die komplizierten Schritte nicht machen.« Auf einmal richteten sich alle Blicke auf Paul.

Dieser war mehr als überrumpelt, doch als er Marias lieb bittenden Blick sah, konnte er nicht nein sagen. »Ich will es gern probieren.«

Carlos winkte auf einmal einer anderen Tänzerin zu und zeigte etwas mit den Händen, dann kurz auf Maria. Die dermaßen angesprochene Frau schien Bescheid zu wissen. Sie ging an eine Tasche, holte etwas heraus und kam auf die Gruppe zu.

Sofort hatte Maria das Gebilde in den Händen der Tänzerin als einen Monohandschuh erkannt und ihr Herz begann lauter zu schlagen. Sie hatte es noch immer nicht so richtig verarbeitet, dass sie jetzt ihren geliebten Handschuh in der Öffentlichkeit tragen durfte und dass sich daran keiner stören würde.

Carlos nahm den Handschuh entgegen und wandte sich wieder an Maria. »Du weißt, dass zu der Rolle gehört, dass Du ohne Deine Arme tanzen musst?«

Maria blickte ihn wortlos an. Paul sah das Leuchten in Marias Augen. Sagen konnte sie in dem Moment nichts. Sie ließ ihren Blick zwischen Paul und Carlos hin und her wandern. Sie machte in dem Augenblick einen sehr verunsicherten Eindruck, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.

Carlos schien die Unsicherheit zu spüren. »Keine Angst, Dir wird nichts passieren.« Dann wandte er sich an die Tänzerin, die den Handschuh gebracht hatte. »Elisabeth, magst Du Maria den Handschuh anlegen?«

Marias Herz klopfte laut. Langsam legte sie ihre Arme auf den Rücken.

»Das ist der Handschuh, mit dem Kerstin immer trainiert hat. Mal sehen, ob Du ihn tragen kannst.« Elisabeth schob die Lederhülle langsam an Marias Armen hoch.
Dann hörte Maria das Ratschen des Reißverschlusses und die erstaunte Stimme von Elisabeth. »Oh, mir scheint, Dir ist der Handschuh etwas zu groß, oder?«

Maria war höflich genug, um sich nicht zu beklagen. »Das wird schon gehen.« Ihre Stimme war in dem Moment recht leise.

Paul hatte dem Schauspiel recht interessiert zugesehen. Er wusste auch, wie eng Marias Handschuhe üblicherweise waren, doch auch er war höflich genug, nicht zu widersprechen. Als auch die Riemen über Marias Brust festgeschnallt waren, begann Carlos etwas über die Tänze zu erklären, die zu lernen waren.

* * *

Doch schon nach dem ersten Tanz sah Paul, dass Maria einen recht unglücklichen Eindruck machte. Er sprach sie darauf an.

»Ob ich hier wohl meinen eigenen Handschuh tragen könnte?« Sie war dankbar, dass Mrs. Potter angeregt hatte, ihn mitzunehmen. »Mit diesem komme ich nicht zurecht, der ist viel zu weit.«

Paul streichelte vorsichtig und zärtlich über Marias Arme, dann stand er auf und ging zu Carlos. Er trug das Anliegen vor.

Carlos zeigte sich verständnisvoll. »Sicher, das ist bestimmt recht ungewohnt. Natürlich kann sie auch ihren eigenen Handschuh tragen.«

Mit einem Lächeln kam Paul zu Maria zurück. Er nahm das weiße Lederbündel aus der Tasche und befreite Maria von dem Tanzhandschuh. Dann legte er wie gewohnt aber trotzdem hochkonzentriert Marias eigenen Handschuh an.

In der Konzentration bemerkten weder Maria noch Paul, dass die anderen Tänzer sich um sie geschart hatten, als erkennbar war, wie streng dieser Handschuh Marias Arme auf dem Rücken zusammen hielt. Es gab Applaus, als Paul gerade den letzten Verschluss geschlossen hatte.

Beide blickten sich verblüfft um. Carlos trat vor und blickte Maria bewundernd an. »Wahnsinn, das kannst Du toll.« Dann klatschte er in die Hände. »Jungs und Mädels, lasst uns weiter machen. Es ist noch viel zu lernen.«

* * *

Maria genoss es sichtlich, so im Mittelpunkt zu stehen. Sie spürte die vielen Blicke auf ihren Handschuh, doch wegen der komplizierten Tänze und Schrittfolgen war sie bemüht, diese zu ignorieren und sich stattdessen auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.

Paul war ebenfalls mit den Tänzen sehr beschäftigt. Nur gelegentlich erlaubte er sich einen Blick auf Maria, die jetzt einen sehr glücklichen Eindruck machte.
Der strenge Handschuh machte es Maria tatsächlich leichter, sich auf die Tänze zu konzentrieren, denn er nahm ihren Armen, mit denen sie vorher in dem zu weiten Handschuh unwillkürlich herum gerudert hatte, nun fast jede Bewegungs­möglichkeit, und so fiel es ihr leichter, das Gleichgewicht zu halten.

* * *

»Na endlich sind Sie da.« Die laute Stimme von Renate Bayer tönte in die Tanzpause. Die Blicke aller richteten sich zum Eingang der kleinen Halle.

Dort standen drei junge Männer in einer seltsamen Studentenuniform und blickten etwas angesäuert in die Halle.

Maria zuckte zusammen, als sie in einem der drei den Mann erkannte, der sie neulich schon so seltsam belästigt hatte. Franz-Ferdinand stürmte auf die Tanzfläche, blickte auf die anderen Tänzer und dann auf Maria. Er schien sie wieder zuerkennen. Er ging auf sie zu.

Maria hielt den Atem an.

Der Neffe des Barons blieb vor Maria stehen und blickte Maria sowohl auffordernd als auch belustigt an. »Nun, was ist? Wir sollen doch tanzen.«

Carlos klatschte kurz in die Hände. Dies schien das Signal für das Ende der Pause zu sein. Die Tänzer erhoben sich und gingen auf ihre Position. Der kleine Rekorder spielte wieder.

»Was ist denn das für eine schrottige Musik? Danach kann ich nicht tanzen.« Franz-Ferdinand murrte.

»Das ist eine Gavotte«, erklärte Carlos. »Und nun lasst uns beginnen.«

Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Franz-Ferdinand sah nur für kurze Zeit auf die Tänzer und ihre seltsamen Bewegungen, dann blickte er zu seinen Freunden, die noch am Eingang standen und sich offensichtlich über ihn lustig machten.

Carlos kam auf ihn zu. »Warum machen Sie nicht mit? Ihre Partnerin wartet auf Sie.«

Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Erwartung, Angst und Misstrauen an. Sie wusste nicht, ob er ihre verpackten Arme schon entdeckt hatte. Andererseits, so sagte sie sich, gehörte es zu der Rolle, die sie spielte.

»So einen blöden Tanz will ich nicht tanzen.« Er blickte die ganze Zeit zu seine Freunde, die sich vermutlich gerade über Marias Handschuh lustig machten.

Maria wurde es langsam unheimlich. Sie spürte die Ablehnung des Prinzendarstellers und befürchtete noch Schlimmeres. Sie drehte sich um, um nach Paul zu sehen.
In diesem Moment sah Franz-Ferdinand Marias verpackte Arme und ging auf sie zu. Er grabschte sie grob an den Handschuh und wollte ihn von ihren Arme herunter ziehen. »Damit kann man doch nicht tanzen, wie soll das denn gehen?«

Maria stockte der Atem.

Doch schon in der nächsten Sekunde waren alle Männer aus der Tanzgruppe bei Maria. Zwei Männer zogen sie von Franz-Ferdinand weg und die anderen hielten ihn fest.

»So nicht, mein Freund.« Carlos blickte dem Rüpel ins Gesicht und verwies ihn der Halle. Dann ging er mit eiligen Schritten auf Maria zu.

Paul war zu seiner Freundin getreten, hatte sie in den Arm genommen und versuchte sie zu trösten.

Auch Renate war entsetzt. Sie ging zum Telefon, nachdem sie sich vergewissert hatte, das Maria nichts geschehen war.

»Du siehst, das wir immer für Dich da sind und dich beschützen.« Carlos erklärte, dass dies ihre wichtigste Aufgabe auf dem Fest war.

Maria hatte sich von dem ersten Schreck erholt. Doch ihr Blick zeigte Sorgen. ´Wie würde es nur auf dem Fest werden?´

Carlos sah den Blick und fragte, ob sie für heute nicht Schluss machen sollten.

Doch Maria, ehrgeizig wie immer, wollte weitermachen. »Ich würde bloß gern mal einen Schluck trinken auf den Schreck.«

Carlos wandte sich an seine Frau, die eine Flasche und ein Glas besorgte.

Sie hielt es Maria hin, dann wurde sie verlegen. »Du kannst ja gar nicht....«

Maria warf Paul einen Blick zu und dieser nahm das Glas in die Hand. Er ging zu Maria und hielt es vorsichtig an ihre Lippen. Maria konnte langsam trinken.
»Na, das macht ihr aber auch nicht zum ersten Mal.« Carlos grinste.

Maria wurde leicht rot.

»Aber das ist doch in Ordnung.« Er ging zum Rekorder und ließ die Musik wieder weiterlaufen. Sie tanzten weiter.
77. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 19.01.14 14:54

Gut mitgedacht von Mrs Potter um zu Verhindern das Maria sich aus Übermut Verletzt nur weil sie meint es würde Enger gehen.
Ob Maria die Neue Jacke oder zumindest den Handschuh beim Interview mit der Reporterin tragen wird? Paul könnte ja auch dabei sein als Moralische Unterstützung.
Nachtrag zu 8/2: Das ist ja gut gelaufen mit dem Interview. Ob Andrea sich auch mal an einen Monohandschuh wagt?
Ich hoffe das wars dann für den Schnösel von Neffen und ich hoffe Paul darf die Rolle des Prinzen spielen. Das würde Bestimmt ein Erfolg für das Fest wenn das Liebespaar nicht nur gespielt ist sondern sich wirklich Liebt.
78. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 15:07

Wieder mal eine super Fortsetzung.
Ich erwarte mit Spannung den nächsten Teil.


Mfg Rainman
79. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 15:13

Doppelpost!

Warum weis ich aber leider auch nicht.

Mfg Rainman.
80. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 19.01.14 18:01

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Baron Harsumstal beugte sich noch einmal über die Grundriss-Zeichnungen seines Schlosses. Jetzt kam ihm zugute, das seine Familie im Keller einen Schutzraum hatte einbauen lassen. Wobei Schutzraum untertrieben war. Es war eher ein große Vierzimmerwohnung, aber eben ohne jegliche Verbindung zur Außenwelt. Sie war für den Krieg eingerichtet worden, aber seitdem sehr vernachlässigt worden. Diese große Räume konnten ihm in ihrer Abgeschiedenheit jetzt sehr nützlich sein.

Er wählte die Nummer des Architekten und wartete. Als abgehoben wurde, ließ er sich von der Sekretärin zum Chef durch verbinden. Er nannte seinen Namen, und nach der Begrüßung seines alten Studienkollegen erklärte er sein Anliegen. »Im Keller gibt es bei mir noch die alten Luftschutzräume, meine Tochter möchte sich die einrichten und Du müsstest mal sehen, was da so zu machen wäre.«

Der Architekt fragte, welchen Zweck die Räume haben sollten. »Es soll so eine Art WG werden, für zwei Frauen.«

Der Baron wollte, dass keine weiteren Fragen nach dem Zweck kommen würden, deswegen versuchte er das Gespräch in eine andere Richtung lenken.

Der Architekt wollte sich das Ganze einmal ansehen, er schlug einen Termin vor.

Dem Baron war dies sehr recht, trotzdem machte er klar, dass die Bezahlung dafür aber erst im Herbst erfolgen könne.

»Du hast sowieso noch etwas gut bei mir«, war der abschließende Satz des Architekten, dann verabschiedeten sie sich und legten auf.

Baron Harsumstal ging aus seinem Büro auf den langen Korridor. Sein Weg führte ihn zunächst zu dem alten großen Schlüsselkasten, dort nahm er das Kellerbund heraus. Mit Knarren und Quietschen öffnete er die Tür zum Schlosskeller. Er war dort nur noch selten herunter gegangen, erst jetzt gab es wieder einen Grund, wenn auch einen recht traurigen.

Er seufzte, während er den Lichtschalter suchte. Dass es soweit kommen musste tat ihm auf der einen Seite leid, andererseits sah er keine andere Möglichkeit mehr. Seine Tochter war schon aus dem Weg geräumt und ebenso würde Maria sehr bald nach dem Fest einen mysteriösen Unfall haben. Sie würden nur noch ihr Auto finden und von Maria würde es keine Spur geben.

Natürlich würde dies erst passieren, nachdem er sich das Preisgeld für die Originalhaltung und die Gewinne aus dem Fest gesichert hatte.
Zielstrebig ging er auf die Räume zu, die er als Gefängnis für die beiden Frauen geplant hatte. Zunächst begutachtete er die Eingangstür, die die einzige Verbindung zur Außenwelt darstellte, wenn man einmal von dem damals sehr ausgeklügelten Lüftungssystem absah.

Er müsste nur die innere Klinke durch einen Knauf ersetzen lassen, dann könnte man von innen die Tür nicht mehr öffnen. Schalldicht waren die Räume, und es gab auch genügend Vorräte, um eine längere Zeit zu überleben.

Er erinnerte sich daran, dass die Vorräte vor einigen Jahren erst erneuert worden waren.
Er hoffte sehr, dass sein Plan aufgehen würde. Wenn er alles geregelt hatte, dann würde er anonym einen Tipp geben, wo die Frauen zu finden wären. Dann aber hätte er sich erfolgreich abgesetzt.


Obwohl es ihnen beiden sehr viel Spaß gemacht hatte, waren Paul und Maria doch froh, als das Tanztraining zuende war. Aufgrund der historischen Musik und den altertümlichen Schrittfolgen hatte es die beiden so richtig in die Vergangenheit zurück versetzt und träumen lassen, wenn die Schrittfolgen gelegentlich etwas einfacher waren.

Auf einmal hatte Paul eine Idee. Er verbeugte sich vor Maria und versuchte, seine Stimme möglichst höflich klingen zulassen. »Möchte die Prinzessin ihren Handschuh jetzt vielleicht ablegen?«

Im ersten Moment war Maria verwundert, dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Danke mein lieber Prinz,« antwortete sie mit verblüfften Gesicht. »Ich bin ob Eurer Fürsorge gerührt.« Doch dann schien sie nachzudenken. »Ich glaube, ich werde gleich in meinem Handschuh verbleiben.«

Paul blickte sie erstaunt an. Immerhin hatte Maria den Handschuh heute fast den ganzen Nachmittag lang getragen.

»Die Hofdame hat mir doch angetragen, nach dem Tanzen ohne Aufschub nach Haus zu kommen.« Sie grinste leicht.

Jetzt grinste Paul ebenfalls, er ahnte, dass Maria das Tragen des Handschuhs genoss »Wie es ihrer Hoheit beliebt.« Er ging das Cape holen. »Darf ich Euch dann in Euren Umhang helfen?«

»Danke, mein Prinz, Ihr seid zu gütig.«

Carlos blickte die beiden verwundert an. »Ihr übt schon für das Fest?«

Sowohl Paul als auch Maria lächelten. »So ähnlich« Dann verabschiedeten sie sich.

Paul hoffte, dass er die Stimmung seiner Freundin richtig einschätzte. Zärtlich legte er seinen Arm um Maria und war sehr erleichtert, als er spürte, dass Maria damit einverstanden war. Langsam gingen sie los.

»Das war echt aufregend.« Marias Stimme war leise, als sie nach einiger Zeit etwas sagte. »Es hat sich keiner an dem Handschuh gestört.«

Paul konnte nur ahnen, was in diesem Moment seine Freundin beschäftigte. »Du warst toll.« Mehr fiel ihm in diesem Moment nicht ein.

Sie gingen schweigend weiter.

* * *

Wieder stand Mrs. Potter vor der Haustür und wartete auf Maria.

Paul wünschte ihr höflich einen guten Abend.

Sie erwiderte den Gruß, ihre Stimme klang sehr wohlwollend, dann wandte sie sich wieder an Maria. »Verabschiede Dich von Paul, dann komm bitte herein.« Dann ließ sie die beiden vor dem Haus stehen, ging hinein und lehnte die Tür nur an.

Marias Stimme war leise. »Danke für den schönen Abend.«

Sie küssten sich.

* * *

Mit Erstaunen sah Maria, dass ihre Erzieherin das Laken aufgezogen hatte, auf dem viele Riemen angebracht waren, mit denen sie fast völlig bewegungslos fixiert werden konnte. Maria blickte ihre Erzieherin schüchtern fragend an.

Mrs. Potter hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Euer Programm ist zwar ausgesetzt, aber ich dachte, dass Euch eine ruhige Nacht vor der Mathearbeit Morgen ganz gut tun könnte.«

Verträumt blickte Maria auf das Bett. Dann spürte sie, dass ihre Erzieherin wohl auf eine Reaktion von ihr wartete. »Wie... Ach so... Ja.« Sie blickte nachdenklich auf die zugegeben sehr bequeme Matratze, die sie selbst mit entworfen hatte. Sie versuchte sich zu erinnern.

Die untere Lage war aus sehr stabilem Sackleinen, an dem auch die vielen Lederriemen befestigt waren. Dann folgte eine Lage Schaumstoff, die mit einen Baumwolllaken gesteppt war. Ganz oben wurde sie mit einem Laken aus weicher Seide bezogen. Die Riemen waren im Prinzip ähnlich gearbeitet. Das komplette Laken wurde ähnlich wie ein Spannbettlaken aufgezogen, aber dann noch wie ein Korsett auf der Rückseite der Matratze fest gespannt. Maria liebte das Gefühl der weichen Seide auf der Haut, welche doch genauso unerbittlich war. Wie würde es sich wohl anfühlen, wenn Paul sie einmal festschnallen würde?

Mrs. Potter folgte Marias Blick und versuchte, den Gedanken ihres Schützlings zu folgen. »Ja... Er wird dich sicher auch bald mal ins Bett bringen und Dir die Riemen anlegen.«

Maria fühlte sich ertappt und wurde rot. Zu einer Antwort war sie nicht fähig.

Ihre Erzieherin zeigte unerwartet Gefühle. »Das ist doch in Ordnung. Ich freue mich für Dich.«

Maria blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Ein noch viel entspannteres Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Du möchtest Dich sicher noch umziehen.« Mrs. Potter hielt den großen Schlüsselbund in ihrer Hand.

Marias Blick fiel auf die große Ansammlung von Schlüsseln. Wie würde es wohl sein, wenn Paul seine Schlüssel benutzen würde? Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Arme immer noch in dem Handschuh steckten, in den Paul sie eingeschnürt hatte. Ihr Herz klopfte laut, als Mrs. Potter begann die Schnürung zu lösen.

* * *

Langsam kam Maria aus dem Bad. Ihr verträumter Blick fiel auf das Bett und die vielen Riemen, die ihr gleich eine ruhige Nacht ermöglichen sollten. Anfangs war es sehr ungewohnt für sie gewesen, sich gar nicht bewegen zu können. Aber sie musste zugaben, dass das Fehlen jedes Bewegungsspielraumes verhinderte, dass sie sich vor wichtigen Ereignissen unruhig hin und her wälzte, und dass sie so besonders ruhig und tief schlafen konnte.

Quasi aus Gewohnheit zupfte sich Maria noch einmal ihren Schlafanzug zurecht. Es war eine Mischung aus Pyjama und Catsuit, sehr bequem und sehr weich. Maria wusste, dass sie sich in wenigen Momenten fast überhaupt nicht mehr bewegen können würde. Je nach Stimmungslage setzte sie sich manchmal auf die Matratze und legte sich einige der Riemen selbst an, zumindest die, an die sie gut heran kam.

Doch heute war sie in Gedanken bei dem eigentlichen Grund für die ruhige Nacht, nämlich die morgige Mathematikarbeit in der Schule. Erst als ihre Erzieherin sie bat, ihre Arme neben ihren Körper zu legen, spürte Maria, wie sie schon fast überall festgehalten wurde.

Sie wollte einmal an sich herunter blicken, aber sie stellte fest, dass ihr Kopf schon fest mit der Matratze verbunden war. Sie konnte nur noch ihre Arme bewegen, und sie wusste von den vergangenen Malen, dass es damit auch gleich vorbei sein würde. Selbst ihre Finger würde sie dann nicht mehr bewegen können. Ganz zum Schluss wurde dann noch die Augenbinde über das Gesicht gezogen.

Dies war quasi auch das Signal, dass die Prozedur fertig durchgeführt worden war. »Ist die Prinzessin mit ihrer Hofdame zufrieden?« Die Stimme von Mrs. Potter klang sowohl feierlich als auch eine Spur amüsiert.

Maria war verblüfft. An dieser Stelle hatten sie schon lange nicht mehr gespielt. Sie lächelte. »Doch, es ist alles zu meiner Zufriedenheit. Ich denke, ich werde eine ruhige Nacht haben.« Sie musste etwas überlegen, wie sie es früher gespielt hatten. »Ich bedarf Eurer Hilfe nicht mehr, Ihr könnt Euch dann zurück ziehen.« Sie liebte dieses schöne Paradoxon.

* * *

Es war Freitag Morgen und damit Zeit, in Australien anzurufen. Maria wählte die lange Nummer und hörte auch bald den Klingelton. Sie musste nicht lange warten.

Rosalie wollte sofort alles über Paul wissen, und Maria bemühte sich, in kurzen Worten alles wichtige zu berichten. Denn wegen der Schule blieb ihnen wenig Zeit.
Dann erzählte sie, dass sie auf dem Fest die Katerina darstellen durfte und dass sie deswegen mit Franz-Ferdinand zusammen auftreten und tanzen musste

Rosalie wollte es nicht glauben. »DER Franz-Ferdinand?« Sie schrie es fast in den Hörer. »Ist der immer noch so hochnäsig?«

Maria seufzte und berichtete von ihrem ersten Zusammentreffen sowie von dem unsäglichen Auftritt beim Tanzen.

Rosalie bedauerte ihre Freundin. »Der war schon immer so. Nimm es hin, Du kannst ihn nicht ändern.«

Maria seufzte noch einmal.

Rosalie berichtete noch ein paar Neuigkeiten aus Australien.

»Drücke mir die Daumen, wir schreiben heute Mathe.« bat Maria ihre Freundin.

Rosalie versprach es.

Dann verabschiedeten sie sich.

* * *

Die ganze Zeit schon spürte Paul Marias Händedruck und er spürte, wie erleichtert sie doch war. Die Mathearbeit war vorbei und jetzt war die Schule aus. Paul war zuerst recht unsicher gewesen, weil Maria ihr Cape diesmal ganz anders tragen wollte und er wusste nicht, ob er ihr wieder bei etwas Verbotenem helfen würde. Sie hatte ihre Arme frei haben wollen und bestand auch darauf, dass die Durchgriffe geöffnet waren.

Insgeheim überkam ihm eine Gänsehaut, als er darüber nachdachte, wie sehr Maria doch von sehr seltsamen Regeln umgeben war und mit welcher Geduld sie dieses hin nahm.

Die Aufgaben aus der Mathearbeit waren ihm sehr leicht gefallen und er fragte sich, wie es wohl Maria ergangen war. Er begann vorsichtig nach ihren Ergebnissen zu fragen.

Maria schien sehr viel richtig zu haben.

* * *

Andrea blickte Hans, den Fotografen verliebt an. »Du wirst sehen, Maria ist etwas ganz Besonderes.«

Hans wunderte sich. »Ich verstehe aber trotzdem nicht, warum Du Deinen Artikel zensieren lassen willst.«

Sie lächelte. »Ja, Du hast recht, wie haben gelernt, dass man so etwas nicht machen soll, aber ich möchte Vertrauen aufbauen. Maria ist so zart und ganz anders als Sophie. Und ihr Handschuh ist mehr als faszinierend.«

Der Fotograph blieb skeptisch.

»Du wirst sehen, sie ist etwas Besonderes, ich fühle es.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Und sie kann etwas ganz Außergewöhnliches, auch wenn ich nicht verstehe, wozu...«

* * *

Mrs. Potter stand an der Haustür und wartete auf Maria und ihren Freund. Sie hoffte sehr für sie, dass die Arbeit gut gelaufen war. Maria hatte es sehr schwer und oft genug bedauerte sie ihren Schützling, wenn sie gerade mal wieder besonders streng sein musste Sie sah die beiden auf das Grundstück kommen und sie kannte Maria schon lange genug, um ihren lockeren und leichten Schritt zu erkennen. So ging sie nur, wenn sie sehr gute Laune hatte. Dies war eine der wenigen Möglichkeiten, die das Programm ihr ließ.

Für heute hatte sich wieder die Reporterin angesagt, die auch sehr unter der Baroness zu leiden hatte. Mrs. Potter war daran interessiert, dass Maria heute bei dem Fototermin eine gute Figur machte. Seit sie mit Paul zusammen war, schien Maria den Handschuh etwas verändert zu betrachten. Es kam ihr vor, als würde Maria im Stillen ihre Hilflosigkeit nun erst richtig genießen. Paul las ihr nämlich jeden Wunsch von den Augen ab, war sehr umsichtig und mindestens genauso zärtlich.

Sie musste sich allerdings eingestehen, dass von Maria in ihrem Handschuh wirklich ein gewisser Zauber ausging. Es freute sie sehr, dass Maria durch das Katerinenfest mit dem Handschuh jetzt so in die Öffentlichkeit gerückt wurde. Sie kannte ihren Schützling gut genug um zu wissen, dass Maria insgeheim die Möglichkeit, den Handschuh jetzt frei und von allen akzeptiert in der Öffentlichkeit zu tragen sehr genoss Auch wenn sie auch dabei stets bescheiden blieb.

* * *

»Hier wäre der Artikel, so wie ich ihn einreichen möchte.« Andrea legte ein dicht bedrucktes Blatt Papier auf den Tisch und blickte Mrs. Potter, Maria und Paul fragend an. Es war still, als die drei den Artikel lasen.

Nur gelegentliche Geräusche von Hans störten die Stille, der damit beschäftigt war, ein paar Scheinwerfer aufzubauen. Er war es auch, der die Ruhe dann endgültig störte. »Ich wäre dann soweit.«

Mrs. Potter sah zuerst von dem Artikel auf. »Das gefällt mir sehr gut.« Doch in ihrem sehr zufriedenen Blick mischten sich ein klein wenig Sorgen. Sie äußerte dies. »Wie wird bloß der Baron auf den Artikel reagieren?«

Andrea wusste hierauf keine Antwort.

Maria sagte nichts, aber ihr Blick zeigte ebenfalls Zufriedenheit und auch Stolz.
81. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 18:46

Hallo gag_coll.

Boah, was fürn Stück story.

Ich hoffe ja immer noch, das der Baron für seine Heimtücke doch noch die Quitung bekommt. Alleine dafür seine Tochter (auch wenn Sie ein Zicke sondergleichen ist) und auch noch Maria in ein dunkles Loch zu werfen ist schon ein starkes Stück. Anscheinend hat die ganze Familie einen an der Klatsche.

Als du angedeutest hast, das Maria als Erzieherin für Sophie angestellt werden sollte, hatte ich eher darauf gehofft, das Paul seine Freundin unter seine Fittiche nimmt und Maria sich Sophie annimmt.
Naja, ich las mich mal überraschen, wie du das Ende in Angriff nimmst. Aber ich hoffe ja immer noch auf ein Happy End.

Mfg Rainman.
82. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 19.01.14 20:42

Schöne Fortsetzung Karl. Ich hoffe das der Plan des Barons nicht Aufgeht. Er will wohl Doro und Maria im Keller Einsperren. Der muß ganz schön Pleite sein.
Die Tanzstunden sind ja gut gelaufen und Maria war richtig Glücklich weil sich Niemand am Handschuh gestört hat.
Was wurde denn am Artikel Zensiert? Marias Name oder das sie Erfahrung im Tragen des Handschuhs hat?
83. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 21:11

Zitat
Doro


Hallo Gummimike.

Heist die Tochter vom Baron nicht Sophie?? Oder sollte ich mich verlesen haben??


Mfg rainman.
84. RE: Maria

geschrieben von bounty am 19.01.14 21:47

Hallo Karl,

mit Spannung verfolge ich nun schon seit einiger Zeit diese Geschichte (auch wenn ich nur selten meinen Senf dazugebe).

Es ist schön zu lesen wie du einfühlsam die Entwicklung von Maria und ihrem Freund Paul beschreibst.

Etwas verwundert bin ich über die Entwicklung des Barons. Bisher hielt ich ihn für einen zwar arroganten aber ehrenwerten Aristokraten der den Ruf seiner Familie schützen will, wenn auch mit drastischen und rigiden Mitteln. Ich dachte er wollte nur verhindern, dass seine Tochter das Katerinenfest ruiniert und gleichzeitig seine Versäumnisse in ihrer Erziehung berichtigen. Nun bin ich gespannt welche Schweinerei er hier ausheckt.

Eigentlich gehört dieser Schnösel Franz-Ferdinand an die Seite seiner Cousine in den Keller, denn auch er könnte so einige Lektionen in Sachen Anstand durchaus gebrauchen.

Ich bin gespannt wie sich die Story weiterentwickelt und warte ungeduldig auf die kommenden Teile.

lg, bounty
85. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 07:20

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Andrea blickte Maria erwartungsvoll an. »Wir würden Dich gern mit den Handschuh fotografieren.« Es lag mehr in ihren Worten, doch sie war höflich genug, dieses nicht auszusprechen. Sie ahnte, dass der Handschuh für Maria nach wie vor etwas Einschneidendes war, welches ihr sehr viel Freiheit nahm.

Mrs. Potter hatte den Handschuh schon bereitgelegt, jetzt nahm sie ihn von der Kommode und reichte ihn Paul. Mittlerweile sehr routiniert schnürte er die Arme seiner Freundin in den Handschuh ein und doch spürte auch er dabei das besondere dieser Situation.

Andrea bekam leuchtende Augen, als sie noch einmal Marias Verwandlung betrachtete.

Auch Hans war es deutlich anzusehen, dass er Maria mit dem Handschuh bewunderte. »Toll, dass Du so etwas tragen kannst.« Insgeheim fragte er sich noch, warum sie so etwas konnte, aber er traute sich nicht, dieses auszusprechen. Stattdessen blickte er Andrea mit leuchtenden Augen an. Er grinste: »Kannst Du so etwas auch tragen?«

Andrea bekam auf einmal einen recht verklärten Blick und wurde rot. Sie stammelte etwas. Dann schien sie sich wieder in ihrer Gewalt zu haben. »Das könnte Dir so passen.« Sie warf noch einen Blick auf Maria. »Jetzt mach die Bilder«, fügte sie lächelnd hinzu.

»Darf ich Dich berühren?« Es war Hans anzumerken, dass er Maria mit sehr viel Respekt und Ehrfurcht behandeln wollte. Ohne dass es ihm richtig bewusst war, ahnte er, wie hilflos Maria mit diesem besonderen Handschuh war.

Maria war innerlich sehr aufgeregt. Nach außen hin versuchte sie Ruhe zu zeigen. Sie nickte schüchtern.

Hans fasste sie vorsichtig bei den Schultern und drehte sie in die Position, die er haben wollte. »Ich möchte dich einmal von vorn ablichten und einmal von der Seite.« Er zeigte ihr die erste Position, bei der sie von vorn aufgenommen würde und bei der von dem Handschuh nur die über der Brust gekreuzten Riemen sichtbar wären.

Bei der zweiten Position sollte sie sich seitlich zur Kamera hinstellen und dabei über die Schulter nach hinten blicken. Dabei sollte sowohl ihr Lächeln wie auch ihr Handschuh deutlich sichtbar sein.

Nach den ersten Klicks der Kamera hatte Maria ihre Scheu verloren und immer deutlicher wurde sichtbar, dass sie es genoss, mit dem Monohandschuh vor der Kamera zu stehen. Trotzdem versuchte sie aufmerksam den Anweisungen von Hans zu folgen. Mal sollte sie in die Kamera blicken, dann wieder auf bestimmte Gegenstände. Manchmal durfte sie auch zu Paul blicken. Der Fotograf ermutigte sie, in ihrer Haltung auch einmal Gefühle zu zeigen. Sie sollte etwas mit Paul flirten, ihm einen Kuss zuwerfen und lieb lächeln.

Es war deutlich zu sehen, wie sehr Maria die Situation genoss Sie schwebte auf Wolken, weil sie ihren Handschuh nicht mehr verstecken musste Spätestens, wenn der Bericht in der Zeitung war, würde es der ganze Ort wissen. Maria strahlte.

»Okay, danke, das war es.« Die abschließenden Worte von Hans rissen Maria aus ihren Träumen. Die innere Anspannung ließ nach. Sie blickte ihre Erzieherin fragend an und als diese nickte, ging Maria zum Tisch und setzte sich neben Paul.

Hans legte die Kamera zurück in den Koffer, dann begann er die beiden Scheinwerfer abzubauen. Es war ihm anzusehen, dass er von Marias besonderer Erscheinung auch noch sehr gefangen war.

Es klingelte. Mrs. Potter warf einen Blick auf Marias Terminplan und erhob sich. »Das dürfte Kerstin Richards sein, die Katerina vom letzten Fest.« Sie ging aus dem Zimmer.

Andrea half dem Fotografen schweigend beim Zusammenpacken, beide waren noch sehr von Marias Erscheinung gefangen.

Als Mrs. Potter mit dem nächsten Besucher herein kam, waren Andrea und Hans mit dem Packen fertig.

»Ah Frau Richards, gut das ich sie treffe.« Andreas Stimme war im ersten Moment noch etwas seltsam belegt. »Ich würde sie gern noch einiges über ihren damaligen Auftritt fragen, wann kann ich denn mal vorbeikommen?«

Kerstin hatte Mühe, ihren Blick von Marias Armen abzuwenden. Sie bat Andrea verlegen , die Frage zu wiederholen.

Andrea kam der Bitte nach und diesmal fügte sie gleich einen Terminvorschlag an, mit dem Kerstin sich einverstanden erklärte.

Hans ergriff seine beiden Kisten und blickte Andrea auffordernd an. »Wir könnten dann gehen.«

Sie verabschiedeten sich mit Handschlag und dankten noch einmal für die Geduld. Nur Maria gaben sie aus verständlichen Gründen nicht die Hand.

Hans strich Maria noch einmal kurz über die Schulter und blickte sie bewundernd an. »Tapferes Mädchen.«

Andrea konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sie warf zuerst noch einen Blick auf den Handschuh, dann blickte sie Maria fragend an.

Maria ahnte, was das Anliegen der Reporterin war. Obwohl ihr das Interesse noch nicht ganz geheuer war, nickte sie vorsichtig.

Andrea strich mit ihrer Hand zärtlich über die so streng verpackten Arme von Maria. Es war deutlich zu sehen, wie sehr Andrea von dem Monohandschuh fasziniert war.

Kerstin war näher getreten. Auch sie blickte sehr gebannt auf Marias so streng fixierte Arme. Sie musste sich räuspern. »Ich bin sprachlos. Ich wusste gar nicht, dass das so möglich ist.«

Andrea schaffte es, sich von dem Anblick zu lösen. Sie warf noch einen letzten Blick auf Maria, dann verließ sie zusammen mit Hans das Haus.

* * *

Maria suchte den Blick von Paul. Sie wollte ihn auffordern, ihr den Handschuh zu öffnen.

Doch die Frage von Kerstin kam ihr zuvor. »Das ist ja irre.« Auch ihr Blick hatte sich von Marias Armen einfangen lassen. »Darf ich Dich einmal anfassen?«

Maria blickte die letztmalige Katerina aufmunternd an. Zugleich beschloss sie, den Handschuh Kerstin zuliebe noch etwas zu tragen.

Fast ungläubig strichen Kerstins Hände über das weiße Leder, welches Marias Arme so unerbittlich festhielten.

Maria lächelte, als sie die Berührung spürte.

»Du wirst eine tolle Katerina werden.« Kerstins Stimme war leise. »Du musst ja gar nicht mehr üben.«

Maria blickte Kerstin unsicher an. »Meinst Du? Da ist doch sicher noch viel anderes, oder? Was muss ich denn so alles machen?«

Kerstin griff zu ihrer Tasche, die sie über den Stuhl gehängt hatte und holte ein Fotoalbum heraus. Sie ging zum Tisch und legte es darauf. »Ich habe Bilder von meinem Fest dabei, die können wir uns ansehen.«

Maria durfte sich direkt vor das Album setzen, Kerstin und Paul nahmen jeweils an ihren Seite Platz.

Dann begann Kerstin zu blättern. Zu fast jedem Bild konnte sie etwas erzählen, und so konnte sie Maria ein besseres Bild davon machen, was auf sie zukommen würde. Als ihr allerdings deutlich wurde, wie viel sie zusammen mit dem »Prinzen« machen würde, wurde sie etwas traurig.

Kerstin bemerkte dies sofort und sie hakte nach.

Maria blickte Paul bittend an. »Kannst Du es erzählen?«

Natürlich wusste Paul, was seine Freundin in diesem Moment so bewegte. Er erzählte Kerstin, wer dieses Jahr für die Rolle des Herzogssohnes vorgesehen war.
Als er den Namen von Franz-Ferdinand aussprach, stöhnte Kerstin. Sie blickte Maria mit viel Mitleid an. »Du Ärmste, das wird wirklich nicht leicht.«

Maria wollte wissen, wie es denn bei Kerstin gewesen war. Sie blickte wieder auf die Bilder. Maria sah, dass Kerstin damals ziemlich glücklich aussah.

»Der Prinz war damals ein sehr guter Freund von mir,« berichtete sie, »und deswegen hatte ich kein Problem damit, mit ihm zu spielen.«

Maria seufzte.

»Das Fest ist bei mir aber auch nicht ohne Folgen geblieben.« Kerstin lächelte hintergründig. »Ich habe mich damals in meinen Tanzlehrer verliebt. Wir haben dann bald nach dem Fest geheiratet.«

Sie schaute verträumt auf die Bilder. »Den Handschuh habe ich später nie mehr getragen.«

* * *

Die Einladung für das Abendessen hatte Kerstin dankend abgelehnt, nachdem sie noch viel über das Fest und seinen Ablauf erzählt hatte.

Mrs. Potter war in die Küche verschwunden, weil sie das Abendessen vorbereiten wollte.

Maria blickte Paul liebevoll an. »Jetzt könntest Du mich so langsam mal aus dem Handschuh heraus lassen.«

Paul kam der Aufforderung sofort nach, und gleich darauf konnte seine Freundin ihre Arme wieder frei bewegen.

Maria blickte etwas belustigt auf den Handschuh, den Paul auf die Kommode gelegt hatte. »Das ist schon seltsam, seit das Programm ausgesetzt ist, trage ich ihn viel länger als sonst.« Doch dann wurde sie nachdenklich. »Ich will es ja ganz anders tragen.« Ihre Augen bekamen etwas verträumtes. »Auf dem Fest.« Sie schielte etwas auf den Flur, wo die neue Trainingsjacke hing und auf sie wartete.

»Heute nicht mehr«, die Stimme von Mrs. Potter klang auf einmal sehr streng.

Paul zuckte zusammen und blickte fast erschrocken zu der Erzieherin hin, dann glitt sein Blick zu Maria.

Seine Freundin schien von dem strengen Ton auch berührt, aber sie wagte nicht, etwas zu erwidern. Sie schien solche Zurechtweisungen gewöhnt zu sein.
Paul hätte sich sowieso nicht getraut, sich gegen Mrs. Potter zu stellen, zumindest nicht wegen einer solchen Kleinigkeit.

Doch gleich darauf war die Stimme der Erzieherin wieder freundlich, als sie beide aufforderte, noch einmal zuzugreifen und es sich schmecken zu lassen.

Paul war schon verwundert über diese seltsamen Stimmungswandel, doch er kam dieser Aufforderung gern nach. Es fiel ihm nur auf, dass Mrs. Potter entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten sehr oft auf die Uhr sah. Auch schien sie es heute mit dem Tisch abräumen überhaupt nicht eilig zu haben, im Gegenteil, sie begann nach dem Essen noch mit etwas Plauderei, in dem sie Maria nach der Mathearbeit fragte.

Paul wunderte sich sehr, denn für solche Plauderstündchen war sonst nie Zeit. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.

Auf einmal war eine leise Melodie zu hören und Mrs. Potter blickte erleichtert auf. »Sie sind da.«

Maria kannte diese Melodie, doch sie verstand noch nicht, was gerade passierte.

Mrs. Potter lächelte. »Ihr solltet einmal vor die Tür gehen.« Sie blickte Maria, aber auch Paul kurz an.

Maria ging mit für ihre Verhältnisse sehr eiligen Schritten nach draußen. Paul ging ihr hinterher. Als sie die Tür öffnete, war sie sehr überrascht. Ihre Musikgruppe hatte sich in ihren Kostümen draußen aufgestellt und sie brachten Maria ein Ständchen. Sie spielten eines von Marias Lieblingsstücken.

Maria stand neben Paul und war sehr gerührt. Sie hielt Pauls Hand.

Nach dem ersten Stück kam Fritz auf sie zu und hielt eine kleine Rede. »Wir freuen uns für Dich über deine neue Aufgabe und wünschen Dir für die Katerina viel Erfolg.« Er äußerte aber auch sein Bedauern darüber, dass Maria auf dem Fest deswegen nicht mitspielen könne. »Nun darfst Du Dir noch ein Stück wünschen.«

Maria entschied sich für einen der historischen Tänze, den sie besonders gern spielte.

Nach dem Abschlussstück trat auch Mrs. Potter vor die Tür. Sie bedankte sich ebenfalls für das schöne Ständchen und bat die Musiker noch auf einen kleinen Umtrunk herein.

Jetzt war es Paul auf einmal klar, warum Marias Erzieherin vorhin die Trainingsjacke so barsch abgelehnt hatte.

* * *

Natürlich wollten alle wissen, was Maria für die Rolle der Katerina schon hatte lernen müssen.

Maria berichtete von den ersten Kontakten mit ihrem Spielpartner Franz-Ferdinand. Sie sprach es nicht aus, aber ihre Meinung über ihn kam deutlich herüber.

Jemand in der Runde warf ein »arroganter Schnösel« in den Raum.

Maria konnte nur zustimmen.

»Wir haben auch noch keine guten Erfahrungen mit ihm gemacht«, merkte Fritz an.

»Selbst in der Uni benimmt er sich sehr seltsam.« Carlas Stimme war fast etwas aufgebracht. »Er hält sich für etwas Besseres. Und wer nicht Mitglied in seiner Burschenschaft ist, gilt bei ihm gar nichts.«

Sie bedauerten Maria. »Du wirst es nicht einfach haben.«

Maria seufzte.

Karin machte ihnen klar, dass Maria in ihrer Rolle ihm dann ziemlich ausgeliefert sein würde.

Sowohl Paul als auch Maria waren ziemlich ernüchtert, als ihnen dieses klar wurde.

Paul fing sich als erster. »Ich werde die Prinzessin vor allem Unbill und Ungemach beschützen.«

Maria blickte ihn an. »Danke sehr mein Prinz. Ich weiß euer Bemühen sehr zu schätzen.«

Fritz blickte die beiden amüsiert an. »Fangt ihr schon wieder an?« Er grinste.

»Klar, wir sind ständig im Training!« lächelte Paul.

Fritz hob sein Glas. »Dann lasst uns mal auf die neue Katerina anstoßen.«

Ein wenig beschämt hob auch Maria ihr Glas.
86. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 20.01.14 09:09

Es ist wieder eine tolle Fortsetzung ,bin gespannt wie es weiter geht.
87. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 20.01.14 09:30

Stimmt Rainman, aber ich geh davon aus der Baron will Maria und ihre Erzieherin Mrs Dorothea Potter dort Einsperren. Die Tochter dürfte da keine Rolle spielen.
Der Fotograf hat gut erkannt das Andrea zu gern auch mal einen Monohandschuh tragen möchte aber sie traut sich nicht zu fragen ob Maria bzw Mrs Potter ihr Helfen würden.
Der Auftritt von Marias Musikgruppe war echt klasse.
Ich hoffe ja das dieser Schnösel von Freiherr Abgesetzt wird. Der mit Maria? Das würde nicht gut gehen. Für den ist das doch eher eine Lästige Pflicht statt wie bei Maria eine Berufung.
88. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 20.01.14 15:25

Super Fortsetzung
89. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 20.01.14 19:21

Danke , danke , danke , danke

4x weil ich vier Teile nach einander lesen konnte
ich finde toll was und wie du schreibst mache bitte so weiter !

Mein Wunsch währe
Schnösel weigert sich aus Eitelkeit !
Paul muss einspringen , grosser Erfolg für beide !
Aber auch paul muss einmal in den Handschuh .
Andrea ist eine gute Reporterin und deckt historische Hintergründe auf .
Hans und Andrea spielen zusammen .
Baron sperrt sich selber im Keller ein .
Maria trainiert Sophie und bringt ihr demut bei

Aber das währe nur mein Wunsch !
Ich lasse mich gerne überraschen

.
90. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 20:45

Zitat
Stimmt Rainman, aber ich geh davon aus der Baron will Maria und ihre Erzieherin Mrs Dorothea Potter dort Einsperren. Die Tochter dürfte da keine Rolle spielen.


Da muss ich widersprechen. Der Baron plant da tatsächlich das Einsperren seiner Tochter.
91. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 20:56

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Oma Selma saß schon am Frühstückstisch und war in die Zeitung vertieft, als Paul ihr einen guten Morgen wünschte. Sie erwiderte den Gruß. Dann legte sie die Zeitung weg und sie widmeten sich dem Frühstück. »Maria kommt ja sehr gut raus in dem Bericht.« meinte Selma anerkennend.

Paul war überrascht. »Oh, ist der Bericht schon drin?« Er legte sein Brötchen zur Seite und griff sich den Lokalteil.

Seine Oma nannte ihm die Seitenzahl und er schlug die Seite auf. Der Bericht erstreckte sich mit den zwei Bildern über fast eine halbe Seite. Paul überflog ihn rasch und ließ seinen Blick einige Zeit auf den beiden Bildern ruhen. Er fühlte eine Menge Stolz auf Maria. »Der Artikel ist genauso, wie die Reporterin ihn uns vorgelegt hat. Und die Bilder sind toll. Maria strahlt ja richtig.«

Seine Oma musste ihm recht geben. »Ja, es ist eine sehr schöne Darstellung. Nur der Neffe kommt nicht gut weg. Das könnte noch Ärger bedeuten.«

Paul wollte dies überhören. Er sprach aus, was ihn schon seit langem bewegte. »Maria freut sich sehr über den Handschuh und dass sie ihn jetzt so zeigen darf. Es bedeutet ihr viel.«

Selma schien nachzudenken. »Ja, den Eindruck hatte ich auch.« Sie machte eine bedeutsame Pause. » Sei sehr behutsam mit Maria. Ich glaube, sie ist wirklich etwas Besonderes.«

Paul wurde nachdenklich. »Sie will ja dieses Gebet tragen. Ich glaube, sie ist sehr ehrgeizig.«

Selma blickte ihn ernst an. »Ich denke, sie könnte es schaffen, aber es wird sie viel Kraft kosten. Du musst ihr beistehen und sie beschützen.« Sie seufzte. »Wenn doch bloß dieses Ekel nicht wäre.«

Paul musste nicht lange überlegen um zu wissen, von wem seine Oma sprach. Er seufzte ebenfalls.

* * *

Baron Harsumstal legte die Zeitung beiseite. Über den Bericht über Maria war er sehr froh, denn dieser kam seinen Zwecken sehr entgegen. Er hoffte, dass mit diesem Bericht die Landsbacher die Gedanken an seine missratene Tochter vergessen würden und sich mehr Maria zuwenden würden.

Sophie hätte es nie geschafft, die Rolle zu spielen, dazu war sie viel zu launenhaft und verzogen. Er hatte überhaupt keinen Einfluss mehr auf seine Tochter, dies musste er sich eingestehen. Und den Handschuh zu tragen, dazu hätte er sie überhaupt nicht bringen können.

Er warf wieder einen Blick in die Zeitung und auf das sehr faszinierende Bild von Maria. Das Mädchen hatte eine tolle Ausstrahlung und er hoffte sehr, dass mit ihr ein erfolgreiches Fest möglich war. Nur kurz hatte der Baron Mitleid wegen der Zukunft für Maria. Aber er musste sie für einige Zeit aus dem Weg räumen, um sich erfolgreich absetzen zu können.

Wenn bloß sein blöder Neffe nicht wäre. Gestern gab es schon wieder Beschwerden wegen des Tanztrainings. Er beschloss, ihm noch einmal ins Gewissen zu reden. Vielleicht würde der Bericht in der Zeitung eine Änderung seines Verhaltens bewirken. Doch dann verwarf der Baron den Gedanken wieder und seufzte.

* * *

Maria stellte ihre Tasse ab und blickte noch einmal sehr glücklich auf das Bild in der Zeitung. So richtig konnte sie es immer noch nicht fassen. Jetzt konnte sie jeder sehen, wie anmutig und stolz sie ihren Monohandschuh trug und wie glücklich sie damit aussah.
»Jetzt werden sie nicht mehr lachen, wenn sie mich sehen.« Sie sprach aus, was sie bewegte.

Ihre Erzieherin teilte diese Meinung nicht so ganz, doch sie wollte Maria ihre gute Laune nicht verderben. Sie versuchte abzulenken. »Weißt Du schon, was Du heute machen möchtest?«

Maria warf einen Blick auf den großen Wandkalender, der seit Mittwoch neben dem Fenster hin. »Heute Vormittag kommt die Schneiderin. Ich wollte vorher etwas von meinem Sport nachholen. Ich muss gelenkig bleiben.« Sie blickte noch einmal verträumt auf die Zeitung.

Mrs. Potter war von dem Eifer ihres Schützlings sehr angetan. »Das ist eine gute Idee.« Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich bereite schon mal alles vor und Du kommst dann runter, wenn Du Dich umgezogen hast.«

* * *

Es war eigentlich so ein Saunaanzug aus etwas dickerem Plastik, der die Durchblutung und das Schwitzen fördern sollte. Doch Maria trug ihn auch deswegen gern, weil sich das Plastik auf der Haut ganz besonders an fühlte, wenn es erst einmal ihre Körpertemperatur angenommen hatte.

Die erste Berührung mit dem noch kalten Plastik ließ sie immer erst einmal kurz zusammen zucken. Doch schon kurz darauf war ihr Körper bis auf Kopf, Hände und Füße überall von Plastik umgeben und sie hörte das leise, aber ständige Knistern und Rascheln. Sie liebte und hasste dieses Geräusch zugleich, da es relativ fest mit ihrem Sport verbunden war.

Gleich danach legte sie sich das Sportkorsett um und versuchte, die Schnürung wenigstens locker zu schließen. Für die strenge Schnürung war ihre Erzieherin zuständig. Maria freute sich. Im Treppenhaus war das Rascheln des Plastiks besonders laut zu hören. Irgendwie gehörte es bei ihrem Ritual, sich von ausgewählten Maschinen quälen zu lassen, dazu. Immerhin waren die Maschinen speziell für ihr Programm zusammengestellt und Maria hatte mit der Zeit eine Art Hassliebe ihrem Sport gegenüber entwickelt.

* * *

Das Telefon klingelte. Paul ging ran und meldete sich.

Es war Herr Peters, der Mathematiklehrer von Paul und Maria. »Ich wollte Dir, Paul, nur für die gute Nachhilfearbeit danke. Maria hat in der Arbeit 13 Punkte geschrieben.«

Paul machte fast so etwas wie einen Luftsprung. Das hätte er nicht einmal gehofft.

»Ich habe Maria nicht angerufen, Du magst ihr vielleicht die schöne Nachricht überbringen?« Nur im Nebensatz erwähnte Herr Peters das Ergebnis von Pauls eigener Arbeit, aber die 15 Punkte waren ihm in diesem Moment herzlich egal.

Paul dankte ihm für die schöne Nachricht, dann verabschiedeten sie sich und er legte auf. »Ich muss zu Maria«, rief er seiner Oma zu, während er sich seine Jacke von der Garderobe nahm und mit sehr eiligen Schritten das Haus verließ. Es kochte in ihm vor Freude, er war fast wie benebelt. So schnell wie diesmal war er noch nie bei Maria gewesen. Sein Herz klopfte diesmal besonders laut. Er lief bis vor zur Haustür und klingelte. Unter normalen Umständen wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass diesmal Mrs. Potter die Tür nicht direkt öffnete. Aus der Sprechanlage war ihre Stimme zu hören. »Kommen Sie herauf, wir warten schon auf Sie. Wir sind im Salon.«

Es hätte Paul vielleicht auffallen können, das er bisher nicht mit Sie angesprochen wurde. Aber er war so voller Freude, dass er es überhörte. Er stürmte die Treppe hoch zum Salon. Im letzten Moment fiel ihm ein, dass er anklopfen sollte.

»Kommen Sie rein.« kam es von drinnen. Paul trat ein und hielt vor Schreck den Atem an.

* * *

Maria zog ihren Bademantel aus und grinste etwas. »Ohne die Schenkelbänder fehlt mir richtig etwas.« Sie spreizte ihre Beine, um die ungewohnte Freiheit, die sich ihr bot, auch auszunutzen.

Auf den ersten Blick sah es aus, als wäre Maria nackt. Aber wenn man genauer hin sah, war zu sehen, das Maria einen hautfarbenen Latex-Catsuit trug. Dadurch, dass er sehr genau passte, warf er so gut wie keine Falten und war deswegen kaum wahrzunehmen. Am ehesten fiel noch der überaus gleichmäßige Farbton ihrer Haut auf.

»Wann wollte die Schneiderin kommen?« fragte Maria.

Mrs. Potter sah auf die Uhr: »Roswita müsste jeden Moment kommen.«

Es klingelte.

»Das wird sie sein.« Mrs. Potter ging zur Sprechanlage und ließ den Gast herein.

Maria kamen die schnellen Schritte schon etwas seltsam vor. ´Die Schneiderin hat es doch sonst nicht so eilig´, dachte sie.

Paul kam strahlend in den Salon und legte sofort los. »Maria, weißt Du, was passiert ist?«

Mrs. Potter und Maria erstarrten beide.



Erst jetzt spürte Paul die sonderbare Stimmung und er blickte an Maria herunter. Er erschrak, als er zu erkennen glaubte, dass Maria nackt war.

In diesem Moment war von der Tür ein »Entschuldigen Sie bitte, aber unten war offen.« zu hören. Die Schneiderin war jetzt auch da.

Paul war sensibel genug zu spüren, dass er wohl unerwartet in etwas hinein geplatzt war, was jetzt peinlich zu werden drohte. Er wollte Maria auf keinen Fall bloßstellen. Auf der anderen Seite wollte er aber auf jeden Fall die gute Nachricht überbringen. Er war fast wie gelähmt.

Mrs. Potter war die erste, die sich wieder unter Kontrolle hatte. Sie wog die Möglichkeiten ab. Marias Latex-Anzug hatte er sicher gesehen, da gab es wohl nichts mehr zu verheimlichen. Die Liebe zwischen Paul und Maria wollte sie auch nicht aufs Spiel stellen, sie durfte jetzt keinen von beiden bloßstellen oder vor den Kopf stoßen.

Paul schien etwas sehr Wichtiges auf dem Herzen zu haben. Sie musste so tun, als wäre alles in Ordnung. Sie beschloss, ihn so bald wie möglich einzuweihen.
Doch zuerst wollte sie wissen, was er denn eigentlich sagen wollte. Sie versuchte, ihre Stimme möglichst neutral klingen zu lassen. »Was gibt es denn so Wichtiges?«

Paul blickte einigermaßen verwirrt zwischen Maria und Mrs. Potter hin und her. Dann fiel ihm die gute Nachricht wieder ein. Er erzählte von dem Anruf des Mathematiklehrers und nannte das Ergebnis. Maria vergaß für einen Augenblick alle ihre bisherige Erziehung, sie stieß einen Freudenschrei aus und lief auf Paul zu, um ihn zu umarmen.

Innerlich war Mrs. Potter entsetzt. Selbst wenn er das Latex bis jetzt übersehen haben sollte, jetzt dürfte er es sicher gespürt haben. Jetzt gab es wirklich kein zurück mehr. Trotzdem freute sich auch sie sich über Marias sehr gute Leistung.

Die Schneiderin war es, die wieder etwas Ruhe herein brachte. »Wenn es jetzt nicht passt, dann kann ich auch später wiederkommen.«

Es drehten sich alle zu der Schneiderin um.

Mrs. Potter ergriff die Gelegenheit. »Nein, wir sind fertig. Sie können beginnen.«

Die Schneiderin blickte bittend in die Runde. »Da wären noch einige Kartons im Auto, es geht schneller, wenn wir die zusammen heraufholen.«

Mrs. Potter sah eine sehr gute Gelegenheit. »Sie können mit Maria schon mal anfangen, Paul und ich holen die Kartons herauf.«

Paul kam es bei Weitem nicht in den Sinn, dieser Anordnung zu widersprechen. Er war gern bereit zu helfen.

Mrs. Potter kam dies ebenfalls sehr gelegen, denn so konnte sie unauffällig Paul und Maria trennen. Paul hätte den Latexschutzanzug nicht sehen sollen. Jetzt hoffte sie, dass er nicht danach fragen würde.

* * *

Es war fast wie eine Prüfung. Paul musste jeden Gegenstand aus Marias schöner Nacht benennen und dann zeigen, wie er ihn bei Maria anlegen würde.
Er war ziemlich aufgeregt.

Mrs. Potter war mit seinen Ausführungen sehr zufrieden. Sie lobte ihn mehrmals, weil er sich wirklich gut vorbereitet hatte.

Trotzdem hatte Paul ein ziemlich flaues Gefühl im Magen.

Maria wollte ihm auf jeden Fall helfen. Sie wies mehrmals auf die »strenge Mappe« hin, wo er alles im Detail nachlesen könne. Sie machte ein abschätzige Bemerkung über die Gründlichkeit ihrer Mutter.

Mrs. Potter hörte dies, aber sie blickte diesmal nur amüsiert. Sie machte noch einmal auf die einzige Abweichung aufmerksam, Maria war es für diese Nacht freigestellt entweder die leichte oder die strenge Haube zu tragen. Ansonsten war sie mit den Vorbereitungen sehr zufrieden.

Auch Maria machte einen sehr zuversichtlichen Eindruck. Sie freute sich besonders darauf, endlich mal mit Paul allein zu sein, auch wenn sie sich ihre gemeinsame erste Nacht sicher anders erträumt hatte.

* * *

Auf den Monohandschuh-Unterricht war Maria besonders gespannt. Sie war neugierig, was der Unterrichtende wohl von ihren Fähigkeiten halten würde. Auf der anderen Seite fragte sie sich auch, wie wohl die anderen Darstellerinnen der Katerina mit diesem Thema umgegangen waren. Nicht jede brachte solche Voraussetzungen mit wie sie selbst.

Mrs. Potter hatte sich bald nach dem Mittagessen verabschiedet. So hatten Paul und Maria zunächst ein paar sehr kostbare Minuten, in denen sie ganz allein waren und die sie unbefangen miteinander verbringen konnten. Doch Marias Vorfreude auf den Unterricht ließ nicht wirklich Ruhe aufkommen. Paul spürte ihre innere Ungeduld, obwohl sie äußerlich einen sehr ruhigen Eindruck machte. Doch mittlerweile konnte er schon etwas in seine oft noch sehr rätselhafte Freundin hinein blicken.

»Ob ich wohl meinen Handschuh mitnehmen sollte?« Maria blickte Paul mit lustvollen Augen an.

Paul fühlte sich durch den Blick geschmeichelt, doch er bemühte sich, ernst zu bleiben. »Stand davon etwas im Stundenplan?«

Maria nahm die umfangreiche Mappe zur Hand, die Renate zur Vorbereitung da gelassen hatte. Fast hastig begann sie darin zu blättern. Schließlich hatte sie die richtige Seite gefunden. Sie ließ ihren Blick über den Inhalt schweifen, dann blickte sie Paul etwas ratlos an. »Hier steht nichts davon.«

Paul dachte nach. »Die Darstellerin wird so etwas wohl nicht besitzen.«

Maria musste lächeln.

»Es ist ja nicht jede so wie Du.« dachte er laut und lächelte zurück. Dabei ging ihm durch den Kopf, wie seltsam Marias Alltag doch war. Dann blickte er zur Uhr. »Wir müssen dann bald los.«

Maria warf noch einmal einen Blick auf das weiße Lederbündel, welches im Moment sehr unschuldig auf der Kommode lag. Dann schien sie sich entschlossen zu haben. Fast etwas übertrieben theatralisch zog sie den Handschuh zu sich heran und begann ihn sowohl vorsichtig als auch sorgfältig zusammenzufalten. Ihr Blick hatte beinahe etwas Verliebtes dabei.

Paul sah ihr staunend zu, als sie ihn fast liebevoll in ihre Tasche packte.

Maria stand auf und ging zu ihrem Schrank. Sie nahm das weiße Cape heraus und hängte es sich um. »Machst Du mich zu?« Sie lächelte Paul an.

* * *

Es war ein recht kleines Haus mit einem sehr gepflegten Vorgarten, vor dem sie jetzt standen. Auf dem Klingelschild stand in kleinen Buchstaben ´Weiterer´. Paul drückte auf den Knopf, dann warteten sie. Es dauerte lange, bis sich etwas tat. Sehr lange. Irgendwie hatte Paul ein ungutes Gefühl, aber er wollte Maria nicht die Vorfreude verderben.

Endlich ging die Tür auf und ein älterer Mann schob sich langsam aus dem Haus. Er blickte stirnrunzelnd auf die beiden Besucher. »Was wollt ihr hier?«

»Wir kommen wegen des Trainings.« Marias Stimme klang verunsichert.

Das Gesicht des Mannes verdunkelte sich. Er blickte das Paar jetzt ziemlich unfreundlich an und bat sie herein. Er murmelte etwas.

Paul glaubte so etwas wie »verzogene Bagage« verstanden zu haben.

»Habt ihr den Bericht dabei, Baroness Sophie?« Herr Weiterer gab sich keine Mühe freundlich zu sein.

Paul glaubte sich verhört zu haben. Fast wollte er mit Marias Namen herausplatzen, doch dann kam seine Freundin ihm zuvor.

»Welchen Bericht?« Maria verstand noch gar nicht, was gerade ablief.

»Den von Doktor Frauenstein.« In der Stimme kam jetzt noch Kälte dazu.

Maria blickte ratlos. »Wer soll das sein?«

»Ich dachte mir schon, dass Euch dafür die Zeit fehlt, Baroness Sophie.« Er wurde noch etwas ungehaltener. »Keinen Sinn für Pflichten mehr, nur noch Vergnügen im Kopf.« Er holte verärgert Luft. »Verzogene Bagage.« Diesmal war es deutlich zu verstehen.

Paul begriff endlich. Der alte Mann verwechselte Maria mit Sophie, der bislang bekannten Darstellerin. Anscheinend hatte Herr Weiterer noch nichts von Sophies Unfall erfahren. Er versuchte das Missverständnis aufzuklären. »Aber das ist doch nicht Sophie...«

Er konnte nicht weiter sprechen, denn der alte Mann fuhr ihn grob an. Er solle sich da heraus halten. »Nur noch Männer im Kopf, aber keinen Sinn für Pflichten.« Er wandte sich wieder an Maria. »Habt ihr den Bericht mitgebracht, Baroness Sophie?« Seine Stimme klang schon ziemlich verärgert.

Maria blickte ihn verängstigt an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, da sie nicht wusste, welchen Bericht er meinte. Fieberhaft versuchte sie, sich an ihren Ausbildungsplan zu erinnern. Doch da war nirgends von einem Arztbesuch die Rede gewesen. Doch auf einmal fiel ihr ein, dass sie ja noch beim Orthopäden einen Termin hatte. Sie musste sich erst räuspern und schlucken, bevor sie antworten konnte. »Ich habe den Termin erst am Dienstag.«

»Und was wollte ihr dann heute schon ihr, Baroness Sophie?« Er blickte verärgert auf Maria. »Ich darf erst mit Euch trainieren, wenn ich den Bericht gelesen habe.«

Nur nebenbei fiel es Paul auf, dass er trotz seines Ärgers bemüht war, stets den richtigen Titel für Sophie zu benutzen.

Maria begriff noch nicht, was diese Worte für sie bedeuteten. Sie versuchte zu erklären, dass es wegen ihrem Urlaub zu Terminschwierigkeiten kam.
Doch kaum hatte sie das Wort Urlaub ausgesprochen, da konnte sie auch schon nicht mehr weiter sprechen, da ihr der Mann ins Wort fiel. »Urlaub, ja natürlich. Nur an das eigene Vergnügen denken.« Er war fast außer sich. »So kenne ich es. Und dazu keinen Respekt mehr vor dem Alter.«

Maria begriff, das sie mit Erklärungen nicht weiter kam. Sie nahm ihren Handschuh aus ihrer Tasche und blickte den Mann verunsichert an. »Dürfte ich denn trainieren?«

Die Antwort kam messerscharf. »Nein, nicht ohne den Bericht.«

Maria lief eine Träne über die Wange.

Der alte Mann ließ sich davon nicht beeindrucken. Oder vielleicht doch? Auf jeden Fall schien er nachzudenken. »Ihr könntet schon einmal etwas Gymnastik machen.«

Paul konnte nur ahnen, was in diesem Moment in Maria vorging. Bis vor Kurzem hatte er sie noch sehr freudig und erwartungsvoll erlebt. Er wusste, wie sehr sie sich auf den Handschuhunterricht gefreut hatte.

Paul sah sehr verzweifelt zu, wie der Lehrer Maria ein paar sehr einfache Gymnastikübungen zeigte. Er wollte Maria unbedingt helfen, doch er hatte einfach keine Idee, wie er das anstellen könnte. Doch dann hatte er eine Idee. Er flüsterte Maria kurz seinen Plan zu, dann zog er sich seine Jacke über und ging hinaus. Auf dem Weg hierher hatte er einen Zeitungskiosk gesehen und diesen suchte er jetzt auf, um dort eine Zeitung von heute zu kaufen. Der Bericht über Maria würde Herrn Weiterer sicher überzeugen.

Doch auch von dem Bericht in der Zeitung ließ sich der alte Mann nicht beeindrucken. Mit einem wirschen »Die schreiben doch eh nur, was sie wollen!« wischte er die Zeitung weg, als Paul ihm den Bericht über Maria zeigen wollte.

* * *

»Bitte halte mich fest.« Marias Stimme war recht leise. Ihre Enttäuschung war deutlich zu hören.

Paul legte zärtlich seinen Arm um seine Freundin. Er wusste auch nicht, was er sagen sollte. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Keiner brachte ein Wort heraus. Nur langsam tauchten sie wieder aus der betrübten Stimmung auf.
92. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 20.01.14 23:55

Hallo Karl hast du dich bei den Zeilen Irgendwie Vertan? Der 8. Absatz passt so gar nicht in den Zeitablauf und ich meine über Maries Schöne Nacht hast du schon in einem Früheren Kapitel geschrieben.
Wie hat denn Paul nun auf den Latexanzug Reagiert und was hat die Schneiderin Vermessen?
Toll das Marie 13 Punkte geschafft hat, da hat Paul gute Nachhilfe gemacht. Aber Marie hat sich ja auch Angestrengt um ihren Liebsten und auch Mrs Potter nicht zu Enttäuschen.
Was hat es mit dem Monohandschuh Unterricht auf sich? Sollte der erst Später beginnen und ist wg Maries Urlaub Vorverlegt? Der Lehrer scheint ja recht komisch zu sein.
Der Baron will echt Marie und Sophie in eine Wohnung sperren? Das kannst du doch Marie nicht Antun mit dieser Verzogenen Göre allein zu sein, und auch noch Eingesperrt.
93. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 20.01.14 23:56

Eine schöne Fortsetzung wieder ,
Aber die arme Maria kann einem leid tun .
94. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 04:52

Schöne Fortsetzung nur ich bin bei deinen Zeitsprüngen in dieser Fortsetzung nicht ganz mitgekommen
95. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 05:57

Zitat
Schöne Fortsetzung nur ich bin bei deinen Zeitsprüngen in dieser Fortsetzung nicht ganz mitgekommen

Hallo Bea,
Das passiert eigentlich alles am Samstag... Womit genau hast du denn Schwierigkeiten...
96. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 05:59

Zitat
Was wurde denn am Artikel Zensiert? Marias Name oder das sie Erfahrung im Tragen des Handschuhs hat?

Hallo Mike,
das war anders gemeint: Die Reporterin hat ihren Bericht vor der Veröffentlichung der Familie zum Lesen gegeben und ihnen Gelegenheit zum Einspruch gegeben. Ich glaube aber das Mrs. Potter mit dem Artikel zufrieden war.
97. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 06:02

Zitat
Hallo Karl hast du dich bei den Zeilen Irgendwie Vertan? Der 8. Absatz passt so gar nicht in den Zeitablauf und ich meine über Maries Schöne Nacht hast du schon in einem Früheren Kapitel geschrieben.

Hallo Mike,
Maria hat jede Woche eine schöne Nacht... und letzte Woche durfte Paul Maria helfen. Heute muss er es allein machen, ohne die Hilfe von Mrs. Potter
98. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 09:06

Aso ich hatte mit den Absatzende Schneiderin und traumhafte Nacht Probleme da sie so plötzlich kommen
99. RE: Maria

geschrieben von MichaelaSM6 am 21.01.14 10:16

Danke für diese Geschichte - sie verleitet dazu, sich ständig auf Abwege zu begeben, seine ganz privaten Erzählstränge weiterzuspinnen.

Freue mich auf mehr.
100. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 21.01.14 10:45

Nicht nur du Bea ich auch.
Ich hatte Erwartet was darüber zu Lesen was die Schneiderin nun an Maria Anpasst und ob Paul sich Gedanken über den Latexanzug macht.
Da kam der Sprung zur schönen Nacht sehr Überraschend.
101. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 17:16

Ach so... jetzt habe ich das "Problem" verstanden... Mrs. Potter wird das Haus schon am Vormittag verlassen und möchte sich deswegen vorher überzeugen, ob Paul sich mit den Gerätschaften der "schönen Nacht" auskennt. Dies passiert noch vor dem Monohandschuh-Unterricht. Die tatsächliche schöne Nacht (Paul und Maria allein) findet erst "heute abend" statt.
102. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 17:17

Ach so... jetzt habe ich das "Problem" verstanden... Mrs. Potter wird das Haus schon am Vormittag verlassen und möchte sich deswegen vorher überzeugen, ob Paul sich mit den Gerätschaften der "schönen Nacht" auskennt. Dies passiert noch vor dem Monohandschuh-Unterricht. Die tatsächliche schöne Nacht (Paul und Maria allein) findet erst "heute abend" statt.
103. RE: Maria

geschrieben von Oliver KG am 21.01.14 17:34

Hallo,
Die Geschichte gefällt mir sehr.
Ich hoffe du gehst noch ein wenig mehr auf den Latex Catsuit ein.
Viele Grüsse
104. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 17:52

lieber gag_coll

ohne deine erklärung jetzt dachte ich das die schöne nacht vor dem training war und deswegen die schöne nacht nicht so schön war da maria gespannt auf das training war.

aber wenn die nacht noch kommt bin ich gespannt und ob der doofe trainer noch zur vernunft kommt und sich bei maria entschuldigt wäre toll
105. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 22.01.14 07:56

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

In der Küche stand ein kleines Schild: »Stärkt Euch noch einmal. Es steht was im Kühlschrank. Und dann alles Gute für die Schöne Nacht!«

Maria entdeckte einen kleinen Teller mit leckeren Schnittchen. Sie stellte ihn auf den Tisch neben das Schild. Es erinnerte sie daran, was heute noch an lag.

Paul hatte ein ziemliches Grummeln im Magen, als er über das Schild und seine Bedeutung nachdachte. Doch auch er griff zunächst zu und ließ sich wie seine Freundin die Schnittchen schmecken.

Maria fasste sich als Erste wieder. »Den Handschuh-Unterricht hatte ich mir schon anders vorgestellt.« Die Enttäuschung war deutlich in ihrer Stimme zu hören.

Paul griff es auf. »Wann hast Du denn den Termin beim Orthopäden?«

Maria blickte auf den großen Kalender an der Wand. »Am Dienstag?«

»Das heißt, bis dahin darfst Du den Handschuh nicht mehr tragen?« Er grinste.

Maria blickte ihn verblüfft an. Dann erkannte sie den Witz. Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Das wäre ja noch schöner.« Ihre Laune besserte sich etwas.

Paul freute sich, dass er Maria wenigstens ein wenig aus ihrer trüben Stimmung reißen konnte.

Maria blickte auf die Uhr und seufzte. »Ich gehe mich dann mal umziehen. Ich mag heute nur noch ins Bett.«

Paul schreckte auf und blickte Maria unsicher an.

Diese fing diesen Blick auf und kam auf ihn zu. Sie nahm seine Hand und streichelte sie. »Das wirst Du schon schaffen. Ich helfe Dir.«

Paul dachte mit. »Aber da war doch...«

Maria ahnte, was er wollte. »Ich darf heute die leichte Haube tragen, ich kann dir also die ganze Zeit sagen wenn etwas nicht stimmt.« Sie war sehr froh, dass ihr der verhasste Mundschutz erspart blieb. Sie sprach dies laut aus.

Doch Paul war zu Marias Erstaunen auf einmal neugierig. »Was hat es eigentlich mit diesem Mundschutz auf sich?« Dadurch, dass Maria ihn nicht tragen musste, traute er sich danach zu fragen.

Maria war über das Interesse von Paul in diesem Moment gar nicht so erfreut. Doch sie wollte ihn auch nicht zurückweisen, denn irgendwann musste er ja doch alles erfahren ? sollte er alles erfahren... ....in diesem Moment wollte sie den Gedanken nicht zu Ende denken, da sie ahnte, dass er sie sehr weit führen würde ? weiter, als sie es in diesem Moment wahrhaben wollte. »Komm, wir gehen hoch, dann kann ich es Dir zeigen.«

In ihrem Zimmer angekommen, ging Maria auf den Tisch zu und nahm die kleine Box heraus, in der Mundschutz untergebracht war. Sie nahm ihn heraus und hielt ihn Paul hin.

Dieser nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn neugierig. Doch so richtig verstand er noch nicht.

»Es ist sehr demütigend, weil ich danach gar nichts mehr sagen kann. Es macht mich sehr hilflos.« Unbewusst wurde Marias Stimme sehr leise.

Pauls Stimme zitterte ebenfalls etwas. »Und wie...« er konnte nicht weiter sprechen. Er blickte in Marias Augen. Ganz langsam, fast unbewusst hob sich sein Arm und der Mundschutz näherte sich Marias Mund.

Maria spürte auf einmal ein ganz seltsames Kribbeln im Bauch. Sie sah ihm tief in die Augen und langsam öffnete Sie ihren Mund. Sehr behutsam schob Paul den Mundschutz in Marias geöffneten Mund. Er spürte einen kurzen Widerstand und hielt inne. Doch ein Blick in Marias Augen ermutigten ihn, weiter zu machen.
Ihre beiden Herzen klopften laut.

Sehr vorsichtig schob Paul das Plastikteil weiter in Marias Mund. Erst als es die Lippen seiner Freundin passiert hatte, signalisierte sie ihm, dass es genug war. Langsam schloss sie ihren Mund und blickte ihn mit großen Augen an.

Ohne groß nachzudenken legte Paul seinen Arm um Maria und zog sie langsam an sich heran. Sie blickten sich tief in die Augen. Langsam näherten sich ihre Lippen.

Marias Herz klopfte sehr laut. Es war so aufregend. Paul hatte ihr den sonst so verhassten Mundschutz eingesetzt und sie entdeckte auf einmal völlig neue, ja mehr als angenehme Gefühle dabei. Sie genoss seine Zärtlichkeit und begann leise zu stöhnen. Mehr blieb ihr nicht wegen der sehr gut sitzenden Mundfüllung.

* * *

Nur sehr langsam ließen sie wieder voneinander ab. Marias Augen leuchteten und strahlten. Sie blickte mir sehr verliebten Augen auf den Tisch, auf dem die Sachen für die schöne Nacht lagen. Nur kurz fragte sie sich, wie sich wohl die anderen Sachen an fühlen würden, wenn Paul damit umging.

Paul hatte ihren Blick aufgefangen und nahm dies als Signal, anzufangen. Er hoffte, dass er sich alles richtig gemerkt hatte und blickte Maria fragend an. »Du möchtest anfangen.«

Maria versuchte »Ja« zu sagen, doch sofort spürte sie die Knebelwirkung ihres Mundschutzes. So blieb ihr nur ein vorsichtiges und schüchternes Nicken. Dann griff sie sich die beiden Stiefel und setzte sich langsam auf das Bett.

Paul blickte sich verwundert um. »Müsstest Du Dich nicht erst umziehen?«

Es war, als würde Maria aus einem Traum gerissen werden. Sie blickte Paul verblüfft an. Dann machte sie langsam den Mund auf und nahm sich selbst den Mundschutz heraus. »Es ist wohl besser wenn ich das erst später trage.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Du hast Recht, ich muss mich noch umziehen.«

Auf dem Tisch lag ebenso deutlich das große Schlüsselbund, welches Maria sich jetzt griff. Sie blickte noch einmal sehr verliebt auf Paul, dann ging sie ins Nebenzimmer. »Bis gleich.«

Paul ging zum Tisch und warf einen Blick auf die Gegenstände, die auf dem Tisch lagen. Er nahm sich die Mappe zur Hand und begann darin zu blättern. Es waren diverse Schönheitsprogramme darin beschreiben. Paul erschauderte, denn es gab Vorschriften, die noch weitaus strenger waren. Und es gab auch welche, die noch aufwendiger anzulegen waren. Er fragte sich, warum Maria all dies bloß auf sich nahm. Gleichzeitig überkam ihm ob der großen Hilflosigkeit und Ausgeliefertheit ein seltsamer Schauer. Von dieser Mappe und ihren Konsequenzen ging eine seltsame Faszination aus.

* * *

Leise öffnete sich die Tür und eine fast schneeweiße Maria trat herein.

Wieder erschauderte Paul, denn er wusste noch von letzter Woche, dass später, wenn Maria fertig »verpackt« war, von diesem Weiß nichts mehr zu sehen sein würde.
Er räusperte sich und dachte noch einmal über die Worte nach, die er sich zurecht gelegt hatte. Er hoffte, Maria damit eine Freude zu machen und ihnen beiden ein wenig die Nervosität zu nehmen. »Nun denn Prinzessin, seid ihr bereit für Eure Schöne Nacht?«

Maria blickte ihn verblüfft an, dann lächelte sie. »Ja, mein holder Prinz, die Prinzessin ist gewappnet.« Sie ging auf ihn zu und blickte ihn mit verliebten Augen an. »Doch zuvor sehnt sich die Prinzessin nach einem Gute-Nacht-Kuss« Sie blickte ihn bittend an.

Dieser Bitte kam Paul gern nach. Er nahm Maria in seine Arme und während er spürte, dass sie diesmal offensichtlich kein Metall trug, näherten sich ihre Lippen. Ihre Körper schmiegten sich sanft und zärtlich aneinander.

* * *

Maria seufzte. »Wir müssen anfangen, mein Prinz.«

Paul warf noch einmal einen Blick auf die Mappe und seine Stimme zitterte. »Nun denn, wenn es Euer Wunsch ist.« So langsam hatte er sich an dieses Spiel gewöhnt.

Maria nahm sich die Stiefel, die schon neben dem Bett standen, und schlüpfte hinein. Sehr behende hatte sie sich die Stiefelschnürung geschlossen und blickte suchend um sich.

Paul lächelte amüsiert. »Es scheint, die Prinzessin bedarf meiner Hilfe gar nicht.«

Maria lächelte ebenfalls, doch dann ließ sie ihren Blick suchend über den Tisch gleiten. »Wo sind denn die eisernen Siegel?«

Paul schaute verwundert erst auf Maria, dann auf den Tisch. Erst als er dort die kleinen Vorhängeschlösser liegen sah, wusste er, was Maria meinte. Er warf einen genaueren Blick auf die Schlösser und sah, dass sie sogar eine Beschriftung hatten. Er suchte die beiden für die Stiefel heraus und gab sie Maria. »Ich bewundere die Sorgfalt ihrer Hoheit.«

Maria war nicht ganz klar, ob er sie oder ihre Erzieherin und das Programm meinte. Sie führte die Bügel an die vorgesehenen Stellen und ließ die Schlösser mit einem leisen »Klick« ein schnappen. Wieder stellte sich bei Paul die Gänsehaut ein und er war mehr als fasziniert von der Konsequenz, mit der Maria sich dem Programm unterordnete. Auch wenn er immer noch nicht wusste, was das Programm eigentlich war.

Erst Marias Keuchen riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah, wie sie versuchte, sich am Bett festzuhalten und aufzustehen. Es fiel ihm wieder ein, dass jetzt das große Korsett an der Reihe war. Er fühlte einen großen Kloß im Hals. Zunächst musste er Maria helfen, das Trapez zu erreichen. Er ging auf Maria zu und stellte sich neben sie, um ihr notfalls helfen und sie festhalten zu können. Doch er wagte es nicht, sie jetzt zu berühren. Er hatte noch die Worte von Mrs. Potter im Ohr, dass Maria dies stets allein machen wollte.

Doch zu seiner Überraschung flüsterte Maria leise. »Ihr könnt mich schon etwas festhalten, mein Prinz, dann fällt es mir leichter.«

Paul wunderte sich sehr, doch er wusste nichts zu sagen.

Maria ahnte, um was es ihm ging. »Ich mag es nur nicht so sehr, wenn sie mich anfasst.« Sie blickte Paul sehr verliebt an.

Dermaßen ermutigt legte Paul seinen Arm um Marias Schultern und führte sie in Richtung des Trapezes. Er wartete, bis sie ihre Arme in den Schlaufen eingehängt hatte und sich festhielt.

»Danke mein Prinz, jetzt könnte ihr mir die Rüstung anlegen.« Ein leises Zittern war in ihrer Stimme zu hören.

Paul stutzte einen Moment, dann erst fiel ihm ein, dass sie mit Rüstung das sehr strenge Korsett meinte. Er ging zum Tisch, um die riesige Lederhülle zu holen.
Diesmal wusste er, wie er mit dieser schweren Lederhülle umzugehen hatte und deswegen tat sich Maria leicht, die Arme nacheinander durch die Löcher zu stecken und dann wieder in die Lederschlaufen zu hängen. Dann stieß sie mit den Füßen den Hocker weg.

Paul nahm das erste der vielen Schnürbündel zu Hand und begann seine Freundin wunschgemäß in das Korsett ein zuschnüren. Er erschauerte immer noch bei dem Gedanken, wie streng dieses Korsett doch war.

* * *

Es dauerte lange bis das Korsett so geschlossen war wie letzte Woche. Nur mit viel Mühe gelang es Paul, die letzten Schnüre fest zu ziehen. Dann war seine erleichterte Stimme zu hören. »Ich hoffe, die Prinzessin ist zufrieden mit ihrem Prinzen.«

Maria versuchte ihren Körper in der Lederumhüllung zu bewegen, doch als sie spürte, wie streng sie eingeschnürt war, glitt ein entspanntes Lächeln über ihr Gesicht. »Ich bin sehr zufrieden mit Euch, mein Prinz« Sie blickte auf ihr Bett. »Jetzt könnte ihr mir helfen, zum Bett zu kommen.«

Paul war verwundert. Er hätte doch jetzt eigentlich das Trapez langsam herunter lassen müssen. Er äußerte dies.

»Nur ein Stück.« Maria blickte ihn herausfordernd an. »Ich möchte einmal versuchen, hiermit zu gehen, wenn mich mein Prinz gut festhält.«

Paul blickte sie verunsichert an. So hatten sie letzte Woche dies aber nicht getan. Doch er wollte Maria den Wunsch nicht abschlagen.

Nur Millimeterweise kam Maria voran, da sie wegen dem Korsett und den Stiefeln ohne Absatz nur winzigste Schritte machen konnte. Doch ihr Ehrgeiz war ihr gut anzusehen, zumal sie spürte, dass Paul sie nicht umfallen lassen würde.

Paul war hochkonzentriert und versuchte jede auch noch so winzige Regung von Maria sofort wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren. Er wollte ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Gleichzeitig bewunderte er ihre Kraft und ihre Entschlossenheit, mit der sie gegen ihre Einschränkungen kämpfte.

Sie keuchte heftig. Doch nur sehr langsam kam das Bett näher. Es war nur ein sehr leiser Freudenschrei, als Maria mit ihren Beinen sanft gegen das Bett an stieß. Sie hatten es geschafft. »Jetzt könnt ihr mich zur Ruhe betten.« Auch Maria hatte sich ein paar Sätze zu ihrem Spiel überlegt. Ihre Augen strahlten sehr, als Paul sie mit viel Kraft in die Mitte des Bettes geschoben hatte.

Paul hatte sich fast etwas erschöpft neben sie gesetzt und wollte jetzt gerade aufstehen um weiterzumachen, als Maria plötzlich seine Hand ergriff. Sie blickte ihn verliebt an und flüsterte ein leises »Danke.«

Paul wurde mutiger. Er setzte ein verblüfftes Gesicht auf und blickte Maria mit deutlich gespieltem Ernst an. »Mir scheint, die Prinzessin kann sich noch zu frei bewegen?«

Maria lächelte kurz, dann griff sie den Gedanken auf. »Ihr könntet recht haben, mein Prinz.« Sie versuchte den Kopf zu heben, um in Richtung Tisch zu blicken. Doch zu beider Erstaunen war ihr dies schon nicht mehr möglich. Dennoch wollte sie im Spiel bleiben. »Was habt ihr denn noch anzubieten, mein lieber Prinz?«

Jetzt, da das Schwerste vorüber war, konnte Paul sich etwas entspannen. Er ließ seinen Blick zum Tisch wandern. »Da wären noch ein paar feine Korsetts für die Arme.« Er musste schlucken. »Und noch ein paar warme Handschuhe.«

Maria lächelte wegen seiner netten Formulierung. Dann hielt sie ihm den Arm hin. »Nun denn mein Prinz, ihr dürft fortfahren.«

Mit den beiden Armkorsetts tat sich Paul diesmal besonders leicht.

Schon bald darauf zeigten ihm Marias strahlende Augen, wie sehr sie mit Paul zufrieden war.

So ermutigt, nahm Paul die beiden Handschuhkästen vom Tisch. Er klappte einen auf und schob ihn unter Marias Hand. Sanft streichelte er noch einmal über Marias Hand und hörte, wie Maria dabei leise stöhnte. Dann klappte er den Kasten zu und drückte ihn so lange zusammen, bis das Schloss einrastete. Genauso verfuhr er mit dem anderen Handschuh.

Er blickte auf den Tisch. Dort lagen noch die beiden Kopfhauben, der Mundschutz und jede Menge Riemen. Lange und kurze.

Maria hob ihren so streng eingepackten Arm, um ihm zu zeigen, was er noch machen musste Ein Wort brachte sie im Moment nicht heraus.

Doch Paul verstand auch so, was er als nächstes tun musste Gleich darauf konnte Maria auch ihre Arme nicht mehr bewegen.

* * *

Paul wandte sich den beiden Kopfhauben zu und nahm in jede Hand eine. Links die einfache und rechts die strenge mit dem Mundschutz. Er ging auf Maria zu und blickte sie stumm an.

Maria spürte die Anspannung genauso. Sie ließ ihren Blick ein paar Mal zwischen den beiden Masken hin und her pendeln. Es war ihr anzusehen, dass sie mit sich kämpfte. Schließlich blieb ihr Blick auf der strengen Variante haften.

Paul folgte ihrem Blick und vor Erstaunen brachte er zunächst kein Wort heraus. Doch dann erinnerte er sich an letzte Woche und so beugte er sich zu Maria herunter und gab ihr einen langen zärtlichen Kuss »Gute Nacht, meine Prinzessin. Ich hoffe, ihr werdet eine ruhige Nacht haben.«

Maria musste trotz der Anspannung etwas lachen. »Danke mein Prinz. Ich denke, ich bin mit Euch zufrieden und es wird eine ruhige Nacht werden.« Dann fiel ihr Blick wieder auf den Mundschutz und trotz all der Strenge fühlte sie wieder so ein Kribbeln im Bauch.

Dennoch lag ihr noch etwas am Herzen. »Bitte bleibt bei mir diese Nacht. Streichelt mich, bis ich einschlafe.«

Paul musste schwer schlucken, er brachte es nur noch fertig zu nicken. Wieder fixierte Maria ihren Blick auf dem Mundschutz, und langsam machte sie ihren Mund auf.

Paul war fast so etwas wie hypnotisiert, als er sehr vorsichtig Maria den Mundschutz einsetzte.

Maria schloss ihren Mund und blickte Paul sehr verliebt und glücklich an.

Paul nahm die Haube zur Hand und schob sie über Marias Kopf. Er hörte ihr leises Stöhnen und fühlte sich davon ermutigt. Wie letzte Woche schaffte er es, Maria so auf die Seite zu drehen, dass er die Haube schließen konnte. Dann drehte er Maria zurück auf das Bett.

Er blickte noch einmal auf den Tisch. Dort lagen immer noch ein paar Riemen. Doch er brachte es nicht übers Herz, Maria noch weiter zu fixieren.
Stattdessen hatte er etwas anderes vor. Er zog sich jetzt ebenfalls für die Nacht um, holte von dem anderen Bett im Nachbarzimmer Decke und Kissen für sich selbst und legte sich dann neben sie. Zärtlich begann er sie zu streicheln, und obwohl Maria sehr streng eingepackt war, war sie doch sensibel genug, um die Berührungen ganz leicht zu spüren.

Sie stöhnte ganz leise, und Paul fühlte selbst durch das so streng geschnürte Korsett, wie sie sich versteifte und erschauerte.
Bald darauf zeigte ihr ruhiger Atem, dass sie eingeschlafen war.

Paul legte sich dicht neben sie, drehte sich zu ihr und legte eine Hand auf ihren so harten Lederpanzer, durch den inzwischen ihre Körperwärme gut zu spüren war. Bald war auch er mit einem entspannten Lächeln eingeschlafen.
106. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 22.01.14 10:35

Eine tolle Fortsetzung,
ich bin gespannt was Mrs. Potter sagen wird wenn sie beide findet.
107. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 22.01.14 13:07

Lieber gag_coll

diese Fortsetzung war um Welten besser als die letzte in punkt auf die Abhandlung weiter so
108. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs

geschrieben von Fehlermeldung am 22.01.14 16:08

Wieder ganz tool geschrieben Danke für die Fortsetzung

Zitat
Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar


Paul ging zum Tisch und warf einen Blick auf die Gegenstände, die auf dem Tisch lagen. Er nahm sich die Mappe zur Hand und begann darin zu blättern. Es waren diverse Schönheitsprogramme darin beschreiben. Paul erschauderte, denn es gab Vorschriften, die noch weitaus strenger waren. Und es gab auch welche, die noch aufwendiger anzulegen waren. Er fragte sich, warum Maria all dies bloß auf sich nahm. Gleichzeitig überkam ihm ob der großen Hilflosigkeit und Ausgeliefertheit ein seltsamer Schauer. Von dieser Mappe und ihren Konsequenzen ging eine seltsame Faszination aus.




Währe ich an Pauls stelle gewesen , hätte ich mir durch eine Kuss- und Streichelfolter
einige Antworten geholt .
Orgasmen bei Maria sind ihm doch nicht fremd .
Zumindest hätte ich auf den freiwillig getragenen Mundschutz verzichtet
Wann wenn nicht in solch einer Nacht sollten Gedanken und Fragen ausgetauscht werden .

.
109. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 23.01.14 03:23

Schöne Fortsetzung Karl und deutlich Verständlicher als die Vorherige.
Da waren doch ziemliche Sprünge drin.
Ich stimme Fehlermeldung nicht zu das Maria und Paul auf den Mundschutz hätten Verzichten sollen. Ich denke so hat Maria noch mehr Vertrauen zu Paul Aufgebaut und wird ihm bestimmt von sich aus mehr Erzählen was es mit den ganzen Sachen auf sich hat. Wenn Paul jetzt darauf bestanden hätte mehr zu Erfahren indem er Maria zwingt hätte er sehr viel Kaputt gemacht.
Das Maria durchaus auch Spass an der Sache hat zeigt sich ja auch dadurch das sie sich gern von Paul helfen lässt. Bei Doro wär sie nie in Korsett und Stiefeln zum Bett getippelt.
110. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 23.01.14 03:57

Mensch Mike lass mich doch ein wenig träumen !
Ich habe doch nur geschrieben was ich für ein böser Bube gewesen währe .
Und nicht wie es weiter gehen sollte .
111. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Sieben und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 23.01.14 06:52

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Sieben und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

»Oh, hier duftet es ja lecker.« Die Stimme von Mrs. Potter klang sowohl freundlich als auch erstaunt. Sie blickte wohlwollend auf den sehr hübsch gedeckten Mittagstisch.

Maria und Paul freuten sich über das Lob. Doch Paul wollte bescheiden bleiben. »Ich koche oft für meine Oma und mich.« Es war Paul deutlich anzumerken, wie erleichtert er darüber war, dass Maria »schöne Nacht« jetzt hinter ihm lag.

Sie nahmen Platz und ließen es sich schmecken.

»Es schmeckt wirklich so gut, wie es schon gerochen hat.« In ihrer Stimme klang viel Anerkennung mit.

»Ich hatte mich ja so auf das Handschuh-Training gefreut.« begann Maria auf einmal unvermittelt.

Ihre Erzieherin blickte auf. Sie kannte ihren Schützling gut genug um den Unterton zu hören. »Erzähl« bat sie.

Maria begann mit leiser Stimme von dem Besuch bei Herrn Weiterer zu erzählen. »Wenn ich wenigstens schon die Untersuchung vom Orthopäden gehabt hätte. Er hat mir quasi verboten, den Handschuh vorzuführen. Ich war den Tränen nahe.«

Paul stimmte zu. »Der alte Herr wollte auf nichts hören.«

Mrs. Potter seufzte. »Das war sicher nicht schön. Wie lief es denn gestern Abend?« Sie wollte weg von dem Thema.

Paul wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Noch immer war er sehr beeindruckt von Sachen, die Maria auf sich nahm und er wusste nach wie vor nicht genau, warum sie das machte.

Maria hingegen war mit ihrem Freund zufrieden. »Du hast es sehr gut gemacht. Sei nicht so bescheiden.« Sie stupste ihn in die Seite.

Paul blickte sie erstaunt an. Dann musste er trotz der Anspannung auch etwas lachen.

* * *

»Du, ich würde Deiner Oma gern eine Freude machen, wenn sie heute zu uns kommt.« Sie stellte den Teller, den sie gerade abtrocknete, auf den Tisch und blickte Paul bittend an.

Paul brauchte nicht lange nachzudenken, um zu wissen, was sie bewegte. »Du möchtest wieder den Handschuh tragen.«

Das Leuchten in Marias Augen war die Antwort.

»Dann müsste ich dich wieder füttern?« fragte Paul mit herausfordernder Stimme.

Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Lust und gespielter Naivität an. »Das wird dann wohl nötig sein.«

Mrs. Potter drehte sich vom Abwaschbecken weg und blickte das Pärchen kurz an. Dann klang ihre Stimme gespielt streng. »Wie wäre es, wenn ihr erst noch den Kaffeetisch decken würdet?«

Beide fühlten sich auf eine sehr zärtliche Weise ertappt und wandten sich wieder ihren Aufgaben zu.

»Meint ihr nicht,« ihre Stimme wurde noch strenger und Maria zuckte leicht zusammen, »das Selma sich über die neue Jacke noch mehr freuen würde?« Auf einmal war da ein Lächeln in ihrer Stimme.

Maria und Paul erkannten, dass sie der Erzieherin auf den Leim gegangen waren. Marias Augen wurden größer. »Dürfte ich denn?«

Die Erzieherin hatte gut verstanden, was die Jacke für Maria bedeutete. »Wenn ihr es nicht übertreibt.« Beide wussten, was gemeint war.

* * *

Es klingelte, und obwohl Paul wusste, dass es nur seine Oma war, war er etwas aufgeregt. Ein kurzer Blick auf Maria und ihre seltsame Jacke zeigten ihm den Grund dafür. Natürlich wusste Paul, für welchen besonderen Anlass Maria diese Jacke trug. Trotzdem fand er es toll, dass seine Oma dabei so eine wichtige Rolle spielte.

Aber da er ja bei Maria und Mrs. Potter nur zu Besuch war, konnte er nicht einfach aufspringen und zur Tür rennen. Erst als die Stimme von Mrs. Potter durch den Raum klang »Könnt ihr mal aufmachen?« blickte Paul mit fragendem Blick auf Maria.

Diese blickte ihn ermunternd an. »Ich kann ja nicht.« Dabei zuckte sie sehr süß mit ihren Schultern.

Jetzt konnte Paul aufstehen und mit einigermaßen sicheren Schritten zur Haustür gehen.

Maria ging mit bedächtigen Schritten hinterher. Sie war sehr begierig darauf, Pauls Oma ihr neues Trainingsgerät zu zeigen.

»Guten Tag Maria«, sie blickte Pauls Freundin erfreut an.« Das ist schön, dass Du die Jacke schon trägst.« Dann begrüßte sie Ihren Enkel.

Maria brachte nur ein verschämtes, aber stolzes Lächeln zustande.

Selma reicht Paul ihre Jacke, dann bat sie Maria, sich einmal um zudrehen. »Wie lange trägst du die Jacke jetzt schon?«

Maria musste sich erst einmal räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich habe sie eben erst angezogen.«

»Bewege mal deine Arme.« Selma fasste Maria vorsichtig an den Schultern an.

Maria war bemüht, dem Wunsch nachzukommen. »Du bist wirklich sehr gelenkig.«

Maria brachte ein leises, aber stolzes »Danke« hervor.

»Ich denke, du kannst ab morgen ein Loch enger tragen.« Sie spürte die Frage, die Maria sich nicht auszusprechen traute. »Ich werde es Doro sagen.«

Mrs. Potter kam auf den Flur. »Was willst Du mir sagen?« Sie begrüßten sich. »Kommt doch herein.«

Pauls Oma bemerkte, dass es schon gut nach Kaffee duftete. Dann deutete sie auf Marias Arme und erwähnte ihre Gelenkigkeit. »Maria darf ab Morgen die Arme ein Loch enger tragen.«

Die Erzieherin nahm es zur Kenntnis. Insgeheim freute sie sich über ihren besonderen Schützling.

Sie nahmen an der Kaffeetafel Platz. Paul verteilte den Kuchen und schenkte den Kaffee ein. Dabei fiel ihm auf, dass Maria von einer gewissen Unruhe getrieben war. Er konnte nur ahnen, was sie bewegte.

Es war die Erinnerung an das letzte Mal, als sie von Paul gefüttert werden musste, die Maria so erregte. Sie fragte sich, ob es diesmal wieder passieren würde.

Selma war neugierig. »Aber jetzt erzählt mal, wie war Euer Wochenende?« Beide Frauen blickten das Pärchen fragend an.

Paul fiel auf, das er seit Samstag Morgen nicht mehr nicht mehr bei seiner Oma gewesen war. Er berichtete von dem Anruf des Mathe-Lehrers und wie sehr er sich darüber gefreut hatte. Er war ja gleich zu Maria gelaufen, um die schöne Nachricht zu überbringen. Er wurde rot »Doch da bin ich wohl in etwas hinein geplatzt.«

Mrs. Potter musste lächeln, »Ja, du hast uns schon ziemlich erschreckt, denn wir hatten eigentlich mit der Schneiderin gerechnet.«

Marias Augen strahlten immer noch. »Es war aber eine schöne Nachricht.«

Oma Selma blickte neugierig auf das junge Paar.

»Maria hat in der Mathearbeit dreizehn Punkte geschrieben, also eine Eins minus.« Paul Stimme überschlug sich fast vor Lob.

Oma Selma freute sich ebenfalls für Maria.

Doch dann wurde Paul auf einmal sehr nachdenklich. Seine Stimme war hörbar verunsichert. »Ich dachte erst, du wärst nackt gewesen.« Das Sprechen fiel ihm sichtlich schwer. »Aber was hast du denn da angehabt?« Ihm war aufgefallen, dass er bis dahin noch nicht darüber gesprochen hatte.

Maria blickte ihre Erzieherin verlegen an. Sie wusste nicht, wie sie es erklären sollte.

Mrs. Potter fing diesen Blick auf und lächelte. »Das war ein hautfarbener Latex-Catsuit.«

Es war Pauls Gesicht anzusehen, das ihm diese Erklärung nicht wirklich weiter half. Aber er sah, das seine Oma verständnisvoll nickte. Er beschloss für sich, seine Oma später noch einmal danach zu fragen.

Jetzt schien es Maria leichter zu fallen, darüber zu reden. »Der ist von früher, von dem Weihnachtskleid.«

Mrs. Potter musste lächeln. »Das solltest Du aber besser von vorn erzählen.«

Maria holte noch einmal tief Luft. »Das Kaufhaus in der Fußgängerzone hatte in der Adventszeit eine ganz besondere Werbeaktion. Sie suchten eine Weihnachtsprinzessin, die für das Kaufhaus mehrmals auftreten sollte und dabei ein ganz besonderes Kleid tragen sollte.« Marias Augen leuchteten und es war ihr deutlich anzusehen, wie glücklich sie damals wohl gewesen sein mochte.

»Es war so ein Kleid mit sehr engem Korsett und einem großen Reifrock. So wie aus den Sissi-Filmen. Ein Museum hatte es zur Verfügung gestellt, und da es sehr klein war, kam kaum jemand für das Tragen in Frage. Zudem konnte es nur getragen werden, wenn die Trägerin sich vorher in ein strenges Korsett ein schnüren ließ.«

Marias Stimme wurde leiser. »Ich habe meine Mutter bekniet, dass ich mich für die Aktion bewerben durfte. Zuerst wollte sie es nicht erlauben, doch ich blieb hartnäckig.«

Mrs. Potter wandte sich kurz an Selma. »Frederike hat ihr damals viel zu viel durchgehen lassen.«

Maria blickte ihre Erzieherin mit einer Mischung aus Angst und Erstaunen an.

Erst als ein Lächeln im Gesicht der Erzieherin zu sehen war und damit die Worte als einen Scherz erkennen ließ, entspannte Maria sich wieder. »Doch schließlich hatte ich sie soweit, dass sie mich zu einer Anprobe begleitete. Es waren ohnehin nur noch vier Kandidatinnen übrig. Das Kleid hatte schon sehr kleine Maße und doch war ich optimistisch, dass es mir vielleicht passend könnte.« Ihre Augen strahlten, während sie erzählte. »Doch dabei war noch eine recht seltsame Bedingung. Das Kleid war sehr kostbar und es sollte nicht durch die Transpiration der Trägerin beschmutzt werden, deswegen musste die Trägerin so einen dünnen Schutzanzug darunter tragen. Das hat die drei anderen Kandidatinnen vertrieben.«

Immer noch war in Marias Augen so etwas wie Triumph zu sehen. »Ich werde nie vergessen, wie ich das Kleid das erste Mal tragen durfte. Ich war sehr aufgeregt und meine Mutter musste mich oft bremsen und beruhigen. Diesen seltsamen Schutzanzug habe ich gar nicht wahrgenommen, er lässt sich wirklich wie eine zweite Haut tragen. Darüber wurde mir ein Korsett geschnürt, sehr eng, ich konnte kaum noch Luft holen.«

Es war gut zu sehen, wie Maria jetzt noch sich an das Gefühl zu erinnern schien. »Dann kam das Kleid darüber. Es konnte gerade so geschlossen werden. Da es ein historisches Kleid war, musste ich darin eingenäht werden. So war das früher. Das war sehr aufregend. Ich sah aus wie Sissi. Dann hatte sie noch eine barocke Perücke vorbereitet und die wurde mir aufgesetzt. Ich war sehr stolz, als ich mich im Spiegel sehen konnte. Ich hatte dann diverse Auftritte und konnte mich mehrere Tage lag wie Sissi fühlen. Das war schöner als Weihnachten. Und dann durfte ich diese seltsame Gummihaut und das Korsett behalten. Das war toll.«

Sie seufzte »Meine Mutter hat es nicht gern gesehen, wenn ich es trug, deswegen habe ich es anfangs immer nur heimlich getragen. Sie hat mich mehrmals dabei ertappt, aber sie hat nichts gesagt. Ich habe bloß gespürt, das es ihr wohl nicht recht war. Aber da sie nicht geschimpft hat oder verlangt hat, dass ich es ausziehen soll, habe ich es anbehalten.«

»Doch dann kam Amerika und damit wurde alles anders.« Marias Stimme wurde auf einmal seltsam ernst. »Sie hat mir nicht wirklich ein Wahl gelassen. Obwohl sie mich gefragt hat und wir drüber gesprochen haben, war sowohl ihr als auch mir klar, das es für mich nur eine Lösung gäbe.«

Mrs. Potter unterbrach sie. »Erzähle bitte der Reihe nach.«

Maria musste einen Moment überlegen. »Ja, gut. Eines Tages kam ein wichtiger Brief aus Amerika. Ihr damaliger Chef hatte sie für die Leitung einer Klinik dort vorgeschlagen und sie wurde angenommen. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Es war für mich sofort klar, dass ich nicht dorthin wollte. Aber ich wollte ihr auch nicht im Weg stehen. Ich glaube, in der Nacht habe ich fast nur geweint.«

Maria warf einen bedeutungsvollen Blick auf ihre Erzieherin. »Doch schon am nächsten Tag stand eine Erzieherin in der Tür und ich glaube, die ersten Tage habe ich mich wohl sehr blöd benommen.« Sie schien nachzudenken. »Ich war rebellisch, denn ich wollte keine Erzieherin, aber auch nicht meiner Mutter im Weg stehen. Ich war hin und her gerissen.«

Mrs. Potter musste lächeln. »Deine Reaktion war total verständlich. Ich hätte wohl auch so reagiert.«

Jetzt schien es fast, als wollte die Erzieherin weitererzählen. »Ich musste dich bloß ein paar Tage beobachten um zu wissen, wie ich mit dir umzugehen hatte.«

Maria blickte sie vergnügt an. »Ja, das hast Du wirklich sehr schnell geschafft.« Sie schien kurz nachzudenken. »Ich glaube der Schlüssel war, dass Du mir das Korsett erlaubt hast. Und nicht nur das, Du hast auch dafür gesorgt, dass ich ein neues viel strengeres bekommen habe. Das hat mich sehr beeindruckt.«

»Ich habe gespürt, wie sehr dich die Prinzessinnen und ihre Mode fasziniert haben. Und das habe ich ausgenutzt.«

Maria lächelte dankbar. »Das war eine schöne Zeit. Wir haben gespielt.«

Sowohl Paul als auch Oma Selma blickten etwas verständnislos. Nur am Rande bemerkte Paul, dass Maria beim Schwelgen in ihren Erinnerungen ihre Erzieherin plötzlich duzte wie eine alte Freundin.

»Wir haben Hofzeremoniell gespielt. Prinzessin und Hofdame.«

Paul kam dies recht bekannt vor.

Jetzt war es Maria, die den Faden unterbrach. »Doch dann wurde es auf einmal ernst. Meine Mutter hat mir angeboten, dass ich an einem Experiment teilnehmen sollte. Sie sollte neue Erziehungsmethoden entwickeln und ich sollte ihre Ideen und Methoden ausprobieren. Sie ist extra nach Deutschland gekommen, um uns ihre Ideen zu erklären.«

Marias Stimme klang immer noch sehr beeindruckt: »Anfangs musste ich ziemlich schlucken. Mein ganzer Tagesablauf wäre vorgegeben und ich müsste ständig gehorchen und würde überall unter Kontrolle stehen, sogar die Schule würde sie einweihen.«

Paul wurde sichtlich nervös.

»Sie hat mir viel Zeit zum Nachdenken gelassen, und auch Mrs. Potter war in dieser Zeit sehr nachgiebig. Immer wieder habe ich ihre Unterlagen durchgeblättert und mich mit dem künftigen Programm vertraut gemacht. Und immer stärker wurde in mir ein Gefühl, das mir sagte, ´Ja, das möchte ich auf mich nehmen.´ Irgendwas sagte mir, das ich in dem Programm Geborgenheit und Sicherheit finden könnte. Sie war mittlerweile wieder zurück in die Staaten und ich habe mit ihr telefoniert. Sie war sehr entgegenkommend. Sie hat von mir verlangt, noch eine Woche darüber zu schlafen, und dann wollte sie meine Entscheidung haben. Das Ende dieser Woche konnte ich kaum erwarten. Wie das Programm ausseht, habt ihr ja schon mitbekommen. Es ist schon einige Abwechselung dabei, aber im großen Rahmen ist alles streng vorgegeben.«

Es herrschte kurz Stille. Alle schienen über das Gesagte nachzudenken.

Mrs. Potters Stimme klang wichtig. »Doch jetzt wird sich das alles ändern.«

Maria blickte etwas fragend in das Gesicht ihrer Erzieherin.

»Jetzt wirst du bald die Katerina spielen und dafür ist das Programm aufgehoben.«

Maria sagte ein »Ja richtig.« Sie versuchte etwas mit den Armen zu zucken. »Dafür trainiere ich ja schließlich.«

»Wie läuft es denn mit den Festvorbereitungen?« wollte Selma wissen.

Paul hatte den Eindruck, dass seine Oma absichtlich das Thema wechselte.

»Es fängt nicht gut an.« Maria stöhnte leise. »Ich habe meinen Spielpartner kennen gelernt, den Neffen vom Baron, Franz-Ferdinand.« Sie erzählte, wie sie mit ihm zusammengetroffen war und wie arrogant und egoistisch er sich aufgeführt hatte.

Oma Selma schien ihn zu kennen, genauso wie Mrs. Potter. Beide waren erstaunt bis entsetzt, dass dieser die Rolle des Herzogssohns spielen sollte. Sie bedauerten Maria.

»Und dann war da auch noch der Lehrer für das Handschuhtragen.« Die Enttäuschung war immer noch deutlich in ihrer Stimme zu hören. Sie blickte traurig zu Paul. »Könntest Du es erzählen?«

Paul war noch sehr in Gedanken versunken und fasziniert von den Dingen, die er bisher erfahren hatte. Doch jetzt riss er sich zusammen und berichtete den beiden Damen, was sich bei dem alten Lehrer zugetragen hatte und wie starrsinnig er sich benommen hatte. »Ich glaube, er dachte ständig, dass er die Baroness vor sich hatte. Er hat Maria immer Sophie genannt.«

Selma war überrascht. »Ich kenne ich eigentlich von früher her. So starrsinnig war er damals allerdings nicht. Ich werde mit ihm reden.«

Maria war immer noch enttäuscht. »Er wollte mich überhaupt nicht anhören und er hat auch nicht erlaubt, dass ich ihm meinen Können vorführe.«

* * *

Paul ging schweigend neben seiner Oma her. Er war sehr in Gedanken versunken und dachte über dieses so außergewöhnliches Wochenende nach. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er durch den Themawechsel zu den Festvorbereitungen über den eigentlichen Sinn und Zweck von Marias seltsamem Erziehungsprogramm noch gar nichts erfahren hatte.

Auch seine Oma war von dem Kaffee-Nachmittag noch sehr beeindruckt. »Maria ist schon etwas Außergewöhnliches.«

Paul musste sich erst räuspern, bevor er antworten konnte. Seine Stimme klang sehr ernst: »Wie kann ich ihr am besten helfen?«

»Es wird noch sehr viel Neues auf euch einströmen.« Sie blickte liebevoll zu ihrem Enkel. »Sei immer sehr vorsichtig und geduldig. Sorge dafür, dass Du immer für Maria da sein kannst.« Sie gingen ein paar Schritte weiter. »Sie wird oft Halt brauchen und nur Du kannst ihr den geben.«

Neben seiner Verliebtheit fühlte Paul auch ein wenig Stolz.

»Ich habe den Eindruck, ihr Erziehungsprogramm ist für Euch beide gut, und wenn ihr weiterhin so füreinander da seid, dann wird es Euch fest zusammenschweißen. Du hast in ihr einen großen Schatz gefunden. Hüte ihn gut.«
112. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.14 06:54

Das war das letzte Update vor meinem Urlaub. Kapitel 9 gibt es frühestens am 3. oder 4. Februar oder auch später.

Ihr könnt euch ja bis dahin mal überlegen, wie es mit Sophie nach dem Fest weitergehen soll. Das soll für die Zeit danach der Schwerpunkt sein.
113. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 23.01.14 09:13

Wie Urlaub?? Ist der Überhaupt Genehmigt?
Endlich sind die meisten Fragen die Teil 5 Aufgeworfen hatte geklärt. Das Kaffeekränzchen war sehr Aufschlussreich. Wobei ich gerne Gelesen hätte wie Paul und Maria den Morgen Erlebt haben.
114. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 23.01.14 09:35

Lieber gag_coll

Erstmal schönen Urlaub.

Dir ist wieder eine traumhafte Fortsetzung gelungen, aber ich stimme Mike zu das Aufwachen fehlt irgendwie

In punkto Sophie hoffe ich das sie die erste ist die sich dem Programm von Marias Mutter unterziehen muss und das Marias Mutter rechtzeitig über die Pläne vom Baron erfährt
115. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 23.01.14 17:32

Ich wünsche dir erstmal einen schönen Urlaub .
Ich bin gespannt wie es weiter geht , wobei ich auch sagen muß das mir auch der morgen nach der schönen Nacht gefehlt hat .
116. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 23.01.14 17:33

Ich wünsche dir erstmal einen schönen Urlaub .
Ich bin gespannt wie es weiter geht , wobei ich auch sagen muß das mir auch der morgen nach der schönen Nacht gefehlt hat .
117. RE: Maria

geschrieben von oliviasklavin_tv am 25.01.14 11:19

Hallo !

Erstmal schönen Urlaub, auch wenn der sicherlich von der Leserschaft nicht genehmigt wurde.

Ich habe Deine Geschichte, nun endlich in einem "Rutsch", lesen können.Sie ist sehr strukturiert und sehr mitreißend.

Manche Kapitel werfen immer neue Fragen auf, wie und was noch mit den einzelnen Charakteren passieren wird( der Baroness, dem Baron und seiner komischen "Erbschaft" ,dem Umbau und weiteren Zweck des ehemaligen Luftschutzraumes usw.).

Jetzt erstmal viel Spaß im Urlaub und vll mit der schnellen Fortsetzung.

Lg
Olivia(KG-Trägerin)
118. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 25.01.14 23:20

Das Preisgeld für das Gebet auf dem Rücken, worauf der Baron Spekuliert, ist keine Erbschaft.
119. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 01.02.14 18:19

Hi werte leser mal ne kleine frage zu Marias schöner Nacht... wie schauts denn aus, wenn sie in ihrem Panzer steckt und mal aufs Klo muss? Mal ebend so aus dem Panzer ausschnüren geht nicht bin selber stolze besitzerin eines Ganzkörperpanzers und weiss, wie lange das Schnüren dauert.

Ich finde maria sympathisch weiter so

mit fesselnden grüßen
Kami
120. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 12:37

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Mit zitternden Händen wählte die Reporterin Andrea Baseling die Nummer von Maria und ihrer Erzieherin. Es war aber weniger die Angst vor dem schwierigen Termin, die sie so zittern ließ. Es war mehr die Frage, ob sie den Mut aufbringen würde, zu fragen. Zu gern würde sie sich einmal in solch einen Monohandschuh einschnüren lassen, wie Maria ihn so anmutig tragen konnte.

Doch zunächst musste sie überhaupt erst einmal einen Termin bekommen. Andrea wusste, dass Maria aus diversen Gründen einen sehr vollstopften Terminkalender hatte und sie hoffte nicht nur aus beruflichen Gründen, dass sie Zeit für einen Termin finden würden. Denn da war etwas an diesem Mädchen, was sie besonders faszinierte.

Mrs Potter meldete sich.

Andrea nannte ihren Namen und trug ihr Anliegen vor. Zu ihrem Erstaunen schien die Erzieherin Marias Termine sehr genau im Kopf zu haben. Sie bot ihr an, am Freitag Nachmittag vorbei zu kommen, da hätte Maria zwei Stunden frei. Sie müsse dabei allerdings trainieren.

Die Reporterin war erleichtert und aufgeregt zugleich. Sie sagte den Termin zu, dann ließ sie noch Grüße an Maria ausrichten und verabschiedete sich.

Andrea freute sich, denn sie wußte, was Maria trainierte. Sie würde dann sicher wieder den Handschuh tragen, den die Reporterin so unheimlich faszinierend fand.

Dennoch ärgerte sie sich. Zum einen, weil sie nicht den Mut zum Fragen gefunden hatte. Zum anderen aber auch, weil ihr Chef diese Reportage in der Bedeutung heruntergestuft hatte. Seit die Baroness diese Rolle sozusagen verloren hatte, war die Begleitung der Katerinadarstellerin unwichtig geworden. Ein einfaches Mädchen aus dem Volk sei bei weitem nicht so nicht öffentlichkeitswirksam, hatte ihr Chef ihr erklärt.

Sie war da ganz anderer Meinung. Sie fand es sehr faszinierend, wie anmutig und auch stolz Maria diesen so strengen Monohandschuh tragen konnte.

* * *

Andrea hatte die Tage bis Freitag kaum abwarten können. Jetzt hatte sie sich auf eigene Kosten ein Taxi genommen und war auf dem Weg zu ihrem zweiten Interview mit dieser so faszinierenden jungen Frau. Ein Woche war vergangen, in der Maria sicher einiges im Rahmen der Ausbildung für die Katerina hatte machen müssen und Andrea fragte sich, was es wohl so alles zu erfahren gäbe.

Wieder ging sie in Gedanken die Ereignisse durch, die dazu geführt hatten, dass Maria mit dieser Rolle betraut wurde. Die Comtesse hatten einen schweren Unfall gehabt und war für das nächste halbe Jahr wegen den schweren Verletzungen nicht eimmal in der Lage zu gehen, geschweige denn die Rolle auf dem Fest zu spielen.

Es war allgemein bekannt, dass die Comtesse oft ohne sich anzuschnallen Auto fuhr. Trotzdem war die Reporterin über die Schwere der Verletzungen sehr erstaunt, zumal es nicht bekannt war, wie kaputt das Auto war. Es wurde bloß in den Zeitungen berichtet, die Baroness wäre gegen einen Baum gefahren. Es gab aber auf der betreffenden Straße, wo sich der Unfall ereignet haben sollte, nur drei Bäume und keiner davon zeigte eine größere Beschädigung.

Es war außerdem sehr erstaunlich, wie schnell der Baron einen Ersatz gefunden hatte. Ein Verdacht keimte in ihr hoch. Doch dann schalt sie sich eine Närrin. Warum sollte der Baron seine Tochter aus dem Weg räumen wollen, das ergab überhaupt keinen Sinn. Andrea schob ihr berufliches Mißtrauen zur Seite.

Ob sie es diesmal schaffen sollte? Sie würde den Handschuh gern einmal probieren, aber sie wußte nach wie vor nicht, wie sie danach fragen sollte.

* * *

Es kam Andrea vor, als freue sich die Erzieherin von Maria über ihre Ankunft. Das war bei weitem nicht selbstverständlich. Im Gegenteil, oftmals war die Presse überhaupt nicht gern gesehen. Andrea war über diese Aufnahme sehr erleichtert. Sie legte ihre Jacke ab und folgte Mrs. Potter in das Wohnzimmer.

Sofort fiel ihr Blick auf Paul und Maria und sie sah, daß er gerade die abschließende Schleife in der Schnürung von Marias Handschuh band. Sie blickte neugierig auf Maria und ihren Handschuh. Sie war sowohl fasziniert von der Anmut Marias auch von ihrer Hilflosigkeit in diesem so seltsamen Gegenstand.

Ein klein wenig wunderte sie sich, denn sowohl Paul als auch Maria waren sehr förmlich gekleidet. Paul trug zur schwarzen Stoffhose ein weißes Hemd und Maria hatte einen schwarzen fast wadenlangen Rock zu weißen Bluse an. Dazu schwarze sehr schicke Stiefel und eben den Monohandschuh in ebenso schönem wie unschuldigem Weiß. Mrs. Potter erwähnte den Termin bei der Sparkasse, der sich gleich an das Interview anschließen würde.

Sie trat auf die beiden zu und reichte Paul die Hand. Er erwiderte den Gruß.

Sie blickte auf Maria und war sehr erstaunt, als diese ihre in der Lederhülle verpackten Armen rechts an ihrem Körper vorbei nach vorne schob und Andrea auffordernd und mit einem verschmitzten Lächeln anblickte.

Die Reporterin brauchte einen Moment, bis sie erkannte, was diese Geste bedeutete. Maria wollte ihr ebenfalls die Hand reichen. Andreas Hand zitterte fast etwas, als sie Marias verhüllte Hände ergriff und ihr so ebenfalls andeutungsweise die Hand schütteln konnte.

Mrs Potter kam in das Wohnzimmer und trug einen Kuchen vor sich her. »Jetzt gibt es erst mal Kaffe und Kuchen.«

Unbewußt blickte Andrea auf Marias verpackte Arme. Doch Maria hatte diesen Blick entdeckt und spürte die Verwunderung der Reporterin. Sie drehte sich halb zu Paul hin und strich ihm mit ihren Armen zärtlich den Rücken entlang. »Er wird mir helfen,« antwortete sie auf die nicht gestellte Frage.

Andrea mußte schlucken, so sehr war sie von Maria fasziniert.

Mrs Potter unterbrach sie. »Jetzt nehmt doch erst mal Platz.«

Die Reporterin war von der familiären Wärme, mit der sie empfangen wurde, verunsictert, deswegen ließ sie Paul und Maria den Vortritt. Sie setzte sich dann auf den verbliebenen Platz. Sie blickte verstohlen auf Marias Platz und sah, daß in ihrer Tasse ein Strohhalm steckte.

Die Erzieherin schenkte den Kaffee ein. Paul versorgte sich und seine Freundin mit Milch und Zucker, während Andrea ihren Kaffee am liebsten schwarz trank.

Maria beugte sich vor und mit einer erstaunlichen Geschicklichkeit nahm sie den Strohhalm in den Mund und nahm einen vorsichtigen ersten Schluck Kaffee.

Paul legte sich zwei Stück Kuchen auf den Teller, dann nahm er seine Gabel zur Hand und trennte ein kleines Stück ab. Er spießte es auf und vorsichtig näherte er sich damit Marias Mund. Sie lächelte ihn dankbar an, dann öffnete sie ihre Lippen und nahm das Stück von der Gabel.

Andrea war so fasziniert, dass sie selbst ihren Kaffee total vergaß. Es machte so einen selbstverständlichen Eindruck, wie Maria hier gefüttert wurde. Eigentlich wäre es doch total demütigend, so essen zu müssen, doch zwischen Paul und Maria war es etwas ganz anderes. So unheimlich liebevoll sorgte Paul für seine hilflose Freundin, während Maria die Behinderung durch den Handschuh überhaupt nichts ausmachte. Im Gegenteil. Ihr Blick zeigte sehr viel Stolz und Glück. Auf einmal wußte Andrea, was es war.

Es war Liebe!
121. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 02.02.14 13:04

Wieder eine gelungene Fortsetzung bin gespannt wie es weiter geht.
122. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 02.02.14 13:19

Sieh an Andrea ist von dem Monohandschuh Fasziniert und möchte auch mal einen tragen.
Dann könnte sie ja mit Maria zusammen das Tragen Trainieren, aber dazu muß ihr wohl erst einer Angepasst werden.
Schön das es endlich Weitergeht Karl.
123. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 02.02.14 14:21

Sehr gelungene Fortsetzung

Ich hoffe Andrea traut sich einen monohandschuh zu tragen
124. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 15:11

Zitat
wie schauts denn aus, wenn sie in ihrem Panzer steckt und mal aufs Klo muss? Mal ebend so aus dem Panzer ausschnüren geht nicht


So genau weiß ich das auch nicht. Maria hat uns ja nicht gezeigt, was sie noch unter dem weißen Catsuit trug. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass sie eine Erwachsenenwindel darunter trug. So etwas hat sie in der Klinik ihrer Mutter mal tragen dürfen und war davon sehr angetan.

Zitat
bin selber stolze besitzerin eines Ganzkörperpanzers und weiss, wie lange das Schnüren dauert.


Hmm... das klingt sehr faszinierend. Ich würde gern mehr über deinen Panzer erfahren und würde mich freuen, wenn du etwas erzählen könntest...
125. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.02.14 18:49

Hallo cag_coll.

Schön, das du wieder aus deinem Urlaub zurück bist.
Und schon hast du wieder eine faszinierende Fortsetzung veröffentlich, wenn auch für meinen Geschmack viel zu kurz.

Und du hast jetzt endlich auch gelüftet, ob die Reporterin den Mut aufbringen würde sich der herausforderung eines Monohandschuhs zu stellen.

Mfg Rainman
126. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 20:25

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter unterbrach Andreas Gedanken, in dem sie sie an den Zweck ihres Besuchs erinnerte. Doch Andrea war noch zu sehr verzaubert von der Ausstrahlung von Maria, um sofort darauf zu reagieren. So bat die Erzieherin Maria, von ihren Erlebnissen in der Woche zu erzählen.

Andrea versuchte sich innerlich wach zu rütteln, dann griff zu ihrer Tasche und nahm ihr Diktiergerät heraus. Sie schaltete es an und legte es dann zwischen sich und Maria auf den Tisch.

Maria war noch etwas mit Kauen beschäftigt, als sie der auffordernde Blick der Reporterin erreichte. Sie schluckte hinunter und blickte kurz noch einmal zu ihrer Erzieherin. Diese warf ihr einen ermutigenden Blick zu, so als hätte Maria um Erlaubnis gefragt.


Maria war mit einigen Erwartungen zu dem Geschichtsunterricht für die Hauptdarstellerin gegangen, so erzählte sie, doch im Nachhinein betrachtet war es für sie nur eine einzige Enttäuschung. »Eigentlich hätte ich mir das sparen können.« Sie blickte liebevoll zu Paul. »Deine Oma hat das wesentlich schöner erzählt.«

Sie beugte sich leicht zu ihm hin und schaffte es, ihn mit ihren in der Lederhüllen gefangenen Armen zu streicheln. Dabei stellte sie einige Vergleiche an. »Bei Deiner Oma konnte man richtig träumen. Am Montag hingegen war es einfach nur nüchtern. Fast nur Jahreszahlen.«

Deutlich spürte die Reporterin, das Maria von dem Termin ziemlich enttäuscht war.

Andrea fragte nach den Hintergründen des Festes. Sie hatte sich natürlich informiert, aber es war sicher auch interessant zu erfahren, wie die Hauptdarstellerin ihre Rolle sah.

Maria berichtete von den historischen Begebenheiten, sehr ausführlich und nur selten fand Paul noch etwas zu ergänzen. Beim Happy-End hatte Maria einen gewissen Glanz in den Augen und blickte Paul verträumt an.

Andrea hoffte, diesen Blick in ihrem Bericht einfangen zu können. Sie war beeindruckt, wie gut Maria ihre Rolle kannte.


»Danach mußte ich gleich zum Sport,« Marias Stimme klang beeindruckt. »Der Festausschuß hat mich da hingeschickt.«

Andrea verstand nicht ganz, warum dem Festausschuß der Sport so wichtig war. Sie fragte nach.

Maria nahm einen Schluck mit dem Strohhalm, dann erklärte sie. »Ich war bei den Kampfsportlern. Sie haben mir beigebracht, wie ich mich ohne Arme dennoch verteidigen kann.«

Andrea war sichtlich interessiert.

»Wichtig ist vor allem, beherzt aufzutreten. Und sich nicht einschüchtern zu lassen.« Sie blickte in Richtung ihrer Beine. »Und die Beine richtig einsetzen. Sie haben mir sogar gezeigt, wie ich die Ketten für mich einsetzen kann.«

Mrs Potter war an den Aufgaben ihres Schützlings ebenfalls interessiert. »Natürlich wird die hilflose Darstellerin auf dem Fest rund um die Uhr bewacht,« fügte sie hinzu, »trotzdem verleiht es der Rolle mehr Ausdruck, wenn die Darstellerin weiß, welche Verteidigungsmöglichkeiten ihr verbleiben.«

Auch Paul war von Marias Engagement sehr beeindruckt. Er streichelte Marias Schulter und blickte sie mit einem gespielten Vorwurf an. »Ich muß versichtig sein.«

Maria wußte, auf was er anspielte. Sie lächelte entschuldigend. »Das mit dem Schienbein war ein Versehen.« Sie streichelte ihn mit ihrem Handschuh, blickte ihn liebevoll an und tröstete ihn. »Das wird nicht wieder vorkommen.«

Paul blickte sie sowohl verliebt als auch besorgt an.


»Am Dienstag wart ihr beim Sportverein zum Tanzen?« Andrea sagte, dass sie früher gelegentlich auch dort getanzt hatte.

Marias Blick betrübte sich etwas. »Der Prinz war wieder nicht da.« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie etwas bedrückte. »Doch das Tanzen war schön.« Doch dann blickte sie mit einem erneuten Lächeln zu Paul. »Du machst das wirklich gut.«

Er wiegelte bescheiden ab.

Maria stupste ihn mit den Armen in die Seite. »Jetzt sei nicht so bescheiden, du machst das gut.«

Paul mußte lächeln.

Andrea blickte verwundert zu Paul.

»Ich bin für den Neffen des Barons eingesprungen.« Paul merkte an, daß er dafür die Schritte könne. »Aber ich werde das ja nicht brauchen. Der Baron hat versprochen dafür zu sorgen, dass der Prinz beim nächsten Termin erscheinen wird.« Irgendwie war bei ihm Erleichterung zu spüren.

Andrea zog nur kurz die Augenbrauen hoch.


Maria fiel ein, dass sie vorher ja noch beim Orthopäden war. »Er hatte nichts auszusetzen.«

Paul erinnerte an die Lockerungsübungen.

Sie lachte. »Ja, ich soll gelegentlich auf die Lockerheit meiner Arme achten.« Sie machte eine Pause und schien zu träumen. »Aber das muss ich ja sowieso machen.«

Ihr fiel ein, dass sie die Dienstagsprobe bei ihrer Musikgruppe ausfallen lassen mußte. Es klang ein wenig Traurigkeit in ihrer Stimme mit.

Paul wollte sie trösten. »Aber dafür hast Du es ja jetzt schriftlich, dass Du den Handschuh tragen darfst.«

Maria lächelte ihn an. »Ja, Du hast recht. Ich konnte ihn am Mittwoch auch gleich vorzeigen.«

Andrea blickte ein wenig verwirrt.


»Am Mittwoch hat uns Herr Weiterer besucht.« Maria erklärte, dass dieser Herr jeder Katerina-Darstellerin das Tragen des Monohandschuhs beigebracht hatte.

Andrea lächelte, denn sie wußte, dass Maria diesen Unterricht nun wirklich nicht mehr brauchte.

Paul beschrieb, wie der Lehrer sie die ganze Zeit mit Sophie verwechselt hätte und nur geschimpft hatte. »Als er dann erfahren hat, dass Maria noch nicht beim Orthopäden war, ist er ganz ungehalten geworden.«

»Aber vorgestern war er ganz anders.« Es war Maria anzuhören, dass sie noch bewegt war von dem Besuch. »Er hatte einen Blumenstrauß dabei und entschuldigte sich. Er hätte mich mit der Baroness verwechselt und es täte ihm sehr leid, dass er so geschimpft hatte.«

In Marias Stimme war deutlich zu hören, wie gern sie diese Entschuldigung angenommen hatte. »Ich konnte ihm dann aber trotzdem den Bericht vom Orthopäden zeigen.«

Paul erwähnte noch, wie sehr er Maria dann noch für ihre Gelenkigkeit gelobt hatte.

»Dann kam auch schon Frau Bayer und hat uns abgeholt. Es stand auf dem Plan, dass die zukünftige Katerina sich einmal das Museum des Festes in aller Ruhe ansehen durfte.«


Maria sprach es das erste Mal aus. »Es ist schon sehr aufregend, dass ich den Handschuh jetzt überall tragen darf.«

Andrea blickte sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid an. Doch dann stutzte sie. »Du hast Den Handschuh auch im Museum angehabt.« Nur nebenbei fiel ihr auf, dass sie über den Handschuh wie über ein normales Kleidungsstück sprach.

Paul platzte fast vor Stolz auf seine so seltsam talentierte Freundin. »Wir wurden sogar vom Bürgermeister empfangen.«

Andreas Blick wurde immer verwunderter.

»Das Museum ist in dem Zimmer neben dem Bürgermeister untergebracht,« erklärte Paul. »Es wird aber nur in den Jahren um das Fest herum geöffnet und auch nur am Sonntag Nachmittag.« Er blickte stolz auf seine Freundin. »Für Maria gab es eine Ausnahme.«

»Bei dem Termin hätte auch der Darsteller des Prinzen anwesend sein sollen, aber der hatte mal wieder was besseres zu tun.« Es war deutlich in Marias Stimme zu hören, was sie von dem Neffen des Barons hielt.

Paul erwähnte, dass er aufgrund von Renates Anregung hin mitgekommen sei.

»Der Bürgermeister hat mit dem Handschuh so seine Probleme gehabt,« erinnerte sich Maria mit einem deutliche Lächeln in der Stimme. Er hatte ihr erst die Hand schütteln wollen und bot ihr etwas zu trinken an. Dann erst war sein Blick wieder auf den Handschuh gefallen und ihm fiel sein Fehler auf. Er hatte sich entschuldigt und gab an, dass dies sein erstes Fest sei und dass er mit den Besonderheiten des Festes noch so seine Schwierigkeiten hätte.

Maria hatte ihn nur angeblickt und gelächelt. »Das ist kein Problem, für mich ist es ja auch noch sehr ungewohnt.« Im Nachhinein dachte sie darüber nach, dass es vielleicht ein wenig anders gemeint war, als es als Botschaft angekommen war. Aber das sollte ihr Geheimnis bleiben.

Er hatte sie persönlich zum Museum geführt und dann aber an Frau Bayer übergeben. »Sie können das bestimmt besser erklären als ich.« Er entschuldigte sich und verwies auf seine anderen Termine.

Renate war in das Museum vorangegangen. Sie wartete, bis Maria und Paul ebenfalls eingetreten waren, dann ging sie zur ersten Vitrine und zeigte auf das ausgestellte Kleid. »Dieses Kleid wurde entsprechend den historischen Angaben nachgeschneidert. Es entspricht dem was wir als allererste Aufzeichnungen besitzen.«

Maria warf einen Blick auf das Kleid und war sehr beeindruckt, denn schon auf den ersten Blick war die sehr schmale Taille des Kleides sichtbar. Die Trägerin dieses Kleides trug darunter sicher ein strenges Korsett. Unbewußt strich Maria sich mit den Armen so gut es ging an ihrer Seite entlang, um ihr eigenes Korsett spüren zu können.

Renate verwies auf den locker über den Schultern zu tragenden Umhang, der einen Teil des Handschuhs verbarg, den die Trägerin dazu ja tragen mußte.

Maria war fasziniert.

Renate ließ ihr Zeit, das Kleid zu bestaunen, dann ging sie zur nächsten Vitrine. »Dieses Kleid ist ebenfalls eine Besonderheit. Es wurde Anfang des Jahrhunderts getragen und die Darstellerin hat es damals der Stadt gespendet, denn es war nur zum Fest zu tragen.«

Maria war an die nächste Vitrine getreten und sie sah sofort den Grund dafür. Deutlich war zu sehen, dass bei diesem Kleid der Handschuh unter dem Kleid zu tragen war. Die Rückenpartie des Kleides war entsprechend größer gearbeitet, dafür hatte das Kleid weder Ärmel noch Armansätze. Aber auch bei diesem Kleid war Maria durch die deutliche schmale Taille beeindruckt. Sie fragte sich, wie wohl ihr eigenes Kleid ausfallen würde.

In der nächsten etwas kleinere Vitrine wurde es sehr martiialisch, denn hier waren die Ketten ausgestellt, die die Katerina während der Heimkehr von der Schlacht tragen mußte. Maria erschrak, als sie das erste Kettengeschirr erblickte. Es war weniger die Menge an Eisen, die sie so erschrecken ließ als viel mehr ihr Zustand. Sie sahen wirklich alt und rostig aus. An einigen Stellen glaubte sie sogar so etwas wie Blut zu entdecken.

»Früher gab es nur diesen einen Satz von Ketten, den dann jede Katerina tragen mußte, das war früher gewiss nicht einfach.« Renates Stimme ließ ihre Gefühle deutlich werden.

Maria blickte auf die Ketten und eine Gänsehaut kroch ihr langsam über die Arme. Sie zählte vier kleine Metallringe, einen mittleren und einen noch etwas größeren. Gerade als sie sich fragte, wie diese Ketten wohl zu tragen seien, lenkte Renate ihren Blick auf die nächste wieder größere Vitrine, in der eine Schaufensterpuppe das Tragen der Ketten zeigte.

»Diese Ketten hat einer der jüngeren Katerinen dem Museum gespendet«, erklärte Renate. »In der jüngeren Zeit werden die Ketten jedesmal neu angefertigt und die Darstellerinnen dürfen sie als Erinnerung behalten.«

Maria war einigermaßen gefaßt, als sie auf die Figur blickte. Die Puppe trug keine weiteren Kleider, so dass die Ketten voll zur Geltung kamen. Um die Hand- und Fußgelenke trug die Puppe je einen schweren Eisenring. Eine kurze Kette verband jeweils die Arme und Beine miteinander. Von der Verbindungskette zwischen den Händen verlief noch eine Kette zu dem ebenfalls recht dicken Eisenring, den die Puppe um den Hals trug.

»In früheren Jahrhunderten«, so erklärte Renate, »trug die Darstellerin auch noch einen Ring um die Taille, der mit den Händen verbunden war. Aber das wird heute nicht mehr gemacht.«

Maria schmiegte sich fest an Paul an, der hinter sie getreten war und seine Arme um sie geschlungen hatte. Auch er empfand großen Respekt vor dem Anblick der Ketten.

»Morgen«, Marias Stimme stockte etwas, »Morgen habe ich einen Termin beim Schmied.« Ihre Stimme hatte in dem Moment fast etwas weinerliches.

Renate waren diese Gefühle nicht unbekannt. »Du brauchst keine Angst zu haben. Der Kunstschmied Herr Schwerterle ist sehr begabt und geschickt. Die Ketten lassen sich sehr bequem tragen und wirken nur so martialisch. Du kannst uns vertrauen.«

Maria blieb erst einmal sehr skeptisch.

Renate wußte, dass sie Maria jetzt ablenken mußte. Sie bat sie, doch zu der gegenüberliegenden Vitrine zu kommen.

Maria fiel es fast etwas schwer, sich vom Anblick dieser so streng aussehenden Ketten loszureißen.

»Hier siehst Du Fotos aus von den vergangenen Jahren sowie eine Übersicht über die vergangenen Darstellerinnen.«

Maria blickte auf die Fotos und war über die Ablenkung recht dankbar. Sie schaute auf die einzelnen Fotographien und zu ihrer deutlichen Erleichterung blickte sie überall in das eher strahlende Gesicht der jeweiligen Katerina.

Auf einem Bild erkannte sie Kerstin wieder und als Renate auf ein anderes Bild zeigte, erkannte Maria, dass Renate selbst auch einmal die Katerina gespielt hatte. »Du siehst, ich weiß, wovon ich rede«, sagte sie, um Maria etwas zu beruhigen.

Dann zeigte sie ihr noch die kleine Sammlung von Plakaten, die ebenfalls von der Stadt stolz präsentiert wurden.

Der Höhepunkt der Ausstellung war allerdings die letzt Vitrine, denn hier wurden die Handschuhe der Katerinen ausgestellt. Maria suchte mit ihren verpackten Händen die Hände ihres Freundes und ließ sich von ihm zärtlich festhalten. Erst dann wagte sie einen genaueren Blick auf die Vitrine.

Renate ließ Maria einen Moment Zeit, um sich mit dem Anblick vertraut zu machen. Dann wurde sie fast etwas übertrieben sachlich. »Dies sind verschiedene Handschuhe, die von den jeweiligen Katerinen wirklich getragen wurden.« Es war deutlich, daß auch sie von den Handschuhen auch sehr bewegt war. »Man sieht sehr gut, wie der jeweilige Modegeschmack zu der jeweiligen Zeit war.«

Maria suchte mit ihren Händen Halt bei Paul, während sie staunend die einzelnen Handschuhe begutachtete. Zum einen waren die Formen interessant, es gab sehr weite Handschuhe, aber auch Handschuhe, die fast genauso streng waren wie Marias jetziger Handschuh. Genauso war sie aber auch von dem Aussehen der Handschuhe fasziniert, denn es gab sowohl schlichte als auch sehr reich und verspielt verzierte Handschuhe.

Gemeinsam war ihnen allerdings, dass sie stets die Aufgabe hatten, die Arme der mehr oder weniger gelenkigen Trägerin erbarmungslos auf dem Rücken festzuhalten und ihr damit jegliche Armfreiheit zu nehmen.

Sowohl Maria als auch Paul standen in Ehrfurcht vor der Vitrine. Fast unbewußt schmiegte sich Maria an Pauls Körper und genauso ohne ihren Willen streichelte sie seinen Körper, was Paul erwiderte.

Sie blickten sich an und sehr sehr zärtlich näherten sich ihre Lippen.

* * *

Maria beugte sich vor zu ihrem Strohhalm und nahm einen Schluck Kaffee. Dann blickte sie Paul sehr verliebt an und wiederholte diesen Kuß kurz. Andrea sah höflich weg.

* * *

»Mit großen Herzklopfen sind wir dann am nächsten Tag zum Schmied gegangen,« es war Maria noch anzumerken, wie viel Unbehagen sie da gehabt hatte. »Doch dann war es ganz harmlos.« Sie lächelte. »Es war nur die Tochter da, die mir erklärt hat, was sie tun muß.«

Maria beschrieb, was Doris ihr erklärt hatte. »Sie hat mir die Bereiche um meine Hand- und Fußgelenke mit mehreren Lagen Gips umwickelt, der dann nur aushärten mußte. Das war alles.« In der Stimme war die Erleichterung deutlich zu hören.

Andrea wunderte sich etwas.

»Aus den Gipsformen werden dann Abgüssen gemacht, mit denen der Vater von Doris dann die Eisen umschmieden kann. Sie sagte, sie würden das immer so machen.«

Andrea horchte bei diesem Satz auf. Sie fragte sich insgeheim, wer sich wohl sonst noch so in Ketten legen ließ.

»Nächsten Donnerstag soll ich dann zur Anprobe kommen.«

Paul erinnerte sich. »Doris hat uns noch ihre Ketten gezeigt, die der Vater mal für sie angefertigt hatte. Innen sind sie weich gepolstert und haben auch keine scharfen Kanten, an denen die Trägerin sich verletzten könnte.«

Maria erinnerte sich daran, dass das Geschirr von Doris auch einen Ring um die Taille besaß, so wie es früher üblich gewesen war. Sie fragte sich, wie ein Ring um ihre Taille aussehen würde. Ob sich das Geschirr wohl noch ändern ließ?

Andrea beschloß nebenbei, sich einmal genauer bei dem Schmied und seiner Kundschaft umzusehen.
127. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 03.02.14 10:08

Lieber gag_coll

jetzt verwöhnts du uns aber 2 geschichten an einem Tag danke dafür
128. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.02.14 13:51

Zitat
jetzt verwöhnts du uns aber 2 geschichten an einem Tag danke dafür


Naja, der erste Teil wasr auch etwas kurz.

Falls es hier Verständnisprobleme mit der Reihenfolge gibt: Die Reporterin Andrea kommt am Freitag zu Maria und läßt sich erzählen, was sich die Woche über ereignet hat. Manchmal (wie zum Beispiel im Museum) gibt es dann einen ausformulierten Rückblick.
129. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 04.02.14 15:07

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Paul erinnerte an den Sprachunterricht. Er griff in seine Hosentasche und nahm einen Korken heraus. Er wischte ihn noch einmal mit der Serviette ab, dann näherte er sich damit Marias Mund.

Andrea blickte verwundert auf seine Hände.

Maria blickte ihn verlegen. »Stimmt, das war ja Mittwoch auch noch. Ich mußte mir so einen doofen Korken in den Mund stecken und dann blöde Sätze aufsagen.« Dann blickte sie belustigt auf den Korken und öffnete ihren Mund. Langsam und zärtlich schob Paul den Korken zwischen Marias Zähne. Sie schloß ihren Mund, bis die Zähne den Korken festhielten.

»Barbara saß nah am Abhang, sprach gar sangbar - zaghaft langsam; Mannhaft kam alsdann am Waldrand Abraham a Sancta Clara.«

Sie mußten lachen und Maria fiel der Korken aus dem Mund.

Paul war sehr aufmerksam und fing ihn auf noch bevor er zu Boden fallen konnte. Er steckte ihn wieder in die Hosentasche und küßte Maria kurz.

»Blöd ist bloß, wenn der Korken rausfällt.« Maria blickte Paul dankbar an. »Dann brauche ich Hilfe.« Sie zuckte süß mit ihren gefangenen Armen.

* * *

»Am Donnerstag war dann wieder eine Tanzprobe.«

Obwohl Andrea es schon an Marias Tonfall erkannte, fragte sie nach. »Ist der Prinz gekommen.«

Marias Blick wurde etwas betrübt. »Nein, Paul mußte wieder einspringen.« Sie blickte ihn dankbar an und versuchte ihn wieder etwas mit ihren Armen zu streicheln.

Andrea versuchte sich zu erinnern. »Und wie kommst Du klar, wenn Du ohne Arme tanzen mußt?«

Marias Augen leuchteten. »Das geht ganz gut, ich denke, die wichtigen Tänze kann ich schon gut.« Auf einmal sprühte der Ehrgeiz aus ihr heraus. »Aber ich will alles mittanzen.«

Paul bekam in diesem Moment fast so etwas wie Angst, als er daran dachte, was Maria sich da so alles vorgenommen hatte. Sie wollte ja auch die Originalhaltung tragen und dann auch noch alles mittanzen? Spätestens jetzt erkannte er, dass er auf dem Fest für Maria wohl rund um die Uhr da sein müßte.

* * *

»Vorher waren wir noch bei der Schneiderin.« Marias Stimme zeigte Begeisterung.

Paul blickte sie warnend an und gab ihr einen leichten Stups in die Seite.

Maria sah ihn dankbar an und berichtete mit scheinbar ruhiger Stimme vom Maßnehmen für das Kleid für die Katerina, welches die Schneiderin anfertigen sollte. Sie war für Pauls Warnung dankbar, denn was sich genau ereignet hatte, durfte keiner erfahren.

Dass Maria auf dem Fest die Originalhaltung »Das Gebet auf dem Rücken« tragen würde, sollte so lange es irgendwie ging geheimgehalten werden. Nur die Schneiderin war eingeweiht, denn sie mußte das Kleid für diese Haltung anfertigen.

Das Maßnehmen war für Maria sehr aufregend, denn sie mußte dafür die Arme zum ersten Mal wirklich in dieser Haltung für ein paar Minuten tragen.

Es war alles gut vorbereitet und Paul und die Schneiderin hatten sich gut abgesprochen, so dass Maria die Arme nicht länger als unbedingt nötig in dieser für sie noch sehr schmerzhaften Haltung tragen mußte.

Obwohl alles so wie vorbereitet klappte, zeigte es Maria dennoch, dass sie noch sehr viel trainieren mußte, um diese Haltung über viele Stunden ertragen zu können.

* * *

Es klingelte. Mrs Potter stand auf und ging langsam zur Tür. Sie blickte dabei auffordernd auf Maria und Paul. »Das wird der Direktor sein. Seid ihr fertig?«

Andrea blickte fast etwas erschrocken zur Uhr. »Oh, es ist schon so spät? Dann muß ich mich verabschieden.« Mit einem Bedauern in ihrem Blick machte sie das Diktiergerät aus und steckte es in ihre Tasche. Dann stand sie auf und verabschiedete sich mit einem Händedruck von Paul. Wieder streckte Maria ihre Hände nach vorn und Andrea ließ es sich nicht nehmen, auch ihr die Hände zu drücken, dann ging sie zur Tür.

Mrs Potter führte gleich danach den Direktor der Sparkasse herein. Es war ein älterer Herr, der irgendwie sehr viel Würde und zugleich auch Ruhe ausstrahlte. Sie stellte ihn als Rudolf Steinhagen vor.

»Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Er war gleich auf Maria zu gegangen und reichte ihr die Hand.

Als Maria sich leicht umdrehte, um ihre verpackten Arme zu zeigen, wurde der Direktor verlegen und entschuldigte sich. Statt dem Händedruck machte er eine Verbeugung. Jetzt war es an Maria, verlegen zu werden.

»Ich muß sagen, dass meine Mitarbeiter noch untertrieben haben.« Seine Stimme klang beeindruckt und ehrlich zugleich. »Sie werden eine tolle Katerina sein.«

Maria wurde rot.

»Kein Grund zur Bescheidenheit.« Er blickte kurz zu Mrs Potter und dann wieder auf Maria. »Ich hatte es schon am Telefon gesagt, ich bin sehr froh, dass sie die Rolle spielen werden und nicht die Comtesse.«

Mrs Potter fing den Blick auf und schien sich ebenfalls an das Telefonat zu erinnern. »Haben sie sich jetzt überzeugt, dass Maria der Rolle gewachsen ist?«

Der Direktor konnte seinen Blick kaum von Marias Armen ablassen. Es war deutlich sichtbar, wie sehr er von Marias Fähigkeiten und ihrer Anmut fasziniert war.

»Darf ich den Handschuh einmal anfassen?« Seine Stimme war etwas heiser. Er räusperte sich.

Maria empfand irgendwie sehr viel Achtung vor dem alten Herrn. Sie trat einen Schritt näher, drehte sich leicht und bot ihm ihre verpackten Arme an.

Fast etwas verträumt strich er vorsichtig über Marias Arme. »Meine Tochter hätte es auch gern spielen wollen, aber das ging leider nicht. Ihre Rückenprobleme habe das nicht zugelassen.« Das Bedauern war in seiner Stimme deutlich zu hören.

»Um so mehr bin ich froh, dass Sie die Rolle spielen werden.« Er blickte noch einmal zu Marias Erzieherin. »Ich war von Anfang an gegen die Comtesse, aber ich wurde überstimmt.«

Er erzählte ein wenig von den Sitzungen, auf denen oft und lange über dieses für den kleinen Ort doch so wichtige Thema verhandelt und gestritten wurde. »Meine Tochter war auch einmal bei den Bewerberinnen für die Rolle, doch sie hat die Erlaubnis des Arztes nicht bekommen.«

Paul und Maria hörten höflich zu.

Mrs Potter erinnerte an die Uhrzeit.

Herr Steinhagen blickte auf die Uhr, dann lächelte er. »Sie haben Recht, wir sollten dann langsam losfahren.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Aber ohne mich fangen die nicht an.«

Alle vier mußten schmunzeln.

* * *

Vor dem Haus wartete eine große schwarze Limousine, neben der ein Chauffeur in schwarzer Uniform stand. Als er den Direktor aus dem Haus kommen sah, ging er zur hinteren Tür und öffnete diese.

Doch zu seinem Erstaunen ging der Direktor selbst zu der Tür und bat Maria einzusteigen. Dann warf er einen Blick auf Paul. »Können Sie ihr beim Anschnallen helfen?«

Paul kam der Bitte liebend gern nach. Er stieg ein und legte seiner Freundin und dann sich selbst den Sicherheitsgurt an. Der Direktor selbst setzte sich vorn neben den Fahrer. Dieser warf einen sehr erstaunten Blick auf seinen Chef, dann fuhr er los.

* * *

»Und wie kommen Sie mit dem Freiherrn von Schleihtal zurecht?« Der Direktor hatte sich zu ihr umgedreht.

Maria mußte erst einen Moment überlegen, bis ihr einfiel das dies ja der Name des Prinzendarstellers war.

»Ich habe ihn erst einmal erlebt.« konnte sie wahrheitsgemäß berichten. Sie erzählte, wie sich der Neffe beim ersten Tanzen aufgeführt hatte.

Herr Steinhagen war erstaunt. »Aber sie sollen doch das Fest zusammen spielen. Haben sie denn bisher nicht dafür üben müssen?«

Maria seufzte leicht. Sie hatte sich zwar vorgenommen, sich nicht über den Neffen zu beschweren, aber der Direktor hatte bei ihr einen Nerv getroffen. Sie erzählte, wie der Neffe sie bei jedem Termin mit irgendwelchen scheinheiligen Ausreden abgespeist hatte.

»Und wie haben Sie dann geübt?« Es war schon einige Empörung in seiner Stimme zu hören.

Maria blickte dankbar auf Paul, dann blickte sie wieder zum Direktor, der die Antwort nach diesem Blick schon kannte. »Paul ist immer eingesprungen.« Sie versuchte, ihn mit ihren Monohandschuh-Armen zu erreichen, aber dazu saßen sie zu weit auseinander.

Paul bemerkte diese Geste. Er streckte seinerseits den Arm aus und ergriff die Hände seiner Freundin.

Mit einer sehr sonoren Stimme sprach der Direktor aus, was Maria sich insgeheim schon lange wünschte: »Sie hätten es lieber, wenn Paul den Prinzen spielen würde?«

Maria fühlte sich in ihren Gedanken ertappt, doch sie versuchte ihre Stimme entschlossen klingen zu lassen. »Ich spiele das Fest mit seinem Neffen, so wurde es vom Baron festgelegt.« Sie hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden.

Der Direktor blickte sie bewundernd an. »Ihr seid tapfer.«

Maria wurde rot.

* * *

Renate Bayer stand vor der Sparkasse bereit, um Maria zu empfangen. Ihre Miene zeigte große Enttäuschung und Frustration und Maria brauchte nicht lange zu überlegen, was es bedeutete.

Paul sprach es aus. »Er kommt nicht?«

Renates Stimme klang bedauernd und verärgert zugleich. »Er hätte einen wichtigen Termin an der Uni, so hat er sich entschuldigen lassen.«

Paul zuckte etwas zusammen, als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte. Der Direktor blickte ihn aufmunternd an. »Ich zähle auf Sie.« Dann ging er voran durch die Tür in die Sparkasse. »Bitte treten sie ein,« sagte er auffordernd.

Es waren einige Reporter und Fotografen anwesend und zum ersten Mal wurde Maria von einem Blitzlichtgewitter empfangen. Sie blickte verunsichert auf Renate. Diese antwortete ihr mit einem ruhigen aber ermutigenden Blick.

Es war ein kleiner Sektempfang vorbereitet, zu dem der Direktor einlud. Doch dann fiel sein Blick auf Maria und er wurde ein wenig verlegen. »Wie machen wir das denn jetzt mit dem Sekt?« Seine Stimme klang deutlich verunsichert.

Doch seit dem Empfang beim Bürgermeister waren Maria und Paul auf diese Probleme vorbereitet und mit sehr viel Würde konnte Maria dem Direktor seine Sorgen nehmen. »Paul wird mir dabei helfen.«

* * *

»Und was mußtet ihr dann alles machen in der Sparkasse?« Oma Selma hatte das Geschirr vom Mittagessen in die Spülmaschine geräumt und setzte sich zusammen mit ihrem Enkel wieder zu Maria an den Tisch.

Paul erzählte von den weiteren gestrigen Ereignissen. Zuerst hatte der Sparkassendirektor eine Rede gehalten, in der er mehrmals betonte, was für eine außergewöhnliche Erscheinung Maria mit dem Katerinenhandschuh doch sei und dass er sich sehr freue, dass sie als Sponsoren das Fest unterstützen dürften. Er bedauerte es öffentlich, dass der Darsteller des Prinzen so völlig unzuverlässig sei und dass er noch einmal mit dem Vorsitzenden des Festes reden werde.

Maria merkte an, dass er dabei sehr deutlich zu Paul hinüber geschaut hatte.

Oma Selma hatte sofort verstanden, was der Chef der Sparkasse vorhatte. Dennoch war sie skeptisch. »Sicher, dass wäre schön für Euch. Aber ob der Baron dass einfach so zuläßt? Immerhin geht es um seinen Neffen.«

Paul mochte diese Diskussion nicht. Er berichtete von den verschiedenen Fotos, die von Maria gemacht wurden. Wieder stupste Maria ihn an. »Du sollst nicht so bescheiden sein. Du durftest auch mit aufs Foto.« Sie beschrieb, wie der Direktor Paul mit auf das Foto holte. Sie dachte laut und ihre Augen leuchteten dabei. »Wenn es nach ihm gehen würde...« Sie sprach nicht weiter, sondern blickte Paul verträumt an.

»Die Fotos waren schon lustig.« Unbewußt lenkte Paul ab. »Maria mit dem Handschuh hinter dem Bankschalter... Und am Schreibtisch sitzend.«

Maria lächelte, dann bekam ihr Blick etwas Verklärtes. »Wir mußten dann noch in eine Vorstandssitzung, die extra wegen uns einberufen worden war. Es ging um die Termine, die ich dann wahrnehmen soll.« Es fiel Maria noch sichtlich schwer, mit ihrer Popularität umzugehen, und dabei lag das Fest noch in weiter Ferne.

Auch Pauls Stimme klang beeindruckt. »Der Direktor hat ein paar sehr harte Worte gesprochen. Er scheint seinen Kollegen so richtig den Kopf gewaschen zu haben.«

»Er hat dann die einzelnen Auftritte erläutert.« Maria zählte sie auf und erwähnte dabei, dass wegen des Aufenthaltes in Amerika einer der Termine sogar verschoben wurde. »Ich bin sogar als Ehrengast auf dem Sparkassenball geladen.« Marias Stimme klang hörbar verwundert. »Aber ich muß dazu das Kleid vom Fest tragen.«

Alle drei am Tisch wußten, was dies wirklich bedeutete.

* * *

Maria blickte auf die Uhr. »Ich muß noch trainieren.« Dabei blickte sie Paul auffordernd an.

Paul wußte, was seine Freundin von ihm erwartete. Er stand auf, nahm sich den Handschuh, der in der letzten Zeit immer in Reichweite war und legte ihn seiner Freundin mit routinierter Geschicklichkeit an.

Oma Selma war insgeheim Stolz auf ihren Enkel, wie gut er sich mit Marias besonderen Anforderungen abgefunden hatte.

Er griff in seine Hosentasche und blickte Maria strahlend an. »Ich habe etwas für Dich und das Sprachtraining gebastelt.«

Er zog einen Korken heraus, durch den eine Schnur gezogen war. Er griff die Schnur links und rechts vom Korken und trat auf seine Freundin zu. »Bitte den Mund aufmachen«, sagte er mit belustigter Strenge.

Maria blickte ihn verblüfft an, dann lächelte sie und kam der Bitte nach.

Oma Selma beobachtete das Schauspiel und auf einmal wußte sie, wie sie ?es? machen würde. Sie hatte schon lange nach einer guten Gelegenheit gesucht, jetzt bot ihr Enkel ihr ohne sein Wissen eine Steilvorlage. Sie räusperte sich, dann blickte sie ihren Paul belustigt an. »Wofür soll das sein?« Die Frage stellte sie, obwohl sie die Antwort schon wußte.

Paul blickte sie mit stolz im Blick an. »Das ist für Marias Sprachtraining.«

Maria blickte ebenfalls zu Pauls Oma und sagte einen ihrer Übungssätze auf. »Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten, wo warmes Wasser wäre.« Sie mußte lachen und zu ihrer Erleichterung blieb der Korken an seiner Stelle.

Doch Pauls Oma nahm ihnen etwas von der Begeisterung. »Das ist süß, aber ich habe da noch irgendwo etwas viel besseres für diesen Zweck.« Sie ahnte, dass sie damit ihren Enkel ein klein wenig enttäuschen würde, aber diesen Preis würde er später gern zahlen, das wußte sie.

Maria war neugierig geworden. Bisher waren alle Sachen von Pauls Oma für sie sehr spannend und aufregend gewesen und so fragte sie sich, was sie wohl noch für sie hätte.

Oma blickte mit große Geste auf die Uhr und dann auf den Kalender an der Wand. »Wir könnten morgen Nachmittag mal auf den Speicher gehen, dort stehen vier Kisten. In einer davon habe ich etwas, was euch sehr helfen könnte.«

Paul war etwas verwundert. Von diesen Kisten wußte er nichts. Aber er mußte sich auch eingestehen, dass er bisher selten auf dem Dachboden gewesen war.

* * *

Herr Weiterer saß auf der Bank vor seinem Haus, als Maria und Paul zum Termin für das Handschuh-Training kamen. Maria hatte sich von Paul ein Tuch über die Schultern legen lassen, um den Handschuh etwas zu verdecken, den er ihr ebenfalls schon angelegt hatte. Mit einer theatralischen Geste zog Paul jetzt das Tuch von Marias Schultern.

»Ihr macht mir eine große Freude.« Der Lehrer war über die Geste sehr gerührt. »Aber warum seid ihr denn gekommen, ihr braucht meinen Unterricht doch wirklich nicht mehr.«

Maria konnte es auch nicht so genau sagen, sie wußte nur, dass sie den alten Herrn nicht enttäuschen wollte. »Ich wollte meine Pflicht tun.«

Herr Weiterer bat Maria, etwas näher zu kommen und sich einmal umzudrehen. »Ich möchte gern einmal einen Blick auf den Handschuh werfen.«

Maria kam dieser Bitte gern nach. Paul war froh, dass er diesmal den Handschuh mit besonders viel Sorgfalt angelegt hatte.

Der alte Herr sah sich den gut sitzenden Handschuh genau an. Ein paar Tränen flossen über seine Wange. Es waren Tränen der Rührung, aber auch der Erleichterung, das sollten die beiden gleich erfahren. Er bat sie, sich auf die Bank neben ihm zu setzen. »Ich hatte große Sorgen, als ich erfuhr, dass ich auch die Comtesse ausbilden sollte.« Doch dann schien er die Gedanken an das Party-Girl wegzuwischen. Er erzählte von früher, wie nervös die Mädchen jedesmal zu ihm gekommen waren und wie stolz sie dann auf dem Fest ihr Können vorgeführt hatten.

Wieder blickte er mit viel Faszination auf Marias Handschuh und stellte auf einmal eine für Maria sehr heikle Frage. »Wie lange trainiert ihr das schon?«

Irgendwie wußte Maria, dass sie diesen Herrn nicht anlügen durfte. »Seit ungefähr drei Jahren.« Ihre Stimme war leise.

Doch der Herr wollte gar nicht weiter bohren. »Ja, so etwas dachte ich mir schon.« Er lächelte wissend. »So ein Können bedarf eines langen Trainings.«

Er blickte Maria an, dann fragte er, ob er den Handschuh einmal anfassen dürfe. Maria war nicht in der Lage, zu antworten. Sie blickte zu ihm und nickte leicht.

Sehr zärtlich strich Herr Weiterer über Marias so streng verpackte Arme. Maria drehte ihren Oberkörper so vom ihm weg, dass sie ihm ihre Arme hinzeigte. Herr Weiterer lobte auch die sehr schön ausgeführte Schürung. Sie sei sehr schön anzusehen.

Nur leise konnte Maria antworten. »Das hat Paul gemacht.«

Paul bekam von Herrn Weiterer einen lobenden Blick. »Du machst das sehr gut, mein Junge.«

Auf einmal wurde die Stimme des alten Herrn nachdenklich. »Ich habe lange darüber nachgedacht, und jetzt bin ich sicher, dass es richtig ist.«

Das Paar war etwas ratlos, denn sie wußten nicht, was Herr Weiterer meinte.

Mit viel Mühe stand er auf und ging mit langsamen Schritten ins Haus.

Paul und Maria blickten sich kurz an. Sie waren beide von diesem Augeblick gefangen. Sie schwiegen.

Der Herr kam zurück und hielt ein Lederbündel in den Händen. Er setzte sich wieder neben Maria und breitete das Lederbündel auf seinen Knien aus. »Das ist der Handschuh meiner Tochter. Ich möchte ihn euch schenken.«

Maria war sprachlos. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.

»Sie hat ihn damals zu Weihnachten bekommen, hat ihn aber leider nie tragen können.« Es war viel Wehmut in seiner Stimme. »Es gab sehr viel Probleme mit ihrem Rücken.«

Er legte den Handschuh demonstrativ auf Marias Schoß. »Bei euch weiß ich ihn in guten Händen. Ihr wisst ihn zu würdigen.« Er wischte sich seine Tränen weg, dann blickte er zu Paul. »Du kannst sehr stolz sein auf deine Frau.«

Paul brachte nicht den Mut auf, ihm zu widersprechen. Zu groß war die Achtung vor diesem Mann und dem besonderen Moment.

In der Ferne schlug eine Kirchenglocke. »Ihr habt heute bestimmt noch einen Termin. Ich möchte euch nicht länger aufhalten.«

Beiden nahmen dies als Signal, um aufzustehen. Paul reichte dem Herrn die Hand zum Abschied, während Maria einen feierlichen Knicks probierte.

Herr Weiterer blickte sie anerkennend an. »Ihr wisst, wie es sich gehört. Ich bin stolz, Euch geholfen zu haben.«

Paul legte seinen Arm um Marias Schulter und zog sie an sich heran. Dann gingen sie langsam zum kleinen Gartentor. Maria schob ihren verpackten Armen so weit zur Seite, dass sie Pauls Rücken berühren konnte. Schweigend gingen sie zurück.

Erst später fiel ihm ein, dass er eigentlich Marias Handschuh hatte zudecken wollen, aber in diesem Moment war ihnen beiden nicht wichtig, dass jeder Marias Handschuh so offen sehen konnte. Zu sehr waren beide noch von der Ausstrahlung des alten Herrn beeindruckt.
130. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 04.02.14 15:56

Und wieder eine tolle Fortsetzung ich hoffe das Paul als Prinz auftreten darf und das die beiden auf dem Fest wirklich heiraten
131. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 05.02.14 06:53

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter stand wie üblich schon an der Haustür, als das Paar langsam den Kiesweg entlang schritt. Die Erzieherin kannte Maria lange genug, um sofort zu erkennen, dass sie der Besuch bei dem Monohandschuh-Lehrer wohl sehr beeindruckt hatte. Sie bat die beiden wortlos ins Haus, dann wandte sie sich an Paul. »Deine Oma hat ein paar Sachen für Dich vorbei gebracht.« Sie zeigte auf die kleine Sporttasche.

Paul war etwas verwirrt.

»Maria hat bestimmt nichts dagegen, wenn Du ihr noch einmal bei ihrer »schönen« Nacht hilfst.« Sie lächelte ermutigend, trotzdem zuckte Paul bei Erwähnen dieses Wortes leicht zusammen.

Maria blickte ihn verliebt an. »Oh ja, bitte bleib da.«

Paul sah Marias Blick und wußte, dass er alles für sie tun würde. Er nickte leicht.

Es war selbst für Marias Verhältnisse noch viel zu früh, um schon ins Bett zu gehen, dennoch bestand die Erzieherin darauf, in Marias Zimmer zu gehen.

Paul war erstaunt, denn der Tisch mit den Sachen für die schöne Nacht war noch leer und er erkannte, dass es Maria genauso ging.

Mrs. Potter löste ihr kleines Rätsel auf. »Die Prinzessin darf sich heute einmal selbst aussuchen, wie sie die Nacht verbringen möchte und der Prinz«, sie blickte Paul ermutigend an, »wird ihr dabei helfen.«

Paul war im ersten Moment ziemlich verwirrt, doch dann erinnerte er sich an das Prinzessinnenspiel. Er blickte zu Mrs. Potter und sah, dass diese auffordernd zwischen ihm und Marias Handschuh hin und her blickte. Er mußte sich erst räuspern, dann konnte er seine Frage formulieren. »Die Prinzessin möchte jetzt sicher ihren Handschuh ausziehen?«

Maria blickte ihn sowohl verblüfft als auch sehr erfreut an. »Oh ja, mein Prinz, das wäre jetzt mein Wunsch.«

Übertrieben theatralisch begann Paul die Riemen des Handschuhs zu lösen, dann öffnete er die Schürung des Handschuhs und zog ihn langsam an Marias Armen herunter.

Maria schien die Aussicht, einmal selbst über ihre Nacht bestimmen zu können, sehr zu freuen, denn sie trat sofort an den Kleiderschrank und öffnete ihn. Sehr zielstrebig griff sie hinein und zog etwas heraus. Sie zeigte es Paul und ihrer Erzieherin. Diese warf einen kurzen Blick darauf und nickte wohlwollend. »Das leichte Nachtkorsett.«

Maria legte es auf den Tisch und strich zärtlich darüber. »Das habe ich schon lange nicht mehr getragen.«

Paul war ebenfalls an den Schrank getreten und hatte sich fast unbewußt eines der Halskorsetts gegriffen. Dass er eines der strengeren Sorte erwischt hatte, wußte er nicht.

Maria sah, was er in der Hand hatte und ihre Augen begannen zu leuchten. »Das habt ihr für Eure Prinzessin ausgewählt, mein Prinz?« Sie blickte ihn sehr verliebt an.

Paul reagierte blitzschnell und sehr mutig. »Ich dachte, dass der Prinzessin eine ruhige Nacht sehr gut tun wird.«

»Aber ob meine Hofdame damit einverstanden ist?« An dieser Stelle schimmerte Marias doch ziemlich strenge Erziehung durch.

Paul fragte sich, ob Mrs. Potter überhaupt bereit war, ihn in diesem doch sehr intimen Spiel zu tolerieren. Doch zu seiner Erleichterung ging sie bereitwillig darauf ein. »Der Prinz hat Geschmack, meine Prinzessin.«

Fast wäre Paul der Blick entgangen, doch er sah, wie die Erzieherin ihren Blick kurz zwischen Maria und ihrem Nachtschränkchen wechseln ließ. Er erkannte erst an Marias Reaktion, dass dieser Blick in Wirklichkeit eine Aufforderung oder zumindest eine Ermunterung war.

Maria schluckte erst, doch dann bekam ihr Blick auf einmal etwas Verträumtes, denn als nächstes fiel der Blick der Erzieherin auf Paul.

Maria schien die Botschaft verstanden zu haben. Sie ging zu ihrem Nachtschrank, zog die Schublade auf und nahm ein kleines Kästchen heraus. Paul erkannte es. Er wußte, dass Maria darin ihren Mundschutz aufbewahrte, der sie gleichzeitig zum Schweigen zwingen würde. Sie stellte das Kästchen ebenfalls auf Tisch.

Jetzt war Mrs Potter zum Schrank gegangen und hatte ein großes Bündel herausgenommen. Auch sie hatte ein Interesse daran, dass die Nacht heute nicht ganz so streng ausfiel wie sonst. »Dazu würde doch gut der schwarze Schlafsack passen?« Sie blickte auf Maria und als diese interessiert nickte, legte die Erzieherin den Schlafsack auf das Bett. Doch dann blickte sie auf die Uhr.

»Doch nun laßt uns erst einmal zu Abend essen.« Mrs Potter bat mit einer theatralischen Geste ins Speisezimmer, wo sie schon alles vorbereitet hatte.

Während des Essens erzählten Maria und Paul von dem sehr bewegenden Besuch bei Herrn Weiterer und dem Handschuh seiner Tochter, den Paul den Weg zurück in seiner Hand gehalten hatte.

Irgendwie macht auch Mrs Potter einen ziemlich erleichterten Eindruck, als die Sprache auf den Ausfall von der Comtesse kam.

Es war fast eine Stunde vergangen, als Marias Erzieherin an die schöne Nacht erinnerte und Maria zum Umziehen schickte.

Maria stand auf und verließ das Zimmer.


Mrs Potter blieb sitzen und blickte mit einem fast sorgenvollen Blick auf Paul.

Paul entdeckte diesen auf sich gerichteten Blick und wurde etwas unsicher.

»Paul, ich weiß, dass Du Maria liebst und alles für sie tun würdest.« Ihre Stimme klang bedeutungsvoll. »Doch bei allem, was das Fest betrifft, habe bitte ein Gefühl dafür, wann Maria sich zuviel vornimmt. Du mußt sie dann bremsen und sie gegebenenfalls in die Schranken weisen.«

Paul mußte schlucken.

»Es ist wichtig für Marias Gesundheit. Ich kenne ihren Ehrgeiz, aber es gibt Punkte, wo sie ein deutliches Nein braucht, auch wenn es von Dir kommt.«

Pauls Gedanken überschlugen sich. Doch zu einer Antwort war er nicht fähig.

»Ich weiß, es wird nicht einfach für Dich werden, aber bitte bitte habe immer Marias Gesundheit im Auge.

Paul brachte immerhin ein Nicken zustande.

»Du wirst auf dem Fest die ganze Zeit an ihrer Seite sein. Sei mutig genug, sie zu bremsen, wenn Du das Gefühl hast, dass es für sie zuviel wird.«

´Maria braucht eine starke führende Hand´ dachte sie noch dazu, aber das wagte sie nicht auszusprechen. Aber es würde sicher die Zeit kommen, an dem Paul diese Worte nicht nur hören und verstehen, sondern auch umsetzen würde.

»Die Prinzessin wird gleich fertig sein.« Sie blickte ihn verschmitzt an. »Der Prinz könnte schon einmal den Schlafsack vorbereiten.« Sie stand auf und blickte durch die Tür zu Marias Zimmer.

Paul brauchte erst einen Moment, bis er erkannte, dass er gemeint war. Dann stand er ebenfalls auf und ging mit etwas Kribbeln im Bauch zu Marias Zimmer. Die Erzieherin folgte ihm.

Maria war noch nicht im Zimmer, stattdessen lag auf dem Bett ein schwarzes Bündel.

Paul öffnete die beiden darum geschlungenen Riemen und rollte es auseinander. Auf den zweiten Blick sah er, dass der Schlafsack falsch herum lag. Er drehte ihn so, dass der Kopfteil auch auf Marias Kopfkissen zu liegen kam.

»Du kannst ihn schon einmal aufmachen, dann geht es nachher schneller.« Die Stimme der Erzieherin war ungewöhnlich leise.

Der Reißverschluß ließ sich ganz bis zum Fußende öffnen. Paul schlug den Schlafsackauf und sah, dass er innen anscheinend gut ausgepolstert war. Er faste auf das sehr weich aussehende Innenfutter und er fand seine Vermutung bestätigt, der Sack war von innen sehr weich und bestimmt sehr bequem.

Nur eine Stelle längs am Körper entlang irritierte ihn, denn diese war fast doppelt so dick wie an den anderen Stellen. Paul versuchte sich vorzustellen, wie Maria darin liegen würde und er kam zu dem Schluß, dass sie an dieser Stelle ihre Arme längs am Körper haben würde. Er fragte sich, ob das Ärmel wären und blickte unbewußt Mrs Potter fragend an.

Diese trat auf ihn zu und zeigte ihm stumm die Öffnungen der Ärmel. In diesem Moment verstanden sie sich ohne Worte. Hier würde Maria ihre Arme hinein stecken. Paul konnte nur ahnen, wie wenig Freiraum ihr dann noch bleiben würde. Er war von der baldigen Hilflosigkeit seiner Freundin sehr fasziniert. Die inneren Ärmel waren jetzt deutlich zu sehen und Paul überkam eine Gänseheaut bei dem Gedanken, das seine Freundin gleich ihre Arme darin gefangen nehmen lassen würde.

Er fasste sie kurz ran und vergewisserte sich, die Ärmel waren auf der ganzen Länge längs an der Seite befestigt. Maria würde ihre Arme nicht mehr bewegen können, wenn er einmal den Schlafsack geschlossen hatte. Nachdenklich strich er über das weiche und doch so unerbittliche Leder.

Er war so sehr in Gedanken, dass er gar nicht mitbekam, wie Maria in den Raum kam. Erst durch ein »Die Prinzessn ist bereit« wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Er erhob sich langsam vom Bett und drehte sich zu Maria hin, die sich schon von Mrs. Potter langsam das Nachtkorsett anlegen ließ.

Als er sah, das Maria ein wenig wankte, trat er auf sie zu und hielt sie an der Schulter fest, während die Erzieherin schon damit beschäftigt war, die Schnürung zu schließen.

Pauls zweite Hand strich neugierig über den von Leder bedeckten Körper seiner Freundin und er erschauderte, als er spürte, wie unnachgiebig das Leder doch war. In Gedanken fragte er sich, wie wohl erst das strenge Nachtkorsett aussehen würde, wenn diese nur das leichte sei. Doch dann erinnerte er sich an die letzten Wochen und er wußte es. Und das mußte er sich eingestehen, dies war wirklich die leichtere Fassung.

Marias Blick ging erst zu Paul und dann auf das kleine Kästchen auf dem Nachttisch. Paul nahm es sich und schon fast routiniert legte er seiner Freundin das seltsame Gerät an, welches sie zum Schweigen verurteilte.

»Das Halskorsett möchte Euch sicher der Prinz selbst anlegen.« Mit diesen Worten reichte Mrs. Potter Paul das für seine Größe erstaunlich schwere Halskorsett. Es schien zudem, als gehörten die beiden Korsetts zusammen, denn nachdem Paul es seiner Freundin um den Hals gelegt hatte, erkannte er, dass die Muster auf dem großen Korsett in dem Halskorsett fortgesetzt wurde. Außerdem paßte es sich nahezu nahtlos an das große Korsett an, so das von Marias weißem Catsuit wieder nur ganz wenig zwischen den beiden Teilen hindurchschimmerte. Er trat hinter Maria, um das Halskorsett zu schließen und fast kam es ihm vor, als würde Maria dabei leise stöhnen.

»Der Prinz möchte Euch dann zu Bett bringen.« Es war der Stimme er Erzieherin anzumerken, dass auch sie von der geheimnisvollen Spannung des Augenblicks gefangen war.

Maria ließ sich von Paul ans Bett Führen, dann legt sie sich mit erstaunlicher Behendigkeit auf den vollständig aufgeschlagenen Schlafsack und blickte Paul verliebt an, soweit es ihre nicht mehr vorhandene Kopffreiheit erlaubte.

»Hilft der Prinz, den Platz für die Arme zu finden?« Auch die Stimme von Mrs. Potter war in diesem Augenblick etwas leiser.

Paul mußte erst schlucken, dann trat er ans Bett und ergriff zärtlich Marias Arm, den sie ihm entgegen hielt. Er führte Marias Hand zu der Öffnung des Ärmels, dann half er ihr dabei, den Arm in voller Länge hineinzuführen. Er ging um das Bett herum, dann wiederholte sich das Spiel mit dem anderen Arm. Marias immer größer werdende Hilflosigkeit faszinierte ihn zusehends.

»Die Prinzessin möchte bestimmt auch zugedeckt werden.« Die Stimme der Erzieherin klang in diesem Moment fast liebevoll, auch wenn Paul dies so gut wie nicht bemerkte. Er blickte etwas ratlos auf den noch offenen Schlafsack, dann erst erkannte er, wie er es machen mußte.

Er trat an das Bett heran und klappte die beide Teile des Schlafsacks über Marias unbeweglichen Körper. Er ergriff den Anfasser des Reißverschlusses und zog ihn langsam nach oben, um seine Freundin in dem Schlafsack einzuschließen. Er glaubte ein leises Stöhnen von ihr zu hören.

* * *

Oma Selma hatte sich gefreut, als Paul und Maria ihrer Einladung gefolgt waren und nach der Kirche zu ihr zum Mittagessen gekommen waren. Natürlich hatte sie auch ihre frühere Freundin eingeladen, aber diese gab vor, schon einen anderen Termin zu haben. In Wirklichkeit war es ein gut vorbereiteter Plan von Pauls Oma, den sie mit Marias Erzieherin im Detail abgestimmt hatte.

Der Mittagstisch war schon leergeräumt und Paul hatte gerade Marias umgearbeitete Trainingsjacke in der Hand. Marias Augen leuchteten, als Selma sie unterbrach. »Wartet bitte noch einen Moment, wir müssen vorher noch etwas tun.«

Paul und Maria blickten beide neugierig auf.

»Ich hatte doch von meiner Zeit beim Grafen gesprochen.« Ihre Stimme bekam etwas Sentimentales. »Ich habe da noch ein paar Kisten auf dem Dachboden, die wir herunter holen wollen. Es sind Sachen, die die Grafentöchter damals ausgemustert haben und die weggeworfen werden sollten.« Ihr Blick hatte etwas Verträumtes. »Und Erinnerungen an ´ihn´ sind glaube ich auch darin.«

Paul sah seine Oma erstaunt an.
132. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 05.02.14 08:03

Es ist wieder eine schöne Fortsetzung.
Ich bin gespannt was noch so passieren wird.
133. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 06.02.14 06:52

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Ein großes Dankeschön an meine beiden Co-Autorinnen Lia und Redcat

Es waren zwei große und zwei kleine Kisten, die sie vom Dachboden herunter holten. Paul und seine Oma trugen jeweils eine der großen, während Maria eine der kleinen Kisten trug. Sie brachten die Kisten ins Wohnzimmer und nachdem Paul den Tisch weggeschoben hatte, stellten sie die Kisten vor die Couch-Garnitur und nahmen Platz.

Oma Selma blickte noch einmal voller Anspannung auf die vier Kisten und sie hoffte innig, dass ihr Gedächtnis sie nicht im Stich ließ. Sie wußte natürlich, was in welcher Kiste war, aber sie wollte Maria und ihrem Enkel die Sachen in einer gewissen Reihenfolge präsentieren. Sie öffnete den Deckel einer der großen Kisten und war ohne es sich anmerken zu lassen erleichtert, als sie den Inhalt erblickte. Diese Kiste wollte sie zuerst zeigen.

Oben auf lag eine Reitgerte. Unauffällig blickte sie in die Gesichter des verliebten Paares und bekam die Reaktion, die sie haben wollte. Sowohl Maria als auch Paul erschraken etwas. Sie wollte sie etwas über die Gerte nachdenken lassen, darum erinnerte sie Maria an ihr tägliches Training und reichte Paul die umgearbeitete Zwangsjacke. Marias Augen wanderten zwischen der Jacke und der Gerte hin und her. Es war ihr deutlich anzumerken, dass sie ein wenig Angst zu haben schien.

Selma war zufrieden, ihr erstes Ziel war erreicht. Maria sah die drohende Gerte und sollte sich gleichzeitig durch die strenge Jacke in die ihr wohlbekannte Hilflosigkeit ausliefern.

Maria kämpfte mit sich. Ihr Blick wechselte zwischen allen hin und her. Schließlich blieb ihr Blick auf Paul liegen.

Paul schien Marias Gedanken erkannt zu haben. Er blickte ebenfalls auf die Gerte und auf die Jacke. Schließlich hatte er sich entschieden. Er hielt Maria die Jacke auffordernd hin und blickte sie dabei beruhigend an. Er ließ seinen Blick zur Gerte wechseln, so dass Maria ihn verfolgen konnte, dann blickte er wieder auf Maria und schüttelte leicht den Kopf. Dabei blickte er Maria zuversichtlich an.

Maria zögerte sehr, doch schließlich stand sie auf und hielt ihre Arme vor dem Körper ausgestreckt. Ihr Blick hatte fast etwas Ttrotziges.

Selma war zufrieden, denn die erste Prüfung hatte Maria sehr gut bestanden. Sie hatte sich ausgeliefert, obwohl sie wußte, dass sie sich gegen die Gerte dann nicht mehr erwehren konnte. Es würde ihr beim Fest sehr viel helfen.

Sie mußte ihren Enkel nicht ermahnen, er wußte selbst, wie streng Maria ihre Arme in der Trainingshaltung schon tragen durfte. Sie bat die beiden, sich wieder auf das Sofa zu setzen.

Sie setzte sich dazu und ergriff die Gerte, die als einziges offen oben auf der Kiste lag. Sie nahm sie in die Hand und strich nahezu zärtlich darüber. Ihre Augen wurden weich und rührselig und mit leiser Stimme begann sie zu erzählen.

* * *

Sie war als junge Erzieherin auf das Anwesen gekommen. Der Graf und die Gräfin waren freundlich zu ihr gewesen, aber sie hatten eine große Familie, und so war sie mit den vielen Kindern des Grafen sehr beschäftigt.

Auf eine besondere Unterstützung des Grafen konnte sie sich nicht verlassen, sie brauchte alle ihre Kräfte, um die Kinder mit der richtigen Mischung aus Güte und Konsequenz zu erziehen. Das machte sie in ihren jungen Jahren schon hart.

Doch manchmal, wenn die Gören am Abend endlich Ruhe gegeben hatten, dann ging sie gern zu den Schlehenbüschen am Acker. Dort setzte sie sich auf die kleine verwitterte Mauer und gab sich ihren Gedanken hin.

Von weiter hinten hörte sie das Wiehern der Pferde und das Klirren ihrer Geschirre, wenn sie sich aufbäumten. Mit leiser Sehnsucht schweiften ihre Gedanken dann zu dem neuen Stallmeister, ein gerader aufrechter Mann mit klaren strengen, aber nicht kalten Augen. Ein leiser Schauer der Lust durchlief dabei ihren jungen noch jungfräulichen Körper.

Sie hatte ihn heimlich beobachtet, wie er mit den jungen noch wilden Pferden umging, streng aber kontrolliert hantierte er dabei mit der Gerte. Wenn er es mit einem besonderen Wildfang zu tun hatte, dann band er ihn einfach nur an und ließ ihn sich austoben. Der scharfe würzige Geruch des Stalls mischte sich dann mit dem Geruch seines Schweißes, denn er musste die Trense gut festhalten.

Fasziniert hatte sie dabei zugesehen, wie sich seine Muskeln spannten. Nie hätte sie gedacht, dass er diesen Kampf gewinnen könnte. Und doch ließ sich noch jedes Pferd von ihm nach einem solchen Kampf gefügig in den Stall führen und satteln. Dann ritt er es noch einmal, jedoch nur ganz kurz, und ließ ihm nach überstandener Prozedur besonders viel Pflege zukommen. Bei diesen Gedanken fühlte sie sich sehnsüchtig angezogen.

´Pffht´, ein Pfeifen ging durch die Luft und ein brennender Schmerz bemächtigte sich ihres linken Oberschenkels. Sie schnellte hoch. Doch noch bevor sie begriffen hatte, woher das Brennen auf einmal kam, drückte er sie auf die Mauer zurück und herrschte sie an. »Was träumst du hier herum, noch dazu mit so liederlich nach oben gezogenem Rock? Ist es das, was deine Schützlinge von Dir lernen sollen?«

Sie war sprachlos und kämpfte um eine Antwort.

»Ich habe Dich schon neulich beobachtet, als Du Dich im Stall herumgedrückt hast. Du bekommst Dein Brot nicht für diesen Müßiggang.«

»Aber es ist doch alles an Arbeit erledigt«, begann sie zu stammeln.

»Bring Dich in Ordnung, der Graf ist heimgekommen und er schickt nach Dir«, gab er herrisch zurück.

Ohne Widerspruch stand sie auf und machte sich auf Richtung Haus. Brennend spürte sie seinen Blick im Rücken und jetzt fiel ihr ein, woher der Schmerz gekommen war. Er hatte sie ohne Vorwarnung mit der Gerte geschlagen. Wut stieg in ihr auf. Sie war nicht irgendeine Dirne auf diesem Gehöft. Sie war hier Erzieherin, das untergrub ihre Autorität, das konnte sie sich nicht bieten lassen. Sie schnellte herum und wollte ihm wütende Worte entgegenwerfen.

Aber er stand ganz dicht hinter ihr und hielt ihren noch im Drehen begriffenen Körper mit festem, aber nicht schmerzhaftem Griff fest. »Na mach schon«, sagte er fast zärtlich, »der Graf ist heut nicht in gnädiger Stimmung. Ich warte dann im Stall auf Dich.«

Er sah ihr nach, wie sie mit festem Schritt dem Anwesen entgegen ging. ´Ein Rückgrat wie es mancher Mann nicht hat, obwohl sie eher zierlich ist´, musste er dabei unwillkürlich denken. Früh war ihr große Verantwortung gegeben worden und er sah wohl, dass sie drohte, vorzeitig zu verblühen.

Er hatte ihre Wut förmlich riechen können, wie sie sich aufgebäumt hatte. Sollte er diese Blume pflücken bevor sie ungepflückt verblühte?

* * *

Oma Selma strich noch einmal zärtlich über die Gerte, dann legte sie sie auf den Boden.

Maria blickte sie fast atemlos an. Paul war ebenfalls sichtlich fasziniert. Er mußte sich erst räuspern. »Und bist Du dann noch in den Stall gegangen.«

Die Antwort von seiner Oma war geheimnisvoll. »Nicht an jenem Abend.«

Sie griff zur Kiste und nahm ein graues Stoffbündel zur Hand. Sie schlug es auf und eine beige Reithose kam zum Vorschein. »Das hier habe ich auch als Erinnerung an ihn behalten dürfen.« Sie reichte Paul die Hose und nahm sich das nächste Paket. Sie wickelte es ebenfalls aus. Maria erkannte es als eine Bluse.

»Diese Sachen habe ich getragen, wenn ich mit dem Rittmeister ausreiten durfte. Darauf hat er stets bestanden.«

Paul und Maria hörten aufmerksam zu.

»Es war die einzige Gelegenheit, wo ich Hosen tragen durfte. Auch wenn die Hose noch ein paar Besonderheiten hatte.«

Der Rittmeister hatte ein paar Veränderungen einarbeiten lassen und von der Schneiderin wußte sie, dass er für jede seiner weiblichen Begleitungen darauf bestand.

Im Schritt war eine kleine Erhöhung eingearbeitet, nicht so groß, um in sie einzudringen, aber noch dick genug, um sie ständig an ihrer empfindsamsten Stelle zu spüren, besonders wenn sie damit im Sattel saß und ihr Gewicht auf den Sattel drückte.

Die Beine waren sehr eng geschnitten und machten das Gehen mit weiten Schritten kaum möglich. Zudem waren an der Aussenseite noch Ösen angebracht, mit denen die Trägerin am Sattel befestigt wurde. So fest ans Pferd gezurrt, mußte sie damals lange Ausritte mit ihrem Herrn machen.

Die langsamen Trittfolgen waren nicht weiter schlimm, sie merkte zwar die Enge in ihr und ihre genommene Beinfreiheit ließ sie nur wenig korrigieren, doch wenn ihr Herr in den Trab oder glatt in den Galopp ging, fiel es ihr schwer, nicht den Bewegungen in ihrem Inneren nachzugeben. So kamen esn gerade in diesem Gallop immer wieder einmal zu einem leichten Aufschreien, was Teils des Schmerzes teils der Lust zu verdanken war.

Unter dem großen Lindenbaum, der tief im Wald auf einer lichtdurchfluteten Lichtung stand, machten sie oft Rast. Der Weg dorthin war aber teils sehr schwer zu bewältigen. Es ging teilweise über Stock und Stein und das Pferd musste ein paar mal über gefallene Baumstämme springen. Ihr bangte jedesmal davor, denn das waren die Momente wo sie unsanft wieder in den Sattel zurück gezogen wurde.

Wenn sie endlich an der alten Linde angekommen waren, dann stieg ihr Begleiter ab, ging zu ihr und ihrem Pferd und erfreute sich lächelnd an den Strapazen, die ihrem Gesiicht anzusehen waren.

Er band erst das Perd an einen Ast und löste dann die ledernen Stricke, die ihre Hose mit dem Sattel und dem Geschirr des Pferdes verbanden. Sie hatte gelernt zu warten, bis ihr das Absteigen erlaubt wurde und wusste, dass sie nur, wenn sie weiterhin still sitzen würde, dies auch erlaubt bekam.

Der Schweiß tropfte von ihrer Nase und ihr Atem beruhigt sich nur langsam. Das enge Korsett machte ihr nicht nur beim Reiten, sondern auch beim Atmen schwer zu schaffen. Nur wenn sie ruhig atmete, bekam sie gut Luft.

* * *

»Und was hat er auf der Lichtung dann mit Dir gemacht?« Paul nutzte die Pause, die Oma Selma machte.

»Jetzt lass mich erst mal einen Schluck trinken«, Sie stand auf und ging in Richtung Küche. In Wirklichkeit bezweckte sie aber, dass Paul und Maria sich etwas mit den Sachen auf ihrem Schoß beschäftigen sollten.

Maria blickte sehr fasziniert auf die Hose und die Bluse, die vor ihr auf dem Schoß lagen. Sie blickte auf die Ösen, die entlang des Beines deutlich zu sehen waren. »Schau, da wurde sie festgebunden.«

Paul begriff erst langsam, dass Maria sich auf der einen Seite für die Hose auf ihrem Schoß interessierte, auf der anderen Seite aber nichts anfassen konnte, weil sie ihre Arme auf dem Rücken in ihrer Trainingshaltung trug. Er blickte erst Maria an, dann auf die Hose, dann nahm er sie in die Hände, so dass Maria sie genauer betrachten konnte.

Auch für Maria war es ungewohnt. Auf der einen Seite war da ihre Neugier und Faszination gegenüber dieser besonderen Hose, auf der anderen Seite konnte sie selbst aber überhaupt nichts machen, da ihre Hände wie so oft auf dem Rücken festgehalten wurden.

Paul begriff, dass er seine Hände für Maria handeln lassen mußte. So drehte er die Hose langsam hin und her, so dass Maria sich die Details ansehen konnte.

Er wollte sie schon wieder auf den Schoß legen, als ihm die besonders dicke Stelle im Schritt auffiel. Von einer bislang unbekannten Faszination getrieben klappte er das Hosenoberteil auf, um sich und seiner Freundin einen Blick auf das Innere der Hose zu erlauben.

Er wurde rot, als er erkannte, was die dicke Stelle bei der Trägerin bewirken würde, doch zu seiner Überraschung reagierte Maria recht cool auf den Anblick. »Das ist eine gemeine Hose, so etwas kenne ich.« Im Gegensatz zu ihrem Freund wurde sie dabei nicht rot. »So was muß ich gelegentlich auch tragen.« Paul wurde nervös. »Zeig mir mal die Bluse.«

Er war erleichtert, diese gewiss sehr beeindruckende Hose beiseite legen zu können. Er ergriff die Bluse und hielt sie hoch. Es war ein leichter, fast dünner Stoff und sie hätte einen sehr zarten Eindruck gemacht, wenn da nicht überall die Dreifachnähte gewesen wären, die den beiden sofort auffielen. Maria sprach es aus. »Das ist Spezialseide, sehr zart und doch auch sehr robust, nicht zu zerreißen.«

Paul bekam eine Gänsehaut, denn irgendwie ahnte er, dass seine Freundin von praktischen Erfahrungen sprach.

Maria erkannte die weiteren besonderen Details der Jacke sofort. Sie lenkte Pauls Aufmerksamkeit auf die langen Bänder am Ende der Ärmel sowie auf die vielen Schlaufen rings um die Taille. Auch oben auf der Schulter gab es etwas kürzere Bänder.

* * *

Oma Selma kam mit einem Tablett zurück, auf dem sich drei Gläser und eine Karaffe Wasser befanden. In einem Glas steckte ein Strohhalm. Sie blickte ebenfall auf die Bluse und überlegte, wie viel von ihren Erinnerungen sie wohl an das Paar weiter geben konnte. Alles würde sie ihnen sicher nicht erzählen. Ganz sicher nicht von den veränderten Heimritten.

Es war stets der gleiche Ablauf gewesen. Er hatte immer einen Picknickkorb dabei, der gut gefüllt war. Er stellte den Korb neben ihren Platz auf einen Baumstumpf, dann erst ließ er sie vom Pferd absteigen. Sofort wurden ihre Beine oberhalb der Knie von ihm zusammengebunden, so dass sie nur kleine Schritte machen konnte.

Sie schämte sich schon lange nicht mehr für den Anblick, den sie bot. Ihre Brüste waren durch den dünnen Stoff der Bluse gut zu sehen und obwohl die Bluse bis zum engen Kragen geschlossen war, bewirkte ihr erhitzter Körper, dass die Bluse an ihrer Haut klebte und nichts mehr verbarg. Dabei hätte es ohnehin nur noch wenige Knöpfe gebraucht und die Bluse wäre offen gewesen.

Doch er öffnete die Bluse stets nur zu einem ganz bestimmten Zweck. Noch heute biß sie sich auf die Lippen, wenn sie daran dachte. Sie konnte es auch nie verhindern, selbst wenn sie es sich getraut hätte, denn er hatte stets die Bänder am Ende des Ärmels mit den Bändern auf der Schulter verbunden, so dass ihre Hand gezwungenermaßen auf ihrer jeweiligen Schulter zu liegen kam und sie damit ihre Arme nicht mehr nutzen konnte.

Das Licht fiel durch die Baumspitzen auf die Decke und tauchte ihren Körper in ein Spiel aus Licht und Schatten, die Lindenblüten wurden vom leichten Wind durch die Luft getragen und es duftete nach frischem Gras, sowie den Blüten, die der Baum trug. Ein leises Zwitschern begleitete den Zauber, den dieser Ort ausstrahlte.

Wie üblich machte er ihr nur eine Hand frei, dann befahl er ihr, das Picknick zu decken, da er essen wolle. Sie wußte, dass es ein Vergnügen für ihn war, wenn sie sich so abmühte. Und dabei war es mit der Hose und dem Korsett schon schwierig genug.

Wenn sie endlich mit dem Bereiten des Picknicks fertig war, legte sie mittlerweile schon von sich aus ihren noch freien Arm auf den Rückenihre noch frei eHand auf ihre Schulter, denn sie wußte, dass er ihn sie dort festbinden würde.

Er öffnete den Wein und drückte ihr dann die geöffnete Flasche in die Hand, die auf dem Rücken der Schulter festgebunden war. Zu Anfang war sie noch bemüht, sehr vorsichtig einzuschenken, doch sie erkannte bald, dass er nur einen Grund suchte, um sie auf dem Rückweg vom Picknick zu »bestrafen«. So machte sie sich nicht mehr so viel Mühe und es tropfte oft roter Wein auf das weiße Tuch.

Beide nahmen es stets wortlos zur Kenntnis, wußten sie doch beide, was kommen würde. Das Ritual war stets gleich. Wenn er gegessen hatte, fütterte er sie, bis auch sie satt war. Schon diese Demütigung bewirkte ein Kribbeln in ihrem Bauch und sie freute sich auf den weiteren Ablauf.

Der »letzte Bissen« war stets ein Knebel, den er ihr geradezu zärtlich in den Mund steckte und ihm Nacken verschloß. Dann standen sie auf. Er trat auf sie zu und öffnete die Knöpfe ihrer Bluse. Aus seiner Tasche nahm er wie immer zwei kleine Schmuckstücke und klemmte sie an ihre Spitzen, dann schloß er ihre Bluse wieder. Ihr Atem zischte regelmäßig am Knebel vorbei.

Erst jetzt löste er ihren Arm vom Rücken, um ihn sofort wieder oben an der Schulter festzubinden. Dann half er ihr, aufs Pferd aufzusteigen und band sie sofort wieder auf dem Sattel fest. Der Schritt der Hose drückte fest in ihr Geschlecht und ihr Atem ging heftig. Sie gab sie stets Mühe, nicht zu stöhnen. Diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen.

* * *

Oma Selma erzählte von den gemütlichen Picknicks und davon, wie er sie stets mit der Bluse neckte, aber von den Schmuckstücken und dem Knebel erwähnte sie nichts.

Sehr erfreut sah sie Marias sehr faszinierten Blick und wandte sich wieder der Kiste zu.

Sie nahm ein kleines hübsch verziertes Schmuckkästchen heraus und reichte es dem Pärchen. Marias Blick fiel auf die Kiste. Der Schreiner damals hatte sich sehr viel Mühe damit gegeben und kleine Schnitzereien auf dem Kistchen angebracht. Wenn man genau hinschaute und die Bilder in der richtigen Reihenfolge betrachtete, schienen sie eine kleine Geschichte zu erzählen. Man sah eine Frau mit gesenktem Blick, die erst auf Knien und in Fesseln an der Leine ihres Herrn diente, bis sie schließlich immer aufrechter und stolzer in einem Gewand vor dem Herrn stand und ihm lustvoll ihre Hände reichte.

Oma Selma reichte ihrem Enkel einen kleinen Schlüssel. Paul nahm den Schlüssel und öffnete das Kästchen vorsichtig. Im Inneren befanden sich kleine mit weißem Samt ausgelegte Abteilungen. Der Schmuck darin war auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich, jedoch zeigten sich beim genaueren Hinsehen kleine Hinweise, wozu dieser Schmuck außer zum bloßen Schmücken noch gedacht war. Sehr unauffällig waren Ringe in den Schmuck eingearbeitet, die etwas herausstanden und an denen etwas befestigt werden konnte.

Die drei Halsketten, die an der ebenfalls mit weißem Samt ausgekleideten Innenseite des Deckels ihren Platz hatten, fielen als erstes auf. Die aus Leder kunstvoll geflochtene und geknüpfte Halskette hing oben über den anderen beiden. Sie war von einer gewissen Breite, welche den halben Hals bedeckte und in einem Dreieck kurz vor dem Dekolleté endete. Selma erwähnte kurz, dass sie es meist zur Arbeit getragen hatte.

Darunter befand sich ein schmuckes Collier aus Gold und Edelsteinen, welches damals extra für einen Ball angefertigt wurde. Als Unterstes hing dort eine robuste Kette aus Ösen, die ihr Vorbild bei den Kettenhemden des Mittelalters fand, jedoch sehr kunstvoll mit einem Muster verziert, welches sich aus verschiedenen Ösengrößen zusammensetzte. Dazu gab es jeweils die passenden Ringe, Armbänder und Ohrringe, die sich in den anderen Fächern der Schatulle befanden.

Für die erste Verlobung der drei Töchter hatte sie ein Ballkleid bekommen, zu welchem sie den Schmuck tragen durfte. Sie griff in die Kiste und nahm ein Stoffbündel heraus. Sie faltete es auseinander und zeigte es in seiner ganzen Größe. Es war zu erkennen, dass in der Taille ein sehr steifes Korsett eingearbeitet war. Selma hob den Rock hoch und zeigte die Bänder, die in den Unterrock eingearbeitet waren. »Damit die Trägerin keine ungebührlich großen Schritte machen kann.«

Marias Augen glänzten.
134. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 06.02.14 08:19

Eine wundervolle Fortsetzung .
Das lesen deiner Geschichten macht richtig Freude und bringt einen dazu sich das ganze mal vorzustellen ,
135. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 07.02.14 20:43

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Oma Selma griff wieder in die Kiste. Sie nahm etwas in leuchtendem Rot heraus und legte es Paul und Maria auf den Schloß. Maria brauchte Paul nicht aufzufordern, er wußte jetzt schon selbst, was er für seine Freundin tun mußte. Er nahm es in die Hand und hielt es hoch. Es rollte auseinander und jetzt konnten sie erkennen, dass es eine Bluse war, bei der allerdings die Ärmel eine Besonderheit bildeten. Sie waren mittels einer kurzen Stoffbahn längs am Körper entlang geschnürt.

Beide blickten verwundert auf die Bluse und dann auf Pauls Oma. Diese blickte verträumt auf die Bluse. »Die habe ich oft für den Rittmeister getragen.« Sie sah Marias faszinierten Blick. »Wenn sie Dir paßt, dann schenke ich sie Dir.«

Es war Maria anzusehen, dass sie diese faszinierende Bluse gern sofort angezogen hätte, denn ihre Arme zuckten in ihrem Gefängnis auf dem Rücken.

Oma Selma griff noch einmal in die Kiste und stellte ein paar Stiefel daneben. Sie waren in dem gleichen Rot und auch sie waren entlang der Waden aneinandergeschnürt. Es war deutlich zu sehen, dass der Trägerin damit so gut wie keine Beinfreiheit mehr bleiben würde.

Paul blickte seine Oma erstaunt an.

»Er hat mich oft getragen.« antwortete sie auf die nicht gestellte Frage. Sie schloß den Deckel der Kiste und schob sie beiseite. Dann zog sie die zweite große Kiste heran und lächelte neugierig. »Mal sehen, was hier drin ist.«

Sie klappte den Deckel auf und blickte hinein. Sie tat so, als würde sie den Inhalt wiedererkennen. In Wirklichkeit wußte sie natürlich genau, was sich in dieser Kiste befand. »Dies sind die Sachen, die die Grafentöchter aussortiert haben. Meistens weil ihnen die Farbe nicht gefallen hat. Es mußten dann neue Sachen angefertigt werden.« Das innerliche Aufstöhnen war immer noch gut zu hören.

Wie schon bei der ersten Kiste lagen hier auch drei Rohrstöcke oben auf. Maria stöhnte unbewußt auf und verzog etwas das Gesicht.

Oma Selma hatte mit so einer Reaktion gerechnet, dennoch war sie auch erleichtert, ihr die Sorgen nehmen zu können. »Diese Stöcke wurden zwar extra für die drei Töchter angeschafft, aber sie dienten nur zur Abschreckung und zur Ermahnung. Geschlagen wurden die Töchter nie damit.« Sie legte sie beiseite und nahm nebenbei Marias erleichterten Blick zu Kenntnis.

Maria wandte den Blick von den Stöcken wieder auf die Kiste. Ein Gewirr von kleinen Ketten und einigen Ringen war zu sehen. Sie dachte daran, dass sie auch bald in Ketten gelegt werden würde. Sie erwähnte kurz den Besuch beim Schmied.

Selma lächelte. »Ja, so ähnlich ist dies auch bei diesen Ketten. Sie gehörten der jüngsten und sie musste sie immer zur Strafe tragen, wenn sie mal wieder besonders frech war.« Sie nahm das Eisenbündel aus der Kiste und breitete es auf dem Boden aus.

Maria blickte mit einer gewissen Faszination darauf, denn bei diesem Kettenensemble war auf ein Taillenring dabei. Sie blickte zu Paul, dessen Blick aber schon wieder auf der Kiste lag.

Doch Oma Selma war Marias Blick nicht entgangen. Sie wusste zwar, dass Maria die Ketten nicht passen würden, weil die jüngste Grafentochter größer war als Pauls Freundin, dennoch war es wichtig, Marias Neugier nicht abzuwürgen. Sie nahm die Ketten und legte sie neben die Bodentreppe. »Die könnt ihr später mit hinunter nehmen.«

Maria wollte widersprechen, doch der kurze fast heimliche Finger auf dem Mund sowie verschwörerisches Lächeln liess sie verstummen.

Paul hatte ein großes Notizbuch aus dem Koffer genommen und bevor er es aufschlug, holte er sich mit einem fragenden Blick die Erlaubnis dafür.

»Das ist eines der Protokollbücher.« erklärte seine Oma. »Es berichtet über die Erziehung, die geplanten Demütigungen und auch die Strafen bei Ungehorsam.«

Maria zuckte bei diesen Worten zusammen.

Paul schlug es auf und hielt es so, dass sie beide hineinsehen konnten. Sie sahen eine Liste von Aufgaben, die zu erfüllen waren und die Strafen bei »Nicht-« oder »schlechter« Erfüllung.

Die folgenden Seiten waren gefüllt mit präzisen Tagesprotokollen und einigen Randbemerkungen. Maria blickte etwas glasig auf Pauls Oma.

»Wenn ihr wollt, könnt ihr euch das gern mitnehmen und lesen.« Paul klappte es langsam zu und blickte Maria fragend an.

Doch seine Freundin schien im Moment gerade zu träumen, sie erwiderte den Blick nicht.

»Ich musste es selbst oft meinem Herrn vorlesen, fast jeden Abend wollte er über den Erziehungstand seiner Töchter Bescheid wissen.« Sie lehnte sie zurück und schloß kurz die Augen. »Meist saß er im Kaminzimmer in seinem Sessel nah am Kaminfeuer und nachdem ich ihm einen Wein gebracht hatte, musste ich mich zu seinen Füßen setzen und ihm vorlesen.«

Paul war recht unsicher, was er machen sollte. Schließlich legte er das Buch neben die Kiste.

Selma griff in die Kiste und holte eine bunte Decke heraus. »Das war die ´Picknick´-Decke.«

Paul horchte auf. Der ironische Tonfall sagte ihm, dass es mit der Decke mehr auf sich hatte.

Seine Oma breitete die Decke auf dem Boden aus. »Auf der einen Seite sind in kleinen Bildern die Fähigkeiten abgebildet, die es zu erlernen galt.« Die Bilder zeigten Situationen aus dem Leben junger adeliger Damen.

Doch dann drehte sie die Decke um. »Die andere Seite ist aber viel interessanter. Dort sind die entsprechenden Strafen bei Ungehorsam abgebildet.«

Sowohl Paul als auch Maria blickten aufmerksam auf die kleinen Darstellungen.

»Die vielen kleinen Bänder und Schlaufen dienten dazu, die Töchter auf der Decke festzubinden.« Sie griff noch einmal in die Kiste und holte einen kleinen länglichen Sack heraus, der ein wenig nach Eisen klang. »Dies sind die Eisenstangen, mit denen die Decke auf dem Waldboden fixiert werden konnte.«

Maria war von der Decke sehr angetan. Sie blickte fragend zu Pauls Oma.

Diese verstand den Blick sofort und legte die Decke sowie die Heringe zu den Ketten. Dann griff sie wieder in die Kiste und holte ein dickes Stoffbündel heraus. Sie blickte Maria ermutigend an. »Das hier könnte dich auch interessieren.« Sie stand auf und breitete es aus. »Das war das Wintercape für die jüngste Tochter. Allerdings etwas zu klein, deswegen wäre es noch ganz neu.« Sie ließ Maria den Gedanken allein zu Ende denken. Es könnte ihr passen. Ihre Neugier war sofort geweckt.

Paul spürte die innere Unruhe seiner Freundin und nachdem ihn seine Oma auffordernd ansah, stand er auf und nahm sich das Cape in seine Hände. Er spürte sofort das ungewöhnliche Gewicht des Umhangs. »Oh, das ist aber schwer.«

»Da sind diverse Bleieinlagen drin.« Oma Selma lächelte verschmitzt. »Es sollte ja auch nicht versehentlich vom starken Winterwind hoch geweht werden.«

Maria war sichtlich beeindruckt. »Dürfte ich das mal ausprobieren?« Es freute sie, dass es endlich mal ein Gegenstand war, bei dem ihre gefesselten Arme nicht weiter störten.

»Wartet, ich helfe euch.« Oma Selma trat zu den beiden und griff mit an das Cape. Sie zeigte Paul, wie es zu öffnen war und dann legten sie es gemeinsam über Marias Schultern.

»Oh, ist das schwer.« Maria war über das Gewicht ebenso erstaunt. »Und warm ist es auch.« fügte sie nach kurzer Zeit hinzu.

Pauls Oma lächelte. »Es ist ja auch für kalte Wintertage gedacht.« Sie bat Paul, es doch einmal zu schließen. »Ich möchte nur kurz wissen, ob es sich schließen lassen würde.«

Paul hatte den Reißverschluss zusammengesteckt und zog den Anfasser jetzt langsam höher. Doch im Bereich von Marias Armen ging es nicht weiter.

Seine Oma hatte dies beobachtet und bat ihn zu stoppen. »So geht es doch nicht.« Sie sah Maria an. »Deine Arme müßten in den inneren Ärmeln liegen, dann würde sich das Cape auch schließen lassen.«

Marias Augen begannen zu leuchten.

»Schade«, fuhr Selma fort, »Ich hätte gern gewußt, ob das Halskorsett gepasst hätte.« Als sie Marias erstaunten Blick sah, ergänzte sie. »In das Cape ist eines eingearbeitet.«

Paul öffnete den Reißverschluß wieder, dann nahm er das Cape von Marias Schultern. Er hielt es etwas unsicher in den Händen.

Maria sah sein Zögern. Sie war etwas unsicher. »Es ist ja noch lange hin bis zum Winter, aber -« Sie zögerte etwas. »Ich würde es gern mal ausprobieren.«

Paul legte es auf die Seite.

Selma griff wieder in die Truhe und holte noch ein schwarzes Ungetüm heraus. »Dies hier war das Nachtkorsett für die mittlere Tochter.« Sie hielt es hoch, damit das Paar es in seiner ganzen Größe bestaunen konnte. »Es reichte der Tochter von den Knien bis zum Hals.«

Es war allen klar, dass dieses Korsett für Maria viel zu groß war, doch vor allem war Maria beeindruckt von der Strenge, die das Korsett ausstrahlte. Es reichte von den Knien bis dicht unter das Kinn. Ihre Stimme war leise. »So eines habe ich noch nicht.«

»Hier sind dann noch einige Kleider der größten Tochter.« Der Tonfall machte deutlich, dass die Kleider Maria auch nicht passen würden. »Sie war besonders auf die Etikette fixiert und so waren bei ihr fast immer irgendwie die Arme mit in das Kleid eingeschlossen.« Sie breitete einige der Kleider auf dem Boden aus und zeigte die interessanten Details. Manchmal waren die Ärmel nur an der Seite festgenäht, bei anderen hätte sie die Arme wie bei einem Monohandschuh auf dem Rücken tragen müssen.

Maria war schwer beeindruckt. »Schade, dass ich nicht ihre Größe habe.«

Selma hatte auf einmal eine Idee. »Ich werde mal meine Freundin fragen, die ist gelernte Schneiderin. Bestimmt kann mal die Kleider auch enger machen lassen. «

In Maria kämpften ihre Bescheidenheit mit ihrer Unterwürfigkeit. Sie würde sich sehr gern diesen so reizvollen Kleidern ausliefern, doch andererseits wollte sie auch keine Umstände machen.

Paul nahm beiden unbewußt den Wind aus den Segeln. »Aber das machen wir erst nach dem Fest, oder?« Er erinnerte sich an die mahnenden Worte, dass er sehr auf Marias Belastung aufpassen sollte.

Innerlich seufzten beiden Frauen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.


Damit war die Kiste leer und Selma griff zur ersten der beiden kleinen Kisten. Bei dieser Kiste war sie besonders gespannt, wie Maria reagieren würde. Sie enthielt das komplette Keuschheitsgeschirr, welches damals sehr prunkvoll für die jüngste Tochter angefertigt worden war. Sie wusste selbst nicht, warum dieses damals aussortiert worden war. Selma wollte wissen, wie Maria wirklich zu ihrem Keuschheitsgeschirr stand. Würde sie es als »Strafe« empfinden oder als Schutz?

Es lief so, wie sie es insgeheim erhofft hatte. Zum einen sah sie, dass Marias Arme heftig zuckten, als der Deckel der Kiste geöffnet wurde und sie sah, was sie darin befand. Dann war da Marias Atem, der heftiger ging, als sie Paul bat, den Gürtel aus der Kiste zu nehmen.

Ein wenig tat ihr ihr Neffe leid, der sich jetzt mehr oder weniger unfreiwillig mit einigen Details des weiblichen Geschlechts auseinandersetzen musste. Sie sah, dass seine Hände ein wenig zitterten. Doch Maria war mit ihren Gedanken ganz woanders, so dass es ihr nicht auffiel.

»Schau dir nur diese vielen kleinen Bilder an.« Ihre Stimme zeigte echte Begeisterung. »So einen hätte ich auch gern.«

Paul war bemüht, den Gedanken seiner Freundin zu folgen, auch wenn sie ihn gerade mit recht intimen Details beschäftigte. Aber er hatte sich fest vorgenommen, Maria in jeder noch so obskuren Situation beizustehen und vor allem deswegen war er auch bereit, seine eigenen Gefühle und Gedanken außen vor zu lassen.

Selma hatte in die Kiste gegriffen und hielt ihrem Neffen jetzt auch noch den dazu gehörigen Keuschheits-BH hin.

Paul nahm ihn ebenfalls entgegen und musste trotz seiner Anspannung staunen, als er erkannte, wie detailreich der BH gearbeitet war. In seiner sehr kunstvollen Schnecke zog sich ein Motivband von der Mitte aus nach außen und zeigte lauter kleine Szenen aus dem Leben adeliger junger Mädchen.

Sowohl er als auch Maria waren beide sehr beeindruckt.

Ein kleiner Beutel war noch in der Kiste. Er enthielt einige kleine sehr kunstvoll verzierte Schlösser samt Schlüssel als auch kleine Einsätze für den Schrittteil der Gürtel. Selma erklärte dies, als sie den Inhalt der Beutel ausgeschüttet hatte.

Maria stöhnte ein wenig. Im Gegenteil zu Paul hatte sie die Bedeutung der Worte erkannt. Andererseits freute sie sich auch ein wenig, wie nah sie mit ihrem Erziehungsprogramm an dem realen Leben der adeligen Töchter dran war.

* * *

Selma hoffte, nicht zu dick aufzutragen. »Dann muss es in der vierten Kiste sein.« Mit einer theatralischen Geste öffnete sie den Deckel der letzten Kiste, die sie vom Dachboden geholt hatten.

Paul und Maria waren noch mit den Keuschheitsgeschirr-Sachen beschäftigt.

»Das hier habe ich gesucht.« Selma griff in die Kiste und holte ein Bündel von Lederriemen heraus, in dem die eine oder andere rote Kugel herausschaute.

Maria, die kurz herauf schaute, musste sich Mühe geben, um nicht enttäuscht zu sein. Immerhin hatte sie die Ballknebel aus ihrem Strafprogramm erkannt.

Paul war mittlerweile sensibel genug, um Marias Stimmungswechel zu bemerken. Er blickte selbst ebenfalls zu seiner Oma, doch im Gegensatz zu seiner Freundin fehlte ihm die Erfahrung, um zu erkennen, was seine Oma in ihrer Hand hielt.

Selma legte das Bündel auf den Tisch und zog an einer der roten Kugeln. Sie entwirrte die Riemen und blickte Maria ermutigend an. Doch dann, sie war sensibel genug, erblickte sie so etwas wie Abneigung bei Maria. Sofort war ihr klar, dass Mrs. Potter die Knebel bisher vermutlich immer nur zur Strafe eingesetzt hatte. Sie beschloß, ihre Taktik zu ändern und Maria direkt mit ihrem Verdacht zu konfrontieren. »Du musst die Knebel immer zur Strafe tragen?«

Maria war überrascht und überrumpelt, denn sie hätte sich von sich aus nie über ihre Erzieherin beschweren wollen. Doch es stimmte, diese Bälle im Mund trug sie immer als Bestrafung.

Doch Pauls Oma wartete die Antwort gar nicht ab. »Das ist aber nicht richtig.« Sie suchte aus dem Bündel einen anderen Ball heraus, der etwas kleiner war. »Es geht auch anders.« Sie nahm ein Tuch zur Hand, putzte den Ball ausführlich ab und reichte Paul den Knebel. »Probiert den einmal aus.«

Paul war sehr verunsichert. Er hielt den Knebel zwar in seiner Hand, doch genauso fühlte er, dass Maria die Knebel nicht mochte. Erst als Maria ihm einen Kuss gab und ihm versicherte, dass sie es gern ausprobieren wolle, ließ er sich überreden. Sehr langsam und vorsichtig führte er seiner hilflosen Freundin die Kugel in den Mund und verschloss die Riemen in ihrem Nacken.

»Der Ball ist kleiner und müßte es dir erlauben, damit noch zu reden.« Sie reichte Paul ein Taschentuch. »Bitte achte auf ihren Speichel. Das ist bei dieser Methode leider unvermeidlich.«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie bisher wohl immer wesentlich größere Bälle im Mund gehabt haben musste. Ihre Gesichtszüge entspannten sie sich immer weiter.

Pauls Oma war bemüht, trotz der sehr faszinierenden Situation das Gespräch wieder auf den Punkt zu bringen, von dem alles ausgegangen war. »Nun, was machen die Wiener Waschweiber?«

Maria stutze erst, dann begriff sie, dass Selma auf die Übungssätze von ihrem Schauspielunterricht anspielte. Sie öffnete ihren Mund und sprach langsam ihren Übungssatz. Zu ihrem eigenen Erstaunen störte sie der Ball in ihrem Mund fast überhaupt nicht. Ihr Gesicht begann zu strahlen. Gleich darauf probierte sie noch einen Satz. Auch der Satz klappte sehr gut. Und nur beiläufig nahm sie wahr, dass Paul ihr ab und zu den langsam erscheinenden Sabber abwischte.

Wieder griff Selma in das Gewühl der Lederriemen und zog zielstrebig noch einen Ball heraus. Bei diesem Ball war auffällig, dass er von einem kleinen Netz von Lederriemen umgeben war. Sie legte es etwas auffällig vor sich. Sie wollte Maria nicht drängen, andererseits kam jetzt ihre dominante Seite ein wenig durch und sie hoffte, dass Maria bei ihrer Neugier bleiben würde. Auch wenn sie es im Haushalt des Grafen nie zeigen durfte, von den Kopfgeschirren, die die Töchter gelegentlich tragen mußten, war sie immer besonders fasziniert gewesen.

Doch Maria hatte schon angebissen. »Und was ist das?«

»Das ist ein Kopfgeschirr.« Sie blickte in vier etwas ratlose, wenn auch abenteuerlustige Augen. »Darf ich es euch zeigen?« Irgendwie war ihr klar, dass ihr Enkel sich damit sicher noch nicht auseinander gesetzt hatte.

Paul bemühte sich, Maria zunächst den bisherigen Knebel anzunehmen.

Kaum war die Kugel aus ihrem Mund heraus, als es schon aus Maria herausplatze. »Damit möchte ich immer mein Sprachtraining machen.« Sie lächete etwas verlegen. »Und jetzt möchte ich das ...« Sie zögerte etwas, »das Kopfgeschirr probieren.«

Selma griff nach dem Lederriemengewirr und hielt es hoch. Sie sortierte die Riemen und erklärte dabei mit leiser Stimme die Bedeutung der einzelnen Riemen. Sowohl Paul als auch Maria gaben sich Mühe, aufmerksam zuzuhören. Dann reichte sie es Paul. Sie wusste, dass es sehr wichtig war, dass er es seiner Freundin anlegte. Bei ihm würde Maria mit ihrer Liebe das neue Gefühl um ihren Kopf ganz anders aufnehmen.

Paul war bemüht, das Kopfgeschirr nach den Anweisungen seiner Oma richtig anzulegen und auch nur gelegentlich musste Selma mit ein paar wenigen Worten korrigierend eingreifend. Insgesamt war sie mit der Arbeit ihres Enkels sehr zufrieden.


Marias Atems ging etwas heftiger. Hörbar zischte die Luft zwischen dem Knebel und ihren Lippen vorbei.

Selma war gut vorbereitet. Sie schaltete die vorbereitete Musik an, dann gab sie Paul ein Zeichen, Maria in die Arme zu nehmen.

Das Stöhnen wurde lauter.

Selma erhob sich und verließ leise das Zimmer. An der Tür drehte sie sich noch einmal um und blickte kurz auf das Liebespaar.

Paul hielt Maria im Arm und streichelte sie zärtlich, während seine Freundin heftig mit ihren Gefühlen kämpfte.

Selma schloß die Tür und lächelte. Maria würde auch nach der Katerina sehr oft hilflos sein, dazu kannte sie ihren Enkel zu gut. Er würde alles tun, was Maria von ihm verlangen würde. Es war genauso gelaufen, wie sie es geplant hatte.

136. RE: Maria

geschrieben von AK am 11.02.14 01:59

Super Story. Eine der besten hier.

Würde mich freuen, wen es bald weiter geht.

Freue mich besonders auf die Ketten und auch weitere Details über Marias KG wären spannend. Umd was läuft mit dem KG aus dem Karton?

Greetz AK
137. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 12.02.14 22:47

Hallo cag_coll!

Meine Güte, jetzt läst du uns aber schmoren.
5 Tage ohne Fortsetzung! Willst du uns in den Wahnsinn treiben?

Bitte, bitte, veröffentliche den nächsten Teil.


Mfg Rainman
138. RE: Maria

geschrieben von christoph am 13.02.14 06:14

Ja wir warten alle schon sehr.
139. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.02.14 06:49

Kapitel 10 von Maria ist bisher das längste und meiner Meinung nach auch das schönste der bisherigen Kapiteln. Doch urteilt selbst.

Ich möchte noch auf ein liebeswertes Detail aufmerksam machen, weil es sich einfach so ergeben hat: Jedes Kapitel bis auf die ersten drei beginnt mit einem Telefonat und Oma Selma hat am Ende das "letzte Wort".
140. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 13.02.14 06:51

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Andrea nahm den Hörer ab und meldete sich. Es war ihr Chef, der sie in sein Büro bat.

Das war kein gutes Zeichen. Sicher war er der Meinung, sie hätte wieder etwas falsches berichtet oder hätte nicht genügend recherchiert. Sie nahm sich ihren Block und machte sich auf den Weg in das Büro.

Dass er ihr einen Sitzplatz anbot, war schon ungewöhnlich. Normalerweise musste sie sich die Strafpredigt im Stehen anhören.

»Warum haben sie den Artikel über das Katerinenfest heruntergestuft?« Seine Stimme klang dabei aber etwas anders als sonst.

Im ersten Moment wollte Andrea widersprechen und sagen, dass diese Anweisung doch von ihm persönlich gekommen war, weil die Baroness nicht die Hauptrolle auf dem Katerinenfest spielen würde. Doch dann schluckte sie ihre Antwort herunter und blickte ihn verlegen und gespielt schuldbewußt an. Eine ihrer Kolleginnen hatte ihr diesen Tipp gegeben. Es war die beste Reaktion, wenn der Chef mal wieder seine Fehler auf seine Angestellten abwälzte, was leider viel zu oft vorkam.

»Ich möchte jetzt zwei Berichte pro Woche von ihnen haben.« Er holte tief Luft. »Einen Bericht für die Mittwochsausgabe und einen fürs Wochenende.«

Andrea hielt sich mit ihrer Reaktion noch etwas zurück. Sie wusste noch nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte.

»Ich möchte ganz detaillierte Berichte.«

Andrea zögerte mit der Antwort.

»Fragen sie diese Maria ganz genau aus. Ich will alles wissen.« Sein Gesicht wurde etwas rötlich. »Lassen sie sich meinetwegen selbst so einen Handschuh anlegen, wenn sie dann besser darüber berichten können.«

Die Reporterin rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum. Doch eine Antwort gab sie noch nicht.

»Laden sie sie zum Essen ein oder was auch immer.« Ihr Chef reichte ihr eine leere Spesenabrechnung, die er schon unterschrieben hatte. »Machen sie etwas daraus.«

Sehr verwundert nahm Andrea das Formular entgegen. So spendabel war ihr Chef noch nie gewesen.

Doch schließlich ließ er noch durchblicken, wo sein Sinneswandel herkam. »Ich möchte die Sparkasse als Anzeigenkunde nicht verlieren.« Letzteres sagte er mehr zu sich selbst.

* * *

Als sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, musste Andrea erst einmal tief durchatmen. In ihrer beruflichen Routine war ihr sofort klar, dass sie jetzt einen Auftrag über sechzehn Artikel über acht Wochen bekommen hatte. Ihre erste eigene Serie.

Doch das eigentlich Aufregende an diesem Auftrag war, dass sie jetzt sozusagen einen dienstlichen Auftrag hatte, den so faszinierenden Monohandschuh auszuprobieren. Natürlich wusste sie, dass es ganz schlechter Stil war, Privates mit Beruflichem zu verbinden. Doch in diesem Fall war ihre persönliche Begierde einfach größer.

Sie war sich auch noch nicht sicher, ob sie Hans jetzt schon davon berichten sollte. Denn er würde sie liebend gern in so einen Handschuh schnüren, davon war sie überzeugt. Und genauso sicher war sie, dass er sie dann so bald auch nicht mehr heraus lassen würde. Unbewußt streichelte sie sich über ihre Gänsehaut am Arm.

Doch dann schob sie ihre privaten Interessen beiseite und begann mit ihrer Arbeit. Sie nahm sich die Unterlagen zur Hand, die sie vom zweiten Vorsitzenden bekommen hatte und die aufgelistet hatten, an welchen Terminen die Darstellerin der Katerina jeweils teilzunehmen hatte. Sie begann sich zu überlegen, wie sie die sechzehn Artikel gliedern sollte.

Aus Marias Stundenplan entnahm sie, wann sie heute aus der Schule kommen würde. Unter einem Vorwand hatte sie eine ehemalige Mitschülerin, die jetzt Lehrerin am Gymnasium war, um das Papier gebeten, aus dem sie jetzt wichtige Informationen für ihre Arbeit ziehen konnte.

Ihr Plan war, Maria direkt auf dem Weg nach Haus abzufangen und einen weiteren Termin zu bitten. Natürlich hätte sie ihre Fragen auch sofort direkt stellen können, aber sie war der Meinung, das würde sehr nach Unaufrichtigkeit aussehen.

Andrea war aber darauf angewiesen, dass sie zu Maria und vor allem zu ihrer Erzieherin ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen konnte. Sie hätte zwar auf ihre Fähigkeiten vertrauen können, in einem beiläufigen Gespräch genügend Informationen für einen einzelnen Artikel zusammen zu bekommen. Doch dann wäre das so mühsam aufgebaute Vertrauen verspielt und einen weiteren Artikel würde es nur unter sehr viel größeren Schwierigkeiten geben.

Sie wusste, dass sie vor allem die Erzieherin auf ihre Seite ziehen musste. Sie hoffte, dass sie diese mit ihrer neuen Aufgabe, einer Serie von 16 Artikeln, begeistern oder zumindest positiv aufgeschlossen beeinflussen konnte.

Auf der anderen Seite gab es noch den fast vierwöchigen Aufenthalt von Maria in den USA bei ihrer Mutter in der Klinik. Andrea hatte noch keine Idee, was sie in den acht Artikeln während Marias Abwesenheit schreiben sollte. Sie hoffte, von Maria dazu Informationen zu bekommen.

Außerdem war da noch ein persönlicher Wunsch, den sie äußern wollte. Zumindest hatte sie sich das fest vorgenommen.

* * *

Die Reporterin versuchte gar nicht erst, es nach einer zufälligen Begegnung aussehen zu lassen. Als sie das Pärchen die Straße entlang kommen sah, stieg sie aus ihrem Auto aus und ging auf sie zu.

»Nun, wie geht es unserer Katerina?« versuchte sie eine harmlose Begrüßung. Marias leuchtende Augen waren ihr eigentlich Antwort genug.

»Die ganze Schule weiß es.« Ihre Stimme war leise, dennoch war der Stolz deutlich zu hören.

Andrea ahnte, dass ihr dies wohl sehr viel bedeutete.

Erst dann fiel Maria es auf, dass sie noch gar nicht auf die Frage geantwortet hatte. »Es geht mir gut.« Doch es lag ein Seufzen in ihrer Stimme, welches Andrea aufhorchen ließ.

Maria spürte einen leichten Stoß in die Seite. Sie wusste sofort, was Paul ihr damit sagen wollte. Sie musste bei der Reporterin aufpassen, dass sie sich nicht versehentlich verplapperte. Schließlich gab es im Zusammenhang mit dem Fest ein großes Geheimnis zu bewahren.

»Mein Chef hat mir aufgetragen, jetzt zwei Mal pro Woche über die Katerina zu schreiben.« Andrea erzählte von ihrem großen Auftrag.

Sowohl Paul als auch Maria begriffen sofort, wie sehr Maria damit in das Licht der Öffentlichkeit gerückt werden würde. Schon der erste Artikel mit dem Monohandschuhbild hatte für Wirbel gesorgt. Dabei war es weniger die Tatsache, dass Maria einen solchen Handschuh trug, sondern mehr die Fähigkeit von Maria, ihre Arme auf dem Rücken zusammenlegen zu können. Auch ohne den Handschuh.

»Die Rolle ist wie ein Geschenk.« Maria strahlte, dennoch klang sie eher nachdenklich. »Jetzt kann ich meinen Mono überall tragen und keiner wird sich daran stören.«

Andrea wunderte sich. »Aber ist es nicht schwer, die ganze Zeit die Arme so halten zu müssen?« Die zweite Aussage, die in Marias Satz lag, überhörte Andrea in diesem Moment. Bisher hatte Maria den Handschuh anscheinend auch schon getragen, aber ihn verstecken müssen.

Maria lächelte. »Ja, es bedarf eines gewissen Talents und eines langen Trainings.«

Andreas Blick wurde sehr nachdenklich. »Ich würde das gern mal selbst ausprobieren.« Sie sagte es mehr zu sich selbst, denn eine positive Antwort erwartete sie nicht.

Maria sah in diesem Moment eine Chance, sich bei der Reporterin für den ersten schönen Artikel zu bedanken. »Ich könnte mal mit meiner Erzieherin reden, sie weiß da bestimmt einen Rat.«

Andrea ließ sämtliche berufliche Regeln außer acht. »Das wäre toll. Ich möchte das unbedingt mal ausprobieren.«

Paul schwieg zu dem Gespräch. Doch er hatte arge Zweifel, ob der Reporterin die Handschuhe von Maria passen würden. Nicht nur, dass sie um einiges größer als Maria war, waren doch die Handschuhe für Maria auf ihr Maß gearbeitet, so dass sie genau über Marias Arme passten. Andrea würde in die Handschuhe nie hinein passen.

»Wann wäre denn Zeit für ein Interview?« Andrea hatte bislang noch keine Idee, welchen Bericht sie am Dienstag Abend abliefern sollte.

»Das wird aber schwer.« Paul hatte das Gefühl, Maria verteidigen zu müssen. »Maria hat einen sehr vollgestopften Terminkalender.«

»Donnerstag gleich nach der Schule ist glaube ich Zeit.« Innerlich seufzte Maria, denn zu der Zeit wollte sie eigentlich intensiv die Originalhaltung trainieren. Dafür war leider nur noch sehr wenig Zeit.

»Oh je«, seufzte Andrea, »ich muß schon Morgen abend den ersten Artikel abliefern.«

»Wir müssen erst zum Sprachunterricht«, Paul zählte auf, »dann ist Geschichtsstunde und danach steht noch das Selbstverteidigungstraining an.«

Andrea war beeindruckt als auch niedergeschlagen. Doch dann hatte sie eine Idee: »Und wenn ich einfach mitkomme?«

Das Paar hatte nichts dagegen. »Aber viel freie Zeit ist trotzdem nicht.«

Andrea war das ganz recht. Insgeheim hätte sie ohnehin noch nicht gewußt, was sie hätte fragen sollen.

* * *

»Wie fühlst du dich so als Prinzessin?« Eigentlich hatte Andrea es nur als Smalltalk gedacht, doch unbewußt öffnete sie bei Maria eine Schleuse.

»Es ist ein Traum.« Marias Stimme strahlte Begeisterung aus. »Ich werde eine echte Prinzessin sein.«

»Und was macht eine echte Prinzessin aus?« Andrea hoffte, dass es die richtige Frage war. Sie spürte mit ihrer beruflichen Routine, dass es viel zu erfahren gab, wenn sie jetzt keinen Fehler machte.

»Anfangs fand ich die Prinzessinnen einfach nur toll mit ihren Kleidern und ich wollte auch so werden.« Ein gewisser träumerischer Unterton war deutlich zu hören. »Später lernte ich mehr über die Aufgaben der Mädchen und mein Traum festigte sich.«

»Die wären...?« fragte Andrea mit echter Neugier.

»Sie leben für ihr Volk und haben nur wenig persönliche Freiheiten.«

Andrea begann zu ahnen, was Maria mit den persönlichen Freiheiten meinte. So routiniert, wie sie den Monohandschuh tragen konnte, schien sie in der Vergangenheit wohl oft auf ihre Armfreiheit verzichtet zu haben, um diese Haltung zu trainieren.

Aber es war ihr ein Rätsel, warum sie das auf sich genommen hatte und welchen Druck wohl ihre Mutter dabei ausgeübt hatte. Sie formulierte eine Frage, um ihren Verdacht zu vertiefen. »Deine Mutter war sicher sehr streng zu dir?«

Doch auf ihre Mutter wollte Maria nichts kommen lassen. »Nein, das war sie eigentlich nie.«

Andrea runzelte die Stirn.

»Ich war schon immer fasziniert gewesen von den Prinzessinnen.« Maria strahlte »Zu Weihnachten gab es immer Mutter-Tochter Fernseh-Nachmittage, wenn »Sissi« ausgestrahlt wurde.«

Andrea hoffte, sich alles richtig zu merken. Ihr Diktiergerät hatte sie leider im Auto liegen gelassen.

»Um mein erstes Korsett musste ich richtig kämpfen.« Ihre Stimme wurde sentimental. »Dann war da die Aktion vom Kaufhaus, das eine Weihnachtsprinzessin suchte. Das war das schönste Weihnachtsgeschenk.« Sie erzählte, wie es zu dem tollen Auftritt gekommen war.

Paul, der die ganze Zeit schweigend neben ihnen her gegangen war, fiel auf, das Maria den Catsuit nicht erwähnte, den er kürzlich erst entdeckt hatte.

»Und wenn ich trainiere«, verteidigte Maria ihre Mutter, »dann war sie immer sehr aufmerksam und hat mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen.«

Andrea traute sich nicht zu fragen, ob mit dem Trainieren der Monohandschuh gemeint war. Sie vermutete es aber.

»Außerdem, wenn die Prinzessinnen so umsorgt werden, dann müssen sie auch Opfer bringen.« Maria seuftze. »Dann muss ich eben mal auf meine Arme verzichten.«

Andrea sprach offen ihre Bewunderung aus.

»Mit 12 habe ich das erste Katerinenspiel erlebt und mir war sofort klar, dass sich so etwas auch mal machen möchte. Doch die Rolle zu bekommen war aussichtslos. Sie war schon direkt nach dem Fest vergeben.« Sie beschrieb, dass sie oft heimlich die Armhaltung der Katerina übte. »Und dann hatte meine Muter eines Tages den Handschuh in der Hand.«

Paul hatte ihre Hand ergriffen und hielt sie fest.

»Ich habe teilweise wirklich von einem »goldenen Käfig« geträumt.«

Andrea war von der Schilderung sehr verzaubert. »Und dann kam der Prinz und hat den Käfig geöffnet.«

»Der Prinz ist gekommen.« Maria drehte sich zu Paul und gab ihm einen Kuss. »Aber der Käfig bleibt zu.«

Andrea fiel auf, dass sie den letzten Satz fast so wie einen Befehl ausgesprochen hatte.
141. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 13.02.14 10:50

Ich muß sagen das wieder eine gelungene Fortsetzung ist .
Und in dem Kapitel sehr viel Gefühl und Liebe in spiel ist.

Mach weiter so bin auf die anderen teile gespannt .
142. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.02.14 11:28

Da Stimme ich dir zu Karl dieses Kapitel ist echt schön und Teilweise Romantisch geschrieben.
Was der Sparkassen Direktor doch so alles Bewirken kann ist echt Klasse. Jetzt darf/muß Andrea eine ganze Serie über Maria und das Fest Schreiben.
Und dazu auch noch ohne Probleme bei den Spesen zu bekommen. Der Traum jedes Journalisten, fast Unbegrenzte Spesen.
143. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil zwei

geschrieben von gag_coll am 14.02.14 06:36

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil zwei
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter wunderte sich ein wenig, als sie Maria und Paul in Begleitung der Reporterin sah. Natürlich war die Erzieherin erfahren genug, um sich vor der Presse in Acht zu nehmen. Andererseits hatte Frau Baselitz einen sehr schönen Artikel über Maria und das Fest geschrieben und ein sehr positives Bild von der Katerinadarstellerin entworfen.

Andrea erklärte auch gleich nach der herzlichen Begrüßung den Grund ihres Kommens. Dabei ließ sie die Gelegenheit nicht aus, über ihren sprunghaften Chef zu jammern. »Er ändert ständig seine Meinung und schiebt seine Fehler auf seine Angestellten.« Sie seufzte tief. Doch dann kam sie zum Grund ihrer Anwesenheit. »Er hat mir eine Serie gegeben. Ich soll bis zum Fest jeden Mittwoch und Samstag einen Artikel über Maria und das Fest schreiben.«

»Der Artikel über Maria war schön.« Mrs. Potter wollte die Gelegenheit nutzen, sich bei der Reporterin zu bedanken.

»Oh danke schön.« Andrea freute sich ehrlich über das Lob. Doch dann verfinsterte sich ihre Miene. »Mein Chef war da ja anderer Meinung.«

»Lassen sie sich nicht beirren.«

»Ich glaube, der Sparkassendirektor hat da sehr viel Druck ausgeübt.« sagte Andrea mehr zu sich selbst. »Er murmelte etwas von ´Anzeigenkunden nicht verlieren´.«

»Das sieht Rudolf ähnlich.« Mrs. Potter lächelte. »Herr Steinhagen, meine ich. Ich kenne ihn von früher.«

Andrea freute sich über die freundliche Atmosphäre. Das erlebte sie bei ihren Aufträgen eher selten. Sie griff in ihre Tasche und holte ihre Notizen heraus. »Ich würde ihnen gern zeigen, wie ich mir die Serie vorgestellt habe.«

»Ich bitte um Entschuldigung, aber wir müssen Rücksicht nehmen auf den sehr engen Terminplan von Maria.«

Andrea ärgert sich darüber, dass sie daran nicht gedacht hat.

»Wenn es ihnen nichts ausmacht, dann könnten sie uns das beim Mittagessen erklären, zu dem ich sie recht herzlich einladen möchte. Gekocht habe ich genug.«

Andrea nahm dankend an. Als sie im Esszimmer den großen an der Wand hängenden Kalender sah, musste sie schlucken. Marias Zeit war wirklich sehr dicht verplant. »Ich sehe schon, dass wird nicht einfach.« sagte sie aber mehr zu sich selbst.

»Warten sie bitte, bis Maria von Umziehen zurückkommt?« bat Mrs. Potter die Reporterin. »Paul, du kannst mir bitte in der Küche helfen?«

Paul war sehr verwundert, dass Marias Erzieherin von ihm Hilfe brauchte. Erst im letzten Moment realisierte er, dass sie ihm zugezwinkert hatte.

* * *

»Was ich dir sagen möchte, muss sie nicht unbedingt mitbekommen.« sagte Mrs. Potter, nachdem sie die Küchentür hinter sich geschlossen hatte.

Paul war erleichtert. Insgeheim hatte er sich beim Weg in die Küche schon beim Kartoffelschälen gesehen.

»Maria wird heute den ganzen Nachmittag für das Fest unterwegs sein« Ihre Stimme war leise und klang deswegen noch wichtiger. »Ich bin heute Abend nicht da.«

Paul nahm es zur Kenntnis. Er hatte nicht das Gefühl, etwas erwidern zu müssen.

»Ich möchte dich inständig darum bitten, gut auf Maria aufzupassen. Bitte sorge dafür, dass sie nach spätestens zwei Stunden eine Pause mit dem Handschuh macht. Besser sogar nach eineinhalb Stunden.«

Paul wusste, dass mittlerweile jeder Verständnis dafür hatte, wenn Maria bei der Wahrnehmung eines Termins gleichzeitig auch den Handschuh trainierte. Das sie das eigentlich gar nicht mehr nötig hatte, war noch eine andere Geschichte.

»Aber Maria kann es doch schon so gut.« Paul wollte seine Bedenken äußern. »Die Leute meinen vielleicht, dass Maria gar nicht mehr trainieren müßte.«

»Ach Paul«, Mrs. Potter lächelte, »die meisten Menschen sehen eine Frau gern in einem Monohandschuh, auch wenn sie das nie zugeben würden. Es wird keiner Marias Training in Frage stellen.«

»Aber wird Maria auch auf mich hören?« Paul hatte in diesem Punkt arge Bedenken.

»Du musst ihr selbstbewußt gegenübertreten.« Mrs. Potter versuchte ihn zu ermutigen. »Maria wird sich oft mehr zumuten, als es gut für sie ist. Benutze deinen gesunden Menschenverstand. Zeige ihr, dass du dich ernsthaft um ihr Wohlbefinden sorgst. Sie wird es akzeptieren, wenn es von dir ehrlich gemeint ist.«

Paul begann zu ahnen, dass sein Verhältnis zu Maria sich ändern würde.

»Jetzt könntest du mir tragen helfen, damit die Reporterin nichts merkt.« Mrs. Potter lächelte verschmitzt.

* * *

Andrea bedankte sich für das leckere Essen. Es kam nicht oft vor, dass sie bei ihren Recherchen eingeladen war.

»Sehen sie es als kleines Dankeschön für den netten Artikel.«

Andrea lächelte verlegen.

»Paul, legst du bitte Maria den Handschuh an?« Mrs. Potter hatte die Tafel aufgehoben. »Abräumen tue ich dann später.«

Andrea schaute dem Anlegen etwas ungläubig zu. »Du hast doch jetzt ...« Sie blickte auf den Wandkalender. »Sprachunterricht?«

Maria verstand die Verwunderung nicht ganz. »Ich muss doch trainieren.« Sie lächelte. »Und ausserdem stört er beim Sprachunterricht überhaupt nicht.«

Andrea stockte in ihren Gedanken. Wenn sie jetzt weiter sprechen würde, dann würde sie einige Details von sich verraten, die sie lieber für sich behielt.

Doch Maria schien ihre Gedanken zu erraten. »Seit ich für die Katerina ausgewählt bin, akzeptiert es jeder, dass ich ihn trage. Ich muss mich gar nicht rechtfertigen. Die Rolle bringt es so mit sich.« Dabei war ein Leuchten in ihren Augen zu sehen. Sie gab sich Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken, als sie die zunehmende Enge des Handschuhs spürte.

Mrs. Potter wartete, bis Paul mit der Schnürung fertig war. Dann bat sie Maria um ihre Aufmerksamkeit.

Maria drehte sich relativ schnell zu ihrer Erzieherin hin und blickte zu ihr empor.

»Paul wird mich heute den ganzen Nachmittag vertreten.« Sie blickte ihn kurz aber bestimmt an. »Er wird darauf achten, dass du beim Trainieren genügend Pausen machst.«

Maria schluckte und blickte kurz zu Paul.

»Wenn es gut läuft, dann werden wir das in Zukunft öfters so machen. Du wirst Paul gehorchen, mein Kind?« Sie sprach es als liebevolle Frage aus, aber Maria verstand es so, wie es gemeint war, als Befehl.

»Ja, Madame, ich werde gehorchen.« Ein seltsames Kribbeln war in ihrem Bauch zu spüren. Ihr Blick zeigte, dass ihr noch etwas auf dem Herzen lag.

Doch die Erzieherin wusste auch so, was Maria bewegte. »Heute abend darfst du die Jacke tragen.« Sie blickte kurz zu Andrea, die gerade damit beschäftigt war, die Termine aus dem Kalender abzuschreiben. Sowohl Paul als auch Maria verstanden sofort, was sie damit sagen wollte. »Paul wird dir beim Anziehen helfen.«


Andrea legte ihren Block beiseite und warf noch einmal einen sehr verträumten Blick auf Marias verpackte Arme. Sie kämpfte mit sich. Natürlich wusste sie, dass sie Äußerung ihres Chefs als Scherz gemeint war, aber dieses Mal wollte sie ihn wörtlich nehmen. Sie räusperte sich. »Ich hätte da noch ein Anliegen.«

Mrs. Potter drehte sich zu ihr hin. »Ja bitte?«

»Mein Chef sagt, ich solle mir selbst so einen Handschuh anlegen lassen, damit ich weiß, worüber ich schreibe.« Sie hoffte, es einigermaßen neutral gesagt zu haben, doch spätestens das Funkeln in ihren Augen hätte sie verraten.

»Stehen sie bitte auf und legen sie ihre Arme auf den Rücken.« Mrs. Potter zeigte sich zur Überraschung der Reporterin wenig beeindruckt. »Ich möchte zunächst einmal nur wissen, wie gelenkig sie sind.«

Andrea stand mit zitternden Knien auf und kam der Bitte nach.

»Marias Handschuhe werden ihnen nicht passen«, ergab der kritische Blick der Erzieherin. »Die sind alle viel zu eng.«

Andrea war etwas enttäuscht.

Mrs. Potter dachte kurz nach. »Herr Weiterer ist mir noch einen Gefallen schuldig. Er hat durch seine Aufgaben beim Fest Handschuhe in den verschiedensten Größen. Bei ihm finden sie garantiert etwas Passendes. Wenn sie möchten, dann mache ich einen Termin bei ihm für sie aus.«

Andrea hatte Mühe, ihre Begeisterung zu verbergen. »Ja, das wäre schön.«

Mrs. Potter verließ den Raum.

Andrea wartete und hatte große Mühe, ihre Nervosität zu verbergen. Nach schier endlos scheinenden Minuten kam die Erzieherin zurück. »Sonntag 14 Uhr.« Sie nannte die Adresse. »Ich rate ihnen dringend, sehr pünktlich zu sein. Wenn er etwas nicht mag, dann ist es Unpünktlichkeit.«

Andrea versprach es.

»Sie dürfen aber auf keinen Fall erwähnen, dass sie von der Presse sind. Das ist ganz wichtig.« Ihr eindringlicher Blick unterstrich die Wichtigkeit dieser Aussage. »Gehen sie als Privatperson zu Herrn Weiterer und nehmen sie keine Reportersachen mit, er könnte sonst misstrauisch werden. Ich habe sie als die Tochter einer guten Bekannten empfohlen.«
144. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 14.02.14 10:13

Es ist wieder eine schöne Fortsetzung .

Ich bin gespannt was noch so kommt.
145. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 14.02.14 20:13

Schöne Fortsetzung Karl.
Schön das Paul mehr Verantwortung für Maria bekommt. Da werden schon die Weichen für die Zukunft gestellt.
Wie sich wohl Andrea im Monohandschuh fühlen wird?
Dann bekommt Herr Weiterer doch noch eine Schülerin.
146. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 15.02.14 07:45

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Als Paul langsam den Umhang von Marias Schultern zog, kam der Handschuh zum Vorschein. Doch der Lehrer nahm davon überhaupt keine sichtbare Notiz. Er wusste von Marias engem Terminplan und dass sie versuchte, mehrere Dinge gleichzeitig zu trainieren. Stattdessen fragte er nach Marias Hausaufgaben. »Seid ihr mit dem Korken klargekommen?«

Maria war sichtlich nervös. »Eigentlich nicht.«

Der Lehrer stutzte etwas, doch eine Frage stellte er diesbezüglich nicht.

Es kostete Maria einige Kraft, über die »Nebenwirkungen« ihres Monohandschuhs zu berichten. »Wenn ich trainiere«, sie wackelte etwas mit den Armen, »dann kann ich den Korken nicht auffangen, wenn er mir aus dem Mund fällt.«

Der Lehrer schien es einzusehen und war etwas verlegen. »Naja, ohne Korken geht es im Prinzip ja auch.«

Doch Maria konnte ihn überraschen. Sie blickte zuerst Paul an und dann auf ihre Tasche, die ihre Utensilien enthielt. Paul trug sie, wenn sie mit dem Monohandschuh unterwegs war.

Paul verstand sofort, was sie wollte. Er griff hinein und holte den Ballknebel heraus. Zu seiner Erleichterung zitterte seine Hand nicht, als er ihr den Ball anlegte.

»Wie wäre es damit?«, fragte Maria langsam, als sie spürte, dass Paul mit dem Anlegen des Knebels fertig war.

Dem etwas verlegenen Lehrer war anzusehen, wie überrascht er war. »Ja, so geht das natürlich auch.« Das Sprechen fiel ihm schwer. »Diesen...« er geriet etwas ins Stottern. »Diesen Ball könnt ihr ganz ohne schlechtes Gewissen nutzen.«


Andrea hatte sich auf einen der Stühle an der Wand gesetzt und weiter an ihrem Konzept gearbeitet. Nur gelegentlich schaute sie auf. Maria mit dem Monohandschuh und dem Knebel im Mund strahlte eine solche unschuldige Erotik aus, der sich Andrea nur schwer entziehen konnte. Es kostete sie einige Mühe, sich nicht von ihren eigenen Gefühlen mitreißen zu lassen.

Paul stand die ganze Zeit neben ihr, hielt ein weißes Taschentuch in der Hand und beobachtete ihre Lippen. Er wollte ihr die Demütigung ersparen, wegen dem Ball sabbern zu müssen. Wusste er doch, dass Maria wegen dem Ball nicht schlucken konnte und weil sie wegen dem Sprachunterricht ständig den Mund bewegte, bestand eigentlich ständig Sabbergefahr.

Als der Lehrer nach einer halben Stunde wegen der Belastung von Marias Kiefer eine Pause empfahl, wollte Maria dies erst nicht annehmen. Erst ein dringlicher Blick von Paul brachte sie dazu, der Pause zuzustimmen. Dass sie es nur mit Widerwillen tat, war deutlich zu sehen.

Andrea wurde auf einmal klar, warum Maria die vorgeschlagene Pause nur so widerwillig akzeptierte. Es entsprach so überhaupt nicht ihrem Bild einer Prinzessin, dass diese auf einmal eine Erleichterung ihres Schicksals bekommen sollte. Zumindest glaubte sie dies so verstanden zu haben.


Die Stunde war viel zu früh herum. Dies empfand auf jeden Fall Andrea. Sie hätte noch gern weiter die unschuldige Ausstrahlung von Maria genossen, der ihre starke Hilflosigkeit so überhaupt nichts auszumachen schien.

Doch Paul sah dies entsprechend seiner Anweisungen etwas anders. Er nahm Maria den Knebel wieder ab und steckte ihn in die Tasche, nachdem er ihn kurz sauber gewischt hatte. Dann trat er hinter Maria und begann die Schnürung des Handschuhs zu öffnen.

Maria begriff natürlich sofort, was er vor hatte und sie versuchte, sich seinen Händen zu entziehen. Er schien mit dieser Reaktion gerechnet zu haben, denn seine Hände hielten Maria sofort etwas fester an den Schultern fest. »Dein Ehrgeiz in allen Ehren, aber du brauchst eine Pause.«

Andrea konnte Maria nur von hinten sehen, aber das Zittern in ihrem Körper zeigte deutlich, dass sie mit sich selbst und ihren Gefühlen kämpfte. Dabei fand sie die Reaktion sogar verständlich. Diese Befreiung bedeutete ja auch eine Unterbrechung ihres Prinzessinnentraums.

* * *

»Und wie kommt ihr mit dem Herrn von Schleihthal zurecht?« Diese Frage hatte Andrea sich als Thema für den Weg zum Geschichtsunterricht herausgesucht.

Doch Maria wusste zunächst nicht, wer gemeint war. »Mit wem?«

»Na dem Darsteller des Prinzen«, erklärte Andrea, »der Neffe vom Baron Harsumstal« .

Als aufmerksame Journalistin war es ihr nicht entgangen, dass Maria erst Pauls Hand ergriff und dann nach den richtigen Worten suchte. Doch Andrea ließ sich davon nichts anmerken.

»Er war bisher nur einmal kurz beim Tanzunterricht.« Marias Tonfall zeigte deutlich, dass sie über den Neffen sehr unglücklich war. »Er hat dabei aber nur Ärger gemacht.« Sie berichtete, was sich bei der Tanzstunde zugetragen hatte. »Alle anderen Termin habe ich zusammen mit Paul wahrgenommen.«

Paul streichelte ihr durch das Gesicht.

Andrea war klar, dass sie in dieser Richtung besser nicht weiter nachhaken sollte. Es war deutlich, dass es Maria sehr viel Kraft kostete, ihren tatsächlichen Ärger und ihre Enttäuschung zu verbergen. Es passte sicherlich auch nicht in das Bild, welches sie sich von einer Prinzessin gemacht hatte. Sie wollte für ihr Volk leiden und hoffte dabei auf eine gewisse Unterstützung ihres Prinzen. Doch Maria in der Rolle der Katerina hatte vor allem unter dem Prinzen zu leiden.

Andrea sprach das zum ersten Mal aus, was Maria sich insgeheim schon seit langem wünschte. »Es wäre sicher toll, wenn Paul den Prinzen spielen dürfte.«

Ein lauter Seufzer war die einzige Reaktion von Maria.


An einem Haus blieb Maria stehen und drehte sich zu Paul um. »Ist deine Oma wohl zu hause?«

Es fiel Paul erst jetzt auf, dass sie der Weg zum Geschichtsunterricht an dem Haus seiner Oma vorbei führte. »Ich weiß es nicht.« war seine Antwort. »Ich kann mal nachsehen.«

Doch Maria hielt ihn zurück. »Warte einen Moment.« Sie griff in ihre Tasche und nahm sich ihren Knebel heraus.

Andrea schluckte, als sie sah, dass Maria sich mit geradezu beeindruckender Sicherheit selbst den Knebel anlegte. Es hatte den Anschein, als würde sie das täglich machen.

Sie lächelte Paul mit dem Ball zwischen den Lippen zu und flüsterte. »Ich möchte Deiner Oma eine Freude machen und mich für den Ball bedanken.«

* * *

Andrea versuchte, sich die Adresse des Hauses einzuprägen. Sie wollte es vermeiden, jetzt ihren Notizblock zu zücken. Letzteres hätte die sehr prickelnde Atmosphäre kaputt gemacht.

Oma Selma war daheim und begrüßte ihren Enkel erfreut. Maria sagte ihren Trainingssatz mit den Wiener Waschweibern auf und bedankte sich dann noch einmal artig und mit einem Knicks für den Ball.

Es fiel Andrea auf, dass Maria bisher nie das Wort ´Knebel´ erwähnt hatte.

»Wir kommen gerade vom Sprachunterricht« Paul berichtete über die Aktivitäten »und jetzt sind wir auf dem Weg zum Geschichtsunterricht.«

Oma Selma war beeindruckt über den vollen Terminplan von Maria.

Andrea erinnerte daran, dass sie danach noch einen Termin wegen der Selbstverteidingung hätten.

Oma Selma stutze und blickte die Reporterin etwas verwundert an.

Andrea stellte sich vor. »Ich darf eine Serie über Maria schreiben. Sie sind also Pauls Oma?« Sie sah eine Gelegenheit. »Darf ich auch etwas über sie schreiben? Ich brauche einige Artikel, wenn Maria in Amerika ist.«

Oma Selma fühlte sich geschmeichelt. »Wenn sie möchten, kann ich ihnen auch einiges über das Fest erzählen.«

»Oh ja,« Maria zeigte eine für sie ungewöhnliche Begeisterung. »Deine Oma kennt sich gut aus und kann noch besser erzählen.« Faszinierenderweise störte sie der Ball in ihrem Mund so gut wie überhaupt nicht.

»Danke schön.« Oma Selma lächelte Maria an. »Aber jetzt solltest du den Ball wieder abnehmen.«

Maria wurde ein wenig verlegen, dann kam sie der Bitte nach.

Selma nahm ihren Enkel in den Arm. »Passe gut auf sie auf.« Sie strich ihm über den Kopf. »Und lass dich von ihr nicht um den Finger wickeln.«

Paul warf der etwas verlegenen Maria einen liebevollen Blick zu, dann wandte er sich wieder seiner Oma zu. »Ich versuche es.«

Selma warf einen Blick auf die Uhr. »Ich will euch dann nicht länger aufhalten. Herr Kleinert wartet bestimmt schon.« Sie reichte allen die Hand. »Grüßt ihn von mir.«

Paul versprach es.

* * *

Maria hatte eigentlich wieder eine trockene Unterrichtsstunde erwartet. Doch zur Überraschung aller hatte Herr Kleinert diesmal einen Filmprojektor und eine Leinwand aufgebaut.

»Ich möchte euch heute zeigen, wie sich das Fest über all die Jahre so entwickelt hat.« erklärte er gleich nach der Begrüßung.

Sie kannten Herrn Kleinert als Geschichtslehrer vom Gymnasium, doch er verstand es sehr gut, die Schule und das Fest zu trennen. Er bedankte sich für die Grüße von Pauls Oma.

»Macht es euch gemütlich, dann können wir mit dem Kino beginnen.« Er zeigte auf die Sessel und die Couchgarnitur.

Doch Maria zögerte ein wenig und kramte etwas auffällig in ihrer Tasche.

Paul wusste, was sie bewegte. »Maria möchte weiter mit dem Handschuh trainieren.«

»Nur zu.« Herr Kleinert brauchte keine weiteren Erklärungen. »Ich warte mit dem Film auf euch.«


Es wurde eine sehr kurzweilige Stunde. Maria hatte sich mit dem Handschuh zwischen zwei Kissen gesetzt und Paul hatte seinen Arm um sie gelegt.

Wie es schon im Museum zu sehen war, waren die Feste mehr oder weniger deutlich dem Zeitgeschmack unterworfen. Dies äußerte sich vor allem in den verschiedenen Handschuhen.

Gelegentlich gab der Lehrer noch Kommentare zu den Aufnahmen. Besonders beeindruckend waren auch die Szenen, in denen die jeweilige »glückliche Braut« von der Kutsche aus dem »Volk« zuwinkte.


Als das Licht im Raum wieder anging, verabschiedete Herr Kleinert seine »Schüler«. »Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug in die Geschichte gefallen.«

Maria als Hauptperson bedankte sich für die schöne Vorführung, dann drehte sie sich zu Paul und bat ihn, sie aus dem Handschuh heraus zu lassen.

Paul war über dieses Ansinnen mehr als erstaunt. Er hatte sich insgeheim schon mehrere Argumente zurechtgelegt, mit denen er Maria dazu bringen wollte, eine Pause einzulegen. »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er leise, als er die Schnürung öffnete.

»Ich erkläre es dir später«, sagte Maria genauso leise.

Andrea beachtete die kleine Szene nicht. Sie war von den Filmen sehr bewegt und hatte sehr angespannt die vielen Monohandschuh-Trägerinnen bewundert. Dabei war ihr aufgefallen, dass die meisten Handschuhe bei weitem nicht so eng waren wie Maria den ihren trug.

Jetzt hatte sie nur noch einen Wunsch: Schnell nach Hause...
147. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 16.02.14 07:53

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Vier

Autor: Karl Kollar

Oma Selma bat Paul und Maria zuzugreifen. Sie hatte für das Abendessen fertige Schnittchen vorbereitet. Paul und Maria ließen es sich schmecken.

Doch schließlich hielt es Paul nicht mehr aus. »Du wolltest mir noch etwas erklären. Warum wolltest du nach den Filmen gleich aus dem Handschuh heraus?«

Zu seinem Erstaunen sah er, dass Maria sich schwer tat mit der Antwort.

»Die Mädchen in den Filmen...« Sie stockte. »Die weiten Handschuhe.« Ihre Stimme zitterte.

Oma Selma verstand sehr gut, was Maria bewegte. »Du hast Angst, die Leute könnten meinen, dass du das Training mit dem Handschuh gar nicht mehr brauchst und den Handschuh aus anderen Gründen trägst.«

Maria senkte den Kopf und wurde auf einmal so rot, dass es keine weiteren Antwort von ihr brauchte.

»Mach dir diesbezüglich keine Sorgen.« Sie streichelte Maria über den Kopf. »Die Leute werden nur denken, dass du eine sehr ehrgeizige Katerina bist und dem Fest keine Schande machen möchtest.«

Maria blickte zögernd auf und noch etwas misstrauisch lächelte sie. »Ich darf also weiter... trainieren?« Die Pause vor dem Wort ´trainieren´ sprach Bände.

»Und jetzt solltest ihr aufbrechen, damit ihr rechtzeitig beim Sport seid.« Insgeheim freute es sie, dass durch Maria auch Paul wieder etwas mehr zu sportlichen Aktivitäten genötigt wurde.

* * *

Maria hatte sich schon daheim umgezogen. So konnte sie den lästigen Fragen wegen ihrer stählernen Unterwäsche aus dem Weg gehen. Sie hatte sich schon seit langem mit ihrem Keuschheitsgürtel arrangiert und hatte mittlerweile überhaupt keine Probleme mehr damit, ihn quasi rund um die Uhr zu tragen. Im Gegenteil, er gab ihr ein Gefühl von Sicherheit und half ihr, in der Öffentlichkeit selbstbewusst aufzutreten.

Paul hatte seine Sportsachen noch in der Tasche, die er in der einen Hand trug. Außerdem befand sich in der Tasche auch der Monohandschuh, den Maria im Training tragen würde. Es war für ihn ein eigenartiges Gefühl, als er ihn zu seinen Sportsachen gepackt hatte. Er hatte darauf bestanden, dass Maria den Handschuh erst nach dem Umziehen anlegen sollte und sie hatte sich mehr oder weniger sofort gefügt.

Immerhin genossen es beide, dass sie den Weg zur Sporthalle Hand in Hand gehen konnten.


Der Empfang an der Sporthalle war leider wie immer. Renate Bayer war schon anwesend und mit betretener Miene berichtete sie, dass der Neffe auch diesen Termin nicht zugesagt hatte. Sie seufzte.

Nach dem Umziehen in den Kabinen trafen sich die Sportler zum gemeinsamen Warmmachen, bei dem auch Paul mitmachte. Obwohl es für ihn hier gar nichts zu tun gab, fand er dies doch sinnvoller, als die ganze Zeit nur herumzusitzen und zuzusehen.

Dann begannen die eigentlichen Übungen und dafür musste Maria sich ein schon etwas ramponiertes Kleid aus festem Stoff überziehen. »Das entspricht ungefähr dem Kleid, welches du auf dem Fest tragen wirst.«

Als nächste bat sie Paul, Maria ihren Handschuh anzulegen. »Es ist dir ja lieber, wenn es dein eigener ist.«

Maria nickte etwas verlegen.

Die Mitglieder des Sportvereins waren immer noch davon fasziniert, mit welcher Routine Maria sich in den Monohandschuh einschnüren ließ und wie klaglos sie es hinnahm. Im Gegenteil, es war sogar ein gewisses Leuchten in ihren Augen zu sehen.

Als Paul mit dem Anlegen fertig war, bat die Trainerin Maria auf die Trainingsmatte. »So, wir wiederholen jetzt die Bewegungen vom letzten Mal.«

* * *

Die Trainerin klatsche in die Hände und rief »Einen Moment Pause.« Dann drehte sie sich um und ging zum Eingang der Sporthalle.

Paul und Maria folgten ihr mit dem Blick und sahen mit etwas Erstaunen, dass der Sparkassendirektor an der Tür stand.

Die Trainerin winkte und rief »Paul und Maria, könntet ihr kurz einmal kommen.«

Die beiden kamen der Aufforderung nach und gingen zur Tür. Herr Steinhagen begrüßte sie kurz. »Ich möchte auch gar nicht lange stören.«

Paul fiel auf, dass Marias Arme noch im Handschuh gefangen waren. »Soll ich Maria den Handschuh abnehmen?«

Herr Steinhagen winkte ab. »Es geht hoffentlich schnell.«

Zu Pauls Erstaunen wandte sich der Direktor an ihn. »Ich habe bisher viel Gutes über dich gehört. Du hilfst Maria, wo du nur kannst und hast auch ganz selbstlos alle Übungen mitgemacht.«

Paul wurde etwas verlegen und wollte abwiegeln. Doch Maria stupste ihn mit ihren verpackten Armen aufmunternd in die Seite. »Sei nicht so bescheiden.«

Herr Steinhagen räusperte sich. Irgendwie war ihm anzumerken, dass jetzt etwas Wichtiges kommen würde. »Wärst du, Paul, bereit, an dem Katerinenfest die Rolle des Prinzen zu übernehmen?«

Pauls Miene zeigte deutlich, dass er damit am allerwenigsten gerechnet hatte.

»Bitte, du musst das machen.« Maria war von dem Gedanken so sehr erfreut, dass sie ihre Erziehung vergaß und ihn überrumpelte. »Mach es bitte mir zuliebe.«

»Ich möchte, dass es ein schönes Fest wird,« bekräftigte der Direktor seine Frage. »Und ich habe einen gewissen Einfluss.« Er blickte Paul erwartungsvoll an.

Es waren die leuchtenden Augen von Maria, die ihm die Zustimmung in den Mund legten. »Ja, ich kann die Rolle übernehmen.«

Maria wäre ihm liebend gern um den Hals gefallen, ihre Arme zuckten heftig im Handschuh. Doch so blieb ihr nur ein kurzer, aber sehr liebevoller Kuss.

* * *

Nach dem Sport ließ sich Maria ganz ohne Widerwillen sofort den Handschuh abnehmen. Paul spürte, dass sie in Gedanken schon beim Fest war. Während die anderen Sportler in die Duschen verschwanden, begleitete er Maria auf dem Weg nach Hause. Er wusste, warum Maria lieber allein duschte.

Er freute sich sehr auf den sturmfreien Abend, den sie beide jetzt vor sich hatten.

Doch ein wenig bedrückte ihn auch die Verantwortung, die bald auf ihm Lasten würde. »Der Direktor hat sicher großen Einfluss in der Stadt.« Er ahnte, dass die Frage des Direktors für ihn große Konsequenzen haben würde.

Maria griff den Gedanken auf. »Ich glaube, er hat auch bei der Zeitung Druck gemacht.« Sie erinnerte sich an einige Andeutungen von Andrea und drückte Pauls Hand etwas fester.

Paul wusste nicht, was er antworten sollte.

Maria erwähnte mit einem seltsamen Klang in der Stimme, dass sie noch trainieren wollte. »Mit den vielen Terminen komme ich ja kaum dazu.«

* * *

Paul blickte sehr verliebt auf Maria, die neben ihm eingeschlafen und jetzt auf seinen Schoß gesunken war. Er war bemüht, sich möglichst wenig zu bewegen, denn er wollte Maria nicht wecken. Das Bewegen in dem Sport-Kleid war sicher sehr anstrengend gewesen und auch sonst hatte sie einen sehr anstrengenden Tag gehabt.

Er hatte sich eigentlich sehr auf den »sturmfreien« Abend gefreut, den er sehr romantisch mit seiner Freundin verbringen wollte. Doch es kam anders als er es geplant hatte. Kaum hatte er seine Jacke ausgezogen, als Maria schon mit strahlenden Augen vor ihm stand. Sie hatte sich die Backprayerjacke angezogen und trug einen Ballknebel im Mund. »Machst du sie bitte zu?«

Paul fand den Knebel übertrieben und er verstand nicht, warum Maria ihn sich angelegt hatte. Aber er wollte auch kein Spielverderber sein. Er trat hinter Maria und schloss die Riemen der Trainingsjacke. Dann brachte er ihre Arme in die richtige Position und zog die Riemen so weit an, wie es abgesprochen war. Er hörte Maria leise stöhnen.

»Komm, lass uns aufs Sofa setzen.« bat er Maria und sie folgte ihm. Doch kaum saß sie neben ihm und hatte sich an ihn gekuschelt, als ihr auch schon die Augen zufielen.

Paul lächelte, als er auf dem Tisch den Zettel mit den Übungssätzen liegen sah. Doch er konnte es nicht übers Herz bringen, Maria dafür zu wecken.

* * *

»Rudolf, was kann ich für dich tun?« Der Baron sah von seinem Schreibtisch auf wunderte sich über den spontanen Besuch des Sparkassendirektors. Im Moment gab es eigentlich nichts Finanzielles zu besprechen.

»Es geht mir um das Fest,« begann Herr Steinhagen, und es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm das Thema unangenehm war. »Wie willst du sicherstellen, dass es ein Erfolg wird?«

»Ich bin noch ganz zuversichtlich.« Der Baron ahnte noch nicht, auf welche Frage es hinaus laufen würde.

»Was ist mit deinem Neffen?« Die Stimme des Direktors wurde eindringlich. »Soweit ich informiert bin, hat er bisher an keinem einzigen Termin teilgenommen.«

Der Baron wusste nicht wirklich eine Antwort. Der Direktor hatte ihn an seinem wunden Punkt getroffen.

»Er hat sich bisher gegenüber Maria Beller völlig daneben benommen. Weiterhin gab es diverse Beschwerden.« Seine Stimme wurde noch dringlicher. »Er macht nicht nur die Rolle, sondern auch die Katerina kaputt. Schmeiß ihn raus und nominiere Paul Mohr. Er ist der wesentlich bessere Darsteller für den Prinzen. Und er hat sich bis jetzt schon wesentlich besser vorbereitet als er.«

Der Baron war von dem Vorschlag ehrlich überrumpelt, aber aus ganz anderen Motiven als der Direktor vermutete. Er hatte bisher nur nie den Mut gefunden, seinen Neffen vor die Tür zu setzen. Sein Betragen hatte ihm genauso missfallen.

Jetzt konnte er sich gegenüber dem Neffen rechtfertigen, dass nicht er ihn rausgeworfen hätte, sondern der wichtigste Sponsor des Festes. Der Verweis auf das liebe Geld würde bei seinem Anverwandten eher auf Verständnis treffen.

»Ich werde mit ihm reden.« Der Baron wollte sich nicht zu euphorisch zeigen. Vor allem wollte er nicht zugeben, dass der Direktor bei ihm offene Türen einrannte. Denn die scheinbar so einschneidende Aktion war in Wirklichkeit eine Maßnahme, die genau in die Pläne des Barons passte. Seinem Neffen würde er das dann schon erklären. So wie er ihn einschätze, war ihm der Rauswurf wahrscheinlich sogar lieber als das Fest mit dieser Maria machen zu müssen.

»Nein, das machen wir sofort.« Der Direktor wollte jetzt nicht nachlassen. »Wir fahren jetzt zur Turnhalle und du wirst Paul Mohr offiziell die Rolle übertragen.« Er blickte auf die Uhr. »Und heute abend lässt du das vom Vorstand absegnen.«

Der Baron gab sich kleinlaut. Doch innerlich war er erleichtert. Es war zwar kein Grund zu Jubeln, aber wenigstens konnte ihm jetzt sein Franz-Ferdinand nicht mehr länger dazwischenfunken.

* * *

»Wie geht es unserer so stolzen Prinzessin?« Hell und klar kam die Stimme von Marias Mutter aus dem Telefonhörer, trotz der weiten Leitung bis Amerika.

»Sie übt fleißig für die Rolle.« Mrs. Potter warf einen Blick auf den Kalender, der voller Termine war. »Sie ist fast ständig unterwegs.«

»Und wie steht sie zu Paul?« fragte die etwas besorgte Mutter.

»Die beiden sind schwer verliebt, haben aber kaum Zeit füreinander.« Sie beschrieb, wie sie gestern spät am Abend Maria schlafend in Pauls Armen vorgefunden hatte.

Frederike lächelte durchs Telefon. Doch dann wurde ihre Stimme wieder etwas ernster. »Ich möchte die Regeln für Maria noch ein wenig ändern.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich weiß, dass im Moment wegen des Festes alles sehr locker gehalten wird.«

Mrs. Potter hörte, wie Marias Mutter tief Luft holte.

»Ich möchte sie bitten, Maria nicht mehr automatisch aus dem Keuschheitsgürtel zu befreien.«

»Ja...«

»Wenn sie danach fragt und Paul ist nicht in der Nähe, dann erlauben sie es. Ansonsten suchen sie bitte nach einer passenden Ausrede.«

»Machen sie sich deswegen keine Sorgen.« Mrs. Potter verstand den Auftrag sehr gut. »Maria hat im Moment so wenig freie Zeit, dass sie es bisher überhaupt nicht vermisst. Außerdem ist sie schon öfters in seinen Armen gekommen, trotz allem Schutz.«

Das Grinsen von Marias Mutter war fast zu hören.

Mrs. Potter berichtete von den Neuigkeiten, die sie so eben von Herrn Steinhagen erfahren hatte.

»Pauls Nominierung passt mir gut ins Konzept.« Sie fragte die Erzieherin noch nach der Einschätzung von Marias Selbstverständnis.

»Sie geniesst ihren neuen Zustand sehr,« konnte Mrs. Potter berichten. »Sie ist jetzt schon die Prinzessin, die sie immer sein wollte und sie muss dafür »leiden«. Sie opfert sich auf für die Rolle. Paul an ihrer Seite als der starke Prinz gibt ihr zusätzliche Motivation und Kraft. Es läuft bestens.«

Frederike Beller freute sich über diese Entwicklung, weil es die beiden noch wesentlich weiter aneinander schweißen würde. »Ich möchte sie noch um einen kleinen Gefallen bitten. Bitte notieren sie heimlich, wann Maria wie und wie lange eingeschränkt ist.« Die Unterbrechung ihres sorgfältig ausgearbeiteten ursprünglichen Programms schmeckte ihr überhaupt nicht, aber sie wagte es nicht, gegen ihre Auftraggeber aufzubegehren.

Doch die Erzieherin konnte ihre Sorgen beschwichtigen. »Seit Maria mit Paul zusammen ist und er ihr bei allem hilft, genießt Maria ihre Hilflosigkeit und ist fast die ganze Zeit irgendwie gefesselt.« Sie beschrieb, wie sie Paul erst einmal ermutigen musste, ihrem Wunsch nach ständigem Tragen des Handschuhs entgegenzutreten. »Maria kommt überhaupt nicht dazu, an Zweisamkeit mit Paul zu denken, weil ihr Terminkalender so voll ist und sie entweder etwas zu tun hat oder total erschöpft ist.«

Marias Mutter war über diese Details sehr erfreut. Mit einigen freundlichen Worten und einer kurzen Verabschiedung beendete sie das Gespräch.

* * *

Nachdenklich legte sie den Hörer auf die Gabel und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Während ihre Augen dem bewaldeten Horizont folgten, waren ihre Gedanken bei ihrer Tochter und dem Projekt, welches eine sehr erfreuliche Wendung genommen hatte. Ein männlicher Partner war zu dieser Zeit noch gar nicht vorgesehen, höchstens erhofft. Das Programm wurde dadurch erheblich beschleunigt und erfolgreicher, wenn auch auf eine ganze andere Art und Weise als geplant.

Das Extra-Training für das Katerinenfest war mehr als zu begrüßen, wenn sie es auch ihrer Tochter aus eigenem Antrieb nicht zugemutet hätte. Und es hatte noch einen anderen Aspekt, den Frederike bisher nicht zu hoffen gewagt hatte. Mit dem Fest würde sich Marias Prinzessinnentraum erfüllen und sie wäre mindestens für ein Wochenende eine echte Prinzessin, die zudem noch für ihre Volk leiden musste, so wie das seit langem ihr Traum war.

Und auch das Konsortium war mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Doch mit der neuesten Nachricht aus der Heimat fühlte sie sich etwas überrumpelt. Es gab etwas Wichtiges zu tun. Pauls Reise in die Klinik war für den Herbst geplant. Das musste jetzt unbedingt vorgezogen werden. Sie nahm Stift und Block zur Hand und begann sich Notizen zu machen.

* * *

Andrea war sichtlich stolz auf sich. Sie hatte es in nur wenigen Stunden geschafft, ein einigermaßen spannendes Konzept für ihre sechzehn Artikel zu erarbeiten. Mit einem Strahlen im Gesicht stand sie jetzt vor Marias Haustür und hoffte darauf, dass ihre Ideen gefallen würden.

Wie schon die Male zuvor wurde sie mit der eher ungewohnten Wärme empfangen, auch wenn Mrs. Potter sofort auf die nur wenig vorhandene freie Zeit hinwies. Doch als Andrea ihr Konzept vorstellen wollte, wurde sie etwas abrupt von Mrs. Potter unterbrochen. »Das können sie gleich wieder zerreißen.«

Andrea war entsetzt und tief enttäuscht. Doch dann beugte sie die Erzieherin zu ihr hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Andreas Miene hellte sich in Sekundenbruchteilen wieder auf. »Sind sie sicher?«

Die Erzieherin lächelte zuversichtlich. »Er hat mich heute vormittag angerufen und es mir mitgeteilt. Heute Abend wird es offiziell bekanntgegeben.«

Mit einem breiten Lächeln zerriss Andrea ihr Konzept und nahm einen neuen Bogen Papier zur Hand. Sie begann erste Ideen zu notieren.


Maria kam mit eiligen Schritten die Treppe herunter und Paul folgte ihr.

Mrs. Potter blickte Andrea kurz an und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen.

Andrea lächelte verschwörerisch. Dann drehte sie sich zu Maria. »Es geht zum Tanzen?«

Es war Maria anzusehen, dass die Mittagspause nach der Schule ruhig noch etwas länger hätte dauern können. »Die Pflicht ruft.«

»Darf ich euch begleiten?« fragte Andrea und begann ihre Sachen einzupacken.

»Aber gern.«

* * *

Der Tanzunterricht begann mit den üblichen Ritualen. Zuerst machten alle die Aufwärmübungen, dann ließ sich Maria von Paul ihren Trainingshandschuh anlegen. Dabei wollte diesmal Carlos, der Chef der Gruppe, unbedingt dabei helfen.

Doch letzteres entpuppte sich nur als ein Vorwand, um unauffällig mit Paul und Maria reden zu können. »Ich möchte heute eine kleine nicht angekündigte Notfallübung durchführen.« Er beschrieb, was ungefähr passieren würde und wie sich Paul und Maria verhalten sollten. »Das Stichwort ist ´Schätzchen´.« Er grinste, dann klatschte er in die Hände und bat alle Tänzer auf ihre Plätze.

Die Tänzer und Tänzerinnen stellten sich für den ersten Tanz auf und warteten auf die Musik. Dann begann das Training.

Mitten im zweiten Tanz fiel es auf einmal auf, dass Carlos auf einmal ganz falsche Schritte machte. Es sah fast aus, als wäre er betrunken. Er begann zu taumeln und stolperte etwas auf Maria zu »Hallo Schätzchen« lallte er, »lass uns tanzen.« Dann griff er sie etwas unsanft an der Schulter.

Maria, die seine Absicht sofort erkannt hatte, spielte mit. Sie zuckte erschreckt zusammen und wollte einen Schritt zurücktreten. Doch Carlos hatte sie bereits an der Schulter gepackt.

Es waren kaum fünf Sekunden vergangen, als er auf einmal laut »Stopp« rief, zum Rekorder ging und die Musik ausmachte. Dann drehte er sich zu seiner Gruppe um und seine Augen funkelten böse. »Warum habt ihr nicht eingegriffen?« Er machte ihnen deutlich klar, dass dies ihre wichtigste Aufgabe auf dem Fest sei.

»Aber du bist doch der Chef?« kam etwas schüchtern als Einwand.

Doch dies wollte er nicht gelten lassen. »Wie lautet die wichtigste Regel?« Er machte eine deutliche Pause. »Ohne Ansehen der Person!« Er holte tief Luft. »Und wenn es der Bürgermeister persönlich ist, der Maria bedrängt. Eure einzige Aufgabe ist, sie zu beschützen, denn sie kann sich nicht wehren.«

Er drehte sich zu Maria. »Danke, dass du das kleine Spiel mitgemacht hast.«

Doch dann wurde seine Miene wieder etwas freundlicher. »Und jetzt lasst uns weiter tanzen.«

Paul war von der Übung sichtlich beeindruckt ebenso wie Andrea, die sich hastig Notizen machte.

* * *

Doch bald darauf wurde das Tanztraining wieder von Carlos unterbrochen. Sein Grinsen bis zu den Ohren zeigte, dass es etwas ganz besonders sein musste. Er bat seine Tänzer zu sich und gab eine kleine Pause bekannt. »Wir haben Besuch bekommen.« Er musste die beiden Herrn nicht vorstellen, sie kannte jeder.

Fast alle blickten zum Eingang und sahen dort den Baron in Begleitung des Sparkassendirektors stehen.

»Paul und Maria«, bat Carlos, »tretet ihr bitte vor.«

Er wollte, dass es alle hören konnten. Dann winkte er die Besucher heran.

Der Baron begann. »Nachdem wir schon für die Katerina eine Umbesetzung durchführen mussten, bekommen wir jetzt die zweite Umbesetzung.« Das Sprechen viel ihm sichtlich schwer. »Mein Neffe wird den Prinzen nicht spielen.«

Ein leiser Seufzer der Erleichterung ging durch die Halle.

»Paul und Maria, kommt ihr bitte ein mal zu mir?« Der Sparkassendirektor hatte Mühe, sein Freude zu verbergen und versuchte, eine feierliche Miene zu zeigen.

Beide ahnten, was jetzt kommen würde. Sie traten noch ein paar Schritte vor.

»Paul Mohr«, die Stimme von Herrn Steinhagen klang sehr wichtig, »wären sie bereit, die Rolle des Prinzen zu übernehmen?«

Paul und Maria blickten sich kurz an. Dann antwortete Paul mit etwas wackeliger Stimme. »Ja, ich bin bereit dazu.«

Der Sparkassendirektor drehte sich zu Maria. »Maria, sind sie einverstanden, wenn Paul die Rolle des Prinzen übernimmt?«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie am liebsten allen um den Hals gefallen wäre. Ihre Arme zuckten deutlich in ihrem Gefängnis. Sie blickte wieder zuerst zu Paul. »Ja, sehr gern.«

Die Tänzer ließen einen spontanen Jubel hören, der erst von Carlos gedämpft werden musste.

»Ich möchte euch beide bitten, heute abend zur Sitzung des Vorstandes kommen. Dort werden wir es dann offiziell beschließen.« Er reichte beiden kurz die Hand.

Maria hatte sich diesmal etwas vorbereitet und streckte ihren Monohandschuh seitlich nach vorn, so dass sie ihm so auch die Hand geben konnte.

»Und jetzt möchten wir euch nicht länger vom Üben abhalten.«

Carlos klatschte in die Hände. »Jetzt wird weiter getanzt. Wir haben noch viel zu üben.«
148. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 16.02.14 11:34

Hallo cag_coll

Wow. was für eine Fortsetzung!!
Ich bin tief beeindruckt was du immer so aus den tiefen heraus holst. Einfach Wahnsinn.

Vor allem bin ich ja mal gespannt, wiso Paul jetzt auch von Marias Mutter in der Klinik behandelt werden soll. Bekommt er auch nen KG verpasst??^^
Naja, du wirst uns hoffentlich irgendwann mal aufklären.

Was ich allerdings immer noch nicht ganz verstanden habe ist, warum der Chef der Zeitung erst mit "Gewalt" überzeugt werden mußte, Maria endlich zu akzeptieren. Oder kommt die Aufklärung dieses Rätsels noch?


Mfg Rainman
149. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 16.02.14 12:23

Es ist eine schöne Fortsetzung ich muß auch sagen das ich gespannt bin was die Mutter mit Paul vorhat .
150. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 17.02.14 00:37

Ist doch einfach Rainman. Er war von Maria nicht Überzeugt, sie ist ja nur eine Bürgerliche also nicht Schlagzeilenträchtig.
Vielleicht soll Paul mehr über Marias Training Erfahren in Amerika.
Die Aktion von Carlos beim Tanzen fand ich gut so wurde den anderen nochmal Eingeimpft das Marias Sicherheit über allem Steht egal wer sie Belästigt.
151. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 17.02.14 06:41

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Fünf

Autor: Karl Kollar

Maria war nur bedingt traurig, dass sie heute keine Zeit mehr hatte, ihr Gebet auf dem Rücken zu trainieren. Immerhin ging heute ein Wunsch in Erfüllung, den sie nicht zu erhoffen gewagt hatte. Paul würde den Prinzen spielen. Er würde ihr Prinz werden.

Sie waren zu viert auf dem Weg zur Vorstandssitzung. Während Paul und Maria Hand in Hand unterwegs waren, versuchte Andrea, von Mrs. Potter einige Informationen zu Marias Mutter zu bekommen.

Alle freuten sich auf das Ereignis, welches jetzt vor ihnen lag. Andrea hatte sogar ihr Rendezvous mit Hans abgesagt, ihn aber vertröstet damit, dass er die nächsten Tage neue Fotos von Maria machen sollte.


Es war der komplette Vorstand des Festes anwesend. Und die strahlenden Gesichter zeigten deutlich, dass sie alle schon wussten, um was es heute abend gehen würde.

Sogar Renate konnte Maria heute einmal mit einer freudigen Nachricht begrüßen. »Diesmal ist der Prinz gekommen.« Sie schmunzelte.

Paul und Maria freuten sich sehr über den schönen Scherz.

Der Baron begrüßte die Anwesenden und eröffnete die Sitzung. »Wir haben heute nur einen einzigen Tagesordnungspunkt.« Er holte tief Luft. »Die Nominierung von Paul Mohr als Darsteller des Prinzen.«

Die Runde applaudierte.

Doch dann wurde die Stimmung etwas nüchterner. Paul musste Rechenschaft darüber ablegen, was er bisher von der Rolle des Prinzen schon wusste und an welchen Terminen er teilgenommen hatte.

Er konnte berichten, dass er an fast jedem Termin, wo eigentlich der Neffe hätte erscheinen müssen, an dessen Statt teilgenommen hatte.

Die Runde war mit seinen Ausführungen sehr zufrieden, so dass die darauf folgende Abstimmung zur Formalität wurde.

* * *

Maria schwebte geradezu, als sie jetzt neben Paul die Rathaustreppe hinunter schritt. Vor dem Rathaus blieben sie stehen, weil sie auf Robert warteten. Da Marias Musikgruppe in der Nähe probte, wollten sie dort noch kurz vorbei schauen. Robert wollte sie begleiten, weil er seine Frau abholen wollte.

Maria nutzte die Wartezeit, um Andrea zu erklären, was es mit der Musikgruppe auf sich hatte. »Ich hätte auf dem Fest die erste Stimme spielen dürfen,« beschrieb sie voller Stolz und doch auch mit etwas Wehmut.

Andrea hatte von Musik wenig Ahnung, doch sie spürte, dass es Maria sehr viel bedeutete. Außerdem stellte sie erfreut fest, dass sie mit der Musikgruppe Stoff für einen neuen Artikel hatte.


Vor dem Saal, in dem die Gruppe probte, blieb Robert Greinert stehen und drehte sich zu Maria um. »Ich werde euch ankündigen.« Sein strahlendes Grinsen zeigte, dass er eine besondere Idee hatte.

Aus dem Raum war ein Musikstück zu hören. Er schien es zu kennen. »Gleich sind sie fertig.«

Er wartete und tatsächlich verstummte die Musik gleich darauf. Er öffnete die Tür und trat ein. »Ratet mal, wen ich euch mitbringe.« Dass er die Probe unterbrach, störte ihn dabei nicht.

Seine Frau drehte sich ein wenig verärgert um. Doch als sie seine Miene sah, erkannte sie sofort, dass etwas sehr bedeutsames passiert sein musste. »Nun sag es schon.«

»Ich bringe euch das Prinzenpaar für das Katerinenfest.« Er winkte Paul und Maria herein.

Als die beiden im Raum standen, fragte Karin, seine Frau: »Und wo ist der Prinz?« Sie meinte natürlich den Neffen des Barons.

Die Antwort von Robert verblüffte alle. »Er steht vor euch.«

Es war still und er blickte in etwas ratlose Gesichter. Dann berichtete er, was sich gerade auf der Vorstandssitzung zugetragen hatte.

Es war kurz sehr still im Raum. Dann brach Jubel hervor und alle standen auf, um Maria und Paul zu gratulieren.

Nachdem sich der Jubel etwas gelegt hatte, bat Fritz ums Wort. »Ich denke, wir spielen jetzt noch ein Stück für das künftige Prinzenpaar und dann gehen wir gemeinsam etwas trinken.« Er wandte sich an Maria. »Du darfst dir ein Stück wünschen.«

Maria blickte kurz zu Paul, dann nannte sie einen der alten deutschen Tänze als ihren Wunsch.

* * *

Das Geschrei seines Neffens konnte der Baron schon im Treppenhaus zu hören. Der Butler versuchte ihn aufzuhalten und hätte ihn erst standesgemäß anmelden wollen, doch Franz Ferdinand Freiherr von Schleihthal liess sich davon nicht aufhalten. Es war zu hören, wie er einfach an dem Butler vorbei die Treppe hinauf rannte.

Baron von Harsumstal wappnete sich gedanklich für die fällige Aussprache mit seinem Neffen. Insgeheim war er über die Nominierung von Paul Mohr als Darsteller des Prinzen erleichtert, denn dies würde ein erfolgreiches Fest wesentlich wahrscheinlicher machen. Natürlich ahnte er, wie sein recht impulsiver Neffe wohl reagieren würde und er hoffte, dass er die richtigen Mittel dagegen vorbereitet hatte.


Franz-Ferdinand schlug die Tür des Arbeitszimmers weit auf, stürmte bis zum Schreibtisch seine Onkels vor und warf ihm erbost die Mittwochsausgabe der Zeitung auf den Tisch. »Kannst du mir das erklären?«

Obwohl der Baron genau wusste, was sein Neffe wollte, ignorierte er ihn zunächst. »Das ist die Zeitung von gestern. Was ist damit?«

Es wirkte. Diese Bemerkung so ganz neben der Spur brachte den Neffen aus dem Konzept. Er griff sich noch eine Spur erboster die Zeitung und schlug die Seite auf, auf der das Bild von Paul und Maria zu sehen war. »Warum muss ich das aus der Zeitung erfahren?«

Baron Harsumstal wusste auf diese Frage keine Antwort. Natürlich, er hatte vergessen, seinem Neffen Bescheid zu sagen. Aber er hatte dies für nicht so wichtig gehalten, weil der Neffe sowieso nur sehr wenig Interesse an der Rolle gezeigt hatte.

»Wie stehe ich denn jetzt da?« Er legte den Finger auf die Schlagzeile. »Meine Freunde lachen über mich.«

Der Baron hatte Mühe, seine Erleichterung zu verbergen. Es ging dem Neffen gar nicht um den Rauswurf, sondern nur um sein Ansehen bei seinen Freunden. Er versuchte sich zerknirscht zu geben. »Ja, das war ein Fehler. Ich hätte dich zuerst informieren sollen.« Auf einmal hatte er eine Idee. »Aber ich bin ja selbst Opfer.« Er zeigte seinerseits auf das kleine Foto des Sparkassendirektors. »Er hat das alles veranlasst. Ich kann gar nichts dafür.«

Auf die Sparkasse war der Neffe im Moment ohnehin nicht besonders gut zu sprechen, weil sie seinen letzten Kreditantrag abgelehnt hatten. Es wären zu wenig Sicherheiten vorhanden. »Diese Finanztrottel.« So wirkte das Ablenkungsmanöver.

»Es gibt einen ganz wichtigen Grund, warum das Fest unbedingt ein Erfolg werden muss.« Der Baron legte den nächsten Köder aus.

»Warum?« So langsam ließ der aufgestaute Ärger des Neffen nach.

»Versprichst du mir, deinen Mund zu halten?«

»Meinentwegen.«

»Wenn eine Darstellerin es auf dem Fest schafft, die Originalhaltung zu tragen, dann wird dafür ein Preisgeld von zwei Millionen ausgezahlt.« Der Baron berichtete, was er von dem Notar erfahren hatte. Dabei hoffte er, das sein Neffe bei der Erwähnung der Summe sich davon blenden ließe und nicht hinterfragen würde, was denn die Originalhaltung sei. »Wir brauchen das Geld dringend.« Dabei seufzte er theatralisch.

Erst jetzt wurde Franz-Ferdinand hellhörig. »Du hast Geldsorgen?« Es war für ihn ein ganz neuer erschreckender Gedanke, denn bisher hatte er seinen Lebenswandel hauptsächlich über die Zuwendungen seines Onkels finanziert.

»Wenn nicht ein Wunder geschieht, dann bin ich in einem Monat pleite.« Das stimmte zwar so noch nicht ganz, aber sehr viel positiver war die Situation auch in Wirklichkeit nicht.

»Das wusste ich nicht.« der Neffe ließ sich ernüchtert auf den Besucherstuhl fallen.

»Deswegen ist es ganz wichtig, dass Maria Beller das Fest erfolgreich hinter sich bringt.« Er begann seinen Plan zu erläutern. »Beim Fest wird der Notar anwesend sein und kann sich selbst davon überzeugen, dass alle Bedingungen für die Auszahlung erfüllt sind.«

»Aber steht das Geld nicht ihr zu?« Der Neffe glaubte, ein Problem in dem Plan entdeckt zu haben.

»Sicher, aber es gibt noch eine Extra-Klausel in dem Vertrag.« Er lass die Stelle aus dem Brief vor, in der beschrieben war, das Maria entweder verheiratet sein musste oder das fünfundzwanzigste Lebenjahr vollendet haben musste. »Und bis dahin darf der Vorsitzende des Festes das Geld verwalten.«

Der Neffe grinste. »Das bist ja du.«

»Verstehst du jetzt, warum Paul Mohr den Prinzen spielen soll?« Er hoffte auf Einsicht von seinem Neffen.

»Und was ist nach dem Fest? Was ist, wenn Maria heiratet?«

»Das werden wir verhindern.« Er stand auf. »Komm bitte einmal mit.«

Sie gingen durch das Treppenhaus in den Keller des Schlosses. Der Baron nahm einen Schlüssel zur Hand und öffnete eine Tür.

»Die alte Dienstbotenwohnung?« der Neffe erinnerte sich. Wobei es allerdings übertrieben war, sechzehn Quadratmeter als Wohnung zu bezeichnen. Aber früher hatte hier wirklich eines der Dienstmädchen gewohnt. Mit Kochnische, abgeteilter Nasszelle und hinter einem Vorhang eine Schlafgelegenheit.

»Ich habe hier ein paar Sachen umbauen lassen.« Der Baron verriegelte das Türschloß so, dass es nicht zufallen konnte. »Pass vor allem auf die Tür auf, die ist jetzt von innen nicht mehr zu öffnen.«

»Faszinierend«, Franz-Ferdinand begutachtete die Innenseite der Tür, die nur eine glatte Fläche zeigte. Es gab weder eine Klinke noch ein Schlüsselloch.

»Die Fenster sind auch vergittert.« Der Baron zeigte auf die Öffnungen in der Wand. »Hier wird keine die beiden Mädchen finden.«

»Zwei Frauen?« der Neffe war verwundert. »Wer denn noch.«

»Sophie frisst mir die Haare vom Kopf.« Der Baron seufzte. »Deswegen musste ich sie stoppen. Sobald die Ärzte sie entlassen, werden wir sie hier zu Maria bringen, damit sie uns nicht verraten kann.«

»Es wird sie keiner vermissen.« Franz Ferdinand grinste. Auch ihm war das Treiben seiner Cousine mehr als peinlich gewesen.

»Direkt nach dem Fest werden wir Maria hierher bringen.« Er zeigte noch einmal in den Raum. »Sophie kommt später dazu.«

Sie verließen den Raum. Der Baron verschloss die Tür. »Ich habe extra ein Filmteam beauftragt, während des Festes viel zu filmen und Bilder zu machen, damit der Notar genügend Beweise hat, falls Maria nach dem Fest verschwunden sein sollte. Er wird uns das Geld auszahlen.« Er klang sehr zuversichtlich.

* * *

Freitags stand Maria immer etwas früher auf, um für das Telefonat mit ihrer Freundin Rosalie in Australien genügend Zeit zu haben. Diesmal war sie sogar eine ganze Stunde früher aufgestanden, denn sie hatte sehr viel zu erzählen.

»Du bist heute aber früh dran«, wunderte sich Rosalie gleich nach der herzlichen Begrüßung. »Ist »es« passiert?«

Maria verdrehte die Augen. Ihre Freundin zog sie immer wieder mit diesem Thema auf. »Nein«, antwortete sie mit einem Strahlen in der Stimme, »viel schöner.«

»Nun erzähle schon.« Rosalie war hörbar neugierig.

»Paul darf den Prinzen spielen.« Ihre Stimme überschlug sich dabei fast.

»Nein«, Rosalie war hörbar überrascht. »Wie ist es denn dazu gekommen?«

Maria erzählte vom Besuch des Sparkassendirektors beim Training und der Nominierung auf der Versammlung.

»Und was sagen der Baron und sein Neffe dazu?« Rosalie hatte sich schon viele Klagen über Franz-Ferdinand angehört.

»Ich weiß es nicht.« Es war ihr auch gleichgültig. »Aber ich bin doppelt erleichtert.«

»Das passt ja super zu dir als Prinzessin.« Rosalie kannte ihre Freundin gut. »Jetzt wirst du bestimmt noch intensiver trainieren.«

»Die Prinzessin muss eben Opfer bringen für ihr Volk.« Marias Stimme hatte dabei einen recht verträumten Unterton.

»Und die Leute glauben, dass du den Mono noch trainieren musst?« Rosalie sprach das aus, was Maria insgeheim auch schon sehr beschäftigte.

»Ich weiß es nicht.« Maria seufzte. »Es haben mir alle bestätigt, dass ich mir deswegen keine Sorgen zu machen brauche.«

»Na dann wäre doch alles in Ordnung.« Rosalie lächelte durchs Telefon. »Ich weiß doch, wie gern du in Wirklichkeit deine Arme da hineinsteckst und dich dann bedienen läßt.«

Maria wurde etwas rot. Sie war froh, dass ihre Freundin dies nicht sehen konnte. Denn auch wenn sie es nie zugegeben hätte, Rosalie hatte mit dieser flapsigen Bemerkung recht.

»Und was sagt Paul zu seiner neuen Rolle?« Rosalie fragte weiter, als Marias Antwort ausblieb.

»Ich glaube, insgeheim ist er sogar erleichtert.« Maria hatte dies in den letzten Tagen gespürt. »Der Gedanke, dass ich mit Franz-Ferdinand spielen sollte, hat ihn wohl sehr bedrückt.«

»Er liebt dich.« Diesmal lag kein Spott in Rosalies Stimme. »Macht ihm der Druck der Öffentlichkeit nichts aus?«

»Oh nein«, Maria beschrieb, wie gut Paul sich schon mit der Rolle auseinandergesetzt hatte. »Er musste den Prinzen ja bisher schon fast immer vertreten. Ich glaube, er kommt gut damit zurecht.«

»Und hatte ihr jetzt schon einen gemeinsamen Auftritt?«

»Ja«, Maria wurde ein klein wenig verlegen. »Wir haben am Mittwoch die Produktionshallen der Bäckerei Friedrich besichtigt und dafür hatte ich die Ballettstiefel wieder hervorgeholt.«

»Ich dachte, deine Mutter hätte das jetzt ausgesetzt?« Rosalie war etwas verwundert.

»Die Prinzessin fühlte sich dazu verpflichtet.« Marias Stimme zeigte den Prinzessinnentraum an.


Es war das bekannte Ritual, welches Maria jetzt begann. Sie stellte sich gerade vor ihre Erzieherin und blickte dann zu Boden. Sie wartete auf die Erlaubnis sprechen zu dürfen. Nur eine Kleinigkeit war diesmal anders als sonst. Paul stand hinter ihr und hatte ihre bis zum Knie reichenden Ballettstiefel in der Hand.

»Nun Maria«, Mrs. Potter war stets bereit, das Ritual mitzuspielen, wenn ihr Schützling damit anfing. »Was wünscht ihr?«

»Ich bitte um Erlaubnis«, ihre Stimme zeigte eine gewisse Unsicherheit, »bei dem heutigen Termin zusätzlich zum Handschuh auch die Trainingstiefel tragen zu dürfen.«

»Nun denn«, die Erzieherin hatte Paul mit den Stiefeln natürlich schon längst gesehen. »wenn es denn euer Wunsch ist. Ist denn euer Beinkleid auch lang genug dafür?« Es war mit Marias Mutter abgesprochen, dass Maria Sachen aus dem Programm tragen durfte, wenn sie selbst danach fragen sollte.

Maria zeigte ihren Rock, der im Moment deutlich auf dem Boden schleifte. »Und der Prinz wird auf mich aufpassen.«

Als sich nun die Blicke beider Frauen auf ihn richteten, musste Paul erst einmal schlucken. »Ich...« Er musste sich räuspern. »Ich werde gut auf die Prinzessin aufpassen, so dass ihr kein Unheil geschieht.«

»Dann habe ich keine Einwände.« Mrs. Potter freute sich insgeheim über Marias Wunsch.

»Ich bitte um die Erlaubnis, meinen Prinzen küssen zu dürfen.« Marias Stimme strahlte.

»Die Bitte sei euch gewährt.« Dann drehte die Erzieherin sich weg.


»Und ihr habe dann die Bäckerei mit den Stiefeln und dem Mono besichtigt?« Rosalie wollte es nicht so recht glauben.

»Der Mono gehört ja zur Rolle, deswegen konnte ich den auch zeigen.« Maria strahlte mit ihren Worten. »Aber die Stiefel waren unter dem Rock versteckt.«

»Ist denn dein Gang nicht aufgefallen?«

»Schon«, gab Maria zu. »Aber die meisten haben wohl geglaubt, es läge am Handschuh.«

»Wie denkt Paul denn über die Stiefel?«

»Ich glaube, sie gefallen ihm auch.« Maria schwelgte in Erinnerungen. »Er war sehr aufmerksam und hielt mich fast die ganze Zeit im Arm. So konnte ich ihn ebenfalls berühren mit meinen Armen.«

»Ja, sowas sieht dir ähnlich.« Rosalie musste lächeln. »Aussehen wie die Unschuld in Person und heimlich fummeln.«

»Wenn du nicht gleich mit deinem Spott aufhörst, lege ich auf.« scherzte Maria.

»Was wolltet ihr eigentlich in einer Bäckerei?« Rosalie versuchte das Thema zu wechseln.

»Das war einer der verpflichtenden Sponsorenbesuche.« Maria stöhnte ein klein wenig. »Paul fand die ganzen Maschinen ziemlich interessant. Ich habe mich etwas gelangweilt.«

»Naja, für Technik hast du dich noch nie interessiert.«

»Richtig.« Maria lächelte. »Immerhin kriegen wir bis Ende des Katerinenjahrs unsere Frühstücksbrötchen umsonst.«

»Na das ist doch was handfestes.« Rosalie lachte. »Und was habt ihr dann gemacht?«

»In der Bäckerei hat es viel länger gedauert als geplant, so dass ich dann direkt zum Monohandschuh-Training gehen musste. Ich konnte mich nicht mehr umziehen.«

»Aber das hast du doch wirklich nicht mehr nötig.« Rosalie war erstaunt. »Das hättest du doch ausfallen lassen können.«

»Aber dann wäre ich nicht besser als die Baroness.« Maria versuchte sich zu rechtfertigen.


Herr Weiterer saß wieder auf der Bank vor seinem Haus, als Maria mit langsamen Schritten auf das Gartentor zukam. Als er sie die Strasse überqueren sah, stand er zunächst nur auf und schaute sehr aufmerksam auf Maria. Dann kam er zum Gartentor und öffnete es. »Seid willkommen, werte Maria.« Seine Stimme zeigte Bewunderung.

Paul betrat etwas unsicher hinter Maria das kleine Grundstück. Nach der Gartenpforte legte er wieder seinen Arm um Marias Schulter. Er wusste, dass zusätzlicher Halt für Maria nicht unnötig war.

Herr Weiterer hatte diese Geste bemerkt und lobte ihn. »Passe gut auf deine Frau auf. Das Gehen in den Ballettstiefeln erfordert hohe Aufmerksamkeit.«

Maria wurde auf einmal rot und blieb vor Erstaunen stehen. »Woher wissen sie...«

Sie wusste nicht, wie sie es formulieren sollte. Sie hatte sehr gehofft, dass er es nicht bemerken würde.

»Ich freue mich sehr, dass es heute noch Mädchen gibt, die in solchen Stiefeln gehen können.« Er bat das Paar, ihm ins Haus zu folgen.

»Ich habe Kaffee und Kuchen für euch.« Er zeigte ihnen den liebevoll gedeckten Tisch. »Bitte macht mir die Freude und seid meine Gäste.«

Paul und Maria waren zunächst etwas verlegen. Mit soviel Gastfreundschaft hatte sie nicht gerechnet. Doch die Einladung abzulehnen trauten sie sich auch nicht.


»Er hat es sofort erkannt?« Rosalie war verblüfft.

»Seine Tochter hatte auch solche Stiefel, hat er uns dann erzählt.« erzählte Maria. »Daher hatte er die besondere Körperhaltung sofort erkannt.«


»Ich bin so sehr erleichtert, dass nicht die Comtesse die Katerina spielen wird. Diese Freude möchte ich mit euch teilen.« Er bat zu Tisch.

Paul und Maria bedankten sich höflich und nahmen Platz.

»Wißt ihr, dass dies mein letztes Fest sein wird?« Seine Stimme wurde etwas traurig. »Ich bin jetzt schon über achzig und der Arzt sagt, dass mein Herz nicht mehr das kräftigste ist.«

Paul griff zu Marias Hand und hielt sie fest. Beide hatten einen Kloß im Hals.


»Ich hätte wahrscheinlich zu weinen angefangen.« ließ Rosalie durch den Hörer hören.

»Ja, es war nicht einfach am Anfang.« Marias Stimme zeigte, dass sie auch von dem Besuch noch schwer beeindruckt war. »Aber dann hat er uns von den vielen Katerinen berichtet, die er ausbilden durfte. Er erzählte, wie stolz er jeweils war, wenn die glückliche Braut am Altar ja sagte und das Fest schön gespielt hatte.«

Rosalie lauschte gespannt.

»Es hätte ihm das Herz gebrochen, wenn ausgerechnet sein letztes Fest durch die Comtesse verdorben worden wäre.«

»Trugst du eigentlich deinen Handschuh?« fragte Rosalie.

»Nein«, erklärte Maria, »den hatte Paul mir gleich zu Beginn abgenommen. Herr Weiterer hätte es am allerwenigsten geglaubt, dass ich noch trainieren muss. Die Pause war sehr angenehm.«

»Das glaube ich dir gern.«

»Außerdem war die Unterrichtsstunde dann doch zwei Stunden lang.« Maria schwärmte. »Es war toll, seinen Erzählungen zu lauschen. Wir haben es erst gemerkt, als auf einmal ´sie´ klingelte und die Klette im Schlepptau hatte.«

»Die Klette?«

»Ja, die Reporterin von der Zeitung. Sie muss eine Serie über mich schreiben.«

Rosalie wollte die Details wissen.

»Ich hebe dir alles auf.« Maria war etwas genervt. »Der Abschied war dann noch mal etwas besonderes bei Herrn Weiterer.«

»Inwiefern?«

»Er hatte ganz rührend gefragt, ob er mir den Mono einmal anlegen dürfte.« Marias Stimme zeigte, wie sehr sie diese Bitte bewegt hatte. »Ich habe ihm den Wunsch gern erfüllt.«

»Und? Konnte er es?« fragte Rosalie amüsiert.

»Er hat Paul noch viele Tipps gegeben, was er machen muss, damit es für mich besonders bequem ist.«

Rosalie grinste hörbar.

»Aber ich glaube, es war ein ganz großes Geschenk für ihn, dass er so eine strenge Schnürung machen durfte. Als wir uns dann verabschiedeten, hatte er Tränen in den Augen.«

»Mit den Stiefeln hast du ihm sicher auch eine große Freude gemacht.« Rosalie spekulierte.

»Ja, sicher.« Maria war selbst heute noch sehr bewegt von dem Nachmittag. »Obwohl das so gar nicht geplant war.«

»Am Abend hatte die Klette uns alle dann noch zum Essen eingeladen.« Maria hatte etwas Spott in ihrer Stimme. »´Sie´, ich, Paul und seine Oma und der Herr Steinhagen.«

»Der Sparkassendirektor?« Rosalie war erstaunt.

»Ja der.« Maria klang fast etwas stolz. »Ich glaube, er hat dafür gesorgt, dass Paul jetzt den Prinzen spielen darf.«

»Oh Mann«, Rosalies Stimme war wehmütig, »zum ersten Mal bedauere ich den Weggang wirklich. Jetzt wäre ich gerne noch in Landsbach.«

Maria konnte ihr nur zustimmen. »Ich hätte dich jetzt sehr gern hier.«

»Jetzt hast du doch ´ihn´,« versuchte Rosalie einen Trost.

»Der Direktor hatte dann noch eine andere Überraschung für mich.« Marias Stimme klang geheimnisvoll. »Ich war gestern bei der Schneiderin, um das Kleid für das Fest anzuprobieren.

»Jetzt mach es nicht wieder so spannend.«

»Er hat insgesamt zehn Kleider für mich bestellt, die ich anprobieren durfte.«

»Zehn Kleider?« Rosalie war beeindruckt. »Hat er gesagt, warum?«

»Die Schneiderin wusste es nicht. Aber er hatte einen Brief für mich hinterlassen, in dem er sagte, dass er sich ein schönes Fest wünscht und ich seine Kleider mit Würde tragen soll.«

»Und die Kleider gehören dir?«

»Ja, so stand es in dem Brief.« Maria versuchte aus dem Gedächtnis zu zitieren. »Die Sparkasse, denen Herr Steinhagen vorsteht, wünscht, dass ich bei den verschiedenen Terminen im Laufe des Katerinenjahres immer eines dieser Kleider tragen soll.«

»Du Glückliche.«

»Ja, ich glaube, ich bin so etwas wie die Tochter, die er sich immer gewünscht hat.« Maria spekulierte, »und er ist sehr froh, dass nicht die Comtesse auf dem Fest spielen wird.«

Maria berichtete, was sie aus seinem Brief erfahren hatte. Der Direktor war von vornherein gegen Sophie gewesen, aber er hatte sich nicht durchsetzen können. Jetzt hatte er Oberwasser und sah seine Linie gestärkt. Er hätte Interesse daran, dass das Fest bei seinen Wurzeln bliebe. Mit Sophie als Darstellerin wäre es eine peinliche Glamour-Party geworden.


»Dann haben wir noch neue Fotos für die Presse gemacht.« Marias Stimme verriet, dass diese Fotos etwas besonderes waren.

»Nun erzähl schon« Rosalie kannte diesen Tonfall ihrer Freundin gut.

»Paul musste ebenfalls sein Kostüm anziehen.« Marias Stimme klang schwärmerisch.

»Nun mach es doch nicht so spannend.« Rosalie war genervt.

»Es ist eine alte Militäruniform. Blaue Jacke mit viel Schmuck, eine rote Hose und schwarze Stiefel. .« Maria schloss kurz die Augen. »Die Sachen haben ihm nur überhaupt nicht gepasst. Aber für das Foto ging es.«

»Und was hattest du an?« Rosalie seufzte. »Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«

»Ich hatte das Kleid an, welches ich auf dem Ball tragen werden.« Maria musste bei diesen Worten aufpassen, dass sie sich nicht verplapperte. Dass sie das Gebet auf dem Rücken tragen wollte, wusste die Schneiderin und deswegen gab es von dem Ballkleid zwei Ausfertigungen. Einmal das echte Kleid mit der Hülle für die Arme und einmal die Variante für die Presse, die davon noch nicht wissen durfte. »Paul hat mir dann noch den Handschuh angelegt und dann haben wir Fotos gemacht.«

»Fotos?« Rosalie war hellhörig. »Die will ich sehen.«

»Die Klette hatte ihren Freund dabei und der hat Fotos gemacht.« Maria schwelgte in Erinnerung. »Es war toll in den Kostümen. Ich konnte so richtig vom Fest träumen.«

»Das glaube ich dir.«

»Paul sah auch toll aus.« Maria hatte ein Lächeln in der Stimme. »Er durfte sich nur nicht viel bewegen, sonst wäre es aufgefallen, dass ihm die Sachen überhaupt nicht gepasst haben.«

»Ich bin schon sehr gespannt.«

»Am Samstag wird ein Bild davon in der Zeitung erscheinen.« Maria strahlte. »Die Klette sagt, dass sie noch einen schönen Bericht über Paul und mich schreiben wird.«

»Ich freue mich schon.« Rosalie fieberte mit ihrer Freundin mit. »Was war noch?«

»Gestern abend waren wir wieder beim Tanztraining.« Maria strahlte. »Es war das erste Training mit Paul als Prinz. Aber er macht das echt gut. Es wird ein schönes Fest.«

»Dann bis nächste Woche.« Sie verabschiedeten sich.

* * *

Maria hatte schon den ganzen Unterricht lang Probleme, sich zu konzentrieren. Der Grund war, dass sie heute ihren Termin in der Kunstschmiede hatte und diesmal gleich in doppelter Funktion. Sie besuchte einen der Sponsoren des Festes und sollte zugleich die Ketten probieren, die extra für sie geschmiedet wurden und die sie dann auf dem Fest tragen würde. Irgendwie hatte sie eine unbestimmte Angst davor, in Ketten gelegt zu werden.

Mit einigem Herzklopfen ging sie mit Paul und Renate den Weg bis zur Schmiede. Die Betreuerin hatte sie von der Schule abgeholt und klingelte jetzt. Aus der Werkstatt klangen Hammerschläge und gelegentlich das Rauschen des angeschürten Feuers.

»Hoffentlich hören sie uns. Angemeldet sind wir.« Renate freute sich, dass sie jetzt endlich ihr Prinzenpaar zusammen hatte und dass sie keine fahrigen Ausreden mehr vertreten musste.

Innen waren Schritte zu hören, die sich mit einem leisen Klingeln mischten. Schließlich öffnete sich die Tür. »Herzlich willkommen in der Kunstschmiede Schwerterle.« Doris, die Tochter des Schmiedes öffnete und bat die Besucher herein. »Bitte entschuldigen sie meinen Aufzug, ich streiche gerade mein Zimmer.«

Doris trug einen mit etwas Farbe bespritzen Malerkittel und einen netten Papierhut. Viel verwunderlicher waren aber die Ketten, die ihre Handgelenke mit einem Ring um ihre Taille verbanden. Auch zwischen ihren Fußgelenken befand sich eine Kette.

Maria und Paul nahmen sich bei der Hand. Ihnen war der Auftritt von Doris etwas unheimlich.

»Ja, aber die Ketten?« Renate fragte es schließlich.

»Ach die«, Doris lächelte ein wenig verlegen. »Die Ketten sind das Modell, was für die Katerina angefertigt wird. Mein Vater hat mich gebeten, sie mal über einen längeren Zeitraum zu tragen.«

Maria schluckte etwas. »Wie lange trägst du sie schon?«

»Zwei Tage.« Doris lächelte fast etwas stolz. »Sie sind sehr bequem und stören fast überhaupt nicht.«

»Aber du kannst sie doch abnehmen, oder?« Renate fragte eigentlich nur aus Höflichkeit, denn sie rechnete fest mit einem »Ja«.

»Nein«, Doris wurde auf einmal etwas rot. »Mein Freund hat die Schlüssel.« Das Thema schien ihr unangenehm zu sein. »Folgen sie mir bitte in die Schmiede.«

Doris ging voran und die drei anderen folgten ihr. Das leise Klirren der Ketten war dabei nicht zu überhören.


Zwei Männer waren in der Schmiede. Der Vater von Doris legte seinen Hammer weg und begrüßte Renate zusammen mit dem Prinzenpaar. »Ich freue mich, dass ich auch dies Jahr für das Fest arbeiten darf. Meine Tochter haben sie ja schon kennengelernt.« Er deutete auf den anderen Mann. »Das ist mein Geselle, der vielleicht auch mal mein Schwiegersohn wird.«

Doris ging zu ihrem Freund und gab ihm einen Kuss. »Hallo mein Schatz.«

Der Geselle nahm seine Freundin in den Arm und erwiderte den Kuss. »Na, wie weit bist du mit dem Streichen?«

»Die Käfigwand ist schon fertig.« berichtete Doris recht stolz. »Für den anderen Teil brauche ich dann etwas längere Ketten.«

Der Freund gab ihr noch einen Kuss, dann streichelte er ihr lieb durch das Gesicht. »Na klar. Aber jetzt bediene erst einmal die Kundschaft.«

Doris wandte sich dem kleinen Tischchen zu, welches anscheinend extra in der Werkstatt aufgebaut worden war. Es fiel auf, weil es eine weiße Tischdecke trug, die in der sonst eher etwas dunklen Werkstatt hervorstach. Darauf lagen vier Metallringe, von denen jeweils Ketten ausgingen.

Maria stand etwas unschlüssig vor dem Tischchen. »Was muss ich tun?«

»Reich mir einfach deine Hände.« Doris griff zu einem der beiden kleineren Ringe und klappte diesen auf.

Marias Hand zitterte ein wenig, als sie spürte, wie sich langsam das Metall um ihre Haut legte. Zu ihrer Überraschung waren die Ketten aber nicht kalt, sondern angenehm warm.

Doris schien ihre Verwunderung zu bemerken. »Ich habe sie extra für dich angewärmt.« Sie drehte ihren Kopf kurz zu ihrem Freund. »Das könntest du auch mal für mich machen.«

Der Freund grinste nur und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Bei der zweiten Schelle zitterte Marias Hand nicht mehr. Beide waren zu ihrem eigenen Erstaunen sehr bequem.

»Hier, probiere auch mal, ob sie sich gut verschließen lassen.« Herr Schwerterle reichte seiner Tochter einen Schlüssel.

Doris Augen begannen auf einmal zu leuchten, als sie die Schellen verriegelte.

»Es ist ein anderes Schloß«, ließ plötzlich der Geselle von sich hören, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. »Der passt bei dir nicht.«

Doris Blick zeigte kurz so etwas wie Enttäuschung, dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben und lächelte. »Jetzt noch die Beine.« Sie blickte zu dem kleinen Hocker, der direkt neben Paul stand.

Paul war dem Blick gefolgt und stellte den Hocker neben Maria, so das diese sich darauf setzen konnte. Sie streckte ihre Beine aus. Entsprechend dem Wunsch der Schmiede trug sie heute Schuhe, die die Fesseln frei ließen.

Die Beinschellen ließen sich genauso problemlos anbringen und verschließen.

Doris stand auf und machte ihrem Vater platz, der darum gebeten hatte. Er kniete sich vor Maria und prüfte den Sitz der Fußschellen. »Diese müssen besonders gut sitzen, wenn du den ganzen Tag damit herumlaufen wirst.«

Doris seufzte etwas.

»Darf ich dich einmal anfassen?« Herr Schwerterle wartete Marias Antwort ab, dann hob er ihr Bein etwas hoch und rieb ein wenig an der Schelle. Er war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Er drehte sich zu seiner Tochter. »Doris, du hast sehr gut gearbeitet. Kompliment, sie sitzen erstklassig.«

Doris freute sich sichtlich über das Lob. Sie wurde ein wenig rot.

»Laufe mal ein wenig damit herum.« bat der Schmied.

Maria stand vorsichtig auf und machte ein paar schüchterne Schritte.

»Die Ketten quietschen noch etwas.« stellte er fest. »Ist schon Öl dran?«

Doris verneinte.

»Welches Öl benutzt du so in der Regel?«

»Das Feine«, antwortete Doris, »es tropft nicht und fettet auch nicht ab.«

»Naja, beim Abholen sind die Ketten dann auch geölt.« Er schien sich gedanklich eine Notiz zu machen. »Jetzt müssen wir noch etwas die Längen kontrollieren.«

Er drehte sich noch mal zu seiner Tochter. »Welche Längen hast du bei deinen Geschirren?«

Doris musste erst einmal nachdenken. »Ich glaube, das Arbeitsgeschirr ist ein Sechser, während das Ruhegeschirr nur ein Zweier ist.«

»Und dein Sonntagsgeschirr?«

»Das ist ein Vierer.«

»Ich glaube, dann machen wir für das Fest auch ein Vierergeschirr.« Er blickte dabei Maria an, die mit den Zahlenbegriffen allerdings wenig anfangen konnte. Sie nickte etwas schüchtern.

»Du kannst sie wieder aufschließen.« Herr Schwerterle stand auf und wandte sich Renate zu. »Nächste Woche können sie das fertige Geschirr samt Schlüsseln abholen.«

* * *

Als sie sich nach dem anstrengenden Tag daheim auf dem Sofa aneinander kuschelten, stellte Maria die Frage, die sie schon den ganzen Tag beschäftigt hatte: »Würdest du mich auch so in Ketten legen?«

Paul war auf die Frage in dem Sinne vorbereitet, als dass er sie sich selbst auch schon gestellt hatte. »Wenn es dein ausdrücklicher Wunsch ist, dann gern.«

»Gefallen dir die Ketten?«

»Ich finde sie so kalt und unbarmherzig.«

»Was gefällt dir besser?«

Paul musste ihr eingestehen, dass er von dem Monohandschuh sehr fasziniert war. »Ich weiß gar nicht, woran das liegt, aber ich bin dann von dir sehr fasziniert.«

»Am Anfang hatte ich Angst, du würdest es abstoßend finden.«

Paul wurde innerlich nervös. Er musste jetzt schnell das Thema wechseln, sonst hätte er eingestehen müssen, dass er Maria im Handschuh erregend fand. »Doris war schwer verliebt.«

»Ja, das war mir auch aufgefallen. Und das trotz der Ketten.«

Pauls Antwort umfasste nur zwei Worte. »Oder wegen.«

Es waren Marias Augen, die ihm auffielen. Auf einmal waren sie seltsam abwesend. Langsam näherten sich ihre Lippen.


»Und dann hatte sie wieder einen ...« Es kostete Paul Kraft, das Wort auszusprechen. »Einen Höhepunkt.«

Oma Selma nickte verständnisvoll »Ja, das kann ich verstehen.«

»Habe ich etwas falsch gemacht?«

Seine Oma konnte ihn beruhigen. »Nein, es war alles richtig. Die Höhepunkte sind für Maria sogar so etwas wie ein Aufputschmittel, denn sie helfen ihr, ihr Training leichter zu ertragen. Ich habe da etwas für dich heraus gesucht.« Sie reichte ihm zwei Bücher. »Nimm dir Zeit und lies darin. Du wirst vieles besser verstehen danach.«

Paul warf einen Blick auf die beiden Bücher. Es waren medizinische Fachbücher. Bloß die Titel irritierten ihn sehr. »Die weibliche Anatomie.« und »Der weibliche Orgasmus.«

»Kein Grund, rot zu werden.« Seine Oma stand auf und griff zu ihrer Strickjacke. »Ich gehe noch ein wenig spazieren.« Sie strich ihm noch einmal zärtlich über den Kopf.
152. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 17.02.14 10:40

Wurde auch Zeit das Paul die Prinzen Rolle bekommt. In Marias Herz ist er das ja schon lange.
Ich hoffe natürlich das der Plan des Barons nicht Aufgeht. Vielleicht reicht es dem Notar auch wenn Maria sich Verlobt. Ich glaube da hätte niemand was dagegen. Es scheint ja so das es die Erwachsenen freut das Paul und Maria sich verliebt haben. Wurde da ein wenig im Hintergrund dran gedreht das die beiden sich treffen? Der Rest war ja nun wirklich nicht Planbar. Die Ketten scheinen nicht nur Doris zu gefallen. Ich konnte mir gut Vorstellen was Doris in dem Moment dachte als sie den Schlüssel zu Marias Schellen bekam, aber ihr Feund hat ihr den Zahn gleich gezogen. Wunderschöne Fortsetzung Karl.
Hast du eigentlich Vorbilder für das Katerinenfest genommen oder Komplett Ausgedacht?
153. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 17.02.14 11:54

Die Geschichte gefällt mir immer mehr .
ich bin gespannt wie es nach dem fest mit den 2 weiter gehen wird .
154. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 17.02.14 20:52

Ich freue mich, dass Paul und Maria nun das Prinzenpaar sind die Geschichte ist mit sehr viel Gefühl geschrieben. ich lese sie mit freude
155. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 18.02.14 21:01

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sechs

Autor: Karl Kollar

Andrea mochte den Regen, denn dann konnte sie ihren aufregenden Lackregenmantel tragen, ohne dass sie schief angeschaut wurde.

Anfangs hatte sie kein Verständnis dafür, warum Hans ihr ausgerechnet einen Regenmantel geschenkt hatte. Doch als sie bei einem Spaziergang mit ihm den Mantel als einziges trug und den Lack auf der Haut gespürt hatte, war sie so heiß, dass sie bei dem kleinen Pavillion über ihren Freund hergefallen war.

Sie lächelte. So spontan war sonst eigentlich nicht ihre Art gewesen, aber dieser Mantel hatte sie so sehr angeheizt, dass sie sich völlig vergessen hatte.

Der Mantel war nicht gefüttert, so dass sie den Lack auf der Haut spüren konnte. Und da es heute eigentlich recht warm war, trug sie nur ein Spaghettitop unter dem Mantel sowie ihre Jeans.

Sie liebte Regen im Sommer.

Den Schirm trug sie eigentlich nur zur Tarnung, denn ihr Mantel hatte auch eine Kapuze, die sie aufsetzen könnte. Und natürlich würde sie auch über das Wetter schimpfen, doch meistens gelang ihr letzteres nur halbherzig.


Andrea war froh. Kaum hatte sie den ersten Artikel ihrer Serie geschrieben, als sich quasi von selbst der Stoff für weitere Artikel ergab. Dass Paul Mohr jetzt für die Rolle des Prinzen ausgewählt war, ließ Andreas Kreativität, was das Konzept für ihre Serie betraf, weiter ansteigen. Sie hatte jetzt schon drei Varianten, wie sie die jetzt noch 14 Artikel gestalten konnte.

In der letzten Redaktionssitzung hatte sie von ihrem Chef ein ausdrückliches Lob bekommen. Doch da ihr Chef als sehr wankelmütig bekannt war, gab sie nicht allzuviel darauf.

Sie hatte gestern den Termin in der Schiede sausen lassen müssen, weil sie den Artikel für die Samstagsausgabe schreiben musste. Sie hoffte, noch zu erfahren, was sich zugetragen hatte.

Es war eine der Besonderheiten des Festes, dass zumindest die Ketten der Prinzessin tatsächlich echte Ketten waren. Den Dienerinnen der Prinzessin war es freigestellt, wie ihre Ketten beschaffen waren. Soweit sie wusste, würde die Tochter des Schmiedes eine der Dienerinnen spielen.

Immerhin war ihr Artikel so gut wie ungekürzt übernommen worden und sie hatte sogar ein Farbfoto bekommen. Paul Mohr sah toll aus als Prinz neben seiner Prinzessin.

Andrea drückte auf den Klingelknopf und hörte gleich darauf ein paar leichte Trippelschritte. ´Das könnte Maria selbst sein´, dachte sie bei sich, als sich die Tür langsam öffnete. Tatsächlich öffnete die Darstellerin der Prinzessin die Tür und begrüßte die Reporterin. »Mrs. Potter läßt sich entschuldigen, sie macht gerade den Abwasch.«

Andrea klappte ihren Schirm zusammen und stöhnte ein wenig über das schlechte Wetter. »Es regnet schon die ganzen Tag.«

Maria lächelte. »Mir macht das nichts aus, ich habe mein Cape.« Sie blickte etwas sehnsüchtig zur Garderobe.

Andrea folgte ihrem Blick und erblickte ein weiße Lackcape, welches Maria vermutlich fast bis zu den Füßen reichen würde.

Mrs. Potter erschien im Flur. »Ich bitte um Entschuldigung, dass ich ihnen nicht die Hand geben kann, ich habe gerade nasse Hände.« Sie blickte auf die Uhr und drehte sich zu Maria. »Ihr solltet gleich losgehen, damit ihr rechtzeitig da seit.«

Das Krankenhaus hatte ihnen einen Termin genannt, zu dem sie Sophie besuchen konnten. Andrea fand es sehr bemerkenswert, dass Maria ihren einzigen freien Tag dafür opferte, Sophie im Krankenhaus zu besuchen.

Andrea blickte etwas verwundert zu Maria. »Wo ist denn Paul?« Sie hoffte, dass auch er mit ihrem Artikel zufrieden war.

»Er hat einen Termin bei der Schneiderin.« Maria lächelte. »Er bekommt jetzt eine Uniform, die ihm auch passt.«

Mrs. Potter nahm es zur Kenntnis. »Frau Baselitz, könnten Sie Maria mit dem weißen Cape helfen? Ich habe gerade schmutzige Hände.«

Maria lächelte insgeheim. Aus irgendeinem Grund mochte ihre Erzieherin das Cape nicht.

Andrea ging zur Garderobe und griff sich das Cape. Sie hatte keine Schwierigkeit, es zu identifizieren. Es war das einzige Kleidungsstück in Weiß. Fast etwas ehrfürchtig ergriff sie es und machte es auf. Sie war zu sehr davon fasziniert, als dass sie ihre Erregung verbergen konnte. »Das ist ein schönes Cape.« Sie hielte es vor sich hin und öffnete es. »Es hat ja sogar Ärmel.«

»Ja«, antwortete Maria stolz. »Ich trage es gern.« Sie wusste nicht, ob Andrea etwas von den besonderen Eigenschaften der Ärmel ahnte.

Andrea hielt Maria das Cape hin und Maria hatte keine Mühe, ihre Arme in die Ärmel zu stecken. Als Andrea es bis zu den Schultern hoch zog, war von Maria ein leises Stöhnen zu hören. Andrea stutzte etwas.

»Alles in Ordnung.« versuchte Maria die Reporterin zu beruhigen und ärgerte sich dabei, dass sie sich nicht unter Kontrolle hatte.

Andrea wunderte sich etwas, weil an den Stellen, wo sie es erwartete hatte, Marias Hände nicht zum Vorschein kamen. Sie fragte nach.

»Die Ärmel haben keine Öffnung« Musste Maria zugeben. »Und sie sind festgenäht.« Sie wurde etwas rot dabei.

Andrea brauchte einen Moment, bis sie den Inhalt von Marias Worten verarbeitet hatte. Dann schaffte sie es, das auszusprechen, was sie bewegte. »So ein Cape hätte ich auch gern.«

Maria hatte das Gefühl, sie warnen zu müssen. »Es macht mich ziemlich hilflos.« Sie wackelte etwas mit den Armen, die jetzt in den Capeärmeln steckten. »Bitte machen sie den Kragenriegel auch noch zu.« Sie versuchte ihre Stimme dabei ruhig klingen zu lassen. Dass sie damit in dem Cape eingesperrt war, erwähnte sie nicht.

Andrea kam der Bitte nach.

»Dann können wir losgehen.« Maria blickte kurz zu Andreas Schirm.

Andrea folgte dem Blick, sie ergriff sich den Regenschutz und ging langsam zur Tür. Als sie sah, dass Maria ihr folgte, öffnete sie die Tür.

»Können sie mir noch die Kapuze aufsetzen?«

Normalerweise würde Andrea bei so einem Wetter lieber ein Taxi rufen, zumal sie nun ja ein ganz dickes Spesenkonto hatte. Doch noch viel mehr reizte es sie, neben Maria den Weg entlang zu gehen. Es würde kein langer Weg werden, denn das Krankenhaus lag nur eine Viertelstunde weit entfernt.

Und Andrea fand es sehr aufregend, ihren Lackmantel dabei zu tragen. Auch Maria schien der Spaziergang in dem Cape ganz gut zu gefallen.


»Wie war euer Vormittag?« Andrea packte ihre berufliche Neugier aus.

»Paul kam heute Morgen zum Frühstück.« Ein Strahlen lag in ihrer Stimme. »Er hatte die ersten ?Katerinenbrötchen dabei.«

Andrea hakte bei dem Wort nach. »Katerinenbrötchen?«

Maria beschrieb von dem kleinen Geschenk der Bäckerei als Sponsor. »Er hatte auch die Zeitung dabei. Danke für den schönen Artikel. Es war ein gemütliches Frühstück und Mrs. Potter hat uns den Artikel vorgelesen.« Maria lächelte. »Ich glaube, sie war auch ein wenig stolz, auch wenn sie sonst ihre Gefühle eher verbirgt.«

Andrea versuchte sich gedanklich Notizen zu machen.

»Danach mussten wir etwas für die Schule nachholen.« Sie seufzte ein wenig. »Die Lehrer hatten einige Unterlagen vorbei gebracht.«

Andrea lauschte angespannt.

»Dann hat auch noch meine Musikgruppe angerufen.« Maria erklärte Andrea, um was es sich bei der Gruppe handelte. »Ich muss Morgen für Carla einspringen.« Sie seufzte wieder. »Zum Glück haben sie drei leichte Stücke herausgesucht. Aber die erste Stimme habe ich dabei noch nicht gespielt.«

Andrea verstand nicht viel von Musik, doch sie erkannte, dass es Maria wichtig war. Sie versuchte ein Lob.

»Naja, es geht ja um die Taufe der kleine Selina.« Maria freute sich insgeheim über das Lob. »Ich wollte ja erst nicht zusagen, wegen dem Fest. Aber ?sie? hat mich dann überzeugt.« Sie seufzte noch einmal. »Soviel zum Thema ?freier Tag?.«

Von dem weiteren Vormittag erzählte Maria nichts. Nach dem Telefonat hatte Paul ihr auf ihren Wunsch hin die Trainingsjacke für das Gebet auf dem Rücken angezogen. Dann hatten sie weiter gelernt. Insgeheim mochte es Maria, wenn Paul sie in ihrer Hilflosigkeit so umsorgte. Das ging soweit, dass er sie während des Mittagessens auch gefüttert hatte.

Doch diesmal war es ein wenig anders. Sie spürte, dass Paul wohl etwas auf dem Herzen hatte. Doch er sagte nichts darüber. Er erwähnte nur einmal, dass er etwas gelesen hätte.

* * *

»Sind sie Maria Beller?« Die Dame am Empfang im Krankenhaus hielt einen Zettel in der Hand.

»Ja, die bin ich.« Maria trat an den Schalter. »Was gibt es denn?«

»Ein Paul Mohr hat angerufen.« Sie blickte kurz auf den Zettel. »Es dauert länger bei der Schneiderin, läßt er ausrichten und er käme dann nach.«

»Oh nein.« Maria war entsetzt.

»Dann gehen wir doch schon mal zur Baroness.« schlug Andrea vor, die etwas erstaunt war über Marias Reaktion. »Soll ich dir das Cape ausziehen.«

»Das geht nicht.« Maria wurde knallrot.

»Warum geht das nicht?« Andrea verstand überhaupt nichts.

»Das Cape ist abgeschlossen.« Marias Stimme war sehr leise. Irgendwie war es ihr peinlich.

»Wie bitte?« Andrea glaubte sich verhört zu haben.

»Der Kragenriegel«, Maria fiel es schwer, es zu erklären. »Man kann ihn nur mit einem Schlüssel öffnen.«

»Und Paul hat den Schlüssel?« Andrea wurde es auf einmal unheimlich.

»Ja, so ist es.« Sie schämte sich wegen ihrer plötzlich so ungeplanten Hilflosigkeit.

»Aber«, Andreas Stimme zeigte auf einmal eine seltsame Faszination. »aber dann bist du ja völlig hilflos in dem Cape.« Doch dann hatte sie eine Idee, wie sie die Situation retten könnte. »Weißt du was? Dann behalte ich meinen Mantel ebenfalls an. Dann fällt es nicht so auf.«

Maria lächelte ein wenig. Sie war immer noch verlegen, aber sichtlich froh, keine weiteren Erklärungen abgeben zu müssen. Sehr dankbar über diese Wendung, versuchte sie, auf den eigentlichen Grund für den Krankenhausbesuch zurück zu kommen. »Wir wollten die Baroness von Harsumstal besuchen,« wandte Maria sich an die Dame vom Empfang. »Wo müssen wir denn dann hin?«

»Einen Augenblick bitte.« Die Dame vom Schalter musste erst in ihren Unterlagen nachschauen. »Zimmer 27, dritter Stock.«

Die beiden Besucherinnen bedankten sich, dann gingen sie in Richtung Treppenhaus.

»Treppe oder Fahrstuhl?« fragte Andrea, als sie sich entscheiden mussten. »Treppe wäre gesünder.« Sie blickte kurz auf Marias Cape.

»Oh«, erwiderte Maria, »wir können ruhig die Treppe benutzen. Meine Beine kann ich im Moment frei bewegen.« Sie lächelte und freute sich insgeheim, dass sie heute auf das Anlegen der Schenkelbänder verzichtet hatte.

Während Andrea ein klein wenig keuchte, als sie das dritte Stockwerk erreicht hatte, schienen Maria die Treppen überhaupt nichts ausgemacht zu haben.

Trotzdem hatte Andrea es genossen, hinter Maria her zu gehen und dabei beobachten zu können, wie das Cape jeweils die Bewegungen der Arme einschränkte. Es war deutlich zu sehen, wie wenig Bewegungsspielraum Maria in dem Cape verblieben war. Doch überstrahlt wurde dieser Eindruck von Marias Anmut und der Geschicklichkeit, mit der sie mit ihren Restriktionen umzugehen wusste. Andrea konnte gut sehen, dass sie es anscheinend gewöhnt war, mit wenig Bewegungsfreiraum auszukommen.


»Andrea, was machst du denn hier?« Eine Krankenschwester war aus ihrem Zimmer gekommen und begrüßte die Reporterin und Maria.

»Nathalie, ich freue mich, dich zu sehen.« Sie reichte ihr die Hand.

»Hallo, sie müssen Maria sein,« Natalie reichte auch ihr die Hand.

Maria war es sichtlich unangenehm. »Ja, ich bin Maria.« Sie wurde wieder rot. »Bitte halten sie mich nicht für unhöflich, aber ich kann ihnen nicht die Hand geben.« Es fiel ihr sichtlich schwer, diesen Satz auszusprechen. Sie hoffte insgeheim, dass Andrea nichts über ihren wahren Zustand sagen würde.

Doch Nathalie schien dies gewöhnt zu sein. »Was führt euch denn hier her?«

Maria war froh über die Themawechsel. »Wir wollen die Baroness besuchen.«

»Oh, das freut mich aber sehr.« Nathalie zeigte mit der Hand nach rechts. »Sie liegt gleich neben an.« Sie schaute in ihre Unterlagen. »Wisst ihr, dass ihr seit ihrer Einlieferung ihr erster Besuch seid?«

Maria und Andrea waren wirklich erstaunt.

»Nicht mal ihr Vater kam jemals hierher.« Sie seufzte. »Man kann von ihr denken, was man will, aber im Moment ist sie wirklich zu bedauern.« Sie blickte noch einmal auf die beiden Besucherinnen. »Aber wollt ihr nicht ablegen?«

Maria zuckte kurz zusammen. Doch zu ihrer Erleichterung reagiert Andrea sehr einfühlsam. »Nein, das passt so.«

»Einen Augenblick, ich muss noch dem Chef Bescheid sagen.« Sie griff zum Telefon, wählte und wartete einen Moment. »Besuch für die Baroness.« Sie sagte nur diesen einen Satz, dann legte sie wieder auf. »Ihr möchte bitte auf den Chef warten.«

* * *

»Hallo Sophie«, sagte der Chefarzt, als er das Zimmer betrat. »Schau mal, du hast Besuch bekommen.« Er wartete, bis die beiden Besucherinnen das Zimmer betreten hatten, dann schloss er hinter ihnen die Tür. »Seien sie nicht erschrocken, die Baroness hatte einen schweren Unfall.«

Maria war entsetzt, als sie auf das Bett blickte. Sie sah eigentlich nur eine weiße Gipsfigur, bei der die Augen, die Finger und die Zehen sichtbar waren. »Hallo Sophie.« Sie schluckte, als sie es sagte.

Als einzige Reaktion wackelte die Figur ein wenig mit den Fingern.

Maria wagte einen zweiten Blick. Sophies Körper war wirklich komplett eingegipst wurden. Nur die Finger und die Augen zeigten, dass sie eine Person in dem Gipspanzer befand. An der Stelle, wo die Nase war, führten einige Schläuche hinein, die zu diversen Apparaten führen, die neben dem Bett standen.

Maria stand sprachlos neben dem Bett und blickte etwas hilflos zu Andrea.

Andrea nahm sich einen der bereitstehenden Stühle und brachte ihn zu Maria. Sie stellte ihn neben das Bett und deutete Maria an, sich hinzusetzen. Dann flüsterte sie ihr ein paar Tipps ins Ohr. »Sie weiß wahrscheinlich nicht, wer du bist, und warum du hier bist.«

Es war Maria fast unheimlich, aber sie sah an den Augenbewegungen der Baroness, dass Andrea recht hatte.


Der Chefarzt verließ das Zimmer als erstes. Er hatte sich davon überzeugt, dass er Sophie problemlos mit ihrem Besuch allein lassen konnte.

Andrea blickte auf die Blumen, die sie in ihrer Hand hielt. »Ich gehe mal eine Vase suchen.« Sie war froh, einen Grund zu haben, das Zimmer ebenfalls zu verlassen.

»Ich bin Maria Beller« begann Maria mit leiser Stimme, als die Tür ins Schloss gefallen war. »Dein Vater hat mich ausgesucht, dich beim Katerinenfest zu vertreten.«

Voller Entsetzen sah Maria, wie sich bei dem Wort Vater eine Träne ihren Weg über den Gips suchte. Gern hätte Maria die Träne weggewischt, auch wenn es nur eine symbolische Geste gewesen wäre, doch sie war in ihrem verfluchten Cape gefangen.

Ohne Paul war das Tragen des Capes nur eine Demütigung. Doch dann ärgerte sie sich über ihre Selbstsucht. Sophie wäre wahrscheinlich sehr froh, wenn sie nur in dem Cape gefangen wäre. In dem Gipspanzer machte sie einen unendlich traurigen Eindruck.

* * *

»Oh, das halte ich nicht aus.« Andrea trat ins Schwesternzimmer und begrüßte ihre Bekannte.

»Ja, das ist schon heftig.« Natalie wusste sofort, was sie meinte. »Und man ist so hilflos. Man kann so gar nichts für sie tun.« Sie holte tief Luft. »Aber es ist schön, dass sie jetzt endlich mal jemand besucht.«

Andrea horchte auf.

»Ja, bisher war noch nie jemand bei ihr.« Sie war empört. »Nicht mal ihr Vater hat sich hier blicken lassen.«

»Das ist schon seltsam.« Andrea war nachdenklich. »Ich dachte, sie wäre so beliebt.«

»Ich glaube, sie hat sich bisher nur wichtig gemacht.« Sie hatte ebenfalls keine gute Meinung von der Baroness. »Aber das hier hat sie wirklich nicht verdient.«

»Und sie hatte wirklich so einen schweren Unfall?« Andrea war es gewohnt, die Dinge zu hinterfragen. »Die Maßnahmen sind doch sehr drastisch.«

Andrea und Natalie kannten sich schon aus der Grundschule, deswegen bestand zwischen ihnen eine gewisse Verbundenheit. »Man soll ja nichts schlechtes über seine Chefs sagen, aber da stimmt was nicht.«

Andrea wurde hellhörig. »Was meinst du?«

»Es wurden überhaupt keine Röntgenbilder gemacht, wie es sonst bei so schweren Knochenbrüchen üblich gewesen wäre.« Die Stimme der Krankenschwester zeigte einigen Zweifel. »Sophie wurde sofort komplett eingegipst.«

Andrea ärgerte sich, dass sie ihr Diktiergerät nicht dabei hatte. Es wäre zwar sehr unhöflich gewesen, aber spätestens jetzt hätte sie heimlich auf Aufnahme gedrückt. So musste sie sich die Zweifel der Krankenschwester so einprägen.

»Eigentlich ist es üblich, dass die Patienten sobald wie möglich wieder mit dem Bewegungstraining anfangen. Doch für Sophie ist angeordnet, dass sie erst eine Woche nach dem Fest mit dem Training anfangen soll.« Natalie lebte auch in Landsbach und dachte entsprechend auch in den Festdimensionen.

Die Schwester wunderte sich über noch ein paar andere Details. Sophie sollte einen gebrochenen Kiefer haben, trotzdem sollte sich in ihrem Mund die Blase der Magensonde befinden. »Das passt doch alles nicht zusammen.«

Andrea kam dies alles ebenfalls sehr seltsam vor.

* * *

Es war schon ziemlich gruselig, fand Maria, dass Sophie nur die Augen bewegen konnte und vielleicht ein wenig brummen. Auch mit den Fingern konnte sie wackeln, denn diese waren wie üblich nicht mit eingegipst.

Und dennoch hatte Maria das deutliche Gefühl, dass Sophie ihr zuhörte. Zumindest empfand es Maria so, als sie Sophies Augen beobachtete.

Die Baroness tat ihr unendlich leid. Egal was die Leute über sie redeten und wie sie sich bisher auch aufgeführt hatte, das hier hatte sie sicher nicht verdient. Noch dazu tat es Maria sehr weh, dass Sophie bisher keinen Besuch bekommen hatte.

Maria hatte die ganze Zeit geredet. Irgendwie hatte sie das Gefühl, Sophie unterhalten zu müssen. Zuerst hatte sie beschrieben, warum sie das Cape nicht ausgezogen hatte und wie es für sie darunter aussah und das sie auch ein klein wenig hilflos war. Dann hatte sie von Paul erzählt und von ihren Aufgaben beim Fest. Irgendwie schaffte es Sophie, ihr mit den Augen zu zeigen, dass sie gern zuhörte und es sie auch interessierte.


Es klopfte und gleich darauf trat Paul vorsichtig ein. Sein Blick erstarrte, als er Maria im Cape entdeckte. »Warum trägst du das Cape?« Irgendwie war er unterbewusst eifersüchtig.

»Weil es regnet.« Maria war ein wenig eingeschnappt. »Frau Baselitz hat mir dabei geholfen.«

Paul wurde hellhörig. Maria hatte den Nachnamen der Reporterin noch nie benutzt. Sie schien deutlich angefressen zu sein. Doch Paul hatte noch eine weitere Schreckensbotschaft für seine Freundin. »Ich habe die Schlüssel nicht dabei.« Er wurde rot. »Sie liegen daheim auf meinem Schreibtisch.«

Marias Blick erstarrte.

»Ich wollte sie nicht verlieren bei der Schneiderin,« versuchte er eine Erklärung.

Maria drehte sich wieder zu Sophie und lächelte verlegen. »Er hat die Schlüssel nicht dabei.«

Es schien, als würde Sophie zum ersten Mal wieder lächeln.

* * *

Andrea hatte sich gleich nach dem Krankenhaus von dem Pärchen verabschiedet. »Ich muss jetzt den nächsten Artikel schreiben.« Sie hoffte, dass es die beiden glauben würden. Doch tatsächlich wollte sie einen alten Schulfreund aufsuchen, der jetzt bei der örtlichen Polizei arbeitete. Er war ihr noch einen Gefallen schuldig.

Maria ging nachdenklich neben Paul her. »So völlig hilflos zu sein muss grausam sein.«

Paul wunderte sich, denn Maria war oft hilflos. »Du bist das doch gewöhnt, oder?« Er war sich immer noch nicht sicher, ob Maria ihm noch böse war wegen des Schlüssels.

»Ich meinte Sophie.« Ihre Stimme zeigte, wie sehr sie das Schicksal der Baroness beschäftigte. »Sie konnte nur noch ihre Augen bewegen.«

»Und die Fingerspitzen«, fügte Paul im gleichen Tonfall hinzu.

»Geschieht mir ganz recht, dass ich in dem Cape bleiben musste.« Maria ärgerte sich über ihren Egoismus.

»Ich wusste nicht, dass du es so tragen würdest, dann hätte ich die Schlüssel natürlich dabei gehabt.« versuchte er sich zu entschuldigen.

»Lass nur«, beschwichtigte Maria ihn, »es ist nicht dein Fehler.« Sie seufzte. »Ich habe die Strafe sofort bekommen.«

So richtig wusste Paul nicht, was sie damit meinte, doch auf der anderen Seite war er erleichtert, dass Maria ihm keine Schuld gab. Ihre traurige Stimmung spürte er trotzdem.

»Setzt du mir bitte wieder die Kapuze auf?« bat Maria. »Ich glaube, es beginnt wieder zu regnen.«

Paul kam der Bitte nach und ging dann schweigend neben ihr her. Er spürte den Regen überhaupt nicht.

* * *

Sie hatten extra einen Umweg gemacht, damit Paul die Schlüssel holen konnte. Maria wollte sich nicht die Blöße geben, ´sie´ deswegen fragen zu müssen. Sie fühlte sich schon gedemütigt genug.

Doch als sie schließlich in ihr Zimmer kam, musste sie seufzen. Mrs. Potter hatte den Flötenkasten bereit gelegt und auch die zu übenden Stücke lagen schon auf dem Notenständer bereit.

»Am liebsten würde ich auch absagen.« seufzte sie leise. Doch sie wusste, dass es einfach ihre Pflicht war, den Auftritt zu spielen.

»Du wirst das schon schaffen.« Paul nahm sie noch einmal in den Arm.

Maria griff zur Flöte und begann, das aufgeschlagene Stück durchzuspielen. Es war dabei aber deutlich zu hören, wie betrübt sie war. Die Begegnung mit Sophie machte ihr schwer zu schaffen.


Nach dem ersten Stück legte sie ihre Flöte beiseite und drehte sich zu Paul. »Kannst du ´sie´ fragen, ob sie mir den leichten Schlafsack heraus legt. Ich glaube, ich möchte heute gleich ins Bett.«

Paul spürte die Wehmut seiner Freundin. Er strich ihr noch einmal über die Wange und verließ dann das Zimmer.

* * *

Pauls Herz klopfte laut, als er Marias Bitte vor ihrer Erzieherin vortrug. Doch zu seiner Erleichterung reagierte sie sehr verständnisvoll. Sie ließ sich berichten, was sich im Krankenhaus zugetragen hatte. Als Paul mit seiner Erzählung fertig war, nickte sie verständig. »Ja, da wäre ich wohl auch traurig.« Sie bat Paul mitzukommen.

Er folgte ihr in einen kleinen Raum neben Marias Zimmer, den er bisher noch nicht kennengelernt hatte. Er hatte nur ein kleines Fenster und war mit Schränken vollgestellt. Mrs. Potter ging zielstrebig zu einem Schrank, öffnete ihn und holte ein etwas größeres Bündel heraus. Sie reichte es Paul. »Hier, das dürfte der richtige Schlafsack sein. Er hat Ärmel und keine Kapuze.« Sie klopfte ihm ermutigend über die Schulter. »Macht euch einen gemütlichen Fernsehabend.« Sie nannte ihm einen Film, der angekündigt war.

Paul wartete, bis Maria mit dem dritten Stück fertig war, dann erst betrat er ihr Zimmer und legte den Schlafsack auf ihr Bett.

Maria lächelte ein wenig, als sie den Schlafsack sah. Sie war dabei, ihre Flöte zu putzen und sie wegzupacken. Doch Paul vermisste das Strahlen in ihren Augen. Sie machte immer noch einen sehr betrübten Eindruck.


Zu seiner Überraschung musste Paul nur noch den Reißverschluß schließen, als er aus dem Bad kam. Maria hatte sich irgendwie schon in den Schlafsack verpackt und auch ihre Arme hatte sie in den inneren Ärmeln verstaut.

Er schaltete den Fernseher ein und legte sich dann neben Maria auf das Bett. Doch schon nach dem Vorspann bemerkte er, dass Maria eingeschlafen war.
156. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.02.14 21:07

Zitat
Wunderschöne Fortsetzung Karl.
Hast du eigentlich Vorbilder für das Katerinenfest genommen oder Komplett Ausgedacht?


@gummimike: Danke...

Ich möchte es nicht direkt Vorbild nennen, aber zum einen gibt es alle vier Jahre in Landhut die Landshuter Hochzeit. Und in Ansbach gibt es die Barockfestspiele. Aus Landshut und Ansbach ist dann Landsbach geworden.

Die Burg, von der Paul am Anfang träumt, wäre die Burg Trausnitz... und das Schloß des Barons wäre das Schloß in Ansbach (okay, vielleicht zwei Nummern kleiner)

Der Inhalt des Festes ist komplett erfunden, bis auf die Tatsache, dass früher Friedensverträge oft über solche "Geiseln" abgesichert wurden.
157. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 19.02.14 01:05

Hallo gag_coll, Wiedermal eine ganz tolle Fortsetzung von dir
Sabber , Sabber wann setzt Paul seine neuen Kenntnisse das erste mal ein und
Überrascht damit die hilflose Maria ? Wird dabei von Miss Potter erwischt und dann
von seiner Oma , bis zur Hochzeit der Beiden , in einen KG gesteckt ?

Zu deinen beiden anderen Geschichten , verhaspele dich nicht schreibe erst diese hier zuende .
Das du schreiben kannst beweist du hier mit jede Fortsetzung .

Dann hole einmal tief Luft und überlege welche Geschichte wird dir leichter fallen beim weiter Schreiben .

``Das Minutenbuch´´ könnte auf die Schiene Medizinische Fesseln laufen dann würde ich dir
als Inspiration die Geschichte von der Hostess vorschlagen

http://www.kgforum.org/display_5_2403_73...ie-Hostess.html

Zum ``Der Mantel der Studentin´´ habe ich dir schon als Antwort und auch als PM geschrieben

Zitat
@ gag_coll

Wie deine beiden anderen Geschichten sehr schön geschrieben . Da du selber darum gebeten hast wie
es weiter gehen könnte mache ich mal einige Vorschläge . Julia lässt sich immer öfter in behindernde
Kleidung stecken . Hegels schlagen ihr dann vor sie solle ein Sabatjahr nehmen . Während dieser Zeit
soll sie dann mit Ausnahme von je einer Stunde , morgens und abends für Gymnastik , den Rest des
Tages als Püppchen der Hegels verbringen . Nach diesem Jahr soll sie sich dann entscheiden ob sie so
weiter leben möchte und von den Hegels adoptiert werden soll oder ihr Studium beenden möchte . Was
sie aber noch nicht weiss , sie wird Orgasmen nicht mehr selbst bestimmen können . Diese muss sie
sich mit geilen Spielen in den beiden besonderen Zimmern erkaufen . Aber selbst dann braucht sie Hilfe
von anderen um zu kommen .

Zitat

So ein Leben würde also komplette Hingabe erfordern . Julia würde gewaschen , gefüttert , zur Toilette geführt werden müssen , zum Dank werden ihr dann noch die Sinne geraubt sie wir stumm , blind , taub gemacht , nicht immer gleichzeitg . Aber immer wenn Frauke ihr einen Orgasmus in beisein von Hegels bereiten muss . Hegels betreiben dies alles , weil es sie erregt ein hilfloses Mädchen zubetrachten , zum anderen sind sie in einem Zirkel der jedes Jahr zur Advendtzeit eine Krippe mit lebenden , aber unbeweglichen Personen ausstattet . Mitglieder die hierfür Mädchen ausbilden geniessen hohes ansehen ebenso wie die Mädchen selbst . Das solche Mädchen nicht sehr oft zufinden sind ist klar , es wird aber auch nicht leicht sein eine Betreuerin ( dominante Dienerin ) für so ein Mädchen zufinden . Klar werden Frauke und Julia ein Paar bei so einer Nähe und das alles einvernehmlich geht es garnicht anders .


ich könnte mir vorstellen das der Hintergrund eine ``Amische´´ ähnliche Bondagesekte ist in der das Ansehen
von der Keuschheit und BondageFähigkeit der Tochter abhängt . Da die Hegels keine Tochter haben
könnte bei endspechendem Anreiz eine Erwachsenenadoption helfen .
Dazu würde der ``Hochzeitsgürtel´´ aus dem ``Wunderkoffer´´ als Inspiration passen .

http://www.kgforum.org/display_5_2407_72585.html

Aber auch aus dieser sehr schönen Gschichte wird sehr viel Inspiration kommen können

http://www.kgforum.org/display_5_2407_89...read_Maria.html
158. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 19.02.14 06:57

Ich würde als Autor gern mal eine Zwischenfrage stellen: Welchen Eindruck habt ihr von der Schmiede-Tochter Doris bekommen?
159. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 19.02.14 07:35

Ich sehe Doris als moderne , starke , selbstbewusste junge Frau , die keinen
Dom an ihrer Seite dulden würde .
Sie braucht einen gleichwertigen Schlüsselbewahrer als Partner , von dem sie sich
dann aber sehr gerne in Ketten legen lässt . Sie trägt ihre Ketten mit soviel Stolz ,
das sie mehr Schmuck sind als Spielzeug und ich denke sie sollte eher Goldschmiedin
sein die im Fetischbereich arbeitet so etwa

http://www.goldschmiede-oro.de/de/10.htm

.
160. RE: Maria

geschrieben von kaes am 19.02.14 07:52

Hallo gag_coll

Für mich ist Doris eine Frau, der es Spass macht die Ketten zu tragen. Sie scheint diese Form der "Unterwerfung" gerne zu leben. Dazu passt auch die Erwähnung der Käfigwand.

Mir kommt ein Gedanke in den Sinn, gibt es bei dem Fest nicht auch andere Prinzessinen die in Ketten gelegt werden? Sie währe doch eine Kandidatin dafür.

Ich freue mich schon darauf wie es weiter geht.

Gruß Klaus

161. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 19.02.14 17:51

Arme Sophie sie hat keinen Besuch vom Vater oder ihren Sogenannten "Freunden" erhalten. Vielleicht war das ein Anreiz sich zu Ändern.
Marias Besuch hat sie bestimmt gefreut, auch wenn sie durch das Cape Eingeschränkt war. War ja dumm gelaufen das Paul den Schlüssel nicht mithatte.
Andreas Reporter Instinkt ist Erwacht durch den Tipp der Freundin. Schafft sie es das Komplott Aufzuklären? Dann würde auch der Plan des Barons scheitern an das Preisgeld für das Gebet auf dem Rücken zu kommen.
Wenigstens durfte Maria diese Nacht nicht ganz so Streng verbringen.
Wär doch schön wenn Paul und Maria Sophie Öfters Besuchen würden wenn der Zeitplan es Zulässt.
162. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sieben

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 06:29

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sieben
Autor: Karl Kollar

Die Brötchen der Bäckerei waren dafür bekannt, auch noch am Sonntagmorgen gut zu schmecken. Entsprechend hübsch war der Tisch gedeckt, als Paul und Maria zum Frühstück herunter kamen.

»Es ist noch Zeit für ein gemütliches Frühstück, bevor du dich umziehen musst.« Mrs. Potter klang wieder einmal etwas resolut, doch sowohl Paul als auch Maria wußten, dass sie es im Grunde eher liebevoll meinte. Als Erzieherin bestand sie eben auch darauf, dass Maria ihren Verpflichtungen nachkam.

* * *

Die Musikgruppe bedeutete Maria sehr viel, denn es war im Prinzip ein großer Teil ihres Prinzessinnentraums. Es gab einen unbekannten Förderer, der sich um die Kostüme der Gruppe kümmerte. Die Anfertigung der komplizierten Barockkleider war sehr aufwendig und kostspielig. Doch Maria hatte sich bisher darüber keine Gedanken gemacht. Sie fand es sehr toll, dass sie in einem Kleid wie ihre Sissi auftreten konnte und sich dabei auch noch wie eine Prinzessin fühlen durfte.

Sie hatten nur sehr wenige Auftritte im Jahr und es hätte ihr klar sein müssen, dass der Verein damit die Kleider nie hätte finanzieren können. Doch dafür hatte sie keinen Kopf. Sie genoss es, wenigstens ein paar wenige Male im Jahr wie eine Prinzessin auftreten zu können.

Ihre Mutter hatte sie mehr oder weniger auffällig auf diesen Verein aufmerksam gemacht und Maria war sofort begeistert von der Idee gewesen. Hätte sie gewußt, dass die Klinik von ihrer Mutter der Hauptförderer des Vereins war und auch für sämtliche Kostümkosten aufkam, hätte dies ihre Begeisterung vermutlich etwas gedämpft. Doch Maria wusste nur etwas von einem Trägerverein »Historische Musik in Landbach«, der offiziell als Verleiher der Kostüme auftrat.

* * *

Paul war eigentlich kein Kirchgänger, aber der Gottesdienst mit der Taufe der kleinen Selina hatte ihm sehr gut gefallen. Die Pfarrerin hatte ihn sehr ansprechend gestaltet und Paul glaubte sogar etwas von der religiösen Botschaft mitgenommen zu haben.

Er war sehr gespannt auf den weiteren Verlauf des Tages, denn Mrs. Potter hatte ihm und vor allem seiner Oma eine Überraschung versprochen. Doch zunächst hatte die Mutter der kleinen Selina die Musiker zum Essen eingeladen und die anderen gingen mit. Sie hätten eigentlich selbst zahlen wollen, doch die Gastgeberin bestand darauf, dass auch sie eingeladen waren.

* * *

Sie waren mit der Nachspeise fertig und die Bedienung hatte auch schon den Kaffee serviert, als auf einmal ein fremder Herr den Saal betrat. Sein Äußeres erinnerte sehr stark an einen Chauffeur, vor allem die Schirmmütze. Er ging direkt auf Mrs. Potter zu und verbeugte sich kurz. »Das Auto wäre dann da.«

Die Erzieherin bedankte sich, dann wandte sie sich an ihre Tischnachbarn und bat zum Aufbruch. Nach der Verabschiedung bei den Gastgebern traten sie vor das Lokal, wo eine große schwarze Limousine wartete.

Der fremde Herr ging zum Auto und öffnete die Türen. Mrs. Potter bat einzusteigen.

Es war ein großes Auto, so dass Paul, seine Oma und Maria in der Mitte ganz bequem auf der Rückbank Platz hatten, während die Erzieherin sich neben den Fahrer setzte.

Dieser fuhr ohne weiteren Kommentar los und steuerte das Fahrzeug recht zielstrebig Richtung Autobahn.

Mrs. Potter drehte sich nach hinten um und lächelte. »Wir werden ungefähr eine Stunde unterwegs sein.« Ihr blick blieb auf Paul liegen. »Hast du die Bücher dabei?«

Paul griff in seine Tasche und holte zwei Heftes des Romans heraus, den sie für den Deutschunterricht lesen mussten. Eines davon reichte er Maria, das andere schlug er selbst auf. Beide vertieften sich in ihre Bücher.


Als sie die Autobahn verliessen, fiel Oma Selma auf einmal auf, dass sie die Gegend kannte. »Hier in der Nähe wohnte der Baron Grünberg.«

Paul saß hinter dem Fahrer und so konnte er das freudige Grinsen von Mrs. Potter sehen. Er ahnte, wohin die Reise gehen würde.

Seine Oma erkannte einiges aus der damaligen Zeit wieder und freute sich sehr, dass der Weg sie wieder einmal durch diese Gegend führte. Erst als der Fahrer den Weg nahm, der mit »Zum Schloß« beschriftet war, fiel bei ihr der Groschen. »Wo bringst du uns hin?« fragte sie, obowohl sie die Antwort eigentlich schon wusste.

»Ich habe uns für 14 Uhr angemeldet.« sagte Mrs. Potter von vorn, ohne sich umzudrehen.

Paul sah auf seine Uhr. Es war fünf Minuten vor Zwei.

Die Erzieherin bedankte sich beim Fahrer. »Sie sind sehr gut gefahren und vorallem pünktlich.«

Er deutete mit dem Kopf eine Verbeugung an, dann fuhr er direkt vor das Portal und half beim Ausstiegen.

Paul blickte sich um und fand sich in einem großen Gutshof wieder, dessen Südseite von einem kleinen aber beeindruckenden Schloß begrenzt wurde. Er glaubte, einiges aus den Erzählungen seiner Oma wieder zu erkennen.


»Heidrun!« Die sehr erfreute Stimme seine Oma ließ Paul wieder zum Schloß blicken. Eine elegante Frau in mittlerem Alter hatte die große Eingangstür geöffnet und war heraus getreten.

»Selma!« rief die Frau ebenfalls sehr erfreut. »Wie lange ist das jetzt her?« Es klang sehr viel freudige Wehmut in ihrer Stimme.

Oma Selma drehte sich zu Paul und Maria um und stellte sie einander vor. Heidrun war die jüngste der drei Grafentöchter, die sie früher zu erziehen hatte. Jetzt hatte Heidrun selbst schon eine Tochter in Marias Alter. Amelie war ebenfalls die jüngste von drei Töchtern. Sie wohnte als einzige noch bei ihren Eltern auf dem großen Gut.

Mrs. Potter fragte nach Amelie.

Es kam Paul vor, als würde die Gräfin bei der Antwort etwas zögern. »Sie ist in ihrer Wohnung. Ich lasse sie rufen.« Dann bat sie ihre Gäste herein.

* * *

»Aber sie hat doch Besuch.« Amelie war sehr verunsichert, weil ihre Mutter sie sehen wollte. »Da darf ich mich doch nicht blicken lassen, wenn ich Fesseln trage.«

Die Dienerin zuckte mit den Schultern. »Es war ihr ausdrücklicher Wunsch, dass sie so bald wie möglich erscheinen.«

Amelie grübelte. Der Handschuh war abgeschlossen und jeweils Inka und Leonhard hatten einen Schlüssel, damit sie nicht unerlaubterweise einer Dienerin befehlen konnte, sie aus dem Handschuh zu befreien. »Häng mir wenigstens ein Tuch über die Schultern, so dass man den Handschuh nicht gleich sieht.« Sie war sehr verunsichert, denn normalerweise achtete ihre Mutter sehr penibel darauf, dass sie ihrem besonderen Hobby stets im Verborgenen nachging.

Und jetzt während ihrer besonderen Semesterferien war sie doch rund um die Uhr gefesselt. Ihre Mutter wusste das doch. Sie schüttelte den Kopf. »Und mach mir den Rock auf.« Sie blickte ihre Dienerin bittend an. »Ich möchte einigermaßen würdevoll die Treppe hinunter gehen können.«

Die Dienerin lächelte, dann kniete sie sich vor Amelie und zog den Reißverschluss so weit auf, wie es ging.

»Danke.« Amelie war erleichtert. Der Rock war in Wirklichkeit nur ein Schlauch, der ihre Beine über die gesamte Länge aneinanderpresste und nur weil er aus dehnbarem Stoff gearbeitet war, war es ihr überhaupt möglich, sich darin mit winzigen Schritten fortzubewegen.

Der Entwurf des Rockes stammte dabei aber von ihr selbst. Keine der käuflich zu erwerbenden Röcke waren ihr streng genug gewesen. So hatte sie sich entschlossen, selbst einen Entwurf zu machen und Inka hatte ihn zusammen mit einer Schneiderin angefertigt.

Der Reissverschluss des Rockes war nur selten abgeschlossen, denn es bedeutete, dass sie dann auf dem jeweiligen Stockwerk gefangen war, und im Schloss gab es sehr viele Treppen. Im Gegenteil, es hatte sich als praktisch erwiesen, dass sie bei Bedarf jemanden von der Dienerschaft bitten konnte, ihr den Weg in ein anderes Stockwerk zu erlauben. Denn fast immer war sie nicht selbst in der Lage, den Reissverschluss zu öffnen.

Amelie war es gewohnt, dass sie mit jedem Schritt, den sie in dem geschlossenen Rock machte, immer nur ein paar wenige Zentimeter voran kam. Sie liebte das Gefühl, gegen die Enge des Rockes zu kämpfen und dabei doch die Gewissheit zu haben, dass der Stoff ihre Beinfreiheit zuverlässig unter Kontrolle hielt.

Jetzt war der Rock bis über die Knie geöffnet und obwohl ihre Oberschenkel noch eng aneinandergedrückt wurden, hatte sie jetzt genügend Freiheit, um große Schritte zu machen oder damit Treppen steigen zu können.

Der Rock wäre schon eine Herausforderung gewesen, wenn sie über ihre Arme verfügen könnte. Doch in diesen Semesterferien waren ihre Arme so gut wie immer irgendwie gefesselt. Meistens trug sie ihren geliebten Monohandschuh so wie jetzt, aber sie besaß auch genügend andere Kleidungsstücke, die ihren Armen jegliche Bewegungsfreiheit nahmen. Deswegen war sie es gewohnt, auch ohne Zuhilfenahme ihrer Arme zu balancieren. Besonders beim Treppensteigen war dies wichtig. Gestürzt war Amelie noch nie.

* * *

»Das ist Amelie, meine Jüngste.« Heidrun lächelte, als sie Amelies Kampf mit den Treppenstufen beobachtete. »Sie studiert noch und im Moment genießt sie ihre Semesterferien.«

Alle Augen richteten sich auf die Gestalt, die noch ein paar wenige Stufen vor sich hatte. Sie trug ein Tuch um die Schultern, aber dennoch waren über der Brust die beiden schwarzen Riemen sichtbar, die sich dort kreuzten und sich deutlich von der weißen Bluse abhoben.

Den Besuchern war im Prinzip klar, was die Grafentochter unter dem Tuch zu verbergen versuchte.

Heidrun ging zum Ende der Treppe und als ihre Tochter die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, griff sie zu dem Umhang und zog ihn etwas theatralisch herunter. »Den brauchst du heute nicht.«

Amelie zuckte etwas zusammen.

»Unsere Gäste kennen sich damit aus.« Sie drehte sich zu Maria. »Ich habe gehört, du kannst so etwas auch tragen?« Sie bat ihre Tochter, sich einmal umzudrehen und so ihren Monohandschuh zu zeigen.

Es dauerte eine Weile, bis Amelie sich mit der Situation abgefunden hatte. Zum allerersten Mal durfte sie etwas von ihren Fesseln in Gegenwart von Fremden vorzeigen. Nur langsam kam sie der Bitte nach.


Mrs. Potter kam Maria zu Hilfe. »Ich hoffe, du bist mir nicht böse, aber ich habe etwas mit deinen Fähigkeiten angegeben.« Sie griff in ihre große Tasche und zur Überraschung aller holte sie Marias weißen Monohandschuh heraus und reichte ihn Paul. »Magst du ihn ihr anlegen?«

Maria war sprachlos. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Doch ihre leuchtenden Augen verrieten sie.

»Ich wusste, dass es dir gefallen würde.« Ihre Erzieherin lächelte. »Ihr zwei Mädchen habt euch bestimmt viel zu erzählen.«

Marias Blick klebte nahezu an dem schwarzen Monohandschuh, der Amelies Arme auf dem Rücken gefangen hielt. Sie wusste immer noch nicht, was sie sagen sollte.

Paul hielt den Handschuh in seinen Händen und war etwas ratlos. Im Gegensatz zu sonst machte Maria keine Anstalten, ihre Arme auf den Rücken zu legen. Stattdessen klebte ihr Blick auf der Grafentochter und ihren gefangenen Armen.

Er räusperte sich, doch seine Freundin reagierte überhaupt nicht.

Schließlich kam ihm seine Oma zu Hilfe. Sie schien die Situation zu überblicken. Sie trat zu Maria und lächelte sie kurz an. »Du erlaubst doch?« Dann griff sie zu ihren Armen und zog diese langsam, aber bestimmt auf ihren Rücken. Dann gab sie ihrem Enkel ein Zeichen.

Paul zögerte noch etwas, weil er auf keinen Fall etwas gegen Marias Willen tun wollte. Doch seine Oma ermutigte ihn. »Mache es nur. Maria freut sich darauf.« Sie strich seiner Freundin zärtlich durch das Gesicht.

Eigentlich hätte es Routine sein müssen, so oft hatte Paul seiner Freundin den Handschuh schon angelegt. Doch er spürte deutlich, dass es diesmal etwas Besonderes war.

Maria leistete in keinster Weise irgendeinen Widerstand, dennoch spürte Paul, dass sie irgendwie nicht bei der Sache war. Sie stöhnte diesmal sehr deutlich und es war weniger ein Unbehagen, was sie damit ausdrückte, sondern eher ein sehr lustvolles Stöhnen.

Dieses Mal erkannte Paul schneller, was gerade passierte. Maria war sehr erregt und sie kämpfte sehr mit ihren Gefühlen. Einerseits genoss sie das Anlegen des Handschuhs und die Gegenwart einer anderen Monohandschuhträgerin heizte ihre Gefühle zusätzlich an, auf der anderen Seite wollte sie sich aber nicht die Blöße gegen, vor allen anderen einen Orgasmus zu bekommen.

Paul spürte ihren Kampf und bemühte sich, schnell mit dem Anlegen des Handschuhs fertig zu werden. Dies bewirkte allerdings, dass er die Schnüre etwas heftiger als sonst anzog und damit, dies bemerkte er zu seinem Entsetzen, heizte er Marias Gefühle zusätzlich an.

In das fast nicht mehr zu überhörende Stöhnen mischte sich ein frustrierter Unterton. Paul begann zu ahnen, dass Maria ihren Kampf verlieren würde. Er überlegte fieberhaft, wie er ihr die Peinlichkeit eines öffentlichen Orgasmus ersparen konnte, doch ihm wollte nichts einfallen. Er zog die Schleife fest und gerade im richtigen Moment hatte er die rettende Idee.

Er trat vor sie und gab ihr einen liebevollen Kuß. Gerade als sich ihre Zungen berührten, spürte er die Explosion in Marias Körper. Er drückte sie fest an sich und streichelte zärtlich über ihre Arme, die sich langsam an ihr so enges Gefängnis zu gewöhnen begannen.

Nur langsam wich die Anspannung aus Marias Körper und ihr Atem beruhigte sich wieder. Als sie ihre Augen öffnete, blickte sie sehr verliebt in Pauls Augen. »Danke« entwich sehr leise ihren Lippen.

Paul wagte es, sich wieder umzublicken, doch jetzt waren sie allein in der großen Empfangshalle. Eine doppelflügelige Tür stand auf und von dort waren Stimmen zu hören.

* * *

»Sehr beeindruckend. Das sieht nach einem langem Training aus.« Ein sehr gut angezogener Mann kam von draußen in die Halle. Er trat auf Maria zu und obwohl er sich sehr zurück hielt, zeigte sein Blick dennoch, dass er Marias Handschuh bewunderte.

Paul und Maria drehten sich erstaunt um.

»Graf Leonhard von Reiziger.« Mit einer formvollendeten Verbeugung stellte sich der Graf vor. »Ich bin der Verlobte von Amelie von Grünberg.« Sein Blick blieb auf Maria liegen. »Das ist ein tolles Kleid und passt super zu dem Handschuh.« Er war von Marias Aussehen sichtlich angetan.

»Es ist die »Uniform« für die Musikgruppe.« Maria gab sich bescheiden. »Wir dürfen sie auch privat tragen und ich liebe diese Art von Kleidern.«

Der Graf bat Maria, einmal die Hand vorzustrecken.

Maria war etwas verwundert von dieser Bitte, doch seit der Begegnung mit dem Bürgermeister hatte sie die dazu nötige Bewegung etwas geübt, falls mal wieder jemand wichtiges ihr unbedingt die Hand reichen wollte und dabei ihren Mono übersehen hatte.

Doch der Graf ließ sich davon nicht irritieren. Er beugte sich vor, ergriff Marias verpackte Hände und deutete einen Handkuss an.

Maria war von dieser Geste sehr bewegt. Sie wurde etwas rot. Gleichzeitig war sie überrascht darüber, wie selbstverständlich hier das Tragen eines Monohandschuhs genommen wurde.

»Hallo?«, Amelie kam in die Eingangshalle und räusperte sich. »Du bist mit mir verlobt.« Dabei entlarvte ihr Lächeln ihre Eifersucht als gespielt. Mit langsamen Schritten kam sie auf ihren Verlobten zu.

Dieser blickte etwas amüsiert auf seine Verlobte. Als sie neben ihm stand, begrüßte er auch sie mit einem entsprechenden Handkuss. Dann erst nahm er sie in die Arme und gab ihr einen liebevollen Kuss.

»Schön, dass du kommen konntest.« Amelie strahlte. »Wir haben besonderen Besuch.« Ihr Blick blieb für einen kurzen Moment auf Marias Handschuh liegen. Bisher hatte sie nur gesehen, dass Maria ein Mono angelegt werden würde. Erst jetzt sah sie ihn in all seiner Strenge an Marias Armen. Sie war schwer beeindruckt. »Wahnsinn, so eng kannst du das tragen?« Ihre Miene zeigte kleine Spuren von Eifersucht.

Maria bedankte sich für das Kompliment.

»Ich habe sie schon bewundert.« Seine Meine zeigte Ehrlichkeit. Dann fiel sein Blick wieder auf seine Verlobte und ein leises Lächeln glitt über sein Gesicht. »Ich glaube, du wirst noch viel trainieren müssen.«

Amelie stöhnte und drehte sich einmal um sich selbst, um ihren Handschuh zu zeigen. »Ich kann das doch auch schon gut, oder?« Ein Strahlen versuchte sich in ihr Gesicht zu schleichen.

Doch ihr Verlobter runzelte nur kurz die Stirn. »Den Handschuh hat Inka aber nicht angelegt?«

Amelie war über den Kennerblick nicht verwundert. »Die ist heute nicht da. Sie besucht eine alte Schulfreundin. Roberta war so nett und hat mir da hinein geholfen.«

Leonhard zog einmal kurz an dem Schloß, welches den Handschuh an Amelies Armen verschlossen hielt. »Das erklärt einiges.« Er lächelte und trat hinter Amelie. Mit ein paar Handgriffen hatte er den Handschuh etwas strenger angelegt. »Inka ist die beste Freundin von Amelie. Sie haben schon zusammen im Sandkasten gespielt. Inka ist die Tochter des Gärtners.« Er hatte die fragenden Gesichter seiner Gäste bemerkt. Dann fiel sein Blick wieder auf seine Freundin. »Und dein Rock ist auch nicht richtig geschlossen.« Seine Blick hatte etwas Tadelndes.

»Ich musste doch Treppensteigen.« erwiderte sie, doch sie wusste, dass er ihre Entschuldigung nicht gelten lassen würde.

»Du bist ja jetzt im richtigen Stockwerk, oder?« Er wartete ihr Antwort nicht ab, sondern beugte sich zu ihren Beinen herunter und schloss den Reissverschluss bis zum Saum.

Amelie seufzte leise, denn sie wusste, wie langsam sie jetzt sein würde. Sie schämte sich ein wenig vor ihren Gästen.

»Hattest du etwas gesagt?« fragte ihr Verlobter süffisant.

Amelie schluckte ihren Ärger deutlich sichtbar herunter, dann drehte sie sich zu ihm um und gab ihm einen Kuss. Sie brauchte einen Moment, bis sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. »Darf ich euch zu Kaffee und Kuchen einladen? Ich glaube, meine Mutter hat gut eingekauft.«

Maria war sichtlich beeindruckt von dem Auftreten von Graf Leonhard. Er hatte irgendwie eine sehr charmante, aber doch sehr bestimmende Art. Irgendwie verspürte Maria ein Kribbeln, als sie daran dachte, wie er seiner Verlobten den Rock geschlossen hatte und Amelie nichts anderes mehr übrig blieb, als sich dafür zu bedanken.

Mehr oder weniger heimlich warf Maria einen Blick auf Amelie und hatte ein wenig Mitleid, als sie sah, wie sich die Grafentochter jetzt nur noch zentimeterweise vorwärts bewegen konnte. Aber zum Erstaunen von Maria schien Amelie nicht wirklich beleidigt oder traurig, sondern im Gegenteil, es schien, als würde sie ihren eigentlich demütigenden Zustand sehr zu genießen.

»Es tut mir leid, aber schneller geht es nicht.« Sie schien die Blicke der anderen zu spüren und als gute Gastgeberin wollte sie sich bei ihren Gästen entschuldigen. Doch ihre leuchtenden Augen war zu entnehmen, wie sehr sie jeden einzelnen ihrer so mühsamen Schritte auskostete.

Maria blickte noch einmal auf Amelie und kam ins Grübeln. Nur langsam begann sie zu begreifen, dass Amelie ihre Fesseln auf ihren eigenen Wunsch hin zu tragen schien. Sie machte außerdem einen sehr verliebten Eindruck und sie schien es ebenso zu genießen, dass ihr Verlobter offensichtlich auch Freude daran hatte, wenn sie sich mit den Fesseln abzumühen hatte.

Sie blickte kurz zu Paul und sie sah, dass er von dem Auftreten von Amelie ebenfalls sehr beeindruckt war.

So einen engen Rock gab es in dem Programm ihrer Mutter bisher nicht und auch bei den Vorbereitungen des Katerinenfestes spielte die Beinkleidung nur eine geringe Rolle. Es reizte sie aber, ebenfalls zu so kleinen Schritten gezwungen zu sein. Ob Paul dafür wohl Verständnis haben würde? Sie blickte ihn an und schaute gleich darauf auf Amelies verpackte Beine, dann schaute sie ihn wieder an. War er ihrem Blick gefolgt?

163. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 06:59

@Fehlermeldung

Zitat
Hallo gag_coll, Wiedermal eine ganz tolle Fortsetzung von dir


Danke...

Zitat
Sabber , Sabber wann setzt Paul seine neuen Kenntnisse das erste mal ein und
Überrascht damit die hilflose Maria ?


Das wird noch einige Zeit dauern... Aber ich glaube, wenn Paul in der Klinik sein wird, wird sich da etwas tun.

Zitat
Wird dabei von Miss Potter erwischt und dann
von seiner Oma , bis zur Hochzeit der Beiden , in einen KG gesteckt ?


Also das wird mit mir als Autor sicher NICHT passieren...

Zitat
``Das Minutenbuch´´ könnte auf die Schiene Medizinische Fesseln laufen dann würde ich dir
als Inspiration die Geschichte von der Hostess vorschlagen


Also ich tendiere im Moment damit, dass Andrea sich in die Autorin verlieben wird. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass Roberta und Christine die Reporterin zunächst etwas im Haus gefangen halten werden...

Zitat
Zum ``Der Mantel der Studentin´´ habe ich dir schon als Antwort und auch als PM geschrieben


... und ich habe ja auch geantwortet...

Zitat
ich könnte mir vorstellen das der Hintergrund eine ``Amische´´ ähnliche Bondagesekte ist in der das Ansehen
von der Keuschheit und BondageFähigkeit der Tochter abhängt . Da die Hegels keine Tochter haben
könnte bei endspechendem Anreiz eine Erwachsenenadoption helfen. Dazu würde der ``Hochzeitsgürtel´´ aus dem ``Wunderkoffer´´ als Inspiration passen .


In diese Richtung wird es vermutlich gehen... Aber im Moment fehlt mir da noch etwas...
164. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 07:03

@Rainman

Zitat
Vor allem bin ich ja mal gespannt, wiso Paul jetzt auch von Marias Mutter in der Klinik behandelt werden soll. Bekommt er auch nen KG verpasst??^^


Also soviel kann ich ja schon mal verraten, Paul wird keinen KG bekommen. In der Klinik muss er lernen, was alles wichtig ist, wer er mit Maria zusammen leben möchte.

Zitat
Was ich allerdings immer noch nicht ganz verstanden habe ist, warum der Chef der Zeitung erst mit \"Gewalt\" überzeugt werden mußte, Maria endlich zu akzeptieren. Oder kommt die Aufklärung dieses Rätsels noch?


Gummimike hat das schon richtig erklärt: Maria ist nur eine Bürgerliche und damit für die Zeitung weniger interessant.
165. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 07:07

@Exdriver
Zitat
Die Geschichte gefällt mir immer mehr .
ich bin gespannt wie es nach dem fest mit den 2 weiter gehen wird .


Ich hatte es schon mal angedeutet: diese Geschichte wird mit dem Fest enden. Für die Zeit danach wird es eine einige Geschichte geben, in der dann die Erziehung von Sophie im Vordergrund stehen wird. Aber natürlich werden wir Maria im Katerinenjahr auch weiterhin begleiten.
166. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 07:11

Zitat
Ich sehe Doris als moderne , starke , selbstbewusste junge Frau , die keinen
Dom an ihrer Seite dulden würde .


Oh, ich glaube, da habe ich wohl etwas falsch gemacht...

Zitat
Sie braucht einen gleichwertigen Schlüsselbewahrer als Partner , von dem sie sich
dann aber sehr gerne in Ketten legen lässt . Sie trägt ihre Ketten mit soviel Stolz ,
das sie mehr Schmuck sind als Spielzeug und ich denke sie sollte eher Goldschmiedin
sein die im Fetischbereich arbeitet.


Okay, wir werden noch zwei Mal bei Doris zu Besuch sein...
167. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.14 07:16

@kaes
Zitat
Für mich ist Doris eine Frau, der es Spass macht die Ketten zu tragen. Sie scheint diese Form der \"Unterwerfung\" gerne zu leben. Dazu passt auch die Erwähnung der Käfigwand.

Okay, ich sehe, ich habe meine Andeutungen richtig verteilt.
Zitat
Mir kommt ein Gedanke in den Sinn, gibt es bei dem Fest nicht auch andere Prinzessinen die in Ketten gelegt werden? Sie währe doch eine Kandidatin dafür.

Andere Prinzessinnen wird es nicht geben, aber wie jedes Jahr wird die Katerina von ihrer "ersten Dienerin" begleitet... und die Rolle ist bisher noch nicht vergeben.
168. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 20.02.14 10:55

Ich liebe deine Geschichten mach weiter so .
169. RE: Maria Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Acht

geschrieben von gag_coll am 21.02.14 06:41

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Acht
Autor: Karl Kollar

Paul war verwundert. Er hatte den Eindruck, als würde Maria das selbst gewählte sehr restriktive Leben von Amelie sehr gefallen. Doch so richtig verstehen konnte er es noch nicht. Es musste doch sehr demütigend sein, mit so einem strengen Rock unterwegs zu sein und nur noch winzige Schritte machen zu können. Doch Amelies Lächeln zeigte ihm, dass sie es nicht als Last empfand, sondern es zu genießen schien. Verunsichert blickte er wieder zu Maria und lächelte verlegen.

Insgeheim fragte er sich, wie er wohl reagieren würde, wenn Maria so einen Rock tragen wollte. Bisher hatte er so etwas in ihrer Garderobe noch nicht entdeckt, aber es hätte ihn nicht überrascht, wenn Maria so einen Rock ebenfalls besitzen würde.

Auf jeden Fall strahlte die Trägerin eine ungeheure Hilflosigkeit aus, denn egal was sie anstellte, sie konnte sich nur noch mit sehr winzigen Schritten bewegen. Bei Amelies Rock kam noch dazu, dass er selbst in geöffnetem Zustand nicht sehr viel Beinfreiheit bot, da ihre Oberschenkel dann immer noch streng aneinander gepresst wurden.

Maria wäre noch mehr als sonst auf seine Hilfe angewiesen. Auf einmal wurde ihm klar, dass diese Hilflosigkeit aber auch ein sehr großer Vertrauensbeweis war. Er glaubte zu erkennen, dass es zunächst der Wille von Amelie und auch Maria war, sich ihrem Partner bewußt und vollständig auszuliefern. Dieses würden sie nicht machen, wenn sie nicht vollstes Vertrauen in ihre Partner hätten.

Er begann sich mit ein klein wenig Zweifeln zu fragen, ob er dieses Vertrauens wirklich würdig war. Doch die Blicke, die Maria ihm gelegentlich zuwarf, zeigten ihm, dass seine Zweifel mehr als unberechtigt waren.

* * *

»Aber das Eßzimmer sieht immer noch so aus wie früher«, bemerkte Oma Selma, die sich sichtlich freute, einmal wieder an ihrem alten Arbeitsplatz zu sein. »Ihr habt ja kaum was verändert.«

»Ich wollte ursprünglich alles verändern, das hatte ich mir vorgenommen.« Heidrun lächelte. »Aber als ich dann endlich etwas zu sagen hatte, konnte ich es nicht übers Herz bringen.«

»Die jungen Damen tragen sogar ihre Handschuhe.« lächelte Selma scherzhaft, als sie die vier jungen Leute zur Tür herein kommen sah.

»Stimmt«, Heidrun griff den Scherz auf. »Es ist wie früher.« Sie drehte sich zu Maria und ihrer Tochter um und versuchte, ihrem Gesicht einen ernsten Anstrich zu geben. »Such euch euren Platz.« Sie wies auf die noch freien Plätze, dann drehte sie sich wieder zu ihrer ehemaligen Erzieherin. »Diesen Satz habe ich früher gehasst.«

Oma Selma lächelte verständnisvoll. »Deine Mutter war aber auch sehr streng und traditionsbewußt.«

Heidrun seufzte. »Diese Stühle habe ich mehr als einmal verflucht.«

Paul blickte sich unauffällig um. Eine große Tafel war aufgebaut, bei der an jeder Seite vier Personen sitzen konnten. Es fiel ihm auf, dass zwei der mittleren gegenüberstehenden Stühle eine sehr außergewöhnliche Lehne hatten. Irgendwie schien sie nur aus zwei seitlichen Streben zu bestehen und ließ den Platz in der Mitte frei.

Amelie ging sehr zielstrebig auf den einen der beiden Stühle zu und stellte sich daneben. Ihr Blick suchte Maria. »Das sind unsere Stühle.«

Jetzt verstand Paul. Diese Lehne ließ den Armen der Monohandschuhträgerin Platz, so dass sie auch mit angelegtem Handschuh bequem auf dem Stuhl sitzen konnte.

Doch noch etwas verwunderte ihn. Die Stühle zeigten schon einige Gebrauchsspuren und schienen schon älter zu sein. Vor allem aber waren die acht Stühle vom Muster her und vom Material gleich gearbeitet. Er wagte es nicht zu fragen, aber es hatte den Anschein, als hätte es die Stühle mit der besonderen Lehne schon immer so gegeben. Erst dann erinnerte er sich an das, was er von seiner Oma zu der Erziehung der Grafentöchter gehört hatte und es war ihm klar, dass es in dem Haushalt wohl schon seit langem Trägerinnen von Monohandschuhen gegeben haben musste. Eigentlich wollte es insgeheim nicht glauben, was ihm seine Oma erzählt hatte. Doch jetzt sah er es wirklich.

»Würde es euch stören, wenn ich im Mono verbleibe?« Sie blickte etwas unsicher zu Leonhard. »Mein Verlobter würde ihn mir sonst abnehmen.« Doch ihr Blick zeigte, dass sie sich darüber überhaupt nicht so sicher war.

Heidrun seufzte nur leise, während Oma Selma sich über die Idee sehr freute. »Nein, es stört mich überhaupt nicht.« Sie lächelte sentimental. »Im Gegenteil, so ist es wirklich wie früher.«

Es war Marias sehr verlegener Blick, der Paul ermutigte, seine Freundin von ihrem Handschuh zu befreien. Doch kaum hatte er den ersten Riemen geöffnet, als er von Amelie unterbrochen wurde.

»Warte bitte.« begann sie etwas verlegen. »Ich hatte mich sehr auf die ebenbürtige Gesellschaft gefreut.«

Paul hielt inne und beide drehten sich zu Amelie hin.

»Würdest du mir die Freude machen und für die Kaffeetafel im Handschuh verbleiben?« Amelie blickte Maria etwas verlegen an. »Wenn es dir möglich ist?« schob sie nach.

Maria drehte sich kurz zu Paul um und sah ihn fragend an. Es war deutlich zu spüren, dass sie diese Entscheidung nicht treffen wollte.

Paul war seinerseits ebenfalls sehr unsicher und suchte den Blickkontakt zu seiner Oma. Erst als diese mit wohlwollender Miene leicht nickte, schloß Paul den Riemen wieder und zupfte etwas an dem Handschuh herum, obwohl er doch eigentlich schon perfekt angelegt war.

»Na, gibst du wieder Befehle?« Graf Reiziger war zu seiner Verlobten getreten und streichelte ihr zärtlich durch das Gesicht. »Du weißt doch, dass das dir als Bondagette überhaupt nicht zusteht.« Er blickte zu Maria. »Sie versucht immer zu kommandieren.« Er lächelte mild und gab ihr einen Kuss.

Das Wort ´Bondagette´ hatte Paul noch nie gehört und es schien ihm so, als ob auch Maria mit dem Begriff nichts anzufangen wusste. Doch er traute sich nicht, jetzt nachzufragen. Insgeheim nahm er sich vor, später seiner Oma danach zu fragen.

»Nun setzt euch bitte.« Heidrun sprach sehr höflich, aber in ihrer Stimme schwang ein Unterton mit, der deutlich zeigte, wie unangenehm ihr das Thema war.

Gleich darauf waren langsame Schritte zu hören und eine ältere betrat Dame den Raum. Die Gräfin stand auf und begrüßte sie wie eine Freundin, obwohl sie von der Kleidung her als Dienerin erkenntlich war. »Roberta, wir haben Besuch.« Heidrun lächelte. »Erkennst du sie?«

Die Angesprochene brauchte einen Moment, bis sie reagierte. »Nein, das kann doch nicht sein? Selma, bist du es?«

Pauls Oma erhob sich und umarmte die Dienerin. »Wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen.«

Heidrun wartete, bis sich die beiden Damen begrüßt hatten. »Roberta, setzt dich bitte zu uns. Heute serviere ich.«

Roberta wollte erst abwiegeln, das würde doch nicht ihrem Status entsprechen, doch Heidrun widersprach. »Du würdest auch unseren Gästen eine große Freude machen.«

Doch erst als Pauls Oma ebenfalls darum bat, setzte sich Roberta auf den noch freien Platz neben ihre ehemalige Kollegin.


Heidrun bediente ihre Gäste sehr aufmerksam. Es machte sie sehr sympathisch, dass sie sich dafür nicht zu schade war. Auch der künftige Schwiegersohn half mit beim Austeilen des Kuchens.

Oma Selma kam nicht umhin, es zu bemerken. »Ihr seid aber unkompliziert geworden.«

»Mir war das ganze Zeremoniell immer zuwider.« Heidrun lächelte. »Jetzt befolgen wir es nur noch, wenn unsere Gäste es erwarten.« Sie nahm ebenfalls Platz.

»Den Kaffee hat Roberta gekocht.« Heidrun nahm einen Schluck setzte ihre Tasse ab. »Sie macht einen vorzüglichen Kaffee.«

»Ich freue mich sehr, sie wieder zu sehen.« Oma Selma war sichtlich berührt. »Arbeitet sie immer noch für euch?«

»Sie läßt es sich nicht nehmen.« seufzte Heidrun. »Eigentlich wäre sie schon lange in Rente. Doch es macht ihr Freude, in ihrem Alter noch nützlich zu sein.«

Roberta seufzte deutlich gespielt. »Jetzt muss ich die Kleine immer in den Handschuh schnüren.« Sie beschrieb, dass dies sonst immer die Aufgabe von Oma Selma gewesen wäre.

Amelie gab sich sehr respektlos. »Dafür bist du doch da, oder nicht?« Doch ihr Lachen zeigte die scherzhafte Absicht. »Außerdem läßt sie es sich auch nicht nehmen.« fügte sie mit frechem Unterton hinzu. Sie drehte sich zu Leonhard und bat ihn. »Gibst du mir etwas Kaffee?«

Sehr zum Erstaunen von Paul und Maria führte Graf Leonhard die Kaffeetasse zum Mund seiner Verlobten und hielt die Tasse so, dass Amelie bequem einen Schluck davon nehmen konnte. Es schien für sie das selbstverständlichste zu sein, auf diese Weise gefüttert zu werden. Beide strahlten bei diesem Vorgang eine große Sicherheit und Routine aus.

»Das traue ich mir nicht zu«, flüsterte er zu seiner Freundin. »Ich habe Angst, dass ich das Kleid beschmutze.«

Amelie spürte die Nervosität und erkundigte sich, ob etwas nicht in Ordnung sei.

»So geübt sind wir nicht«, sie drehte sich kurz zu Paul und lächelte ihn an. Etwas verlegen wandte sie sich wieder ihrer Gastgeberin zu. »Ich bin es gewohnt, mit Strohhalm zu trinken.« Sie wackelt etwas mit ihren Armen und blickt an sich herunter. »Außerdem habe ich Angst, das Kleid zu beschmutzen.«

»Das ist gar kein Problem.« Heidrun stand auf, nachdem sie Roberta gebeten hatte, sitzen zu bleiben. »Du hast heute frei.« Sie ging zu einer Schublade und griff hinein. Dann reichte sie dem Paar den Strohhalm.

»Strohhalme gab es damals nicht.« erinnerte sich Oma Selma etwas sentimental.

Heidrun stimmte ihr zu. »Wir mussten es lernen oder aus der Schnabeltasse trinken.« ihre Stimme war etwas ebenfalls etwas wehmütig.

Maria zuckte etwas zusammen. Sie drehte sich zu Paul und grinste ihn an. »Ab morgen üben wir das.«

Paul stand der Schweiß auf der Stirn. Er fand es schon sehr anstrengend, Maria ohne Unfälle zu füttern und Gabel oder Löffel richtig zum Mund zu führen. Irgendwie war ihm klar, dass das Führen einer Tasse noch sehr viel anspruchsvoller sein würde. Doch als er die leuchtenden Augen seiner Freundin sah, wusste er, dass er sich dieser Herausforderung stellen musste. Innerlich stöhnte er ein wenig.

Fasziniert blickte auch er zu Amelie und ihren Verlobten. Es war deutlich zu sehen, wie Amelie offensichtlich hilflos und ihrer Umgebung ausgeliefert war und diesen Zustand aber sichtlich genoss. Ebenso erkannte er, wie ihr Verlobter den Zustand seiner Freundin sichtlich genoss und sich an ihrer Hilflosigkeit ergötzte und sie teilweise sogar ein klein wenig demütigte. Doch stets zeigten ihre beiden leuchtenden Augen, wie sehr sie beide den Zustand genossen.


»Trägt Amelie ihren Handschuh eigentlich oft?« Sogar Oma Selma war von Amelie sehr fasziniert.

»Sie läuft fast den ganzen Tag damit rum.« Heidrun seufzte. »Ich habe schon lange damit aufgehört, sie davon abbringen zu wollen.«

»Es gefällt mir eben.« Amelies leuchtende Augen zeigten, wie wohl sie sich fühlte und dass die Versuche ihrer Mutter sie nicht berührten. Sie strahlte. »Leo und Inka helfen mir dabei.« Sie warf dem Grafen einen verliebten Blick zu. »Außerdem hast du so etwas früher auch getragen.«

Die Gräfin zuckte mit den Schultern. »Am liebsten würde sie ihn auch in der Uni tragen.« Sie hatte schon zu oft versucht, gegen die Fesselwünsche ihrer Tochter zu argumentieren, doch sie wusste, dass Amelie nicht davon abzubringen war. Im Gegenteil, ihre Tochter hatte sichtlich Freude daran, wenn ihre körperliche Freiheit eingeschränkt war.

Der Verlobte schob ein paar Erklärungen nach. »Amelie hatte sich gewünscht, die ganzen Semesterferien als Bondagette zu verbringen und wir haben ihr dies zum Geburtstag geschenkt.« Er gab seiner Verlobten einen Kuss. »Du hältst uns ganz schön auf Trab mit deinen Launen.« Seine Stimme klang vorwurfsvoll, doch sein Lächeln entlarvte ihn.

»Es war uns sehr wichtig, dass unsere Kinder sehr selbstbestimmt aufwachsen und nicht so streng erzogen wurden, wie es früher bei uns üblich war.« Heidrun berichtete von den zwei älteren Töchtern, die glücklich verheiratet waren und ein ganz normales Leben führten. »Nur Amelie ist etwas aus der Art geschlagen. Obwohl wir sie ebenfalls sehr liberal erzogen haben, wollte sie von Anfang an immer gefangen sein.«

»Ja,« lächelte Amelie, »Mutter war sehr liberal, ich musste teilweise darum kämpfen, die Fesseln tragen zu dürfen.« Sie legte ihren Kopf in den Nacken und schien kurz zu träumen. »Ich habe auf alten Fotos gesehen, wie meine Mutter ihren Handschuh trug und ich wollte dies immer auch so machen.«

»Ich habe sie oft beobachtet, wie sie mit ihren beiden Schwestern »Bondagette« gespielt hat. Es hat mir zwar etwas weh getan, aber ich habe sie stets spielen lassen.« Heidrun lächelte etwas verträumt. »Sie war unser Küken und wir haben sie verhätschelt und sind stets auf all ihre Wünsche eingegangen. »Als sie dann größer wurde, wurden ihre Spiele auch immer ernster.« Heidrun seufzte. »Und als ihre Veranlagung immer deutlicher wurde, haben wir ihr keine Steine in den Weg gelegt, sondern alles getan, um sie mit ihren Fesseln glücklich werden zu lassen.«

»Du hast Inka vergessen.« warf Amelie ein. »Sie ist die Tochter unseres Gärtners und meine beste Freundin.« Amelies Augen leuchteten, als sie ihr erzählte. »Wir haben schon zusammen im Sandkasten gespielt. Sie sorgt immer sehr gründlich für meine Fesselungen. Schade, dass sie heute nicht da ist.«

Leonhard lächelte ein wenig. »Sie haben sich im Laufe der Jahre ein richtiges Vertragswerk über die täglichen Restriktionen ausgehandelt.« Er gab seiner Verlobten einen Kuss. »Meine angehende Juristin.«

Amelie funkelte ihren Verlobten kurz böse an, dann wandte sie sich wieder ihren Gästen zu. »Inka sorgte immer dafür, dass der Fesselplan, den wir aufgestellt haben, auch stets eingehalten wird.«

»In neuerer Zeit dulden mich die beiden Damen,« erklärte Leonhard mit einem leichten Grinsen. »Gelegentlich darf ich auch für die richtigen Fesseln sorgen.«

»Heute hat Inka frei, weil Leo sich um mich kümmern kann.« Amelie gab ihm einen Kuß. »Sonst entscheidet Inka immer sehr selbstständig, welche Fesseln sie mir anlegt, manchmal auch gegen meinen Willen, das haben wir extra so ausgemacht, damals.« Sie bat ihren Verlobten um einen Schluck Kaffee. »Es hat mir immer so leid getan, dass Inka nur so ein spärliches Taschengeld bekam, während ich so viel Geld zur Verfügung habe, und dann hat Mutter mir den entscheidenden Tipp gegeben.«

Heidrun war etwas verwundert. Sie schien nicht zu wissen, was ihre Tochter meinte.

»Wr haben uns schon relativ früh ein Punktesystem ausgedacht. Jeder Gegenstand, den sie mir angelegt hat, hat ihr eine bestimmte Anzahl von Punkten eingebracht und gegen Ende der Woche wurde ihr das als zusätzliches Taschengeld ausgezahlt.« Amelies Stimme klang sehr schwärmerisch. »Auf diese Weise hatten wir beide sehr viel davon. Ich konnte meine Fesseln genießen und hatte zudem eine Möglichkeit, Inka Geld zukommen zu lassen, ohne dass es hochnäsig oder überheblich aussah.«

»Wie sieht denn das Punktesystem aus?« Maria zeigte großes Interesse am Leben der Grafentochter.

Amelie beschrieb ein recht komplexes Regelwerk, welches weder Paul noch Maria verstanden. Leonhard zuckte ebenfalls mit den Achseln. »So handeln angehende Juristen ihre Verträge aus.« Das brachte ihm einen bösen Blick seiner Verlobten ein.

»Wir haben sogar einen Vertrag gemacht.« Sie grinste. »Zwanzig Seiten. Ich zahle sozusagen für meine Fesselung.« Sie beschrieb, dass das Extragehalt für Inka von ihrem Konto abging.

»Wenn ich mich befreien kann, dann geht sie leer aus.« Amelie grinste. »Aber sie hat sehr schnell gelernt. Ich glaube, ich habe mich nur drei Mal befreien können, ganz am Anfang. Dadurch, dass sie hier auf dem Gut arbeitet, kann sie fast immer in meiner Nähe sein.« Sie stöhnte ein wenig. »Inka ist immer sehr kreativ, wenn es darum ging, mir das Alltagsleben schwer zu machen.«

Leonhard bestätigte. »Von ihr kann sogar ich noch was lernen.«

»Schade, dass sie heute nicht da ist.« Amelies Stimme klang sehr enttäuscht. »Ihr müßtest sie kennenlernen.«

Maria war schwer beeindruckt von dem Leben, welches die Grafentochter sich offenbar aufgebaut hatte.

»Aber natürlich gilt alles nur, sobald ich den Gutshof betrete.« Sie beschrieb wie sie sich immer sofort in das kleine Haus neben dem Eingang begab, wo Inka oft schon auf sie wartete oder Amelie wartete dort, bis die Gärtnerstochter mit ihrer Arbeit fertig war oder sie zumindest unterbrechen konnte. »Die Zeit des Wartens ist besonders aufregend. Nicht zu wissen, was auf mich zukommt und was sie für mich vorbereitet hat.« Sie strahlte. »Manchmal liegen seltsame Gegenstände auf dem Tisch und ich darf dann grübeln, was sie damit machen wird. Sie kann so grausam sein.« Ihr Grinsen strafte ihren letzten Satz als Lüge. »Sie ist zusammen mit dem Sohn des Handwerksmeisters. Oft basteln sie zusammen etwas, mit dem sie mir dann den Alltag schwer machen kann.«

»Und dann kam Leonhard«, sie gab ihrem Verlobten einen Kuß. »Es war Liebe auf den ersten Blick und er hat mich sofort und vollkommen verstanden.« Sie strahlte. »Er weiß genau was ich brauche und macht mich sehr glücklich.« Sie wackelte etwas mit ihren Armen. »Wann immer sich die Gelegenheit bietet, bin ich seine Gefangene.«

Graf Leonhard streichelte seinerseits zärtlich über die Arme seiner Verlobten.

»Erzähl doch mal, wie ihr euch kennengelernt habt.« Robertas Lächeln ließ ahnen, dass es ein außergewöhnliches Ereignis gewesen sein musste.

* * *

»Am Anfang war ich sehr sauer.« Amelies Stimme wurde ernst. »Ich sollte verkuppelt werden.« Sie warf einen erbosten Blick in Richtung ihrer Mutter.

Diese lächelte nur.

»Es würde ein Graf Reiziger auf unser Gut kommen. Er würde seinen Sohn mitbringen und ich sollte ihn mir einfach mal ansehen.« Amelies Stimme zeigte, dass sie noch heute über diese plumpe Art und Weise empört war.

»Ich habe mich mit Inka und Roberta beraten und wir waren uns sehr schnell einig, dass wir ihn verschrecken und vertreiben wollten.« Sie lächelte. »Ich habe mir diesen schrecklichen gelben Hosenanzug angezogen und Inka hat mir dann ein Riemengeschirr angelegt. Meine Arme waren auf den Rücken fixiert, und meine Beine hatte sie auch zusammengebunden. Um den Hals trug ich keinen Schmuck, sondern einen Ballknebel in Gelb. Ich sah schrecklich aus.«

Graf Leonhard strich ihr zärtlich durch das Gesicht. »Das fand ich gar nicht.« Er lächelte.

»Die Beiden hatten ganze Arbeit geleistet. Ich konnte meine Arme fast überhaupt nicht mehr bewegen und war nur zu Trippelschritten fähig.« Sie strahlte. »So zurecht gemacht betrat ich den großen Saal, wo meine Mutter mit dem Grafen und seinem Sohn schon wartete.«

»Im ersten Moment dachte ich, ich träume.« Leonhard Stimme ließ auch jetzt noch sehr viel von der damaligen Faszination hören. »ich wusste sofort, was ich tun musste.«

»Er kam wortlos auf mich zu.« Amelies Stimme wurde etwas leiser. »Er löste den Knebel vom Hals und schob ihn mir in den Mund. Ich war sprachlos, und das nicht nur wegen des Knebels. Ich war so verblüfft, dass ich mich überhaupt nicht wehrte.«

Leonhard grinste.

»Dann hat er noch ein paar Riemen des Geschirrs etwas enger gemacht, obwohl Inka sich schon sehr angestrengt hatte. Erst dann trat er wieder vor mich und begrüßte mich in aller Form.« Amelie strahlte. »Ich habe mich sofort in ihn verliebt.«

»Ich war von ihrem Auftreten ebenfalls sofort gefangen.« schwärmte Leonhard. »Sie hat mich mit ihrem Auftritt sofort »gefesselt.«

»Es hat sofort gefunkt zwischen uns beiden.« Amelie warf einen bedeutsamen Blick zu ihrer Mutter. »Am Anfang war ich ja sauer, aber dann...« Sie strahlte und versuchte ihrem Verlobten einen Kuss zu geben.

»Ja, ich gebe gern zu, dass ich mir das ganz anders vorgestellt hatte.« Jetzt war es an Heidrun, zu lachen. »Auch der Vater des Grafen war von deinem Auftritt sehr irritiert. Er ist sofort wieder abgereist. Mit seinem Sohn im Schlepptau..«

»Es folgte ein sehr langes Gespräch zwischen Vater und Sohn.« erklärte Leonhard amüsiert. »Aber am Ende hat auch er eingesehen, dass wir zwei für einander bestimmt sind.« Er küßte Amelie.

»Und jetzt steht bald eine Hochzeit an.« Es war Roberta anzuhören, dass sie sich über das Glück von Amelie sehr freute und dass sie einen kleinen Teil dazu beigetragen hatte.

Heidrun freute sich trotz allem auch über das Glück ihrer Tochter. »Sie möchte sogar als Bondagette heiraten, aber das wird unsere Verwandtschaft nie zulassen.«

Amelie spielte die Empörte. »Was ist denn so schlimm daran, wenn ich zum Kleid einen weißen Handschuh tragen will?«

Heidrun seufzte nur.

»Das wäre schon eine tolle Idee.« Leonhard schien von diesem Wunsch noch nichts zu wissen. »Ich werde mal darüber nachdenken, wie wir beide Seiten zufrieden stellen können. Schließlich möchte ich dir den Ring an den Finger stecken können.«

»Und ich möchte mit dem Mono zum Altar gehen.« Amelies klang sehr entschlossen.

»Und wenn man das so macht wie bei normalen Handschuhen? Also mit dem Fingerteil zum Abnehmen?« Paul erinnerte an einen der Handschuhe, den sie im Museum gesehen hatten.

»Ja, das haben wir doch auch in dem Film gesehen.« Maria berichtete von der romantischen Szene, bei der der Prinz seiner Katerina so den Ring an den Finger gesteckt hatte.

»Maria wird demnächst im Monohandschuh heiraten«, Er war hörbar stolz auf seine Freundin. »Auf dem Katerinenfest.«

Alle Blicke richteten sich auf Maria.

»Was ist denn das Katerinenfest?« Amelies Stimme klang sehr fasziniert.

Maria suchte den Blick von Oma Selma. »Mögen sie das erzählen? Sie können das so schön romantisch erzählen.«

Pauls Oma nahm noch einen Schluck Kaffee, dann begann sie von den damaligen Ereignissen zu berichten.

Amelie kuschelte sich in die Arme ihres Verlobten und lauschte den Worten, die von der so starken Liebe von Anselm zu seiner Geisel Katerina berichteten. »Das Fest wird alle sieben Jahre gefeiert und dieses Jahr sind Maria und Paul die Darsteller des Prinzenpaares.«

Amelie war mehr als fasziniert. »Und du darfst den Mono überall tragen?«

Maria begriff jetzt erst, was für ein Glück sie mit dem Fest hatte. »Ja, ich habe viele Termine, bei denen ich mit dem Handschuh erscheinen muss.«

»Wir waren so sogar beim Bürgermeister.« Paul war sichtlich stolz auf Maria.

»Ich muss ihn verstecken.« Amelie war auf einmal etwas wehmütig. »Ich kann ihn nur hier im Haus tragen.« Sie seufzte tief. »Es wäre schön, wenn ich ihn auch in der Öffentlichkeit tragen könnte. Aber dann könnte ich meine Karriere als Juristin vergessen. Wer würde eine Anwältin akzeptieren, die sich so unterdrücken läßt.«

Graf Leonhard protestierte. »Du wirst unterdrückt?« Er lachte. »Das wüßte ich aber.«

Er wandte sich an Paul. »Du musst sie streng kontrollieren, sonst tanzen sie dir auf der Nase herum.«

Paul lächelte höflich. Doch es war Amelie anzusehen, dass ihr Verlobter recht hatte.


Auf einmal ging die Tür auf und eine junge Dame in Amelies Alter betrat den Raum. Sie trug eine weiße Bluse zu einem schwarzen knielangen Rock und wäre damit problemlos als Chefsekretärin durchgegangen. Doch die Haltung ihrer Arme war das erstaunliche an ihrem Auftritt. Im Nacken war an einem sehr breiten Halsband aus Leder eine waagerechte Stange befestigt und an den Enden dieser Stange waren die Hände der Dame in Ledermanschetten befestigt. Beim Gehen klapperten die kleinen Vorhängeschlösser ein wenig, mit denen alle Schnallen verschlossen waren.

Hinter ihr betrat ein junger Mann das Zimmer, und dieser trug in seiner Hand eine zweite solche Stange, bei der allerdings die zwei Handmanschetten und das Halsband noch offen waren.

»Was machst du denn hier, Inka?« Amelie war überrascht. »Bist du nicht bei deiner Schulfreundin?«

»Meine Freundin hat kurzfristig abgesagt.« Doch auch Amelies Freundin Inka war überrascht und verlegen. »Ich wusste nicht, dass ihr Besuch habt.«

»Kommt, nehmt Platz.« Heidrun hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. »Es ist noch von allem was da.«

Doch Inka lehnte dankend ab. »Danke, das ist nett, doch ich bin im Moment etwas behindert.« Sie blickte einmal von ihrem linken Handgelenk zu ihrem rechten. Es war mehr als deutlich, dass sie so ihre Arme nicht mehr zum Mund führen konnte.

Obwohl Amelie wusste, dass es gegenüber ihren Gästen unhöflich war, stand sie auf und bewunderte ihre Freundin. »Was habt ihr denn da Feines gebastelt?« Sie hatte entdeckt, dass Sigmar, der Freund von Inka, noch eine zweite Stange in der Hand hielt und Amelie war es sofort klar, das diese für sie selbst bestimmt war. Ihre Augen leuchteten und ihre Arme zuckten nervös im Handschuh.

»Wir waren gestern im Kino und haben uns »Secretary« angesehen.« Inka grinste. »Du weißt, dieser sehr umstrittene Film. Und was soll ich sagen, ich fand ihn sehr inspirierend.«

Amelie blickte neugierig auf Inkas Arme. Ihr Kennerblick zeigte ihr, dass die Handgelenke an die Stange gefesselt waren und so dafür sorgten, dass ihre Arme nach beiden Seiten fast ganz ausgestreckt waren. Erst dann fiel Amelie die Kleidung auf, die Inka trug.

Es war sehr ungewöhnlich für die Gärtnerstochter, einmal Rock und Bluse zu tragen, meistens war sie nur in Jeans und T-Shirt oder ihrer Arbeitskleidung unterwegs. »Du siehst aus wie eine Chefsekretärin.« Amelies Augen leuchteten. »Hat das was mit dem Film zu tun?«

Inka bedankte sich für das Lob, dann holte sie einmal tief Luft und begann zu erklären. »Es ist die Eröffnungsszene, die mich sehr beeindruckt hat. Es wird gezeigt, wie die Heldin als besondere Sekretärin ihren Alltag meistert.« Inka blickte einmal an sich herunter. »So wie du mich jetzt siehst, arbeitete sie zu Beginn des Filmes. Das hat mich sehr beeindruckt.«

Inka beschrieb, wie die Heldin des Filmes, eine junge Frau, ein schon leeres Büro betrat. Sie trug eine schwarze Stange auf ihren Schultern wie den Querbalken eines Kreuzes. Mit ledernen Armbändern waren ihre Hände an den Enden gefesselt. Trotz der damit erzwungenen Behinderung ging sie damit den letzten Tätigkeiten des Tages nach. Sie schaltete die Schreibtischleuchte an, indem sie sich mit einer Hand hinunter beugte, während die andere Hand entsprechend unnütz in die Höhe gehoben wurde.

Sie trat hinter den Schreibtisch und legte ein paar Schriftstücke vor sich in den Hefter. Sie kniete nieder, betätigte den Hefter mit dem Kinn und fügte sie so mit einem durchdringenden Schlag zusammen. Sie stand wieder auf und drehte sich zur Schreibmaschine. Sie beugte sich herunter und holte die Schriftstücke mit dem Mund heraus. In der Küche machte sie noch einen Kaffee für ihren Chef zurecht und brachte ihm diesen zusammen mit den Schriftstücken.

»Ich habe gleich von Anfang an gewußt, dass das etwas für dich ist.« Inka strahlte. »Wir haben uns gleich noch gestern abend zusammengesetzt, haben die Stange nachgebaut und ausgiebig getestet.« Sie wurde etwas rot dabei.

Amelie lächelte hintergründig. Sie wusste von ihrer Freundin, dass sie im Bett sehr wild werden konnte und deswegen wurde jeder neue Gegenstand von ihr gerade dort getestet. Erst wenn er ihre Wildheit überstanden hatte, wagte es Inka, ihn ihrer Freundin zu präsentieren.

»Ich wollte sie jetzt eigentlich von dir bewerten lassen.« Inka blickte etwas verlegen auf die Kaffeetafel. »Aber ich wusste nicht, dass ihr Besuch habt.«

»Wir hätten nichts dagegen«, ließ Mrs. Potter hören. »Wir hätten auch ein kleines Anliegen.« Sie blickte kurz zu Maria. »Unsere Prinzessin würde auch gern noch etwas trainieren.«

»Würde das gehen?« Maria war sichtlich erfreut und überrascht zugleich. »Das wäre toll.«
170. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 22.02.14 17:20

Reparaturversuch
171. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 22.02.14 18:28

Zitat
Reparaturversuch


*Uhu reich*
172. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Neun

geschrieben von gag_coll am 22.02.14 21:59

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Neun
Autor: Karl Kollar

Heidrun hob die Tafel auf. »Dann gehst du dich umziehen und danach treffen wir uns zur Schloßführung. Dabei könnt ihr bewerten und trainieren.« Es war deutlich, dass sie sich nicht für die Launen ihrer Tochter interessierte, ihr diese aber auch nicht verbieten wollte. Sie nahm ein Tablett zur Hand und begann den Tisch abzuräumen. Nur mit Mühe konnte sie Roberta davon abhalten, ihr zu helfen. »Du möchtest dich bestimmt weiter mit Selma unterhalten.«

»Machst du mir bitte den Mono auf?« Amelies Augen strahlten. »Dann gehe ich mich mal umziehen und dann treffen wir uns wieder hier zur besonderen Schloßführung.«

Leonhard griff in eine seiner Taschen und holte einen kleinen Schlüssel heraus. Er schritt zu seiner Verlobten und nahm das Schloß ab, welches den Monohandschuh verschlossen hielt.

»Danke«, Amelie bedankte sich mit einem Kuss, dann drehte sie sich um und verliess den Raum.

Mrs. Potter wandte sich an ihren Paul. »Holst du bitte die Jacke? Sie ist in meiner Tasche.«

Paul stand auf und kam der Bitte nach. Er hatte sich schon gewundert, warum sie so eine große Tasche brauchte.

Im Gegensatz zu vorhin beim Anlegen des Monohandschuhs war Paul jetzt überhaupt nicht mehr nervös. Irgendwie hatte er Vertrauen gefunden zu der Situation, in der Maria und er sich im Moment befanden, auch wenn er noch keine Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Mit der gewohnten Routine befreite er Maria von dem Monohandschuh und half ihr gleich danach mit der Trainingsjacke. Dass Inka und Leonhard dabei zusahen, störte ihn nicht mehr.

Seine Oma war aufgestanden und auf sie zugekommen, als es darum ging, die Arme seiner Freundin in die Trainingsposition zu bewegen. Zu ihrer beider großen Überraschung erlaubte sie heute ein weiteres Loch, so dass Marias Arme etwas weiter nach oben gezogen wurde.

»Du bist ja sehr beweglich«, staunte Inka.

»Man könnte meinen, du wolltest einen Backprayer trainieren.« bemerkte Leonhard mit einigem Kennerblick.

»Wir nennen es das ´Gebet auf dem Rücken´«, Oma Selma lächelte. »Aber du hast recht, Maria trainiert es.«

»Sie wird es auf dem Fest tragen.« In Pauls stimme lag sehr viel Stolz. »Aber das ist in Landsbach noch ein großes Geheimnis.«

»Also da bin ich ja sehr neugierig darauf.« Amelie kam mit einem breiten Grinsen die Treppe herunter. »Wann findet das Fest statt?«

Heidrun blickte zu ihrer Tochter und wunderte sich. »Wie bist du denn aus dem Mono herausgekommen?«

»Tja«, Amelie grinste ein wenig verschlagen. »Lissi hat mir geholfen.«

Pauls Oma nannte den Termin des Katerinenfestes.

Amelie drehte sich zu Inkas Freund, der ihre Stange schon hochgehoben hatte. Es ging sehr schnell und kurz darauf waren Amelies Arme ebenfalls weit vom Körper abgespreizt und die Handgelenke waren an die Stange gefesselt. »Das war eine tolle Idee von dir.« Dann drehte sie sich vorsichtig zu ihren Gästen. »Da wären ein paar Sachen, die ich euch gern zeigen möchte.«

Sie keuchte etwas, als sie versuchte, mit den neuen noch sehr ungewohnten Restriktionen richtig umzugehen. Fast hätte sie eine Vase umgeworfen, als sie sich etwas zu schnell umdrehte.

Es war etwas besonderes für Amelie, dass ihr Besuch Verständnis für Bondage hatte und insbesondere, dass eine andere Bondagette zu Besuch war. Ebenfalls war es etwas besonderes, dass sie diesmal einen neuen Gegenstand zusammen mit Inka (er)tragen musste.


»Magst du mal deine Standuhr vorführen?« Heidrun nickte ihrer Tochter aufmunternd zu. Irgendwie schimmerte durch, dass Heidrun doch auch ein wenig stolz war auf ihre Tochter, die sich gegen sehr viel Widerstand ihren Traum verwirklicht hatte. Sie bat ihre Gäste zu der großen sehr imposanten Standuhr aus dunklem Holz, die zwischen den beiden großen gotischen Fenstern stand.

»Sie sieht doch aus,wie eine ganz normale Uhr.« Amelie grinste. Mit etwas Mühe griff sie zu dem Schlüssel, der vorn im Schloß steckte. Sie keuchte, als sie ihn drehen wollte und musste feststellen, dass es ihr mit der Stange nicht mehr möglich war. »Faszinierend.« strahlte sie, dann bat sie ihren Verlobten, die Tür zu öffnen.

Als die Tür aufklappte und Amelie mit einer theatralischen Geste auf den Inhalt deutete, traten Paul und Maria vor und erblickten sehr erstaunt das Innere der vorgeblichen Uhr. Ein Gewirr von Lederriemen auf einem Brett in menschlicher Form ließen keinen Zweifel daran, welchen eigentlichen Zweck der Uhrenkasten hatte.

»Darin war ich anfangs oft festgeschnallt.« Amelies Stimme klang etwas sentimental. »Zu Beginn nur, wenn keiner im Wohnzimmer war. Doch einmal ganz aus Versehen kam Besuch, während ich darin eingesperrt war.« Das Leuchten in ihren Augen zeigte, wie schön und aufregend diese Gefangenschaft für sie gewesen sein musste. »Mutter war sehr böse, als sie uns auf die Schliche gekommen war.«

»Ich hatte Amelie verboten, ihr Hobby auch im Erdgeschoß auszuleben.« Heidrun lächelte entspannt. »Entsprechend war ich sauer, als ich die Uhr und auch die Rüstung entdecken musste.«

Inka lächelte. »Sie waren aber nicht lange böse.« Sie erinnerte daran, dass Amelie einmal auch von ihrer Mutter in der Uhr festgeschnallt wurde, als ihre Freundin sich das ausgedacht hatte und kurzfristig verhindert war.

»Was für eine Rüstung?« Oma Selma war hellhörig geworden.

Amelie grinste hintergründig, dann klappte die Uhr wieder zu und mit einem noch etwas unbeholfenen Dreher ihres gesamten Körpers wandte sie sich zu Tür. »Folgt mir bitte zur Schlossbesichtigung. Es gäbe da einige Sachen, die ich euch gern zeigen möchte.«

Ihre Mutter seufzte nur und warf Pauls Oma einen vielsagenden Blick zu.

»Jetzt willst du schon wieder die Führung übernehmen.« Leonhard neckte sie. «Meine stolze Bondagette.«

Es war ein seltsamer Zug, der sich jetzt in Bewegung setzte. Leonhard hielt die Tür auf und schaute sehr fasziniert zu, wie die drei hilflosen Frauen den Raum verließen. Paul und die anderen gingen hinterher. Nur Inkas Freund Sigmar entschuldigte sich. »Ich muss zurück zur Arbeit.«


Sie betraten das Wohnzimmer und Oma Selma kam nicht umhin zu bemerken, dass sich dort so gut wie gar nichts verändert hatte. »Es sieht immer noch so aus wie früher.«

»Ich habe das Sofa immer gehasst.« Heidrun seufzte. »Auch wenn wir drei Töchter gut darauf sitzen konnten.«

Amelie bat Maria an das angesprochene Sofa. Sie zeigte, dass es hier drei Plätze für Monoarme gab. »Es sitzt sich sehr bequem.« Sie lächelte Maria ermutigend an. »Das musst du unbedingt noch ausprobieren.«

Inka war zu der großen Ritterrüstung gegangen und versuchte, an der Seite der Rüstung etwas zu öffnen. Doch sie stellte fest, dass sie beide Hände benötigte. Etwas verlegen bat sie Leonhard um Hilfe.

»Du möchtest deine Schandtat wirklich vorzeigen?« Leonhard versuchte, einen Tadel in seine Stimme zu legen, doch so richtig überzeugend war es nicht. »Die Rüstung habt ihr ruiniert.«

»Es sind doch noch so viele andere im Rittersaal und auf dem Dachboden.« Amelie wollte ihre Freundin in Schutz nehmen.

»Aber ihr hättet sie trotzdem nicht total zusammenschweißen müssen.« Er hatte endlich den seitlichen Verschluß geöffnet und konnte das vordere Teil aufklappen. »So kann sich kein Ritter mehr darin bewegen. Ihr habt alle Gelenke kaputt gemacht.« Wie schon bei der Standuhr waren auch hier jede Menge Riemen zu sehen, deren Zweck eindeutig war.

»Ich gebe ja zu, dass es ein Fehler war.« Amelie gab sich ein wenig zerknirscht. »Aber es waren ein paar aufregende Stunden.«

»Das war aber auch der letzte große Umbau.« Inka versuchte ebenfalls eine Entschuldigung. »Wir sind dann auch bald von der statistischen Fesselung übergegangen zu den dynamischen Fesselungen.« erklärte sie mit sehr viel Stolz in der Stimme.

Doch dann wurde sie von Heidrun unterbrochen. »Hallo? Ich wollte eine Führung machen für meine Selma.«

Die Mädchen zuckten schuldbewusst zusammen und Leonhard schloss die Rüstung wieder. Dann drehten sich alle zu Heidrun und hörten zu, was diese über die Räumlichkeiten zu berichten hatte.

Selma hörte sehr aufmerksam zu und freute sich insgeheim, dass sie insgesamt doch gute Arbeit gemacht hatte. Heidrun war eine stolze und selbstbewusste Schlossherrin geworden. Und was sie besonders auszeichnete, war der sehr tolerante und liebevolle Umgang mit den Leidenschaften ihrer Tochter.

Beim Hinausgehen fragte Oma Selma nach dem Unterschied zwischen ´statisch´ und ´dynamisch´.

»Das ist eigentlich ganz einfach.« Amelie hatte sehr viel Stolz in der Stimme. »´Statisch´ ist es immer dann, wenn ich irgendwo festgebunden oder angekettet bin und ich mich deswegen nicht frei bewegen kann.«

Sowohl Pauls Oma, er selbst als auch Maria spitzten in diesem Moment sehr die Ohren.

»Wenn ich mich aber vom Prinzip her im Schloß frei bewegen könnte, dann nennen wir das ´dynamisch´. Ich bin dann trotzdem sehr hilflos, weil meine Arme meistens weggefesselt sind.« Sie schaute fasziniert zu Inka, die mit ihrer Secretary-Stange ebenfalls sehr zu kämpfen hatte. »Das Stichwort ist ?nutzlose Bewegungsfreiheit?. Wie zum Beispiel die Arme im Mono, oder jetzt an der Stange. Ich kann sie noch etwas bewegen«, sie wackelte etwas mit ihren gespreizten Armen, »aber es nutzt mir nicht.«

»In die statischen fügt man sich einfach«, Inka teilte die Leidenschaft ihrer Freundin, »und genießt sie ? oder wartet die Zeit ab - , aber die dynamischen bleiben eben ständig Herausforderung und Schwierigkeit.«

»Daher mag ich die dynamischen Fesselungen viel mehr.« lachte Amelie.

»Mir sind die Statischen lieber.« lachte Heidrun. »Ich muss sonst immer fürchten, dass sie versehentlich auftaucht, wenn wir Besuch haben.« Sie öffnete die nächste Tür und betraten die große Küche. Lissi stellte gerade etwas Geschirr weg.

»Hier haben wir ausführlich modernisiert.« Sie zeigte auf den Elektroherd, die Mikrowelle und die Geschirrspülmaschine.«

»Es fällt aber fast überhaupt nicht auf.« Oma Selma war verwundert. »Ich hätte es vermutlich nicht bemerkt.«

Amelie wurde auf einmal rot. Wegen des bohrenden Blickes von ihrer Mutter gestand sie ihre Übeltat. »Der lange Küchenschrank.« Sie warf einen Blick auf die lange Tür. »Der stand mal leer. Inka hat mich da rein geschubst und einfach abgeschlossen.«

Heidrun wusste nicht, ob sie böse schauen sollte oder lächeln.

Inka musste lachen. »Die eigentlich Gemeinheit war, dass Amelie noch nicht gefrühstückt hatte und in der Küche schon gekocht wurde.«

Jetzt musste auch Heidrun lachen. »Das nenne ich ´Strafe auf den Fuß´.« Sie strich ihre Tochter über den Kopf. »Jetzt lasst uns nach oben gehen.«

Im Treppenhaus gab es für Oma Selma noch eine Überraschung. »Der alte Strafpranger.« Sie war erstaunt. »Den gibt es noch?« Sie erzählte, dass dieses Strafgerät aus dem Mittelalter die Dienstboten stets daran erinnern sollte, dass sie ihre Arbeit gut zu erledigen hatten. Mit etwas Wehmut dachte sie an den jungen und schneidigen Pferde-Knecht, der eine ganz eigene Art gehabt hatte, den Pranger zu benutzen. Darüber erzählte sie allerdings nichts. Aber es freute sie, an das damals so prickelnde Abenteuer erinnert zu werden.

»Ja, und böse Jugendliche lernten ihn auch kennen.« berichtete Heidrun mit ein klein wenig Bitterkeit in der Stimme. »Er wird heute nicht mehr genutzt. Er ist nicht mehr robust genug und würde sofort auseinander fallen. Außerdem gibt es heute viel subtilere Möglichkeiten der Bestrafung ungehorsamer Dienstboten und Kinder.« Sie grinste, als Amelie mit einem leisen Stöhnen antwortete.

»Gibt es eigentlich die Kapelle noch und den Rittersaal?« fragte Selma, als sie ein paar Stufen der Treppe hochgestiegen war.

»Aber natürlich«, antwortete Heidrun mit etwas Stolz in der Stimme, »aber ich dachte, die Juwelen schauen wir uns zum Schluss an.«

Paul wartete höflich, bis die Damen vor ihm die Treppe betreten hatten. Irgendwie hatte er das Gefühl, hinterher gehen zu müssen. Ein Detail fiel ihm noch auf, über welches er zusätzlich ins Grübeln kam.

Amelie und Inka schienen den gleichen sehr engen Rock zu tragen mit nur einem winzigen Unterschied. Bei Inka zeigte sich sehr deutlich ein langer Gehschlitz, während Amelies Rock ganz geschlossen war. Trotzdem kam die Grafentochter mit der Treppe deutlich besser zurück als ihre Freundin, die sich zusätzlich noch an dem Treppengeländer festhalten musste.

Inka keuchte ziemlich und schimpfte gelegentlich über ihre Idee, diese Stange ebenfalls tragen zu wollen. Amelie hingegen gab sich ziemlich amüsiert.

Als alle Gäste oben angekommen waren, drehte sich Heidrun zu ihnen um. »Ich denke, wir trennen uns jetzt. Amelie, du zeigst dein Reich und ich zeige Selma ihre Zimmer im Dachgeschoss.« Ihre Stimme klang ein wenig hastig. »Wir treffen uns dann wieder hier.«

»Das ist schon etwas seltsam,« wunderte sich Amelie, als sie ihre Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte, »Sie war schon lange nicht mehr in meiner Wohnung.«

»Ich glaube, es erinnert sie zu sehr an ihre eigene Kindheit.« Leonhard strich ihr über den Kopf. »Im Gegensatz zu dir hat sie unter den Erziehungsmaßnahmen ziemlich gelitten.«

Die Wohnung war im Vergleich zu den restlichen Zimmern im Schloss eher klein und gemütlich, fast eng. Die beiden Secretary-Mädchen hatten fast etwas Schwierigkeiten, mit ihren gespreizten Armen durch die Türen zu kommen.

»Das Demütigungspotential ist sehr hoch.« Ein Schwärmen lag in ihrer Stimme. »Das ist die beste Idee seit langem.«

Die Wohnung sah auf den ersten Blick hin ganz normal aus. Aber wenn man genauer hinsah, fielen einem doch die vielen Ösen und Haken auf, die überall an unauffälligen Stellen angebracht waren. Zumindest Paul bekam eine Gänsehaut, als er über den Zweck dieser Vorrichtungen nachdachte.

»Ich wollte euch als erstes mein Bett zeigen.« Amelie strahlte. »Im Moment schlafe so gut wie jede Nacht festgebunden. Nur wenn am nächsten Tag eine Prüfung in der Uni ansteht, machen wir eine Ausnahme.«

Sie öffnete eine Tür und bat ihre Besucher herein. Doch dann wurde sie rot. »Oh nein«, ihr Blick suchte ihren Verlobten. »Ich dachte, du hättest aufgeräumt.«

Beide waren verlegen. Das Bett war noch nicht gemacht und darauf lagen jene Menge Seile und Lederriemen, sowie auch ein paar Knebel.

Leonhard blickte sich kurz um. »Einen Augenblick bitte.« Er trat an die kleine Kommode und zog die oberste Schublade auf. Er sammelte alle Lederriemen vom Bett auf und legte sie ordentlich in die Lade.

Es war Amelie anzusehen, dass sie sich wegen der Unordnung schämte und solche Details über ihr Liebesleben lieber verborgen hätte. Doch jetzt musste sie sich den Offenbarungen stellen.

Die Seile, die ebenfalls auf dem Bett lagen, wickelte Leonhard auf und legte sie in die zweite Schublade. »Holst du mal ein Handtuch?« bat er seine Verlobte.

Amelie seufzte, dann drehte sie sich langsam um und mit sehr viel Mühe schaffte sie es, die Tür zum Bad zu öffnen.

Paul wollte ihr hinterher gehen, um etwas zu helfen, doch er wurde von Leonhard zurückgehalten. »Ich mag es, wenn sie sich so abmühen muss.«

Als er alle Seile weggeräumt hatte, warf er einen bedeutsamen Blick zwischen Paul und Maria hin und her, dann ging er wieder zum Kopfende des Bettes und zog die zweite Schublade des Nachtkästchens auf. Zum Vorschein kamen noch ein paar weitere Knebel. Die roten Bälle leuchteten deutlich zwischen den schwarzen Lederriemen, deren große Anzahl vermuten ließ, dass es fast alles Kopfgeschirre sein mussten.

Aus dem Bad waren einige Flüche zu hören und öfters klappte eine Schranktür.

Als Amelie schließlich aus dem Bad zurückkam, sah sie einfach hinreißend aus. Ihr Kopf war ziemlich rot und sie keuchte etwas. In ihrer Hand hielt sie ein noch zusammengelegtes Handtuch. »Bitte entschuldige, dass es so lange gedauert hat, ich hatte Probleme, die Schranktür zu öffnen.« Sie trippelte zu ihm hin und hielt ihm das Handtuch entgegen. »Wann läßt du endlich diese blöde Feder reparieren. Die Klappe fällt immer wieder herunter, wenn ich sie loslasse.«

»Oh entschuldige bitte, daran hatte ich nicht gedacht.« Es war zu sehen, dass er es ehrlich meinte. Er nahm seine Freundin in den Arm und tröstete sie. »Du bekommst heute Nacht eine Entschädigung.«

»Es geht ja wieder.« Amelie blickte ihn frech an. »Außerdem hat es mir gefallen, so kämpfen zu müssen.«

Für einen kurzen Moment schaute Leonhard sehr verdattert und wurde ein klein wenig rot. Er hatte begriffen, dass seine Verlobte ihn ausgetrickst hatte. Doch dann ging ein Grinsen über sein Gesicht. Er legte das Handtuch auf das Bett und drehte sich zu ihr. »Deine Knebel magst du ja stets selbst sauber machen.«

Von Inka war ein Prusten zu hören, was ihr einen bösen Blick ihrer Freundin einbrachte.

Es nutzte Amelie nichts, auf ihren aktuellen Zustand zu verweisen.

»Du schaffst das schon.« Leonhard genoss das Leiden seiner Freundin sichtlich. »Und beeil dich. Wir wollen uns doch die anderen Räume auch noch ansehen.«

Amelie realisierte, dass ihr keine andere Wahl blieb. Sie blickte noch einmal auf das Bett, dann jeweils einmal auf ihre linke und rechte Hand, dann schien sie einen Plan gefasst zu haben. Sie trat an das Bett und beugte sich mit dem Oberkörper herunter. Sie entfaltete das Handtuch mit einer Hand, während die andere Hand bedingt durch die Stange einige unsinnige Bewegungen mitmachen musste.

Paul spürte, dass Maria sich deutlich an ihn schmiegte. Sie schien von dem Spiel, welches Leonhard und Amelie spielten, sichtlich beeindruckt zu sein.

Mit ihrer Hand griff Amelie jetzt nacheinander zu den drei Knebeln, legte sie auf das Handtuch und deckte sie mit dem Handtuch zu. Jetzt konnte sie mit einer Hand nach den Kugeln tasten und sie jeweils so sauber wischen, wie sie es für nötig hielt. Ein leises Stöhnen war dabei von ihr zu hören.

Auch Inka schien sich ein wenig auf die Lippen zu beißen.

Schließlich hatte Amelie ihre Knebel gesäubert und eben so mühsam in die Schublade geräumt. Mit einem weiteren Seufzer schob sie die Schublade zu und blickte ihren Verlobten dann verlegen, aber auch glücklich an.

»Das hast du sehr gut gemacht.« Er konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. »Jetzt bring bitte noch das Handtuch weg. Ich mache unterdessen die Betten.«

Wieder trippelte Amelie sehr mühsam ins Bad und kam gleich darauf zurück. Leonhard war noch dabei, die Betten aufzuschütteln. Sie wartete ab, bis er fertig war, dann wandte sie sich wieder zu ihren Gästen. »Ich wollte euch noch ein spezielles Kleid zeigen und eure Meinung dazu hören.«

Sie ging zu einer Tür und öffnete sie. »Kommt herein. Dies ist mein Ankleidezimmer.«

Die Gruppe betrat das Zimmer, welches fast genauso groß war wie das Schlafzimmer. An zwei Seiten des Raumes standen Kleiderschränke, während am Ende des Raumes noch ein kleiner Glasschrank stand. Amelie war gerade dabei, einen Vorhang vor diesen Schrank zu ziehen. Dennoch glaubte Paul in diesem Schrank zwei Keuschheitsgürtel entdeckt zu haben.

Amelie war etwas rot im Gesicht, als sie sich einer Schranktür zuwandte. Sie versuchte, den Schrank zu öffnen, doch dann drehte sie sich zu ihrem Verlobten. »Machst du mir mal den Schrank auf, ich möchte das Kleid der Großtante zeigen.«

Doch Leonhard verweigerte seine Hilfe. »Komm, du hast es noch überhaupt nicht probiert.«

Amelie blickte noch einmal auf ihre ausgestreckten und an der Stange fixierten Arme, als wollte sie sagen ?Schau mich doch an, ich kann es nicht?, doch dann seufzte sie und trat wieder vor den Schrank. Sehr mühsam schloss sie auf und konnte die Tür aufklappen.

»Siehst du«, Leonhard trat zu ihr und streichelte ihr über den Kopf, »es war doch ganz einfach.«

Amelie funkelte ihren Verlobten böse an, dann lächelte sie und griff in den Schrank. Sie holte ein Kleid aus dem Schrank und hielt es hoch. »Das Kleid gehörte einer Großtante von mir. Sie hat es mir vermacht mit dem Wunsch, dass es wieder einmal getragen wird.« Sie reichte Leonhard das Kleid und bat ihn, es hoch zu halten. »Aber ich habe es bisher nie tragen können.«

Zwei Sachen fielen besonders auf dem Kleid. Zum einen war es die sehr schmale Taille, die sicher das Tragen eines strengen Korsetts nötig machte. Doch viel erstaunlicher war es, dass das hochgeschlossene Kleid keine Ärmel hatte.

»Ich weiß irgend wie nicht, wie man das tragen soll?« Amelies Stimme zeigte ihre Ratlosigkeit. »Das Oberteil hat keine Öffungen für die Arme, so als ob ich meinen Mono tragen würde. Doch wegen der engen Taille kann das ja gar nicht gehen.«

Leonhard bat Maria, sich einmal langsam um die eigene Achse zu drehen. Er blickte dabei sehr nachdenklich auf ihren Oberkörper und ihre korsettierte Taille. Auf einmal hatte er die Lösung. »Das ist ein Kleid für einen Backprayer und ein strenges Korsett.«

Amelie blickte ihn ungläubig an.

»Wenn du erlaubst, würde ich gern mal etwas ausprobieren.« Leonhard hatte sich an Maria gewandt.

Es war ihrem Blick anzusehen, dass sie noch nicht ahnte, was der Graf vor hatte. Sie nickte.

»Ich glaube, dass könnte dir passen.« Er nahm das Kleid vom Bügel und öffnete es. Dann trat er damit auf Maria zu und streifte es ihr über ihren Körper.

»Siehst du«, er wandte sich an seine Verlobte. »Wenn das Korsett von Maria noch ein klein wenig strenger geschnürt wäre, dann könnte das Kleid in der Taille geschlossen werden.«

Maris stöhnte leicht.

»Wenn die Arme nebeneinander liegen würde und nicht überkreuzt, dann könnte auch das Oberteil geschlossen werden.« Er hielt die beiden Seiten des Kleides aneinander, dann drehte er sich zu Amelie. »Deine Tante hat einen Backprayer tragen können?«

Amelie schluckte und blickte sehr intensiv auf Marias Gestalt. »Und eine sehr schmale Taille hatte sie auch.«

»Tja, da müßtest du noch ordentlich trainieren.« Leonhard half Maria, das Kleid wieder abzulegen, dann hängte er es wieder auf den Bügel und reichte es seiner Verlobten.

Amelie war etwas verlegen. »Ich glaube, wir gehen jetzt ins Wohnzimmer.« Sie hängte das Kleid wieder zurück in den Schrank, dann schloss sie mühsam den Schrank.

»Jetzt hast du dir eine Pause verdient.« Leonhard streichelte seiner Verlobten sehr liebevoll über den Kopf. »Macht es euch gemütlich, ich kümmere mich um die Getränke.«

»Kommt mit, ich zeige euch den Weg.« Sie schien einiges Interesse daran zu haben, ihren Besuch aus dem Schlafzimmer zu bekommen. Irgendwie entstand der Eindruck, als gäbe es noch mehr Geheimnisse zu entdecken.
173. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 22.02.14 22:49

Da hat Maria eine gleich gesinnte das kann ja noch lustig werden .
174. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.02.14 08:23

Zitat
Da hat Maria eine gleich gesinnte das kann ja noch lustig werden .


Ich möchte das noch pointierter formulieren: Maria hat jetzt ein Vorbild. Immerhin macht es Amelie aus eigenem Antrieb ohne Zwänge.
175. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 23.02.14 09:18

Toll wieder einmal ein Frühstück mit Maria !
Ich denke Maria hat nicht nur ein Vorbild gefunden , sie ist auch selber eins .
Sollte jetzt noch Doris und Partner dazu kommen währe der Austausch zwischen den
Paaren schon bald eine eigene Story wert .
Ein dummer Lesefehler meiner seitz brachte mich auf einen dummen Gedanken .
Aus der Standuhr wurde bei mir eine Sanduhr . Sub steht in so einer Kiste und dann
rieselt Sand ein , das währe dann ein Gefühl wie stehend eingegraben .
noch einmal Dank für die schöne Fortsetzung und noch einen schönen Sonntag .

.
176. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 23.02.14 19:18

Hallo cag_coll.

Boah, was für tolle Fortsetzungen. Super, was du dir da wieder ausgedacht hast. Macht echt Laune auf mehr zu warten (Hoffentlich bald).

Hmm, bin ja mal gespannt, wie das mit Amelie, Inka und Maria weitergeht. Ob die mit Doris vielleicht bei dem Katerinen fest als Marias Dienstmädchen mitmachen?
Und Sie könnten im allgemeinen ja gute Freunde werden, weil sie sich ja derzeit schon gut verstehen.

Naja, mal abwarten, was du daraus bastelst (hoffentlich bald).



Mfg Rainman
177. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.02.14 19:21

Zitat
Sollte jetzt noch Doris und Partner dazu kommen währe der Austausch zwischen den
Paaren schon bald eine eigene Story wert.
Warts ab
Zitat

Ein dummer Lesefehler meiner seitz brachte mich auf einen dummen Gedanken.
Aus der Standuhr wurde bei mir eine Sanduhr. Sub steht in so einer Kiste und dann
rieselt Sand ein, das währe dann ein Gefühl wie stehend eingegraben.
Also Maria wid für diese Idee weder Lust noch Zeit haben (zumindest bis zum Katerinenfest). ABER Ich könnte mir gut vorstellen, dass Amelie von dieser Idee mehr als begeistert sein wird.
Zitat
noch einmal Dank für die schöne Fortsetzung und noch einen schönen Sonntag.
Immer wieder gern.
178. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Zehn

geschrieben von gag_coll am 23.02.14 19:29

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Zehn
Autor: Karl Kollar

Im Wohnzimmer war zu sehen, dass das Sofa, jeder Sessel und jeder Stuhl die Monohandschuh-taugliche Rückenlehne hatte. »Wir bekommen manchmal Bondagetten-Besuch, und dann ist es praktischer, wenn ich mich überall hinsetzen kann.« Amelie strahlte, als sie ihr Reich erklärte.

Doch das Erstaunlichste war das Sofa. »Diese Vertiefung im Boden gab es schon immer.«

Paul und Maria sahen, dass es im Boden eine rechteckige Vertiefung gab, ca. einen halben Meter tief. Darauf stand das Sofa so, dass die vielen dünnen Beine des Sofas eine Art Käfig bildeten.

»Als ich zusammen mit Inka das Wohnzimmer eingerichtet habe, war uns sofort klar, was mit der Vertiefung zu machen war: Dort würde es einen Käfig geben und das "Dach" des Käfigs wäre die Sitzfläche des Sofas.«

Paul und Maria waren sichtlich beeindruckt.

»Nehmt Platz.« Leonhard fragte nach den Getränkewünschen.

»Meine Besucherinnen sind immer sehr versessen, in den Käfig zu dürfen.« Ihre Stimme zeigte ihre Belustigung darüber. »Ich selbst war schon lange nicht mehr in dem Käfig.«

Beim Hinausgehen nannte Leonhard den Namen »Rosaleen«.

Die beiden Mädchen kicherten. Doch dann richteten sich ihre Blicke auf Maria.

Diese bemerkte erst nach einiger Zeit, was von ihr erwartet wurde. Sie blickte erschrocken zu Paul. »Nein, ich möchte da nicht hinein.«

»Der Boden ist weich gepolstert.« Amelie versuchte noch etwas Werbung für das ungewöhnliche Möbel. »Und wir reichen dir auch die Getränke herein.«

Maria lehnte dankend ab. Sehr zu ihrer Erleichterung kam Leonhard schon mit einem beladenen Tablett zurück und verteilte die Getränke. Für Maria und Inka gab es Strohhalme in den Gläsern.

Amelie trank aus dem Glas, welches Leonhard für sie in der Hand hielt.

Sowohl Paul als auch Maria waren sehr davon fasziniert, wie Amelie ihr Leben in Fesseln organisiert hatte und wie sehr sie den Umgang mit den Einschränkungen gewöhnt war.

»Es ist toll, wie gut du die Arme schon tragen kannst.« Leonhard zeigte ehrliche Bewunderung.

Maria bedankte sich etwas schüchtern.

»Wie lange darfst du sie denn so tragen?« fragte Amelie mehr aus Neugier.

»Ich weiß es nicht.« Maria war etwas verlegen. »Pauls Oma passt dann eigentlich immer auf mich auf.«

»Ich gehe sie mal fragen.« Er schien sich ernsthaft Gedanken zu machen über das Wohl von Amelies Gästen. Er stand auf und verließ das Wohnzimmer.

Amelie war etwas verlegen, als sie mit ihren Gästen allein war. Sie hatte die vielen kleinen Demütigungen im Schlafzimmer sehr genossen, jetzt wusste sie nicht so recht, was sie sagen sollte.

»Du schläfst auch jede Nacht in Fesseln?« Maria stellte ihre Frage in die Stille hinein. »Freiwillig?«

»Ja.« Amelie strahlte. »Und ich genieße es sehr.«

Maria wurde nachdenklich. Sie schien mit sich zu kämpfen.

Paul ahnte, was sie bewegte. Auch Maria verbrachte seltenst eine Nacht in Freiheit.

»Mittlerweile schaffe ich es sogar, im Hogtie zu schlafen.« Amelie strahlte.

Paul und Maria schauten verständnislos, wagten in diesem Moment aber nicht nachzufragen.


»Bis zum Abendessen.« Leonhard betrat wieder das Wohnzimmer und kam zu der kleinen Sitzgruppe. Er blickte Maria ernst an. »Aber nur, wenn du sofort Bescheid sagst, wenn du es nicht mehr aushältst. Versprochen?«

Marias Blick zeigte, dass sie irgendwie Respekt vor Leonhard hatte. »Versprochen.« Ihre Stimme zitterte ein kleines Bisschen.

Leonhard blieb neben dem Sofa stehen und wandte sich an seine Verlobte. »Deine Mutter fragt, ob du die Gäste durch den Schlosspark führen könntest? Sie möchte das Abendessen vorbereiten.«

Amelie zuckte mit den Armen, die jedoch von der Stange gut festgehalten wurde. »Mit dem Mono würde ich das lieber machen.«

»Naja, das können wir ja ändern.« Leonhard grinste. » Daran soll es nicht scheitern.«

Amelie beugte einen ihrer Arme nach unten und versuchte mit der Hand auf die Sitzfläche zu drücken. Nach einigem Keuchen schaffte sie es schließlich aufzustehen. »Ha! Die Stange ist gut, damit kann ich selbst aufstehen.« Amelie beschrieb, dass sie sonst mit dem Mono nicht aufstehen konnte. »Nur wenn ich mich herunter rolle, aber das mache ich nur, wenn ich allein bin.«

Paul und Maria blickten etwas ratlos.

»Mit dem Mono kann ich mich nicht abstützen.« erklärte sie, als sie die fragenden Blicke ihrer Gäste sah. »Kommt, ich möchte euch noch den Rest meines Paradieses zeigen.«

Maria stellte verblüfft fest, dass sie sich wirklich nicht aus dem Sofa erheben konnte. Erst als Paul ihr zu Hilfe kam, konnte sie aus der tiefen Position aufstehen. »Faszinierend.« murmelte sie mehr zu sich selbst.

Amelie war schon zur Tür gegangen und hielt sie erwartungsvoll auf. Dann wartete sie, bis ihre Gäste bereit waren.

Sie ging ein paar Schritte in dem Flur und öffnete etwas mühsam die Tür. »Diese Stange ist genial.« sagte sie mehr zu sich selbst, dann wandte sie den Blick zu ihren Gästen. »Das hier ist das normale Gästezimmer. Hier schlafe ich immer in den Nächten vor den Prüfungen.«

Paul und Maria blickten aufmerksam in den Raum, der genau so aussah, wie man sich ein Gästezimmer vorstellen würde. Ein großes Doppelbett, eine Schrankwand, Kommode, großer Spiegel sowie eine kleine Sitzecke waren die Ausstattung.

Im Treppenhaus vor der Wohnungstür waren Stimmen zu hören. Gleich darauf klopfte es. »Kommt ihr?« war Amelies Mutter zu hören.

»Nur noch ein Zimmer«, rief Amelie als Antwort, dann drehte sie sich zu ihren Gästen. »Das Beste kommt zum Schluß.« Etwas theatralisch öffnete sie noch eine Tür und trat ein.

»Das ist das Gästezimmer für Bondagetten.«, erklärte sie, als ihre Gäste das Zimmer betreten hatten. »Ihr müßt mich unbedingt mal für länger besuchen, dann werdet ihr hier schlafen.« Ihre Stimme war etwas hastig.

Das Bett ließ auf den ersten Blick erkennen, wie die Bondagette die Nacht verbringen würde. Vier Ledermanschetten lagen dekorativ auf der Tagesdecke und ließen kleinen Zweifel daran, dass die Arme und Beine der Schläferin keine Bewegungsfreiheit mehr haben würden.

»Die Manschetten sind mit einer Uhr gekoppelt.« Amelie drückte etwas mühsam auf einen Knopf am Kopfende des Bettes. Ein Surren war zu hören und gleich darauf war zu sehen, wie die Manschetten langsam in Richtung der Bettpfosten gezogen wurde. Amelie drückte wieder auf den Knopf und grinste. »Das ist natürlich nur eine von vielen Möglichkeiten, hier zu übernachten.«

Wieder war von draußen ein Klopfen an der Tür zu hören.

»Ja, wir kommen ja gleich.« Amelies Stimme klang genervt. Sie ging zu einer großen Holzfigur. »Dies hier ist unsere hölzerne Jungfrau.« Mit hastiger Stimme beschrieb sie, wie sie einmal im Museum eine dieser Folterwerkzeuge in Form der eisernen Jungfrau gesehen hatte. »Das hat mich nicht mehr losgelassen.« Sie zog die Tür der Figur auf und ließ ihre Besucher in das innere blicken.

Paul hatte Maria den Arm um die Schulter gelegt. Mit etwas Gänsehaut blickten beide in die seltsame Figur, deren Innenleben sich auch wieder durch jede Menge Lederriemen auszeichnete.

»Ich liebe es, darin eine Nacht zu verbringen.« Ihre Stimme schwärmte. »Erst ziehst du dich aus, dann stellst du dich in die Figur und wartest. Inka schnallt dich dann Riemen für Riemen darin fest, bis du dich gar nicht mehr bewegen kannst.« Sie zeigte auf ein paar längliche gummierte Zapfen an den Türen, die vermutlich auf Höhe der Brust und des Schrittes der Eingeschlossenen sein würden.

»Diese Stangen könnten von außen gesteuert werden. Sie vibrieren und drehen sich, um dir süße Qualen zu bereiten.«

Sie trat einen Schritt zurück. »Und dann macht sie erst die eine, dann die anderen Tür zu.« Während sie dies sagte, klappte sie sehr theatralisch die beiden Türen zu. »Das letzte, was du hörst, ist der Riegel vorn an der Tür. «

Das nachfolgende »Klick« des Riegels traf auf eine atemlose Stille.

Nach diesem Auftritt keuchte Amelie etwas. Doch auch an Paul und Maria war diese Vorführung nicht spurlos vorbei gegangen. Maria hatte sich sehr an Paul angeschmiegt und auch Paul schien irgendwo in Gedanken zu sein.

Beim Hinausgehen öffnete sie noch eine Tür des Schrankes. »Natürlich gibt es noch ausreichend Zubehör für eine aufregende Nacht.«

Maria verzichtete auf den Blick in den Schrank. Sie war mit etwas ganz anderem beschäftigt. Indirekt hatte Amelie sie als eine Bondagette bezeichnet. War sie wirklich eine? Sie blickte nachdenklich zu ihrem Freund, der seinen Arm noch um sie gelegt hatte.

Aber auch Paul war es recht, aus diesem etwas unheimlichen Zimmer wieder hinaus zu kommen. Er hatte sich ebenfalls nicht so richtig getraut sich umzusehen. Er hatte Maria bisher immer etwas bemitleidet, weil sie so einen strengen, wenn auch faszinierenden Alltag hatte. Doch stets hatte Maria erklärt, dass sie keine Wahl hätte und es so machen müßte. Doch im Vergleich dazu schien Amelie all dies freiwillig zu machen. Im Gegenteil, viele ihre Quälereien hatte sie sich selbst ausgedacht und war auch noch sehr stolz darauf.


Beim Gang durch den Korridor machte Amelie noch ein paar der vielen Türen auf. »Hier ist die Küche. Aber da mache ich selten etwas, weil Leonhard sehr gut kochen kann.« Sie gab ihm einen Kuss. »Und außerdem kann ich mich meistens ohnehin nur wenig bewegen.«

Sie ging weiter. »Hier ist unser Badezimmer.« Sie öffnete die Tür. »Einer der Schränke darin ist kaputt.« Sie warf noch einmal einen vorwurfsvollen Blick zu ihrem Verlobten.

Leonhard gab sich übertrieben schuldbewusst. »Meine arme kleine Bondagette. Das hatte ich wirklich nicht gewollt.« Er streichelte ihr über die ausgestreckten Arme. »Heute Nacht bekommst du wirklich eine Entschädigung.« Jetzt gab er ihr einen Kuss. Dann ging er zur Wohnungstür und öffnete sie.

»Na da seid ihr ja endlich.« Heidrun Stimme war etwas ungeduldig. »Hast du deine Räuberhöhle vorgeführt?«

Amelie verdrehte nur die Augen.

»Folgt mir bitte zum Rittersaal.« Heindrun ging zur Treppe und schritt hinab.


»Hier haben wir überhaupt nichts verändert.« Heindrun Stimme klang sehr stolz, als sie die Tür zum großen Rittersaal öffnete, dann ließ sie ihre Besucher eintreten. »Wir nutzen ihn aber auch nur selten.«

Paul und Maria sahen sich um. Der Saal erstreckte sich über zwei Stockwerke und bot sicher genügend Platz für eine Festgesellschaft von hundert Personen. Alles war so eingerichtet, wie man sich rückblickend wohl das Mittelalter vorgestellt hatte. Besonders ins Auge fielen natürlich die glänzenden Ritterrüstungen, die zusammen mit den ausgestellten Waffen dem Saal wirklich sehr viel Atmosphäre gaben.

»Diese Rüstungen habt ihr zum Glück in Ruhe gelassen.« bemerkte Leonhard mit einem Lächeln in der Stimme.

»Aber es war toll, wie wir hier meinen Geburtstag gefeiert habe.« Amelies Stimme strahlte.

Leonhard schien sich auch zu erinnern. »Naja, du hast ja auch ein schönes Motto ausgegeben. ´Fesselndes Mittelalter´.«

Oma Selma war verblüfft. »Ihr habt was?«

Leonhard beschrieb, wie Amelie den Bondage-Zirkel zu ihrer zweiten Geburtstagsfeier eingeladen hatte.

»Ich hatte die Devise ausgegeben: ´Alles kann, Knebel muss´.« Amelie strahlte. »Und meine Mädchen haben es sehr genossen.«

Leonhard lachte. »So ruhig war es schon lange nicht mehr auf einer Geburtstagsfeier.«

Heidrun schien es unangenehm zu werden. Sie ging zu einer anderen Tür. »Folgt mir bitte jetzt in unsere Hauskapelle.«


»Die Kapelle stammt aus dem 15ten Jahrhundert und ist weitgehend unverändert.« Heidrun sprach leise, um die andächtige Stille nicht zu stören. »Sie wird manchmal von der Kirchengemeinde hier im Ort für Hochzeiten oder Taufen genutzt.«

Oma Selma war sichtlich gerührt. »Ich freue mich, das alles noch mal sehen zu können.« Sie sprach ebenso leise.


Als die Kapelle verließen, wandte Maria sich an Pauls Oma. »Ich glaube, jetzt fängt es an, jetzt weh zu tun.« Sie zuckte etwas mit den Armen. »Dürfte ich wohl wieder in den Handschuh?« Es war ihr anzuhören, dass sie es gern noch etwas länger ausgehalten hätte, doch die Stimme der Vernunft war deutlich.

Amelie griff es auf. »Oh ja, ich würde auch gern wechseln.« Sie blickte zwischen Inka und Leonhard hin und her.

Leonhard zuckte mit den Achseln und grinste etwas. »Ich habe dich da nicht eingeschlossen.«

Beide Blicke richteten sich auf Inka.

Diese war im ersten Moment etwas verlegen. »Ich glaube, Sigmar hat die Schlüssel.« Sie schien zu überlegen. »Nein, die müßten noch auf meinem Tisch liegen.«

»Könnt ihr euch wieder gegenseitig befreien?« Er lächelte amüsiert.

Amelie und Inka blickten sich kurz an. »Ja, das müßte gehen.« Es schimmerte durch, dass sie dies wohl nicht zum ersten Mal machten. »Und du hilfst mir dann in den Mono.« bat Amelie ihre Freundin.

»Dann treffen wir uns wieder hier in einer Viertelstunde.« gab Leonhard vor.

Paul trat zu Maria und befreite sie von der Jacke.


Als die beiden Mädchen verschwunden waren, kam Leonhard mit einem hintergründigen Lächeln auf Maria zu. »Amelie hat sich eine Regel ausgedacht, nachdem sie auch einen Knebel tragen muss, wenn ein weiblicher Gast einen Knebel trägt.« Er blickte Maria fragend an.

Es dämmert Maria erst nach einiger Zeit, dass sie für Amelie mehr oder weniger den Lockvogel spielen sollte. Sie wollte ehrlich sein. »Ich trage die Knebel ungern, weil dann mein Mund immer so weit offen steht. Und das tut nach einiger Zeit weh.«

Leonhard lächelte liebevoll. »Ich glaube, da habe ich was für dich.« Er ging in Richtung des Treppenhauses. »Kommt bitte mit.«

Er führte seine Besucher in das Gästezimmer für Bondagetten und zog dort eine Schublade auf. Er reichte Maria etwas. »Das ist ein Muzzle-Knebel.« Er zeigte ihr die Besonderheit. »Der Ball sitzt ganz in deinem Mund und du kannst hier deinen Mund fast ganz zu machen.« Er reichte Maria den Knebel. »Überlege es dir. Ich möchte dich zu nichts drängen.«

Er drehte sich zu Paul. »Eigentlich darfst du ihnen keine Wahlmöglichkeiten bieten. Aber bei den Knebeln musst du vorsichtig sein und immer sehr aufmerksam.«

Als er sah, dass Maria das Kopfgeschirr etwas unsicher in ihren Händen hielt, wandte er sich ihr zu. »Sehr dekorativ, sehr bequem und lange tragbar.«

Maria hielt sich die Platte vor den Mund und blickte Leonhard sehr unsicher an.

Leonhard reichte ihr ein Handtuch. »Wenn du möchtest, kannst du ihn gern noch einmal putzen.«

Maria war über die »Ablenkung« recht dankbar. Fast mechanisch säuberte sie den Ball. Ihre Hände zitterten ein wenig dabei. »Und wie lange muss Amelie ihn dann tragen?« Sie machte sich Sorgen darüber, was ihr Verhalten auslösen wurde.

Leonhard ahnte, dass er gewonnen hatte, wenn er jetzt keinen groben Fehler mehr machte. »Bis zum Abendessen.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Eigentlich trägt Amelie gern Knebel. Doch dann kann sie nicht mehr herumkommandieren und das stört sie gewaltig.« Er lächelte.

Maria blickte Leonhard unsicher an. »Darf ich ihn erst mal probieren?«

»Aber gern.«

Maria öffnete langsam ihren Mund, dann schob sie sich langsam den Ball in ihren Mund.

Leonhard hielt den Atem an.

Langsam schloß Maria ihre Lippen um den Ball und auf einmal begannen ihre Augen zu leuchten. Ihre Miene und auch ihre Körperhaltung entspannten sich. Sie drehte sich um und schien etwas zu suchen. »Dort ist der Spiegel.« Leonhard war sehr aufmerksam und zeigte zur Fensterwand. »Wenn du möchtest, dann zeige ich dir kurz, wie die Riemen dann liegen werden.« Als er ihr Zögern erkannte, ergänzte er. »Ich mache ihn aber nicht zu, versprochen.«

Maria drehte sich zu ihm und blickte ihn nervös an, dann nickte sie und ging zum Spiegel.

Leonhard folgte ihr und sehr vorsichtig richtete er ihr die Riemen, so dass Maria sehen konnte, wie sie mit dem Knebel aussehen würde. Unbewusst suchte ihr Blick Paul, der ihr zum Spiegel gefolgt war.

Paul war fast nervöser als Maria. Er musste sich räuspern.

Leonhard schien das Besondere der Situation zu spüren. »Soll Paul ihn zumachen?«

Maria wollte mit »Ja« antworten, aber als nur ein Brummen zu hören war, musste sie lächeln. Sie drehte sich vorsichtig zu Paul und blickte ihn bittend an.

Paul blickte seinerseits etwas hilflos zu Leonhard, weil er überhaupt nicht wusste, wie er mit den vielen Riemen umzugehen hatte.

Mit leiser Stimme zeigte Leonhard Paul, was er zu tun hatte. »Zieh die Riemen ruhig etwas fester, das Tragegefühl für Maria ist schöner, wenn sie die Riemen leicht spürt.«

Maria brummte ein wenig, so als wollte sie ihren Freund ermutigen.

Als Maria spürte, dass er fertig war, hob sie ihre Hände bis kurz vor das Gesicht, doch dann hielt sie in der Bewegung inne.

»Du darfst ihn gern anfassen.« Leonhard schien zu ahnen, was Maria bewegte.

Ihre Finger zittern ganz leicht, als sie die Riemen um ihren Kopf ertastete. Es fühlte sich sehr aufregend an, ganz anders als sonst, wenn sie so etwas tragen musste. Eigentlich hatte sie nur Leonhard den Gefallen tun wollen, doch als sie jetzt den Knebel so richtig spüren konnte, wusste sie, dass ihr eine positive Erfahrung entgangen wäre. Ihr Vertrauen in Leonhard stieg weiter.

Leonhard ging an einen Schrank und holte einen Umhang heraus. »Damit du das Kleid nicht schmutzig machst.« Er drehte sich zu Paul. »Mit dem Ball im Mund kann sie nicht schlucken und dann läuft der Speichel aus dem Mund.«

Maria war dies nicht unbekannt, trotzdem freute sie sich über den Weitblick von Leonhard. Sie brummte etwas in den Knebel, dabei schien sie die Wirkung des Balles zu entdecken, denn sie stutze und drehte sich vor dem Umhang weg. Sie blickte Paul an und legte ihre Arme auf den Rücken.

Paul war erinnerte sich an Marias Worte beim Ausziehen der Jacke. »Du möchtest deinen Handschuh tragen?«

Maria nickte verschämt.

»Laßt uns nach unten gehen.« Leonhard lächelte. »Ich glaube, Amelie wird sich freuen.«
179. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 23.02.14 20:00

Wow!

Noch eine wunderbare Fortsetzung.

Danke.


Mfg Rainman.
180. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 23.02.14 21:11

Eine schöne Fortsetzung muß ich sagen .
181. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Elf

geschrieben von gag_coll am 24.02.14 19:59

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Elf
Autor: Karl Kollar

Als sie die Treppe nach unten gingen, hörten sie Amelie schon im Treppenhaus warten. »Inka war so nett und hat mir noch in den Handschuh hinein geholfen.«

»Schön, mein Schatz.« Leonhard kam die Treppe als erster herab. Er hatte große Mühe, sein Grinsen zu unterdrücken. Hinter ihm führte Paul Maria herab, die noch dabei war, sich an den ungewohnten, aber sehr bequemen Knebel zu gewöhnen.

Sie hatte sich mit dem Rücken zur Treppe gestellt, um so ihre verpackten Arme zeigen zu können. Dann drehte sie sich langsam und genießerisch um. Doch als sie Maria mit dem Kopfgeschirr erblickte, erstarrte sie in ihrer Bewegung. Sie schluckte heftig.

»Bitte nicht!«, sie seufzte heftig. »Ich möchte mich noch weiter mit meinem Gast unterhalten.« Sie versuchte sich zu weigern. Doch sie wusste genau, was als nächstes passieren würde.

Leonhard ließ sich nicht beirren. Er ging zu der kleinen Kommode, die neben der Treppe stand, und nahm etwas aus der obersten Schublade. »Entschuldige bitte, aber ich habe diese Regeln nicht gemacht. Sonst schimpfst du immer, wenn ich sie nicht einhalte.« Er grinste. »Jetzt halte bitte still.«

»Aber das ist doch was anderes.« Amelie versuchte weiter, sich zu sträuben. Dabei wusste sie genau, dass es ihr nichts nutzen würde. Das liebte sie besonders an Leonhard, er war sehr konsequent.

»Noch irgendwelchen letzten Worte?« Er blickte sie übertrieben streng an und hielt ihr den Ball vor den Mund.

»Ich liebe d...mmpf« Etwas abrupt schon Leonhard den Ball in den Mund seiner Verlobten. Diese ließ ein enttäuschtes Seufzen von sich hören.

Heidrun kam mit dem Geschirr aus dem Esszimmer. »Ihr seid ja immer noch da?« Der Anblick ihrer Tochter mit Knebel schien sie überhaupt nicht zu beeindrucken. »Seit bitte pünktlich zum Abendessen zurück.«

»Die Damen möchten noch ihren Handschuh tragen.« Leonhard war bemüht, auch in dieser Situation formvollendet aufzutreten.

Heidrun schüttelte nur den Kopf, dann setzte sie ihren Gang Richtung Küche fort. »Viel Spaß im Schlosspark.« wünschte sie ihren Gästen. »Selma ist gleich bei euch.«


Paul war etwas verlegen. »Wo ist denn der Handschuh?« Es ärgerte ihn ein klein wenig, weil er dies nicht wusste.

»Ich glaube, deine Oma hat ihn in die Tasche gesteckt, wo die Jacke drin war.« Es machte Maria keine Mühe, sich mit dem Ball im Mund verständlich auszudrücken. Sie war es vom Sprachtraining her gewohnt. Sie musste lediglich die Lippen weit öffnen und langsam sprechen. Beides war ihr mit dem Muzzle-Knebel problemlos möglich.

Doch sowohl Amelie als auch Leonhard drehte sich beide abrupt zu Maria um. »Wieso bist du so gut zu verstehen?« wunderte sich Leonhard.

»Sie bekommt Sprachunterricht.« Paul beschrieb, dass dies im Rahmen des Katerinenfestes geschah und dass die Schauspieler sich etwas zwischen die Zähne stecken, um zu üben. »Und Maria trainiert mit einem Ballknebel.«

»Das ist ja fast unfair.« Leonhard grinste. Er wusste, dass dies seine Verlobte noch viel mehr ärgern würde.

»Ich hole dann mal den Handschuh für Maria.« Paul drehte sich um und wollte zurück ins Wohnzimmer gehen, als seine Oma das Treppenhaus betrat. Den Mono hielt sie in ihrer Hand und reichte ihn ihrem Enkel. Sagen musste sie nichts.

Paul schluckte etwas, dann nahm er den Handschuh entgegen und trat zu seiner Freundin.

Diese hatte ihre Arme schon auf dem Rücken gelegt und die Augen fast geschlossen. Sie spürte den Druck, der auf ihrem Freund lastete, hier in Gegenwart dieser beiden Profis mit dem Mono umgehen zu müssen. Deswegen wollte sie es ihm so einfach wie möglich machen. Sie verzichtete diesmal sogar auf eine ihrer kleinen Schummeleien. Wenn sie ihre Arme ganz leicht auseinanderdrückte, dann hatte sie hinterher im Handschuh ein klein wenig Spiel. Doch diesmal drückte sie ihre Arme so fest es ging aneinander.


»Das hätte ich nicht besser machen können.« Leonhard war von Marias Anmut sichtlich beeindruckt. »Der weiße Handschuh passt einfach super zu dem Kleid.«

Beide freuten sich sehr über das Lob.

Leonhard bat zum Aufbruch. Dann gab er Paul ein Zeichen. »Lass die Damen mal voran gehen.«

Er wartete, bis die Damen außer Hörweite waren, dann gingen sie ebenfalls mit langsamen Schritten los.

»Du liebst Maria sehr?« Leonhard hatte es zwar als Frage formuliert, aber es war mehr eine Feststellung.

Paul wurde nervös. Er rang sich ein leises »Ja« heraus.

»Es gefällt dir, wenn sie so hilflos ist?« setzte Leonhard im gleichen Tonfall fort.

Paul wurde rot und druckste herum.

»Du bist nicht streng genug.« Es war eine nüchterne Feststellung, doch sie berührte Paul tief in seinem Inneren.

»Wie...« Er wurde noch eine Spur röter. »Warum...?« Er wusste keine Antwort.

»Es ist mir eben nicht leicht gefallen, Amelie den Knebel anzulegen.« Leonhard versuchte, sein Vorgehen zu rechtfertigen. »Doch sie hat sich diese Regeln selbst ausgedacht. Und es ist besonders wichtig, immer stark und konsequent zu sein. Sonst verlieren sie die Achtung vor dir.«

Paul seufzte.

»Manchmal musst du hart sein.« Leonhard blickte ernst, »auch wenn es dir in der Seele weh tut.«

Paul erkannte die belehrende Botschaft, doch er wusste gleichzeitig, wie sehr er in Maria verliebt war und dass er ihr nie ein Leid zufügen wollte. Er druckste ein wenig herum und gab sich verlegen. Schließlich nahm er sich ein Herz und sprach seine Gedanken aus. »Ich möchte ihr aber nicht weh tun.«

Leonhard wunderte sich etwas. »Habt ihr denn kein Sicherheitssignal vereinbart?«

Paul schaut etwas verständnislos. »Nein, was ist das?«

Leonhard wurde hellhörig. »Das solltet ihr aber unbedingt haben.« Er erläuterte das Signal, welches er und Amelie vereinbart haben. »Kindergarten« wenn sie sprechen kann und sonst dreimal kurz zweimal hintereinander. »Egal in welcher Form, ob geklopft oder gesummt. Damit kann sie alles unterbrechen und zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist.«

Paul schwieg bedeutungsvoll.

»Natürlich ist das Ganze nur ein Spiel. Aber dennoch,« Leonhard blickte zu seiner Verlobten. »oder gerade dann, wenn ein Mädchen in solchen Fesseln steckt, dann braucht sie Hilfe und Schutz.«

»Das sehe ich genauso« Pauls Antwort kam etwas unbeholfen. Er fühlte sich ziemlich überrumpelt.

»Was die Hilfe angeht - so versucht Amelie, auch in Fesseln alle herumzukommandieren wie eine alte Adlige.« Leonhard verwies auf Beispiele in der Geschichte, wo es Sachen wie High Heels, Korsetts oder chinesische geschnürte Füße der Trägerin unmöglich machten, körperliche Arbeit zu verrichten. So konnte diese Frauen demonstrieren, dass sie keine Arbeit zu tun brauchten und bedient werden mußten. »Das ist aber keineswegs Unterwerfung,« erläuterte er, »sondern es ist eine höhere Form von Dominanz.«

»Maria trägt oft diese seltsamen Stiefel, in denen sie auf den Zehenspitzen steht.« Paul versuchte den Gedanken zu folgen. »Haben diese dann eine ähnliche Bedeutung?«

»Maria kann solche Stiefel tragen?« Leonhard war fasziniert. »Das wird Amelie sehr interessieren.«

»Aber wenn sie so hilflos sind, brauchen sie doch Unterstüzung oder?« Paul nahm sich insgeheim vor, Maria nach den Stiefeln zu fragen.

»Kennst du den Begriff ´Topping from the bottom´?«

Paul schüttelte den Kopf.

»Das bedeutet, dass die scheinbar unterworfene, gefesselte Bondagette in Wirklichkeit das Spiel bestimmt und ihren ´Fesselmeister´ oder ihre Bediensteten so beeinflusst, dass sie alles machen, was sie will, und sei es das Anlegen weiterer Fesseln.«

Paul kam dies ein wenig bekannt vor.

»Amelie versucht das ständig.« Leonhards Worte ließen ein kleines Stöhnen durchklingen. »Nur wenn sie geknebelt ist, kann sie das nicht mehr, und so wird sie plötzlich wirklich abhängig von anderen. Damit hat sie enorme Schwierigkeiten.«

Paul grinste. Jetzt verstand er die Reaktionen von Amelie etwas besser.

»Aber wenn sie ihren Zustand einmal akzeptiert hat, dann kann sie sich ganz gehen lassen und sich voll und ganz auf mich verlassen.« Er machte eine Pause, um seinen Worten Bedeutung zu verleihen. »Das ist dann tatsächlich Unterwerfung - und paradoxerweise eine Form von Unterwerfung, die die Bondagette plötzlich befreit - frei von jeglicher Verantwortung und Pflicht zur Selbstkontrolle.«

Er ließ Paul etwas Zeit zum Grübeln.

»Deine Maria hat eine enorme Veranlagung dazu, sie weiß es nur selbst noch nicht so recht. Schließlich ist sie in deinen Armen gekommen, als du ihr den Mono angelegt hast.«

Paul wurde rot.

»Und damit sind wir beim Schutz - um sich so gehen lassen zu können, um alle Kontrolle abgeben zu können, muss sich dein Mädchen blind auf dich und deinen Schutz verlassen können. Und um sie beschützen zu können, musst du sehr stark sein - sie wird dich diesbezüglich immer wieder testen. Und stark genug bist du nur, wenn du stärker als sie selbst bist, wenn du dich gegen sie durchsetzen kannst. Genau das will sie erleben, um dir vertrauen zu können.«

Paul dachte an die Busfahrt zum Kino, als er sich zum ersten Mal gegen Marias Willen durchgesetzt hatte. Wenn er darüber nachdachte, so musste er tatsächlich feststellen, dass Maria ihn immer wieder sanft anzuleiten versuchte, streng ihr gegenüber zu sein. So betrachtet war er ihr tatsächlich bislang noch nicht die Stütze, die er offenbar sein musste.

Er nahm sich vor, weniger zurückhaltend und strenger, doch genauso liebevoll mit ihr umzugehen. »Aber da ist doch auch noch das Katerinenfest«, Paul war ermutigt genug, seine Gedanken zu äußern. »Maria spielt die Hauptrolle und sie hat einen sehr dicht gedrängten Terminkalender. Ich habe Angst, dass sie sich zuviel zumutet. Wie soll ich mich da verhalten? Andererseits weiß ich aber auch, dass ihr das Fest mittlerweile recht wichtig geworden ist und ich möchte sie so gut es geht unterstützen.«

»Nach allem, was ihr erzählt habt, ist es ja für Maria kein Spiel, aus dem sie jederzeit aussteigen kann. Für sie ist es ernst, und sie hat eine große Aufgabe auf sich genommen.« Leonhard gab sich sehr verständnisvoll. »Ich glaube, wenn du ihr wirklich helfen willst, dann musst du so etwas wie ihr ´Manager´ werden, wann immer du sie begleitest.«

Er machte eine Pause, um seiner Worte wirken zu lassen. »Im Moment muss sie mit allen Wünschen und Forderungen von außen allein fertig werden, wobei sie obendrein noch meistens in ihren Mono gefesselt ist und sich nur schwer behaupten kann. Du musst Sachen und Termine für sie organisieren, aber auch rigoros ändern und ablehnen, wenn du siehst, dass es zuviel für sie wird.«

Paul verwies auf den großen Terminkalender, den es jetzt schon gab.

»Natürlich muss sie dabei sehen, dass du nur ihr Bestes willst, damit sie keine Diskussionen anfängt und dir in den Rücken fällt, wenn sie etwas trotzdem tun willst. Notfalls zieht ihr euch erst zur Beratung zurück, aber wichtig ist, dass nur DU für sie sprichst und Dinge vereinbarst, damit sich die anderen daran gewöhnen, dass sie über dich gehen müssen und nicht Maria alleine weichkochen und ausnützen können. Diese Mrs. Potter wird dich dabei voll unterstützen, wenn du das vorher mit ihr besprichst.«

Paul holte tief Luft.

»Du musst also tatsächlich sanft dominant, aber konsequent werden, wenn du etwas für sie oder Euch beide entscheiden mußt!«

»Das klingt alles vernünftig.« Pauls Stimme ließ deutlichen Zweifel hören. »Ich weiß nicht, ob ich das wirklich fertig bringe. Zumal ich sie sehr liebe.«

»Glaub mir, jeder deiner Versuche wird auf fruchtbaren Boden fallen.« Leonhard konnte ihn beruhigen. »Maria wird dieses Verhalten von dir erwarten und honorieren.«

Sie gingen schweigend weiter. Als sie um den Gutshof betraten, sahen sie, wie Amelie versucht, der Frau des Gutsverwalters etwas zu erklären.

»Das kann sie lange versuchen.« Leonhard grinste. »Das Personal hat mir mal verraten, dass sie immer wenn Amelie einen Knebel trägt, vorgeben, sie nicht zu verstehen.«

Paul sah deutlich an den Körperbewegungen von Amelie, dass sie versuchte etwas zu erklären. Manchmal stampfte sie sogar mit dem Fuß auf.

»Es tut mir leid«, ließ die Verwaltersfrau hören, »Ihr seid nicht zu verstehen, wenn ihr dieses Ding im Mund habt.«

Als Amelie sah, das ihr Verlobter näher kam, startete sie noch einen fast schon verzweifelten Versuch.

Paul konnte aus den Brummlauten und der Situation erkennen, dass Amelie von ihrem Knebel befreit werden wollte.

»Wir mussten dem Personal diese Anweisung nicht geben« Er blieb kurz stehen und flüsterte zu Paul. »Alle sind froh, wenn sie mal nicht von ihrer Herrin herumkommandiert werden können.« Er grinste. »Amelie versucht es immer wieder, sie hasst es, wenn ihr ihre Hilflosigkeit so deutlich vor Augen geführt wird.«

Sie gingen weiter zu der kleinen Gruppe.

Es war Maria anzusehen, dass sie über Amelies verzweifelte Versuche ebenfalls amüsiert war. Sie riskierte einen kurzen aber intensiven Blick zu Leonhard und Paul. Anfangs hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie sich als Lockvogel hergegeben hatte, doch jetzt erkannte sie, dass sie damit nichts falsches gemacht hatte.

»Guten Tag, Frau Baselitzer.« Leonhard gab ihr die Hand. »Sie genießen den Sonntag?« fragte er höflich.

»Ja ich lasse es mir gutgehen.« Die Gutsverwalterin lächelte. »Sie haben aber reizenden Besuch.«

Maria bedankte sich mit einem Knicks und antwortete »Danke schön.«

Über Amelie sagte sie nichts.

»Wir wollen etwas im Park spazierengehen und ihn unseren Besuchern zeigen.«

»Na dann wünsche ich ihnen und ihrem Besuch viel Freude daran.« Sie wollte sich schon abwenden, als ihr noch etwas einfiel. »Die Bänke auf dem kleinen Friedhof sind frisch gestrichen, bitte nicht dort hinsetzen. Ich weiß nicht, ob mein Mann daran gedacht hat, Schilder aufzustellen.«


An der alten Schlossmauer blieb Oma Selma kurz stehen. »Ich freue mich, das alles wieder zu sehen.«

»Ich war noch nie im Schlosspark.« wunderte sich Leonhard. »Dabei war ich doch schon so oft hier.«

Die Blicke richteten sich auf Amelie. Es dämmerte ihr nur langsam, dass sie nun etwas sagen sollte. Es kostete sie einige Mühe, sich zu überwinden, dann versuchte sie zu sagen, doch es war nur ein Brummen zu hören.

Leonhard lächelte heimlich.

Selma versuchte höflich zu bleiben. »Amelie, sie sind nicht zu verstehen.«

Amelie seufzte und zuckte mit den Armen. Etwas hilfesuchend blickte sie zu Leonhard.

»Es gibt eine Regel, dass Amelie ebenfalls einen Knebel tragen muss, wenn einer ihrer Gäste geknebelt ist.« Er zuckte etwas mit den Achseln. »Ich habe mir diese Regel nicht ausgedacht.« Er gab seiner Verlobten einen Kuss.

Oma Selma kannte Maria gut genug um zu wissen, dass diese bei so einem Besuch nie freiwillig einen Knebel tragen würde. Sie blickte sie kurz fragend an.

Maria beantwortete dies mit einem kurzen Blick auf Leonhard.

Auf einmal ging ein Lächeln über Selma Gesicht. Sie hatte die kleine »Intrige« durchschaut. Sie drehte sich etwas umständlich zu Maria und fragend sie mit etwas übertriebener Höflichkeit. »Wärst du bereit, für einige Zeit auf deinen Knebel zu verzichten, damit Amelie die Führung machen kann?« Dabei zwinkerte sie deutlich mit den Augen.

Maria brauchte ein paar Sekunden, bis sie begriff, welches Spiel hier gerade gespielt wurde. Dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht, welches trotz des Knebels deutlich zu erkennen war. Sie drehte sich zu Paul und blickte ihn gespielt verlegen an. »Ich darf den Knebel hier nicht tragen.« Sie hatte Mühe, nicht loszuprusten. »Nimmst du ihn mir bitte ab?«

Amelie drehte sich zu ihr hin. Sie brummelte etwas in ihren Knebel und es war deutlich zu sehen, wie verwundert sie darüber war, wie gut Maria zu verstehen war.

Nachdem Paul seiner Freundin den Knebel abgenommen hatte, befreite auch Leonhard seine Verlobte. »Ich glaube, die Umhänge braucht ihr dann auch nicht mehr.« Er nahm sie den Mädchen ab.

Amelie ließ sich sofort Marias Knebel zeigen, doch sie stellte zu ihrem Erstaunen fest, das der Ball genauso groß war wie der ihres Knebels. Sie war verblüfft. »Warum bist du mit dem Knebel so gut zu verstehen?«

»Ich bekomme Sprachunterricht und muss dabei oft mit einem Ball im Mund reden.« erklärte Maria mit sehr viel Stolz in der Stimme.

Amelie war verblüfft. »Bitte zeige mir, wie das geht.«

Doch Leonhard war dies gar nicht recht. »Lasst uns weitergehen zum Pavillon.« Doch natürlich wusste er, dass er es nicht verhindern konnte. Er begann zu überlegen, ob er einen Knebel kannte, der auch unter diesen erschwerten Bedingungen funktionieren würde.


Die drei Damen hatten es sich schon im Pavillon bequem gemacht, während Paul und Leonhard noch vor den Stufen standen. Leonhard spürte, dass Paul noch etwas bewegte. »Lass uns noch ein wenig umher gehen, deine Oma passt auf die Mädchen auf.«

Paul war für das Angebot sehr dankbar. »Da wäre tatsächlich noch eine Frage, die ich nicht in Gegenwart von Maria oder Amelie stellen wollte. Was genau ist mit Bondagette gemeint? Der Begriff ist schon öfters gefallen und ich kenne ihn bisher nicht.«

Leonhard lächelte erst, dann wurde er ernst. »Hmmmm... Das ist gar nicht so leicht zu beantworten.« Er schien nachzudenken. »Also, zunächst einmal ist eine Bondagette ein Mädchen, das sich gerne fesseln lässt und die Fesseln genießt.« Er warf einen kurzen Blick zurück zum Pavillon.

»Schwierig wird es, wenn man erklären will, warum sie es genießt - denn da gibt es viele mögliche Gründe und Motivationen. Fangen wir mal von der weniger erfreulichen Seite an - es gibt Mädchen, die sich gerne demütigen lassen, schlecht behandeln und sogar schlagen.«

Paul verzog das Gesicht.

»Solche Mädchen haben oft ein geringes Selbstwertgefühl und denken, sie verdienten es, schlecht behandelt zu werden. Aber ich denke mal, das können wir hier in unseren Fällen ausschließen!« fügte Leonhard mit einem Grinsen hinzu.

Er blickte wieder zum Pavillon zurück. »Unsere beiden hier wollen natürlich stets zuvorkommend wie eine Prinzessin behandelt werden, umso mehr, je strenger sie gefesselt sind. Wie schon gesagt - Fesseln machen eigene Arbeit unmöglich, erfordern Bedienung und Aufmerksamkeit, und erhöhen den Status.«

Paul erinnerte sich an die Beispiele, die Leonhard ihm schon genannt hatte.

»Dabei muss man allerdings aufpassen, dass es Ihnen nicht zu sehr zu Kopfe steigt, und ihnen ab und zu einen kleinen Dämpfer verpassen.«

»Und was bietet sich da so an?« fragte Paul sehr interessiert.

»Das kommt sehr auf den Zusammenhang an.« Leonhard wurde etwas nachdenklich. »Manchmal reicht es, ihnen bei etwas nicht zu helfen, damit sie merken, wie hilflos sie in ihren Fesseln sind. Ich betrachte das meistens als eine ´liebevolle Demütigung´.«

Paul fragte nach Beispielen.

»Nun, ich helfe ihr selten beim Treppensteigen.« Leonhard dachte nach. »Manchmal muss sie allein essen, auch wenn ihre Hände gefesselt sind.«

»Ist das nicht gemein?« Paul sprach seine Gedanken aus.

»Du musst die Kraft aufbringen, es zu tun.« Leonhard lächelte. »Danach sind sie viel anschmiegsamer und genügsamer.«

»Aber Maria hat sich doch schon so viel aufgeladen.« Paul war das Herz schwer. »Da kann ich sie doch nicht noch zusätzlich belasten.«

Leonhard blieb stehen und legte Paul seine Hand auf die Schulter. »Du bist sensibel genug, um zu erkennen, was Maria zu welchem Zeitpunkt braucht.«

Paul brachte als Antwort nur ein Schlucken zustande.

»Dann wäre da noch ein anderer ganz wichtiger Aspekt, den du wissen musst: Die Sache mit der guten Erziehung. Ein wohlerzogenes Mädchen gibt einem Jungen nicht einfach nach, sie soll sich tugendhaft zieren und seine Avancen abwehren, ihre ´Tugendhaftigkeit´ verteidigen, auch wenn sie am liebsten sofort mit ihm ins Bett springen würde.«

Paul wurde wieder rot.

»Ist sie aber gefesselt, vielleicht sogar geknebelt, dann kann sie sich objektiv nicht wirklich wehren, sei es gegen Küsse, Umarmungen, oder im Bett. Sie ist dann von ihrer Erziehung entbunden und kann sich fallen lassen, sich richtig gehen lassen. Ich nehme an, so weit seid ihr noch nicht?«

»Wir kennen uns ja erst seit ein paar Wochen.« Paul errötete noch mehr. »Und so weit habe ich noch gar nicht gedacht.« Er rang mit sich, ob er es aussprechen sollte. »Außerdem trägt Maria einen .... einen...« Er kam ins Stottern.

»Einen Keuschheitsgürtel?« Leonhard sprach das Wort aus und wartete Pauls Bestätigung nicht ab. »Amelie trägt auch einen. Wir sind uns einig, dass wir bis zur Hochzeit warten wollen.«

Paul war das Thema etwas unangenehm. »Aber es stimmt, Maria wird immer dann besonders anschmiegsam, wenn sie streng gefesselt ist.«

»Siehst du. Und außerdem kannst du sicher sein, Mariat HAT bereits so weit gedacht - auch wenn das für Euch beide noch einige Zeit in der Zukunft sein dürfte. Natürlich ist es wichtig, dass du ihre Wehrlosigkeit nie ausnutzt, und nichts wirklich gegen ihren Willen tust. Aber da hab ich bei euch beiden keine Sorgen.«

Sie gingen langsam weiter.

»Aber weiter zu den Bondagetten: Eine strenge Fesselung, ein enges Kleid ist immer auch wie eine feste Umarmung.« Leonhard lächelte. »Frauen sind da am ganzen Körper weitaus empfindlicher und empfänglicher als wir grobschlächtigen Kerle. Diese Art Umarmung, wie zum Beispiel von Marias Korsett, ist natürlich zunächst einmal unpersönlich, auch wenn sie romantische Fantasien und Verlangen weckt.«

Paul musste an die Sissi-Filme denken, sagte aber nichts.

»Sobald sie aber von dir verursacht wird, indem du ihr ein Korsett oder den Mono anlegst, ist es DEINE Umarmung - die sie ständig fühlen kann, auch wenn du selbst gerade gar nicht in Reichweite bist.« Wieder blieb Leonhard stehen und blickte Paul direkt an.

»Daher reagiert Maria so stark, wenn du ihr etwas anlegst. Das bedeutet aber auch, dass sie die Kontrolle nicht an den Mono, sondern an DICH abgibt, und daß du mit dem Anlegen versprichst, dich um sie zu kümmern und sie zu beschützen. Das ist weniger Unterwerfung als eine liebevolle Hingabe - Du mußt dann aber auch die Verantwortung für sie übernehmen.«

Sein Blick wanderte in Richtung Pavillon. »Aber wie du an Amelie siehst, muss man ihr dann ab und zu klar machen, dass diese Hingabe und damit deine Übernahme der Verantwortung dann auch eindeutig sein muß, damit du sie auch wahrnehmen kannst - sie kann und darf dann nicht mehr selbst bestimmen, solange sie deine Fesseln trägt. Du kannst natürlich versuchen, ihren Wünschen zu entsprechen, aber DU mußt bestimmen.«

»Vielen Dank.« Paul seufzte. »Ich hoffe, ich werde die Kraft für alles das haben.«

»Das wirst du, Paul.« Leonhard legte ihm noch einmal die Hand auf die Schulter. »Da bin ich mir ganz sicher.«


»Jetzt haben wir euch eingeholt.« Amelie hatte ein Strahlen in der Stimme. Sie stellte sich vor Leonhard und gab ihm einen Kuss.

Leonhard schlang seine Arme und seine Verlobte und erwiderte den Kuss.

Paul blickte verlegen weg und erschrak fast ein wenig, als Maria auf einmal vor ihm stand und ihn anstrahlte.

»Kannst du mich bitte auch in den Arm nehmen?« Sie blickte ihn sehnsuchtsvoll an.

Paul zögerte noch etwas und blickte etwas verlegen in der Gegend umher. Erst als ihn seine Oma mit einem kleinen Stups ermutigte, kam er der Bitte nach und nahm Maria in den Arm.

»Jetzt sei doch mal ein wenig mutiger«, ermunterte Maria ihren Freund und blickte kurz auf Amelie, die immer noch den Kuss ihres Verlobten genoss.

In Paul überschlugen sich alle Gedanken und Worte von Leonhard und er zögerte noch. Doch schließlich sagte ihm sein Bauch, was er zu tun hatte. Zärtlich schlossen sich seine Lippen um die seiner Freundin.

»Siehst du, was ich dir gesagt habe.« Oma Selma lächelte. »Traue dich ruhig, deine Wünsche zu äußern.«
182. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 24.02.14 20:50

Hi Gag_coll

Ich danke dir sehr für deine Geschichte sie ist mit viel Gefühl geschrieben und ich habe manchmal den eindruck, mich zum teil selber darin zu erkennen.

weiter so

mit fesselnden grüßen

eure Kami
183. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Zwölfter und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 25.02.14 06:30

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Zwölfter und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Maria strahlte bis über beide Ohren. »Es ist so schön hier.« Sie blickte auf Amelie, die jetzt neben ihrem Verlobten stand. »Ich freue mich, dass du auch so einen Mono trägst.«

Die Gesellschaft einer anderen Monohandschuh-Trägerin hinterließ auch bei Amelie Spuren. Auch sie strahlte über das ganze Gesicht.

»Wir sollten weitergehen, wenn wir rechtzeitig beim Abendessen sein wollen.« Leonhard fragte, wo es denn hingehen sollte.

»Wir gehen am See entlang zum kleinen Friedhof.« Amelie erinnerte sich an ihre Pflichten als Gastgeberin und Führerin.

»Gibt es die kleine Enteninsel noch?« wollte Oma Selma wissen.

»Na klar gibt es die noch.« Amelie war über den Themenwechsel recht dankbar. »Dieses Jahr hatten wir glaube ich acht Gelege.« Ihre Stimme wurde weich. »Und viele, viele süße Entenküken.«


Nach wenigen weiteren Schritten lag der kleine malerische See vor ihnen und das aufgeregte Schnattern der Enten ließ vermuten, dass hier eher selten Leute vorbeikamen.

»Jetzt erzähl mir, was beim Gag-Talk wichtig ist.« Amelie hatte sich einfach neben Maria gedrängt und stupste sie mit ihrem Handschuh an.

Maria war erst etwas verblüfft. »Eigentlich ist es bei mir ja umgekehrt.« Sie lächelte zu Pauls Oma. »Ich trage den Ball im Mund, um meine Sprechübungen machen zu können.«

Amelie verstand zunächst den Zusammenhang nicht.

»Ich bekomme für das Fest Sprachunterricht, wie ihn auch die Schauspieler bekommen.« Etwas Stolz lag in Marias Stimme. »Eigentlich ist es ganz einfach.« sie blickte Amelie an. »Du musst langsam sprechen und die Lippen weit öffnen.« Sie beschrieb, wie sie anfangs immer mit einem Korken geübt hatte. »Aber der ist mir immer rausgefallen.«

»Ja und?« Amelie wunderte sich.

»Naja,« Maria war etwas verlegen, »wenn ich dazu meinen Mono trage, kann ich ihn nicht mehr aufheben.«

Jetzt verstand Amelie es.

»Und dann hatte Pauls Oma die Idee mit den Knebeln.« Sie lächelte dankbar zu ihr hin.

»Eigentlich sind sie aber genau für das Gegenteil gedacht.« lachte Leonhard.

»Ich kann ja nicht mal mehr ´Kindergarten´ sagen.« Amelie stimmte in das Lachen ein.

Es war Paul aufgefallen, dass Leonhard bei dem Wort ´Kindergarten´ kurz gezuckt hatte und für einen winzigen Moment ein sorgenvollen Gesicht hatte. Doch gleich darauf entspannte sich seine Miene wieder.

»Apropos...« Leonhard ging zu Maria. »Paul sagte mir, dass ihr kein Sicherheitswort vereinbart habt?«

»Ich mache das alles doch für das Fest«, Maria verstand die Problematik noch nicht. »Da passiert mir nichts.«

»Deine Gesundheit ist wichtiger.« Leonhard wollte ihren Einwand nicht gelten lassen. »Du musst lernen, dich Paul ganz anzuvertrauen und mutig genug sein, die Sicherheitswörter auch zu benutzen.«

»Was ist denn das überhaupt?« Maria wusste es nicht.

Beim Weitergehen erklärte Leonhard das System mit der Ampel, bei dem es die drei Stufen gab: Grün: Es geht mir gut, es ist alles in Ordnung. Gelb: Es geht noch, aber ich brauche eine Pause. Rot: Es gibt ein Problem, bitte sofort aufhören.

Als sie den kleinen Friedhof betraten, verstummten die Gespräche und die Stimmung wurde irgendwie nachdenklich.

Selma trat an das Grab, welches als einziges neben der Bepflanzung auch einen kleinen Strauß in einer Vase hatte. Sie blieb einige Zeit davor stehen.

Die anderen blieben höflich im Hintergrund.

»Früher gab es keine Sicherheitswörter.« sagte Selma mehr zu sich selbst, als sie wieder zu den anderen zurück kam.

Leonhard verstand die Problematik nicht. »Aber es muss doch einen Weg geben, aus dem Spiel auszubrechen.«

»Früher war es kein Spiel.« Selma schüttelte den Kopf. »Die Mädchen mussten die Handschuhe tragen, auch wenn es weh tat oder sie nicht konnten. Die alte Gräfin war da gnadenlos.«

»Für Maria ist es auch kein Spiel.« warf Paul ein und versuchte sie tröstend in den Arm zu nehmen. »Bis zum Fest muss sie hart trainieren.«

Maria freute sich sehr über diese Geste und schmiegte sich etwas an ihn.

»Aber deswegen sollte sie nicht ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.« Leonhard blieb in dieser Beziehung hart. »Wie wäre es auch mit ´Kindergarten´?« Er wandte sich zunächst an Paul. »Wann immer Maria dieses Wort benutzt, dann musst du dich sofort um sie kümmern und fragen, was los ist.« Dann drehte er sich zu Maria. »Und du musst versprechen, dass du es dann und nur dann benutzt, wenn etwas nicht in Ordnung ist.«

»Aber das Fest...« wollte Maria einwenden.

Leonhards Stimme wurde ungewohnt hart. »Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass du so hart trainierst, dass du zum Fest krank bist.«

Maria wurde kleinlaut und drängte sich an Paul. »Also einverstanden. Ab jetzt ´Kindergarten´.«

»Ich werde deine Erzieherin ebenfalls darüber informieren. Auch sie wird Interesse daran haben, dass du gesund bleibst.«

Oma Selma war über die Entwicklung mehr als erleichtert. »Und jetzt möchte ich noch den alten Pferdestall sehen.« Ihre Stimme wurde etwas sentimental. »Ob es die kleine Ponybox noch gibt?«

Amelie zuckte etwas zusammen. Ihr schlechtes Gewissen war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Welche Ponybox?«

Oma Selma vermutete, dass Amelie diese alten Sachen nicht wissen könne, deswegen erklärte sie. »Im Pferdestall des Gutes gibt es in dem Bereich, in dem früher die Pferdeknechte geschlafen haben. Das war davor mal die Box für die Ponys, die sie in früheren Jahren mal hatten.«

Doch Amelies Nervosität nahm zu. Leonhard entging dies nicht und er trat dicht an sie heran. »Was hat es damit auf sich? Warum bist du so nervös?« Seine Stimme wurde auf einmal sehr ernst. »Ich möchte eine ehrliche Antwort.«

»Das war lange vor deiner Zeit.« versuchte Amelie sich heraus zu winden.

»Ich höre?« Leonhard blieb hart.

»Ich wollte unbedingt mal Ponygirl spielen.« Amelies Stimme war leise und schuldbewusst. »Und da haben wir diesen Raum dafür umgestaltet.«

Die Frage lag in der Luft, doch irgendwie sprach sie keiner aus.

Amelie antwortete trotzdem. »Ich wurde von Inka als Pony zurechtgemacht mit Hufstiefeln, Korsett, Ponykostüm und Pony-Kopfgeschirr. Sie hat mich dann dort in der Box angekettet und ich wollte dort eine Woche als Pony leben.«

Auf einmal geriet ihre Stimme ins Schwärmen. »Ich hätte mit dem Mund essen müssen und Inka hätte mich dressiert.«

»Was ist passiert?« Leonhards Stimme zeigte ein fast beunruhigendes Interesse.

»Meine Eltern kamen früher aus dem Urlaub zurück. Meine Mutter hat uns entdeckt und war überhaupt nicht begeistert.«

Leonhard war verwundert. »Sie hat dir doch sonst alles durchgehen lassen.« Irgendwie schwang ein Vorwurf in der Stimme mit.

»Sie hat verlangt, dass ich im Schloß zu übernachten habe.« Amelies Frust war jetzt noch zu hören. »Aber welches Pony schläft schon in einem Bett?«

»Aber deswegen kannst du uns das doch zeigen oder?« Leonhard hatte auf einmal ein Leuchten in den Augen.

Amelie seufzte. »Naja, jetzt habe ich es ja gebeichtet.«


Zu ihrer Erleichterung war Oma Selma von ihren »Umbauten« wenig irritiert oder verärgert. Sie schien sich ehrlich zu freuen, dass sie diesen Ort, der ihr anscheinend sehr viel bedeutete, mal wieder sehen konnte. Zu Amelies Überraschung nahm sie sie in den Arm und streichelte ihr über den Monohandschuh. »Nun, meine Liebe, auch ich habe an diesen Ort ganz spezielle Erinnerungen.«

Paul erinnerte sich später an die Geschichten, die ihnen seine Oma vor einigen Tagen einmal erzählt hatte, von dem schneidigen Rittmeister und den heimlichen Ausflügen.


Während Oma Selma noch in ihren Erinnerungen schwelgte, steckten Maria und Amelie die Köpfe zusammen und schienen etwas auszutüfteln. »Ja, so machen wir das.« Amelie schlug mit ihren Monoarmen sanft gegen Marias Arme und diese wiederholte die Geste. Dann drehte sich Maria zu Paul. »Darf ich wenigstens auf dem Rückweg meinen Knebel tragen? Ich denke, ich habe jetzt lange genug darauf verzichtet.« Sie grinste deutlich bei dieser Frage.

Paul blickte zunächst etwas hilflos zwischen Leonhard und seiner Oma hin und her. Schließlich bekam er von Leonhard den passenden Hinweis.

»Wenn sie von sich aus nach einer Verschärfung fragen, solltest du ihnen eigentlich immer nachgeben.« Er streichelte Amelie leicht über die Wangen. »Kann es sein, dass du noch ein wenig Gag-Talk üben möchtest?«

Amelies Miene ließ erkennen, dass sie sich ertappt fühlte.

»Aber wenn die Mädels unbedingt ihre Knebel wieder tragen möchte, gern.« Er gab Paul ein Zeichen.


Als sie im Schloss angekommen waren, nahm Leonhard Paul beiseite. »Ich habe immer ein wenig Angst vor dem Tag, an dem Amelie mit Knebel so gut reden kann wie Deine Maria. Dann ist es mit der schönen Ruhe vorbei.... Darum habe ich schon vorgesorgt. Hier, sieh mal.«

Er zeigte Paul zwei seltsame Gegenstände aus schwarzem Gummi, die noch in Plastik eingeschweißt waren. Einer sah aus wie der Pumpball einer Blutdruckmanschette, der andere so ähnlich wie Marias Mundschutz, wie eine Zahnspange aus Gummi für beide Zahnreihen, jedoch mit einer kleinen ovalen Zunge im Innenraum.

»Das ist ein aufpumpbarer Knebel. Er dehnt sich nicht viel aus, aber er klemmt die Zahnreihen zusammen, so dass sie nicht mehr geöffnet werden.«

Paul erkannte sofort, dass Maria dann ihren Mund nicht mehr öffnen könnte. Damit wäre ihr jetziger Gag-Talk nicht mehr möglich.

»Die kleine Blase innen klemmt die Zunge fest und macht Artikulieren unmöglich. Er füllt keineswegs den ganzen Mund, klemmt nur Zähne und Zunge, ist sehr bequem zu tragen und macht ein Sprechen und auch ein Entfernen ohne die Pumpe zum Ablassen unmöglich. Er trägt so wenig auf, dass der Mund und die Lippen immer noch geschlossen werden können, wenn der Pumpball entfernt ist.«

Paul bekam eine Gänsehaut, als er die volle Wirkung des Knebels begriff. Er schluckte etwas.

»Behalte ihn in Reserve - Du wirst selbst wissen, wann Maria ihn einmal braucht.« Er reicht Paul den noch verpackten Knebel. »Ich besorge einen neuen für Amelie; das eilt noch nicht, denn noch funktionieren die klassischen Knebel ja noch gut genug gegen ihren Redeschwall!«

Paul bedankte sich höflich. Doch innerlich war er total aufgewühlt.

* * *

Heidrun war sehr erfreut, dass alle Gäste rechtzeitig zum Abendessen wieder im Schloss waren, und noch mehr erfreute es sie, dass sowohl ihre Tochter als auch Maria auf das Tragen des Monohandschuhs verzichteten, so dass es ausnahmsweise einmal eine ganz normale Abendtafel war.

Gleich nach dem Abendessen bat Heidrun ihre Gäste ins Kaminzimmer, um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Doch Amelie und Leonhard ließen sich kurz entschuldigen, sie hätten noch etwas zu besprechen.


Als Leonhard und Amelie den Raum betraten, trug Amelie wieder ihren Monohandschuh und strahlte. »Du wählst und hältst mir den Hörer. Lass mich mit ihm reden.«

Leonhard verdrehte ein wenig die Augen, denn Amelie gab mal wieder die Befehle, doch dann kam er ihren Wünschen nach. Er griff zu dem Telefon und wählte die Nummer auf der Wählscheibe. »Ihr könnte euch auch mal ein neues Telefon anschafften. Es gibt jetzt welche mit Tasten.«

Amelie lachte. »Aber das ist so schön dekorativ.«

»Weibliche Logik.« Er zuckte mit den Achseln. Dann hielt er den Hörer seiner Verlobten ans Ohr.

Leonhard wählte die Nummer auf der Drehscheibe und hielt dann seiner Verlobten den Hörer ans Ohr.

»Hallo Sebastian, hier ist Amelie.«

...

»Ja, das geht auch nur, weil dein Bruder mir den Hörer hält.« Sie lachte. »Du kennst uns ja«

...

»Du, weswegen ich anrufe: In zwei Wochen ist doch das gemeinsame Wochenende auf deiner Hütte. Wir glauben, wir haben ein Ersatzpärchen für das Hüttenwochenende gefunden.«

...

»Kennst du noch nicht. Sie wohnen in -« Sie blickte zu Maria und Paul »Wo wohnt ihr?«

»In Landsbach.«

Amelie wiederholte. »Ich fände es so schade, wenn die ganzen Spiele ausfallen würden, nur weil wir zuwenig Mädchen sind.«

...

»Natürlich ist sie geeignet. Sie trägt den Mono sogar in der Öffentlichkeit und war damit beim Bürgermeister. Und sie kann ihn noch strenger tragen als ich.«

...

»Ja, so was wurmt mich.« Sie lachte.

Sie blickte zu Leonhard. »Er möchte Maria sprechen.«

Leonhard ging zu Maria und hielt ihr den Hörer ans Ohr.

»Hallo« sagte Maria und ihre Stimme zeigte, wie sehr sie sich überrumpelt fühlte.

...

»Nein, einen Hogtie kenne ich nicht. Was ist das?«

...

»Oh... Das klingt aber streng.«

...

»Ich würde es gern mal probieren.«

...

»Ja, sowas kenne ich.«

...

»Kein Problem, ich trage ihn sowieso fast die ganze Zeit.« Sie wurde etwas rot dabei.

...

»Er möchte dich sprechen.« Maria blickte Leonhard verwundert an.

Leonhard nahm den Hörer wieder selbst in die Hand und hörte seinem Bruder zu.

...

»Ich vertrauen auf Amelies Menschenkenntnis. Sie hat bisher noch nie daneben gelegen.«

...

»Könnt ihr die Kaution stellen?« Er blickte ernst zu Paul und Maria. »Ihr müsst 1000 DM hinterlegen und wenn nichts gravierendes auftritt, dann bekommt ihr sie zurück.«

Maria erschrak und ihr Blick wurde fast etwas traurig. »Nein, soviel Geld haben wir nicht.« Sie blickte verlegen zu Paul. Doch zur Überraschung aller nickte Oma Selma und sagte recht laut. »Die Kaution wird gestellt«

Leonhard wiederholte die Antwort.

...

»Nein, die Regeln kennen sie noch nicht.«

...

Leonhard wandte sich an Paul und Maria. »Ihr müsst die Regeln lesen und dann unterschreiben, dass ihr euch auch daran halten werdet.«

Paul und Maria bestätigten dies, auch wenn sie noch nicht so recht wussten, was sie erwarten würde.

...

»Was ist mit Küchenarbeit für Paul?«

»Kein Problem,« antwortete Paul etwas verlegen. Seine Oma hingegen nickte anerkennend.

...

»Es wird diesmal einen kleinen Kurs geben für die Frauen: ´Wie knote ich richtig?´ Wäre Paul bereit, sich dafür von Maria einmal fesseln zu lassen?«

»Gern.« Die Antwort von Paul kam allerdings etwas zögernd und erst nach einem intensiven Blickwechsel mit Maria.

...

»Eine wichtige Regel für die Anfahrt: Keine Fesseln im Auto, auch nicht die kleinsten.« Dabei blickte er allerdings vor allem seine Verlobte an, die als Antwort ihre Schmollmiene aufsetze.

...

»Ja, ich freue mich auch.«

Er legte auf.

»Ihr werdet demnächst einige Unterlagen bekommen. Bitte lest diese gründlich und unterschreibt sie.«

Oma Selma schaltete sich ein. »Dürfen wir auch erfahren, worum es geht?« Sie blickte kurz zu Mrs. Potter, die ebenfalls sehr neugierig schaute.

»Mein Bruder besitzt eine Hütte in den Bergen. Sehr schön abgelegen und nur zu Fuß erreichbar.« Leonhards Stimme klang schwärmerisch. »Wir treffen uns dort mit anderen Bondage-Enthusiasten, die ebenfalls sehr auf Verschwiegenheit angewiesen sind.«

»Ihr habt uns heute überzeugt, dass ihr die Kriterien dafür erfüllt.« fügte Amelie dazu, »und ich bin sicher, dass ihr eine Bereicherung für unser Wochenende sein könntet. Ihr habe uns so viele neue Aspekte zu bieten.«

»Wegen eines Todesfalles ist ein Pärchen ausgefallen und ihr könntet für sie einspringen.«

Maria und Paul waren noch etwas unsicher. Doch zu ihrer Überraschung war es Mrs. Potter, die ihnen zuriet. »Das solltet ihr unbedingt annehmen. Ich rede auch mit deiner Mutter darüber. Sie wird es erlauben, da bin ich sicher.«

Alle Augen richteten sich jetzt auf Maria. Diese hingegen suchte den Blick von Paul. Er nahm ihre Hand und drückte sie fest. »Wir schaffen das.«

Leonhard stand auf. »Dann möchte ich euch in unseren Kreisen begrüßen und freue mich, euch in zwei Wochen abholen zu dürfen.«

* * *

Oma Selma blickte nach hinten auf die Rückbank. Paul hielt Maria im Arm und Maria hatte den Kopf auf seine Schulter gelegt. Beide waren eingeschlafen.

»Ich hoffe, dir hat der Ausflug gefallen?« Mrs. Potter sprach leise, um die beiden Schläfer nicht zu wecken.

»Es war toll.« Selma schwärmte. »Danke für diesen schönen Ausflug in die Vergangenheit. Es ist doch schön zu sehen, dass die eigene Arbeit erfolgreich war.«

Mrs. Potter bestätigte dies.

»Amelie und Leonhard sind ein tolles Paar.« Sie blickte noch einmal nach hinten. »Ich hoffe sehr, dass Paul und Maria ähnlich glücklich werden.«

184. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 25.02.14 23:57

Wieder ganz toll geschrieben und in den beiden letzten Fortsetzungen
gab es nicht nur Kopfkino sondern auch was für den Geist .

Danke mach weiter so ich kann es kaum erwarten weiter lesen zu können .

.
185. RE: Maria

geschrieben von carpegenk am 26.02.14 07:57

Noch eine geheime Gesellschaft, oder ist es die ´aktive´ Seite einer bereits bekannten, zu der Maria´s Mutter wohl gehört (ich gucke nun nicht vorne in der Geschichte nach den Andeutungen, die auftauchten)?
Zudem die Fragen aus den vorhergehenden Kapiteln, findet die Reporterin auch Gefallen am Monohandschuh, wenn Sie ihn tragen darf, findet Sie mehr über den Baron, seine Tochter und Ihren Unfall, und die dunklen Pläne, ....

Derzeit die faszinierende Geschichte hier im Forum für mich

Vielen Dank
186. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 27.02.14 13:02

Wieso Geheime Gesellschaft carpegenk? Da Treffen sich nur Bondage Freunde und die Unterlagen und Regeln dienen nur dazu um zum einen die Gesundheit der Mitspieler zu Gewährleisten und Natürlich soll das nicht an die Große Glocke gehängt werden. Es könnten ja auch Prominente Mitspieler sein und das muß ja nicht in der Klatschpresse auftauchen.
Wieso bekommt Maria eigentlich Sprachunterricht mit Knebel? Um das Reden mit Knebel bei Amelie zu Unterbinden gibts ja auch Knebel mit Mundplatte dann ist auch Sense mit Plappern.
Schön das Leonhard Paul einige Wichtige Tipps im Umgang mit Maria geben konnte. Das es jetzt auch ein Savewort gibt ist echt gut. Hoffentlich hält sich Maria auch daran. Paul wird nach dem Treffen bestimmt jetzt genauer auf seine Maria Aufpassen und ihr auch mal Verbieten Fesseln zu Tragen. Besonders wenn sie das Gebet auf dem Rücken übt.
187. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 28.02.14 17:18

Zitat
Noch eine geheime Gesellschaft, oder ist es die ´aktive´ Seite einer bereits bekannten, zu der Maria´s Mutter wohl gehört (ich gucke nun nicht vorne in der Geschichte nach den Andeutungen, die auftauchten)?


Geheime Gesellschaft trifft es nicht ganz... Es ist ein Konsortium aus reichen Geldgebern, die Marias Mutter finanzieren. Warum sie das machen, weiß Maria aber nicht.
Zitat
Derzeit die faszinierende Geschichte hier im Forum für mich

Danke... freut mich sehr
188. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 28.02.14 17:24

Zitat
Wieso bekommt Maria eigentlich Sprachunterricht mit Knebel?

Naja, man muss einfach mal von der anderen Seite schauen... Es ist üblich, dass sich Schauspieler einen Korken zwischen die Zähne klemmen und dann ihre Übungssätze aufsagen: "Wir Wiener Waschweiber würde Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo warmes Wasser wäre."

Anfangs hat Maria dies auch versucht. Natürlich wird der Korken gelegentlich mal herausfallen. Doch wenn Maria gleichzeitig ihren Monohandschuh trägt, wird es sehr mühsam und demütigend, den Korken wieder in den Mund zu bekommen. Da ist der Knebel einfach praktischer...
189. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 01.03.14 03:51


Zitat

Naja, man muss einfach mal von der anderen Seite schauen... Es ist üblich, dass sich Schauspieler einen Korken zwischen die Zähne klemmen und dann ihre Übungssätze aufsagen: \"Wir Wiener Waschweiber würde Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo warmes Wasser wäre.\"

Ach Echt?? Und damit wird die Aussprache Trainiert? Muß ich mal Versuchen mich schlau zu machen.
190. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 01.03.14 16:38

Soweit das zugegeben sehr große Kapitel 10 von Maria.
Gibt es bis hier Fragen? Unverständliches? Widersprüche? Soll ich etwas noch mal erklären?
Und nicht zuletzt, soll ich mit Kapitel 11 weiter machen?
Viele Grüße
Karl
191. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 01.03.14 17:35

Lieber gag_coll

Die Frage nach Kapitel 11 ist wohl nicht dein ernst natürlich wollen wir es lesen.

Lieben Gruß

Bea
192. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 01.03.14 18:42

Hi gag_coll

Ich finde toll, dass du nun Maria erkennen lässt, dass sie mit ihren sagen wir mal "Vorlieben" nicht alleine auf der Welt ist. Als ich meine ersten Experimente machte, dachte ich auch, ich wäre alleine damit. Aber wie mir dieses Forum hier zeigt, gibt es eine Menge Leute, die Erfahrungen austauschen und auch Tipps geben.

und ja, wir sind alle gespannt auf das Kapitel Nummer 11.

mit fesselnden Grüßen

Kami
193. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 01.03.14 19:12

Auf jeden Fall mit Kapitel 11 Weitermachen. Also ich zumindest möchte Wissen ob der Plan des Barons Aufgeht. Wobei ich natürlich hoffe das nicht.
Ich möchte doch die Überraschung auf dem Fest Erleben wenn Marie das Gebet trägt. Wär doch auch schön zu Erfahren wie Andrea mit dem Mono Zurecht kommt und ob sie es schafft das Komplott des Barons Aufzudecken. Andrea könnte ja mit Marie Zusammen Trainieren und Paul lernt dabei auch gleich einer Anfängerin beizustehen.
194. RE: Maria

geschrieben von maximilian24 am 01.03.14 20:59

Lieber Karl!
Es ist höchste ZEit, dass ich als ungeduldiger Dauerleser Deiner spannenden Geschichte ein wohl verdientes Lob an Dich sende. Ich weiß, wie mühsam manchmal das Schreiben ist und gerade deshalb, wie groß Dein Verdienst ist. Trotzdem bitte ich Dich, lass Mich (uns) mit meiner (unserer) Fantasie nicht im Trockenen stehen. Bitte präsentiere Kapitel 11.
Freilich gibt es etliche offene Fragen, die für Dich Anlass für einfühlsame Formulierungen sind. So kann ich mir außer den schon genannten Themen noch vorstellen: Journalistische Erlebnisse und Gefühle, kriminalistische Ereignisse, etc.
Euer Max
195. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 01.03.14 23:18

Zitat
Soweit das zugegeben sehr große Kapitel 10 von Maria.
Gibt es bis hier Fragen? Unverständliches? Widersprüche? Soll ich etwas noch mal erklären?
Und nicht zuletzt, soll ich mit Kapitel 11 weiter machen?
Viele Grüße
Karl


Hallo cag_coll.

Entschuldige bitte, falls ich jetzt was "rüde" klinge. Aber für dieses posting haste dir nen virtuellen Schlag in den Nacken verdient!
Es gibt hier nur ganz wenige Autoren, die dir das Wasser reichen können. Du hast auf 10 Web-Seiten eine Gelesen Rate von fast 75.000 mal. Haste mal geschaut wieviele Autoren das ausser dir noch scchaffen? Und die schreiben auch wirklich gute Stories. Aber du bist eigentlich nur am rumjammern, wenn mann dir nicht nach jedem posting mindestens 5 mal Honig ums Maul schmiert.

Mittlerweile solltest du doch von uns soviel schon kapiert haben, das wir deine Storie wirklich absolut super finden und wir uns schon melden, wenn uns was ungereimt vorkommt.

Und das wir alle immer auf neue Teile warten und darauf brennen, das du weiter machst.

In diesem Sinne, lass uns nicht noch 10 Tage auf die mächste Fortsetzung warten.

Mfg Rainman.
196. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 02.03.14 03:46

Zitat
Soweit das zugegeben sehr große Kapitel 10 von Maria.
Gibt es bis hier Fragen? Unverständliches? Widersprüche? Soll ich etwas noch mal erklären?
Und nicht zuletzt, soll ich mit Kapitel 11 weiter machen?
Viele Grüße
Karl


Ich mag deine Storys aber jetzt fehlt nur noch

`` Schluss , aus , ich kann nicht mehr ! ´´

Du hattest uns 14 Kapitel versprochen
197. RE: Maria

geschrieben von Muwatalis am 02.03.14 03:53

Was soll das denn?
Auf diesen Ausspruch hab ich die Exklusivrechte!
Hier wird nicht gekniffen.
Schreib weiter, bis die Geschichte zu Ende ist.
Solange Du weiter schreibst bleiben meine Geschichten schön unbeachtet und ich kann nach Lust und Laune Faulenzen.
Also immer schön bei der Stange bleiben, äh Tastatur natürlich.

Herzlichst!

Muwatalis
198. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 02.03.14 06:05

Zitat
Was soll das denn?
Auf diesen Ausspruch hab ich die Exklusivrechte!


Und darauf bist du auch noch stolz ?

`` Kinder und betrunkene sagen meisst die Wahrheit ´´ Heisst ein Uraltes Sprichwort !

Ich komme von einem Stammi und bin hacke voll
cag_coll leistet tolle Arbeit und jammert nicht um Anerkennung !

Aber nach der gestellten Frage musste das sein !

199. RE: Maria

geschrieben von Muwatalis am 02.03.14 06:18

Hallo Fehlermeldung!

Das war doch kein Stolz, das war Selbstironie und das Eingeständnis der eigenen Niederlage von mir .

Herzlichst gute Nacht wünschend!

Muwatalis

Auf eine Katerfreien Sonntag Mittag.
200. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil 1

geschrieben von gag_coll am 02.03.14 07:30

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil 1
Autor: Karl Kollar

Schon beim Aufschließen ihrer Wohnungstür hörte die Reporterin Andrea Baselitz das Telefon klingeln. Doch da sie schon wusste, dass es nur ihre Freundin Uschi sein konnte, ließ sie sich Zeit. Erst nach dem sie sich Schuhe und Jacke ausgezogen hatte, ging sie ins Wohnzimmer und ließ sich auf ihr Sofa fallen. Schließlich griff sie zum Hörer und meldete sich.

»Na endlich!« Ihre Freundin war etwas aufgebracht. »Was meinst du, wie lange ich es schon probiere?«

»Ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag.« Andrea überhörte die Hektik ihrer Freundin.

»Nun erzähl schon, wie war es?« Uschis Stimme war sehr aufgeregt. »Hat er dir den Monohandschuh angelegt?«

»Nein, Hans ist doch heute beim Fischen.« Andrea wusste natürlich, was ihre Freundin meinte, doch sie liebte es, sie etwas aufzuziehen.

»Du machst mich verrückt.« Uschi keuchte. »Ich will doch wissen, wie es bei deinem Monohandschuh-Lehrer war.«

Andrea lachte innerlich, doch dann begann sie zu erzählen.

* * *

Andrea hatte die Nacht sehr unruhig geschlafen. Maria mit ihrem Monohandschuh und Mrs. Potter waren abwechselnd in ihren Träumen erschienen.

Sehr eindringlich erinnerte sich die Reporterin dabei an die Mahnung von Marias Erzieherin, dass sie unbedingt als Privatperson zu Herrn Weiterer gehen müsse. Die warnenden Worte klangen deutlich in ihr: »Er hasst die Presse. Lassen sie sich auf keinen Fall anmerken, welchen Beruf sie haben. Sagen sie, sie seien Lektorin bei einem Verlag. Das ist dann keine Lüge, sondern nur die halbe Wahrheit.«

Damit war Andrea einverstanden. Doch sie wollte es ohnehin nur erzählen, wenn er danach fragte. Sie hoffte allerdings sehr, dass sie sich nicht versehentlich verplappern würde.

Auch zu ihrer Kleidung hatte sie von Marias Erzieherin Tipps bekommen. »Er mag Frauen, die Röcke tragen und in High-Heels unterwegs sind, auch wenn er dies selbst nie zugeben würde.« Sie hatte gelächelt. »Sie würden ihm damit eine Freude machen. Achten sie aber darauf, dass der Rock nicht zu kurz ist.«

Sie ging an ihren Kleiderschrank und nahm das Ensemble heraus, welches sie kürzlich auch zu dem Empfang im Rathaus getragen hatte. Damit hoffte sie den richtigen Ton zu treffen.

Auch bei ihrem Schuhen brauchte sie nicht lange zu suchen, denn sie besaß nur ein Paar mit hohen Absätzen. Da sie darin kaum laufen konnte, hatte sie ihren Besuch gut geplant. Ein Taxi würde sie abholen und bis vor die Haustür fahren, so dass sie nur wenige Schritte gehen musste. Die kurzen Wege würde sie mühelos schaffen. Sonst war sie nämlich immer nur in bequemen flachen Schuhen unterwegs.

Auch den Inhalt ihrer Handtasche kontrollierte sie noch einmal. Sie wollte sichergehen, dass nichts darin war, was sie versehentlich entlarven könnte.

Der Auftrag, für Maria zu schreiben und dafür den Monohandschuh zu probieren, war nur die offizielle Ausrede. Tatsächlich war es ihre latent vorhandene Leidenschaft für Bondage, die sie zu diesem Termin trieb und die sie sonst so mühsam verbarg, vor allem vor ihrem Freund Hans.

* * *

Mit weichen Knien stieg Andrea aus dem Taxi und stöckelte etwas mühsam zur Gartenpforte. Sie hoffte, pünktlich zu sein, denn auch darauf hatte Mrs. Potter sie vorbereitet. Als sie auf den Klingelknopf drückte, hörte sie zu ihrer großen Erleichterung in der Umgebung die Kirchenglocken. Es war genau 14 Uhr.

Während sie auf das Öffnen der Tür wartete, gingen ihr noch einmal ihre Bedenken durch den Kopf. Sie wäre ihm lästig, sie würde nur seine Zeit stehlen und sie würde ihn nur belästigen mit ihren egoistischen Wünschen und ihrer »Perversion«. Doch zu ihrer Überraschung war er sehr freundlich und bat sie herein, nicht ohne ihr Äußeres schnell aber ausführlich zu mustern.

Andrea hielt den Atem an.

»Bitte machen sie mir die Freude und seien sie mein Gast.« Er bat sie ins Haus. »Seit meine Frau tot ist, bekomme ich kaum noch Besuch.«

Andrea hatte jetzt schon einen Kloß im Hals, zusätzlich zu ihrem schlechten Gewissen, dem alten Herrn etwas vor zuspielen.

Er erzählte zunächst von seiner Tochter, die jetzt in Amerika lebte, glücklich verheiratet war und zudem auch sehr erfolgreich im Beruf war. »Zwei mal im Jahr kommen sie mich besuchen, mit den Kindern.« Es war seiner Stimme anzuhören, wie stolz er auf seine Tochter war, auch wenn sie so weit weg wohnte.

Andrea hörte geduldig und fasziniert zu. Der alte Herr konnte auf eine besondere Art erzählen, die jeden sofort in den Bann zog.

»Aber jetzt kommen wir zum Zweck ihres Besuches. Warum möchten sie den Handschuh tragen?« fragte er auf einmal recht unvermittelt.

Andrea musste schlucken, bevor sie antworten konnte. Mrs. Potter hatte ihr geraten, in diesem Fall so ehrlich wie möglich zu sein, ohne ihren Beruf zu erwähnen. »Ich bin sehr fasziniert von Maria und wie anmutig sie mit dem Handschuh aussieht. Ich möchte gern ausprobieren, ob ich das auch könnte, bevor ich mir einen kaufen. Die sind schwer zu bekommen und sehr teuer.«

Mit der Antwort war Herr Weiterer zufrieden. »Es kommt nicht oft vor, das jungen Frauen sich für einen Monohandschuh interessieren.« Er stand auf und bat Andrea, sich ebenfalls zu erheben. »Legen sie bitte einmal ihre Arme auf den Rücken.«

Er wartete, bis Andrea der Anweisung nachgekommen war. »Darf ich sie einmal anfassen?«

Nach Andreas Bestätigung drückte er ihre Arme aneinander, bis die Reporterin zu stöhnen begann. Dann ließ er wieder etwas lockerer. »So würde es gehen?«

Andrea keuchte noch etwas. »Ja, ich glaube schon.«

Er hatte schon verschiedene Handschuh bereit liegen, recht zielstrebig griff er zu einem von ihnen. »Ich glaube, dieser wird ihnen passen.«

Erst jetzt erkannte auch Andrea die verschiedenen Handschuhe.

»Haben sie jemand, der ihnen beim Anlegen helfen könnte?« Es lag ein Schmunzeln in seiner Stimme. «Allein ist das etwas schwierig.«



Uschi unterbrach sie. »Und hast du Hans schon Bescheid gesagt?«

»Oh nein, wenn er mich darin einschließen darf, komme ich aus dem Handschuh so bald nicht wieder raus.« Andrea wiegelte ab. »Er wird dann leicht zum Tier und vergisst alles um sich herum.« Andrea zögerte etwas. »Ich hatte mehr an dich gedacht?«

Uschi war überrascht.

Doch Andrea ließ sich davon nicht beirren. »Ich komme Morgen vorbei und bringe den Handschuh mit.«

Uschi war überrascht. »Hast du denn schon einen Handschuh bekommen?«

»Stell dir vor«, Andrea strahlte durchs Telefon, »Herr Weiterer hat mir den Handschuh geschenkt.«

»Und er wollte so gar nichts dafür haben?«

»Nein, er sagte, es gäbe heutzutage fast überhaupt keine Mädchen mehr, die sich dafür interessieren und deswegen war er über mich sehr erfreut.«

Uschi war sprachlos.

»Ich habe aber die Auflage, ihn nie länger als eine Stunde zu tragen.« Andrea schien diese Anweisung auch zu respektieren. »Er hat mich gewarnt, dass ich mir sonst meine Schultern damit kaputt machen würde.«

»Und wie war es dann mit dem Handschuh?« Uschi war hörbar neugierig.

»Traumhaft!« schwärmte Andrea. »Ich hatte große Mühe, nicht zu stöhnen.«

Uschi lächelte durchs Telefon.

»Und dann hätte ich fast mich doch noch verraten.« Andrea hatte ein Grinsen in der Stimme.

»Wie das?« Uschi war neugierig.

»Er hatte während des Zuschnürens über die Presse geschimpft, die seiner Meinung nach über die heutigen Zustände schuld sei. Das übliche Gemeckere eben.« Andrea kannte dies zur Genüge. »Doch den Artikel über Maria hat er gelobt. ´Endlich mal mit Sachverstand geschrieben´, so hatte er gesagt.«

Uschi freute sich ebenfalls über das Lob.

»Ich war drauf und dran, mich für das Kompliment zu bedanken. Erst im letzten Moment ist mir eingefallen, dass ich mich ja dadurch verraten hätte.«

Erst jetzt erkannte Uschi, in welcher Situation ihre Freundin gesteckt hatte.

»Dann wurde die Schnürung immer enger und hat mich etwas abgelenkt.« Andreas Erleichterung war jetzt noch zu hören.

»Und wie lange warst du dann im Handschuh?« Uschi war fasziniert.

Andrea seufzte vor ihrer Antwort. »Ich habe es nur 10 Minuten ausgehalten, dann taten mir meine Schultern weh.«

»Oh je.«

»Ich weiß jetzt Marias Leistung viel mehr zu schätzen.« Die Stimme der Reporterin zeigte echte Bewunderung. »Sie hält das mehrere Stunden aus.« Andrea machte eine Pause. »Aber es ist ein tolles Gefühl, nicht mehr über die Arme verfügen zu können. Ich möchte das bald noch mal erleben.«

Uschi hörte die Aufforderung heraus. »Komm doch einfach morgen mal vorbei. Ich freue mich schon auf dich.«

»Sehr gern.« Andrea freute sich auf den Besuch. »Nur Hans darf davon nichts mit kriegen.«

»Hat er dir jetzt endlich mal einen Antrag gemacht?« diese Frage stellte Uschi sehr oft.

»Nein, ich glaube, er will sich noch nicht binden. Aber immerhin macht er sehr gern alle die Fotos, die ich für meine Serie brauche.«

Uschi war überrascht. »Du hast eine Serie bekommen?«

»Ich darf sechzehn Artikel über Maria und das Fest schreiben.« Andreas Stolz war deutlich zu hören.

»Stimmt, jetzt wo du es sagst, zwei davon habe ich ja schon gelesen.«

»Aber irgendwas stimmt da nicht.« Andrea erzählte von den Erlebnissen aus der Klinik. »Laut der Schwester wurden wichtige Untersuchungen nicht gemacht.«

Uschi hörte sich die Vermutungen ihrer Freundin höflich an.

»Auch in den Polizeiakten findet sich kein Hinweis auf einen Unfall. Und es war sehr auffällig, wie schnell Maria nominiert wurde.«

»Du spinnst doch.« Uschi war empört. »Warum sollte der Baron seine Tochter aus dem Weg räumen sollen. Das macht doch überhaupt keinen Sinn?«

»Du glaubst mir wieder nicht?« Andrea war etwas enttäuscht.

»Du musst es beweisen können.« Uschi wusste, dass ihre Freundin manchmal etwas abstrusen Theorien nacheiferte.

»Also ich komme dann Morgen Nachmittag vorbei und bringe den Handschuh mit.« Andrea wollte sich von ihrer Freundin nicht die Laune verderben lassen.

Sie verabschiedeten sich.
201. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.03.14 13:39

Zitat
Was soll das denn?
Auf diesen Ausspruch hab ich die Exklusivrechte!
Hier wird nicht gekniffen.
Schreib weiter, bis die Geschichte zu Ende ist.
Solange Du weiter schreibst bleiben meine Geschichten schön unbeachtet und ich kann nach Lust und Laune Faulenzen.
Also immer schön bei der Stange bleiben, äh Tastatur natürlich.

Herzlichst!

Muwatalis


Soso, das glaubste doch wohl selber nicht.
Solange du dich auf 3 bis 4 Geschichten beschränkst und regelmäßig mal einen neuen Teil veröffentlichst und nicht alle gefühlte 3 Monate (wegen auch gefühlten 3000 weiteren Storys die auch noch offen hast) macht das lesen von deinen Geschichten Spaß. Aber wenn ich alle 2 - 3 Monate zu einer Geschichte erst die nächste Fortsetzung lese, dann warte ich lieber bis sie fertig ist. Dann verliere ich nicht immer den Anschlußpunkt.

Mfg Rainman.
202. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 02.03.14 14:52

Tolle Fortsetzung Karl.
So Andrea hat also ihren 1. Monohandschuh bekommen und kann jetzt Maries Fähigkeit bessser Verstehen. Vielleicht bekommt der Lehrer ja doch noch mehr zu tun wenn Andrea ihre Freundin auch sozusagen Anfixt.
Der Geneigte Leser weiß natürlich das es 2Millionen Gründe gibt die Barones aus dem Weg zu Schaffen.
203. RE: Maria ... Oh je

geschrieben von gag_coll am 02.03.14 15:22

Oh je...

So hatte ich das aber nicht gedacht...

Honig ums Maul... ja gut... den lecke ich ja gern ab, wenn er da ist... (abgesehen mal davon, dass ich Honig eigentlich gar nicht mag). Aber meine Beweggründe waren eigentlich andere...

Zum einen hoffte ich auf eure ehrliche(!) Meinung zu Kapitel 10. Insbesondere würde mich interessieren, wie Doris und vorallem Amelie bei euch angekommen sind. Diese beiden waren ursprünglich überhaupt nicht geplant, die haben sich sozusagen selbst in die Geschichten hinein geschrieben.

Und zum anderen muss ich auch eingestehen, dass von Kapitel 12 bisher nur ca. ein Drittel fertig ist, der Rest muss erst ausformuliert werden... und das wird noch einige Zeit dauern. Kapitel 3 bis 11 waren wie gesagt schon fertig als ich mit dem Posten hier begonnen habe.

Zitat
Du hast auf 10 Web-Seiten eine Gelesen Rate von fast 75.000 mal. Haste mal geschaut wieviele Autoren das ausser dir noch scchaffen? Und die schreiben auch wirklich gute Stories.


Der Lesezähler ist eines... aber Feedback zu meinen Geschichten ist mir eben sehr wichtig. Es darf auch gern Kritik sein oder das Aufzeigen von logischen Fehlern.

Zitat
Aber du bist eigentlich nur am rumjammern, wenn mann dir nicht nach jedem posting mindestens 5 mal Honig ums Maul schmiert.


Oh je, erwecke ich wirklich so einen Eindruck?

Zitat
Ich finde toll, dass du nun Maria erkennen lässt, dass sie mit ihren sagen wir mal \"Vorlieben\" nicht alleine auf der Welt ist. Als ich meine ersten Experimente machte, dachte ich auch, ich wäre alleine damit. Aber wie mir dieses Forum hier zeigt, gibt es eine Menge Leute, die Erfahrungen austauschen und auch Tipps geben.


Damit liebe kamikazekifferin hast du mir eine große Freude gemacht, denn genau das wollte ich mir dieser Geschichte unteranderen rüber bringen.

@Fehlermeldung: etwas "leiser" hätte es auch getan...

@Muwatalis: Wieso Niederlage? Wir führen doch hier keinen Krieg gegeneinander... Falls du das so empfindest, bitte ich um Entschuldigung.
204. RE: Ohje

geschrieben von Rainman am 02.03.14 17:38

Hallo cag_coll.

Naja, das mit dem "Honig ums Maul schmieren" ist doch nur eine Redewendung.

Aber ich verstehe schon, das Autoren halt auch mal ein paar Streicheleinheiten fürs ego brauchen.

Aber auch ein richtiger Schreiberling, der große Bücher veröffentlicht hat halt, bis auf geringe ausnahmen, nur den Rückgriff auf die Verkaufszahlen. Und du hast hier einige treue Leser, die zwar nichgt nach jedem veröffentlichten Teil dir eine Rückmeldung geben, aber doch öfter mal was schreiben.

So und nun noch was zu Teil 10. Auch wenns eher für den weiteren Teil der Story nicht unbedingt wichtig ist, oder ich mich halt von dir überraschen lasse, was du draus machst.

Das du Doris und später auch noch Amelie mit ihrem Anhang ins Spiel gebracht hast hat mir sehr gut gefallen. Das hat was besonderes in deine Story gebracht.
Ich persönlich würde gerne mehr mit denen erleben. Hast du schon mal daran gedacht, das du Doris und Amelie über Inka in verbindung bringen könntest? So in der Art, das Inka die Ideen hat unds Doris sich um die Umsetzung kümmert. Wegen ihrer Fähigkeiten wäre das doch ne coole Combi. Und das sich vllt Maria auch mit Stahl noch anfreundet.
Vor allem braucht Maria ja noch ein parr Dienerinnen fürs Katarinenfest. Wäre das nichts für die beiden? Ich sach jetzt mal ganz salopp: Mach was draus.

Naja, ich las mich mal überraschen was uns noch so lieferst. Sonst ist die spannung dahin.


Mfg Rainman
205. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 02.03.14 19:30

Hallo gag_coll,

nun denn mein Mostrich. Maria war der Grund meiner Anmeldung hier im Forum. Und hauptsächlich die Gewaltlosigkeit dieser Geschichte rund um Maria selbst.

Das noch andere Personen den "Leidensweg" der Prinzessin betreten und auch beeinflussen liegt eigendlich in der Sache der Zeit. Wie Inka und Doris als Ideengeber und -umsetzer miteinander und mit den Bondagetten umgehen ist in meiner Sichtweise eher zweitrangig. Das würde die eigentliche Geschichte mir zu doll "aufpusten".

Mich würde eher als zweiter Strang die Entwicklung von Paul vom Erfüllungsgehilfen zum Partner und Ehemann (?) von Maria interessieren. Und ob Selma und Doro in der nötigen Kirchenprobe das Aufgebot bestellen, damit die Festhochzeit in beisein des Bürgermeisters echt und legal wird. Damit wäre der Baron automatisch raus ( ).

soweit mein Senf, aber bitte frag nicht nochmal ob du fortsetzen sollst.
Mach einfach so wie du kannst. Danke
206. RE: Maria

geschrieben von keuschy am 02.03.14 20:54

Nun juckt es mich doch in den Fingern, zu dieser Diskussion einen Kommentar abzugeben.
Hallo cag_coll.
Ich persönlich kann deinen Frust sehr gut nachvollziehen. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht daran, dass sich an deinem Aufruf zu aktiveren Teilnahme etwas ändern wird. Es vergeht kein Jahr, indem sich hier nicht ein Autor über mangelndes Feedback beklagt. Wir leben nun einmal in einer Zeit, in der der Konsum an vorderster Stelle steht. Dank WWW braucht es nur ein paar Klicks und man kann sich überall und dazu noch kostenlos berieseln lassen. Wie die Geschichten zustande kamen und welche Mühen dahinter stecken, ist für die meisten Leser wahrscheinlich gar nicht mehr nachvollziehbar. Wenn ich mir bloß überlege, wie viele Fortsetzungen jede Woche nur in diesem Forum gepostet werden! Mit diesem Hintergrund glaube ich ehrlich gesagt nicht daran, dass es dir gelingt, deine Leser dazu zu animieren, dir einen Rahmen für deine Fortsetzungen zu liefern. Du könntest höchstens die Anregungen aus den Postings, die du von den einzelnen Folgen bekommst dafür nutzen um deine Geschichte zeitnah weiterzuschreiben. Ansonsten halte es am besten so, wie es schon der Volksmund sagte „Wer A sagt muss auch B sagen“. Grob übersetzt, du hast dir diese geniale Geschichte einfallen lassen, nun musst du dich auch um die Fortsetzung kümmern. ) So oder so, lass uns nicht so lange darauf warten.

Hallo Rainman
Du schreibst, du würdest verstehen, dass die Autoren Streicheleinheiten für ihr Ego brauchen. Im nächsten Satz vergleichst du uns mit kommerziellen Schreibern, die ihr Feedback an den Verkaufszahlen sehen. Ich möchte hier mal eine Lanze für alle Autoren brechen. Zuerst einmal sind ´wir Schreiberlinge, die die Geschichten ausschließlich in ihrer Freizeit schreiben. Wir bekommen für unsere Texte keinen einzigen Cent. Und trotzdem schreiben wir. Der wirklich einzige „Lohn für unsere Mühe“ sind meiner Ansicht nach die Postings. Ich möchte jetzt nicht dich damit angreifen oder dir in irgendeiner Form zu nahe treten, denn eigentlich gehörst du ja nicht zu den „Nur Konsumenten“. Ich akzeptiere, wenn du sagst, du schreibst gelegentlich deine Kommentare und ich find es super. Ich als Autor mache mir aber schon meine Gedanken wenn die Kommentare weniger werden oder gar ganz ausbleiben. Da helfen mir auch keine guten Klickzahlen. Ich bewerte meine Geschichten nur nach den Kommentaren, die ich bekomme. Stell dir mal vor du würdest in einer Band spielen. Wäre es für dich befriedigend wenn du, nur am Ende des Konzerts Beifall bekommen würdest? Wenn überhaupt? Ganz unabhängig, ob die Veranstaltung ausverkauft wäre oder nur die Hälfte der Zuhörer da wäre? Was ich damit sagen möchte, hunderte Leser bekommen hier in regelmäßigen Abständen immer wieder guten Lesestoff kostenlos geliefert und jede Geschichte hier hat nur ein paar wenige Stammleser, die gelegentlich Posten. Der große Teil der Mitleser dagegen bringst es nicht auf die Reihe, ein kleines Danke in Form eines Postings zu senden. Nicht das ich hinter jeder Fortsetzung zig Mal gefällt mir lesen möchte, dies wäre ebenfalls kontraproduktiv, aber ein gelegentlicher Kommentar würde keinen umbringen. Bitte nicht falsch verstehen, ich wollte damit nur klarstellen, dass sich die Autoren in diesem Forum nicht mit den richtigen Schreiberlingen, die damit Geld verdienen, vergleichbar sind.

Mfg Keuschy
207. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.03.14 23:09

@keuschy

Hmm, so wollte ich das nicht ausdrücken.
Es sollte nur ein Vergleich sein. Das es hier so nicht funktioniert ist doch wohl hoffentlich jedem klar. Ein Autor, der Romane schreibt und die Veröffentlicht, will dafür schlieslich Geld haben.
Dies trifft für euch ja wohl (hoffentlich) nicht zu. Ich habe einen Höllenrespekt vor Leuten, die solche Stories schreiben. Vor allem weil ich nie das Talent haben könnte (und davon bin ich Felsenfest überzeugt) sowas aus meinen verdrehten Gehirnwindungen zu saugen. Ich finde das was hier viele schreiben einfach unglaublich gut und wir Leser können nur von Glück reden, das es hier viele "Schreiberlinge" gibt, die halt einen Teil ihrer Freizeit opfern um uns "nur Leser" mit ihrer Fantasie zu beglücken.

Mfg Rainman
208. RE: Maria

geschrieben von bounty am 03.03.14 01:07

Das Thema Geschichten schreiben und Kommentare abgeben ist leider eine unendliche Geschichte.

Keuschi spricht mir mit seinem Statement wirklich aus der Seele.

Zitat
Ich persönlich kann deinen Frust sehr gut nachvollziehen. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht daran, dass sich an deinem Aufruf zu aktiveren Teilnahme etwas ändern wird. Es vergeht kein Jahr, indem sich hier nicht ein Autor über mangelndes Feedback beklagt. Wir leben nun einmal in einer Zeit, in der der Konsum an vorderster Stelle steht. Dank WWW braucht es nur ein paar Klicks und man kann sich überall und dazu noch kostenlos berieseln lassen. Wie die Geschichten zustande kamen und welche Mühen dahinter stecken, ist für die meisten Leser wahrscheinlich gar nicht mehr nachvollziehbar……..


Jetzt versteht mich nicht falsch. Ich will hier nicht um Kommentare und Lob für mein eigenes Geschreibsel buhlen, denn ich schreibe, wenn es meine Zeit erlaubt, weil es mir Spass macht und ich dabei entspannen kann. Trotzdem frage ich mich manchmal warum ich meine Phantasien veröffentliche.

Denn es ist nicht nur frustrierend, wenn die Anzahl der Klicks ansteigt und nur wenige Leser dem Schreiber mal ein Lob aussprechen oder auch mal eine berechtigte Kritik geben. Erst wenn ein Autor entweder frustriert ist oder aber das Gefühl hat dass seine Geschichte nicht ankommt und sein Werk unvollendet einstellt kommen dann Fragen wie

Wann geht es denn hier endlich weiter?

oder Kommentare wie

So ein Mist, schon wieder eine Storyleiche.

Ich glaube dass einige vielversprechende Geschichten hier von den Lesern einfach “totgeschwiegen“ werden.

Rainman schreibt.


Zitat
Aber ich verstehe schon, dass Autoren halt auch mal ein paar Streicheleinheiten fürs ego brauchen.

Aber auch ein richtiger Schreiberling, der große Bücher veröffentlicht hat halt, bis auf geringe ausnahmen, nur den Rückgriff auf die Verkaufszahlen. Und du hast hier einige treue Leser, die zwar nichgt nach jedem veröffentlichten Teil dir eine Rückmeldung geben, aber doch öfter mal was schreiben.


Die Autoren hier erhalten keine Kohle und das ist völlig ok. Aber der Vergleich hinkt. Für hohe Verkaufszahlen erhalten die Profis Geld. Wenn das hier so wäre würden vermutlich viel mehr Leute hier posten, allerdings nicht aus Leidenschaft, sondern um Asche zu machen und ich glaube das währe der Tot dieses Forums.

Es wäre schön, wenn alle stillen oder sehr stillen Leser dies mal bedenken und vielleicht doch hin und wieder mal ein Feedback geben oder einfach mal Danke sagen.


Nun aber zum Schluss noch ein dickes Lob an Karl.

Ich finde deine Story aussergewöhnlich und wirklich lesenswert. Es ist schön zu sehen wie sich deine Protagonisten entwickeln und besonders gut gefällt mir dass du auf Gewalt in deiner Geschichte verzichtest. Mach weiter so. Ich hoffe noch viele Teile lesen zu dürfen.

bounty

209. RE: Maria

geschrieben von folssom am 03.03.14 01:09

Hallo gag_coll,

nun kommt auch von mir ein Kompliment zu deiner story.

Gerade die Hinzunahme neuer Personen, wie Amelie und Doris, geben dir weitere Möglichkeiten, die Geschichte abwechslungsreich fortzuführen.

Freundl. Gruß
210. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 03.03.14 19:54

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Renate Beyer, die Betreuerin des Prinzenpaares stand am Schultor und wartete auf Paul und Maria. Heute am Montag stand der Sponsorenbesuch in der Metzgerei Sauer an und weil dieser Termin so früh angesetzt war, holte Renate ihre Schützlinge direkt von der Schule ab. Seit einigen Wochen begleitete Renate jetzt die beiden Darsteller und so nebenbei erschien es ihr, als würde Maria von mal zu mal immer selbstbewusster zu werden.

Mittlerweile war es Renate klar geworden, dass Maria auch schon vor ihrer Nominierung in der Lage war, so einen dieser seltsamen Handschuhe zu tragen. Auch wenn sie nicht wusste, warum sie das konnte. Im Gegenteil, es freute die Betreuerin, dass Maria bei ihrem sehr knappen Terminplan den sonst so schwierigen Teil der Rolle schon konnte und dies nicht mehr üben musste. Als Paul und Maria aus dem Portal kamen, blieben sie kurz stehen und schienen Ausschau zu halten.

Renate hob ihren Arm und winkte kurz. Dann griff sie in ihre Tasche und holte den weißen Monohandschuh heraus, den sie zuvor bei Marias Erzieherin geholt hatte.

»Es tut mir leid«, sagte Renate nach der Begrüßung, »aber Sauers haben extra dafür bezahlt, dass die Katerina gleich mit ihrem Handschuh kommt.« Sie lächelte etwas verlegen, dann reichte sie Paul den Handschuh. Sie spürte die Verwunderung der beiden Verliebten. »Mrs. Potter war so nett und hat mir den Handschuh gleich mitgegeben.«

»Das ist kein Problem.« Maria hatte ein leichtes Zittern in der Stimme. »Paul wird mir hinein helfen.«

Obwohl Paul beim Anlegen des Handschuhs alles so machte wie immer, spürte er, dass Maria große Mühe hatte, ihre Erregung zu unterdrücken. Er hielt mit der Schnürung kurz inne und fragte, ob alles in Ordnung sei.

Diese Frage schien Maria aus ihren Gedanken zu reißen. »Ich musste gerade an Amelie denken. Sie wäre jetzt sicher gern an meiner Stelle.«

Paul stimmte ihr zu. Gleichzeitig wurde es ihm zum ersten Mal bewusst, dass es Maria durch das Fest möglich war, in der Öffentlichkeit ihren Fesseln zu tragen. Auch wenn bisher keiner von ihnen den Monohandschuh so direkt als Fesseln wahrgenommen hatten.

Langsam schnürte er den Handschuh weiter zu und als er wieder Marias Stöhnen hörte, hatte er eine Idee. »Welches ist der Betrag des Einheitsvektors?« Er hatte bewusst ein ganz einfache Frage genommen, weil er Maria nur aus ihren Gedanken reißen wollte.

»Natürlich ´Eins´.« Maria war etwas verwundert, warum Paul so eine einfache Frage stellte.

Paul grinste und schnürte weiter. Doch jetzt unterblieb Marias Stöhnen.

Erst als er fertig war, erkannte Maria, was seine Frage bewirkt hatte. »Das kannst du öfters machen.«

* * *

Die Metzgerei kannte Maria schon seit ihrer Kindheit, weil ihre Mutter sie oft mit zum Einkaufen genommen hatte. Doch so voll wie diesmal hatte sie den Laden noch nie gesehen. Sie zögerte und ihre Schritte wurden langsamer.

Paul spürte, dass Maria seit dem Wochenende bei Grünbergs verändert war. Sie schien das Tragen des Handschuhs jetzt etwas anders zu sehen. Er versuchte ihre Bedenken zu zerstreuen. »Du bist die Darstellerin der Katerina und dafür trägst du den Handschuh.« Er hatte das ´dafür´ extra betont.

Maria machte trotzdem einen sehr schüchternen Eindruck und suchte den Blick ihrer Betreuerin. »So viele Leute.«

Renate erkannte, dass Maria vor der Menge der Leute Angst oder Respekt hatte, sie verstand nur nicht, warum das so war. Doch als Betreuerin war sie gemäß ihrer Aufgabe bemüht, Maria bei ihren vielen Verpflichtungen zu helfen und ihre entsprechende Ängste zu nehmen.

Doch zu Marias Überraschung bekam sie sehr viel Lob für ihr Auftreten. Besonders die älteren Leute waren alle sehr nett und fast jeder wollte ihren Handschuh bewundern.

Paul beobachtete Maria sehr genau und sah nicht nur ihre leuchtenden Augen, sondern auch ein leichtes Zittern, welches er schnell als Nervosität erkannte. Er trat auf sie zu und nahm sie in den Arm. Dafür bekam er von den Leuten ebenfalls Glückwünsche und viele stellten fest, dass sie ein tolles Prinzenpaar werden würden.

Auf einmal nahm sie Renate beiseite. »Es möchte dich noch jemand beglückwünschen zu deiner Rolle.« Sie drehte sich zu einer alten Frau, die im Rollstuhl saß. »Dies ist Elisabeth, die älteste noch lebende Darstellerin einer Katerina.« Renate warf einen Blick in ihre Unterlagen. »Sie hat das letzte Fest vor dem Krieg gespielt.«

Anna, die Tochter des Metzgers schob den Rollstuhl etwas heran. Dann beugte sie sich zu der Frau hinunter. »Oma, dies ist Maria, die heurige Katerina.«

Maria stutze einen Moment, dann fiel ihr ein, woher sie Anna kannte. Sie tanzte ebenfalls in der Tanzgruppe mit und deswegen begrüßten sie sich entsprechend.

Maria trat auf den Rollstuhl zu und war einen Moment etwas verlegen, denn sie wusste nicht, wie sie die alte Frau richtig begrüßen sollte. Doch schließlich entschied sie sich für einen angedeuteten Knicks.

Renate trat auf Maria zu. »Bitte entschuldigt, ich hatte mich schlecht vorbereitet.« Sie blickte noch einmal in ihre Unterlagen. »Die Familie hat eine kleine Bitte.«

Maria drehte sich zu Renate. »Ja?«

»Elisabeth möchte ein wenig mit dem Prinzenpaar allein sein.« Renate beschrieb, dass sie nicht mehr so gut hören könne und dass es ihr hier im Laden viel zu laut sei.



Im Nebenzimmer, es war eigentlich das Büro der Metzgerei, war ein kleines Tischchen aufgebaut mit einer weißen Decke und einem kleinen Blumenstrauß. Getränke und Gläser standen bereit und ein Teller mit Knabbereien stand daneben.

Maria und Paul gingen respektvoll hinter Anna her, die ihre Oma in das Büro schob. Zwei Hocker standen bereit, so dass Paul und Maria neben Oma Sauer sitzen konnten.

»Zeige mir mal deine Arme.« Obwohl es sehr leise im Büro war, konnte man Elisabeth Sauer gerade so zu verstehen.

Maria stand auf und stellte sich mit dem Rücken neben den Rollstuhl, so das Oma Sauer ihre Arme anfassen konnte. Sie schluckte etwas, als sie die zitternden Hände der alten Frau spürte. »Du hast dich aber sehr intensiv auf deine Rolle vorbereitet.«

Maria wollte diese Frau nicht belügen. »Ich trage den Handschuh jetzt schon seit einigen Jahren, lange bevor ich von dem Fest wusste.«

»Ja, so etwas dachte ich mir schon.« Oma Sauer war über die Ehrlichkeit von Maria sichtlich erfreut. »In meiner Jugend gab es viele Mädchen, die einen Monohandschuh tragen konnten.«

Maria wusste nicht, was sie antworten sollte. Aber zumindest spürte sie, dass sie sich wieder auf ihren Hocker setzen konnte.

»Du wirst die Rolle gut spielen, lerne nur gut deinen Text.« Sie berichtete etwas von der Zeit, in der sie die Rolle spielen durfte. »Es war das letzte Fest vor dem Krieg und die Herren Machthaber hatte ein strenges Auge auf die Darstellung.«

Paul hatte in Gedanken nachgerechnet und er kam zu dem Schluss, dass es das Fest 1935 gewesen sein musste.

Die Oma erzählte mit leiser Stimme von dem Fest und von der Begeisterung, die in der damaligen Zeit herrschte. »Es war eine schöne Zeit und wir ahnten noch nicht, was kommen würde.«

Maria begriff schnell, dass sie sich mit einer Zeitzeugin unterhielt und vor allem wegen der bald anstehenden Prüfungen im Gymnasium hörte sie sehr aufmerksam zu und stellte auch die eine oder andere Frage.



Es klopfte an der Tür und gleich darauf steckte Frau Sauer den Kopf zur Tür herein. »Wie weit bist du, Mutter?« Sie trat herein. »Wir wollten dann die Führung machen.«

»Wenn du in der Kutsche sitzt, dann musst du unbedingt winken.« Die Stimme von Oma Sauer klang sehr eindringlich. »Versprichst du mir das?«

Maria musste schlucken, bevor sie eine Antwort geben konnte. »Ja, ich werde winken.« Doch tief in ihrem Inneren tat es ihr leid, die alte Frau belügen zu müssen. Denn sie ging fest davon aus, dass sie auch in der Kutsche ihr Gebet auf dem Rücken tragen würde. Und damit konnte sie nicht winken.

Maria hatte erwartet, dass Oma Sauer sich jetzt verabschieden würde, doch zur Überraschung aller wollte die Dame bei der Führung dabei sein. »So eine tolle Fähigkeit verdient Bewunderung.«

Frau Sauer war überrascht. »Du warst schon seit Ewigkeiten nicht mehr in der Metzgerei?«

Oma Sauer ließ ein Lächeln sehen. Sie blickte kurz aber eindringlich zu Maria, die diesen Blick etwas verlegen erwiderte. Dann drehte sie sich zu ihrer Enkelin um und blickte sie auffordernd an.

Anna schob ihre Oma aus dem Büro und die anderen gingen langsam hinterher.



Frau Sauer führte ihre Gäste durch die Arbeitsräume der Schlachterei und erklärte jeweils, was in den jeweiligen Räumen gemacht wurde.

Maria verglich diese Führung mit der letzten in der Großbäckerei und sie fand es sympathisch, dass es sich bei der Metzgerei um einen kleinen Familienbetrieb mit nur wenigen Angestellten handelte.

Sie hatte schnell ihren Handschuh vergessen und schwelgte von sich aus in Erinnerungen. »Ich war immer gern hier zum Einkaufen.« Sie erzählte, wie sie anfangs immer mit ihrer Mutter da war, und dabei kaum in die Auslage schauen konnte. »Immer gab es eine Scheibe Wurst, das war toll«, erzählte sie mit Begeisterung. »Es riecht heute noch so wie früher.«

Frau Sauer gab ihrer Tochter ein Zeichen. »Wir hätten da etwas vorbereitet.« Sie lächelte.

Anna Sauer kam mit einem Teller zurück. Darauf waren diverse Wurstscheiben hübsch angerichtet und es lagen zwei Gabeln darauf. »Möchtest du eine Scheibe Wurst?« Ihr breites Grinsen verriet, dass sie diesen Satz extra vorbereitet hatte.

Maria war über diese Geste sichtlich gerührt. »Das sieht ja lecker aus.« Doch dann wurde sie auf einmal verlegen, denn sie wurde sich wieder ihrer gefangenen Arme bewusst. Sie blickte etwas ratlos zu Paul.

Paul hatte die Dialoge sehr aufmerksam verfolgt und er hoffte, jetzt das Richtige zu tun. Er ergriff eine der Gabeln auf dem Teller, spießte eine der Wurstscheiben auf die Gabel und führte sie dann an Marias Mund.

Maria öffnete ihren Mund lächelnd und ließ sich die Wurstscheibe in den Mund schieben. Doch während sie kaute, begann sie wieder etwas heftiger durch die Nase zu atmen.

Paul stutze einen Moment, dann erkannte er, was los war. Er hoffte, dass sein »Trick« von vorhin wieder funktionieren würde. Er beugte sie zu ihr hinüber und flüsterte ihr ins Ohr. »Zweite binomische Formel?«

Maria blickte ihn verblüfft an, dann schluckte sie die Wurst hinunter und war wieder in der Lage, sich um die Gegenwart zu kümmern. »Danke, das war sehr lieb.«



Als sie zurück in den Verkaufsraum kamen, war der Chef gerade dabei, einige Sektflaschen zu öffnen. Es waren jetzt noch mehr Leute im Verkaufsraum, da es hatte sich herum gesprochen, dass die Katerina heute ins Geschäft kommen würde.

Maria bekam sogar Applaus, als sie wieder den Laden betrat und eine Zuschauerin sprach aus, was alle dachten. »Sie machen das toll und sind eine bessere Katerina als die Baroness.«

Herr Sauer griff den Gedanken auf. »Darauf wollen wir trinken.« Nachdem er alle Gläser gefüllt hatte, begannen er und seine Frau diese an die Anwesenden zu verteilen. Frau Sauer nahm zwei Gläser vom Tablett und ging damit auf das Prinzenpaar zu. Doch erst als sie Marias nicht sichtbare Arme wahrnahm, bemerkte sie ihren Fehler. »Oh, das geht so ja gar nicht.«

Doch Maria konnte ihre Sorgen entkräftigen. »Das machen wir schon.« Sie drehte sich zu ihrem Freund. »Wir probieren das jetzt mal. Ich nehme nur einen Schluck und dann setzt du wieder ab.«

Erst im Nachhinein konnte Paul darüber nachdenken, warum ihm dieser kurze Sektempfang so viel Kraft gekostet hatte. Es war weder Marias Handschuh noch ihre Hilflosigkeit, die ihn so sehr beschäftigten. Es war vielmehr die Befürchtung, Maria könne durch einen Fehler von ihm gedemütigt werden, in dem sie zum Beispiel ihre Bluse bekleckern würde. Paul war hoch bemüht, ihr jegliche Peinlichkeit zu ersparen.

Marias Trinkversuch ohne ihre Arme ging ihm wie in Zeitlupe noch lange im Kopf herum. Er hatte sich sehr anstrengen müssen, damit seine Hand kein Zittern zeigte, als er das Glas an ihre Lippen hob. Er hielt sehr intensiven Blickkontakt zu ihr, als er das Glas dann langsam anhob. Als Maria das Prickeln an ihren Lippen spürte, öffnete sie diese und ließ etwas Sekt in ihren Mund fließen. Paul hatte in diesem Moment nur Augen für ihre Lippen und sobald Maria diese wieder schloss, senkte er das Glas wieder ab. Erst als Maria ihre Lippen von dem Glas löste, stellte er das Glas wieder auf das Tablett und konnte dann einen Schluck aus seinem Glas nehmen.

Obwohl die ganze Szene nur drei Sekunden gedauert hatte, kam es Paul wie eine Ewigkeit vor. Um so größer war entsprechend auch seine Erleichterung, als er erkannt hatte, dass Maria sehr würdevoll einen Schluck Sekt hatte trinken können und nichts von allen daneben gegangen war.

Die Anwesenden waren sehr beeindruckt. »Ihr seid gut auf einander eingespielt.« bemerkte Renate bewundernd.

Maria wartete, bis auch Paul sein Glas abgesetzt hatte, dann drehte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf den Mund. »Danke mein Schatz.« Sie wollte ihr Glück mit ihm teilen.

Applaus brandete auf und es waren vereinzelte Stimmen zu hören, die das Paar bewunderten.

»Ihr werdet ein tollen Prinzenpaar werden.«

»Man kann euer Glück gut sehen.«

»Das wird ein tolles Fest werden mit euch.«

Doch dann musste Renate zum Aufbruch mahnen. »Die Katerina hat heute noch einen anderen Termin.«

Maria zuckte kurz zusammen, denn die Worte der Betreuerin hatten sie daran erinnert, dass sie als nächste wieder ihre Ketten anprobieren sollte.
211. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 04.03.14 02:32

Gag_coll

Wieder eine tolle Fortsetzung nur eines habt ihr Schreiber alle gemein ihr hört an der spannendsten Stelle auf. grgr

Weiter so kann kaum erwarten was noch alles passiert es wäre aber schade wenn alles mit dem Fest endet und dann nur noch die baroness ausgebildet wird wir lieben alle Maria und Paul bitte die nicht vergessen

Lieben Gruß

Bea
212. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 04.03.14 21:26

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Doris, die Tochter des Kunstschmiedes, schien sie schon erwartet zu haben, denn kaum hatte Renate geklingelt, als sie die Tür auch schon geöffnet hatte. Sie sagte nichts, sondern bat ihre Besucher mit einer Handbewegung herein. Dabei trug sie wieder die Ketten, die sie auch schon beim ersten Termin getragen hatte.

Mit einer weiteren Geste zeigte sie auf den Mundschutz, den sie trug. So etwas war sonst immer bei Smog zu sehen. Doch als sie voran ging in die Schmiede, war auch ein verräterischer schwarzer Riemen unter ihrem Haar zusehen, der teilweise durchschimmerte.

Maria stupste Paul kurz an und machte ihren Mund kurz auf, dann blickte sie zu Doris.

Paul nickte viel sagend. »Das habe ich mir auch schon gedacht.« Er grinste. »Faszinierend.«



In der Schmiede wurden sie von Doris Vater begrüßt, der Maria gleich wieder zu dem kleinen Tischchen führte, welches wieder aufgebaut war. »Mein Geselle ist heute in der Stadt, Material einkaufen. Und meine Tochter hat heute etwas Probleme mit ihrer Stimme.« Er warf ihr einen seltsamen Blick zu, den Doris etwas verlegen erwiderte.

»Wir wollen heute die Längen der Verbindungsketten ausprobieren und die Maße feststellen.« Er bat seine Tochter, Maria die eisernen Manschetten anzulegen.

Doris nahm eine der Schellen in die Hand und blickte Maria auf ihre linke Hand. Etwas sagen tat nicht. Ein sehr leises Zischen war zu hören, welches Maria aber sehr bekannt vor kam. So klang sie selbst auch, wenn sie ihren Knebel für das Sprachtraining trug und durch den Mund Luft holen wollte.



Renate wartete ab, bis Doris alle vier Schellen um Marias Hand- und Fußgelenke gelegt hatte, dann griff sie zu ihren Unterlagen und bat um die Aufmerksamkeit von Doris. »Der Vorstand hat dich ausgewählt, um die Rolle der ersten Dienerin zu spielen.«

Von Doris war ein gedämpfter Juchzer zu hören. Es war ihr anzusehen, wie sehr sie sich über diese Nachricht freute. Immerhin war diese Rolle nach der Katerina die wichtigste Rolle für eine weibliche Darstellerin auf dem Fest, da die Katerina so gut wie immer von ihrer Dienerin begleitet wurde. Doch dann wurde Doris rot und blickte sich verlegen um.

»Wir wissen, dass du einen Knebel trägst.« Paul griff in seine Tasche und zeigte den Ball vor, den er immer für Maria dabei hatte. »Du musst ihn nicht verstecken.«

Doris versuchte, mit den Händen ihr Gesicht zu erreichen, doch die Länge ihrer Ketten ließ das nicht zu. Sie blickte etwas verlegen zwischen Paul und Maria sowie ihrem Vater hin und her. Doch Herr Schwerterle hatte sich wieder seiner Arbeit zugewandt.

Paul blickte fragend, aber entschlossen zu Maria.

Sie wusste, was ihn bewegte. »Mach es ruhig.«

Paul griff zu der weißen Maske und zog sie Doris vorsichtig über den Kopf.

Zum Vorschein kam ein schöner roter Ball, der von Doris Lippen fast liebevoll umrahmt wurde.

»Soll ich ihn dir abnehmen?« fragte Paul mit freundlicher Stimme.

Doris blickte etwas verlegen, dann drehte sie ihren Kopf und schüttelte etwas ihre Haare. Sie fuchtelte ein wenig mit ihren Händen und drehte ihre Hand herum.

Maria verstand, was sie sagen wollte und sie schien auch die Zusammenhänge erkannt zu haben. »Dein Verlobter hat ihn abgeschlossen?«

Doris nickte etwas verlegen. Dafür kam aus ihren Augen ein ganz besonderes Strahlen.

Renate räusperte sich etwas. Sie reichte Doris ein paar zusammengeheftete Seiten. »Ich habe dir hier zusammengestellt, was du für deine Rolle wissen musst.« Sie schien sich von dem Schrecken erholt zu haben. »Und du dürftest, wenn du möchtest, auch so Ketten tragen wie Maria.«

Doris war sprachlos. Das war ihrem Blick sehr deutlich anzusehen. Selbst wenn sie jetzt keinen Knebel getragen hätte, wäre kein Wort über ihre Lippen gekommen.

Auch der Vater schien sich von dem Schrecken erholt zu haben. Er drehte sich wieder um und nahm seine Tochter in den Arm. »Ich bin stolz auf dich. Das wirst du toll machen.«

Über Doris Wange lief eine Träne, die sie reflexartig wegwischen wollte. Doch auch dazu ließen ihr die Ketten keine Möglichkeit.

Ihr Vater strich ihr durch das Gesicht und wischte die Träne weg. Doch dann erinnerte er wieder an den eigentlich Zweck von Marias Besuch. »Wie weit seid ihr mit dem Ausmessen?«

Doris, die jetzt deutlich sichtbar etwas unter ihrem Ballknebel litt, zeigte das noch leere Blatt, welches neben einem Stift als einziges auf dem Tisch lag.

»Na dann macht mal.« Er ließ seine Tochter wieder los. »Und du bist sicher, dass du das alleine schaffst?«

Doris blickte ihn sehr zuversichtlich an und zeigte ihm den Stift, dann schrieb sie etwas auf das Blatt. »Geh mal ganz normal und dann bleib mitten im Schritt stehen, so dass deine Beine hintereinander stehen.«

Sie erhob sich und zeigte, wie sie es meinte. Dabei viel auf, dass die Kette, die die beiden Beine miteinander verband, in diesem Moment gespannt war und nicht herunter baumelte.

Jetzt hatte Maria es verstanden, sie wollte ihre Schrittlänge messen. Sie stellte sich so hin, wie Doris es gewünscht hatte.

Doris nahm eine Kette und befestigte sie mit einem Schloss an einer von Marias Fußschellen. Dann zog sie die Kette zum anderen Fußgelenk und machte mit einem farbigen Klebeband eine Markierung an ein Kettenglied. Wieder nahm sie ein Schloss und befestigte auch die andere Seite der Kette an der Stelle, wo sie die Markierung gemacht hatte.

Das gleiche Spiel wiederholte sich bei den Handgelenken, nur das Doris Maria vorher zeigte, wie sie ihre Arme halten sollte.

Doris ging wieder zum Tischchen und schrieb »Verbindungskette« Dann zeigte sie Maria, wie sie die Arme halten sollte. Erst nach einiger Zeit wurde klar, dass Doris noch die Länge der Kette zwischen den Arm- und Fußketten feststellte.

Herr Schwerterle war mit den Arbeiten von Doris sehr zufrieden. Er blickte auf den Zettel, auf dem Doris die Maße notiert hatte und warf einen Blick auf die markierten Ketten. »Sie können das Ensemble am Mittwoch abholen.«

Renate blickte in ihre Unterlagen und machte sich eine Notiz. »Wir kommen dann am späten Nachmittag vorbei. Vorher müssen wir noch dem Architekturbüro Walter einen Besuch abstatten.«

* * *

Immer wieder blickte Maria auf die Uhr und den daneben hängen Kalender. Natürlich wusste sie, wie spät es war und auch die Termine des heutigen Mittwochs waren ihr bekannt. Doch seit den Ereignissen von Gestern war sie etwas noch etwas nervöser.

Dabei hatte sich streng genommen gar nichts aufregendes ereignet. Dienstag war wie jeder Tag in diesen Wochen gewesen. Kaum war sie von der Schule daheim und hatte ein wenig gegessen, als auch schon Renate kam und sie zu dem nächsten Termin abholte.

Dabei hatten die Pflichten des Festes an diesem Tag eher lustig angefangen. Nachdem Renate angerufen hatte, dass sie ein paar Minuten später käme, hatte Maria die Idee, das Trinken noch einmal schnell zu üben. Sie grinste, als sie mit dem Cape über dem Arm das Tablett vor sich her trug, auf dem sich eine Karaffe mit Wasser und ein paar Gläser befanden. Sie stellte es auf dem kleinen Tischchen in der Diele ab und grinste Paul an. »Wir üben jetzt noch mal das Trinken.«

Paul blickte als erstes zur Uhr. Doch Maria drängelte. »Komm, das Cape wollte ich sowieso anziehen und es geht doch schnell.«

Paul grinste und nahm das Cape von Marias Arm. Er hielt es ihr hin und Maria steckte ihre Arme mit viel Routine in die inneren Ärmel. Dafür liebte sie das Cape, wenn sie es für Paul tragen konnte. Es machte sie mit sehr wenig Aufwand sehr hilflos.

Sie hatte dann tatsächlich Zeit für zwei Gläser Wasser, ohne dass auch nur ein Tropfen Wasser auf das Cape getropft wäre. Maria war mehr als zufrieden.



Doch ihre Stimmung schlug um, als sie zu Beginn der Tanzstunde entdeckte, dass der Neffe des Baron, der Freiherr Franz-Ferdinand von Schleihtal anwesend war. Im ersten Moment fürchtete Maria, dass er jetzt doch die Rolle spielen wollte und diese sozusagen von Paul zurück fordern wolle. Doch zu ihrer Überraschung setzte er sich lediglich auf eine Bank an der Turnhallenwand und schaute den Tänzern zu.

Die Tänzer waren ebenfalls alle von einer gewissen Nervosität erfasst und ihre Konzentration litt deutlich darunter. Ab und zu musste Carlos sogar eingreifen und Korrekturen verlangen. Natürlich war auch ihm klar, dass der Neffe daran schuld war, doch nachdem dieser friedlich an der Hallenrand saß, sah er keine Möglichkeit, ihn der Halle zu verweisen.

Marias Nervosität ließ erst nach, als der Neffe kurz nach Ende des letzten Tanzes genau so schnell verschwunden war, wie er gekommen war.

* * *

»Es tut mir leid, dass euer Terminkalender so voll gestopft ist.« Renate bedauerte das Prinzenpaar, als sie sie am Mittwoch für den Besuch der Architektenfamilie abholte. »Es ist eigentlich nur ein kleines Büro, aber sie haben eine sehr hohe Summe gespendet.«

Paul hatte ein neu modisches Haus erwartet, etwas mit außergewöhnlichen Formen, so wie es sich die Architekten oft selbst bauen. Doch zu seiner Überraschung wohnte die Familie Walter in einer alten Villa aus der Zeit des Historismus. Zumindest von außen sah sie so aus. Die Inneneinrichtung hingegen zeigte viele Anleihen aus Gotik und Barock, insgesamt ein sehr bunter Stilmix, der trotzdem einen sehr würdevollen Eindruck erweckte.

Das Büro Walter bestand aus der Chefin, ihrem Vater und drei weiteren Angestellten. Frau Walter stellte sie einander vor und erwähnte, dass ihr Mann im Moment auf einer Baustelle unabkömmlich war. In ihrem Arm hielt sie ihre Tochter, die sie ebenfalls vorstellte.

»Wir unterstützen das Fest schon seit mehreren Generationen. Schon mein Urgroßvater hat es sich stets etwas kosten lassen und wir wollen diese Tradition beibehalten.« Sie bat ihre Besucher in den Salon. »Hier haben wir die Modelle unserer wichtigsten Bauten ausgestellt und hier führen wir üblicherweise auch unsere Kundengespräche.«

Maria fiel auf, dass die Tochter sehr viel Interesse an dem Monohandschuh zeigte, den Paul ihr wie üblich schon daheim angelegt hatte. Sie trat zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Die Tochter, Maria schätzte sie auf 12 oder 13, war erstaunt und verlegen zugleich. »Darf ich wirklich?«

Maria war amüsiert. »Aber sicher.« Um es ihr leichter zu machen, drehte sie sich so, dass sie der Tochter halb den Rücken zu wandte.

Sehr vorsichtig und schüchtern näherten sich die Hände der Tochter Marias verpackten Armen. »Tut das nicht weh?« fragte sie, nachdem sie etwas getastet hatte.

Wieder lächelte Maria. »Ich habe das lange geübt.« Ein gewisser Stolz lag in ihrer Stimme.

»Ich möchte auch mal die Katerina spielen.« Ein klein wenig Trotz lag in der Stimme der Architektentochter.

Frau Walter trat auf ihre Tochter zu und strich ihr zärtlich über den Kopf. »Bis dahin ist ja noch viel Zeit.«

»Ich habe damals auch geträumt«, Marias Stimme zeigte eine gewisse Sentimentalität. »Aber bald nach dem Fest war die nächste Darstellerin festgelegt.« Sie vermied es, von sich aus die Baroness zu erwähnen. »Und jetzt ist mein Traum doch noch wahr geworden.« Sie strahlte. »Du siehst, träumen lohnt sich.«

»Ich wäre sehr sehr stolz auf dich.« meldete der Opa sich zu Wort.

Nur Paul fiel auf, dass Marias Worte auch etwas anders gemeint sein konnten. Aber dazu schwieg er.

»Kommen sie in diesen Zeiten überhaupt aus dem Handschuh heraus?« Opa Walter hatte sich zu Maria gedreht und sie aufmerksam betrachtet.

Maria kam etwas ins Grübeln und wurde etwas verlegen.

Renate kam ihr zur Hilfe. »Die Katerina hat ja nur am Nachmittag Termine.«

»Auf jeden Fall ist Maria die bessere Besetzung.« Frau Walter warf ebenfalls einen bewundernden Blick auf Marias Arme.

»Wissen sie schon, wie ihr Stand am Freitag aussehen wird und was die Katerina dort machen soll?« Renate hatte wieder ihre Unterlagen zur Hand genommen.

»Das wollten wir heute noch besprechen.« Sie warf noch einen Blick auf Maria. »Was können sie denn überhaupt machen?«

Maria stutzte erst einen Moment, dann glaubte sie zu erkennen, was Frau Walter meinte. »Am Freitag werde ich die Ketten tragen und dabei halte ich meine Arme vor dem Körper.

»Warum diese Diskussion?« Der Vater der Architektin mischte sich ein. »Wir machen das wie bei den anderen Festen auch.«

»Aber Vater, diese Bauklötze sind doch Kinderkram.« Frau Walter blickte zwischen Maria und ihrem Vater hin und her. »Ich wollte mal was neues ausprobieren.«

»Darf ich dich daran erinnern, wie du immer deine ersten Entwürfe machst?«

Frau Walter seufzte lediglich.

Maria war neugierig geworden. »Was muss ich denn tun?«

Renate blätterte in ihren Unterlagen, doch Frau Walter hatte die Antwort schon parat. »Wir haben verschieden bemalte Bauklötze, mit denen wir unsere Ideen grob darstellen können. Damit soll die Katerina ein kleines Haus bauen.«

Maria blickte etwas zweifelnd.

»Wir bringen am Samstag einfach alles mit, dann können sie sich das mal ansehen.«

Renate machte sich eine Notiz, dann blickte sie auf die Uhr. »Ich möchte nicht unhöflich sein, aber Maria hat heute noch einen anderen Termin.« Sie erwähnte den noch anstehenden Besuch der Kunstschmiede Schwerterle. »Und sie muss sich noch umziehen.«
213. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 04.03.14 22:28

Hallo gag_coll,

erstmal ganz großes Dankeschön.

An etliche unangenehme Zuschauer wird sich Maria wohl gewöhnen müssen. Aber sie hat ja nun eine angenehme Leibdienerin.
Und Paul scheint auch langsam aufzutauen. Hoffentlich öffnet ihm mal einer die Augen über sich selbst.
214. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 05.03.14 19:34

Hi cag_coll.

Da haste ja wieder mal ein paar fantastische Fortsetzungen geschrieben.

Aber ich frage mich mittlerweile 3Dinge.

1. Was ist mit der Klette los? Dafür, das Sie jede Woche 2 Artikel schreiben muß und diese Woche noch nicht einmal erwähnt wurde frage ich mich, was ist mit ihr los? Steckt sie vielleicht noch im Monohandschuh von ihrer Freundin verpackt?

2. Die Sache mit dem Bauchgurt von den stahlfesseln. Du hast mal erwähnt, das Maria ziemlich angeregt sich das angesehen hat. Aber jetzt denkt sie da nicht mehr dran den Schmied mal darauf anzusprechen. Hat sie das vergessen, oder steckt da ein System hinter, welches sich noch aufklärt?

3. Was geschieht mit dem Traing der "umgebauten" Zwangsjacke? Irgenwie ist doch eh die Zeit schon knapp, aber du erwähnst nie, wie Maria ihr "Gebet auf dem Rücken" trainiert, bzw. wann.



Ansonsten mach weiter so. Und ich hoffe, das wir bald den nächsten Teil lesen dürfen.


Mfg Rainman.
215. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 05.03.14 19:52

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Natürlich spürte Renate die Nervosität von Maria, als sie auf dem Weg zur Kunstschmiede waren, aber sie wusste auch, dass sie ihr nicht wirklich helfen konnte. Diese unheimlichen Ketten gehörten nun einmal zur Rolle der Katerina und bisher musste sich jede Darstellerin diesen Ängsten stellen. Renate war lediglich bemüht, es nicht durch zusätzlichen Druck noch schlimmer zu machen. Denn letztendlich hatte es bisher jedes Mädchen geschafft, die »Heimkehr von der Schlacht« mit Bravour zu spielen und sie war sich sicher, dass auch Maria dies schaffen würde.

Die Betreuerin hatte schon auf die Klingel der Schmiede gedrückt, als auf einmal eine Autotür klappte und eilige Schritte näher kamen. Maria stöhnte leicht, als sie sah, das die Reporterin Andrea Baselitz anscheinend vor der Schmiede auf sie gewartet hatte.

»Ich würde gern einmal in der Schmiede dabei sein.« Andrea hatte ihren Notizblock schon griffbereit und stellte sich vor. »Ich möchte einmal sehen, wie das geht mit den Ketten.«

Renate wollte eigentlich noch etwas erwidern, als sich schon die Tür öffnete.

Doris trat neben die Tür und bat ihre Besucher mit der üblichen Handbewegung herein. Wie üblich klimperten ihre Ketten leise und melodisch dazu.

Andrea war durch das Geräusch neugierig geworden und trat näher.

Doris erstarrte, als sie von Renate erfuhr, das jemand von der Presse dabei war. Sie wurde rot und blickte sehr verlegen an sich herunter.

Andrea musterte Doris sehr aufmerksam und war sichtlich verwundert wegen der vielen Ketten. Die Schmiedetochter trug neben dem Taillenring mit den Ketten zu den Handgelenken auch das Geschirr in Form des liegenden Hs, welches Hände und Füße miteinander verband.

Maria hatte als erste die Gesamtsituation erfasst und wusste instinktiv, was sie machen musste. Sie ging so unbefangen wie möglich auf Doris zu und gab ihr die Hand. »Guten Tag Doris, ich sehe, du trainierst auch schon für deine Rolle?« Dabei hatte sie versucht, ihre Stimme so natürlich wie möglich klingen zu lassen.

Trotzdem war Doris zunächst sehr irritiert und erst als sie sah, das Maria ihr zu zwinkerte, begriff sie Marias Idee. »Ja, natürlich, ich übe für meine Rolle.« Jetzt hatte sie ihre Selbstsicherheit wieder gewonnen und konnte auch die übrigen Gäste begrüßen.«

Renate hatte zwar die Befindlichkeiten der beiden Mädchen nicht verstanden, aber sie fühlte zumindest, dass sie Andrea Informationen schuldig war. »Doris wird die Rolle der ersten Dienerin spielen, dies wurde erst vor kurzem festgelegt.«

»Und als erste Dienerin muss sie natürlich auch mit den Ketten vertraut sein.« Herr Schwerterle war hinzu getreten und zeigte, dass er seht stolz war auf seine Tochter. Auch er begrüßte die Anwesenden.

Es war sowohl Doris als auch Maria anzusehen, dass sie große Mühen hatten, um ein Lachen zu unterdrücken.

»Das sieht aber heftig aus.« Andrea war von Doris Ketten sichtlich beeindruckt. »Können sie sich denn damit überhaupt noch bewegen?«

Doris zögerte sehr mit der Antwort. »Ich komme ganz gut zurecht.« Sie war recht verlegen, als sie versuchte ihre eher geringe Bewegungsfreiheit zu zeigen.

Andrea war sichtlich fasziniert.

Renate verstand die wahren Zusammenhänge immer noch nicht. »Die Katerina wird ähnliches Ketten bekommen.«

Andrea blickte ungläubig zu Maria.

Herr Schwerterle räusperte sich. »Wenn sie bitte mitkommen in die Schmiede, es ist alles fertig zum Abholen.«

Doris Verlobter stand neben dem kleinen Tischchen und polierte noch ein wenig die Ketten, die glitzernd auf der weißen Decke lagen.

Als Doris ihre Gäste herein führte, ging sie kurz zu ihrem Verlobten und gab ihm einen Kuss, dann drehte sie sich zu dem Tischchen und bat Maria zu sich.

»Das Anlegen sollte immer eine zweite Person machen.« Doris blickte Maria fragend an. »Allein ist es zu leicht möglich, sich die Haut einzuklemmen.«

Maria suchte den Blick von Paul, welcher der unausgesprochenen Bitte sofort nach kam und ebenfalls an das Tischchen trat.

»Die Ketten sollten immer angewärmt sein.« Sie warf ihrem Verlobten einen schnellen Blick zu. »Das geht einfach mit einer Plastiktüte in warmen Wasser.«

»Natürlich können die Ketten auch direkt mit Wasser in Kontakt kommen«, Herr Schwerterle ergänzte die Ausführungen seiner Tochter, »aber mit der Tüte werden sie nicht unnötig nass.«

Doris bat Paul, sich eine der kleinen Manschetten zu nehmen und diese auf zuklappen. »Vorsichtig beim Zuklappen, mache es immer ganz langsam, damit keine Haut eingeklemmt wird. Die Manschetten werden dann ganz eng, aber sehr bequem anliegen.« Dann wandte sie sich an Maria. »Und du darfst beim Anlegen nicht zucken oder erschrecken.«

Maria nickte ehrfürchtig.

Nachdem Paul zur Zufriedenheit aller die erste der vier Schellen gut angelegt hatte, durfte er Maria auch noch die anderen drei Eisenmanschetten anlegen. Diesmal war es an ihm, etwas zu stöhnen.

Herr Schwerterle bat Maria, ein wenig herum zu gehen und dabei auf den Sitz der Ketten und der Schellen zu achten.

Maria war anfangs noch sehr schüchtern und vorsichtig, doch sie stellte bald fest, dass die Ketten sie beim Gehen mit ihren normalen Schritten überhaupt nicht behinderten. Erst als sie sich mit der Hand ins Gesicht fassen wollte, machten die Ketten unerbittlich auf sich aufmerksam und zeigten ihr die neue Reichweite an.

Herr Schwerterle bat Maria, Paul und Renate und zu sich und bat die Katerina, ihre Hände etwas zu heben. Er griff zu einem Schlüsselbund, nahm einen der Schlüssel ab und steckte ihn in das kleine Loch am Rand der Manschette. Es machte nur leise ´Klick´, dann bat er Paul, die Schelle zu öffnen.

Paul musste feststellen, dass sie nicht mehr zu öffnen war.

Der Schmiedemeister reicht einen der Schlüssel an Renate, die anderen gab er Maria.

Doch Maria steckte die Schlüssel nicht ein, sondern reichte sie Paul. »Tue sie zu den anderen.« Dabei war ihr Blick für einen Moment seltsam verträumt.

»Ich hätte hier noch etwas.« Herr Schwerterle hielt einen sehr edel aussehenden Koffer in der Größe eines kleinen Aktenkoffers bereit, den er aufklappte. »Ich möchte mich dafür bedanke, dass meine Schmiede jetzt schon zum fünften Mal für die Ketten sorgen darf.« Zum Vorschein kam ein mit Samt ausgelegtes Inneres, bei dem für die vier Manschetten und die Ketten jeweils Vertiefungen vorgesehen waren.

Renate war zunächst ziemlich irritiert. »Der Koffer war aber nicht bestellt.« erwiderte sie nach einem hektischen Blick in ihre Unterlagen.

»Ich weiß«, antwortete der Schmiedemeister, »sehen sie es bitte als eine weitere Spende.«

»Und wie sind die Ketten zu pflegen?« Renate hatte sich gut vorbereitet, weil sie Maria so weit es ging, die Sorgen nehmen wollte.

»Die sind sehr pflegeleicht und brauchen nur ganz selten mal etwas Puder«, sagte sie sehr voreilig, »auch bei täglichem Tragen.« Erst nachdem sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, was sie gerade gesagt hatte. Sie wurde rot und verlegen.

Ausgerechnet ihr Verlobter versuchte, die Situation zu retten. »Das empfehlen wir allen unseren Kundinnen.« Doch damit machte er es insgeheim fast noch schlimmer.

Erst Doris Vater schaffte es, die peinliche Stille zu durchbrechen. »Richten sie dem Vorstand bitte meinen herzlichen Dank aus. Unsere ganze Familie freut sich über die außerordentliche Ehre, dass unsere Tochter bei dem Fest so eine wichtige Rolle spielen darf. Und wie sie sehen, hat sie sich ja schon sehr ehrgeizig darauf vorbereitet.« Er trat auf sie zu und nahm sie genau so zärtlich wie stolz in den Arm.



Andrea musste sich erst räuspern. »Was würde denn so ein Satz Ketten kosten?« Ihr Gesicht zeigte deutlich, wie viel Kraft ihr diese Frage gekostet hatte.

Herr Schwerterle war bemüht, keine Miene zu verziehen, als er kurz seine Kalkulation durch ging. »Materialkosten, das Schweißen, drei Anproben. Gehen sie mal von ungefähr 400 DM aus.«

Andrea keuchte etwas und ihre Augen begannen zu leuchten. Der Preis war durchaus in Ordnung. Sie würde mit ihrer Serie sicher noch einen Bonus bekommen und dann könnte sie sich die Ketten locker leisten. Doch der Gedanke an ihre Serie ließen noch eine andere Idee in ihr reifen. Sie drehte sich zu Doris. »Ich würde gern auch einen Artikel über die »erste Dienerin« schreiben. Wann kann ich denn mal für ein Interview vorbei kommen?«

»Am Montag«, Doris musste nicht lange überlegen. Erst später wurde ihr klar, was es wirklich für sie bedeuten sollte.

»Wenn sie sonst weiter keine Fragen haben?«, Herr Schwerterle deutete vorsichtig an, dass sie von Seiten der Schmiede fertig wären.

»Muss für die Ketten noch etwas trainiert werden?« Renate zog hier einen Vergleich zum Handschuh.

»Eigentlich nicht«, konnte der Schmiedemeister beschwichtigen, »aber es schadet sicher nichts, sie zur Gewöhnung öfters mal zu tragen.« Er warf einen kurzen Blick auf seine Tochter.

»Dann behalte ich sie jetzt gleich mal an.« Maria gefiel der Gedanke, in Ketten nach Haus gehen zu können. »Falls das geht?« schob sie noch als Alibifrage hinterher.

Herr Schwerterle reichte zunächst Maria die Hand, dann allen anderen. »Auf ein schönes Fest.«



Paul ging etwas nachdenklich neben Maria her und lauschte dem lieblichen Klingen der neuen Ketten.

»Ich hatte es mir viel schlimmer vorgestellt.« In Marias Stimme klang vor allem Erleichterung.
216. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 05.03.14 19:57

Zitat
Da haste ja wieder mal ein paar fantastische Fortsetzungen geschrieben.

Danke
Zitat
1. Was ist mit der Klette los? Dafür, das Sie jede Woche 2 Artikel schreiben muß und diese Woche noch nicht einmal erwähnt wurde frage ich mich, was ist mit ihr los? Steckt sie vielleicht noch im Monohandschuh von ihrer Freundin verpackt?

Das sollte mit 11/4 beantwortet sein...
Zitat
2. Die Sache mit dem Bauchgurt von den stahlfesseln. Du hast mal erwähnt, das Maria ziemlich angeregt sich das angesehen hat. Aber jetzt denkt sie da nicht mehr dran den Schmied mal darauf anzusprechen. Hat sie das vergessen, oder steckt da ein System hinter, welches sich noch aufklärt?

Das kommt im nächsten Teil...
Zitat

3. Was geschieht mit dem Traing der \"umgebauten\" Zwangsjacke? Irgenwie ist doch eh die Zeit schon knapp, aber du erwähnst nie, wie Maria ihr \"Gebet auf dem Rücken\" trainiert, bzw. wann.

Ja, du siehst es richtig. Maria hat nur sehr wenig freie Zeit... und sie kommt kaum dazu, das Gebet zu trainieren. Das wird sich aber in Kapitel 12 und 13 bessern... (die muss ich bloss erst mal ausformulieren...)
217. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 05.03.14 20:28

Zitat
Ja, du siehst es richtig. Maria hat nur sehr wenig freie Zeit... und sie kommt kaum dazu, das Gebet zu trainieren. Das wird sich aber in Kapitel 12 und 13 bessern... (die muss ich bloss erst mal ausformulieren...)


Sorry, das kann ich mir nun nicht verkneifen. Ist aber auch nicht wirklich ernst gemeint.



Hopp, hopp! Keine Müdigkeit vortäuschen. Wir Leser warten auf Nachschub!


Mfg Rainman.
218. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 05.03.14 21:14

Danke wieder einmal eine ganz tolle Fortsetzung !

Aber gehörte im finsteren Mittelalter nicht auch ein Halseisen und Führkette
dazu ? Und ein muskulöser , finster dreinschauender Schmied währe doch
ein toller Gefängnisswährter , aber auch Schutz für die gefesselten Mädchen .
Klar der Prinz führt die Katerina , aber wer schleift die Dienerinen hinter her ?
Der Verlobte von Doris würde doch da passen .

Aber dann müsste Maria wahrscheinlich wegen multibeler Orgasmen getragen
und nicht geführt werden .

P.S.
Sorry , das ich beim letzten Mal etwas laut war , aber ich hatte Angst
du würdest nicht weiter schreiben wollen !
219. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Vier

geschrieben von pardofelis am 05.03.14 21:24

Hallo gag-coll,
Danke für diese interessante Fortsetzung und für
Zitat
....
Paul ging etwas nachdenklich neben Maria her und lauschte dem lieblichen Klingen der neuen Ketten.

...
220. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 06.03.14 20:07

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter legte ihr Besteck auf den Teller und blickte kurz auf die Uhr. »Wann wollte Frau Bayer euch abholen?«

Paul blickte seine Freundin kurz an. »Sie wollte gegen halb zwei Uhr hier sein.«

Maria warf ebenfalls einen Blick auf die Küchenuhr. Sie spürte eine deutliche Anspannung wegen der beiden Probentage, die für dieses Wochenende angesetzt waren. Heute wurde die ´Heimkehr von der Schlacht´ geprobt und dafür würde sie in Ketten durch die Stadt geführt werden. Entsprechend aufgeregt war sie.

Ihre Erzieherin hatte angeregt, die Ketten schon einmal zur Probe zu tragen. Maria war im ersten Moment sehr verwundert über diese Idee, doch dann bat sie Paul, ihr die Ketten anzulegen. Danach kümmerten sie sich um liegen gebliebenen Sachen für die Schule. Doch schon nach kurzer Zeit hatte Maria die Ketten schon wieder vergessen und nur, wenn sie ihren Arm nicht so weit heben konnte, wie sie wollte, wurde sie kurz wieder daran erinnert. Trotzdem fühlte sie sich wesentlich freier, als wenn sie ihren Monohandschuh trug. Der nahm ihren Armen jegliche Bewegungsfreiheit.

Auch beim Mittagessen hatte sie ihre Ketten anbehalten. Aus dem Probenplan wusste Maria, dass sie auch zu einem Imbiss eingeladen waren und deswegen wollte sie einmal probieren, ob Essen mit den Ketten möglich wäre. Insgeheim war Maria von den Ketten recht fasziniert und sie träumte schon davon, sie einmal bei einem gemütlichen Fernsehabend mit Paul zu tragen.



Es klingelte. Mrs Potter ging zur Tür und öffnete. Als sie zurück kam, hatte sie einen etwas verwunderten Blick. Hinter ihr betrat zunächst Renate Bayer und danach noch zwei Polizistinnen in Uniform die Küche.

»Die beiden Beamtinnen werden auf dich aufpassen«, erklärte Renate, »Bevor Beschwerden kommen, dass hier zwei Frauen gefangen wären.«

Die beiden Polizistinnen stellten sich ebenfalls vor und baten Maria dann, ihre Ketten einmal vorzuzeigen. »Wir müssen ja wissen, auf was wir aufpassen sollen.«

Maria kam der Bitte nach und zeigte den Verlauf ihrer Ketten sowie die ihr noch verbliebene Bewegungsfreiheit.

Die eine Polizistin grinste. »Das ist schon etwas effektiver als unsere Handschellen.«

»Und sie sind eine Maßanfertigung.« Maria erzählte mit etwas Stolz in der Stimme, wie sie die Ketten bekommen hatte. »Ich trage sie schon den ganzen Vormittag und sie stören überhaupt nicht.«

Paul trat zu ihr und legte seinen Arm um sie, dann gab er ihr einen Kuss.

Renate blickte auf die Uhr. »Wir sollten dann langsam aufbrechen. Wir müssen auch noch die ´Dienerin´ abholen.«

»Ich wünsche euch eine schöne Probe.« Mrs. Potter verabschiedete ihre Schützlinge. »Selma und ich kommen dann zum Marktplatz zum Zusehen.«



Vor dem Haus stand ein Polizeibus, der sie dann zur Schmiede fuhr. Renate stieg wieder mit den beiden Polizistinnen aus und ging zum Haus. Doris schien schon an der Tür gewartet zu haben, denn es wurde schon geöffnet, bevor Renate die Tür erreicht hatte. Dennoch dauerte es einen Moment, bis eine offensichtlich sehr nervöse Doris in ihrem vollen Kettengeschirr das Haus verließ.

Renate bemerkte ihre Nervosität und obwohl sie nicht verstand, warum die Schmiedetochter so nervös war, war sie bemüht, ihr die Nervosität zu nehmen. »Du wirst das schon schaffen.«

»Das ist ja noch strenger.« bemerkte eine der Polizistinnen, als sie das Geschirr von Doris erblickte. »Können sie sich denn überhaupt damit bewegen?«

Doris war wegen der Frage sichtlich irritiert. Sie musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Oh, das bin ich gewöhnt.« Erst später wurde ihr bewusst, was sie gerade gesagt hatte. Sie hoffte, dass die Beamtinnen nicht so genau hingehört hatten.



Als Doris zu Maria in den Bus stieg, leuchteten ihre Augen. Sie setzte sich auf ihren Platz und versuchte, mit der Hand an den Sicherheitsgurt zu fassen. Doch sie musste erkennen, dass ihr die Ketten dies verwehrten. Etwas verlegen wandte sie sich an die Polizistin. »Ich komme nicht an den Gurt.«

Als die Beamtin der Schmiedetochter beim Anschnallen half, war auch bei ihr eine gewisse Nervosität zu erkennen.

Nach dem alle Platz genommen hatten, fuhr der Bus weiter zum Sportplatz am Ortsrand, wo die Aufstellung zum Festzug sein würde.



Als sie aus dem Bus aus stiegen, sahen sie, dass schon fast alle Teilnehmer anwesend waren. Robert Greinert bat die Anwesenden, sich aufzustellen. Er war als zweiter Vorsitzender für den Ablauf des Festes zuständig.

Maria sah sich kurz um und konnte einige Bekannte begrüßen. Auch die Mitglieder ihrer Musikgruppe waren anwesend und wünschten Maria einen guten Festverlauf. Sogar der Baron war anwesend und erkundigte sich höflich nach Marias Wohlbefinden.

Maria hatte zu Beginn des Marsches etwas Probleme mit ihren Ketten. Sie schleiften auf dem Boden und blieben manchmal an kleineren Hindernissen hängen.

»Nimm die Verbindungskette in die Hand und hebe die Kette damit etwas hoch.« Doris hatte das Missgeschick bemerkt und war bemüht, Maria die nötigen Tipps zu geben.

* * *

Als sie den Marktplatz erreichten, war Maria sehr erleichtert, denn das lange Gehen mit den Ketten war für sie doch sehr ungewohnt. Im Gegensatz zu ihr machte Doris einen sehr glücklichen Eindruck. »Ich bin so froh, dass ich meine Ketten endlich mal in der Öffentlichkeit tragen darf.« Sie strahlte dabei über das ganze Gesicht.

Der Zug blieb stehen und Robert kam zusammen mit Renate auf Maria zu. »Wir möchten jetzt testen, ob die Aufgaben an den Stände alle machbar sind.«

Die meisten Stände hatte nur das notwendigste aufgebaut, so wie es in den Unterlagen auch angefordert war. Nur zwei Stände hatten sich etwas ins Zeug gelegt und sie weiter aufgebaut. Das Architekturbüro Walter hatte diverse Modelle von Häusern aufgebaut und die Kunstschmiede Schwerterle hatte den Schmiedeofen und einen Amboss dabei. Theo, der Verlobte von Doris hatte es sich nicht nehmen lassen, seine kleine Reiseschmiede sogar in Betrieb zu nehmen.

An den meisten Ständen gab es mit den Tätigkeiten für die Katerina keine Probleme, nur einmal war noch ein zusätzlicher Hocker notwendig, damit Maria die nötigen Handgriffe machen konnte. Ein andermal konnte ein Tisch ein wenig niedriger gemacht werden.

Doris genoss es sichtlich, dass sie in der Rolle der ersten Dienerin immer an Marias Seite sein durfte und ihr gelegentlich sogar zu Hilfe kommen konnte. Sie strahlte über das ganze Gesicht.

Maria war wegen der vielen Aufgaben sehr konzentriert, sie hatte den Ehrgeiz, der Rolle keine Schande zu machen. Die Ketten hatte Maria schon lange vergessen. Nur gelegentlich wurde sie daran erinnern, als sie etwas außerhalb der Reichweite machen wollte. Doch in diesen Fällen bekam sie vom Standinhaber stets Hilfe.

Besonders schön war es natürlich am Stand von Theo und seiner Schmiede. Maria stand zunächst vor der Wahl, ob sie mit dem normalen Schmiedehammer oder einer Spielzeugausgabe hantieren wollte. Nach kurzem Probieren entschied sie sich für den richtigen Hammer, was ihr von allen Seiten sehr viel Anerkennung einbrachte. »Es sind ja nur ein paar Schläge.« winkte sie bescheiden ab.

Erst nachdem Maria an dem Stand fertig war, wagte es Theo und nahm seine Doris kurz in den Arm. »Ich bin so stolz auf dich.«

Doris kam nicht umhin, vor Freude Tränen zu vergießen, die ihr Verlobter wegwischen musste.



Maria war es in all ihrer Konzentration gar nicht aufgefallen, dass Paul nicht an ihrer Seite war. Erst als sie die historische Kutsche auf den Marktplatz fahren sah, wurde sie wieder an die Rolle erinnert, die ihr Freund in dem Spiel inne hatte.

Es war der erste Auftritt, den sie auf diesem Fest gemeinsam zu absolvieren hatten. Maria würde in der Kutsche platz nehmen und Paul würde sie dann mit symbolischen Fesseln an den kleinen Thron fesseln.

Für diese Szene gab es kein historisches Vorbild, aber es wurde schon seit langem so gespielt, weil es so möglich war, dass das Prinzenpaar auf schon am Freitag des Festes einen gemeinsamen Auftritt haben konnte.

Mit zitternden Händen ging Maria auf die Kutsche zu und ihr Herz klopfte laut, dass sie auf dem Thron platz nahm. Von Renate war sie schon vor gewarnt worden, dass sie Manschetten, die Paul ihr anlegte, nur Attrappen waren und sie nicht wirklich festhalten würden. Im Gegenteil, es war wichtig, dass Maria ihre Arme ruhig halten würde, sonst wäre die Illusion zerstört.

Die Kutsche rollte langsam durch das große Rathaustor und als es sich hinter ihnen schloss, war ein paar wenig Applaus zu hören, der ihnen zeige, dass der erste Durchlauf vorbei war.

* * *

»Oh, wie seid ihr doch unzuverlässig.« Maria schimpfte und trat dabei mit dem Fuß auf. Ihr Ärger galt Paul und dem Verlobten von Doris. »Wie konntet ihr bloß die Schlüssel für die Ketten daheim vergessen.«

Paul wollte gerade protestieren, als er auf einmal das Zwinkern in Marias Augen bemerkte. Er begriff sofort ihren Plan und war auch gern bereit, mit zuspielen. Er gab sich zerknirscht. »Es tut mir leid.« Er seufzte gespielt. »Es war so eine Hektik heute Morgen.« Dabei fühlten seine Finger nach dem kleinen Schlüsselbund in seiner Tasche.

Auch Doris bedankte sich bei ihm mit einem kurzen aber intensiven Blick. Maria hatte sich diesen Kniff ausgedacht, als Doris ihr gestanden hatte, dass sie die Ketten nicht selbst abnehmen kann und auch nicht wollte. »Sie sind ja recht bequem.« hatte sie der Schmiedetochter geantwortet. »Lass mich nur machen.«

Renate hatte die Spielerinnen zu einem Bierzeltgarnitur geführt, die im Innenhof des Rathauses aufgebaut war. Sie bat sie, Platz zu nehmen.

»Oh, endlich sitzen.« Doris stöhnte. »Ich kann auf diesen Absätzen nicht so gut laufen.« Sie berichtete, dass sie sonst immer nur auf flachen Sohlen unterwegs war.

»Die sind aber für die richtige Körperhaltung sehr wichtig.« Maria erzählte von Auswirkungen der Absätze. »Sie bewirken einen fraulichen und sehr eleganten Gang.«

Doris war dies herzlich egal. »Mir tun die Füße weh.« stöhnte sie nur.

»Wartet mal, dazu stand etwas in den Unterlagen.« Renate blätterte in ihrer Mappe und begann vorzulesen. »Für den Umzug durch die Stadt sollten das ein paar auf mittelalterlich gemachte Stiefelchen sein, aber mit 4-5 cm Absatz. Ohne den Absatz wird der Gang mit den Ketten zu einem unwürdigen Geschlurfe einer Gefangenen. Wir brauchen aber eine stolze, aufrechte Prinzessin mit elegantem Gang, und da sind die (moderaten) Absätze zu den Ketten doppelt wichtig.«

Sie legte die Mappe auf den Tisch. Insgeheim bedauerte sie es, dass sie den Mädchen an dieser Stelle nicht besser helfen konnte. »Ruht euch aus bis zum zweiten Durchlauf. Ich schaue mal, wo die Getränke sind.«

Maria wartete, bis Renate außer Hörweite war, dann wandte sie sich an Doris. »Du trägst die Ketten sehr gern?«

Die Schmiedetochter war im ersten Moment etwas verlegen, doch dann fasste sie sich ein Herz. »Seine Ketten.«

Maria schwieg erst einen Moment, bevor sie weiter fragte. »Seine?«

»Es war vor einem Jahr«, Doris Stimme war regelrecht verträumt. »Mein Vater hatte gerade den Auftrag für die Katerina-Ketten erhalten und er wollte, das Theo diese als kleinen Teil seiner Meisterprüfung anfertigen sollte.«

Maria hörte aufmerksam zu.

»Wir hätten die Details mit der Baroness besprechen sollen und sie sollte deswegen zu uns kommen zwecks Maßnehmen.« Doris Seufzer war gut zu hören.

»Sie ist nicht gekommen?« Maria ahnte, was passiert war.

»Zu keinem einzigen Termin war sie erschienen.« Doris seufzte. »Und der Prüfungstermin rückte immer näher.«

Maria seufzte ebenfalls.

»Ich war damals schon sehr verliebt in Theo und deswegen hatte ich mich bereit erklärt, die Ketten zur Probe zu tragen.« Doris schwärmte. »Die Baroness hatte ´soviel Ketten wie möglich´ bestellt.«

Maria lachte. »Die hat bestimmt an andere Ketten gedacht.«

»Wir haben uns für diese Art von Geschirr entschieden.« Doris hob ihre Arme und zeigte ihr Geschirr. Es bestand aus je einer Verbindungskette zwischen den Hand und Fußgelenken, einer Verbindungskette zwischen den beiden Ketten und einer Verbindung zwischen den Handgelenken zu dem breiten Taillenring. »Es hat ihm genauso gut gefallen wie mir.«

»Und was haben deine Eltern dazu gesagt?«

»Die haben erst nicht verstanden, was sich da zwischen mir und Theo abgespielt hat.« Sie grinste. »Ich hatte damals das Versprechen abgelegt, die Ketten so lange tragen zu wollen, bis die Baroness sie abholt.«

Maria schluckte, als sie die Tragweite dieser Aussage erkannte.

»Natürlich trage ich die Ketten nur, wenn ich im Haus bin und normalerweise bekommt die auch kein Fremder zu Gesicht.«

Maria erinnerte sich an die Aussage von der ersten Kettenprobe, dass Doris die Ketten zur Probe tragen würde.

»Wir haben dann noch etwas mit den Kettenlängen experimentiert. Schließlich ist es zu drei verschiedenen Kettenensembles gekommen.« Doris Stimme klang in diesem Moment besonders stolz. »Ich habe ein Arbeitsgeschirr mit relativ langen Ketten, eines mit ganz kurzen für die Ruhepausen und eines für die Sonntage.«

»Und nur Theo hat die Schlüssel?« fragte Maria, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.

»Ich bin sehr gern seine Gefangene.« schwärmte Doris.

»Und wie ist es zu dem Knebel gekommen?« Marias Faszination wuchs.

»Es war meine Idee.« Doris grinste. »Aber ich glaube, er hatte sich bisher nur noch nicht zu fragen getraut.«

»Es hat einen gewissen Kick, wenn er Kontrolle über die Stimme hat.« sagte Maria mehr zu sich selbst.

Doris stimmte ihr zu. »Schade, dass die Rolle keinen Knebel vor sieht.«

Maria lachte.



Renate kam mit Robert Greinert an den Tisch zurück. »Es tut mir leid, Getränke habe ich keine gefunden, aber ihr seit zu einem Imbiss im Rathaus eingeladen.«

Robert blickte auf die Mädchen, die sich gerade etwas mühsam erhoben. Etwas erbost wandte er sich an die Betreuerin. »Warum haben sie den Mädchen die Ketten nicht abgenommen? Das hatten wir doch extra so ausgemacht.«

Doch Doris trat ihm entgegen. »Wir wollten in den Ketten bleiben.«

Robert Greinert war sichtlich verunsichert. »Wir hätten nämlich etwas zu Essen vorbereitet.« Er war deutlich verlegen.

Doris tauschte erst einen kurzen Blick mit Maria aus, bevor sie antwortete. »Das kriegen wir schon hin.« Dann winkte sie ihm Verlobten, der noch damit beschäftigt war, den Stand wieder abzubauen. Paul half ihm dabei.



Paul sah zu, wie Theo sein letztes Werkzeug einpackte. »Unsere Mädchen haben die Gefangenen toll gespielt.« Aus seiner Stimme klang Begeisterung.

Theo hielt inne und warf einen langen Blick auf Paul. Erst dann rang er sich zu einer Antwort durch. »Doris hat die Gefangene nicht gespielt.«

Paul blickte ihn verwundert an.

»Ich liebe es, wenn sie in Ketten ist und ich sie als ´meine´ Gefangene betrachten kann.« Seine Stimme klang sehr schwärmerisch. »Und ich glaube, sie liebt es ebenso.«

Paul griff noch einmal in seine Tasche und vergewisserte sich, dass die Schlüssel zu Marias Ketten noch da waren.

»Sie erwarten von uns, dass wir dominant auftreten und sie in ihre Schranken verweisen.« Theo spürte Pauls Vorbehalte.

»Aber ich liebe sie.« rang Paul sich zu einer schwachen Verteidigung durch.

»Ich liebe meine Doris ebenfalls über alles.« Theos Stimme ließ keinen Zweifel an seiner Aussage. »Darum tue ich das ja alles für sie.« Er klappte seinen Werkzeugkasten zu und blickte zu seiner Verlobten. »Ich glaube, die Damen wünschen, dass wir zu ihnen gehen.«

Paul folgte seinem Blick und sah, dass auch Maria ihn herbei winkte. Er wartete, bis Theo seinen Werkzeugkasten im Auto verstaut hatte, dann folgte er ihm zum Tisch.



Nach einer kurzen, aber innigen Begrüßung räusperte sich Renate und bat die Vier ins Rathaus. »Es steht ein Imbiss bereit.«

Theo nahm seine Doris beiseite. »Bist du sicher, dass das mit den Ketten geht?« Er streichelte ihr liebevoll über den Kopf. »So etwas haben wir noch nie in der Öffentlichkeit gemacht.«

»Ich bin sehr aufgeregt«, gestand sie ihm und freute sich über sein Einfühlungsvermögen. »Ich kriege das schon hin.« Doch dann ging ein Grinsen über ihr Gesicht. »Außerdem habt ihr doch beide die Schlüssel daheim vergessen, das haben wir Renate so gesagt.« In diesem Moment blickte sie ihn geradezu flehend an.

Theo war im ersten Moment sehr verblüfft, doch dann begriff er, dass für seine Freundin gerade ein sehr großer Traum in Erfüllung ging. Es bedeutete ihr sehr viel, ihre Ketten einmal in der Öffentlichkeit zeigen zu dürfen. Gleichzeitig sah er auch eine Gelegenheit, wieder die Initiative zu ergreifen. »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich sie dir aufgeschlossen hätte.«

Doris zuckte bei diesen Worten etwas zusammen und ihre Augen wurden etwas glasig. Erst nach einer gewissen Zeit war sie in der Lage, wieder eine Reaktion zu zeigen. Sie deutete mit ihrem Armen einen Umarmung an und küsste ihn lange auf den Mund. »Ich liebe Dich auch.«



Renate war noch einmal in die kleine Küche des Rathauses gegangen und hatte Gabeln geholt. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Schützlinge die Ketten anbehalten würden. Sie hoffte, dass es mit dem Besteck möglich sein würde, einigermaßen würdevoll essen zu können.

Sie hatte geglaubt, die Ketten wären eine Belastung für die Darstellerinnen, so wie es in den Jahren zuvor auch immer gewesen war. Doch im Gegensatz dazu schienen Maria und vor allem Doris die Ketten überhaupt nichts auszumachen. Renate erinnerte sich daran, dass sie Doris bisher jedes mal daheim mit den Ketten angetroffen hatte. Sie hatte sich wirklich sehr gut auf die Rolle vorbereitet.



Im Rathaus standen sowohl die Eltern von Doris als auch Mrs. Potter und Oma Selma beieinander und unterhielten sich, als Maria und Doris mit ihren Ketten den Rathaussaal betraten. Beide Mädchen wurden liebevoll von ihren Angehörigen begrüßt und in die Arme genommen.

Es war der Mutter von Doris anzusehen, dass sie sich zwar über das Glück ihrer Tochter sehr freute, aber über die Ketten etwas unglücklich war.

Der Bürgermeister hielt eine kurze Rede und bat dann an das Buffet. Doch dann trat Renate auf ihn zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ihr war anzusehen, dass es ihr etwas unangenehm war. Auch der Chef des Rathauses warf einen verwunderten Blick auf die beiden Darstellerinnen, doch dann kam seine berufliche Routine hervor. Er bat die Herren ans Buffet und bat sie, für ihre Frauen etwas auszusuchen und ihnen dann beim Essen behilflich zu sein.

Doch zur großen Erleichterung aller war es Doris und Maria durch die Gabeln möglich, ganz normal zu essen und zu trinken. Renate hatte in der Küche auch Strohhalme gefunden.



»Darf ich heute Nacht in den Käfig?« fragte Doris mit sehr viel Glück in der Stimme ihren Verlobten.

»Von mir aus sehr gern.« Theo legte den Arm um seine Verlobte und streichelte ihr durch das Gesicht. »Aber hast du nicht noch morgen einen anstrengenden Tag vor dir?«

Doris seufzte ein wenig. Sie wusste, dass Theo recht hatte und dass sie morgen besser ausgeschlafen sein sollte.

Maria erinnerte sich an den seltsamen Käfig, den sie bei Grünbergs gesehen hatte. »Du hast auch so einen Käfig?«

Auf die Frage zuckte Doris ein wenig zusammen und sie wurde verlegen.

Maria erzählte von dem Käfig bei Grünbergs. »Was ist so schön daran, in einem Käfig eingesperrt zu sein?«

Doris war erleichtert, weil Maria nicht nur nicht lachte, sondern sogar Interesse zeigte. Dennoch wusste sie keine Erklärung. »Ich weiß es nicht. Ich hatte aber immer schon davon geträumt, in einem goldenen Käfig eingesperrt zu sein.«

»Gold?« Maria wunderte sich.

»Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat«, ihre Augen strahlten. »Er sagte irgendwas von Galvanik. Die Stäbe dieses Käfigs sind goldfarben.« Sie zögerte etwas. »Es ist übrigens nur schön, wenn er auch dabei ist. Wenn ich alleine bin, ist es eher langweilig. Wenn er dabei ist, wage ich es nicht, den Riegel zu berühren. Zu besonderen Gelegenheiten lässt er mich auch mal im Käfig übernachten, doch meistens darf ich bei ihm im Bett sein.«

»Und du bist darin richtig gefangen und eingesperrt?« Paul kam dies ebenfalls sehr unheimlich vor.

»Naja, nicht richtig.« Doris wurde wieder etwas verlegen. »Wenn die Tür wirklich abgeschlossen wäre, dann wäre das viel zu gefährlich.«

»Ist der offene Käfig nicht witzlos?« Paul verstand die Zusammenhänge noch weniger.

Doris seufzte. »Das war auch meine Argumentation am Anfang. Aber sie haben mich überzeugt, dass es viel zu gefährlich wäre.« Sie machte eine Pause und schluckte, bevor sie weiter sprach. »Wir wohnen direkt über der Schmiede und dort brennt fast immer das Feuer. Sehr leicht könnte es zu brennen anfangen oder es könnte sehr stark rauchen. Wenn ich dann im Käfig gefangen wäre, wäre das lebensgefährlich. Ich musste der Bedingung zustimmen, dass der Käfig nicht abgeschlossen wird, sonst hätte ich ihn überhaupt nicht bekommen. Am Anfang habe ich mir immer vorgestellt, dass da ein dickes Schloss daran hängen würde. Und der Klang, wenn der Riegel zufällt hat auch etwas elektrisierendes.«

Sowohl Paul als auch Maria fühlten mit Doris mit, obwohl sie deren Motivation weiterhin nicht nachvollziehen konnten.

»Aber dann hatte meine Mutter eine tolle Idee.« Doris strahlte.

»Deine Mutter?« Maria war verblüfft.

»Naja, sie sorgte sich sowohl um mein Wohlbefinden als auch um mein Glück.« Doris seufzte etwas. »Und als sie erkannt hatte, wie viel mir der Käfig bedeutete, hat sie vorgeschlagen, die Tür mit einer Schnur zu verschließen und diese anschließend mit Wachs zu versiegeln.«

Paul und Maria waren sprachlos.

»Wir haben es dann sogar mehrmals getestet. Im Notfall muss ich nur den Riegel haben und dann der Tür einen kräftigen Schubs geben.« Sie strahlte. »Und er kann mich mit dem Siegel genauso wirksam einsperren wie mit einem Schloss.«

»Ich würde den Käfig gern mal sehen.« Maria war sehr gespannt.

»Kommt uns doch einfach mal besuchen.« Doris strahlte. »Dann kann ich euch alles zeigen.«

221. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 07.03.14 19:01

Hallo cag_coll.

Ich sag mal nur Daumen hoch. Ich hoffe das reicht diesmal.

Bin ja mal gespannt, ob sich Maria noch für kürzere Ketten entscheidet, oder ob da ein(e) andere(r) interveniert. So wie es aussieht sind die ja viel zu lang und keine belastung. Ob das Sinn und Zweck dieser Geschichte ist? Auch wenn es nur gespielt ist.
Und was mit dem Tailenring? Die Frage ist auch noch offen.


Mfg Rainman
222. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 08.03.14 18:14

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

Renate kam mit Robert Greinert an den Tisch. »Wir würden dann gern die Ergebnisse des ersten Durchlaufs besprechen.« erklärte Renate und blickte dann zu Herrn Greinert.

Dieser nahm eine Liste zur Hand und räusperte sich. »Fangen wir mit dem unangenehmsten Punkt an. Wir haben viele Beschwerden und Anmerkungen bekommen, dass die Ketten der Dienerin nicht strenger sein dürfen als die der Katerina.«

Maria und Doris blickten sich erschrocken an.

»Ich möchte auch so einen Taillenring.« Maria reagierte blitzschnell und drehte sich zu Doris. »Kannst du deinen Vater fragen, ob das noch geht?«

Doch Herr Schwerterle hatte die Frage gehört und konnte sie selbst beantworten. »Die Taillenringe sind in der Größe verstellbar und werden nur geschraubt. Und die zwei Ketten lassen sich schnell anbringen.« Er streichelte seiner Tochter über den Kopf und blickte Maria freundlich an. »Ich schaue mal, ob Theo noch Feuer auf der Esse hat.«

»Danke«, Doris flüsterte leise zu Maria. »Das war sehr nett von dir.«

Maria lächelte geheimnisvoll und ergriff Pauls Hand.

Herr Greinert blickte wieder auf seine Liste. »Wir haben bei der Planung der Route einen der Sponsoren vergessen, beim zweiten Mal wird die Strecke ein klein wenig länger.« Er blickte Doris und Maria fragend an.

Diese begriffen erst nach einiger Zeit, dass er eine Antwort haben wollte. »Das ist kein Problem. Die Ketten lassen sich gut tragen.« sagte Maria und blickte dabei verschwörerisch zu Doris.

»Dann haben sich die Sparkasse und die Bäckerei gewünscht, dass sie ein wenig langsamer gehen könnten, wenn sie bei ihnen sind.« Er drehte sich zu Renate. »Können sie jeweils darauf aufpassen und das Tempo gegebenenfalls drosseln?«

Renate versprach es.

»Dann hätte ich noch etwas, was mir aufgefallen ist.« Herr Greinert wurde eine Spur verlegen. »Ich glaube ihnen ja, dass sie glücklich sind, das Fest spielen zu dürfen.«

In die kleine Pause hörte man Doris seufzen.

»Aber bei der Heimkehr von der Schlacht spielen sie ja die Geiseln.« Er blickte noch einmal auf die Ketten der beiden Mädchen. »Es wäre besser, wenn sie ein wenig an ihre Rolle denken. Ein glückliches Lächeln wäre nicht richtig.«

Die etwas beschämenden Gesichter der beiden Mädchen zeigten, dass sie der Argumentation gefolgt waren. »Wie sollen wir denn schauen?« Doris wollte ihre Sache gut machen.

»Eine Mischung aus Empörung, Stolz und Trauer.« zitierte Renate aus ihrer Mappe. »Meint ihr, das bekommt ihr hin?«

»Ich glaube euch, dass sich die Ketten deines Vaters gut tragen lassen.« Herr Greinert hatte etwas verschmitztes im Blick. »Aber glaubt ihr, ihr könntet dem Publikum vorspielen, dass ihr unter den Ketten leiden würdet?«

Doris und Maria blickten sich verblüfft an. »Ja, das kriegen wir hin.« Doris grinste. Sie drehte sich zu Maria und flüsterte ihr ins Ohr. »Es ist gar nicht so einfach, traurig zu schauen. Da geht ein Traum in Erfüllung und verlangt ist ein trauriges Gesicht.«

Maria blickte sie etwas verwundert an.

»Ich habe schon immer davon geträumt, dass ich seine Ketten auch zeigen darf.« Sie lächelte verträumt. »Es soll jeder sehen dürfen, dass ich ihm gehöre.«



Herr Schwerterle kehrte zurück und hielt einen breiten Metallring in der Hand, an dem zwei Ketten baumelten.

Doris war verblüfft. »Aber das ist doch mein ...« Weiter kam sie nicht, denn ein Blick ihres Vater mit dem Finger auf dem Mund bat sie um Ruhe. Gleichzeitig zwinkerte er ihr zu. Doris verstand sofort und sie war einverstanden. »Mein Vater.« versuchte sie etwas verlegen ihr Satz zu vollenden und hoffte, dass keiner ihren Versprecher bemerken würde.

Doch alle Aufmerksamkeit richtete sich auf Maria, die jetzt von Doris Vater den Ring um die Taille gelegt bekam. »Diese Ringe sind in der Größe leicht zu verstellen. Ist es bequem so?«

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie zu einer Antwort fähig war. »Ja, so geht es.«

»Theo meint, dass wir die Ketten jetzt mit kleinen Karabinern befestigen müssen. Wenn er sie jetzt gleich schweißen würde, wären sie zu heiß zum tragen. Außerdem möchte er es gern sorgfältig machen.«

Er wandte sich an Renate. »Organisieren sie bitte noch einen Termin in der Schmiede.« Dann drehte er sich wieder zu Maria und bat sie ihre Hände ein wenig hoch zu halten. Mit zwei leisen Klicks waren die Ketten mit den Ringen um die Handgelenke verbunden. »Probiere mal, wie du jetzt klar kommst.«

Maria bewegte etwas ihre Arme und stellte interessiert fest, dass sie jetzt noch weniger Freiraum hatte, um ihre Hände zu bewegen. Sie drehte sich zu Renate. »Ich weiß nicht, ob ich so noch alle Aufgaben auf dem Marktplatz erfüllen kann.« Sie hob ihre Arme und drehte sie etwas in der Luft, um ihren verbliebenen Freiraum zu zeigen. »Können wir das noch mal probieren.«

»Ich gehe mal zu den Ständen und sage Bescheid.« Renate trat an den ersten Stand und sprach kurz mit dem Inhaber, dann winkte sie Maria zu sich.

* * *

Robert Greinert stand auf und wartete, bis Ruhe eingekehrt war. »Ich möchte ihnen allen für den erfolgreichen Tag danken.« Er blickte deutlich zum Prinzenpaar und zu Renate. »Alle Wünsche der Sponsoren und alle Probleme wurden bestens gelöst und so können wir zuversichtlich auf das Fest schauen.«

Maria seufzte innerlich. Ihr sorgenvoller Blick während des zweiten Durchlaufs war nicht gespielt. Im Gegensatz zur ersten Proben waren diesmal der Baron und sein Neffe unter den Zuschauern. Maria hatte den Eindruck gehabt, als hätte der Neffe sie keinen einzigen Moment nicht angestarrt. Doch jetzt im Nachhinein war sie sich nicht mehr sicher, ob der Blick wirklich ihr gegolten hatte. Immerhin waren beim zweiten Marsch durch die Stadt auch noch andere Frauen mit Ketten unterwegs. Doch diese Ketten unterschieden sich in einem wesentlichen Punkt von denen von der Katerina und ihrer Dienerin. Am deutlichsten war dies daran zu merken, dass das metallische Klirren fehlte. Die Ketten waren fast alle aus dunklem Plastik und würden einer Belastungsprobe nicht stand halten.

Doris hatte die leidende Dienerin so überzeugend gespielt, dass selbst Maria das eine oder andere Mal nachfragte, ob alles in Ordnung sei. Als Antwort bekam sie stets ein kurzes verschmitztes Zwinkern mit den Augen, dann setzte Doris wieder ihre Leidensmiene auf.

»Und dann sehen wir uns Morgen in der Kirche wieder, um den Part für Samstag und Sonntag durch zu proben.« Herr Greinert bedankte sich noch einmal für die erbrachten Mühen, dann wünschte er den Teilnehmer noch einen schönen Abend.

Doris drehte sich zu Maria. »Muss ich eigentlich Morgen auch dabei sein?«

Doch Maria zuckte nur mit den Schultern. Sie wandte sich an Renate und wiederholte das Anliegen der Schmiedetochter.

Renate blätterte in ihren Unterlagen. »Es steht dir frei.«

Maria ahnte, um was es Doris ging. »Die Prinzessin würde sich sehr freuen, wenn ihre Dienerin morgen an ihrer Seite wäre.« Dabei zwinkerte sie unauffällig.

Renate verstand nicht, welches Spiel die beiden Mädchen gerade spielten. »Du hörst, deine Anwesenheit wird gewünscht.«

Doris drehte sich zu Maria. »Dafür wird er mir die Ketten nicht abnehmen.« Dabei leuchteten ihre Augen und es war deutlich, dass sie sehr verliebt war.

Maria drehte sich zu Renate. »Kann Doris morgen auch mit ihren Ketten kommen?«

Renate war etwas verwundert über den Ehrgeiz von Doris. Sie blätterte wieder in ihren Unterlagen, doch sie fand nichts in der Richtung. »Komm morgen erst mal so wie du möchtest und dann sehen wir weiter.«

»Naja, im schlimmsten Fall hast du die Schlüssel vergessen.« flüsterte Maria Doris ins Ohr. Sie ahnte, dass es für Doris etwas ganz besonderes wäre, wenn sie ihre Ketten nochmal in der Öffentlichkeit zeigen konnte.

* * *

Auf dem Nachhauseweg gingen Paul und Maria Hand in Hand. Beide hingen ihren Gedanken nach.

»Paul?« fragte Maria auf einmal und ihr Tonfall zeigte, dass sie vermutlich lange mit sich gerungen hatte.

Schon als sich Marias Händedruck etwas verstärkte, war Paul aufmerksam geworden. »Ja?« Er ahnte aufgrund des Tonfalls, dass Maria etwas außergewöhnliches vor hatte.

»Heute wäre doch wieder meine »schöne Nacht«.« Ihre Stimme wurde merklich leiser. »Ich würde gern das große Nachtkorsett tragen.« Ihr Atem ging heftiger.

Paul ahnte, dass ihr die Frage einige Kraft gekostet hatte. Er zögerte zunächst mit seiner Antwort.

»Und wenn ich ´sie´ frage, ob sie uns dabei hilft?« Maria war stehen geblieben. »Aber zuschnüren musst du.«

Paul begann langsam zu begreifen, wie wichtig Maria diese Nacht war. Außerdem gingen ihm die mahnenden Worte von Leonhard durch den Kopf, nicht so zögerlich zu sein. »Das können wir machen.« hatte er sich schließlich zu einer Entscheidung durch gerungen.

Sie gingen schweigend weiter. Paul spürte bei Maria eine gewisse Erleichterung.

»Warum gefällt dir das Korsett? Ich finde es unheimlich, weil es so streng aussieht.« Er wollte verstehen, warum sich seine Freundin einer solchen Tortur ausliefern wollte.

Maria kam ins Grübeln. Doch dann antwortete sie mit den Worten, die Paul auch schon von Leonhard gehört hatte. »Es fühlt sich an wie eine große Umarmung.« Sie wurde etwas rot. »Deine Umarmung.«

Paul drückte ihre Hand ein wenig fester.

»Und ich kann es die ganze Nacht spüren.« Ihre Stimme schwärmte. »Überall.«

Paul wusste nicht, was er darauf antworten sollte.

»Aber tagsüber möchte ich es nicht tragen müssen.« Sie lachte. »Ich kann mich darin überhaupt nicht mehr bewegen und fühle mich super hilflos.«

»Ich müsste dich tragen oder auf Rollen stellen.« Paul dachte laut.

Auf einmal blieb Maria stehen und ihr Atem ging auf einmal sehr heftig. Diesmal erkannte Paul es sofort und er nahm sie sofort liebevoll in die Arme und begann sie zu streicheln. Ihre Lippen suchten die seinen. Liebevoll und sehr erregt küssten sie sich.



Sie gingen weiter schweigend nebeneinander her. Auf einmal begann Maria zu erzählen. »Weißt du, der Gedanke, dieses Korsett auch tagsüber zu tragen und von dir umsorgt zu werden, das hat mich umgehauen. Ich stellte mir vor, wie ich mit dem Korsett vor dem Schreibtisch stand und so lernen konnte.« Sie versuchte ihren Arm um ihn zu legen, soweit es ihre Ketten erlaubten. »Danke, dass du mich in die Arme genommen hast.«

Paul war zunächst nicht zu einer Antwort fähig. Erst langsam begann er zu verstehen, was Maria so sehr erregt hatte. »Du möchtest das Korsett doch auch mal tagsüber tragen?«

»Ich bin bisher nie auf den Gedanken gekommen, dass ich auf Rollen stehen könnte.« Aus ihrer Stimme klang ein sehr großes Strahlen. »Dann wäre ich bei weitem nicht so hilflos und könnte das Korsett doch genießen.«

* * *

Maria war sofort zu ihrer Erzieherin gegangen und hatte wie sie es gewöhnt war um die Erlaubnis gebeten, die Sachen für die schöne Nacht nutzen zu dürfen. Zu ihrer Erleichterung war Mrs. Potter von der Idee durchaus angetan und bat an, sofort die nötigen Sachen herauszusuchen.

»Ich dachte, dass Paul mir die Sachen anlegt und sie ihm vielleicht dabei helfen könnten.« Ihre Stimme zeigte ihre deutliche Verlegenheit. »Und darf Paul dann die Nacht neben mir verbringen?« Maria war erleichtert, alle ihre Fragen gestellt zu haben.

»Wie wäre es, wenn ihr dazu auch die oberschenkellangen Bettstiefel anzieht?« Sie öffnete eine Kommodenschublade und nahm die Stiefel heraus.

Maria nahm sie mit zitternden Händen entgegen. Sie war sichtlich irritiert, weil sie auf ihre Fragen noch keine direkte Antwort bekommen hatte.

»Ich werde Paul zeigen, wie er damit umzugehen hat.« Sie blickte Marias Freund auffordernd an. »Mit den anderen Sachen kennt sich der Prinz doch schon aus oder?«

Paul musste erst einmal schlucken, bevor er zu einer Antwort fähig war. »Gewiss, werte Erzieherin.« Er horchte kurz in sich, was ihm Bauch und Herz zu sagen hatten, dann fuhr er fort. »Aber eine weitere helfende Hand wäre sicher nicht zu viel.«

Als Antwort drehte sich Maria zu ihm hin zu wollte ihn umarmen. Doch die Katerinenketten hinderten sie immer noch daran. Sie versuchte einen Kuss. »Danke, dass du das machen möchtest.«

* * *

»Wann müsst ihr Morgen bei der Probe sein?« Mrs Potter blickte auf die Uhr.

»Die erste Probe beginnt nach dem Kirche.« berichtete Maria.

»Und wir sind angehalten, auch schon am Gottesdienst teilzunehmen.« ergänzte Paul.

»Dann sollten wir jetzt schon anfangen, denn das sorgfältige Anlegen der Sachen wird lange dauern.« Mrs Potter blickte auf den Berg Leder, der auf dem Tisch lag.

Maria war dem Blick gefolgt. »Dann fangen wir an.« Ein leichtes Zittern lag in ihrer Stimme. Doch auf einmal stutzte sie und blickte an sich herunter. »Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich die Ketten noch trage.« Sie blickte auf Paul und lächelte etwas verlegen. »Kannst du mich bitte befreien?«

Etwas nervös griff Paul in seine Hosentasche, um das Schlüsselbund heraus zu nehmen. Dann drehte er sich zu Maria, die ihm schon die Hände entgegenstreckte.

Die Hand- und Fußschellen waren schnell geöffnet, doch dann blickten auf einmal alle drei sehr verwundert auf den Taillenring.

»Dafür habe ich keinen Schlüssel.« Paul war sichtlich verlegen. »Ich weiß nicht, wie der zu öffnen ist.«

»Ich glaube, Doris Vater hatte etwas von einer Verschraubung gesagt.« Maria blickte an sich herunter und zeigte auf eine Stelle am Bauch. »Hier müsste eine Schraube sein.«

Paul kniete sich vor Maria nieder, um so einen guten Blick auf den Eisengürtel zu haben. »Ja, hier sind zwei Schrauben.« Er stand wieder auf.

Mrs Potter schob die Kommodenschublade wieder zu und reichte Paul ein entsprechendes Werkzeug. »Könnte der hier gehen?«

»Schade«, lachte Maria, »Ich hatte mich schon an die Ketten gewöhnt.«

Paul grinste seinerseits. »Wir ersetzen ja nur das Metall durch Leder.«

Maria keuchte ein wenig.

* * *

»So«, Paul trat wieder in das Zimmer, »Meine Oma weiß Bescheid. Sie lässt übrigens schön grüßen.«

»Bitte mache dich auch gleich bettfertig.« bat Mrs Potter, nachdem sie sich für die Grüße bedankt hatte.. »Sobald Maria in dem Korsett steckt, solltest du immer an ihrer Seite sein.«

Mit etwas Gänsehaut kam Paul der Bitte nach.

* * *

Hand in Hand standen Paul und seine Freundin vor dem Tisch und fast etwas atemlos betrachteten sie die Gegenstände, die die Erzieherin heraus gesucht hatte.

»Ich habe euch noch einige andere Sachen heraus gelegt, die ihr vielleicht nutzen wollt.« Mrs. Potter hatte ihre Stimme ein wenig gesenkt und sprach auch ein wenig leiser wie sonst. Auch bei ihr war eine gewisse Anspannung zu spüren. »Sucht euch die Sachen aus, ich muss noch etwas holen.«

Auf dem Tisch lagen neben dem riesigen Korsett und den Bettstiefeln auch noch die passenden Armkorsetts und ein sehr streng aussehende Halskorsett mit Kopfgeschirr sowie auch die beiden Handschuh-Kästen.

Mit sehr viel Zittern in der Stimme drehte sich Maria zu ihrem Freund. »So könnte ich mich überhaupt nicht mehr bewegen.« Ihre Lippen näherten sich den seinen.

Paul nahm sie liebevoll in den Arm. »Wenn es das ist, was du dir wünscht.« Er küsste sie.



Es lag noch ein Kasten auf dem Tisch, den Maria bisher anscheinend nicht beachtet hatte. Paul sah, dass der Kasten so eine Art Warnzeichen aufgeklebt hatte, wie das Verkehrszeichen mit dem Ausrufezeichen. »Und was ist da drin?«

Maria schluckte als er das fragte. Wortlos griff sie zu dem Kasten und öffnete ihn langsam.

Paul blickte hinein. »Das ist dein Mundschutz.« Den Gegenstand erkannte er.

Maria legte ihn mit zitternden Händen auf den Tisch. »Versprich mir, dass Du ihn mir anlegt.« Das ´du´ hatte sie besonders betont.

Jetzt war es an Paul, zu schlucken. Auch er hatte Respekt vor der Situation und Marias Mut. »Ja, ich verspreche es.«

Doch es waren noch mehr Gegenstände in der kleinen Schachtel. Nach genauerem Hinsehen erkannte er den einen als eine Augenbinde. Doch die kleinen Stöpsel konnte er nach wie vor nicht zuordnen. »Das eine ist eine Augenbinde.« Seine Hand zitterte, als er danach griff und sie auf den Tisch legte.

Jetzt war es an Maria zu schlucken.

»Und was sind diese beiden Stöpsel.« So etwas hatte er bisher noch nicht gesehen.

»Die sind für meine Ohren.« Marias Stimme war sehr leise. »Ich kann dann auch so gut wie nichts mehr hören.«

»Nichts mehr bewegen, nichts mehr sehen, nichts mehr sagen und nichts mehr hören« sagte er mehr zu sich selbst, dann blickte er Maria tief in die Augen. »Bist du dir wirklich sicher?«



Nach dem Kuss bewegte Maria ihre Hand wieder zu dem Kasten und ergriff einen der Stöpsel. Paul folgte mit seiner Hand fast magnetisch und griff sich den anderen Stöpsel. Gleichzeitig legte sie die beiden Gegenstände auf den Tisch.

Paul legte einen Arm um seine Freundin und zog sie nochmals an sich. »Meine mutige Prinzessin.«

Gemeinsam schauten sie schweigend auf den Tisch. Als die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe zu hören waren, ergriff Maria Pauls Hand und drückte sie. Paul erwiderte den Händedruck.

* * *

Die Erzieherin hatte sich bewusst viel Zeit gelassen, um den beiden Liebenden Gelegenheit zu gaben, sich mit dem Kommenden in aller Ruhe auseinandersetzen zu können.

Ohne das Katerinenfest hätte sie darauf bestanden, dass Paul die Nacht ganz allein mit Maria sein würde. Doch nach dem anstrengenden Tag heute wollte sie den beiden eine Hilfe sein, damit der Tag nicht durch einen falschen Handgriff noch verdorben werden würde. Sie hatte sich vorgenommen, nur dann einzugreifen, wenn etwas grob falsch laufen würde. Und natürlich war bei dem strengen Korsett eine weitere helfende Hand nicht störend.

223. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 08.03.14 19:01

Hallo cag_coll.


Mal wieder eine super Fortsetzung. Klasse!


Und ich sollte vllt mal was ruhiger werden und mich doch wieder mehr überraschen lassen.


Mfg Rainman.
224. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Sieben

geschrieben von gag_coll am 09.03.14 17:01

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Teil Sieben
Autor: Karl Kollar


Maria keuchte etwas, als sie die fragenden Blicke sowohl von Paul als auch von ihrer Erzieherin spürte. Sie hatte dadurch begriffen, dass Mrs. Potter sich heute nicht einmischen wollte und so sie selbst die Reihenfolge vorgeben musste. »Zuerst die Bettstiefel.« Sie legte sich auf das Bett und blickte Paul erwartungsvoll an.

Unter dem Wort ´Bettstiefel´ konnte sich Paul nicht so richtig etwas vorstellen, doch als er sich zum Tisch drehte, hatte Mrs. Potter die beiden langen Ungetüme schon in der Hand und reichte sie ihm. Er warf einen Blick darauf und war verwundert. Erst auf den zweiten Blick konnte er erkennen, was er da in der Hand hielt. Der Stiefel würde Maria bis weit über das Knie reichen und vermutlich würde sie dann auch nicht mehr in der Lage sein, das Bein zu beugen. Ihr Fuß wäre gestreckt wie bei einem ihrer Ballettstiefel, doch bei diesem Exemplar fehlte der lange Absatz.

Sein Blick blieb verwundert auf dem Stiefel liegen, während er sich wieder zum Bett drehte. »Kannst du denn darin überhaupt laufen?« fragte er sehr verwundert.

»Natürlich nicht.« Trotz ihrer Anspannung musste Maria ein wenig lachen. »Die kann ich nur im Bett tragen. Deswegen heißen sie ja Bettstiefel.«

»Und die Knie kannst du dann auch nicht mehr beugen?« Paul war von der subtilen Hilflosigkeit mehr als angetan.

»Nein«, Maria keuchte ein wenig. »Ich kann dann nur noch die Beine breit machen.« Als sie begriff, was sie gerade gesagt hatte, wurde sie auf einmal knallrot.

Doch Paul war schon damit beschäftigt, den Stiefel für das Anziehen vorzubereiten. Marias letzte Bemerkung hatte er nicht gehört. Oder er gab vor sie nicht gehört zu haben.



Die Stiefel hatten so ähnlich wie bei Bergschuhen Ösen und Haken gemischt, so dass Paul die Schnürung recht schnell schließen konnte. Doch je weiter er an Marias Oberschenkel aufwärts kam, desto lauter wurde Marias Stöhnen bei jeder seiner Berührungen. Er musste sich auf die Lippen beißen, um wenigstens seine eigenen Gefühle im Griff zu behalten. Er wusste, dass Maria jetzt ihren Keuschheitsgürtel nicht trug.

Anfangs hatte Mrs. Potter noch mit angefasst und die Stiefelschäfte mal hier und mal da in die richtige Richtung gezogen, doch ab Marias Knie hielt sie sich auffällig zurück. Das Stöhnen hatte auch erst seit dem eingesetzt. Doch als Marias Stöhnen immer heftiger wurde, hielt Paul inner und blickte mit etwas Sorge zu ihrer Erzieherin.

Diese antwortete nicht, aber blickte recht deutlich auf den Tisch zu der kleinen Box.

Paul folgte dem Blick und obwohl er sofort verstand, was gemeint war, dauerte es doch einen Moment, bis er sich überwinden konnte. Es kostete Paul sehr viel Kraft, als er zum Tisch ging und den Mundschutz in die Hand nahm. Er ging damit auf Maria zu und hielt ihn vor ihr Gesicht.

Marias Blick zeigte zuerst ein leichtes Erschrecken, doch dann versuchte sie ein Lächeln. Erst als der Mundschutz schon ihre Lippen berührte, öffnete Maria ihren Mund und erlaubte es Paul so, dass er ihr ihn in den Mund schieben konnte. Maria seufzte, dann schloß sie ihren Mund und blickte Paul mit sehr verliebten Augen an. Er beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf den jetzt schon so gut wie versiegelten Mund.

Als er sich wieder erhob, sah er, dass Mrs. Potter ihm die Augenbinde reichte. Doch als Maria das sah, schüttelte sie den Kopf und brummte zwei mal kurz. So wie Paul es gelernt hatte, erkannte er das Notsignal und fragte, was nicht in Ordnung sei.

Maria machte ihren Mund auf und blickte Paul bittend an. Sorgen lagen dabei aber keine in ihrem Blick.

Paul zog ihr das Plastikstück aus dem Mund und blickte sie sorgenvoll an.

»Bitte als letztes.« ihre Stimme war sehr leise. »Bitte die Augenbinde als allerletztes.«

Nur im Unterbewusstsein spürte Paul, was seine Freundin zu dieser Bitte bewegte. Sie wollte sicher sein, dass Paul alle ihre Fesseln anlegen würde.

Paul steckte ihr den Mundschutz wieder in den Mund, legte die Augenbinde beiseite und fuhr fort, die Schnürung der Stiefel zu vollenden. Marias Stöhnen hatte nicht nachgelassen, wurde jetzt aber durch den Mundschutz äußerst süß gedämpft.



Mrs Potter blickte kurz auf das Bett, wo die große und schwere Lederhülle schon bereit lag. »Maria muss sich jetzt an das Trapez hängen.«

Erst als er Maria beim Aufstehen half, erkannte Paul, dass Maria wegen der Bettstiefel jetzt ihre Beine wirklich nicht mehr beugen konnte. Und weil die Stiefel auch keine Absätze hatten, konnte Maria damit auch nicht allein stehen. Er musste sie den ganzen Weg bis zum Trapez festhalten. Erst als Maria ihre Arme in die Schlaufen legte, konnte er seinen Griff lockern.

Das Anlegen des Korsett bereitete ihm keine Mühe, denn das hatte er jetzt schon zwei Mal machen dürfen. Trotzdem dauerte es sehr lange, bis das Korsett ganz geschlossen war. Und das jetzt nur noch gedämpft hörbare Stöhnen seiner Freundin zeigte ihm, wie sehr sie die zunehmende Enge genoss.



Als das Korsett ganz geschlossen war, brauchte Paul erst einmal eine Pause. Es war nicht die Kraft, sondern das Einschnüren hatte ihn emotional sehr gefordert.

Mrs. Potter reichte ihm das Halskorsett. »Es ist einfacher, wenn du Maria es jetzt schon anlegst.«

Marias Augen leuchteten, als sie sah, wie Paul mit dem ´Monster´ auf sie zu kam. Sie wusste, dass sie gleich auch ihren Kopf nicht mehr bewegen konnte. Das Halskorsett reichte ihr bis unter die Nase, lies zwar die Ohren frei, nahm ihrem Kopf aber jegliche Bewegungsmöglichkeit. Und was Maria an diesem Exemplar besonders mochte, es gab noch die Riemen, die wie ein Kopfgeschirr ihren Kopf ebenfalls noch fixierten.

Paul fiel es schon auf, dass Marias Atem immer heftiger ging, doch ihre Augen zeigten keinerlei Anzeigen von Sorgen oder Ängsten.

Auch die Erzieherin zeigte sehr großes Einfühlungsvermögen. »Es würde schneller gehen, wenn wir dich jetzt zum Bett tragen.« Sie machte eine Pause, um Maria Zeit zum Nachdenken zu geben. »Dazu müßte ich dich aber anfassen.«

Maria war ein wenig beschämt, als sie erkannte, wie sehr ihre Erzieherin sie doch kannte und trotzdem bereit war, auf ihre Wünsche einzugehen. Sehr verschämt versuchte sie ein Nicken, welches aber wegen des Halskorsetts fast nicht zu sehen war.

Mrs. Potter zeigte Paul kurz, wie er Maria an den Beinen anfassen sollte, dann wandte sie sich den Schlaufen zu.

Während sie Maria zum Bett trugen, fiel ihm auf, dass sich ihr Körper fast überhaupt nicht durchbog. Er konnte nur ahnen, wie streng dieses Monster von Korsett wirklich war.

Als Maria wieder auf dem Bett lag, ging Mrs. Potter zum Tisch und hob einen der Ohrstöpsel hoch. »Ich zeige dir jetzt noch, wie du den Maria einzusetzen hast und dann kannst du den Rest sicher allein.« Sie zeigte Maria den Ohrstöpsel und wiederholte ihre Worte.

Marias Blick zeigte ihre Anerkennung.

Paul sah sehr aufmerksam zu und durfte das Einsetzen des Ohrstöpsel dann einmal üben.

Als die Erzieherin sah, dass er es richtig machen würde, warf sie noch einmal einen sehr liebevollen Blick auf Maria und wünschte ihre eine schöne Nacht, dann verliess sie zügig das Zimmer.



Als Paul fragte, ob er die Armkorsetts, die er als nächstes angelegt hatte auch am Korsett festmachen sollte, wusste er zunächst nicht, wie Maria antworten sollte. Doch dann sah er, wie ihre Augen sich rauf und runter bewegten. Aber er erkannte auch, dass Maria versuchte, zum Tisch zu blicken.

Er folgte diesem Blick und dachte über die Sachen nach, die noch auf dem Tisch lagen. Schließlich hatte er erkannt, was Maria ihm sagen wollte. »Du möchtest erst die Handkästen bekommen?«

Obwohl von Maria fast nur noch die Augen zu sehen waren, war das Lächeln und Strahlen doch gut zu erkennen.

Er erschauderte, einerseits vor der Strenge von Marais Fesselung, andererseits aber auch vor dem Strahlen in ihren Augen. Er fühlte sich sehr unter Druck, denn er wollte ihr nicht die Nacht verderben durch irgendetwas, was er falsch machen würde.

Mit den Handkästen hatte er am wenigsten Probleme. Trotzdem erschauderte es ihn ein wenig, wie fest er zusammen drücken musste, bis er endlich das erlösende »Klick« zu hören bekam. Danach verband er die Armkorsetts mit dem großen Korsett.

Er beobachtete, wie Maria etwas mit den Armen zuckte. Es schien als wollte sie ihre verbliebenen Freiräume austesten. Paul bekam eine Gänsehaut, als er erkannte, dass von Marias sicher heftigen Versuchen so gut wie nichts zu sehen war. Schließlich zeigte ihr Strahlen, wie sehr sie mit Pauls Werk zufrieden war.

Wieder blickte er zum Tisch. Jetzt lagen da nur noch die Ohrstöpsel und die Augenbinde. Jetzt wo die schwierigen Sachen alle erfolgreich gemacht waren, wurde Paul ein wenig mutiger. »Bist du bereit für das Finale?«

Maria strahlte ihn an und stöhnte auf. Erst ein wenig später ließ sie wieder ihre Augen wieder auf und ab wandern.

Paul beugte sich zu ihr herunter und strich ihr zärtlich über das Gesicht. »Ich wünsche dir eine ruhige Nacht.«

Das Stöhnen und Keuchen wurde hefitger, als Paul nacheinander die beiden Ohrstöpsel in Marias Ohren gesteckt hatte und sie so noch weiter von der Aussenwelt isolierte.

Er nahm die Augenbinde zur Hand und schaute sie sich etwas genauer an. Es irritierte ihn nur kurz, dass sie keinen »Riemen um den Kopf« hatte. Doch dann entdeckte er die beiden Druckknöpfte deren Gegenstück er an Marias Kopfgeschirr sehen konnte.

Nachwievor ging Marias Atem sehr heftig und ihre Stöhnen war trotz des Mundschutzes deutlich zu hören. Ihre Augen hingen an der Augenbinde und sie blickte geradezu sehnsuchtsvoll darauf.

Paul wusste auf einmal, was er machen musste. Er legte sich neben Marais und knöpfte die Augenbinden zunächst auf der ihm gegenüberliegenden Seite von Maria ein. Er beugte sich noch einmal über sie und gab ihr einen Kuss auf den so streng versiegelten Mund. Einen Arm legte er über Marias Körper, mit der anderen Hand zog er die Augenbinde über ihre Augen. Als der Knopf leise einrastete, fühlte er deutlich, wie ein heftiger Orgasmus durch ihren Körper raste.

Sehr zärtlich strich er noch einige Zeit über Marias zitternden Körper, bis schließlich ihr ruhiger Atem zeigte, dass sie eingeschlafen war.

* * *

»Seid ihr fertig für die Kirche?« Mrs. Potter blickte über den schön gedeckten Frühstücksstisch zur Uhr. Gleich würde Renate kommen und sie abholen.

Maria und Paul blickten sich kurz an, dann antwortete Maria. »Ich bin so aufgeregt. Ich war noch nie mit dem Handschuh in der Kirche.«

Paul strich seiner Freundin über die auf dem Rücken verpackten Arme. Er hatte sich diesmal besonders viel Mühe gegeben, den Handschuh nicht nur sorgfältig anzulegen, er hatte sogar darauf geachtet, dass die Schnürung ordentlich und gleichmäiß angelegt war. »Ich bin gespannt, ob Doris ihre Ketten tragen wird.«

Mrs. Potter blickte sehr erstaunt und fragte ´Ketten?´

»Sie trägt die Ketten für ihren Freund.« erklärte Paul etwas nervös.

»Sie ist sehr gern seine Gefangene«, ergänzte Maria. »Das hat sie mir gestern in der Pause verraten.«

Es klingelte. Mrs. Potter stand auf und ging zur Haustür.

Paul stand auf und ging zu Maria, um ihr beim Aufstehen zu helfen. »Du siehst wirklich toll aus.«

Maria blickte an sich herunter. Sie trug eine beige Bluse zu einem dunklem wadenlangen Rock und einer dazu passenden Jacke und hätte wie eine sehr brave Kirchgängerin ausgesehen, wenn da nicht der weiße Monohandschuh gewesen wäre. Sie lächelte nur. »Hängst du mir bitte noch meine Handtasche über die Schulter?«

»Wofür brauchst du denn die Tasche?« fragte Paul mit einem deutlichen Blick auf ihre verpackten Arme.

»Es sieht einfach etwas fraulicher aus.« grinste Maria. »Außerdem möchte jetzt endlich mal etwas ausprobieren, was ich mir mal ausgedacht habe.«

Paul blickte sie neugierig und verwundert gleich an.

Maria bat ihn, die farblich zur Bluse passende Tasche in die Hand zu nehmen. »Siehst du oben in der Riemenmitte den Druckknopf?«

Paul kam der Bitte nach und hatte den Knopf sofort gefunden.

»Oben auf meine Schulter gibt es auf dem Riemen des Handschuhs das passende Gegenstück. Dort kannst du die Tasche festmachen.«

Es war ein Druckknopf von der etwas stärkeren Sorte, denn Paul musste schon etwas kräftiger drücken, bis er Marias Bitte erfüllt hatte. Dann trat er einen Schritt zurück. Maria sah toll aus.



Renate blieb vor Erstaunen in der Tür stehen. Sie brauchte einige Momente, bevor sie Maria wegen ihrer aussergewöhnlichen Erscheinung loben konnte. »Und einen schönen Guten Morgen möchte ich auch noch wünschen.«

Paul und Maria erwiderten den Gruß. »Wir sind bereit.« sagte Paul und sein Blick zu Maria zeigte, wie stolz er auf seine Freundin war.

Maria strahlte über das gesamte Gesicht. »Ich habe schon immer davon geträumt, mal so nach draussen gehen zu dürfen.«

Renate freute sich ebenfalls über ihren besonderen Schützling. »Wir gehen dann noch an der Schmiede vorbei und holen Doris ab.«

Doris stand schon in der offenen Tür und blickte sehnsüchtig nach draussen. Doch errst als Renate mit den beiden Darstellerin auf ihrem Grundstück war, traute sie sich einen Schritt vor die Tür. Auf den ersten Bick sah sie aus wie eine normale Kirchgängerin mit einer weißen Bluse, einem schwarzen Rock und einem passenden Blazer. Doch ganz außergewöhnlich waren die silber glänzenden Ketten, die sie dazu trug. Ihr Verlobter trat ein paar Schritte hinter ihr ebenfalls aus dem Haus. Auch seine Miene zeigte ebensoviel Stolz und wie Verliebtheit. Und auch er war passend für einen Kirchgang gekleidet.

Nach der freudigen Begrüßung griff Renate zu ihrer Mappe und schlug eine Stelle auf, die sie markiert hatte. Sie drehte sich zu Doris. »Anfang des Jahrhunderts gab es eine Darstellerin der ersten Dienerin, die sowohl beim Ball als auch in der Kirche noch ihre Ketten getragen hat.«

»Siehst du, du kannst es einfach machen.« Maria wusste, was Doris bewegte.

Doris strahlte über das ganze Gesicht und suchte den Blick ihres Verlobten.

»Und du bist dir wirklich sicher, dass du das machen willst?« Er nahm sie in den Arm und steichelte sie zärtlich. »Ich soll dir die Ketten wirklich nicht abnehmen.«

»Das ist so eine einmalige Gelegenheit.« Doris drehte sich fast etwas empört von ihm weg. »Das lasse ich mir nicht entgehen.«

»Du siehst toll aus.« Doris Eltern traten neben sie. »Wir wollen bei diesem tollen Ereignis dabei sein.«



In der Kirche durften sich Maria, Doris und Paul in die erste Reihe setzen in die Reihe, in der sonst nur die Pfarrerin und der Kirchenvorstand saßen.

»Wir treffen uns dann nach dem Gottesdienst am Altar und besprechen das Nötige für das Fest.« sagte Renate, bevor sich wieder nach hinten ging und sich einen Platz suchte.

Die Darsteller hatten eigentlich einen normalen Gottesdienstablauf erwartet, doch zu ihrer Überraschung wurden sie von der Pfarrerin gleich bei der Begrüßung nach vorn gebeten. Es freue sie, betonte die Pfarrerin, dass diesesmal so sehr engagierte Darsteller für die Rollen ausgewählt wurden. Sie bat Maria sich einmal umzudrehen und Doris, einmal ihre Arme zu heben. »Sie nehmen das Opfer auf sich, ihre Freiheit aufzugeben und sich so sehr gewissenhaft auf die Rolle vorzubereiten.« Natürlich war es eigentlich als Seitenhieb auf die Baroness gedacht.

Sehr beschämt nahmen Maria und Doris den Applaus der Gemeinde entgegen, dann gingen alle drei mit sehr viel Stolz und Glück aiuf ihre Plätze zurück. Besonders Doris schwebte auf Wolke sieben.

* * *

Nachdem die Gemeinde die Kirche verlassen hatte, bat die Pfarrerin die Darsteller und Renate an den Alter. »Wie wollt ihr es dieses Jahr handhaben mit dem Handschuh?« Sie erklärte, dass dies die Paare stets selbst festgelegt hatten.

Paul und Maria blickten sie etwas nervös an, dann suchten sie die Blick von Renate und Mrs. Potter. Doch eine Hilfe bekamen sie diesmal nicht.

»Das müssen wir noch klären.« entschuldigte sich Paul.

Maria hatte eine Idee. »Wie wurde es denn bisher gehandhabt?«

»Oh, wir hatten schon drei Varianten.« Die Pfarrerin hatte sich gut vorbereitet. »Das Paar kam schon frei in die Kirche.« Sie machte kleine Pause, während Paul und Maria sich kurz anblickten. »Variante zwei: Der Handschuh wurde zu Beginn des Gottesdienstes feierlich abgenommen.«

Paul streichelte Maria etwas über ihre Arme, was Maria mit einem sehr verliebten Blick beantwortete.

»Einmal wurde der Handschuh erst nach dem ´Ja´-Wort abgenommen.«

Maria musste sich sehr konzentrieren, um sich nicht zu verraten. »Ich glaube, wir nehmen auch die Variante vor den Ringen.« Doch insgeheim wusste sie, dass sie die Arme überhaupt nicht aus dem »Gebet auf dem Rücken« frei bekommen würde. Immerhin hatten sie es bei der Schneiderin schon geprobt, dass Paul nur das Kleid ein klein wenig öffnen musste und ihr dann den Ring an den Finger stecken konnte.

Und es würde noch eine ganz besondere Aufgabe für Doris geben. Aber dies konnte sie ihr erst am Tag der Aufführung sagen. Doris würde ihr den Ring für Paul zwischen die Finger stecken, so dass sie anschließend Paul den Ring an den Finger stecken konnte.

* * *

Nach den Proben für den Sonntag waren die Darsteller sowie ihre Angehörigen zum Essen ins Rathaus eingeladen. Theo lehnte die Einladung jedoch ab. »Ich möchte unbedingt an meinem Kunstwerk weiter arbeiten.« Er drehte sich zu Doris. »Kann ich dich wirklich so allein lassen?« Er blickte sowohl mit Bewunderung als auch mit Besorgnis auf ihre Ketten.

»Ich schaffe das.« Doris gab sich sehr zuversichtlich. »Du weißt doch, dass ich mit dem Vierer-Geschirr gut essen kann.« Sie gab ihm noch einen innigen Abschiedskuß.

Maria hatte sich von Paul den Handschuh abnehmen lassen. »Eine kleine Pause.« So konnte sie den Strohhalm, den Renate extra für sie organisiert hatte, Doris zur Verfügung stellen.

Die Anmut von Doris beim Essen war mehr als beeindruckend. Es fiel überhaupt nicht auf, dass sie durch ihre Ketten eingeschränkt war. Sie hatte wirklich eine große Routine, mit ihren Einschränkungen klar zu kommen.

* * *

Die Tanzproben am Nachmittag liefen sehr zur Zufriedenheit aller ab. Lediglich Maria war die ganze Zeit etwas nervös, weil der Neffe wieder zum Zuschauen gekommen war. Sie hatte den Eindruck, dass er sie die ganze Zet angestarrt hatte.

Erst beim vorletzten Tanz erschien Andrea mit ihrem Fotographen. Sie stritten sich noch beim Eintreten. »Wenn du früher aufgestanden wärst, dann hätte ich jetzt Bilder aus der Kirche haben können.« Doch ihr Kollege verzog keine Miene. »Jetzt mach wenigstens hier gute Bilder.« Es war der Reporterin anzusehen, wie wütend sie war.



Als der letzte Tanz vorbei war und Carlos sich für den guten Ablauf bedankt hatte, kam Doris wieder auf Maria zu und stellte sich gemäß ihrer Rolle neben sie. Erst jetzt fiel sie mit ihren Ketten auf und sowohl Andrea als auch Hans fragten nach dem Grund.

Renate räusperte sich. »Doris spielt die ´erste Dienerin´ und die Ketten sind Teil ihres Kostümes.«

Hans zeigte außerordentlich großes Interesse. »Sind das die Ketten, von denen du mir erzählt hast?«

Andrea bestätigte es und es schien, dass sie immer nervöser wurde. Als Hans dann auch noch Bilder von Doris und Maria zusammen machen wollte, begann sie leicht zu stöhnen.

* * *

»Doris sah heute sehr glücklich aus.« sagte Paul leise, als sich die Tür der Schmiede geschlossen hatte.

»Ja, ich glaube, es hat ihr sehr viel bedeutet, dass sie ihre Ketten mal zeigen durfte.« Maria ging langsam neben ihm her und versuchte, ihn mit ihren immer noch verpackten Armen etwas zu streicheln.

Nach der Probe hatte der Bürgermeister noch zu einem kleinen Empfang geladen um sich für den guten Verlauf der Vorbereitungen zu bedanken. Nachdem Doris ihre Ketten nicht ablegen konnte, wollte Maria ebenfalls in ihrem Handschuh verbleiben, doch Paul hatte auf einer Pause bestanden.

»Der Bürgermeister scheint sich ja jetzt an den Handschuh gewöhnt zu haben.« grinste Paul.

»Ja,« Maria lächelte ebenfalls. »Dabei habe ich ja sogar extra geübt.« Sie schob ihre Arme seitlich nach vorn. »Guten Tag Herr Bürgermeister.«

* * *

Mrs. Potter saß zusammen mit Oma Selma vor Pauls Haus. Als sie Paul und Maria kommen sah, erhob sich sich und griff zu einer Tasche, die sie auf die Bank stellte.

»Ich habe ein paar Sachen für Maria vorbeigebracht.« Nach der Begrüßung zeigte auf die Tasche. »Es sind unteranderem die Sachen für die Schule Morgen.«

Maria erst nach einiger Zeit, was ihre Erzieherin gerade gesagt hatte. »Ich darf wirklich...« Sie zögerte etwas. »Bis Mogen früh?«

»Ich habe gerade mit deiner Mutter gesprochen und von deinem Ehrgeiz und den guten Probenverläufen berichtet.« Mrs. Potter strich ihr andeutungsweise über den Handschuh. »Sie meinte, dass das eine Belohnung wert wäre.«

Maria strahlte und suchte den Blick von Paul.

»Ich habe dann auch noch mit ihr über die Einladung von Sebastian gesprochen...« Sie machte eine bedeutsame Pause.

»Sie hat es nicht erlaubt?« Maria befürchtete das Schlimmste.

»Nein, im Gegenteil.« Die Erzieherin wechselte einen Blick mit Pauls Oma. »Sie ist damit einverstanden und sie wünscht euch ein spannendes Wochenende.« Ihr Tonfall jedoch liess ein ´Aber´ erwarten.

Maria kannte diesen Tonfall nur zu gut. »Aber?«

Oma Selma räusperte sich. »Sie möchte nur sicherstellen, dass ihr wirklich wisst, woraus ihr euch da einlasst.«

»Sebastian hat euch die Regeln geschickt.« Mrs. Potter fuhr fort. »Und Selma wird die mit euch durchsprechen. Ihr müsst sie dann unterschreiben.«

* * *

Oma Selma hatte ins Wohnzimmer geladen. Es standen Getränke und ein paar Knabereien bereit. Sie bat das Paar auf dem Sofa platz zu nehmen, während sie sich selbst in den Sessel setzte. Sie schenkte sich ein Glas Wasser ein, bat ihre Gäste, ebenfalls zuzugreifen und griff dann zu den Unterlagen, die sie schon auf dem Tisch bereit gelegt hatte. Sie begann zu lesen. »Regeln für das Wochenende: Bei unserem gemeinsamen Wochenende dürfen die Damen, die dies möchten, verschiedene Fesseln ausprobieren und Zeit gefesselt verbringen.«

Maria horchte auf. »Dann könnte ich das ganze Wochenende für das Gebet trainieren?«

»Deine Mutter kennt dich gut.« Oma Selma lächelte. »Genau diese Frage hat sie vorausgesagt.«

Maria lächelte beschämt.

»Sie erlaubt dir insgesamt 120 Minuten.«

»Nur?« Marias Stimme klang ein wenig enttäuscht.

»Ich soll dich daran erinnern, dass du demnächst noch etwas intensiver trainieren wirst.«

Wieder war Maria verlegen.

»Ich lese euch jetzt die Regeln vor. Wir besprechen diese und geben euch Hinweise, wie ihr euch verhalten sollt: Es werden nur Vornamen benutzt, es werden keine Informationen über die vollen Identitäten der Beteiligten ausgetauscht.« Sie blickte auf. »Ihr solltet also auch nicht unbedingt etwas vom Fest erzählen.«

Maria blickte verschreckt auf. »Aber mein Gebet?«

Selma erinnerte sich an das, was Sebastian in dem Telefonat gesagt hatte. »Wenn du auf der Hütte etwas ausprobieren möchtest, reicht es, deinen Wunsch zu äußern. Eine Begründung brauchst du nicht.«

In Marias Augen begann ein Leuchten.

Selma blickte wieder auf ihre Mappe. »Wichtig für die Anfahrt: Auf dem Weg zur Hütte im Auto dürfen keinerlei Fesseln getragen werden. Die Sicherheit der Beteiligten im Fall eines Unfalls geht vor!«

Es kam keine Reaktion, deswegen laß sie die nächste Regeln vor. »Alle Bondagetten werden von allen höflich und zuvorkommend behandelt, insbesondere, wenn sie in Fesseln sind. Ihr Wohlbefinden und ihre Sicherheit wird von allen Beteiligten überwacht und gewährleistet!« Sie legte das Papier kurz ab und wurde etwas nachdenklich. »Ich wünschte, ich hätte früher solche Kontakte gehabt.«

Paul war verwundert. »Ich dachte, du warst eine strenge Erzieherin?« Doch dann erinnerte Maria ihn an die Geschichten, die Selma ihnen kürzlich erzählt hatte.

Sie las weiter. »Das Zufügen leichter Schmerzen und Demütigungen ist nur dem eigenen Partner erlaubt, sofern die Bondagette damit grundsätzlich einverstanden ist und eine solche Behandlung wünscht. Die Verhältnismäßigkeit wird von allen anderen überwacht.«

Sie blickte Maria fragend an, diese schüttelte aber nur den Kopf. Doch Selma hakte nach. »Aber es macht dir nichts aus, wenn du beim Handschuhtraining den Bleistift mit dem Mund führen musst?«

Maria war nachdenklich. »Das habe ich aber nicht als Demütigung empfunden.«

Selma lächelte hintergründig. »Du wirst viel Spaß haben auf der Hütte.«

Doch dann wurde ihre Miene etwas ernster. »Es werden Sicherheitssignale für ?alles OK?, ?langsamer/weniger? sowie ?Stopp? vereinbart. Diese Signals sind von allen bedingungslos zu beachten.« Sie legte das Papier wieder ab. »Das müßt ihr euch unbedingt verinnerlicht haben.«

Dann laß sie weiter. »Bondagetten können auf eigenen Wunsch zum eigenen Schutz einen Keuschheitsgürtel tragen, damit Spiele nicht überhand nehmen.«

Sie setzte wieder ab. »Das ist der einzige Punkt, bei dem Deine Mutter noch eine weitere Bedingung gestellt hat. Für dich ist der Gürtel Pflicht.«

Maria war irgendwie erleichtert, gab sich jedoch Mühe, dies nicht zu zeigen.

Den folgenden Satz laß sie aber nicht vor. So war es mit Frederike abgesprochen. Gedruckt war: »Sexuelle Handlungen dürfen nur mit dem Einverständnis der Bondagette durchgeführt werden.« Sie wollte Maria gar nicht erst in Versuchung führen.

Sie wandte sich an Paul. »Die folgende Regeln betrifft hauptsächlich dich.« Sie blickte wieder auf das Blatt. »Die Damen verbringen die meiste Zeit in Fesseln, dürfen verschiedene Varianten und Spiele in Fesseln ausprobieren. Daher müssen die Herren alle anfallenden Arbeiten im Haus übernehmen, insbesondere Kochen und Reinigung, und die Damen umsorgen. Der Lohn der Herren ist die ?Freude? der Damen!«

Paul gab sich zuversichtlich. »Das kriege ich schon hin.«

»Dann wäre da noch die Regel mit der Kaution. »Zur Einhaltung dieser Regeln wird eine Kaution von 1000 DM pro Paar erhoben, die nach dem Wochenende zurückgezahlt wird. Bei schwerwiegendem Verstoß gegen obige Regeln wird die Kaution einbehalten, das betreffende Paar von weiteren Treffen ausgeschlossen. Die alleinige Entscheidung hierüber obliegt Sebastian, sie kann nur durch einstimmiges Votum aller übrigen nicht Beteiligten überstimmt werden.«

Sie legte das Blatt auf den Tisch und schob es dann zusammen mit einem Stift zu Paul und Maria. »Ihr müßt unterschreiben, dass ihr diese Regeln verstanden habt und sie einhalten werdet.«

* * *

»Ich glaube, Maria erwartet von mir, dass ich sie für die Nacht fixiere Aber ist das auch wirklich das richtige?« Er blickte etwas ratlos. »Ich möchte ihr nicht weh tun und auch nichts falsches machen.«

Oma Selmas Antwort war verblüffend einfach. »Frag sie doch einfach.«

Paul schluckte heftig. Irgendwie hatte er sich genau davor immer etwas gedrückt. Doch er wusste, dass es jetzt endlich an der Zeit war.

Oma Selma antwortete auf die Frage, die er noch gar nicht gestellt hatte. »Am besten nimmt du einfach Ledermanschetten. Wenn du sie damit an die Bettpfosten festbindest, kann sie damit bequem übernachten und gefährlich ist es auch nicht.«

Paul war zu einer Antwort nicht fähig.

»Bitte geht in das Gästezimmer. Dort steht ein Doppelbett.« Sie lächelte etwas hintergründig. »Ich habe extra frisch bezogen.«

* * *

Als Paul mit Maria das Zimmer betrat, sah er, dass auf dem Bett schon vier Ledermanschetten angebracht sind, so dass Maria auf dem Bett fixiert werden könnte.

»Danke, dass du das vorbereitet hast.« Maria war sehr erfreut und fiel Paul um den Hals. »Ich habe schon so lange davon geträumt, aber mich nicht zu fragen getraut.«

Paul hatte sich sehr schnell wieder unter Kontrolle. Doch er nahm sich vor, sich bei seiner Oma zu beschweren, weil sie sie beide so überrumpelt hatte. »Und du freust dich wirklich darauf?« fragte er mit sehr liebevoller Stimme.

Die Antwort war ein langer inniger Kuss. »Ausserdem müssen wir doch üben für die Hütte.« Marias Stimme war etwas leise. »Wir wollen uns doch nicht blamieren.«
225. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 09.03.14 18:04

Eine schöne Fortsetzung wieder .
Deine Geschichten inspirieren zum träumen und das ist toll mach weiter so .
226. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 09.03.14 21:55

Tolle Fortsetzung.

Aber langsam glaube ich, das unser schüchterner Paul eine Bedienungsanleitung für Maria braucht um zu verstehen, wie Sie "tickt".
Er stellt sich ja immer noch sehr naiv an. Und denkt am wenigsten daran, was sich Maria wünscht.


Mfg Raiman.
227. RE: Maria

geschrieben von frtsm am 10.03.14 19:27

Eine wirklich gut geschriebene Storry.
Bin gespannt, was das Wocheende mit Amelie, Leonhard und deren Gruppe abläuft.

228. RE: Maria Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Achter und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 11.03.14 04:49

Maria
Kapitel 11 - Das Probenwochenende - Achter und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Endlich war er da, der lang ersehnte erste Ferientag. Eigentlich hatten sie ausschlafen wollen, doch Herr Schwerterle von der Schmiede hatte angerufen und gebeten, für die Anprobe der neuen Ketten noch einmal vorbei zu kommen und dafür ein wenig Zeit mitzubringen. »Doris wollte euch ja noch ihr Zimmer zeigen.« hatte er als Anregung mitgegeben. Es war deutlich zu hören, wie stolz er auf seine Tochter war.

Die Ketten hatte Herr Schwerterle schon am Ende des Wochenendes abgeholt, so dass Maria dieses Mal das Haus ganz ohne Fesseln verlassen hatte.

»Irgendwie fühlt es sich total ungewohnt an.« Maria grinste etwas. »Ich bin diese Feiheit gar nicht mehr gewöhnt.«

Paul war ebenfalls etwas irritiert, denn auch er hatte sich schon sehr an Marias ständige Einschränkungen gewöhnt. »Ich bin schon sehr gespannt, was Doris uns zeigen wird.«

Die Tür bei der Schmiede öffnete sich diesmal eher schüchtern. Erst als Doris sah, dass Paul und Maria allein waren, trat sie vor die Tür. »Ich möchte nicht schon wieder von einer Reporterin überrumpelt werden.« Sie lächelte etwas verlegen und wackelte ein wenig mit ihren Ketten, als sie ihre Gäste begrüßte.

Sie führte ihre Gäste in die Schmiede und half dort ihrem Verlobten bei der Anprobe der geänderten Ketten.

»Ich brauche noch ungefähr eine Stunde.« Er nahm Maria die Ketten wieder ab. »Du wolltest doch dein Zimmer zeigen?« Er gab seiner Verlobten einen Kuss.



»Oh, ich dachte, er hätte aufgeräumt.« Doris war etwas verlegen, als sie in ihr Reich kam, denn auf dem Tisch bei der kleinen Sitzgruppe stand noch ein Frühstücksgedeck und das Bett war auch nicht gemacht. Es fiel aber sofort auf, dass in dem Bett nur eine Person geschlafen hatte.

Paul und Maria traten ein und als erste fiel ihnen das große schmiedeeiserne Bettgestell ins Auge. Paul trat darauf zu. »Das hat er selbst gemacht?« Er strich mit der Hand über ein sehr kunstvolle Rankwerk aus dunkelm Eisen.

Doris schüttelte die Bettdecke auf und legte das Kissen wieder ordentlich hin. »Das Bett hat noch ein Geheimnis.« Sie trat an das Kopfende der nicht benutzen Bettseite und zeigte auf das sehr kunstvoll verschlungene Rankwerk. »Fällt euch hier etwas auf?«

Paul und Maria verneinten.

Doris grinste, dann griff sie in das Rankenwerk und klappte eines der Blätter herum. Es machte leise Klick und eine kleine runde Öffnung war zu sehen. »Es ist so gut wie nicht zu sehen, aber die Öffnungen sind mit schwarzem Neopren gepolstert und sind sehr bequem.«

Sie trat zur Mitte des Kopfendes und zeigte auf eine ähnliches Stelle. »Hier gibt es das spiegelverkehrt noch mal.« Sie lächelte glücklich. »Die benutzen wir oft.«

Erst jetzt dämmertes es dem Paar, dass Doris Handgelenke in den Öffnungen stecken würden und sie so in der Nacht gefesselt war.

Doris lies ihre Besucher die Vorrichtung noch etwas begutachten, dann ging sie zur anderen Seite des Zimmers, nahm das Frühstücksgedeck vom Tisch und stellte es auf das Tablett auf der Kommode.

»Hier ist mein goldener Käfig.« sagte sie mit sehr viel Stolz in der Stimme und hob die Tischplatte hoch. Zum Vorschein kam ein würfelförmiger Käfig mit goldenen Stangen. In dem Käfig stand ebenfalls ein Frühstücksgedeck und eine Ausgabe des Landsbacher Boten lag darin.

»Wir haben heute Morgen zusammen gefrühstückt und ich habe ihm meinen Artikel vorgelesen.« Es war Doris anzusehen, dass sie diese Details lieber geheim gehalten hätte. »Über den Artikel haben wir uns sehr amüsiert.«

Sie holte die Zeitung aus dem Käfig und begann zu lesen. »Doris hat sich sehr intensiv auf ihre Rolle vorbereitet, denn sie zeigt einen sehr routinierten Umgang mit den zur Rolle gehörenden Ketten.« Die drei brachen in schallendes Gelächter aus.

Doris legte die Zeitung weg und räumte das ihr Gedeck aus dem Käfig. »Das ist dann mein kleines goldenes Reich.« Sie strahlte. »Und ich weiß selten, wie lange er mich darin schmoren läßt.« Sie bat ihre Gäste zu der kleinen Kommode.

»Dies hier ist die Siegelgarnitur.« Ihre Stimme klang seltsam feierlich. »Damit schließt er mich im Käfig ein. Er kann so jederzeit das Siegel prüfen, ob es unverletzt ist.« Sie zeigte die kleinen dünnen Wachsplatten und die Siegelschnur. »Aber im Notfall kann ich den Käfig ganz einfach aufstoßen. Damit war sogar meine Mutter einverstanden, obwohl sie es immer noch etwas seltsam findet, das ich gefangen sein möchte.«

Sowohl Paul als auch Maria standen ziemlich staunend vor dem goldenen Gefängnis, dem Doris sich anscheinend oft auslieferte.

Doris fasste an die Tür. »Hört mal, wie das klingt, wenn der Riegel zufällt.« Sie wartete einen Moment, dann schob sie die Tür zu und der Metallriegel fiel an seinen Platz. Ein lautes metallisches Klack war zu hören. »Er hat den Riegel extra etwas schwer gemacht, damit dieser Klang sehr eindringlich ist.«

Es klopfte an der Tür und Doris Vater trat herein. »Paul, haben sie die Schlüssel dabei?«

Paul griff in seine Tasche und reichte dem Schmied das Bund.

Herr Schwerterle blickte voller Stolz auf seine Tochter. »Hast du schon den Körperkäfig gezeigt?«

Doris verneinte, dann erhob sich und ging auf die Schrankwand zu. Auf der rechten Seite war das Stück zwischen Schrank und der angrenzenden Wand durch einen Vorhang abgehängt. Sie zog den Vorhang auf und rollte etwas heraus, was mit einem Tuch abgedeckt war und die Umrisse eines menschlichen Körpers hatte.

»Ein ziemlich exzentrischer Millionär hat diesen Käfig bei uns bestellt und obwohl er ihn vorab komplett bezahlt hat, hat er ihn bis heute nicht abgeholt.« Herr Schwertele zog das Tuch herunter. Zum Vorschein kam ein Käfig, der die Form einer Frau hatte.

»Ich durfte damals Modell stehen,« Doris strich geradezu zärtlich über das Metallgerüst. »Ich passe da ganz genau hinein.«

Sowohl Paul als auch Maria begannen unwillkürlich zu stöhnen.

»Was würde denn so ein Wagen kosten?« Paul zeigte auf das Rollengestell, auf dem diese Metallpuppe stand.

»Oh ja,« Maria zeigte ebenfalls großes Interesse. »Könnte man so etwas anfertigen?«

»Wofür braucht ihr das denn?«

Maria erzählte von ihrem Korsett und dass sie dabei gern auf Rollen stehen würde.

»Ich werde Theo davon erzählen und er wird sich das nach dem Fest mal ansehen.«

* * *

Pauls Herz klopfte laut, als er am Donnerstag zu Maria ging. Es lag an dem besonderen Abenteuer, welches Maria sich für den letzten Tag vor der Hütte gewünscht hatte.

Wie immer war Maria in ihrem Zimmer und hielt ihren Monohandschuh in den Händen. Sie blickte so liebevoll bittend, dass Paul nicht umhin kam, ihr den Handschuh gleich nach der sehr herzlichen Begrüßung anzulegen.

Auf dem Tisch standen schon die Ballettstiefel und das strenge Halskorsett bereit. Nach Pauls kritischem Blick blickte Maria etwas verlegen und doch zugleich auch fordernd. »Wir müssen doch üben für die Hütte.« Maria wollte die Ballettstiefel auf der Hütte vorführen. »Amelie war so angetan davon«

Paul erinnerte sich mit ein wenig Schrecken an das erste Abenteuer. »Weißt du noch, was damals fast passiert wäre?«

Doch Maria war nicht von ihrem Wunsch abzubringen. »Wir werden sie um Rat fragen.«

»Was möchtet ihr mich fragen?« Irgendwie stand Mrs. Potter auf einmal in der Tür.

Paul musste schlucken, bevor er fragen konnte. »Wir möchten noch mal einen Spaziergang mit Ballettstiefeln, Halskorsett und Monohandschuh machen. Maria möchte für das Wochenende üben. Was müssen wir beachten, damit es ungefährlich bleibt?«

»Was habt ihr denn aus dem letzten Abenteuer gelernt?« ihr Tonfall zeigte, dass sie von der Idee durchaus angetan war.

»Maria kann nicht sehen, wo sie hintritt.« Paul versuchte sich daran zu erinnern. »Ich darf sie nie allein gehen lassen und muss sie auf jedes noch so kleines Hindernis aufmerksam machen.« Er schluckte. »Und ich muss sofort spüren, wenn sie stolpert und sie dann festhalten.«

Ihr Blick richtete sich auf Maria.

Diese musste wegen des strengen Blicks ebenfalls erst mal schlucken. »Ich werde keinen Schritt ohne Paul machen.« Sie war ziemlich aufgeregt wegen des Abenteuers, was ihr bevorstand.

Die Erzieherin wandte sich wieder an Paul. »Bitte sei dir in jeder Sekunde bewußt, dass Maria ohne dich vollkommen hilflos ist und ohne dich keinen Millimeter gehen kann. Sie wird sich dir vollkommen ausliefern. Darüber musst du dir immer im klaren sein.«

Paul verstand noch nicht ganz, in welche Richtung es gehen würde. »Sie würden es mir und Maria erlauben? Ohne Bestrafung?« Er wollte es lieber vorher fragen, um dann sicher sein zu können.

»Ich möchte nur sicherstellen, dass ihr euch gut überlegt habt, worauf ihr euch einlasst.«



»Danke, dass du gefragt hast.« Maria strahlte. »Ich möchte dir gern einen Kuss geben.«

Paul musste sich jetzt bedingt durch Marias Kopfhaltung und den Stiefeln auf die Zehenspitzen stellen, um ihrem Wunsch nachzukommen zu können.

»Ich werde immer auf dich aufpassen, wenn du gefesselt bist.« Im Nachhinein wunderte er sich, dass er den Mut aufgebracht hatte, so einen Satz zu formulieren.

»Und ich trage sie sehr gern, deine Fesseln.« Marias Blick fragte nach einem weiteren Kuss, dem Paul gern nach kam.

»Und wie ist es dazu gekommen, dass du das alles auf dich nimmst?« Die Frage hatte er schon lange stellen wollen, jetzt war endlich einmal die dafür passende Gelegenheit.

Maria berichtete mit sehr viel Stolz in der Stimme von den alten Prinzessin Sissi Filmen und wie sehr die lebenslustige Prinzessin in Wien zu leiden hatte. »Ich wollte genau so leiden wie die Prinzessin, leiden für das Volk.« Sie seufzte. »Und natürlich so ein schönes Kleid tragen und so wunderschön aussehen wie Sissi.«

Paul hörte aufmerksam zu und machte nur gelegentlich auf Hindernisse auf dem Weg aufmerksam.

»Angefangen hatte es mit dem Korsettkleid vom Kaufhaus.«

Paul erinnerte sich an die Geschichte, als er einmal Maria ziemlich überrumpelt hatte.

»Und dann war da das Programm meiner Mutter.« Maria klang ziemlich verträumt. »Ich konnte so leiden, wie ich mir das immer ausgemalt hatte.« Sie lachte kurz. »Nur dass ich nicht für das Volk litt, sndern für meine Mutter. Aber für mich kam es auf das gleiche heraus.«

»Was ist das für ein Programm?« Paul war endlich in der Lage, diese schon lang gehegte Frage endlich zu stellen.

Maria blieb kurz stehen und versuchte sich zu Paul zu drehen. »Oh, viel weiß ich auch nicht.« Sie dachte kurz nach. »Es geht irgendwie um ein Forschungsprogramm, wie sich ein ?heutiger? Körper an ein Korsett und verschiedene andere Hilfsmittel für die Schönheit anpassen kann, und wie er davon geformt werden kann.«

Sie holte tief Luft. »Schließlich hatte Sissi eine Taille von nur 36 Zentimetern! Das braucht schon jahrelanges Training. Darum sind auch so viele Orthopäden daran beteiligt. Du hast ja gesehen, dass es auch viele Dinge gibt, die mir eine schöne Haltung beibringen sollen!«

Paul dachte an all die seltsamen Dinge, die er Maria schon ´antun´ musste.

»Die Stiefel und das Halskorsett und natürlich mein Handschuh gehören da auf jeden Fall dazu. Und damit das alles wissenschaftlich dokumentiert werden kann, werden alle getragenen Gegenstände abgeschlossen und die Tragezeit genau notiert.«

»Dann bringt das Fest das alles ja ganz schön durcheinander.« Paul dachte einfach laut nach.

»Ja«, Maria grinste, »meine Mutter hat ganz schön gestöhnt.« Sie dachte kurz nach. »Aber es muß noch mehr dahinterstecken. Es geht irgendwie um neuartige Erziehungsmethoden.«

»Erziehung?« Paul war verblüfft.

»Sie arbeitet da irgendwie im Auftrag eines Konsortiums.« Maria holte tief Luft. »Ich habe einmal aus Versehen ein Telefonat mit angehört. Sie dachte ich wäre eingeschlafen. Sie hat da irgendwie Auftraggeber, die das ganze wohl finanzieren.«

»Und was springt für dich dabei heraus?« Paul stellte eine Frage, die Maria ein wenig in Schwierigkeiten brachte.

»Ich lebe meinen Traum, das ist das Allerwichtigste.« Die Antwort kam erst nach einigem Zögern. »Und ich helfe meiner Mutter ? sie hat ihre Position nur wegen des Forschungsprogramms bekommen. Und meine Schönheitsmittel wirken ? oder gefallen dir ich dir nicht?« Sie versuchte an sich herunter zu blicken, was ihr aber nur andeutungsweise gelang. Sie lächelte.

Paul wurde etwas rot.

»Sie hatte mir damals gesagt, das sie weitreichende Kontakte hätte und mir bei meiner beruflichen Zukunft sehr viel helfen könnte.« Maria grübelte ein wenig. »Aber das war mir nicht so wichtig. Im Gegenteil, ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, weil mir ihre ´drastischen Maßnahmen´ insgeheim sehr gut gefallen haben.«

Paul war verblüfft.

»Erst Amelie hat mir aufgezeigt, dass ich es einfach mag, wenn ich gefesselt bin. Ich glaube, ich bin auch so eine Bondagette.« Doch dann äußerte sie eine Frage, die Paul wiederum ins Grübeln brachte. »Warum gefälllt es dir?«

Diesmal war es an Paul, stehen zu bleiben. Doch erst als er sich überzeugt hatte, dass auch Maria einen sicheren Stand hatte, versuchte er eine Antwort. »Du hast mich sofort angezogen. Du warst so geheimnisvoll.«

»Ich war ja so erleichtert, als du es nicht abstoßend fandest.« Maria seufzte etwas. »Alle anderen fanden mich und meinen Äußeres abstossend.«

Paul grübelte noch immer. »Ich überlege immer noch, warum du mich so anziehst, wenn du gefesselt bist. Ich glaube, es weckt einen ganz tiefen Beschützerinstinkt in mir ? tatsächlich wie der Prinz, der herbeieilt, seine gefangene Prinzessin zu retten. Nur«, er grinste, »befreien möchte ich Dich ja gar nicht, jedenfalls nicht gleich.«

Maria blickte ihn erstaunt an. Doch dann fiel ihr eine Antwort ein. »Die Prinzessin möchte auch gar nicht befreit werden.« Sie holte tief Luft. »Aber sie möchte beschützt werden.«

»Die Fesseln geben dir Kraft, da bin ich mir sicher.« Er gab ihr noch einen Kuss. »Du wirst in Fesseln stärker. Du bist wirklich eine Prinzessin.«

Maria blieb stehen und atmete tief. »Das ist das netteste Kompliment, das ich je bekommen habe. Bitte küss mich, mein Prinz!«

Paul versuchte weiter zu denken. »Das Fest kommt dir sicher sehr gelegen?«

Maria musste erst einmal nachdenken, bevor sie antworten konnte. »Es fühlt sich an wie ein 6er im Lotto.«

Sie gingen langsam weiter.

»Es tut mir nur ein wenig leid um Sophie. So etwas hat sie nicht verdient.«

Paul schwieg.

»Sind dir nicht ihre so traurigen Augen aufgefallen?« Maria beschrieb, was ihr im Krankenhaus aufgefallen war.

Paul musste eingestehen, dass er wegen des vergessenen Schlüssels dafür keine Augen gehabt hatte.

»Und sie hat nie Besuch bekommen, nicht mal von ihrem Vater.«

»Meinst du, wir sollten sie mal wieder besuchen?« Paul fühlte sein schlchtes Gewissen.

»Aber ich würde mich dafür gern umziehen.« Maria lächelte. »Andere Schuhe und ohne das Halskorsett.«

Paul fiel natürlich sofort auf, dass sie den Handschuh nicht erwähnt hatte. »Aber trainieren möchtest du?«

Maria freute sich, dass er ihre Linie erkannt hatte. »Ich muss doch Sophie zeigen, dass ich sie würdig vertrete.« Sie lächelte ein wenig.

* * *

»Und dann wart ihr noch im Krankenhaus?« Pauls Oma war sichtlich beeindruckt.

Paul bestätige, dass Maria dort auch noch den Handschuh getragen hatte. »Sie hat sehr viel bewundernde Blicke bekommen.« Doch dann veränderte sich seine Stimme. »Aber Sophie ist wirklich zu bedauern.«

»Ich kenne sie noch aus der Zeit, als ihre Mutter noch lebte.« Oma Selma seufzte. »Die Baroness hätte es nicht soweit kommen lassen.« Sie blickte ihren Neffen nachdenklich an. »Maria wird Sophie wirklich gut vertreten.«

229. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 11.03.14 04:50

Das war Kapitel Elf von "Maria". Und wie ich es schon ganz am Anfang angekündigt habe, ist das nächste Kapitel noch in Arbeit. Ich habe bisher nur ein Drittel von dem geschafft, was ich mir alles vorgenommen hatte. Ich schätze, dass Kapitel Zwölf noch zwei Monate brauchen wird.

In der Zwischenzeit möchte ich euch eine andere Geschichte präsentieren: Vinctae in Monasterio Antiquo
230. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 11.03.14 10:59

Du willst uns doch nicht etwa weismachen, daß Du bei deinem Arbeits-, äh Schreibtempo 2 geschlagene Monate bis zum nächsten Teil eines Kapitels brauchst
Für so eine lange Zeit brauchst Du aber die Genehmigung der geneigten Leserschaft!
Inzwischen sind es ja enorm viel Handlungsstränge und großes Kompliment, wie Du die Geschichte weiterspinnst! Nun gibt es ja inzwischen reichlich Nebengeschichten.
Das nächste Kapitel muß ja förmlich aus allen Nähten platzen.
Denn schließlich brauchen die geplanten Schuftereien des Barons und dessen Verhinderung ja auch viel Beachtung und Platz.....
231. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 11.03.14 12:46

Eine schöne Fortsetzung wie immer Danke dafür !

ABER !

Es tut mir um Paul leid , ich weiss Maria ist die Hauptperson dieser Geschichte und sie sind erst
kurz zusammen . Doch er hält Maria im Arm , während sie mehr oder weniger öffendlich
Orgasmen bekommt . Die Grossmutter gibt ihm Aufklärungsbücher . Personen im Umfeld
deuten ihre Intimitäten an und nun dieses Wochenende mit der verschlossenen Maria . Dem
armen Paul muss doch die Hose platzen . Verstehe mich jetzt bitte nicht falsch , ich möchte
hier keinen Porno aber ein (un)schuldiges Streichel mit dem Handschuh über die Hose und
dann ........ ? Ein roter Kopf von ihm , ein verschmitztes Lächeln von Maria ihr gehauchtes
``Danke für deine liebe´´die beiden sind doch jung und verliebt !

Er ist doch auch nur ein Mensch und kein Roboter .

.
232. RE: Maria

geschrieben von fiasko am 11.03.14 16:51

Zitat
Du willst uns doch nicht etwa weismachen, daß Du bei deinem Arbeits-, äh Schreibtempo 2 geschlagene Monate bis zum nächsten Teil eines Kapitels brauchst
.....


PSSSST: die hier bisher geposteten 11 Kapitel sind zwischen Mai 2005 und Januar 2013 entstanden.

zumindest nach vertrauenswürdiger Quelle

Von daher sind die jetzt angegebenen 2 Monate wenig.



233. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 11.03.14 17:31

Zitat
Dem
armen Paul muss doch die Hose platzen . Verstehe mich jetzt bitte nicht falsch , ich möchte
hier keinen Porno aber ein (un)schuldiges Streichel mit dem Handschuh über die Hose und
dann ........ ? Ein roter Kopf von ihm , ein verschmitztes Lächeln von Maria ihr gehauchtes
``Danke für deine liebe´´die beiden sind doch jung und verliebt ! .
Keine Sorge... ist schon eingeplant... Maria wird Rosalie erzählen, wie sie sich beim ihm "bedankt" hat...
234. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 11.03.14 20:49

Hallo cag_coll.

Schönes Kapitel.

Die 2 Monate Ferien haben sich Maria und Paul schwer verdient.
Doch ich hoffe, das es dann weiter geht.

Vielen Dank für die schöne Geschichte.


Mfg Raiman.
235. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 11.03.14 21:44

Hi gag_coll,

besten Dank für dieses schmusige Kapitel.
Endlich hat Paul auch mal selber ein wenig Initiative gezeigt.

Zu deinem "Urlaub": Schweren Herzens geb ich dir frei.
Geb Maria alle Zeit die Sie (Du) braucht (-st).
Ich werd trotzdem jeden Tag neugierig schauen ob sich was tut.
236. RE: Maria

geschrieben von Balu am 20.03.14 09:12

Bitte lasse uns nicht so lange mit einer Fortsetzung warten von dieser schönen Geschichte.
Ich lese diese regelmäßig und warte sehensüchtig auf eine Fortsetzung.


Vielen Dank für die Tolle Geschichte
237. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.03.14 19:04

Zitat
Bitte lasse uns nicht so lange mit einer Fortsetzung warten von dieser schönen Geschichte.
Ich lese diese regelmäßig und warte sehensüchtig auf eine Fortsetzung.

Im Moment muss ich meine Leser vertrösten... Ich bin im Moment im Job sehr sehr eingespannt... und komme ziemlich auf dem Zahnfleisch daher...
Zitat
Vielen Dank für die Tolle Geschichte
Gern
238. RE: Maria

geschrieben von Balu am 20.03.14 21:18

Dann laße Dir zeit mit dem schreiben berufliches geht vor ich hoffe das Du auch zeit für dich nimmst um Dich zuerholen
239. RE: Maria

geschrieben von maximilian24 am 26.03.14 20:28

Hallo Freunde,
bis Maria´s Fest stattfindet gibt noch einen Hinweis auf eine moderne Katarinenfeier unter: http://www.kirchen.net/kav/page.asp?id=13574
deren Inhalt natürlich einen ganz anderen Charakter haben wird!
240. RE: Maria

geschrieben von Balu am 04.04.14 22:39

gag_coll laß uns Bitte nicht mehr so lange warten auf eine Fortsetzung von Maria
241. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 08.04.14 15:53

Nachdem jetzt schon ein Monat vergangen ist und ich aber noch kein bisschen weiter gekommen mit Kapitel 12, muss ich euch auf noch später vertrösten. Aber ich verspreche, dass das Kapitel 12 früher fertig wird als ein gewisser Flughafen... Die Arbeit ist mir im Moment einfach wichtiger... und die nimmt mich sehr sehr in Anspruch und saugt auch sehr viel der Kreativität ab...
242. RE: Maria

geschrieben von carpegenk am 08.04.14 20:32

Hallo gag_coll,
lasse Dir die Zeit, die du nötig hast, um denn nächsten Teil zu schreiben.
Wenn es fertig ist, lasse es noch einmal etwas ruhen, lese es dann erneut, den es ist auch wichtig, das die Qualität der Geschichte so gut bleibt, wie bisher: wenig logische Fehler, keine Namensverwechselungen, eine gute Rechtschreibung machen einen guten Teil des Reizes Deiner Geschichten aus.

Auch aus München, Carpegenk
243. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 09.04.14 14:36

Hallo Karl,

Du weißt, dass ich schon seit Jahren ein großer Verehrer Deiner Geschichten bin. Was mich aber immer verwundert (vielleicht stört es ja den Handlungsfluss...): müssen Deine Protagonistinnen eigentlich nie aufs Klo?

Viele Grüße

Martin
244. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 09.04.14 18:19

Zitat
Du weißt, dass ich schon seit Jahren ein großer Verehrer Deiner Geschichten bin. Was mich aber immer verwundert (vielleicht stört es ja den Handlungsfluss...): müssen Deine Protagonistinnen eigentlich nie aufs Klo?

Naja... solche Details "verschweige" ich eigentlich ganz gern... aber in Kapitel 4 oder 5 wird beschrieben, was Maria in der Schule dafür machen muss.

Ansonsten... ich möchte ja auch nicht, dass mir jemand dabei zusieht...
Karl
245. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 09.04.14 20:43

Hallo gag_coll,

bitte lass dir alle Zeit, die du brauchst.

Es hat keinen Sinn Abstriche an der bisherigen Qualität zu machen, nur um schneller eine Fortsetzung zu bringen.
Und das solche Geschichten oft auch harte Arbeit darstellen, sollte jeder wissen.

Desweiteren ist deine Gesundheit und deine persönliche Zufriedenheit das Wichtigste in deinem
Leben. Das schließt auch die Arbeit ein!

Also halte deine Familie, deine Gesundheit, dich und deine Arbeit hoch und mach so wie du kannst.
Wir warten zwar ungeduldig, aber sehr gerne auf Maria. Und bitte helfe Paul etwas auf die Sprünge .
246. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.05.14 07:17

ein kleines Lebenszeichen von Maria, es wird weiter gehen, die fehlenden drei Kapitel sind im Grobarbeit sehr weit, aber mit der detaillierten Ausarbeitung wird es noch etwas dauern.
247. RE: Maria

geschrieben von zwiling am 24.05.14 07:49

lass dir zeit hetzen bringt nichts. aber freue mich schon drauf!
248. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 24.05.14 17:00

Grrrrr...... ... doch noch nix.

Na gut. Ich warte weiter. Gut Ding will Weile haben.
249. RE: Maria

geschrieben von Balu am 01.06.14 01:42

Ich vermisse die schönen geschichten von Maria Bitte habe ein erbamen mit uns und gebe uns ne Vortsetzung
Vielen lieben Dank
250. RE: Maria

geschrieben von Max05 am 18.07.14 09:44

Hallo gag_coll,

bitte schreibe diese besonders schöne Geschichte weiter.

Gruß Max05
251. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 27.07.14 18:59

Hi gag_coll!

Dir scheint ordentlich die Birne zu rauchen, denn es kommt ja gar nix mehr an Fortsetzungen.
Für meinen Geschmack und wahrscheinlich auch, um bequem weiterzuschreiben, bist Du hier zu sehr in die Breite gegangen, hast zu viele Figuren und Nebengeschichten in der Story.

Wie wäre es, wenn Du "Maria" aufteilst und nun straff eine Handlung bis unmittelbar nach dem Fest führst und weitererzählst und in einem zweiten Handlungsstrang dann die Auflösung der Nebengeschichten und Nebenfiguren bringst?

Das könnte deinen Stress verringern. Bringst Stück für Stück wieder Fortsetzungen, die uns Lesern Vergnügen bereiten und das runter- und hochscrollen überflüssig macht....
252. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 27.07.14 20:39

Zitat
Dir scheint ordentlich die Birne zu rauchen, denn es kommt ja gar nix mehr an Fortsetzungen.
Für meinen Geschmack und wahrscheinlich auch, um bequem weiterzuschreiben, bist Du hier zu sehr in die Breite gegangen, hast zu viele Figuren und Nebengeschichten in der Story.

Wie wäre es, wenn Du \"Maria\" aufteilst und nun straff eine Handlung bis unmittelbar nach dem Fest führst und weitererzählst und in einem zweiten Handlungsstrang dann die Auflösung der Nebengeschichten und Nebenfiguren bringst?

Das könnte deinen Stress verringern. Bringst Stück für Stück wieder Fortsetzungen, die uns Lesern Vergnügen bereiten und das runter- und hochscrollen überflüssig macht...


Also wie ich die Geschichte schreibe, musst du schon mir überlassen Aber um zu zeigen, dass es voran geht, hier eine kleine Leseprobe aus dem schon fertigen Teil von Kapitel 12:

[...] Mit großer Erleichterung hatte Leonie auf ihrer langen Wanderung den ihr schon bekannten Parkplatz erreicht. Sie erkannte fast alle Auto und war sich deswegen sehr sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.

Sie trank den Rest ihres Wassers und packte die leere Flasche zurück in den Rucksack. Als sie sich als nächste ihren Ballknebel zur Hand nahm, zitterte ihre Hand ein wenig. Auf diesen Moment hatte sie sich schon seit Wochen gefreut. Sie öffnete unter leisem Stöhnen ihren Mund und schob den sehr vertrauten Ball hinein.

Sofort begann der Speichel zu laufen und benetzte ihre Bluse. Doch das fiel nicht weiter auf, denn ihre Bluse war schon ziemlich naßgeschwitzt. Sie brauchte nicht lange, um den Riemen hinter ihrem Kopf zu schließen. Schließlich war sie in Übung. Sie hatte sich auf dieses Abenteuer vorbereitet, so gut es eben ging, ohne sich zu verraten.

Auch das Schrittseil nahm sie wieder zur Hand und band es sich um. Sie stöhnte in ihren Knebel, als sie es besonders fast zuzog. Es war nicht mehr weit bis zur Hütte und sie wusste, dass sie sich diese »Tortur« zumuten konnte. Außerdem hatte sie schon seit Ewigkeiten davon geträumt.

Den Weg zur Hütte kannte sie dank der Beschreibung von Fritz. Sie hatte ihm Empörung und Angst um ihre Schwester vorgeheuchelt, dass sie den Weg zur Hütte in Fesseln nicht schaffen würde und Fritz war damals tatsächlich darauf reingefallen. Er hatte sie damals auf diesen Parkplatz gefahren und war dann mit ihr den ganzen Weg bis zur Hütte gegangen, bis er sich überzeugt hatte, dass er Leonie die Sorge um ihre Schwester nehmen konnte. Außerdem, und vorallem deswegen dachte sie sehr gern an ihre kleine List zurück, hatte er ihr erlaubt, den Weg mit einem Ball im Mund zu gehen. Natürlich war es Leonies Idee gewesen, doch insgeheim hatte sie auch den Eindruck gehabt, dass er ihre kleinen gedämpften Seufzer und ihr Stöhnen durchaus genossen hatte.

Erst zum Schluß zog sie ihre bequemen Turnschuhe aus und zog die Bergstiefel an, die bisher das meiste Gewicht des Rucksacks ausmachten. Dabei versuchte sie, ihr immer lauter klopfendes Herz zu übersehen. Sie träumte von den aufregenden Abenteuern, von denen ihr ihre Schwester erzählt hatte. Und immer wieder musste sie an das aufregende Foto denken, dass ihre Schwester als streng aufgezäumtes Ponygirl zeigte. [...]


253. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 27.07.14 20:43

Zitat
Hi gag_coll!

Dir scheint ordentlich die Birne zu rauchen, denn es kommt ja gar nix mehr an Fortsetzungen.
Für meinen Geschmack und wahrscheinlich auch, um bequem weiterzuschreiben, bist Du hier zu sehr in die Breite gegangen, hast zu viele Figuren und Nebengeschichten in der Story.

Wie wäre es, wenn Du \"Maria\" aufteilst und nun straff eine Handlung bis unmittelbar nach dem Fest führst und weitererzählst und in einem zweiten Handlungsstrang dann die Auflösung der Nebengeschichten und Nebenfiguren bringst?

Das könnte deinen Stress verringern. Bringst Stück für Stück wieder Fortsetzungen, die uns Lesern Vergnügen bereiten und das runter- und hochscrollen überflüssig macht....




Einfache keine Geduld der Mann.


MfG Rainman.
254. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 27.07.14 22:22

gag_coll:

Dankeschön für die Leseprobe. So geduldet es sich schon ein wenig leichter....

Rainman:

Ich denke, daß es bei gag_coll angekommen ist, daß meine "Ungeduld" als positiv und Interesse zu werten ist.

Stand nicht irgendwo in einem Beitrag von gag_coll aus April 2014, daß er ca. 8 Wochen Pause macht? Nun ist es gute 4 Wochen weiter. Also Ungeduld sieht anders aus in Zeiten, in der die meisten Leute den ganzen Tag auf ihren Smartphones oder sonstwie Pads wischen bzw. daddeln.....
255. RE: Maria

geschrieben von Balu am 21.08.14 15:49

Ich würde mich über eine neue Fortsetzung freun wie es Maria und Ihrem Prinzen ergeht so wie der Reporterin.

Vielen Lieben Dank fürs schreiben gag_coll
256. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.08.14 19:13

Es wird nicht mehr so lange dauern... zwei Drittel des Kapitels sind schon ausformuliert...

Aber es wird erst mal nur um Marias Erlebnisse auf der "Bondage-Hütte" gehen...
257. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 21.09.14 13:05

Schade, noch nix.

geduldig wartend
258. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.09.14 19:38

Also: Das Kapitel 12 von Marias ist jetzt vollständig ausformuliert, ich brauche lediglich noch ein paar Tage für gründliches Korrekturlesen.
259. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil 1

geschrieben von gag_coll am 27.09.14 19:54

Ich bin zwar mit dem Korrekturlesen noch nicht ganz durch... doch hier ist der Anfang von Kapitel 12

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil 1
Autor: Karl Kollar

Maria war trotz der Ferien extra früh aufgestanden, um ausreichend viel Zeit für das Telefonat mit ihrer Freundin zu haben. Letzten Freitag musste sie Telefonat ausfallen lassen, weil Rosalies Schwester geheiratet hatte und sie deswegen keine Möglichkeit für den Anruf hatte.

Natürlich hatte Maria jede Menge zu erzählen, aber genauso war sie auf die Details der Hochzeit gespannt. Sie wählte die lange Nummer und ließ es klingeln.

»So früh habe ich gar nicht mit dir gerechnet« erklärte Rosalie nach der ausführlichen Begrüßung.

»Wir haben doch viel zu erzählen.« In Marias Stimme paarten sich die Neugier und die Vorfreude.

»Naja, hier ist nicht viel passiert.« Rosalie versuchte, belanglos zu klingen.

»Und die Hochzeit?« Maria war fast etwas enttäuscht, dass sie ihre Freundin erst daran erinnern musste.

Rosalie seufzte etwas verklärt, dann begann sie zu erzählen.



Maria kannte die Schwester gut, deswegen freute sich sehr über deren Glück.

»Rate mal, wer den Brautstrauß gefangen hat?« Rosalies Stimme grinste.

»Nein!« Maria war entzückt. »Wann ist es denn soweit?«

»Oh, er hat mich noch nicht gefragt.« Sie seufzte etwas. »Aber ich glaube, das Ereignis hat ihn schwer ins Grübeln gebracht.«

Maria lachte. »Ich werde demnächst auch vor dem Traualtar stehen.«

»Das ging aber schnell.« Rosalie staunte. Doch dann fiel ihr ein, was ihre Freundin ihr über das Fest erzählt hatte. »Ach, du meinst im Rahmen des Historienspiels.«

Maria geriet kurz ein wenig ins Träumen. Doch dann riss sie sich zusammen und berichtete von den bisherigen Vorbereitungen. »Es wird toll werden.«

»Wie laufen denn die Proben?« wollte Rosalie wissen.

»Oh, jetzt in den Ferien ist es etwas ruhiger, aber während der Schulzeit war ich fast die ganze Zeit unterwegs.« Sie beschrieb, dass zu ihrer großen Erleichterung und Hilfe Paul immer an ihrer Seite war. »Er gibt mir Kraft. Ich weiß nicht, ob ich das ohne ihn durchhalten würde.«

Rosalie freute sich darüber, dass ihre Freundin jetzt auch ein wenig die Gefühle der ersten Liebe auskosten konnte.

»Ich komme allerdings kaum noch dazu, für mein ´Gebet auf dem Rücken´ zu trainieren.« Sie seufzte etwas.

»Das musst du mir unbedingt vorführen, wenn du im Winter bei mir bist.« Rosalie erinnerte an den Flug nach Australien, den Maria von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. »Und du musst ihn mitbringen.«

»Wie stellst du dir das vor?« Maria hatte in diesem Moment noch keine Vorstellung, wie sie Paul um so etwas bitten könnte. »Jetzt sind erstmal alle Probentermine und Verpflichtungen vorbei.« Sie wollte das Thema wechseln. »Sophie tut mir ehrlich leid.« Maria berichtete ein wenig von dem Schicksal der Baroness. »Das hat sie nun wirklich nicht verdient.« Dann wurde ihre Stimme etwas verschwörerisch. »Die Klette will da ja schon ein paar Seltsamkeiten herausgefunden haben.«

»Erzähl mal.« Rosalies Neugier war geweckt.

»Oh, so genau habe ich nicht zugehört.« Maria entschuldigte sich. »Ich habe mit der Schule und dem Fest mehr als genug zu tun.«

»Du weißt aber schon, dass jetzt auch Zeit wäre, sich um die berufliche Zukunft zu kümmern?«

»Jetzt lass wenigstens du mich damit in Frieden.« Maria verwies darauf, wer sie schon alles daran erinnert hatte. »Gestern war wieder Sprachunterricht.« Sie versuchte noch einen Themenwechsel. »Wir sind die ganzen Texte der Rolle durchgegangen. Ich glaube, jetzt könnte ich die Rolle auch mit Pauls Ball im Mund spielen.«

»Pauls Ball?« Rosalie war verwundert.

»Ja, er hat immer einen Ball für mich dabei.« Sie zögerte einen Moment. »Ich weiß auch nicht so genau, was ihn dazu bewegt. Aber es hat einen gewissen Kick zu wissen, dass er ihn mir jederzeit anlegen könnte.« Kaum verhaltene Begeisterung lag in ihrer Stimme.

»Du magst es, wenn du geknebelt bist?« Rosalie war verwundert.

Maria zögerte wieder etwas. »Nein, nicht ganz.« Sie überlegte einen Moment. »Mir gefällt der Gedanke, dass er Kontrolle über meine Stimme hat.«

»Und das ist nicht geheuchelt?« Rosalie war über diese Seite ihrer Freundin sehr verwundert.

»Nein. Auf keinen Fall.« Maria holte tief Luft. »Er hat mir zum Beispiel einen Knebel gebastelt und er war mächtig stolz darauf.«

»Und trägst du ihn auch? Freiwillig?« Rosalies Stimme zitterte etwas.

»Aber ja.« Maria strahlte. »Es ist so ein Knebel mit Kopfgeschirr wie Leonhard ihn mir auch zum Ausprobieren gegeben hat. Der ist wirklich bequem zu tragen und trotzdem sehr wirksam.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Und ich spüre seine Riemen um den ganzen Kopf.«

»Den musst du unbedingt mitbringen. Das möchte ich sehen.« Rosalies Neugier war deutlich zu hören.

»Er hat ihn mir nach dem Sponsorentreffen im Rathaus überreicht. Er war sehr nervös.« Maria lächelte. »Aber als er gesehen hat, dass ich mich wirklich gefreut habe...«

»Sponsorentreffen?« Rosalie hakte bei dem Begriff nach.

»Der Bürgermeister hatte alle Privatsponsoren zu einem gemeinsamen Treffen ins Rathaus eingeladen und ich durfte dabei meinen Handschuh tragen.«

»Das hast du bestimmt sehr genossen?« Rosalie wusste schon viel über das besondere Talent ihrer Freundin.

»Zu Beginn nicht.« Sie beschrieb, dass der Bürgermeister etwas Ärger erwartet hätte. »Normal wäre es nämlich gewesen, dass die Sponsoren von dem Prinzenpaar daheim besucht werden.« Sie grinste etwas. »Es haben wohl einige nur gespendet, weil sie dann Besuch von einer jungen Dame im Monohandschuh bekommen würden.«

Rosalie lachte.

»Aber der Bürgermeister hat dann auf meinen gedrängten Terminkalender verwiesen und und auf meinen Klinikaufenthalt und dass sie deswegen zu dieser Lösung gekommen wären. Der Neffe war übrigens auch da.« Maria seufzte deutlich.

Rosalie musste nicht lange überlegen. »Franz-Ferdinand?«

Maria bestätigte es. »Es ist irgendwie unheimlich. Als er noch nominiert war, hat ihn das Fest nicht interessiert.« Sie seufzte noch mal. »Aber seit Paul den Prinzen spielt, ist er bei fast jeder Probe dabei und schaut zu.«

»Du fühlst dich bedroht?« Rosalie spürte die Stimmung ihrer Freundin.

»Nein, bedroht eigentlich nicht.« Sie beschrieb, dass er eigentlich immer nur zuschaute. »Aber er macht mit seiner Anwesenheit alle nervös.«

»Vielleicht soll er für seinen Onkel auf dich aufpassen.« Rosalie spekulierte.

»Ja, so etwas habe ich mir auch schon überlegt.« Maria seufzte. »Aber ich verstehe nicht, warum ihm das so sehr wichtig ist. Nur Doris hat sich von ihm nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die hat nur ihre Ketten genossen.«

»Doris? Ketten?« Rosalie war neugierig.

Maria berichtete ausführlich von den verschiedenen Besuchen in der Schmiede und dass die Schmiedetochter in ihrer Freizeit als eine echte Gefangene in den Ketten ihres Verlobten lebte. »Sie scheinen das wirklich zu lieben.« Marias Stimme zeigte eine gewisse Faszination.

»Hat er dich auch schon mal gefesselt? Außerhalb vom Programm deiner Mutter meine ich?«

»Doris´ Verlobter? Nein« Maria lachte über den kleinen Scherz.

»Du weißt genau, was ich meine.« Rosalie spielte die Empörte.

»Ja, ich war letzte Nacht bei ihm...« Sie schluckte etwas, denn sie hatte immer noch Schwierigkeiten, über dieses sehr beeindruckende Erlebnis zu reden. »Es waren Ledermanschetten am Bett angebracht.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Ich glaube, seine Oma hat das vorbereitet. Er war nämlich genauso verblüfft wie ich, auch wenn ich das bewusst übersehen habe.«

Rosalie spürte die Anspannung ihrer Freundin.

»Ich habe dann noch auf ´seinen´ Knebel geblickt und er hat verstanden.« Sie schluckte. »Es war für mich geradezu eine Erlösung, dann nicht mehr sprechen zu können.«

»Gag-Talk?« fragte Rosalie fast ein wenig scheinheilig.

»Nein, das war in der Situation etwas anderes.« Maria schwärmte. »Er war dann sehr sehr zärtlich und hat mich überall gestreichelt bis...« Sie brach ab.

Doch Rosalie wusste auch so, was ihre Freundin hatte sagen wollen. Sie sprach das aus, was Maria sich bisher nicht eingestehen wollte. »Du magst Bondage und bist gern gefesselt. Du machst es nicht nur für deine Mutter oder für das Fest.«

»Es gefällt mir nur, wenn es seine Fesseln sind.« Maria wollte es richtig stellen. »Außerdem haben wir vorher noch etwas gemacht, was ihn sicher ein wenig abgebrüht hat.«

»Mach es doch nicht immer so spannend.« Rosalie war genervt. »Dass man dir immer alles aus der Nase ziehen muss.«

»Er hat gelernt, wie er mir den Keuschheitsgürtel und den Keuschheits-BH abnehmen und wieder anlegen muss.« ihre Stimme wurde etwas leiser dabei.

Am anderen Ende war es erst auch still, doch dann war ein Lachen zu hören. »Das heißt, ihr habt dem Bock das Gärtnern beigebracht?«

Maria musste wegen dieses Gedankens auch lachen. Doch dann dachte sie darüber nach, wie romantisch Pauls Oma diesen besonderen Moment gestaltet hatte. Dies wollte sie aber nicht mit ihrer Freundin teilen, zumindest jetzt noch nicht.



Oma Selma hatte wenig Mühe gehabt, um Maria in den Monohandschuh zu überreden. Ein »Vertrau mir!« hatte dazu gereicht. Im Nachhinein war sie sehr dankbar darüber, denn sonst hätte sie ganz sicher Pauls Hand weggewischt. Noch immer glaubte sie seine Hand DORT zu spüren.

Selma hatte einfach seine Hand geführt und ihn zunächst gebeten, ihren Umhang zu öffnen. Maria sah es immer noch wie in Zeitlupe, als er den einzigen Knopf des Umhangs öffnete.

Der Umhang fiel schnell zu Boden und sie stand nackt vor ihm. Lediglich die Riemen über ihrer Brust zeigten an, dass sie ihren Monohandschuh trug.

Paul musste heftig schlucken, doch die starke Hand seiner Oma hielt seine Hand fest. Sie führte sie zunächst zu ihren Brüsten und zwang ihn, sie zärtlich nacheinander zu berühren.

Marias Haut brannte wie Feuer und sie kämpfte schwer, um ihre Erregung zu verbergen. Insbesondere weil sie wusste, was als nächstes kommen würde. Sie schloß die Augen und hielt die Luft an.

Zuerst war sie entsetzt gewesen, als Selma ihr erklärt hatte, was passieren würde. Doch sie hatte schnell eingesehen, dass Paul sich mit ihrem Körper auskennen musste.

Es brannte immer noch, ob wohl jetzt schon viele Stunden vergangen waren. Ausserdem hatte Selma darauf bestanden, dass Paul sie direkt nach dieser Berührung an ihrer intimsten Stelle in den Gürtel einschliessen musste. Es war, als sollte der Gürtel diese Berührung festhalten.

Dass Paul ihr den Gürtel dann noch zwei mal abgenommen und angelegt hatte, bis seine Oma mit ihm zufrieden war, ging fast an ihr vorbei. Dass Paul das gleiche dann noch mit dem Metall-BH machen musste, war irgendwie im Nebel verschwunden. Erst als sie wieder den Umhang auf ihren Schultern spüren, waren ihre Sinne wieder in der Realität angekommen.



»Maria?« Rosalies Stimme riess sie aus ihren Gedanken. »Bist du noch da?«

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie weiter sprechen konnte. Denn etwas anderes wollte sie ihrer Freundin aber unbedingt erzählen. »Und dann in seinem Zimmer habe ich allen meinen Mut zusammen genommen und habe mich bei ihm endlich mal ´bedankt´.« Sie machte eine Pause. »Für die Manschetten auf dem Bett, für seine Zärtlichkeit und seine Geduld, einfach für alles.« Ihre Stimme klang sehr verliebt.

»Sag bloß du hast... in den Mund... ?« Rosalie wollte es nicht glauben.

»Seine Oma hatte mir den Tipp gegeben.« Maria war sehr stolz auf den Mut, den sie aufgebracht hatte. »Einen gefüllten Mund bin ich ja gewöhnt.«

Einige Zeit schwiegen beide Mädchen.

»Und dann hat er mich ins Bett gebracht.«

»Er hat dich ans Bett gefesselt?« Rosalie schien den Atem anzuhalten.

»Er war so zärtlich.« Marias schwärmte. »Den Knebel mit den Kopfriemen hat er mir dann auch angelegt. Ich glaube, seine Oma hatte den auch bereit gelegt.«

»Hast du darum gebeten?«

»Nein, in seinem Zimmer haben wir gar nicht mehr geredet.« Jetzt wo das ?schlimmste? gebeichtet war, wurde Maria wieder etwas frecher. »Ich hatte ja auch die ganze Zeit was im Mund.«

Rosalie versuchte ein Lachen zu unterdrücken.

»Er ist wohl meinem Blick gefolgt.« Maria schwärmte. »Wir verstehen uns auch ohne Worte.«

Rosalie war schwer beeindruckt.

»Und dann im Bett hat er mich überall gestreichelt.«

»Überall?«

»Naja, am Gürtel habe ich nichts gespürt, aber seine Hände waren dort auch.« Maria spürte seine Hand immer noch.

Rosalie seufzte.

Marias Stimme wurde auf einmal sehr verträumt. »Wir brauchen dass für die Hütte.«

Rosalie holte tief Luft und wollte schon mit dem Schimpfen anfangen.

Doch Maria sprach dann gleich weiter und erzählte von dem sehr faszinierenden Besuch im Schloß von Grünbergs. Die Faszination über Amelies besonderes Leben war überdeutlich in ihrer Stimme zu hören.

»Und dann sind wir zu einem fesselnden Wochenende eingeladen.« Marias Stimme zeigte sowohl ihre Vorfreude als auch etwas Angst vor dem Unbekannten. Sie griff zu der Mappe, die sie bereit gelegt hatte, dann las sie einiges daraus vor.



Doch auf einmal wurde sie von Rosalie unterbrochen. »Halt, lies den Satz noch mal.«

»Die ´Freude´ der Damen ist der Lohn der Herren.« Maria war etwas verwundert.

»Warum hast Du bei dem Wort ´Freude´ ein kurze Pause gemacht?« Rosalie hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.

»Das steht in Anführungszeichen.« Maria schaute sich den Satz noch einmal an. »Jetzt sag mir, was das besondere an diesem Satz ist.«

»Der Mann meiner Schwester kommt aus Frankreich.« grinste Rosalie. »Er hat mir ein wenig Nachhilfe gegeben und dabei hat er mir auch diesen Satz erklärt.«

Maria verstand immer noch nicht.

»Das Wort ´jouir´ bedeutet im Französischen nicht nur ´freuen´, sondern bei Damen auch ´kommen´, wenn du weißt, was ich meine.«

Maria schwieg. Trotzdem war durch das Telefon zu hören, wie rot sie geworden war. Denn so gesehen hatte Paul sie schon oft belohnt. Eigentlich mehr als ihr lieb war.

»Im Hogtie soll das besonders schön sein.« Rosalie schlich sich frech in Marias Gedankengang.

»Was ist denn das?« Maria hatte diesen Begriff noch nicht gehört.

Rosalie erklärte ihr, dass dabei ihre Hände auf dem Rücken an die Füße gefesselt sein würden.

»Woher kennst du dich denn so gut aus?« Sie war mehr als verblüfft. »War das auch dein Schwager?«

Rosalie war für einen Moment verunsichert. Doch dann hatte sie sich wieder in ihrer Gewalt. »Nein, ich war in der Bibliothek und habe mich über das Hobby meiner besten Freundin informiert.«

»Das ist doch nicht mein Hobby«, erwiderte Maria etwas schwach. Doch sie wusste, das Rosalie damit eigentlich Recht hatte. »Außerdem steht jetzt erst mal mein Klinikbesuch an.«

»Ändert sich jetzt eigentlich etwas für dich?« Rosalie wusste über das, was Maria in der Klinik ihrer Mutter erwarten würde, sehr ausführlich Bescheid, denn Maria hatte oft mir ihr darüber gesprochen.

»Naja, ich glaube, ich kriege wegen dem Gebet schon extra Training.« Sie seufzte. »Mama hat da schon einiges angedeutet und soweit ich das weiß, ist der Trainingsplan dafür auch schon ausgearbeitet.«

»Naja, du fliegst ja auch schon am Dienstag.« Rosalie kannte diesen wichtigen Tag schon lange.

»Aber trotzdem ist noch Zeit für unseren Mutter-Tochter-Tag.« Marias Stimme zeigte, dass ihr dieser Tag besonders viel bedeutete. »Wir wollen wieder einen Ausflug machen.«

»Sie wird dich bestimmt über Paul aushorchen.«

Maria musste einen Moment nachdenken. »Da könntest du recht haben.« Nicht nur das Fest war dieses Mal neu, auch Paul hatte es bisher nicht gegeben. »Ich wünschte, er wäre dabei. Er könnte mir Kraft geben und das würde mir vieles leichter machen.«

»Hast du ihn mal gefragt?« Rosalie fragte das Naheliegende.

»Nein, das traue ich mich nicht.« Maria schüttelte den Kopf. »Außerdem sind es doch seine Ferien und Mama würde das auch nicht erlauben.« Das Thema war ihr unangenehm. Als sie sich umblickte, um auf ein neues Thema zu wechseln, fiel ihr Blick auf die Uhr und sie erschrak. »Es ist ja schon neun Uhr und ich muss noch packen.«

»Laß mich raten, du nimmst zwei Koffer und im zweiten sind deine Handschuhe, ein paar Halskorsetts und viel Leder?«

Maria war verblüfft. »Woher...? Wieso weißt du das?«

»Kenne ich dich oder kenne ich dich?« Rosalie lachte. »Ich wünsche dir viel Spaß und viel fesselnde ´Freude´ auf der Hütte.« Sie begann sich zu verabschieden.

Maria war kurz etwas rot geworden, als Rosalie sie daran erinnerte, welche besonderen Erlebnisse hoffentlich auf sie warten würden. »Danke. Ich werde dir dann alles erzählen.« Sie verabschiedete sich ausführlich, dann legte Maria auf.

* * *

Mit klopfendem Herzen betrat Maria ihr Zimmer. Auf dem Bett lagen tatsächlich zwei Koffer. Einer davon war schon geschlossen.

Mrs Potter war gerade dabei, einige Sachen aus Marias Schrank zu nehmen. Als sie Maria in den Raum kommen sah, drehte sie sich kurz zu ihr. »Amelie von Grünberg hat angerufen und gefragt, ob du einiges deiner Ausrüstung mitnehmen könntest. Der Sattler hat nicht alles fertig bekommen.«

Maria blickte sie etwas erstaunt an.

»Ich habe das alles in den zweiten Koffer und die große Tasche getan.« Sie zeigte auf das Bett, wo die Gepäckstücke lagen. »Deinen eigenen Koffer möchtest du bestimmt selbst packen.« Sie zeigte auf die Wäschestapel, sie neben dem Koffer standen. »Ich habe schon ein paar Sachen bereitgelegt.«

Maria hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie so lange telefoniert hatte. »Ist Paul schon da?«

Doch Mrs. Potter überhörte es.«Sie bittet uns auch, die Ganzkörperkorsetts mitzubringen und die Schlafsäcke.« Sie zeigte auf die große längliche Tasche, in der sonst die Ski verpackt wurden.

»Aber die sind mir doch zu groß?« Maria verstand noch nicht, was Amelie mit ihre vorhaben würde.

»Amelie möchte so ein Korsett einmal ausprobieren und sie meint, dass sie vielleicht in eines von deinen alten hineinpassen würde.«

Maria war etwas beschämt.

»Die Schlafsäcke werden für die zweite Übernachtung gebraucht. Sie haben sonst nicht so viele.«

Maria nahm es zur Kenntnis. Dann sah sie, dass ihre Erzieherin auch ihr bisher einziges Abendkleid bereitgelegt hatte.

»Frau Grünberg hat gesagt, dass du das auch mitbringen sollst.« Mrs. Potter war Marias Blick gefolgt. »Sie konnte aber noch nicht sagen, wofür es gebraucht wird.«



Es klingelte. Wie der Blitz lief Maria zur Haustür und konnte Paul und seine Oma begrüßen. Maria sah beim zweiten Blick, dass Paul einen Koffer trug und seine Oma einen Kleidersack.

Paul berichtete, dass er auch einen Anruf von Grünbergs wegen seines Anzugs bekommen hatte. »Er wollte mir aber nicht sagen, warum der gebraucht wird.«

»Ich soll auch mein Abendkleid mitbringen.« Maria lächelte. »Ich bin sehr gespannt, was passieren wird.«

* * *

In diesem Moment war ein Auto zu hören, welches auf dem Kiesweg vor dem Haus stehen blieb.

»Das sind sie.« Marias Stimme verriet ihre hohe Aufgeregtheit und selbst ein Räuspern ihrer Erzieherin brachte diesmal keine Reaktion.
260. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 27.09.14 20:22

Ha, endlich.
Und sofort ist das alte Gefühl des dabeiseins wieder da.

Großes Danke. Da hat Paul also auch seine ersten Erfahrungen erlebt.
Auch dafür Dankeschön

(un)geduldig auf Fortsetzungen wartend
261. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 28.09.14 00:14


Dem kann ich mir wirklich nur anschließen. Das warten hat sich wirklich gelohnt. Da fiebert man mit. Ich hoffe, das jeder das bekommt, was er verdient Der Graf seine Strafe und Paul sein Mädchen.

mit Fesselnden Grüßen
eure Kami
262. RE: Maria

geschrieben von ok2601 am 28.09.14 11:50

Danke für diese schöne Fortsetzung.
mal sehen wie das wochenende wird.

Wie geht es der Baroness ? (vielleicht in einer Nebenstory)
263. RE: Maria

geschrieben von maximilian24 am 28.09.14 19:52

Auch ich sage "Danke" für diese super Fortsetzung. Durch die Schilderung des Telefonats war ich gleich wieder im Bilde. Faszinierend wie sich zwei Freundinnen ineinander hinein denken können! Super.
264. RE: Maria

geschrieben von Balu am 02.10.14 13:34

Vielen Danke für die schöne Fortsetzung und freue mich schon auf die nächste Fortsetzung
265. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.10.14 21:22

Hallo cag_coll!

Schöner Anfang zum nächsten Teil. Warte schon auf die Fortsetzung.

Wann kommt die??


MfG Rainman.
266. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 06.10.14 06:04

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

»Na, alles bereit?« fragte Amelie nach der Begrüßung und es war ihr anzusehen, dass sie noch aufgeregter war als Maria.

Leonhard war im Gegensatz zu seiner Verlobten sehr ruhig. Er griff sich nach einem kurzen Blick zu Paul Marias zwei Koffer und bat ihn, ihm mit seinem Koffer zum Auto zu folgen.

»Die Abendgarderobe legen wir dann hier auf die Ablage.« erklärte er, während er die Koffer ins Auto lud.

»Wofür brauchen wir die denn eigentlich?« Amelies Stimme zeigte, dass sie sichtlich neugierig war.

»Das weiß ich auch nicht«, Leonhard musste sie enttäuschen. »Mein Bruder hat da ein ziemliches Geheimnis daraus gemacht.«

Amelie seufzte.

Paul fiel auf, dass sie ihren linken Arm so gut wie überhaupt nicht bewegte.

Die Verabschiedung von Mrs. Potter und Oma Selma war kurz aber herzlich. Die beiden Damen beteuerten, dass sie gern dabei gewesen wären, wenn sie noch etwas jünger wären. »Wir wünschen euch ganz herzlich ein tolles fesselndes Wochenende. Genießt es.« Dabei nahm Oma Selma einen Briefumschlag zur Hand und reichte ihn Leonhard. »Die Kaution!«

* * *

»Was gibt es neues vom Fest?« fragte Amelie, kaum dass Leonhard losgefahren war.

Maria ließ es sich nicht nehmen, selbst von den Ereignissen der letzten beiden Wochen zu berichten. Als sie von der neuen Aufgabe von Doris erzählte, war Amelie besonders fasziniert.

»Die Dienerinnen tragen alle auf dem Festzug irgendwelche Ketten.« Sie beschrieb, dass die Damen der Wachmannschaft zwar optisch auch Ketten tragen würden, aber diese seien aus Plastik mit Sollbruchstellen, damit sie schnell handlungsfähig wären.

Amelie runzelte die Stirn.

»Maria wird als die adelige Geisel von einer Wachmannschaft begleitet.« Paul war sichtlich stolz auf seine Freundin. Er erzählte seinerseits von den Ereignissen beim Training mit der Wachmannschaft. »Doch echte Fesseln tragen nur Maria und Doris.«

»Ob ich wohl als eine Dienerin dort mitlaufen könnte?« Amelies Stimme zeigte eine gewisse Begeisterung.

»Das müsste der Baron entscheiden.« Maria war nachdenklich. »Aber ich denke, dass das schon gehen müsste.« Sie blickte zu Paul. »Wir werden uns für Amelie einsetzen.«

»Wir könnten Herrn Steinhagen fragen.« Paul gefiel die Idee und er wollte sich auch dankbar zeigen. »Der hat genügend Einfluss.«

»Es wäre so schön.« Amelies Stimme zeigte viel Sehnsucht.

»Wann ist das Fest nochmal?« fragte Leonhard nach. Er warf dabei einen recht verliebten Blick auf seine Verlobte. Er wusste, was ihr diese Gelegenheit bedeuten würde.

Paul nannte den Termin. »Es ist immer das letzte Wochenende im August.«

»Haben wir da schon was vor?« Amelies Stimme war sehr leise.

»Da wäre nur dein Jura-Stammtisch.« antwortete Leonhard nach einigem Nachdenken.

»Bitte lass uns hinfahren?« flehte Amelie.

»Jetzt warte doch erst mal ab, ob der Baron uns überhaupt einlädt.« Leonhard war der Enthusiasmus seiner Verlobten nicht recht, deswegen versuchte er einen Themenwechsel. »Dir ist schon klar, dass du dieses Jahr auf der Hüte nicht mehr das Küken bist?«

»Ja, ... Nein.« Amelie war es irgendwie nicht recht, dass sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Sie drehte sich zu Maria um. »Richtig, das bist dieses Jahr du.«

Leonhard drehte sich zu Maria. »Ich denke, das solltest du wissen.« Er machte eine wichtige Pause. »Sebastian und ich haben mit deiner Mutter telefoniert. Sie lässt schön grüßen.«

Maria lächelte etwas verunsichert.

»Ich habe ihr beschrieben, was wir so alles vorhaben. Und sie wünscht dir viel Spaß.«

Maria wollte es nicht so recht glauben. »Sie hat es erlaubt?«

»Du darfst sogar ´trainieren´.« Amelie drehte sich kurz um. »Du wüsstest schon, was gemeint ist.«

Paul und Maria blickten sich kurz an, dann stellte sie die Frage, über die sie schon öfters spekuliert hatten. »Wer sind denn die anderen Teilnehmer?«

»Natürlich nur das, was wir wissen dürfen.« ergänzte Paul. Sie waren sich durchaus der Verschwiegenheit wohl bewußt, zu der sie sich verpflichtet hatten.

»Es wird keine große Vorstellungsrunde geben, deswegen werden wir euch sagen, was ihr wissen müsst.« Leonhard nahm Pauls Ergänzung wohlwollend zur Kenntnis. »Meinen Bruder mit seiner Frau kennt ihr ja schon fast, zumindest vom Telefon.«

Paul und Maria bestätigten.

»Ich gebe gern zu, dass es am Anfang eine große Konkurrenz zwischen mir und Sebastian gegeben hat. Teilweise haben unsere Frauen sogar darunter gelitten.«

»Ja«, Amelie musste lachen. »Aber dann hat sich mein Schatz damit abgefunden, dass er nur auf dem zweiten Platz steht.«

»Dann gibt es noch zwei Paare aus einer Familie.« Leonhard streichelte seiner Verlobten kurz über das Gesicht. »Anna und Christine sind Mutter und Tochter. Sie bringen jeweils ihren Ehemann mit.«

»Mutter und Tochter haben ein sehr aufgeschlossenes Verhältnis.« Amelies Stimme ließ eine gewisse Wehmut nachklingen.

»Nun sei aber nicht ungerecht zu deiner Mutter.« Leonhard hatte den Tonfall bemerkt. »Denk an die Vergangenheit deiner Mutter. Für sie war das alles nicht freiwillig, sondern realer Zwang.«

Amelie schmollte kurz, doch dann musste sie lachen. »Dieses verrückte Huhn.« Sie bemerkte die etwas verwunderten Blicke von hinten und erläuterte. »Christine ist die Tochter von Anna und hat die Leidenschaft für Bondage sozusagen in die Wiege gelegt bekommen. Sie hat dieses Jahr ein ganz besonderes Abenteuer vor.« Amelie drehte sich zu Leonhard »Dürfen wir das verraten?«

Leonhard hatte nichts dagegen. »Es wurde ja ausführlich angekündigt.«

Amelie holte symbolisch tief Luft, dann wurde ihre Stimme etwas leiser. »Christine möchte das ganze Wochenende ununterbrochen geknebelt sein und trägt dabei eine Magensonde.«

Maria wusste im Gegensatz zu Paul mit diesem Begriff etwas anzufangen und stöhnte entsprechend.

»Sie hat sich gewünscht, dass ihr Mund gleich nach der Ankunft irgendwie gefüllt und dann versiegelt wird.«

»Wirklich ein verrücktes Huhn.« wiederholte Leonhard lachend. »Sie hat jedes Mal neue verrückte Ideen.« Er blickte durch den Spiegel nach hinten.« »Wer wird ihr die Sonde eigentlich anlegen? Ihre Mutter oder Margarete?«

Amelie erklärte Paul und Maria, dass Margarete im realen Leben Ärztin sei. »Sie achtet ein wenig auf die Gesundheit und Unversehrtheit der Teilnehmerinnen. Ich glaube, Margarete wird den Part übernehmen. Sie versorgt uns auch mit Kathetern für das Wochenende.«

Maria war erstaunt. »Das ist doch aber sehr demütigend.« Sie kannte das von den Aufenthalten in der Klinik ihrer Mutter.

Amelie widersprach ihr heftig. »Also ich fühle mich dann eher befreit, wenn ich mich um meine Geschäfte nicht mehr kümmern muss und ich jede Fesselung so lange genießen kann, wie ich möchte.« Sie machte eine Pause und drehte sich zu Maria. Sie war sensibel genug um Marias Ängste zu spüren. »Du solltest es zulassen. Es erlaubt dir, das Wochenende viel entspannter anzugehen.«

»Nun dränge sie doch nicht so.« Leonhard hatte das Gefühl, eingreifen zu müssen. »Darf ich dich daran erinnern, wie sehr du dich beim ersten Wochenende gesträubt hast?« Er drehte sich zu Maria. »Margarete kannst du vertrauen. Sie macht das schon sehr lange.«

Amelie wollte ihren Fauxpas wieder gut machen. »Sie wird dich bewundern. Sie liebt die Monohandschuhe, kann sie selbst aber nicht tragen.« Sie beschrieb, dass sie immer nur mit so einer Armtasche auf der Hütte war.

»Die läßt sich außerdem auch schnell abnehmen, falls mal ihre Hilfe gebraucht wird.« ergänzte Leonhard.

Maria war ernsthaft am Grübeln. Sie blickte sehr verliebt zu Paul.

Amelie schien ihre Gedanken zu erraten. »Das hatte ich damals auch gefragt, ob Leonhard mir die Sachen anlegen könnte.«

Maria fühlte sich ertappt.

»Aber es hat mir damals sehr geholfen, dass Leonhard dabei war und mir währenddessen die Hand gehalten hat. Das war fast so, als hätte er es selbst gemacht.«

Maria blickte wieder etwas verträumt zu Paul und im Gegensatz zum letzten Mal war er jetzt zunächst einmal erleichtert. »Wenn du das wirklich möchtest, dann werde ich dabei sein und dich unterstützen.« Um seine Worte zu bekräftigen, drehte er sich zu ihr und gab ihr einen Kuss.

»Anna, die Mutter von Christine möchte das ganze Wochenende gefesselt sein.« Amelie stellte die nächste Bondagette vor. »Sie hatte beim letzten Mal am Samstag nachmittag eine Pause gemacht und ihre Fesselungen abgelegt. Doch diesmal möchte sie ganz durchhalten.«

Maria war seltsam fasziniert. »Sie ist die ganze Zeit...«

»Margarete achtet schon darauf, dass die Damen trotzdem genügend Bewegung bekommrn, weil es sonst zu gesundheitlichen Schäden kommen könnte.« Leonhard spürte Marias Bedenken.

Amelie lachte. »Die Gymnastikübungen von ihr sind schon so aus ausgearbeitet, dass man sie auch mit angelegten Handschellen durchführen kann.«

»Stichwort ´Handschellen´,« warf Leonhard dazwischen. »Ella wird sicher wieder ihre Halsgeige dabei haben. Sie besteht immer darauf, diese bei den Mahlzeiten zu tragen und dann doch selbstständig zu essen.«

»Es ist total faszinierend ihr beim Essen zuzusehen.« Amelie lachte. »Sie weiß genau, welcher Freiraum ihr verbleibt, und den versteht sie sehr geschickt auszunutzen.«

Maria fragte, was denn eine Halsgeige sei.

Amelie versuchte es ziemlich mühsam zu erklären, doch dann hielt sie inne. »Warte einfach bis zur Hütte, dann kannst du es ausprobieren.«

»Dann wäre da noch Petra. Sie steht sehr auf Leder. Ich bin gespannt, ob sie wieder ihren Monostiefel dabei hat.«

Maria fragte nach dem Monostiefeln, doch dann hielt sie inne. »Ich weiß schon, abwarten.«

Amelie lachte. »Das ist einfacher zu erklären. Du könntest doch in einen Strumpf beide Beine hineinstecken.«

Maria grinste wissend.

»Und jetzt stell dir vor, es wäre kein Strumpf, sondern ein Stiefel, der breit genug ist.«

Maria keuchte etwas. »Aber dann kann ich ja meine Beine nicht mehr bewegen.«

Amelie keuchte ebenfalls ein wenig, dann grinste sie. »Ja, das ist genau der Zweck eines Monostiefels.« Sie blickte verliebt zu Leonhard. »Wenn ich besonders aufgedreht bin, muss ich einen anziehen und dann stellt er mich einfach irgendwo hin.«

Eine Antwort gab Leonhard nicht, aber er streichelte ihr noch einmal übers Gesicht.

Amelie drehte sich zu Maria. »Weißt du schon, wie du in der ersten Nacht schlafen möchtest?«

Maria schaute etwas verwirrt.

»Du darfst dir aussuchen, in welcher besonderen Fesselung du die Nacht verbringen wirst.«

Maria zuckte erst mal mit den Schultern. »Was machst du denn?« fragte sie Amelie etwas unsicher.

Amelie blickte verträumt. »Ich lasse mich an das rotierende Rad binden.«

Maria konnte mit dieser Antwort nicht viel anfangen.

»Ich bin sehr gespannt, ob Ella ihre Andeutung vom letzten Mal wirklich umsetzt.« Amelie blickte verträumt.

Leonhard fragte nach. »Was wollte sie noch mal machen?«

»Sie wollte mit auf einem Brett mit Metallstreifen festgenagelt werden.« Amelie keuchte etwas bei dem Gedanken, wie streng diese Fesselung wäre.

Marias Blick wurde noch verunsicherter.

Leonhard wollte sie beruhigen. »Am besten wartest du ab und suchst dir dann etwas vor Ort aus.« Er wandte sich an Paul. »Sebastian hat dich für die erste Nachtwache eingeteilt. Da ist am wenigsten los.«

»Nachtwache?« Paul war verwundert.

»Wir müssen auf die Damen in ihren Fesselungen aufpassen und ihnen sofort zu Hilfe kommen, wenn etwas sein sollte.« Leonhard klang wichtig. »Aber in der ersten Stunde sind sie noch sehr abgelenkt.«

Amelie stöhnte. »Diese Vibratoren, die immer zu früh ausgehen, sind aber auch gemein.«

Maria dachte mir etwas Belustigung daran, wie einmal bei einer ihrer Belohnungen die Batterien ihres Vibrators ausgingen. Seitdem lag immer ein Extrapack Batterien bereit. Sie erzählte davon.

Amelie drehte sich zu ihr um. »Die Vibratoren gehen aber nicht aus, weil die Batterien alle sind, sondern weil Sebastian sie abschaltet. Und du kannst nichts dagegen machen. Es ist Folter pur.«

»Und wie lange geht das so?«

Leonhard grinste verschmitzt. »Ich glaube, so gegen Mitternacht ist dann Ruhe.«

Paul fiel auf, wie Marias Augen zu leuchten begannen.

* * *

Die Begrüßung an der Seilbahnstation war kurz aber herzlich. Es war irgendwie sofort zu spüren, dass sich hier eine eingeschworene Gemeinschaft traf. Ebenso wurden Paul und Maria, als Amelie sie vorstellte, sehr herzlich aufgenommen.

Doch dann drängte Leonhard zur Eile. »Laßt uns schnell die Koffer aufladen, damit wir so bald wie möglich bei der Hütte sind.« Er blickte auf seine Verlobte, die schon dabei war, ihre Bergstiefel anzuziehen. »Und ihr möchtet euch vielleicht noch bergfertig machen.« Es fiel erst auf den zweiten Blick auf, dass Amelies Stiefel zwar keine Absätze hatten, aber trotzdem war die Fußhaltung in den Stiefeln wie mit einem hohen Absatz. Der Stiefelschaft und der Bereich über dem flachen Absatz schienen deutlich höher als bei den anderen Teilnehmerinnen.

»Wann geht es denn endlich los?« Ella konnte es nicht erwarten.

Leonhard schnallte sich seinen Rucksack auf den Rücken. »Das weißt du doch ganz genau.« Er grinste, weil er sah, wie wuschig sich Ella schon gab. »Sobald wir vom Tal aus nicht mehr gesehen werden können.« Er zeigte den Hang hinauf. »Nach der Biegung an der Tanne.«



Und tatsächlich, nach dieser Biegung ging Leonhard noch ein paar Schritte, dann blieb er stehen und setzte seinen Rucksack ab. Er öffnete ihn und holte sechs Stoffbeutel heraus.

Ella trag auf ihn zu und blickte etwas verwundert auf die Stoffbeutel.

»So verheddern sich die Ketten nicht.« Er lächelte. »Claudia hat mir den Tipp gegeben.«

Ella griff sich einen der Beutel, öffnete ihn und holte ein Bündel Ketten heraus. Mit großer Geschwindigkeit und entsprechend lustvoller Miene legte sie sich die Ketten an.

Maria erkannte es erst dann als Haremsgeschirr, als Ella damit herumstolzierte und ihre neue eingeschränkte Beweglichkeit testete.

Als Amelie Marias verwirrten Blick sah, trat sie auf sie zu. »Ich glaube, dass haben wir dir noch nicht gesagt. Wir werden in Ketten zur Hütte geführt.« Sie reichte Maria einen der Beutel. »Damit wird man gleich so richtig auf das Wochenende eingestimmt.«

Leonhard trat zu ihr. »Du solltest Maria nicht so bedrängen.« Er wandte sich an Maria. »Dieser Gang in Ketten ist natürlich freiwillig. Wenn du nicht möchtest, haben wir dafür vollstes Verständnis. Außerdem passen die Herren auf dich auf.« Er suchte den Blick von Paul. »Es gibt nur eine kurze schwierige Stelle, dort werden wir Hand in Hand gehen zur Sicherheit.«

Als Antwort nahm Maria sich den Beutel und legte sich ziemlich routiniert die Ketten an. Die anderen tauschten wegen dieser Routine Blicke aus, aber sie hüteten sich, etwas zu sagen.



Sie waren vielleicht eine Viertelstunde unterwegs, als Maria etwas stöhnte. »Jetzt merke ich erst, wie bequem die Katerinenketten doch sind.«

Paul blickte sie besorgt an. »Soll ich ihn bitten, dich davon zu befreien?«

Maria zögerte etwas. Doch dann schien sie sich entschieden zu haben. »Lass nur, bis zur Hütte werde ich es aushalten.« Sie blickte den Berg hinauf.

Paul folgte ihrem Blick und konnte die Hütte ebenfalls schon sehen. Zwei Personen standen davor und winkten gelegentlich. Doch Paul hatte etwas Respekt vor dem Höhenunterschied, den sie noch zu überwinden hatten.

* * *

»Wir haben euch schon kommen gehört.« grinste Sebastian und blickte zu Claudia, die gerade mit einem Tablett aus der Hütte kam. »Das Klirren der Ketten ist gut zu hören.«

Claudia lächelte etwas verlegen, als auch ihre Ketten beim Gehen leise klirrten. Doch dann hatte sie sich überwundern. Sie stellte das Tablett auf den Tisch vor der Hütte und begrüßte die Wanderer.

»Ich freue mich, dich kennenzulernen.« begrüßte sie Maria. »Amelie hat schon so viel von dir erzählt.« Sie lächelte ihre Schwägerin an. »Ich bin sehr gespannt auf dein ´Gebet auf dem Rücken´«.

Maria fühlte sich sehr geschmeichelt.

»Jetzt greift zu und genießt die kleine Erfrischung.« Claudia bot die Getränke an, die sie eben aus der Hütte getragen hatte.

Doch Sebastian waren diese Begrüßungsorgien eher zuwider. »Wir müßten dann noch das ganze Gepäck von der Seilbahn holen.«

Die Herren schienen sofort zu wissen, was zu tun war. Nach einem kräftigen Schluck setzten sie sich in Bewegung. Nur Paul blieb noch etwas unschlüssig stehen.

Sebastian sah seinen Blick und erklärte ihm. »Wir holen jetzt die ganzen Sachen von der Bergstation.« Er zeigte auf den großen Berg von Koffern. »Es müßte eigentlich reichen, wenn jeder zwei Mal geht.«

Paul blickte noch einmal kurz zu Maria, dann folgte er den anderen Männern.

Doch gleich darauf wurde er von Claudia zurück gerufen. »Sieben Männer reichen zum Gepäcktragen auch.« Sie lächelte. »Ich möchte euch die Hütte zeigen. Die anderen kennen sie ja schon.« Sie bat das Paar in die Hütte.



»Hütte ist vermutlich etwas untertrieben.« grinste sie, »im Tal würde es vermutlich als ein größeres Einfamilienhaus durchgehen.«

Sobald sich ihre Augen an die Dunkelheit in der Hütte gewöhnt hatten, blickten sie sich um.

»Hier in der Mitte ist unser Gemeinschaftraum.« Claudia deutete es mit den Armen an. »Hier werden wir essen und auch die meisten Workshops machen.« Sie ließ den beiden etwas Zeit, das Gesagte zu verarbeiten.

Als nächstes zeigte sie die Schlafräume. »Es sind zwei Vierbettzimmer und vier Zweibettzimmer. Doch da wir Damen beide Nächte gemeinsam übernachten werden, werden wir die Zimmer diesmal anders einteilen. Sebastian wird das machen, sobald das Gepäck da ist.« Sie blickte Maria lächelnd an. »Amelie und ich sind schon sehr gespannt auf die Ganzkörperkorsetts.«

Maria fühlte sich etwas überrumpelt. Ihre Hand suchte die Hand von Paul, dann zwang sie sich ein Lächeln aufs Gesicht.

»Das ist alles so neu für uns.« Paul ahnte, was seine Freundin bewegte.

»Ihr werdet hier schnell warm werden, davon bin ich überzeugt.« Claudia bat das Paar, ihr zur anderen Seite des Raumes zu folgen. »Hier sind die Funktionsräume.« Sie zählte auf: »Generatorraum und Werkstatt, Bad, der Raum für das Gepäck und ´tada´, die Küche.« Claudia streckte ihre Arme theatralisch aus.

»Mit der Küche hat es hier auf der Hütte noch eine Besonderheit. Hier herrschen die Männer, und wir Frauen,« sie blickte Maria lächelnd an, »dürfen sie nur gefesselt betreten.«

»Eine schöne Regel.« Maria grinste und stupste Paul an.

Claudia drehte sich nach links. »Hier sind noch unsere Materialräume und die Technik.«

Paul hatte den Eindruck, dass sie ein wenig rot dabei wurde.

»Kommt ihr bitte auch vor die Hütte?« Sebastian steckte den Kopf zur Tür herein. »Ich möchte eröffnen.«
267. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 06.10.14 21:57

Was es mit der "Technik" wohl auf sich hat.

lieb danke sagend
268. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 06.10.14 22:59

Hi.


Bekommst eine 1+ mit *chen.


Mach blos so weiter. Will noch viel Spaß an der Story haben.

Mfg Rainman
269. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.10.14 07:15

Eigentlich mag ich es ja gar nicht, wenn man zu Beginn einer Geschichte erst einmal eine Beschreibung der Personen studieren muss. Doch da ich selbst sogar beim Schreiben öfters mal in dieser Liste nachgesehen habe, wer nun zu wem gehört, dachte ich, dass es nichts schadet, wenn ich euch kurz einen Überblick gebe.

Vier jüngere Paare
Leonhard und Amelie
Sebastian und Claudia
Paul und Maria
Fritz und Christine

Viere ältere Paare
Peter und Petra
Florian und Ella
Franz und Anna
Eberhard und Magarete

Besonderheiten
Leonhard und Sebastian sind Brüder
Christine ist die Tochter von Anna
270. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 08.10.14 10:04

Tolle Fortsetzung - da kommen so viele meiner eigenen Fantasien zur Anwendung! Danke!
271. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 10.10.14 02:27

Wenn man Bedenkt was du uns alles Verschwiegen hast wovon Maria nur kurz erzählt müßten man Eigentlich etwas Böse mit dir sein Karl.
Das Abenteuer Wochenende auf der Hütte fängt ja gut an und für Maria wird es bestimmt sehr schön.
Für Paul wird es bestimmt auch Interessant werden wenn er selbst mal gefesselt wird..
Tolle Fortsetzung.
272. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 10.10.14 04:48

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Sebastian wartete, bis alle einen Platz gefunden hatten, dann nahm er eine Mappe zur Hand und räusperte sich. »Ich möchte euch zu unserem fesselnden Wochenende begrüßen und freue mich, dass alle gut her gefunden haben.«

Er blickte kurz auf die Liste. »Rosa und Hans mussten diesmal wegen eines Todesfalls in der Familie absagen. Aber dafür möchte ich euch ein neues Paar vorstellen. Maria und Paul. Maria wird uns ein ganz tolles Kunststück vorführen.«

Maria lächelte etwas verlegen.

»Sie sind neu, bitte helft ihnen bei allem.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Ich möchte dann noch einmal die wichtigsten Regeln erinnern.«

Es waren die Regeln, die Paul und Maria schon mit Oma Selma besprochen hatten.


»Nachdem diesmal die Damen beide Nächte zusammen im Saal übernachten werden, haben wir diesmal die Zimmer etwas anders verteilt. In den beiden Viererzimmern werden die Herren schlafen, die keine Nachtwache haben. Die vier Zweierzimmer stehen allen zur Verfügung, wenn sie sich einmal zurückziehen wollen.« Er gab Claudia einen Kuss. »Wir haben hier keine Schlösser und die Türen stehen immer offen. Macht einfach die Tür zu und hängt das Schild hin, wenn ihr ungestört sein wollt.«


»Dann schreiten wir zur Tat.« Er gab Claudia ein Zeichen.

Diese griff zu einem Beutel und schüttete den Inhalt auf den Tisch. Zum Vorschein kamen eine Menge kleine Vorhängeschlösser und Schlüssel an geflochtenen Schnüren dazu.

»Dies sind 16 Schlösser mit den gleichen Schlüsseln.« Er bat die Damen, sich jeweils zwei zu nehmen und ebenfalls die Herren, sich einen der acht Schlüssel zu nehmen und sich gleich um den Hals zu hängen. »Damit können im Notfall alle Schlösser schnell und unkompliziert geöffnet werden.«

Paul und Maria blickten sich kurz an. Es war ihnen anzusehen, wie sehr sie dieser Weitblick beeindruckte und ihnen auch Sicherheit und Zuvertrauen gab.

»Jetzt wäre es Zeit,« er wandte sich an die Damen, »eure Ketten gegen etwas Bequemeres einzutauschen.« Er blickte in erfreute Gesichter. »Doch ich möchte daran erinnern, dass ihr dieses Mal auf euren eigenen Wunsch hin auch Aufgaben bekommen werdet. Also wählt klug.«

Paul und Maria blickten sich an. Nahezu gleichzeitig sagten beide: »Die Ketten vom Fest.« Sie mussten lachen. Dann wurde Maria wieder ernst. »Holst du sie bitte? Sie sind im zweiten Koffer gleich oben auf.«

Als Paul aufstand stellte er fest, dass auch die anderen Männer aufgestanden waren, um die neuen Fesseln für ihre Frauen zu holen.

Als Paul mit dem schwarzen Koffer vor die Hütte kam, bekam er verwunderte Blicke. »Was willst du denn mit dem Koffer?« fragte Leonhard, der gerade dabei war, Amelie in eine Zwangsjacke zu schnüren.

Paul begriff die Verwunderung erst, als er sich umsah. Fast alle Frauen trugen schon ihre neue erwünschte Fesselung, nur Maria blickte ihn erwartungsvoll an.

Er stellte den Koffer auf den Tisch stellte und öffnete ihn. Zum Vorschein kamen die Katerinenfestketten, die in weinrotem Samt wie kostbare Schmuckstücke präsentiert wurden.

Ein Raunen war zu hören.

»Woh! Was für ein Auftritt.« Besonders Ella war schwer beeindruckt. Ihre Hände waren schon in einer glänzenden Halsgeige gefangen. Trotzdem ließ sie es sich nicht nehmen, einmal über den Samt und die Ketten zu streicheln.

»Die hat ein Kunstschmied für Maria angefertigt.« Pauls Stimme war sichtlich stolz.

»Jetzt lege sie mir jetzt an.« Marias Stimme war etwas ungeduldig.

Claudia streichelte ihr über den Kopf. »Na na, wer wird denn hier herumkommandieren?«

Maria war verlegen und nur nebenbei bemerkte sie, dass auch Claudia eine Halsgeige trug.


»Soll ich sie auch abschließen?« fragte Paul, nachdem er Maria die Schellen um die Hand- und Fußgelenke gelegt hatte und den Riegel geschlossen hatte.

Sebastian verneinte. »Sicherheit geht vor.«

Ella war nicht mehr von Marias Seite weg zu bekommen. Sie hielt eine der Schellen in der Hand und war begeistert über den guten Sitz.

»Das ist eine Maßanfertigung.« berichtete Paul stolz und gab Maria einen Kuss.


»Wollt ihr es hier draußen machen oder in der Hütte?« Sebastian trug zusammen mit Franz einen großen Koffer und stellte ihn auf den Tisch. Er blickte abwechselnd Christine und Margarete an.

Christine keuchte heftig. Es war deutlich, dass sie keine Antwort geben würde.

»Hier vor der Hütte ist das Licht wesentlich besser.« Sie blickte sich um. »Habt ihr noch den Liegestuhl?«

»Hier ist er.« Eberhard, der Mann von Margarete, trug ihn gerade vor die Tür und Anna, die ihm folgte, hatte viele Lederriemen in der Hand.

Als Sebastian dies sah, bat er um eine kleine Pause. Er wandte sich direkt an Christine. »Ich möchte noch einmal von dir hören, was passieren wird.« Er musste selbst etwas schlucken. »Ich möchte nur sicherstellen, dass du weißt, auf was du dich einlässt.«

Annas Tochter brauchte einige Zeit, bis sie in der Lage war zu antworten.

»Mama wird mich auf dem Stuhl festschnallen, dann wird mir Margarete die Magensonde legen.« Sie keuchte beim Sprechen und ihre hohe Erregung war die ganze Zeit deutlich hörbar. Sie schien schon seit Ewigkeiten auf diesen Moment hin gefiebert zu haben. »Ich bekomme zwei Schläuche in die Nase, einen für sicheres Atmen und einen für die Ernährung.« Sie zitterte am ganzen Körper. »Im Mund werde ich das Ding vom Zahnarzt tragen, welches meine Kiefer fixiert und die Zunge festhält, und dann werden meine Lippen versiegelt.«

Zum einen war Sebastian mit der Antwort zufrieden, Christine schien wirklich zu wissen, auf was sie sich einließ. Und zum anderen war er selbst auch sehr gespannt auf die auf diese faszinierende Weise dauergeknebelte Christine. »Nun, dann fangt an.«


Während Anna ihre Tochter festschnallte, berichtete sie, wie es zu Christines außergewöhnlichem Fetisch gekommen war. »Christine hatte große Probleme mit ihrem Kiefer, und der Zahnarzt hatte damals keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als ihn komplett ruhig zustellen.«

Sie beschrieb, wie dann vom Ober- und Unterkiefer in regelmäßigen Abständen Abdrücke gemacht wurden. Von denen wurden dann feste Spangenblöcke gefertigt, die dann in Christines Mund zusammen geschraubt werden konnten, um ihn vollkommen zu fixieren und ruhig zu stellen. »Es war aber zu einer Zeit in ihrer Entwicklung, die sie sehr geprägt hat. Außerdem war sie auch schon mit Fritz befreundet, und auch er stand ihr während dieser Zeit immer zu Seite.«

Anna zeigte die beiden Teile, die Christine bald im Mund tragen würde. »Auch ihre Zunge wird miteinbezogen.« Sie zeigte die kleine Aussparung. »Und hier werden sie dann mit einer Platte vor ihren Zähnen zusammen geschraubt.« Sie zeigte die kleinen Riegel.

Fritz hielt jetzt ebenfalls ein paar Teile in der Hand. »Mit diesem Pflaster werden wir dann ihre Lippen versiegeln.« Er hielt eine entsprechende Rolle hoch. Dann kniete er sich vor den Stuhl, auf dem Christine mittlerweile festgeschnallt war. »Ich habe noch eine Überraschung für dich.« Er hielt einen Puppenkopf in der Hand, der Christine Gesicht zeigte. »Ich habe eine neue Maske für dich machen lassen.«

Christine fiel in Ohnmacht. Margarete schien schon darauf gewartet zu haben. Sie bat Anna ebenfalls zu sich und bat die anderen um Ruhe, damit sie sich konzentrieren konnten.

* * *

Christine schlug die Augen auf und blickte in Fritz lächelndes Gesicht. »Na, alles in Ordnung? Können wir dich los schnallen?«

Christine zuckte mit ihren Armen, dann wollte sie antworten. Doch als sie merkte, dass sie ihren Kiefer nicht mehr bewegen konnte, blickte sie ihren Mann erschrocken an.

Doch dieser streichelte ihr liebevoll über den Arm. »Es ist alles vollbracht.«

Wieder zuckten Christines Arme, und eine erste Träne lief aus ihrem Auge.

»Möchtest du es sehen?« fragte Fritz und griff zu dem Spiegel, den er bereitgelegt hatte.

Christine kämpfte noch sehr mit ihren Gefühlen. Schließlich rang sie sich zu einem Nicken durch.

Fritz hielt ihr den Spiegel vor das Gesicht.

Christine war überwältigt. Sie hatte das Gefühl, wie immer in einen Spiegel zu blicken. Nur wenn sie ganz genau hinsah, konnte sie erkennen, dass es nicht ihre echte Haut war, die sie erblickte. Weder von ihrem Knebel noch von den so wichtigen Schläuchen war etwas zu erkennen.

»Die Maskenbildnerin vom Theater hat mir diese Maske angefertigt.« berichtete Fritz mit einem gewissen Stolz. »Ich weiß nicht genau, wie es gemacht wird, aber die Bewegungen deiner Haut übertragen sich auf die Maske. Fast so als wäre sie festgeklebt.«

Wieder war Christine einer Ohnmacht nahe.

Fritz Stimme wurde auf einmal sehr feierlich. »Noch einmal nachträglich alles Liebe zum Geburtstag, mein Schatz. Die Maske ist der andere Teil meines Geschenks.«

Anna mischte sich ein. »Ich denke, wir können dich dann los schnallen.« Sie begann die Riemen zu öffnen, die Christine noch an den Stuhl fesselten.

Fritz hatte sich insgeheim sehr gut auf diesen Moment vorbereitet. Kaum waren Christines Arme frei, als sie sich sehr neugierig an die Maske fassen wollte. »Stopp, meine Liebe.« Er grinste hinterhältig. »Du wolltest doch eine Halsgeige tragen?« Er ergriff ihre Hände und nickte Franz und Eberhard zu.

Es war Christine anzusehen, dass sie gern lautstark protestiert hätte. Doch zu ihrem Entsetzen dauerte es keine zwei Sekunden und ihre Handgelenke waren in der Halsgeige gefangen und Fritz legte mit einem leisen ´Klick´ das Schloss an. Kaum hatte Christine das Klicken vernommen, als ein Zittern durch ihren Körper ging. Fritz hielt sie liebevoll fest, als ihr Körper von dem heftigen Orgasmus geschüttelt wurde.

* * *

Ringsumher war es still. Alle hatten sehr fasziniert zugesehen, wie Christines großer Traum erfüllt wurde. Jetzt lag sie in Fritz´ Armen und wurde zärtlich von ihm gestreichelt. Nur langsam kam sie wieder zu sich.

»Na, wieder auf der Erde?« Sebastian war zu Christine getreten. »Eine beeindruckende Verwandlung.« Doch dann wurde er ernst. »Wir müssen jetzt einmal die Sicherheitsprobe machen. Es ist wichtig, dass wir das vorher einmal ausprobiert haben.« Er drehte sich wieder zu Christine. »Brumme jetzt einmal so laut wie du kannst.«

Christine gab sich alle Mühe. Das »Drei-Mal-kurz« war gut zu erkennen.

»Haben das alle erkannt?« Sebastian vergewisserte sich, dass alle begriffen hatten, wie Christine eventuelle Notfälle signalisieren würde.

Als Christine begriff, dass jetzt ihr Traum in Erfüllung gegangen war und sie ab sofort schweigen musste, war sie überglücklich. Ihre Augen strahlten mit ihrem Lächeln um die Wette. Sie wand sich in Fritz? Armen und versuchte einen Knebelkuss. Die anderen applaudierten.


Sebastian stand wieder auf und bat um Aufmerksamkeit. »Ich möchte jetzt die Aufgaben fürs Abendessen verteilen.« Er schaute auf einen Zettel, den er aus der Hosentasche geholt hatte. »Leonhard geht mit dem Wagen zur Quelle und holt frisches Wasser. Eberhard, Paul und Peter werden ihn begleiten.« Er blickte die Herren kurz an. »Am besten brecht ihr sofort auf. Leonhard kennt sich aus.«

Paul und Maria tauschten kurz Blicke aus, dann ging Paul den drei Herren hinterher.

»Du brauchst keine Angst zu haben.« Claudia hatte Marias leicht verunsicherten Blick zu Paul gesehen. »Wir passen gegenseitig auf uns auf.«

»Franz und Anna sowie Florian und Ella, die beiden Paare, werden sich um das Abendessen kümmern.« Er wartete, bis sie aufgestanden waren. »Ich habe schon einen Kanister von der Quelle geholt, ich hoffe, der reicht, bis die vier mit dem Wagen wieder hier sind.«

»Es ist schon länger her,« seufzte Anna, »dass ich zuletzt den Brei kochen musste. Ich hoffe, ich bin nicht aus der Übung.« Als sie einige verwunderte Blicke spürte, ergänzte sie. »Früher war ich dabei auch oft gefesselt.« Sie gab ihrem Mann einen Kuss.

»Nun aber ab in die Küche.« Er grinste, dann blickte er wieder auf den Zettel. »Fritz und ich werden den Tisch aufbauen, dann gehen wir Holz holen.« Er ließ seinen Blick über die Damen gleiten, die noch auf ihren Plätzen saßen und ihn aufmerksam ansahen. »Ihr werdet in der Zwischenzeit den Tisch decken.« Er grinste ein wenig, doch das von ihm erwartete Aufstöhnen blieb aus.

»Maria, du bist von den Aufgaben natürlich ausgenommen.« Claudia blickte zwischen ihr und ihrem Mann hin und her. »Wir können dir als Neuling das nicht zumuten.«

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich möchte aber helfen.« Sie musste schlucken, bevor sie weiter sprechen konnte. »Außerdem bin ich das Arbeiten in Fesseln gewöhnt.« Sie dachte insgeheim an die Sachen, die sie als Katerina auf dem Marktplatz zu machen hatte. Sie blickte an sich herunter und sah die Katerinenketten funkeln. Doch das dies auch ganz anders verstanden werden konnte, erkannte sie in diesem Moment nicht.

* * *

»Oh, das sieht ja toll aus.« Die Männer waren schwer beeindruckt, als sie mit dem Wasser wieder zur Hütte kamen. »Der Tisch ist sehr schön gedeckt.«

Sechzehn Gedecke standen auf dem Tisch, das Bild wurde nur gestört durch ein Gestell, welches etwas Ähnlichkeit mit einem Infusionsständer hatte.

Claudia verbeugte sich sehr übertrieben, dann lächelte sie. »Der Dank gebührt Maria. Man könnte meinen, sie wäre mit den Ketten auf die Welt gekommen.«

»Sie ist eben sehr ehrgeizig.« Paul kam in die Hütte und gab Maria einen Kuss. »Ich bin stolz auf dich.«


Sebastian bat ums Wort. »Bevor wir uns an den Tisch setzen, gibt es für die Damen noch einmal Gelegenheit, ihre Fesselung zu wechseln oder auch ganz darauf zu verzichten. Bei den Mahlzeiten gilt die Regel der »freiwilligen« Fesselung. Wer eine solche trägt und dann beim Meckern erwischt wird, bekommt einen Strafpunkt.«

Er hatte kaum ausgesprochen, als Amelie zwischen ihrem bereitliegenden Monohandschuh und ihrem Verlobten hin und her blickte.

Leonhard kam der Bitte sofort nach.

Maria schaute fasziniert zu, wie Amelies Arme langsam in der schwarzen Lederhülle verschwanden. Paul hatte den Blick bemerkt und wusste sofort, was seine Freundin bewegte. »Bist du dir sicher?« Er hatte ein wenig Respekt von Sebastians Regeln.

Maria schien diese Frage richtig verstanden zu haben. Sie zögerte und wurde nachdenklich. Doch dann glitt ein Strahlen in ihr Gesicht und sie legte ihre Arme auf den Rücken.

Paul war recht dankbar für die Übung, die er mittlerweile darin hatte, Maria den Handschuh anzulegen. Und er war sich auch sicher, dass es für Maria sehr bequem war.

Claudia sprach aus, was alle dachten. »Ich wollte es ja nicht glauben, als Amelie es erzählt hat.«

Paul stellte seine Teetasse ab und blickte sich etwas verstohlen um. So richtig wollte er es immer noch nicht glauben.

Nur Margarete und Anna hatten sich für das Abendessen die Fesseln abnehmen lassen, bei den anderen Frauen waren die Arme in Monohandschuhen oder Zwangsjacken weggeräumt oder steckten wie bei Christine, Claudia und Ella in einer Halsgeige. Besonders faszinierend war mit anzusehen, wie Ella und Claudia trotz ihrer Halsgeige selbst aßen. Besonders Ella machte einen sehr routinierten Eindruck.

Einzig Christine stach heraus. Sie saß zwar wie die anderen am Tisch, doch nur an dem Schlauch, der von dem aufgehängten Breibeutel zu ihrem Rücken führte, war zu erkennen, dass auch sie am Abendessen teilnahm.

* * *

Nach dem Abendessen erhob sich Sebastian und bat die Damen vor die Hütte zur Gymnastik. »Margarete wird euch wie jedes Mal einige Übungen vorstellen, mit denen ihr einseitige Belastungen vermeiden könnt.« Er nickte Margarete kurz zu.

Diese stand auf und machte eine deutlich übertriebene Verbeugung. »Meine Damen, folgen sie mir bitte.«

Doch ihr Mann Eberhard bremste sie. »Meinst du nicht, mein Schatz, dass du etwas vergessen hast?« Er hielt eine Armtasche in der Hand.

Margarete seufzte und legte ihre Arme auf den Rücken, die Arme waagerecht auf einander. Mit geübter Hand legte ihr Mann ihr daraufhin die Armtasche an. Das Grinsen der anderen Damen ignorierte sie stoisch.

»Die Herren werden unterdessen den Raum für den Abend vorbereiten.«

Obwohl sie wusste, dass Paul nicht weit weg war, hatte Maria doch Schmetterlinge im Bauch, als sie mit den anderen Damen vor die Hütte trat und sich für die Gymnastik aufstellte. Es war aufregend, in so einer besonderen Gemeinschaft zu sein, und dann auch noch ohne Paul.

Nach und nach kamen die Herren vor die Hütte und sahen amüsiert zu, wie die Damen in ihren Fesseln abmühten, Margaretes Bewegungen nachzumachen.


»Wer möchte, kann sich jetzt etwas frisch machen.« begrüßte Sebastian die Damen nach der Gymnastik. »Wir treffen uns dann in der Hütte zur Eröffnung unseres gemeinsamen Wochenendes.« Er blickte einmal in die Runde. »Wie es schon in der Einladung erwähnt wurde, kann jetzt auch jede beliebige Kleidung getragen werden.«

Maria blickte Paul fragend an.

»Deine Mutter hat mir gesagt«, wandte Sebastian sich direkt an Maria, »dass du etwas trainieren möchtest?«

»Ja, das wäre schön.« Maria war hoch erfreut. »Ich muss noch üben.«

Leonhard ging zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Er grinste dabei etwas verschlagen.

Maria blickte ihn zunächst verwundert an, doch dann lächelte sie. »Ja, das kann ich machen.« Sie suchte erneut Pauls Blick.


Marias Herz klopfte schon etwas lauter, als sie jetzt mit langsamen Schritten das kleine Zimmer verließ. Sebastian hatte sie gebeten, mit ihren Schritten vorsichtig zu sein, weil der Hüttenboden nicht ganz eben sei. Er war gerade dabei, seiner Claudia eine Bolero-Zwangsjacke anzuziehen.

Paul ging hinter ihr her, jederzeit bereit, sie aufzufangen, falls sie stolpern sollte. Doch er spürte, dass es Maria wichtig war, diese Schritte allein machen zu können.

Er war noch ganz betäubt von den Eindrücken, die eben auf ihn eingeprasselt waren. Weil Sebastian sich von Marias Fähigkeiten als erster überzeugen wollte, hatte er gebeten, dass sie zu ihm und Claudia in das Zimmer kommen sollten zum Umziehen. Dabei musste Paul erleben, dass auch Claudia sowohl einen Keuschheitsgürtel als auch einen Keuschheits-BH trug. Auch bei den anderen Damen, die wegen einem Anliegen herein kamen, konnte Paul dies beobachten. Es kostete ihn große Mühe, sowohl sein Erstaunen als auch seine Erregung zu verbergen.

Amelie war sprachlos vor Neid, als sie Maria in den Ballettstiefeln erblickte. Leonhard grinste bis über beide Ohren.

Als Maria ihren Blick entdeckte, wollte sie abwiegeln. »Ich hatte früher Ballettunterricht.«

Die anderen bewunderten Marias Armhaltung in ihrer Trainingsjacke, die Oma Selma für sie gefertigt hatte.

»Du trainierst einen Backprayer?« Peter sprach aus, was alle dachten.

Maria brachte nur ein Nicken zustande.


Als letztes betraten Claudia und Sebastian den Raum. Claudia blieb in der Mitte des Raumes neben einem etwas größerem Fahrradsattel auf einer Stange stehen. Dieser war auf einem stabilen Ständer montiert stand, und unten gab es eine waagerechte Stange, an deren Enden jeweils eine offene Ledermanschette wartete.

»Ich möchte keine langen Worte machen«, Sebastians Stimme war ein wenig feierlich. »Herzlich willkommen auf der Hütte. Ich hoffe, es wird für alle ein schönes und vor allem fesselndes Wochenende.«

Er ging zu der kleinen Schultafel, die an der Wand neben der Küchentür hing und schrieb die Namen der acht Damen darauf.

Er wandte sich an Paul und Maria, die sich auf dem Sofa kuschelten. »Dies ist unsere Straftafel, die die Strafpunkte anzeigt.« Als er Marias verunsichertes Gesicht sah, lächelte er. »Keine Angst, es wird nichts und niemand bestraft. Aber die Punkte geben die Rangfolge vor. Wer die wenigsten Punkte hat, darf zuerst aussuchen oder kommt als erstes oder letztes dran, je nachdem ob es etwas Angenehmes oder Unangenehmes ist.«

Hinter Amelies Namen machte er zwei Striche.

»Wofür sind die denn?« Amelie gab vor, empört zu sein.

»Das weißt du ganz genau.« Er blickte seinen Bruder kurz an. »Die Regel lautete: Keine Fesseln während der Anfahrt.«

»Und warum gleich zwei Striche?« Darüber schien sie ernsthaft empört zu sein.

Sebastian blickt sie ernst an. »Weil du eine Wiederholungstäterin bist.«

Amelie gab sich schuldbewusst. Leise murmelte sie ein »Mist«.


Er drehte sich zu Margarete. »Bist du bereit?«

Margarete ging zu ihrem großen schwarzen Koffer und hob ihn hoch. »Wir können loslegen.«

Die Damen schienen zu wissen, was jetzt von ihnen erwartet wurde. Sie standen auf. Nur Maria blieb etwas verunsichert sitzen.

Sebastian bemerkte es als erster. Er ging zu ihr und erklärte ihr. »Margarete wird euch jetzt mit Katheter und meinem Spezialvibrator versorgen.« Doch als er Marias verängstigtes Gesicht sah, wusste er, dass er es falsch angefangen hatte.

Doch auch Amelie hatte Marias Blick bemerkt, deswegen kam sie ebenfalls zu ihr und nahm sie in den Arm. »Das ist ganz einfach und harmlos.«

Claudia kam ebenfalls auf Maria zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Maria nickte zögernd.

Claudia wandte sich an Paul und bat ihn um den Schlüssel für Marias Keuschheitsgürtel. »Wir Frauen passen gegenseitig auf uns auf«, erläuterte sie, als sie sein verunsichertes Gesicht sah.

Doch Paul zögerte.

Claudia wandte sich an Maria. »Bitte erkläre Paul, was wir vorhaben.«

Maria schluckte. Es fiel ihr deutlich schwer, über so intime Details zu sprechen.

Claudia schien dies nicht fremd zu sein. »Trau dich ruhig.« Sie streichelte ihr über das Gesicht.

Maria schluckte noch einmal, dann drehte sie sich beherzt zu Paul. »Ich bekomme so einen Katheter.« Sie zögerte etwas.

Claudia gab ihr einen Stups.

»Und ich werde einen von Sebastians Vibratoren im Gürtel tragen.« Unbewusst hatte sie Angst, Paul könnte eifersüchtig werden.

Paul zögerte dennoch. »Ich habe versprochen, gut auf dich aufzupassen.«

Maria wollte ihn beruhigen. »Es ist nichts Schlimmes. Ich kenne das aus der Klinik.« Sie zögerte. »Bisher hat es aber immer nur meine Mutter gemacht.« Dass es nur zwei Mal war, erwähnte sie allerdings nicht.

»Margarete ist auch Ärztin.« Claudia war ebenfalls bemüht, seine Bedenken zu zerstreuen. »Sie hat das bisher jedes mal bei uns gemacht und wir Damen waren stets zufrieden.«

»Bitte gib mir die Schlüssel.« Marias Stimme hatte auf einmal etwas Flehendes. »Ich müsste sonst eine Windel tragen, und das war immer so sehr demütigend.«

Da war etwas in Marias Stimme, was ihn aufhorchen ließ. Erst später sollte er begreifen, was sie wohl bei ihren schönen Nächten »darunter« getragen hatte. Er griff in seine Hosentasche und holte den Schlüssel heraus. Seine Hand zitterte, als er ihn Maria reichte.

»Gibt es Probleme?« Sebastian war zu ihnen hinzu getreten. Doch als er Marias Gesicht sah, sprach er gleich weiter. »Du solltest wissen, worauf du dich einlässt.« Er machte deutlich, dass es jeder Dame erlaubt sei, sich auszuschließen und dass dieses auch überhaupt keine Konsequenzen hätte.

Maria fand dies schon einmal sehr beruhigend.

»Diese Vibratoren sind eine Bastelei von mir und sie werden immer mal wieder ausgehen.« Er hatte etwas Stolz in der Stimme.

Claudia zeigte sehr viel Begeisterung. »Es sind sehr süße Qualen.«

»Außerdem darfst du auch ohne jede Konsequenz jederzeit das Sicherheitssignal benutzen und es abbrechen, wenn du es gar nicht mehr aushältst.«

Maria nahm den Schlüssel aus Pauls Hand, stand auf und blickte Claudia entschlossen an. »Ich bin bereit.« Die tausende von Schmetterlingen in ihrem Bauch ignorierte sie tapfer.

Für Paul war die Wartezeit unerträglich. Er kämpfte sehr mit sich selbst, weil er so überhaupt nicht wusste, ob er richtig gehandelt hatte. Es war alles so fremd und neu für ihn.

Als Maria wieder den Raum betrat, war es für ihn wie eine Erlösung. Es fiel ihm sofort auf, dass sie sich eine Spur unsicherer bewegte als sonst. Doch eigentlich sah sie unverändert aus. Nur in ihren Augen war ein gewisses Funkeln zu sehen.
273. RE: Maria

geschrieben von frtsm am 12.10.14 13:05

...und wieder eine wirklich gute Fortsetzung. Weiter so!!!
274. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Drei

geschrieben von kamikazekifferin am 12.10.14 14:20

Zitat
Da war etwas in Marias Stimme, was ihn aufhorchen ließ. Erst später sollte er begreifen, was sie wohl bei ihren schönen Nächten »darunter« getragen hatte.



Also hatte ich mit der Windel doch recht
275. RE: Maria

geschrieben von Balu am 13.10.14 13:37

Danke für die schönen Fortsetzungen mache so weiter



Vielen lieben Dank
276. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 13.10.14 20:40

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

»Als erstes möchte Ella uns etwas vorführen.« Sebastian klang sehr erwartungsvoll.

Doch Ella lachte zunächst. »Du bist gut. Ich möchte eine Wette gewinnen.« Sie blickte kurz zu ihrem Mann. »Der Einsatz ist hoch.« Sie stöhnte.

»Allerdings.« Florian grinste. »Wenn sie verliert, dann möchte sie eine Woche lang auf jegliche Fesselung verzichten.«

Schallendes Gelächter der anderen war die Antwort.

»ich habe mit Flori gewettet, dass ich unseren Reisekäfig aufbauen und mich selbst darin einschließen kann, wenn ich die Halsgeige trage.« Sie blickte an sich herunter. »Ihr macht bitte die Schiedsrichter.«

Florian stand auf und trug einen eigentlich normal aussehenden Reisekoffer herein. Er legte ihn vor Ella auf den Boden und öffnete ihn.

»Wenn ich gewinne, dann darf ich einmal einkaufen. Und ich kenne da einen ganz begnadeten Kunstschmied.« ihre Augen strahlten.

»Nun dann, die Wette gilt.« war von Sebastian zu hören.

Während Ella begann, den Koffer auszupacken, erklärte Florian. »Wir haben uns diesen Käfig extra anfertigen lassen. Die Teile lassen sich einfach zusammenstecken und rasten automatisch ein. Nur zum Öffnen braucht man dann einen Schlüssel.« Er griff an seine Halskette, zog sie hervor und zeigte einen kleinen Metallstab.


Paul blickte sich noch etwas verunsichert um. Er war mit dem plötzlichen Übermaß an Fesselungen etwas überfordert. Den Anblick von Maria in ihrer Trainingsjacke kannte er. Als er spürte, dass Maria sich an ihn kuschelte, legte er zärtlich seinen Arm um sie.

Amelie kuschelte sich in Leonhards Armen. Sie schmiegte sich an ihn und nur gelegentlich zuckten ihre Beine etwas in dem Monostiefel, den sie sich selbst angezogen hatte, bevor ihr Verlobter sie dann wieder in den Handschuh geschnürt hatte.

Ellas Keuchen riss Paul etwas aus seinen Gedanken. Er blickte wieder auf sie, als sie dabei war, das letzte Stück aus dem Koffer zu nehmen. Sie musste sich sehr weit hinunter beugen, denn die Halsgeige begrenzte die Reichweite ihrer Arme doch drastisch.

Claudia kam mit Margarete zurück ins Zimmer, und während Margarete sich ihren Platz neben ihrem Mann suchte, ging Claudia zu dem Fahrradsattel. Wortlos setzte sie sich darauf und hielt ihre Beine so, dass Sebastian, der ihr gefolgt war, ihre Fußgelenke an der Stange fixieren konnte.

Paul erkannte erst nach einiger Zeit, dass Claudia so auf diesem Sattel sehr subtil gefangen war. Er blickte zu Maria, die von kurzem Claudias Auftritt ebenfalls fasziniert war. Sie küssten sich kurz.

Das leise Klicken von Aluminiumteilen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder zu Ella, die begonnen hatte, die Einzelteile des Käfigs zusammenzusetzen. Es war faszinierend zuzusehen, wie geschickt sie trotz der Halsgeige war.

Petra kuschelte sich in einem sehr seltsamen Lederanzug vor dem Sessel, in dem ihr Mann saß. Amelie hatte erklärt, dass es sich um einen Bitchsuit handelte. Er hielt Petras Arme und Beine gefaltet und erlaubte nur eine Fortbewegung auf Knien und Ellenbogen. Manchmal wurde dieser Anzug auch ´Dogsuit´ genannt.

Petra wollte damit auch stets auf dem Boden sitzen. Selbst die weiche Decke musste ihr erst aufgedrängt werden.

Immer wieder machte es ´Klick´ und der Käfig in der Raummitte nahm so langsam Gestalt an.

Anna trug neben einer Zwangsjacke noch ein sehr strenges Halskorsett, welches ihren Kopf weit nach oben zwängte. Sie konnte so kaum sehen, was sich in der Raummitte abspielte. Gelegentlich flüsterte Franz ihr etwas zu. In seiner Hand hielt er die Leine, die vorn an Annas Halskorsett angebracht war.


»Sie schafft es«, Marias Stimme war leise, als sie ihren Kopf zu Paul gedreht hatte.

Paul blickte wieder zu Ella, die gerade dabei war, ein Vorhängeschloß aus dem Koffer zu holen und es in den offenen Türriegel zu hängen. Ihrem Blick war anzusehen, dass sie wohl den anstrengendsten Teil hinter sich hatte.

Sie probierte noch einmal die Funktion der Käfigtür, dann warf sie ihrem Mann einem triumphierenden Blick zu ihrem Mann zu. Sie kniete sie sich vor den Käfig und schob die Tür weit auf.

Sie spielte deutlich sichtbar mit dem Schloss, wackelte etwas am Käfig, als ob sie seine Robustheit testen wollte, dann hielt sie auf einmal inne und schob sich langsam in den Käfig. Als ihre beiden Knie im Käfig waren, griff sie an die Tür und zog sie langsam zu sich heran. Sie griff sich das bereit hängende Schloss und nahm es in ihre Hand. Mit der anderen Hand zog sie die Tür sehr langsam weiter zu, dabei blickte sie fast verlangend zu ihrem Mann.

´Klick´.

Das Geräusch zeigte, dass der Riegel der Käfigtür eingerastet war. Mit einem triumphierenden Lächeln brachte Ella nun das Schloss am Riegel an.

Kaum war das Schloss eingeschnappt, brannte auf einmal Applaus auf und Sebastian erhob sich. »Eine sehr beeindruckende Vorstellung.«


Paul spürte auf einmal eine Verspannung an Maria, doch bevor er dies hinterfragen konnte, hatte sie sich schon zu ihm gedreht.

»Mir tun die Arme weh.« In ihrer Stimme klang viel Enttäuschung darüber mit, dass sie es diesmal gar nicht so lange ausgehalten hatte.

»Das macht doch nichts.« Paul spürte sehr gut, was seine Freundin bewegte. Er begann die Verschlüsse der Jacke zu öffnen.

Sebastian war zu Maria getreten. Er hatte ihr etwas besorgtes Gesicht ebenfalls bemerkt. Als Maria ihn informierte, hatte er vollstes Verständnis. »Du kannst machen was du willst.«


»Wie wäre es mit etwas Bewegung?« Petra hatte Marias »Probleme« verfolgt. Auf eine Antwort wartete sie nicht. »Holst du bitte die Jacke jetzt schon? Ich möchte gern wissen, ob sie Maria passen würde.«

Peter strich seiner Frau noch einmal über den Kopf, dann stand er auf und holte etwas aus ihrem Koffer. Er reichte Paul ein Lederbündel.

Petra war inzwischen auf den Knien näher gerutscht und suchte Marias Blick. »Die Jacke ist mir zu klein. Ich würde gern wissen, ob sie dir passen würde.«

Als sie Sebastians fragenden Blick sah, erklärte sie ihm, dass es sich um eine Schmetterlingsjacke handelte. »Ich denke, die andere Armhaltung und die Bewegungsfreiheit könnten Maria jetzt gut tun.«

Marias Neugier war dann doch stärker als ihre Enttäuschung. »Was ist denn eine Schmetterlingsjacke?«

Als Antwort wackelte Petra etwas mit den Armen. »So wie bei mir, aber nur für den Oberkörper.«

Als Paul Marias leuchtende Augen sah, kannte er ihre Antwort schon. Er faltete das Lederteil auseinander und blickte es prüfend an, doch er erkannte nicht, wie es zu nutzen war. Etwas ratlos blickte er zwischen Petra und Sebastian hin und her.

Petra lächelte, dann drehte sie sich zu Sebastian. »Du kennst dich damit doch aus. Kannst du es Maria anziehen?« Sie blickte zu Maria. »Darf Sebastian dich dafür mal berühren?«

Maria hatte Mühe zu nicken. Sie blickte immer wieder kurz zwischen Paul und Petra hin und her. Es war deutlich, dass sie beide sehr neugierig waren auf diese besondere Jacke.

Sebastian blickte erst fragend zu Paul, doch als dieser gar keine Reaktion zeigte, griff er sich die Jacke und öffnete die Reißverschlüsse. Dann wandte er sich an Maria. »Eigentlich wird sie angezogen wie eine normale Jacke. Die Arme zunächst mal hier hinein.«

Maria kam der Bitte nach und so konnte Sebastian die Jacke mit dem Frontreißverschluss bis zum Hals schließen.

»Es gibt sie auch noch mit integriertem Halskorsett.« Petras Stimme war etwas leiser, zeigte aber neben ihrer Begeisterung auch eine gewisse Anspannung.

»Und jetzt?« Maria blickte etwas ungläubig auf ihre Arme, die aus dem offensichtlich viel zu kurzen Ärmeln ragten.

»Fass mal bitte mit deiner Hand an deine Schulter.« bat Sebastian. »Und bevor du erschrickst, ich werden deinen Arm dann so fixieren.«

Maria schluckte einmal, dann kam sie der Bitte nach.

Sebastian zog mit ein paar wenigen Bewegungen das Leder des Ärmels über Marias angewinkelten Arm, und gleich darauf war das Ratschen eines Reißverschlusses zu hören. »Das war es schon. Jetzt den anderen Arm.«

Maria war mehr als verblüfft, als Sebastian beide ´Ärmel´ der Jacke geschlossen hatte.

»Es sieht aus wie kleine Flügel, deswegen heißt die Jacke so.« Petra wedelte mit ihren Armen.

Maria tat es ihr gleich. »Faszinierend«, flüsterte sie, »Ich kann meine Arme noch gut bewegen.«

»Nutzlose Bewegungsfreiheit, das ist besonders subtil.« Petra lachte. «Du kannst deine Arme bewegen, aber es nutzt dir überhaupt nichts.«

Maria stöhnte etwas.

Petra rutschte wieder zu ihrem Platz vor Peters Füßen. Sie blickte ihn verliebt an. »Sollen wir es machen?« fragte sie sehr leise.

»Es ist deine Jacke.« antwortete ihr Mann, »also ist es auch deine Entscheidung.«

»Maria?« Petra drehte sich zu Maria, die gerade liebenswert »mit den Flügeln schlug«.

Maria hielt inne. »Ja?«

»Mir ist die Jacke zu klein.« In ihrer Stimme lag etwas Bedauern. »Wenn du erlaubst, dann würden wir dir diese Jacke gern schenken.«

Maria wusste zunächst nichts zu antworten. Erst als Paul sie liebevoll an stupste, fand sie wieder Worte. »Danke schön.« Sie wedelte wieder mit ihren Armen. »Das ist eine ganz tolle Jacke.«


Sebastian räusperte sich. Er hatte mittlerweile eine große Tafel aufgebaut und darauf acht Zeilen vorbereitet, die mit den Zahlen eins bis acht beschriftet waren. »Ich würde dann gern mit euch die Arbeitskreise für Morgen planen. Ich hatte euch ja um Anregungen gebeten.«

Paul und Maria blickten auf die Tafel. Drei Zeilen waren schon ausgefüllt. In Zeile zwei stand »Strengste Fesselung« und dahinter ein (C+S), in Zeile drei stand »Modenschau« mit einem (A+L) und in Zeile acht stand »Geheim«.

»Nun, ihr seid die neuen.« er wandte sich an Paul und Maria. »Was möchtet ihr machen?«

Er traf jedoch nur auf ein Schulterzucken des Paares. »Wir wussten davon nichts, deswegen haben wir auch nichts vorbereitet«

»Macht ja nichts«, antwortete Sebastian. »Was möchten die anderen machen?« Er fragte reihum und konnte die Tafel recht schnell mit Einträgen füllen. Nur die erste Zeile war noch frei.

Nachdem Paul und Maria immer noch nichts eingefallen war, machte Sebastian einen Vorschlag. »Ich könnte mal wieder meinen Knotenlehrgang halten.«

Das Paar war einverstanden.

Schließlich waren die acht Zeilen wie folgt gefüllt:

1. Knotenkunde
2. Wettbewerb um die Strengste Fesselung
3. Modenschau
4. Sinnesentzug
5. Spieleabend
6. Ponyplay
7. Fotos
8. Geheim

Sebastian nahm wieder Platz.

Claudia schien darauf nur gewartet zu haben. Sie drehte sich zu Petra. »Wie war eigentlich euer Urlaub in dem SM-Hotel?«

»Ein wortwörtlich fesselnder Urlaub.« Petra strahlte über das ganze Gesicht.

»Wo wart ihr?« Auch Sebastian zeigte Interesse.

»Wir waren in Frankreich in den Vogesen.« Petra lehnte sich genüsslich gegen Peters Schienenbeine. »Die Besitzerin ist selbst einschlägig veranlagt und ist Mitglied in mehreren BDSM-Zirkeln. Sie hat viele langjährige Stammgäste.«

»Aber ihr wart das erste Mal da?« Claudia zeigte sich sehr interessiert.

»Wir sind durch einen Zufall darauf gestoßen«, Petra versuchte ihren Mann mit ihren Schmetterlingssärmeln etwas zu streicheln. »Mehrmals im Jahr macht sie das Hotel regulär zu und hat dann nur Gleichgesinnte im Hotel.«

»Ein Teil des Personals hat sich auch extra deswegen dort beworben.« ergänzte Peter. »Die bleiben dann auch während der BDSM-Wochen.«

»Aber das schönste ist, dass man auch im Hotelbetrieb mitarbeiten durfte.« Petra grinste. »Das Tablett zum Umhängen ist schön und demütigend zugleich.«

Amelie war aufmerksam geworden. »Du meinst, du hast gefesselt bedient?«

»Es hat großen Spaß gemacht.« Petra reckte sich. »Und obwohl es kein Trinkgeld gab, wussten die Herren sich trotzdem sehr nett zu bedanken. Und es war auch keiner zudringlich.«

Peter stupste sie an. »Erzähl mal von der Bettwäsche.«

»Oh ja, das war das aller schönste.« Petra streichelte ihrem Mann noch einmal über die Beine. »Sie hatten eine Garnitur Lederbettwäsche aus weichem Nappaleder.«

»Genau die, von der du immer schon geschwärmt hast und die so sündhaft teuer ist.« ergänzte Peter.

»Und die gab es auch noch zu sehr fairen Bedingungen.« Petras Glück war jetzt noch zu spüren. »Wir mussten lediglich eine Kaution hinterlegen und uns verpflichten, die Reinigungskosten zu übernehmen.« Sie seufzte. »Das war es wirklich wert.«

»Sogar das Zimmermädchen hat uns gefragt, ob sie einmal ein paar Minuten darin liegen dürfte.« Peter grinste.

»Du hast sie verstanden,« lächelte Petra. »Ich war ja schon froh, wenn ich mit meinen Schulfranzösisch überhaupt etwas verstanden habe. Doch mit ihrem Gag-Talk war ich überfordert.«

»Ich konnte mich etwas mit ihr austauschen.« Peter lehnte sich etwas zurück. »Sie war eine von diejenigen, die sich extra wegen der speziellen Wochen dort beworben hatten, und sie war stolz darauf, fast ihren gesamten Dienst geknebelt leisten zu können.«

»Auch ihr knöchellanger sehr enger Lederrock war eindrucksvoll.« Petra legte ihren Kopf verträumt in den Nacken. »Sie konnte sich trotz fast keiner Beinfreiheit doch sehr behende bewegen.«

»Wir haben sie gefragt, wo sie den tollen Rock her hat.« Peter liebkoste seine Frau. »Und sie hat uns die Adresse der Schneiderin gegeben.«

»Von dort haben wir auch diesen tollen Anzug.« Petra erzählte, dass eine Kundin ihn zwar beauftragt hatte, ihn dann aber nicht mehr abholen konnte. »Sie hat gefragt, ob ich ihn einmal probieren möchte, weil er fast meine Größe hatte. Und der Preis, den sie genannt hat, war mehr als fair.«

Sie drehte sich zu Sebastian. »Ich gebe dir die Adressen und du lässt sie den anderen zukommen?«

Maria war sehr fasziniert von dem Anzug. »So etwas haben wir noch nie gesehen.« Sie gab Paul einen Kuss. »Darin bist du doch sehr unbeweglich oder?«

Petra lächelte »Aber bei weitem nicht.« Sie blickte ihren Mann lieb bittend an. »Hilfst du mir bitte auf die Pfoten?« Sie keuchte etwas. »Ich bin vom Aufstieg noch etwas geschafft.«

Peter streichelte seiner Frau liebevoll über den Kopf. »Aber gern.« Er hob sie hoch und drehte sie mit dem Bauch nach unten, so dass ihre Ellenbogen und Knie auf dem Boden standen.

Petra bedankte sie leise, dann blickte sie zu Maria. »So kann ich mich sogar etwas bewegen.« Sie hob abwechseln ihre Arm- und Beinstummel und konnte so tatsächlich recht behende durch die Hütte krabbeln.

»Hey,« beschwerte sich Amelie, »geübt wird daheim.« Doch ihr Grinsen entlarvte sie.

Maria schaute sehr interessiert.

»Möchtest du es ausprobieren?« Peter hielt ein paar Riemen in der Hand. »Wir müssten dir bloß die Beine festbinden.«

Maria kam zunächst sichtlich ins Grübeln, doch dann bedankte sie sich höflich. »Danke, aber mir tun meine Arme noch etwas weh vom Training. Ich möchte mich erst einmal ausruhen.«


»Ich habe selbst die Regel erlassen, nichts aus der Realität zu erzählen.« Sebastians Stimme klang auf einmal recht wichtig. »Doch ich möchte euch trotzdem erzählen, welch ungeheures Glück Maria und Paul dieses Jahr haben.«

Er beschrieb, dass er beim Bürgermeister in Landsbach war und sich dort über das Katerinenfest informiert hatte. »Ich durfte mir sogar das kleine Museum ansehen.« Wegen der vielen Handschuh war er besonders beeindruckt.

»Ich war dann auch noch beim Baron und er hat mir von deiner Nominierung erzählt und dass du die Originalhaltung tragen wirst.«

Maria war erstaunt. »Das sollte doch ein Geheimnis bleiben?«

»Ich glaube, er hielt mich für jemand anders.« Sebastian gab seine Verwunderung wieder. »Er hat mich gefragt, ob ich die Unterlagen dabei hätte und ob mir der Auszahlung alles klar gehen würde. Ich habe etwas ausweichend geantwortet.«

Er drehte sich Paul und Maria. »Nachdem ich alles aus der Zeitung weiß, bitte ich euch, einmal eure Sicht auf das Fest zu erzählen.«

Das Paar kam dieser Bitte gern. Sie berichteten, was sie bisher so erlebt hatten.

Besonders Amelie hörte sehr aufmerksam zu. Ab und zu zuckten ihre Arme recht heftig in ihrem ledernen Gefängnis.


»Wie im Märchen. Der Prinz kriegt seine Prinzessin.« Claudia reckte sich und blickte auf die Uhr. »Oh, es ist ja schon nach neun Uhr. Jetzt wäre es Zeit für die Knebelstunde.«

Einige Damen seufzten, die anderen stöhnten leise. Nur Maria war ein wenig ratlos.

Claudia erklärte die ?freiwillige Regel?: »Nach 21 Uhr tragen die Damen einen Knebel.«

»Was bedeutet ?freiwillige Regel??« fragte Paul, als er Marias Neugier spürte.

»Du darfst ohne Konsequenzen auch ?Nein? sagen.« Claudia erläuterte Maria die Regeln. »Aber die Herren genießen es, wenn sie uns noch eine Stunde lang stöhnen hören.«

»Stöhnen?« Maria runzelte die Stirn. Sie würde allein von einem Ball im Mund noch nicht stöhnen, doch sie wagte es nicht, dies so direkt zu sagen. Doch Claudia war ihren Gedanken gefolgt.

»Naja, Sebastian fängt dann langsam mit den Vibratoren an.«

Auf Marias Gesicht war auf einmal ein Strahlen zu sehen. Sie drehte sich zu ihrem Freund. »Hast du ´meinen´ Knebel eingepackt?«

Doch zu ihrer Überraschung hielt Paul genau den Knebel schon in der Hand. Er gab Maria einen Kuss und bat sie dann mit sehr liebevoller Stimme, den Mund auf zumachen. Zu seinem eigenen Erstaunen bereitete es ihm mehr und mehr Spaß, den Ratschlägen von Leonhard und Sebastian zu folgen, zumal er spürte, dass seine neue Strenge bei Maria auch auf fruchtbaren Boden fiel.


Seine Freundin stöhnte, als sie spürte, wie er so nach und nach all die Riemen um ihren Kopf fest zog. Als sie spürte, das er fertig war, öffnete sie wieder die Augen und strahlte ihn sehr verliebt an. »Danke, mein Schatz.« sagte sie in wohl verständlichem Gag-Talk und versuchte, ihn mit ihren Stummelärmchen zu streicheln.

Paul war erleichtert und erfreut zugleich. Maria hatte seine Initiative sehr positiv aufgenommen.

»Jetzt lehnt euch zurück und genießt das kleine Konzert.« Er ging zu der Wand neben dem Technikraum, klappte dort eine kleine Klappe in der Wand auf und drückte ein paar Knöpfe.

Besonders die Damen blickte sehr gespannt zu ihm und waren etwas erstaunt, als zunächst nichts passierte.

Sebastian setzte sich wieder und als er die fragenden Blick spürte, erläuterte er. »Es fängt jetzt schon zufällig an.« Er grinste etwas hinterhältig. »Lehnt euch zurück und lasst euch streicheln.«

Paul zog Maria zu sich heran und zärtlich begann er sich an den Körperstellen zu streicheln, die ihm seine Oma empfohlen hatte.

Als erstes begann Amelie zu stöhnen. Bald darauf setzten auch die anderen Frauen ein.

Paul spürte, dass es für Maria noch sehr ungewohnt war, auf diese Weise zwangserregt zu werden. Er drehte seinen Kopf und flüsterte ihr zu »Lass dich darauf ein, genieße es.« Es waren noch nicht seine Worte, doch er begann zu verstehen, was für Maria wichtig war.

Immer mal wieder stöhnte eine der Damen auf und ebenso deutlich waren die Seufzer zu hören, wenn Sebastians Steuerung einen der Vibratoren abgeschaltet hatte.

Obwohl die Vibratoren laut Sebastians Angaben nicht stark genug sein würden, um die Damen bis zum Orgasmus zu führen, schaffte Maria es trotzdem, zwei mal zu kommen. Dies lag allerdings auch weniger an den Freudenspendern, als an Paul ungewohnte dominanter Zärtlichkeit.


Je weiter es auf zehn Uhr zuging, desto stärker wurde das Stöhnkonzert. Das Schlagen der kleinen Uhr war fast nicht zu hören.

Sebastian stand auf und ging wieder zu dem Technikschrank. »Ich schalte dann ab.« kündigte er an. Das Vibrieren hörte allerdings nicht wie bisher schlagartig auf, sondern klang ebenso wie das Stöhnen leise aus.

»Wir werden dann die Übernachtungen vorbereiten.« ergänzte er, als er in die erwartungsvollen Blicke aller sah. »Die Damen möchten sich vielleicht umziehen?«

* * *

Als die Damen nach und nach wieder den Gemeinschaftsraum betraten, erhob sich Sebastian und präsentierte die Gerätschaften, die die Herren in der Zwischenzeit aufgebaut hatten. Er zeigte auf die dicke Holzplatte, die auf dem Boden lag. »Dies hat sich Ella gewünscht. Sie möchte darauf fixiert werden.«

Ella lachte. »Sprich es nur aus.« Sie liebte die Reaktionen der anderen Anwesenden auf ihre manchmal sehr extremen Wünsche.

»Nun gut.« Sebastian musste erst einmal schlucken, dann konnte er weiter reden. »Ella möchte, dass wir sie diesmal auf dem Brett festnageln.«

Claudia wandte sich an Ella. »Wir haben deinen Wunsch geprüft. Es müsste machbar sein.« Sie warf einen Blick auf die Liste, die sie in der Hand hielt. »Im Notfall tragen wir dich auf dem Brett aus der Hütte und befreien dich dann draußen.«

Ella stöhnte laut, als sie dies hörte.

Sebastian sprach weiter. »Amelie hat beim letzten Mal das drehende Rad gewonnen. Dies ist auch schon vergeben.« Er zeigte auf eine große runde Scheibe aus Holz. »Das hier war früher einmal eine alte Turmuhr. Nur hier dreht sie das komplette Ziffernblatt.« Doch statt des Ziffernblatts gab es nur noch die Holzscheibe, und die vielen Lederriemen, die darauf angebracht waren, ließen nur wenig Zweifel darüber, wie Amelie die Nacht verbringen würde.

Er ging weiter zu einer großen Holzfigur, die an einer Seite stand. Von der Form her sah die Figur aus wie ein ägyptischer Sarkophag, nur war er von außen mit Motiven der Bauernmalerei geschmückt. Er öffnete die Figur und ließ die Damen einen Blick in das Innere werfen. Deutlich waren die vielen Riemen zu sehen und es war offensichtlich, welchen Zweck diese hatten.

Nach wenigen Schritten stand er neben den Sofas. Er kniete sich davor und zog die großen Schubladen auf, die sich zwischen Sitzfläche und Boden befanden. Sie waren jeweils mit Schaumgummi gefüllt und zeigten den Umriss einer menschlichen Körpers in Lebensgröße. »Davon haben wird zwei Stück.«

Ein Bett war in den Raum gerollt worden und darauf war ein S-Fix angebracht. »Das ist unsere Neuanschaffung.« Ihm war anzusehen, wie stolz er auf seinen Einkauf war.

Von Maria pries er die Schlafsäcke an, dann ließ er seine Worte ein wenig wirken.


»Du bist die Jüngste und unser Küken.« Er hatte sich zu Maria gedreht. »Du darfst zuerst aussuchen.«

Pauls Freundin stand auf und ging recht zielstrebig zum Bett mit dem S-Fix. Sie drehte sich etwas schüchtern zu Sebastian. »Das kenne ich von der Klinik. Das würde ich gern einmal ausprobieren, wenn das das geht.«

Paul war ebenfalls aufgestanden und war zu ihr ans Bett getreten. Auch er warf einen neugierigen Blick auf die vielen weißen Riemen, doch es war seinem Blick anzusehen, dass er im Gegensatz zu seiner Freundin nicht wusste, was ihr bevorstand.

Sebastian nickte. »Ich bitte euch«, sprach er die anderen an, »euch eure Nachtfesselung auszusuchen. Mal sehen, ob es diesmal vielleicht sogar einmal ohne Konflikte aufgehen wird.«

Petra und Margarete gingen recht zielstrebig auf die beiden Schubladen zu.

Anna stand neben der Mumie und warf einen neugierigen Blick ins Innere.

Christine ging zu dem kleinen Säulenportal stellte sich zwischen die beiden Säulen.

Als Sebastian dies sah, erinnerte er sich. »Christine möchte zwischen die beiden Säulen gekettet werden.« Er beschrieb, worum sie ihn schon gebeten hatte. Er holte aus einer Kiste noch ein Halskorsett. »Damit wird dein Kopf gestützt.« Er legte es neben Christine und blickte sie fragend an.

Christine versuchte ein dankbares Lächeln.

Leonhard trat seinem Bruder zur Seite. In seinen Händen hielt er das größere der beiden Ganzkörperkorsetts, welche Maria mitgebracht hatte. »Damit werden wir dich auch noch etwas stützen.«

Christines Blick zeigte sowohl Überraschung als auch Vorfreude.

»Von so etwas hat sie schon immer geträumt.« Fritz gab seiner Frau einen Kuss. »Doch so etwas konnten wir uns bisher nicht leisten.«

Sie legten es Christine um und obwohl sie alle große Mühe gaben, blieb auf der Rückseite ein Spalt von fast 20 Zentimeter übrig. Maria bekam ein paar bewundernde Blicke, die sie allerdings nicht mehr wahrnahm.


Im Nachhinein erst hatte Paul erkannt, warum ihn diese Stunde so viel Kraft gekostet hatte. Nur sehr langsam gewöhnte er sich an den Gedanken, dass alle Frauen, seine Maria eingeschlossen, sich auf diese Nacht in Fesseln freuten. Und das, obwohl sie wussten, dass ihnen eine Nacht mit sehr viel Zwangserregung bevorstand. Ebenso hatte er aber auch schon erkannt, dass Maria von ihm eine gewisse Strenge erwartete und ihre strahlenden Augen waren ihm mehr als Belohnung, wenn er sich einmal überwunden hatte.

Er hatte Schwierigkeiten, sich nicht von den Ereignissen in der Hütte ablenken zu lassen, als Sebastian ihm erklärte, wie das S-Fix funktionierte und auf was er achten musste, damit es für Maria eine angenehme Nacht werden würde.

Seine Konzentration wurde gestört von den Hammerschlägen, mit denen Ella auf das Brett genagelt wurde. Und auch von dem Gekicher der anderen Frauen, die sehr viel Spaß damit hatten, Anna mit Mullbinden in eine Mumie zu verwandeln.


»So, ich denke, jetzt können wir unseren Countdown starten.« Es war seit langem Tradition in der Hütte, dass die letzten Handgriffe gemeinsam durchgeführt wurden. Den Damen wurde damit ein besonderes Gemeinschaftserlebnis bereitet.

Er vergewisserte sich noch einmal, dass alles bereit war, dann ging er zu Claudia, die es sich schon in Marias Schlafsack bequem gemacht hatte. »Bitte den Knebel.« Er griff sich das Kopfgeschirr und legte es seiner Frau an.

Paul blickte zu Maria, die »seinen« Knebel schon trug. Auf einmal hatte er eine Idee. Er kniete sich vor sie und machte den Kinnriemen noch ein Loch enger.

Marias Kopf war schon festgeschnallt, so konnte sie ihn nicht mehr ansehen, doch mit ihrem wohligen Stöhnen quittierte sie sein Bemühen sehr positiv.

»Jetzt die Augenbinde.« Sebastians Stimme war leise, dennoch hatte er kein Problem sich gegen das allgemeine Stöhnen der Damen durchzusetzen.

»Gute Nacht mein Schatz.« Er hatte sich über Maria gebeugt und gab ihr noch einen sehr verliebten Kuss auf den versiegelten Mund.

Marias Augen strahlten.

»Und jetzt das Finale.«

So wie es vorher abgesprochen war, wurden die Fesselungen jetzt vollendet. Bei Margarete und Petra wurden die Schubladen langsam geschlossen, bis das leise ´Klick´ anzeigte, dass der Riegel der Lade eingerastet war.

Bei Anna in der Mumie wurde die Tür langsam geschlossen und ebenfalls verriegelt. Zuletzt wurde noch Amelies Rad durch Aufziehen der Gewichte der alten Turmuhr in Bewegung gesetzt.

Langsam setzte das Stöhnkonzert ein.


Paul setzte sich in einen der Sessel, nachdem Sebastian ihn darum gebeten hatte. Er lauschte und versuchte, seine Freundin aus dem Stöhnkonzert heraus zu hören.

»Während der Nachtwache ist es wichtig, dass du nicht nur auf deine Maria achtest.« Sebastian sprach sowohl leise aus auch sehr freundlich. »Du bist eine Stunde lang für alle Frauen verantwortlich.«

Natürlich fühlte Paul sich ertappt. Er blickte etwas sorgenvoll wegen der ungewohnten Verantwortung.

»Ich bleibe deine Wache mit wach.« Er blickte im Raum umher. »Ich kann jetzt sowieso noch nicht schlafen.«

Sie unterhielten sich leise und Paul berichtete von seiner Zeit mit Maria und dem Katerinenfest. Nur gelegentlich waren mehr oder weniger laute frustrierte gedämpfte Schreie zu hören, wenn einmal wieder der Zufallsabschalter zugeschlagen hatte. Sebastian grinste jeweils ein wenig.

Die Stunde verging so rasch, dass Paul regelrecht verwundert war, als Sebastian ihn ins Bett schickte. Er zog sich um und legte sich zu Bett. Die Zimmertür hatte er offen gelassen, um vielleicht noch ein paar Stöhner von Maria hören zu können. Doch schon nach kurzer Zeit war er ein eingeschlafen.
277. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 13.10.14 22:31

Hallo cag_coll.


Tolle Fortsetzungen. Schön geschrieben.
Machen Lust auf mehr.


MfG Rainman
278. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 15.10.14 01:26

Tolle Fortsetzungen und Viele Fesselungsarten. Trägt denn Ella einen Speziellen Anzug mit Ösen für die Nägel oder werden Riemen über Elle gespannt und dann Festgenagelt? Der Knotenlehrgang wird bestimmt Interessant für Paul.
So ein BDSM Hotel ist eine Tolle Idee. Das könnte man in einem kleineren Hotel Durchaus Realisieren.
Fixiermöglichkeiten kann man ja Problemlos hinter normalen Gegenständen Verstecken.
279. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.10.14 06:24

Zitat
Tolle Fortsetzungen und Viele Fesselungsarten. Trägt denn Ella einen Speziellen Anzug mit Ösen für die Nägel oder werden Riemen über Elle gespannt und dann Festgenagelt?

Hallo Mike,
ich hatte mir das ungefähr so vorgestellt (vielleicht mit weiteren Ringen) http://www.knebelreich.de/demo/festgenagelt.jpg
Okay, auf dem Foto ist sie festgeschraubt. Ella läßt die Schrauben dann durch Nägel ersetzen.

Ella trägt dabei nur das auf der Hütte "vorgeschriebene" Keuschheitsensemble.
280. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 21.10.14 17:07

Schrauben lassen sich auch Einfacher Entfernen, allerdings bei Nägeln gibts da noch einen Extra Kick beim Festnageln.
Nettes Bild Karl.
281. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 23.10.14 06:31

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Leonie legte ihr Buch beiseite. Sie hatte jetzt doch keine Ruhe, um darin zu lesen. Sie war viel zu aufgeregt ob der Ereignisse, die hoffentlich vor ihr lagen.

Sie war extra sehr früh aufgestanden, hatte sich den schon lange gepackten Rucksack gegriffen und war zum Bahnhof gegangen, um sich in einen frühen Zug zu setzen. Nach der langen Bahnfahrt stand dann noch ein Fußmarsch von knapp 10 Kilometern bevor. Am Wochenende fuhr leider kein Bus. Und sie wollte so bald wie möglich auf der Hütte sein.

Sie fragte sich, wie es Christine wohl gehen würde. Als Schwestern hatten sie natürlich darüber gesprochen, was auf der Hütte stattfinden würde und welch außergewöhnliche Abenteuer üblicherweise auf der Hütte erlebt werden konnten.

Sie drehte sich nervös in ihrem Sitz hin und her und dachte darüber nach, was ihre Schwester jetzt gerade wohl machen würde. Sicher würde sie noch schlafen nach den anstrengenden Vibratorfoltern, die Sebastian stets veranstaltete. Sie schloss die Augen und träumte davon, wie es wohl wäre, wenn sie selbst den gleichen süßen Quälereien ausgeliefert wäre.

Ihre Finger spielten unbewusst mit dem Ballknebel, der in ihrem Rucksack lag. Obwohl sie fast allein war im Zug, traute sie sich aber nicht, ihn sich anzulegen. Solange ihre Hände frei waren, hatte der Knebel in ihrem Mund nicht den richtigen Reiz. Erst wenn sie selbst nicht mehr in der Lage war, den Verschluss zu öffnen, dann konnte sie es genießen. So hoffte sie es zumindest. Ausprobieren konnte sie es bisher nie.

Lediglich das Schrittseil spürte sie deutlich. Sie hatte es sich gleich nach dem Aufstehen mitten in der Nacht als erstes anlegt, wie eigentlich jeden Tag. Mittlerweile gehörte es fast wie selbstverständlich zu ihrer Unterwäsche.

Sie beneidete ihre Schwester sehr, die einen Mann gefunden hatte, der genau auf ihre Wünsche eingehen konnte. Sie selbst hatte sich zwar einmal mit einigen Freunden getroffen, doch keiner verstand, was Leonie sich wirklich wünschte.

Natürlich wusste sie, dass sie zunächst auf der Hütte nicht willkommen sein würde, denn es waren nur Paare zugelassen. Umso gemeiner empfand sie es, dass nicht nur ihre Schwester, sondern sogar ihre Eltern als Paar auf der Hütte waren und nur sie ausgeschlossen blieb. Doch sie war sich sicher, dass wenn sie erst einmal da war, würden sie sie auch nicht wieder wegschicken. Dazu wusste sie zu viel, grinste sie in sich hinein. Und ihre Mutter hatte ihr schon immer viel Mitgefühl dafür entgegengebracht, dass sie bisher nie mitkommen durfte. Sie würde bestimmt für sie sprechen.

* * *

Paul wurde wach, als er ein Streicheln in seinem Gesicht spürte. Er schlug die Augen auf und blickte in Marias verliebte Augen, die langsam näher kamen.

»Guten Morgen mein Schatz«, strahlte Maria und gab ihm einen Kuss, gerade als er antworten wollte.

»Dir auch einen guten Morgen.« Paul rieb sich die Augen. »Warum bist du denn schon wach?«

»Wir warten mit dem Frühstück.« Maria streichelte ihn noch einmal zärtlich durch das Gesicht.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass Maria einen weißen Lackcatsuit trug, der ihren Körper zwar komplett bedeckte, aber ihren »Formen« doch sehr genau zeigte. Insbesondere war Marias stählerne Unterwäsche gut zu erkennen.

»Amelie hatte nach mir geschaut und weil ich schon wach war, hat sie Sebastian gebeten, mich los zumachen.« Sie beschrieb, dass Amelie ihr dann bei der Morgenhygiene geholfen hatte.

»Und deine Ketten trägst du auch schon?« Paul war noch nicht wach genug, um eifersüchtig zu sein.

»Wir haben den Tisch schon gedeckt.« Sie beschrieb, was Claudia ihr erklärt hatte. Die Damen auf der Hütte dürfen mitarbeiten, wenn sie möchten, sie müssen dabei aber mindestens das Haremsgeschirr tragen. »Und dann habe ich gefragt ob ich unsere Ketten tragen darf.« Sie gab Paul noch einen Kuss. »Die sind bequemer.«

»Warum habt ihr mich denn nicht aufgeweckt?« Paul klang ein klein wenig verärgert. Dass Maria »unsere Ketten« gesagt hatte, war ihm erst viel später aufgefallen.

»Schimpfe nicht,« war plötzlich von der Tür zu hören. Amelie stand dort und lächelte. »Wir haben dich bewusst schlafen lassen. Du musst heute fit sein.«

»Ich habe noch wach gelegen und dabei versucht, dich heraus zu hören.« Er ergriff ihre Hand und hielt sie fest. »Wie hast du denn geschlafen?«

»Ich glaube, ich habe Sebastian aus getrickst.« Maria wurde rot. »Bei mir ging das Ding immer erst aus, nachdem ich gekommen war.« Sie drückte seine Hand. »Dieses ...« Sie versuchte sich an das Wort zu erinnern. »Dieses S-Fix war sehr aufregend. Ich bin sehr bald eingeschlafen und habe davon geträumt, dass Du mich überall festgehalten hättest.« Sie blickte ihn herausfordernd an.

Paul unterdrückte den Impuls zu schlucken und versuchte sich dominant zu geben. »Das kann ja noch werden.« Er versuchte ein bestimmtes Lächeln.

»Jetzt kommt bitte zum Frühstück.« Amelie stand noch in der Tür. »Wir warten auf euch.«


Als sie zusammen in den Gemeinschaftsraum traten, waren die Männer gerade dabei, die Nägel aus dem Brett zu ziehen, die Ella festhielten.

»War es so, wie du es erhofft hattest?« fragte Amelie recht neugierig.

»Es war genauso, wie ich es mir erträumt hatte. Ich habe jeden einzelnen Hammerschlag genossen.« Sie strahlte, doch dann wurde sie etwas nachdenklich. »Das Brett war allerdings etwas hart. Wenn ich nicht so müde gewesen wäre, hätte ich vermutlich sehr schlecht geschlafen.«

»Das klingt, als würdest du es noch einmal machen wollen?« ihr Mann blickte aufmerksam zu ihr.

»Unbedingt!« Sie strahlte. »Aber dann mit einem Polster, mindestens mit einer Isomatte.«


Maria genoss Pauls Umarmung, als sie gemeinsam auf Ellas Befreiung warteten. Mittlerweile fühlte sie sich ermutigt, ihm von ihren Träumen in dieser Nacht zu erzählen. »Christines Dauerknebel hat mich sehr beeindruckt.« Sie blickte ihren Freund etwas seltsam an. »Ich habe davon geträumt, du würdest mich auch einmal so knebeln.« Es wunderte sie ein wenig, dass sie solche Worte über ihre Lippen brachte. Es schien an der besonderen Atmosphäre in der Hütte zu liegen.

»Und wie lange möchtest du ihn tragen?« fragte Paul recht interessiert, während er etwas gedankenverloren mit ihren Ketten spielte.

Diese Frage schien Maria nicht erwartet zu haben. Sie wurde etwas rot und stammelte ein wenig. Ihr »Bitte küss mich« konnte Paul gerade so verstehen. Trotzdem kam er ihrem Wunsch gern nach.


Dauerhaft geknebelt, dauerhaft gefesselt, Maria fragte sich, wohin sie dieser Weg wohl führen würde. Obwohl sie natürlich wusste, dass es im Alltag nicht umsetzbar sein würde, weckte dieser Gedanke die Schmetterlinge in ihrem Bauch. Sie drückte Paul fest an sich.

»Nehmt Platz, ihr Turteltäubchen.« Die Stimme von Sebastian trennte sie wieder von einander. »Den Tisch habt ihr wirklich wunderbar gedeckt.«

»Das Lob gilt Maria.« Claudia warf ihr einen bewundernden Blick zu. »Man könnte meinen, du wärst mit den Ketten aufgewachsen.«

Maria erschrak ein wenig, als sie erkannte, wie nah diese Worte an der Wirklichkeit waren. Doch sie hatte sich schnell wieder unter Kontrolle und nahm neben Paul Platz.


Neben Christine stand ein langes Metallrohr, an dessen oberen Ende ein weißer Beutel hing. Als Sebastian mit seinem »Greift bitte zu« das Frühstück eröffnete, griff Fritz zu dem Beutel und hantierte kurz daran. Langsam färbte sich der Schlauch zu ihrem Kopf weiß.

»Was genießt Christine denn heute?« fragte Amelie interessiert, während sie sich ihr Brot schmierte.

Christine zuckte etwas mit den Schultern.

»Sie kann es nicht schmecken, weil es direkt in ihren Magen läuft.« Er streichelte ihr liebevoll über das Gesicht. »Es ist ein Milchbrei mit Zimtgeschmack. Ich habe ihn extra liebevoll abgeschmeckt.«

Christine deutete einen Kuss mit ihren versiegelten Lippen an.

Paul bemerkte, dass Maria sehr fasziniert auf diese doch eher demütigende Ernährung schaute. Er kam sehr ins Grübeln.

Amelie bemerkte Pauls grübelndes Gesicht und sie wandte sich direkt an ihn. »Du fragst dich, ob das nicht demütigend ist.«

Paul fühlte sich ertappt, doch dann rang er sich zu einem Nicken durch.

Christine hatte den Dialog ebenfalls verfolgt. Sie nahm den Stift von dem Block, der neben ihr lag und begann etwas schreiben. Als sie fertig war, reichte sie Paul den Zettel.

Fritz sah, wie Paul sich sehr verunsichert umblickte. »Lies es bitte vor.« Er gab Christine einen Kuss, dann drehte er sich wieder zu Paul und Maria. »Ihr seid neu, deswegen kennt ihr euch mit den Details noch nicht aus.«

Paul schluckte, dann blickte er auf den Zettel. »Gewiss, es ist ein wenig demütigend«, las er vor. »aber dafür kann ich meinen Traum ausleben, das ganze Wochenende geknebelt zu sein und schweigen zu müssen.«

Als Paul zu Maria blickte, sah er bei ihr einen sehr verträumten Blick.


Maria war zunächst entsetzt über den Gedanken, hier eine Magensonde tragen zu müssen. Doch als sie Christines glückliche Augen sah, kam sie sehr ins Grübeln. Sie wendet sich an Claudia. »Ich würde Christine gern etwas zu ihrer Sonde fragen, aber sie kann doch nicht antworten.«

Claudia kannte dies Problem. »Fritz wird ihr bei den Antworten helfen. Traue dich ruhig, deine Fragen zu stellen.« Sie lächelte. »Und außerdem kann sie ja schreiben, wie du gerade gesehen hast.«

Maria war danach sehr schweigsam, sie schien nachzudenken.


»Wie war denn die Nacht?« fragte Sebastian etwas scheinheilig.

»Warte es nur ab, wir werden uns einmal zusammen tun und dich verprügeln.« Anna grinste. »Ich war mehrmals so kurz davor und dann ging das Teufelsding wieder aus.«

Maria vermied es zu grinsen. Sie gab Paul einen Kuss.

* * *

Gleich nach dem Frühstück teilte Sebastian ein, wer sich um welche Aufgaben kümmern sollte. Paul und Maria sollten ihm bei der Vorbereitung der ersten Stunde helfen. Beide begriffen erst später, warum er ihnen dabei zugezwinkert hatte. Sie mussten nämlich nur die Kiste mit den Seilen holen und auf dem Tisch ausbreiten. Als sie es gemacht hatten, bat er sie, sich auf das Sofa zu setzen und zu warten, bis die anderen in der Küche fertig waren.

Paul kämpfte schwer mit sich und seinem immer noch vorhandenen schlechten Gewissen. »Hast du sehr gelitten in der Nacht?« Er beschrieb, dass er etwas unter den gedämpften Frustschreien zu leiden hatte.

Maria nahm seine Hand und streichelte sie. »So etwas kenne ich aus der Klinik.« Sie grinste. »Dort war allerdings ein Kabel lose.«

Paul wurde mutiger. »Danach hatte ich nicht gefragt.«

Jetzt war es an Maria, verlegen zu werden. »Das möchte ich einmal wieder so machen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Das ist so eine süße Folter.« Sie drehte ihn Kopf zu ihm und flüsterte. »Ich bin trotzdem zwei mal gekommen.« Obwohl Maria sehr leise gesprochen hatte, war die Begeisterung in ihrer Stimme nicht zu überhören.

* * *

»Wichtig bei allen Seilfesselungen ist, dass die Knoten sich nicht von selbst weiter zusammenziehen können, wenn die Seile einmal angelegt sind.« Mit diesen Worten eröffnete Sebastian den ersten Workshop auf der Hütte. »Es gibt dafür einige spezielle Knoten, die wir jetzt üben wollen.«

Er bat alle, sich paarweise gegenüber zu setzen und verteilte die bereitgelegten Seilbündel. »Es gibt dafür ein paar Knoten, und die sollte jeder von uns beherrschen.« Er erklärte, dass diese Knoten besonders für Bett wichtig wären, wenn es im weiteren etwas wilder zugehen sollte. »Und auch die Damen sollten diese Knoten können, damit sie notfalls auch frühzeitig auf Fehler aufmerksam machen können.«

»Aber fürs Bett sind Ledermanschetten doch viel sinnvoller.« wandte Petra ein und wechselte dabei ein paar intensive Blicke mit ihrem Mann.

Doch diesen Einwand ließ Sebastian nicht gelten.

An die eine Wand hatte er einige Zeichnungen gehängt, auf denen zu erkennen war, wie die Knoten gemacht werden mussten. »Nun, die einfachsten und wichtigsten Übungen sind Fesselungen der Hand- und Fußgelenke - die müssen ausbruchssicher und fest sein, dürfen sich aber nicht zuziehen und die Zirkulation abschnüren. Alles andere ist dann sekundär bzw., eine Erweiterung der Grundtechniken.«

Sowohl Paul als auch Maria hatten keine Schwierigkeiten, auf diese Weise die Knoten zu lernen und sie erkannten auch mit einiger Faszination, dass sich die jeweiligen Arm- oder Beinfesselungen wirklich nicht weiter zusammen ziehen konnten.


»Warum das denn?« Claudia hatte gesehen, dass Maria auf einmal einen Ball im Mund hatte. »Der Knebel ist aber nicht nötig.« An ihrem Ton war zu erkennen, dass sie Marias Auftreten missbilligte.

Maria war ein wenig enttäuscht. »Ich wollte noch etwas die Texte für meine Rolle üben«, sagte sie trotz des Balles in gut verständlicher Aussprache.

Paul mischte sich ein und erklärte die Zusammenhänge zwischen der Rolle und dem Knebel.

»Ach so.« Claudia lachte. »Bitte entschuldige. Ich hatte bloß befürchtet, dass wir dann alle ´schweigen´ müssten. Ich trage den Knebel nämlich immer dann, wenn ich nicht mehr sprechen darf.«

Maria war sichtlich verlegen. »Das wollte ich nicht.« Sie machte Anstalten, Paul um die Abnahme des Knebels zu bitten.

»Nein, lass nur.« Claudia zeigte sich neugierig. »Wie hört sich das denn an?«

Maria lächelte kurz, dass richtete sie sich auf. »Wir Wiener Waschweiber würde Wäsche wachen, wenn wir wüssten, wo warmes Wasser wäre.«

»Das möchte ich auch können.« Amelie war neben sie getreten und bat um einige Tipps.

»Das wichtigste ist, langsam zu sprechen.« Maria war trotz des Balles in ihrem Mund gut zu verstehen. »Und die Lippen weit auseinander machen.«

Leonhard war zu seiner Verlobten getreten und blickte sie zunächst etwas besorgt an. Doch dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht. »Langsam sprechen?« Er streichelte ihr über den Kopf und grinste. »Da muss ich mir keine Sorgen machen. Ich dachte schon, ich müsste Dir einen größeren Ball besorgen.«

Paul hatte die Dialoge verfolgt und grinste ebenfalls ein wenig. Er hatte schon erlebt, wie hilflos Amelie mit dem Ball im Mund war. Er zog seinen Knoten noch einmal fest und damit waren Marias Hände zusammen gebunden.

»Sehr gut«, kam das Lob von Sebastian, als er zum Kontrollieren kam. »Jetzt tauscht doch bitte.«

Paul und Maria blickten beide ein wenig erschrocken und hatten Mühe, sich an den Gedanken zu gewöhnen.

Sebastian ahnte, was das Paar gerade bewegte. »Auch die Damen sollten sich mit den Knoten auskennen, damit sie es schnell erkennen können, wenn etwas schief läuft.«


Zu seiner eigenen Überraschung fühlte es sich sehr erregend an, als er spürte, wie seine Hände von Maria zusammengebunden wurden. Doch als sie noch ein paar andere Knoten üben mussten, war ihm doch lieber, dass er dies an Maria machen durfte. Trotzdem kam es ihm vor, als hätte Marias Augen ein ganz besonderes Leuchten gehabt, als sie ihm die Fesseln angelegt hatte.

* * *

Leonies Weg führte sie entlang einer alten Allee immer wieder auch an kleinen Wäldchen vorbei. Schon zwei Mal hatte sie etwas ernüchtert den Schutz vor neugierigen Blicken genutzt, um sich von ihrer jetzt doch sehr lästig gewordenen Latexunterwäsche zu trennen. Sie hatte einfach unterschätzt, wie leicht sie darunter ins Schwitzen kam. Auch ihr im Zug noch so aufregendes Schrittseil war schon lange wieder in ihrem Rucksack verschwunden.

Sie warf noch einmal einen Blick auf ihre Wanderkarte und schätzte, dass sie wohl schon gut zwei Drittel des Weges geschafft hatte.

Obwohl sie sehr aufgeregt war, zwang sie sich zu einer Pause. Sie nahm einen Schluck aus ihrer Flasche und fragte sich, wie es ihrer Schwester jetzt wohl ergehen würde.

Gern dachte sie an die unschuldigen Spiele ihrer Kindheit, wenn sie »Harem« gespielt hatten oder »Spionin«. Verändert hatte es sich erst dann, als Fritz auf einmal mit dabei war. Zuerst war es besonders aufregend, wenn Fritz sie beide gefesselt hatte. Leonie spürte dann aber sehr bald, dass sie »störte« und zog sich traurig zurück.

* * *

Sebastian stand auf und gab Anweisungen, wie der Gemeinschaftsraum für die nächste Stunde um zubauen sei. »Wir stellen die Sessel und die Campingstühle im Halbkreis auf und jeweils die Stellwände als Sichtschutz dazwischen. Dann kann auf dem kleinen Podest unser diesjähriger Wettbewerb stattfinden.«

Er erläuterte die Bedingungen: »20 Meter Seil und 20 Minuten Zeit.«

Obwohl Paul und Maria noch überhaupt nicht verstanden, was kommen würde, schienen alle anderen Bescheid zu wissen.

Claudia bat die anderen, sich einen Platz zu suchen und es sich gemütlich zu machen, dann ging sie auf die Bühne und legte sich dort ein Schrittseil an. Als sie Pauls und Marias verwunderte Blicke sah, musste sie lachen. »Ach ja, ihr kennt die Regeln noch nicht.« Sie blickte an sich herunter. »Das Schrittseil und die Knebelung darf ich mir schon vorher anlegen.«

Es fiel auf, dass ein langes Stück Seil noch herunter baumelte. Sie grinste etwas. »Ohne den Keuschheitsgürtel wäre das Schrittseil natürlich spannender.« Sie blickte zu ihrer Schwägerin. »Du machst wieder den Schiedsrichter?« Dann griff sie sich das Kopfgeschirr, und mit unglaublicher Sicherheit und Geschwindigkeit hatte sie sich selbst zum Schweigen gebracht. Ihre Augen leuchteten, als sie sich auf den Bauch legte.

Sebastian betrat nun ebenfalls die Bühne und legte sich die Seilbündel noch einmal zurecht. Dann gab auch er Amelie ein Zeichen.

Amelie hatte vor sich vier Sanduhren stehen, von der sie die erste in die Hand nahm. »Auf die Plätze, fertig, los.« Sie drehte die Sanduhr um und stellte sie wieder vor sich.


Maria war noch dabei, sich in Pauls Arme zu kuscheln und strich dabei immer wieder verliebt über die Spuren der Seile, die auch auf seiner Haut zu sehen war. Als sie wieder zur Bühne blickte, hatte Sebastian schon die Arme und Beine seiner Frau zusammengebunden und war gerade dabei, die Arme mit den Beinen zu verbinden.

Claudia war ebenfalls hochkonzentriert und versuchte, jede unnötige Bewegung zu vermeiden, damit Sebastian sie genau so fesseln konnte, wie sie es schon seit langem geübt hatten. Dass sie dabei heftig sabberte, war ihr egal. Außerdem konnte sie es sowieso nicht verhindern.

Gerade als Amelie die dritte Sanduhr umgedreht hatte, stand Sebastian auf und gab Claudia noch einen zärtlichen Klapps auf ihren Hintern. Jetzt erst begann sie zu stöhnen und versuchte, sich in ihren Fesseln zu bewegen. Sie hatte natürlich nicht das Ziel sich zu befreien, stattdessen versuchte sie wie sonst auch, ihren verbliebenen Freiraum zu erkunden und wie jedes Mal musste sie erkennen, dass sie bis auf den Zug am Schrittseil nicht mehr viel ausrichten konnte. Trotz des Knebel und der Augenbinde war zu erkennen, wie gut ihr ihre aktuelle Position gefiel.

Nur Amelie gab sich betont nüchtern. »15 Minuten.« Sie machte sie sich eine Notiz. »Ihr werdet besser.«

Applaus brandete auf und einige Stimmen forderten eine »Zugabe«.

Als Amelie nickte, griff Sebastian zu einem Kästchen und drückte einen Knopf. Sofort ging ein Zucken durch Claudias Körper und man sah, wie sie sich verspannte. Es dauerte gar nicht mehr lange, bis sie sich unter lautem Stöhnen in einen Orgasmus zitterte.

Die Pärchen im »Zuschauerraum« konnten sich wegen der Sichtblenden gegenseitig nicht sehen, doch es war nicht nur von der Bühne ein gedämpftes Stöhnen zu hören.

Nach Claudias Höhepunkt wurde es langsam leiser und ein Flüstern setze ein.

Sebastian ging wieder zu seiner Frau und befreite sie. Als Claudia sich verbeugte, gab es noch einmal heftigen Applaus.


Während Amelie das nächste Paar ankündigte, kam Leonhard zu Paul und Maria und bat sie, einmal kurz in den Nebenraum zu kommen.

»Amelie und Sebastian haben eine Idee, aber wir möchten euch nicht überrumpeln.« erklärte er, als die Tür geschlossen war. »Das Paar, welches abgesagt hat, war immer der dritte Teilnehmer an dem Wettbewerb.«

Maria hatte sofort erkannt, worauf dieses hinaus laufen würde. »Aber ich kann doch nichts.« Sie wollte vor allem Paul in Schutz nehmen. Ohne dass es ihr so richtig bewusst geworden war, fühlte sie sofort, dass er mit diesem Wettbewerbsdruck völlig überfordert gewesen wäre.

Doch Leonhard und sein Bruder hatten sich auf diesen Moment sehr gut vorbereitet. Er reichte Maria einen Brief, dessen Schrift sie sofort als die ihrer Mutter erkannte. Sie konnte die Zeilen nur überfliegen, doch eine Passage blieb ihr deutlich vor Augen stehen.

»Du kannst das Gebet auf dem Rücken vorführen. Habe keine Angst vor deinem Können. Beeindrucke sie.«

Marias Blick fiel auf Paul, der noch mit sich kämpfte. Er ahnte, was von ihm erwartet wurde. »Ich möchte Maria aber nicht weh tun.«

»Wissen wir,« unterbrach Leonhard. »deswegen wird Sebastian dir assistieren.« Es war gesagt. Jetzt blickte er nervös auf das Paar.

Paul hatte sich diesmal schneller wieder unter Kontrolle. Er nahm seine Freundin in den Arm und liebkoste sie. »Knoten kann ich ja jetzt schon.« Seine Zweifel an seinem Können übersah er dabei großzügig.

Sebastian erklärte kurz, wie die Fesselung von Marias Armen anzulegen sei. Paul war hochkonzentriert. Zum einen wollte er weder Maria noch sich blamieren, zum anderen wollte auch nicht durch einen Fehler Maria unnötig Schmerzen verursachen.
282. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 23.10.14 13:16

Sieh an Leoni will Einfach auf der Hütte Auftauchen. Das gibt bestimmt Ärger. Mein Vorschlag sie genau wie Christine zu Knebeln, dann Streng Fesseln und Blind und Taub in eine Ecke zu Stellen.
283. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 23.10.14 17:55

Zitat
Mein Vorschlag sie genau wie Christine zu Knebeln, dann Streng Fesseln und Blind und Taub in eine Ecke zu Stellen.


Täte ihr sicher mal gut Da Stimme ich zu

Fesselnde Grüße
Eure Kami
284. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.10.14 19:08

Also bestraft wird Leonie... aber noch ist sie noch nicht auf der Hütte...
285. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 25.10.14 06:59

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

Die Tür ging auf und Amelie trat in den Raum. »Seid ihr soweit? Christine ´hängt´.« Sie trat beiseite und ließ so einen Blick in den Gemeinschaftsraum zu. Die Frau von Fritz baumelte von drei starken Seilbündeln gehalten an der Decke und stöhnte laut. »... und fliegt.« grinste Amelie.

Obwohl es Maria schwer fiel, sich einerseits zu überwinden und sich andererseits von Christines faszinierendem Anblick loszureißen, trat sie vor und legte demonstrativ ihre Arme auf den Rücken. »Ich will es probieren.«

»Falls es gelingt, möchte ich gern ein Erinnerungsfoto machen.« Amelie blickte Maria fragend an. »Wärst du damit einverstanden?«

Maria zögerte etwas.

»Es ist bei den Privatfotos stets Bedingung, dass das Gesicht auf dem Foto nicht zu sehen ist. Ich würde dir dann eine Kapuze aufsetzen, damit du nicht erkannt wirst.«

Maria war einverstanden.

* * *

Auch für Christines Hängebondage gab es guten Applaus, sobald sie wieder auf ihren Füßen stand und Fritz noch dabei war, die Seile aufzuwickeln. Sebastian wartete ab, bis das Klatschen verklungen war, dann trat er wieder auf die Bühne.

»Wie ihr ja wisst, haben Rosa und Hans dieses Mal absagen müssen und Paul und Maria sind für sie eingesprungen.« Er drehte sich zu ihnen und bat sie, schon einmal auf die Bühne zu kommen. »Ich freue mich um so mehr, dass sie auch an dem Wettbewerb teilnehmen werden.«

Er wartete den Applaus ab. »Ich möchte noch einmal von meinen Regeln abweichen und Paul bei der Fesselung helfen. Ihr werdet sehen, dass Maria zu etwas ganz Außergewöhnlichem in der Lage ist.«

Er holte das kleine Tischchen heran und legte ein paar Seilbündel bereit. »Paul ist noch dabei zu lernen und wenn er bei dem Backprayer etwas falsch machen würde, wäre es für Maria unter Umständen sehr schmerzhaft, darum werde ich ihn unterstützen.«

Auf einmal wurde seine Frau hellhörig. »Darf ich fragen, wieso du dich damit auskennst?« Sie war aufgestanden und blickte ihren Mann böse an.

Sebastian wurde verlegen und lief leicht rot an.

Claudia setzte sich wieder hin. »Komm du mir nach Hause.« Sie grummelte etwas und es war deutlich, dass ihr Ärger nicht gespielt war.

Letztendlich hatte Paul es geschafft, Maria die Fesselung der Arme fast allein anzulegen. Sebastian musste nur ab und zu zeigen, wo ein Knoten zu machen war oder wie die Seile verlaufen sollten. Doch das Ergebnis war auf jeden Fall umwerfend, und der Applaus wollte kein Ende nehmen. Marias Unterarme berührten sich auf dem Rücken und sie schien es problemlos auszuhalten. Trotzdem war ihr Blick immer auf die kleinen Sanduhren gerichtet, die anzeigten, wie lange sie es schon ausgehalten hatte.


Je länger der Sand rieselte, desto entspannter wurde Maria. Sie war erleichtert, als sie erkannte, dass sie die verlangte Zeit schon leicht aushalten konnte.

Doch auf einmal wurde es schwarz vor ihren Augen. Sie hätte sich vielleicht erschrocken, wenn sie nicht sofort Amelie Stimme gehört hätte. »Es ist alles in Ordnung, ich mache jetzt nur das Foto.«

Maria war bemüht, ihre Arme jetzt bewusst still zu halten. Sie hörte ein paar Mal ein Klicken.


Als Maria wieder sehen konnte, blickte sie zu ihrer Freude in Pauls Augen. Sie sah sowohl Stolz als auch Besorgnis in seinem Blick. »Ich glaube, du kannst meine Arme jetzt wieder befreien.« Sie warf einen Blick auf die Uhren und erkannte, dass Amelie alle schon einmal umgedreht hatte.

Sebastian trat auf das Paar zu und gab diverse Hilfen, damit beim Ablegen des Gebets keine unnötigen Schmerzen auftraten.

Claudia stand neben ihr. »Leonhard hat ja schon etwas angedeutet, aber erst jetzt, wo ich es selbst gesehen habe, kann ich es glauben.« Ihren Ärger von vorhin schien sie vergessen zu haben. Auch von den anderen Frauen bekam Maria sehr viel Lob und Zuspruch.


Amelie kam mit einem Zettel in der Hand dazu und bat um Aufmerksamkeit. »Ich möchte nun das Ergebnis der Abstimmung bekannt geben.« Sie warf einen warnenden Blick auf ihre Schwägerin. »Der Preis für die beste ´strengste Seilfesselung´ geht dieses Mal an Maria für dieses so tolle ´Gebet auf dem Rücken´.«

Applaus brannte auf, bei dem sich das Händeklatschen sehr süß mit dem Klirren der Ketten vermischte.

Maria war noch dabei, wieder etwas Bewegung in ihre Arme zu bringen. »Aber ich habe doch gar nichts gemacht.« Sie lächelte.

»Bescheiden wie immer.« Paul nahm sie in den Arm. »Ich bin sehr stolz auf dich.« Sebastian hatte ihm den Tipp gegeben, Maria gleich nach ihrer Befreiung wieder ihre Ketten anzulegen. »Sozusagen als Belohnung.« hatte er noch ergänzt.

Als Maria sah, wie liebevoll und gewissenhaft Paul agierte, gab sie ihm vor Freude noch einen langen Kuss. Den leisen Applaus der anderen ignorierte sie dabei.

Nur Claudia hatte etwas Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sebastian bemerkte sie dies und begann sie zu trösten. »Du warst jetzt vier mal hintereinander die Beste. Dann ist es doch nur fair, wenn jetzt einmal jemand anders an der Reihe ist.«

In diesem Moment musste Claudia lachen. »Ja, du hast recht. Ich werde älter.«


Bisher hatte Maria ihren Gefühlen misstraut, wenn Paul ihr Sachen vom Training oder von Fest anlegte. Doch so langsam begriff sie, dass sie sich ihren Gefühlen wirklich hingeben konnte. Es war nicht falsch, die Fesseln so zu genießen, wie sie es bisher mit ziemlich schlechtem Gewissen getan hatte.

Maria fragte sich, ob sie nicht nur in Paul, sondern auch in seine Fesseln verliebt war. Und sie war sich im Moment überhaupt nicht sicher, was sie antworten würde, wenn ihre Mutter sie fragen würde.

Auf einmal begann Maria den drohenden Aufenthalt in der Klinik mit etwas anderen Augen zu sehen. Sie wusste von den Malen zuvor, dass sie heftig und teilweise sogar sehr demütigend fixiert, beziehungsweise gefesselt sein würde. Dies brachten die medizinischen Untersuchungen einfach so mit sich. Aber wie würde es jetzt mit ihren neuen Erkenntnissen sein und vor allem, wenn sie nicht von Paul gefesselt würde? Sicher, sie konnte sich natürlich einreden, dass es seine Fesseln wären. Aber ob es wirklich dasselbe sein würde?

Sie erinnerte sich an die Geschichte, die ihre Mutter ihr zu Beginn ihres Programms einmal erzählt hatte. Es klang damals wie ein Märchen. Eine gewisse Tara Wintroph hatte sich heimlich in einen Autor von Bondage-Romanen verliebt und hatte das Leben seiner Heldinnen nachempfunden. Diese lebte Tag und Nacht in einer Fesselung und genoss es jeden Tag, dass sie zum einen ihre Einschränkungen genießen konnte und zum anderen gleichzeitig auch dabei davon träumte, dass dieser Autor sie einmal besuchen würde. Und wie es nun einmal ist im Märchen, begann die eigentlich Handlung eben genau damit, dass der Bondage-Autor das Haus der Heldin besuchte.

So im Nachhinein wusste Maria nicht mehr so genau, was ihre Mutter zu dieser Geschichte oder besser Märchen gesagt hatte, doch seitdem wusste sie, dass sie nur warten musste und dann würde der Prinz kommen. Trotz ihrer Fesselungen. Oder gerade wegen? Wie dachte Paul wohl darüber?

Sie erwachte aus ihrem Traum und zog Paul zu sich heran. Sie gab ihm einen Kuss. »Danke, dass du da bist.« Dann drückte sie seine Hand.


Doch auch Paul war von der besonderen Atmosphäre der Hütte gefangen. Er war sich gar nicht sicher, was ihn mehr faszinierte - die Hilflosigkeit der Damen oder die Selbstverständlichkeit, mit der sie diese hinnahmen und sogar genossen.

Er hatte früher oft die Schule wechseln müssen und deswegen war es nie zu festen Freunden oder Freundinnen gekommen. Doch heute fragte er sich, ob nicht etwas anderes daran schuld war. Er war von Marias häufiger Hilflosigkeit mehr als angezogen und es gefiel ihm sehr gut, sie in ihren Fesseln zu unterstützten. Es erregte ihn gleichermaßen, wie es auch an seine Mitgefühl appellierte.

Doch genauso hatte er auch großen Respekt vor den Fähigkeiten seiner Freundin. Er konnte bisher nur ahnen, was das ´Gebet auf dem Rücken´ für sie bedeuten würde. Doch jetzt, als er es mit eigenen Augen gesehen und sogar gespürt hatte, stieg seine Ehrfurcht ins Unermessliche.

Aber er hatte auch gleichzeitig deutlich gespürt, dass Maria von ihm eine gewisse Strenge erwartete und er hatte immer noch Schwierigkeiten, sein Angst, Maria weh zu tun, unter Kontrolle zu bekommen.

Ebenso fühlte er aber auch einen immensen Stolz, wenn er daran dachte, zu welchen außergewöhnlichen Leistungen seine Freundin in der Lage war und er bezog daraus eine große Verpflichtung, ihr auf jeden Fall beizustehen und ihr alle Wünsche von den Augen abzulesen.

Letzteres war besonders wichtig, denn Paul ahnte schon lange, dass Maria ihre Knebel nicht nur für ihr Sprachtraining trug und es machte ihr auch gar nichts aus, wenn sie damit sabbern musste. Insbesondere hatte er ihre leuchtenden Augen gesehen, als Christine ihre ersten Erfahrungen mit dem neuen dauerhaften Knebel machte.


Natürlich wussten sie beide, dass sie den Knebel nur für dieses Wochenende tragen würde, doch es war anscheinend für Maria eine sehr interessante Vorstellung, für immer geknebelt zu sein.

Auch wenn Paul noch nicht ganz verstanden hatte, was an der Dauerknebelung so faszinierend war, war er doch fest entschlossen, Maria in jeder Minute beizustehen, wenn sie diesen Wunsch einmal äußern sollte. Er dachte an den unauffälligen abschließbaren Knebel, den er von Leonhard bei dem Besuch in Amelies Schloss geschenkt bekommen hatte, und den er seitdem immer unauffällig dabei hatte. Leonhard hatte ihm gesagt, er werde wissen, wann Maria ihn brauchen würde - hoffentlich nicht vor dem Katerinenfest.

Denn genauso hatte er natürlich das Katerinenfest im Blick und er ahnte, dass es eine seiner wichtigsten Aufgaben war, Maria vor allem unnötigen Stress zu bewahren. E seufzte etwas, als er an die Sorgen dachte, die Maria mit dem Neffen des Baron hatte.

»Was ist los?« Maria stupste ihn an.

»Nichts. Ich dachte nur gerade daran, wie schön es ist, mit dir zusammen hier zu sein.« Er lächelte sie an und küsste sie erneut.

* * *

Mit großer Erleichterung hatte Leonie auf ihrer langen Wanderung den ihr schon bekannten Parkplatz erreicht. Sie erkannte einige der Autos und war sich deswegen sehr sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.

Sie trank den Rest ihres Wassers und packte die leere Flasche zurück in den Rucksack. Als sie sich als nächstes ihren Ballknebel zur Hand nahm, zitterte ihre Hand ein wenig. Auf diesen Moment hatte sie sich schon seit Wochen gefreut. Sie öffnete unter leisem Stöhnen ihren Mund und schob den ihr wohl vertrauten Ball langsam und genießerisch hinein.

Sofort begann der Speichel zu laufen und benetzte ihre Bluse. Doch das fiel nicht weiter auf, denn ihre Bluse war ohnehin schon ziemlich nass geschwitzt. Sie brauchte nicht lange, um den Riemen hinter ihrem Kopf zu schließen. Schließlich war sie in Übung. Sie hatte sich auf dieses Abenteuer vorbereitet, so gut es eben ging, ohne sich zu verraten.

Auch das Schrittseil nahm sie wieder zur Hand und band es sich um. Sie stöhnte in ihren Knebel, als sie es besonders fast zuzog. Es war nicht mehr weit bis zur Hütte und sie wusste, dass sie sich diese »Tortur« jetzt zumuten konnte. Außerdem hatte sie schon seit Ewigkeiten davon geträumt.

Den Weg zur Hütte kannte sie dank der Hilfe von Fritz. Sie hatte ihm Empörung und Angst um ihre Schwester vor geheuchelt, dass diese den Weg zur Hütte in Fesseln nicht schaffen würde und Fritz war damals tatsächlich darauf hereingefallen. Er hatte sie auf diesen Parkplatz gefahren und war dann mit ihr den ganzen Weg bis zur Hütte gegangen, bis er sich überzeugt hatte, dass er Leonie die Sorge um ihre Schwester nehmen konnte. Außerdem, und vor allem deswegen dachte sie sehr gern an ihre kleine List zurück, hatte er ihr erlaubt, den Weg mit einem Ball im Mund zu gehen. Natürlich war es Leonies Idee gewesen, doch insgeheim hatte sie auch den Eindruck gehabt, dass er ihre kleinen gedämpften Seufzer und ihr Stöhnen durchaus genossen hatte.

Erst zum Schluss zog sie ihre bequemen Turnschuhe aus und wechselte zu den Bergstiefeln, die bisher das meiste Gewicht des Rucksacks ausgemacht hatten. Dabei versuchte sie, ihr immer lauter klopfendes Herz zu übersehen. Sie träumte von den aufregenden Abenteuern, von denen ihr ihre Schwester erzählt hatte. Und immer wieder musste sie an das aufregende Foto denken, dass ihre Schwester als streng aufgezäumtes Ponygirl zeigte.

* * *

Paul griff sich die Ballettstiefel aus dem zweiten Koffer und unterdrückte dabei die Versuchung, in dem Koffer etwas zu stöbern. Er konnte nur ahnen, welche vielen »Foltergeräte« dieser Koffer noch enthalten würde. Doch bei den Stiefeln war er sich sicher, dass Maria damit sehr gut klar kommen würde. Und insgeheim, so war sein Eindruck, schien sie sie sogar sehr zu mögen.

Maria hatte ihn gebeten, die Stiefel zu holen, da sie selbst keine Bergstiefel hatte und weil diese alle die Eigenschaften hatten, die in Sebastians Unterlagen gefordert waren. Sie waren sogar bis dich unter das Knie zu schnüren und das Leder war so dick, dass sie ihren Fuß darin kaum bewegen konnte. Ihre Knöcheln wären also mehr als geschützt.

»Wohin willst du denn mit den Stiefeln?« Sebastian war verwundert. »Wir wollen doch jetzt auf die Wanderung.«

»Maria hat mich gebeten.« Er war über die Frage verwundert. »Sie möchte sie auf der Wanderung tragen. Sie hat keine Bergstiefel.«

»Das kommt überhaupt nicht in Frage.« Sebastian war empört über soviel Leichtsinn.

»Aber Maria kann in den Stiefeln gut laufen und sie bieten ihr auch genügend Halt.« Er wusste, wie fest das Leder war, welches Marias Fußgelenke umgeben würde.

»Was gibt es denn?« Leonhard war zu ihnen getreten.

Sebastian zeigte auf die Stiefel. »Maria will damit auf die Wanderung.« In seiner Stimme war sowohl Empörung als auch Belustigung zu hören.

Leonhard trat an Sebastian heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Sein Bruder nahm Paul einen der Stiefel aus der Hand und betrachtete ihn aufmerksam. Dennoch hatte sich seine Miene noch nicht entspannt.

»Sie soll uns einfach zeigen, wie sie darin laufen kann.« Leonhard wollte Maria bei ihrem Wunsch helfen, denn insgeheim war er neugierig, was Amelie von Marias Fähigkeiten halten würde. Und er war sich sicher, dass Maria mit den Stiefeln genauso routiniert umgehen würde, wie er es schon bei ihrem Handschuh erlebt hatte.

Maria hatte mittlerweile gesehen, dass Paul zwar die Stiefel in der Hand hatte, aber nicht zu ihr kam. »Was gibt es denn?« Sie trug schon die dicken Socken und als sie Pauls besorgtes Gesicht sah, hakte sie nach. »Gibt es Probleme?«

Auf einmal hatte Paul eine Idee. »Zieh sie dir an.« Er reichte Maria die Stiefel. »Wir führen wir den Verlobungstanz vor.« Als er Marias ungläubiges Gesicht sah, merkte er, dass Maria noch auf eine Erklärung wartete. »Sie glauben nicht, dass du in den Stiefeln laufen kannst.«

Marias Miene zeigte zuerst ein ungläubiges Staunen, dann aber glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie nahm ihm die Stiefel aus der Hand. »Hole bitte meinen Handschuh.« Sie lächelte etwas grimmig. »Denen zeigen wir es.«


Als Paul mit dem Handschuh zurück kam, war Maria gerade dabei, sich den zweiten Stiefel zu zuschnüren. Als sie damit fertig war, sprach er sie mit feierlicher Stimme an. »Werte Prinzessin, ich bin gekommen, euch den Handschuh anzulegen.« Er reichte ihr die Hand. »Darf ich euch beim Aufstehen helfen?«

»Danke, mein lieber Prinz, das ist zu gütig.« Sie ergriff seine Hand und stand auf. Obwohl Maria den hohen Erwartungsdruck spürte, gab sie sich betont gelassen und legte langsam ihre Arme auf den Rücken. »Nun möget ihr beginnen, die Prinzessin ist bereit.« Die atemlose Stille in der Hütte bemerkte sie nicht.

Zum ersten Mal stand Paul unter gefühltem Zeitdruck, als er Maria den Handschuh anlegte, zumindest empfand er das so. Er merkte dankbar, dass er die nötigen Handgriffe schon mehr als auswendig kannte.

Selbst Maria bemerkte, wie schnell diesmal der Druck auf ihren Armen zu nahm. Doch sie versuchte ihre Gefühle und vor allem ihre Erregung beiseite zu lassen, denn es diente diesmal einer »höheren« Sache. Außerdem würde es bestimmt nicht schaden, wenn sie den Verlobungstanz noch einmal üben würden.

In die Stille hinein begann Maria zu summen. Paul erkannte sofort, dass es die Melodie des Tanzes war und er setzte mit ein. Er wartete seinen Einsatz ab, dann begann er wie lange geübt mit Maria zu tanzen.


Es waren komplizierte Schrittfolgen in diesem Tanz, doch da sie ihn oft genug geübt hatten, hatten sie damit überhaupt keine Probleme mehr. Und dass Maria ihre Ballettstiefel trug, war schon nach den ersten Schritten vergessen.

Als der Tanz zu Ende war, brandete wieder Applaus auf.

»Das ist ja fantastisch.« Amelie war so begeistert von Marias Können, dass sie ihre Eifersucht völlig vergaß.

Sogar Sebastian war beeindruckt. »Ja, die Stiefel darfst du auf der Wanderung tragen.« Er bat dann die Männer, sich jeder einen der Rucksäcke zu nehmen und zu tragen. »Ich habe versucht, die Sachen, die wir brauchen werden, gleichmäßig zu verteilen.« Und er bat die Damen, sich ebenfalls für den Abmarsch bereit zu machen.«


Claudia kam auf Maria zu und strahlte sie an. »So etwas Tolles habe ich noch nie gesehen.«

Maria kam wegen des Lobes ein wenig ins Grübeln. Bisher hatte sie den Handschuh immer mit dem Programm ihrer Mutter in Verbindung gebracht und war deswegen auf ihr Können sehr stolz. Erst hier auf der Hütte gab es für sie anscheinend die Erkenntnis, dass sie eigentlich schon seit Jahren ein Leben in Bondage führte, ohne dass es ihr so richtig bewusst gewesen war.

Und hier auf der Hütte gab es so viel Neues zu entdecken.

»Claudia, darf ich einmal etwas fragen?« Marias Stimme war etwas leiser.

»Gern.« Sie war immer noch von Marias Vorführung beeindruckt.

»Deine Fesselung bei der Vorführung...« Mit dem Wort ´Fesselung´ tat sich Maria schwer, sie zögerte etwas.

»Du meinst den Hogtie?« Claudia wunderte sich etwas.

»Ja, genau den.« Maria hatte dieses Wort schon einmal von Rosalie gehört. Jetzt wusste sie auch, was damit gemeint war. »Tut das nicht weh?«

»Nein, eigentlich nicht.« Claudia kam ins Grübeln. »Man darf es nur nicht gleich übertreiben.«

Paul spürt Marias Neugier. »Es gefällt dir sehr?«

Maria drehte sich überrascht zu ihrem Freund um. Er stand neben ihr und trug jetzt einen der acht Rucksäcke. Ihre zustimmende Antwort konnte sie nur flüstern.

Claudia nahm die ehrliche Neugier als sehr angenehm wahr. »Ich mag es, weil ich dann so ganz hilflos bin und mich fast überhaupt nicht mehr bewegen kann.« Sie schluckte kurz. »Und wenn er es richtig gut macht, dann spüre ich jede Bewegung am Schrittseil.

Paul ergriff Marias Hand und hielt sie fest. »Wir möchten das auch einmal probieren.«

Maria warf ihm einen überraschten, aber auch recht glücklichen Blick zu.

Claudia spürte die nicht ausgesprochene Frage. »Ich rede einmal mit Sebastian. Er wird euch sicher gern bei eurem ersten Mal assistieren und euch Tipps geben.« Natürlich gab es viel, was ein Anfängerpärchen bei einem so strengen Hogtie falsch machen konnte, aber sie wollte die beiden auch nicht abschrecken, sondern ermutigen. Und sie hatten beim Wettbewerb vorhin ja auch gern die Hilfe von Sebastian angenommen.

»Ich habe meinen Namen gehört.« Sebastian stand auf einmal neben seiner Frau und reichte ihr die Ketten für die Wanderung.

Claudia drehte sich zu ihm und trug Marias Wunsch vor. »Ich dachte mir, dass wir das nach dem Picknick und vor dem Rennen machen könnten.«

Sebastian kam ins Grübeln. »Hmm... Die Rucksäcke sind eigentlich schon alle voll.«

»Was muss denn noch getragen werden?« Marias Stimme klang seltsam erregt.

»Fünf bis sechs Seilbündel« Sebastian kalkulierte. »Und vielleicht noch einen Knebel, wenn du möchtest.«

»Habt ihr noch einen Rucksack?« Maria hatte sich zu einer Entscheidung durch gerungen. »Ich finde den Gedanken sehr aufregend, die Sachen zu tragen, die mich dann fesseln werden.« Sie drehte sich um und gab Paul einen Kuss. »Danke dass du gefragt hast.«


»Nachdem Rosa dieses Mal nicht dabei ist, sind wir frei zu entscheiden, wie wir zum Picknick gehen wollen.« Claudia hatte sich zwischen die anderen Damen gestellt und erklärte, dass Sebastian eine Entscheidung von ihnen haben wollte.

»Was steht denn zur Auswahl?« fragte Margarete recht interessiert.

»Entweder die Damen werden zusammengebunden wie bei einer Seilschaft oder wir gehen als Paare.«

»Und wegen der Berge sollten die Beine nicht eingeschränkt werden.« ergänzte Amelie. »Sicherheit geht vor.«


Die Damen waren sich schnell einig. Ein langes Seil würde sie untereinander verbinden und die Hände würden wahlweise vor oder hinter dem Körper in Handschellen getragen werden. »Und natürlich dürfen unsere Jungverliebten auch Hand in Hand gehen.«

»Dann bitte Ausstellen zum ´Gefangenentransport´.« scherzte Claudia. »Nachdem Rosa nicht dabei ist, wie wäre es, wenn wir dieses Mal auch Knebel erlauben?«

»Solange es nicht für jede Pflicht ist?« Margarete fand den Wunsch befremdlich. Doch fast allen anderen Damen gefiel der Gedanke.

Sebastian lachte. »Das wird einmal eine sehr ruhige Wanderung.«

Anna trat auf ihn zu. »Denkst du daran, dass Christine nur wenig Luft holen kann.«

»Das ist kein Problem. Christine geht einfach als erste und gibt das Tempo vor.« Er dachte über die Hindernisse auf dem Weg nach. »Bei dem kleinen Aufstieg werden wir sie tragen.«

* * *

Leonie hatte sich bis dicht an die Hütte herangeschlichen. Sie war froh, dass sich bis jetzt noch keiner der Gemeinschaft draußen hatte blicken lassen.

Sie riskierte einen vorsichtigen Blick durch eines der kleinen Fenster und zu ihrer Überraschung konnte sie keinen entdecken. Erst jetzt erinnerte sich Leonie daran, dass ihr Schwester ihr etwas von einer Wanderung mit Picknick erzählt hatte.

Sie holte sich ihre Armbanduhr aus dem Rucksack und blickte drauf. Mittagszeit war gerade vorbei und vermutlich würden sie jetzt irgendwo auf einer Wiese tummeln und ihre so aufregenden Spiele spielen. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter vor kurzem sehr seltsame Bewegungen geübt hatte.

Ob die Tür wohl abgeschlossen war? Leonie wusste, dass es wenig Sinn hatte, die Wiese zu suchen. Doch vielleicht war die Hütte offen. Es gab, von neugierigen Schwestern einmal abgesehen, keine Besucher, die sich in diesen sehr abgelegenen Winkel des Tals verirren würden. Daher hoffte sie, dass sie die Hütte wohl offen gelassen hatten.

Im Nachhinein wusste Leonie nicht mehr, wann ihr Herz lauter klopfte. Vor der Tür, von der sie nicht wusste, ob sie offen war oder nach der Entdeckung, dass eben diese Tür wirklich offen war.

Vom Inneren der Hütte kannte Leonie bisher nur sehr wenig. Als sie damals auf der Wanderung gewesen waren, hatte er nur kurz aufgeschlossen, um zwei Becher zu holen, die er dann an der Quelle gefüllt hatte.

Sie hatte nur kurz Gelegenheit gehabt, sich in der Hütte um zu schauen. Hätte sie länger herum geschaut, hätte sie sich vermutlich verraten, hatte sie damals gefürchtet.

Sie wartete etwas bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann begann sie ihre Besichtigungstour.
286. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 25.10.14 15:12

Maria und Paul wachsen durch das WE auf der Hütte mehr zusammen. Er Erkennt schon die Geheimen Wünsche seiner Maria.
Sie macht sich Gedanken um die Fesselungen beim Klinikaufenthalt und ob das auch so schön ist wie von Paul gefeselt zu werden. Claudia wird bestimmt Sebastian Anspitzen mit ihr das Gebet auf dem Rücken zu Trainieren um nächstes Jahr wieder zu gewinnen.
So Leonie hats also Problemlos geschafft anzukommen. Jetzt guckt sie sich die Hütte an. Bin gespannt was Passiert wenn die anderen wiederkommen und Leonie Erwischen wie sie zb Kettenfesseln trägt.
Schreibst du auch über den USA Aufenthalt von Maria oder wird das eine Seperate Geschichte Karl?
287. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 26.10.14 05:15

Zitat
Claudia wird bestimmt Sebastian Anspitzen mit ihr das Gebet auf dem Rücken zu Trainieren um nächstes Jahr wieder zu gewinnen.
Gute Idee...
Zitat
Schreibst du auch über den USA Aufenthalt von Maria oder wird das eine Seperate Geschichte Karl?
Das wird der Inhalt von Kapitel 13. Ich bin gerade dabei, die einzelnen Handlungslinien auszuarbeiten.
288. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 29.10.14 23:17

Servus gag_coll

Hab jetz deine Geschichte komplett durchgelesen.Kannte sie schon von Knebelreich herr.Hab sie aber nie ganz gelesen.Das hab ich jetz in den letzten Tagen nachgeholt.War der reinste Marathon.Wie auch immer.Es ist eine super Storie.Ich hab sie regelrecht verschlungen und mich geärgert wenn ich es unterbrechen mußte um was anderes machen zu müssen.Vielen dank für deine Mühe.Wenn ich so die Kommentare hier lese bin ich nicht alleine der so empfindet.Da bin ich glatt beim überlegen ob ich nicht meine andere Geschichte die ich bei Latexdame veröffendliche auch hier Poste.Das einziege Problem ist,meine Teile haben oft einen größeren Zeitabstand zwieschen den veröffendlichungen,sehr zum Leidwesen einiger Leser.Bin ehrlich am überlegen ob ich mir nicht ein Diktirprogramm besorge.(Had jemand mit sowas Erfahrung?)Mal schauen was ich mache.Wenn einige der Leser die die Geschichte kennen,sagen könnten,was ihre Meinung dazu ist,würde ich mich freuen.Aber genug von mir.
Ich freue mich schon auf die näste Fortsetzung.
mfg Wölchen
289. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sieben

geschrieben von gag_coll am 01.11.14 05:24

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sieben
Autor: Karl Kollar

Immer wieder blickte Paul auf seine rechte Hand, in der er Marias linke Hand festhielt. Nur zu deutlich war der Ring der Handschelle zu sehen, die jetzt sein Handgelenk zierte. Von der Schelle führte die kurze Verbindungskette zu Marias Handgelenk, um das die zweite Schelle geschlossen war.

Paul war die ganze Wanderung über dieses ganz unerwartete Ereignis mindestens genau so verblüfft wie er auch verliebt war. Die gemeinsam getragene Handschelle hatte so eine starke Verbindungskraft. Dabei ging alles so schnell. Sebastian hatte jeder Dame geöffnete Handschellen gereicht. Maria hatte sie entgegen genommen und hatte zunächst etwas umständlich damit hantiert, sie um ihr linkes Handgelenk zu schließen.

Paul war etwas irritiert. Normalerweise hatte Maria mit solchen Ketten so überhaupt keine Probleme. Er streckte seine Hand aus, um Maria zu helfen. Doch das war genau das, was Maria eigentlich erreichen wollte. Mit einer sehr schnellen Bewegung hatte sie die zweite Schelle um sein Handgelenk geschlungen und zugedrückt. Dabei sah sie ihn sowohl triumphierend als auch verliebt an. Es war nur eine Schrecksekunde, dann hatte Paul sich wieder unter Kontrolle. Er ergriff Marias Hand und drückte sie zärtlich.


Vor der einzigen schwierigen weil steilen Stelle schlug Sebastian eine kurze Pause vor. Er regte an, dass die Knebelträgerinnen sich bis nach dem Aufstieg von dem Ball in ihrem Mund befreien lassen sollten.

Als Paul sich daraufhin sie zu Maria drehte, hing ihr Ball schon um ihren Hals. Als sie sein empörtes Gesicht sah, war sie ein wenig verlegen. »Claudia hatte den Riemen nicht richtig geschlossen. Und dann kann ich den Ball mit der Zunge raus drücken.«

Erst als Paul lachte, entspannte sich Marias Miene ebenfalls. »Außerdem mache ich das auch ständig bei meinem Sprachtraining.«


Als sich die beiden Hand in Hand nebeneinander setzten, lächelte Anna, die hinter Maria gegangen war. »Unsere frisch Verliebten.« Sie blickte das Paar. »Ihr könnt wohl gar nicht von einander lassen.«

Fast gleichzeitig hoben Paul und Maria ihre zusammen geketteten Arme und strahlten.

»Wir können gar nicht anders«, lächelte Paul, dann gab er Maria einen Kuss. Dass sie ihn eigentlich überrumpelt hatte, behielt er für sich. Denn es fühlte sich toll an, so aneinander gekettet zu sein.


Sebastian hielt eine Feldflasche in der Hand und reichte sie Maria. »Nur einen großen Schluck, dann reicht es für alle. Beim Picknickplatz gibt es dann mehr, dort sind wir in der Nähe der Quelle.«

Maria nahm die Flasche mit ihrer rechten Hand und genoss ihre Portion Wasser, dann reichte sie die Flasche ihrem Freund.

Paul wollte die Flasche ebenfalls an seinen Mund führen, stellte aber fest, dass er damit Marias Hand ebenfalls hochziehen musste.

Sebastian sah dieses und lächelte. »Der Schlüssel passt auch für die Handschellen. Dabei griff er an seine Halskette und zeigte den Schlüssel.

Paul nahm seinen Schluck, dann reichte er die Flasche an Sebastian zurück. Sofort danach griff er an seinen Hals und holte den Schlüssel hervor.

Maria sah diese Bewegung und zeigte ein wenig Enttäuschung. »Bitte lass es doch so.«

Doch Paul konnte die Sorgen seiner Freundin zerstreuen. »Ich wollte nur nach schauen, ob er noch da ist.« Er blickte ihr tief in die Augen. »Jetzt bin ich dein Gefangener.«

Maria antwortete ihm mit einem langen Kuss.


Nachdem jeder getrunken hatte, bat Sebastian wieder um den Aufbruch. »Jetzt kommen wir zur einzigen Stelle, wo wir etwas aufpassen müssen.« Er bat Fritz und Eberhard, Christine hoch zu tragen, und Franz sollte es absichern. Die anderen Herren forderte er auf, den Damen zu helfen.

Es waren nur vier Höhenmeter, aber es reichte, dass fast alle danach erst einmal ein wenig am Keuchen waren.

»Sollen wir die Knebel wieder anlegen?« fragte Claudia, als sie bemerkte, dass genau dies noch nicht abgesprochen war.

»Es sind nur noch 200 Meter bis zum Picknickplatz.« Sebastian überlegte laut. »Wenn ihr wollt, gern.«


Dass Maria den Ball schon wieder im Mund hatte, als Paul sich zu ihr umdrehte, überraschte ihn nicht wirklich. Er lächelte. »Aber jetzt ziehe ich den Riemen fester an.«

»Versuchs doch.« Maria hatte gewisses Leuchten in den Augen, als sich ihre Lippen wieder um den Ball schlossen.

Erst als Paul seine rechte Hand hoch heben wollte, erinnerte er sich wieder an die Handschelle und als er zog, bemerkte er, dass Maria ihm eine gewisse Kraft entgegen setzte. Sicher wäre er stärker als seine Freundin gewesen, doch er wollte auch kein Spielverderber sein. »Jetzt bin ich ja dein Gefangener.« Er lächelte, dann suchten seine Lippen den Ball in ihrem Mund und seine Zunge liebkoste abwechselnd ihre Lippen und ihren Ball.

Maria stöhnte leise. Ihre Zunge kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen den so unbarmherzig den Weg versperrenden Ball. Sie atmete heftig.

»Jetzt kommt, Leute.« Sebastians Stimme riss das Paar unsanft auseinander. »Wir haben Hunger.« Er stand vor Maria und hielt das Seil in der Hand, welches die Damen jetzt wieder aneinander binden sollte.

* * *

Das letzte Stück des Weges führte sie über eine kleine Anhöhe und kaum hatten sie diese überquert und konnten auf den Picknickplatz blicken, als Christine plötzlich zu Boden sank und mit dem Seil um ihre Taille auch Claudia mit zu Boden riss.

Sofort hatten sich die Männer um Christine gescharrt und Fritz kniete neben ihr. Doch seine Miene hatte sich schon wieder entspannt.

Sebastian bat die Herren, die Damen aus dem Seil zu lassen.


Claudia war wieder aufgestanden und als sie auch einen Blick auf den Picknickplatz geworfen hatte, wurde sie sehr ärgerlich. »Warum habt ihr Idioten die Gruben nicht abgedeckt? Ihr könnt sie doch nicht jetzt schon damit konfrontieren.« Sie blickte kurz zu Paul und Maria, die noch gar nicht erkannt hatten, was der eigentliche Grund für Claudias Verärgerung war.

»Kommt, wir gehen Wasser holen.« Sie befreite sich von ihrem Seil, dann schnappte sie sich die zwei leeren Kanister, die Franz getragen hatte und bat Paul und Maria, mit ihr zu kommen. »Ich muss hier weg.«

Scheinbar hatte sie sich über einen Fehler ihrer Männer geärgert, doch tatsächlich konnte sie sich mit dem geplanten Vorhaben von Christine so überhaupt nicht anfreunden. Im Gegenteil, sie fand es mehr als abstoßend. Und deswegen ging sie lieber Wasser holen, als es mit ansehen zu müssen.

* * *

Sebastian und Fritz hatten Christine in ihre Mitte genommen und standen jetzt vor den beiden Gruben. Sie hatten schon eine gewisse Ähnlichkeit mit Gräbern, nur dass hier die Erde nur ungefähr einen halben Meter ausgeschachtet war.

Die eine Grube war leer, in der anderen stand eine aus rohem Holz gezimmerte Kiste. Der Deckel der Kiste stand offen und zeigte neben einem eisernen Kopfgeschirr auch Schellen zur Fixierung von Armen und Beinen sowie einem breiten Taillenring. Der Zweck der Kiste war mehr als eindeutig.

Christines heftiger Atem war deutlich zu hören, es war fast ein Schnauben. Sie hatte sich das nun Folgende schon seit langem gewünscht.

Sebastian hatte seinen Rucksack abgesetzt und nahm den Schreibblock heraus, der griffbereit in einer der äußeren Taschen steckte.

Er reichte ihn Christine. »Bitte schreibe noch einmal auf, was jetzt passieren soll.« Er half Christine beim hinsetzen, platzierte den Rucksack vor ihr und legte den Block darauf. Zum Schluss reichte er ihr einen Stift.

Christine begann sofort zu schreiben. Sie bemerkte überhaupt nicht, dass Margarete vor der anderen Grube kniete und mit zitternden Händen das Innere der Kiste begutachtete. Sie hatte diese Kiste in den Jahren zuvor immer schon bewundert, weil sie so martialisch aussah. Sie hatte auch schon mehrmals darin probe gelegen. Doch den Mut, sich damit so richtig eingraben zu lassen, hatte sie bisher nie aufgebracht. Jetzt sollte es endlich passieren.

Sie stand wieder auf und reichte Eberhard ihre Hand. Gemeinsam blickten sie Sebastian gespannt an. »Wir haben das lange diskutiert, jetzt soll es endlich passieren.« Sie gab ihrem Mann einen Kuss. »Außerdem möchte ich nicht bei dem Rennen mitmachen, das ist mir zu albern.«

Sebastian zeigte auf die Spaten, die er schon aus dem kleinen versteckten Materialschrank in der Nähe der Quelle geholt hatte.

»Aber ich möchte auch so richtig festgeschraubt werden.« Margarete begann leicht zu zittern.

Sebastian zeigte die drei Schraubenzieher, die er ebenfalls bereit gelegt hatte.


Christine reicht Sebastian den Block. Sie hat fast eine ganze Seite in kleiner Schrift geschrieben. Sie erwähnte nicht nur das Eingraben, sondern auch die Überwachung mit dem umgebauten Babyphon, Fritz kleine Vibrator-Quälereien und wie sie sich im Notfall bemerkbar machen sollte. Sie hatte alles ganz im Detail beschrieben. Sie wollte zunächst die Arme längs am Körper gefesselt bekommen und die Beine ebenfalls zusammen gebunden. Dann würde sie in der Grube liegen und würde dann so nach und nach von den Füßen zum Kopf mit Erde bedeckt werden.

Ursprünglich wollte sie auch noch, dass die Erde fest geklopft werden sollte. Doch Sebastian konnte sie überzeugen, dass dies im Falle eines Notfalls ihre Befreiung verzögern würde. »Außerdem ist es ohnehin schwere Erde da oben«, hatte er damals bei einer der Vorbesprechungen angemerkt.

* * *

Es war nur ein kurzer Weg bis zur Quelle. Schon bald konnten Paul und Maria das Wasser plätschern hören.

Claudia hatte bisher geschwiegen. Erst als sie die Quelle erreichten, brach sie ihr Schweigen und bat Paul zunächst, ihr die Handschellen zu öffnen. Obwohl es sicher nicht nötig gewesen wäre, fügte sie eine Begründung hinzu. »Ich werde das Wasser in die Kanister füllen, und dafür brauche ich meine Hände frei.«

Paul kam der Bitte nach und erst als er Marias Hand neben seiner baumeln sah, blickte er kurz zwischen den beiden Frauen hin und her.

»Ich brauche jetzt erst einmal eine Pause.« Claudia seufzte. »Und ich will auch nicht dabei sein, wenn ´es´ passiert.«

Erst als sie die verwunderten Gesichter des Paares sah, spürte sie, dass sie ihnen eine Erklärung schuldig war. Doch zuvor signalisierte sie dem Paar, dass Paul seine Handschellen ebenfalls öffnen sollte.

»Christines Wunsch ist...«, Sie sprach langsam und es schien, als würde sie um jedes Wort kämpfen, »Sie möchte ...« Wieder zögerte Claudia. »Sie möchte vollständig in der Erde eingegraben werden.«

Paul und Maria fassten sich an den Händen.

»Wir diskutieren schon mindestens ein halbes Jahr darüber, und jetzt gerade passiert es.« Claudias Stimme zeigte ihre aufgewühlten Gefühle.

Jetzt waren dem Paar ebenfalls die Ereignisse von eben erklärbar. Christine war beim Anblick der Gruben kurz ohnmächtig geworden. Paul äußerte dies als seinen Verdacht.

»Genau«, Claudia war etwas erleichtert, weil sie es ausgesprochen hatte. »Ich war so verärgert, weil die Männer die Gruben nicht abgedeckt hatten. So hatten wir das nämlich ausgemacht.«

»Und wofür ist die zweite Grube?« Marias zitternde Stimme zeigte, dass sie den Sachverhalt zwar begriffen hatte, aber noch lange nicht in der Lage war, sich eine Meinung darüber zu bilden.

»Margarete möchte in der Kiste fixiert werden.« Claudia seufzte. »Ich weiß nicht...« Sie schaffte es nicht, ihre Gedanken einiger maßen harmlos zu formulieren. Denn in Wirklichkeit hatte sie vor dem Gedanken, lebendig begraben zu werden, Todesangst. »Das Picknick wird dann direkt neben den beiden Gruben stattfinden, damit wir schnell eingreifen können.« Sie versuchte, ihre Ängste beiseite zu lassen und stattdessen so etwas wie Professionalität zu zeigen. »Wir haben das im Vorfeld sogar mit Puppen geübt.«

Durch den Gedanken daran konnte sie ihre schwarzen Gedanken etwas vertreiben. »Es dauert nicht einmal eine Minute, bis der Kopf dann wieder frei ist. Das war übrigens auch die Bedingung von Margarete für Christine.« Doch dann musste sie wieder an die Vorbesprechungen denken, als Margarete geschildert hatte, was ihr wichtig war. Sie wollte es unbedingt erleben, wie die Erde langsam auf das Holz prasseln würde und sie hatte auch extra um kleine Schaufeln gebeten, damit es möglichst lange dauern würde.

Sie beschrieb, wie Sebastian, Leonhard, Fritz und Eberhard bei ihnen daheim im Gemüsegarten sogar geübt hatten. »So gründlich wurde meine kleines Gärtchen noch nie umgegraben.«

Über diese etwas humoristische Wendung war Maria erleichtert. »Verschlaucht ist sie ja sowieso«, sprach sie mehr zu sich selbst.

Claudia war froh, alles erklärt zu haben. »Jetzt lasst uns die Kanister füllen. Die anderen werden schon sehnsüchtig auf das Wasser warten.« Dass sie vom Eingraben durstig sein würden, verdrängte sie dabei.

* * *

Die Kanister waren gefüllt und verschlossen. Claudia wischte sich die Hände trocken, griff dann an ihren Hals und schnallte sich den Ballknebel ab. Sie reichte ihn Paul und bat ihn, ihr den Knebel anzulegen. »Ich bin dann etwas abgelenkt.« Dann blickte sie fragend zu Maria. Sie bat sie um Erlaubnis, dass Paul sie knebeln dürfte. So sahen es die inoffiziellen Regeln zumindest vor.

Doch Maria kannte diese Regeln nicht und verstand den fragenden Blick deswegen anders. Sie musste nicht lange überlegen, dann bat sie Paul darum, ebenfalls geknebelt zu werden.

Paul und Maria tauschten kurz Blicke aus und erst, als Maria ihm aufmuntert zunickte, kam er Claudias Bitte nach. Seine Hände zitterten dabei ein wenig. Es lag dabei weniger an dem Knebel, sondern daran, dass es eben nicht Maria war, der er den Knebel anlegte. Als er gleich darauf auch Maria den Mund mit dem Ball füllte, waren seine Hände ruhig wie immer.

Sie hatten schon vorher abgesprochen, wie sie die zwei Kanister tragen wollten. Paul stellte sich zwischen die zwei Kanister und griff mit beiden Händen an je einen Kanister, während Maria und Claudia so jeweils die Last eines halben Kanisters tragen würden.

* * *

Je näher sie dem Picknickplatz kamen, desto nervöser wurde Claudia. Sie setzen die Kanister noch zwei Mal ab, um eine kurze Rast zu machen. Den wahren Grund dafür erkannten Paul und Maria sofort. Claudia wollte sicher sein, dass die ganze Aktion von Christine und Margarete vorbei war, wenn sie beim Picknickplatz eintreffen würden.

Als sie mit dem Wasser von der Quelle zurück kamen, wurden sie schon sehnsüchtig erwartet. Und zu Claudias Erleichterung war von den beiden Gruben nichts mehr zu sehen. Nur der Erdhügel war jetzt etwas kleiner. An einer Stelle steckte ein Stock in der Erde und daran hing ein weißer Beutel.

Maria erkannte sofort, dass es der gleiche Beutel war, wie sie ihn schon am Morgen bei Christines Frühstück gesehen hatte. So langsam begann sie zu erkennen, welchen Umfang Christines so außergewöhnliches Abenteuer hatte. Fritz saß neben der Grube, hatte Kopfhörer auf und hielt in den Händen eine Art Fernbedienung, auf der er gelegentlich herum spielte. Er machte einen konzentrierten, aber auch entspannten Eindruck.


Der Picknickplatz war so gewählt, dass sich in der Nähe einige Bäume und Sträucher befanden, die zu dieser Zeit etwas Schatten spendeten.

»Möchtet ihr lieber in der Sonne oder im Schatten sitzen?« Sebastian zeigte ihnen dass, sie schon einen ?Tisch? in der Sonne hätten und einen im Schatten. Das Wort ?Tisch? hatte er dabei seltsam betont.

Claudia entschied sich sofort für den Sonnentisch, während Paul und Maria sich lieber im Schatten kuscheln wollten.

»Dann darf ich die Tische bitten, sich an ihre Plätze zu begeben.«

Erst jetzt fiel es Paul auf, dass Anna, Ella und Amelie vor dem Bauch so etwas wie ein Brett trugen, ungefähr in der Größe eines Wahlplakats. An den vier Ecken der Bretter hingen Schnüre herunter eben so an den Ledermanschetten, die sie an Hand- und Fußgelenken trugen. Nach Sebastians Aufforderung legten sie sich an die von ihm angezeigten Plätze und streckten Arme und Beine von sich.

Anna und Ella strahlten dabei, nur Amelie blickte etwas missmutig. Leonhard hatte ihr den Monohandschuh verweigert und sie stattdessen zum Tisch degradiert. Dafür war immerhin einer der zwei Strafpunkte gestrichen worden.


Kaum hatten sie die Damen ins Gras gelegt, als die Männer auch schon begannen, die ausgestreckten Arme und Beine mit den Schnüren an dicken Zeltheringen im Grasboden zu fixieren. Dabei spannten sie mit den Schnüren sowohl die Gliedmaßen der Damen wie auch die auf ihren Leibern liegenden Bretter. Ella strahlte, als sie die Hammerschläge auf die Heringe hörte und spürte. »Das ist fast so schön wie das Festnageln.«

Sebastian stellte auf jedes der drei Bretter einen Becher, der halb voll mit Wasser gefüllt war. »Das könnt ihr als Wasserwaage benutzen.«

Erst jetzt erkannten Paul und Maria den Sinn der an den Brettern befestigten Schüre. Damit wurde die Bretter stabilisiert und konnten so als Tische für das Picknick dienen.

»Leonhard und ich gehen dann die Getränke holen. Wir haben sie letztens schon kalt gestellt« Er wartete, bis sein Bruder mit dem Tisch fertig war. »Es ist für jeden eine Flasche vorgesehen, also genießt es.« Er erwähnte noch, dass Claudia mit den anderen dann die Tische decken könne. Wieder grinste er bei dem Wort ´Tische´.

Claudia ging zielstrebig an einen der Rucksäcke und packte ihn aus. Sie reichte Maria einen kleinen rot karierten Stapel. »Dies sind die Tischdecken.«

* * *

»Oh das habt ihr aber ganz liebevoll gemacht.« lobte Sebastian die Gesellschaft, als er mit den Getränken zurück kam. »Wir wussten nicht, was ihr trinken würdet.« Er reichte Paul und Maria eine Flasche Bier und eine Limo.

Maria griff sofort zu. »Wir machen uns Radler.« Es war ihr anzusehen, dass sie sich in dieser außergewöhnlichen Gesellschaft sehr wohl fühlte.

Als er die Getränke verteilt hatte, ging Sebastian noch einmal zu seinem Rucksack und holte eine Halsgeige heraus.

Als Claudia dies sah, seufzte sie und hob ihre Hände in die erforderliche Position.

Ebenso hatte Peter eine Bolerozwangsjacke für seine Frau geholt, die sie sich mit leuchtenden Augen anlegen ließ.

Maria blickte Paul erwartungsvoll an. Doch Paul konnte nur mit den Schultern zucken.

Sebastian wurde auf einmal verlegen. »ich glaube, das war mein Fehler.« Er hatte vergessen zu erwähnen, dass die Damen während des Picknicks Fesselutensilien tragen würden und dass die Herren diese mitnehmen sollten.

Auf einmal begann Anna zu lachen. »Maria, du sieht genauso aus wie Leonie, wenn sie erkennt, dass sie mal wieder zu kurz kommt.« Als sie die Frage in Marias Gesicht sah, erklärte sie weiter. »Leonie ist meine jüngere Tochter und mindestens genauso fesselverrückt wie Christine.« Sie beschrieb, dass Leonie noch keinen Freund gefunden hatte. »Insbesondere keinen, dem sie sich so sehr anvertrauen würde.«

Anna schwieg kurz, dann fuhr sie fort. »Sie war so traurig, dass sie wieder nicht mitfahren durfte. Ich hoffe, sie macht keinen Unsinn.«

Sebastian hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Du weiß genau, warum ich nur Paare zulasse.«

Anna seufzte. »Aber Fritz könnte doch...« Doch dann ließ sie ihren Kopf sinken und sprach nicht weiter. Von seinen Prinzipien wich Sebastian nur äußerst selten ab.

»Ihr könnt euch ja gegenseitig füttern.« Claudia versuchte ein wenig in der Halsgeige zu gestikulieren.

Maria und Paul blickten sich verblüfft an. »Ja, das machen wir.«

»Was hast du daraus gelernt?« Leonhard grinste Paul an. »In Begleitung einer Bondagette sollte der Herr auf alles vorbereitet sein und vor allem immer etwas zum Fesseln dabei haben.«

Maria und Paul küssten sich.
290. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 01.11.14 07:18

Danke.

Paul macht sich langsam frei.
Allerdings wäre das "Begräbnis" auch nicht mein Ding.
291. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Acht

geschrieben von gag_coll am 06.11.14 18:29

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Acht
Autor: Karl Kollar

Leonie war zunächst sehr aufgeregt, als sie die Hütte betreten hatte. Überall waren Spuren der aufregenden Spiele zu sehen. Dort lagen Seilbündel herum, diese tollen Schubladen standen offen und hier und da lag ein Knebel herum.

Doch je länger Leonie stöberte, desto trauriger wurde sie. Sie musste schnell erkennen, dass sie so in der Hütte auch wieder nur träumen konnte. Und das hatte sie sich eigentlich ganz anders ausgemalt. Sie musste etwas tun. Sie wollte es nicht nur sehen, sie wollte es auch spüren.

In dem einen der Viererzimmer hatte sie ihn gesehen: Einen weißen Lackcatsuit. Sie vermutete zumindest, dass es Lack war, denn es fühlte sich wahnsinnig aufregend an.

Vorhin hatte sie ihn nur an ihre Haut gedrückt und darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wenn sie ihn als einziges Kleidungsstück tragen und ihn überall spüren würde.

Jetzt wusste sie, was sie tun würde. Blitzschnell hatte sie sich die wenigen Fetzen, die sie noch trug, vom Körper gerissen, dann griff sie zum Catsuit und schlüpfte hinein. Vor Spannung wagte sie nicht einmal zu atmen. Erst als sie den Reißverschluss langsam zugezogen hatte, begann sie zu keuchen. Sie ließ sich auf das Bett fallen und ihre Hände gingen auf Wanderschaft.

Der rote Ball, der auf dem Stuhl zwischen den vielen Lederriemen durchschimmerte, hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie richtete sich wieder auf und ihre Hand fasste sehr aufgeregt in den Lederhaufen. Sie erkannte schnell, dass es ein Kopfgeschirr der etwas strengeren Sorte war. Aufgeregt begann sie die Riemen zu ordnen, dann öffnete sie ihren Mund, um den Ball aufzunehmen.

* * *

Immer wieder hatte Maria auf den Beutel an dem Stock geblickt. Anfangs war er noch ganz weiß gewesen, doch jetzt zeigte nur ein kleiner Rest, dass auch Christine ihre Mahlzeit beendet hatte.

Natürlich wusste sie, das hier nur lang gehegte Träume in Erfüllung gingen, aber trotzdem hatte sie immer noch Schwierigkeiten, sich in dieser außergewöhnlichen Umgebung wirklich fallen zu lassen. Zumal sie diesmal als einzige der Frauen nicht irgendwie eingeschränkt war.

Natürlich hatte sie schon genügend Vertrauen um zu wissen, dass hier alles auf freiwilliger Basis stattfand, trotzdem waren ihr die Wünsche der anderen Damen doch fast zu extrem. Oder um es anders zu sagen, es zeigte ihr eine mögliche Zukunft, die sie sicher nicht haben wollte.

Doch dann besann sie sich. Die Maßnahmen, die sie bisher so oft in der Klinik hatte erleiden müssen, waren doch nicht weniger grausam. Wo war der Unterschied, ob sie hier im Boden vergraben wurde oder tagelang in einer eisernen Lunge eingesperrt war?

»Ich möchte nicht unhöflich sein«, unterbrach Claudia ihre Gedanken. »Aber wenn wir das mit deinem Hogtie noch machen wollte, dann wäre das jetzt der geeignete Zeitpunkt.«

Maria stupse Paul an. »Wir hätten ja doch Fesseln dabei gehabt. An meinen eigenen Rucksack habe ich gar nicht mehr gedacht.« Sie grinste zunächst, dann griff sie zu ihrem Rucksack und packte die Seilbündel und das Kopfgeschirr aus. Sie wollte sich letzteres schon anlegen, als sie von Sebastian gebremst wurde. »Warte bitte, beim ersten Mal wäre es gut, wenn du noch frei antworten kannst.«

Sebastian griff sich eines der Seilbündel. »Wenn du erlaubst, würde ich das gern für einen kleinen Vortrag benutzen.« Er deutete an, dass es bei einem Hogtie ein paar Sachen zu beachten gäbe. »Zum Genießen lassen wir euch dann allein.«

Maria und Paul blickten sich kurz an, dann waren sie einverstanden.

»Gut, dann lege bitte einmal deine Arme auf den Rücken.«

Maria kam der Bitte nach und machte es so, wie sie es vom Anlegen des Handschuhs gewöhnt war. Ihre Arme berührten sich dabei bis zu den Ellenbogen.

Ein Raunen ging durch die Zuschauer, nur Sebastian gab sich unbeeindruckt. »Naja, wer jeden Tag für zwei bis drei Stunden einen Monohandschuh trägt, von dem erwarte ich auch nichts anderes.« Nur indirekt schimmerte in seinen Worten dann doch etwas Bewunderung durch.

»Warum?« Claudia stellte die Frage, die alle bewegte. »Warum tust du dir so etwas an?«

Maria spürte, dass Paul schon begonnen hatte, ihre Hände aneinander zu binden. Sie lächelte etwas, denn den Knoten hatten sie ja schon ausführlich geübt. Sie war sich unsicher, wie viel sie erzählen durfte.

Sebastian nahm ihr die Entscheidung ab. »Sie hilft ihrer Mutter bei einem außergewöhnlichem Projekt.« Er zeigte Paul und den anderen, wie die Seile um den Oberkörper laufen mussten, um danach die Oberarmfesselung festzuhalten.

»Und für das Historienspiel braucht sie das auch.« Er berichtete von dem Monohandschuhlehrer, den er extra deswegen besucht hatte und der sich sehr positiv über Maria geäußert hätte.

»Jetzt bitte das Schrittseil.« Sebastian reichte Paul das nächste Seilbündel. »Stell dir bitte gleich vor, Maria würde den Gürtel nicht tragen.«

»Das Schrittseil ist besonders wichtig.« Claudia lachte. »Wenn es dann an der richtigen Stelle noch einen Knoten gibt, dass kann mich das in den Wahnsinn treiben.« Sie ließen Paul und Maria etwas Zeit, um über die Worte nachzudenken.

Erst als sie in den Gesichtern des Paares erkannten, dass sie wussten, wo genau der Knoten sitzen musste, fuhr Sebastian fort.

Pauls Hände zitterten nur sehr wenig. Er wusste im nach hinein nicht einmal, ob er sich Marias Stöhnen nur eingebildet hatte oder ob sie wirklich gestöhnt hatte. Immerhin waren seine Berührungen an ihrem Schenkelinnenseiten nicht zu vermeiden.

Sebastian schaute auf die verbleibenden Seilbündel. »Nachdem jetzt nur noch zwei Seil übrig sind, sollten wir auf die Fesselung oberhalb und unterhalb der Knie verzichten.« Er bat Paul, Maria Stiefel genauso zusammen zu binden, wie er das schon bei den Händen gemacht hatte.

»Dass du die Stiefel so einfach tragen kannst, ist toll.« Amelie war immer noch sehr neidisch.

Maria lächelte.

»Es gibt eine ganz gemeine Variante des Hogties, dort ist das Kopfgeschirr über die Fußfesselung an das Schrittseil gebunden.« Claudia hatte ein gewisses Schwärmen in ihrer Stimme. Doch eine Frage stellte sie nicht.

Auch Paul hielt sich zurück, er wollte Maria in diesem Punkt nicht bedrängen. Er überließ ihr die Entscheidung.

Maria interpretierte seine Zurückhaltung richtig. »Lass es dir zeigen.« Sie lächelte Paul an und blickte dann zum Kopfgeschirr, welches neben dem Rucksack lag.

Zu seinem eigenen Erstaunen fiel es Paul leicht, Maria sowohl das Kopfgeschirr anzulegen als auch das Schrittseil daran zu befestigen. Und als Claudia damit zufrieden war, ermutigte sie ihn, Maria jetzt ein wenig zu verwöhnen.

* * *

Nachdem der Orgasmus in Marias Körper abgeklungen war, blickte sie Paul verliebt an. »Ich glaube, das Schrittseil brauche ich gar nicht.« Insgeheim hatte sie ein wenig Angst davor, was dieses Seil mit ihr machen würde.

»Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dir das beim nächsten Mal erspare.« Paul hatte zwar vor diesem Moment mindestens genauso viel Angst, doch er hatte mittlerweile begriffen, was für Maria wichtig war. Dann begann er langsam, Maria von den Seilen zu befreien.


Gleich nachdem der letzte Knoten gelöst war, befreite Maria sich von dem Kopfgeschirr, fiel über Paul her und drückte ihn zu Boden. Sie küsste ihn lange und ausgiebig. »Ich möchte immer von dir gefesselt werden.« Nach dem nächsten Kuss fügte sie ein »Nein, gefesselt sein« hinzu.

Paul lächelte, als er den Inhalt dieser kleinen Korrektur erkannte. »Ich liebe dich auch.«

Nach einiger Zeit begannen die beiden Verliebten, auch wieder ihre Umwelt wahrzunehmen. »Ich glaube, die anderen warten schon auf uns.« Maria seufzte.

Paul folgte ihrem Blick und sah, dass die anderen in der Nähe des Picknicks so etwas wie eine kleine Rennstrecke aufgebaut hatten.


Das Wort ?Bitchsuit-Rennen? war zwar schon mehrmals gefallen, doch weder Paul noch Maria konnten sich darunter etwas vorstellen. Insgeheim ahnten sie aber, dass es etwas mit einer bestimmten Fesselung zu tun haben würde.

»Wir müssen noch aufräumen.« Paul blickte sich um. Sie saßen in einem Gewühl von weißen Seilen. Und der rote Ball des Knebels leuchtete aus dem grünen Gras.

Gegen Ende des Knotenworkshops hatte Sebastian ihnen auch noch gezeigt, wie man die Seile am besten aufwickeln sollte, damit es bei der nächsten Session nicht zu unnötigen langen Wartezeiten kommen würde. Und mit ihrem neuen Wissen war der Platz im Nu wieder sauber. Nur das flach gedrückte Gras ließ ein wenig erahnen, was sich hier gerade ereignet hatte.

* * *

»Ich wollte dich ja eigentlich tadeln, weil du ohne Hilfe auf den Stiefeln unterwegs warst.« Sebastians Stimme war etwas belustigt. »Aber wenn man dir so zuschaut, könnte man meinen du wärst nie auf anderen Schuhen gegangen.«

Amelie stand neben ihrem Schwager und auch sie kam nicht umhin, ihre Begeisterung zu äußern.

Maria gab sich bescheiden. »Schwierig wird es erst, wenn ich meinen Handschuh dazu trage.« Natürlich wäre es mit dem strengen Halskorsett noch schwieriger gewesen, doch dieses Abenteuer wollte sie lieber für sich behalten.

»Ich bin ja von deinem weißen Handschuh so fasziniert.« Amelie schwärmte. »Der strahlt so eine Unschuld aus.«

Maria lächelte. Sie hatte ihr Handschuhtraining bisher nur als eine lästige Pflicht betrachtet, erst mit Paul begann es ihr zu gefallen. Doch hier in der Umgebung dieser »Profis« begann sie zu realisieren, was sie wirklich konnte und dass sie darauf auch stolz sein durfte.

»Jetzt kommt, wir wollen starten.« Wieder war Claudia sehr ungeduldig.

* * *

So nach und nach war bei Leonie die Erregung wieder einer Ernüchterung gewichen. Sie hatte zwar schon vieles in der Hütte ausprobiert, aber es war wie bisher auch. Wenn sie allein »spielte«, fehlte der richtige Kick.

Sie hatte selten den Mut, den »Point of no Return« zu überschreiten. Daheim wäre sie den Launen ihrer Schwester oder dem Mitleid ihrer Mutter ausgesetzt und hier würde sich sich dann selbst gefangen haben und sie wusste nicht, wann ´sie´ zurück kommen würden. Auch die Sabberpuren auf ihrem Catsuit konnten sie nicht trösten. Das Sabbern war eigentlich erst dann demütigend, wenn es jemand sehen konnte.

Sie hatte eigentlich schon alles ausprobiert, soweit wie sie es sich zutraute. Nur um diese lächerliche Mumie mit der Bauernmalerei hatte sie bisher einen Bogen gemacht. Doch mittlerweile war sie sich sicher, dass auch diese nicht nur zur Dekoration hier stand. Sie hatte kein Problem, die Riegel zum Öffnen der Mumie zu finden.

Kaum hatte sie die beiden Flügel geöffnet, wollte sie einen triumphierenden Pfiff von sich geben. Doch der Ball in ihrem Mund reduzierte es auf einen starken Luftstrom.

Die vielen Lederriemen ließen keine Zweifel an dem wahren Zweck dieses so außergewöhnlichen Dekorationsstücks. Mit klopfendem Herzen stellte sich Leonie in die Mumie und versuchte die Türen zu sich heran zu ziehen. Ja, so müsste es wohl sein, wenn sie hier festgeschnallt wäre und die Türen sich dann langsam, aber unerbittlich schließen würden. Zugegeben, es war spannend, hier die ganzen Möglichkeiten zu entdecken, doch stets blieb eine ganz gewisse Sehnsucht in Leonie zurück.

Die Schublade unter dem Sofa mit der eindeutigen Polsterform hatte sie schon mehrmals untersucht, und ihr Verlangen wurde immer stärker. Schließlich waren ihre Neugier und ihre Lust stärker.

Sie blickte noch einmal in den großen Spiegel. Natürlich war es sehr seltsam, auf einer Berghütte einen Ganzkörperspiegel vorzufinden. Doch vermutlich hatte Sebastian ihn angebracht, damit sich die Bondagetten in ihren Fesselungen auch bewundern konnten. Und genau das tat Leonie jetzt auch.

Der weiße Catsuit aus Lack glänzte sehr verführerisch und zeigte jedes Detail ihres Körpers. Das blaue Halskorsett aus Leder hielt ihren Kopf aufrecht und ihre Lippen umschlossen den roten Ball in ihrem Mund. Mit ihrer Hand zeichnete sie die Riemen nach, die den Ball in ihrem Mund festhielten und die zumindest ihrem Gefühl nach überall auf ihrem Kopf waren.

Dass die Schubladen zum Lüften offen standen, wusste Leonie nicht, aber sie sah, dass alle Riemen, die offensichtlich zum zusätzlichen Festschnallen der Insassin gedacht waren, sorgfältig ausgebreitet waren. Es kam ihr so vor, als würde die Schublade sie rufen. »Komm, kleine Leonie, mache es dir bequem!«

Und als wollten die Lederriemen sie herbei winken. » Wir warten auf dich und wollen dich behüten und beschützen.« Die Rufe wurden immer lauter... Und Leonie tat sich schwer, dem Rufen zu widerstehen.


Seufzend ließ Leonie ihre Hände sinken und blickte wieder zu den Schubladen. Wenn sie sich dort hinein legen würde, dann ... Sie wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu denken, doch der Wunsch wurde immer stärker.

Schließlich wurde der Druck zu groß. Leonie schlich sich noch einmal vor den Spiegel und genoss ihr Ebenbild in weißem Lack. Sie streichelte sich überall und blickte dabei mit sehr viel Sehnsucht auf die Schublade. Fast unbewusst verabschiedete sie sich von ihrem Spiegelbild und schritt langsam auf das Gefängnis zu, welches gleich von ihr Besitz ergreifen würde.

Ehrfurchtsvoll kniete sie sich vor die Schublade und ließ ihre Hand über das Schaugummi streicheln. Hier würde ihr Kopf liegen, in den beiden langen Röhren würde ihre Arme liegen und dann, sie fasste an die Stelle wo sich ihr Lustzentrum befinden würde, würde die Schublade sie gefangen nehmen. Sie stöhnte vor sich hin und Speichel lief heftiger als bisher aus ihrem Mund am Ballknebel vorbei.

Schließlich hielt sie es vor Spannung nicht mehr aus. Sie setzte sich auf die Schublade und legte zunächst die Beine an ihren vorgesehenen Platz.

Sie schien die Lade irgendwie aus einer Rasterung gelöst zu haben, denn jetzt drohte sie sich von selbst zu schließen. Leonie nahm ihre rechte Hand und zu ihrer Erleichterung war es leicht, das Schließen der Lade aufzuhalten. Sie wollte es sich in der Lade gemütlich machen, bevor die Dunkelheit sie übermannen würde.

Sie legte ihren Kopf in die Schaumgummimulde und auch ihr linker Arm fand seinen vorgesehenen Platz.

Atemlos befahl sie ihrem rechten Arm, sich auch seinen Platz zu suchen.

Fast unmerklich begann die Schublade sich zu schließen. Langsam wurde es dunkel und Leonies Atem ging heftig. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie sich jetzt ihren Knebel nicht mehr abnehmen konnte. Ihre Arme konnte ihr selbst gewähltes Gefängnis nicht mehr verlassen.

Das deutlich hörbare ´Klick´ des Schubladenriegels hätte sie alarmieren müssen. Doch stattdessen jagte ein gewaltiger Orgasmus durch ihren Körper und ließ ihn erschaudern .

* * *

Jetzt wo Paul und Maria die Veränderung der Damen gesehen hatten, erkannten sie, dass es die Haltung war, die sie schon am Abend zuvor bei Petra gesehen hatten.

Sebastian trat zu Maria und reichte ihr die Arm- und Beintaschen, die die anderen Damen schon trugen.

Als Paul das verräterische Funkeln in Marias Augen sah, wusste er, dass weitere Fragen nicht nötig waren. Während Sebastian kurz erläuterte, wie die Taschen anzulegen waren, hatte Maria sich schon in die passende Position gebracht und Paul hatte keine Probleme, Maria die »Renn-Uniform« anzulegen.

»Für unsere Neuen möchte ich noch einmal die Regeln erläutern.« Leonhard stand an einer im Rasen angedeuteten Linie. »Die Sportlerinnen stellen sich hier an der Linie auf und warten auf den Startschuss. Das Ziel ist dort drüben in ungefähr Dreißig Meter Entfernung.« Er zeigte auf die zweite Linie. Die Herren sollen nur eingreifen, wenn die Teilnehmerin um fällt oder grob vom Weg abkommt. Sonst sind keine Hilfen erlaubt.«

Doch schon auf dem Weg zur Startlinie war Maria zwei Mal umgefallen. Erst als sie von Sebastian ein paar Tipps bekommen hatte, wie sie sich fortbewegen sollte, kam sie etwas mühsam voran.


Es war sofort absehbar, dass Maria hier überhaupt keine Chance haben würde. Während Claudia und Amelie sofort vorne weg sprinteten und mit der seltsamen Bewegung auf Ellenbogen und Knien überhaupt keine Probleme hatten, tat sich Maria mit der außergewöhnlichen Fortbewegungsart sehr schwer.

Kaum dass sie ihren ersten Schritt erfolgreich hinter sich gebracht hatte, waren Claudia und Amelie schon fünf Meter voran gesprintet. Petra und die anderen waren dicht hinter ihnen.

Erst nach einiger Zeit hatte Maria einen Rhythmus gefunden, mit dem sie zumindest sicher voran kam. Sie hatte sich den Tipp von Sebastian zu Herzen genommen, immer nur eines ihrer vier Glieder zu bewegen und sich mit den anderen dabei abzustürzen.

Die Art der Fortbewegung, die Claudia und Amelie bevorzugten, unterschied sich darin, dass sie immer die zwei gegenüberliegenden Glieder in der Luft hatten. Dadurch war ihnen schon das doppelte Tempo möglich.

Als Maria endlich die Ziellinie überschritt, waren die anderen schon alle wieder umgezogen. Das sie von allen angefeuert wurde, tröstete sie wenig.

Als sie so langsam wieder zu Atem kam, funkelte sie Paul an. »Das üben wir. Ich möchte nicht noch einmal so verlieren.«

Paul gab ihr einen Kuss.

* * *

»Wir schreiten dann zur Siegerehrung. Wir haben dieses Jahr eine Überraschungssiegerin nach einem besonders harten und ehrgeizigem Wettkampf.« Er holte aus seinem Rucksack einen weiteren Pokal, der diesmal mit einem Teddybär markiert war. »Die Gewinnerin dieses Jahr ist... Petra.«

Applaus brannte auf.

Nur Claudia und Amelie zogen ein etwas enttäuschtes Gesicht. Dabei waren sie mit ihrer ´Taktik´ eigentlich selbst schuld gewesen. Sie hatten nur auf einander geachtet und dabei überhaupt nicht bemerkt, das Petra längst an ihnen vorbei gezogen war.

»Ich bitte dann die Damen, sich wieder zur Wanderung fertig zumachen.« Sebastian blickte sich um. »Fritz Peter und Eberhard werden mir beim Abbauen und Ausgraben helfen, die anderen passen bitte auf die Damen auf.« Er reichte Leonhard einen Rucksack. »Hier ist die Ausrüstung für die Wanderung drin.«

* * *

Als sie an der Hütte ankamen, war Leonhard schon dabei, einige Bänke aufzubauen. Er bat die Herren, ihm beim Aufbau von Bühne und Laufsteg zu helfen und entließ dann die Damen aus ihrer Wanderfesselung. »Ihr könnt euch ein wenig frisch machen, dann kommt bitte vor die Hütte und nehmt Platz.«

Amelie kam auf Maria zu. »Rosa hat uns immer beim Vorführen der Kleider geholfen.« Sie blickte abwechselnd zu Maria und Paul. »Du würdest uns eine große Freude machen, wenn du für sie einspringen würdest.«

»Was muss ich denn dafür tun?« Maria war etwas skeptisch, weil sie so etwas noch nie gemacht hatte.

Doch statt einer Antwort stellte Amelie gleich die nächste Frage. »Was trägst du denn darunter? Das übliche ´Beschützerensemble´?« Sie lächelte etwas verlegen.

»Ja«, Maria war froh, dass sie diese Frage nur bejahen musste. »Aber den Schlüssel hat Paul.« Sie suchte seine Hand und hielt sie fest.

»Macht es dir etwas aus, wenn die anderen dich damit sehen?« Erst jetzt fiel es Maria auf, dass Amelie nur noch ihren Keuschheitsgürtel und den Keuschheits-BH trug. »Das Besondere an dieser Modenschau ist nämlich, dass uns die Zuschauer schon beim An- und Ausziehen zusehen können.«

Maria zögerte noch ein wenig, dann begann sie langsam, ihre Bluse auf zuknöpfen.


»Was muss Maria denn machen?« wollte Paul wissen.

»Hier wo der Tisch steht, werden die Modells jeweils an- und ausgezogen.« Amelie erklärte, dass bei den Kleiderentwürfen von Claudia die Trägerin meistens in dem jeweiligen Kleid gefangen war und es nicht selbst ausziehen konnte. Ihre Augen leuchteten dabei.

»Und die Bänke hier?« Paul schaute auf die Sitzbänke, die Leonhard im Kreis aufgestellt hatte. »Muss Maria darauf laufen?«

»Nein!« Amelie lachte. »Die Bänke sind für die Zuschauer.« Sie drehte sich vom Tisch weg. »Wir Modells laufen einmal links herum und einmal rechts herum, damit die Zuschauer alles gut sehen können.« Sie hatte einen Lappen in der Hand und wischte den Tisch noch einmal ab. »Ihr könntet mir dann beim Aufbauen und Tragen helfen.«

Maria hatte sich in der Zwischenzeit komplett ausgezogen und trug jetzt wie Amelie nur noch das »Schutzblech« am Körper. Ihre Sachen hatte sie einfach Paul in die Hand gedrückt. »Also, was müssen wir tun?«

* * *

»Diese Kleidersäcke und den Kleiderständer müssen raus.« Amelie war mit Paul und Maria in die Hütte gegangen und zeigte ihnen, was zu tun war.

»Wollte Claudia eigentlich auch wieder Schminktipps geben?« Leonhard wollte wissen, ob er den Schminktisch aufbauen sollte.

»Ich glaube nicht.« Amelie war etwas unsicher. »Gesagt hat sie zumindest nichts.«

Leonhard blickte sich um. »Naja, der Tisch ist ja schnell aufgebaut.«

»Wobei ich die Tipps vom letzten Mal ja sehr spannend fand.« Sie beschrieb, dass Claudia einige Tipps zum Makeup gegeben hatte, wenn die Bondagette schon einen Ball im Mund trägt. »Besonders toll fand ich, wie Rosa sich trotz des Kopfgeschirr noch geschminkt hatte.«


»Ihr wart ja schon fleißig.« Claudia kam in die Kreis der Bänke und blickte sich um. Ihr Blick blieb an Maria hängen. »Habt ihr sie schon gefragt, ob sie es machen wird?«

»Ja,« Amelie zeigte auf ihr und auf Marias Erscheinungsbild. »Sie wird es machen.«

»Und wird sie auch das Kleid tragen?« Claudia war fast ein wenig ungehalten. »Das solltet ihr doch vor allem fragen.«

»Wir wollten es nicht überstürzen«, Leonhard mischte sich ein. »Immerhin verlangen wir sehr viel von ihr.«

»Welches Kleid?« Maria ahnte noch nicht, was von ihr erwartet wurde.

»Du kennst doch noch das Backprayerkleid, welches du bei uns im Schloss gesehen hast?« Leonhard erinnerte an den Besuch, der kürzlich stattgefunden hatte.

Maria bejahte.

»Das haben wir mitgebracht, weil wir uns ziemlich sicher waren, dass du es vorführen wirst.« Es war als Feststellung formuliert, trotzdem schien er von Maria eine Antwort zu erwarten.

Maria zögerte zunächst und suchte Pauls Blick. Als Antwort nahm er ihre Hand und hielt sie fest.

Natürlich hatte Maria das Kleid noch gut in Erinnerung. Sie hatte schon damals bei Grünbergs fast atemlos davor gestanden und hatte davon geträumt, wie es dann wohl auf dem Fest sein würde, wenn sie ihr Kleid tragen würde.

Und auch etwas anderes bewegte sie. Der drohende Aufenthalt in der Klinik ihrer Mutter stand in den nächsten Tagen an. Vielleicht würde er diesmal doch nicht so drastisch ausfallen wie sie es bisher befürchtet hatte.

»Maria, hast du dich schon entschieden?« Amelie störte ihre Gedanken.

»Jetzt bedränge sie doch nicht so.« Leonhard musste seine Verlobte bremsen, auch wenn er selbst auch liebend gern Maria bekniet hatte. Aber er wusste, dass sie Maria Zeit lassen mussten.


Maria musste zunächst schlucken, doch dann bekam sie glänzende Augen. Sie drehte sich zu Paul. »Kannst du das Gebet auf dem Rücken schon?« Ohne dass sie es so genau hätte formulieren können war ihr aber klar, dass Paul ihr in das Kleid helfen musste und insbesondere wollte sie die Arme für ihn so halten müssen.

Paul hatte eigentlich nicht damit gerechnet, aber da es auf dem Fest eine wichtige Rolle spielte, war er sehr aufmerksam gewesen. Dennoch wollte er ehrlich sein. »Es wäre schon gut, wenn Sebastian noch ein wenig aufpasst.«

Als Antwort bekam er einen Kuss, dann drehte Maria sich zu Claudia und lächelte. »Ich werde es machen.«

»Ich hätte dann noch ein Kleid, welches ich mir selbst nicht zutraue.« Sie hob etwas ein paar völlig undefinierbare Stofffetzen hoch, die irgendwie miteinander verbunden waren. »Ich fände es toll, wenn du es vorführen würdest.«

Maria war etwas skeptisch.

»Du trägst ja deinen Schutzpanzer.« Sie klopfte gegen Marias BH. »Es kann dir also nichts passieren.«

Trotzdem suchte Maria Pauls Blick und erst, als er sie auch ermutigte, sagte sie zu.

Paul gestand Maria und Claudia später, dass er nicht geglaubt hatte, das diese seltsame Ansammlung von Fetzen ein Kleid sein könnten.

* * *

»Ich möchte sie alle bei unserer ganz besonderen Modenschau begrüßen.« Claudia trug einen eleganten Business-Hosenanzug und tat so, als würde sie ein Mikrofon in der Hand halten. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihnen die Vorführung unserer Modells gefallen wird.«

Paul blickte sich fasziniert um. Sie hatten es tatsächlich geschafft, den Platz vor der Hütte in so etwas ähnliches wie einen Laufsteg zu verwandeln. Die leise Musik aus dem Rekorder tat ihr übriges, um einen Hauch von Glanz und Glamour zu erzeugen.

Sebastian hatte sogar den Ganzkörperspiegel aus der Hütte geholt und ihn aufgebaut. »Damit die Modells sich auch selbst bewundern können.« hatte er erklärt.

»Das besondere an dieser Modenschau ist, dass sie auch das An- und Ausziehen miterleben können.« Sie wartete den Applaus ab. »Das erste Kleid wird unsere Neuentdeckung ´Maria´ vorführen.«

Sie winkte Maria neben sich. »Sie wird ein Kleid vorführen, welches es schon seit langem in unserer Familie gibt, welches aber auch schon seit langem nicht mehr getragen werden konnte.« Wieder gab es Applaus.

»Wie sie vielleicht wissen, gibt es eine Haltung, die ´das Gebet auf dem Rücken´ genannt wird oder auch neudeutsch den Backprayer.« Sie blickte kurz zu Maria, die sich umdrehte und ihre Arme in die dafür nötige Position brachte. Besonders zu Pauls Erstaunen waren ihre Unterarme nur wenige Zentimeter auseinander.

Daraufhin brachen einige Jubelrufe aus.

Claudia gab Paul ein Zeichen. Gleichzeitig war Sebastian aufgestanden und reichte Paul einige Seilbündel.

* * *

Wieder und wieder drehte Maria sich vor dem großen Spiegel. Sie konnte es immer noch nicht glauben. Sie trug das Gebet auf dem Rücken und dazu ein passendes Kleid.

Es war mehr als toll.

Unentwegt blickte sie fasziniert zwischen ihrem Spiegelbild und Paul hin und her. Es sah wirklich so aus, als hätte sie keine Arme.


Obwohl Paul es erst zum zweiten Mal gemacht hatte, war Sebastian mit seiner Arbeit sehr zufrieden und musste ganz selten eingreifen. Nur zwei Mal musste er die Position eines Knotens korrigieren, ansonsten hatte Paul es ganz allein gemacht.

Und es fühlte sich toll an.

Natürlich wäre es noch schöner, wenn sie das Kleid ohne vorherige Seilfesselung tragen könnte und ihre Arme dann nur von dem Kleid getragen würden, doch dazu hätte das Kleid entsprechend robust gearbeitet sein müssen. Und gerade bei Grünbergs Kleid hatte Maria viel zu viel Angst gehabt, sie würde es beschädigen.


»Maria«, Claudia sprach leise, »es wäre dann Zeit für deinen Gang auf dem Laufsteg.«

Maria seufzte zunächst, dann schien sie sich innerlich einen Ruck zu geben. Nach einem weiteren sehr verliebten Blick zu Paul begann sie ihre Runde auf dem runden Laufsteg.

Das Publikum war zunächst sprachlos und es war zu fühlen, dass eine hohe Spannung in der Luft lag. Alle Blicke klebten geradezu an Maria und ihrer außergewöhnlichen Erscheinung.


Ab und zu blickte sie zu Paul und lächelte, als sie sah, dass auch er diesen faszinierten und auch etwas ungläubigen Blick aufgesetzt hatte. Ihr Lächeln erwiderte er erst mit Verzögerung.

Als sie sich verbeugte, durchbrach auf einmal tosender Applaus die angespannte Stille. Maria lächelte glücklich und verbeugte sich mehrmals.


Claudia kam auf sie zu und beglückwünschte sie für diesen tollen Auftritt und dankte ihr dafür, bei dieser Präsentation dabei gewesen zu sein.

Auch Amelie kam auf sie zu und strahlte. »Es ist toll, dass dieses Kleid endlich einmal wieder so getragen werden kann, wie es gedacht ist.«

Claudia ließ Maria noch ein wenig Zeit, ihren Applaus zu genießen, dann trat sie wieder nach vorn. »Es ist, wie ihr sicherlich wisst, Tradition bei unseren Modenschauen, dass gegen Ende der Vorführung das Modell versuchen soll, sich aus dem Kleid zu befreien.« Sie blickte zwischen Paul und Maria hin und her. »Und obwohl es diesmal eigentlich aussichtslos ist, wollen wir Maria trotzdem die Chance geben, es zu versuchen.« Sie gab Maria ein Zeichen.


Maria blickte zunächst etwas ungläubig zu Paul, dann begann sie ihre Arme zu bewegen. Zumindest konnte man die Versuche erkennen, denn der Stoff des Kleides wackelte ein wenig.

Nach den Armen schienen sich dann die Finger zu bewegen, doch auch davon zeigte das Kleid nur sehr wenig. Doch dann schaffte Maria es immerhin, mit ihren kleinen Fingern den Saum des Kleides am Hals ein klein wenig herunter zu drücken. Doch da war sie auch schon am Keuchen. »Mehr geht nicht«, stöhnte sie leise.

Wieder bekam sie tosenden Applaus.

Doch dann bekam Claudia einen warnenden Blick von Sebastian, der auf seine Uhr zeigte.

»Mit Rücksicht auf deine Gesundheit werden es wir dann beenden.« Sie trat auf Maria zu und begann, Maria wieder zu befreien. Das Kleid war vorn zu öffnen und so hätte Maria nie eine Chance gehabt, sich selbst das Kleid auszuziehen, selbst wenn sie es gewollte hätte.

Und sie hatte jetzt eine Ahnung, was sie auf dem Katerinenfest erwarten würde.

Claudia nahm das Kleid wieder entgegen und gab dann Paul ein Zeichen.

Paul ließ es sich nicht nehmen, Maria erst in aller Ruhe zu küssen, bevor er ihre Arme befreite. Und kaum konnte Maria wieder über ihre Arme verfügen, als sie ihrerseits über Paul herfiel und ihn herzlich umarmte und küsste.

Erst ein Räuspern von Claudia brachte sie dazu, sich auf ihre Plätze im Zuschauerraum zu setzen. Denn jetzt kam Amelies erster Auftritt.


Claudia trat wieder in das kleine Rondell und kündigte das nächste Kleidungsstück an. »Es ist eigentlich für kältere Tage gedacht, deswegen habe ich Amelie vorgeschlagen, sich alles unnötige auszuziehen.«

Amelie trat vor. Sie trug nur noch Keuschheitsgürtel und Keuschheits-BH und abgesehen von dem Material sah es aus, als würde sie einen Bikini tragen. Doch im Gegensatz zu Maria schien sie zu wissen, was auf sie zu kam. Ihr Blick klebte geradezu auf dem großen Packen Leder, den Claudia in den Armen hielt.

»Es handelt sich um den Mantel, den Tara oft getragen hat.« Sie grinste kurz. »Oder tragen musste.«

Claudia erinnerte kurz an die Geschichte der ´widerspenstigen Erbin´, aus der sie sehr viele Ideen für Kleidungsstücke entnommen hatte. Sie faltete das Lederbündel auseinander und hielt es sich vor den Körper.

»Das besondere an diesem Mantel ist, dass er nur einen Ärmel hat, der vom linken bis zum rechten Arm reicht.« Sie wies daraufhin, dass der Originalmantel nur sehr schwer anzuziehen war. »Deswegen habe ich in den doppelten Ärmel noch einen Reißverschluss eingearbeitet.« Sie blickte ihre Schwägerin auffordernd an.

Diese streckte ihre Arme aus und Claudia streifte ihr den Mantel von vorn über. Ihre Arme kamen dabei allerdings wieder aus den Ärmeln heraus.

Amelie wusste, was von ihr erwartet wurde. Sie faltete ihre Arme so, dass ihre Unterarme aneinander lagen, dann blickte sie ihrerseits ihre Schwägerin aufmunternd an.

Claudia zog zunächst den Ärmel über Amelies Arme, dann ließ sie sich noch einmal drehen, damit jeder den Ärmel sehen konnte.

»Jetzt werde ich den Reißverschluss schließen.« Sie fasste an den linken Oberarm, und mit ein wenig Kraft konnte sie den Verschluss bis zum anderen Oberarm verschließen. Amelies Arme waren jetzt in einer einzigen langen schwarzen Lederröhre gefangen.

Claudia forderte sie auf, einmal ihre Arme zu bewegen.

Amelie kam der Bitte sofort nach und tatsächlich zeigte die Lederröhre einige Bewegungen. Doch es war aber auch für jeden erkennbar, dass Amelie weit davon entfernt war, ihre minimale Bewegungsfreiheit zu ihren Gunsten nutzen zu können.

Mit einem liebevollen Klapps schickte Claudia sie auf den Laufsteg.


Nach der ersten Runde bat Claudia noch einmal um Aufmerksamkeit. »Sind sie nicht auch der Meinung, dass sich unser Modell noch viel zu einfach bewegen kann?« Sie hatte es als Frage formuliert, aber natürlich sie erwartete kein ´Nein´.

Sie bat Amelie, stehen zu bleiben. »Auch an den Beinen lässt sich dieser Mantel noch weiter verschließen.« Auf den auffordernden Blick hin stellte Amelie ihre Beine zusammen und blickte an sich herunter, um zu sehen, wie Claudia einen weiteren Reißverschluss bis zu ihren Knöcheln schloss.

»Der Mantel ist unten doppelt gearbeitet, so dass das strenge Beinteil noch von locker schwingenden Mantelteilen überdeckt wird.« beschrieb Claudia ihren Entwurf. »Natürlich erlaubt er dann der Trägerin nur noch ganz winzige Schritte.«

Auf ein weiteres Zeichen von Claudia setzte sich Amelie wieder in Bewegung und trat die Runde in anderer Richtung an. Diesmal konnte sie nur noch Trippelschritte machen und kam entsprechend sehr viel langsamer voran. Fast schien es, als würde sie etwas keuchen.


Auch bei Amelie war zu sehen, dass sie keine Chance hatte, sich selbst aus dem Mantel zu befreien. Ihre Arme waren in den Ärmel gefangen, und es gab überhaupt keine Möglichkeit für, sich selbst den Mantel zu öffnen.

Petra war aufgestanden und klatschte besonders laut.


Maria wurde wieder nach vorn gebeten. »Das folgende Kleid ist nur etwas für die ganz mutigen und disziplinierten Bondagetten, denn es erfordert von der Trägerin äußerste Konzentration.« Sie bat Maria, sich bis auf Keuschheitsgürtel und -BH auszuziehen, dann ging sie zum improvisierten Kleiderständer und nahm etwas herunter.

Marias Hände zitterten leicht, als sie sich auszog. Sie hatte sich nach der Präsentation nur kurz ein T-Shirt über gezogen, trotzdem kostete es sie einige Mühe, sich hier zu entblößen. Ab und zu tauschte sie mit Paul ein paar Blicke aus. Ihr Freund war dabei bemüht, ihr durch seine Miene Mut zu machen.

»Ich habe dieses Kleid entsprechend den Angaben aus der Geschichte geschneidert.« Sie hielt eine Reihe von Stoff-Drei- und Vierecken hoch, von denen noch diverse Schnüre herunter baumelten. »Ich bin sehr unsicher, ob es überhaupt tragbar ist.« Sie wurde etwas rot. »Ich selbst hatte noch nie den Mut dazu.«

Sie wartete, bis Amelie den Mantel weg gehängt hatte, dass bat sie um ihre Hilfe.

»Das hier bildet den Rock.« Sie zeigte ein Stück, welches eher die Maße eines sehr breiten Gürtels hatte. Auffällig waren die Manschetten, die seitlich an dem Rock angebracht waren.

»Das hier ist das Oberteil.« Auch hier waren Manschetten angebracht.

Amelie war aufgefallen, dass überall dreifache Nähte vorhanden waren. Sie äußerte dies.

Claudia lächelte, »Es ist auch ein extra reiß fester Stoff.«

Maria stöhnte leise. Sie begann sich als etwas Außergewöhnliches zu fühlen.

»Der Rock könnte etwas enger sein.« bemerkte Amelie. »Der rutscht ja sofort herunter.«

»Das ist Absicht.« Claudia grinste, dann bat sie Maria, ihren Arm seitlich an den Rock zu halten. »Die Manschetten werden den Rock an seiner Stelle halten.«

Jetzt erst bemerkten Amelie und Maria die Gemeinheit dieses Kleidungsstücks. Der Rock war so kurz, dass mit Mühe und Not alles wichtige bedeckt war. Doch dies galt nur, wenn Maria ihre Arme seitlich ganz ruhig halten würde.

»Du darfst ja jetzt deine Arme überhaupt nicht mehr bewegen, sonst...« Amelie war sehr fasziniert.

Erst als Claudia es festhielt und Amelie dann nach ihren Angaben die Schnürungen schloss, sah Maria, wie das Kleid saß. Und welche ihrer Bewegungen sie entblößen würde. Sie keuchte. »Das erfordert Disziplin.« Sie hob einmal kurz ihren Arm und schon war ihr Keuschheitsgürtel in voller Schönheit sichtbar.

»Und das Oberteil wird an den Oberarmen festgemacht.« Sie schloss die Manschetten um Marias Oberarme. »Dreh dich bitte einmal.« forderte sie Maria danach auf.

Maria kam der Bitte nach und spätestens jetzt war auch im Zuschauerraum kein einziges Wort mehr zu hören. Alle waren von Marias Anblick mehr als fasziniert. Von dem Rock ging vorn in der Mitte ein schmaler Streifen hoch bis zu ihren Brüsten. Diese wurde gerade so bedeckt, und seitlich wurde das Oberteil nur von den Manschetten an den Armen gehalten. Das Kleid war sowohl schulter- als auch rückenfrei.

»Stell dir jetzt bitte vor, du würdest es ohne deine ´Unterwäsche´ tragen.« Sie ließ Maria ein wenig Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen.

»Ich würde mich gern einmal im Spiegel sehen.« Marias Stimme war sehr leise.


Maria stand zunächst vor dem Spiegel und probierte aus, welche ihrer Bewegungen welche Konsequenzen hatte und sie kam zu der Erkenntnis, dass sie ihre Arme vollständig ruhig halten musste, sonst würde sie sich entweder oben oder unten entblößen. Und der Gedanke daran, dass Tara es stets ohne Unterwäsche getragen hatte, verursachte ihr eine extra Gänsehaut.

Auch Paul war von dem Kleid und so wie Maria es trug sehr angetan. Er ahnte, wie viel Kraft und Selbstbeherrschung es Maria kosten würde, würde sie das Kleid wirklich einmal wie Tara tragen.

»Und jetzt bitte ab auf den Laufsteg.« Sie gab ihr einen liebevollen Stups. »Das Publikum wartet schon.«


Während Maria hoch konzentriert ihre Runden auf dem Laufsteg machte, ging Claudia zu Paul und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

»Bist du sicher?« fragte er etwas ungläubig.

»Ganz sicher«, Claudia versuchte sehr überzeugend zu sein. »Glaub mir, sie wird dir später sehr dankbar sein, wenn du jetzt hart bleibst.«

Maria war mir ihrer zweiten Runde fertig und verbeugte sich noch einmal sehr vorsichtig.

Der tosende Applaus wollte kein Ende nehmen.


Maria wandte sich an Claudia, damit sie sie aus dem Kleid zu lassen. Doch Claudia bat sie um noch etwas Geduld. »Für das Schlussbild.« Sie lächelte geheimnisvoll.

Maria gab sich damit zufrieden und drehte sich zu Paul. Doch der saß gar nicht auf seinem Platz, sondern stand schon neben ihr.

»Du siehst toll aus.« Er nahm sie in den Arm und streichelte sie.

Claudia räusperte sich. »Ich darf das Publikum bitten, wieder Platz zu nehmen.« Sie blickte das verliebte Paar bittend an. »Schließlich kommen noch zwei Vorführungen.«

Paul gab Maria noch einen Kuss, dann setzte er sich wieder.

Maria hätte ihn auch gern gestreichelt, doch das Kleid forderte ihre volle Aufmerksamkeit.

* * *

»Der Entwurf für das folgende Kleid stammt zwar von einem Mann, genauer gesagt von einem Crossdresser, aber es hat mir so gut gefallen, dass ich eine Variante davon für uns angefertigt habe.« Sie bat Amelie mit dem Kleid nach vorn zu kommen.

Sie nahm das Kleid entgegen, öffnete einige Reißverschlüsse und bat dann Amelie, sich bereit zu machen. »Zuerst bitte die Arme in die Ärmelöffnungen stecken, dann das Kleid ganz vorsichtig langsam an den Körper heran ziehen.«

»Wir haben das schon geübt.« grinste Amelie. »Die Besonderheit ist, dass der rechte Ärmel, auch wenn es nicht so aussieht, komplett am Kleid fest genäht ist.« Während sie dies sagte, war zu erkennen, dass sie einige Mühe hatte, ihren Arm in die richtige Position zu bringen.

»Es wird so aussehen, als würde Amelie ihre Hand locker vor dem Bauch halten«, Claudia grinste. »Doch tatsächlich ist alles fest genäht. Sogar die Finger des Handschuhs, alles ist einzeln befestigt.«

In diesem Moment war zu sehen, wie sich Amelies Finger in dem angesprochenen Handschuh gerade ihren Platz suchten.

»Der andere Arm wird dann mit einem Reißverschluss längst am Körper fixiert.« Claudia trat zu ihrer Schwägerin und schloss den Reißverschluss.

Amelie kam nicht umhin, leise zu stöhnen.

»Das Beinteil des Kleides endet in der Mitte der Oberschenkel«, Claudia beugte sich etwas vor, um es zu zeigen. »Aber wie sie sicher vermuten, hat es keinen Gehschlitz und erlaubt der Trägerin nur kleine Schritte.«

»In den Rocksaum ist ein Stahlband oder etwas ähnliches eingearbeitet.« Amelie stöhnte etwas mitleidig. »Der Saum wird nicht nachgeben.«


Amelies Augen strahlen, als sie das Kleid auf dem Laufsteg präsentiert. Sie hatte insbesondere Spaß daran, ihre fest genähten Finger vorzuführen. Sie keuchte. »In dem Kleid geht gar nichts.«

Nachdem Amelie ihre zwei Runden gegangen war und mit leuchtenden Augen ihren Applaus entgegen nahm, stand Christine auf und ging zu Claudia. Sie reichte ihr einen Zettel, auf dem sie ihre Frage geschrieben hatte.

Claudia nahm den Zettel entgegen, las sich die Frage durch und begann zu lächeln. »Natürlich gibt es das Kleid auch in der Ausführung für Linkshänder.« Sie strich Christine zärtlich über die Schulter.

* * *

Zur Überraschung aller machte Claudia sich dann selbst auf den Weg und drehte ihre Runden auf dem Laufsteg. Sie zeigte dabei die besonderen Eigenschaften des Hosenanzugs, den sie trug. Die Arme waren mit einem Gummizug mit dem Körper verbunden, so dass fast freie Bewegungen möglich waren. Doch der Ton in Ton gehaltene Gummizug sorgte dafür, dass die Arme stets wieder zurück zum Körper gezogen wurden. Auch die Hosen hatten entlang der Oberschenkel diese Gummiverbindung.

Sie erklärte, dass jede Bewegung extra Kraft kostete. »Am Anfang ist es noch leicht, doch mit der Zeit wird es wirklich mühsam.«

Sebastian erinnerte an den Tag, an dem sie die Sachen einmal im Büro getragen hatte.

»Das war anstrengend, aber auch sehr aufregend.« Claudia keuchte. »Doch es war keinem aufgefallen.« Sie grinste. »Oder sie wollten sich keine Blöße geben. Aber sie waren alle sehr hilfsbereit.«

Die anderen waren verblüfft, weil es bei Claudias Präsentation tatsächlich keinem aufgefallen war, dass sie in ihrem Anzug eingeschränkt war.

* * *

Sebastian war aufgestanden und trat vor. »Ich danke den Damen für diese ganz außergewöhnliche Vorführung.« Er bat Claudia, Amelie und Maria noch einmal nach vor und bat um kräftigen Applaus. »Vielen Dank an Amelie und Maria für diese außergewöhnliche Präsentation.« Er wartete den auf brausenden Applaus ab. »Und ein großes Dankeschön an meine Frau, die durch ihre Schneiderkunst diese besondere Modenschau überhaupt erst möglich gemacht hat.«

Maria verbeugte sich verlegen und als Claudia gelobt wurde, war sie darauf und dran, aus Begeisterung mit zu applaudieren. Erst im letzten Moment fiel ihr wieder ein, was für ein Kleid sie trug und dass wohl besser wäre, die Arme still zu halten.

* * *

Maria ging etwas enttäuscht zu Claudia. »Kannst du mich aus dem Kleid heraus lassen? Paul sagt, er möchte mich noch nicht befreien.«

Doch zu Marias Überraschung wurde Claudia auf einmal sehr ernst. »Maria, so etwas macht man nicht. Und es ist einer Bondagette auch überhaupt nicht würdig.«

»Was macht man nicht?« Maria hatte zwar begriffen, dass wohl sie einen Fehler gemacht hatte, und sie war bemüht, Schaden zu begrenzen. Doch sie wusste überhaupt nicht, gegen welche der vielen inoffiziellen Regeln sie verstoßen hatte. Sie blickte Claudia fragend an.

»Wenn der Herr oder der Partner beschlossen hat, die Fesseln der Dame noch nicht abzunehmen, dann hat diese das hinzunehmen.«

»Aber es ist doch nicht mein Kleid.« Maria fühlte sich zu unrecht beschuldigt. »Ich wollte es dir zurück geben.«

»Du irrst dich.« Claudia hatte auf einmal ein Lächeln im Gesicht. »Es ist dein Kleid.«

Maria verstand nicht. »Wie, mein Kleid?«

»Nachdem du die erste Frau bist, die überhaupt einmal den Mut hat es zu tragen, möchte ich es euch gern schenken.«

Maria war so überrascht, dass sie versuchte, ihre Hände vor das Gesicht zu ziehen. Erst als sie den Rock schon bis über den Bauchnabel gehoben hatte, begriff sie, was sie gerade tat. Sie wurde rot. »Aber ich wollte doch auch bei der Kaffeepause mithelfen.« gab Maria schwach zurück.

Claudia nahm Maria in den Arm. »Ich muss auch in meinem Anzug verbleiben.« Sie streichelte Maria.

Maria blickte sie verblüfft an.

»Ich kann ihn zwar alleine anziehen, aber nicht wieder aus.« Sie lächelte. »Und jetzt geh wieder zu ihm. Ich glaube, er mag dich in dem Kleid.«

Maria seufzte.

* * *

»Das Kleid ist ja noch schlimmer als mein Monohandschuh.« Maria seufzte leise.

Paul hatte seinen Arm um seine Freundin geschlungen, in der anderen Hand hielt er einen großen Kaffeebecher mit einem roten und einem blauen Strohhalm. »Warum?« Er hatte sich sehr über das Kleid gefreut, aber auch über Claudias sonstige Tipps.

»Mit dem Handschuh kann ich dich wenigstens streicheln.« Sie seufzte noch einmal. »Aber mit diesem Kleid muss ich meine Arme ganz ruhig halten.«

»Ich weiß«, Paul gab ihr einen Kuss. »Aber es steht dir sehr gut.« Er nahm einen Schluck Kaffee durch einen der Strohhalme, dann hielt er Maria die Tasse hin. »Stell dir einmal vor, du würdest es ohne deinen ´Schutz´ tragen.«

Maria nahm einen Schluck Kaffee, dann blickte sie Paul ein wenig glasig an. »Würdest du das wirklich von mir verlangen?«

Paul war schon kurz davor, seine Frage zurückzuziehen, als ihm auf einmal der besondere Tonfall von Marias Frage auffiel. Er gab ihr einen Kuss. »Du wirst das sicher ganz toll machen.«

Maria verspürte auf einmal ein seltsames Kribbeln im Bauch. Erst später viel ihr auf, dass Paul es gar nicht verlangt hatte. Es war gewissermaßen ihre Idee gewesen und Paul hatte es nur aufgegriffen.


»Selbst gebackene Kekse?« Anna und Christine standen auf einmal neben ihnen. »Eine Gemeinschaftsarbeit von Mutter und Tochter.«

Marias Arm zuckte schon, erst im letzten Moment bat sie Paul, einen Keks für sie vom Tablett zu nehmen. Doch erst da erkannten sie beide, wie die Tabletts mit den Keksen getragen wurden. Beide Frauen hatte ein Tablett um den Bauch gebunden und mit einer Kette am Halsband befestigt. Bei Christine zeigten dabei die über der Brust gekreuzten Riemen, dass sie einen Monohandschuh dazu trug, während bei Anna das Kettenklirren wohl eher auf Handschellen schließen ließ.

»Lecker«, bedankte sich Maria, doch ihr Blick blieb an den Bedientablett hängen und versuchte dabei ihr immer stärker werdendes Bauchgrummeln zu ignorieren. Fesselkleider auf einer Modenschau vorzuführen war eines, doch sie dann auch real zu ertragen, war etwas anderes. Und es war viel aufregender.

Gelegentlich schwenkte ihr Blick zu Amelie, die das Kleid mit den fest genähten Fingern auch noch trug. Und auch ihr war diese besondere Art von Schmetterlingen im Bauch gut anzusehen.

Auf einmal kam etwas Unruhe auf.

»Fritz, Anna, kommt ihr einmal bitte her?« Sebastian stand in der Tür der Hütte und hielt Leonie im Arm. »Ich wollte eigentlich nur nachsehen, warum die Schublade zu war.«
292. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Acht

geschrieben von kamikazekifferin am 06.11.14 21:56

Zitat

»Fritz, Anna, kommt ihr einmal bitte her?« Sebastian stand in der Tür der Hütte und hielt Leonie im Arm. »Ich wollte eigentlich nur nachsehen, warum die Schublade zu war.«




Oooh Oooooh... erwischt.....

gruß Kami
293. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 07.11.14 01:40

Naja Erwischt Stimmt ja nicht so ganz Kami, da Leonie Durchaus gefunden werden wollte.

Zitat

Als sie so langsam wieder zu Atem kam, funkelte sie Paul an. »Das üben wir. Ich möchte nicht noch einmal so verlieren.«
Wie es scheint wächst da Ernsthafte Konkurenz für Claudia Heran. Beim Nächsten Treffen wird das Bestimmt ein Harter Zweikampf zwischen Claudia und Maria. Wobei Maria den Vorteil ihrer Jugend und das Frühe Training durch Ihre Mutter hat.
Ich denke mal der Unterschied zwischen Begraben und der Eisernen Lunge ist das man in der Lunge liegt und weiß das man an der Oberfläche ist und Beatmet wird.
Ich find das Toll wie sich Maria immer Weiter auf Paul Einlässt und Paul auch schnell Lernt mit den Fesseln umzugehen und Maria zu fesseln. Sie Findet ja auch immer mehr Gefallen daran sich von Paul Fesseln zu Lassen. und das Handschuhtraining nicht mehr nur als Lästige Pflicht.
Ich kann mir Durchaus Vorstellen das Marias Mutter Paul nach Amerika holt und ihn einem Verhör Unterzieht, bevor sie das Endgültige Ok fürs Zusammenleben gibt. Wobei wenn sie darauf bestehen würde das die Beiden sich Trennen würde Maria wohl Meutern.
294. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Neun

geschrieben von gag_coll am 10.11.14 18:55

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Neun
Autor: Karl Kollar

Er hatte angenommen, der Mechanismus zum Offen halten wäre wieder kaputt ist. Doch als er die Schublade geöffnet hatte, blickte er auf die etwas verlegene jüngere Tochter von Anna.

Seine Miene zeigte, dass er mit der Situation noch überhaupt nichts anzufangen wusste.

»Leonie!« Anna war verblüfft. »Wie kommst du denn hier her?« Ihr war das Auftauchen ihrer zweiten Tochter mehr als peinlich.

Leonie versuchte eine Antwort, doch als einziges neben ihrem Knebelgebrabbel floss einiger Speichel aus ihrem Mund. Also zeigte sie auf ihren Rucksack, der noch neben ihrer Kleidung lag. Dort standen auch ihre Bergstiefel.

»Du bist zu Fuß hier?« Anna wollte es nicht glauben.

»Wahn«, ließ Leonie durch den Ball hören. Sie versuchte sich schuldbewusst geben, doch der Glanz in ihren Augen strafte sie Lügen.

»Du bist mit der Bahn hier?« Anna war fassungslos. »Und dann bis hier her gelaufen?«

Leonie nickte verschämt.

»Woher kanntest du denn den Weg?« Sebastian hatte wieder Worte gefunden.

Leonie blickte verschämt zu Fritz.

Christines Verlobter wurde auf einmal knall rot. Erst jetzt erkannte er, dass Leonie ihn aus getrickst hatte. Er berichtete Sebastian, was sich zugetragen hatte.


Ohne dass es Sebastian so richtig bewusst wurde, empfand er sowohl Mitleid als auch Bewunderung für Leonie. Sie hatte sehr viel auf sich genommen, um sich hier ihre Träume zu erfüllen. Und jetzt, da sie einmal da war, wollte er sie auch nicht wieder weg schicken. Aber eine Strafe sollte sie bekommen.

Und dann hatte er eine Idee. Er setzte seine strengste Miene auf, dann ging er auf Leonie zu und blickte sie böse an. »Einbruch, Missbrauch fremden Eigentums«, zählte er auf und blickte dabei an dem weißen Catsuit herunter. »Dazu Verführung fremder Leute und Missbrauch ihres Vertrauens.« Er nahm ihr den Knebel ab und blickte sie streng an. »Was hast du dazu zu sagen?«

Leonie hatte sich diesen Moment oft ausgemalt und zu ihrer Überraschung war es auch wirklich so, wie sie es oft geträumt hatte. »Ich bekenne mich schuldig und bitte um eine gerechte Strafe.« Sie senkte den demütig ihren Kopf, doch ihr kurzer Blick auf den Haufen mit Fesselsachen, den sie schon auf getürmt hatte, verriet sie.

Sebastian war ihrem Blick gefolgt. Er lies sie los und ging zu dem Lederstapel. Er hob die Sachen auf. »Monostiefel, Monohandschuh, Kopfgeschirr Lederriemen,...« Er schüttelte den Kopf und tat so, als wäre er erbost.

Claudia dränge sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Auf einmal ging es Lächeln über Sebastians Gesicht. »Das ist eine gute Idee. Leonie möchte bestimmt das ´Pferd´ testen.« Er blickte kurz zu Leonie, dann drehte er sich wieder zu Claudia. »Bereite es schon einmal vor.«

Claudias Miene zeigte einige Erleichterung. »Das hätte ich sonst machen müssen«, sagte sie mehr zu sich selbst. Doch dann stutzte sie. »Mit dem Dildo?« Sie blickte fragend zwischen Leonie, Anna und Sebastian hin und her.

Anna nickte, obwohl ihrem Blick auch anzusehen war, dass sie nicht wusste, was kommen würde. Aber sie kannte ihre beiden Töchter und wusste, dass beide mit Dildos vertraut waren. Mehr als es einer Mutter recht sein konnte.

Sebastian griff sich derweil das Halskorsett, das Kopfgeschirr und den Monohandschuh und bat Leonie zu sich.


Kurz darauf saß Leonie auf dem »Pferd« und stöhnte leise vor sich hin. Ihre Arme waren auf dem Rücken in einen strengen Monohandschuh verschnürt. Sie hatte nicht einmal protestiert, als Claudia den Dildo auf den Sattel festschraubte und sie sich gleich darauf niederlassen musste. Auch als ihre Beine festgeschnallt wurden blieb sie ruhig.

Doch dann erblickte sie Fritz und vor allem das, was er in den Händen hielt. Es war Christines tragbarer Kassettenrekorder und der dazu passenden Kopfhörer.

Leonie schrie auf. »Das wagst du nicht.«

»Du hast mich so was von aus getrickst.« Fritz war ehrlich erbost. »Das wird meine Rache werden.«

Christine stand neben ihm und hielt das Kopfgeschirr in der Hand, welches Leonie sich heraus gesucht hatte.

Erst jetzt bedauerte es Leonie, dass sie auf alle bisherigen Fesselungen so bereitwillig eingegangen war. Doch sie wusste ja nicht, was Fritz vorhaben würde.

Christines Grinsen war durch ihre Maske erkennbar, als sie ihrer Schwester den Knebel anlegte. Dem Schlagen mit dem Monohandschuh konnte Christine dabei leicht ausweichen. Christine hatte den Ball noch einmal extra in Honig eingetunkt.

»Ihr müsst wissen, dass die beiden Schwestern einen ganz unterschiedlichen Musikgeschmack haben und diesen verteidigen sie auch sehr radikal.« Fritz wartete ab, bis Christine das Kopfgeschirr angelegt hatte. »Niemals würden sie freiwillig die Musik der anderen hören.«

Als Fritz mit dem Kopfhörer auf Leonie zu kam, schrie diese laut und zappelte wild. Doch es nutzte ihr nichts, Fritz setzte ihr den Kopfhörer auf und befestigte den Bügel noch einmal extra am Kopfgeschirr. »Damit du ihn nicht abschütteln kann.« Er trat vor sie und grinste sie an. »Es soll ja eine Strafe für dich sein.« Dann griff er zum Rekorder, schaltete an und drehte die Lautstärke hoch.

Leonie tobte wie wild auf dem Pferd.

»So wird das Pferd doch noch gut getestet.« Claudia lächelte. »Soviel Energie hätte ich gar nicht aufbringen können.« Sie grinste zu Sebastian.

* * *

»Was sollen wir mit ihr machen?« Sebastian hatte sich mit den anderen zusammengesetzt.

»Wir dürfen sie nicht wegschicken.« Anna seufzte. »Sie weiß zu viel.«

Das war ein wichtiges Argument, das sahen alle ein.

»Wir müssen sie bei Laune halten, ohne es zu übertreiben.« Sebastian seufzte.

Claudia kannten diesen Satz nur zu gut. Es bedeutete ständige Erregung ohne den erlösenden Höhepunkt.

Auch Anna schien die Bedeutung dieses Satzes zu kennen. »ich habe noch ein vollständiges Keuschheitsgeschirr dabei. Mit BH, Schenkelbändern und auch den so gemeinen Armfesseln.«

»Nach dem nächsten Workshop...« Sebastian lächelte ein wenig. »Bereite es bitte soweit vor. Bis dahin lassen wir sie reiten.«

Anna lächelte ebenfalls. Es passte ihr weiterhin nicht, das ihre Tochter sie so bloß gestellt hatte.

* * *

Maria war schon sehr erleichtert, als sie sah, dass Paul ihren Rock und ihre Bluse in der Hand hatte. Sie war sehr froh, endlich aus diesem »Disziplin-Kleid« heraus zu kommen. Dennoch musste sie noch warten, bis Paul ihr die Manschetten aufgemacht hatte.

Doch Claudia kam ihnen zuvor. »Wartet einen Moment.« Sie trat auf Maria zu. »Ich würde dich gern um einen Gefallen bitten.«

Maria blickte sie fragend an.

»Ich möchte dich gern einmal bitten«, sie machte fast einen etwas verlegenen Eindruck. »einen Versuch zu machen, dich einmal aus dem Kleid zu befreien, trotz der damit verbundenen Entblößung.«

Maria lächelte, dann begann sie ihre Arme zu bewegen. Obwohl der Rock sehr locker saß, schaffte sie es trotzdem nicht, an die Verschlüsse der Manschetten zu kommen. Auch heftiges Reißen half nicht. Letzteres hatte Maria aber erst auf ausdrücklichen Wunsch von Claudia gemacht.

Sie war mehr als fasziniert. »Ich bin in dem Kleid wirklich gefangen.« Sie lehnte sich an Paul und bat ihn mit ihrem Blick um ein paar Streicheleinheiten.

»Sehr robust, so hatte ich mir das vorgestellt.« Claudia lächelte. »Und, dieses Kleid macht sehr anschmiegsam.« Sie lächelte. »So war das von mir gedacht.«

Doch schließlich hatte Paul ein Einsehen und begann, die Schnürungen an den Manschetten zu öffnen.

Sofort griff sich Maria ihren Rock und begann ihn sich anzuziehen.

Claudia schüttelte mit dem Kopf. »Die gehorsame Bondagette wartet, bis sie von ihrem Herrn die Erlaubnis bekommt, sich umzuziehen.«

Maria ließ den Rock wieder sinken. Sie blickte Claudia an. »Schon wieder eine so merkwürdige Regel.« Sie sah zu Paul. »Müssen wir uns an all die Regeln halten?«

»Nein, natürlich nicht.« Claudia lachte, »macht es nur so, wie es euch gefällt.« Sie wurde etwas nachdenklich. »Aber es hat auch seinen Reiz, wenn man auch bei Selbstverständlichkeiten um Erlaubnis fragen muss.«

Maria hielt kurz inne. Sie hatte mit dem Programm und jetzt auch noch mit dem Fest schon so viele Regeln und Vorschriften zu beachten, dass sie auf neue und vor allem unsinnige Regeln gern verzichten konnte. Sie suchte Pauls Blick.

»Bitte sei mein Freund, nicht mein Herr.« Sie nahm seine Hand. »Zumindest bis zum Fest.« Ihre Stimme wurde leiser. »Danach sehen wir weiter...« Und fast wie aus Trotz zog sie sich dann ihren Rock und auch die Bluse an, die Paul bereit gelegt hatte.

Doch auch Paul war erleichtert, dass Maria sich im Moment so selbstbewusst gab. Er hatte schon mit ihren normalen Erwartungen genügend Probleme. Solche künstlichen Regeln wären ihm jetzt auch nicht recht gewesen. Doch dann sagte ihm sein Instinkt, was er zu tun hatte. Er nahm das »Fetzenkleid« von Claudia, versuchte es ein wenig zusammen zu legen und packte es dann in Marias Rucksack. »Du trägst deine Fesseln ja gern selbst.« Er gab ihr einen Kuss.

* * *

Claudia kam zu ihrem Mann. »Wir haben da ein Problem.« Sie hielt einen Block in der Hand und blickte konzentriert darauf.

»Noch eines?« Sebastian blickte etwas unglücklich auf Leonie, die vor allem unter der Musik ihrer Schwester zu leiden hatte.

Claudia zeigte die Liste der Wünsche für den nächsten Workshop. »Wir haben zu wenig Helfer. Außerdem muss noch jemand ein Auge auf Leonie haben.«

»Was wollen denn unseren Neuen machen?« Sebastian zeigte auf eine Stelle auf dem Block, die bisher noch leer war.

Claudia ging zu Paul und Maria und erläuterte ihnen den Inhalt des nächsten Abschnitts. »Jetzt ist Sinnesentzug dran und ihr habt eure Wünsche noch nicht geäußert.« Claudia zückte den Stift und war bereit, die Antworten aufzunehmen.

»Was ist denn das überhaupt?« Maria hatte mittlerweile keine Probleme mehr damit, ihre Wissenslücken zu offenbaren.

Claudia stutzte etwas, dann ließ sie ihren Stift sinken und erklärte dem Paar die Zusammenhänge und Hintergründe. Doch zu ihrer Überraschung zeigte Maria kein Interesse. »Ach nein, dass habe ich ja jeden Samstag Abend.« Sie stellte etwas enttäuscht fest, dass sie das alles, was Sebastians Frau ihre gerade beschrieben hatte, schon von ihrer schönen Nacht her kannte.


»Wartet einmal einen Moment.« Claudia hielt einen Moment inne. »Ich habe da eine Idee.« Sie drehte sich zu Sebastian und flüsterte mit kurz ihm. Dann drehte sie sich wieder zu dem Paar.

»Wir hätten da ein Anliegen, doch wir wollen euch auch nicht überfahren.« Sie ließ die beiden auf ihren Block blicken. Doch weder Paul noch Maria wurden aus den Aufzeichnungen schlau.

»Ihr würdet uns einen Gefallen tun.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Und Petra würde euch auch sehr dankbar sein.«

»Um was geht es denn?« Maria wollte wissen, warum Claudia so darum herum redete.

Claudia holte tief Luft. »Petra möchte in ein Vakuumbett eingesperrt werden und dann von euch zum Orgasmus gestreichelt werden.« Jetzt war es heraus. »Und Peter kann das aus verschiedenen Gründen nicht machen.«

Maria war zunächst ein wenig enttäuscht. »Ich wollte eigentlich fragen, ob ich einmal den Monostiefel ausprobieren könnte.« Sie erklärte, dass sie bei Leonies »Diebesgut« so etwas Faszinierendes gesehen hätte.

»Aber das geht ja trotzdem.« Claudia musste nicht lange nachdenken. »Wegen dem Bett würdest du sowieso knien müssen, das könnte sogar sehr gut aufgehen.«


»Und, hast du sie gefragt?« Petra kam auf die Gruppe zu und sah zuerst Claudia und dann Paul und Maria flehend an. Dieser besondere Blick von Petra war es, der in beiden die letzten Skrupel beiseite wischte. Es war so eine Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung, der nur schwer zu widerstehen war.

»Wir sollen dich zu Bett bringen und dann streicheln.« Maria gab wieder, was sie glaubte verstanden zu haben. Dabei blickte sie Petra sehr verunsichert an. Einerseits wollte sie Petra nicht enttäuschen, andererseits wusste sie so überhaupt nicht, auf was sie sich einlassen würden. Doch sie fühlte sich wegen der tollen Jacke Petra auch zu Dank verpflichtet. Und sie würde sich sicher nicht Unmögliches wünschen.


Petra musste lachen. »Ja, so könnte man das auch sehen.« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Peter kann das nicht, er hat so etwas wie ein Trauma.« Sie berichtete von einer Exhumierung, bei der Peter aus beruflichen Gründen dabei sein musste. »Ich habe es selbst nicht so ganz verstanden, aber ich respektiere es.« Sie erklärte, dass sie das Vakuumbett nur hier auf der Hütte probieren könne. »Zum Personal habe ich kein Vertrauen. Außerdem würden die das Reden anfangen.«

»Aber was ist denn ein Vakuumbett?« Maria hatte diesen Begriff bisher noch nicht gehört und auch Paul hatte nur mit den Schultern gezuckt, als Maria ihn fragend angesehen hatte.

Petra beschrieb, dass sie zwischen zwei Lagen Gummi kriechen würde und dass dann ein Staubsauger die Luft zwischen den Lagen heraus saugen würde. »Das ist wie beim Einschweißen, die Luft wird abgesaugt.« Ihre Stimme wurde etwas schwärmerisch. »Durch das Gummi wird dann jede Berührung verstärkt... Und ich bin in dem Gummi wie festgeklebt und kann mich überhaupt nicht mehr bewegen.«

Sie erklärte, dass es ihr dann egal sei, wer sie berührt, wenn sie sich nur vorher davon überzeugt hatte, dass sie zu denjenigen Vertrauen haben konnte. Sie blickte abwechseln zu Paul und Maria.

»Und ´wir´ sollen dich dann streicheln?« Maria hatte das ´Wir´ extra betont und dabei Pauls Hand ergriffen.

»Ihr würdet mir einen sehr großen Gefallen tun und mich sehr sehr glücklich machen.«

»Und mich auch.« Peter stand auf einmal neben ihnen. »Ich würde alles geben, wenn ich ihr diesen Wunsch erfüllen könnte, doch bei mir geht es nicht.« Er wischte sich ein paar Tränen weg. »Bitte seid meine Hände... Und streichelt sie ins Paradies.«

Beide hatte einen Kloß im Hals. Sie blickten sich kurz an. »Ja, wir machen es.« Marias Stimme war sehr leise. Es war ein großer innerer Kampf und ein großer Konflikt. Die Angst vor dem Unbekannten und viel Schamgefühl standen gegen die Gewissheit, Petra sehr weh zu tun, wenn sie ablehnen würden. Denn sie hatte schon angedeutet, dass sie sich Paul und Maria gern anvertrauen würde. Und sie ahnten, dass dies ein großer Vertrauensbeweis war.


»Meintest du den hier?« Claudia hielt den Monostiefel in der Hand. »Der gehört Petra.«

Maria war etwas verlegen. »Ja, den meinte ich.« Sie blickte Petra an. »Den würde ich gern einmal ausprobieren.«

Als Antwort streichelte Petra Maria über den Kopf. »Aber gern. Genieße es.« Sie bat Maria, sich zunächst die Ballettboots auszuziehen, die sie immer noch trug. »Ich bewundere dich sehr, dass du das kannst.« Petras Stimme zeigte große Faszination.

Maria war verlegen und wusste nichts zu antworten, während sie sich von ihren Stiefeln befreite.

»Braucht ihr mich noch?« Claudia freute sich für Petra, dass sie sich dieses Mal ihren Wunsch erfüllen konnte. »Sebastian hat eine Überraschung für mich.«

»Viel Spaß.« Petra lächelte.

»Danke, euch auch.« antwortete sie, dann verschwand sie wieder in der Hütte.

»Wir hätten auch noch einen Stiefel, der bis an den Schritt reicht.« Petra lächelte, während sie den Stiefel für Maria vorbereitete. »Doch dafür war im Auto wirklich kein Platz mehr.« Sie stöhnte etwas. »Außerdem ist man damit schon verdammt hilflos. Die Knie lassen sich damit nicht mehr beugen.«

Peter strich seiner Frau zärtlich über den Kopf.

»Jetzt setzte dich und strecke deine Beine aus.« bat Petra, dann wartete sie, bis Maria der Bitte nachgekommen war und zog ihr dann den Stiefel über die Beine. Doch dann zögerte sie und blickte zu Paul. »Magst du weiter machen? Ich hole unterdessen das Bett.«

* * *

»Das Bett ist eine Spezialanfertigung, es hält die Luft von sich aus und man kann den nervigen Staubsauger abschalten.« erklärte Petra, als sie eine große Kiste vor die Hütte rollte. »Helft ihr mir beim Auspacken?«

Die Aufforderung hätte es nicht gebraucht, Paul und Maria waren mehr als neugierig, weil sie sich unter dem Vakuumbett immer noch nicht so richtig etwas vorstellen konnten.

»Das hier ist das Bettzeug.« Petra hob einen dicken Stapel schwarzen Gummis heraus. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein übergroßen Bettlaken. »Nehmt ihr bitte die Stangen heraus?«

Paul kam der Bitte nach. »Und wofür sind die?«

»Das wird der äußere Rahmen.« erklärte Petra.

Maria saß neben der Kiste und blickte etwas verlegen auf ihre in dem Monostiefel gefangenen Beine. »Ich schau euch zu.«

»Oh, in den Stiefeln kann man sich schon bewegen.« Petra lachte. »Es ist nur etwas umständlich und anstrengend.« Sie blickte Maria aufmunternd an. »Weißt du, wie ´auf allen vieren´ geht?«

Maria drehte sich etwas mühsam um, dann konnte sie die angesprochene Haltung einnehmen.

»Und jetzt kannst du dich abstützen und auf den Knien rutschen.« Petra lächelte ermutigend.

Maria keuchte etwas. »Nun ja...«


Peter hatte zusammen mit Paul in der Zwischenzeit angefangen, den Rahmen aufzubauen. »Hier kann ich noch mit anfassen. Den Rest müsst ihr dann allein machen.«

Sebastian kam aus der Hütte und hatte einen kleinen alten Staubsauger in der Hand. »Ich glaube, den braucht ihr auch noch.« Er legte ihn neben der großen Kiste ab. »Ich hänge euch dann noch das Kabel aus dem Küchenfenster. Ich weiß aber nicht, ob er so lange durchhalten wird.«

»Oh,« Petra blickte von dem Laken auf. »Wir brauchen ihn nur kurz zum Absaugen.«

»Muss der nicht die ganze Zeit laufen?« Sebastian war verwundert.

»Nein, das ist ein neues Bett, das hält die Luft von sich aus.« Petra richtete sich auf und lächelte stolz. »Wenn du einen Moment wartest, kann ich es dir zeigen.«


Sebastian wartete, bis Petra zusammen mit Paul und Maria das Gummi über die Rohre gezogen hatte. Am Kopfende stand das Gummi jetzt ungefähr einen viertel Meter über.

Petra nahm eine dünne Stange zur Hand und begann, das überstehende Gummi um sie herum aufzuwickeln. »Das hier muss besonders sorgfältig gemacht werden, damit sich keine Falten bilden. Durch die könnte Luft entweichen.« Sie blickte dabei aber auf Paul und Maria. »Dabei könnt ihr euch auch gern Zeit lassen. Ich brauche wenn ich einmal darin liege sowieso einige Zeit, bevor es dann losgehen darf.«

Sebastian war schwer beeindruckt. »Ich komme nachher vielleicht einmal kurz zum Schauen.« Dann ging er wieder in die Hütte. Zuvor hatte er sich aber noch davon überzeugt, dass alle die Notfallregel kannten, und er hatte auch ein Messer für alle Fälle bereit gelegt.


Sie spürte das Zögern ihrer beiden Helfer. »Peter könnte euch durchaus sagen, wenn ihr etwas falsch macht, aber er kann nicht mit anfassen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Und fragt ihn bitte nicht warum.«

Paul gab sich auf einmal recht selbstbewusst. »Das kriegen wir schon hin.« Er dachte insgeheim an die vielen seltsamen Situationen, in die Maria ihn schon geführt hatte.

Dann stand Petra auf und begann sich auszuziehen. Als sie die verwunderten Gesichter von Paul und Maria sah, musste sie lachen. »Natürlich könnte man auch mit Kleidern in das Gummi, aber ohne ist es viel schöner. Man fühlt es einfach überall.« schwärmte sie.

Peter hatte Paul noch den Umgang mit dem Staubsauger gezeigt, dann wollte er sich zurückziehen. Doch Petra hielt ihn auf. »Du müsstest mich noch aus meiner Rüstung heraus lassen.«

Peter grinste ein wenig, dann holte er einen Schlüssel hervor, doch während er seiner Frau das Keuschheitsensemble öffnete, verfinsterte sie seine Miene wieder etwas. Doch sagen tat er nichts.

»Bitte bleib doch hier, bis du gesehen hast, dass sie es richtig machen.« Petra wusste, dass sie von ihrem Mann etwas sehr Schweres verlangte. Dann griff sie noch einmal in die Kiste und hatte einen Schlauch mit einem Riemen daran in der Hand. Als sie die fragenden Gesichter sah, war sie etwas verlegen. »Sebastian hat darauf bestanden, dass das Mundrohr fixiert wird. Das ist fast wie ein Knebel.« Sie lächelte Maria an. »Aber wir haben ja Tipps zum Gag-Talk bekommen.«

Sie nahm das kurze Ende des Schlauchs in den Mund und band sich danach den Riemen um den Kopf. Sie ging auf die obere Öffnung zu und hob sie hoch. »Bitte festhalten.« war etwas undeutlich durch den Schlauch zu hören. Dann setzte sie sich vor die Öffnung und kroch langsam hinein.

* * *

Paul und Maria sahen sich fast atemlos an. Eben hatten sie das kleine Rohr mit dem überstehenden Gummi umwickelt und so das Gummibett versiegelt. Dabei hatten sie sehr genau darauf geachtet, dass keine Falten entstanden. Durch ihre Bewegungen unter dem Gummilaken konnten sie sehen, wie Petra von innen begann, ihr Atemrohr durch eine verstärkte Öffnung in dem Gummilaken zu fädeln.

Paul begriff, worum es ging, und beugte sich über sie, um den Schlauch durch die Öffnung entgegen zunehmen und weiter durchzuziehen, bis das Gummilaken auf Petras Gesicht anlag. Ein dünnerer Gummischlauch, der an der verstärkten Öffnung angebracht war, umschloss nun das Atemrohr und verband es luftdicht mit dem Laken.


Peter stand sehr nervös neben ihnen. »So ist es gut.« Er reichte ihnen seine Armbanduhr. »Jetzt wartet noch eine Viertelstunde und dann könnt ihr mit dem Absaugen beginnen.«

Paul fiel auf, dass sie noch gar nicht wussten, wie lange das Absaugen dauern sollte. Er fragte Peter danach.

»Wenn ihr ein helles Pfeifen hört, ist es genug.« Er drehte sich schon um zum Gehen. »Außerdem kann Petra es euch ja auch noch sagen.«

»Danke«, war es auf einmal aus der schwarzen Hülle zu hören, »ihr wisst ja gar nicht, was für einen großen Wunsch ihr mir erfüllt.«


Die Sekunden schlichen dahin. Immer wieder blickten Paul und Maria auf die Uhr.

»Oh«, war auf einmal aus der Hülle zu hören, »ihr dürft euch ruhig unterhalten, das stört mich nicht.«

Trotzdem herrschte erst einmal weiterhin Stille.


»Du weißt, was du mit dem Staubsauger machen musst?« Marias Stimme zeigte sowohl Nervosität als auch Faszination.

Paul zeigte auf den kurzen Stutzen, der am Kopfende nahe am Rand angebracht war. »Nur anschalten, den Sauger hier dran halten und absaugen.« Er blickte wieder auf die Uhr. »Da ist ein Ventil drin, welches die Luft drinnen hält.«

»Du meinst, nicht herein lässt?« Trotz der Angespanntheit mussten beide kurz lachen. Der Versprecher zeigte auch Pauls Nervosität.


Maria blickte noch einmal auf die Uhr. »Ich glaube, wir können dann anfangen.«

Petra grunzte einmal. Das war das Zeichen für ´Alles in Ordnung´.

Pauls Hand zitterte etwas, als er den Staubsauger anschaltete. Dann hielt er den Sauger an das Bett.

Zuerst war überhaupt keine Änderung zu sehen und sie glaubten schon etwas falsch gemacht zu haben. Doch nach und nach wurde das Gummi weiter zu Boden gezogen und Petras Konturen wurden sichtbar.

Maria sah sehr fasziniert, wie sich das Gummi sogar um jeden einzelnen Finger legte. Petra würde sich vermutlich keinen Millimeter mehr bewegen können.

Schließlich zeigte tatsächlich ein helles Pfeifen an, dass alle Luft aus dem Bett heraus gesaugt war. Paul nahm den Sauger vom Stutzen und schaltete den Staubsauger aus.

Zunächst blickte beide auf das bizarre Bild, welches sich ihnen bot. Von Petra war wirklich jedes Detail zu sehen und durch den Schlauch war jetzt schon ein leises Stöhnen zu hören.


Maria hatte sich als erste wieder unter Kontrolle und sie ?erinnerte? sich daran, wo sie sich selbst gern streichelte, wenn sie eine Belohnung bekam. Sehr vorsichtig begann sie mit ersten Berührungen der Gummihülle.

Petra quittierte die Berührung mit einem ersten Aufstöhnen.

Paul kniete noch zögernd daneben und als Maria seine Zurückhaltung bemerkte, ergriff sie seine Hände und drückte sie ebenfalls auf Petras Körper. Sie zeigte ihm wortlos, wo Petra überall gestreichelt werden mochte und ließ dabei auch nicht die wirklich intimen Stellen aus.

Petras Stöhnen zeigte bald an, dass Paul und Maria ihre Sache gut machten und nachdem Paul seine Scheu abgelegt hatte, stöhnte Petra lauter, als sie spürte, dass es jetzt mehr als zwei Hände waren ,die sie berührten.

Petras Stöhnen und ihr Atem gingen immer heftiger. Und das gelegentliches Wackeln des Vakuumbettes zeigte, das Petra schon heftige Bewegungen machen würde, wenn das Gummi sie nicht so unerbittlich festhalten würde.

Schließlich zeigte ein langer Schrei, dass Petra ihr Ziel erreicht hatte. Nur ganz langsam sank sie zusammen und ließ sich noch durch das Streicheln bei der Wiederkehr in die reale Welt begleiten.

* * *

»Hier, bitte schön.« Maria reichte Petra so wie es abgesprochen war, das große Badetuch. Danach nahm sie sie in den Arm und ermutigte auch Paul, seinem Versprechen nachzukommen.

Petra musste sich erst ihre Freudentränen wegwischen, bevor sie antworten konnte. »Danke, danke für alles. Das werde ich euch nie vergessen.«

Paul und Maria hielten Petra in ihrer Umarmung recht unbefangen fest. Aber in ihren Gesichtern war auch etwas Erleichterung zu lesen, dass sie es hinter sich hatten und vor allem, dass Petra zufrieden war.


Maria schaute immer wieder auf den seltsamen Gummirahmen und spürte in ihren Händen immer noch das immer stärker werdende Zittern von Petra. Sie konnte nur ahnen, dass es die einzig mögliche Bewegung gewesen war, die Petra noch verblieben war.

»Maria?« Petra blickte ein wenig fragend an.

»Ja?« Maria wusste in ihrem Unterbewusstsein schon, was jetzt kommen würde.

»Möchtest du es auch einmal probieren?« Petra hatte die Frage etwas leiser gestellt. »Du scheinst sehr fasziniert zu sein.«

Jetzt wo es ausgesprochen war, erkannte Maria, was sich tief in ihrem Inneren geregt hatte. »Ich würde gern wissen, wie es sich anfühlt, bevor ich ja sage.«

»Das ist doch gar kein Problem«, Sebastian stand plötzlich neben ihnen. »Macht doch einfach zwei Durchläufe. Einen zum Austesten und einen zum Genießen.«

Petra blickte ihn wortlos aber fragend an.

»Claudia fliegt«, antwortete er auf die nicht ausgesprochene Frage. »Ich habe ein wenig Zeit.« Er drehte sich wieder zu Maria. »Außerdem könnte ich mir dann das Bett noch einmal in Aktion ansehen.« Er hatte an Marias Blick schon erkannt, wie ihre Antwort lauten würde. »Aber wir möchten dich nicht bedrängen.«

Maria drückte noch einmal Pauls Hand, bevor sie sich zu einer Antwort durch rang. »Ich würde schon gern einmal wissen, wie sich das anfühlt.« Ihre Stimme war sehr leise.

Petra bat Paul und Sebastian, das Bett wieder herzurichten. »Vielleicht könntet ihr es ein wenig auswischen, es dürfte im Moment ein wenig feucht sein.« Sie lächelte etwas verlegen.

Sebastian blickte Petra und Paul abwechseln an. »Das machen wir schon.«


Petra bat Maria, sich neben sie zu setzen. Erst als Maria sich auf ihre Hände abstützte, fiel es Petra wieder ein, dass Maria noch den Monostiefel trug. »Warte, ich komme zu dir.« Sie hielt das Handtuch fest an ihren Körper, dann stand sie auf und setzte sich neben Maria.

»Es gibt ein paar Sachen, auf die du vorbereitet sein solltest.« Petras Stimme klang im Moment sehr wichtig. »Das Atmen im Bett geht sehr schwer, weil du ja Druck auf dem Brustkorb hast. Das ist ein Moment, wo man leicht Panik bekommen kann.«

Maria blickte kurz einmal zum Bett, wo Paul und Sebastian sich daran machten, es ein wenig von innen zu trocknen. Paul hielt es auf und Sebastian war mit mehreren Tüchern hinein gerutscht.

»Und du solltest eine ganz bequeme Position einnehmen. Wenn das Vakuum einmal da ist, kannst du dich überhaupt nicht mehr bewegen.« In ihrer Stimme klang sehr viel Faszination mit.

»Und wie wird es nachher ablaufen?« Maria Neugier war mindestens genauso groß wie die Angst vor dem Unbekannten.

»Du kriechst hinein, dann suchst du dir einen bequemen Platz und dann könnte es los gehen. Das Atemrohr muss natürlich richtig sitzen, sonst darfst du erst gar nicht anfangen.«

Maria schwieg einige Zeit.

Doch Petra spürte ihre große innere Unruhe. »Wir sind alle da und passen auf dich auf.«

Sebastian warf das Wort ´Notsignal´ dazwischen.

»Richtig«, Petra griff es auf. »Du darfst es jederzeit abbrechen, aus welchem Grund auch immer.«


Auf einmal hörten sie ein vertrautes Räuspern. »Eure Hoheit!« Paul stand mit ernstem Gesicht vor ihnen und verbeugte sich. »Ich bitte melden zu dürfen, dass das Bett für eure Hoheit jetzt bereit ist.« Er reichte ihr seine Hand.

Ein vorsichtiges Lächeln glitt über Marias bisher sehr angespannte Miene. »Ich danke euch, mein Prinz.« Sie ergriff leicht zitternd seine Hand und ließ sich langsam hochziehen.

»Ich glaube, die Prinzessin möchte sich noch umziehen.« Petra versuchte, die Stimmung aufzugreifen.

Maria hatte den Monostiefel schon ganz vergessen und wurde erst jetzt daran erinnert, als sie ihre Beine nicht so bewegen konnte, wie sie es eigentlich vorhatte.

Auch Paul hatte den seltsamen Stiefel wieder bemerkt und hielt Maria fest, als er ihr Straucheln fühlte.

»Danke, mein Prinz, den Stiefel hatte ich ganz vergessen.« Sie grinste. »So etwas fehlt in der königlichen Garderobe noch.«

»Der passende Schuh zum großen Korsett.« Paul sprach eigentlich nur einen Gedanken aus, doch er bekam als Belohnung dafür einen langen Kuss.


Nachdem Paul ihr aus dem Stiefel geholfen hatte, hatte Maria schnell ihre restlichen Kleidungsstücke abgelegt. Doch dann hielt sie inne, denn es kam jetzt ein ganz schwieriger Punkt. Sie musste Paul bitten, sie aus dem Keuschheitsgeschirr zu befreien.

Doch zu ihrer großen Erleichterung hatte Paul die Schlüssel schon in der Hand und ohne eine weitere Aufforderung hatte er ihr die Schlösser geöffnet, die für das Ablegen wichtig waren.

»Hier bitte«, Sebastian stand neben ihr und reichte ihr das Atemrohr.

Maria nahm es entgegen und wie bei ihren Knebeln auch hatte sie keine Mühe damit, es sich anzulegen. Erst später sollte ihr bewusst werden, dass sie zu diesem Zeitpunkt völlig nackt war.

Paul war unterdessen zum Bett gegangen und hielt die Gummihülle hoch. »Bitte sehr, werte Prinzessin, es ist alles bereit.«

»Danke, mein lieber Prinz«, antwortete Maria und ließ sich vor dem Bett nieder.

»Am besten wäre es, die Prinzessin setzt sich davor und rutsch dann hinein.« Petra hatte sich das große Badetuch jetzt um den Körper gebunden und stand neben Maria. »Dein Prinz hält das Bett so lange fest, bis ich es sage.« Sie blickte Paul kurz an.

Maria war dankbar, dass Petra nicht nur ihre Erfahrung einbrachte, sondern auch ihr Spiel mitspielte. Das machte es ihr leichter, insbesondere weil sie es von den schönen Nächten schon gewöhnt war. Langsam machte Maria sich auf in das Gummibett.

»Siehst du die Öffnung für das Rohr?« fragte Petra, als Maria in das Bett hinein gerutscht war. »Stecke bitte den Schlauch hindurch.«

Maria kam der Aufforderung ohne Mühe nach. Paul half ihr von außen.

»Ist alles in Ordnung? Liegst du bequem?« Petra hatte diese Frage bewusst langsam gestellt. Maria sollte zur Ruhe kommen.

»Es ist alles in Ordnung.«

»Für das erste Mal solltest du deine Arme nach unten halten und leicht abspreizen.« Petra sah, dass Maria ihren Vorschlag sofort annahm. »Und die Finger auch leicht spreizen.«

Maria kam auch dieser Bitte nach.

»Jetzt entspanne dich. Wir werden das Bett jetzt schließen.«


Maria lauschte. Sie hörte nur das Rascheln des Bettes und gelegentlich hörte sie, wie Petra etwas zum Bett erklärte. Sebastian gab sich sehr interessiert. Doch dann wurde es still.

Die Zeit verging nur sehr langsam. Doch es bewirkte, dass Maria ruhiger wurde. Später sollte sie erfahren, dass es nur zwei Minuten waren, seit Petra verkündet hatte, dass das Bett jetzt geschlossen wäre.

Schließlich durchbrach ein leises Räuspern die Stille. »Wir würden dann mit dem Absaugen beginne.« Petras Stimme war gut zu hören. »Ist bei dir alles in Ordnung? Bitte antworte im ganzen Satz.« Petra wollte auf Nummer sicher gehen.

»Mir geht es gut, ihr könnt beginnen.« Zu ihrem eigenen Erstaunen fiel ihr dieser Satz sehr leicht.

»Bitte lege dich ganz bequem hin und entspanne dich.«

Maria kam der Bitte nach und nahm die abgesprochene Haltung ein. Nur ihr Herz klopfte wie wild.


Der Staubsauger heulte auf und gleich darauf fühlte sie ein leichtes Ruckeln am Gummi. Das Absaugen begann.

Zuerst spürte Maria das Gummi nur leicht, doch je länger das Absaugen dauerte, desto deutlicher bemerkte sie, wie sich das Gummi immer weiter um ihren Körper legte. Der Druck auf ihren Brustkorb nahm zu, so wie Petra es angekündigt hatte.

Auch an ihren Armen und Beinen spürte sie das Gummi immer deutlicher und es erinnerte sie an das Gefühl, wenn sie in ihr Ganzkörperkorsett geschnürt wurde - nur das es hier noch viel gründlicher passierte und sehr viel enger wurde.

Sie merkte, wie das Gummi überall an ihrer Haut entlang kroch und immer mehr von ihrem Körper gefangen nahm. Sie versuchte vorsichtig ihre Arme zu bewegen, doch zu ihrer Faszination waren diese schon fest vom Gummi umschlossen.

Sie fühlte, wie das Gummi auch ihre Arme und Beine entlang wanderte und langsam auch ihre Finger umschloss.

Auf einmal war das helle Pfeifen zu hören, welches sie schon bei Petra gehört hatte und welches ihr das Finale ankündigte.


Stille.


Auf einmal war es ruhig.


Sehr ruhig.


Maria hörte nur noch ihr Herz klopfen.


»Maria?« Petra Stimme durchbrach die Stille.

»Ja?« Maria hatte ein wenig Mühe zu antworten.

»Ist alles in Ordnung?« Ihre Stimme zeigte eine gewissen Nervosität, denn Petra wusste, das dies ein ganz kritischer Moment war.

»Es ist alles in Ordnung.« Maria fühlte sich ähnlich geborgen, wie sie es in ihrer schönen Nacht schon oft erlebt hatte. »Die Prinzessin ist sehr zufrieden und wird sehr gut schlafen.«

»Wie gefällt es der Prinzessin?« Paul war von dem Anblick sehr fasziniert.

»Danke mein Prinz, es ist sehr schön.« Zu ihrem eigenen Erstaunen hatte Maria trotz ihrer Lage keine Mühe, in dem Spiel zu bleiben.

»Wir würden dich dann wieder heraus lassen und dann den zweiten Lauf starten.« Petra erinnerte an das, was sie abgesprochen hatten.

Doch Maria hatte ihre Entscheidung schon lange getroffen. »Petra?« fragte sie vorsichtig. »Könnte ich auch gleich so bleiben?«

»Aber gern.« Petra lächelte. Insgeheim hatte sie mit dieser Frage gerechnet. »Wir würden dann mit dem Streicheln beginnen. Ist dir das recht?«

Maria versuchte zu nicken, doch sie stellte fasziniert fest, dass ihr Kopf völlig festgehalten wurde. Ihr ´Ja´ war sehr leise.


Sie zuckte etwas zusammen, als sie die Hand auf ihrem Bauch spürte. Dann kam eine zweite Hand auf ihrem Arm. Es war so intensiv und so zärtlich.

Eine dritte Hand. Es war Pauls Hand, das spürte sie. Es war so vorsichtig und doch auch zärtlich.

Dann kamen noch weitere Hände. Und diese Hände begannen sich zu bewegen. Sie waren so zärtlich... und überall... Maria schaffte es nicht mehr, ihr Stöhnen zu unterdrücken.

Und sie konnte überhaupt nichts tun. Sie war wie festgeklebt. Sie war all der Zärtlichkeit hilflos ausgeliefert. Sie schaffte es nicht mehr, sich zurückzuhalten, sie begann hemmungslos zu stöhnen.


Immer lauter wurde ihr Stöhnen. Und die Hände streichelten sie überall.

Zuerst erschrak sie ein wenig, als sie die Hände auch auf ihrer Scham spürte. Doch schon sehr bald schaffte sie es, sich völlig fallen zu lassen und nur noch zu genießen.

Ihre Erregung stieg immer weiter an und sie begann überall zu zittern. Doch sogar dieses Zittern wurde von dem unbarmherzigen Gummi so gut wie unterdrückt.

Schon bald war sie nur noch zitternde Erregung und konnte nichts mehr denken, nur noch fühlen. Langsam begann sich ihr Körper anzuspannen.

Immer stärker wurde ihre Erregung und sie hätte sicher wild um sich geschlagen, wenn sie das Gummi nicht so streng festgehalten hätte. Lediglich der wackelnde Rahmen zeigte an, wie heftig Maria sich zu bewegen versuchte.

Schließlich zeigte ein heftiges Aufbäumen, dass ein wilder Orgasmus durch ihren Körper jagte.


Das Streicheln wurde nach und nach weniger und es wurden auch weniger Hände, bis sie nur noch zwei davon spürte, Pauls Hände.

»Alles in Ordnung?« hörte sie Pauls Stimme wie durch einen Nebel.

»Ich liebe Dich!« Die Worte kamen direkt aus ihrem Herzen.

Sie spürte seine Hände auf ihrem Busen und hörte dabei sein sehr liebevolles »Ich liebe dich auch.«

»Petra und Sebastian haben sich zurückgezogen.« Paul fiel das Sprechen schwer, denn er war von den Ereignissen immer noch sehr beeindruckt. »Ich soll dich fragen, ob du schon heraus möchtest.«

Maria schwebte immer noch im siebten Himmel. »Ich würde gern noch so bleiben.« Ihre Stimme strahlte. »Aber bitte bleibe bei mir.« Sie atmete heftig. »Und streichele mich weiter.«


Paul hatte sich bei Petra abgeschaut, wie er es zu machen hatte.

Er begann an den Fußspitzen, arbeitet sich an den Innenseiten der Schenkel empor, um dann kurz vor ihrer Scham aufzuhören oder auf dem Bauch weiter zu machen. Nur ganz selten führten ihn seine Bewegungen direkt ans Ziel.

Petra hatte ihm diese Bewegungen erklärt und dass geeignet seien, die Eingeschlossene wirklich ins Paradies zu führen.

* * *

Maria war unter seinen Händen noch zwei mal gekommen, als er schließlich sah, wie Petra und Sebastian wieder auf ihn zu kamen.

Petra setze sich zunächst neben ihn und flüsterte ihm ins Ohr, was als nächstes kommen würde. »Wenn Maria aus dem Bett heraus kommt, musst du sie sofort mit dem großen Handtuch in Empfang nehmen, sie darin einwickeln und dann festhalten, das ist ganz wichtig. Wenn sie sich setzen möchte, dann sei darauf vorbereitet. Es ist ganz wichtig, dass sie dich an ihrer Seite spürt und dass du allein für sie da bist. Sie muss ganz langsam wieder zurückgeholt werden und das musst unbedingt du machen.«


Paul hielt Maria im Arm und blickte etwas umher. Neben ihm lagen noch die zwei Keuschheitsgeschirre von Maria und Petra. Peter war auf eine kleine Wanderung aufgebrochen, von der er noch nicht zurück war. Und Petra wollte nur von ihm eingeschlossen werden.

Maria hatte sich in das Handtuch gekuschelt und genoss Pauls Umarmung. Seit Petra und Sebastian das Bett geöffnet hatten, hatte sie noch kein Wort gesagt. Genau darauf hatte Petra ihn aber auch vorbereitet.

Auch als sie plötzlich zu weinen begann, blieb Paul ruhig. Auch diese Reaktion hatte Petra vorher gesagt. Er zog sie noch etwas fester an sich und hielt sie fest. Nur gelegentlich wischte er eine der Tränen weg.

»So etwas Schönes habe ich noch nie erlebt.« Marias Stimme zeigte, dass sie immer noch beim Fliegen war und dass sie nur sehr langsam wieder in die Realität zurück kam. »Danke, dass du da bist.« Sie gab ihm einen Kuss.
295. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 10.11.14 23:24

gag_coll ich muß sagen eine echt tolle Fortsetzung.Vielen dank dafür.
mfg Wölchen
296. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 11.11.14 01:22


Zitat

Aber sie kannte ihre beiden Töchter und wusste, dass beide mit Dildos vertraut waren. Mehr als es einer Mutter recht sein konnte.
Es sind halt Modernere Zeiten.
Wenigstens ist das Pferd eine Richtige Strafe für Leonie durch die Musik ihrer Schwester.
Bei mir wären das wohl diese sogenannten Schlagerfuzzis die auf Malle singen.
Dacht ich mir schon das Maria das Vakuumbett auch mal Testen würde und es hat ihr ja auch gefallen.
Tolle Fortsetzung.
297. RE: Maria

geschrieben von windel41 am 13.11.14 12:59

Danke für die vielen Stunden die ich diese Geschichte schon lesen durfte... Sie ist ganz hervorragend geschrieben und lässt doch noch viel Platz fürs Kopfkino.

Ich glaube es ist die erste Story die ich gefunden habe, in der ohne Druck so viele unterschiedliche restriktive Szenen durchlebt werden.

So und nun reihe ich mich in die Reihe der Wartenden ein.

Gruß W.

298. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 14.11.14 20:45

Danke für 200K Aufrufe...
299. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 14.11.14 20:59

Zitat
Danke für 200K Aufrufe...


Ich denke, wenn du so weiter machst, verdoppelste des locker

mit fesselnden Grüßen

Eure Kami
300. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zehn

geschrieben von gag_coll am 16.11.14 16:10

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zehn
Autor: Karl Kollar

Obwohl Paul mit ihrem Keuschheitsgürtel in der Hand neben ihr stand und auf sie wartete, war Marias Aufmerksamkeit von Petra gefangen, die sich gerade ihren Gürtel anlegte, während Peter daneben stand und gelegentlich mit anfasste.

Paul blickte bewusst nicht zu Petra, nachdem er gesehen hatte, was Maria so sehr faszinierte. Petra hielt den Gürtel in ihrer Hand und schob sich gerade den auf dem Schrittteil angebrachten Dildo zurecht. Als sie Marias verwunderten Blick sah, lächelte sie. »Das erinnert mich immer daran, dass ich Peters Frau bin.« Sie drückte ihrem Mann einen kurzen Kuss auf den Mund.

Erst nachdem Peter begann, die Schlösser an Petras Gürtel zu schließen, war Maria wieder in der Lage, Paul ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Sie lächelte etwas verlegen, als sie sah, dass Paul ihren Gürtel in der Hand hielt und auf sie wartete. »Ich habe da gerade etwas gesehen, was mich sehr fasziniert hat.« Sie wurde etwas rot.

»Ich weiß«, Paul versuchte sich cool zu geben, was ihm aber nur leidlich gelang. »Ich habe es auch gesehen.«

»Aber jetzt schließe mich bitte ein.« Maria blickte ihn erwartungsvoll an.

Im Gegensatz zu Maria erinnerte sich Paul sehr genau an die Übungsstunde bei seiner Oma und deswegen beherrschte er die nötigen Handgriffe, um Maria den Gürtel und den BH wieder anzulegen.

Petra blickte das Paar erstaunt an. »Das ging aber schnell.«

Maria lächelte. »Wir haben das auch extra geübt.« Sie gab Paul einen Kuss. »Wir wollten uns hier nicht blamieren.«

Paul war trotz Petras und Marias Lob erleichtert, dass er seine Feuerprobe so gut bestanden hatte.

»Du trägst den Gürtel noch nicht lange?« Petra vermutete das Naheliegende.

»Doch, eigentlich seit Beginn meines Programms. Und das sind jetzt schon ein paar Jahre.« Maria gab Paul noch einen Kuss. »Aber bisher hat sich jemand anderes darum gekümmert.«

»Ich trage den Gürtel die ganze Zeit«, es lag ein gewisser Stolz in Petras Stimme, »nicht nur hier auf der Hütte.« Sie nahm Peters Hand und drückte sie. »Es gefällt mir sehr gut, dass er über mich die Kontrolle hat.«

»Ich trage den Gürtel auch sehr oft«, es freute Maria, sich einmal mit einer Gleichgesinnten austauschen zu können, »aber nur zu meinem Schutz.«

»Und wer hat die Schlüssel?« fragte Petra mit einem gewissen Unterton in der Stimme.

»Die hat Paul«, antwortete Maria, sie ahnte noch nicht, woraus Petra hinaus wollte.

»Das heißt, er hat die Kontrolle über dich?«

Maria wurde etwas nachdenklich. »So habe ich das bisher noch gar nicht gesehen.«


Petra spürte die Neugier von Paul und Maria, gleichzeitig ahnte sie aber auch, dass das Paar von sich aus nicht nachfragen würden, so begann sie von sich aus zu erzählen. »Ich stamme aus einer sehr konservativen Familie, und meine Mutter hat mich schon sehr früh in einen Keuschheitsgürtel gesteckt. Ich habe es damals einfach so hingenommen, insbesondere weil es in meiner Klasse zwei Mädchen gab, denen es ebenso erging.« Sie beschrieb, dass sie durch einen Zufall beim Toilettengang darauf gekommen sind. »Wir fühlten uns als etwas Besonderes, weil uns die Jungs belagerten. Es gab Mädchen in der Klasse, die hübscher waren, doch wir waren etwas Besonderes.«

Petra hatte etwas Verträumtes im Blick. »Und wir waren auch nicht zurückhaltend, denn wir wussten ja, dass uns nichts passieren konnte. Es war toll, so unbefangen flirten zu können.«

Ihre Stimme wurde nachdenklich. »Doch schon bald merkte ich, dass ich etwas vermisste. Ich konnte es bloß nicht beschreiben.«

»Ich hatte es sofort erkannt, was dir fehlte.« ergänzte Peter. »Es war auf einer der Klassen-Feten. Ich hatte von dir verlangt, vor mir vor dem Sofa zu knien.«

»Ich bin dem atemlos nachgekommen und ich wusste sofort, als ich es spürte, dass es das war, nach dem ich gesucht hatte. Es kam sehr viel Spott von den anderen, doch ich blieb stark.« Es war jetzt noch zu spüren, wie bedeutsam es für Petra gewesen war. »Ich wusste nicht, ob ich so etwas Schönes noch einmal erleben würde und ich wollte es genießen« Sie seufzte etwas. »Später bin ich dann nicht mehr auf solche Parties gegangen.«

»Wir waren jung und verliebt.« beschrieb Peter. »Weißt du noch, wie wir in dem vornehmen Restaurant waren und du neben mir knien solltest?«

»Die Bedienung war sehr verunsichert und nervös.« Petra lachte. »Aber es waren die schönsten Stunden meines Lebens.«

»Das Trinkgeld, das ich gegeben habe, war mehr als die Rechnung selbst.« Peter war nachdenklich. »Aber der Aufwand hat sich gelohnt. Du hast ´ja´ gesagt.«

Sie sahen die verblüfften Gesichter.

»Ja, er hat mir bald nach dem Hauptgang einen Heiratsantrag gemacht.« Petra strahlte. »Und ich habe sehr gern angenommen.«

Peter gab ihr einen Kuss.

»Meine Familie war sehr erfreut, dass ich so eine gute Partie machen würde.« Petra schwärmte. »Und doch ließ es sich meine Mutter nicht nehmen, am Vorabend meiner Hochzeit in einer kleinen Zeremonie meinem damals Verlobten die Schlüssel für mein Geschirr zu übergeben.«

»Es war ein toller Moment, als er mich dann in der Hochzeitsnacht aufgeschlossen hat.« Sie streichelte seine Hand. »Und am nächsten Morgen gab es dann die nächste Überraschung.«

Peter grinste. »Ich war damals sehr unsicher, wie du aufnehmen würdest.« Peter grinste. »Doch du hast genau so reagiert, wie ich es mir gewünscht hatte.«

»Ich wachte wieder auf und spürte, dass ich den Keuschheitsgürtel wieder trug. Ich dachte zuerst, dass ich die Hochzeit nur geträumt hätte, doch dann sah ich das Kleid am Schrank hängen.« Petra blickte verträumt zu ihrem Mann. »Und dann spürte ich es in mir.«

Peter hatte damals den richtigen Zeitpunkt erkannt. »Noch einmal alles Liebe mein Schatz. Wie gefällt dir dein neuer Gürtel?« Er hatte ihr eröffnet, dass sie ab sofort immer einen Dildo in sich tragen würde. »Damit du stets an mich denkst.«

»Ich hatte mich vor der Hochzeitsnacht gefürchtet, denn ich hatte Angst, den Keuschheitsgürtel danach nicht mehr tragen zu dürfen.« Petra lachte. »Der neue Gürtel war das schönste Geschenk überhaupt.«

Maria wurde hellhörig. »Die ganze Zeit gefüllt?« Sie schaffte es nicht, das Wort ´Dildo´ auszusprechen.

Petra lachte. »Nein, natürlich nicht.« Sie gab ihrem Mann einen Kuss. »Aber sehr oft.«

»Einen Gürtel trage ich ja auch oft.« Maria war nachdenklich. »Aber gefüllt war ich noch nie.« Sie wurde etwas rot, als sie es aussprach. Sie blickte Paul verlangend an.

Paul hatte sich nach dem ersten kurzen Schreck sofort wieder unter Kontrolle. Natürlich hatte er auch an das Prunkgeschirr denken müssen, welches seine Oma auf dem Dachboden aufbewahrte. Auf einmal hatte er eine Idee. »Wir stehen ja bald vor dem Altar.« Er grinste. »Wer weiß, was in der Hochzeitsnacht passieren wird.«

Maria kam ins Grübeln. Bisher hatte sie zwar immer davon geträumt, dass eines Tages ein Prinz kommen würde und sie »befreien« würde. Doch mittlerweile war sie sich gar nicht mehr sicher, ob sie überhaupt »befreit« werden wollte. Sie blickte verliebt zu Paul und ergriff seine Hand. Es war so schön, seine Fesseln zu genießen und gegen sie an zu kämpfen, und dabei doch stets zu wissen, dass sie sie verlässlich festhielten und ihr Geborgenheit gaben.

Wie würde es nach einer ?Hochzeit? sein? Es war ihr dabei zunächst gleichgültig, ob es die gespielte oder die echte Hochzeit war. Würde sie danach ?frei? sein? Der Gedanke gefiel ihr überhaupt nicht.

Sie wusste noch nicht, wie es sein würde, wenn er in ihr war, doch wenn er von ihr verlangen würde, danach auch so einen Dildo zu tragen, dann würde sie es gern tun.

* * *

»Kommt ihr dann zur Verhandlung?« Amelie war aus der Hütte gekommen und obwohl ihre Arme in einem Monohandschuh gefangen waren, machte sie mit ihren Armen eine einladende Bewegung.

Peter blickte sie verwundert an. »Was für eine Verhandlung?«

Amelie grinste bis über beide Ohren. »Der Hüttenwirt Sebastian gegen die Einbrecherin Leonie.«

Peter lachte. »Na, das könnte lustig werden.«

Doch Amelie warnte sie. »Fangt bloß nicht an zu lachen, sonst macht ihr die ganze Stimmung kaputt.«

»Kannst du dir noch etwas anziehen?« Amelie blickte Maria etwas neidisch an. »Für dich und Paul sind die Rollen der Gerichtsdiener vorgesehen.«

»Gerichtsdiener?« Maria blickte Amelie verblüfft an. »Was müssen wir denn da tun?«

Amelie erklärte ihnen kurz ihre Aufgabe. »Und bitte versucht ernst zu bleiben.«

* * *

»Bitte erheben sie sich.« Margarete hatte einen kleinen Block vor sich liegen und tat so, als würde sie die Verhandlung mitprotokollieren.

Eberhard betrat die Bühne mit ernstem Gesicht und nahm in der Mitte zwischen dem ?Staatsanwalt? Sebastian und der ?Pflichtverteidigerin? Claudia Platz. Es war deutlich, dass er die Rolle des Richters übernommen hatte. »Bitte führen sie die Angeklagte vor.«

Maria stand auf und verließ die Hütte. Sie trug als Symbol ihrer Aufgabe einen Gürtel, an dem ein paar Handschellen baumelten. In der Tür blieb sie stehen. »Bitte die Angeklagte.« Im Gegensatz zu Eberhard und Sebastian hatte sie allerdings große Mühe, nicht zu lachen.

Paul stand auf und zog an der Leine, die er in der Hand hatte. Diese war an einem Halsband befestigt, die die hinter dem Rücken mit Handschellen gefesselte Leonie trug. Leonie stand ebenfalls von der Bank auf und folgte ihm in die Hütte. Sie hatte den Lack-Catsuit abgeben müssen und trug nun wieder die Kleidung, mit der sie zur Hütte gewandert war. Er führte die ?Angeklagte? auf die Bühne, wo sie neben ihrer Verteidigerin Platz nahm.

»Danke«, bedankte sich der Richter. »Ich denke, die Leine können sie jetzt abnehmen.«

Paul kam der Anweisung nach, dann nahm er neben Maria im ´Zuschauerraum´ Platz und verfolgte von dort die weitere Verhandlung.


Zunächst trug der Staatsanwalt vor, was der Angeklagten vorgeworfen wurde. Es lief auf Einbruch, hinterlistige Täuschung und Missbrauch fremden Eigentums hinaus.

Der Richter bedankte sich, dann wandte er sich an Leonie. »Möchte die Angeklagte dazu Stellung beziehen.«

Unter normalen Umständen hätte Leonie nur gelacht, wäre aufgestanden und gegangen. Diese Verhandlung war doch nur ein schlechtes Theater. Doch sie wollte auf der Hütte bleiben dürfen und hoffte dazu noch auf ein paar aufregende Abenteuer. Die einzige Strafe, die sie wirklich fürchtete, war die, weggeschickt zu werden.

Sie stand auf. »Ich bekenne mich schuldig und bitte um eine gerechte Strafe.« Es war die Lust auf Abenteuer, die ihr diesen Satz in den Mund gelegt hatte. Dann nahm sie wieder Platz.

»Hat die Verteidigung noch etwas zu sagen?« Eberhard blickte zur »Pflichtverteidigerin«.

Claudia machte zunächst auf Leonies Single-Status aufmerksam und dass man deswegen doch Verständnis haben müsse. »Gewiss, sie hätte hier nicht herkommen dürfen, aber sie hat keinem geschadet und ist einsichtig. Ich bitte um ein mildes Urteil.«

»Ich bitte sie, sich zu erheben, das Urteil wird verkündet.« Margaretes Stimme war erstaunlich feierlich.

Eberhard erhob sich als letzter, dann räusperte sich. »Die Beklagte ist schuldig im Sinne der Anklage und wird wie folgt bestraft. Sie erhält sechs Stunden Orgasmusverbot, die Gemeinschaft wird dies geeignet überwachen. Außerdem müssen ihre Arme und Beine immer mindestens zu 50 % fixiert sein.«

Leonie war erleichtert, sie hatten sie nicht weggeschickt.

Doch dann sprach Eberhard weiter. »Ich bitte jetzt um die Vollstreckung des Urteils.« Er bat Maria, die Verurteilte wieder an die Leine zu nehmen und ebenso wandte er sich an Claudia, den Strafort vorzubereiten.


Maria stand auf und ging zu Leonie. Sie war sich im Moment nicht mehr so sicher, wie viel hier nur Theater war und was ernst gemeint war. Aber ihr gefiel der Gedanke, ein Mädchen an der Leine führen zu müssen.

Claudia stand auf und griff zu den Ketten, die Anna schon bereit gelegt hatte. Es war das Zubehör zu dem ganz großen Neosteel-Keuschheitsgürtel-Geschirr, welches sie zum Hochzeitstag bekommen hatte. Sie ging zu den Säulen, zwischen denen Christine letzte Nacht geschlafen hatte und befestigte sie jeweils oben und unten. Als letztes bat sie die Gerichtsdienerin, die Verurteilte herzubringen.

Als Leonie begriff, was mit ihr passieren würde, versuchte sie sich ein wenig spielerisch zu sträuben. Doch zum einen verriet sie sich durch das Leuchten in ihren Augen und zum andern entdeckte Maria, dass sie durchaus auch dominant auftreten und sich durchsetzen konnte.


Erst als sie Leonie zwischen die Säulen gestellt hatte und Claudia das erste der Neosteel-Bänder um ihr Handgelenk schloss, fiel ihr auf einmal die Szene aus #Geschichte der O´ ein, bei der O auch zwischen die zwei Säulen gekettet wurde um dann... »Ich will nicht wie die O ausgepeitscht werden.« stammelte Leonie vor sich hin.

Claudia reagierte blitzschnell. »Ich kenne die Szene auch, bei der sie erst zwischen die Säulen gekettet wird und dann geht die Musik an.«

Sebastian griff den Gedanken auf. »Aber die Musik brauchen wir hier nicht. Außer uns ist keiner hier.« Er griff zu einer Reitpeitsche, die eigentlich nur für das Ponyplay am folgenden Tag als Dekoration gedacht war und kam damit langsam auf Leonie zu.

Leonie begann zu zittern und ihre Stimme wurde weinerlich. »Ich will nicht ausgepeitscht werden.«

»Das hättest du dir vorher überlegen müssen.« Sebastian wusste, auf welchen Registern er spielen musste. »Wenn du dich in die Höhle des Löwen begibst, dann musst du damit rechnen, dass du gebissen wirst.«

Wie vorher abgesprochen, kam Anna mit einer großen Tasche dazu. Aus Leonie wurde auf einmal ein kleines Mädchen. »Mama, er will mich auspeitschen.«

Doch zu ihrem Entsetzen bekam sie von ihrer Mutter nur ein müdes Lächeln. »Na und?«

Sebastian ging um die Säulen herum und stellte sich hinter Leonie auf. Er ließ die Peitsche ein paar mal durch die Luft zischen.

Leonie begann zu weinen und zu schluchzen. »Bitte nicht.«

Sebastian legte die Peitsche auf Leonies Hinterteil und lies sie dort ein wenig kreisen. Danach ließ er sie wieder durch die Luft sausen.

Leonie hing wimmernd in den Ketten.

»Ich glaube, jetzt könnt ihr anfangen.« Sebastian gab Vater und Mutter ein Zeichen.

Daraufhin trug Franz ein kleines Tischchen herein und stellte es vor seine Tochter. Doch dabei blickte er sie kein einziges Mal an. Auch ihr Jammern und Flehen ignorierte er vollkommen.


Anna stellte die Tasche auf den Tisch und nahm als erstes eine Schere heraus. Damit ging sie um den Tisch herum auf ihre Tochter zu. »Halte still, sonst schneide ich dich.« warnte sie ihre Tochter mit strenger Stimme.

Leonie konnte durch ihre verweinten Augen kaum etwas erkennen. Sie war so eingeschüchtert, dass sie sofort still hielt. Sebastians Geräusch-Spielereien mit der Peitsche taten ihre übriges. Bevor sie begriff, was ihre Mutter gerade tat, hatte diese sie schon von sämtlicher Kleidung mit ein paar wenigen Schnitten befreit und zog ihr jetzt auch noch die Stiefel aus. Danach sie ging wieder zu ihrer Tasche und begann sie auszupacken. Zum Vorschein kamen ein Keuschheitsgürtel, der dazu passende Stahl-BH inklusive Halsband sowie Schenkelbänder, einige Ketten und zwei kurze Stäbe.

Sebastian schlug mit der Peitsche gegen einen der Pfeiler. Der Knall ließ Leonie noch einmal zusammen zucken.

Erst als ihre Mutter mit dem Keuschheitsgürtel auf sie zu kam, begriff Leonie, was passieren würde. »Das könnt ihr nicht machen.« Sie keifte ihre Mutter an.

Anna nickte Sebastian kurz zu. Er schlug Leonie einmal kurz und eher zärtlich auf ihren Hintern.

Es wirkte wie gewünscht. Leonie ließ sich ohne Gegenwehr in den Gürtel einsperren. Auch beim BH machte sie keine Probleme, als sie wieder Sebastians Streicheln mit der Peitsche spürte.

Als nächste brachte ihre Mutter noch an ihren Oberschenkeln die Schenkelbänder an und verband sie mit dem Gürtel.

Claudia kam dazu. Sie machte Leonies Beine los und befahl ihr, diese zusammen zu stellen. Leonie war mittlerweile so eingeschüchtert, dass sie widerspruchslos gehorchte.

Anna verband die beiden Bänder um die Oberschenkel direkt mit einem Schloss, ließ ihr also fast keine Freiheiten und verband dann auch noch die Fußbänder mit einer nur zehn Zentimeter langen Kette.

Sie stand wieder auf und griff sich die zwei kurzen Stäbe, die noch auf dem Tisch lagen. Sie drückte sie seitlich auf Leonies Gürtel, wo sie mit einem leisen ´Klick´ einzurasten schienen. Dann gab sie Claudia ein Zeichen.

Diese machte zunächst Leonies rechte Hand los und führte sie zum Gürtel. Sie drückte das Band um das Handgelenk auf diese Stange und wieder war das leise ´Klick´ zu hören. Das gleiche passierte dann mit dem linken Arm.

Sebastian trat vor Leonie. Mit der Peitsche strich er langsam über Leonies Stahlbikini und die Schenkelbänder.

Leonie hielt den Atem an. Sie war zwar jetzt nicht mehr wie die O angekettet, aber sie war trotzdem wehrlos. Ihre Hände waren jetzt an ihrem Gürtel fixiert. Nur langsam begriff sie, dass sie nicht ausgepeitscht werden sollte, sondern dass sie jetzt in dieses Keuschheitsensemble eingesperrt war. Und soviel wusste sie schon, auf die strengst mögliche Weise.


Eberhard, der bisher immer noch auf seinem ´Richterstuhl´ gesessen hatte, stand auf und kam auf Leonie zu. Diese blickte ihn verunsichert an. Sie wusste nicht, was jetzt noch kommen würde. Er räusperte sich. »Ich danke ihnen für die schnelle Vollstreckung dieses Urteils. Gerichtsdiener?« Er blickte zu Maria. »Sie können die Angeklagte jetzt wegbringen.«

Maria hatte das ganze Schauspiel mit hohem Interesse verfolgt, insbesondere die Fesselung der Hände an den Gürtel hatte es ihr angetan. Doch jetzt war sie bemüht, der ihr aufgetragenen Aufgabe nachzukommen. Und wegen der Peitsche war auch ihr das Lachen vergangen. Sie stand auf und suchte das Ende der Leine. Damit trat sie auf Leonie zu und hakte die Leine in den Ring ein, der vorn an ihrem Halsband baumelte. Dann zog sie vorsichtig an der Kette.

Leonie trippelte mit winzigen Schritten hinter ihr her. Erst als Maria schon unterwegs war, fiel ihr auf, dass sie überhaupt nicht wusste, was sie jetzt mit Leonie machen sollte. Vorhin wurde sie von draußen herein gebracht, dann wäre es jetzt wohl nicht falsch, sie wieder hinaus zu bringen.

Erst jetzt, als Leonie realisierte, dass sie wirklich nicht ausgepeitscht wurde, war sie erleichtert. Doch sie hütete sich, ihre Erleichterung zu zeigen. Sebastian hatte die Peitsche noch nicht aus der Hand gelegt, dass hatte sie beim Hinausgehen noch gesehen.

* * *

Amelie schritt langsam vor die Hütte. Sie ging noch einmal in Gedanken ihren Text durch, den sie eben kurz abgesprochen hatten. Sie wollten Leonie in die nächste Falle locken. Sie sah, dass Maria sich mit Leonie auf die Bank vor die Hütte gesetzt hatte. Die Leine hielt sie immer noch in der Hand.

Leonie hielt ihren Blick zu Boden gesenkt und das benutzte Amelie dazu, Maria anzublicken und dabei kurz den Finger auf den Mund zu legen und zu zwinkern. Maria sollte jetzt möglichst keine Fragen stellen, denn in diesen Teil war sie nicht eingeweiht. »Du kannst rein gehen, ich übernehme.« Dann setzte sie sich neben Leonie.


»Ich bedauere dich.« Sie bemühte sich ihrer Stimme einen ernsten Tonfall zu geben. »Ich musste auch schon einmal das komplette Geschirr tragen.« Das Wort ´komplett´ hatte sie extra betont.

Leonie blickte auf und ging ihr auf den Leim. »Ich hatte solche Angst vor der Peitsche.«

»Ja!« Sie gab sich mitfühlend. »Sebastian kann manchmal sehr streng sein.« Sie seufzte und dieser Seufzer war sogar echt.

In diesem Moment war Leonie die Lust auf die ?aufregenden Abenteuer? vergangen. Sie hatte solche Angst gehabt. »Ich habe Hunger.« entglitt es ihr plötzlich. Es war ihr eingefallen, dass sie außer ihrem Frühstück und ein paar Müsliriegeln nichts mehr gegessen hatte.

Amelie war über diese Vorlage sehr dankbar. »Ich glaube, sie bauen drinnen schon den Tisch auf.« Sie legte den Köder aus. »Soll ich fragen, ob du deine Hände frei bekommst, damit du essen kannst?«

Leonie ahnte noch nicht, was wirklich für sie geplant war. »Das wäre sehr nett.«

Amelie grinste ins sich hinein. »Ich gehe einmal fragen.« Sie stand auf und ließ Leonie allein.


Sebastian kam vor die Hütte. »Amelie hat mir von deinem Wunsch erzählt.«

Leonie blickte ihn zunächst sehr verunsichert an und suchte die Peitsche. Doch seine Hände waren leer. »Ja?«

»Ich würde dir gern ein Angebot machen.« Er machte eine kurze Pause, dann sprach er weiter. »Wenn du bereit bist, einige Sachen für mich zu testen, dann mache ich deine Hände vom Gürtel ab. Du magst doch Abenteuer.« Anna hatte ihm extra den Tipp gegeben, das Wort ´Abenteuer´ zu benutzen.

Es wirkte wie vorgesehen. Leonie blickte ihn an. »Was muss ich denn testen?«

»Du stimmst also zu?« Er wollte, dass sie zusagte, ohne zu wissen, was kommen würde.

»Ich will es machen.« In Leonie hatte sich seit der Peitsche so etwas wie Respekt vor Sebastian gebildet.


Als sie in die Hütte kamen, war Leonie sehr erstaunt. Von dem ganzen Gerichtstheater war nichts mehr zu sehen, stattdessen standen sie alle um ein seltsames Holzgestell herum und blickte Leonie erwartungsvoll an.

Claudia kam auf Leonie zu. »Sebastian hat gesagt, dass du den Tisch testen möchtest?« Sie grinste etwas.

Leonies Hände zuckten etwas. Es lag aber an der Halsgeige, die Claudia trug. Leonie hätte sie gern einmal angefasst und vielleicht sogar ausprobiert. Doch so konnte sie nur fasziniert darauf schauen und fast etwas schadenfroh feststellen, dass Claudia ihre Arme im Moment auch nicht benutzen konnte.

»Leonie?« Claudia ahnte, was ihr im Kopf herum ging.

Leonie musste sich erst räuspern. »Ja, ich will testen.« Sie freute sich sowohl auf das Essen als auch auf die Aussicht, ihre Hände wieder benutzen zu dürfen.

»Setze dich bitte einmal hierhin.« Sie zeigte auf das seltsame Holzgestell, welches in der Mitte des Raumes stand. Fritz, Leonhard und Sebastian standen daneben. Dann griff Claudia zu Leonies Gürtel und befreie Leonies Hände.

Kaum hatte sich Leonie auf den kleinen Hocker gesetzt, als es plötzlich blitzschnell ging. Die drei Männer hatten sich sehr gut abgesprochen und kaum hatte Leonie gut Platz gefunden, als auf sich auf einmal von vorn und hinten ein Brett um ihren Hals legte. Reflexartig hob sie ihre Arme, um sich dagegen zu wehren. Doch genau darauf hatte Fritz und Leonhard nur gewartet und genau so schnell wie um ihren Hals legten sie die Bretter jetzt auch um ihre Handgelenke. Sie war so in eine Art Tischpranger eingesperrt.

»Danke, dass du das für mich testen möchte.« sagte Sebastian und erst in diesem Moment erkannte Leonie die ganze Gemeinheit dieses Ensembles. Sie war der Tisch.

Die anderen begannen jetzt weitere Tischplatten an ihren kleinen Tisch anzubauen und gleich darauf kam Claudia mit einer großen Tischdecke, die sie sie ausbreitete. Zu Leonies großer Überraschung waren in der Tischdecke ein großes und zwei kleine Löcher, die genau über ihren Kopf und ihre Hände passten.

Gleich darauf begannen alle den Tisch zu decken und das vorbereitete Essen aufzutragen.


Leonie begann zu erkennen, woraus der Test für Sebastian wirklich bestand. Sie wusste noch nicht, was jetzt kommen würde, aber sie spürte das große Loch in ihrem Bauch. »Ich habe Hunger.« sagte sie mehr zu sich selbst.

Claudia hatte mit so etwas gerechnet. »Du wirst doch wohl noch warten können, bis wir alle Platz genommen haben.«

Leonie erkannte, dass sie sich unter normalen Bedingungen sehr unhöflich verhalten hätte. Sie senkte den Kopf, doch als ihr Kinn auf die Tischplatte traf, erkannte sie, dass ihr auch diese Bewegung nicht mehr erlaubt war. So blieb ihr nur, sich etwas umzusehen.

Neben Claudia trug noch eine andere Frau ebenfalls eine Halsgeige, aber das hinderte sie nicht daran, beim Decken des Tisches mitzuhelfen. Es sah nur etwas mühevoll aus. Auch Amelie und Maria standen etwas teilnahmslos neben dem Tisch. Warum sie das machten erkannte Leonie erst, als sie Platz nahmen. Beide trugen ihre Arme auf dem Rücken in einer seltsamen Lederhülle, so wie sie sie auf dem Pferd bei der Musikfolter tragen musste. Die anderen Frauen trugen keine sichtbaren Fesseln.

Ihr Vater kam zum Tisch und lächelte. »Oh, den Tisch habt ihr heute aber besonders hübsch dekoriert.«

»Du hast mich ausgetrickst.« fauchte Leonie auf einmal Amelie an.

Doch Amelie grinste nur. »Wir haben doch deine Hände vom Gürtel befreit, oder nicht?«

»Siehst du, mein Schatz«, lächelte ihre Mutter, »es lohnt sich, immer ganz genau zuzuhören.«
301. RE: Maria

geschrieben von Mausi2014 am 17.11.14 23:57

Danke für die Geschichte!
Schreibe BITTE bald weiter!


Mausi2014



302. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Elf

geschrieben von gag_coll am 22.11.14 07:11

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Elf
Autor: Karl Kollar

»Nehmt Platz und greift zu.« Claudia bat zu Tisch. »Sebastian und Eberhard kommen gleich.«

»Ich möchte auch etwas essen.« Leonie sah ihre Mutter bittend an.

»Was möchtest du denn haben?« Es war einiges Fingerfood vorbereitet. »Was soll ich dir auftun?«

Leonie tappte nichts ahnend in die nächste Falle. Sie zählte auf, was sie gern essen wollte.

Anna legte alles auf ihren Teller, dann stellte sie diesen vor Leonies Kopf auf den Tisch und wünschte ihr einen guten Appetit.

Leonies rechte Hand begann zu zucken. Doch sie musste schon bald erkennen, dass sie so nichts in ihren Mund bekam. Sie blickte sich verunsichert um.

Fast alle hatten schon mit dem Essen begonnen, sogar Amelie und Maria wurden von ihren Partnern gefüttert. Auch Ella mit ihrer Halsgeige kaute. Leonie sah ihr einen Moment fasziniert zu. Sie hatte sich vom Tisch die Gabel gegriffen und konnte damit die Sachen auf ihrem Teller aufspießen und sich in den Mund führen. Nur zwei Frauen aßen ebenfalls nichts, Claudia und Margarete.


Schließlich kamen auch Sebastian und Eberhard und trugen zwei Kanister mit frischen Wasser. Sie nahmen Platz und erst als sie etwas im Mund hatten, begannen auch Margarete und Claudia mit dem Essen.

»Ihr dürft erst essen, wenn eure Partner...?« Maria war verwundert. »Ist das auch eine dieser komischen Regeln?«

»Es ist sogar meine Lieblingsregel.« Claudia lächelte. »Ich liebe es, warten zu müssen, wenn es schon so duftet.«

Maria schüttelte den Kopf. Dann blickte sie wieder zu Paul, der schon den nächsten Bissen für sie vorbereite.

»Aber dafür,« Claudia fand, dass ein kleiner Dämpfer für Maria durchaus angebracht war, »kann ich wenigstens allein essen.«

Maria erkannte ihren ´Fehler´ und schwor sich insgeheim, nicht mehr so hochmütig zu sein.


»Mama, ich habe Hunger.« Leonie hielt es nicht mehr aus.

»Ja und?« Anna empfand ein wenig Genugtuung. »Ich habe dir doch was auf deinen Teller getan.«

Zur Überraschung aller war es Sebastian, der scheinbar Mitleid zeigte. »Meint ihr nicht, dass sie genug gelitten hat?« Er stand auf und reichte ihr Messer und Gabel, die er ihr gleich in die Hände legte. Doch in Wirklichkeit wollte er nur sehen, ob die Handlöcher so angebracht waren, das ein selbstständiges Essen der Bondagette noch möglich war.

Leonie blickte ihn verblüfft an.

»Fehlt noch etwas?« Sebastian liebte es, so mit den Gefühlen anderer zu spielen.

»Eine Serviette.« Woher Leonie die Kraft für den Sarkasmus nahm, wusste sie nicht. »Wie soll ich denn so essen?« ergänzte sie nach einer kurzen Pause.

»Hast du es denn überhaupt schon probiert?« Anna hatte bewusst einen Tonfall gewählt, als würde sie ein kleines Kind zu etwas überreden.

Leonie seufzte. Doch zu ihrer Überraschung konnte sie mit der Gabel tatsächlich die Sachen auf ihrem Teller erreichen, mit Hilfe des Messers aufspießen und sich dann zum Mund führen.

Zuerst war sie empört über diese so demütigende Essweise. Doch so nach und nach realisierte sie ihren Zustand und sie begriff, dass sie mitten in einem der von ihr so heiß ersehnten Abenteuer steckte.

Auf einmal ging ein Zucken durch ihren Körper und sie ließ Messer und Gabel fallen. Sie stöhnte laut auf.

»Ich hatte euch doch gleich gesagt«, sagte Eberhard mit sehr trockener Stimme, »dass das mit dem Orgasmusverbot eine blöde Idee ist.«

Auf einmal begannen alle am Tisch zu lachen.

Sebastian stand auf, reichte Leonie das Besteck, welches sie fallen gelassen hatte und streichelte ihr liebevoll über den Kopf. »Herzlich willkommen auf unserer Hütte. Ich hoffe, du wirst dich bei uns wohl fühlen.«

Es gab Applaus und auch die anderen begrüßten Leonie.

Als Leonie realisierte, was gerade passiert war, wurde sie ganz verlegen. »Danke, dass ich hier sein darf.«

Auch ihre Mutter streichelte ihr über den Kopf. »Meine mutige Kleine.«


»Entschuldige bitte, dass wir dich da nicht jetzt schon raus holen.« Claudia blickte Leonie etwas verlegen an. »Aber wie du sicher gesehen hast, müssten wir dazu den Tisch ganz abräumen.«

»Ich möchte weiter so essen.« Leonies Stimme wurde leiser. »Das gefällt mir unheimlich gut.«

Sebastian grinste »Das war nicht zu überhören.«

Leonie wurde etwas rot. »Aber ich würde gern etwas trinken.«

»Es gäbe zwei Möglichkeiten.« Sebastian freute sich, dass er diesen Aspekt auch noch probieren lassen konnte. »Strohhalm oder Schnabeltasse. Die Schnabeltasse ist aber nicht jedermanns Sache.«

Leonie musste nicht lang überlegen. »Ich probiere doch erst einmal den Strohhalm.«

»Was ist eigentlich mit Christine?« Leonie war aufgefallen, dass Christine die ganze Zeit noch kein Wort gesagt hatte. Sie äußerte dies.

Fritz erläuterte ihr, wie Christine das Wochenende verbringen wollte.

Leonie war mehr als erstaunt. »Davon hattest du mir aber nichts erzählt«, sagte sie vorwurfsvoll zu ihrer Schwester. Doch ihre Augen begannen zu leuchten.

Doch Christine konnte nur ein wenig mit den Achseln zucken und verlegen lächeln.


»Du musst jetzt noch warten, bis wir den Tisch abgebaut haben, bevor wir dich da raus lassen können.« Sebastian war wichtig, dass es nicht als Schikane bei ihr ankam.

Leonie wartete geduldig, bis der Tisch abgeräumt war. Dabei fand sie es sehr faszinierend, mit welcher Selbstverständlichkeit Ella und Claudia beim Abräumen halfen, obwohl ihre Arme noch in der Halsgeige gefangen waren.

Claudia bemerkte ihren fragenden Blick. »Das stört mich überhaupt nicht.« Sie lächelte. »Im Gegenteil, ich liebe es, wenn er es mir etwas schwieriger macht.« Sie blickte verliebt zu Sebastian, der gerade dabei war, die Tischdecke zusammen zu legen.

»Seid vorsichtig, wenn ihr die Platten abnehmt«, mahnte sie Sebastian die Männer, die dabei waren, den Tisch wieder zu zerlegen. »Leonie kann nicht ausweichen.« Als sie alle Tischplatten abgenommen hatten, trat er an den Tisch und befreite Leonie aus ihrem Pranger.

»Das war ein tolles Essen.« Leonie strahlte. »Das möchte ich bald einmal wieder machen.« Dann stand sie langsam auf, nachdem sie seine helfende Hand ergriffen hatte.

»Möchtest du dir vielleicht etwas überziehen?« Sebastian wollte etwas höflich sein.

»Muss ich denn?« Leonie war etwas verlegen.

»Wenn du möchtest, kannst du auch so bleiben.« Sebastian freute es insgeheim, dass er einmal ein Mädchen auf der Hütte hatte, welche sich gern in ihrem Keuschheitsgeschirr zeigte.

»Claudia?« Leonie blickte sich um und ging auf Sebastians Frau zu. »Ich würde die Arme gern wieder am Gürtel tragen. Kannst du mir die wieder fest machen?«

»Oh, das kannst du sogar selbst machen.« Claudia zeigte Leonie, wie sie den Armreif einfach auf die Stange am Gürtel stecken musste.

Das leise ´Klick´ ließ Leonies Augen leuchten. Ihren zweiten Arm ließ sie dann genauso einrasten.

»Claudia und Ella wollten sich heute Abend um die Getränke kümmern.« Sebastian strich Leonie kurz über den Kopf. »Wie wäre es, wenn du ihnen dabei hilfst.«

Leonie wollte widersprechen und ihre gefesselten Hände zeigen, doch Claudia kam ihr zuvor. »Das ist eine sehr gute Idee. Du kannst das Tablett tragen.« Sie wackelte etwas mit ihren Händen. »Wir müssten das sonst zu zweit machen.«

Leonie war sehr erstaunt und doch zugleich auch verunsichert. Sie wollte nicht schon wieder in eine Falle gelockt werden.

»Komm einfach einmal mit.« Claudia ahnte, was Leonie bewegte. »Ich zeige es dir und dann kannst du immer noch ´ja´ oder ´nein´ sagen.«

Sie gingen in die Küche. Claudia griff zu einem Tablett, bei dem seitlich noch extra Griffe angebracht waren.

Leonie stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass sie das Tablett trotz ihrer fixierten Händen ganz bequem festhalten konnte. Sie strahlte. »Ja, ich will euch gern helfen.«


»Claudia, kommst du bitte?« Margarete steckte den Kopf zur Küchentür herein. Doch dann fiel ihr Blick auf Leonie. »Möchtest du auch für die Nacht versorgt werden?«

Leonie blickte etwas zu Claudia. »Was heißt denn das?«

»Über die Nacht tragen wir Katheter, damit wir nicht befreit werden müssen.« Doch Claudia wollte diese Verantwortung nicht übernehmen. »Ich glaube, dafür solltest du deine Mutter um Rat fragen.«

Doch Leonie hatte ihre Entscheidung schon getroffen. Auch davon hatte sie schon öfters geträumt.

Gemeinsam folgten sie Margarete in ihr improvisiertes Behandlungszimmer.


»Ich würde euch gern um einen Gefallen bitte.« Sebastian bemühte sich um Marias und Pauls Aufmerksamkeit. »Wir ihr ja sicher mitbekommen habt, möchte ich eigentlich nur Pärchen auf der Hütte haben.« Er machte eine Pause und ließ sie ahnen, dass es um den ?Eindringling? ging. »Wärt ihr bereit, euch um Leonie zu kümmern? Sie braucht jetzt jemand, dem sie sich unterordnen kann.«

»Und dafür sind wir die Richtigen?« Paul war sehr am Zweifeln. Die anderen Paare wären doch sehr viel erfahrener als sie beiden neuen. Er sprach seine Vermutung aus.

»Einerseits ist das ja durchaus richtig.« Sebastian wusste, dass dieses Argument kommen würde. »Aber bei euch sehe ich noch am wenigsten Grund zur Eifersucht.« Er ließ ihnen Zeit, seiner Argumentation zu folgen. »Außerdem habt ihr euch auch so gut um Petra gekümmert.«


»Hast du sie gefragt?« Claudia kam auf sie zu und hielt eine Hundeleine in der Hand. Leonie trippelte hinter ihr her und das andere Ende der Leine war an Leonies Halsband festgebunden. Leonie hielt ihren Blick zu Boden gerichtet.

»Ja, das machen wir.« Maria traf die Entscheidung. Sie nahm Claudia die Leine aus der Hand und reichte sie Paul, der noch dabei war, seine Überraschung zu verbergen. Letzteres gelang ihm allerdings nur schlecht. Dann wandte sie sich an Claudia. »Hast du noch so eine Leine?« Sie fasste sich an ihren Hals. »Und auch ein Halsband?«

Claudia lächelte. »Kein Problem, das kann ich dir geben.«


Marias Herz klopfte laut, als sie jetzt hinter Claudia das Zimmer verließ. Auch sie trug jetzt ein Halsband, an dem vorn eine Hundeleine angebracht war. Sie fragte sich, wie Paul wohl reagieren würde. Doch irgendwie wusste Maria, dass sie es riskieren musste. Es war so etwas wie Eifersucht. Wenn Paul schon ein Mädchen an der Hundeleine führen musste, dann wollte sie mindestens den gleichen Status haben.

»Ich muss aber auch Getränke servieren.« Leonies Widerspruch war nur schwach.

»Das ist doch kein Problem.« Claudia lächelte. »Du bittest deinen Herrn, dir dafür die Leine abzunehmen und wenn du fertig bist, gehst du wieder zu ihm und bittest, wieder an die Leine genommen zu werden.«

Leonie nickte verschüchtert. Doch ihr glasiger Blick zeigte, wie wild die Gefühle in ihr tobten.

* * *

Mit einem Strahlen trat Leonie aus der Küche und trug in ihren Händen das Tablett. Hinter ihr kamen Claudia und Ella, die beide noch ihre Halsgeigen trugen. Zu dritt taten sie sich mit dem Verteilen der Getränke sehr leicht.

Ella grinste. »Kinder, das hätten wir immer schon so machen sollen.«


»Ich möchte euch dann bitten, euch auf die Tische zu verteilen.« Sebastian stand in der Mitte zwischen den drei im Dreieck aufgestellten Tische. »Dort sitzt die Canasta-Runde.« Er zeigte auf einen der drei Tische. »Wer meine Spiele spielen möchte, sitzt an diesem Tisch und die anderen gehen an den dritten Tisch.«

Paul blickte immer noch etwas verwundert auf die zwei Hundeleinen in seiner Hand, doch er war bereit, sich der ihm aufgetragenen Verantwortung zu stellen. »Um was handelt es sich denn bei den Spielen.« Er ahnte, dass er die Entscheidung für seine zwei Schützlinge treffen sollte und deswegen wollte er wissen, was kommen würde.

»Oh, es besteht keine Pflicht, an meinen Spielen teilzunehmen.« Er lächelte. »Aber ich muss warnen, die Regeln sind bewusst auf leichte Demütigungen ausgelegt. Da wäre zunächst das Würfelspiel.«

Er beschrieb den Ablauf dieses Spiels. »Die geknebelten Damen werden mit sechs Würfeln würfeln und müssen dann die Summe der Augen nennen. Ist das Ergebnis falsch, ist ein Pfand fällig.«

Amelie stöhnte. »Ich bin doch so schlecht im Kopfrechnen.«

Leonhard grinste. »Und gut zu verstehen bist du auch nicht.«

Er nahm einen Zettel zur Hand und las daraus vor. »Erstes Pfand ist eine Sonnenbrille. Damit ist das Spielen schwerer, weil die Würfel fast nicht mehr erkennbar sind.« Er grinste etwas.

»Das zweite Pfand ist ein Löffel Honig.« Er grinste. »Hatte ich erwähnt, dass Speichel auf dem Tisch ebenfalls Pfandpflichtig ist?«

Ein Stöhnen war zu hören. Als nächstes erwähnte Sebastian, dass auch Kopfgeschirr und Halskorsett zu den Pfandleistungen zählen würden. »Und dann muss ein Satz aufgesagt werden, natürlich immer mit dem Ball im Mund.« Er wartete die Reaktionen ab. »Und wer beim Orgasmus erwischt wird, muss ebenfalls ein Pfand liefern.«

Leonie stöhnte. »Dann bin ich ja schon einiges schuldig.« Sie lächelte verlegen.

»Nicht nur du«, Sebastian lächelte ebenfalls und blickte einige der Damen kurz an.

»Wie lange muss ich eigentlich noch das Geschirr tragen?« Sie blickte an sich herunter. Nachdem sie jetzt so nett aufgenommen war, wollte sie vorsichtig fragen, wie lange ihr Urteil noch gelten würde.

Sebastian musste sich erst räuspern, bevor er antworten konnte. »Die Schenkelbänder und die Handfesseln können wir dir abnehmen, wenn du möchtest. Doch der Rest ist Pflicht auf der Hütte.«

Er blickte zu Claudia, die kurz ihr T-Shirt hob. Auch Amelie zeigte, dass sie ein strenges Keuschheitsgeschirr trug. »Aber für das große Theater von eben möchte ich mich bei dir entschuldigen. Mit der Steilvorlage der ´O´ hat sich das einfach angeboten.

Claudia ließ ihr T-Shirt wieder sinken. »Wir können das doch Morgen als Fotomotiv machen, wie die O angekettet wird und dann auf ihre Bestrafung wartet.«

»Die ´O´ wurde ja nicht bestraft«, warf Leonie mit etwas empörter Stimme ein. »Sie wurde willkürlich gepeitscht, um sie zu brechen.«

»Woher weißt du denn das?« Anna blickte ihre Tochter verblüfft an.

»Naja, ich musste mich doch etwas auf die Hütte vorbereiten.« Leonie wurde rot. »Und da habe ich alles gelesen, was verfügbar war.«


»Lassen wir doch diese blöden Spiele.« Claudia sprach aus, was sie dachte. »Denken wir lieber darüber nach, was wir morgen so alles machen wollen bei den Fotos.«

Sebastian war nur einen kurzen Moment enttäuscht. Und da er wusste, dass er bei solchen Auseinandersetzungen gegen seine Frau stets verlor, gab er lieber gleich nach. »Ich denke, wir sammeln erst einmal Ideen und dann schauen wir, was sich davon umsetzen lässt.« Er stand auf und holte die Straftafel. Als er sie leer wischte, wunderten sich die anderen, vor allem Amelie.

Als Sebastian die Blicke sah, lächelte er verlegen. »Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ihr wart alle so brav.«

»Also, was wollt ihr machen.« fragte er und schrieb ´O angekettet´ auf die Tafel.

»Ich möchte ein Bild von mir im Käfig.« Ella dachte daran, wie sie sich gestern darin eingeschlossen hatte.

Maria brachte die Katerinenketten ins Spiel.

»Was passiert eigentlich mit den Fotos?« Florian hatte sich geärgert, dass er gestern kein Bild von seiner Frau im Käfig gemacht hatte. »Wer bekommt welche?«

»Ich dachte, es bleibt bei der alten Regelung«, antwortete Sebastian. »Ich behalte die Negative und jedes Paar bekommt von sich Abzüge.«

Leonie meldete sich vorsichtig zu Wort. »Ich habe immer und immer wieder das Foto von Christine als Ponygirl bestaunt.« in ihrer Stimme lag sehr viel Sehnsucht. »Ich würde das unheimlich gern einmal ausprobieren.«

Claudia lächelte. »Du kannst Morgen sogar an dem Ponytunier teilnehmen, wenn du möchtest.«

»Als echtes Ponygirl?« Leonie strahlte, als Claudia ihre Frage bejahte.

»Ich möchte gern gekreuzigt werden.« Als Amelie nach ihrer Äußerung die verwunderten Gesichter sah, musste sie erklären. »Wir hatten das früher einmal bei einer Schulaufführung von ´Jesus Christ Superstar´, als wir das im Landschulheim einstudiert hatten. Leider war die Rolle des Jesus schon ein einen Jungen vergeben. In der Nacht haben wir uns heimlich in die Turnhalle geschlichen, wo das Kreuz noch von den Proben lag. Meine Freundin hatte mich schon darauf festgebunden, aber sie konnte es dann nicht mehr aufrichten. Wir wurden vom Hausmeister erwischt.«

Leonhard war erstaunt. »Davon hast du nie etwas erzählt.«

Amelie lächelte etwas verlegen.

Sebastian notierte es.

»Wenn wir schon bei Kindheitserinnerungen sind«, grinste Ella, »Ich habe mir die Nase platt gedrückt bei den Plakaten zu ´Gwendoline´, diesem Film mit Twany Kitten. Selbst als ich den Film dann sehen durfte und erkannte, wie schlechte er eigentlich ist, sind mir die Motive nie aus dem Kopf gegangen.« Sie blickte zu der Uhr, an der Amelie letzte Nacht mehr schlechte als recht geschlafen hatte. »Damit müsste sich doch was machen lassen oder?«

»Ich glaube, die Bilder hat uns alle fasziniert.« Sebastian stimmte ihr zu und notierte es. »Natürlich auch die ´Geschichte der O´, aber das hatten wir ja schon.«


»Ich weiß auch ein schönes Motiv« Anna lächelte. »Auf der Wiese im Spreadeagle festgebunden in Wanderoutfit und daneben liegt der jetzt leere Wanderrucksack.«

»Warum hatte eigentlich heute Mittag keiner eine Kamera dabei?« Claudia lachte.

»Ich hätte ja auch noch das hier.« Sebastian hielt zwei miteinander verbundene Bälle hoch, an denen jeweils zwei Riemen baumelten. Er dachte darüber nach, dass er schon mehrmals vergeblich versucht hatte, seine Frau und seine Schwägerin dafür zu gewinnen, doch sie hatten stets abgelehnt.

Er blickte erwartungsvoll in die Runde. »Vielleicht finden sich ja zwei Freiwillige, sich damit einmal zu photographieren zu lassen.« Sowohl bei Maria als auch bei Leonie blieb sein Blick etwas länger liegen.

Leonie nahm diesen Blick auf, sie fühlte sich bei dem Stichwort ´Freiwillige´ durchaus angesprochen, auch wenn sie nicht wusste, was kommen würde, beziehungsweise was Sebastian von ihr wollte. Sie blickte zu Maria, denn auch ihr war Sebastians »Vorauswahl« nicht verborgen geblieben.

Maria nahm den Blick auf und lächelte wohlwollend zurück, doch dann zuckte sie mit den Achseln. Auch sie hatte noch nicht erkannt, was es mit den zwei Bällen auf sich hatte.

Leonie nahm Marias Blick zum Anlass, nachzufragen. »Was ist denn das?«

Sebastian hoffte, dass er sein Lieblingsmotiv vielleicht endlich einmal umsetzen konnte. »Das ist ein Doppelknebel. Vielleicht darf ich euch einmal demonstrieren, wie das funktioniert?«

Doch Claudia unterbrach etwas genervt. »Heben wir uns das doch für Morgen auf und sammeln jetzt noch Ideen.«

Sebastian war etwas enttäuscht. »Aber wir machen das Morgen.« Er blickte noch einmal zu Maria und Leonie und zwinkerte ihnen aufmunternd zu.

»Das ist doch dann fast so, als würden wir uns küssen.« Maria blickte etwas verzückt zu Leonie, die sie für ihr mutiges Auftreten sehr sympathisch fand.

Auch Leonie erwiderte den Blick. »Das probieren wir morgen aus. Das klingt spannend.« Sie blickte zur Tafel, auf der noch etwas Platz war. »Ich würde ja gern noch einmal auf das Pferd. Aber bitte ohne Musik.« Sie blickte Fritz sehr böse an.

»Habt ihr auf dem Dachboden eigentlich noch das Heulager?« fragte Ella.

»Ja, warum?« Sebastian spielte etwas mit der Kreide.

»Ich wäre gern die angekettete Sklavin, die dort gefangen gehalten wird.« Sie hatte etwas Sehnsucht im Blick.

»Ich glaube, es sind sogar noch die Ketten vom letzten Mal oben.« Claudia lachte. »Die haben wir gleich dran gelassen.«


Christine nahm ihren Block zur Hand und schrieb etwas darauf. Dann reichte sie den Block Sebastian. »Ich möchte gern Taras Mantel tragen und dann aufgenommen werden.« las er vor und notierte es anschließend.

»Wir haben doch die Trainingsjacke dabei.« Paul wandte sich an Maria.

Maria bestätigte es, obwohl ihr Blick zeigte, dass sie nicht wusste was Paul vorhaben könnte.

»Ich glaube, meine Oma würde sich über ein Bild davon sehr freuen.« erklärte er, als er Marias Blick bemerkte.

Maria freute sich über die Idee. »Ja, das machen wir. Und dann noch eines mit dem Gebet auf dem Rücken.« Sie überlegte kurz. »Falls ich das noch darf.« Sie blickte Sebastian an. »Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich schon verbraucht habe.«

Sebastian schrieb es noch auf die Tafel. »Das mit der Zeit muss ich nachsehen, ich habe es notiert. Aber es müsste eigentlich noch genügend Zeit über sein.«


Maria blickte immer wieder heimlich zu der Canasta-Runde und war sehr fasziniert, wie geschickt Margarete und Anna trotz der Halsgeige mit den Karten umgingen. »Ich würde ja gern auch einmal so eine Halsgeige ausprobieren.«

Claudia warf noch etwas Wichtiges ein: »Von dem Mobile heute Nacht müsst ihr auch unbedingt Bilder machen.«

Sebastian musste sie bremsen. »Ich fürchte, dafür wird das Licht nicht mehr reichen.«

»Aber Morgen früh müsste es doch reichen oder?« Sie grinste. »Dann können wir Damen sogar etwas länger schlafen.«

»Was denn für ein Mobile?« Diese Frage lag im Raum.

»Wir haben aber nur acht Plätze?« Claudia blickte zwischen Leonie und ihrem Mann hin und her.

»Und wenn wir Leonie zwischen die beiden Träger hängen?« Sebastian dachte laut nach. »Austarrieren müssen wir sowieso?«

»Das könnte gehen.« antwortete Claudia.

»Um was geht es denn bei dem Mobile überhaupt?« Ella hatte auf eine etwas bequemere Nacht gehofft.

»Ich habe vor kurzem diese Zeichnung gesehen.« Sebastian holte ein Stück Papier aus dem Zimmer und reichte es herum. Es zeigte einige Frauen, die in schwarzen Gummihüllen von der Decke hingen. »Claudia hat das als Übernachtung vorgeschlagen.«

Er blickte auf die Uhr. »Wie wäre es, wenn wir so langsam mit dem Mobile anfangen würden? Es kann gut sein, dass es länger dauert. Wir konnten das vorher nicht ausprobieren.«

»Du solltest uns dann knebeln, damit wir nicht meckern.« Claudia blickte ihn herausfordernd an.

»Oder ich schalte das Unterhaltungsprogramm schon an.« Sebastian grinste. »Obwohl, dann werdet ihr viel herum wackeln und das wäre beim Ausbalancieren durchaus lästig.«

Er blickte zur Canasta-Runde. »ihr kommt dann zum Schluss dran.«

* * *

Mit einer sehr enttäuschten Miene kam Sebastian zu Claudia. »Das mit dem Mobile geht gar nicht so, wie wir uns das ausgedacht haben.«

Claudia fühlte seine Enttäuschung. »Woran liegt es denn?«

»Die anderen Schlafsäcke sind nicht um Aufhängen geeignet.« Er zeigte auf die drei Säcke, die schon an einem der beiden Mobile-Stangen hingen.

Claudia erkannte ihre zwei und den ihrer Schwägerin. »Und von den anderen ist nichts zu gebrauchen?«

»Maria hat noch einen Schlafsack, der zum Aufhängen geeignet ist, aber der hat keine Ärmel.« Sebastian war sichtlich geknickt.
303. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 22.11.14 09:24

sehr schöne Fortsetzung.Da had sich das warten gelohnt.Vielen Dank für deine Mühe.
mfg Wölchen
304. RE: Maria

geschrieben von Lumpyjojo am 22.11.14 12:02

Na da bin ich ja gespannt was da noch auf Maria und Paul zu kommt.
Jetzt muß Paul noch auf Leonie ein waches Auge werfen.

Wieder eine tolle Fortsetzung!
305. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 23.11.14 11:03

Tolle Fortsetztung und fuer den Tisch
gugst ihr hier

http://www.slave24-7.de/Pranger-Tisch-Vor2.jpg
.
306. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 23.11.14 19:46

Hi gag_coll,

Danke. Ich hatte auf etwas mehr Ausdauer von Sebastian gehoff. Die meisten
Sachen werden doch erst mit der Dauer unangenehm.
So kam Leonie ja auch trotz Verbot zu ihrem Orgasmus.

Zum Mobile: Warum die Seile nicht direkt an den Damen?
Dann brauchts den Schlafsack nur gegen die Kälte.

freudig wartend
307. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zwölf

geschrieben von gag_coll am 25.11.14 17:53

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Zwölf
Autor: Karl Kollar

»Das sieht ja toll aus.« Petra stand neben den drei Lederhüllen und streichelte sie gedankenverloren. »Dürfen wir da rein?« fragte sie begeistert, doch dann sah sie Sebastians enttäuschtes Gesicht. »Es gibt Probleme?«

Claudia ging zu Petra. »Wir haben nicht genügend Schlafsäcke.« Sie erklärte Petra das Problem.

»Wir könnten meinen Schlafsack in Marias stecken.« Petra dachte laut. »Dann wären es wenigstens vier.«


«Warum habe ich das nicht überprüft?« Sebastian ärgerte sich sehr.

»Jetzt gräme dich nicht so.« Claudia versuchte ihren Mann zu trösten. »Dann machen wir das eben nur zu viert.«

»Und wer?« Sebastian war noch dabei, seine Enttäuschung zu verarbeiten. »Ich möchte keinen vor den Kopf stoßen.«

»Das glaube ich dir.« Claudia spürte, dass sie die Sache in die Hand nehmen musste. »Kommt bitte alle einmal her.« Sie wartete, bis sie die Aufmerksamkeit aller Anwesenden hatte, dann begann sie das Dilemma zu beschreiben. »Hat jemand einen konkreten Wunsch, wie er die Nacht verbringen möchte?«

»Was steht denn diesmal alles zur Verfügung?« Eberhard fragte das, was eigentlich alle bewegte.

»Sebastian würde sich sehr freuen, wenn die vier Schlafsäcke gefüllt wären.« Sebastians Frau zeigte auf die vier aufgehängten schwarzen Ledergebilde.

Sie zählte auf, was sonst noch zur Verfügung stand. Es waren die zwei Schubladen, das neue S-Fix, die Mumie und das drehende Rad.

Als Leonie hörte, dass die Mumie eine Übernachtungsmöglichkeit darstellte, wollte sie sofort zu ihr gehen. Doch erst als sie spürte, wie ihr Halsband sie zurück hielt, drehte sie sich etwas verlegen um. »Ich täte mich für die Mumie interessieren.«

»Ich würde gern einmal das S-Fix ausprobieren«, Anna blickte Claudia fragend an.

Claudia wollte jetzt keine ausufernden Diskussionen. »Jetzt gehen doch diejenigen, die unbedingt etwas ausprobieren wollen, dorthin.«

Kaum hatte sie es ausgesprochen, als Leonie schon wieder gegen ihre Leine lief. »Sie drehte sich zu Paul um. »Würdest du mich bitte losmachen?«

Paul kam der Bitte etwas zögernd nach. Mit seiner neuen Rolle war er noch nicht so richtig vertraut.


Claudia blickte sich um. Anna stand neben dem S-Fix-Bett, während Christine und Margarete sich neben die Schubladen gestellt hatten. Ella stand neben dem drehenden Rad und Leonie neben der Mumie.

Nur Petra, Maria und Amelie standen noch etwas unentschlossen auf ihrem Platz und blickten Claudia etwas fragend an.

»Na, so würde es doch noch aufgehen. Wir haben genau vier Schlafsäcke.« Claudia war erleichtert. »Also dann geht auf eure Plätze.«

Sebastian war trotzdem enttäuscht. »Jetzt wollte ich euch eine faszinierende Übernachtung bieten.«

»Jetzt gräme dich doch nicht.« Claudia und Amelie trösteten Sebastian. »Bisher war es perfekt.« Doch dann glitt ein Schatten über ihr Gesicht. »Wir haben doch hoffentlich genügend strenge Halskorsetts?«

Damit der Kopf gestützt wird, sollten die Damen alle ein Halskorsett tragen, welches bis unter Nase reicht. »Es sind genügend vorhanden, so dass jeder Hals gut gestützt wird.« konnte Amelie sie beruhigen.

* * *

Leonie stand schon einen Moment neben der so faszinierenden Mumie, als ihr Claudias Worte durch den Kopf gingen. Auf einmal schien sie sich gedanklich loszureißen und ging wieder zu Paul. »Nimmst du mich bitte wieder an die Leine?« Sie senkte den Kopf und wartete.

Paul kam der Bitte etwas zögernd nach und hängte die Leine wieder in das Halsband ein.

Sebastian war noch dabei, sich von seiner Enttäuschung zu erholen, dennoch spürte er, dass er wieder führen sollte. »Die Herren mögen bitte ihren Damen bei ´Zubett gehen´ helfen.«

Claudia ging auf Paul und Maria zu. »Bringt bitte erst Leonie in die Mumie, dann kommt bitte zu den Schlafsäcken.«

Auf einmal spürte er einen Zug an seiner Hand. Als er aufblickte, sah er, dass auch Maria auf dem Weg zur Mumie war und ihn ungeduldig anschaute.

Paul lächelte, dann ging er ´seinen´ Damen hinterher.

Leonie konnte es nicht abwarten. Sie wollte die Mumie öffnen, um in das faszinierende Innere der Figur zu schauen. Doch mit ihren fixierten Händen schaffte sie es nicht, an den Riegel zu kommen, weil dieser etwas höher angebracht war, als sie mit ihren Händen reichen konnte.

Im Gegensatz zu Leonie wusste Maria noch nicht, wie es in der Mumie aussah. Entsprechend keuchte sie etwas, als sie, nach dem Paul die Türen geöffnet hatte, das Innere der Mumie entdeckte. Sie erkannte sofort, dass Leonie zunächst mit all den vielen Lederriemen in der Mumie zu fixieren war, bevor die Türen wieder zu schließen waren.

Paul spürte Leonies Ungeduld, doch zu seiner und Marias Verwunderung schaffte er es, sie zunächst noch etwas zappeln zu lassen. Er gab Maria beide Leinen in die Hand, dann kniete er sich vor die geöffnete Mumie und machte sich daran, alle Schnallen zu öffnen, die noch geschlossen waren, und er rückte auch die Riemen ein wenig zurecht.

Er als er Leonies heftiges Keuchen bemerkte, erhob er sich und ließ sich von Maria die Leinen wieder in die Hand geben.

Maria war Leonies Zustand auch nicht entgangen. Doch sie versuchte, eine Regung im Gesicht zu unterdrücken.

»Du darfst jetzt deinen Platz einnehmen.« Paul versuchte, Leonie streng anzublicken. Der Versuch wurde sowohl von ihr als auch von Maria honoriert.

»Wartet einen Moment.« Claudia reichte Maria zwei Ballknebel. »Einer für dich, einer für Leonie.« Dann machte sie sich daran, Leonies Arme wieder vom Gürtel zu lösen. »Du legst ihr den Knebel an.« Dabei blickte sie Maria auffordernd an, wohl wissend, dass es für Maria etwas neues sein würde.

Und tatsächlich zitterte Marias Hand ein wenig, als sie Leonie den Knebel anlegte. Zum ersten Mal stand Maria sozusagen auf der anderen Seite. Doch der zweite Ball, den sie ebenfalls noch in der Hand hielt, zeigte ihr, dass sie bald wieder auf Leonies Seite war und den Ball von Paul entgegen nehmen würde.

Doch dann regte sich in Maria etwas Widerstand. Wie wäre es wohl, wenn sie ihre anstehende ´Folternacht´ selbst eröffnen würde. Sie blickte Paul kurz an, doch er ahnte nicht, was Maria im Schilde führte.

Kaum hatte sie Leonie die Schnalle des Knebels geschlossen, als sie ihre Hände mit dem zweiten Knebel zu ihrem Mund führte und sich mit der gleichen Geschwindigkeit ebenfalls den Knebel anlegte. Dass der Knebel sie ein wenig am Sprechen hindern würde, war ihr dabei gleichgültig, sie fand es viel faszinierender, in Pauls Gegenwart ebenfalls geknebelt zu sein. Außerdem wollte sie ihn ermutigen, in Zukunft so etwas öfters mit ihr zu machen.

»Du hast dir deine Frauen aber gut erzogen«, lachte Leonhard, der auf seinem Weg an der Mumie vorbei kam und das Anlegen der Knebel verfolgt hatte.

Obwohl Paul die Situation mehr als Surreal vor kam, schaffte er es, eine gute Antwort zu geben. »Nicht war?« Er drehte sich zu Leonie und blickte sie ermutigend an. »Leonie, Bitte?«

Leonie hielt es vor Spannung nicht mehr aus. Auch dass schon etwas Speichel aus ihrem Mund tropfte, war ihr gleichgültig. Mit stark klopfenden Herzen nahm sie ihren Platz in der Mumie ein und wartete, bis Paul und Maria so nach und nach alle die Riemen geschlossen hatte, die sie in der Mumie fixieren würden.


»Ist alles in Ordnung? Stehst du Bequem?« Sebastian kam vorbei, um sich vom Wohlergehen der Insassin zu überzeugen.

Leonie hatte ihre Augen schon geschlossen, sie blinzelte etwas, als sie sie wieder öffnete. Sie nickte etwas zurückhaltend, doch ihre Augen zeigten, welches Feuer in ihr tobte.

Sebastian zeigte dem Paar noch ein Riemenpaar, dass sie noch nicht geschlossen hatten. Es lief über Leonies Stirn und drückte ihren Kopf an die Rückwand in das dort angebrachte Polster.

Das Polster war ihnen bisher gar nicht aufgefallen, weil es fast den gleichen Farbton hatte wie das Holz der Türen und der restlichen Mumie. Auch auf den Innenseite der Türen war dieses Polster angebracht und wenn die Türen geschlossen sein würde, würde es noch etwas Druck auf Leonies Körper ausüben.


Sebastian kam wieder vorbei und überzeugte sich vom korrekten Sitz aller Riemen. »Jetzt bitte die Türen ganz langsam schließen. Zuerst den linken, dann den rechten Flügel.« Er zeigte ihnen, wie sie zunächst den linken Flügel fixieren sollten, dann den rechten. Dann blickte er noch einmal auf Leonie. »Gute Nacht und träume was Schönes.« Dann gab er Paul und Maria das Zeichen.

Langsam und leise knarrend schloss sich zunächst die linke Tür. Als Leonie den zusätzlichen Druck auf ihren Körper spürte, wurden ihre Augen groß.

Paul hatte den linken Flügel geschlossen und verriegelt, dann ermunterte er Maria, dass sie den zweiten Flügel schließen sollte und so Leonie in ihr Nachtgefängnis einsperren sollte.

Maria kam der Bitte mit laut klopfendem Herz nach. Insgeheim hoffte sie, eines Tages auch einmal an Leonies Stelle zu sein. Andererseits hatte sie auch ein gewissen Vergnügen daran, Leonie auf diese Weise einzusperren.

Als sie die Mumie geschlossen hatte, stand sie noch einige Augenblicke ehrfürchtig neben der Mumie. »Bitte nimm mich in den Arm.« bat sie ihren Freund. Der Einschluss von Leonie hatte sie sehr bewegt.

Kaum hatte Paul seine Arme um Maria gelegt, als aus der Mumie auf einmal ein gedämpfter Schrei zu hören war.

Leonie war mitten in einem weiteren heiß ersehnten Abenteuer.


Als Paul und Maria sich um blickten, sahen sie, dass sich die meisten der Männer schon zurückgezogen hatten, nachdem sie sich überzeugt hatten, dass ihre Frauen eine ruhige Nacht haben würden. Auch das Mobile war schon mit den drei Frauen gefüllt, nur Marias Schlafsack war noch leer. Sebastian und Leonhard blickten Maria erwartungsvoll an. »Bist du bereit?« flüsterte Sebastian.

Maria gab Paul noch einmal einen zärtlichen Knebelkuss, dann drehte sie sich zu Sebastian. »Ich bin bereit.«

* * *

Nachdem die vier Damen in den Schlafsäcken verpackt waren und auch die Hauben trugen, bei denen nur vorn das Atemrohr zu sehen war, war es schwer, sie zu unterscheiden. Allein an der Größe hätte Paul es nicht unterscheiden können. Nur Claudia war etwas größer.

Spannend war es, als die vier anonymen Säcke mit Hilfe des großen Flaschenzuges dann langsam hochgezogen wurden.

Zu Beginn war der Balken noch etwas linkslastig, so dass zwei der Figuren noch Bodenkontakt hatten. Doch mit ein wenig hin und her rollen der Halterungen konnten die vier Mumien schließlich so ausbalanciert werden, dass alle vier in der Luft schwebten. Sebastian schraubte schließlich die Halterungen an ihren Plätzen fest

Paul hatte sich gemerkt, dass Maria die zweite Figur von rechts war. Er war erstaunt, dass sich die vier Gestalten doch relativ ähnlich sahen.

* * *

Paul war allein. Er blickte sich um.

Sebastian war noch auf einen kleinen Spaziergang vor die Hütte gegangen. Er hatte seinen Fauxpas mit den Schlafsäcken noch nicht wirklich überwunden. Paul musste nur aufmerksam lauschen und auf die abgesprochenen Signale achten.

Doch den Frauen ging es gut. Irgendwo war immer irgendein Stöhnen zu hören oder ein frustrierter Seufzer, wenn Sebastians Steuerung wieder einmal einen Vibrator hatte ausgehen lassen.

Natürlich hätte er sich gern um Maria gekümmert, doch andererseits fühlte er das Vertrauen, das die Gemeinschaft in ihn setzte und deswegen fühlte er sich verpflichtet, seine Gefühle zu Maria hinten anzustellen.

Besonders aufregend war der Tag heute gewesen, als er auf einmal die zwei Leinen in der Hand hatte und Maria ihn mit der Betreuung von Leonie überrumpelt hatte.

»Du kannst ins Bett gehen,« Sebastian kam in die Hütte zurück «Ich übernehmen für dich.«
308. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 25.11.14 22:47

Hallo gag_coll,

so langsam macht sich Paul.
Ich hätte jedoch nicht dabei sein dürfen.
Ich wär spätestens abends ungewollt ausgelaufen.
Ist schon spannend, das den Herren nix ähnliches passiert.
Soviel geballte Erotik den ganzen Tag und nicht zu dürfen stelle ich mir als extreme Herr-ausforderung vor.

Ich freu mich schon auf die Lehrstunden und Erklärungen bei Pauls Oma.

bitte noch viel mehr
309. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 25.11.14 23:00

Und mal wieder eine super Fortsetzung.Vielen Dank für deine mühe.
Freu mich schon darauf wie es weiter geht.Du schafst es immer wieder uns zu überraschen.

mfg Wölchen
310. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 26.11.14 02:50

Hab mal auf Youtube das gwendoline Video gefunden. Ist zwar nicht so besonders aber einige Interessante Stellen sind drin. Ist alles Jugendfrei.
Der Tisch war echt eine Interessante Idee. Zur Verschärfung könnte die Bondagette ja mit Stäbchen Essen müssen.
Eine Schöne Überraschung für Paul das er sich Plötzlich um 2 Damen kümmern mußte oder durfte.
Eigentlich Schade dass das mit dem Mobile nicht mit den 8 Damen geklappt hat. Aber die Damen sind auch so gut Versorgt. Gibts Eigentlich auch Männliche Bondagetten?
311. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 26.11.14 08:19

Ein interessante Frage Gummiminke.
Gibts Eigentlich auch Männliche Bondagetten?
Würde mich glad freiwillig melden.
Auf dieser Seite findet man viele tolle Ideen zu Fesselnder Kleidung.Das auszu testen währe echt mal mein Traum.
https://groups.yahoo.com/neo/groups/conf...tos/photostream
schöne Woche noch.
P.S.Die Woche ist zur hälfte fast geschaft.
312. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 28.11.14 05:57

Zitat
Tolle Fortsetztung und fuer den Tisch
gugst ihr hier http://www.slave24-7.de/Pranger-Tisch-Vor2.jpg
.

Hallo Fehlermeldung,
ja, so hatt ich mir das vorgestellt...
313. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 28.11.14 06:00

Zitat
Hallo gag_coll,
so langsam macht sich Paul.
Ich hätte jedoch nicht dabei sein dürfen.
Ich wär spätestens abends ungewollt ausgelaufen.
Ist schon spannend, das den Herren nix ähnliches passiert.
Soviel geballte Erotik den ganzen Tag und nicht zu dürfen stelle ich mir als extreme Herr-ausforderung vor.


Naja, Claudia hat bei der Vorstellung mal kurz erwähnt, was in diesen Fällen zu tun ist. einfach die Tür eines der kleinen Zimmern zumachen und wenn das Paar fertig ist, wieder die Tür aufmachen.
314. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Dreizehn

geschrieben von gag_coll am 29.11.14 06:34

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Dreizehn
Autor: Karl Kollar

Paul öffnete die Tür des Hotelzimmers und trat ein. Groß war sein Erstaunen, als er das Vakuumbett auf der Matratze liegen sah. Er hatte es aber auch nur deswegen als Vakuumbett erkannt, weil sich in dem Bett deutlich die Konturen einer Frau abzeichneten, die in dem Bett gefangen zu sein schien.

Er setze seinen Koffer ab und ging zum Fenster, um es zu öffnen. Doch er bekam Tadel von dem Zimmermädchen. »Bitte seien sie doch leise, Monsieur! Maria schläft doch noch.«

Paul kniete sich vor das Bett und öffnete das Vakuumbett, um die Insassin heraus zu lassen. Leonie kam aus dem Bett und reichte ihm sofort die Leine, die an ihrem Halsband baumelte. Paul nahm die Leine in die Hand.

Doch da kam Maria aus dem Bad und als sie Leonie an Pauls Leine sah, ging sie zu Leonie und nahm ihr die Leine ab, um sie sich dann selbst anzulegen.

Paul blickte wieder aufs Bett. Dort lagen die zwei Schlafsäcke und warteten auf Maria und Leonie. Doch die Damen wollten spazieren gehen.

Vor dem Hotel im kleinen Garten waren Fritz und Sebastian damit beschäftigt, zwei große Löcher zu graben und daneben lagen schon zwei weiße Beutel bereit.

Hinter Paul lief Leonie her, die versuchte, Maria beiseite zu drücken und ihm ihre Leine in die Hand zu geben, während er versuchte, Maria einen Backprayer anzulegen. Doch Sebastian unterbrach ihn. »Wir brauchen doch den Scheinwerfer.«


Nur langsam begriff Paul, dass er gerade aus einem sehr konfusen Traum erwachte. Sebastian, dessen Stimme er gehört hatte, war anscheinend schon dabei, die Fotos von dem Schlafsack-Mobile zumachen.

Paul stand auf, machte sich an der Wasserschüssel etwas frisch und zog sich an. Dann betrat er den Gemeinschaftsraum. Er wollte unbedingt zu Maria. Er hatte jetzt schon die zweite Nacht ohne sie verbracht.

Die Damen waren alle noch in ihrer Nachtfesselung, lediglich Anna war schon wach. »Wenn ihr auch so einen Krach macht...« Sie lächelte.

Auch Ella war schon einmal wach gewesen und hatte Sebastian gebeten, endlich das Rad anzuhalten. »Aber bitte aufrecht.«


Sebastian legte die Kamera weg. »Ich denke, jetzt ist es Zeit fürs Frühstück.« Er ging zur Küche, in der einige Herren schon emsig beschäftigt waren. »Wie weit seit ihr?«

»Du kannst sie wecken, wir müssen nur noch den Tisch decken.« antwortete Fritz.

Sebastian ging an den Schrank, in dem er die Steuerung untergebracht hatte. Das Frühstücksteam hatte den Generator schon wieder in Betrieb genommen, so brauchte er nur noch auf den Knopf für das Weckprogramm drücken. Das Aufwecken mit den Vibratoren war auf eine Idee der beiden Schwägerinnen zurückzuführen, die sich ein besonders sanftes Erwachen gewünscht hatten.

Und schon kurz nach dem Knopfdruck waren die ersten Stöhner und Seufzer zu hören.

* * *

»Oh Paul, das ist so schön hier« Marias Augen strahlten, als sie seinen Guten-Morgen-Kuss bekommen hatte. »Das sollte nie zu Ende gehen.«

»Das sage ich auch jedes Mal.« Amelie lachte. »Doch Sebastian hört einfach nicht auf mich.«

»Ich kann euch gut verstehen, mir geht es genau so.« Petra wartete darauf, dass Peter ihr den Schlafsack öffnete und ihr dabei half, die Arme aus den Armhüllen zu ziehen.

Als sie die fragenden Blicke sah, musste sie etwas verlegen lächeln. »Die Armhüllen sind so gearbeitet, dass ich mich überhaupt nicht daraus befreien kann, wenn der Schlafsack einmal geschlossen ist.« Sie blickte an sich herunter. »Selbst wenn der Reißverschluss schon geöffnet ist, bleibt mir trotzdem zu wenig Freiraum, um die Arme befreien zu können.«

Nur Maria lächelte wissend. »Ich weiß, was du meinst.« Doch dann wurde ihre Stimme etwas leiser. »Ich finde das auch sehr faszinierend.«

Petra wurde sehr sentimental. »So wie du habe ich mir immer meine Tochter vorgestellt.« Sie blickte kurz zu Peter. »Doch der Herr hat uns zwei Söhne geschenkt.«

Peter strich ihr kurz über den Kopf.

»Wenn euer Fest vorbei ist, dann müsst ihr uns einmal besuchen.« Sie wandte sich an Sebastian. »Kannst du das Notwendige dazu veranlassen.«

»Ja, kein Problem.« Sebastian nickte. »Aber fragt ruhig nach, falls ich es vergessen sollte.« Er blickte sich um. »Paul und Maria, ihr solltet dann Leonie aus der Mumie befreien. Ich denke, sie freut sich, wenn sie euch zuerst sieht.«

Er gab ihnen einige Tipps, was sie dabei alles beachten sollten. »Ihr solltet Halsband und Leine bereit haben und ihr so bald wie möglich den Knebel abnehmen.«


Maria stand mit Paul vor der Mumie und blickten ihn an. »Haben wir alles?« Sie hatte begriffen, dass es wesentlich besser für Leonie sein würde, wenn keine unnötigen Pausen auftreten würden.

Paul blickte sich um. Um sein Handgelenk baumelte die Leine von Marias Halsband und Maria hielt die Leine für Leonie in der Hand. Eine Nebenbemerkung von Sebastian hatte sie auf die Idee gebracht und Maria fand es mehr als faszinierend, so beide Welten kennen zu lernen. »Fangen wir an.«

»Du nimmst ihr den Knebel ab und ich mache die Leine fest.« Maria hatte zu ihrem eigenen Erstaunen überhaupt keine Probleme, auch Anweisungen zu gaben.


Langsam öffneten sich die Türen und erlaubten Leonie, wieder das Tageslicht zu sehen. Sie machte sofort die Augen auf und freute sich, Paul und Maria zu sehen, die sie ihrerseits recht interessiert ansahen.

Doch dann nickte Maria kurz und sie führten das durch, was sie abgesprochen hatten.

Leonie strahlte und ihre Augen zeigten, dass sie von dem Aufwach-Orgasmus sehr angetan war. »An den Wecker könnte ich mich gewöhnen.« Sie hatte ihren trockenen Humor wieder gefunden. Und natürlich ahnte sie, dass dieser Tag noch tolle Abenteuer bringen würde.

Paul und Maria machten Leonie zunächst die Arme los.

Maria fand diese besondere Stimmung toll. »Du könntest ruhig einmal mit anfassen.« Sie blickte Leonie halb im Scherz, halb vorwurfsvoll an.

»Das hier ist schließlich kein Hotel« grinste Paul und griff den Gedanken auf, dann begann er von seinem Traum zu erzählen.

Leonies Hände zitterten vor Glück, als sie mit half, sich von den vielen Riemen zu befreien. »Ich habe auch wundervoll geträumt« Sie hatte einen ähnlichen Traum. Sie war in einem Museum, in dem es eine Ausstellung über die O gab. Und plötzlich war ich zwischen die Säulen gekettet.

»Oh je, unser Theater hat ja einen tiefen Eindruck hinterlassen.« Sebastian war zu ihnen getreten. »Kommt ihr dann um Frühstück?«

* * *

Im Gemeinschaftstraum waren diesmal zwei Tische einzeln aufgebaut. Einmal waren acht Plätze an dem rechteckigen Tisch und einmal neun Plätze an dem runden Tisch gedeckt.

»Heute sitzen wir einmal getrennt.« strahlte Amelie. Sie erklärte, dass die Damen an dem runden und die Herren an dem rechteckigen Tisch sitzen würden. »Ich muss dann einmal eine Kleinigkeit holen.« Sie drehte sich zu ihrem Mann um. »Hilfst du mir bitte?«

Zusammen gingen sie ins Nebenzimmer.


»Sebastian, kommst du bitte einmal?« war auf einmal Amelies Stimme zu hören. »Wir haben da ein Problem.«

Sebastian stöhnte kurz auf, dann ging er hinterher.

Kurz darauf kam Amelie zurück. Ihre Arme waren links und rechts an die Stange gefesselt, die ihrerseits mit einem Halsband im Nacken befestigt war. In ihren Händen hielt sie jeweils noch einen Stange. Leonhard ging hinter ihr her und trug die anderen fünf vorbereiteten Stangen.

Ella keuchte, als sie Amelie erblickt. »Secretary?«

Amelie nickte und ihre Augen strahlten.

Petra ging zum Frühstückstisch und wollte sich setzen, da wurde sie von Amelie zurück gehalten. »Halt halt, da fehlt noch was.« Sie reichte ihr eine der Stangen. Leonhard verteilte seine Stangen ebenfalls an die Frauen.

Als Amelie die etwas ratlosen Gesichter sah, musste sie lachen, dann begann sie zu erklären. »Ich möchte etwas neues ausprobieren.« Dann bat sie die Herren, ihren Frauen die Stangen anzulegen. »Ihr sehr ja bei mir, wie es gehört.«

»Und wie sollen wir dann frühstücken?« fragte Ella, die Amelies Idee noch nicht verstanden hatte.

»Naja, ich dachte, wenn wir uns dann gegenseitig helfen, müsste es trotzdem gehen.«


»Leonie, kommst du bitte einmal kurz zu mir?« Sebastian stand in der Tür zur Werkstatt.

Leonie hatte seit der O-Aktion einen solchen Respekt vor Sebastian, dass sie der Aufforderung nur sehr zögerlich nach kam.

»Wir haben eine Secretarystange zu wenig und nach dem du schon Armbänder und Halsband trägst, wollte ich einmal schauen, ob ich schnell einmal etwas für dich basteln kann.«


Kurz darauf betrat eine sehr stolze Leonie den Raum, die jetzt ihre Arme so wie mittlerweile alle anderen Frauen weit abgespreizt vom Körper trug.

Schon bald setzte ein nervöses Gekicher ein. »Verdammt, damit ist man aber sehr hilflos.« Claudia stöhnte. »Wie bist du denn auf diese verrückte Idee gekommen?«

Amelie erzählte von Inkas Kinobesuch und der nachfolgenden Bastelstunde. »Außerdem können wir so Christine einbinden.« ergänzte Leonhard.

Christine wurde wachgerüttelt. Auch sie schien Amelies Idee toll zu finden. Ihre Augen leuchteten. Bislang hatte sie nur etwas traurig auf den weißen Beutel geschaut, der schon wieder neben ihrem Stuhl stand und der sie beim Essen zur Teilnahmslosigkeit zwang.


Es dauerte eine Weile, bis die Damen sich organisiert hatten. Alle probieren etwas herum, bis sie eine Arbeitsweise gefunden hatten, bei der alle zu ihrem Recht kamen.

Die Herren waren mit ihrem Frühstück schon lange fertig und genossen es, zuzusehen, wie die Damen sich abmühten. Es lief darauf hinaus, dass eine Dame ihr Brot auf dem Teller festhielt und ihre Nachbarin mit einer Hand versuchte, es zu bestreichen. Wenn es bestrichen war, führten sich die Damen gegenseitig die Brote zum Mund.

Auch Leonie genoss das sehr außergewöhnliche Frühstück und fühlte sich in der Gemeinschaft der Bondagetten mittlerweile sehr wohl.

* * *

Sebastian stand auf und bat um Ruhe. »Nachdem jetzt alle gefrühstückt haben, steht als nächstes unser traditionelles Ponygirl-Turnier an.« Er nahm ein Blatt Papier zur Hand. »Wie letztes Jahr haben wir wieder vier Ponys, die sich der Herausforderung stellen möchten.« Er bat Claudia, Margarete, Anna und Petra, sich bereit zu machen. »Die anderen Damen möchte ich wie immer bitten, bei der Verwandlung in die Ponys mitzuhelfen.«

Sein Blick suchte Leonie und Maria. »Ihr schaut euch das erst einmal an, und wenn ihr Lust habt, könnt ihr euch gern noch nach melden. Wir haben genügend Ausrüstung mitgebracht« Er wandte sich zum anderen Tisch um. »Die Herren bauen in der Zwischenzeit draußen die Arena auf und die Zuschauerbänke auf.«

* * *

Zuerst ertönte aus dem kleinen Rekorder Marschmusik, dann öffnete sich die Hüttentür und die vier Ponys kamen heraus. Alle vier Damen waren fast nicht wieder zuerkennen. Die Körper waren von vielen Lederriemen umschlungen und nur an wenigen Stellen war noch das Keuschheitsgeschirr zu sehen, welches sie ´darunter´ trugen. Drei Ponys trugen ihre Arme im Monohandschuh, nur eines trug eine Armtasche.

Sie gaben sich Mühe, ihre Knie bei jedem Schritt weit anzuheben und trotzdem im Takt zu bewegen. Sofort begannen die Herren, dieser tollen Leistung zu applaudieren.

Die anderen Damen traten aus der Hütte, als die Ponys ihre Parade beendet hatte. Sie nahmen schnell und unauffällig auf der hinteren Bankreihe platz. Fast alle Damen trugen jetzt auch Fesselungen, nur Claudia hatte die Halsgeige noch in der Hand. Sie musste dafür Sebastian noch um einen kleinen Gefallen bitten.

* * *

Nachdem Claudia mit ihrem Lauf durch den Parcours fertig war, ging sie zu den Bänken und setzte sich neben Maria. Sie trug noch ihr volles Ponygeschirr, nur die Trense hatte sie sich von Sebastian abnehmen lassen. Sie wollte sich mit Maria austauschen, denn ihr waren ihre leuchtende Augen aufgefallen. »Na, wie gefällt es dir?«

Maria war froh, dass sie ein paar Fragen stellen konnte. Sie konnte zwar mit der bisherigen Beschreibung nichts anfangen, aber als sie die Ponys gesehen hatte, verspürte sie eine gewisse Faszination. »Ich weiß nicht so recht, es sieht ja interessant aus. Aber was ist so toll daran?«

Claudia hatte mir dieser Frage gerechnet. Insgeheim bewunderte sie Maria, weil diese ihre Fragen stellte, obwohl sie einen Ball im Mund trug und trotzdem sehr gut zu verstehen war.

»Es hat bei mir vermutlich schon im Kindergarten begonnen. Bei den Reiterspielen wollte ich immer das Pferd sein.« Claudias Stimme klang auf einmal sehr sentimental. »Schon damals wurde das Pony mit einem Seil um die Taille »aufgezäumt« und dann ging es mit Hü und Hott um den Sandkasten.«

Maria schwieg nachdenklich.

»Wenn ich heute in die Rolle des Ponygirls schlüpfe, dann bin ich nicht mehr ich selbst. Ich werde zu einer anderen Persönlichkeit, nehme die Wesenszüge eines Ponys an und denke einfach in anderen Dimensionen. Dann zählen für mich nicht mehr Worte, dann zählt für mich nicht mehr die menschliche Welt.«

Claudia holte bedeutungsvoll Luft. »Ich schalte das Denken ab, gebe mich ganz meinem Gefühl hin, lasse mich führen, lasse mich leiten von meinen eigenen Empfindungen, die mich manchmal an die Grenzen meines Bewusstseins führen und selbst beginnen mit mir zu spielen. Ich lasse mich fallen in eine Welt, in der nur das Fühlen zählt und alles andere herum nicht mehr wichtig ist.«

Maria schüttelte nur den Kopf. Doch dann blickte sie neugierig auf Claudias so streng aufgezäumten Körper.

Diese bemerkte den Blick und sie begann zu beschreiben. »Es fängt schon bei den Füßen an.« Sie hob ein Bein hoch und drehte es etwas zu Maria. »Die Stiefel sind streng geschnürt und ich spüre sie über den ganzen Unterschenkel.«

Doch Maria war von etwas anderem fasziniert. »Der Stiefel hat ja gar keinen Absatz und...« Sie keuchte etwas. »Das ist ja sogar ein Hufeisen.«

Claudia war sichtlich stolz. »Ja, es sieht fast so aus wie ein richtiger Pferdehuf und es gibt dann beim Gehen auch die richtigen Geräusche.« Sie hielt kurz inne und gab Maria so die Gelegenheit, Anna zu lauschen, die gerade im Parcours unterwegs war.

»Und die vielen Riemen erinnern mich die ganze Zeit an meinen Status als Pony.« Sie ließ Maria Zeit, ihren Blick wieder auf sie zu richten. »Ich liebe es, wenn Sebastian sie besonders fest anzieht.«

Marias Blick blieb auf dem Monohandschuh hängen. Sie blickte abwechseln auf ihre eigenen Riemen über der Brust und auf Claudias verpackte Arme.

»Ja,« lachte Claudia, als sie Marias Blick bemerkte, »so ein Pony braucht natürlich keine Arme.«

Auf einmal wurde Marias Stimme leise. »Ich möchte das auch einmal probieren.«

Claudia hatte Mühe, ihren Triumph zu verbergen. Sie hatte Maria doch richtig eingeschätzt. »Welche Schuhgröße hast du?«

* * *

Im Gegensatz zu Maria war Leonie schon mit der festen Absicht auf die Hütte gekommen, in die Rolle eines Ponygirls zu schlüpfen, falls sich die Gelegenheit bieten sollte. Schon als Sebastian die vier Ponys zu netter Marschmusik aufmarschieren ließ, wusste Leonie, dass sie es auf jeden Fall auch erleben wollte. Und natürlich sollte ihr Kostüm mindestens so streng ausfallen wie jenes auf dem Foto von ihrer Schwester.

Sicher, es gab von daheim einen gewissen Erfahrungsschatz, doch gute Ratschläge war nicht das, was sie erwartete. Sie wollte es selbst spüren und sie ahnte, dass heute ihre große Stunde gekommen war.

Sebastian hatte vorgeschlagen, das Claudia und die anderen Damen zunächst Leonie die Pony-Sachen anlegen sollten und dabei Maria den Zweck der einzelnen Teile zu erklären.

»Der wichtigste Gegenstand für ein Pony ist trotz allem der Keuschheitsgürtel.« Claudia blickte kurz zu Maria und Leonie. »Damit kann sich das Pony sicher fühlen und sich fallen lassen.«

»Auch mit dem Spielzeug in mir?« fragte Leonie mit etwas glasigen Augen.

»Aber natürlich«, antwortete Claudia, »der Plug wird dich stets bei Laune halten.« Ein gewisses Lächeln erschien in ihrem Gesicht.

»Ist der Plug Bedingung?« Maria sah auf einmal sehr erschrocken aus. »Dann möchte ich doch nicht.«

»Aber nein, natürlich nicht.« Claudia streichelte Maria über den Kopf. »Aber wenn ich die Wahl hätte, ich würde nicht mehr darauf verzichten.«

Maria schüttelte den Kopf. Sie hoffte sehr, dass Claudia nicht nach den Gründen fragen würde.


»Gleich an zweiter Stelle kommt bei mir der große Lederharness.« Sie hielt ein großes Bündel von Lederriemen in der Hand. »Ich liebe es, wenn ich überall an meinen Körper den Druck der Riemen spüre.«

Leonie streckte ihre Arme aus, wie Claudia sie gebeten hatte.

»Natürlich wird er auch benutzt, um weitere Ketten oder Manschetten zu befestigen oder auch die Deichsel eines Sulkies oder einer Kutsche.«

Maria war verblüfft. »Ich soll eine Kutsche ziehen?«

»Hier auf der Hütte nicht. Aber es ist ein beliebtes Spiel.« Claudia lächelte. »Das Pony vor dem Sulky zieht ihren Herrn zum Ziel.«

Maria kam sichtlich ins Grübeln, als sie zusah, wie Claudia so nach und nach die Riemen um Leonies Körper befestigte. Ob sie Paul wohl auch einmal so durch die Gegend ziehen würde.


»Das wichtigste optische Merkmal des Ponys ist natürlich das Kopfgeschirr mit der Trense.« Die Augen beider Frauen leuchteten, als sie sahen, das Claudia geradezu ein Prunkgeschirr in der Hand hatte. »Vielleicht einen hübschen Federbusch auf dem Kopf, so wie die Zirkuspferde.«

Claudia lächelte, als sie sah, dass Leonie ihren Mund bereits geöffnet hatte.

Auf einmal fielen Maria die Geschichten ein von Pauls Oma und dem schmucken Reitknecht. Sie selbst hatte so eine Stange bisher nicht im Mund gehabt. Sie blickte wieder zu Leonie, die ihre Lippen schon um die Stange in ihrem Mund schmiegte. Und selbst als der erste Speichelfaden der Schwerkraft folgte, störte dies weder Leonie noch Maria.

Doch auf einmal stutzte Maria. »Da sind ja sogar Scheuklappen daran.« Sie trat vor, um sich Leonies neuen Kopfschmuck ganz genau anzusehen. »Das ist ja wie bei richtigen Pferden.«

»Gefällt es dir?« Claudia lächelte.

»Sehr...« Maria keuchte ein wenig. »und so etwas bekomme ich auch?«

»Wir hatten damals eine Sammelbestellung gemacht, wir haben viele von genau diesen Kopfgeschirren.«


Claudia hatte den nächsten Gegenstand in der Hand und erklärte. »Das Halsband ist dann besonders wichtig für das Pony, wenn es an der Leine laufen soll oder auch, wenn es im Stall angekettet werden soll.« Doch dann stutzte sie. »Ich glaube, dein Halsband des BHs ist dafür bestens geeignet.« Sie legte es wieder weg.

Unwillkürlich fasste Maria sich an den Hals. Auch sie hatte sich bis auf Keuschheitsgürtel und -BH ausgezogen, doch sie würde das Halsband brauchen. Wider schweiften ihre Gedanken ab und sie sah sich schon als Pony hinter Paul her traben. Doch dann schalt sie sich eine Närrin. Wann und warum sollte Paul so etwas überhaupt machen? Mit dem Fest hatte es nichts zu tun und mit dem Programm ihrer Mutter erst recht nicht.


Claudia griff zu dem Schlüssel, den sie mitgebracht hatte und öffnete Leonies Halsgeige, die sie bisher klaglos getragen hatte.

»Danke, das ich diese Erfahrung machen durfte.« Leonie war erleichtert. »Das ist irgendwie besonders demütigend.«

»Nicht wahr?« Claudia strahlte, als sie ihr zustimmte. »Sie macht selbst die einfachsten Tätigkeiten zu einer großen Herausforderung.« Ihre Augen leuchteten dabei. »Und jetzt lege deine Arme bitte auf den Rücken.«

Kaum hatte Leonie ihre Arme aus der für sie so demütigenden Haltung genommen und hatte sie dann wie verlangt auf den Rücken gelegt, als sie schon spürte, wie sich das Leder eines Monohandschuhs langsam ihre Arme herauf kroch. Auf einmal hörte sie das Ratschen eines Reißverschlusses und sie ahnte, das die Bewegungsfreiheit ihrer Arme schon wieder höchst gemein eingeschränkt war. Das Claudia dann noch die Riemen über ihrem Oberkörper schlang, war ihr fast entgangen.


»Der Stolz eines jeden Ponys sind natürlich seine Hufstiefel.« begann Claudia recht theatralisch und zeigte recht stolz ihre eigenen Füße her, die immer noch in den besonderen Stiefeln steckten. Leonie besaß ein eigenes Paar Ponystiefel und diese hatte sie, als sie sie als Geschenk ihrer Mutter bekommen hatte auch voll Begeisterung getragen. Doch nur die Stiefel machen noch kein Pony aus. Um so faszinierter schaute sie jetzt zu, wie Claudia ihr die Stiefel anzog.

Auch Maria war an diesen seltsamen Stiefeln sehr interessiert. Und tief in ihrem inneren wünschte sie sich, sie dürfte sie auch einmal für Paul tragen. Und so erfreuter war sie, als Claudia sie bat, einmal zu schauen, welches der beiden noch zur Verfügung stehenden Paare ihr besser passte. »Nimm am besten ein paar Socken zu Hilfe.«


»Und dann gibt es noch etwas Zubehör, was für mich unbedingt dazu gehört.« Sie griff zu etwas Metallischem und schüttelte es in ihrer Hand. Es waren kleine Glöckchen, die sehr stark an das Geläut eines Pferdeschlitten im Winter erinnert. »So weiß der Besitzer des Ponys immer, wo es sich gerade aufhält.«

Schon wieder tauchten bei Maria Bilder im Kopf auf, in denen sie von Paul an der Leine geführt wurde und ihre Glöckchen klingelten süß bei jedem Schritt mit ihren so beeindruckenden Hufstiefeln. Sie schaute immer noch etwas ungläubig auf ihre Füße. Sie war ja schon stolz auf ihre Ballettstiefel, besonders als sie bemerkt hatte, das sie als einzige auf der Hütte ihnen völlig problemlos laufen konnte. Doch die Hufstiefel waren ja noch viel faszinierender.

Maria schüttelte ihren ihren Fuß, doch Claudias alte Stiefel saßen sehr gut, wenn man von den zwei paar Extrasocken absah.

Sie warf wieder einen Blick auf Leonie und obwohl sie jeden Schritt verfolgt hatte, war sie doch verblüfft, wie schnell sich dieses vorwitzige Mädchen auf einmal in ein Tier, in ein faszinierendes Ponygirl verwandelt hatte.


»Die Glöckchen können an vorhandenen Brustwarzenpiercings, aber auch an kleinen Brustklemmen befestigt werden.« Nur mühsam durchdrang Claudias Stimme Marias Traumwelt. »Aber für euch gibt es sie auch mit einem kleinen Magneten.« Es machte zweimal leise ´Klick´ und ohne das Claudia etwas sagen musste, begann Leonie mit dem Oberkörper zu wackeln. Ein süßes Klingeln ertönte.

»Was hatte Claudia gerade gesagt?« Maria stutzte. Doch dann verwarf sie den Gedanken. Sie wollte gar nicht wissen, was das Wort ´Brustklemmen´ bedeutete.

* * *

Paul hatte dem Aufmarsch und dem Wettbewerb der Ponys mit sehr großem Interesse zugesehen. Irgendetwas faszinierte ihn sehr an diesen Ponys, die sich so ganz in die Rolle eines Tieres fallen lassen konnte. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass Maria nicht mehr neben ihm saß.

Erst als Sebastian vor die Zuschauer trat und zwei neue Ponys angekündigte, rieb sich Paul die Augen. Leonie als Pony hatte ihn nicht weiter verwundert, doch das zweite Pony erregte seine Aufmerksamkeit. Sehr schüchtern kam das Pony an den Parcours und hielt den Blick zu Boden gesenkt. Claudia stand neben dem Pony und erklärte ihm noch einmal den Parcours. Dann gab sie dem Pony einen sehr liebevollen Klapps und ließ es in den Parcours.

Schon nach den ersten Schritten schien die Unsicherheit von dem Pony ab zufallen und nach dem ersten eigentlich lächerlichen Hindernis in Form eines Schuhkartons konnte man den Eindruck gewinnen, das Pony hätte nie etwas anderes gemacht und wäre immer auf den Hufstiefeln unterwegs gewesen.

Erst jetzt bemerkte Paul, dass Maria nicht mehr neben ihm saß und auch jetzt erst erkannte er, wer das neue Pony war. Er war etwas beschämt, dass er so abwesend gewesen war, doch diese ganz neue Spielart hatte ihn sehr in den Bann gezogen.

Jetzt erst bemerkte er auch, dass die anderen das neue Pony anfeuerten und er setzte jetzt mit großer Begeisterung mit ein.

* * *

Claudia kam zu Paul und reichte ihm eine Leine. »Es ist für Maria jetzt ganz wichtig, dass du etwas Bestimmtes machst.« Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Pauls Miene wandelte sich dabei von Unglauben zu Faszination.

»Du scheinst es ja auch sehr interessant zu finden.« Claudia hatte ihn beobachtet.

Paul wurde etwas rot.

»Kein Grund, sich zu schämen. Du kannst wirklich dazu stehen.« Claudia streichelte ihm über den Kopf. »Und jetzt komm, Maria ist gleich mit dem Parcours fertig.«


Maria keuchte ein wenig, doch ansonsten hatte sie mit dem Parcours keine großen Schwierigkeiten. Schon sah sie die ´Ziellinie´ und mit einem großen Seufzer beendete sie ihren Wettbewerb.

Claudia nahm sie in Empfang, nahm sie in die Arme und streichelte sie. »Das hast du sehr gut gemacht. Ich bin sehr stolz auf dich.« Sie streichelte Maria über die Lederriemen. »Und jetzt kommt, dein Besitzer wartet auf dich.« Sie gab Paul ein Zeichen.

Paul trat auf ´sein Pony´ zu und so wie Claudia es ihm gesagt hatte, klinkte er seine Leine in Marias Halsband ein. »Komm, mein Pony, ich bin sehr stolz auf dich.« Er zog sie ein paar Schritte weg von der Ziellinie und nahm sie dann in den Arm.

Maria blickte ihn mit glasigen Augen an und als sie seine Umarmung spürte, war es um sie geschehen. Ein gewaltiger Orgasmus raste durch ihren Körper.

* * *

Maria schlug die Augen auf und blickte in Pauls verliebte Augen. »Das war toll.« Sie strahlte.

Paul hielt seine Freundin in den Armen und streichelte ihr über ihren Körper. Er hatte ihr lediglich die Trense abgenommen, ansonsten trug Maria noch ihr Ponykostüm.

»Ich war ja zu Beginn sehr skeptisch,« ihre Stimme war leise, »aber es war wirklich toll.«

»Ich hatte gar nicht gemerkt, dass du weg warst« Paul wollte sein schlechte Gewissen ein wenig erleichtern.« Die Ponys haben mich sehr fasziniert und dann...« Er hatte Schwierigkeiten, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. »... Und dann kamst du.«

»Ich möchte auch solche Stiefel haben.« In Maria war etwas geboren.

Paul blickte verwundert auf Marias Stiefel, die tatsächlich wie ein Pferdehuf aussahen.

Maria spürte die Frage. »Sie gehören Claudia. Aber mit zwei Paar dicken Socken passen sie leidlich. Und so ein Ponygeschirr möchte ich auch haben.« Doch dann schienen ihre Sinne wieder in der Wirklichkeit angekommen zu sein. »Aber das geht ja frühestens nach dem Fest.«

Auch Paul war bei diesen Worten wieder etwas ernüchtert. »Du hast recht, da liegt ja noch einiges vor uns.« Er nahm sie noch einmal in den Arm und gab ihr einen Kuss. »Aber ich bin sehr stolz auf meine kleines Pony.«

Maria stöhnte laut und und streichelte ihn mit ihren immer noch im Mono verpackten Armen.


»Und jetzt kommen wir zur Siegerehrung.« Sebastians Stimme klang sehr feierlich. »Wie jedes Jahr vergeben wir zwei Preise. Zum einen den Preis für das schnellste Pony und zum zweiten für das Pony mit der größten Anmut.« Er bat Claudia hervorzutreten.

»Der Preis für das schnellste Pony geht dieses Jahr zum ersten Mal an...« Er machte eine übertriebene Pause. »... meine Frau.«

Applaus brannte auf. Sebastian zeigte auf den liebevoll gestalteten Pokal, der ein stilisiertes Ponygirl und eine Uhr zeigte. Dann hängte er seiner Frau eine Medaille um.

»Und der Preis für die Anmut geht dieses Jahr an unsere jüngste Teilnehmerin: Maria« Er bat Paul und Maria hervorzutreten. Er hängte auch Maria eine Medaille um und reichte Paul den Pokal, der ein Ponygirl mit Lorbeerkranz zeigte.

»Ich bitte euch, noch in euren Ponykostümen zu bleiben.« Er blickte auf einen Zettel. »Wir möchten dann gleich mit dem Fotos beginnen.«

Maria blickte Leonie schmunzelnd an. »Als ob wir eine Wahl hätten.« Dann schmiegte sie sich in Pauls Arme.
315. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 30.11.14 08:49

Da ärgere ich mich das bei mir keiner seine Meinung sagt und was mache ich vergesse es bei dir selbst zu tun.

Das möchte ich hiermit nach holen.Ein toller Teil mit der mal wie immer ein paar tolle Wendungen und Überraschungen had.
Vielen Dank für deine mühe.

mfg Wölchen
316. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 30.11.14 21:49

Hallo cag_coll

Deine Geschichte entwicklet sich ja toll. Und macht immer mehr Spaß zulesen und immer weniger Laune auf den nächsten TEil zu warten.

Echt toll was du dir hier einfallen läst.
Vor allem freut mich, das Paul ja anscheinend seine langsam gefallen an daran findet. Aber das er jetzt schon 2 Frauen in "Arbeit" hat ist ja schon sehr ungewöhnlich. Hoffentlich kommt er damit klar.


MfG Rainman
317. RE: Maria

geschrieben von Mausi2014 am 03.12.14 16:14

Hallo Cag_Coll,


DANKE für die schöne Geschichte!
Mach bitte weiter!



Mausi2014
318. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 04.12.14 05:15

Lieber gag_coll,

Du schreibst einfach traumhaft ich liebe deine Geschichten mach weiter so
319. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Vierzehn

geschrieben von gag_coll am 05.12.14 21:18

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Vierzehn
Autor: Karl Kollar


Sebastian hatte wieder einen Zettel in der Hand, als er nochmals um Aufmerksam bat. »Wir haben vier Kameras und zwei Scheinwerfer zum Ausleuchten.« Er suchte den Blickkontakt zu Leonhard und seiner Frau. »Wir bauen in der Hütte zwei Bühnen auf.« Er zeigte die beiden Plätze, die er dafür vorgesehen hatte. »Leonhard und Amelie kümmern sich um die Außenmotive, und Claudia macht ein paar Spezialaufnahmen.«

Er ging zur Tafel und schrieb die Reihenfolge darauf. »Das habe wir vorhin schon ausgetüftelt, so können wir hoffentlich alle Motivwünsche abarbeiten.«

Er drehte sich zu Leonie. »Von dir habe ich noch keinen Motivwunsch.«

Leonie blickte ihn verblüfft an. Doch erst als sie antworten wollte, bemerkte sie die Trense in ihrem Mund und den Speichel, der gerade daraus tropfte.

Christine lächelte kurz zu Leonie, als sie Sebastian einen Zettel reichte.

Sebastian warf einen kurzen Blick darauf. »Du möchtest ein Ponygirl-Foto?«

Leonie nickte heftig und blickte ihre Schwester dankbar an.

Sebastian nahm es zur Kenntnis. »Und währenddessen kannst du noch über ein weiteres Motiv nachdenken.« Sebastian schrieb ihren Namen auf die Tafel und machte dahinter ein Fragezeichen. Dann drehte er sich zu den sechs Ponygirls. »Leonhard wird die Fotos mit euch machen.« Die anderen bat er, die Hütte herzurichten. »Die Herren bauen die Motive auf und die Damen kümmern sich um den Schminktisch und die Kleider.«

Zunächst hatten sich die sechs Ponys aufgestellt für das Gruppenfoto. Sie blickten brav in die Kamera und lächelten. Leonhard machte diverse Aufnahmen. Doch dann bat er die Ponys noch einmal um Aufmerksamkeit. »Jetzt zeigt einmal, dass ihr Ponys seid. Stellt euch vor, dies hier wäre eure Weide.«

Zunächst einmal standen die Ponys etwas ratlos herum und Leonhard wartete darauf, dass sich ein schönes Motiv ergab, doch die Damen blickte sich nur verlegen an.

»Ich wollte es dieses Jahr eigentlich nicht machen, aber...« Er zeigte auf den Rand der Wiese. »Dort steht der Hengst und sucht eine Partnerin. Jetzt zeigt einmal, warum er euch nehmen sollte.«

Es war zwar ein recht anzügliches Thema, aber es bewirkte, dass Bewegung in die Damen kam. Sie warfen sich in Position, um den fiktiven Hengst anzulocken und nach kurzer Zeit kam tatsächlich so etwas wie Rivalität zwischen den Ponys auf.


»So, jetzt machen wir noch die Einzelfotos.« Leonhard unterbrach den Schaulauf und das Werbespiel der stolzierenden Damen.

»Hast du einen besonderen Wunsch?« fragte er das Pony Maria.

Wie bisher auch schon hatte Maria keine Probleme, sich mit der Trense im Mund verständlich zu machen. Sie wünschte sich ein Foto, bei dem Paul sie an der Leine hielt.

Paul blickte sie verwundert an. »Was wird wohl Mrs. Potter dazu sagen?«

Maria lächelte verschmitzt. »Meine Mutter darf das auch nicht erfahren.« Sie gab ihm einen Kuss. »Aber jetzt bin ich dein Pony.« Das Wort ´dein´ hatte sie besonders betont. »Und daran möchte ich eine Erinnerung.«


Leonie stand neben Leonhard, als dieser das Motiv aufnahm. Und ihr Blick hing sehnsüchtig an der Leine, die Paul in der Hand hatte und mit der die »Besitzverhältnisse« so deutlich dargestellt wurden. Ein wenig zuckte es in Leonie. Dieses Motiv hätte sie auch gern gehabt. Doch sie ahnte, dass ihr dieses nicht zustand.

Maria war dieser Blick trotz ihres Glücks nicht entgangen. Sie bat Leonhard um eine kurze Pause, dann drehte sie sich zu Paul und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Paul lächelte kurz, dann bat er Leonie zu ihm zu kommen. Er ergriff auch ihre Leine und zog sie neben sich, so dass er zwischen den beiden jetzt strahlenden Ponys stand.

Leonhard machte weitere Fotos. Besonders interessante Fotos wurden es, als er die Ponys einmal zu etwas Ungehorsam motiviert hatte und Paul sichtlich beschäftigt war, seine Ponys unter Kontrolle zu halten.


»Na, wie weit seid ihr?« Claudia kam aus der Hütte. Sie war schon vollständig umgezogen. »Ich würde dann gern die Fotos mit dem Doppelknebel machen.« Als sie die verwunderten Blicke sah, lächelte sie etwas verlegen. »Ja, ich habe mich schon wieder umgezogen, ich brauche kein Ponyfoto.« Doch dann bemerkte sie das Motiv, welches die Drei gerade darstellten. »Davon hätte ich auch gern einen Abzug.«

Paul hatte mittlerweile einige Mühe, seine ´wilden´ Ponys unter Kontrolle zu halten. Sie zerrten kräftig an den Leinen, und in ihren Augen war deutlich zu sehen, wie sehr sie das Spiel vor der Kamera genossen.

* * *

Das Innere der Hütte hatte sich wieder einmal deutlich verändert. Die beiden Scheinwerfer, die für die beiden Fotoplätze aufgebaut waren, tauchten den großen Raum in gleißendes Licht. Es war fast heller als draußen.

Paul und seine beiden Ponys blickten sich erstaunt um.

Christine stand wieder zwischen den Säulen und war wie die ´O´ angekettet. Fritz machte gerade einige Fotos und beriet sich mit Sebastian wegen der Helligkeit. Christine war wie die ´O´ zurecht gemacht und trug neben einem Tuch um die Hüften nur ihr Keuschheitsgeschirr.

Petra saß auf einer der Bühnen und rückte sich gerade ihr Kopfgeschirr zurecht. Dabei blickte sie immer wieder in den Spiegel, den Peter ihr vor das Gesicht hielt.

Sie hätten sich gern noch länger umgeschaut, doch Claudia drängte sie zur Eile. Es lag ihr dabei aber weniger an der Zeit, sie war vielmehr wegen des Motivs sehr aufgeregt. Insbesondere wusste sie noch nicht, wie die beiden Mädchen reagieren würden, wenn sie alle Details des gewünschten Motivs begriffen haben würden. Und auch für Paul standen einige gewiss neue Aspekte an.

* * *

»Ich möchte euch nicht überrumpeln.« sagte Claudia, kaum dass sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. »Und ich möchte euch auch nicht in eurer Wehrlosigkeit ausnutzen.«

Maria und Leonie mussten sich nur kurz anblickten. »Jetzt sag doch einfach, was du vorhast.« Marias Stimme verriet Vorfreude. Doch auch Leonies etwas stärkeres Atmen verriet ihre Anspannung, und ihre Augen strahlten in Vorfreude auf ein neues Abenteuer.

Claudia trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick frei auf die Sachen, die sie schon bereit gelegt hatte.

Maria erkannte den Doppelknebel, den Sebastian ihnen am Abend zuvor schon gezeigt hatte. Daneben lagen zwei Monohandschuhe - einen davon erkannte Maria als ihren eigenen. Und auch einige Seilbündel lagen bereit.

Claudia ließ den dreien etwas Zeit, dann begann sie ihre gewünschten Motive zu erklären. »Als erstes wollte ich ein paar Bilder machen, auf dem ihr nur den Doppelknebel tragt.«

»Und die Hände frei?« fragte Leonie, und ihr Tonfall ließ vermuten, dass ihr das zu wenig war.

Claudia griff die Stimmung auf und wandte sich an Paul. »Die Handfesseln hast du doch heute Morgen geübt, oder?« Sie wurde etwas rot. »Ich selbst bin ganz lausig beim Fesseln. Ich trage sie viel lieber.«

Paul blickte kurz zu Maria dann nickte er. »Das kriege ich hin.«

»Als zweites werdet ihr die Monos tragen und dann bekommt ihr noch ein Schrittseil, welches an euren Armen festgebunden wird.«

Marias Blick zeigte, dass sie nicht wusste, was dies bedeuten wurde. Doch Leonie begann sofort etwas zu stöhnen und ihr Blick hingegen ließ erkennen, dass sie genau wusste, was kommen würde. Sie beugte sich zu Maria und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Maria keuchte jetzt ebenfalls und blickte etwas verschreckt zwischen den Dreien hin und her.

»Und als drittes werdet ihr dann wieder den Doppelknebel anlegen und Paul wird euch auch noch an der Taille zusammenbinden.« Sie war erleichtert, jetzt hatte sie es ausgesprochen. Sie blickte Maria und Leonie mit einem Gemisch aus Angst und Zweifel an. »Außerdem würde ihr Sebastian eine große Freude machen.«

Maria und Leonie blicken sich nur kurz an. »Ja, das probieren wir«, antwortete Maria mit leiser Stimme. Sie hatte allerdings noch keine Vorstellung, was es mit dem Schrittseil wirklich auf sich haben würde.

»Das klingt spannend«, fügte Leonie hinzu und ergriff Marias freie Hand.


Claudia drehte sich zum Tisch und nahm den Doppelknebel in die Hand. Während sie ihn mit dem ebenfalls bereitliegenden Handtuch noch einmal putzte, sinnierte sie etwas vor sich hin. »Wisst ihr, dass ihr Sebastian einen lange gehegten Wunsch erfüllt?«

Maria und Leonie waren erstaunt. »Streng genommen ist es doch gar nichts besonderes.«

Claudia beantwortete die Frage, die im Raum lag. »Amelie ist schließlich meine Schwägerin.«

Leonie und Maria blickten sich an. »Wir kennen uns gerade erst einen Tag.«

»Vielleicht ist es genau das.« Claudia lächelte. »Ich kenne Amelie schon viel zu lange.«

Erst jetzt wurde sich Maria bewusst, was dieser Doppelknebel auch bedeutete: Die Lippen einer anderen Frau mit den eigenen Lippen zu berühren, sie quasi küssen. Doch sofort wurde ihr auch klar, dass ihre Lust auf Abenteuer stärker war als die Angst vor dem Unbekannten. Außerdem fand sie Christines Schwester sehr sympathisch, insbesondere weil diese ebenfalls ein großes Opfer auf sich genommen hatte, um sich ihre Träume zu erfüllen.

Claudia hielt den Doppelknebel zwischen Maria und Leonie ungefähr in Höhe ihrer Hände. »Wie wäre es, wenn ihr auch den Knebel selbst anlegt.« Sie blickte beide aufmunternd an. »Ich denke, ihr habt eine gewisse Übung darin.«

Sie lächelte, als sie sah, wie beide Mädchen etwas zusammen zuckten. »Kein Grund, sich zu schämen. Stellt euch gegenüber und nehmt dann jeweils ein Riemenpaar in die Hände.« Claudia spürte, dass sie eine kleine Anfangshilfe geben sollte.

Beide Mädchen wollten den Knebel unwillkürlich zu sich heranziehen. Doch dabei merkten sie, dass sie gegenseitig am Knebel zogen. Sie blickten sich verblüfft und doch auch sehr gespannt an. Ein gewisses Knistern lag in der Luft.

»Ihr müsst euch ganz dicht aneinander stellen.« Claudia sprach leise, so als wolle sie den besonderen Augenblick nicht stören.

Fast wie in Zeitlupe näherten sich ihre Gesichter. Beiden Frauen fixierten mit ihren Blicken zunächst den Ball und verfolgten seinen Weg zu seinem baldigen Aufenthaltsort. Erst als sich ihre Nasen berührten, blickten beiden Mädchen erstaunt auf. Sie waren etwas erschrocken über die Nähe, die der Ball ihnen aufzwang.

Sowohl Claudia als auch Paul sahen dem Schauspiel fast atemlos zu. Paul war von dem Anblick dieses Knebel genauso fasziniert wie Claudia.

»Jetzt schließt die Schnallen hinter euren Köpfen.« Claudia flüsterte fast.

Durch die nötigen Bewegungen kam es zu den ersten zärtlichen Berührungen der Lippen. Die Spannung, die im Raum lag, war förmlich zu spüren.

Claudia reichte Paul wortlos ein Seilbündel, dann trat sie hinter Leonie und wartete ab, bis sie mit dem Schließen der Schnalle fertig war. Dann griff sie ihre Hände und zog sie zärtlich hinter ihren Rücken.

Auch Paul wusste, worauf es ankam. Er war recht dankbar, dass er heute morgen die nötigen Knoten geübt hatte, denn dies gab ihm jetzt noch zusätzlich Sicherheit. Auch er spürte das ganz Besondere dieses Augenblicks.

Maria hielt ihre Arme schon auf dem Rücken gekreuzt, so dass Paul auch ihr die Hände zusammenbinden konnte.


»Bitte recht freundlich und ... Lächeln.« Claudia unterbrach die Szene ganz bewusst, denn sie wusste, dass es noch erhebliche Steigerungen geben würde.

Erst jetzt wurde Maria und Leonie bewusst, dass sie jetzt eigentlich nur für ein Foto posieren sollten. Fast wie verliebt öffneten sie ihre Augen und blickte sich gespannt an, während Claudia immer wieder mit der Kamera klickte und ihnen ab und zu kleine Anweisungen gab, wie sie sich bewegen sollten.

Bisher mussten die beiden Mädchen in ihrer jeweiligen Pose stillhalten, doch jetzt gab Claudia ihnen ´frei´ und motivierte sie dazu, sich frei vor der Kamera zu bewegen. Das ´Frei´ hatte sie etwas betont, denn natürlich wusste auch sie, dass der Doppelknebel und die gefesselten Hände schon eine große Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit waren.

Paul stand neben Claudia und auch er fühlte, dass er an etwas Besonderem teilnehmen durfte. Auch er fühlte die besondere Spannung, die in der Luft lag.

* * *

Claudia steckte kurz den Kopf zur Tür hinaus. »Wir wären dann soweit.«

Kurz darauf kam Sebastian zur Tür herein und grinste über beide Ohren.

Maria spürte, wie Leonie zusammen zuckte.

»Ich dachte mir, dass du Paul zeigst, wie es zu machen ist.« Claudia gab ihrem Mann einen Kuss. »Und er macht es dann bei den beiden Mädchen.«

Sebastian bat Leonie zu sich, die ebenso wie Maria wieder von dem Doppelknebel befreit worden war. Als er sah, wie respektvoll Leonie sich bewegte, musste er lachen. »Ich fürchte, unser Spiel war wohl zu dick aufgetragen. Hier auf der Hütte brauchst du keine Angst zu haben.«

»Geht es um das Schrittseil?« Leonie hoffte, dass er sie nicht schon wieder in eine Falle lockte. »Das kann ich aber selbst auch.«

»So?« Sebastian und Claudia tauschten viel sagende Blicke aus. »Dann führe es doch einmal vor.«

Erst jetzt realisierte Leonie, dass ihre Hände noch auf dem Rücken festgebunden waren. »Ach so«, stammelte sie etwas verlegen. »Dafür bräuchte ich aber die Hände frei.«

»Du bist immer so impulsiv.« Sebastian strich ihr zärtlich über den Kopf. »Du solltest nachdenken, bevor du redest.«

Leonie lachte. »Das sagt Mama auch immer.«

Doch auf einmal wurde Sebastian nachdenklich. »Sagt einmal, wollt ihr die Fotos mit den Keuschheitsgürteln machen?«

Claudia bejahte.

»Meint ihr nicht, dass es mit normaler Unterwäsche etwas eindrucksvoller wäre?«

Leonie schluckte etwas, doch dann sah sie Maria aufmunternd an. »Das wird spannend.«

»Holt eure Unterwäsche und dann zieht euch hier um.« schlug Sebastian vor. »Diesen Raum solltet ihr nur mit dem Gürtel verlassen.«


Als die Mädchen den Raum verlassen hatten und die Tür wieder zu war, wandte sich Claudia an Paul. Sie erklärte ihm, was nun von ihm erwartetet wurde. »Es ist ganz wichtig, dass Maria und Leonie sich ganz fallen lassen können, sonst werden die Fotos verdorben. Sie vertrauen darauf, dass du ihre ungeschützte Lage nicht ausnutzt.«

Paul brauchte einen Moment, um zu erkennen, welche Frage sie ihm stellte, ohne Worte dafür zu benutzen. Doch er wollte ehrlich sein. »Ich weiß nicht, wie ich im Ernstfall reagieren werde.« Er wandte sich an Claudia. »Kannst du etwas auf mich aufpassen?«

Die ehrliche Antwort traf auf viel Sympathie.


Sebastian mischte sich ein. »Schrittseil hatten wir gestern Morgen ja nicht. Wie wäre es, wenn ich es dir kurz bei Claudia zeige.«

Paul hatte weder den Mut noch die Kraft, nein zu sagen. Außerdem ahnte er tief in seinem Inneren, dass Maria es später sicher oft von ihm verlangen würde.

»Es geht eigentlich sehr einfach.« Sebastian hielt ein Seil in den Händen. »Du nimmst es auf die Hälfte, dann schlingst du es um ihre Taille und ziehst es dann von vorn durch den Schritt nach hinten.« Er trat hinter seine Frau und schlang das Seil um das Seil in ihrem Rücken, um es dann wieder durch den Schritt nach vorn zu führen. »Du musst darauf achten, dass die Knoten stets außerhalb der Reichweite ihrer Hände sind.«

Claudia lächelte verlegen.

Paul sah sehr interessiert zu und versuchte, sich jeden Handgriff einzuprägen.

»Ich lasse euch dann allein.« Er ging zur Tür. »Claudia sagt dir schon, wenn es nicht richtig ist. Wie es aussehen muss, weiß sie genau.« Er grinste, als er Claudias leises Stöhnen hörte.


Als Maria und Leonie zusammen das Zimmer betraten, leuchteten ihre Augen. Leonie war noch sehr beeindruckt davon, wie streng ihre Mutter auf den Schlüssel für den Keuschheitsgürtel achtete. Sie hatte zwar schon immer davon geträumt, auch so eingeschlossen zu sein, doch gleichzeitig wollte sie auch ihre Freiheit nicht aufgeben.

Als sie jetzt erleben musste, wie Sebastian um den Schlüssel kämpfen musste, bis Anna ihn herausrückte, begann sie zu begreifen, dass sie jetzt unter fremder Kontrolle stand. Dass es nur abgesprochenes Theater war, wusste sie allerdings nicht. Aber sie hatte sich gleich mit Maria ausgetauscht und erfahren, dass auch Maria unter Kontrolle stand und dass Paul die Schlüssel für sie verwaltete.

In Leonie begann ein ganz verwegener Plan zu reifen. Dabei war es nur ein kleines Detail, welches sie ändern wollte. Es störte sie nicht, dass sie in den Gürtel eingeschlossen war. Nur die Tatsache, dass ihre Mutter die Schlüssel verwaltete, störte sie. So sehr, dass ...


»Paul, ich helfe den Mädchen jetzt beim Umziehen.« Claudia blickte ihn mit einem Augenzwinkern an. »Du könntest in der Zwischenzeit die Handschuhe zum Anlegen vorbereiten.«

Paul verstand sehr gut, was sie ihm eigentlich sagen wollte. Er sollte so höflich sein, sich während des Umziehens nicht umzudrehen. Der Bitte kam er liebend gern nach. Außerdem faszinierte ihn der Gedanke, gleich zwei Mädchen in den Handschuh einschnüren zu dürfen, zumal es dieses Mal sicher nicht darum ging, Maria bei irgendeinem Training zu helfen. Jetzt ging es eindeutig um ein sehr erotisches Fotomotiv.


»Wir sind fertig.« In Claudias Stimme war ihre Anspannung und Vorfreude deutlich zu hören. »Fang bitte mit Maria an.«

Als Paul sich umdrehte, glitt ein Lächeln über sein Gesicht. Maria und Leonie standen mit dem Rücken zu ihm und hielten ihre Arme so auf dem Rücken, wie es für den Monohandschuh erforderlich war.

Mit der gewohnten Routine hatte Paul Maria den Handschuh schnell angelegt. Das einzig neue war Leonie, die dem Vorgang des Einschnürens von Marias Armen sehr interessiert zusah. Sie war sehr erregt, denn sie wusste, dass er das gleich auch bei ihr machen würde.

Im Unterschied zu Maria konnte Leonie ihre Arme nicht so weit zusammen legen. Deswegen hatte Claudia auch einen recht weiten Handschuh ausgesucht. Trotzdem war es für Leonie sehr aufregend zu spüren, wie sich das Leder immer enger um ihre Arme legte.

Maria kam gar nicht auf den Gedanken, eifersüchtig zu sein. Im Gegenteil, sie freute sich darüber, dieses besondere Erlebnis mit Leonie teilen zu können.

Claudia hielt ein Seilbündel in der Hand und reichte es Paul. »Wie du es eben gelernt hast. Nur ziehst du das Seil noch einmal nach hinten und machst es dann am Handschuh fest.« Sie spürte die Nervosität der beiden Mädchen, aber auch Pauls Nervosität. Es war allerdings hauptsächlich die Angst vor dem Unbekannten.


Seine Hände zitterten nicht, als er Leonie das Schrittseil anlegte. Es lag vor allem daran, dass Maria ihm das Gefühl gab, dass er es ihrer Freundin anlegte und dass sie das alles gern mit ihr teilte.

Wie zuvor Leonie hielt auch Maria ihre Arme sehr still, als Paul mit dem Schrittseil beschäftigt war. Auch bei ihr blieben seine Hände ruhig, auch wenn die Gefühle wie wild in ihm tobten.

Er konnte nur ahnen, was diese Kombination bei Maria verursachen würde. Schließlich wusste er, wie gern sie im Handschuh ihre Arme bewegte. Wenn er fertig war, würde jede von ihren Bewegungen... Er wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.

Doch dann bemerkte er Marias Blick. Und es lag so überhaupt keine Furcht darin, sondern nur erwartungsvolle Spannung, die Paul mit einiger Erleichterung und etwas Gänsehaut wahr nahm.

Erst als Paul mit seiner Arbeit zufrieden war, versuchte Maria eine Bewegung ihrer Arme, allerdings vor allem aus Neugier. Sie wollte wissen, wie sie dieser ganz besondere Zustand anfühlte. Und sie fragte sich, was ihre Mutter wohl sagen würde, wenn sie sie so sehen würde. »Das ist so einfach.« Marias Verwunderung durchbrach die Stille. »Warum hat mir das keiner sagt? Damit wäre mein Training sehr viel aufregender gewesen.«

»Nicht wahr?« Claudia griff den Gedanken auf, auch wenn sie nicht wusste, welches Training Maria meinte. »Das ist bei jeder Gelegenheit tragbar.«

Leonie stimmte ihr freudig zu. »Aber nicht bei einer langen Wanderung und Latexunterwäsche«, fügte sie etwas selbstironisch hinzu.

Claudia lächelte: »Wenn dein Partner dir etwas ganz Gemeines antun möchte, dann legt er es dir unter dem Keuschheitsgürtel an. Dann kommst du überhaupt nicht mehr dran.«

Maria blickte Paul etwas verschreckt an.

Paul blickte sie verliebt an. »Vor dem Fest sicher nicht.«

Claudia bat um Aufmerksamkeit. »Ich möchte dann die Fotos machen.«

Der Satz brachte ein wenig Ernüchterung. Die beiden Mädchen erinnerten sich daran, dass sie ein bestimmtes Fotomotiv darstellen sollten und dass sie wie professionelle Fotomodelle ihre eigenen Gefühle hinten anzustellen hatten. Und sie kamen Claudias Wünschen nach bestimmten Posen gern nach.


Claudia versuchte ihnen etwas die ?Sorgen? zu nehmen. »Denkt einfach daran, dass ihr nur für ein Foto posiert und das es mit dem realen Leben nichts zu tun hat.«

»Eigentlich schade« antwortete Leonie etwas voreilig und blickte Maria erschrocken an, als sie realisierte, was sie gesagt hatte. Doch diese dachte ähnlich. »Wir können das ja einmal für uns allein wiederholen.« Sie blickte sehr verliebt zu Paul. »Du hilfst uns dann mit den Handschuhen und legst und den Knebel an.«

Ohne das es Paul so richtig bewusst war, ahnte er, dass er sich auf dieses Ereignis freuen konnte. Trotzdem sprach er seine Gedanken aus. »Bitte erst nach dem Fest.«

»Was hat es denn mit dem Fest auf sich?« fragte Leonie vorsichtig. »ich habe jetzt schon so viel Andeutungen gehört.«

»Das Katerinenfest in Landsbach.« Claudia gab wieder, was sie schon wusste, während sie weiter eifrig Bilder machte. »Maria hat dieses Jahr die Ehre, die Hauptrolle spielen zu dürfen.«

Maria gab sich bescheiden.

Claudia lächelte. »Du kannst gern erzählen, dass es zu der Rolle gehört, dass die Schauspieler einen Monohandschuh tragen muss.«

»Vor allen Leuten?« Leonie war verblüfft.

Maria bestätigte es. Gern hätte sie auch die Originalhaltung erwähnt, doch sie wusste nicht, wie viel sie erzählen durfte. Deswegen behielt sie es vorsichtshalber für sich, zumal sie auch Pauls warnenden Blick bemerkt hatte.


»Ich glaube, wir müssen jetzt mit dem Doppelknebel weiter machen, sonst können wir den Zeitplan nicht einhalten.« Claudia legte ihre Kamera auf den Tisch und griff sich den Doppelknebel. »Stellt euch bitte wieder in Position.« Sie erinnerte an das Probeanlegen des besonderen Knebels.

Maria und Leonie waren so sehr mit ihren neuen und so aufregenden Gefühlen beschäftigt, dass sie gar nicht merkten, dass sie Paul mit einem weiteren Seil zwischen den beiden Taillen aneinander gebunden hatte. Erst als es hell blitzte, bemerkten sie, dass Claudia schon mit den Fotos begonnen hatte. »Stellt euch bitte vor die Wand«, bat sie die beiden Mädchen. Ihre Worte erreichten sie aber nur durch einen dichten Nebel voller Erregung und aufregender Gefühle.


Paul ahnte, dass die beiden Mädchen in ihrem neuen und ungewohnten Zustand sicher eine helfende Hand gebrauchen könnten. Und er hoffte auch, dass seine Berührungen der Mädchen nicht als Missbrauch ihrer Situation empfunden wurden. Doch seine Sorgen waren unbegründet. Im Gegenteil, das leichte Stöhnen der Mädchen zeigte ihm, dass sie seine Hilfe als solche erkannten und dankbar annahmen.

Erst als sie in Claudias gewünschter Position standen und Paul die Bühne verlassen hatten, begannen sie mit ihrem Gegenüber zu spielen.


Es war eine besondere Stimmung, die nur durch das leise Klicken von der Kamera unterbrochen wurde. Claudia brauchte kein einziges Wort zu sagen. Die beiden Mädchen verhielten sich, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht als sich mit Monohandschuh, Schrittseil und Doppelknebel vor der Kamera zu bewegen.

Paul sah, dass einmal Sebastian den Kopf zur Tür herein steckte. Doch statt ein Wort zu sagen, trat er nur vorsichtig neben Paul und blickte genauso gespannt wie Paul auf die beiden Mädchen, die dabei waren, ein ganz außergewöhnliches Abenteuer zu erleben.

Er hatte eigentlich fragen wollen, ob Maria und Leonie mit dem Doppelknebel zurecht kamen, doch was er sah, erfüllte seine Erwartungen über alle Maßen. Er legte ganz unbewusst Paul die Hand auf die Schulter und beide genossen still den außergewöhnlichen Anblick.

Sebastian ging so leise wie er gekommen war.


Nur ganz langsam zeigte ein immer lauter werdendes Keuchen an, dass die Erregung der beiden Mädchen deutlich angestiegen war. Auch war zu beobachten, dass sie jetzt ihre Arme nun etwas heftiger bewegten.

Die Kamera hatten beide schon lange vergessen, und für sie gab es nur noch ihre ganz besondere Situation.


»Danke, das war es.« Claudias Stimme unterbrach die Stimmung ein wenig, als sie die Kamera weg legte, dann gab sie Paul ein Zeichen, und ohne dass sie es vorher abgesprochen hatten, wusste er doch, was sie von ihm wollte.

Er ging zu seinen Mädchen und begann sie in ihrer Wehrlosigkeit zärtlich zu streicheln. Es machte ihm nicht einmal etwas aus, dass er Maria in diesem Moment mit Leonie teilen musste. Die Situation brachte es einfach mit sich, dass er seine Gefühle zu Maria außen vor ließ und nur darum bemüht war, die beiden Mädchen auf ihrem Weg zum Höhepunkt zu begleiten.

Das Luftholen durch die Nase und am Knebel vorbei wurde immer heftiger, und schon lange hatten beide keine Hemmungen mehr, laut ihre Gefühle heraus zu stöhnen.

Fast gleichzeitig spürte Paul das starte Zittern, dass anzeigte, dass die beiden zusammen einen heftigen Orgasmus bekamen und ihn gemeinsam genießen konnten.

Paul hatte Claudias Fingerzeig auf das Sofa nur kurz gesehen, doch er verstand sofort, was sie ihm damit sagen wollte. Sanft zog er die Mädchen in Richtung auf das Sofa, während er das Taillenseil löste und die Knebelschnallen öffnete. Er zog die voneinander gelösten Mädchen in seine Arme und mit auf das Sofa herunter, wobei er sich zwischen sie setzte und sie weiter in seinen Armen hielt, um sie bei der Rückkehr weiterhin mit Zärtlichkeiten zu verwöhnen. Als Dank dafür bekam er von beiden Mädchen, die sich in seine Arme kuschelten, einen rechten intensiven Kuss.

Maria war die erste, die wieder Worte fand. »Das war toll.«

Leonie war noch dabei, wieder zu sich zu kommen. »Das müssen wir unbedingt einmal wiederholen.«

Erst jetzt wagte Claudia es, sich wieder bemerkbar zu machen. »Danke für diese ganz außergewöhnlichen Fotos.« Sie klappte erst jetzt ganz demonstrativ ihren Kamerakoffer zu.

Es klopfte vorsichtig. Sebastian steckte seinen Kopf zur Tür herein und seine Miene war zu entnehmen, dass er zumindest eine Ahnung hatte, was sich eben wohl ereignet hatte. »Marias Fotos in Taras Kleid wären dann dran.«

»Darf ich im Handschuh bleiben?« Sowohl Leonie als auch Maria stellten diese Frage quasi gleichzeitig. Sie lachten. »Dürfen wir bis dahin im Handschuh bleiben?« wiederholte Maria die Frage und sowohl Leonie als auch Claudia und Maria blickte ihn fragend und bangend an.

Paul lächelte. »Aber gern.«

Claudia lächelte ebenfalls. »Mir scheint, du hast eine Eroberung gemacht.«

Paul blickte für einen kurzen Moment etwas erschreckt zu Maria, doch diese konnte ihm seine Sorgen nehmen. »Leonie ist meine neue Bondage-Freundin.« Sie blickte zwischen Paul und Leonie hin und her. »Und wir erwarten strenge und schöne Fesselungen.«

Paul seufzte innerlich. Sein "bitte erst nach dem Fest" konnte er sich gerade noch verkneifen...
320. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 06.12.14 14:40

Super tolle Fortsetzung.Vielen dank für deine mühe.Mit lief eine Gänsehaut über die Arme.Nachdem ich fertig war.
Ok kann auch daran liegen das meine Wohnung kalt ist.Aber trotzdem.Eine gelungene Fortsetzung.
mfg Wölchen
321. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Fünfzehn

geschrieben von gag_coll am 11.12.14 05:57

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Fünfzehn
Autor: Karl Kollar

»Wir müssen euch dann wieder eure Rüstung anlegen, ihr dürft sonst diesen Raum nicht verlassen.« Claudia betonte, dass Sebastians Regeln für die Sicherheit aller Teilnehmer gedacht waren. Sie bat Paul, sich wieder umzudrehen.

Er kam der Bitte nach und nutzte die Zeit, um die Seile wieder zusammen zulegen. Dabei zählte er die leisen Klicks mit, mit denen die Mädchen wieder in die Gürtel eingeschlossen wurden.

»Paul, nimmst du Marias Schlüssel wieder in Verwahrung?« Sie reichte ihm den Schlüssel.

Leonie war auf einmal sehr verlegen. »Claudia, ich hätte da eine große Bitte.« Es war ihr anzusehen, dass ein großer Kampf hinter ihr lag.

Doch zu ihrer Überraschung zeigte Claudia sehr viel Einfühlungsvermögen. »Paul soll deinen Schlüssel auch bekommen?«

Leonie nickte erleichtert. Sie hoffte sehr, dass sie ihre Begründung nicht äußern musste. Sie hatte sich zwar insgeheim sehr über den Gürtel als Geschenk ihrer Mutter gefreut, aber das sie den Schlüssel verwalten sollte, das gefiel ihr überhaupt nicht.

»Paul und Maria, kommt ihr einmal her?« Claudias Stimme war auf sehr feierlich. Sie legte ihren Arm um Leonie und wartete, bis die beiden vor ihr standen.

»Paul, bist du damit einverstanden, für den Rest der Hütte auch Leonies Schlüsselherr zu sein?« Sie blickte ihn aufmunternd an. Dennoch brachte ihr Stimmfall die Botschaft herüber, dass damit auch eine gewisse Verantwortung verbunden war.

Sein Blick wechselte zwischen Leonie und Maria hin und her und erst, als beide Frauen ihn zuversichtlich ansahen, entschloss er sich zu einem ´Ja´.

»Maria«, Claudia blieb in dem feierlichen Ton. »Bist du auch damit einverstanden, dass Paul jetzt auch die Schlüssel von Leonie verwaltet bis zum Ende der Hütte?«

Auch Marias Blick wechselte zwischen Paul und Leonie hin und her. Irgendwie ahnte Maria tief in ihrem Unterbewusstsein, das dies nicht nur eine Frage für die Hütte war, sondern weit mehr ihres zukünftigen Lebens betraf.

»Maria?« Claudia hakte nach, als sie merkte, dass sie sehr in ihre Gedanken versunken war.

»Ja, ich bin einverstanden.« Sie gab Paul einen Kuss.

Als Paul den Schlüssel überreicht bekam, holte er seine Halskette heraus, an der sich schon einige von Marias Schlüsseln befanden. Leonies Schlüssel hängte er dazu.

Leonie wartete, bis er damit fertig war, dann blickte sie zu Boden und stammelte ein »Danke schön.« Sie drehte sich zu Maria und blickte sie fragend an. Als Maria nickte, ging Leonie auf Paul zu und umarmte ihn. »Danke, dass du das machst.«


»Du wolltest noch einige Fotos mit deiner Trainingsjacke?«, Es tat Claudia zwar leid, die Stimmung zu stören, aber sie musste den Zeitplan im Auge behalten.

Maria drehte sich zu Paul. »Holst du sie bitte?«

Paul war erleichtert, dass er einen Grund hatte, den Raum einmal zu verlassen und über seine neue Rolle nachdenken zu können. Eigentlich hatte er mit Maria und ihrem besonderen Leben schon genug zu tun, auf der anderen Seite ging von Leonie ein ganz besonderer Zauber aus. Sie nahm große Opfer auf sich, um ihre Träume zu verfolgen und das imponierte ihm schon sehr. Er hoffte, dass er das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, nicht enttäuschen würde.


»Was trainierst du denn?« fragte Leonie kurz nach dem die Tür sich hinter Paul geschlossen hatte.

Maria kam kurz ins Grübeln, doch dann kam sie zu der Überzeugung, dass sie vom ´Gebet auf dem Rücken´ durchaus erzählen konnte.

Leonie staunte nicht schlecht, als sie begriff, was Maria vorhatte. »Aber...« Sie stotterte etwas. »aber diese Haltung ist äußert anstrengend und nur schwer zu schaffen.« Sie hatte darüber etwas bei ihren Recherchen erfahren.

»Warte einfach ab.« Maria grinste. »Es war eigentlich die Jacke, die ich immer zur Strafe anziehen musste. Doch dann hatte Pauls Oma eine tolle Idee.«

Leonie war sehr neugierig.

Die Tür öffnete sich und Paul trat ein.

Leonies Augen wurden immer größer, als sie sah, wie einfach Maria ihre Arme in die für die Jacke nötige Position brachte und wie sie dort von Paul fixiert wurden. Sie fand keine Worte.

Claudia begann sofort Fotos zu machen, zunächst Maria allein, dann hielt Paul sie im Arm.


Ella kam herein und hielt ihre Halsgeige in der Hand. Ihr Blick suchte Leonie. »Die wolltest du doch ausprobieren?« Sie wedelte etwas mit der Metallfessel in ihrer Hand. »Ich brauche sie erst wieder zum Mittagessen.«

Leonie war erfreut. »Oh ja gern.«

Claudia drehte sich um. »Soll ich davon auch ein paar Fotos machen?«

Leonie war fast sprachlos. »Das wäre schön.« ihre Stimme war sehr leise.

Ella nahm den Bolzen heraus und legte ihn zusammen mit dem Schloss auf den Tisch. Dann bat sie Leonie zu sich. »Beim Hals müssen wir aufpassen, dass wir keine Haut einklemmen, das tut sonst sehr weh.«

Leonie sah sehr fasziniert zu, wie Ella die Halsgeige aufklappte und vorsichtig um ihren Hals legte. Nur sehr langsam kamen sich die beiden Teile vor Leonies Körper näher.

»Jetzt gib mir deine Hände.« Ella klappte die Manschetten für die Hände auf.

Leonie hielt den Atem an, als sie sah, wie sich das Metall langsam um ihre Handgelenke legte.

»Halte bitte noch still, bis ich es verschlossen habe.« bat Ella. Sie spürte, wie neugierig Leonie war. Sie nahm den Bolzen und das Schloss vom Tisch, und nach wenigen Handgriffen hörte Leonie das erlösende ´Fertig´.

Der helle Blitz erinnerte Leonie daran, dass Claudia mit dem Bilder machen begonnen hatte. Sebastians Frau hatte schnell begriffen, dass sie hier einmal »unschuldige« Fotos machen konnte. Ein Mädchen bei ihren ersten Erfahrungen mit einer neuen Fesselung zu beobachten, so eine Gelegenheit hatte sie nur sehr selten.

* * *

»Möchtest du die Jacke auch einmal probieren?« Maria hatte Leonies neugierigen Blick gesehen, als sie mit der Jacke für die Fotos posiert hatte. Außerdem war Maria sehr darauf gespannt, die Jacke einmal von hinten sehen zu können. Sie erzählte Claudia von ihrer Idee.

»Wenn wir uns beeilen, sollte es schon noch gehen.« Sie wollte höchst ungern Nein sagen. »Sebastian hat noch viel vor.«

»Was ist mit mir?« Claudias Mann stand auf einmal in der Tür. »Wie weit seit ihr?«

»Wir haben noch ein Motiv, Leonie mit Marias Jacke.«

Sebastian zog seine Stirn in Falten. »Was ist mit dem Entblößungskleid?«

»Ach Mist«, Claudia ärgerte sich. »Das wollten wir ja vor dem Essen auch noch machen.«

»Das machen wir gleichzeitig.« Er hatte blitzschnell einen Plan gefasst. »Claudia hilft Maria mit dem Kleid und Paul hilft Leonie mit der Jacke?« Er blickte sich um. »Könnte das gehen?«

Maria war insgeheim erleichtert. Sie hatte befürchtet, dass sie schon jetzt das Kleid ohne ihr Schutzblech hätte tragen müssen. Doch als zu ihrem Entsetzen Claudia diese Idee auch noch äußerte, verwies ihr Mann auf die zu knappe Zeit.


Leonie hatte mit Marias Jacke arge Probleme. Zum einen ließ sich der Reißverschluss der Jacke nicht schließen, es blieben nur die Riemen, die eigentlich nur dafür gedacht waren, den Verschluss zu entlasten. Und selbst bei denen war es nur mit Mühe möglich, sie ins erste Loch zu schließen.

Noch enttäuschender waren allerdings die Riemen, mit denen die Arme zu fixieren waren. Hier war selbst das erste Loch noch weit entfernt.

Sebastian sah jetzt eine gute Gelegenheit, sein Ansehen bei Leonie etwas zu verbessern. Er wandte sich an Maria, die gerade dabei war, ihre Arme wegen des Rocks fest zu halten, während Claudia das Kleid an den Oberarmen befestigte. »Wenn wir noch zwei weitere Löcher machen, dann könnte Leonie sie so tragen, wie es vorgesehen ist.«

Maria war damit einverstanden.


Leonie war zwar enttäuscht, aber gleichzeitig wuchs ihre Ehrfurcht vor Maria und ihren Fähigkeiten. Sie trug die Jacke nur für ein paar wenige Minuten, und dennoch hatte sie sehr unter den Schmerzen in ihren Armen zu leiden. Ebenso schaffte sie es nur mit viel Mühe, sich für die Fotos ein etwas gequältes Lächeln abzuringen. Dennoch sie war stolz darauf, diese Erfahrung machen zu dürfen.


»Ihr könnt euch Zeit lassen.« Sebastian steckte seinen Kopf wieder zur Tür herein, und seine Miene zeigte, dass er mehr als sauer war. »In der Küche hat es ein Malheur gegeben und sie müssen jetzt etwas improvisieren.« Was genau passiert war, sagte er nicht.

Maria ahnte sofort, was diese Bemerkung bedeutete. Jetzt gab es keine Ausreden mehr. Fast wie in Zeitlupe sah sie, wie auf einmal Claudias Augen leuchteten und wie sie sich mit Paul besprach.

Maria musste mehr als hilflos mit ansehen, wie Paul auf sie zu kam und nach und nach die Schlösser des Keuschheitsgeschirrs öffnete. Das Kleid verhinderte es nicht. Sie schaffte es aber auch nicht, zu protestieren. In ihr kämpften zwar ihr Schamgefühl und ihre Lust miteinander, und die Lust wurde immer stärker.


Claudia bat Paul, einfach die Motive von der vorherigen Fotosession zu wiederholen. Vorhin hatte Maria es gewagt, seine bewusst provozierenden Berührungen abzuwehren, auch wenn sie sich damit mehrmals entblößte. Doch vorhin wusste sie, dass der Gürtel sie ja weiterhin schützen würde.

Jetzt war dieser Schutz weg. Sie verlegte sich darauf, ihn böse anzusehen und versuchte, ihn mit Worten von seinen Berührungen abzuhalten. Dass nebenbei die Kamera klickte, nahm sie überhaupt nicht wahr, so sehr war sie auf den »Kampf« mit Paul konzentriert.

Paul hatte mittlerweile das Gesamtkonzept verstanden und er griff sich den Maulkorbknebel, den er heute Vormittag zu Beginn der Fotosession bereitgelegt hatte. Er trat auf Maria zu und legte ihr den Knebel an. Ihr Schimpfen erstickte bald der Ball, und auch das Zucken in den Fesseln wurde langsam wieder weniger.

Maria schien sich so langsam mit ihrer Position abzufinden und auch, dass Paul ihr die Möglichkeit zum Reden genommen hatte. Zum ersten Mal widerstand sie aber auch der Versuchung, ihre Gag-Talk-Fähigkeiten zu versuchen. Irgendwie fühlte sie, dass sie Pauls Wunsch zu folgen hatte und dass sie jetzt zu schweigen musste.


Wann Sebastian den Raum betreten hatte, wusste keiner. Er war auf einmal da und blickte sehr fasziniert auf das Paar, welches einen sehr erotischen Kampf miteinander führte. Paul versuchte, seine Freundin aus der Reserve zu locken und sie dazu zu bringen, sich vielleicht zu entblößen und Maria wiederrum versuchte, alle Zärtlichkeiten von Paul zu ignorieren und seinen Provokationen zu widerstehen.

Auf einmal hatte Sebastian eine Idee und er wusste, wie er Maria ein weiteres unvergessliches Erlebnis bieten konnte. Doch dafür musste er einige Vorarbeit leisten. Insbesondere musste er den anderen Männern einige Verpflichtungen abverlangen. So leise wie er gekommen war, verließ er den Raum wieder. Doch zuvor hatte er seiner Frau das verabredete Zeichen gegeben, dass Maria in dem Kleid verbleiben sollte.


Leonie hatte Marias Kampf mit Paul sehr fasziniert zugesehen. Claudia hatte sie gleich nach den Fotos aus Marias Trainingsjacke herausgelassen, und da sich danach alle Aufmerksamkeit auf Paul und Maria lenkte, fühlte sich Leonie unbeobachtet.

Sie blickte immer wieder sehr fasziniert auf den Tisch, auf dem immer noch Claudias Halsgeige lag. Und was Leonie besonders faszinierend fand: auch das offene Schloss lag zusammen mit dem Verschlussbolzen bereit. Und wieder hörte sie die Rufe, wie schon gestern bei der Schublade. »Komm Leonie, ich möchte dir helfen. Du kannst mir deinen Hals und deine Hände ruhig anvertrauen.«


»Danke, das war es.« Claudia legte die Kamera auf den Tisch, dann bat sie Paul zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Maria beobachtete gespannt, wie sich Pauls Miene veränderte. Als er wieder zu ihr kam, wollte Maria von ihm, dass er sie jetzt endlich aus diesem Kleid heraus lassen würde. Sie blickte Paul mit flehenden Augen an. Doch da Paul ihr auch den Knebel noch nicht abgenommen hatte, akzeptierte sie es weiterhin als seinen Wunsch, dass sie noch zu schweigen hatte.

Paul nahm sie nur in seine Arme und streichelte sie weiter. »Du siehst so toll aus in dem Kleid.« Er machte keine Anstalten, es ihr zu öffnen.

Natürlich wusste sie, dass sie jederzeit durch Benutzung des Notsignals ihre Befreiung erzwingen konnte. Doch so viel Ehrgefühl hatte sie in ihrer neuen Rolle als Bondagette schon entwickelt, dass diese Variante noch nicht für sie in Frage kam. Außerdem wusste sie, dass sie Paul in dieser Hinsicht vertrauen konnte.

Es waren neue ganz aufregende Gefühle, als sie entdeckte, dass sie dabei war, sich Paul unterzuordnen. Sie schmiegte sich an ihn, weil sie hoffte, wenigsten ein paar Streicheleinheiten von ihm zu bekommen. ´Wenn das meine Mutter wüsste´, dachte sie lächelnd bei sich.

Paul hatte zwar immer noch ein wenig Zweifel, ob er wirklich das Richtige tat, aber zumindest Marias Augen zeigten ihm, dass er bisher nichts falsches gemacht hatte.


Leonie hatte schon einen Plan, wie sie sich selbst in die Halsgeige einschließen konnte. Und es reizte sie vor allem deswegen, weil sie selbst nicht über den Schlüssel verfügte. Sie hatte beobachtet und ausprobiert, dass sie mit den Händen durchaus das obere Ende des Bolzen erreichen konnte. Wenn sie den Bolzen nun so einsetzen würde, dass sie das Schloss an der Oberseite anbrachte, dann müsste es eigentlich möglich sein... Sie hielt es nicht mehr aus. Sehr vorsichtig nahm sie sich die Halsgeige in die Hand, klappte sie auf und legte sie sich um den Hals.

Langsam führte sie die beiden Hälften vorn zusammen und steckte kurz vor dem Schließen ihren Hände an die vorgesehenen Stellen. Sie stellte den Bolzen auf den Tisch und hielt dann die Geige so darüber, dass sie den Bolzen durch das vorgesehene Loch stecken konnte. In ihrer Hand hielt sie schon das Schloss, das sie dann in den Bolzen einfädelte.

Erst das leise ´Klick´ des Schlosses zeigte zum einen, dass Leonie ihr Ziel erreicht hatte, sich selbst in die Halsgeige einzuschließen.

Doch es bewirkte auch, dass Claudia beim Fotografieren gestört wurde und nach der Ursache des ´Klicks´ suchte. Als sie sah, was Leonie geschafft hatte, glitt ein Lächeln über ihr Gesicht und sie richtete die Kamera auf Leonie, um auch von ihr ein paar Bilder zu machen.


Maria wusste von der Modenschau, dass sie in diesem Kleid wirklich gefangen war, und dass selbst heftige Gewalt das Kleid nicht beschädigen konnten. Nur Paul hatte die Mittel, sie wieder aus dem Kleid zu lassen und im Moment machte er keine Anstalten, ihrem wortlosen Flehen nachzukommen.

Obwohl sie nur auf der Hütte in der vertrauten Umgebung waren, spürte sie zum ersten mal so richtig die mögliche Dominanz ihres Freundes. Es waren neue und ganz ungewohnte Gefühle, die dabei auf sie einströmten. Und sie kündigten eine faszinierende Zukunft an.


Paul war dankbar, dass Claudia ihm den Tipp gegeben hatte, Maria noch ein wenig zappeln zu lassen. Es war ihm zwar ein wenig unheimlich, wie genau Claudia Marias Reaktionen vorhergesagt hatte, doch er spürte auch, wie sehr positiv Maria darauf reagierte.

* * *

Sebastian hatte alle Männer in die Küche gebeten und hielt ihnen eine vorsorgliche Standpauke. »Maria wird völlig ungeschützt und zugleich völlig wehrlos am Mittagessen teilnehmen. Ich erwarte von euch, dass jeder ihren Zustand respektiert und ihre Lage nicht missbraucht.«

Er wusste, dass er ein gewisses Risiko einging. In der Vergangenheit hatte es einige Vorfälle gegeben, die die Einführung der Keuschheitsgürtel-Regeln nötig gemacht hatte und trotz dieses Wissens wusste er, wie wichtig diese Erfahrung für Maria sein würde und wie sehr sie dies prägen konnte, wenn es mit einer positiven Erfahrung verbunden war. Auch Paul würde es bei seinen neuen Aufgaben sehr helfen.

* * *

Claudia hatte versucht, sich ein wenig in Maria zu versetzen. Sie glaubte verstanden zu haben, welches Ziel Sebastian verfolgte und sie grübelte darüber, wie man Maria ein wenig ablenken konnte. Sie bat Paul zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Paul blickte sie verblüfft an, doch dann nickte er und verließ den Raum.


Leonie und Maria blickten sich fasziniert an. Beide trugen für sie neue und aufregende Fesseln.

»Leonie, machst du bitte einmal den Mund auf?« Claudia stand hinter und hatte einen bewusst liebevollen Ton gewählt. Ihr war der sehnsuchtsvolle Blick von Leonie auf Marias Knebel aufgefallen.

Kaum war Leonie der Bitte nachgekommen, als sich auch schon ein Ball in ihren Mund drängte. Gleichzeitig sah Leonie, wie Maria trotz ihres Knebels lächelte.

Die beiden Knebel bewirkten, dass die Mädchen sich jetzt ganz auf ihre neuen Fesselungen konzentrieren konnten.

Leonie wusste zwar, dass Claudia die Geige vor dem Essen zurück haben wollte, aber trotzdem hoffte sie, dass sie sie vielleicht doch zum Essen behalten konnte. Es hatte bei Claudia und Ella so interessant ausgesehen, wie sie gestern Abend damit gegessen hatte.

Maria hingegen sehnte sich nach dem genauen Gegenteil. Sie hoffte sehr, dass sie das Kleid noch vor dem Mittagessen ausziehen dürfte. Im ihrem Unterbewusstsein allerdings wusste sie schon, dass es ein vergeblicher Wunsch sein würde.


Paul kam wieder in den Raum. In seinen Händen hielt er die zwei Halsbänder, an denen noch die Hundeleinen baumelten.

Während die Mädchen noch darüber nachdachten, ob sie sich wehren sollten, hatte Paul schon gehandelt und ihnen beiden die Halsbänder angelegt.

Zunächst hielt er beide Leinen in der Hand, doch dann erinnerte Claudia an den zweiten Teil ihres kleinen Planes. Paul nahm Leonies Leine und hielt sie so vor Marias Hand, dass seine Freundin problemlos zugreifen konnte.

Claudia lächelte. »Nun, dann können wir zum Essen gehen.«


In Maria tobten die Gefühle wild durcheinander. Einerseits versuchte sie hochkonzentriert auf ihre Armhaltung aufzupassen, um sich nicht zu entblößen. Andererseits fand sie es aber auch sehr faszinierend, ihre neue Freundin an der Leine hinter sich her zu ziehen. Was würde bloß Rosalie dazu sagen - und ihre Mutter erst.

Leonie ihrerseits hatte schnell herausgefunden, dass sie Maria dann in Verlegenheit bringen konnte, wenn sie unvermittelt stehen blieb und es so einen Ruck an der Leine gab. Beim ersten Mal rutsche Marias Rock schon bedenklich weit hoch und Leonie handelte sich einen sehr bösen Blick von Maria ein. Doch danach war Maria auf solche Attacken vorbereitet. Einen weiteren solchen Triumph wollte sie Leonie nicht gönnen.

Kaum hatte sie den Mittelraum betreten, als auf einmal Applaus auf brandete. Vereinzelte kamen Glückwünsche für diesen außergewöhnlichen Auftritt.

Sebastian gratulierte ihnen und bat dann alle Platz zu nehmen.

Erst jetzt nahm Paul seiner Freundin und Leonie die Knebel wieder ab.


»Ich bewundere dich.« Amelies Stimme zeigte ihre Faszination. »Ich hätte dafür nie den Mut aufgebracht.«

»Mut?« Maria war empört. »Er hat mich nicht aus dem Kleid heraus gelassen.« Dass sie mit ihrer Beschwerde gegen einige der inoffiziellen Regeln verstieß, war ihr in dieser Situation herzlich egal.

»Aber du hättest doch das Notsignal benutzen können.« Sebastian wollte sie daran erinnert haben.

»So schlimm ist es ja nun auch wieder nicht.« Maria keuchte etwas. »Es erfordert nur hohe Konzentration.« Sie blickte sehr verliebt zu Paul. »Und es ist so neu und aufregend.« Sie gab ihm einen Kuss.

Leonie blickte mit einem Bedauern im Blick zu Claudia. Sie wollte sicher ihre Halsgeige wieder haben.

Claudia erwiderte den Blick und zu Leonies Überraschung gab sie sich sehr großzügig. »Du darfst sie erst einmal weiter tragen.« Sie lächelte zu Sebastian. »Ist ja auch einmal schön, ganz normal essen zu können.« Sie warf Sebastian einen kleinen triumphierenden Blick zu.

Leonie war verlegen. »Danke schön.« Sie versuchte, Messer und Gabel zu erreichen. »Das ist so aufregend.«


Maria zu füttern, war Paul eigentlich gewöhnt. Doch jetzt musste er sich um zwei Frauen kümmern. Zumindest musste er auch Leonie den Teller füllen.

Sebastian grinste. »Ich fürchte, daran wirst du dich gewöhnen müssen.«

Maria war mit ihren Gedanken immer noch bei ihrem Kleid. Sie aß nur sehr wenig. Ihr Gedanken flogen nur so. Auch wenn sie mittlerweile alle auf der Hütte kannte, mochte sie sich trotzdem nicht vor ihnen entblößen. Trotzdem genoss sie aber die bewundernden Blicke, die sie insbesondere von den Herren bekam.

* * *

Sebastian stand auf und bat ums Wort. »Ich möchte nun die Mittagstafel aufheben, wir haben noch viel vor.« Er warf Franz einen bedeutsamen Blick zu. »Doch zuvor möchte ich mich noch bei den Herren der Küche bedanken, die trotz des Malheurs noch so ein schönes Sonntagsessen zustande gebracht haben.«

Er wartete den Applaus ab. »Peter und Leonhard, ihr baut bitte das Kreuz auf. Es ist eigentlich schon alles vorbereitet.« Dann nahm er einen Zettel zur Hand und blickte kurz darauf. »Wir haben noch ein Motiv von Petra in ihrem Anzug.«

»Oh, danke.« Petra hob erfreut den Kopf. »Das hätte ich jetzt fast vergessen.«

»Und Leonie«, er drehte sich zu Christines Schwester, »weißt du jetzt, was du für ein Motiv haben möchtest?«

»Wenn es möglich ist, würde ich gern Monostiefel und Monohandschuh tragen.« Leonie lächelte verlegen.

»Eine gute Wahl.« Sebastian grinste. Doch dann wurde seine Miene ernst. »Du lässt dich vorher von Margarete ansehen. Sie soll sagen, wie lange du den Handschuh tragen darfst.« Er drehte sich zu der Ärztin. »Fangt am besten gleich damit an.«


»Du trägst die Monos nicht oft?« fragte Margarete, nach sie die Tür eines der Zweierzimmer hinter sich und Leonie geschlossen hatte.

»Wie denn?« Leonie ließ ein wenig von ihrem Single-Frust hören. »Es hilft mir ja keiner.«

Margarete seufzte. »Ich darf ihn auch nicht tragen.«

Leonie blickte verwundert auf.

»Eine Sportverletzung.« ergänzte Margarete. »Aber die Armtasche macht auch hübsch hilflos.« Sie lächelte wissend.

Jetzt war es an Leonie zu seufzen.

»Leg deine Arme einmal auf den Rücken.«

Leonie kam der Bitte nach. Sie spürte, wie sie von Margarete betastet wurde.

»Ist dir das Fotomotiv sehr wichtig?« fragte die Ärztin in einem vorsichtigen Ton.

Leonie zuckte zusammen. Diese Art der Fragestellung verhieß nichts gutes. Sie äußerte ein vorsichtiges ´sehr´.

»Ich fürchte, du hast dich heute morgen bei den Ponys etwas zu sehr verausgabt.« Sie massierte ihr etwas die Schultern. Doch sie spürte auch, wie wichtig Leonie die Fotos waren. »Wir machen folgendes: Du bekommst den Monohandschuh als Allerletztes angelegt, dann gebe ich dir zwei Minuten für schöne Fotos und dann muss der Handschuh wieder herunter.«

Leonie schluckte. Doch dann realisierte sie, dass Margarete sowohl auf ihre Wünsche eingehen wollte, als auch recht besorgt war um ihre Gesundheit. Irgendwie spürte sie, dass sie hier weder um etwas mehr Zeit handeln noch sich sträuben durfte. »Okay, das geht in Ordnung.« Und sie war froh, dass Margarete anscheinend von den Doppelknebelfotos nichts wusste.

Doch dann gab es für Leonie doch noch eine positive Nachricht. »Du hast heute Morgen deine Muskeln nur etwas überdehnt.« Margarete machte sich Notizen. »Ich lasse dir über Sebastian einen Trainingsplan zukommen, mit dem du das Tragen des Handschuhs trainieren kannst.«

Leonie war hocherfreut. Erst später sollte ihr auffallen, dass sie aber für das Training immer noch Hilfe brauchen würde.

»Und jetzt komm, Sebastian wartet.« Zusammen verließen sie den Raum. Margarete informierte Sebastian über die Untersuchung.

Sebastian runzelte die Stirn, als er das Ergebnis erfuhr. Er war ein wenig verärgert über sich selbst, weil er nicht schon vor den Doppelknebel-Fotos auf dieser Untersuchung bestanden hatte. Doch das ließ sich jetzt nicht mehr ändern. »Paul und Maria, kommt ihr bitte einmal kurz her?«

Das Paar kam der Bitte nach. Als sie erfuhren, dass sie Leonie bei ihrem Fotowunsch helfen sollten, freuten sie sich.

»Paul, du kümmerst dich um das Anlegen und wieder Abnehmen des Handschuhs und Maria, du achtest darauf, dass Leonie den Handschuh nur zwei Minuten trägt.« Zur Betonung der Wichtigkeit verwies er auf die Untersuchung von Margarete und reichte ihr eine kleine Sanduhr.

Paul und Maria schauten sich an. »Das machen wir.«

»Leonie möchte auch den Monostiefel tragen.« Er zeigte auf Regal in der Ecke, wo der Stiefel lagt. »Du kennst dich damit ja aus?« Er blickte Maria.

Maria bestätigte es. Sie war froh, dass sie jetzt wieder ihre Keuschheitsgürtel tragen durfte. Gleich nach dem Essen war sie mit Paul in einem der kleinen Zimmer verschwunden. Paul hatte sie endlich aus dem Kleid befreit und dann wieder in ihre ´Rüstung´ eingeschlossen. Maria wusste, dass sie das Kleid bald einmal wieder tragen würde, doch jetzt hatte sie erst einmal genug davon. Danach hatte sie ... Sie verdrängte den Gedanken schnell wieder. Aber Paul sah jetzt wesentlich entspannter aus.

Auf einmal waren schwere Hammerschläge vor der Hütte zu hören. »Die Männer bauen das Kreuz für Amelie zusammen.« erklärte Sebastian, als er die verwunderten Blicke sah.

Maria erinnerte sich, dass sie das Motiv einer Kreuzigung haben wollte.

* * *

Claudia kam mit ihrer Kamera in das Zimmer, in dem Leonie schon zusammen mit Paul und Maria etwas nervös auf die Fotos warteten. Doch zunächst hatte Claudia etwas mit Sebastian zu besprechen. »Wir haben für Leonie kein Kleid.«

Sebastian hatte große Mühe, keine negative Reaktion zu zeigen. Ihm war wichtig, dass Leonie trotz ihrer Störaktion die Hütte in guter Erinnerung behalten sollte. Doch dann sah er seine Frau an und erkannte, dass sie schon einen Lösungsvorschlag hatte, für den sie seine Erlaubnis haben wollte. Diesen Blick kannte er nur zu gut. »Was ist es?« fragte er nur und hatte Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken.

Claudia holte noch einmal besonders tief Luft, besonders weil die Betroffenen anwesend waren. »Wenn Maria das Backprayer-Kleid trägt, dann könnte Leonie doch Marias Kleid tragen.«

Zu ihrer Überraschung kam Sebastian schnell zu einem Entschluss. Er drehte sich zu Maria. »Du gehst sofort zu Margarete.« Er seufzte. »Und ihr macht die Fotos dann eben so.«

Maria gab Paul die kleine Sanduhr, dann verließ sie das Zimmer.

* * *

»Leonie kann dein Kleid tragen. Sie brauchte nur ein Korsett darunter«, berichtete Margarete, als Maria zur ihrer Untersuchung kam.

»Worum geht es überhaupt?« fragte Maria selbstbewusst. Es ärgerte sie ein wenig, dass sie bei Leonies Fotos nicht dabei sein durfte.

Doch Margarete wusste es auch nicht. »Sebastian macht ein ziemliches Geheimnis daraus.« Sie bat Maria sich auszuziehen. »Ich soll dich untersuchen, ob du den Backprayer über eine halbe Stunde aushalten würdest.«

»Das muss ja was ganz besonderes sein.« Maria kam der Bitte nach und wunderte sich. »Bisher war Sebastian doch immer so vorsichtig.«

»Ja, ich bin auch sehr gespannt.« Margarete hatte die Ärmel hochgekrempelt. »Ich werde dich jetzt abtasten.«

* * *

Paul stand vor der Hüttentür und wartete auf das Ende von Marias Untersuchung. Sein Blick wechselte immer wieder zwischen der Zimmertür und dem imposanten Kreuz vor der Hütte. Die Männer diskutierten gerade, ob sie das Kreuz erst aufrichten wollten und dann Amelie ´kreuzigen´ sollten oder ob sie es mit Amelies Gewicht hoch heben konnten. Schließlich baten sie Amelie, die sich schon mit einer Toga als Römerin zurecht gemacht hatte, sich zwecks Gewichtsprobe einmal auf das Kreuz zu legen.

Die Tür in der Hütte öffnete sich. Sofort ging Paul auf Maria zu und bestürmte sie, vor die Hütte zu kommen. »Amelie wird gekreuzigt«, erklärte er sein Drängen.

Maria blickte ihn nur kurz an, dann folgte sie ihm vor die Hütte. Die Männer waren gerade dabei, das Gewicht des Kreuzes mit Amelie darauf zu testen.

»Hat sie es erlaubt?« Paul nahm Maria in den Arm. Irgendwie spürten beide, dass auch Amelie etwas ganz Außerordentliches vorhatte.

»Ja, sie hat es erlaubt«, antwortete Margarete mit einem Lächeln in der Stimme. Sie stand hinter dem Paar und blickte ebenfalls sehr interessiert auf das Kreuz. »Aber Maria sollte bis dahin nicht mehr eingeschränkt sein und etwas Gymnastik machen.«

Paul drehte sich kurz und etwas verlegen um.

»Maria ist sehr gut vorbereitet.« Doch plötzlich änderte sich Margaretes Stimme. »Was macht ihr denn da?« Jetzt klang sie sehr besorgt.

Auch Amelie war der Tonfall aufgefallen. Sie wartete, bis die Männer das Kreuz wieder abgelegt hatten, dann stand sie auf und erkundigte sich bei Margarete wegen ihrer Besorgnis.

»Du hast an dem Kreuz keine Fußstütze. Damit wird das aber sehr gefährlich.« Margarete hatte auf einmal einen sehr autoritären Tonfall.

Amelie würde Margaretes Verbot nicht missachten, dennoch lag es in ihrem Naturell, zumindest nach dem ´Warum´ zu fragen. Sie blickte die Ärztin mit einer Mischung aus Hoffnung und Enttäuschung an.

»Es ist ganz wichtig zu wissen: Bei der ´echten´ Kreuzigung stirbt der Delinquent irgendwann nicht an den Nägeln oder gar nur an Seilfesselungen, sondern an einem Kreislaufkollaps, der durch das Durchhängen des Brustkorbs an den Armen ausgelöst wird.« Sie ließ Amelie ein wenig Zeit zum Nachdenken. »Wenn du das Motiv genießen willst, dann solltest du eine Fußstütze haben, damit du eben nicht die ganze Zeit in den Armen hängst.«

In Amelie begann wieder leise Hoffnung zu keimen, ihr Motiv doch genießen zu können.

»Ich rede einmal kurz mit Sebastian.« Margarete bat Amelie, noch ein klein wenig zu warten.


Maria blickte immer noch etwas ungläubig auf das Kreuz. Das war etwas, was sie selbst nicht ausprobieren wollte. Aber natürlich gönnte sie es Amelie, sich ihren Wunsch zu erfüllen. »Wo ist eigentlich Leonie?« Sie blickte Paul fragend an.

»Die erholt sich noch von ihren zwei Minuten Monohandschuh.« Seine Stimme zeigte eine Winzigkeit von Spott. Er hatte erkannt, wie weit Marias Fähigkeiten in dieser Richtung schon fortgeschritten waren. »Sie wollte den Monostiefel anbehalten und sie hat sich ihre Hände selbst an ihren Gürtel gefesselt.« Es war zu hören, dass er davon sehr fasziniert war.

»Ja, das finde ich auch sehr interessant.« Maria griff den Gedanken auf. »Soll ich meine Mutter fragen, ob ich auch so etwas bekommen kann?« Mit dem Fortschreiten des Sonntags drehten sich Marias Gedanken langsam auch um die nahe Zukunft, wenn sie ihre Mutter wieder sehen würde.

»Das fände ich auch toll.« Paul legte seinen Arm um sie. »Aber ich möchte dich zu nichts zwingen.«

»Bitte?« Maria streifte scheinbar empört seinen Arm weg. »Und was war eben mit dem Kleid?«

Paul war sichtlich verlegen. Er suchte nach einer Antwort.

Doch dann stupste Maria ihn in die Seite. »Das sollte ein Scherz sein.« Sie lächelte. »Das Kleid war mehr als aufregend.« Dann legte sie ihren Arm um seine Taille.

Paul war erleichtert und genoss Marias Umarmung.


Sebastian kam mit einem Stück Holz und seinem Akkuschrauber aus der Hütte und kniete sich vor das Kreuz. Er bat Amelie, sich noch einmal auf das Kreuz zu legen und ließ sich dann von Margarete zeigen, wo er die Fußstütze anzubringen hatte.

Gleich darauf wurde Amelie mit Seilen an dem Kreuz festgebunden. Die Augen hatte sie dabei geschlossen, doch ein leises Stöhnen war die ganze Zeit zu hören.

Sebastian gab den Männern das verabredete Zeichen und da alle mit anfassten, konnten sie das Kreuz sehr schnell aufrichten und in die vorgesehene Halterung einschrauben. Früher hatte an dieser Stelle einmal ein Fahnenmast gestanden.

Vorsichtig machte Amelie ihre Augen auf, und als sie begriff, dass ihr Wunsch in Erfüllung gegangen war, strahlte sie.

»Trotzdem, ein toller Anblick.« Paul und Maria waren sich einig. Auch darüber, dass sie dies nicht zu ihren Spielen zählen würde, aber sie gönnten es Amelie von ganzem Herzen.


»Wo ist denn Leonie?« Christine stand neben Paul und blickte ihn etwas drängend an.

»Die ist noch in der Hütte.« antwortete Paul und beschrieb kurz ihren Zustand.

»Die kann mir jetzt helfen.« Christine grinste. »Wenn sie schon da ist, kann sie sich auch nützlich machen.«

Auf einmal realisierte Paul, was jetzt anders war. »Wieso kannst du denn reden?«

»Das erklärt euch Fritz.« Sie drehte sich um und war in der Hütte verschwunden.

»Was war denn das?« Auch Maria war über die auf einmal so wuselige Christine sehr erstaunt. Sie hielt kurz in ihren Gymnastik-Übungen inne.


Fritz tuschelte noch etwas mit Sebastian, dann machte er sich an, seiner Frau in die Hütte zu folgen. Als er die fragenden Gesichter sah, blieb er kurz stehen. »Christine und ich haben eine große Überraschung für Anna vorbereitet. Und deswegen hat sie sich den Knebel abnehmen lassen.« Er erzählte kurz, welches besondere Strahlen unter der Maske hervor gekommen war, und auch einen sehr langen Kuss erwähnte er.


Kurz darauf kamen Fritz, Christine und Leonie aus der Hütte. Leonie kam zu Maria. »Kannst du mir das Kleid zeigen, welches ich anziehen soll?« Ihre Arme hatte sie wieder frei und an den Füßen trug sie ihre normalen Schuhe.

Maria ging mit Leonie in die Hütte zurück.


»Magst du kurz mit anfassen?« Sebastian bat Paul, beim Aufbauen der Bänke zu mit helfen.

Paul kam der Bitte gerne nach. Dabei überlegte er, welchen Zweck diese Aufstellung wohl haben könnte. Die Bänke waren in zwei Reihen nebeneinander aufgestellt, so wie in der Kirche. Vor Amelies Kreuz stand ein Tisch, der eine weiße Tischdecke trug. Zwischen zwei Kerzen, die auf dem Tisch standen, befand sich noch einmal ein kleines Kreuz. Und vor dem Tisch standen noch zwei Stühle.

Auf einmal fiel Paul ein, warum ihm dies so bekannt vor kam. So etwas hatte er schon bei einigen Gottesdiensten im Freien gesehen. Vor dem Kreuz einen Tisch als Altar und die Bänke für die Gottesdienstbesucher. Aber wofür war das hier auf der Hütte?

»Paul, ich hätte da noch eine recht heikle Frage.« Sebastian war ein wenig verlegen.

»Ja?« Paul hatte überhaupt keine Ahnung, was kommen würde.

»Wärst du sehr eifersüchtig, wenn ich Maria das Gebet anlegen und ihr dann mit dem Backprayer-Kleid helfen würde?« Jetzt war es heraus. »Sie muss diese Fesselung lange tragen und daher möchte ich, dass sie besonders sorgfältig angelegt wird.«

Paul war mehr als erleichtert und gab sein Einverständnis sehr gern. Doch seine Neugier auf das, was hier gerade vorbereitet wurde, wuchs ins Unermessliche. Was mochte wohl so wichtig sein, dass sogar Sebastian seiner Maria so etwas abverlangte? Sehr nachdenklich ging er in die Hütte, um sich ebenfalls umzuziehen.
322. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 11.12.14 09:33

tolle Fortsetzung.Da had sich das warten gelohnt.Mal schauen wofür Maria das Kleid braucht.Und was Leonis Meinung zu den Kleid ist das sie dan jetz tragen muß.
Freu mich schon darauf wie es weiter geht.
mfg Wölchen
323. RE: Maria

geschrieben von frtsm am 12.12.14 00:09

...gute Fortsetzung. Ich frage mich nur, ob Leonie für die Beziehung Paul / Maria nicht zu einer Belastungsprobe wird.
324. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 13.12.14 00:52

Hallo cag_coll.

Tolle Fortsetzung. Super spannend gechrieben, so das ich immer wieder sehnsüchtig auf das nächste Kapitel warte.

Vor allem, das Paul endlich mal richtig auftaut und auch anfängt aus sich heraus zugehen finde ich toll. Fand das er bisher eher immer so ein Mauerblümchen dasein hatte.

Hoffentlich übernimmt er sich als Anfänger hetzt nicht gleich mit Leuten, die nach Fesselungen schreien.

Aber wie hasst du dir das zusammen sein der 3 vorgestellt? Steht Leonie jetzt noch uner Maria? In meinen Augen würde das Sinn machen. Denn auf gleicher Stufe würde es wohl über kurz oder lang zu streitigkeiten kommen.

MfG Rainman.
325. RE: Maria Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sechzehn und damit letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 17.12.14 15:15

Maria
Kapitel 12 - Auf der Hütte - Teil Sechzehn und damit letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Sebastian war quasi überall und machte einen sichtlich angespannten Eindruck. Irgendwie war ihm das Kommende wohl sehr wichtig.

»Oh, die Pfarrerin ist auch schon da.« dachte Paul beiläufig, als er sah, wie eine Frau im Talar die Hütte verließ und zielstrebig auf den Altar zu ging. Florian kam hinter ihr her und trug eine schwarze Tasche, die er neben den Altar stellte. Er öffnete sie und nahm einige Gegenstände heraus nahm, die er auf den Tisch legte.

Die Pfarrerin bedankte sich und erst jetzt erkannte Paul dass es Ella war. Die einzige Besonderheit war, dass ihre Hände wieder in einer Halsgeige gefangen waren. Doch mit den bisherigen Erfahrungen auf der Hütte wunderte ihn das überhaupt nicht mehr.

»Holst du mir noch das Pult?« bat Ella.

Florian ging wieder in die Hütte.


»Hast du alles, was du brauchst?« Sebastian war sehr angespannt.

Ella bejahte.

»Und du kommst so wirklich klar?« Er deutete auf ihre fixierten Hände.

Ella beugte sich zu ihm herüber. »Bitte sag es nicht weiter, aber so etwas mache ich nicht zum ersten Mal.« Sie wackelte dabei etwas mit der Halsgeige. »Wie weit ist Anna?«

»Claudia kümmert sich um sie.« Diese Aufgabe hatte ihm seine Frau abgenommen.

»Und sie weiß wirklich nichts?« Ella war etwas erstaunt.

»Sie glaubt, Claudia möchte von dem Kleid einige Fotos machen zum Verkauf.« Er grinste.


So nach und nach kamen auch die anderen Teilnehmer des Wochenendes vor die Hütte und alle waren wirklich festlich angezogen - die Herren im schwarzen Anzug und die Damen im Abendkleid.

Sebastian hatte ziemlich genau vorgegeben, was wie kombiniert werden durfte. Die Qualität der Fesseln war nicht wichtig, es durfte auch nur ein symbolischer Knoten oder einfache Handschellen sein. Aber es sollte einen sehr feierlichen Eindruck machen.

Auch Maria kam mit sehr vorsichtigen Schritten aus der Hütte. Ihr Weg führte sie direkt zu Paul, der staunend zu ihr schaute. Sie trug nicht nur das Backprayerkleid, sondern sie war auch auf ihren Ballettstiefeln unterwegs. Und sie strahlte.

* * *

Anna setzte sich kurz aufs Bett. Immer wieder suchte sie den Blick in den Spiegel. Das Kleid, welches Claudia verkaufen wollte, war wirklich toll. In hellem Beige gehalten, hätte es fast ein Brautkleid sein können und sie fand es fast etwas enttäuschend, dass Claudia so etwas Schönes verkaufen wollte.

Claudia hatte den Raum vor kurzem verlassen. Sie hatte gesagt, dass sie einen neuen Film holen musste. In Wirklichkeit wollte sie sich nur vergewissern, dass draußen alles vorbereitet war.

Anna stand noch einmal auf. Ihre Arme trug sie in einem Monohandschuh auf dem Rücken. Doch dies war erst auf den zweiten oder gar dritten Blick zu sehen, weil der Handschuh zum einen aus dem gleichen Stoff gefertigt war wie das Kleid auch, und zum anderen die Riemen aus dem gleichen Stoff mit unauffälligem Klettbändern schon auf dem Rücken befestigt waren.


Anna schaute noch einmal in den Spiegel. Sie bewunderte auch das Kopfgeschirr, welches farblich passend zum Kleid gemacht war. Lediglich der rote Ball in ihrem Mund stach bescheiden hervor. Vorhin hatte Claudia sie eine andere Eigenschaft des Kleides modellieren lassen, bei der die Arme mit zwei seitlichen Reißverschlüssen vor dem Körper fixiert waren.

»Da könnte man ja fast einen Brautstrauß tragen.« scherzte sie. Dass Claudia dabei sehr erschrocken zusammen zuckte, hatte sie nicht bemerkt. Sie ahnte auch nicht, wie nah sie an der Wahrheit war.

Durch das Fenster drang auf einmal feierliche Orgelmusik. Anna begann zu träumen. Immerhin würde sie in einer Woche ihre Silberhochzeit feiern.


Die Tür ging auf. »Mama, wir wollen dich holen und zum Altar bringen.« Ihre Töchter standen in der Tür und strahlten ihre Mutter an.

Anna hielt dies für einen schlechten Scherz. Sie ärgerte sich etwas, weil ihre Töchter sie gerade aus einem schönen Traum einer Hochzeit in Fesseln gerissen hatten. »Claudia will noch einige Fotos machen.« Sie machte keine Anstalten, ihren Töchtern zu folgen.

Doch dann kam auch Claudia und bat Anna, doch bitte mit ihren Töchtern vor die Hütte zu kommen.

Verwundert zog Anna ihre Füße nahe an das Bett und suchte mit ihren im Monohandschuh gefangenen Armen ihr Gleichgewicht - und schaffte es, ohne Hilfe aufzustehen. Schließlich folgte sie ihren Töchtern zur Tür.

* * *

Erst als Anna die Hütte verließ und die »Hochzeitsgesellschaft« in ihren eleganten Kleidern und Anzügen entdeckte, begann sie zu begreifen, dass ihr allergrößter Traum gerade dabei war, sich zu erfüllen. Mit Monohandschuh und Kopfgeschirr zum Altar geführt zu werden, davon träumte sie schon seit Jahren.

Leonie wischte die ersten Tränen ihrer Mutter weg.

Anna erblickte Franz, wie er sichtlich nervös vor dem Altar wartete und dann entdeckte sie auch Ella, die noch seitlich neben dem improvisierten Altar stand. Sie blickte sehr ungläubig abwechselnd zu Christine und zu Leonie, und ihr Blick dabei zeigte, dass sie fassungslos war. Einen Knebel hätte es in diesem Moment gar nicht gebraucht.

Sebastian fingierte kurz an dem Rekorder, es ertönte der Hochzeitsmarsch. Sebastian blickte kurz und aufmunternd in Richtung Braut.

Christine und Leonie führten daraufhin ihre Mutter langsam und sehr würdevoll zum Altar, wo Franz schon wartete.


Erst als sich Braut und Bräutigam auf die Stühle gesetzt hatten, nahm auch die restliche Gesellschaft Platz.

Sebastian blendete die Musik langsam aus.

Ella trat vor den Altar und wartete ab, bis die Musik verklungen war. »Liebe Gemeinde, ich möchte euch heute zu dieser ganz besonderen Zeremonie begrüßen und ich freue mich, dass wir sie so zusammen schon feiern können, wie es sicherlich vor fünfundzwanzig Jahren auch schon einmal gefeiert wurde.«

Sie macht eine kurze Pause.

»Ja, heute auf den Tag genau vor 25 Jahren haben sich Franz und Anna die Ehe versprochen. Und heute dürfen wir Zeuge sein, wie sie dieses Versprechen erneuern wollen.«

Franz musste seine Frau an der Schulter festhalten und Christine wischte ihr Tränen weg.

Claudia reichte Franz einen kleinen Blumenstrauß. Er nahm ihn, stand auf und kniete sich vor seine Frau. »Die Gärtnerei hatte schon geschlossen, wir mussten hier ein paar Blumen pflücken.« Der kleine Scherz riss Anna wieder in die Gegenwart.

»Alle Liebe zum Hochzeitstag.«

Anna war noch dabei zu realisieren, dass es kein Traum war. Sie beugte sich zu ihrem Mann und küsste ihn mit ihren geknebelten Lippen auf die Wange.


Christine war in die Eingenschaften des Kleides eingeweiht, sie bat ihre Mutter einmal kurz aufzustehen. Sie löste den Handschuh und bat Anna dann, die Arme nach vorn zu nehmen. Genauso schnell wie elegant hatte Christine ihr die Arme nach vorn fixiert und Franz gab ihr dann den Brautstrauss in die Hände.

Als letztes nahm sie ihr das Kopfgeschirr ab. So hatte es Anna zumindest in ihren Träumen gewünscht.


Anna wusste nicht, ob sie wegen der Überrumpelung schimpfen oder sich freuen sollte. Doch eines war ihr wichtig. Sie beugte sich zu Franz. »Danke, danke für alles. Und auch dir alles liebe zum Hochzeitstag.«

»Jetzt lasst uns ein Lied singen.« Ella ergriff wieder das Wort. »Auf den Bänken liegen Liederzettel, aber ich denke, die meisten können das ´Danke für diesen guten Morgen´ auch auswendig.« Sie gab Christine ein Zeichen.

Christine setzte sich auf die erste Bank und griff zu der Gitarre, die dort bereit lag. Sie spielte ein kleines Vorspiel, dann begannen alle mit dem Gesang.

Anna erkannte es sofort als eines ihrer Lieblingslieder. Wieder flossen ein paar Tränen.


Zu gern hätte Maria jetzt Pauls Hand gehalten. Doch ihre Arme hielt sie auf ihrem Rücken im Kleid verborgen. Sebastians Fesselung war noch sehr viel bequemer als die von Paul, doch sie hütete sich, darüber eine Äußerung zu machen. Dazu war die Sache jetzt viel zu wichtig. Außerdem sah sie es jetzt überhaupt nicht als Fesselung an, sondern eher als ein Schutz für das kostbare Kleid, welches sie so nicht beschädigen konnte.

Nachdem sie alle Strophen des Liedes auswendig konnte, nutzte sie die Gelegenheit, die Hochzeitsgesellschaft unauffällig zu mustern. Die meisten hatten sich in die Liedzettel vertieft, die außergewöhnlich liebevoll gestaltet waren.

Sebastian hatte ein paar Vorgaben gemacht, wie sich die Damen zurecht machen sollte. Ballknebel sollten keine getragen werden, denn es sollten alle mitsingen können. Außerdem hätte das unvermeidliche Sabbern die Stimmung gestört. Und es hatte natürlich auch etwas besonderes, wenn nur die Braut einen Knebel tragen würde.

Und die Fesseln sollten so gewählt werden, dass sie die ganze Zeit über bequem getragen werden konnte. Sebastian hatte eine über eine halbe Stunde angedeutet. Einfache Handschellen oder ein symbolischer Knoten wären auch in Ordnung.

Die ausnahmslos bodenlangen Kleider der anderen Damen allein schon sahen toll aus. Doch fast immer waren auch die Fesseln dazu noch sehr nett ausgesucht. Claudia trug zu einem türkisfarbenen schulterfreien Seidenkleid ihre Halsgeige. Das Schloss, welches auf der oberen Seite angebracht war, verriet, das sie sich erst ganz kurz vor der Zeremonie darin eingeschlossen hatte, denn so einen ?Fehler? hätte Sebastian nicht gemacht.


Leonie trug Marias beiges Abendkleid. Bei ihr zeichneten sich aber die über der Brust gekreuzten Riemen ab. Es sah von vorn genauso aus wie bei einem Monohandschuh aus. Erst wenn sie sich umdrehte, war zu erkennen, dass sie ?nur? die Armtasche trug.

Und sie hatte immer noch damit zu kämpfen, dass Margarete ihr den Monohandschuh verboten hatte. In der Armtasche war sie zwar mindestens genauso hilflos, aber einen Monohandschuh ersetzte er nicht.


Margarete hatte noch versucht, sie zu trösten. »Ich darf den Mono auch nicht tragen.« Sie hatte geseufzt. »Aber ich könnte dir zeigen, wie du die Armtasche noch etwas strenger tragen könntest. Möchtest du?«

»Gern.« Erst später war es Leonie aufgefallen, dass sie schon wieder etwas zugesagt hatte, bevor sie überhaupt wusste, was es war. Doch sie fühlte ein großes Vertrauen und war auch bisher noch nicht wirklich enttäuscht worden.

»Der Trick ist, dass du dir vor Anlegen der die Unterarme aneinander binden lässt.«

Leonie keuchte etwas, als sie spürte, wie Lederriemen ihre Unterarme immer weiter aneinander zwangen.

»Und jetzt kommt der Armsack darüber« Margarete hatte ein Lächeln in der Stimme. Sie hatte gemerkt, dass Leonies Monohandschuh-Enttäuschung etwas gewichen war.


Es erfüllte Maria mit einer gewissen Genugtuung, dass Leonie das ihr geliehene Kleid erst schließen konnte, nachdem sie darunter ein strenges Korsett angelegt bekam. Und ihre Miene zeigte, dass sie das durchaus genoss.

Margarete trug ein dunkelblaues leicht schimmerndes Abendkleid, dazu hatte sie sich wie von Sebastian angeregt, nur symbolische Handschellen angelegt. Dies tat ihrer Erscheinung aber keinen Abbruch. Außerdem konnte sie so ab und zu Marias Arme abtasten.

Petra trug ein Abendkleid aus schwarzem leicht glänzendem Leder mit langen eng anliegenden Ärmeln. Ihr Verlobungskleid, wie sie kurz vor Beginn sehr stolz berichtet hatte. Eine Fesselung war nicht zu erkennen, aber sie hielt ihre Arme sehr ruhig.

Nur von Amelie war nichts zu sehen, was Maria ein wenig wunderte. Leonhard saß neben Claudia und Sebastian. Letzterer hatte sich jetzt, wo alles geregelt war, wieder etwas entspannt.

* * *

Amelie hatte bis zuletzt erwartet, dass sie sie wieder von dem Kreuz abnehmen würden. Aber da sie jede Sekunde ihrer Wunschfesselung geniessen wollte, hatte sie sich auch nicht bemerkbar gemacht. Leonhard würde sie auch nicht vermissen, denn sie wäre die Brautjungfer gewesen, wenn Leonie nicht gekommen wäre.

Doch dann kam die Braut und Amelie wusste, dass sie jetzt nicht mehr stören konnte. Das würde die ganze Stimmung kaputt machen.

Amelie war nicht besonders religiös, doch sie begriff zumindest, dass ihre Lage im Moment als eine gewisse Anmaßung empfunden werden konnte. Doch schon bald wurden ihre Skrupel weggewischt von ihrer Lust - der Heiland war auch nicht allein gekreuzigt worden, und die anderen hatten sich dies keineswegs ausgesucht.

So toll hatte sie sich ihre Kreuzigung nicht vorgestellt. Sie hoffte nur, dass sie sich vor Ende des Hüttenaufenthaltes wieder an sie erinnern würden.

Denn das war Amelies Erkenntnis. Sie hatten sie einfach hier am Kreuz ´vergessen´.

* * *

Es war nicht die erste Predigt, die Maria zum Anlass einer Silberhochzeit hörte. Doch die Ansprache, die Ella jetzt hielt, war etwas besonderes. Maria konnte einige Vergleiche ziehen zu der Rede, die sie vor kurzem bei ihrer Tante hören konnte.

Ella berichtete aus dem Leben von Franz und Anna, passte dabei sehr geschickt auf, sich an die Regeln von Sebastian zu halten und deswegen war die Rede an manchen Stellen bewusst etwas oberflächlich. Doch was Maria am meisten beeindruckte war die Tatsache, dass Ella diese Rede nicht ab las, sondern frei sprach und sich dabei nur von Stichwörtern inspirieren ließ.

Maria tat das, was sie sonst auch bei einer Predigt tat, sie lehnte sich in Ermangelung einer Rückenlehne an Paul und ließ ihre Gedanken fliegen, während sie trotzdem den Worten der Pfarrerin lauschte.

Ella berichtete über die Ereignisse im Leben des Ehepaares, wie sie sich kennen gelernt haben, die erste gemeinsame Zeit und im Gegensatz zu einer normalen Silberhochzeit auch von der ersten Fesselung.

Maria fragte sich, wie wohl ´ihre´ Pfarrerin über das Kennenlernen von Paul berichten würde. Und sie war auch sehr gespannt auf den Festgottesdienst.

Ella erzählte von der Heirat von vor 25 Jahren und bald darauf von dem Bau des Hauses. »Der Architekt wird sich vermutlich noch heute darüber Gedanken machen, warum eines der Gästezimmer im Dachgeschoss als ein Pferdestall einzurichten war, ohne eine Möglichkeit, ein Pferd dort hin zu bringen.« Sie hatte ein Lächeln in der Stimme. Und auch viele in der ´Gemeinde´ schmunzelten.

Maria lächelte ebenfalls. Seit den besonderen Spielen von heute morgen hatte sie eine Ahnung, wofür diese Raumeinrichtung diente.

Ella erzählte von den beiden Töchtern, die ihnen geschenkt wurden und deren Heranwachsen sie beide mit Liebe verfolgen konnten. Auch als das Ehepaar entdeckte, dass sie ihnen wohl etwas mehr vererbt hatten, als ihnen lieb sein konnte.

Angefangen hatte es mit den üblichen ´Cowboy und Indianer´ Spielen, bei denen ihre beiden Töchter immer an den »Marterpfahl« wollten. Anfangs trösteten sich Anna und Franz damit, dass es eben die üblichen Kinderspiele waren. Doch schon bald mussten sie zu ihrem Bedauern erkennen, dass die Fesselungen immer gründlicher wurden und ihnen wurde klar, dass sie ihren Töchtern auch ihre Veranlagung mit vererbt hatten.

Maria stolperte über das Wort ´Veranlagung´. War sie auch zum Bondage veranlagt? Egal was bisher so mit ihr angestellt wurde, hatte sie es doch nie als etwas negatives empfunden.

Ella berichtete von dem Kontakt zu Sebastian und der Eintritt in die besondere Gemeinschaft. Sie erinnerte an die vielen aufregenden Wochenenden, die sie nun schon gemeinsam auf der Hütte erleben durften.

»Und heute genau am Tag ihrer Silberhochzeit möchten Anna und Franz ihr Eheversprechen erneuern. Amen.« Damit beendete Ella ihre Ansprache. Sie gab Claudia ein Zeichen, dann nahm sie trotz der Halsgeige ihre Notizen in die rechte Hand und griff mit der linken Hand an das Pult und stellte es beiseite. Dann nahm sie auf der ersten Bank platz.


Es war Claudias Idee gewesen. Sie hatte zusammen mit Christine und Leonie vor kurzem Annas Lieblingslied einstudiert, weil sie es auf der Feier in einer Woche aufführen wollten. Es bat sich aber an, es hier auch schon zu singen, insbesondere weil Leonie jetzt mit auf der Hütte war.

Jetzt stellten sie sich vor dem Altar auf und stimmten gemeinsam ´Amazing Grace´ an, ein Lied, das gewiss geeignet war, jedem Tränen in die Augen zu treiben.

* * *

Amelie blickte sehr verzückt von hinten auf die drei Sängerinnen. Einmal hatten sie sich bei ihnen im Schloss getroffen, und es war ihr aufgrund einer ihrer ´statischen´ Fesselungen möglich gewesen, den Proben zuzuhören.

Natürlich wäre es einfach gewesen, wenn alle drei Einstimmig singen würden, doch zu Ehren ihrer Mutter hatten sie sich vorgenommen, es dreistimmig zu singen, was sich damals zunächst als eine große Herausforderung darstellte.

* * *

Franz musste oft mit dem Taschentuch über Annas Wangen wischen, ebenso wie fast alle anderen Männer bei deren Frauen auch. Nur Leonhard saß etwas abwesend auf seinem Platz. Er war in Gedanken bei den Problemen, die seine baldige eigene Hochzeit mit sich brachte. Seine Frau hatte sich eingebildet, im Monohandschuh zu heiraten, doch dies stieß weder bei ihrer Mutter noch bei der konservativen Verwandtschaft auf Begeisterung.


Ella wartete, bis der Applaus der sehr ergriffenen Gemeinde verklungen war, dann bat sie die Gemeinde, für das Eheversprechen aufzustehen.

»Liebe Anna, lieber Franz, ich habe gehört, dass es ein großer Wunsch von euch ist, euer Eheversprechen auch vor Gott zu erneuern.«

Sie machte eine Pause.

»Und du liebe Anna«, sie gab Christine ein Zeichen, sich bereit zu machen, »möchtest dabei einen Monohandschuh tragen.«

Anna war sprachlos. Sie brachte gerade so ein Nicken zustande.

Christine stand auf, ging auf ihre Mutter und nahm ihr zunächst den Brautstrauß aus den Händen. Sie öffnete die Fixierung der Ärmel, dann griff sie zum bereitgelegten Handschuh und zog ihn ihrer Mutter über die Arme, um ihn dann an den entsprechenden Stellen am Kleid fest zu machen.


Amelie lächelte, als sie das sah. Sie musste daran denken, das Christine den Umgang mit dem besonderen Brautkleid an ihr geübt hatte. Seitdem war sie fest entschlossen, genau in so einem Kleid zu heiraten.

Sie musste nur noch ihre Mutter überzeugen, es zu erlauben wegen der lieben Verwandtschaft und Claudia überreden, ihr noch so ein Kleid zu nähen. Und sie wusste noch nicht, welches von den beiden die schwierigere Aufgabe sein würde.


Ella wartete, bis Christine sich wieder auf ihren Platz gesetzt hatte, dann begann sie mit der Zeremonie.

»Liebe Anna, Lieber Franz, wenn Ihr nun Euer Eheversprechen erneuert, reicht einander die Hand und antwortet auf meine Fragen mit ´Ja´.«

Sie wartete, bis Anna ihre Monohandschuharme seitlich nach vorn geschoben hatte und Franz sie ergriffen hatte. Er hatte ihr vorab verraten, dass Anna genau diese Bewegung oft vor dem Spiegel geübt hatte und deswegen hatte Ella es in die Zeremonie mit aufgenommen.

»Versprecht Ihr Euch hier im Angesicht Gottes von neuem die Liebe und Treue, wie Ihr es an Eurem Hochzeitstag getan haben?«

Beide antworteten mit einem deutlichen ´Ja´. Sie blickten sich dabei sehr verliebt in die Augen.

»Versprecht Ihr Euch, die damals übernommenen Aufgaben und Pflichten weiterhin nach besten Kräften zu erfüllen, um so den Frieden und das Wohlergehen in Eurer Familie zu fördern?«

Wieder antworteten sie mit ´Ja´.

»Vor fünfundzwanzig Jahren habt Ihr, Anna und Franz, versprochen, einander zu lieben, zu achten und zu ehren, in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod Euch scheidet. ihr habt Euer Eheversprechen vor der Kirche erneuert. Möge der Herr Euer Versprechen bestärken. Wir wollen Eure Zukunft unter den Segen Gottes stellen.«

Ella legte die Stola über die Hände. Eigentlich hätte sie sie einmal um die Hände herum wickeln müssen, doch das war mit der Halsgeige nicht möglich, ohne dass es sehr an Würde verlieren würde.

»Herr und Gott, Schöpfer der Welt, du hast den Menschen als Mann und Frau erschaffen.

Wir danken dir, dass Anna und Franz heute fünfundzwanzig Jahre im Sakrament der Ehe verbunden sind, und bitten dich: Segne Anna und Franz. Stärke ihren Glauben, festige sie in der Hoffnung und lass sie in der Liebe wachsen, damit sie eine gute Ehe führen und ihren Kindern das Beispiel eines christlichen Lebens geben.

Herr, lass sie in der Gemeinschaft deiner Kirche mit dir verbunden bleiben, alle Tage ihres Lebens deinen Namen preisen und der Welt Zeugnis von dir geben. Gewähre ihnen ein hohes Alter bei Gesundheit und schenke ihnen nach diesem Leben die Vollendung deiner Herrlichkeit. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.«

Es folgte das gemeinsame ´Amen´.

In der Vorabbesprechung mit Franz hatte Ella noch gefragt, ob Anna wohl auch noch einmal die Ringe tauschen wollte, doch darauf wollte seine Frau zugunsten des Handschuhs verzichten. So hatte es Ella in ihrer Zeremonie auch nicht vorgesehen.

Sie bat die Brautleute und die Gemeinde wieder Platz zu nehmen , dann kündigte sie das zweite Lied an.


Während des Gesangs war Maria sehr ins Grübeln gekommen. Wie würde es wohl sein, wenn sie mit Paul vor dem Altar stehen würde und sie das ?Gebet auf dem Rücken? tragen würde. Sie hatten es ja schon geprobt, doch da trug sie nur ihren Handschuh.


Auch Amelie oben am Kreuz war von der Zeremonie sehr ergriffen und die Pläne für ihre eigene Hochzeit nahmen immer konkretere Formen an. Nur sie wollte auch die Ringe tauschen. Dazu müsste Claudia das Kleid eben noch so abändern, dass man den Handteil des Monos annehmen könnte.

Sie lächelte. Das wäre dann ein Monohandschuh-Handschuh.


Als die letzten Töne verklungen waren, trat Ella wieder vor die Gemeinde.«Wir wollen beten.« Sie wartete, bis sich alle erhoben haben.

»Gott, heiliger Vater, Schöpfer der Welt,

du hast Mann und Frau nach deinem Bild geschaffen und ihrer Gemeinschaft deinen Segen geschenkt. Wir bitten dich für dieses Paar, das heute fünfundzwanzig Jahre im Sakrament der Ehe miteinander verbunden ist. Segne sie, damit sie auch in Zukunft eine gute Ehe führen, in ihren Kindern und Angehörigen die Freude einer glücklichen Familie erleben und fest in deiner Gemeinde stehen.

Herr, wir bitten um die Gnade, dass diese Ehegatten dich in frohen Tagen loben, in der Trauer bei dir Trost finden, in der Arbeit deine Nähe spüren und in der Not deine Hilfe erfahren. Steh ihnen bei, damit sie dir in der Gemeinschaft der Kirche danken und in der Welt für dich Zeugnis geben.

Schenke ihnen ein hohes Alter in Gesundheit und mit ihren Verwandten und Freunden die Herrlichkeit deines himmlischen Reiches. Durch Christus, unseren Herrn.

Amen«


Nur bei der nun folgenden Segensformel musste Ella etwas improvisieren, denn die Halsgeige erlaubte ihr nicht, beiden Ehepartnern jeweils eine Hand auf den Kopf zu legen. Sie berührte nacheinander ihre Stirn, während sie die Segensworte sprach. Das abschließende symbolische Kreuz schlug sie dann wieder wie gewohnt.


Nach einer kurzen Pause gab sie Sebastian wieder ein Zeichen und es ertönte gleich darauf die Auszugsmusik.

Franz wartete noch, bis Claudia seiner Frau wieder den Knebel angelegt hatte, dann legte er ihr den Arm um die Taille und gemeinsam verließen sie die ?Kirche?.

* * *

»Bekomme ich auch ein Glas Sekt?« fragte Amelie in die Stille, als beim nachfolgenden Sektempfang auf die Brautleute angestoßen wurde.

Sie hatte einige Zeit sehr fasziniert zugesehen, wie Maria und Petra ihren Sekt genießen konnten. Sie nippten einfach an dem Glas, dass ihn ihr Partner jeweils an die Lippen hielt.

Bei Maria wusste Amelie, wo ihre Arme waren. Doch Petras Kleid gab ihr zuerst einige Rätsel auf. Warum musste Peter ihr das Glas halten? Das Kleid hatte lange Ärmel und diese waren deutlich zu sehen.

Erst als Petra einmal dicht unter dem Kreuz stand, konnte Amelie erkennen, dass die Ärmel fest mit dem Kleid verbunden waren und zwar über die gesamte Länge. Petra konnte nur ihre Hände bewegen. Doch dadurch, dass das Kleid aus Leder gearbeitet war, war dies der Hingucker und lenkte sehr gut von der Fixierung der Arme ab.

Amelie stellte sich zwei Fragen. Zum hätte es sie sehr interessiert, ob Petra das Kleid wohl auch bei anderen Gelegenheiten tragen würde. Und auch, was es wohl kosten würde, wenn es aus einem anderen Material sein würde. Mit Leder konnte Amelie sich nicht ganz so anfreunden.


Sebastian realisierte als erster, was passiert war. »Mein Gott, Amelie! Wir haben dich am Kreuz vergessen.« Er war sehr verlegen und suchte den Blick zu seinem Bruder. »Was machen wir jetzt?«

So wie Amelie ihren Schwager kannte, war er kurz davor, in Hektik auszubrechen. Sie kannte diese Reaktion sehr gut und sie wollte auf keinen Fall, dass der Empfang jetzt wegen ihr gestört wurde. »Sebastian?« rief sie sehr laut.

Als sie sicher war, das sie seine Aufmerksamkeit hatte, fuhr sie fort. »Mir geht es gut, ich stehe hier sehr bequem und mir tut auch nichts weh. Ich möchte jetzt auch den Sektempfang nicht stören.« Sie schluckte einmal. »Aber ich würde gern etwas trinken.«


Sebastian hatte noch sehr damit zu kämpfen, dass ihm so ein Fehler unterlaufen war. Leonhard hingegen hatte schon die Trittleiter aus der Hütte geholt und nahm das Glas, welches Claudia eingeschenkt hatte.

»Warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?« Auch bei ihm war das schlechte Gewissen deutlich zu hören, während er seiner Verlobten etwas zu trinken gab.

Jetzt war es an Amelie, etwas verlegen zu sein. »Erst wollte ich jede Sekunde genießen... Und dann, als Anna aus der Hütte kam, wollte ich nicht mehr stören.«

Leonhard gab ihr noch einen Schluck Sekt.

»So konnte ich wunderbar von unserer Hochzeit träumen.« Sie hatte auf einmal etwas sehr Schwärmerisches in der Stimme. »Und außerdem...« sie grinste kurz. »...war die Aussicht von hier oben wirklich prima - ich konnte alles viel besser sehen als ihr!«

Innerlich seufzte Leonhard. Das seine Verlobte mit dem Monohandschuh vor dem Altar stehen wollte, war schon länger ein Streitthema. Doch insgeheim er musste sich eingestehen, dass Anna in dem Kleid wirklich eine tolle Braut war. Und wenn das Kleid jetzt in weiß gearbeitet wäre...

* * *

Margarete wartete noch ab, bis Maria ihr Glas leer getrunken hatte, dann kam sie auf sie zu. »Du hast bisher toll durchgehalten, aber jetzt musst du aufhören.« Sie hielt eine der Sanduhren in der Hand. »Du hast jetzt schon gut vierzig Minuten durchgehalten.«

Maria war erstaunt und zugleich auch sehr glücklich. Damit würde der drohende Klinikaufenthalt bei ihrer Mutter sehr viel entspannter ablaufen. Sie bedankt sich bei Paul. »Du gibst mir die Kraft dazu.«

»Kommt, wir gehen in die Hütte zum Umziehen.« Sie drehte sich um und ging voran.

Erst als sie mit Paul hinter der Ärztin her ging, wurde ihr klar, dass sie zunächst das Kleid ausziehen musste, bevor sie ihre Arme befreien lassen konnte. Das war ihr bisher gar nicht so bewusst gewesen. Und auch erst jetzt bemerkte sie, wie sehr ihr ihre Arme schon weh taten. Das Glück von Anna hatte diesen Schmerz bisher bei ihr überdeckt. Oder Maria hatte es verdrängt, so sicher war sie sich da gar nicht.

* * *

Sebastian drängte bei Abbau der Bänke etwas aufs Tempo. Er wollte jetzt so schnell wie möglich seine Schwägerin vom Kreuz befreien, obwohl diese ihm versichert hatte, dass sie vollkommen in Ordnung war. Vermutlich wollte er aber nur den Gedanken daran verdrängen, dass er einen weiteren aus seiner Sicht großen Fehler begangen hatte. Wie konnte er bloß Amelie am Kreuz vergessen. Auch der Trost seiner Frau, das die Zeremonie doch perfekt verlaufen sei, konnte seine düsteren Gedanken nicht vertreiben.


Maria hatte sich nach der Abnahme des Backprayers wieder die Sachen angezogen, die sie schon auf der Herfahrt getragen hatte. Es erfüllte sie mit sehr viel Glück, die ´Originalhaltung´ jetzt schon so langen tragen zu können. Doch sie wusste auch, das noch sehr viel Training vor ihr lag, wenn sie die Zeiträume betrachtete, die bei Fest wichtig waren.

Und nach diesem sehr eindrucksvollem Gottesdienst kam sie sehr gern Margaretes Forderungen nach: ´Heute keine Fesselung mehr und sehr viel Bewegung der Arme´.


Als sie wieder vor die Hütte kamen, war von der ´Kirche´ nichts mehr zu sehen. Stattdessen waren die Männer gerade dabei, das Kreuz, an dem Amelie immer noch festgebunden war, sehr vorsichtig auf den Boden zu legen. Gleich darauf machten sich Sebastian und Leonhard daran, die Seile zu öffnen, die Amelie die ganze Zeit fixiert hatten.


Erst als auch Amelie sich wieder umgezogen hatte, bat Sebastian noch einmal alle vor die Hütte. »Bevor ich dann mein Schlusswort spreche, möchte ich das Wort auf ihren Wunsch hin an Anna übergeben.«

»Ich möchte mich bei euch allen sehr sehr herzlich bedanken.« Anna war immer noch etwas benommen. »Ihr habt mir einen sehr großen Wunsch erfüllt.« Das Sprechen fiel ihr schwer, dabei wollte sie noch so viel sagen.

Franz trat auf sie zu und nahm sie in den Arm. »Es ist schon gut, mein Schatz.«

»Es war genau so«, sie schluchzte, »genau so, wie ich es mir erträumt hatte.«

»Du hast mir einmal erzählt, wie du dir deine Traumhochzeit vorstellst.« Franz grinste ein wenig. »Und ich habe gut aufgepasst.«

Als Antwort bekam er einen langen Kuss von seiner Frau.

Dann drehte sich Anna um und ging zu Claudia. »Danke für dieses traumhafte Kleid.«

»Es freut mich, dass es dir so gut gepasst hat.« Claudia grinste. »Eine Anprobe kam ja nicht in Frage.«

Anna griff den Gedanken auf. »Ich war schon etwas enttäuscht, als du sagtest, dass du dieses tolle Kleid verkaufen wolltest und dafür nur Bilder brauchtest.«

»Naja, irgendwie mussten wir dich ja da hinein bekommen.« Claudia lächelte. »Immerhin war ich mir sicher, dass du es nicht selbst ausziehen konntest.«


Anna ging weiter zu ihren beiden Töchtern, die jetzt arm in arm nebeneinander standen. »Also das ihr so dicht gehalten habt, nehme ich euch sehr übel.« Sie lachte und nahm sie beide in ihre Arme. »Danke noch einmal für alles.«

Leonie freute sich ebenfalls sehr für ihre Mutter. Dass sie selbst auch nichts gewusst hatte, behielt sie jetzt für sich.

Auch bei Maria bedanke Anna sich sehr herzlich, »Das du so ein großes Opfer auf dich genommen hast, hat mich sehr beeindruckt.« Sie umarmte das Paar herzlich. »Ich möchte euch gern einmal zu uns einladen. Ich denke, Sebastian kann das sicher organisieren.« Sein Nicken nahm sie zur Kenntnis.

Sie ging weiter zu Ella und fiel auch ihr um den Hals. »Danke für diesen ganz tollen Gottesdienst.«

Dann ging sie weiter zu Claudia und Sebastian. Sie umarmte beide und begann zu weinen. »Danke.« kam zwischen einigen Schuchzern hervor. »Danke.«


Erst nachdem Anna sich wieder etwas beruhigt hatte, Franz hatte sie in den Arm genommen, drehte sie sich noch einmal um und bedankte sich noch einmal bei allen. »Danke noch einmal für dieses so ganz tolle Erlebnis.«

Sebastian räusperte sich. »Wir haben noch ein kleines Geschenk zu eurem Jubelfest heute.« Er reichte ihnen einen Umschlag. »Das sind zwei Wochen Urlaub in dem Bondage-Hotel, von dem Petra und Peter so begeistert waren.«

Anna konnte kaum aus ihren verweinten Augen schauen. Fritz nahm den Umschlag entgegen. »Wir sagen herzlich danke schön.«

»Die Inhaberin bittet nur darum, dass ihr euch bald mit ihr zwecks Terminabsprache mit ihr in Verbindung setzt, damit sie euch das Zimmer freihalten kann.« Sebastian ergänzte.

»Das machen wir.« Franz streichelte seiner Frau zärtlich über das Gesicht. »Das werden tolle Flitterwochen.«

* * *

»Dann bliebe nur noch ein Letztes.« Sebastian hatte sich wieder an die ganze Gruppe gewandt. »Unsere traditionelle Abstimmung zur ´Bondagette des Hüttenwochenendes´.« Er erläutere kurz die Regeln. »Es ist ganz einfach und geht auch schnell. Jedes Paar hat eine Stimme und für sich selbst stimmen geht nicht.«

Claudia ging mit einer Strichliste kurz an den Paaren entlang, dann konnte sie auch schon das Ergebnis bekannt geben. »Petra hat eine Stimme bekommen.«

Petra und Peter waren überrascht. Bisher hatten sie noch nie eine Stimme bekommen.

Claudia räusperte sich. »Zwei Stimmen wurden für mich abgegeben. Ich sage danke dafür.«

Sie blickte zu Sebastian, der schon einen kleinen Pokal in der Hand hatte.

»Der Titel für die beste Bondagette geht an...« Sie blickte einmal an allen Paaren entlang, »... an Maria mit fünf Stimmen.«

´Aber ich habe doch gar nichts besonderes gemacht?´ Wollte Maria eigentlich sagen, doch dann bemerkte sie, dass dies auch als etwas arrogant herüber kommen konnte. Immerhin hatte sie die bewundernden Blicke genossen, als sie mit dem Backprayer unterwegs war. Sie bedankte sich etwas verlegen.

* * *

Sebastian bat dann noch einmal um Aufmerksamkeit. Er zählte auf, was jetzt noch für das Aufräumen zu tun war und wer sich jeweils darum kümmern sollte. »Leonhard und Amelie gehen schon zum Parkplatz, damit sie die Sachen aus der Seilbahn abladen können. Die Herren bringen das Gepäck zur Seilbahn und die Damen räumen die Hütte auf.«

Er suchte den Blick von Anna und Franz. »Wenn ihr möchtet, könnt ihr schon fahren und noch etwas feiern.

Doch Anna widersprach. »Ihr habe uns so etwas Schönes geschenkt, wir möchten noch bleiben und helfen als kleines Dankeschön.«

Sebastian nahm es gern zur Kenntnis.

»Damit ist unser Hüttenwochenende beendet.« Er wurde auf einmal sehr feierlich. »Ich danke euch allen für die große Disziplin und wünsche euch eine gute Heimfahrt. Ich hoffe, dass wir uns bald hier einmal wieder sehen.«

* * *

Als Paul sich in Leonhards Auto neben Maria setzen möchte, wird Amelie ihn zurückhalten. »Die Herren sitzen vorn, die Damen hinten.«

Maria schüttelte den Kopf, als sie sah, dass Amelie sich wieder einen Hand an den KHG gebunden hatte. Doch sie schwieg, weil Amelie sie mit einem Finger auf dem Mund darum gebeten hatte.

Maria trug nur unter ihrer Kleidung immer noch ihr komplettes Keuschheitsgeschirr und insgeheim freute sie sich insgeheim schon auf die Zeit, wenn sie darin auch noch einen Dildo tragen dürfte.

Denn für ihr erstes Mal hatte sie mittlerweile ganz konkrete Pläne. Und sowohl Paul als auch ihre neuen Fähigkeiten spielten eine ganz große Rolle dabei. Und sie war sich sicher, sie wusste zwar noch nicht wie, aber sie wollte dabei gefesselt sein.


Paul ging in Gedanken noch einmal das so aufregende Wochenende durch. Doch auf einmal stutzte er. Leonie hatte ihm doch den Schlüssel zu ihrem Keuschheitsgürtel anvertraut und er konnte sich nicht daran erinnern, ihn zurückgegeben zu haben.

Er fasste an seinen Hals und holte die Schlüssel hervor. Tatsächlich, Leonies Schlüssel war noch da.

»Leonhard?«, fragte Paul leise, da die beiden Damen schon schliefen.

»Was gibt es?« fragte Amelies Mann in der gleichen Lautstärke.

»Ich glaube,« es fiel ihm immer noch schwer, über das Thema zu sprechen. »Ich glaube, Ich habe noch Leonies Schlüssel für ihren Keuschheitsgürtel.« Er beschrieb kurz, wie es dazu gekommen war, das er ihn bekommen hatte.

»So so, du bist also ihr neuer Schlüsselherr geworden?« sagte er mit etwas Belustigung in der Stimme. Doch dann wurde er ernst. »Bitte entschuldige.« Er blickte kurz nach hinten. »Ich denke, ihre Mutter wird sicherlich noch einen zweiten Schlüssel haben.«

Paul war zumindest ein wenig beruhigt.

»Am besten ist es, wenn ihr Morgen oder in den nächsten Tagen einmal mit Sebastian Kontakt aufnehmt und er soll dann sagen, was ihr machen sollt.«

»Das werden wir machen.« Bald darauf war auch Paul eingeschlafen.

* * *

Mrs. Potter saß zusammen mit Pauls Oma auf der Bank vor ihrem Haus. Gemeinsam warteten sie auf die Ankunft von Grünbergs, die Paul und Maria zurück bringen würden. Es war ein laue Sommernacht, in der man noch gut im Freien sitzen konnte. Das Mondlicht mischte sich ein wenig mit dem Licht der etwas entfernt stehenden Straßenlaterne.

Marias Erzieherin berichtete über das, was Sebastian ihr vor kurzem am Telefon über das Hüttenwochenende berichtet hatte.

Oma Selma hörte aufmerksam zu. »Bei mir hat er auch angerufen. Es schien ihm recht peinlich zu sein.« Sie lächelte, dann berichtete sie darüber, dass Paul wohl den einzigen Schlüssel zu einem bestimmten Keuschheitsgürtel bekommen hat und das er sehr gut darauf auf passen soll.

Mrs. Potter blickte auf. »Wie ist es denn dazu gekommen?«

»So genau habe ich das auch nicht verstanden.« Oma Selma versuchte sich an das Telefonat zu erinnern. »Eine Mutter hatte irgendwie einen zweiten Gürtel mitgebracht, zudem es keinen Ersatzschlüssel gab. Dass es nur den einen Schlüssel gibt, ist ihnen aber erst aufgefallen, als sie schon auf der Rückfahrt waren.« Es war ihr anzuhören, dass sie es nicht wirklich verstanden hatte. »Wir werden ja gleich erfahren, was sich zugetragen hat.«

Beide Frauen schwiegen einen Moment.

»Frederike hat bei mir angerufen«, berichtete Mrs. Potter, »und weil sie dich nicht erreicht hat, soll ich dir etwas ausrichten.«

Oma Selma blickte Marias Erzieherin gespannt an.

»Sie wollte mir noch nicht sagen, um was es genau geht, weil sie erst noch einige Sachen planen muss. Aber Paul soll sich in den nächsten drei Wochen nichts Größeres vornehmen und auch nicht verreisen.« Mrs Potter gab wieder, was sie aufgetragen bekommen hatte. »Kannst du das einrichten?«

»Das wird leicht.« Selma lachte. »Üblicherweise ist er nicht leicht von den Büchern weg zubekommen.«

»Das Maria drei Wochen in den Staaten sein wird, dürfte ihm sehr zu schaffen machen.« Sie seufzte. »Frederike lässt übrigens ausrichten, dass sie für die Zeit alle Telefonkosten übernimmt. Es wäre wichtig, dass die beiden zumindest telefonischen Kontakt halten können.«

Selma lächelte. »Paul ist zwar eher zurückhaltend, aber wenn er den Schlüssel zu Marias Keuschheitsgürtel hat, dann wird es sicher nicht mehr lange dauern, bis sie ihn um den Finger wickelt und ihn verführt.« Sie ließ ihre Worte ein wenig wirken. »Es wäre jetzt dringend an der Zeit, dass das Thema Verhütung angegangen wird.« Sie wusste, dass Maria bei Paul leichtes Spiel haben würde.

»Jetzt sind sie ja erst einmal getrennt.« Mrs Potter lehnte sich zurück. »Aber ich werde mit Frederike einmal darüber reden.« Doch dann kam sie ins Grübeln. Maria Mutter würde das sicherlich in ihrem Programm schon vorgesehen haben. »Maria hat sich toll entwickelt.«

»Ich hatte schon immer den Eindruck, dass sie es wirklich mag, auch wenn es ihr selbst gar nicht so bewusst war.« Selma schwieg einen Moment. »Was wohl ihre Mutter davon halten wird?«

»Oh, die ist hocherfreut.« Sie erzählte, was sie über Peter und Petra erfahren hatte. »Der Nachname des Ehepaares wurde mir noch nicht genannt, aber sie werden sich um einen Ausbildungsplatz für Paul und Maria im diplomatischen Dienst kümmern. Und sie werden bei ihnen wohnen dürfen.« Sie informierte Selma darüber, was sie von Sebastian über Petras besonderen Alltag erfahren hatte. »Maria wird ihren Prinzessinnen-Traum dort weiter träumen können.«

»Ich glaube, das ist eine große Chance für sie.« Sie seufzte etwas. »Jetzt muss ich Paul nur noch dazu bringen, Maria gegenüber sehr viel selbstbewusster aufzutreten.«

»Oh, so wie ich Sebastian verstanden habe, hat sich Paul auf der Hütte auch schon weiter entwickelt und er lernt gerade sehr eifrig, was Marias wahre Bedürfnisse sind.« Sie berichtete von der Szene mit einem besonderen Kleid. »Dort hat er sich anscheinend schon sehr dominant gegeben.« Es war in Mrs. Potter Stimme zu hören, dass ihr auch Pauls Entwicklung recht wichtig war.

Selma griff den Gedanken auf. »Es ist eigentlich sehr schade, dass sie jetzt so lange getrennt sein werden.«

»Ich habe dies Frederike gegenüber auch geäußert. Sie hat mir versprochen, das zu berücksichtigen.«

Ein Auto kam näher und hielt vor dem Haus.

»Das werden sie sein.« Mrs. Potter stand auf und ging mit schnellen Schritte über den Kiesweg zum Gartentor.

Oma Selma stand langsam auf und ging hinterher. Sie lächelte. Es hatte sich doch gelohnt, ein wenig Schicksal zu spielen.
326. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 17.12.14 18:29

super tolle Fortsetzung.
Pech für Leonie.Tja dan muß sie eben es aushalten.
Deine Andeutungen sind auch schön.Wie es aus sieht wird die Geschichte noch eine weile weiter gehen.Das freut mich und sich auch alle anderen Lesern.
mfg Wölchen
327. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 17.12.14 21:45

Hallo gag_coll,

was für eine Schreibleistung. Ganz lieb Danke.
Und ehrliche Bewunderung für deine Ausdauer mit "Maria" und uns.
328. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 20.12.14 23:38

Vielen Dank für die tolle Geschichte!
Ich würde mich über eine Fortsetzung vor Weihnachten noch sehr freuen - oder wird es eine als Geschenk für uns alle geben?
LG BF
329. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 27.12.14 18:34

Zitat
Vielen Dank für die tolle Geschichte!
Ich würde mich über eine Fortsetzung vor Weihnachten noch sehr freuen - oder wird es eine als Geschenk für uns alle geben?
LG BF


Ts ts ts... *schmoll*
Ich hatte eigentlich den Abschluß von Kapitel 12 als DAS Weihnachtsgeschenk gesehen...
330. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 05.01.15 21:52

Hallo cag_coll.

Super Fortsetzungen. Bin total begeistert. Freue mich schon auf die nächsten Teile.

Weis aber noch nicht wie ich das finden soll, das Maria und Paul auf einmal keine freie Berufswahl haben. Ich hoffe du erkärst irgendwann im nächsten Teil mal genauer wie es dazu kam. Für mich hat es den Anschein als wenn doch ziemlich viel ohne das einweihen von Maria und Paul hinter deren Rücken "gemauschelt" wurde.

Allerdinges frage ich mich auch noch, warum du am Anfang die Tafel mit den Minuspunkten einführst und zum Schluß die Auswertung dann doch komplett unter den Tisch fallen läst. Das habe ich dann doch vermisst.

Ich hoffe, das du uns in diesem Jahr noch mit einer Fortsetzung erfreust.


Mfg Rainman.
331. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 06.01.15 19:13

Zitat
Super Fortsetzungen. Bin total begeistert. Freue mich schon auf die nächsten Teile.

Danke...
Zitat
Weis aber noch nicht wie ich das finden soll, das Maria und Paul auf einmal keine freie Berufswahl haben. Ich hoffe du erkärst irgendwann im nächsten Teil mal genauer wie es dazu kam. Für mich hat es den Anschein als wenn doch ziemlich viel ohne das einweihen von Maria und Paul hinter deren Rücken \"gemauschelt\" wurde.

Hmm... so drastisch sollte das gar nicht rüber kommen... Gedacht war es eigentlich, dass zumindest Maria eine berufliche Richtung einschlägt, in der sie ihren Prinzessinnen-Traum möglichst weiter ausleben kann, bzw. es soll für Maria möglich sein, auch in ihrem Beruf einschränkende Kleidung zu tragen. Aber so richtig durchdacht ist das ja noch gar nicht.
Zitat
Allerdinges frage ich mich auch noch, warum du am Anfang die Tafel mit den Minuspunkten einführst und zum Schluß die Auswertung dann doch komplett unter den Tisch fallen läst. Das habe ich dann doch vermisst.

Das musst du Sebastian fragen...
Okay, im Ernst... ein klein wenig gebe ich dir recht... aber es war eben keiner böse... und Sebastian brauchte eine Tafel zum Schreiben...
Zitat
Ich hoffe, das du uns in diesem Jahr noch mit einer Fortsetzung erfreust.

Kapitel 13 ist schon in Arbeit...
332. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 29.01.15 21:19

Hallo cag_coll.


Icvh warte sehnsüchtig darauf.

Aber lass dir ruhig etwas Zeit (aber nicht unendlich viel).

Und was mich auch noch gewundert hat, das du jetzt hast anklingen lassen, das Maria alleine zu ihrer Mutter nach Amerika fliegt. Hatte eigentlich gedacht, das Paul mit dürfte.

Alleine wo Maria ja mittlerweile immer öfter erwähnt, das sie die Fesseln ja lieber für/von Paul trägt.
Naja, ich lass mich dann mal überraschen, was du uns dann mal irgendwann "servierst".

MfG Rainman.
333. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 31.01.15 15:26

Zitat
Und was mich auch noch gewundert hat, das du jetzt hast anklingen lassen, das Maria alleine zu ihrer Mutter nach Amerika fliegt. Hatte eigentlich gedacht, das Paul mit dürfte.

Naja, der Besuch der Klinik wurde ja schon vereinbart, als von Paul noch keine Rede war. Aber Marias Erzieherin hat sicher mit Marias Mutter über dieses Thema gesprochen...
334. RE: Maria

geschrieben von colonytzan am 12.02.15 13:53

Die Geschichte, die ich las eine lange Zeit, ich mag die Mädchen, um den Umhang tragen, Mantel vor allem nach hilflosen Körper. Mary Bondage Cape sah ich eine lange Zeit, nicht in der Lage, sich vorzustellen, die interne Struktur sieht wie Hülsen, ich denke, Umhang ist doppelt, ist die Innenhandschuh das gleiche Design wie die armbinder Ärmel zog ihren Arm zurück, dann befestigen Tasten gesperrt. Leg Bands haben auch keine Ahnung, was fest ist, gibt es ein ähnliches Bild kann es erklären?
335. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 13.03.15 11:02

Boooaaaa -jetzt lässt Du uns aber ganz schön lange schmoren. Biiiiittttteeee weiter machen!
336. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 14.03.15 07:29

Ich bittet um Entschuldigung, aber ich hatte einen unfreiwilligen Krankenhaushaufenthalt hinter mir...
337. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 14.03.15 07:46

Oh dan hoffe ich das du es gut über standen hast.Und es nichts sehr ernstes war.Weiter hin gute Besserung.Auf das du wieder voll ständigst genesen tust.

mfg Wölchen
338. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 27.03.15 16:20

auch von mir die besten genesungswünsche und ich hoffe du hast alles gut überstanden . bin sehr gespannt wie es mit der geschichte weiter geht . hoffentlich müssen wir nicht zu lange warten .

mfg
Andrea-su
339. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 28.03.15 12:17

Hallo gag-coll!

Hoffentlich geht es Dir wieder einigermaßen gut und Du kommst langsam wieder in den Schreib-Modus!

Würde mich ja nicht wundern, wenn Du in die Geschichte nun eine Krankenschwester bzw. Pflegerin einflechten würdest.
340. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 26.04.15 21:47

hust....pust....röchel

Hallo gag-coll,

will nur mal die Geschichte vom Staub befreien und wieder ans Licht zerren.....

bitte, bitte mach weiter.....
341. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 26.04.15 22:10

oh was kommt da zum Vorschein.

Hoffe es gibt bald eine Fortsetzung.

mfg Wölchen
342. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 26.04.15 22:38

Zitat
oh was kommt da zum Vorschein.

Hoffe es gibt bald eine Fortsetzung.

mfg Wölchen


Mann, mann, du bist gut am hetzen.

was ist denn mit deioner Story, dem weihnachtspony. Wann kommt denn da die Fortsetzung?


MfG rainman.
343. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 27.04.15 04:43

weiß noch nicht.Hab zwar schon im Kopf die Story mehr oder weniger zu samen,aber so bald ich mit den schreiben an fangen möchte ist bei mir Sense.Das gleiche ist bei meiner Mode Geschichte.Da kom ich auch einfach nicht weiter.
Hoffe das Problem bald lösen zu können.

mfg Wölchen
344. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.05.15 14:20

Ich muss euch noch um Geduld bitten. Ich bin zwar bei Maria 13 schon auf Seite 14 (von geschätzten 70 Seiten) aber es wird noch dauern, bis dieser Teil fertig ist.

Viele Grüße
gag_coll
345. RE: Maria

geschrieben von gummi-mike am 03.05.15 15:40

Wieder eine super Fortsetzung, bitte weiter Schreiben.
346. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 12.06.15 18:03

schade , wieder eine story leiche mehr .
hoffe es geht dir inzwischen wieder besser
347. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 14.06.15 21:22

Man, man, man. Immer diese Ungeduld. Schreib doch selber mal eine Geschichte. DAnn weiste erstmal wieviel Arbeit dahinter steckt. Aber meckern ist ja einfacher!!

Auserdem hat er doch schon geschrieben, das er weiterschreibt.

Zitat
Ich muss euch noch um Geduld bitten. Ich bin zwar bei Maria 13 schon auf Seite 14 (von geschätzten 70 Seiten) aber es wird noch dauern, bis dieser Teil fertig ist.



MfG Rainman
348. RE: Maria

geschrieben von Balu am 26.07.15 11:02

Ich würde mich auf eine Fortzetzung der Schönen Geschichte


Vielen DANK für das schreiben der schönen Geschichte
349. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 20.08.15 21:43

Trari Trara,

einfach nur mal wieder hochbuddeln.
Über eine neue Episode würde ich mich doch so langsam freuen.

Ach und Rainman, schreib jetzt bitte nicht wieder ich sei ungeduldig.
Mehr als 8 Monate Geduld und von mir noch kein Gemecker,
nur langsam ungehaltenes Gebettel.
350. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 20.08.15 23:48

Naja, auch ich warte ja auf die Fortsetzung.

Aber zaubern kann keiner. Und gut Ding will halt weile haben. Auserdem ist in den meisten Bundesländern im Moment auch noch Sommerferien.


MfG Rainman
351. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.08.15 18:43

Nur Geduld...

Ich bin beim Schreiben... aber es wird noch etwas dauern...
352. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 11.11.15 11:54

wieder mal nach oben holen , damit diese geschichte nicht in vergessenheit gerät , lach

wir alle warten gespannt auf die fortsetzung

mfg

Andrea-su
353. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 12.11.15 06:02

Es wird noch etwas dauern, bis dieses Kapitel fertig ist... Aber hier schon mal eine kleine Leseprobe aus dem Kapitel:

[...] »Was habt ihr euch bloß dabei gedacht?« Frederike war sichtlich enttäuscht.

Maria war der Bitte ihrer Mutter gefolgt und war nach dem Abendessen zu ihr ins Büro gekommen. Sie ahnte, dass sie eine Dummheit begangen hatte und schob entsprechend ein schlechtes Gewissen vor sich her. Sie schwieg.

»Der Herzog hat die Verschärfung der Maßnahmen gefordert.« Frederike war verärgert. »Außerdem stellt er mein Programm in Frage, weil es bei dir ja auch nicht wirkt.«

Erst jetzt begriff Maria, welchen Schaden sie angerichtet hatte. »Aber ich wollte doch nur Sarah helfen.« Mit leiser Stimme begann sie von Sarahs Ängsten zu erzählen.


Frederike hörte bis zum Schluß zu. »Und dafür opferst du dich?« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Ich bin sehr stolz auf dich.« Doch dann kam wieder die Ärztin durch. »Aber wir müssen auch und vor allem unsere Geldgeber zufriedenstellen.«

Maria seufzte.

»Ich denke, ich muss etwas unternehmen.« Ihre Mutter lächelte. »Du wirst dich ja ab Morgen nicht mehr mit Sarah unterhalten können.«

»Werden wir getrennt?« Marias Stimme hatte auf einmal etwas weinerliches.

»Nein, ihr werdet weiterhin gemeinsam behandelt. Aber ihr werdet den Mundverschluß angelegt bekommen« Sie zeigte etwas Mitleid. »Der Herzog hat es gefordert, damit ihr euch besser auf eure Ausbildung konzentrieren könnt.«

Maria seufzte wieder.

»Ich hätte es vielleicht verhindern können, wenn ihr heute nicht so gelogen hättet.« Dass die nächste Verschärfung auch schon angedroht war, behielt sie erst einmal für sich. »Ihr habt ab Morgen keine Freiheiten mehr und werdet ständig unter Kontrolle stehen.« Sie seufzte. »Ich hatte auf der Versammlung unvorsichtigerweise auch die Ballettstiefel erwähnt, die beim Haltungstraining wichtig sein können. Der Herzog scheint das in den falschen Hals bekommen zu haben.«

»Naja, die können wir ja ausziehen, wenn er nicht da ist.« Maria gab sich etwas trotzig.

»Ich muss dich enttäuschen, ihr werdet ab sofort unter strengster Kontrolle stehen.« Es tat ihr leid, ihrer Tochter das anzutun. »Und eure Kleidung wird verschlossen werden.«

Zum Erstaunen ihrer Mutter musste Maria stöhnen. Seit dem Abenteuer auf der Hütte beschäftigten sie gewisse Träume. »Wie lange?« Die Besorgnis in ihrer Frage hatte aber andere Gründe.

»So lange, wie der Herzog hier ist.« Frederike seufzte. »Er wird immer mal wieder vorbei kommen und kontrollieren, ob seine Vorgaben eingehalten werden. Und ich mag mir nicht ausmalen, was passiert, wenn er Grund zum Klagen findet.«

»Oh man, da haben wir wirklich Mist gebaut.« Maria floß eine Träne über das Gesicht. »Ich wollte Sarah doch nur helfen.«

»Genieße deine letzte Nacht in Freiheit.« Sie streichelte ihrer Tochter noch einmal über den Kopf. »Morgen früh beginnt die Verschärfung.«

»Paul!« Auf einmal erschrak Maria. »Ich wollte doch mit ihm telefonieren.«

»Ich fürchte, das hast du dir auch verbaut.« Doch dann hatte sie Mitleid. »Ich werde ihn anrufen und erklären, warum du nicht mehr telefonieren kannst.«

Maria war verzweifelt. Sie hatte Paul für die Prinzessin verraten. [...]
354. RE: Maria

geschrieben von kaes am 12.11.15 07:39

Ich mach es kurz.

Einfach suuuuuuper!

Ich wünsche dir viel Erfolg beim Schreiben.
355. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 12.11.15 19:02

sehr schöne leseprobe , hoffe das bald die richtige fortsetzung kommt
356. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 12.11.15 21:38

Danke für den kleinen Einblick in dein Wirken.
Jetzt wird das Warten wieder verdammt schwer.

liebe Grüße
357. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 12.11.15 21:59

Da kann man nur hoffen das sie doch noch ihr Glück mit Paul findet.
Freu mich schon wenn es weiter geht.

mfg Wölchen
358. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 12.11.15 22:26

Hallo cag_coll

Danke für die Kostprobe. Freue mich auf die neuen Teile!

MfG Rainman
359. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 27.11.15 15:06

Danke für 400k Aufrufe...

Es wird nicht mehr lange dauern, bis das Kapitel 13 fertig ist...

gag_coll
360. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 27.11.15 21:11

Hallo cag_coll.

Haben wir doch gerne gemacht.

Ist halt eine tolle Geschichte und super geschrieben. Und klar wir freuen uns alle auf den nächsten Teil. Aber ob das jetzt 1 Tag oder eine Woche länger dauert spielt, zumindest für mich, keine Rolle. Hauptsache die Fortsetzung kommt.

Vielen Dank für deine Mühe.


MfG Rainman
361. RE: Maria

geschrieben von pfeffer am 09.01.16 05:47

Hallo gag_coll!

Ganz großes Kompliment für deine Geschichte! Du verstehst es, den Weg deiner Charaktere mit Liebe zum Detail gefühlvoll zu beschreiben. Die sich langsam entwickelnde Beziehung zwischen Maria und Paul hast du wunderbar dargestellt und mich mit deiner Arbeit, wie schon an anderer Stelle erwähnt, inspiriert.

Frohes Schreiben und vielen Dank, dass du deine Geschichte hier veröffentlicht hast!
362. RE: Maria

geschrieben von oliviasklavin_tv am 24.01.16 11:20

Hallo gag_coll,

zuerst mal noch ein gutes neues Jahr!

Dann möchte ich mich für diese tolle Geschichte bedanken und hoffe doch es es bald wieder mal "Nerven- und Augennahrung" gibt.......deswegen schubs ich die Geschichte mal wieder nach oben...Ich bin schon drauf gespannt was mit Maria und Paul noch passiert. Auch welche fiesen Dinge dem Herzog so noch einfallen....
Bitte gib uns doch noch einen weiteren Einblick..

Demütige und verschlossene Grüße
Olivia
363. RE: Maria

geschrieben von Kugelfisch am 23.02.16 16:04

Bitte weiterschreiben. Ich habe schon Probleme die diversen Damen auseinanderzuhalten.
364. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 23.02.16 17:55

Auch von mir, ein großes BITTE, BITTE weiterschreiben. Hab Dank dafür.
365. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 24.02.16 11:57

Es hat lange gedauert... sehr lange... Ich möchte mich bei euch für die Geduld bedanken. Hier ist jetzt endlich das 13. Kapitel von Maria.

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Mittwoch, 25. August 1984

Maria blickte etwas genervt zwischen dem Kllniktelefon und der Krankenschwester hin und her. In den Jahren zuvor hatte sie sich immer sofort nach ihrer Ankunft in der Klinik ihrer Mutter bei ihrer Erzieherin in der Heimat gemeldet, um ihr von dem eigentlich immer sehr langweiligen Flug in die Staaten zu berichten. Ausgerechnet diesmal, wo sie ihren Freund daheim lassen musste, gab es mit diesem Telefonat Schwierigkeiten.

Die diensthabende Schwester wusste weder von irgendwelchen Sonderregeln, die für Maria gelten würden, geschweige denn, dass sie die Tochter der Chefin war. »Sie müssen schon entschuldigen, ich bin neu hier«, versuchte sie eine Entschuldigung. »Und seit der neue Investor hier das Sagen hat, gibt es so viel mehr neue Regeln.«

Maria wunderte sich ein wenig. Von einem neuen Investor hatte ihre Mutter ihr gegenüber bisher nichts erwähnt. Sie lehnte sich zurück und während sie auf die Erlaubnis wartete, ließ sie ihre Gedanken kreisen zu dem sehr bewegenden Abschied von Paul.


Eigentlich hatte sie gehofft, den ganzen Tag mit ihm verbringen zu können. Doch schon bald musste sie erkennen, dass auch Paul nach dem spannenden Wochenende erst einmal auspacken und seiner Oma zur Hand gehen musste. Immerhin war er bald nach dem Mittagessen bei ihnen aufgekreuzt, und er hatte die Gesamtsituation auch besser eingeschätzt, in dem er versuchte, sich nützlich zu machen.

Im Gegensatz zu Maria hatte Mrs. Potter sein ernsthaftes Bemühen durchaus zur Kenntnis genommen und hatte dem Paar im Gegenzug dafür den einen oder anderen zärtlichen Moment genehmigt. Besonders beeindruckt war Maria allerdings, als Paul ihr ihren Knebel angelegt hatte. »Damit du etwas ruhiger wirst«, hatte er noch angefügt.

Erst später hatte sie erfahren, dass Paul ihre Erzieherin vorher um Erlaubnis gefragt hatte. »Mach nur, dann ist sie vielleicht etwas ruhiger.« Das war die Antwort.


Den ganzen Flug über bis jetzt glaubte Maria den Ball im Mund zu spüren, es war fast so etwas wie ein Kuss für sie.


Etwas später hatte Mrs. Potter dann noch eine Überraschung für das verliebte Paar. »Maria darf den Handschuh tragen, wenn Paul mir etwas mit der Wäsche hilft.«

Paul brauchte nur einen winzigen Moment, dann hatte er seine Entscheidung getroffen. Noch während Maria sich noch wunderte, dass Margarethes Verbot anscheinend schon wieder aufgehoben war, war Paul schon dabei gewesen, ihr den Handschuh anzulegen.

Maria war in diese Geste geradezu verliebt. Jetzt, wo sie wusste, dass sie sowohl ihre Stimme als auch ihre Arme für längere Zeit zum letzten Mal an Paul abgegeben hatte, versuchte sie auf die ihr verbleibende Art, sich nützlich zu machen. Aber viel mehr als die Tür der Waschmaschine aufhalten oder den Eimer mit dem Wäscheklammern halten, brachte sie nicht zustande.

»So hättest du mir aber auch mal helfen können.« hatte Mrs. Potter gescherzt.

Maria war so verblüfft, dass ihr keine Antwort einfiel. Zumal diese Bemerkung auch noch ein paar andere Gedanken in ihr auslöste. Wie würde das Zusammenleben mit Paul wohl nach dem Fest aussehen? Ob sie dann den Handschuh immer noch tragen dürfte?

Sie war noch etwas in Gedanken, als auf einmal eine andere Schwester auf sie zu kam.

* * *

Paul hatte den Zettel mit den abgesprochenen Zeiten vor sich liegen, jetzt wartete er darauf, dass Maria anrufen würde. Neben ihm lagen die Bücher, die ihm seine Oma einst bereitgestellt hatte und mit denen er sich über den weiblichen Körper und auch über Marias Orgasmen informiert hatte. An manchen Stellen waren jetzt sogar Lesezeichen angebracht. Einiges von dem, was er auf Sebastians Hütte erlebt hatte, verstand er jetzt etwas besser.

Er blickte auch immer wieder auf die Erinnerungsfotos von der Hütte, die Sebastian geschickt hatte. Besonders mochte er die Bilder, die Maria zeigten. In dem Kleid von Grünbergs sah sie wirklich atemberaubend aus. Und dass ihre Arme nicht sichtbar waren, fiel erst auf den zweiten Blick auf.

Immer wieder fiel sein Blick auf das Telefon. Er erwartete Marias Anruf aus der Klinik. Sie hatte versprochen, sich sofort nach der Ankunft bei ihm zu melden. Paul wunderte sich. Nach dem Zeitplan, den sie zusammen besprochen hatten, hätte sie schon lange in der Klinik sein müssen.

Er dachte an den Montag, den ersten Tag nach der Hütte. Insgeheim hatte er ein wenig Angst vor diesem Tag gehabt. Er glaubte erkannt zu haben, dass die Fesseln für Maria sehr wichtig waren, doch auf der anderen Seite sagte ihm sein gesunder Menschenverstand, dass es wichtiger war, ihre Amerikareise vorzubereiten. Zu seiner Erleichterung kam ihm Mrs. Potter sehr entgegen, als sie den Handschuh für Maria quasi anordnete.

Es hätte ihn schon gereizt, Maria gleich wieder in Fesseln zu legen. Doch er wusste auch, wie wichtig Marias Reise war und dafür war er bereit, seine Wünsche hintenanzustellen. Zumal seine Freundin ihm erzählt hatte, was sie in den vergangenen Jahren in der Klinik so erleben und erleiden musste. Er hatte verstanden, welche großen Opfer Maria für ihre Mutter brachte. Er hatte nur nicht verstanden, warum sie das machte. Doch er hatte auch noch nicht den Mut aufgebracht, sie danach zufragen.

Wieder warf er einen Blick auf die Bilder. Auch ein Bild von Maria als stolzes Ponygirl war dabei. Und obwohl Paul von dieser Spielart bisher noch überhaupt nichts gewusst hatte, hatte ihn »sein« Pony sehr in den Bann gezogen. Immer wieder musste er an den Moment denken, als Maria in seinen Armen wieder einen Höhepunkt hatte.

Er wusste zwar noch nicht wie, aber er war sich sicher, dass er ´ja´ sagen würde, falls Maria dieses Spiel noch einmal spielen wollte. Er dachte an die vier geheimnisvollen Kisten, die seine Oma aufbewahrt hatte. Ob dort wohl auch noch eine Ponyausrüstung darin sein würde?

Er war etwas verlegen, als er daran dachte, wie seine Oma ihn auf die Ponyspiele angesprochen hatte. Zum einen schien er auf der Hütte einen sehr faszinierten Eindruck gemacht zu haben, denn genau davon hatte Sebastian seiner Oma erzählt. Zum anderen hatte ihm seine Oma »gestanden«, dass auch sie gern in die Rolle des Ponymädchens geschlüpft war, wenn ihr Rittmeister das von ihr verlangt hatte.

* * *

Endlich waren die Formalitäten geklärt. Maria durfte an dem Telefon, welches auf dem Schreibtisch stand, die lange Nummer wählen. Sie wäre bei diesem Telefonat gern allein gewesen, doch die Schwester schien keine Anzeichen zu machen, sich zu entfernen. So blieb Maria nichts anderes über als sich bei den Themen eher auf Oberflächliches beschränken.

Sie hätte ihm gern noch von dem Traum erzählt, den sie in der Nacht auf den Montag gehabt hatte, in dem sie vom Baron und seinem Neffen entführt wurde. Dabei war ihr Mund so versiegelt, wie sie es bei Christine gesehen hatte. Und sie war sehr erleichtert, als Paul sie aus dem Kerker befreit hatte. Sie hatte ihm noch davon erzählen wollen, doch es hatte sich bei den Reisevorbereitungen einfach nicht ergeben.

Sie war sehr erleichtert, als Pauls Stimme hörte. Sie berichtete zunächst von dem ereignisarmen Flug und die Fahrt zur Klinik. »Bis dahin war es wie immer. Im Flugzeug habe ich fast die ganze Zeit geschlafen« Doch dann wurde ihre Stimme etwas leiser. »Es gibt hier anscheinend einen neuen Eigentümer der Klinik. Irgendeinen Investor.« Sie erzähle von den neuen Regeln, die jetzt gelten würden. »Ich bin auch nicht in meinem Zimmer, sondern im Schwesternzimmer. Vom Zimmer aus sind keine Auslandsgespräche mehr erlaubt.«

Paul begriff sofort, was sie ihm eigentlich damit mitteilen wollte. Sie war nicht allein und musste sich auf Allgemeines beschränken.

»Aber du darfst mich auf dem Zimmer anrufen.« Mit einem Leuchten in der Stimme teilte sie ihm die lange Nummer mit. Den passenden Zeitpunkt für die Anrufe hatten sie schon ausgemacht, um die Zeitverschiebung zu berücksichtigen. »Ich vermisse dich jetzt schon.«

Paul notierte die Nummer sorgfältig. »Leonie hat sich noch nicht bei uns gemeldet.« Er erzählte, dass er den Schlüssel zu ihrem Keuschheitsgürtel immer noch in der Schreibtischschublade verwahrte. »Damit er nicht verloren geht.«

Maria war darüber nicht verwundert. »Erstens stören die Gürtel nicht wirklich... Und Leonie wird sicherlich mit der Silberhochzeit ihrer Mutter beschäftigt sein.«

Paul ging in Gedanken noch einmal die Erlebnisse auf der Hütte durch. »Weiß deine Mutter schon von dem Gebet?«

»Nein, zumindest nicht von mir«, Maria war etwas stiller. »Das wollte ich ihr Morgen beichten, auf dem Mutter-Tochter-Tag. Aber sicher hat Sebastian ihr schon etwas dazu gesagt.« Sie wurde etwas nachdenklich. »Ich kann es gar nicht in Worte fassen, aber irgendwie ist es diesmal anders als die Male zuvor. Manches ist jetzt viel pompöser, anderes geradezu spartanisch.«

Paul hörte nachdenklich zu.

»Ich bin diesmal auch nicht allein auf dem Zimmer.« Maria versuchte sich an das Namensschild auf dem Bett zu erinnern. »Sarah Princesa da Leudvica.«

»Eine Adelige?« Pauls Stimme zeigte ein wenig Ehrfurcht.

»Scheint so.« Maria klang verunsichert. »Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.«

»Dann sind eure Hoheit ja standesgemäß untergebracht.« Paul lächelte.

»Jedoch mein Prinz fehlt mir.« Maria griff den Gedanken auf. »Die Schwester hat gesagt, dass sie aus Brasilien ist und eine ähnliche Behandlung bekommt wie ich. Meine Mutter wird mir noch mehr zu ihr erzählen, hat sie gesagt.«

»Ich soll ganz viele liebe Grüße bestellen. Von ihr und auch von meiner Oma.« Paul richtete die Grüße aus und berichtete, dass ihre Erzieherin auch schon beim Koffer Packen war und sich auf den Urlaub freute. »Auch der Baron lässt Grüße ausrichten und wünscht, dass du ab und zu an deine Rolle denken sollst.«

Maria bedankte sich, dann verabschiedeten sie sich. Sie legte auf und sah eher beiläufig, wie die Schwester die Uhrzeit notierte. Dann ging sie wieder auf ihr Zimmer.

* * *

Maria drückte die Tür ins Schloss und ging zu ihrem Bett am Fenster. Dabei fiel ihr Blick wieder auf das Namensschild des zweiten Bettes. »Sarah Princesa da Leudvica.«, der Name, den sie Paul auch schon genannt hatte. Ansonsten war von der Patientin nicht viel zu sehen. Auf dem Tischchen neben dem Bett standen die üblichen Utensilien, eine Medikamentenpackung, ein Glas und einige Illustrierte. Das Tischchen machte trotzdem einen sehr aufgeräumten Eindruck. Nur ein Gegenstand im Zimmer erregte ihre Neugier. Es war eine fast lebensgroße Figur, die etwas halbherzig mit einer durchsichtigen Folie abgedeckt war. Maria trat näher an die Figur heran und jetzt erkannte sie, dass es sich bei der Figur anscheinend um eine Puppe handelte, die ein atemberaubendes Korsett trug.

Sie zog die Folie etwas beiseite und jetzt konnte sie erkennen, dass es wirklich ein Ganzkörperkorsett war. Sie keuchte etwas, denn es war noch strenger als ihr Nachtkorsett, da es auch den Kopf und die Füße mit einbezog. Sie kam ins Grübeln. Würde dieses Korsett für sie sein? Dies hielt sie doch für unwahrscheinlich, denn dazu hätte ihre Mutter bestimmt schon etwas gesagt. Also dann würde es wohl der Prinzessin gehören. Doch wozu würde sie ein so strenges Korsett brauchen?

Maria hatte genügend Erfahrung, um zu erkennen, dass die Person, die darin eingeschnürt war, vollkommen bewegungsunfähig und damit sehr hilflos sein würde. Sie keuchte noch einmal, rückte die Folie wieder zurecht, und ging mit leicht zitternden Knien zum Bett zurück.

Sie setzte sich auf das Bett und griff zu ihrer großen Tasche. Sie hob sie aufs Bett und öffnete den Reißverschluss. Doch irgendwie traute sie sich noch nicht, sie auszupacken. Sie wusste so überhaupt nicht, wie sie sich gegenüber ihrer Zimmernachbarin zu benehmen hatte.

Zuoberst lag ihr weißer Monohandschuh. Sie wusste zwar, dass sie ihn hier nicht brauchen würde, weil es in der Klinik davon genug gab, doch es war ihr Lieblingshandschuh. Außerdem erinnerte sie der Handschuh sehr an Paul, denn in diesen Handschuh durfte er sie schon oft einschnüren. Sie nahm ihn zur Hand und spielte gedankenverloren damit herum. Als sie ihn so im Detail betrachtete, fiel ihr auf, dass er jetzt doch schon einige Abnutzungsspuren zeigte.


Auf dem Flur waren Schritte zu hören, die näher kamen. Maria legte den Handschuh aufs Bett und stand auf. Sie dachte sich, dass es wohl geschickter wäre, die Prinzessin gleich im Stehen zu empfangen als erst in ihrer Gegenwart aufzustehen.

Sie blickte noch einmal auf ihr Bett und hätte den Monohandschuh gern wieder zurück in die Tasche gepackt, als sich die Tür auch schon öffnet und Marias Aufmerksamkeit gefordert war.

Im Nachhinein wusste Maria nicht mehr, was sie erwartet hatte, doch ein Rollstuhl, auf dem eine junge Frau in ihrem Alter von einer sehr missmutigen Schwester in den Raum geschoben wurde, war sicher nicht dabei.

Die Schwester stellte an dem Stuhl die Bremsen fest, trat dann vor die Prinzessin und öffnete einige Schnallen, die die Prinzessin an den Rollstuhl fixiert hatten. Dabei würdigte sie Maria nicht einmal mit einem Blick. Die Schwester wartete, bis die Prinzessin sich erhoben hatte, dann löste sie die Bremsen, schob den Rollstuhl wortlos hinaus und schloss die Tür.

»Du musst Maria Beller sein, die Tochter der Chefin?« Die Prinzessin stand auf einmal vor Maria und reichte ihr die Hand.

Maria reichte ihr ebenfalls die Hand und kam trotzdem nicht umhin, noch einmal einen Blick auf das Namensschild zu werfen. »Und du bist...« Sie zögerte etwas.

»Bitte sag einfach ´Sarah´ zu mir.« Der Prinzessin war Marias Blick nicht entgangen. »Lass dich davon nicht irritieren.« Auch sie blickte kurz auf ihr Namensschild.

Marias Blick blieb am Gesicht von Sarah hängen. Dort waren deutlich zwei Schläuche zu sehen, die in ihre Nasenlöcher führten. Sarah hatte sich natürlich auch auf die Gefährtin vorbereitet, die ihr versprochen worden war. »Lass dich davon nicht stören. Das ist für die Magensonde und die Luftzufuhr.« Sie wartete Marias Reaktion gar nicht erst ab. »Das habe ich mir so gewünscht, dann muss ich bei den Mahlzeiten nicht immer befreit werden.« Ihre Augen zeigten dabei ein gewisses Leuchten.

Da Maria das außergewöhnliches Abenteuer von Christine auf der Hütte miterlebt hatte, hatte sie eine Ahnung, um was es sich bei den Schläuchen handelte könnte. Tief in ihrem Inneren regte sich ein Gedanke; ob sie ihre Mutter wohl überreden konnte, ihr so etwas auch anzulegen? Der Gedanke, sich nicht mehr um die Nahrungsaufnahme kümmern zu müssen, hatte etwas Faszinierendes. Doch dann erst begann sie zu realisieren, was die Prinzessin noch gesagt hatte. »Du bist hier gefangen?«

Sarah hatte insgeheim mit dieser Frage gerechnet und ebenso freute sie sich darüber, dass Maria sich nicht abgewandt hatte. »Das habe ich mir ebenfalls so gewünscht.« Dann fiel ihr Blick auf Marias Bett und sah dort den Monohandschuh liegen. »Ist das deiner? Darf ich mal sehen?« Sie ging zum Bett und nahm ihn in die Hand.

Maria war über diese Neugier überrascht. Sie nickte verwundert.

Doch kaum hatte Sarah den Handschuh in ihren Händen, war sie erstaunt. »Den kannst du tragen? Der ist viel enger als meiner.« Es schwang neben viel Bewunderung auch ein wenig Neid in der Stimme mit.

Maria war über den Kennerblick sehr verwundert.

»Musst du auch trainieren?« Sarah klang sichtlich interessiert. Sie schien endlich jemanden zu haben, mit dem sie über ihre wahren Sorgen und Gefühle reden konnte.

Maria war immer noch verwundert. Doch sie spürte, dass Sarahs Interesse ehrlich war. Aber sie wusste nicht, wie viel sie erzählen durfte.


Es klopfte. Frederike Beller trat ein und ging auf die beiden Mädchen zu. Sie gab zuerst der Prinzessin die Hand und begrüßte sie mit »Eure Hoheit«, dann erst nahm sie ihre Tochter in den Arm.

Maria war es schon von den bisherigen Aufenthalten gewohnt, dass ihre Mutter während des Klinikbetriebes wenig Zeit für sie hatte. Dafür gab es morgen den Mutter-Tochter-Tag, für den ihre Mutter wie jedes Mal einen ganzen Tag Urlaub opferte.

»Ich sehe, sie haben sich schon bekannt gemacht?« Sie blickte die beiden Mädchen kurz an. »Den Nachmittag haben sie beide frei, damit sie sich kennenlernen können.«

Sarah blickte etwas unglücklich zu Marias Mutter und schlenkerte etwas mit den Armen.

»Passt etwas nicht?« Frederike war der Blick der Prinzessin sofort aufgefallen. »Seien sie bitte ehrlich.«

Die Prinzessin war verlegen. »Ich möchte keinen ´freien´ Nachmittag.« Es war der Prinzessin anzusehen, dass sie lieber geschwiegen hätte, wenn Frederike sie nicht so bedrängt hätte. » Könnten wir nicht wenigstens unsere Handschuhe tragen?« Sie blickte auf das Bett, auf dem Marias Handschuh lag.

Frederike lächelte. Sie war erleichtert, dass es so ein ´einfaches? Problem war. »Aber natürlich dürfen sie, wenn sie möchten, Hoheit.«

Sie drehte sich zu ihrer Tochter. »Die Prinzessin möchte hier gefangen sein.« Dabei zwinkerte sie unauffällig mit den Augen. »Du kannst dich ihr gern anschließen, wenn du möchtest. Sie kennt sich in der Klinik sehr gut aus.« Dass sie auch sehr unauffällig von einer Wachmannschaft bewacht wurde, behielt sie aber für sich. Sie wusste, dass ihre Tochter sich gefahrlos der Prinzessin anschließen konnte.

Insgeheim war sie erleichtert, dass Sarah ihre Tochter so problemlos akzeptierte. Ihr zukünftiger Schwiegervater, der Herzog von Breganza aus Brasilien, hatte eine Zimmergefährtin für Sarah angefordert, die eine ähnliche Ausbildung machen würde. Und der Herzog war ein wichtiger Geldgeber für die Klinik. Sie hoffte, dass er genauso positiv auf Maria reagieren würde wie seine Tochter, denn entgegen der Anforderungen war Maria eben keine Adelige, sondern eine ganz einfache Bürgerliche. Doch insgeheim vertraute sie auf die Durchsetzungskraft von Sarah. Wenn sie sich einmal mit Maria angefreundet haben würde, dann würde der Herr Papa es sehr schwer haben, Maria abzulehnen.

In diesem Moment war eine Lautsprecherdurchsage zu hören. »Frau Beller bitte dringend in den OP.«

»Präsentieren sie Maria ruhig ihr Prunkstück.« Sie lächelte die Prinzessin an. »Sie können ihr ja dann erst mal die Cafeteria zeigen und dann vielleicht noch den Park.« Sie gab Sarah noch einmal die Hand, dann verlies sie eilig das Zimmer. An der Tür zwinkerte sie Maria noch einmal kurz zu. Sie wusste natürlich, dass ihre Tochter sich selbst gut auskannte, denn sie war schon oft in der Klinik gewesen. Doch so hatte Sarah die Rolle einer Fremdenführerin und sie könnten sich bestimmt leichter kennen lernen.


Maria wusste immer noch, nicht worauf dies hinauslaufen würde. »Was haben sie vor, Hoheit?« Ihr war aufgefallen, dass ihre Mutter die Prinzessin immer sehr formal angesprochen hatte.

Doch Sarah reagierte sofort. »Bitte bleib beim Du... und jetzt komm mit.«

Maria war die ein wenig aufdringliche Prinzessin noch etwas unheimlich.

Sarah war immerhin sensibel genug, um Marias Unsicherheit zu spüren. »Ich helfe dir mit deinem Handschuh und dann lege ich mir meinen an.« Mit dem Kopf deutete Sarah auf den Nachbarraum.

Marias Neugier wuchs. Sie hatte noch keine Idee, wie sich Sarah selbst einen Monohandschuh anlegen konnte, doch sie klang genauso zuversichtlich wie abenteuerlustig. Maria kam sich für einen Moment wie Leonie von der Hütte vor. Es klang aufregend, aber sie wusste nicht, was kommen würde.

Es war nicht das erste Mal, dass Maria von einer nahezu Unbekannten der Handschuh angelegt wurde, doch bei Sarah spürte sie sofort, dass die Prinzessin sich zum einen auskannte und andererseits auch einen gewissen Ehrgeiz mitbrachte. Mit einem Seufzer musste sie an Paul denken.

»Stimmt etwas nicht,« fragte Sarah mit besorgtem Gesicht. Sie war zwar sehr froh, dass ihre lange schon versprochene Kameradin jetzt da war, doch sie wollte sie deswegen nicht überfordern.

»Du erinnerst mich sehr an meinen Freund.« Maria seufzte. »Der ist auch immer so aufmerksam.«

»Davon musst du mir erzählen...« Sarah schien sich mit dem Anlegen des Handschuhs wirklich zu beeilen.

Maria hatte Mühe, ihr Keuchen zu verbergen. Ihre diesjährige Ankunft hatte sie sich etwas weniger spektakulär vorgestellt.

Im Nebenraum angekommen, stellte Sarah sich sofort mit dem Rücken an die Maschine und strahlte, während ein Surren von Motoren zu hören war. »Ein Ingenieur meines Vaters hat sich das ausgedacht.«


Sarah trat wieder von der Maschine weg und drehte sich stolz um. Jetzt waren auch ihre Arme in einem Monohandschuh gefangen. Dass er bei weitem nicht so eng angelegt war, wie bei Maria, übersah diese höflich.

»Das ging aber schnell!« Maria zeigte ihre Überraschung.

»Naja, du hast die Vorbereitungen nicht mitbekommen.« Sarah lächelte stolz. »Ich muss den Handschuh natürlich erst in die Maschine einspannen. Aber das habe ich vorhin schon gemacht.

Maria war mehr als fasziniert. Doch eine Frage bewegte sie. »Hast du keinen Freund, der dir damit hilft?« Sie dachte daran, wie gut und gern Paul sie in den Handschuh schnüren konnte.

Doch zu ihrem Entsetzen wurde Sarah auf einmal sehr traurig. »Ich soll ihn heiraten.« Sie berichtete, dass ihre Eltern ihren zukünftigen Ehemann für sie ausgesucht hatte und sie jetzt in der Klinik war, um das zu lernen, was für die Familie nötig war.

Maria war immer noch sehr unsicher, was sie von der Prinzessin halten sollte. Insbesondere weil sie ihr gesagt hatte, dass die Maschine den Handschuh zwar anlegen konnte, aber noch nicht wieder abnehmen. »Das habe ich von den Ingenieuren meines Vaters aber auch nicht verlangt.« Sie grinste.

Maria blieb nichts anderes über als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.


»Hast du schon etwas gegessen?«, fragte Sarah. »Wir könnten in die Cafeteria gehen.« Sie berichtete mit einigem Stolz in der Stimme, dass sie mittlerweile fast in der gesamten Klinik eine ?Gefangene? war. »Die Schwestern haben Anweisungen, mich immer an den Rollstuhl zu fixieren, und wenn ich frei habe, dann lege ich mir den Handschuh an. Das ist aber eher selten.«

Maria war verwundert darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit Sarah sich in der Klinik bewegte und mit welcher Ehrfurcht sie behandelt wurde, beim Aufhalten der Türen oder Benutzen des Fahrstuhls.


»Was möchtest du essen?« Sarah warf einen Blick auf die Tafel, die in der Klinik-Cafeteria ausgehängt war.

Maria war verunsichert. Sie blickte etwas auf die Riemen vor ihrer Brust, die ihre nicht vorhandene Armfreiheit andeuteten.

»Überlass das nur mir.« Sarah lachte. »Joe macht das hervorragend.«

»Stets zu Diensten, Prinzessin.« Ein offensichtlich aus Südamerika stammender junger Mann war an ihren Tisch getreten. »Das ist deine neue Freundin?« Er verbeugte sich sowohl vor Sarah als auch vor Maria.

Maria hatte trotzdem keine Idee, was sie essen wollte, zumal sie bei einigen Einträgen auf der Tafel nicht einmal wusste, was es sein würde.

»Machst du uns etwas Leichtes?« Sarah ahnte, dass sie Maria die Wahl abnehmen musste.

Joe machte sich gleich darauf in der Küche zu schaffen. Es waren Mixergeräusche zu hören.

Gleich darauf servierte er das Essen. Für Sarah gab es einen Beutel, denn er an Sarahs Schlauch anschloss, und für Maria hatte er ein großes Glas mit Strohhalm vorbereitet. »Guten Appetit.«

Als Maria sehr schüchtern aus dem Strohhalm zu ziehen begann, merkte sie doch, wie hungrig sie doch war. Erst nach einiger Zeit realisierte, was sie hier gerade machte.

Als sie sich umblickte, erkannte sie, dass auch noch andere Patientinnen vor Strohhalmen saßen. Manche trugen Schienen, andere hatte einen Arm in Gips. Aber es gab auch Frauen, die noch über ihre Arme verfügten und trotzdem den Strohhalm benutzten.

Sarah war Marias Blick gefolgt. »Das ist Joes Spezialität.« Sie blickte kurz zur Theke. »Seine Mittagsdrinks sind legendär.«

Mixergeräusche aus der Küche zeigten an, dass Joe wieder dabei war, eine Mittagsportion in einen Drink zu verwandeln.

Maria nahm den Strohhalm zur Hand. »Er ist etwas dicker als normal.«

»Natürlich.« Sarah grinste. »Sonst wäre es zu mühsam mit dem Ansaugen.«

* * *

»Lass uns in den Park gehen«, schlug Sarah vor, nach dem Joe abgeräumt hatte. »Da bin ich gern, denn dort kann ich noch ganz unbeschwert sein.«

Maria war aufmerksam genug, um den deutlichen Unterton zu hören. Doch noch fühlte sie keinen Grund, um nachzuhaken. Sie hatte Mühe, der Prinzessin hinterher zu gehen.


»Ich kriege bei fast jeder Behandlung einen Orgasmus.« berichtete Sara recht freizügig. »Am Abend bin ich dann immer sehr müde und schlafe schnell ein.« Die Stimme der Prinzessin klang sehr schwärmerisch.

»Hast du einen Freund?« Maria fand die Frage passend. Erst danach erinnerte sie sich daran, dass sie diese Frage eigentlich schon gestellt hatte.

Doch zu Marias Entsetzen blieb Sarah stehen und schaute sie mit traurigen Augen an. »Ich bin versprochen«, ließ sie erst nach einer Weile hören. Es schien, als hätte sie erst abwägen müssen, wie viel sie Maria erzählen sollte.

»Und das bedeutet genau was?« Maria fand es sehr faszinierend, an dem Leben einer echten Prinzessin teilhaben zu dürfen.

»Für mich wurde ein Ehemann ausgesucht, ich muss ihn heiraten.« Sie betonte das Wort ?muss? so stark, dass Maria nachhakte.

»Du magst ihn nicht?« Maria versuchte Einfühlungsvermögen zu zeigen.

Sarah erzählte von einem Zusammentreffen mit ihrem Verlobten. Nur durch einen dummen Zufall hatte sie gesehen, wie er seinen Diener sehr verliebt geküsst hatte. »Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.«

Maria hatte die Zusammenhänge noch nicht verstanden. »Dann kannst du ihn ja gar nicht heiraten.«

Sarah blieb stehen und blickte Maria seltsam an. »Du verstehst das nicht. Wir sind Hochadel, ich muss ihn heiraten.«

»Aber wenn er doch...« Maria schluckte. »Aber wenn er dich doch nicht lieben kann?«

»Offiziell ist natürlich alles in Ordnung.« Sarahs Stimme war sehr traurig. »Seine Neigung wird totgeschwiegen. Homosexualität gibt es im Hochadel nicht.«

»Und was ist mit deinem künftigen Schwiegervater?« Maria begann langsam die wahre Situation der Prinzessin zu verstehen.

»Ich weiß nicht,« Sie seufzte und ihre Stimme wurde etwas leiser. »Entweder ist der Herzog total blind oder er will es einfach nicht wahr haben. Er möchte mich unbedingt als Schwiegertochter. Seinetwegen bin ich ja eigentlich auch hier.«

Maria blickte Sarah neugierig an. »Nun erzähl schon.«

Sarah ging recht zielstrebig auf einer der vielen Parkbänke zu und nahm Platz. Sie wartete, bis Maria sich ebenfalls gesetzt hatte und für ihre Arme eine einigermaßen bequeme Haltung gefunden hatte.

»Kennst du die Legende der Affen auf Gibraltar?« Sie blickte Maria fragend an.

»Die Briten können Gibraltar nur so lange halten, wie die Affen dort auf dem Felsen leben.« Maria gab wieder, was sie vor kurzem erst im Geschichtsunterricht erfahren hatte.

»In der Familie Breganza gibt es eine ähnliche Sage. Solange es in der Familie eine Frau gibt, die das Gebet auf dem Rücken tragen kann, wird es der Familie gut gehen.« Sie ließ ihre Worte ein wenig wirken. »Die letzte Frau, die es konnte, ist in den Zwanzigerjahren gestorben. Bald darauf kam die Weltwirtschaftskrise.«

»Aber das ist doch Quatsch.« Maria war zunächst über solchen Aberglauben empört. Doch dann realisierte sie, dass ihre Worte auch verletzend wirken könnten. »Bitte entschuldige, ich habe nur laut gedacht.«

»Du hast natürlich Recht, es ist Quatsch.« Sie seufzte tief. »Aber mein zukünftiger Schwiegervater ist besessen von der Idee, dass es mit seiner Familie wieder aufwärts gehen könnte, wenn ich die Erbin dieser Tradition werde.«

Maria hielt den Atem an.

»Er hat mich in der Hand.« Es fiel Sarah schwer, über diesen Teil ihrer Vergangenheit zu reden. »Bald nach meiner Geburt wurde ich der Herzogsfamilie versprochen. Und bei uns ist so etwas wie ein Gesetz.« Sie seufzte. »Mir gehören große Ländereien, die die Besitzungen der Breganzas gut ergänzen würden.«

Maria war ein gewisser Unterton aufgefallen. »Wo ist der Haken?«

»Der Herzog hat schon früh dafür gesorgt, dass mein Vater die Ländereien mir überschrieben hat.« Sie seufzte wieder. »Dann hat er ihn zu Börsenspekulationen verleitet.«

»Was ist passiert?« Maria ahnte, dass nichts Gutes kommen würde.

»Der Börsencrash.« Sarahs Stimme ließ viel Bitterkeit erkennen. »Er hat all sein Geld verloren.« Sie legte ihren Kopf auf Marias Schulter. »Er hat die Schande nicht ertragen.«

Maria spürte, dass Sarah bei ihr Halt und Trost suchte. Sie versuchte ein Streicheln, so wie sie so oft Paul gestreichelt hatte.

Sarah schien dies zu trösten. »Ich bin oft an seinem Grab.«

»Und deine Mutter?« Maria war erleichtert, dass die Prinzessin ihren Trost annahm.

»Die hat sich in eine einfache Stadtwohnung zurückgezogen und möchte von der Welt draußen nichts mehr wissen.«

Maria schwieg. Sie begriff, dass die Klinik für die Prinzessin so etwas wie eine neue Heimat geworden war.

»Ich kann es bislang nicht beweisen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er bei der Börsengeschichte die Finger im Spiel gehabt hat.« Sarah richtete sich wieder auf und seufzte noch einmal. »Er hat meinen Vater in den Tod getrieben.«

»Aber du fühlst dich hier in der Klinik wohl?« Maria wollte ihre Vermutung überprüfen.

»Hier habe ich mein Paradies.« Sarah verstand sofort, auf was Maria anspielte. »Ich lebe hier meinen Traum der gefangenen Prinzessin«, sie zeigte ihre Arme im Mono, »und ich komme bei fast jeder Behandlung, die er mit deiner Mutter ausgehandelt hat.«

Maria brauchte einige Zeit, bis sie den vollen Inhalt dieser Aussage begriffen hatte. Gleichzeitig erwachte auf einmal eine große Verbundenheit zu Sarah, denn sie begriff, dass sie beide ähnlich dachten. Auch Maria war es bisher so ergangen, dass sie bei den Behandlungen oft gekommen war, und auch sie hatte bisher stets ein schlechtes Gewissen deswegen gehabt. Erst Sarah zeigte ihr, dass es nicht falsch war, es zu genießen.

»Ich will ihn ja auch heiraten.« Sarahs Stimme klang jetzt fast etwas trotzig. »Wir Mädchen aus dem Hochadel wurden von je her so erzogen, dass wir gewisse Pflichten zu erfüllen haben und dafür Opfer bringen müssen. Doch ich hatte nie gedacht, wie groß dieses Opfer sein würde.«

Maria ging für einen kurzen Moment durch den Kopf, dass an ihrem Prinzessinnentraum doch einiges »richtig« war. Doch sie schwieg.

»An sich ist er ja ganz nett. Aber ich habe solche Angst vor ihm.«

Beide Mädchen schwiegen eine Weile. Sarah hing ihren Gedanken nach und Maria grübelte darüber, vor was die Prinzessin genau Angst hatte.


»Ich habe hier in der Klinik mein Paradies gefunden.« Sarah schwärmte. »Und weil der Herzog glaubt, dass keine Fortschritte da sind, wird es von Mal zu Mal strenger für mich.« Sie lächelte. »Zuletzt hat er eine Gefährtin für mich verlangt.«

Maria begriff erst nach einiger Zeit, dass sie damit gemeint war.

Sarah hatte Marias Einsicht bewusst abgewartet. »Ich finde dich toll, so wie du den Handschuh tragen kannst. Warum bist du eigentlich hier?«

»Ich muss das Gebet auch trainieren.« Maria freute sich, dass die Prinzessin auch für sie Interesse zeigte. Sie gab einen Überblick über das Katerinenfest und was sie bisher so erlebt hatte. Natürlich erwähnte sie auch Paul und das Wochenende auf der Hütte.

Nur bei dem Gedanken an ihre »schöne Nacht« war Maria etwas unentschlossen. Ob die Prinzessin dafür Verständnis haben würde? Sie war sich nicht sicher, deswegen behielt sie es erst mal für sich. Doch etwas anderes traute sie sich zu fragen. »Das große Korsett in unserem Zimmer, das ist deines?«

»Ja, das ist meines.« Sarah seufzte leicht. »Es passt in keinen der Schränke hier.«

Nur am Rande fragte sich Maria, wie wohl die Schränke der Prinzessin aussehen würden, wenn sie Platz für so ein Korsett boten. »Es sieht sehr streng aus.«

»Das sieht nur so aus.« Sarahs Stimme klang fast etwas verächtlich. »Es ist nur das leichte Trainingskorsett.«

Maria wunderte sich. »Leicht?« Sie keuchte etwas. Ihr Korsett daheim war nicht so streng.

»Nun ja, hier sind die Arme noch frei...« Sie blickte sich etwas schüchtern um. »Und die Füße lassen sich auch frei bewegen.«

Maria wunderte sich. Unter ´Frei Bewegen´ hatte sie bisher etwas anderes verstanden.

»Es war eines der Verlobungsgeschenke.« Wieder blickte sich die Prinzessin scheu um. »Aber es passt mir nicht.«

Maria fand keine Worte.

»Es wurde nur nach einem Foto von mir angefertigt. Es sollte ja eine Überraschung sein.« Sie seufzte. »Die Familie ist sehr korsettvernarrt. Die Tochter soll sogar eines aus Metall haben. Aber ich habe es bisher noch nicht zu Gesicht bekommen.«

»Ich soll ja auch ein neues Korsett bekommen«, berichtete Maria von den Plänen für sie selbst. »Aber so streng wird es nicht sein.«

»Für meine Hochzeit ist noch ein viel strengeres Korsett geplant.« Sarah stöhnte ein wenig. »Dort sind auch die Arme und die Füße mit eingeschnürt.«

»Das ist doch unmenschlich!« Maria war ein wenig empört.

»Findest du?« Sarah schaute ein wenig verwundert. »Ich freue mich schon darauf. Wenn ich da drin bin, dann kann mir nichts passieren.« Sie zögerte etwas. »Vorausgesetzt, es passt.«

Maria hakte nach.

»Das Korsett im Zimmer haben sie ja nur nach einem Foto angefertigt.« Sie verdrehte die Augen.

Maria war mehr als verwundert. »Ich wurde bisher immer komplett eingegipst, damit sie die genaue Körperform haben.«

»Es hängt wohl auch mit dem Dresscode zusammen, der bei uns üblich ist.« Sarah streckte ihre Arme ein wenig. »Es ist nicht schicklich, seine Arme zu zeigen. Ein Venuskorsett zu tragen gilt als äußerst vornehm. Aber das hat schon lange keine Frau mehr zustande gebracht.«

Maria war der Widerspruch aufgefallen. »Der Herzog setzt deswegen große Stücke auf dich. Und dass obwohl sein Sohn einen Freund hat. Weiß er das nicht?«

»Ich glaube, er will es nicht wahr haben.« Sie seufzte laut. »Er nimmt es einfach nicht zur Kenntnis. Für ihn bin ich die perfekte Schwiegertochter.«

Maria war fassungslos wegen solcher Ignoranz. »Er setzt sein Glück vor alles andere.«

»Das Glück der Familie.« antwortete Sarah mit einem Unterton, der Maria dazu brachte, das Thema zu wechseln. Sie spürte, dass sie kurz davor war, in ein großes Fettnäpfchen zu treten.

* * *

Als die Schwester bald nach dem Abendessen ins Zimmer kam und zielstrebig die Decke von Sarahs Bett nahm, kam ein S-Fix zum Vorschein. Maria erstarrte.

Die Prinzessin bemerkte Marias Verunsicherung sofort. »Er hat das angeordnet.«

Maria dachte kurz darüber nach, ob sie ihren zukünftigen Mann oder dessen Vater meinte; doch dann war ihr klar, dass nur der Schwiegervater gemeint sein konnte.

»Meine Glieder schlafen nicht ein, aber ich bin völlig hilflos.« Sarah hatte Marias sorgenvollen Blick bemerkt und wollte sie beruhigen. »Ich kann mich aber trotzdem noch bequem bewegen und gut schlafen.«

Maria war etwas neidisch. Sie hatte zwar in der Hütte auch in einem S-Fix schlafen dürfen, aber sie war an dem Abend so müde gewesen, dass sie sofort eingeschlafen war und am nächsten Morgen war sie gleich nach dem Erwachen wieder befreit worden. So richtig spüren konnte sie es bisher eigentlich nicht. Sie sah sehr fasziniert zu, wie Sarah im S-Fix auf dem Bett fixiert wurde.

Plötzlich war ein leises Brummen zu hören. Sarah war zunächst etwas erschrocken. »Ich habe das nicht abbestellt.« Sie keuchte schon ein wenig.

Maria begriff die Situation sehr schnell. Sie ahnte, dass die Prinzessin sich wohl etwas schämte, in ihrer Gegenwart zum Orgasmus gezwungen zu werden.

Maria fragte sich, wie sich an ihrer Stelle wohl reagieren und erwarten würde. Sie beschloss, einfach ruhig zu sein und so zu tun, als wäre nichts. Doch insgeheim war sie von dem Leben der Prinzessin sehr fasziniert und versuchte sogar, sich an ihre Stelle zu träumen.

366. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Eins

geschrieben von colonytzan am 24.02.16 16:13

hi gag_coll:

The chapter is wait more time
hope contunus chapter is short time to see
and weiter hoffen "Schreib Neue Rosen und alte Dornen"

Danke vielmals
367. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 24.02.16 22:34

Huhu Gag-Coll

Eeeeeendich gehts weiter. Ich denke, ich spreche auch für alle anderen, die Geduldig auf den nächsten Teil warten, einen RIESEN Dank aus.

Ich hoffe nur, dass es für die Prinzessin eine Wendung gibt.
Aber auf der anderen Seite erkennt Maria auch, dass das Leben einer Prinzessin nicht nur Friede Freude Eierkuchen ist. Das ist für sie eine Wichtige Lektion schätze ich. Aber wir werden abwarten, wie es weiter geht.

mit fesselndem Gruß

Eure Kami
368. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 24.02.16 23:53

Juhuu!!!!!!!!!!!!!!!!


Es geht weiter.Vielen Dank.
Ich wünsch den beiden viel Glück.Vieleicht findet die Prinzessin ja doch noch ihr Glück und der Herzog krieg seine gerechte Strafe wenn es stimmt das er den Vater der Prinzessin in den Ruin und Tod getrieben had.

Auf alle Fälle freu ich mich schon auf die Fortsetzung.
Bitte,Bitte laß uns nicht wieder so lange warten.

mfg Wölchen
369. RE: Maria

geschrieben von pfeffer am 26.02.16 15:03

Die lange herbeigesehnte Fortsetzung – und das Warten hat sich gelohnt.
Die Prinzessin ist mit ihrem Schicksal ein interessanter Charakter. Bin gespannt, wie dieses Drama enden wird.
370. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 26.02.16 16:50

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Donnerstag, 26. August 1984

Als Maria erwachte, war Sarah schon wach und hatte auch ihre Morgenhygiene schon beendet. Als sie den verschlafenen Blick ihrer Zimmergefährtin bemerkte, wünschte sie ihr einen guten Morgen.

Maria erwiderte den Gruß. Sie wunderte sich ein wenig über die Hektik, doch traute sich nicht, eine Frage zu stellen.

»Ich habe heute wieder die Eiserne Lunge fast über den ganzen Tag.« erklärte Sarah und blickte auf die Schwester, die gerade den Raum betrat. Dann ging sie zu ihrem Rollstuhl und nahm darauf Platz. Sie achtete darauf, Arme und Beine gleich so zu positionieren, dass sie sofort festgeschnallt werden konnte.

»Frühstück!« Schwester Betty strahlte irgendwie gute Laune aus. Doch als ihr Blick auf Maria fiel, wurde sie verlegen. »Für sie ist aber kein Frühstück vorgesehen«, berichtete sie, nachdem sie einen Zettel aus ihrem Kittel gezogen hatte und kurz darauf geschaut hatte.

Maria war nur in der ersten Sekunde enttäuscht, dann fiel ihr ein, dass ihre Mutter sie heute zu ihrem Mutter-Tochter-Tag abholen würde. Und dieser Tag begann stets mit einem ausgiebigen Frühstück in dem kleinen Lokal um die Ecke.

Doch was so großartig als Frühstück angekündigt war, entpuppte sich als ein weißer Beutel, der von der Schwester einfach nur neben Sarahs Bett gehängt wurde und dann mit dem Schlauch verbunden wurde, der in Sarahs Nase führte. Danach kniete sich die Schwester vor den Rollstuhl und ohne ein weiteres Wort zu sagen, schloss sie die Riemen um Sarahs Arme und Beine.

Maria schaffte es nicht, ihre Verwunderung zu verbergen. »Warum...?« begann sie schüchtern zu fragen.

Die Schwester überzeugte sich noch davon, dass der Beutelinhalt sich auf den Weg machte, streichelte der Prinzessin noch einmal über den Kopf, dann verließ sie wieder das Zimmer.

»Ich habe mir das so gewünscht, weil ich dann bei meine Behandlungen nicht für das Essen unterbrechen muss.« Sie lächelte verlegen, als sie Marias zweifelnden Blick sah. »Fürs Frühstück wäre es natürlich nicht nötig.« fügte sie hinzu. Dann wurde ihre Stimme etwas leiser. »Aber finde ich es sehr faszinierend, dass ich darauf keinen Einfluss mehr habe und es ohne mein Zutun passiert.«

Ein Lächeln glitt über Marias Gesicht. Sie musste an Christine denken, die auf der Hütte Ähnliches geäußert hatte.


Es klopfte und gleich darauf betrat Marias Mutter das Zimmer. Sie begrüßte zunächst Sarah, dann wandte sie sich an ihre Tochter. »Bist du fertig?«

Maria ging zum Schrank und holte sich ihre Jacke heraus, dann sah sie ihre Mutter verlegen an.

Frederike musste lächeln. So sah Maria jedes Mal aus, wenn sie sie zum Mutter-Tochter-Tag abholte. Sie schob jedesmal ein schlechtes Gewissen vor sich her, weil sie sich nicht immer an die Vorgaben ihrer Mutter gehalten hatte.

Diesmal war es besonders schlimm, weil sie sich auf der Hütte mehr als hatte gehen lassen. Und dann war da natürlich auch noch Paul.

»Sebastian hat mir alles erzählt.« Sie streichelte ihrer Tochter über den Kopf. »Ich bin sehr stolz auf dich.«

Marias Miene entspannte sich ein klein wenig, doch dieses Mal gab noch mehr zu beichten.

»Lass uns gehen.« schlug Marias Mutter vor.

»Einen schönen Tag.« wünschte Sarah.

Die beiden Frauen bedankten sich. Maria wunderte sich einen Moment lang, dass ihre Mutter Sarahs Fixierung überhaupt nicht zu bemerken schien. Doch dann ging ihr durch den Kopf, dass Sarah mit ihren Wünschen ja schon länger in der Klinik verweilte.

* * *

Das Cafe war keine zwei Autominuten von der Klinik entfernt. Frederike ging dort sehr gern hin, weil die Eigentümer deutsche Wurzeln hatten und sie dort auch einmal das eine oder andere Wort Deutsch hörte.

Der Chef persönlich empfing sie und führte sie zu einem Tisch am Fenster. »Ich halte ihn immer für sie frei«, flunkerte er höflich. »Heute mit der kleinen Schwester?« Natürlich kannte er Maria, aber er liebte es, solche Komplimente zu machen.

Mutter und Tochter blickten ihn lächelnd an, dann gaben sie ihre Bestellung für das Frühstück auf.


»Ich habe lange mit Sebastian telefoniert und er hat mir erzählt, was du alles gemacht hast, mein kleines Ponygirl.« Sie strich ihrer Tochter über den Kopf. »Ich wusste gar nicht, dass dir so etwas gefällt.«

»Das wusste ich auch nicht.« lächelte Maria. Sie war erleichtert, dass ihre Mutter ihr anscheinend nicht böse war. »Nach den ersten Schritten kam es mir vor, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Und als Paul mich dann in die Arme genommen hat...« Sie erschrak, denn auf einmal wurde ihr bewusst, dass sie ihren Freund auch noch zu beichten hatte. Sicher hatten Mrs. Potter und Sebastian ihn erwähnt, aber es zu erzählen, während sie ihrer Mutter in die Augen blickte, war doch noch etwas anderes. Sie ärgerte sich ein wenig, dass sie jetzt schon davon angefangen hatte.

Doch zu ihrer Erleichterung ging ihre Mutter gar nicht darauf ein. »Wie hat dir das Vakuumbett gefallen?«

Maria war verblüfft. Sebastian hatte scheinbar wirklich alles erzählt. Sie zögerte mit der Antwort.

»Es gäbe da nämlich eine neue Behandlungsmethode, die der Herzog für euch angefordert hat.« Frederike hatte auch ein schlechtes Gewissen, weil sie dies schon zugesagt hatte.

Doch auf einmal wurde Maria ernst. »Wir hatten eine Vereinbahrung.« Sie war etwas enttäuscht, ihre Mutter erst wieder daran erinnern zu müssen, dass ihre anstehenden Behandlungen auf ihrem gemeinsamen Tag tabu waren und sie nicht darüber sprechen wollten.

Frederike fühlte sich ertappt. »Du hast recht, entschuldige bitte.« Sie lächelte verlegen. »Wie hat es dir auf der Hütte gefallen?«

»Es war...« Sie zögerte etwas und suchte nach dem passenden Wort. »Es war faszinierend.« Das war zwar nur die halbe Wahrheit, doch Maria hatte immer noch Probleme damit, zu verarbeiten, wie heftig sie auf die einzelnen »Spiele« reagiert hatte und wie sehr sie die Atmosphäre auf der Hütte in den Bann gezogen hatte. Sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie an dem Wochenende gekommen war, doch fast immer war es in Pauls Armen und oder zumindest in seiner Gegenwart. Sie spürte, wie sie gegen ihren Willen rot wurde.

»Du liebst ihn sehr?« Frederike bemühte sich, wie die beste Freundin zu klingen und nicht wie die besorgte Mutter.

Maria hob ihren Kopf und sah ihre Mutter ins Gesicht. Langsam öffneten sich ihre Lippen.

»Das Frühstück, meine Damen.« Der Chef war mit einem Tablett an ihren Tisch getreten und begann zu servieren.

Maria war froh, dass ihr die Antwort auf die Frage nach Paul erst einmal erspart blieb. Doch insgeheim ahnte sie, dass diese Beichte vielleicht doch leichter werden würde als sie ursprünglich gedacht hatte.

»Das hier ist das einzige Lokal, wo es richtige Brötchen gibt.« Frederike blickte den Chef dankbar an.

»Wir backen die selbst.« Der Chef lächelte. »Aber selbst die richtigen Zutaten zu bekommen ist hier nicht einfach.« Er freute sich über das Lob und die Wertschätzung. »Ich wünsche ihnen guten Appetit.«

Maria und ihre Mutter bedankten sich, dann machten sie sich über das Frühstück her.


»Diese Ernährung mit der Magensonde hat mich sehr fasziniert.« Maria sprach ihre Gedanken aus, nach dem sie ihren ersten Hunger gestillt hatte. »Christine sah so glücklich aus. Und Sarah ebenfalls.«

»Ich wollte es ja erst nicht glauben, aber Sebastian hat dich sehr gut eingeschätzt.« Sie legte sich noch ein Brötchen auf ihren Teller. »Die Magensonde ist eigentlich etwas sehr Demütigendes, und um das gut zu finden, muss man schon eine gewisse Veranlagung mitbringen.«

»Du würdest es erlauben?« Maria glaubte einen gewissen Tonfall bei ihrer Mutter entdeckt zu haben.

»Jetzt sprichst du aber von deinen Behandlungen.« ermahnte sie Frederike.

Maria lächelte etwas verlegen.

»Ist ja kein Problem.« Ihre Mutter lachte. »Jetzt möchte ich es aber auch sehen.«

»Was denn?« Maria war etwas verwundert.

»Na, dein Gebet auf dem Rücken, von dem Sebastian so geschwärmt hat.« Frederike strich ihrer Tochter noch einmal über den Kopf. »Er sagt, ich könne sehr stolz auf dich sein.«

Marias Blick zeigte zunächst einmal deutlich ihr schlechtes Gewissen. Sie zögerte mit der Antwort.

»Ich kenne Margarete nicht, aber Sebastian hat mir versichert, dass sie eine hervorragende Ärztin ist. Sie hätte nie zugelassen, dass ihr euch oder eure Gesundheit gefährdet.«

Maria war immer noch etwas wie gelähmt.

»Führe es mir doch bitte einmal vor.« bat Frederike ihre Tochter.

Maria musste erst einmal verarbeiten, was sie gerade von ihrer Mutter erfahren hatte. Doch dann legte sie ihre Arme auf den Rücken und nahm die Position des Backprayers ein, soweit sie es für diese doch sehr unnatürliche Haltung selbst konnte.

Die Mutter war im ersten Moment sprachlos. Sehr vorsichtig glitten ihre Finger über die Arme ihrer Tochter und drückten sie sanft zusammen und nach oben. Marias Ellenbogen berührten sich. »Das wäre das Ergebnis der ersten Woche.« Wieder streichelte sie ihre Tochter. »Wir könnten das jetzt etwas entspannter angehen.«

Maria war trotz ihrer Anspannung der Unterton in den Worten ihrer Mutter nicht entgangen. ´Könnten?´ fragte sie mit einigem Zittern in der Stimme, als sie den veränderten Gesichtsausdruck ihrer Mutter bemerkte.

Frederike ärgerte sich. Sie wollte es ihrer Tochter eigentlich erst später und etwas behutsamer beibringen. Doch vielleicht war die Schockmethode in diesem Fall sogar besser. »Dieser neue Investor ist schuld.« ihre Stimme war leise und Maria hatte fast Probleme, zuzuhören. »Und dann war der Herzog da und hielt mir den Scheck unter die Nase.«

»Was hast du gemacht?« Maria war entsetzt, denn diese Stimmung hatte sie bei ihrer Mutter noch nie so deutlich gesehen.

»Ich habe dich verkauft.« Frederike hielt den Blick gesenkt. Sie schaffte es nicht, ihrer Tochter ins Gesicht zu sehen. »Ich wollte es dir erst später sagen, doch der Herzog bezahlt mich dafür, dass du und seine Schwiegertochter genau gleich behandelt werden. Er ist mit ihren bisherigen Leistungen nicht einverstanden.«

Maria hatte ganz etwas anderes befürchtet. Jetzt war sie gerade zu erleichtert. »Ich werde auch so festgeschnallt und bekommen so eine Sonde?«

Frederike war noch vollkommen in ihrem schlechten Gewissen gefangen. »Ich habe ihm gesagt, dass ihr zwei völlig unterschiedliche Vorraussetzungen habt und dass es überhaupt nicht sinnvoll ist, doch er wollte es nicht hören.«

Maria schob ihre Vorfreude beiseite, denn sie spürte, dass es für die Skrupel ihrer Mutter gewichtige Gründe geben musste. »Was ist passiert?« Sie wusste zwar immer noch nicht, was los war, aber sie ahnte, dass es etwas wichtiges sein musste.

»Der neue Investor...« ihre Mutter schluchzte fast. »Diese unfähige Verwaltungsdirektor... Ich muss alles selbst bezahlen.«

Maria ergriff die Hand ihrer Mutter und begann sie zu drücken. »Jetzt erzähl doch mal von vorn.« Insgeheim war sie ein wenig erleichtert, dass ihre Mutter auch große Probleme hatte. So wurden ihren Sorgen wegen Paul etwas in den Hintergrund gedrängt.

Frederike wischte sich mit der freien Hand ihre Tränen weg, dann begann sie zu erzählen. Sie berichtete von dem Verwaltungsdirektor, durch dessen Fehler und Versäumnisse die Klinik in eine gewaltige Schieflage geraten war. »Durch einen Fehler in unserer Satzung war es dem Investor möglich, die Klinik aufzukaufen.« Sie seufzte. »Wir waren alle wie vor den Kopf gestoßen.«

Maria streichelte die Hand ihrer Mutter und war entsetzt über die Lage, in der sie sich im Moment befand.

»Es ist jetzt nicht mehr meine Klinik, sondern ich habe nur noch die medizinische Leitung.« Sie seufzte wieder. »Immerhin konnte ich ihn durch meine bisherigen Leistungen überzeugen.«

»Wie lange ist das her?«

»Gerade mal eine Woche.« Frederike seufzte. »Ich war bei ihm und er hat mir die medizinische Leitung gelassen, weil er von mir überzeugt ist. Aber meine privaten Projekte muss ich ab sofort selbst bezahlen.«

Natürlich hatte Frederike sofort das Konsortium informiert und sie versprachen, sich darum zu kümmern, doch sie wusste aus der bisherigen Erfahrung, dass dies lange dauern würde. Doch von dem Konsortium wollte sie ihrer Tochter nichts berichten, zumindest jetzt noch nicht. »Ich hatte schon überschlagen, was das ungefähr kosten würde, als auf einmal der Herzog vor mir stand und mir einen Scheck unter die Nase hielt, auf dem die zehnfache Summe stand. Dafür muss ich euch beide gleich behandeln.«

Maria begriff auf einmal, was die Worte bedeuteten. Und sie war zwiegespalten. Sicher, ihre Mutter hatte sie quasi an den Herzog verkauft und darüber müsste sie eigentlich erbost sein. Doch gleichzeitig erkannte sie, dass ein erst vor kurzem entstandener Traum dabei war, sich zu erfüllen. Sie würde an dem Leben der Prinzessin teilhaben und sie würde genauso streng behandelt werden.

»Ich werde mich opfern.« war schließlich ihre salomonische Antwort, denn sie hatte erkannt, welch eine faszinierende Zeit in diesem Fall vor ihr liegen würde. Sie seufzte etwas übertrieben und hoffte, dass ihre Mutter ihr das »Opfer« abkaufen würde. Sie wusste, dass eine schöne Zeit vor ihr lag. Natürlich würde es schöner sein, wenn Paul da wäre, doch das konnte sie unmöglich verlangen. Sie begann ihrer Mutter über ihren Freund zu erzählen.


»Freust du dich schon auf das ´erste Mal´«, Frederike hoffte, dass sie so von dem ihr etwas unangenehmen Thema ablenken konnte. Dass sie damit bei Maria mittlerweile offene Türen einrannte, ahnte sie nicht.

»Wie denn?« Maria spielte die Empörte. »Noch trage ich doch diesen schönen Schutzgürtel.« Der Sarkasmus in diesem Moment war grundehrlich.

»Vom Programm her wäre es ja vorgesehen.« Frederike übersah den Einwand. Sie hatte es nicht erhofft, dass diese Möglichkeit schon so früh zur Verfügung stehen würde. »Jetzt möchtest du aber sicher erst Mal das Fest gut spielen.«

»Du hast recht.« Maria war über den Themenwechsel ebenfalls dankbar. »Die Prinzessin sollte nicht an ihren eigenen Vorteil denken.« Sie ertappte sich dabei, dass sie sich mit Sarah verglich, die allerdings ein viel größeres Opfer zu bringen hatte.

»Ich möchte noch einmal auf die Hütte zu sprechen kommen.« Frederike blickte ihre Tochter gespannt an. Es reizte sie, das Programm mit dem Thema zu verknüpfen, welches ihre Tochter gerade zu entdecken schien. »Wie gefällt dir ´Bondage´«?

Sie selbst kannte diese Spielart zwar, konnte ihr aber nicht so viel abgewinnen. Natürlich lag es vor allem daran, dass sie seit dem Unfalltod ihres Mannes keinen Partner mehr hatte, dennoch war sie sich der erotischen Wirkung auf Frauen natürlich bewusst. Spätestens als Maria mit 15 ihr erstes Korsett verlangte und bekam, war ihr als Mutter klar, was sich da entwickle würde.

Maria verschluckte sich und musste erst ein wenig husten, bevor sie antworten konnte. Das gab ihr aber Zeit, über ihre Worte nachzudenken, denn sie fühlte, dass es eine wichtige Frage war. »Ich war von dem Handschuh immer schon fasziniert, auch wenn ich ihn mehr als einmal verflucht habe. Die Hütte hat mir die Augen geöffnet.« Sie beschrieb, dass sie der spielerischen Hilflosigkeit sehr viel Lust abgewinnen konnte. »Ich hatte eher Schwierigkeiten, meinen Gefühlen zu vertrauen. Das Schönste überhaupt war das Vakuumbett...« Sie schloss kurz die Augen. »Seine Hände waren überall und ich musste es hinnehmen und genießen.«

»Sebastian war von euch auch sehr beeindruckt.« Frederike lächelte.

»Das Lebendig Begraben Werden hätte mir nicht gefallen«, lächelte Maria. »Aber es war ja alles freiwillig.«

»Wie wäre es, wenn wir aufbrechen?« Frederike winkte dem Ober. »Ich habe noch eine Überraschung für dich.«

* * *

Sie waren eine knappe halbe Stunde mit dem Auto unterwegs, als Frederike auf einen Parkplatz einbog. »Ich hoffe, es gefällt dir. Ich habe es erst vor kurzem entdeckt.«

Maria blickte sich verblüfft um. Es sah aus wie in den Alpen am Ufer eines Sees. »Wie daheim.«

»Lass uns ein wenig spazieren gehen.« schlug die Mutter vor. »Dort drüben haben sie ein »Bayrisches« Restaurant aufgemacht. Mit typisch bayerischen Gerichten.« Sie zählte auf. »Wiener Schnitzel, Hamburger und Thrüringer Bratwurst.«

Maria lachte.

»Aber der Schweinebraten ist für amerikanische Verhältnisse wirklich gut.« Sie öffnet die Tür und stieg aus.

Maria stieg ebenfalls aus und blickte sich verblüfft um. »Hier sieht es wirklich aus wie daheim.«

»Hier komme ich oft her, wenn mich die Sorgen zu sehr plagen.« Sie seufzte ein wenig. »Es lässt mich vergessen, wie weit ich von unserer Heimat entfernt bin.«

Maria seufzte nur etwas. Sie vermisste ihre Mutter auch sehr.


Einen Großteil des Weges gingen sie schweigend nebeneinander her. Beide waren ihre »großen Brocken« schon losgeworden und jetzt genossen sie die Nähe des jeweilig anderen.

Nach einiger Zeit begann Maria, ein wenig vom Katerinenfest zu berichten. Sie erzählte von den Ketten, die sie jetzt besaß und vor allem behalten durfte. Als ihre Mutter nachfragte, berichtete sie von den aufregenden Momenten in der Schmiede. Von Doris war sie besonders fasziniert, weil diese von ihrem dominanten Freund in Ketten gefangen gehalten wurde. »Sie war von der Probe so begeistert, weil sie dort ihre Ketten einmal zeigen durfte.«

Frederike hörte aufmerksam zu, auch wenn ihre Tochter von Dingen berichtete, die eine Mutter eigentlich lieber nicht hören wollte.

»Stell dir vor, sie übernachtet in einem Käfig, und nur ein Wachssiegel hält sie darin gefangen.« Marias Stimme zeigte ihre Faszination.

»Warum denn das?« auch Frederike begriff die Zusammenhänge nicht sofort.

»Sie wohnen über der Schmiede, und dort ist offenes Feuer. Viel zu gefährlich.« Maria gab die Argumentation wieder. »Schließlich hatte die Mutter die rettende Idee.«

Frederike hielt innerlich die Luft an. Die Parallele war viel zu deutlich.

»Sie hatte erkannt, dass es für ihre Tochter sehr wchtig war, von ihrem Freund gefangen zu sein.« Marias Stimme zitterte ein wenig. »Sie hatte die Wünsche wie auch das Wohl ihrer Tochter im Auge. Von ihr war die Idee mit dem Wachssiegel.« Sie beschrieb, dass Doris auf diese Weise sicher gefangen war und sich im Notfall doch ganz leicht befreien konnte.

»Ich habe auch immer von dem Fest geträumt.« Frederike übersah die Anspielungen ihrer Tochter. »Ich bin unheimlich stolz auf dich.« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Ich wollte immer die Prinzessin sein. Doch jetzt bist du es.«

Maria wusste ob dieser so unerwarteten Offenbahrung ihrer Mutter keine Antwort. Sie schwieg.

»Wer weiß eigentlich von der Originalhaltung?« Frederike gab sich neugierig. »Außer Mrs. Potter und Paul natürlich.«

»Eigentlich nur der Baron.« antwortete Maria etwas nachdenklich. »Und natürlich die Schneiderin.«

»Die Schneiderin?« Frederike war etwas verwundert.

»Naja, sie muss ja das Kleid schneidern, wo meine Arme hinein passen.« Maria grinste.

Frederike verstand.

»Ich glaube, sie schneidert sogar zwei, eines für einen Monohandschuh.« Ihre Stimme zeigte sowohl Bewunderung als auch Vorfreude. »Ich frage mich nur, was Herr Weiterer davon halten wird, dass ich keinen Monohandschuh tragen werde.« Maria berichtete von dem faszinierenden alten Herrn. »Als er uns erzählte, dass ich wegen seines Alters wohl seine letzte Katerina sein werde, da hätte ich fast geheult.«


»Wie macht sich Paul als Prinz?« fragte ihre Mutter nach einer gewissen Pause. »Ich glaube, du spielst ja wohl viel lieber mit ihm als mit dem Neffen.«

»Ich weiß nicht, was mit dem los ist.« Maria seufzte, als sie daran erinnert wurde. »Seit Paul ausgewählt wurde, ist er bei jeder Gelegenheit dabei und schaut uns zu.«

»Vielleicht hat der Baron ihn beauftragt, auf euch aufzupassen?« spekulierte Frederike. Wie nah sie dabei an der Wahrheit war, ahnte keine von ihnen beiden.

»Aber Paul als Prinz ist toll.« Maria grinste. »Zuerst war er noch sehr zurückhaltend, aber ich glaube, die Hütte hat auch ihm die Augen geöffnet.« Sie schloss kurz die Augen und schien zu träumen. »Ich freue mich wirklich schon auf die Aufführung.«

»Du stehst dann ja mit ihm vor dem Altar.« Frederike griff den Gedanken auf. Sie dachte an eine ganz bestimmte Frage, wagte es aber nicht sie anzusprechen.

Maria schien sie trotzdem zu verstehen. »Ich möchte jetzt erst mal das Abitur schaffen und die Ausbildung hinter mich bringen. Dann sehen wir weiter.«

Sie gingen schweigend weiter.

* * *

Maria musste lachen, als die »bayrische« Gastwirtschaft in Sichtweite kam. »Der war aber auch noch nie in Bayern.« Das Haus sah so aus, wie sich ein Amerikaner ein bayrisches Haus vorstellt, ohne je eines gesehen zu haben.

»Dieser große Balkon ist hemmungslos übertrieben.« bestätigte ihre Mutter. »Aber von dort hat man einen schönen Blick auf den See.«

Sie kamen dem Haus näher. »Setzen wir uns auf den Balkon?« Es war wenig los. »Am Wochenende bekommst du hier keinen Platz.«

Maria lächelte. »Können wir machen.« Am Eingang war schon eine Speisekarte ausgehängt. Sie amüsierte sich sehr über die fast wörtliche Übersetzung der bayrischen und deutschen Gerichte.

Auf dem Balkon angekommen, musste Maria erst einmal die Aussicht genießen, bevor sie sich an den Tisch setzte. »Wirklich wie daheim.« Sie strahlte. Dann wandte sie sich der Speisekarte zu.

»Der Schweinebraten hier ist wirklich gut.« empfahl ihr ihre Mutter, »zumindest für hiesige Verhältnisse. Du solltest ihn aber mit Pommes Frites nehmen. Knödel können sie wirklich nicht.«

Sie entscheiden sich für zwei Portionen von dem Braten und bestellten sich jeweils ein Erdinger-Weißbier, welches Maria auf der Karte entdeckt hatte.

»Meine Tochter darf das.« bestätigte Frederike, als die Bedienung die Stirn runzelte. »Sie sieht nur so jung aus.«


»Hast du dich schon mit der Prinzessin angefreundet?« fragte ihre Mutter nach ihrer Zimmergefährtin.

»Auf sie wartet ja ein trauriges Schicksal.« Maria gab wieder, was sie schon von Sarah erfahren hatte.

»Der Herzog setzt große Stücke auf dich.« Frederike seufzte. »Ich weiß immer noch nicht, ob es richtig war.«

»Mir ist noch nicht klar, was er von mir erwartet.« Maria zuckte mit den Armen.

»Naja, es ist schon etwas seltsam.« Frederike seufzte ein wenig. »Unter der Woche zeigt die Prinzessin immer normale Leistungen. Aber immer, wenn ihr Schwiegervater in der Klinik ist, ist sie wie verwandelt. Dann bekommt sie kaum ihre Arme auf den Rücken.«

»Sie soll ja auch das Gebet auf dem Rücken tragen.« Maria erinnerte sich daran, wie die Prinzessin sie fast ausgehorcht hatte. »Sie war sehr erfreut, dass ich das auch trainieren muss.«

»Der Herzog hofft, dass ihre Leistungen besser werden, wenn sie eine Gefährtin hat.« Sie blickte ihre Tochter kurz an. »Er setzt große Hoffungen in dich.«

»Was kann ich denn machen?« Maria versuchte die Freude darüber, genauso wie die Prinzessin behandelt zu werden, erst einmal zu verdrängen. Schließlich war sie nicht zu ihrem Vergnügen in der Klinik.

»Sarah ist jetzt schon gut ein viertel Jahr hier. Und sie hat bestimmt die körperlichen Vorraussetzungen, um dieses Kunststück zu schaffen.« Die Stimme von Frederike zeigte einige Resignationen. »Doch immer, wenn es Ernst wird, dann scheint sie kneifen zu wollen.«

Die Bedienung brachte das Essen.

»Oh, das sieht ja lecker aus.« Maria war erfreut, auch wenn die Pommes Frites etwas befremdlich neben den Fleischscheiben lagen.

Sie ließen es sich schmecken.


»In einem halben Jahr ist die Hochzeit«, sagte Frederike, nachdem sie ihr Besteck weggelegt hatte. »Bis dahin muss sie die Haltung können.«

Auf einmal wurde Maria etwas klar. »Sie hat Angst vor der Hochzeit und möchte ?es? so lange wie möglich hinauszögern.«

»Meinst du?« Ihre Mutter blickte sie verwundert an. »Warum sollte sie das tun?«

«Du weißt das nicht?« Maria war verblüfft. »Ihr zukünftiger Mann hat einen Freund.«

»Ja und?« Frederike es verstand noch nicht. »Eine sehr innige Männerfreundschaft eben. Sagt der Herzog auch.«

»Ihr wollt es nicht sehen?« Maria wischte sich den Mund ab. »Er ist schwul.«

»Meinst du?« Ihre Mutter zeigte einige Zweifel. »Er soll sie doch heiraten.«

Maria erkannte, dass ihre Mutter in dieser Richtung wohl keine Hilfe war. Sie begriff, das sie dieses Problem selbst lösen musste.

»Ich habe noch ein Geschenk für dich.« Marias Mutter wechselte das Thema. »Es liegt im Kofferraum.«

Maria blickte ihre Mutter neugierig an. »Was ist es?«

»Lass dich überraschen.« Sie winkte dem Ober. »Zahlen bitte.«

* * *

»Aber das ist ja ein Ponygirl-Geschirr.« Marias Hände zitterten, als sie das aufregende Leder in der Hand hielt.

»Hufstiefel gehören auch noch dazu, aber die waren noch nicht fertig.« Frederike nahm ihre Tochter in den Arm. »Ich bin sehr stolz auf dich.«

»Aber ich sehe keine Armfesseln?« Maria hielt das Leder in die Höhe. »Ein Pony braucht doch keine Arme.« Sie wunderte sich ein wenig, dass sie solche Sätze von sich gab.

»Das weiß ich«, grinste ihre Mutter. »Ich darf heute ja nicht über die Behandlungen reden, aber du wirst es bald tragen dürfen.« Sie lächelte verschmitzt. »Es sind ein paar spezielle Übungen für die Prinzessin vorgesehen.«

Maria ließ das Geschirr sinken und blickte verträumt über den See. »Ich habe immer davon geträumt, eine Prinzessin zu sein. Jetzt bin ich mit einer zusammen und nehme an ihrem Leben teil. Das ist schon fast so, wie wirklich eine zu sein.«

»Ich dachte mir schon, dass dir das gefallen wird, auch wenn es ziemlich von dem Programm abweicht.« Ihre Mutter bat sie, im Auto Platz zu nehmen.

»Darf ich dann auch in diesem S-Fix übernachten?« fragte Maria, nach dem sie sich angeschnallt hatte.

»Ich dachte, das kennst du von der Hütte?« Frederike war verwundert.

»Och, dort konnte ich es gar nicht genießen.« Ihre Stimme klang etwas enttäuscht. »Ich bin sofort eingeschlafen, weil ich so müde war. Und am Morgen haben sie mich so schnell wieder befreit...« Dass sie gern von Paul geweckt worden wäre, behielt sie lieber für sich.

»Und ich hatte Angst, ich würde etwas Schlimmes von dir verlangen.« Die Erleichterung war Frederike deutlich anzumerken. »Aber du scheinst dich ja geradezu darauf zu freuen.«

Maria blickte ihre Mutter nur kurz an und lächelte etwas verlegen.

»Dir ist schon bewusst, dass die Prinzessin auf ihren eigenen Wunsch hin bei uns quasi rund um die Uhr von Fesseln und Einschränkungen umgeben ist.« Frederike hatte wieder etwas Sorgenvolles in der Stimme.

Maria bekam auf einmal einen sehr glasigen Blick. »Ja«, begann sie und ihre Stimme war sehr leise. »Ich werde diese Opfer ebenfalls bringen.«

Sie bedauerte es sehr, dass Paul nicht da war. Obwohl es eigentlich unsinnig war, machte es Maria sehr viel aus, von wem sie die Fesseln angelegt bekam. Und es war noch ein großer Unterschied, ob sie sich nur einredete, dass es seine Fesseln wären, oder ob er sie ihr tatsächlich angelegt hatte. Doch dann hielt sie in ihren Gedanken inne. War es nicht auch ein Teil ihres Traumes, sich aufopfern zu müssen? Wenn sie die nächsten Wochen als Gefangene verbringen musste, dann würde sie sich gern dafür hergeben.

Und noch etwas anderes bewegte sie. Bisher waren die Aufenthalte in der Klinik immer noch abstrakt gewesen. Diesmal hatte sie etwas Greifbares als Ziel. Sie wollte Sarah beistehen und ihr bei ihrem schweren Schicksal helfen. Und natürlich würde sie auch das Katerinenfest sehr würdevoll spielen und hinter sich bringen. Insgeheim sah sie sich und Paul schon vor dem Altar stehen. Paul in der schicken Uniform und sie in dem Kleid, von dem sie bisher nur wusste, dass es in hellem Beige gehalten war.

* * *

Frederike hatte den Wagen von der Wirtschaft auf einen Parkplatz dicht am See gefahren. Jetzt gingen sie am See spazieren. Maria berichtete von den Vorbereitungen für das Katerinenfest.

Auch ihre Mutter hatte sich über das seltsame Verhalten des Barons gewundert. »Er hat schon zweimal in der Klinik angerufen und sich nach dem Ausbildungsstand erkundigt. Es scheint ihm sehr wichtig zu sein.«

Maria war ebenfalls sehr verwundert. »Was macht das für einen Unterschied, ob ich nun meinem Handschuh trage oder das Gebet?«

Ein Klingeln war zu hören.

»Ich habe doch gesagt, dass ich Urlaub habe.« Frederike hatte sich für den Mutter-Tochter-Tag extra frei genommen. Sie kramte etwas in ihrer Handtasche und nahm etwas Längliches zur Hand und hielt es sich an Ohr. »Beller?«

»Ja, das ist richtig. Genauso wie bei der Prinzessin.« Die Ärztin blickte kurz auf ihre Tochter. »Die Kosten dafür übernehme ich persönlich.«

Maria ahnte, dass es wohl um sie ging.

Frederike packte das tragbare Telefon wieder weg, dann legte sie ihrem Arm um ihre Tochter. »Der Herzog hat nachgefragt, warum für dich kein S-Fix bereit stand.« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist unheimlich, was für einen Druck er aufbaut.«

Maria war unsicher, welche Reaktion ihre Mutter von ihr erwartete. Insgeheim freute sie sich schon darauf, die Nacht festgeschnallt zu übernachten, auch wenn sie es bedauerte, dass Paul nicht da war. Auf einmal hatte sie eine Idee. »Ich dachte, meine ´Gefangenschaft´ fängt erst am Montag an.«

»Der Herzog zahlt eine Menge Geld dafür, dass du mit Sarah leiden musst.« seufzte Frederike.

»Bekomme ich eigentlich etwas von dem Geld ab?« Im Nachhinein wusste sie nicht, wo ihre Worte herkamen.

»Du hast recht, immerhin bist du die Hauptperson.« Sie nannte die Summe, die der Herzog auf den Scheck geschrieben hatte.

Maria blieb stehen und keuchte. »Soo viel?«

»Naja, dafür musst du zwei Wochen leiden.« Frederike zeigte einige Besorgnis.

»Es gibt Schlimmeres.« Maria hatte Schwierigkeiten, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Die Summe, die ihre Mutter genannt hatte, lag jenseits ihrer Vorstellungskraft, was ihren finanziellen Horizont betraf.

»Mit dem Geld könntest du noch locker studieren.« Frederike zeigte, dass sie sich schon Gedanken gemacht hatte über die Zukunft ihrer Tochter.

Maria wurde nachdenklich. »Wenn ich mich etwas einschränke...« Sie zögerte ein wenig. »... Dann könnte das Geld vielleicht auch für Paul reichen? So könnten wir zusammen bleiben.«

Marias Mutter hatte große Mühe, ihre Begeisterung zu verbergen. Dass Maria mit diesem Wunsch sozusagen ihrem geplanten Programm vorgriff, war weit mehr, als sie je zu hoffen gewagt hatte. Besser konnte es gar nicht kommen. »Ich glaube, das lässt sich einrichten.«

Maria ging schweigend weiter.

»Wir müssen dann zurück in die Klinik. Die Schwester, die eben angerufen hat, möchte das S-Fix an deine Größe anpassen, und sie hat schon bald Feierabend.«

Maria seufzte. Eigentlich genoss sie jede Minute, die sie mit ihrer Mutter verbringen konnte, doch die Aussicht auf die besondere Übernachtung tröstete sie über die Unterbrechung des besonderen Tages hinweg.

* * *

Als Maria zusammen mit ihrer Mutter ihr Zimmer betrat, waren die Oberschwester und Lernschwester Erica schon damit beschäftigt, die Riemen an der Matratze anzubringen.

»Da sind sie ja endlich.« Die Oberschwester blickte auf die Uhr. Es war ihr deutlich zu sehen, dass sie geschimpft hätte, wenn nicht die Chefin mit im Raum gewesen wäre.

Maria hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. Schließlich wollte sie der Schwester nicht den Feierabend verderben.

Doch die Erica gab sich dann doch eher freundlich. »Ich soll für sie ein S-Fix anpassen.« Sie blickte Maria an, die sich gerade die Jacke auszog. »Wenn sie bereit sind, legen sie sich bitte kurz auf das Bett.«

Maria kam der Bitte nach und konnte gleich darauf zusehen, wie die Erica verschiedene Riemen auf dem Bett festschnallte.

»Die Riemen müssen an ihre Größe angepasst werden, sonst wird es sehr unbequem.« Sie schien den Umgang mit diesen Fixierungen gewöhnt zu sein, denn nachdem Marias Größe genommen war, brachte sie die weiteren Riemen ohne weitere Hilfe an.

* * *

»Seid ihr fertig?« Frederike betrat wieder das Zimmer. »Ich hätte da noch etwas vorbereitet.« Sie blickte ihre Tochter erwartungsvoll an.

»Ja, wir sind so gut wie fertig.« Erica war anzusehen, dass sie vor ihrer obersten Chefin sehr viel Respekt hatte.

Maria musste sich erst noch einmal kurz bei Erica vergewissern, dass alles bereit war, dann stand sie auf und ging zu ihrer Mutter. An der Tür blickte sie noch einmal sehnsüchtig auf ihr jetzt sehr verlockend aussehendes Bett.


In der Kantine wartete Joe schon auf sie. »Ich habe extra das Nebenzimmer geöffnet.« Mit einer einladenden Handbewegung bat er Maria und ihre Mutter herein.

»Joe«, Frederike spielte die Empörte, »ich hatte doch nur einen kleinen Imbiss bestellt.« Sie ließ ihren Blick über den so liebevoll gedeckten Tisch wandern. »Das war nun wirklich nicht nötig.«

»Wenn sich die Chefin persönlich anmeldet und auch noch einen Tisch reserviert...« Joe grinste. »Dann muss ich doch ins Zeug legen.«

Maria war von dem Arrangement ebenfalls sehr begeistert. »Sie haben extra Blumen geholt?« Es war ihr aufgefallen, dass auf den anderen Tischen keine Blumen standen.

»Ich hatte bloß keine karierte Tischdecke.« Er wartete, bis die Damen Platz genommen hatten. »Ich habe Sekt kalt gestellt.« Er griff zur bereitgestellten Flasche. »Zur Feier des Tages.«

* * *

Als Maria wieder in ihre Zimmer kam, lag Sarah schon auf dem Bett und war im S-Fix fixiert. »Oh, ich wusste nicht, dass ihr schon fertig seid.«

»Naja«, Maria grinste, »meine Mutter hat gespürt, dass ich mich auf die Nacht freue.« Sie zog sich schnell um und flitzte einmal durchs Bad, dann legte sie sich auf das Bett und griff erwartungsvoll nach der Klingel. Nach dem Klingeln dauerte es erst einige Zeit, bis die Nachtschwester kam. »Sie wünschen?«

Maria zeigte auf das S-Fix. »Ich müsste fixiert werden.« Ihre Augen leuchteten erwartungsvoll.

»Das darf ich nicht.« Die Nachtschwester schüttelte den Kopf.

Marias Miene war erstarrt. »Wie? Das dürfen sie nicht?«

»Ist sonst noch irgendwas?« Die Schwester wartete die Antwort nicht ab. Sie verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Maria ließ sich in das Kissen fallen. »Das darf doch nicht war sein.«


Sarah hörte von ihrem Bett ein leises Schluchzen. »Maria?« Irgendwie spürte die Prinzessin, das ihre Bettnachbarin Trost brauchen konnte. »Maria?«

Maria wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Was ist denn?«

»Ich glaube, ich kann dir helfen.« Sarah hatte eine Idee.

»Wie denn?« Maria schluchzte. »Du bist doch schon...« Sie schaffte es nicht, es auszusprechen.

»Aber ich kann dir erklären, wie es geht.« Die Stimme der Prinzessin strahlte auf einmal Begeisterung aus.

»Du meinst, ich soll mich selbst...?« Maria wischte sich die Augen aus.

»Du musst nur vorsichtig sein.« Sarah ahnte, dass Maria ihre Idee aufgreifen würde. »Nur eine Hand wird frei bleiben. Das geht dann nicht mehr selbst.«

Irgendwie ahnte Maria, dass die Prinzessin aus eigener Erfahrung sprach. Etwas ermutigt griff sie zu den weißen Riemen und zog sie zu sich heran.

* * *

Frederike betrat am späten Abend noch einmal das Zimmer ihrer Tochter und der Prinzessin. Sie hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. »Der Herzog hat das mit der Fixierung angeordnet. Ich kann nichts dafür.«

Maria war unentschlossen. Sollte sie zeigen, dass sie sich selbst fixiert hatte, weil die Schwester es nicht gemacht hatte? Ihre Mutter würde sie bestimmt richtig festschnallen können, aber war es auch richtig, danach zu fragen?

Sarah kam ihr zu Hilfe. »Frau Beller?«

»Hoheit?« Sie trat an das Bett der Prinzessin.

»Die Fixierung für Maria...« Sie stockte etwas.

»Ich kann ihr das nicht ersparen.« Frederikes Stimme zitterte ein wenig. »Ihr Schwiegervater hat es angefordert.«

»Nein, das meine ich nicht.« Sarah fiel das Sprechen schwer. »Maria musste sich selbst...« Sie kam ins Stocken, »weil die Nachtschwester nicht...«

Marias Mutter erkannte schnell, dass die Prinzessin Marias helfen und ihren Zustand verbessern wollte, ohne dass es wie eine Beschwerde über das Personal aussah. Auf einmal hatte Frederike eine Idee. Sie griff sich ein paar der Verschlüsse vom Nachttisch und trat an das Bett ihrer Tochter. »Ich glaube, da möchte jemand schummeln.«

Maria begriff sofort, dass ihre Mutter ein Spiel versuchte und deswegen ging sie bereitwillig darauf ein. Sie setzte eine Schmollmiene auf und versuchte ihre Hände auf die Gurte zu pressen. »Nein, bitte nicht, bitte nicht festschnallen, Frau Doktor.«

Auch Sarah erkannte recht schnell, dass Mutter und Tochter ein Spiel spielten. Sie hob den Kopf. »Sie ist schon den ganzen Tag so renitent.«

Normalerweise mochte es Maria gar nicht, wenn sich Fremde in ihre Spiele einmischten, doch für Sarah machte sie genauso gern eine Ausnahme wie für Paul.

»Na warte, du kleines Biest.« Frederike gab sich resolut und fixierte den Riemen um Marias bislang noch freie rechte Hand. »Ich werde deine Mutter informieren, wie ungehorsam du bist.«

Marias leuchtende Augen zeigten, wie sehr sie das Spiel genoss. »Die ist weit weg.« Sie grinste.

»Wer hat dich denn festgeschnallt?« Ihre Mutter gab sich erbost. »Da stimmt ja überhaupt nichts.«

»Das war Schwester Maria«, Sarah gab Empörung vor, »ich glaube, da ist eine Beschwerde fällig.«

Es waren tatsächlich ein paar Riemen, die Frederike korrigieren musste. »Ich werde dafür sorgen, dass ihnen neues Personal zugeteilt wird.«

»Bitte sagen sie meiner Mutter nichts davon, Frau Doktor.« Maria versuchte ein verlegenes Lächeln.

»Ich bin verschwiegen«, grinste ihre Mutter. »Aber ich werde mich bei der Chefin über das lausige Personal beschweren.«

Sie deckte ihre Tochter zu und ging zur Tür. »Gute Nacht, ihr Zwei.«
371. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 26.02.16 17:28

OLEEEEEEEEEE!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Zwei Teile in so kurzer Zeit.
Vielen Dank.
Warum hab ich nur so ein komisches Gefühl mit den Herzog und das der ein genauso falscher Typ ist wie der Baron.
Außerdem glaub ich fast das er was mit den Investor zu tun had.

Achja.Wie schön man träumen und rätseln kann bei deiner Geschichte.

Vielen,vielen Dank dafür.Ich freu mich schon darauf wie es weiter geht.

mfg Wölchen
372. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 26.02.16 19:53

Ja, jaaa, jaaaaaaaa..... DANKE!!!!

Endlich ist wieder Maria-Zeit. Bitte lass uns nicht wieder so lange darben.
Schön auch endlich etwas mehr von Muttern zu lesen, nicht nur das sie eine Klinik leitet.
Ich hoffe auch noch etwas mehr über die Anfänge und das "Konsortium" zu lesen.
Und schön auch das Maria sich auf Anhieb mit Sarah versteht. Vieleicht ist es auch für die Mädchen zusammen leichter.

Nochmals vielen Dank. Das Warten hat sich gelohnt!
373. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 26.02.16 21:57

Hallo cag_coll!


DANKE!!!!!

Das diese Geschichte endlich weitergeht. Habe ja lange schon sehnsüchtig darauf gewartet.

Toll, was du dir da hast einfallen lassen. Wenn auch ganz anders als ich gdacht hatte, aber finde das spannend bisher und wede mit Sicherit jedem weiteren Teil entgegenlechzen.

So wie es aussieht wird Paul ja wohl eher keine Rolle bei der Amerika Sache spielen, was ich zwar schade finde, aber wer weis schon was du noch alles ausbuddelst, aus deinen Gehirnwindungen.

Bin ja mal gespannt, ob Maria doch noch den Mut findet ihrer Mutter zu beichten, das Sie lieber von Paul ihre Behandlungen/Fesselungen erhalten möchte.


Naja, kommt Zeit kommt Aufklärung.

MfG Rainman
374. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 28.02.16 14:21

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Freitag, 27. August 1984

Maria erwachte, als die Schwester schon fast damit fertig war, sie aus dem S-Fix zu befreien. Wieder ärgerte sie sich, denn sie hatte es schon wieder nicht geschaffte, im S-Fix aufzuwachen. Sie hatte von dem schönen Mutter-Tochter-Tag geträumt. In ihrem Traum war auch Paul anwesend und Maria konnte ihn ihrer Mutter vorstellen.

Als sie aus dem Bad kam und die Schwester ihr geholfen hatte, das Nachtkorsett gegen ihr Tageskorsett zu tauschen, legte sie legt ihre Tasche auf das Bett und beginnt sie auszupacken. Bisher war sie noch nicht dazu gekommen.

Sarah wurde auf Marias Aktivität aufmerksam. »Was hast du denn da Feines?« Sie trat an Marias Bett und griff zu dem Keuschheitsgürtel, den ihre Zimmergenossin gerade aufs Bett gelegt hatte. »Der sieht schön aus.«

»Meine Erzieherin hat ihn eingepackt.« Irgendwie war ihr das Thema unangenehm.

»Ich muss auch einen tragen.« Sarah ergriff Marias Hand und führte sie auf ihren Bauch. »Als ob ich von ihm etwas zu befürchten hätte.« Sie verdrehte die Augen, dann blickte sie zwischen Maria und dem Gürtel hin und her. »Ich habe eine Idee«, grinste sie.

Maria kannte die Prinzessin noch nicht lange, doch sie wusste schon, dass dieses Lächeln »gefährlich« war.

* * *

Es war wieder acht Uhr Ortszeit, als Maria zum Hörer griff und die lange Nummer wählte, nach dem sie bei der Schwester geklärt hatte, dass sie zu diesem Anruf in Australien berechtigt war und dass ihre Mutter die Kosten dafür übernahm.

Während sie die lange Nummer wählte, musste sie amüsiert an den ersten Freitagsanruf aus den Staaten denken. Rosalie hatte erst lange auf den Anruf gewartet und war dann schon ins Bett gegangen. Erst mitten in der Nacht hatte Maria dann ihre Freundin aus dem Bett geklingelt.

Doch jetzt hatten sie es besser im Griff. Maria rief noch vor dem Frühstück an und erwischte Rosalie nach dem Spielfilm im Abendprogramm.

Wie immer hörte sich Maria erst an, was Rosalie zu berichten hatte. Obwohl sie so weit entfernt waren, wussten sie trotzdem so gut wie alles von einander. Insgeheim war es Maria auch recht so, denn dann konnte sie sich noch etwas überlegen, wie viel sie von den Erlebnissen auf der Hütte berichten wollte. Während sie Rosalies Ärger mit dem neuen Nachbarn lauschte, fragte sie sich, wie sie ihre Verwandlung ihrer besten Freundin erklären sollte.

Doch dann lächelte sie. Rosalie hatte ihr schon länger unterstellt, dass sie fesselnden Aspekt ihres Programmes besonders mochte, und nur der Begriff ´Bondage´ war bisher so deutlich nicht gefallen.

Dann kam Maria zum Zug, und sie berichtete im Überblick über das, was sie auf der Hütte in der besonderen Gemeinschaft erleben durfte. Besonders das Vakuumbett schilderte sie sehr intensiv, denn für sie stellte es so etwas wie den Höhepunkt des Wochenendes dar, obwohl sie es vorher gar nicht gekannt hatte. »Ich hatte mir eingebildet, seine Hände zu erkennen, aber das war wohl Quatsch. Petra war genauso zärtlich zu mir.«

Rosalie lauschte gebannt.

»Erst als er allein mit mir war, war ich mir wirklich sicher.« In Marias Stimme lag großes Schwärmen. »Er hat mich wirklich überall berührt.«

»Überall?« Rosalie wollte es zunächst nicht glauben. »Auch dort?«

»Auch dort.« Marias Stimme klang fast etwas amüsiert. Es fiel ihr verblüffend leicht, über Pauls besondere Zärtlichkeit zu berichten. »So intensiv war es noch nie.« Ein Strahlen lag in ihrer Stimme.

Rosalie war schwer beeindruckt.

»Der Abschied ist mir besonders schwer gefallen.« Maria seufzte. Sie berichtete von der schweigsamen Fahrt zum Flughafen und wie sie die ganze Zeit durch ihren Handschuh seine Hand gehalten hatte. »Wir haben fast den ganzen Tag miteinander verbracht und ich wollte noch mal ´seinen´ Handschuh spüren.«

Rosalie war sich nicht sicher, ob sie sich nicht verhört hatte. »Du trugst die ganze Zeit deinen Handschuh und hattest die Arme nicht frei?«

»Ja, so war es.« Sie schwelgte etwas in der Erinnerung. »Sie haben alle gespürt, wie schwer uns der Abschied fiel und waren sehr rücksichtsvoll. Mrs. Potter und seine Oma haben sich um das Packen gekümmert und haben uns auf einen Spaziergang geschickt.«

Maria hielt inne und dachte an die Reaktionen, als sie mit angelegtem Monohandschuh durch den Ort spaziert waren. Sie bekamen fast ausnahmslos Bewunderung und Zuspruch sowie die besten Wünsche für das Fest. Dass sie eigentlich gefesselt war, schien dabei keinen zu stören. Marias Gefühle schwankten sehr zwischen Vorfreude und Abschiedsschmerz. Und sie fragte sich, was die Leute wohl zu dem Gebet auf dem Rücken sagen würden. Sie war sich mittlerweile sicher, dass sie es schaffen würde.

»Wie war der Flug?« Rosalie riss ihre Freundin aus ihren Gedanken.

»Langweilig wie immer.« Maria seufzte. »Ich habe fast die ganze Zeit geschlafen und geträumt.«

»Von ihm?« Rosalie konnte es sich nicht verkneifen.

»Von ihm, von der Hütte und vom Fest.« Maria übersah die kleine Provokation. »Ich freue mich sehr.«

»Was macht deine Mutter und wie geht es in der Klinik?« Rosalie besann sich auf die aktuelle Situation von Maria.

»Oh, sie hat sehr viel Ärger mit einem neuen Investor.« Sie berichtete, was sie schon erfahren hatte. »Ich habe diesmal auch eine Zimmergefährtin. Eine echte Prinzessin.«

Rosalie horchte auf. Da war ein besonderer Unterton in Marias Stimme, den sie schon länger nicht mehr gehört hatte. »Was heißt ´echt´?«

»Brasilianischer Hochadel, so viel habe ich schon verstanden. Der Onkel ihres Schwiegervaters wäre der König, wenn es die Monarchie noch gäbe.«

Doch Rosalie ließ sich davon nicht beeindrucken. »Waren keine anderen Zimmer mehr frei?«

Maria übersah den Spott gönnerisch und berichtete davon, dass der Herzog sie extra für seine Schwiegertochter angefordert hatte.

Rosalie lachte. »Genau wie bei Johanna Spyris Heidi. Das kleine Mädchen vom Land für die Tochter aus bestem Hause.«

Maria lachte. »Naja, ein paar Unterschiede gibt es da aber schon noch.« Doch dann wurde sie ernst. »Sie hat ähnliche Sorgen wie ´Klara´, aber die lassen sich vermutlich nicht so einfach heilen.« Sie erzählte von dem Gebet auf dem Rücken, das die Prinzessin wegen der angeblichen Familientradition lernen musste und von der wichtigen Hochzeit mit dem Sohn vom anderen Ufer.

Rosalie zeigte überraschend einiges Mitgefühl. »Da werden die eigenen Probleme ganz klein.« Dann gähnte sie. »Ich bin müde.« schob sie entschuldigend hinterher.

Maria wurde sich wieder der Zeitverschiebung bewusst. »Ich glaube, dass war alles Wichtige.« Sie leitete die Verabschiedung ein.

Erst als sie aufgelegt hatte, fiel ihr noch ein, dass sie von noch von ihrer Idee berichten wollte, für Paul ein Tagebuch zu schreiben. Doch für einen erneuten Anruf war es nicht wichtig genug. Dann würde sie es eben beim nächsten Mal berichten. Sie wartete noch, bis die Schwester die Uhrzeit notiert hatte, dann machte sie sich auf zu dem kleinen Kiosk auf dem Klinikgelände. Dort gab es auch Blöcke und Schreibzeug zu kaufen. Ein richtiges Tagebuch wäre zwar schöner gewesen, doch so etwas gab es dort nicht.

Erst im Nachhinein wunderte sich Maria. Rosalie hatte sie dieses Mal gar nicht nach dem ´ersten Mal´ gefragt. Die Frage war sonst immer fällig. Maria hätte diese Frage auch sehr in Verlegenheit gebracht, denn ihre Mutter hatte ihr schon angedeutet, dass ´es´ durchaus in Reichweite liegen könnte und es war ihr klar, dass sie sich bald dem Thema stellen werden müsste.

* * *

Der Besprechungsraum füllte sich rasch. Es standen überall Namensschilder auf den Tischen, und so konnte Maria sich ein Bild davon machen, dass fast alle medizinischen Sparten anwesend waren. Manche der englischen Begriffe konnte sie sich übersetzen, bei anderen wusste sie die deutsche Entsprechung nicht.

Auf zwei Tischen lagen diverse Geräte bereit, Maria erkannte davon nur ganz wenige. Ein Halskorsett erkannte sie, und es erinnerte sie daran, wie streng diese Dinger ihren Kopf doch fixieren konnten. Andere Gegenstände erkannte sie nicht, aber die vielen Riemen und Schnallen ließen erahnen, dass sie vermutlich alle mit ihrer Behandlung zu tun haben würden.

Es dauerte keine fünf Minuten, bis alle Plätze bis auf ein paar wenige Stühle besetzt waren. Marias Mutter trat ebenfalls ein und verteilte die Unterlagen, die sie vorbereitet hatte.

Mit einigem Stirnrunzeln nahm sie zur Kenntnis, dass auch der Herzog anwesend war. Für ihn musste die Sekretärin extra noch ein Namensschild anfertigen. Auf seinen Platz legte sie das Exemplar, welches sie für sich selbst gedacht hatte. Die Blöße wollte sie sich nicht geben. Außerdem wusste sie sowieso, was auf den Seiten stand. Es waren die Berichte über Marias neueste Untersuchungen.


Der Platz des Herzogs war eigentlich Marias Platz gewesen. Doch sie spürte, dass sie das nicht reklamieren durfte. So nahm sie auf einem der wenigen Besucherstühle hinten an der Wand platz. Sie war genau genommen sogar ganz froh darüber. So konnte sie den Vorträgen folgen, ohne selbst groß aufzufallen.

»Ich freue mich, dass sie alle diesen Termin möglich machen konnten.« Marias Mutter begrüßte die Anwesenden. »Wir möchten heute beratschlagen, wie wir das Intensivtraining für Maria Beller am besten ausgestalten können.«

Sie schaltete den Projektor an. »Ich habe sie gebeten, sich entsprechende Gedanken zu machen und möchte sie nun bitten, ihre Vorschläge vorzustellen. Nach der Mittagspause werden die Stationsärztin und ich dann die konkrete Therapie beschließen.«

Sie bat Maria nach vorn zu kommen. »Bitte führe doch einmal vor, was du mir gestern gezeigt hast.« Sie blickte sie ermunternd an.

Maria kannte außer ihrer Mutter nur einige der Ärzte flüchtig, dennoch war sie etwas nervös, als sie ihre Arme soweit in die Backprayer-Position brachte, wie es ihr möglich war. Wie gestern schob Frederike ihre Arme dann weiter zusammen. Wieder berührten sich Marias Ellenbogen, ohne dass sie das Gesicht verziehen musste.

»Von diesen Fähigkeiten können wir ausgehen.« Frederike legte eine Folie auf. »Ich denke, wichtig wird vor allem alles, was zur Ausdauer beiträgt.«

Auf der Folie standen einige medizinische Begriffe, wie Maria schnell erkannte.

* * *

Die Silberhochzeit ihrer Eltern stand an und Leonie war fast die ganze Zeit zusammen mit ihrer Schwester Christine mit den Vorbereitungen beschäftigt. Nur in wenigen Momenten fand sie etwas Zeit für sich und zog sich in ihr Zimmer zurück. Meistens war sie so müde, dass sie sich auf ihr Bett legte und ein kurzes Nickerchen machte.

Nur manchmal verirrten sich ihre Hände an ihre Taille und ihren Schritt. Doch davon fühlte sie nichts, denn sie trug immer noch den Keuschheitsgürtel, den sie damals auf der Hütte mit Begeisterung angezogen hatte.

Sie hatte Paul den Schlüssel gegeben, denn insgeheim mochte sie es, wenn jemand auf sie aufpasste. Doch dann hatten sie dieses vergessen und so kam es, dass Paul immer noch den Schlüssel besaß. Und es war der einzige Schlüssel. Der Haushalt ihrer Familie war auf Trägerinnen von Keuschheitsgürteln eingestellt und im Bad gab es extra dafür eine Sitzbadewanne.

Sie hätte sich gern mal wieder so richtig berührt, doch das Metall war im Weg. Natürlich hätte sie mit gröberem Werkzeug an die Sache gehen können, doch dann hätte sie den Keuschheitsgürtel zerstört und das wollte sie auch nicht.

Sie musste diesen Paul aufsuchen und ihn persönlich um den Schlüssel bitten, doch Sebastian nach der Adresse zu fragen, diese Blöße wollte sie sich nicht geben. Den Ort wusste sie und in Landsbach würde sie sich zunächst bei Maria melden. Die Adresse hatte sie zwar auch nicht, doch die Hauptdarstellerin des Festes würde sicherlich bekannt sein und sie konnte sich durchfragen.

Ihre Tasche hatte sie schon gepackt mit den Sachen, die sie für einen kurzen Ausflug brauchen würde. Dabei war ihr auch wieder der Trainingsplan in die Hände gefallen, den die Ärztin Margarete für sie ausgestellt hatte. Optimistisch hatte sie ihn eingepackt. Vielleicht konnten Paul oder Maria ihr bei ihrem Training helfen. Von ihren Eltern konnte sie keine Hilfe erwarten, und ihre Schwester wollte Leonie nicht fragen. Mit viel Sehnsucht dachte sie an die Abenteuer auf der Hütte zurück. Es hatte ihr sehr viel Freude bereitet, sich Maria quasi zu unterwerfen und insgeheim träumte sie davon, so etwas Ähnliches in Landsbach zu wiederholen.

* * *

»Herr Kollege, ich danke ihnen für den Vortrag.« Frederike trat wieder nach vorn. »Nun bitte zur Orthopädie... « Doch ein Klopfen unterbrach sie.

Die Tür des Besprechungszimmers ging auf und ein streng aussehender Herr mit Anzug und Krawatte betrat den Raum. »Lassen sie sich nicht stören.« ließ er in den Raum hören, dann ging er zielstrebig auf Maria zu und setzte sich auf den Stuhl neben ihr.

Maria sah, dass ihre Mutter erbleichte, als sie sah, wer sich neben sie gesetzt hatte.

»Ich wollte sie kennenlernen«, begann der Herr recht unvermittelt. »Ihre Ausbildung scheint ja recht wichtig zu sein.«

Maria spürte, dass ihrer Mutter der Kontakt zu diesem Herrn nicht recht war, denn sie schaute oft zu ihnen herüber.

»Als erstes möchte ich den Orthopäden um seine Meinung bitten.« Frederike blickte ihren Kollegen auffordernd an, dann setzte sie sich auf ihren Platz und griff ebenfalls zu Stift und Papier.

Der Orthopäde stand auf und ging nach vorn. Er hatte einige Folien vorbereitet, von denen er die erste auflegte. Zu sehen war eine stilisierte Frauengestalt mit einer sehr schmalen Taille. Er begann recht unvermittelt. »Es wäre schädlich, die Taille von Fräulein Beller einfach zusammen zu quetschen, genauso können ihre Arme nicht einfach in den Backprayer gezwungen werden. Eine Lockerung von ihrem Körper, ihrer Muskulatur und vor allem ihres Brustkorbes ist erforderlich.«

Er legte die zweite Folie auf. Sie enthielt nur eine Sammlung medizinischer Begriffe, von denen Maria nur einige wenige übersetzten konnte. »Zunächst einmal sollten ihre Muskeln mit Hilfe von leichtem Reizstrom gelockert werden. Ich denke, eine halbe Stunde sollte dafür ausreichen.«

Maria blickte etwas besorgt zu ihrer Mutter, die ihrerseits aber gerade zum Herzog blickte.

»Die wichtigste Anwendung sehe ich dann in einer Kombination aus einem Grundkorsett aus Gummi und einem zweiten Korsett mit internen Luftkammern.« Er legte eine weitere Folie auf, die wieder eine taillierte Figur zeigte. Diesmal waren mit zwei farbigen Strichen die beiden angesprochenen Korsetts angedeutet.

»Die Luftkammern des äußeren Korsetts werden wellenförmig nacheinander von kräftigen Druckwellen durchlaufen, und die Taille und Brustkorb insbesondere der untere Teil, werden dabei weiter komprimiert. Dabei wird der obere Brustkorb gelockert und den inneren Organen Gelegenheit geben, sich neu zu verteilen.« Er machte eine Pause und blickte Maria kurz an.

»Diese Kompressionswellen wären aber gefährlich, wenn sie auf eine volle Blase treffen. Deswegen empfehle ich für diese Zeit dringend das Tragen eines Blasenkatheters.« Wieder suchte er Marias Blick und machte einen erleichterten Eindruck, als er bei ihr ein fast unmerkliches Nicken zu erkennen glaubte.

»Weiterhin ist die Anwendung der eisernen Lunge unerlässlich, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Wir müssen erreichen, dass ihre Brustatmung ausgebaut wird und der Brustkorb geweitet wird. Damit kann sie dann auch ihre Arme weiter zurücknehmen. Mit dem Trainingsfortschritt könnten sogar Korsetts zum Einsatz kommen, die in der Taille nach innen aufblasbar sind und eine Bauchatmung vollständig unterbinden. Haben sie dazu bisher Fragen?« Er blickte erwartungsvoll in die Runde. Das Maria ein wenig keuchte, übersah er bewusst.

»Für das Gebet auf dem Rücken werden wir etwas improvisieren müssen. Sie werden einsehen, dass diese gewünschte Haltung sehr ungewöhnlich ist. Aber ich halte es durchaus für möglich, sie auch über eine längere Zeit einzunehmen, wenn dies ausführlich trainiert wurde.« Wieder warf er Maria einen eindringlichen Blick zu.

»Der Monohandschuh ist ja schon seit längerer Zeit Teil ihres Trainings; und wie uns ihre Mutter berichtet hat, können sie ihn nun schon über mehrere Stunden ganz zugeschnürt und ohne größere Beschwerden tragen?« Er hatte es zwar als Frage formuliert, aber eine Antwort erwartete er nicht. »Ich möchte darauf aufsetzen und habe mir ein Gerät ausgedacht, mit dem wir die Haltung gut einführen können.«

Er ging zum Tisch und hob ein Gerät vom Tisch. Es hatte entfernt Ähnlichkeit mit einer altertümlichen Armbrust.

»Was ist denn ein ?Monohandschuh??« Der Herr neben ihr blickte sie neugierig an. Er hatte leise gesprochen, trotzdem hatte Maria die Frage gut verstanden.

Maria musste schlucken, denn sie hatte zunächst keine Idee, wie sie das erklären sollte. »Es wäre einfacher, wenn ich es einfach vorführe, aber das geht erst nach dieser Versammlung hier.«

Der immer noch sehr freundliche Herr brummte ein wenig. »Soviel Zeit habe ich aber nicht.«

Er stand auf und ging nach vorn. »Entschuldigen sie bitte, Frau Beller, aber ich hätte eine Bitte.« Er beugte sich zu ihr herüber und sprach mit leiser Stimme weiter. Maria konnte nicht verstehen, was er sagte.

Frederike war diese Unterbrechung nicht recht, dass war ihr deutlich anzusehen. Dennoch nickte sie ihm kurz zu und bat dann ums Wort. »Wir machen eine kurze Pause.«

Sie bat Maria zu sich. »Holst du bitte deinen Handschuh?« Sie versuchte ein ermutigendes Lächeln, aber es war gequält.


Maria kannte sich in der Klinik gut aus und so hatte sie keine Probleme, schnell ihre Station zu finden. Das Zimmer war wie zu erwarten leer. Es ärgerte sie allerdings, dass sie bis jetzt noch keine Gelegenheit gefunden hatte, ihrer Mutter den Keuschheitsgürtel zu beichten. Doch sie war recht zuversichtlich, dass es in der Klinik die richtigen Schlüssel geben würde.


Der Handschuh lag noch dort, wo sie ihn gestern hingelegt hatte, nachdem Sarah ihr beim Abnehmen geholfen hatte. Sie musste immer noch lachen darüber, wie erschrocken sie war, als Sarah ihr gebeichtet hatte, dass ihre Maschine ihr den Handschuh zwar anlegen, aber nicht wieder abnehmen konnte.

Als sie dann im Schwesternzimmer waren, war nur die Lernschwester anwesend, die mauerte »Ich darf das nicht.« Maria und Sarah blickten sich sehr seltsam an. Es lag fast so etwas wie Erregung in ihrem Blicken. »Dann müssen wir eben warten.«

Sie lächelte weiter. Erst am späteren Abend hatten sie jemand gefunden, der bereit war, ihnen die Handschuhe zu öffnen. Doch als Maria glaubte, Sarah hätte daraus etwas gelernt, wurde sie eines besseren belehrt. Sie strahlte Maria an. »Das machen wir morgen gleich wieder.«

Maria hatte diese Gefangenschaft ebenfalls gut gefallen. Es war aufregend nicht zu wissen, ob und wann sie aus dem Handschuh befreit werden könnten. So etwas kannte sie bisher nicht. Bisher konnte sie sich immer auf Mrs. Potter und vor allem auf Paul verlassen. Sich der wilden und ungestümen Sarah anzuvertrauen hatte etwas sehr Aufregendes. Sie überlegte schon, ob es morgen nach dem geplanten Ausflug wohl schon wieder möglich wäre.

Maria zitterte ein wenig, als ihre Mutter ihr vor allen Ärzten, dem Herzog und dem Investor den Handschuh anlegte. Auch dieser Vorgang war natürlich schon mehrmals passiert, doch so aufregend wie dieses Mal war es noch nie.

Der Investor war von Marias Fähigkeiten sehr angetan. »Bitte darf ich das mal berühren?«

Maria nickte vorsichtig.

Während sie seine Hände recht zärtlich spürte, fragte er weiter. »Wie lange halten sie das aus?«

Maria musste sich erst mehrmals räuspern, bevor sie antworten konnte. »So zwei bis drei Stunden. Ich mache hier ein Ausdauertraining.«

»Ich verstehe.« Der Investor war ehrlich interessiert.

»Aber eigentlich trainiere ich ja das Gebet auf dem Rücken.«

Der Investor blickte sie fragend an, aber eine Frage stellte er nicht.

»Das würde ich auch lieber vorführen, aber das geht ja jetzt nicht.« Sie wackelte ein wenig mit den Armen. Dann versuchte sie die Haltung zu beschreiben. Als sie den Eindruck hatte, das ihr Gegenüber sie verstanden hatte, hörte sie auf.

»Können wir weitermachen?« Marias Mutter bemühte sich, ihrer Stimme einen freundlichen Ton zu geben, obwohl sie von der Störung und der Anwesenheit des Investors alles andere als begeistert war.

Als nächste wurde der Urologe um seinen Vortrag gebeten. Dieser hatte jedoch keine Folien vorbereitet, stattdessen bat er eine der Schwestern vorzutreten.

Maria kannte die Schwester vom Sehen her. Diesmal trug sie anstand der Schwesterntracht einen fast übertrieben kurzen Minirock. Ihre Beine waren fast in voller Länge zu sehen. Zu Erkennen war nur, dass sie eine blickdichte Strumpfhose trug.

»Wie lange trägst du das schon?« Er lächelte seine Kollegin verliebt an.

»Schon fast zwei Jahre.« Sie lächelte ähnlich zurück. »Und ich bin sehr glücklich darüber.«

Der Arzt wandte sich wieder an die Versammlung. »Sie trägt eine Neuentwicklung zur Probe. Die Firma wird das in diesen Tagen auf den Markt bringen.« Er hob den Rock hoch. Zum Vorschein kam etwas, was einem Keuschheitsgürtel ähnlich sah. »Die Strumpfhose ist doppelwandig und hat ein Fassungsvermögen von einigen Litern.«

»Ich habe eine neue Freiheit bekommen.« Die Schwester strahlte und berichtete dann von ihren bisherigen Leben, in dem sie unter einer Blasenfehlfunktion zu leiden hatte.

Marias Mutter war verblüfft. »Davon haben sie nie etwas gesagt.«

»Wir haben es geheim gehalten, weil das System noch nicht zugelassen ist.« Die Schwester wurde etwas rot dabei.

»Vor einer Woche wurde die Zulassung erteilt und wir schlagen vor, dieses System in das Training zu integrieren.« Dem Arzt war der Stolz anzusehen.

»Maria, magst du mal noch einmal nach vorn kommen?« Frederikes Stimme zeigte noch einige Zweifel. »Könnten sie meiner Tochter die Details zeigen?« Sie deutete mit dem Kopf auf das Nachbarzimmer. Doch dann fiel ihr Blick auf Maria, und als sie ihren Blick bemerkte, wusste sie, dass es keine weiteren Argumente brauchen würde. Diesen besonderen Gesichtsausdruck ihrer Tochter fürchtete sie, denn er zeigte große Entschlossenheit.


Maria war richtig froh, in den Nachbarraum verschwinden zu dürfen. Sie hatte gar kein Interesse daran zu erfahren, was die Ärzte sich für sie so alles ausgedacht hatten. Insgeheim hoffte sie, dass ihre Mutter einen Großteil davon ohnehin ablehnen würde.

Sie sah sehr interessiert zu, als die Schwester sich einmal für sich die Strumpfhose herunterzog. Maria konnte sich so genau ansehen, wie »es« funktionierte.

Die Schwester zog sich gleich darauf wieder an, doch Maria ließ sich noch von ihr berichten, wie es dazu gekommen war und warum sie sich dafür entschieden hatte. Sie hörte lieber der Schwester zu, als der Versammlung der Ärzte. Die Schwester hatte lange unter ihrer Blasenschwäche gelitten, und erst mit dieser neuen Methode hatte sie auch eine neue Freiheit bekommen.


Als Maria wieder im Besprechungsraum war, bat ihre Mutter den Zahnarzt um seinen Vortrag.

Der Arzt war zunächst sehr verwundet. »Das ist etwas sehr Demütigendes und wir setzen es nur im äußersten Notfall ein.«

»Aber deswegen können sie es doch vorstellen.« Frederike wollte den Kollegen ermutigen. Insgeheim wusste sie schon, was ihre Tochter von dem Vorschlag halten würde. Dennoch war sie hin- und hergerissen. Als Ärztin war es eine tolle Gelegenheit für sie, mal einige außergewöhnliche Gerätschaften auszuprobieren - als Mutter zerbrach es ihr fast das Herz bei dem Gedanken an all die Zumutungen, die sie ihrer Tochter antat. Und dass es ihrer Tochter sogar gefiel, tröstete sie nur minimal.

»Länger als fünf Tage sollte es nicht angewendet werden, weil es sonst zu Beeinträchtigungen bei der Stimme und auch bei der Verdauung kommt.« Der Arzt hatte sich erhoben und begann mit seinem Vortrag.

Maria hörte ihm so gut wie überhaupt nicht zu, denn ihre Aufmerksamkeit galt dem Gerät, welches er mitgebracht hatte. Sie hatte es sofort als einen dieser Mundverschlüsse erkannt, wie Christine ihn auf der Hütte getragen hatte. Sie wäre gern aufgestanden und hätte es gern in die Hand genommen, doch das traute sie sich nicht.

»Fräulein Beller?« Die Stimme des Arztes riss sie aus ihren Gedanken.

»Entschuldigung, ich habe nicht zugehört.« Maria war verlegen. »Könnten sie die Frage wiederholen?«

»Möchten sie nach vorne kommen und sich den Mundverschluß ansehen?« Der Arzt blickte sie ermutigend an.

Maria suchte erst noch den zustimmenden Blick ihrer Mutter, bevor sie der Aufforderung nachkam. Ihre Hände zitterten, als sie das Modell in die Hand nahm. Sie war etwas verwundert über die Größe.

»Dieses Modell ist etwas größer angefertigt, damit sich die Details leichter zeigen lassen.« Der Arzt war anscheinend Marias Gedanken gefolgt. »Der Mundraum wird soweit ausgefüllt, dass wir für die Zunge einen Platz vorsehen mussten.« Er bat Maria, einmal die Rückseite des Modells zu zeigen. »Die beiden Hälften werden einzeln angefertigt und werden dann im Mund zusammengeschraubt.« Er ließ seine Worte etwas wirken. »Die Anschlüsse für die Magensonde und die sichere Luftzufuhr werden durch die Nase geführt.«

Maria schaffte es nicht, ein Keuchen zu unterdrücken. Das mit den Schläuchen hatte sie schon bei Sarah gesehen.

»An der Seite sind die Anschlüsse für die Zahnpflege.« Er drehte sich zu einer Schwester, die ebenfalls im Raum war. »Wie waren deine Erfahrungen?«

»Es war schrecklich, vier Tage nicht reden zu können.« Die Schwester stand auf und ging nach vorn.

Im Besprechungsraum war ein unterdrücktes Lachen zu hören.

»Es lässt sich sehr gut tragen.« Sie blickte Maria in die Augen. »Und nach kurzer Zeit hat man es schon vergessen.«

Maria lächelte verlegen.

»Aber jegliche Äußerung wird sicher unterbunden.« Die Schwester stöhnte etwas und verdrehte die Augen.

»So ruhig war es schon lange nicht mehr auf der Station.« Der Arzt lächelte, doch dann wurde er ernst. »Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Gerät nur im äußersten Notfall eingesetzt werden sollte, weil seine Auswirkungen schon sehr extrem sind.«

Maria zuckte kurz zusammen, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie wollte sich vor der Versammlung keine Blöße geben. Aber sie überlegte schon, wie sie ihre Mutter überreden konnte, den Mundverschluß zum Einsatz zu bringen. Und vielleicht konnte sie ihn sogar behalten. Sie träumte schon davon, sich von Paul so zum Schweigen zwingen zu lassen.

»Danke Herr Kollege«, Frederike erhob sich. »Ich denke, wir haben dann alles besprochen.« Sie gab das Signal, die Besprechung zu beenden.

Maria war erleichtert, als die Besprechung vorbei war. Zumindest bei den Gegenständen, bei deren Vorstellung sie dabei gewesen war, waren keine schlimmen Sachen. Im Gegenteil, mit dem Modell der Strumpfhose würde ihr dieses Mal vielleicht sogar die sonst so demütigende Windel erspart bleiben.

* * *

»Ich dachte, sie hätten heute noch einen wichtigen Termin?« Frederike hatte Mühe, ihren Ärger zu verbergen.

»Den habe ich verschoben.« Der Investor stellte sein Tablett neben das von Maria. »Ich darf mich doch zu ihnen setzen?« Er lächelte gewinnbringend.

Da er schon so gut wie Platz genommen hatte, machte Marias Mutter nur eine müde Handbewegung.

»Maria erinnert mich sehr an meine Enkeltochter.« Er seufzte. »Aber meine Tochter kommt viel zu selten mit ihr zu Besuch.«

»Liegt es nicht auf daran, dass sie ständig irgendwo auf Geschäftsreise sind?« Frederikes Stimme klang etwas gereizt.

Doch der Investor übersah das bewusst. »Ich wünsche ihnen und ihrer netten Tochter guten Appetit.«

Frederike blieb nichts anderes über, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie hätte ihm gern gesagt, dass er sie und ihre Tochter in Ruhe lassen solle und dass dies ihr privates Projekt sei, doch sie wusste, dass sie damit wirklich alles riskieren würde. Innerlich seufzend griff sie zum Besteck und wünschte ebenfalls guten Appetit.


»Sie sagten, dass sie für ein Historienspiel trainieren? Ist das so etwas wie die Landshuter Hochzeit?« Der Investor wischte sich den Mund ab und blickte Maria neugierig an.

»So ähnlich. Es geht um einen Grafen, der die Hochzeit seiner Tochter...« Doch dann hielt sie inne. »Woher kennen sie das Fest in Landshut?«

»Ich habe deutsche Wurzeln.« Robert Brown lächelte. »Und als ich sie bei der letzten Dienstreise in Europa besuchen wollte, waren gerade alle in Vorbereitung auf das Fest.«

Maria versuchte ebenfalls ein Lächeln, obwohl sie deutlich die Ablehnung ihrer Mutter fühlte.

»Und um was geht es bei ihrem Fest?« Er schien Frederikes Miene nicht zu bemerken.

»Im Gegensatz zur Landshuter Hochzeit findet unser Fest nur alle sieben Jahre statt.« Maria begann vom Fest zu erzählen. Sie berichtete über fast alles, lediglich das Gebet auf dem Rücken erwähnte sie nicht.

Robert Brown hörte mit echtem Interesse zu. »Und sie spielen die Hauptrolle und trainieren dafür?«

»So ist es!« bestätigte Maria, »und Paul spielt den Prinzen.« Als sie den fragenden Blick des Investors bemerkte, fügte sie ein »Paul Mohr« hinzu. Nach einem etwas verunsichertem Blick ergänzte sie, »Das ist mein Freund.«

»Es ist wohl was Ernstes, wenn sie auch vor dem Altar stehen?« Herr Brown grinste ein wenig.

»Nein, das ist ja nur in dem Spiel.« Doch dann wurde sie etwas wehmütig. »Es wäre viel leichter, wenn er hier wäre.«


Bei all dem Schwärmen über das Fest hatten sie die Zeit vergessen, und erst als die Stationsärztin an den Tisch kam, erinnerte sie Frederike daran, dass sie den nächsten Termin hatten. »Ich muss uns jetzt leider entschuldigen«, erklärte sie mit fester Stimme, nachdem sie sich geräuspert hatte. »Wir wollen jetzt den konkreten Behandlungsplan ausarbeiten.«

»Selbstverständlich, meine Damen. Lassen sie sich von mir nicht aufhalten.« Der Investor griff zu seinem Tablett. »Es war eine Freude für mich, ihre reizende Tochter kennen zu lernen.« Er reichte Frederike zum Abschied die Hand.


»Was hast du gegen ihn?« fragte Maria ihre Mutter, als sie außer Hörweite vor dem Lift standen. Ihr war die ablehnende Haltung ihrer Mutter durchaus aufgefallen. »Er war doch sehr nett?«

Doch zu Marias Verwunderung seufzte ihre Mutter. »Er hat jetzt das Sagen. Ich leite diese Klinik quasi unter ihm.« Sie schwieg bis der Lift kam. Beim Eintreten seufzte sie noch einmal. »Ich würde gern Privates und Berufliches trennen.«

375. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 28.02.16 15:44

Man,das geht ja jetz Schlag auf Schlag.Vielen Dank dafür das es jetz weiter geht.

Irgendwie wirft der Teil immer mehr Fragen auf.
Aber welche mich am meisten interessiert,um was für ein Projekt geht es bei Maria jetz genau?
Irgendwie ist das noch nicht geklährt.Nur was sie dafür erleiden muß bekommt man immer mehr mit.

mfg Wölchen
376. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 28.02.16 17:48

Zitat
Man,das geht ja jetz Schlag auf Schlag.Vielen Dank dafür das es jetz weiter geht.

Irgendwie wirft der Teil immer mehr Fragen auf.
Aber welche mich am meisten interessiert,um was für ein Projekt geht es bei Maria jetz genau?
Irgendwie ist das noch nicht geklährt.Nur was sie dafür erleiden muß bekommt man immer mehr mit.

mfg Wölchen


So weit ich das verstanden habe geht es um neue Erziehungsmaßnahmen, die Ihre Mutter mit ihr zusammen entwickelt. Dabei spielt es im Rahmen, dass Maria als Prinzessin "Leiden" muss. Vielleicht als Rollenspiel

gruß kami
377. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 28.02.16 19:35

Zitat
and weiter hoffen \"Schreib Neue Rosen und alte Dornen

Hallo colonytzan,
ja, die Geschichte "Neue Rosen und alte Dornen" wird auch fortgesetzt, allerdings wird das noch etwas dauern...
gag_coll
378. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Eins

geschrieben von colonytzan am 29.02.16 10:59

Zitat
Zitat
and weiter hoffen \"Schreib Neue Rosen und alte Dornen

Hallo colonytzan,
ja, die Geschichte "Neue Rosen und alte Dornen" wird auch fortgesetzt, allerdings wird das noch etwas dauern...
gag_coll


Hi gag_coll
gute Nachrichten!
Ich hoffe, dass mehr Mädchen tragen
Monohandschuh oder Zurückhaltung unter dem cape sind.
379. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 29.02.16 19:01

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

(noch Freitag, 27. August 1984)

»Ich würde dich gern untersuchen, bevor wir den Therapieplan ausarbeiten.« Die Stationsärztin stand von ihrem Schreibtisch auf und stellte sich vor Maria. »Ziehst du dich bitte aus?«

»Nein« rief Maria zunächst erschrocken, doch dann erkannte sie ihre Situation und beschloss die Flucht nach vorn. »Ich habe wohl eine Dummheit gemacht.« Sie zog sich zunächst die Bluse aus, dann die Hose.

»Seit wann trägst du den?« Frederike musste schmunzeln, als sie Marias stählernes Höschen sah. »Damit bist du doch sicherlich nicht geflogen.«

Maria musste noch einmal schlucken, bevor sie antworten konnte. »Als ich heute morgen meinen Koffer ausgepackte, habe ich gesehen, dass Mrs. Potter ihn eingepackt hat. Sarah hat es auch gesehen und sie hat mir gezeigt, dass sie auch einen tragen muss.« Sie seufzte wieder. »Ich weiß nicht, was mich geritten hat, aber ich habe ihn mir angelegt und erst als ich ihn wieder ablegen wollte, habe ich festgestellt, dass sie mir die falschen Schlüssel mitgegeben hat.« Sie schaute sehr schuldbewusst.

Frederike lachte zunächst und streichelte ihrer Tochter über den Kopf. »Eigentlich ist es doch gut so.«

Maria blickte ihre Mutter etwas empört an.

Doch dann griff Frederike zum Telefon und wählte. Es dauert lange, bis sich etwas tat. »Guten Tag, ich hätte gern die 354.« Sie wartete.

»Wie, da ist keiner mehr?« Ihre Miene wurde länger. »Ja, ich verstehe. Montagmorgen erst wieder.« Sie legte auf.

»Was hast du vor?« Maria begann zu ahnen, dass jetzt eine schlechte Nachricht kommen würde.

»Nun ja, nach dem deine Gürtel alle aus unserem Haus stammen, stehen auch die passenden Nachschlüssel zur Verfügung.« Sie machte eine Pause, die nichts Gutes verhieß. »Aber wegen der neuen Dienstzeiten hat die Versorgungsstelle schon zu.«

»Notdienst?« fragte die Stationsärztin, entsprechend der Situation ebenfalls etwas besorgt.

»Ist nicht vorgesehen.« Frederike blickte ihre Tochter verlegen an. »Ausserdem könnten wir ohne die Unterlagen ohnehin nichts finden. Ich fürchte, du musst es bis Montag so aushalten.«

»Das bin ich ja gewöhnt.« Maria nahm es mit etwas Galgenhumor auf.

»Darf ich dich dann mal untersuchen?« fragte sie Ärztin etwas unsicher. »Deine Unterlagen kenne ich, doch ich möchte mir auch ein persönliches Bild von deinen Fähigkeiten machen.« Die bisherige Stationsärztin hatte die Klinik bei der Übernahme verlassen.

Während sie Maria abtastete, gab sie sich sehr beeindruckt von Marias Vorführung gegenüber dem Investor. »Ich wusste gar nicht, dass es in der Klinik auch Monohandschuhe gibt.« Sie blickte ihre Chefin etwas verwundert an.

Frederike schaffte nur ein verlegenes Lächeln. »Fangen wir mit dem Plan an?« Sie hoffte, dass sie darüber hinweg täuschen konnte, dass sie die Stationsärztin immer noch nicht über Marias tatsächliche Vorgeschichte informiert hatte.

Es klopfte. Der Herzog trat ein. »Entschuldigen sie, man hat mir gesagt, dass ich sie hier finden kann.«

Maria hob reflexmäßig ihre Arme vor die Brust und drehte sich um.

»Wir arbeiten gerade den Behandlungsplan für Maria aus.« Frederike war aufgestanden. Den zweiten Teil des Satzes, dass er sie dabei störte, behielt sie lieber für sich.

»Ich mache es auch kurz.« Der Herzog ließ seinen Blick kurz über die Unterlagen gleiten, die auf dem Tisch ausgebreitet waren. »Ich möchte, dass alle heute vorgestellten Maßnahmen auch wirklich angewendet werden. Und ich möchte, dass alles, was für Maria geplant ist auch an Sarah angewendet wird.« Sein Ton machte deutlich, dass er keinen Widerspruch akzeptierte. »Sarahs Leistungen müssen unbedingt besser werden, egal wie.«

»Das geht nicht.« antwortete Frederike schwach, obwohl sie bereits spürte, dass ihr Widerstand aussichtslos sein würde.

»Ist es eine Geldfrage?« Der Herzog schien damit gerechnet zu haben. Er legte einen unterschriebenen Blankoscheck auf den Tisch. »Tragen sie die Summe selbst ein. Meine Bank weiß Bescheid.«

»Aber,« die Stationsärztin suchte nach Worten, »aber... aber es geht doch gar nicht um Sarah, sondern um Maria?«

»Eben«, antwortete der Herzog, »beide Mädchen sollen lernen einen Backprayer zu tragen. Wo ist das Problem?«

»Aber die Mädchen haben doch ganz unterschiedliche Voraussetzungen«, erwiderte Frederike schwach.

»Mag ja sein.« Der Herzog war nicht bereit zu diskutieren. »Aber das Ziel ist das gleiche.«

Auf dem Weg zur Tür drehte er sich noch einmal um. »Sie schaffen das, da bin ich mir ganz sicher.« Dann verließ er das Zimmer.


Erst als seine Schritte im Flur verklungen waren, fand Frederike wieder Worte. »Was machen wir nun?« Sie sah ratlos aus.

»Auf jeden Fall erst mal den Scheck einlösen«, sagte die Ärztin, doch dann wurde auch sie ernst. »Maria?«

»Also die Magensonde und der Mundverschluß habe ich schon auf der Hütte sehr bewundert.« Maria drehte sich langsam wieder um. »Das möchte ich unbedingt ausprobieren.«

Frederike überblickte die Zusammenhänge als erstes. »Du übersiehst nur eine wichtige Kleinigkeit.«

»Die wäre?« Irgendwie spürte auch Maria den Ernst der Situation.

»Auf der Hütte war es ein Spiel, und du konntest dort jederzeit aussteigen.« Frederikes Stimme war ungewohnt ernst. »Hier gibt es keine Erleichterungen, keine Unterbrechungen und vor allem kein Safeword.«

»Das weiß ich doch.« Maria dachte an ihre bisherigen Aufenthalte in der Klinik. »Es wird mich schon nicht umbringen.« Trotzdem zitterte ihre Stimme etwas.

»Wenn alle vorgestellten Maßnahmen angewendet werden sollen und sie aber nur zwei Wochen hier sind...« Die Ärztin schien es in Gedanken zu kalkulieren. »Das geht doch rein zeitlich gar nicht.«

»Das kommt noch dazu.« seufzte Frederike.

»Und wenn die Behandlungen kombiniert werden?« fragte Maria mit einer Mischung aus Besorgnis und Vorfreude.

»Das eigentliche Problem ist doch Sarah.« Die Ärztin überhörte Marias Vorschlag. »Jedes Mal, wenn wir eine vom Herzog angesetzte »Prüfung« veranstalten, dann zeigt Sarah schlechte Leistungen. Egal wie gut sie vorher schon war.«

»Du meinst, sie spielt ihm schlechte Leistungen vor?« Frederike hatte bisher mit Sarahs Behandlung wenig zu tun gehabt, doch jetzt, wo ihre Tochter involviert war, änderte sich alles.

»Bei allen Untersuchungen sind ihre Werte optimal und sie würde das Gebet problemlos schaffen, doch bei den Prüfungen mauert sie. Es ist fast, als wolle sie sich vor etwas drücken.«

»Aber damit schadet sie sich doch selbst, wenn der Herzog jedes Mal eine Verschärfung ansetzt.« Frederike war verwundert.

»Oh, ich habe den Eindruck, dass Sarah die strengen Behandlungen genießt.« Die Ärztin schmunzelte. »Bei der einen oder anderen Gelegenheit habe ich gesehen, wie sie vor mir einen Orgasmus verstecken wollte.«

»Es muss für ihr Verhalten aber einen Grund geben.« Frederike nahm den Scheck zur Hand. »Selbst wenn wir darauf eingehen, wird sie ihr Verhalten nicht ändern.«

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich habe einen Verdacht, warum sie das macht und vor was sie Angst hat.«

»Du kennst sie doch erst zwei Tage?« Ihre Mutter hatte Zweifel.

»Sarah ist einsam und sie hatte bisher keinen, dem sie sich bisher so richtig anvertrauen konnte.« Maria konnte das Argument ihrer Mutter nicht entkräftigen. Sie berichtete trotzdem einfach davon, was sich bisher ereignet hatte. »Sie weiß, dass ihr künftiger Ehemann homosexuell ist und sie fürchtet sich sehr vor ihrer Hochzeit.«

»Das würde so ziemlich alles erklären.« Die Stationsärztin hatte aufmerksam zugehört. »Damit wären ihre Handlungen plausibel.«

»Der Herzog hat mir versichert, dass mit der Hochzeit alles in Ordnung ist und dass vor Sarah eine glänzende Zukunft liegt.« Frederike begann, an ihren Worten zu zweifeln. »Wenn du wirklich recht haben solltest....« Sie wusste aber nicht, wie sie den Satz vollenden sollte.

»Wir machen einfach weiter wie geplant, schreiben aber etwas anderes in unsere Berichte, die der Herzog bekommt.« schlug die Ärztin vor.

»Das wollte ich auch vorschlagen, aber«, Frederike seufzte laut. »Ab morgen ist der Herzog mit seiner Frau in der Klinik. Sie bereiten die Geburtstagfeier ihrer Tochter vor und haben nebenbei ein Wellness-Programm bestellt. Er würde die Berichte sofort als falsch entlarven. An die weiteren Konsequenzen mag ich gar nicht denken.«

»Was machen wir da nur?« Die Ärztin zeigte ihre Ratlosigkeit.

»Wir müssen Sarah die Angst vor ihrer Hochzeit nehmen, das ist wohl das wichtigste.« Frederike spielte nervös mit ihrem Stift. »Nur dann wird der Herzog Ruhe geben. Ich denke, die Behandlungen sind dann zweitrangig.«

»Aber wie soll das gehen?« Es war der Ärztin anzuhören, dass sie keine Idee hatte.

»Getrennte Schlafzimmer, in der Hochzeitsnacht betrunken und ein persönlicher Diener.« Marias Stimme war leise, doch ihre Worte waren im Raum deutlich zu hören. »Im Hochadel müssen die persönlichen Interessen öfters mal zurücktreten.« Ihre Worte zeigten, dass sie sich mit dem Leben der Prinzessin und des Adels schon intensiv befasst hatte. »Ich werde mal mit ihr reden.« Sie griff sich eines der noch leeren Formulare auf dem Tisch. »Was ist jetzt mit meinem Behandlungsplan?« Sie blickte abwechselnd ihre Mutter und die Ärztin fragend an.


Die beiden Blätter auf dem Tisch füllten sich schnell. Maria zeigte dabei großes Interesse und brachte viele Ideen selbst ein. Sie kannte die einzelnen Behandlungen von den bisherigen Aufenthalten und entwickelte ein Gefühl dafür, was sie sich zutrauen konnte.

Frederike zeigte ein sorgenvolles Gesicht. »Willst du dir das wirklich zumuten?«

»Wir machen jeden Mittag und Abend eine kurze Besprechung, bei denen wir korrigierend eingreifen können.« Die Ärztin machte sich eine Notiz. »Ich denke, dann wird sogar der Herzog verstehen, wenn wir den Plan kurzfristig ändern.«

Maria blickte auf die ausgefüllten Blätter, die vor ihr lagen. Es war ein Gemisch aus Vorfreude und Sorge, und sie hätte nicht einmal sagen können, welches der Gefühle überwog. Dabei wurde dies aber von etwas viel Wichtigerem überlagert. Sie musste einen Weg finden, wie sie Sarah die Angst vor der Zukunft nehmen konnte. Gewiss, für sie selbst hatte es keine Bedeutung, aber sie fühlte sich sowohl ihrer neuen Zimmernachbarin als auch ihrer Mutter sehr verpflichtet. Besonders freute sie darauf, dass mehrmals eine Übernachtung im Vakuumbett vorgesehen war. Auch wenn sie Pauls Hände sehr vermissen würde.


»Und jetzt möchte ich dich gern noch röntgen.« Die Ärztin nahm eine neue Liste zur Hand und zeigte sie den beiden vor.

Maria war einen Blick darauf. »Um drei habe ich mich mit Sarah in der Cafeteria verabredet.« Sie blickte kurz zur Uhr. »Ich wusste nicht, dass es so viel ist.«

»Drei Uhr wird etwas sportlich.« Frederike blickte die Ärztin zweifelnd an. »Ich sage der Prinzessin, dass es später wird.« Sie blickte noch einmal auf die Liste. »Sagen wir um vier?«

Maria war erleichtert, dass ihre Mutter neben dem medizinischen Programm auch noch ein Auge für das Privatleben ihrer Tochter übrig hatte.

»Vier Uhr ist gut.« Die Ärztin blickte Maria ermutigend an. »Das sollten wir schaffen.«

Maria kannte diese Untersuchung schon von den letzten Malen. Doch diesmal kam auch noch eine Gelenkigkeitsprüfung dazu. Mit dem konkreten Ziel des Gebetes waren weitere Untersuchungen nötig.

Auch das Röntgen würde aufwendiger werden. Dass Maria mit ihren Korsetts geröntgt wurde, kannte sie. Diesmal kamen auch noch die Haltungen für das Gebet dazu. Doch Maria liebte das Röntgen, weil sie für eine kurze Zeit wirklich alles tragen musste oder besser durfte. Es begann schon mit den Ballettstiefeln, dann natürlich beide Korsetts, das große und das Ganzkörperkorsett wegen der Verteilung der Organe. Und natürlich war auch die Armhaltung im Monohandschuh wichtig.

Erst als sie schon den Raum verlassen hatte, fiel ihr ein, dass sie gegenüber ihrer Mutter vielleicht etwas Angst hätte zeigen sollen. Doch insgeheim ahnte sie, dass ihre Mutter sie in dieser Richtung schon durchschaut hatte.

* * *

Sie hatten sich in der Cafeteria verabredet. Maria war gleich nach ihrer großen Untersuchung dorthin gegangen, während Sarah etwas später kam. Sofort fiel Maria der veränderte Gesichtsausdruck der Prinzessin auf. Sie musste gar nicht fragen.

»Sie kommen schon morgen.« Es tat Sarah offensichtlich sehr gut, endlich mit jemand ihre Probleme teilen zu können.

Maria überlegte erst, ob sie aus den bisherigen Erzählungen der Prinzessin schließen konnte, wen sie meinte, doch dann beschloss sie, doch nachzufragen. »Wer kommt?«

»Mein baldiger Schwiegervater mit seiner Frau.« Sarah seufzte. »Ich dachte, sie kommen erst nächste Woche, doch jetzt haben sie noch eine Woche ´Wellness´-Programm dazu gebucht.« Sie begann zu weinen.

»Was ist denn so schlimm daran?« Maria verstand die heftige Reaktion nicht.

»Sie könnten meine Behandlungen beobachten.« Sarah schluchzte ein wenig.

»Und was ist so schlimm daran?« Maria verstand Sarahs Beweggründe noch nicht.

Sarah stutzte einen Moment. Maria war es, als fiele ein Schatten über ihr Gesicht. »Ich möchte nicht darüber reden.« Sie versuchte, sich die Tränen wegzuwischen.

Maria ahnte, um was es Sarah ging, doch wenn sie jetzt nachhaken würde, dann würde sich die Prinzessin vermutlich ihr gegenüber auch verschließen, und das wollte Maria auf keinen Fall. Außerdem, dass musste Maria sich selbst eingestehen, wusste sie selbst auch noch nicht, auf wessen Seite sie eigentlich stand. Sie ahnte, dass die Doppelrolle ´Tochter der Chefin´ und ´Freundin der Prinzessin´ nur schwer einzunehmen war.

»Schließen wir uns wieder in die Handschuhe ein?« Sarah blickte sie geradezu flehend an.

Maria wollte im ersten Moment ´nein´ sagen, denn sie hatte noch vor dem Abendessen noch zwei Dinge vor, bei denen sie auf ihre Arme nicht verzichten wollte. Doch als sie die traurigen Augen der Prinzessin sah, brachte sie es nicht übers Herz, ihr abzusagen.

Sarah sprang auf und griff Maria bei der Hand. »Dann komm«, grinste sie und zog sie von ihrem Platz.

Auf dem Weg in ihr Zimmer dachte Maria darüber nach, wie sie das Tragen des Handschuhs ihrer Mutter gegenüber erklären sollte. Immerhin stand noch eine Besprechung mit der Schwester an, die die komische Strumpfhose vorgeführt hatte. Naja, ihre Mutter würde sicher Verständnis dafür haben, wenn sie noch etwas »trainierte«. Doch dann blieb sie kurz stehen und flüsterte »Paul!«

»Was ist los?« Sarah blickte ihre Freundin ungeduldig an.

»Ich wollte doch ein Tagebuch für ihn schreiben.« Maria ahnte, dass ihre Argumente nicht stark genug waren. »Mit dem Mono geht das nicht.«

»Dann schreibst du es eben morgen,« antwortete Sarah mit etwas Pragmatismus. »Ich brauche jetzt etwas Ablenkung.«

Maria seufzte, dann gab sie dem Drängen der Prinzessin nach.

* * *

»Sag mal, du nimmst dein Training aber sehr ernst.« Frederike lächelte, als ihre Tochter etwas verlegen das Zimmer betrat. »Ist dir die Rolle so wichtig?«

»Ich habe es Sarah zuliebe gemacht.« Maria übersah den Spott ihrer Mutter. »Sie war so traurig, als sie von der Ankunft des Herzogspaares erfuhr.«

»Für die Klinik ist es etwas Besonderes, so hohe Gäste beherbergen zu dürfen.« Stolz war in ihren Worten zu hören. Doch dann realisierte sie, was ihre Tochter gerade gesagt hatte. »Warum ist Sarah traurig?«

»Sie wollte nicht darüber reden.« Maria gab einen kurzen Überblick über das Gespräch. »Aber ich habe einen Verdacht.«

»Und zwar?« Frederike war über die Bemühungen ihrer Tochter sehr erfreut.

»Meiner Meinung nach hat sie Angst, dass der Herzog sie bei den normalen Behandlungen sehen könnte und dann merkt, dass sie ihm in den Prüfungen etwas vorspielt.« Maria hatte unbewusst etwas leiser gesprochen.

»Das wäre auch der Klinik nicht recht.« Marias Mutter erklärte, dass unter normalen Umständen Sarahs Ausbildung schon lange vorbei gewesen wäre, und nur weil der Herzog immer wieder Verschärfungen forderte, sei sie noch da.

Maria erkannte den tieferen Inhalt der Aussage sofort. »Die Klinik würde auf viel Geld verzichten, wenn es herauskäme.«

»Naja, der Investor macht schon sehr viel Druck bezüglich der Gewinne.« Frederike seufzte, »und Sarah bringt sehr viel Geld herein.«

Maria begriff sofort, was sie damit zwischen den Zeilen auch sagte. Ihre eigene Ausbildung war jetzt nur noch ein Kostenfaktor, der nichts einbrachte.

Es klopfte, und gleich darauf traten der Orthopäde und die Schwester ein. Der Arzt trug eine große Tasche bei sich. Er grinste, als er sie auf den Tisch stellte. »Es ist kaum etwas darin, aber ich möchte kein dummes Gerede.« Er packte die Tasche aus und wandte sich an Frederike. »Ich habe um diesen Termin gebeten, weil es doch noch einige recht intime Details zu besprechen oder zu klären gäbe.«

»Gewiss, die doppelwandige Strumpfhose trägt schon ziemlich auf.« Die Schwester griff sich das Exemplar, welches auf dem Tisch lag. »Aber den Preis zahle ich gern.«

Diese Variante fand Maria sehr aufregend. Bei den bisherigen Aufenthalten hatte sie immer die Beutel am Bein getragen und traute sich damit nicht aus dem Zimmer. Oder sie trug eine Windel, und das war noch viel schlimmer.

* * *

»Ach da bist du ja endlich« Sarah stand auf, als Maria ihr Zimmer betrat. »Ich habe uns schon angemeldet.«

Maria seufzte innerlich. Sie hätte jetzt gern ein paar Worte in das Tagebuch für Paul geschrieben, doch der Prinzessin zuliebe verzichtete sie auf ihre Arme. Und selbst, wenn sie einen Stift hätte halten können, waren ihre Arme doch auf dem Rücken und sie konnte nicht sehen, was sie schreiben würde. Außerdem hatte sie noch sehr mit dem zu kämpfen, was sie soeben von ihrer Mutter erfahren hatte.

Ihre Mutter hatte, als sie wieder mit ihrer Tochter allein war, ein ganz heikles Thema angesprochen, welches für Maria aber bald wichtig werden könnte, die Verhütung. Die Pille kam nicht in Frage, denn Maria würde oft nicht in der Lage sein, sie zu nehmen. Wegen der Korsetts, die sie trug, kam auch eine Spirale nicht in Frage. Ein Implantat wäre die Lösung, und dafür wollte Frederike ihre Zustimmung. Bis Montag müsse sie sich entschieden haben.

»Was ist denn jetzt schon wieder?« fragte Maria und ärgerte sich gleichzeitig, weil sie einen gewissen genervten Unterton nicht unterdrücken konnte.

»Ich habe mir etwas ausgedacht.« Sarah strahlte. »Und Erica ist einverstanden.«

Maria hatte den Namen Erica noch nicht gehört, doch sie hatte nicht die Kraft, nachzuhaken. So trottete sie einfach hinter der Prinzessin her.

Im Schwesternzimmer stand die Lernschwester schon an der Tür und hielt einen Block in der einen und einen Stift in der anderen Hand. »Ich habe aber nicht viel Zeit.«

Als sie Sarahs verwunderten Blick sah, ergänzte sie. »Die Oberschwester hat mich heute mit für das Abendessen-Ausgabe eingeteilt.« Sie seufzte. »Sonst darf ich immer nur zuschauen, und wenn ich mal was Spannendes zu tun hätte, dann gibt sie mir Arbeit.« Sie blickte Maria und Sarah an. »Wo gehen wir hin?«

Als sie in zwei verwunderte Gesichter blickte, fügte sie hinzu. »Hier im Schwesternzimmer kommt sie immer vorbei und scheucht mich auf.«

»Im Aufenthaltrsaum?« Maria erinnerte sich daran, dass er um diese Uhrzeit meists leer war.

»Warum nicht? Probieren wir es.« Sarah ging wie üblich voran.

»Um was geht es eigentlich?« fragte Maria, als sie im Aufenthaltsraum Platz genommen hatten.

»Du wolltest doch Tagebuch schreiben.« Sarahs Augen funkelten. »Du diktierst und Erica schreibt es auf.«

Maria seufzte innerlich. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Doch sie spürte auch, dass Sarah ihr helfen wollte.

Auch Erica blickte sie erwartungsvoll an. »Nun mach schon, wir haben nicht viel Zeit.«

Maria seufzte noch einmal, dann begann sie. »Liebes Tagebuch, heute war ein spannender Tag...«

* * *

»Deine Tochter ist aber sehr abgeklärt.« Die Stationsärztin blätterte noch einmal in ihren Unterlagen. »Aber warum macht sie das alles?«

»Ja, sie ist sehr reif, mehr als es einer Mutter recht sein kann.« Sie seufzte. »Du musst noch einiges zu Marias Vorgeschichte wissen.«

»Ich habe mich schon gefragt, warum so ein junges Mädchen solche Fähigkeiten hat.« Sie schlug die Mappe zu und blickte auf. »Hängt das nur mit diesem Fest zusammen?«

»Nein, das Fest war nur ein ungeheurer Glücksfall, ebenso der Junge, mit dem sie sich angefreundet hat.« Frederike grinste. »Die Trennung von ihm ist ihr sehr schwer gefallen. Aber es dient einer höheren Sache.«

»Lass hören« Die Stationsärztin blickte sehr gespannt auf ihre Chefin.

* * *

»Und jetzt trage ich schon wieder den Handschuh und stelle mir vor, Paul hätte ihn angelegt.« Maria diktierte den letzten Satz für ihr Tagebuch. »Das war es für heute.« Sie blickte Erica dankbar an. »Vielen Dank dafür.«

»Immer wieder gern.« Erica riss das Blatt, welches sie eben beschrieben hatte, vom Block herunter und reichte es Maria. Erst jetzt bemerkte sie, dass Maria ihre Arme nicht benutzen konnte. »Ist das nicht schwer, die Arme nicht benutzen zu können? Was habt ihr denn ausgefressen?«

»Oh, die haben wir uns selbst angelegt.« Sarah strahlte bis über beide Ohren.

Erica war sehr verwundert. »Warum denn das?«

Maria grinste. »Das ist eine lange Geschichte.«

Die Tür ging auf und die Oberschwester stand im Raum. »Ach hier sind sie.« In ihrer Stimme klang etwas Ärger mit. Doch dann fiel ihr Blick auf Marias und Sarahs Arme und ihre Stimmung schien sich zu ändern. »Wenn sie mit der Patientenbetreuung fertig sind, kommen sie bitte zum Austeilen des Essens.« Sie drehte sich um und schloss die Tür hinter sich.

»Wer sind sie und was haben sie mit der Oberschwester gemacht?« Erica grinste über das ganze Gesicht. »So freundlich war sie noch nie zu mir. Sonst schimpft sie immer nur herum, und ich kann ihr kaum etwas recht machen.« Sie stand auf. »Ich muss dann, die Pflicht ruft.« Erst jetzt bemerkte sie, dass sie den Zettel mit Marias Diktat immer noch in der Hand hielt. »Ich lege ihn dir auf den Nachttisch.«


Ein wenig später kam Erica wieder in den Raum. Sie trug ein Tablett. Hinter ihr kam die Oberschwester und trug ebenfalls ein Tablett. »Ich versorge Sarah mit dem Beutel und sie helfen Maria, damit sie ihre Therapie nicht unterbrechen muss.«

Bei dieser Ankündigung hätte Maria sich fast verschluckt. Sie und Sarah tauschten kurz ein paar intensive Blicke aus. »Erica, kennen sie sich mit diesen Armhaltern aus? Sie werden sich in Zukunft darum kümmern.«

Erica blickte etwas hilflos zwischen den Mädchen und der Oberschwester hin und her.

Sarah kam der Lernschwester zu Hilfe. »Wir zeigen ihr alles, was wichtig ist.«

Damit war die Oberschwester zunächst zufrieden. »Aber bitte informieren sie sich auch in der Literatur. Es kann nicht angehen, dass wir von den Patienten gesagt bekommen, wie wir unsere Arbeit zu tun haben.«


»Sie weiß es selbst auch nicht, da bin ich mir sicher.« sagte Erica noch etwas ärgerlich, als die Oberschwester den Raum wieder verlassen hatte.

Maria und Sarah lachten.

Doch dann wurde Erica etwas verlegen. »Ich weiß nicht, was ich jetzt machen muss. Es ist das erste Mal, dass ich jemand ohne Arme...« Sie stotterte etwas.

Maria hatte ein seltsames Kribbeln im Bauch, als sie Erica erklärte, wie sie ihr helfen konnte. Irgendwie war es sehr aufregend. Sie trug ihren Handschuh, und ganz fremde Leute kümmerten sich um ihr Wohlergehen.

* * *

Noch zwei Tage würde es dauern, bis ihre Behandlungen begannen. Sie blickte etwas wehmütig auf ihr Bett. Über das Wochenende war weniger Personal in der Klinik, und deswegen kam in den drei Nächten über das Wochenende eine Fixierung nicht in Frage. Sarah litt darunter ebenfalls, und obwohl der Herzog deswegen schon interveniert hatte, blieb es bei den Nächten ohne S-Fix. »Die Klinik ist doch kein Gefängnis.« hatte Frederike argumentiert, und dem hatte der Herzog nichts entgegen zu setzen.

380. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 29.02.16 20:05

Vielen Dank.gag_coll

MAn dich had ja jetz zu unseren Glück die Schreibwut gepackt.

Aber du bist so was von gemein uns einfach Marias Vorgeschichte zu verschweigen.Also wirklich.

Der Satz:Sarah litt darunter ebenfalls, war da mit gemeint das sie immer zu nachts gefesselt ist oder weil sie es am Wochenende nicht ist.

Noch mals vielen Dank dafür und hoffentlich bleibt es bei deiner schreibwut,wir werden da auf keinen Fall meckern.

mfg Wölchen
381. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 29.02.16 20:23

Zitat
Aber du bist so was von gemein uns einfach Marias Vorgeschichte zu verschweigen.Also wirklich.

Was meinst du damit? Eigentlich hat Maria schon sehr viel erzählt.
Zitat
Der Satz:Sarah litt darunter ebenfalls, war da mit gemeint das sie immer zu nachts gefesselt ist oder weil sie es am Wochenende nicht ist.

Damit war gemeint, dass Sarah auch gern am Wochenende in Fesseln übernachtet hätte.
382. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 29.02.16 20:25

Muß ich irgendwie überlesen haben als MAria das erzählt had.Oder es ist zu lange her.(Könntest du bitte eine Zusammenfassung davon schreiben.Oder den Teil dazu mitteilen damit man ihn wieder suchen kann.)

mfg Wölchen
383. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 29.02.16 22:13

Hallo cag_coll

Boah, jetzt veröffentlichst du du die Teile so schnell, das man ja gar nicht mehr zum lese, geschweige denn zum Antworten kommt.

Auf jedenfall hast du da einen Hammerteil zusammengeschrieben, der echt super ist.



MfG Rainman
384. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 01.03.16 05:49

Zitat
Muß ich irgendwie überlesen haben als MAria das erzählt had.Oder es ist zu lange her.(Könntest du bitte eine Zusammenfassung davon schreiben.Oder den Teil dazu mitteilen damit man ihn wieder suchen kann.)
mfg Wölchen

In Kapitel 8 erzählt Maria von der Weihnachtsaktion des Kaufhauses, in dem sie ein Sissi-Kleid mit Korsett tragen durfte...
Aber du beziehst dich vermutlich auf einen anderen Satz. Die Stationsärztin ist neu und Frederike hatte mit ihr noch gar nicht über Maria gesprochen. Der Leser weiß eigentlich schon viel über Marias prägende Zeit.
385. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 01.03.16 05:53

Zitat
Boah, jetzt veröffentlichst du du die Teile so schnell, das man ja gar nicht mehr zum lese, geschweige denn zum Antworten kommt.

Naja, ich wollte den Freitag vollenden. Immerhin gilt es über fast zwanzig Tage zu berichten.
Zitat
Auf jedenfall hast du da einen Hammerteil zusammengeschrieben, der echt super ist.

Danke, das freut mich sehr.
386. RE: Maria

geschrieben von Harry_W am 01.03.16 11:03

Ich bin letzten Mittwoch zufällig über "Maria" gestolpert. Obwohl es ein Lesemarathon wurde, wollte ich immer mehr noch von Maria lesen. Die AKteure werden mit viel Liebe zum Detail gezeichnet und aus der Handlung lassen sich vielleicht auch schon Fäden der zukünftigen Handlung ableiten. Die Aufnahme in den Bondage-Zirkel ist sicher eine gute SAche, die Maria und Paul "gut getan" hat. Das Suchtpotential nach mehr von den beiden ist gewaltig und daher eine dickes D A N K E für die viele Arbeit über einen so langen Zeitraum.

Für mich eine der besten Geschichten hier im Forum. Herzliche Grüße
Harry_W
387. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 02.03.16 06:00

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Samstag, 28. August 1984

Maria mochte das erste Wochenende in der Klinik überhaupt nicht. Wie bisher jedes Mal war ihre Mutter mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt und hatte deswegen für sie keine Zeit. Diesmal musste Frederike auch noch die Extra Behandlungen für sie und Sarah ausarbeiten. Das Personal war fast ausschließlich im Wochenende, und in der Patientenbibliothek kannte Maria auch schon alle interessanten Bücher.

Mit Sarah war auch nicht zu rechnen. Heute hatten sich ihre Schwiegereltern angekündigt, und die Prinzessin hatte deswegen für andere Unternehmungen keinen Kopf.

Es lohnte sich auch nicht, außerhalb der Klinik etwas unternehmen zu wollen. Der kleine Ort bot vor allem am Wochenende keinerlei Abwechslung.

Seufzend schlug sie die Bettdecke weg und stand auf. Sarah war auch schon wach, wie Maria sich mit einem kurzen Blick auf das Bett überzeugen konnte. Doch die traurige Miene der Prinzessin hielt Maria davon ab, ihr mehr als einen guten Morgen zu wünschen.

Weil die Klinik hauptsächlich ambulant arbeitete, war für das Wochenende auch keine Verpflegung für die Patienten vorgesehen, zumindest nicht ohne extra Bezahlung.


Als sie aus dem Bad kam, lag Sarah immer noch im Bett. »Joe wartet mit dem Frühstück.« Sie erinnerte die Prinzessin daran, dass sie bei ihm das Essen bestellt hatten.

»Ja, ich komme.« Sarah seufzte. »Geh schon mal vor.«

* * *

»Wo ist denn Betty?« Joe brachte das bestellte Frühstück.

»Die hat dieses Wochenende eine Weiterbildung.« Sarah seufzte ein wenig.

Maria blickte auf den liebevoll gedeckten Tisch. »Du hast schon wieder Blumen geholt.«

Joe beugte sich zu ihr herunter. »Verratet mich nicht, aber die wachsen auf der Wiese hinter der Orthopädie.«

Maria lächelte. Sie erinnerte sich daran, dass dort sie schon oft auf dem Fenster gesehen hatte und sich an den Blumen erfreute.

»Was liegt denn heute an?« Joe versuchte etwas Smalltalk.

»Er und sie werden die Suite belegen.« Sarah seufzte wieder etwas.

Joe kannte Sarah gut genug, um zu wissen, wen Sarah meinte. »Wann kommen sie denn?« Natürlich war er auch Geschäftsmann und hoffte, von dem Herzogs-Kuchen auch etwas ab zu bekommen.

»Gegen elf Uhr wollen sie kommen.« Sarahs Stimme zeigte ihre traurige Stimmung.

Joe wusste ein wenig von dem schwierigen Verhältnis zwischen Sarah und ihren Schwiegereltern. Er zog es vor, nicht nachzuhaken.

* * *

Marias Mutter kam in die Kantine. »Wann kommt das Herzogspaar?« fragte sie mit etwas Zittern in der Stimme, gleich nachdem sie ihre Tochter und Sarah begrüßt hatte.

Sarah nannte die Uhrzeit. Wieder seufzte sie dabei.

»Ja, wir sind alle nervös.« Frederike griff die Stimmung der Prinzessin auf. »Von dem Aufenthalt hängt viel ab.«

Maria war verwundert. Ihre Mutter war sonst nicht so angespannt. »Was ist denn los?«

»Sie wollen hier in der Klinik in der Aula den Geburtstag ihrer Tochter feiern.« Frederike blickte ihre Tochter ermutigend an.

»Und warum machen sie das nicht daheim in Brasilien?« Maria blickte zwischen Sarah und ihrer Mutter hin und her.

»Die Stimmung im Land ist im Moment eher gegen den Adel.« Sarah blickte Maria nervös an. »Hier können sie ungestört feiern.«

»Der Investor hat sie eingeladen.« Frederikes Stimme zeigte, wie wütend sie über die Entscheidung war. »Dem Adel schmeißt er das Geld hinterher, und ich muss alles selbst zahlen.«

»Die Woche Wellness auch?« Sarah war verwundert.

»Nein, die zahlen sie selbst.« Frederike schien jetzt erst zu realisieren, dass die Prinzessin mit am Tisch saß. »Aber das Fest wird von der Klinik ausgerichtet. Als Dankeschön.«

Sie drehte sich zu ihrer Tochter. »Ich habe dir in der Bibliothek ein paar Bildbände und Nachschlagewerke bereitgestellt.«

* * *

Maria ging eher gelangweilt in den kleinen Raum, der den Namen Bibliothek nun wirklich nicht verdiente. Doch als sie sah, welche Bücher jetzt neu bereit lagen, war sie auf einmal sehr aufgeregt. Es waren mehrere Bände mit Berichten über den brasilianischen Adel sowie mehrere Fotobände mit entsprechender Mode. Sie setzte sich an den kleinen Tisch und begann sofort zu blättern.

Sie war fasziniert. Es gab anscheinend eine Kleiderordnung, die den adeligen Damen vorschrieb, die Arme zu verstecken. Bei jungen Prinzessinnen wurde die Arme in der Kleidung fixiert, während den reiferen Damen zugetraut wurde, sich selbst unter Kontrolle zu halten. Der entsprechende Bildband zeigte diverse Modelle, doch die Texte waren in Portugiesisch. Sarah würde ihr das bestimmt übersetzen können.

Ein anderes Buch schien auch sehr interessant zu sein. Es war die Geschichte der Prinzessin Margarete von Mantua, die auch als die brasilianische Sissi bezeichnet wurde. Maria nahm es zur Hand und begann darin zu blättern.

* * *

Frederike lehnte sich erleichtert zurück. Vor ihr lagen zwei Blatt Papier, die sie soeben mit den Terminen für die nötigen Behandlungen ausgefüllt hatte. Sie hoffte sehr, dass sie ihre Tochter und die Prinzessin damit nicht überfordern würde.

Sie hatte einen Plan entwickelt, der medizinisch nicht zu abwegig war und dennoch alle Wünsche des Herzogs erfüllte. Sie hatte sogar noch zwei Eskalationsstufen vorgesehen, obwohl sie sehr hoffte, dass es dazu nicht kommen würde. Aber der Herzog hatte es verlangt. Irgendwie schien er so langsam die Geduld zu verlieren.

Am Vormittag waren jeweils drei Stunden für die Behandlung vorgesehen, am Nachmittag zwei mal zwei Stunden. Trotzdem war auch für die Mahlzeiten noch genügend Zeit eingeplant. Lediglich für die Freizeit der Mädchen blieben nur die Stunden nach dem Abendessen und vor der Bettruhe übrig. Doch sie war zuversichtlich, dass die Mädchen das zwei Wochen lang aushalten würden.

Sie blickte mit sorgenvollem Blick auf die Uhr. Es war halb elf. Für elf Uhr hatte sich der Herzog mit seinem Gefolge angesagt. Und sie wusste, dass sie dann keine Ruhe mehr finden würde, auch wenn der Herzog die Listen erst am Sonntagabend sehen wollte. Immer gab es auch noch das Wellness-Programm, welches zu besprechen war.

Frederike war sich sicher, dass das Wellness-Programm nur ein Vorwand war, um Sarahs Ausbildung zu überwachen. Sie ahnte es, seit der Herzog einmal laut geseufzt hatte. »Die Hochzeit kommt immer näher, und es sind noch überhaupt keine Fortschritte zu erkennen.«

Bisher hatte ihr die Ausbildung von Sarah nicht viel bedeutet. Sie brachte der Klinik viel Geld ein, und das war wichtig. Doch jetzt war mit Maria ihre Tochter involviert, und sie sah die Ausbildung mit anderen Augen.

* * *

»Wo ist denn die Prinzessin?« Joe servierte das Mittagessen.

Maria hatte sich von den faszinierenden Büchern losgerissen und war in die Kantine gegangen, um ein wenig zu essen. »Die Herzogin ist da. Und Sarah möchte sie begrüßen.«

»So, möchte sie das?« Joe hatte da seine eigene Meinung. »Ich hatte eigentlich einen anderen Eindruck.«

»Immerhin ist sie sehr erleichtert, dass der Sohn nicht dabei ist.« Maria gab Sarahs Erleichterung wieder, als diese gesehen hatte, dass die Herzogin allein angekommen war.

»Allein?«, Joe runzelte die Stirn, »Normalerweise reist sie doch immer mit großem Gefolge. Mehr Dienerinnen als Finger.« Sein Tonfall zeigte, was er von diesem Protz hielt.

»Ja, natürlich.« Maria grinste. »so meinte ich das.«

»Warum wehrt sie sich bloß so gegen ihre Hochzeit?« Joe rückte ein paar Stühle zurecht. »Sie ist jetzt schon fast ein halbes Jahr hier.«

»So lange?« Maria war ehrlich erstaunt.

»Ja«, bestätigte Joe, »sie ist immer wieder durch die Prüfung gerasselt.«

»Danke, Joe, das war sehr lecker.« Maria wollte von dem Thema ablenken. Sie stand auf und ging zur Tür.

»Ach hier sind sie.« Lernschwester Erica stand in der Tür. »Die Herzogin bittet sie, sie einmal in ihrer Suite zu besuchen.«

»Bittet?« Joe blickte zu Maria. »Ich würde das einen Befehl nennen.« Er grinste.

Maria blickte sich zu ihm um und grinste zurück. »Dann wollen wir mal.«

* * *

Maria blickte zunächst etwas zweifelnd an sich herunter. War sie für eine »Audienz« bei der Herzogin wirklich richtig angezogen? Doch schließlich schob sie ihre Zweifel beiseite. Sie war hier in einem Krankenhaus und nicht in einem Palast, Jeans und T-Shirt mussten reichen. Etwas anderes hatte sie ohnehin nicht eingepackt.

Trotzdem ging sie mit sehr gemischten Gefühlen in die Suite des Herzogs. Sie wusste, dass die Herzogin sie kennenlernen wollte, doch über was sie mit der Herzogin reden sollte, dazu hatte sie gar keine Idee.

Als sich die Tür zur Suite öffnete, wusste Maria nicht, über was sie sich am meisten wundern sollte. Die Herzogin öffnete selbst. Maria hatte sie zwar noch nie gesehen, aber sie spürte irgendwie, das die Frau in dem schicken Hosenanzug die Herzogin war. Und sie reichte ihr zur Begrüßung die Hand.

Maria erwiderte den Gruß und versuchte ein höfliches Lächeln, trotzdem konnte sie ihre Überraschung nicht verbergen.

»In Brasilien sind wir immer der strengen Etikette unterworfen, doch hier können wir etwas freier auftreten, auch wenn mein Mann das nie zugeben würde.« Sie hatte Marias Verwunderung durchaus bemerkt.«Wenn wir Damen allein sind, dann sind wir sehr viel vertrauter miteinander.« Sie deutete auf einen der Sessel. »Wenn wir unter uns sind, dann bin ich Maguerite.«

»Maria Beller.« Maria hatte das Gefühl, sich auch vorstellen zu müssen.

»Sie sind die Tochter der Chefin?« Die Herzogin setzte sich in den Sessel neben Maria.

Maria nickte immer noch sehr eingeschüchtert.

»Es hatte zuerst viel Ärger gegeben, weil mein Mann erst unbedingt auf einer adligen Dame bestanden hatte.« Sie griff zu der kleinen Glocke, die auf dem Tisch stand und läutete. »Irgendwie hat ihre Mutter es geschafft, meinen Mann zu überzeugen. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft hat.«

Eine ältere Frau in einem Dienstmädchenkleid erschien. »Madame?«

»Bringen sie uns bitte etwas zu trinken.« Sie blickte Maria ermunternd an. »Ich nehme ein Wasser.«

Maria hatte immer noch Schwierigkeiten, sich zu äußern. »Für mich bitte auch.« Sie hatte mit dem zu kämpfen, was sie gerade von der Herzogin erfahren hatte. Für die Prinzessin war eine adelige junge Dame gesucht worden, und ihre Mutter hatte sie durchgesetzt. Sie hatte also den Platz einer Prinzessin eingenommen. Sie nahm sich vor, ihre Mutter dazu zu befragen und sich vor allem zu bedanken.

»Mein Mann setzt große Stücke auf sie.« Die Herzogin hatte auf einmal etwas sorgenvolles in der Stimme. »Bitte helfen sie Sarah bei ihrem Training.«

»Ich gebe mir alle Mühe.« Maria wusste nicht, ob sie schon von Sarah Zukünftigen erzählen konnte.

»Sie trainieren auch das Gebet auf dem Rücken?« Herzogin blickte auf Marias Arme.

»Ja, ich soll es auf dem Fest in Deutschland tragen.« Maria war etwas verwundert.

»Er hat mich nur genommen, weil er glaubte, ich könnte das auch.« Die Herzogin seufzte. »Doch seit dem Reitunfall geht es überhaupt nicht mehr. In unserem gesellschaftlichen Rahmen kam eine Scheidung nicht in Frage. Diesmal will er es vor der Hochzeit geklärt haben.«

»Sie haben auch eine Tochter?« Maria versuchte vorsichtig einen Themenwechsel.

»Ja, meine Elisabeth, aber wir nennen sie immer nur Sabeth.« Die Herzogin blickte kurz auf die kleine Kommode, auf der einige Fotos standen. »Sie feiert nächste Woche Geburtstag.« Sie spürte die Frage, die Maria nicht zu stellen wagte. »Sabeth ist mit einer Fehlstellung geboren, so dass das Gebet für sie nie in Frage kam.«

Maria begriff, dass der Herzog schon einige Schicksalsschläge hatte hinnehmen müssen.

»Sie werden demnächst heiraten?« Die Herzogin lächelte.

»Naja, es ist nur in einem Historienspiel.« Maria war erstaunt, wie gut die Herzogin informiert war. »Es ist nichts Ernstes.«

»Im Hochadel haben die Hochzeiten auch selten etwas mit Gefühlen zu tun.« Sie seufzte. »Meistens sind es gesellschaftliche Verpflichtungen. Liebesheiraten gibt es so gut wie nie.«

Maria begriff, dass die Herzogin sie missverstanden hatte. »Oh, ich stehe schon mit meinem Freund vor dem Altar. Aber es hat keine rechtliche Bedeutung.«

Die Dienerin brachte das Wasser. Die Herzogin nahm es vom Tablett und stellte vor die Herzogin. Diese nahm die Gläser herunter und reichte Maria ihr Glas.

Maria wunderte sich ein wenig, und es war anscheinend so deutich, dass es der Herzogin auffiel. »Ist etwas nicht in Ordnung?«

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich habe viel über den brasilianischen Adel gelesen.« Ihr war die Frage zwar unangenehm, doch sie war viel zu neugierig, um sie nicht zu stellen. »Und es war immer davon die Rede, dass es nicht schicklich ist, die Arme zu zeigen.«

»Ja, das ist im Prinzip richtig«, wiederholte die Herzogin, »es ist für die Frau nicht schicklich, ihre Arme zu zeigen. Es symbolisiert das Privilieg des Adels, nicht arbeiten zu müssen. Aber das gilt zum Glück nur, wenn auch Herren anwesend sind.« Sie grinste. »Wenn wir Frauen unter uns sind...« Nur am Rande fiel es Maria auf, dass die Herzogin ´wir´ gesagt hatte und sie offensichtlich damit einschloß.

»Der Handschuh, den ich auf dem Fest tragen soll, geht auf eine ähnliche Tradition zurück.« Maria war erleichtert, auf ein ihr angenehmes Thema gestoßen zu sein. »Es sollte damals die Prinzessin daran hindern, mit ihrem Liebsten zu tanzen.« Sie erzählte ein wenig von den Ursprüngen des Festes. »Nur bei mir hat der Handschuh eine tiefere Bedeutung.«

»Sie helfen ihrer Mutter bei einem Forschungsauftrag über Erziehung.« Die Herzogin schien ehrlich interessiert zu sein.

»Ja, es geht irgendwie darum, jugendliche Damen zu einem gesitteten Leben zu führen.« Maria gab das wenige, was sie wusste, wieder.

»Bei ihnen wirkt es ja sehr gut.« Die Herzogin lächelte.

Maria begriff erst nach einiger Zeit, dass es als freundliches Kompliment gedacht war. »Danke.«

»Bei uns ist man da weniger einfühlsam.« Margerit seufzte. »Mit Zwölf bekommen wir unser erstes Ballkleid. Und dann wird es immer mehr.«

»Ballkleid?« Maria horchte auf. Doch gleich darauf ärgerte sie sich, weil sie sich nicht so unter Kontrolle hatte, wie sie es eigentlich konnte.

»Naja, es wird als Ballkleid verkauft, aber letztendlich ist es eine bessere Zwangsjacke.« Sie seufzte wieder. »Die Arme werden in dem Kleid fixiert, und dann darf frau damit in die Öffentlichkeit.«

Maria hörte sehr interessiert zu.

»Jedes junge Mädchen träumt davon, erwachsen zu werden, und jede fiebert auf den ersten Ball hin. Man bewundert die etwas älteren Mädchen, wie ruhig und beherrscht sie auf einmal sind, wenn sie auf den Ball gehen und das Ballkleid tragen.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Und dann ist man alt genug und die Schneiderin kommt wegen dem ersten Ballkleid. Es ist vor allem aufregend.«

»Und dann...« Maria ahnte, dass etwas Einscheidendes kommen würde.

»Dann stellt man fest«, die Stimme der Herzogin zeigte etwas Resignation, »dass man in dem Kleid überhaupt keine andere Möglichkeit hat, als sich langsam zu bewegen und gerade und würdevoll dazustehen.«

»Warum denn das?« Maria sah sich schon als Prinzessin vor ihrem nächsten Ball.

»Zu dem Kleid gehört stets ein langer enger Unterrock, der nur winizige Schritte zulässt. Und selbst die sind anstrengend. Von Tanzen kann überhaupt keine Rede sein.«

Maria begriff, dass die Herzogin aus eigener Erfahrung sprach.

»In dem Korsett kann man nur stehen, und es umfasst den ganzen Oberkörper wie ein Schraubstock.« Sie seufzte. »Und natürlich hat es auch einen hohen Spitzenkragen. Ein Bewegen des Kopfes wird auch sehr erschwert. Natürlich werden die Arme mit in das Korsett eingeschnürt.«

Maria horchte auf. Da war ein besonderer Unterton in den Worten der Herzogin, der sie stutzig machte. »Das Kleid macht dann ja vollkommen hilflos.« Sie sprach leise.

»Ich weiß nicht, ob es überall so gehandhabt wird.« Die Herzogin merkte erfreut, dass Maria ihr fast atemlos zuhörte. »Aber in unserer weit verzweigten Familie werden alle Damen so aufgezogen. Und wir haben uns alle auf das erste Ballkleid gefreut.«

»Um danach enttäuscht zu sein.« Wieder ärgerte sich Maria, dass sie es nicht schaffte, sich gegenüber einer fast fremden Frau nicht unter Kontrolle zu halten. Doch irgendwie spürte sie eine Verbundenheit zu ihrem Gegenüber.

»Das sollte man meinen, im Rückblick.« Die Herzogin lächelte. »Doch als junges Mädchen ist man erst einmal sehr stolz. Das erste Mal auf dem Fest. Außerdem dauert der ganze Auftritt nur zehn Minuten, dann muss man das Kleid schon wieder ausziehen.«

Maria schwieg. Sie wollte sich nicht schon wieder verplappern. Dabei war die Erzählung der Herzogin aus ihrer Jugend sehr spannend.

Auf einmal geschah etwas Seltsames. Die Herzogin richtete sich auf und setzte sich ganz gerade hin. Dann begann sie Maria fest ins Gesicht zu sehen.

Maria bemerkte die Veränderung an der Herzogin erst nicht, doch dann nahm Maria unbewusst die gleiche Haltung an und blickte zurück. Den Gedanken daran, dass es womöglich unhöflich wäre, drängte sie zurück. Irgendwie begriff sie, dass die Herzogin sie irgendwie einer Prüfung unterzog. Sie bemühte sich, dem Blick stand zu halten.

»Mein Mann sagt über mich, dass ich eine große Menschenkenntnis habe.« Sie nahm wieder eine für sie bequeme Haltung an. »Ich habe darüber noch mit keinem einzigen Menschen gesprochen.«

Maria begriff, dass die Herzogin ihr zu vertrauen schien. Sie wusste nicht, womit sie das Vertrauen verdient hatte, doch sie war genauso entschlossen, es nicht zu enttäuschen.

»Ich habe es vom ersten Augenblick an genossen.« Die Herzogin machte auf einmal einen sehr zarten und zerbrechlichen Eindruck. »Die Hilflosigkeit, die feste Umarmung des Korsetts.«

Auf einmal begriff Maria, was gerade passierte. Die Herzogin vertraute ihr so sehr, dass sie bereit war, ihr Innerstes nach außen zu kehren.

Und alles, was sie sagte, kam Maria sehr bekannt vor. Irgendwie unbewusst wusste Maria, dass sie ihren Kopf ausschalten und ihrem Herz zu folgen hatte, dann würde sie es richtig machen. »Und wenn er einen dann in den Arm nimmt und man hilflos seine Zärtlichkeit entgegennehmen muss.« Maria sprach sehr leise.

»Ich bin wohl das einzige ´schwarze Schaf´ in der Familie.« Die Herzogin lächelte. »Meine Schwestern und Cousinen wollten nach dem Ball immer sofort wieder aus dem Kleid heraus. Ich habe immer Ausreden gesucht, noch länger drin bleiben zu dürfen.«

Maria schwieg. Sie spürte den Zauber des besonderen Moments.

»Ich habe auch oft in dem Ballkleid übernachtet.« Sie grinste. »Ich konnte mich darin kaum bewegen, deswegen war es am nächsten Morgen auch nur minimal zerknittert.«

»Und man hat wunderschöne Träume darin.« Maria ließ ihr Herz sprechen.

»Entsprechend ging es dann weiter. Die Bälle wurden häufiger und die Abende länger.« Die Herzogin geriet ins Schwärmen.

»Und dann kam ´er´?« Maria war tief in dem Gedankengang versunken.

»Indirekt.« Die Herzogin blickte auf und ergriff Marias Hand. »Es ist bei uns im Hochadel nicht so wie bei Sissi. Wir waren schon lange für einander ausgesucht.«

Maria versuchte sich zu entschuldigen, doch die Herzogin sprach gleich weiter.

»Aber er hatte großes Interesse an mir und meiner Garderobe.« Die Herzogin zeigte in diesem Moment etwas Verliebtes. »Ich hatte sogar begonnen, für ihn das Gebet zu trainieren, nachdem er mir von seiner Verwandten berichtet hatte.«

»Aber?« Maria ahnte, dass ein Einschnitt kommen würde.

»Ich hatte einen Reitunfall und lag wochenlang in Gips. Mein Hausarzt hat mir danach verboten, weiter zu trainieren.« Die Ernüchterung der Herzogin war jetzt noch zu hören.

»Das war sicher eine große Enttäuschung für ihren Mann.« Maria gab sich sehr einfühlsam.

»Er hat mich das nie spüren lassen, aber ich weiß, wie sehr er darunter gelitten hat.« Die Herzogin widersprach. »Bald darauf kam unsere Tochter zur Welt, und schon bald nach ihrer Geburt wurde die Fehlstellung erkannt, die zwar geheilt werden konnte, die das Gebet aber ebenfalls verhindert.«

Maria fiel nichts ein, was sie hätte antworten können. Doch sie legte ihre zweite Hand auf die Hand der Herzogin.

»Ich glaube, ich habe Sabeth sehr viel vererbt.« Die Herzogin lächelte geheimnisvoll. »Aber bisher ist es noch nie zu einem Gespräch deswegen gekommen.«

Maria spürte, dass es der Herzogin sehr gut tat, einmal ihr Herz zu erleichtern.

»Mein Mann gibt heute Abend einen kleinen Empfang, und ich würde sie gern dazu einladen.« Sie zog ihre Hand zurück.

»Ich würde sehr gern kommen«, erwiderte Maria, »aber ich habe kein Kleid dafür.« Diesmal war es ihr Bauch, der Maria die Worte in den Mund legte. »Vor allem keines, was ihrem Dresscode entspricht.« Sie sprach langsam und blickte dabei der Herzogin in die Augen.

»Einen Augenblick.« Sie griff zur Klingel. »Da lässt sich bestimmt etwas machen.«

Die Dienerin erschein. »Hoheit?«

»Haben wir in unserer Garderobe ein Ballkleid, welches Maria passen könnte?« Sie bat Maria, einmal aufzustehen.

»Ein Ballkleid?« fragte die Dienerin. »Sind sie sicher?« Das Wort ´Ballkleid´ hatte sie besonders betont.

»Ich habe ihr etwas aus meiner Jugend erzählt und sie ist sehr begierig darauf, so ein Kleid einmal tragen zu dürfen.« Die Herzogin drehte sich zu Maria. »Du kannst dich Nora anvertrauen. Sie ist verschwiegen, loyal und stellt keine unnötigen Fragen. Sie kennt sich mit der Kleidung besonders gut aus.« Den letzten Satz hatte die Herzogin besonders betont.

»Ich glaube, da lässt sich was machen.« Nora erweckte den Eindruck, als ob sie oft schon ungewöhnliche Wünsche ihrer Herrin erfüllen musste. Sie musterte Maria kurz. »Aber es wird etwas dauern.«

»Wollen sie gleich mitgehen?« Die Herzogin sah sie ermunternd an. »Sie werden sich vielleicht noch etwas an das Kleid gewöhnen wollen.«

Maria kam es vor, als hätte die Herzogin eben sogar gezwinkert.

»Nora, sie bringen sie dann bitte zum Empfang.«

Maria stand auf und blickte Nora etwas unsicher an.

Nora blickte Maria freundlich an. »Folgen sie mir bitte.«

* * *

Neben der Präsidentensuite ´Berlin´, die sich über fünf Zimmer erstreckte, gab es noch zwei kleinere Suiten ´Hamburg´ und ´München´, die der Herzog ebenfalls gebucht hatte. Die Namen hatte Frederike bald nach ihrer Ankunft vergeben, weil sie sie ein wenig an ihre Heimat erinnerten. Nora öffnete die Tür zu ´München´ und trat ein.

Maria keuchte, als sie das Innere erblickte. Die drei Räume waren vollgestellt mit Kleiderständern.

»Sie sind etwas Besonderes.« Nora lächelte. »Außenstehende bekommen dies sonst nicht zu Gesicht.«

Maria war noch wie gelähmt. »So viel?« Sie musste daran denken, dass selbst ihre gesamte Ausrüstung für das Programm in zwei Schränke passte.

»Das ist aber nur die kleine Reisegarderobe.« Nora lächelte. »Fürs Ausland.«


»Wenn sie das Ballkleid tragen, sollten sie mindestens Highheels anziehen.« Nora blickte an Maria herunter. »Besser wären natürlich Ballettstiefel, aber ich möchte sie nicht überfordern.«

»Oh, ich bin die Stiefel gewohnt.« Marias Stimme überschlug sich fast. »Ich gehen oft darin.«

»Haben sie sie dabei?« Nora öffnete einen Schrank, der mit Schuhen und Stiefeln vollgestopft war. »Wenn es keine Maßanfertigungen sind, werden sie schnell unbequem.«

»Ich kann sie holen. Sie sind noch im Koffer.« Maria erinnerte sich daran, dass sie noch nicht alles ausgepackt hatte.

»Lassen sie uns erst das Kleid aussuchen.« Nora schloss die Schranktüren wieder. »Dann können sie die Stiefel holen und ich helfe ihnen beim Ankleiden.

Sie ging zu einem der vielen Kleiderständer. »Das hier hat Sarah schon einmal getragen.« Sie zog einen Bügel heraus.

Maria sah auf den ersten blick, dass es hochgeschlossen war und vorallem keine Ärmel hatte.


Das Kleid war zu groß. Nora ging zu einem anderen Ständer. »Das hier war Sarah zu klein, das sollten wir mal probieren.«

Maria blickte interessiert auf den Bügel, den Nora heraus zog.

»Ach nein, das geht nicht. Sie müssten dazu einen Monohandschuh tragen.« Sie begann, dass Kleid wieder wegzuhängen.

»Warten sie.« Maria war aufgeregt. »Der Handschuh wird kein Problem sein.«

»Das ist nicht einfach nur ein Handschuh.« Nora war über Marias scheinbare Naivität etwas verärgert. »Es ist ein »Mono«handschuh, eine Hülle, die ihre Arme auf dem Rücken zusammenhält.« Sie hängte das Kleid wieder auf den Ständer.

»Warten sie, ich kann das.« Maria war eingefallen, dass sie ja einfach die für den Handschuh nötige Haltung einnehmen konnte. Sie drehte sich um und presste auf dem Rücken ihre Arme zusammen. So fest, wie sie es noch nie gemacht hatte. Es war irgendwie ein besonderer Moment, ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten einem wildfremden Menschen zu zeigen.

»Sie können das ja wirklich.« Nora keuchte. Sie blickte noch einmal an Maria herunter. »Monohandschuh, Ballettstiefel und ein Korsett.« Noras Blick entging es nicht. »Ich glaube, die Herogin hat recht. Sie sind eine sehr interessante Person.«

»Können wir dann das Kleid probieren?« Maria war zu ihrem eigenen Erstaunen ungeduldig.

Nora blickte Maria kurz an, sie schien ihr Gegenüber zu taxieren, dann begann sie auf einmal mit einer etwas veränderten Stimme zu reden. »Was ist denn das für eine ungebührliche Frage? Warten sie gefälligst, bis ich so weit bin, Hoheit.«

Sowohl der Stimmungswechsel als auch die plötzliche Anrede ´Hoheit´ kamen für Maria völlig unerwartet. Doch in ihr begann sich etwas Besonderes zu regen. Die Dienerin der Herzogin begann sie wie eine junge ungehorsame Prinzessin zu behandeln. Und es war deutlich zu spüren, dass Maria nicht die erste Prinzessin war, die zu ungeduldig war. Außerdem strahlte Nora so etwas wie eine natürlich Autorität aus, was natürlich auch ihrem Alter zuzuschreiben war.

»Gehen sie jetzt bitte und holen sie ihre Ballettstiefel. Und ihren Handschuh bringen sie bitte auch mit.« Nora hatte einen sehr befehlenden Ton.

Maria wollte sich gerade zur Tür drehen, als sie von Nora unterbrochen wurde. »Noch etwas. Sie sind eine Prinzessin und bewegen sich würdevoll. Ich will keine schnellen Schritte oder gar Laufen hören.«

Maria drehte sich noch zu Nora und machte einen Knicks. »Jawohl, Madame.« Dann ging sie langsam zur Tür.

Auf dem Flur überkam Maria natürlich sofort der Drang, jetzt schnell zu ihrem Zimmer zu eilen. Doch die Worte von Nora vermischten sich mit den Filmbildern von Sissi, als sie wiederholt von der Erzherzogin Sophie zurechtgewiesen wurde. Sie zwang sich zu langsamen und würdevollen Schritten. Obwohl es nur die Dienerin der Herzogin war, hatte Maria doch einen gewissen Respekt vor ihr und gab sich Mühe, ihrem Befehl zu folgen. Doch innerlich brannte sie voll Feuer.


Das Zimmer war leer, als Maria eintrat. Sie ging an ihren Schrank und holte Stiefel und Handschuh heraus. Es kam ihr vor, als würden sie in ihren Händen brennen, so aufgeregt war sie. Dennoch zwang sie sich zu ruhigen und langsamen Schritten.

Als sie die Tür zur Suite ´München´ öffnete, schien Nora schon auf sie zu warten. »Setzen sie sich dort hin.« Die Stimme zeigte jetzt eine eher nüchterne Sachlichkeit.

Es kam Maria höchst seltsam vor, dass eine wildfremde Frau ihr die Stiefel anzog, doch sofort spürte Maria die Erfahrung der Frau. Es ging sehr schnell und die Stiefel waren angezogen. »Haben sie keine Schlösser mitgebracht?«

»Nein.« Maria war wegen der zwei Sätze der Dienerin sehr eingeschüchtert, »das habe ich nicht.«

»Macht nichts, dann nehme ich welche von uns.« Sie griff in eine Schublade und nahm zwei geöffnete Schlösser heraus.

Maria konnte ihren Bewegungen kaum so schnell folgen, da waren ihre Stiefel verschlossen, und sie war nicht mehr in der Lage, sie auszuziehen, ohne sie kaputt zu machen. Nach den Schlüsseln zu fragen, wagte sie nicht, da sie die Antwort, die kommen würde, ohnehin ahnte. ´Sie werde dann schon sehen.´ Eine konkrete Antwort stand ihr als Prinzessin ohnehin nicht zu.

»Stehen sie bitte auf und legen sie ihre Arme auf den Rücken.« Nora war immer noch eher sachlich streng.

Eigentlich liebte Maria diesen Satz, doch dieses Mal mischte sich etwas Angst unter die Vorfreude. Zum einen, weil Nora eine Fremde war, die ihr vorher noch nie begegnet war und andererseits, weil Maria auch nicht wusste, was kommen würde. Trotzdem kam sie dem Befehl unverzüglich nach. Sie spürte eine gewisse Ähnlichkeit zu Mrs. Potter und sie wusste, dass Erzieherinnen auch ´anders´ konnten. Maria hatte wenig Lust, Noras diesbezügliche Fähigkeiten auszuprobieren.

Maria liebte das Gefühl, wenn das Leder langsam an ihren Armen heraufgezogen wurde, doch dieses Mal konnte sie es nicht genießen. Nora war mit dem Anlegen so geübt, dass der Handschuh schon vollständig geschlossen war, als Maria erst die Berührungen des Leders zu spüren begann.

»Ich habe ihnen dieses Korsett herausgesucht.« Nora war auf einmal wieder die aufmerksame Dienerin. »Es läßt sich in der Breite verstellen, dafür sitzt es dann nicht ganz optimal.« Sie blickte Maria fragend an. »Ich denke, für den Empfang müßte es aber gehen.«

Maria begriff erst nach einiger Zeit, dass Nora auf ihre Zustimmung wartete. »Ja, bitte.« Sie hatte große Schwierigkeiten zu antworten. Trotzdem musste sie keuchen, als sie realisierte, dass das Korsett von ihrem Kinn bis zu ihren Waden reichen würde. »Setzen geht damit aber nicht.« seufzte sie.

»Es ist doch ohnehin nur ein Stehempfang.« Nora lächelte, als sie das Korsett auf Marias Größe einstellte.


»Sie haben ein gutes Augenmaß.« Maria keuchte, als sie die zunehmende Enge des Korsetts spürte.

»Das will ich meinen,« Nora stöhnte, als sie an den Schnüren zog. »Ich habe schon für die Mutter der Herzogin arbeiten dürfen.«

Es klopfte.

Nora blickte Maria an und wartete.

Maria brauchte einen Moment, bis sie die Situation begriff. Sie als ´Prinzessin´ hatte ´herein´ zu sagen, nicht Nora als Dienerin. »Ja bitte.«

»Entschuldigung, aber man hat mir gesagt, dass du hier bist.« Frederike trat ein und begrüßte auch Nora wie eine alte Bekannte.

»Was gibt es denn?« Maria war sichtlich nervös, denn sie hatte ihrer Mutter bisher nichts von der überraschenden Einladung gesagt. Es wäre nicht schön, wenn sie sie aus ihrem Prinzessinnentraum herausreißen würde.

»Kannst du vor dem Empfang noch einmal bei mir kurz vorbei kommen?« Frederike spürte, dass ihre Tochter spannend beschäftigt war.

Maria wollte den Kopf drehen, doch sie spürte den Kragen des Korsetts. »Ja, kann ich machen.«

»Entschuldigen sie bitte, wenn ich mich aufdränge.« Es war Nora unangenehm, sich einmischen zu müssen. »Aber wenn wir hier fertig sind, dann ist es aus mit ´kurz vorbeikommen´. Diese Kleider sind bewusst so entworfen wurden, dass sie die Trägerin sehr hilflos machen. Ich darf ihre Tochter dann nicht mehr aus den Augen lassen.«

Frederike blickte mit gemischten Gefühlen auf den Korsettpanzer, der ihre Tochter umgab. »Ach, das kann auch warten.« Sie verließ den Raum wieder.

»Ihre Mutter ist aber sehr nervös.« Nora ließ fast so etwas wie Humor hören.

Maria war verwundert, wie viele Rollen Nora innerhalb von kürzester Zeit einnehmen konnte. War es zuerst die strenge Erzieherin, dann die unterwürfige Dienerin, so war sie jetzt die verschwörerische Freundin. Sie ahnte, dass es für ihre Position wichtig war. Sie war vermutlich mehr als nur die Dienerin der Herzogin. Trotzdem schaffte Maria es, die Stimmung aufzunehmen. »Ja, der Herzog ist ein wichtiger Besuch.«

»Wollen wir weitermachen?« Nora ging zu einem Kleiderständer und zog einen weiteren Bügel heraus.

Maria wurde wieder an ihre nähere Zukunft erinnert, und schlagartig war ihre Aufregung wieder da. »Ja, bitte.«

»Das Oberkleid hat vor allem die Aufgabe, das Korsett zu verstecken.« Sie bat Maria, näher zu kommen.

Marias Herz klopfte laut, als sie langsam und mühsam näher kam und dabei zusah, wie Nora die Schutzfolie vom Bügel nahm. Zum Vorschein kam etwas, dass Maria gar nicht bezeichnen konnte, was sie aber stark an die Sissi-Filme erinnerte. Ein breiter Reifrock unter einer sehr schmalen Taille. Nur hatte das Kleid keine Arme, stattdessen war es hochgeschlossen, und ein Gewirr von Spitze verbarg das Halskorsett.

»Bitte bleiben sie ruhig stehen.« Nora kam mit dem Kleid näher.


Maria kam kaum zu Atem, als sie sich im Spiegel betrachten konnte. Sie sah wirklich aus wie Sissi in ihren Filmen. Es glitzerte und funkelte überall, und gern hätte Maria einmal mit ihrer Hand über den Stoff gefasst, doch die war sicher im Handschuh verstaut.

»Ich finde, es steht ihnen gut.« Nora blickte zufrieden auf die Gestalt vor dem Spiegel.

Maria drehte sich fasziniert vor dem Spiegel. Sie war mehr als erleichtert darüber, auf den Ballettstiefeln so gut gehen zu können. Jetzt half es ihr, ohne ihre Arme die Balance zu halten. »Es ist so als ob ich träume.«

»So können sie bei dem Empfang erscheinen.« Noras Worte erinnerten sie wieder an den eigentlichen Anlass, weswegen sie sich so hilflos hatte machen lassen. Sie fühlte sich wie eine brasilianische Prinzessin vor einem ihrer ersten richtigen Bälle. Ob sie wohl dem Prinzen gefallen würde? Mit etwas Wehmut dachte sie an Paul. Was würde er wohl davon halten, sie so zu sehen? Ob ihm dieser besondere Dresscode gefallen würde?

* * *

Maria hatte zunächst Bedenken, ob sie mit diesem zugegeben sehr faszinierenden Kleid die einzige Dame gemäß der speziellen Kleiderordnung auf dem Empfang sein würde. Doch ihre Bedenken waren nicht angebracht.

Die Herzogin trug ein ähnliches Kleid wie sie, und auch ihres war hochgeschlossen und ihre Arme waren nicht sichtbar. Später hatte sie Maria verraten wie es bei ihr ´darunter´ aussah. Einen Arm trug sie längs am Körper, den anderen versteckt im Umhang. »So kann ich auch noch etwas Taille zeigen.«

Marias Mutter hatte sich für einen Hosenanzug entschieden, das Haar hochgesteckt und dabei auf jeglichen Schmuck verzichtet. Das war die einzige Möglichkeit, dem vorherrschenden Dresscode für Frauen zu entgehen. Auch Nora hatte sich für diese Variante entschieden.

Zwei weitere Frauen in Barockkleidern waren noch anwesend sowie einige Ärztinnen, die etwas halbherzig mit einem Umhangtuch versuchten, sich dem Dresscode anzupassen. Hier in den Staaten wurde so etwas toleriert.


Der Empfang als solches verlief eher langweilig. Der Herzog hielt zunächst eine lange Rede, in dem er ausführlich auf seine Bedürfnisse einging, dann bat er Frederike um einige Worte.

Maria genoss jede Sekunde des Empfangs, doch sie war so sehr mit sich selbst und dem Anblick der anderen Frauen beschäftigt, dass sie den Reden nicht folgen konnte.

Sarah kam ein paar Minuten zu spät zu dem Empfang, sie hätte diesen Termin gern ausgelassen, doch sie wusste, dass sie sich so einen großen Affront nicht leisten konnte.

Sie hatte ein sehr eigenwilliges Kostüm gewählt, um sich dem Dresscode anzupassen. Sie trug einen schwarzen Catsuit und darüber ein kurzes Kleid. Das besondere waren jedoch ihre Arme, die quasi ein Spiegelbild ihrer Beine waren. Von der Schulter herab kamen je zwei Strumpfhalter, die einen Strumpf festhielten. Und sie trug an den Armen und Beinen gleich aussehende Stiefel.

Der Herzog war sehr erbost, als er seine künftige Schwiegertochter so sah. Er rief Nora zu sich und sprach kurz mit ihr. Seiner Miene nach war er nicht amüsiert.

Sarah wurde gleich darauf von Nora aus dem Raum gezogen.


Sehr viel später während der Rede des Herzogs kam sie in einem ähnlichen Kleid zurück, wie Maria eines trug.

Maria war erfreut, Sarah endlich an ihrer Seite zu haben. Sie ging freudig zu ihr. Doch Nora nahm sie beiseite. »Du kannst nicht mit ihr reden, wir mussten sie zum Schweigen bringen.«

Maria sah sich daraufhin Sarahs untere Gesichtshälfte genauer an, doch selbst dabei konnte sie nichts Auffälliges erkennen.

»Ihr Mund ist zugeklebt und das Klebeband ist mit Theaterschminke versteckt«, flüsterte Nora. »Und der Mund ist gefüllt.«

Maria war fasziniert und voller Mitleid zugleich. Warum taten sie ihr das an? Doch dann fiel ihr Blick in Sarahs Augen, und dort entdeckte sie ein Funkeln, welches sie sehr verdächtig fand. Sollte Sarah ihren Zustand etwa genießen?


»Wie meinte Sarah eigentlich das komische Kostüm, was sie angehabt hat?« Frederike ließ sich in ihr Sofa fallen.

Maria war noch nicht von Nora aus den Sachen vom Empfang befreit worden. »Ich glaube, sie wollte damit ihre Arme zu Beinen machen. Es ist ja nur unschicklich, die Arme zu zeigen.«

»Dem Herzog hat es nicht gefallen.« Frederike gab sich amüsiert. Doch dann fiel ihr Blick auf ihre Tochter. »Das Kleid scheint dir zu gefallen.«

»Nein, es macht so furchtbar hilflos.« Maria hatte das Bedürfnis zu protestieren. »Aber es ist ein Traum, mal eine Prinzessin zu sein, wenn auch nur für ein paar Stunden.«
388. RE: Maria

geschrieben von Joern am 02.03.16 08:35

Wow! Und Danke, daß es mit Marias Geschichte weitergeht. Besonders toll finde ich die Beschreibung der technischen Details und den geplanten Einsatz der diversen medizinischen Sachen wie Magensonde, Katheter, der eisernen Lunge und dem Mundverschluß. Du verstehst es auch immer hervorragend die Neugier auf noch unbekanntes wie beispielsweise das Armbrustähnliche Gerät zu wecken. Da steht den Mädchen ja noch so einiges bevor.

LG Joern
389. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 02.03.16 18:43

tolle Fortsetzung.Vielen Dank.Freu mich schon darauf wie es weiter geht.
Hast du tolle Ideen.

mfg Wölchen
390. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.03.16 21:41

Hallo cag_coll.

Schöne Fortsetzung.
Maria erlebt zur Zeit einen Traum nach dem anderen. Hoffentlich kommen der Herzog und die Herzogin nicht auf die Idee, das Maria den Platz von Sarah einnehmen soll.

Auch bin ich mal gespannt, wann und wie es mit Leonie weitergeht. Die Ereignisse dort finde ich fast noch spannender als bei Maria. Vor allem weil bei Marias Wohnung ja zur Zeit wohl keiner ist und wie sol Sie dann die Adresse von Paul rausbekommen??

Und welchen Frust schiebt zur Zeit Paul so ohne Maria??


MfG Rainman
391. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.03.16 05:42

Ein besonderer Dank geht übrigens an Herman (hier im Forum bekannt durch seine Beiträge zu "eine neue Welt", sowie die deutsche Übersetzung), ohne den es Maria in dieser Form überhaupt nicht gegeben hätte. Er hat viele Ideen eingesteuert und mich auch vor diversen Abwegen bewahrt. Insbesondere möchte ich mich bei ihm bedanken, dass er Marias Behandlungsplan ausgearbeitet hat.
392. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.03.16 05:53

Zitat
Schöne Fortsetzung.

Danke
Zitat
Maria erlebt zur Zeit einen Traum nach dem anderen. Hoffentlich kommen der Herzog und die Herzogin nicht auf die Idee, das Maria den Platz von Sarah einnehmen soll.

Nein, das wird nicht passieren. Außerdem wäre Maria ja nur eine "Bürgerliche"
Zitat
Auch bin ich mal gespannt, wann und wie es mit Leonie weitergeht. Die Ereignisse dort finde ich fast noch spannender als bei Maria. Vor allem weil bei Marias Wohnung ja zur Zeit wohl keiner ist und wie sol Sie dann die Adresse von Paul rausbekommen??

("Heute" ist Samstag) wir werden am "Montag" etwas von Leonie hören...
Zitat
Und welchen Frust schiebt zur Zeit Paul so ohne Maria??

Auch dazu wird einiges zu hören sein...
393. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.03.16 05:57

Zitat
Das Suchtpotential nach mehr von den beiden ist gewaltig und daher eine dickes D A N K E für die viele Arbeit über einen so langen Zeitraum. Für mich eine der besten Geschichten hier im Forum.

Hallo Harry,
danke für das Lob, das freut mich sehr.
Ich habe hier im Forum auch noch andere Geschichten von mir veröffentlicht. Sie reichen zwar nicht an Maria heran, aber vielleicht gefallen sie dir auch...
Viele Grüße
gag_coll
394. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 03.03.16 07:38

Hallo gag_coll, ich möchte mich meinen Vorrednern bzw. -schreibern anschließen. Ich lese Maria genauso gerne wie deine anderen Geschichten. Leider hast du ja Vinctae in Monastario Antiquo nicht weitergeführt. (Die Gründe hattest du ja angeführt). Vielen Dank fürs schreiben und ich hoffe, du hast noch viel Stoff und Zeit und Lust und, und, und.
395. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 03.03.16 23:53

Zitat
Zitat
Maria erlebt zur Zeit einen Traum nach dem anderen. Hoffentlich kommen der Herzog und die Herzogin nicht auf die Idee, das Maria den Platz von Sarah einnehmen soll.

Nein, das wird nicht passieren. Außerdem wäre Maria ja nur eine "Bürgerliche"


Oh Mist, da habe ich ja glatt was übersehen!!! Aus der Sicht habe ich das noch gar nicht gesehen.

Aber mit dem Suchtpotienal hat der andere Absolut recht. Hoffentlich kommt bald ein neuer Teil.


MfG Rainman
396. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 04.03.16 06:05

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

Sonntag, 29. August 1984

»Heute sind sie nicht da.« Mit diesen Worten erschien Sarah bei Joe zum Frühstück.

»Aha«, Maria spürte die Erleichterung der Prinzessin. »Wo sind sie denn?« Erst als sie die Frage gestellt hatte, hatte sie Zweifel, ob ihr eine solche Äußerung überhaupt zustand.

Doch Sarah übersah das. »Der Investor hat sie eingeladen.«

Joe kam an den Tisch. »Sie sind wohl den ganzen Tag weg.« Er grinste. »Jedenfalls haben sie kein Essen bei mir bestellt.«

Maria wusste, dass die Kantine am Wochenende die einzige Gelegenheit in der Klinik war, etwas zu essen zu bekommen.

»Joe?« Sarah hatte eine Bitte. »Ich weiß, dass ich mich wegen der Sonde und der Blase nur durch den Schlauch ernähren kann und ich finde das auch in Ordnung so.« Sie blickte sich kurz um. »Aber ich würde gern den Duft von frisch gemachten Kaffee riechen, auch wenn ich ihn nicht trinken kann.«

»Kann ich machen, ist kein Problem.« Joe fragte Maria nach ihren Wünschen für das Frühstück.

»Bring mir Marmelade zum Toastbrot.« Sie hätte lieber gern die Brötchen gehabt, die es in dem kleinen deutschen Lokal gab, doch die backten meistens nur für den Eigenbedarf.

»Was hast du dir gestern eigentlich bei dem Kostüm gedacht?« Maria äußerte ihren Verdacht. »Sollten das noch mal Stiefel sein?«

»Es hat nicht funktioniert.« Sarah musste lächeln und zugeben, dass es ganz schlecht gelaufen war. »Sie haben mir das mit den vier Beinen einfach nicht abgenommen.«

»Was hast du gemacht?« Joe war neugierig, als er den Kaffee und Marias Kakao brachte.

Maria und Sarah beschrieben Sarahs Outfit von gestern.

Joe musste lachen. »Das hätte ich dir auch nicht durchgehen lassen.«

»Ich habe schon so viel probiert.« Sarah seufzte. »Aber nichts ist geeignet, um mich unmöglich zu machen.«

Maria war sich nicht sicher, ob sie richtig zugehört hatte. »Du meinst, damit du als Schwiegertochter nicht in Frage kommst?«

»Ja,« in ihren Augen keimte kurz etwas wie Hoffnung auf.

Ein Klingeln erforderte Joes Aufmerksamkeit. Gleich darauf kam er mit dem Frühstück zurück. Er stellte Maria das Tablett hin, bei Sarah hängte er nur den Beutel an den bereitstehenden Ständer und schloss ihn an. »Lasst es euch schmecken.«

* * *

In der sogenannten Patientenbibliothek hatte Frederike ihrer Tochter einige Bücher über den brasilianischen Adel bereitgestellt, die Maria mehr oder weniger verschlang. Auch einige Bücher über Mode waren dabei, in denen Maria zwar viele faszinierende Kleiderentwürfe gesehen hatte, doch ein Kleid für das Gebet war nicht dabei.

Fast immer wurden die Arme vor dem Körper oder längst an der Seite fixiert. Selbst die Monohandschuh-Haltung war eher selten. Die Pflicht, die Arme nicht zu zeigen, galt erst mit der Volljährigkeit, doch viele junge Mädchen eiferten geradezu darauf hin, ihre Arme wenigstens symbolisch fixiert zu bekommen, um erwachsen zu erscheinen.

Maria musste über ihre Vorlieben und Wünsche denken. Sie mochte vor allem das Flötespielen sehr gern, und sie liebte es, in den Barock-Kostümen aufzutreten. Sie machte sich auf die Suche und fand in dem Raum tatsächlich einen Band über die europäische Barockmusik. Doch zu ihrer Enttäuschung musste sie feststellen, dass die Musiker damals wohl fast ausschließlich Männer gewesen waren. Es gab nur sehr wenig weibliche Musiker, und über ihre Kleidung war noch weniger bekannt.

Insgeheim war Maria stolz darauf, dass sie mit dem Korsett so gut spielen konnte. Freilich brauchte natürlich die Flöte wenig Luft; und durch das Training hier in der Klinik war sie es außerdem gewöhnt, nur mit dem Brustkorb zu atmen. Sicher, ihr Ton wäre etwas eindringlicher, wenn sie auch ihr Zwerchfell einsetzen konnte, doch genau das war eben der Reiz ihrer Musikgruppe, bei der alle Frauen mit mehr oder weniger streng geschnürtem Korsett auftraten.

Es tat ihr etwas weh, dass sie auf dem Fest nicht mitspielen konnte. Sie hätte bestimmt die schmalste Taille gehabt. Doch auf einmal stutzte sie. Wenn sie das Gebet tragen würde, dann wäre ihre Taille ebenfalls sehr schmal. Sie musste an die Zeichnung denken, die sie damals bei Pauls Oma gesehen hatte.

Maria richtete sich kurz auf und nahm die Gebetshaltung ein, soweit sie das selbst konnte. Sie überlegte. Wenn sie das Gebet trug, dann würden ihre Ellenbogen nur bis zum oberen Ende ihre Taille reichen. Sie würden dem Korsett nicht im Wege sein, wie es bisher immer der Fall war, wenn sie mal den Monohandschuh unter dem Korsett trug. Sie mochte beide Varianten, denn bei beiden waren ihre Arme aus dem Weg geräumt. Und letzteres mochte sie besonders gern, weil sie damit fast immer im Mittelpunkt stand.


»Ach hier bist du.« Sarah stand in der Tür der kleinen Bibliothek, die den Namen eigentlich nicht verdiente.

Maria sah von ihrem Buch auf. »Ich lese gerade etwas über deine Familie.«

»Wollen wir uns wieder die Handschuhe anlegen?« Sarah hatte ein Leuchten in den Augen.

Maria musste nicht lange überlegen. »Warum eigentlich nicht.« Zum einen erinnerte sie der Handschuh an Paul. Und es reizte sie auch zu erfahren, wie Sarahs Maschine genau funktionierte.


Sarah zog den Vorhang auf, der die große Maschine etwas abschirmte. »Die sieht nur so martialisch aus, weil sie komplett mechanisch funktioniert.« Sie ging an ein großes Rad und begann daran zu drehen. »Zuerst muss ich die Feder spannen.« Sie begann zu keuchen. »Je stärker ich sie spanne, desto fester wird später der Druck im Handschuh.«

Maria hätte ihr gern geholfen, doch sie trug schon ihren Handschuh. Und sie musste zugeben, dass Sarah durchaus auch einige Erfahrung mit dem Anlegen von Handschuhen hatte.

»Jetzt muss ich den Handschuh einspannen.« Sie griff zu der Lederhülle und begann damit, eine neue Schnur einzufädeln. Als sie Marias verwunderten Blick sah, musste sie lachen. »Ja, wenn die Maschine fertig ist, werden die Schüre abgeschnitten.« Sie seufzte fast etwas verliebt. »Aber dieses Opfer bringe ich gern.«

Maria war dem Blick der Prinzessin gefolgt. Neben der Maschine stand eine große Kiste mit Bündeln von Schnüren. Allerdings fiel ihr auf, dass die Kiste schon halb leer war.

Sarah lächelte, als sie Marias Blick bemerkte. »Ich muss sie bald wieder auffüllen lassen. Sonst ist es vorbei mit den Handschuhen.«

Es dauerte noch eine Weile, dann stellte Sarah sich mit dem Rücken zur Maschine. »Mit dem Fuß kann ich jetzt die einzelnen Vorgänge auslösen.« Sie sprach etwas leiser. Ihre Anspannung und Vorfreude waren deutlich zu spüren.

Wie schon beim letzten Mal ging es sehr schnell, und Sarah trat von der Maschine weg. Ihr erster Weg führte sie vor den Spiegel. »Zwei Zentimeter.« Sie hörte sich sehr stolz an.

»Zwei Zentimeter?« Maria konnte mit den Worten nichts anfangen.

Sarah musste lächeln. »Ich schaue immer, wie weit die Schnürung oben geschlossen ist. So ist es schon sehr gut.«

Maria lächelte verträumt. Wenn Paul ihr den Handschuh anlegte, dann blieb mittlerweile gar kein Spalt mehr übrig.

Sarah schien diesen Blick nicht zu mögen. »Komm, lass uns in den Park gehen.« Sie ging in Richtung Treppenhaus.

Maria ging seufzend hinterher.

* * *

Am Wochenende war in der Klinik wenig los, weil die meisten Patienten das Wochenende daheim verbrachten. Dafür kamen einige Bewohner des Ortes in den Park, da er ein klein wenig Abwechslung bot.

Maria liebte es, in den Park zu gehen und an dem See die Enten zu beobachten. Vermutlich war der See oder zumindest seine Gestaltung auf ihre Mutter zurückzuführen, denn er sah sehr europäisch aus.

Fast immer konnte sie beobachten, wie eine Entenmutter ihre Küken groß zog. Sie saß dann gern auf der Bank und ließ ihren Blick über den See gleiten, dessen Oberfläche sich in ganz leichten Wind kräuselte. Von den wenigen Sachen, die sie hier unternehmen konnte, war der See ihr noch am liebsten.

Doch diesmal war es anders. Sie hätte gern Paul an ihrer Seite gehabt. Wie würde es wohl sein, wenn sie mit dem Gebet auf dem Rücken durch Landsbach gehen würde? Sie dachte an Doris, die schon die große Probe so sehr genossen hatte.

Maria liebte es, mit dem Handschuh im Park umher zu gehen, denn so bekam sie ähnliche Aufmerksamkeit, als wenn sie ihre Arme in Gips gehabt hätte. Allerdings wagte sie es nur deswegen so sicher aufzutreten, weil sie wusste, dass ihr Keuschheitsgürtel sie im Ernstfall beschützen würde.

Die Sonne spiegelte sich im Wasser und Enten schwammen lustig umher. Manchmal verirrte sich auch ein Schwanenpaar hierher, doch heute war es nicht zu sehen. »Ich bin gern hier, weil mich der See an meine Heimat erinnert.« sagte sie zu Sarah.

Eine junge Frau kam auf den See zu. »Da habe ich doch richtig geschaut.« Sie breitete die Arme aus. »Maria?« Erst jetzt bemerkte sie die Handschuhe, die die Mädchen trugen.

Maria drehte sich um und blickte auf die offenen Arme. »Vicky?« Sie war erstaunt. »Bist du auch wieder da?« Sie hieß eigentlich Ludovica.

»Ja«, seufzte das Mädchen. »Mein Freund meint, dass ich noch viel trainieren muss. Er verlangt von mir das Tragen eines Korsetts.«

Maria hatte schon beim letzten Mal die sehr schmale Taille bewundert. »Es hat ihm nicht gereicht?« ihre Stimme hatte einen empörten Unterton.

»Nein, das ist es nicht.« Ludovica blickte sich kurz um. »Ich möchte nach der Geburt meiner Tochter wieder so eine schmale Taille bekommen.«

»Wo ist sie denn?« Maria war sehr gespannt.

»Sie ist im Moment bei ihm.« Sie lächelte. »Er kümmert sich rührend um sie. Hätte ich gar nicht von ihm gedacht.«, grinste sie.

Maria lächelte verhalten. »Ja, da kann man Überraschungen erleben.« Sie schaute verträumt auf den See.

»Ah, da kommen sie.« Sie blickte zu einem jungen Mann, der näher kam und einen Kinderwagen vor sich her schob.

»Hallo Schatz.« Sie begrüßte ihn. »Wir sprechen gerade von dir.«

Der Mann blickte sich erstaunt um. »Magst du mir deine Freundinnen vorstellen?«

»Das ist Maria, ich kenne sie noch vom letzten Jahr.« Sie blickte etwas verlegen zu Sarah.

Maria kam ihr zu Hilfe. »Das ist Sarah, eine Freundin von mir.« Sarahs dankbaren Blick entnahm sie, dass es wohl richtig war, ihre Herkunft erst einmal nicht zu erwähnen.

»Denkst du noch an unsere Wette von damals?« Ludovika grinste.

»Ich hätte ja nicht davon angefangen.« Maria lächelte. »Aber er heißt Paul.«

»Was?« Ludovika war begeistert. »Davon musst du mir erzählen. Ich will alles wissen.«

Maria seufzte.

»Wollen wir noch etwas spazieren gehen?« Sarah wollte etwas Ablenkung haben.

* * *

»Verdammt, das geht so nicht.« Sarah blickte auf die Umhängetasche, die an der Garderobe in ihrem Zimmer hing. »Ich wollte mir die Tasche um den Hals hängen, aber das geht so nicht.«

Maria blickte sie erstaunt an. Die Prinzessin hatte ihr noch eine Überraschung angekündigt, die sie vorbereitet hätte. »Warum nimmst du sie nicht mit dem Arm?«

»Wie soll denn das gehen?« Sarah blickte etwas verärgert auf ihren Handschuh.

Maria schob ihre vom Monohandschuh zusammengehaltenen Arme durch die Henkel und zog daran. Die Tasche löste sich von dem Haken und rutsche auf Marias Arme.

»Bitte lass es nicht fallen.« Sarah war sichtlich besorgt. »Ich hüte es sonst wie meinen Augapfel.«

»So etwas mache ich nicht zum ersten Mal.« Sie lächelte etwas verlegen. »Die Tasche wird nicht herunter fallen.« Trotzdem gab sie sich Mühe und wackelte mit den Armen, bis die Henkel zum Ellenbogen gerutscht waren. »Jetzt lass uns gehen.« Trotzdem bog sie auch ihren Hände nach oben, falls die Tasche wieder herunter rutschen sollte.


Auf dem Weg zur Kantine ließ Sarah ihre Tasche nicht aus den Augen, doch so nach und nach bekam sie Vertrauen in Marias Fähigkeiten. Sie schien schon öfters Sachen auf diese Weise transportiert zu haben.

»Wir brauchen deine Hilfe, Joe.« Sarah sah, dass er am Tresen stand.

»Aber gern«, Joe trat auf Maria zu und machte Anstalten, ihr den Handschuh zu öffnen.

»Stopp, nein!« Sarah unterbrach ihn, als sie erkannte, was er vorhatte. »Wir brauchen dich für etwas anderes.« Sie blickte auf die Tasche, die an Marias Arm hing. »Da ist ein Fotoalbum drin, das wollte ich Maria zeigen.« Sie wedelte etwas mit ihren Armen. »Könntest du uns umblättern?«

»Wenn ich auch mit schauen darf?« Joe lächelte. Vielleicht gab es etwas neuen Klatsch zu erfahren. Dafür war er immer offen. »Darf ich euch auch was zu trinken bringen?«

Maria nahm einen Orangensaft. »Mit Strohhalm bitte.«

Sarah wollte nichts. »Ich schmecke es ja doch nicht.« Nur für einen winzigen Moment war so etwas wie Resignation zu hören.

»Ich wollte euch zeigen, wo ich aufgewachsen bin.« Sie ließ Joe die nächste Seite aufschlagen. »Das war unser Schloss.« Sie zeigte ihnen ein Bild. Dabei klang sie sehr wehmütig. Es kam nicht sehr oft vor, dass sich jemand für den traurigen Rest ihrer Familie interessierte.

Maria blickte sehr interessiert auf das Bild und sah, dass das Schloss doch sehr europäisch geprägt war.

»Dort bin ich aufgewachsen.« Sie seufzte. »Jetzt gehört es ihm.«

Maria begriff sofort, dass nur der Herzog gemeint sein könnte.

Ein Umschlag lag in dem Album. »Joe, kannst du den bitte vorsichtig aufmachen.«

Der Kantinenwirt kam der Bitte nach.

»Das hüte ich wie meinen Augapfel.« Es war ein Foto, das sie mit ihrem Vater zeigte.

Maria hatte einen Kloß im Hals.

»Damals war er noch ein stolzer Mann.« Es klang sowohl Wehmut als auch Trauer aus ihrer Stimme.

»Ich war sechzehn, als er uns verließ. Offiziell hatte er einen tragischen Unfall...« Sie sprach nicht weiter.

Maria verstand auch so, was die Prinzessin sagen wollte. Sie legte ihre gefangenen Arme auf Sarahs Rücken, so wie sie es sonst nur bei Paul tat. Sie hätte sich gern noch mehr Bilder aus dem Leben der Prinzessin angesehen, doch sie spürte, dass es Sarah wehtat, wenn die Erinnerungen wieder hoch kamen.

»Hier soll die Hochzeit stattfinden.« Sarah war sehr nachdenklich. Das Bild zeigte eine Kirche von außen. Es war eine moderne Kirche mit vielen Elementen aus der Gotik. »Der Herzog wollte ursprünglich eine Hochzeit auf dem Schloss, doch die Kirche dort ist nicht groß genug.«

»Ach hier seid ihr.« Betty stand in der Kantinentür. »Naja, sonst ist ja auch nichts los in diesem Laden.«

»Bist du mir der Weiterbildung fertig?« Sarah wirkte auf einmal recht aufgeweckt.

»Ja«, Betty grinste. »Jetzt weiß ich, wie ich euch noch besser quälen kann.« Sie kam an den Tisch.

»Ich bitte darum.« Sarah griff die Stimmung auf. »Machst du bitte das Album zu und hängst es mir um den Hals?« Sie zeigte auf die Tasche, die auf dem Tisch lag.

Betty kam der Bitte nach, dann steckte sie das Album in die Tasche und hängte es Sarah um. Zusammen verließen sie die Kantine.

»Die haben es ja eilig.« Maria blickte Joe verblüfft an.

»Naja, immerhin waren sie zwei Tage getrennt.« Joe grinste. »Da hat frau es dann auch eilig.« Er erhob sich ebenfalls und ging an seinen Tresen.


Maria seufzte. Jetzt war sie allein. Sie hätte sich gern noch mit Joe und Sarah über den Adel unterhalten. Doch auch Joe hatte ihren Tisch verlassen. Insgeheim begriff sie, dass eine brasilianische Prinzessin interessanter war als eine deutsche Bürgerliche, auch wenn sie die Tochter der Chefin war.

Maria seufzte leise. Jetzt würde es ein langweiliger Abend werden. Irgendwie ahnte sie, dass sie Sarah heute nicht mehr wiedersehen würde. Zumindest nicht vor dem Zubettgehen.

Sie hatte gerade ihre wenigen verbleibenden Möglichkeiten abgewogen, als auf einmal Ludovika in den Raum kam. »Deine Mutter meinte, dass du vielleicht hier sein könntest.«

Maria versuchte eine Handbewegung, um die Patientin vom letzten Mal zu sich zu winken.

»Wie immer im Training?« Ludovika blickte Maria bewundernd an.

»So ungefähr«, Maria hatte keine Lust, die Zusammenhänge zu erklären.

»Die Kleine schläft, jetzt habe ich frei.« Ludovika strahlte.

Maria war verwundert. »Möchtest du nicht bei deinem Kind sein?« Sie fragte sich, wie es wohl einmal sein würde, wenn sie einmal Mutter werden sollte.

»Er passt auf sie auf.« Sie lächelte verliebt. »Er schenkt mir diesen Abend.«

Maria war von Ludovika schwer beeindruckt. »Du hast es gut getroffen.« Sie erinnerte sich an die Träume von damals.

»Das will ich meinen.« Ludovika grinste. »Jetzt will ich aber auch alles von Paolo wissen.«

»Paul«, Maria korrigierte sie, »er heißt Paul.« Der richtige Namen war ihr wichtig. Dann begann sie leise zu erzählen.
397. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 04.03.16 14:43

Schöne Fortsetzung.

Ich mach mir aber Sorgen um Sarah.Ihre Familie wurde,von dem Mann ruiniert der ihr Schwiegervater wird.Ich geh mal davon aus,das es ihm klar war das wenn es heraus kommt das sein Sohn schwull ist,Sahras Familie die Ehevereibarung streichen hätten können.Also had er sie ruiniert.Außerdem zwingt er ihr seine Wünsche auf,weil er eine fiktive Wahnvorstellung had,das wenn sie das Gebett trägt sein Glück sich einstellt.Außerdem muß sie einen Mann Heiraten der sie und sie ihn nicht liebt.Der Außerdem ihr das nicht geben kann und es sicher auch nicht wird was sie braucht.Außerdem muß sie mit den Gedanken leben,auch wenn der ihr sicher noch nicht gekommen ist,das er sie betrügen wird.Aber man sicher dafür Sorgen wird das sie das nicht auch macht.Mal abgesehen von der HAochzeitsnacht dürfte sie dan sicher keine Sexuelle Befriedigung erhalten(ich bezweifle das sie es zu lassen werden,das sie sich ein Vibrator besorgt).selbst für die Kinder braucht man Heutzutage kein Sex mehr.Geht ja auch im Reagenzglas.

Ich fürchte wenn sich bei ihr nichts ändert wird sie irgendwann daran mehr oder weniger zerbrechen.

Und da wir schon mal dabei sind. Warum war und ist es normal das der Mann sich vor und während der Ehe andere Frauen had und mit den schläft und dan trotzdem noch ok ist.Aber eine Frau,von allen fertig gemacht wird?
398. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Sieben

geschrieben von gag_coll am 06.03.16 07:52

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Sieben
Autor: Karl Kollar

Montag, 30. August 1984

Das Wecken am Montag als dem ersten Behandlungstag verlief so, wie sie es schon von all den Malen zuvor kannte. Es galt, den Blutdruck zu messen, das Gewicht zu bestimmen und noch einiges anderes. Bedingt durch Marias Programm wurden auch gewisse Werte über ihre Beweglichkeit genommen. Wie immer war das Personal eher unfreundlich, gerade so, dass es noch keinen Anlass zur Beschwerde bot.

Beim Hinausgehen fiel der Blick der Schwester auf den Behandlungsplan, der neben der Tür hing. »Oh, hier ist es noch nicht korrigiert«, sagte sie mehr zu sich selbst und fingerte kurz an der Halterung. Sie legte den Plan auf den Tisch und schien einen Eintrag zu ändern. Maria konnte es nicht genau erkennen.

Nachdem die Schwester wieder gegangen war, stand Sarah neugierig auf. »Bis zum Frühstück haben wir jetzt Ruhe«, grinste sie zu Maria und ging auf den Plan. »Ich möchte wissen, was geändert wurde.«

Doch als sie vor dem Plan stand, konnte Maria deutlich sehen, wie sie zusammenzuckte, und als sie sich wieder zu ihrem Bett umdrehte, konnte Maria sehen, dass alle Fröhlichkeit aus ihrem Gesicht verschwunden war. »Morgen hat der Herzog wieder eine ´Prüfung´ angesetzt« sagte sie mehr zu sich selbst. Doch dann fiel ihr Blick auf Maria und sie stutzte. »Wir werden zusammen geprüft.« Sie begann zu weinen. »Du musst mir helfen.«

* * *

Leonie war ziemlich enttäuscht, als sie bei Marias Adresse niemanden angetroffen hatte. Die Nachbarin hatte ihr über den Zaun zugerufen, dass alle ausgeflogen seien. Sie selbst würde ab und zu im Haus nach dem Rechten sehen.

»Sie wissen nicht, wo sie hin sind?« Leonie hoffte irgendwie, dass es vielleicht nur ein Tagesausflug wäre.

Doch die Nachbarin musste sie enttäuschen. »Sie kommen erst in einigen Wochen zurück.«

Erst jetzt bemerkte Leonie, dass sie von Paul nur den Vornamen kannte. Sie hatte einfach nicht damit gerechnet, sich durchfragen zu müssen. »Sie wissen nicht zufällig, wo Marias Freund wohnt, der Paul?« Sie versuchte, ihre Stimme belanglos klingen zu lassen, doch ihre Finger, die nervös am Schloss des Keuschheitsgürtels spielten, verrieten ihre Nervosität. Natürlich war der Gürtel durch ihre Kleidung verborgen, doch er war da; und Leonie hoffte, ihn jetzt endlich los zu werden.

Die Nachbarin wusste die Adresse und sie verriet Leonie auch nebenbei den Familiennamen ´Mohr´.

Seufzend machte sie sich auf den Weg. Schon wieder war sie auf dem Weg ins Ungewisse, doch auch diesmal würden sie hoffentlich einige fesselnde Abenteuer erwarten.

* * *

»Danke, dass du mir helfen willst.« Sarahs Blick hatte sich wieder etwas aufgehellt. Sie saß Maria gegenüber an dem kleinen Tisch und schaute erwartungsvoll auf den Tablettwagen, den die Schwester gerade hereingefahren hatte. Es duftete nach Kaffee.

Für Sarah lag nur der übliche Beutel bereit, während Maria ihr Frühstück genießen konnte.

Während Maria ihr Toastbrot strich, musste sie abwechselnd an die leckeren Brötchen denken und dann wieder auf den weißen Beutel schauen, der neben Sarah an dem Ständer hin und der sich langsam leerte. Sie hatte große Mühe, ihren Neid zu unterdrücken.

Doch zu ihrer Überraschung seufzte Sarah. »Ach, ich würde gern mal wieder etwas schmecken.«

Maria blickte verwundert auf.

»Naja, am Anfang war diese Art der Ernährung noch sehr reizvoll, doch so langsam fehlt es mir.«

Es klopfte. Marias Mutter trat ein.

Maria versteifte sich unmerklich.

Frederike warf einen Blick auf den Behandlungsplan. »Ah, ihr wisst schon Bescheid.« Sie lächelte zum Tisch hinüber. »Der Herzog ist vor allem auf deine Leistungen gespannt, Maria.«

Maria seufzte innerlich, als sie daran dachte, was sie gerade ihrer Zimmernachbarin versprochen hatte. Doch sie bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen.

»Sarah würde gern mal wieder etwas Essen spüren.« Sie sah ihre Mutter bittend an. »Lässt sich da was machen?«

»Ich weiß es nicht.« Frederike wollte ehrlich sein. »Ich muss beim Facharzt nachfragen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Schwester Betty wird gleich kommen, sie bringt euch zur ersten Behandlung.«

Maria wollte protestieren. So groß war die Klinik auch wieder nicht, dass sie den Weg zum Behandlungstrakt nicht auch allein finden würde. Doch ein schneller Blick ihrer Mutter hielt sie davon ab.

* * *

Die Oberschwester war etwas sauer, weil Frederike gerade dabei war, ihr mehr oder weniger offen zu erklären, wie sie ihre Arbeit zu machen hätte. So etwas mochte sie überhaupt nicht. »Wir haben die Eiserne Lunge seit dem letzten Mal noch etwas verändert.« Dabei wollte sie nur ihrer Tochter die Neuerungen seit dem letzten Mal zeigen.

Maria blickte etwas verwundert auf die Liege, in der eine große Aussparung drin war. »Wie für einen Monohandschuh.« grinste sie.

»Du wirst lachen, das ist für deinen Handschuh.« Sie zögerte etwas. »Wir probieren eine etwas radikalere Methode aus.«


Maria wusste nicht, was die einzelnen Behandlungen genau bei ihr bewirkten, und es interessierte sie auch überhaupt nicht. Aber sie hatte erkannt, dass sie jedes Mal nach dem Klinikaufenthalt mit dem Korsett und vor allen mit dem Handschuh besser zurecht kam.

Sie schaute zu, wie der Deckel sich langsam senkte, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Sie kannte die Geräusche alle zur Genüge, das Klicken der Riegel, das Anlaufen der Maschine und das Pumpen der Luft.

Diesmal war es ein klein wenig anders, denn sie trug in der Elektrischen Lunge auch den Handschuh, das war bisher nicht vorgekommen. Es hatte streng genommen neben den medizinischen Aspekten auch den Vorteil, dass sie sich jetzt nicht um ihre Hände kümmern musste.

Anfangs hatte sie immer noch nach irgendwelchen Öffnungen gesucht, um sich befreien zu können, und obwohl sie doch wusste, dass dies aussichtslos war, half es ihr doch, die Zeit in der Maschine zu überstehen. Jetzt waren ihre Arme auf dem Rücken verpackt und so war sie wenigstens von dieser Sorge befreit.

Als die Eiserne Lunge ihre Arbeit aufnahm, spürte sie, wie ihr Brustkorb sich durch die erzwungenen tiefen Atemzüge zu weiten versuchte, und sie dachte mit gemischten Gefühlen daran, dass ihr diese Behandlung immer auch einen ordentlichen Muskelkater in allen Muskeln ihres Brustkorbes bescherte, der noch tagelang bei jedem Atemzug zu spüren sein würde. Doch jedes Mal war ihr danach die Brustatmung leichter, und ihre Taille konnte noch enger eingeschnürt werden, ohne ihr beim Atmen wesentliche Probleme zu bereiten.

Wie all die Male zuvor schaffte es Maria sehr schnell, sich gedanklich fallen zu lassen. Vor zwei Tagen war der Herzog mit seiner Frau und einer nicht geringen Zahl an Personal in der Klinik angekommen. Maria hatte die Anspannung ihrer Mutter gespürt, der der hohe Besuch sehr wichtig war, insbesondere weil auch der Investor Brown extra vorbei gekommen war, um den Herzog zu begrüßen.

Maria hatte sich an dem Wochenende eher gelangweilt, weil Sarah die ganze Zeit bei ihren Schwiegereltern war und Maria sich allein beschäftigen musste. Ihre Mutter hatte ihr etwas Literatur zur Verfügung gestellt, mit der sie sich über die Familie Breganza und die Umgangsformen im dortigen Hochadel informieren konnte.

Besonders eine Regel fand Maria faszinierend und begrüßenswert. Es war für eine herrschende Dame des Hochadels nicht schicklich, die Arme zu zeigen. Deswegen gab es in der Kleidung die verschiedensten Möglichkeiten, die Arme zu verstecken. Die älteren erfahrenen Damen hielten sie einfach verdeckt, weil sie diszipliniert genug waren, aber für die jungen ungestümen Damen gab es diverse Vorrichtungen, die Maria sehr bekannt vorkamen. Sie ähnelten sehr der Armtasche, die Maria bei Margarete auf der Hütte gesehen hatte.

Mit sehr viel Gänsehaut dachte sie an das ´Ballkleid´, das sie auf dem Empfang tragen durfte. Das erste Mal war es sehr aufregend, doch wenn die Prinzessin jeden Tag...

Maria hatte sich bisher nur mit den europäischen Prinzessinnen befasst, doch die Regeln und Gepflogenheiten des brasilianischen Hochadels sagten ihr auch sehr zu. Zumal es auf die gleichen Regeln hinaus lief. Die Kleidung und das Benehmen zeigten an, dass die Dame es nicht nötig hat zu arbeiten.

Wie fast jedes Mal hatte Maria es geschafft, das Arbeiten der Maschine nach kurzer Zeit auszublenden und sich stattdessen in eine Traumwelt zu flüchten. Doch diesmal war es anders. Sie träumte nicht von einem unbekannten Prinzen, auf den die Prinzessin wartete, sie träumte von Paul.

Paul.

Das war der Unterschied zu den bisherigen Klinikaufenthalten. Jetzt hatte sie einen Freund, in den sie verliebt war, und nicht nur einen anonymen Prinzen. Im Gegenteil, wenn sie mit etwas Phantasie auf der Fest schaute, das vor ihr lag, dann war Paul ihr Prinz, den sie demnächst heiraten würde.

Sie hatte den Termin, zu dem sie vor dem Altar stehen würde, schon fest vor Augen und sie zählte die Tage, bis sie ihrem Prinzen das Ja-Wort geben würde. Natürlich wusste sie, dass es nur ein Historienspiel war und dass das Ja-Wort keine rechtliche Bedeutung haben würde. Trotzdem freute sie sich sehr darauf. Und dabei gab sie sich große Mühe, nicht auf die Zeit nach dem Fest zu schauen.

* * *

Sarah betrat das Behandlungszimmer, und auch für sie lag ein Handschuh bereit. Dies war wahrscheinlich auf die Forderung zurückzuführen, dass der Herzog für Sarah die gleiche Behandlung forderte wie für Maria.

Insgeheim wusste Maria, dass auch diese Behandlung umsonst sein würde, wenn man es nicht schaffte, Sarah die Angst vor der Hochzeit zu nehmen. Doch sie hatte immer noch keine Idee, wie sie das erreichen konnte, denn irgendwie war es aussichtslos. Wer würde denn freiwillig eine Verbindung mit einem Partner eingehen, dessen Abneigung beziehungsweise Widerwillen offen zutage trat.

Maria versuchte ein Lächeln.

Sarah lächelte zurück und ließ sich ihre Arme in den Handschuh einschnüren. Ihrem heftigen Atem nach schien sie erregt zu sein.


Maria hatte Sarah zunächst ein wenig von ihrer baldigen Hochzeit auf dem Fest berichtet. Sie hoffte insgeheim, von da aus den Bogen schlagen zu können zu Sarahs Hochzeit. Und es funktionierte. Sie konnte die Prinzessin dazu bringen, etwas über ihre Erlebnisse aus der Vergangenheit zu erzählen.

Vielleicht lag es auch daran, dass sie sich in den Maschinen nicht so einfach ansehen konnten. So mussten sie vor allem auf die Stimmung im Tonfall achten, während ihr Blick über den Spiegel oberhalb der Maschine nach draußen durch das Fenster fallen konnte. Sarah berichtete von dem letzten größeren Fest, auf dem sie ihren Verlobten wieder gesehen hatte.

Maria bemerkte den Stimmungswechsel sofort. Es kam ihr vor, als mische sich etwas Angst in Sarahs Erzählung. Vorsichtig hakte sie nach.

»Ich habe gesehen, wie er ihn geküsst hat.« Sarah keuchte unter der Maschine. »Es war kein kurzer Kuss, sondern ein sehr leidenschaftlicher.« Sie seufzte. »Normalerweise hätte ich nicht gelauscht, doch in dem Augenblick war ich wie festgenagelt und konnte mich nicht mehr bewegen. ´Und du musst sie wirklich heiraten?´ fragte der Diener, und der Herzogssohn blickte seinen Freund kurz an. »Das hatten wir doch schon oft diskutiert. Du wirst keinen Grund zur Eifersucht haben.´«

Maria begann, die Prinzessin zu verstehen.

Immer wieder hatte Sarah über diesen Satz nachgedacht und sie fragte sich, was er wohl wirklich bedeuten würde. Würde er sie beseitigen? Doch bei der strengen Gesellschaftsordnung war dies höchst unwahrscheinlich. Doch dann sah sie sich in einem brennenden Auto und sie ahnte die Schlagzeile schon ?Bei einem tragischen Autounfall gestorben.? »Ich habe Angst, schreckliche Angst.« Aus irgendeinem Grund hatte sie Vertrauen zu Maria. Ihr berichtete sie von ihren Alpträumen, die sie regelmäßig heimsuchten, seit sie diesen gewissen Satz gehört hatte.

Maria blieb fast das Herz stehen, als sie hörte, mit welchen Problemen ihre neue Freundin zu kämpfen hatte. Am Wochenende hatte sie auch Gelegenheit gehabt, die zukünftige Familie von Sarah kennenzulernen und auch bei ihr war der Eindruck geblieben, dass sie alle sehr zielstrebig waren und stets zu ihrem Wort standen.

»Morgen ist die nächste Prüfung angesetzt«, seufzte Sarah. »Ob sie es mir noch mal glauben werden?«

Nur langsam begriff Maria die gesamten Zusammenhänge, und trotzdem erkannte sie sofort, dass etwas sehr Schwieriges, wenn nicht sogar Unmögliches vor ihr lag. Es hatte ja schon oft Gerüchte gegeben, dass unliebsame Verwandte aus dem Weg geräumt wurden. Es kam zwar selten vor, dass gleich ein Mord dahinter stand, aber auch eine Einweisung in eine geschlossene Anstalt oder ein Gefängnis soll es gegeben haben.

Immer wieder blickte Maria durch den Spiegel aus dem Fenster, und nur ganz nebenbei fiel ihr auf, dass sie völlig in Gedanken war, weil sie die Arbeit der Maschine überhaupt nicht mehr wahrnahm. Sie grübelte lange, was sie wohl tun konnte, um Sarah ihre Angst zu nehmen. Und je länger sie grübelte, desto klarer wurde ihr, dass es eine offene Aussprache zwischen dem Herzogssohn, seinem Diener und Sarah geben musste. Nur so, wenn sich alle ausgesprochen hatten, würde sich Sarah vielleicht sicher fühlen. Maria war von ihrer Menschenkenntnis zwar nicht besonders überzeugt, doch irgendwie fühlte sie, dass der Herzogssohn nichts Böses im Schilde führte. Doch ihren Worten allein würde Sarah auch nicht glauben.

* * *

Gleich nach dem Mittagessen betrat Frederike das Zimmer, in das Maria und Sarah nach der Eisernen Lunge gebracht worden waren. »Ich bringe euch zum Training mit den Ballettstiefeln.« Nach ihr betrat auch der Herzog das Zimmer.

Maria sah, wie Sarah zusammenzuckte. Sie warf ihrer Mutter schnell einen fragenden Blick zu und blickte kurz auf den Herzog, in der Hoffnung, dass dieser den Blick nicht bemerken würde. Tatsächlich war der Herzog damit beschäftigt, Sarah zu mustern.

Ihre Mutter blickte ebenfalls kurz auf den Herzog, dann zuckte sie mit den Achseln.

»Und welchen Zweck hat dieses seltsame Training?« fragte der Herzog, nachdem er die Stiefel gesehen hatte, die Frederike mitgebracht hatte.

Frederike schaffte es nicht, einen Seufzer zu unterdrücken. »Ich hatte ihnen das doch schon erläutert. Mit den Ballettstiefeln erreichen die Mädchen die höchstmögliche Absatzhöhe. Damit wird erreicht, dass der Körper eine aufrechte Haltung annimmt, die Schultern werden zurückgenommen und der Brustkorb weitet sich.« Sie blickte sich um. »Können wir dann gehen?«


Schon nach den ersten Metern in der Turnhalle war zwischen den beiden Mädchen ein deutlicher Unterschied zu erkennen - so deutlich, dass es auch dem Herzog auffiel. Maria bewegte sich auf den Schuhen, als hätte sie nie etwas anderes getan, obwohl sie sogar einen Monohandschuh trug. Doch Sarah hatte große Mühe, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Sie wagte es nicht, die Hilfsstange an der Wand loszulassen.

»Warum gibt es zwischen den Mädchen so einen großen Unterschied?« Der Herzog war etwas angespannt. »Ich dachte, sie werden beide für das Gebet ausgebildet. Warum trägt Maria so einen Armhalter und Sarah nicht?«

Frederike ging zu Maria und zog die Schnürung am Handschuh noch einmal nach.

Maria bemerkte aber sofort, dass sie nur so tat. Trotzdem schwieg sie. Sie ahnte, was ihre Mutter in Wirklichkeit bewegte. Sie wollte Zeit gewinnen. Schließlich entschied sie sich dafür, zumindest einen Teil der Wahrheit preiszugeben. »Maria trainiert schon viel länger, erst vor kurzem ist das Gebet auf dem Rücken dazu gekommen.«

Maria hatte gesehen, wie Sarah immer wieder verängstigt zum Herzog blickte. Sie hatte eine Idee. Sehr selbstsicher ging sie zum Sarah und stupste sie mit ihren Armen an. »Komm, wir gehen nach draußen.« Sie spürte, dass die Aussicht, aus dem Blickfeld des Herzogs zu kommen, Sarah anspornte. »Halte dich an meiner Schulter fest.« Maria warf ihrer Mutter noch einen kurzen Blick zu. »Ich zeige der Prinzessin den Garten.«


»Eigentlich kann ich ja auf High-Heels gut laufen.« Sarah lachte, als sie die Tür hinter sich gelassen hatten und aus dem Sichtfeld des Herzogs waren.

Maria verkniff sich die Frage, warum Sarah so mauerte, da sie die Antwort ohnehin kannte. Stattdessen wunderte sie sich ein wenig über die Prinzessin, die auf einmal gehen konnte, als wäre nie auf etwas anderem als Ballettstiefel unterwegs gewesen. Als sie Marias verwunderten Blick sah, lächelte sie. »Als Prinzessin bekommt man natürlich auch Ballettunterricht.« Sie keuchte etwas. »Ich wünschte mir nur, ich hätte damals etwas besser mitgemacht.«

Nach einiger Zeit kam Frederike aus der Turnhalle. »Der Herzog ist wieder gegangen. Warum lauft ihr hier draußen herum und dreht nicht in der Halle eure Runden, so wie es gefordert ist?« Sie war etwas aufgebracht. »Der Herzog besteht darauf, dass der Ausbildungsplan genau eingehalten wird.«

»Es macht doch keinen Unterschied, ob wir hier laufen oder in der Halle.« Maria hatte wenig Lust auf die bisher so stupiden Übungen. Bisher durfte sie die Gehübungen immer draußen machen.

Frederike hatte auf einmal eine Idee. »Die Halle hätte aber den Vorteil, dass euch der Herzog nur dann sehen kann, wenn er in die Halle kommt.« Sie warf ihrer Tochter einen ermutigenden Blick zu. »Wenn ihr hier im Freien seid, muss er nur ans Fenster gehen und kann euch jederzeit beobachten.«

* * *

Als sie in die Halle zurückkamen, stand die Oberschwester neben der Tür und Schwester Betty stand hinter ihr. »Fräulein Breganza, sie sollen den Armhalter doch schon jetzt tragen. Die Chefin sagt, sie kommen mit den Stiefeln gut zurecht.« Sie bat Betty, der Prinzessin den Handschuh anzulegen.

In Sarah kämpften die Gefühle miteinander. Natürlich trug sie den Handschuh sehr gern und sie hatte auch viel Übung darin, aber dazu trug sie meistens bequeme Schuhe. In dieser Kombination war es neu für sie, und wären da nicht die Sorgen um ihre Zukunft, dann hätte sie es vielleicht sogar aufregend gefunden.

* * *

Leonies Herz klopfte laut, als sie auf den Klingelknopf drückte, auf dem ´Mohr´ stand. Würde wenigstens er da sein, wenn schon Maria abwesend war? Leonie fragte sich, ob sie nicht etwas zu impulsiv gehandelt hatte.

Die Haustür öffnete sich und Paul trat vor die Tür. »Leonie? Was macht du hier?« Mit einer einladenden Handbewegung bat er sie herein.

»Ich war schon bei Maria, aber da war keiner.« Leonie wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

»Maria ist in den USA.« Er führte Leonie ins Wohnzimmer.

»Was macht sie denn da?« Leonie war verwundert, dass Maria allein dort war.

»Sie ist in der Klinik ihrer Mutter. Aber was sie da macht, weiß ich auch nicht so genau.« Paul war bewusst etwas zurückhaltend, da das Gebet auf dem Rücken noch ein großes Geheimnis war. »Möchtest du etwas trinken?«

»Dann wären wir ja allein«, entdeckte Leonie und ihre Augen begannen zu funkeln. »Wenn du ein Wasser hast, das täte mir reichen.«

Paul ging kurz in die Küche und kam gleich darauf mit einem Glas zurück.

Leonie zeigte großes Einfühlungsvermögen. Sie wollte auf der einen Seite wieder die tolle Hilflosigkeit in den Fesseln erleben, auf der anderen Seite wollte sie sich aber auch nicht zwischen Maria und Paul drängen. »Meinst du, Maria würde es erlauben, wenn du mir noch mal einen Handschuh anlegst?«

Pauls nachdenkliches Gesicht zeigte ihr, dass sie den richtigen Ton getroffen hatte. Doch seine Gegenfrage verblüffte sie und lies ihre Augen fast etwas glasig werden. »Mir oder ohne Schrittseil?«

Leonie keuchte. Nur noch mit leiser Stimme antwortete sie. »Mit.«

Paul hatte schnell erkannt, dass er gegenüber Leonie seine Dominanzversuche austesten konnte, ohne seine Liebe zu Maria in Gefahr zu bringen. Er hatte Leonie so eingeschätzt, dass sie ihm viel verzeihen würde.

Erst jetzt begann Leonie mit ihrem eigentlichen Anliegen und fragte nach dem Schlüssel zum ihrem Keuschheitsgürtel. »Ich hoffe, den hast du noch?« Sie hatte allerdings etwas Lustvolles im Blick. Doch dann wurde ihre Stimme sehr leise. »Bei mir hat sich einiges angestaut.«

Paul konnte sie gerade so verstehen und er wusste auch sofort, was sie damit sagen wollte. »Der hängt an Marias Schlüsselbund.«

Leonie erschrak. »In den USA?«

»Nein.« Paul lachte wegen Leonies entsetzter Miene. »Das Bund ist bei Maria im Haus.«

»Aber da ist doch keiner.« In Leonies Stimme war ein leiser Frust zu hören.

»Aber ich habe einen Schlüssel.« Paul ahnte, was sein Gegenüber bewegte. »Ich kann ihn holen, sobald meine Oma wieder da ist.« Er wollte Leonie nicht allein im Haus lassen.

* * *

Die zehn Runden auf dem kleinen Parcours waren geschafft und die beiden Mädchen ließen sich erschöpft auf die Matten fallen. Nach der dritten Runde hatte Sarah die Idee zu einem Wettlaufen über den Parcours. »Damit es nicht so eintönig ist«, hatte sie angeregt. Maria war mit vier gewonnenen Runden die Siegerin. Dreimal war Sarah schneller gewesen.

Als Betty vorbei kam, um sie zur Kaffeepause abzuholen, musste sie sich wundern. »Ist das Gehen in den Stiefeln so anstrengend?« Sie half den Mädchen beim Aufstehen, dann holte sie ein paar Handtücher.

»Nein, wir haben ein Wettrennen gemacht.« Maria lachte.

Betty reichte ihnen die Handtücher. »Wie ist es ausgegangen?«

»Ich habe einen hervorragenden zweiten Platz belegt, während Maria nur vorletzte geworden ist.« sagte Sarah mit übertriebenem Ernst.

Sowohl Betty als auch Maria stutzten etwas, bevor sie laut loslachten.

»Mein Vater hat das immer gesagt, wenn er beim Tennis verloren hat.« Sarah grinste.

Betty hielt den Mädchen immer noch die Handtücher hin. Erst jetzt bemerkte sie ihren Fehler. »Ach entschuldigt bitte, ihr tragt ja noch die Armhalter.« Sie trat hinter sie und öffnete die Verschlüsse. »Ist das nicht gemein, die Arme nicht benutzen zu können?«

Sarah zuckte mit den Schultern. »Ich bin damit aufgewachsen, ich kenne es nicht anders.«

Betty wartete, bis die Mädchen sich aus dem Handschuhen befreit hatten, dann stand sie auf und verbeugte sich übertrieben. »Wenn ich dann zum Kaffee bitten dürfte?«

Maria war froh, dass ihr die Antwort erspart blieb. Sie hätte nicht so unbefangen antworten können, insbesondere seit den Erlebnissen auf der Hütte.

* * *

»Da sind sie ja endlich« Die Oberschwester hatte sie schon auf der Station erwartet.

»Der Kaffee wird gut tun nach den Rennen.« Maria lächelte zu Sarah.

»Es gibt keinen Kaffee« erwiderte die Oberschwester grimmig. »Sie werden im Zahnlabor erwartet zwecks Mundvermessung.«
399. RE: Maria

geschrieben von Balu am 06.03.16 09:24

Lieber gag_goll ,
vielen danke für die weiteren teile von Maria die ich sehr verschlinge.

Mache einfach so weiter die Geschichte ist der Hammer
400. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 06.03.16 19:27

Hallo gag-coll,

auch von mir wieder ein herzliches Dankeschön für die schönen Fortsetzungen.
Und Danke dafür, das Maria endlich auf den Gedanken gekommen ist, alle Beteiligten ins Boot oder Gespräch zu holen.
Die Klinik ist doch ideales Tabu-Gelände.
Der Ehemann in spe (möglichst mit Geliebtem) sollte mal mit beiden Mädels reden.
Es besteht doch die Möglichkeit zweier "Ehen", noch dazu wenn er homosexuell ist.
Das sollte wahrscheinlich auch in Brasilien nicht sooo öffentlich werden.
Allerdings den Nachwuchs austragen wird wohl Sarah müssen.
Da hat die Natur leider Grenzen gesetzt, auch wenn viele Frauen dies ableugnen wollen.

Ich warte sehnsüchtig auf mehr.
401. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 06.03.16 21:43

Hallo gag_coll,

Vielen Dank für deine super Geschichte ich warte so wie andere sicherlich auch auf die nächste Fortsetzung.

Deine anderen Geschichten habe ich auch mit viel interesse gelesen.

Mach weiter so.


Gruß marmas71
402. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 06.03.16 22:51

Vielen Dank.

Für einen weiteren tollen Teil.

mfg Wölchen
403. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 07.03.16 00:00

Hallo cag_coll.

Wie immer, hervorragende Fortsetzung.

Bin ja mal gespannt, ob es für Sarah doch noch eine Lösung für ihren Alptraum gibt. Naja, ich lass mich mal überraschen.

Was ist eigentlich aus dem Ponykostüm für Maria geworden? Kommt die Auflösung noch? Bin ich einfach zu ungeduldig?


MfG Rainman
404. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Acht

geschrieben von gag_coll am 07.03.16 06:07

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Acht
Autor: Karl Kollar

(noch Montag, 30. August 1984)

Im Zahnlabor wurden sie von einem älteren Arzt erwartet, der von einer sehr jungen Dame begleitet wurde. Beide trugen sie die üblichen Arztkittel. Der Arzt stellte sich und die Dame vor. »Das ist Judith, sie lernt bei uns Zahnarzthelferin. Sie erlauben, dass sie bei ihnen üben darf?«

»Ob das der Herzog weiß?« dachte Maria leise bei sich, dann gab sie ihre Einwilligung, wie es zuvor schon Sarah getan hatte.

Der Arzt wandte sich zunächst an seinen Lehrling. »Die Mädchen bekommen den ganz neu entwickelten Mundverschluß, und dafür müssen wir den Mundraum ganz genau ausmessen.«

Judith blätterte hektisch in einer Mappe, bis sie anscheinend gefunden hatte, was sie suchte. Sie schlug die Seite auf, die mit ´Zahnspangen´ beschriftet war.

»Sie haben recht, es geht so ähnlich wie bei den Zahnspangen, nur dass sie hier beide Abdrücke gleichzeitig im Mund haben werden, weil wir die Position der Kiefer zueinander auch bestimmen müssen.«

Er ging zu einem Schrank und holte ein Tablett heraus. »Hier ist ein Modell, an dem sie sehen können, was passieren wird.« Er nahm das Modell zur Hand und zeigte den Umgang damit. »Und hier werden die beiden Hälften miteinander verbunden und verriegelt. Man braucht dieses Werkzeug, um den Mund wieder öffnen zu können.«

Er nahm das Gerät in die Hand, welche etwas Ähnlichkeit mit einem Schraubenzieher hatte. »Dieses Werkzeug ist eine Spezialanfertigung. Wir haben im Moment nur dieses eine Exemplar.« Er schien die Sorgen der Mädchen zu spüren. »Es sind schon weitere Exemplare angefordert.«

Maria erinnerte sich daran, dass sie dieses Modell auf der Vorführung am Freitag schon gesehen hatte.

»Und wie lange müssen die Damen das dann tragen?« Judiths Stimme zitterte. »Essen und Trinken geht damit ja nicht mehr.«

»Also erstmal ist noch überhaupt nicht raus, ob es überhaupt zum Einsatz kommt, aber da wir noch zwei Tage Vorlauf brauchen, sollen wir sicherheitshalber schon mal je ein Exemplar anfertigen.«

»Und wer entscheidet so etwas Grausames?« Judith war sichtlich empört.

Der Arzt blickte Maria und Sarah einen Moment an, bevor er antwortete. »Verantworten muss es die Chefin, aber das geht wohl auf Herzog Breganza zurück.« Dass der Herzog in der Klinik weilte, war dem Personal bekannt.

»Können wir dann anfangen?« fragte Sarah etwas ungeduldig.


Schon als Judith die beiden Formen vorbereitete, kam es Maria vor, als hätte sie tausend Schmetterlinge im Bauch. Ohne dass sie Christines Mundverschluß genau kannte, ahnte sie doch, dass für sie jetzt etwas Ähnliches angefertigt wurde. Sie hatte größte Mühe, ihre Erregung zu verbergen. Erst als sie Sarahs trauriges Gesicht sah, erkannte sie, dass dieses Ding für Sarah alles andere als verlockend war.

Als Maria die knetartige Masse im Mund spürte, fühlte sie sich an ihre frühe Jugend erinnert, als damals ein Abdruck für die Spange gemacht wurde, die sie damals tragen musste. Ansonsten war die Prozedur erschreckend harmlos im Vergleich dazu, welche Konsequenzen auf sie warteten, wenn es denn tatsächlich zum Einsatz käme. Doch insgeheim hoffte Maria sogar, dass ´es´ passieren würde, weil sie auf der Hütte sehr neugierig geworden war.

Ob sie wohl auch mal für Paul schweigen dürfte?

»Bitte jetzt die Lippen auseinander, ohne den Biss zu lockern.« Judiths Stimme riss Maria aus ihren Gedanken.

Die Azubine brachte an den Formen an einigen Stellen Markierungen an.

»Jetzt bitte den Mund wieder öffnen.« Judith griff zu den Formen und war bemüht, sie vorsichtig wieder herauszuziehen. Doch es ging nicht.

Der Arzt hatte auf einmal einen ganz seltsamen Gesichtsausdruck. »Womit haben sie die Formen gefüllt?«

Judith zeigte auf den Tisch, wo noch die Verpackung der Knete lag.

»Ich habe es befürchtet.« Er wurde auf einmal etwas bleich und griff zum Telefon. »Die Chefin bitte.«

»Es ist in der Hektik etwas schief gegangen«, er war sichtlich nervös, als er kurz über die Vorgänge informierte. »Wir haben die falsche Knete benutzt.«

»Naja, es ist die alte, die zwei Stunden aushärten muss.« Er blickte die beiden Mädchen verlegen an. »Und die Mädchen dürfen dabei ihren Kiefer nicht bewegen.«

»Nein, herausnehmen lässt es sich jetzt auch nicht mehr.« Erst wenn es ausgehärtet ist, und das wird eben so zwei Stunden dauern.«

»Naja, früher haben wir den Patienten Schnürhauben angelegt, damit der Kiefer ruhiggestellt bleibt.«

»Ja, okay, dann machen wir dies jetzt auch.« Er legte auf. »Judith, achten sie darauf, dass die Patientinnen ihren Kiefer nicht bewegen, das ist ganz wichtig.«

»Ja, mache ich.« Sie war noch sehr verwirrt, denn ihr Chef hatte gerade für sie die Schuld übernommen. Sie kannte den Unterschied der Kneten durchaus und hatte die Packungen verwechselt.

Sarah und Maria blickte sich verblüfft an. Sarah seufzte innerlich, denn eigentlich hatte sie schon genug Sorgen, und Maria hatte große Schwierigkeiten, ihre Erregung unter Kontrolle zu halten. Irgendwie ahnte sie, dass sich demnächst ein großer Traum erfüllen würde.


Der Arzt kam zurück und hielt in seiner Hand ein weißes und ein schwarzes Bündel. Er legte sie auf den Tisch. »Ich habe nur noch eine Haube aus Stoff und eine aus Leder. Die Lederhaube kann strenger geschnürt werden, dafür hat sie aber Augenöffnungen. Er legte sie auf den Tisch vor sich und schob sie auseinander.

Wieder blickten sich die Mädchen nur kurz an, dann schaute jede von ihnen auf die Haube, die sie haben wollte. Ohne dass sie lange überlegen mussten, waren sie sich einig. Sarah waren die Augen sehr wichtig, damit sie sehen konnte, ob der Herzog in Sichtweite war, und Maria war es wichtiger, ihre Augen verstecken zu können. Sie hatte zwar schon etwas Übung darin, einen Orgasmus zu verstecken, doch mit ihren Augen hätte sie sich bisher noch jedes Mal verraten. Und dass ihre Augen in der Haube versteckt wären, war ihr mehr als recht.


»So, das war es.« Judith hatte auch die zweite Haube angelegt und genauso fest gezogen wie die erste. Es war jetzt beiden Mädchen nicht mehr möglich, den Kiefer zu bewegen. »Danke noch mal Chef, dass sie nichts gesagt haben.« Sie blickte zum Arzt.

»Was soll ich gesagt haben?« Er war etwas erbost. »Ich habe ihnen die falsche Knete gegeben und so habe ich das auch der Chefin gesagt..« Er blickte sie eindringlich an.

* * *

Leonie war etwas verlegen. So verlockend die Aussicht auch war, mit Paul ein paar fesselnde Abenteuer zu erleben, wollte sie doch ihren Platz unterhalb von Maria einnehmen und nicht an ihrer Stelle. »Auf der Hütte hat es mir echt toll gefallen, besonders wenn ihr euch um mich gekümmert habt.« Sie versuchte eine Brücke zu bauen, auch wenn sie sich lieber Maria untergeordnet hätte.

»Ich glaube, Maria würde es erlauben.« Paul war etwas nachdenklich. Er wusste noch nicht so recht, was er mit der aufdringlichen Leonie anfangen sollte.

»Was würde Maria erlauben?« Seine Oma Selma war vom Einkaufen zurück und blickte kurz ins Wohnzimmer, bevor sie ihre Taschen in die Küche brachte. Als sie zurückkehrte, war Leonie aufgestanden.

»Ich bin Leonie Wolkenberg.« Sie reichte Selma die Hand. »Ich habe Paul und Maria auf der Hütte von Sebastian kennengelernt.«

»Selma Mohr.« Pauls Oma erwiderte den Gruß. »Und jetzt möchtest du deinen Schlüssel abholen?«

Leonie war verblüfft. »Ja.« Sie blickte kurz zu Boden. »Und ich hatte gehofft, hier etwas trainieren zu können.«

»Was möchtest du denn trainieren?« Selma war von dem recht aufdringlichen Mädchen fasziniert, die anscheinend recht zielstrebig ihrem Wunsch nach Fesselungen nachging. Paul hatte ihr von Leonies Auftauchen auf der Hütte berichtet.

»Margarete hat mir einen Trainingsplan erstellt.« Sie kramte kurz in ihrer Tasche und nahm ein etwas zerknittertes Blatt Papier heraus. »Diesen hier.« Sie reichte ihn Selma.

Selma nahm den Plan entgegen und studierte ihn kurz. »Ein Lob für eure Ärztin. Der Plan ist wirklich gut ausgearbeitet.« Sie blickte Leonie wieder ins Gesicht. »Und du möchtest, dass wir dir zu einem Orgasmus verhelfen.«

Leonie war für einen Moment sprachlos. Mit einer solchen Direktheit hatte sie nicht gerechnet. Beschämt quälte sie sich ein »Ja« heraus.

Paul fiel auf, dass seine Oma von ´wir´ gesprochen hatte. Sie wollte ihn also mit einbeziehen. Er kannte seine Oma gut und sah, dass sie etwas Bestimmtes vor hatte.

Selma blickte noch einmal auf den Trainingsplan. »Und du möchtest dabei gefesselt sein.«

Leonie senkte den Kopf. Natürlich war dies ihr innigster Wunsch, aber die Art und Weise, wie Selma sie damit konfrontierte, machte sie verlegen. Wieder konnte sie nur ein »Ja« flüstern.

Selma war fasziniert, gab sich aber große Mühe, dies nicht zu zeigen. Mit Leonie könnte sie seit langer Zeit einmal wieder ein Mädchen in Gefangenschaft halten. In ihr begann ein Plan zu reifen.

»Ich bin bereit, dich auszubilden, aber dazu erwarte ich strikten Gehorsam.« Selmas Stimme war auf einmal recht streng. So streng, dass Paul erstaunt aufblickte.

»Ja, Frau Mohr, ich werde gehorchen.« Leonie war von der plötzlichen Autorität fast geblendet.

* * *

»Betty, bringen sie die Patientinnen zur Elektro-Massage.« Die Stimme der Oberschwester war deutlich zu hören.

Maria war nervös. Jetzt würde auch noch eine Massage dazukommen. Sie war durch den Knebel im Mund schon sehr erregt. Gewiss, es war nur ein Unfall im Zahnlabor, und es war auch kein echter Knebel, doch auf Maria hatte es die gleiche Wirkung. Sie hatte sich auch in der Klinik schon oft den Monohandschuh anlegen lassen, auch mit Korsett und Ballettstiefeln, trotzdem war es jetzt etwas Neues, sehr Erregendes. Da war ihr Mundverschluß, die strenge Haube und das verlorene Augenlicht.

Obwohl ihre Haube angeblich nur aus Stoff war, war sie doch so streng, dass Maria sie um ihren ganzen Kopf spürte. Wenn sie jetzt jemand berühren würde, dann würde sie explodieren, da war sie sich sicher.


Sie war geradezu erleichtert, als sie hörte, wie zunächst Sarah festgeschnallt wurde. Anscheinend gab die Oberschwester Anweisungen und Betty hatte sie auszuführen. Sarah wurde mit Riemen festgeschnallt, so vermutete Maria.

Gleich darauf wurde ihr das Klinik-Nachthemd abgenommen, welches unterhalb ihrer Arme nur von kurzen Bändeln zusammengehalten wurde, so dass es trotz ihres angelegten Monohandschuhs ausgezogen werden konnte. Nachdem sie auf ein Trittbrett geführt und leicht vorgebeugt an eine leicht geneigte gepolsterte aufrechte Fläche angelehnt wurde, spürte sie, wie sich die Riemen um ihren Körper legten, und nur die nervige Stimme der Oberschwester hielt sie noch davon ab, sich ihren Gefühlen hinzugeben.

»Hier dieser Riemen ist noch locker« hörte sie die Stimme der Oberschwester, »den ziehen sie bitte noch fest.«

Maria merkte, wie an den Riemen gewackelt wurde. Dann spürte sie, wie mehrere Klebepads an und um ihre Schultern angebracht wurden, von denen Kabel abgingen, die sie streiften. Ein unangenehmer Moment war, als die Oberschwester ihre in den Handschuh geschnürten Arme anhob, um Betty Gelegenheit zu geben, weitere Klebepads auf ihrem Rücken unter ihren Schulterflügeln anzubringen. Doch Betty arbeitet schnell, und ihre Arme wurden bald wieder herabgelassen. »Schalten sie dann die Maschine ein und kommen sie ins Schwesternzimmer.«


Maria hielt den Atem an, als sie die Tür ins Schloss fallen hörte. Ihr ganzer Körper spannte sich an und sie hoffte insgeheim, dass die Riemen sie festhalten würden.

Es dauerte keine zwei Sekunden nach Einschalten der Maschine, in denen Maria die ersten Reiz- und Kribbelströme auf ihrem Rücken spürte, dass sie in einem gewaltigen Orgasmus kam. Sie schrie laut in den Knebel und zerrte wie wild an den Riemen.

Erst sie Bettys Stimme hörte, beruhigte sich Maria wieder. »Es tut mir leid, wenn es weh tut, aber ich darf die Einstellungen nicht ändern.« Wie durch einen Nebel spürte Maria, wie eine Hand über ihren Körper strich. »So schlimm ist es doch gar nicht.« hörte sie ihre Stimme.


Maria kam erst wieder kurz zu sich, als sie spürte, wie die Riemen langsam gelöst wurden. Bis dahin war sie in einer Traumwelt, in der sie von tausend Händen berührt wurde und in der sie sich ihrer Umgebung komplett hingeben konnte. Sie liebte es, sich gegen ihre Fesseln mit all ihrer Kraft zu wehren, wenn sie wusste, dass die Fesseln sie mit mehr Kraft festhielten, als sie aufbringen konnte. Dazu kam das Wissen, ihrer Stimme beraubt zu sein. Sie bedauerte es sehr, dass ihr ihre Stimme bald wieder gehören würde.

Fast die ganze Massage war ein einziger langer Orgasmus. Als der Riemen um ihren Bauch gelöst wurde, sank sie einfach in sich zusammen.


»War die Massage zu schlimm?« Betty kniete vor ihr und blickte sie sorgenvoll an.

Maria schüttelte den Kopf. »Nein, das hatte anderen Gründe.« Sie wurde etwas rot dabei.

Auf einmal grinste Betty etwas verschlagen. »ich hatte dich ja schon länger in Verdacht.«

Maria legte ihren Finger auf den Mund. »Bitte nichts verraten.« Erst jetzt realisierte sie ihren Zustand und bemerkte, dass sie die Haube, die Mundformen und ihren Handschuh nicht mehr trug und stattdessen in einem Klinik-Rollstuhl saß, vor dem Betty nun kniete. »Wo bin ich?«

»Wir sind auf dem Rückweg vom Zahnarzt.« Betty beschrieb ihr, dass sie nach der Massage einfach zusammengebrochen war. »Wir hatten erst etwas Schlimmeres vermutet, doch die Notärztin hat mir dann verraten, was mit dir los war.« Sie streichelte Maria über den Kopf. »Die Oberschwester weiß davon nichts.«

Erst jetzt realisierte Maria, dass sie wieder über ihre Stimme verfügte. »Wo ist Sarah?«

»Sie wartet im Zimmer auf dich.« Betty grinste. »Ich glaube, sie hat die Massage auch ´genossen´.«


Maria musste lächeln, als sie in ihr Zimmer kam. Auf dem Tisch stand noch der Kuchen und der mittlerweile kalte Kaffee. »Muss ich das noch essen?« fragte sie Betty, als sie aus dem Rollstuhl aufgestanden war.

»Nein, das räume ich weg.« Sie stellte das Tablett auf die Sitzfläche des Stuhls. »Gleich gibt es Abendessen.«

»Da bist du ja endlich.« Sarah kroch aus dem Bett. »Wie geht es dir? Wir haben uns Sorgen gemacht.«

Maria und Betty blickten sich kurz an. Maria bemerkte dabei Bettys fragenden Blick, und als sie nickte, grinste Betty zu Sarah. »Sie ist auch geflogen.« Sie zögerte einen Moment. »Sogar noch heftiger als du.«

Sarah blickte Maria verwundert an. »Du auch?«

Maria blickte beschämt zu Boden. Ihr ´Ja´ war sehr leise.

»Na dann willkommen im Club.« Bei Sarah war die Befangenheit gewichen. »Ich komme bei fast jeder Behandlung.«

»Und Betty weiß das?« fragte Maria sehr vorsichtig.

»Sie ist meine Komplizin.« Sarah warf einen intensiven Blick zu Betty. »Und ich glaube, sie hat auch Spaß daran, mich so zu quälen.«

»Wieso?« Betty grinste breit. »Das haben doch alles die Ärzte angeordnet.« Dann fiel ihr Blick auf die Uhr. »Der Dienst ruft.« seufzte sie. »Ich muss zum Essen austeilen, sonst holt sie mich wieder.« Es war allen klar, dass die Oberschwester gemeint war.

Maria war sehr erleichtert, dass sie von Sarahs Verbindung zu Betty erfahren hatte. Vielleicht konnte ihr Betty auch dabei helfen, den Zugang zu Sarah zu finden.

* * *

Selma blickte ihren Enkel verschwörerisch an. »Paul, kannst du kurz zu Marias Haus gehen und den Schlüssel holen?«

Paul machte sie sofort auf den Weg. Er war sehr gespannt, was seine Oma mit Leonie vor hatte.

»Du wirst bei uns schlafen.« Selma ging zur Tür. »Kommst du bitte mit?«

Leonie ging es fast etwas zu schnell, doch sie musste sich eingestehen, dass sie auch sehr naiv in dieses Abenteuer gestartet war. Über so etwas wie ein Hotelzimmer hatte sie natürlich nicht nachgedacht. Sie stand auf und ging Pauls Oma hinterher.

»Wir haben hier im Haus so etwas wie eine zweite Wohnung. Hier kannst du bleiben und trainieren.« Selma erklärte dies, während sie die Treppe hinauf stieg.

Leonie ging verwundert, aber gehorsam hinterher.

»Dies ist unser Gästezimmer.« Selma öffnete die Tür und trat ein. Hinter ihr betrat Leonie das Zimmer und bemerkte ein Bett, ein Nachtschränkchen sowie einen Tisch mit zwei Stühlen und einen großen Schrank.

Selma ging zum Schrank und öffnete ihn. Sie nahm einen Stapel heraus und reichte ihn Leonie. »Du kannst schon mal das Bett beziehen.« Sie drehte sich zur Tür. »Ich muss noch etwas holen.« Sie verließ das Zimmer.

Leonie war zunächst erleichtert, dass ihr Zimmer-Problem so einfach gelöst war. Doch während sie das Laken aufzog, fiel ihr auf einmal auf, dass an dem Bett an allen vier Ecken Metallösen angebracht waren. Sie begann zu zittern, denn sie wusste, was mit diesen Ösen gemacht werden konnte. Beim Bett ihrer Schwester gab es diese Ösen ebenfalls, und sie war sich sicher, dass sie für Fesselungen gedacht waren. Ob Leonie dieses Ösen wohl auch einmal würde benutzen dürfen? Sie begann etwas zu zittern, während sie den Bettbezug aufzog.


»Ein Nachthemd oder einen Pyjama hast du vermutlich nicht eingepackt.« Selma betrat wieder den Raum.

Doch als Leonie sah, was Selma mitgebracht hatte, erstarrte sie. Die Halbkugeln aus Metall ließen keinen Zweifel daran, das es ein Keuschheits-BH war.

»Zieh dich aus.« sagte Selma eher beiläufig. Sie legte die mitgebrachten Sachen auf den Tisch.

Leonie erkannte jetzt auch die vier Ledermanschetten und begann zu erkennen, was wohl als nächstes mit ihr passieren würde. Doch sie zögerte.

Selma lächelte in sich hinein. Jetzt könnte sie den ersten Schuß abgeben. »Ich habe von dir Gehorsam verlangt. Wenn du dem nicht nachkommst, kannst du jederzeit wieder gehen.«

Leonie erschrak. »Nein, bitte schicken sie mich nicht weg. Ich will gehorchen.«

»Dann ziehe dich jetzt aus.« Selma blickte auf das Bett. »Ich kümmere mich noch um das Kopfkissen.«

Leonie war etwas irritiert, denn sie hatte angenommen, sie hätte das Kopfkissen noch beziehen müssen.

»Nun?«

»Ich bitte um Entschuldigung, es kommt alles etwas überraschend.« Leonie begann sich auszuziehen.

»Wir müssen dieses Ding noch auf deine Größe einstellen.« Sie griff sich den Metall-BH und hantierte daran herum.

Leonie hätte gern angemerkt, dass sie doch eigentlich von ihrem Keuschheitsgürtel befreit werden wollte, doch sie war schon zu sehr eingeschüchtert. Gehorsam streifte sie ein Kleidungsstück nach dem anderen ab, bis sie schließlich bis auf den Keuschheitsgürtel nackt im Zimmer stand.

»Du darfst gern mit anfassen.« Selma gab sich ernst, als sie Leonie den BH umlegte und auf ihre Größe einstellte.

Die Haustür war zu hören. »Wir sind oben im Gästezimmer.« Selma rief es aus der Tür. »Kommst du bitte herauf?«

Paul ging langsam die Treppe hoch, nachdem er die Haustür hinter sich geschlossen hatte.

Leonie wollte Paul nicht nackt gegenüber treten, und so half sie mit, sich den Keuschheits-BH anzulegen. Als Paul ins Zimmer trat, war Leonie gerade dabei, das Schloss zwischen ihren Brüsten anzubringen.

»Hier ist der Schlüssel.« sagte Paul und legte ihn auf den Tisch. Sein Blick fiel auf die Ledermanschetten, die seine Oma auf den Tisch gelegt hatte. Es gab ihm einen kleinen Stich, denn es waren die Manschetten, mit denen er auch Maria ans Bett gefesselt hatte.

Selma hatte die Bettdecke über das Fußteil gelegt und bat Leonie, sich auf das Bett zu legen.

Normalerweise hätte Leonie protestiert, weil sie so früh nie ins Bett ginge, doch Selmas autoritäre Ausstrahlung bewirkte, dass sie der Bitte widerspruchslos nachkam.

Selma griff sich zwei der Manschetten vom Tisch und reichte Paul wortlos eine davon, dann ging sie zum Bett und blickte Leonie streng an.

Leonie schluckte, dann streckte sie ihre Arme nach oben in Richtung der Ösen, die sie dort schon entdeckt hatte. Sie hatte zwar gehofft, sie einmal ausprobieren zu können, doch jetzt ging es ihr eher zu schnell. Kaum hatte sie ihre Arme in die erforderliche Position gebracht, als sie auch schon das Leder um ihre Handgelenke spürte.

Ihre Beine spreizte Leonie ohne weiteren Befehl, es war ihr einfach klar, was von ihr erwartet wurde. Sie begann leise zu keuchen. Ihre Ankunft in Landsbach hatte sie sich weniger spektakulär vorgestellt.

Auf einmal spürte sie ein gleichzeitiges Ziehen an Händen und Füßen; und ganz plötzlich schoss der Orgasmus durch ihren Körper. Sie zerrte wie wild an ihren Fesseln, doch die Lederriemen hielten sie verlässlich fest. Dann wurde es schwarz vor ihren Augen.


»Nur eine kurze Ohnmacht.« Selma blickte etwas besorgt auf Leonie.

Leonie blickte sich um. Sie war immer noch in dem Gästezimmer auf das Bett gefesselt, doch sofort spürte sie, dass sie ihren Keuschheitsgürtel nicht mehr trug. Auf einmal spürte sie Hände an ihrer intimsten Stelle und sie blickte sich erstaunt um. Paul war nicht im Raum, also war es Selma, die sie dort anfasste. Der Duft von Penaten lag in der Luft, und auf einmal erkannte Leonie, was Selma gerade machte. Sie cremte sie ein.

»Wenn man den Gürtel so lange trägt, bilden sich manchmal Druckstellen. Ich creme sie ein.« Selma wollte Leonie ein paar Erklärungen geben, was in ihrer Ohnmacht passiert war. »Paul holt noch etwas Babypuder.«

Leonie blickte Selma verwundert an, doch sie wagte es nicht, eine Frage zu stellen.

»Du wirst die nächsten Wochen weiter den Gürtel tragen, wenn ich dich ausbilde.« Selma hatte die ernste Miene aufgesetzt. »Bist du einverstanden?«

Obwohl Leonie sich so sehr danach gesehnt hatte, den Gürtel endlich loszuwerden, nickte sie vorsichtig. Die Gefahr, von Selma weggeschickt zu werden war größer als die Beschwernisse, den Gürtel noch einige Zeit tragen zu müssen. Tief in ihrem Inneren regten sich Gefühle, von denen sie nicht gar wusste, dass sie solche überhaupt hatte.

* * *

Sarah und Maria waren sich einig, dass sie nach dem anstrengenden Tag sofort ins Bett wollten. Doch statt der Oberschwester kam Marias Mutter zusammen mit Betty herein, um sie beim Zubettgehen zu begleiten. »Die Oberschwester habe ich in den Keller geschickt.« Sie grinste. »Sie muss nicht mitbekommen, was ich mit euch zu besprechen habe.«

Frederike ging auf ihre Tochter zu. »Die Notärztin hat mir von deinem Vorfall berichtet.« Sie blickte ihre Tochter mit einer gewissen Anspannung an.

Maria blickte schuldbewusst zurück. »Ich ... Ich..« Sie stotterte etwas.

Frederike gab sich alle Mühe, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Ein Orgasmus kann durchaus als Schmerzmittel eingesetzt werden, denn die dabei produzierten Endorphine sind ein körpereigenes Schmerzmittel. Damit lassen sich viele Behandlungen leichter ertragen. Das ist therapeutisch sogar sehr sinnvoll.«

Maria war sich nicht sicher, ob sie ihre Mutter richtig verstanden hatte.

»Du meinst, wir dürfen...« Sie stockte ein wenig. »Wir müssen?«

Frederike war über die Reaktion ihrer Tochter erleichtert. »Ich bespreche das noch mal mit Betty.« Doch dann fiel ein Schatten über ihr Gesicht. »Ihr dürft euch nur nicht von der Oberschwester erwischen lassen.« Sie seufzte. »Ich habe mehrmals versucht, ihr diese Therapie zu erklären, doch sie will es einfach nicht hören.«

Sie ging zu Betty »Ich habe Vertrauen zu dir.« Sie streichelte sie über das Gesicht. »Ihr könnt euch ihr vollkommen anvertrauen.« Sie lächelte. »Ich weiß, dass du etwas sadistisch veranlagt bist. Aber du verstehst es gut, Dienst und Privatleben zu trennen. Ich habe Vertrauen zu dir.«

Sie blickte zu Sarah. »Außerdem haben wir einen gemeinsamen Feind, dass verbündet auch.« Sie ließ es aber offen, ob sie auf den Herzog, den Investor oder beide anspielte.
405. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 07.03.16 08:10

Tolle Fortsetzung.

Offensichtlich bekommt jetz Leonie mehr als sie sich gewünscht had.Und auch Selma bekommt etwas zum spielen,mal sehen was sie sich so einfallen läßt.Mal schaun was da noch so kommt.Aber Paul muß aufpassen,das er Maria nicht verletzt wenn er seine Oma mit Leonie hilft.

Auf alle Fälle,vielen Dank für einen weiteren tollen Teil.

mfg Wölchen.
406. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.03.16 16:25

Zitat
Wie immer, hervorragende Fortsetzung

Danke
Zitat
Bin ja mal gespannt, ob es für Sarah doch noch eine Lösung für ihren Alptraum gibt. Naja, ich lass mich mal überraschen.

Es wird sich bald klären...
Zitat
Was ist eigentlich aus dem Ponykostüm für Maria geworden?

Wird auch noch kommen... allerdings erste "nächste Woche"...
407. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.03.16 16:29

Zitat
Deine anderen Geschichten habe ich auch mit viel interesse gelesen.
Danke, freut mich...
Wenn du zufällig eine Idee hast, wie man die Geschichten "Der Mantel der Studentin" fortsetzen könnte?
408. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.03.16 16:32

Zitat
Hallo gag_coll, ich möchte mich meinen Vorrednern bzw. -schreibern anschließen. Ich lese Maria genauso gerne wie deine anderen Geschichten. Leider hast du ja Vinctae in Monastario Antiquo nicht weitergeführt. (Die Gründe hattest du ja angeführt). Vielen Dank fürs schreiben und ich hoffe, du hast noch viel Stoff und Zeit und Lust und, und, und.

Hallo suchender,
was würdest du denn in Vinctae in Monastario Antiquo als nächstes lesen? Hättest du Ideen, was über die Mädchen zu berichten wäre?
409. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.03.16 16:37

Zitat
Hallo gag-coll,

auch von mir wieder ein herzliches Dankeschön für die schönen Fortsetzungen.
Und Danke dafür, das Maria endlich auf den Gedanken gekommen ist, alle Beteiligten ins Boot oder Gespräch zu holen.
Die Klinik ist doch ideales Tabu-Gelände.
Der Ehemann in spe (möglichst mit Geliebtem) sollte mal mit beiden Mädels reden.
Es besteht doch die Möglichkeit zweier \"Ehen\", noch dazu wenn er homosexuell ist.
Das sollte wahrscheinlich auch in Brasilien nicht sooo öffentlich werden.
Allerdings den Nachwuchs austragen wird wohl Sarah müssen.
Da hat die Natur leider Grenzen gesetzt, auch wenn viele Frauen dies ableugnen wollen.

Ich warte sehnsüchtig auf mehr.


Hallo pardofelis,
deine Ahnungen sind ziemlich gut...
Danke für das Feedback...
410. RE: Vinctae in Monasterio Antiquo

geschrieben von der suchende am 07.03.16 20:01

Hallo gag_coll, vielen Dank für deine Anfrage. Zum Beispiel würde ich gerne etwas über die Gruppe "Gelb" lesen, dann z.B. über die Ponygirls und natürlich wie es mit Kirsten und ihrer Mutter weitergeht. Nochmals vielen Dank für deine hervorragende Schreibarbeit.
Gruß aus München
411. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 07.03.16 21:02

Hallo cag_coll.

Je mehr ich von deiner Geschichte lese, desto süchtiger werde ich nach ihr. Eine echt super Arbeit und sehr gut geschrieben.

Bin ja mal gespannt, was Leonies Eltern zu ihrem neuen Streich sagen werden.

Und für Pauls Oma scheint ja wohl das Rentendasein zu Ende zu sein. Die stürtzt sich mit vollem Eifer in die Erziehung von Leonie.

Jetzt geht ja an allen Fronten die Post ab!


MfG Rainman
412. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 07.03.16 21:53

Zitat


Jetzt geht ja an allen Fronten die Post ab!


MfG Rainman



Ich bitte drum

gruß Kami
413. RE: Vinctae in Monasterio Antiquo

geschrieben von gag_coll am 08.03.16 05:10

Zitat
Zum Beispiel würde ich gerne etwas über die Gruppe \"Gelb\" lesen, dann z.B. über die Ponygirls und natürlich wie es mit Kirsten und ihrer Mutter weitergeht.

Hallo suchender,
das bringt mich dazu, doch mal etwas konkreter über eine Fortsetzung nachzudenken...
Vielen Dank
gag_coll
414. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Neun

geschrieben von gag_coll am 10.03.16 05:43

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Neun
Autor: Karl Kollar

Dienstag, 31. August 1984

Wie auch die Male zuvor wachte Maria am zweiten Behandlungstag mit heftigem Muskelkater auf. Natürlich wusste sie, dass sie es positiv zu nehmen sollte, doch da sie bei jeder noch so kleinen Bewegung daran erinnert wurde, tat sie sich mit den guten Ratschlägen der Schwestern und ihrer Mutter sehr schwer.

»Was haben wir gestern bloß gemacht?« Sarah streckte sich, nachdem Betty sie befreit hatte.

Insgeheim ärgerte sich Maria. Sie wachte jetzt schon zum dritten Mal im S-Fix auf und wieder konnte sie es nicht so genießen, wie sie sich das eigentlich vorgestellt hatte. Dies schien sich zu einem Running Gag zu entwickeln.

Ihr Blick fiel auf den Plan, der neben der Tür hing und bei dem die handschriftliche Änderung sie sofort an den wichtigen Termin heute erinnerte.

Sarah hatte ihr gesagt, was sie vorhatte, und Maria hatte ihr versprochen, sie dabei zu unterstützen. Dass sie dabei nicht unbedingt im Interesse ihrer Mutter handelte, war ihr bewusst, doch sie war bereit, für die Ängste der Prinzessin ihre eigenen Interessen zurückzustellen.

Seufzend schwang sie sich aus dem Bett, um sich dem morgendlichen Klinikgeschehen zu stellen.

* * *

»Frühstück.« Betty strahlte, als sie die Zimmertür öffnete und die beiden Tabletts herein trug.

»Warum hast du so gute Laune?« Sarah wunderte sich. »Ist die Oberschwester krank?«

»Schön wäre es.« Sie grinste. »Aber der Herzog hat veranlasst, dass ich nur noch euch zwei betreuen muss.« Sie stellte Maria das Tablett auf den Tisch und wartete, bis Sarah sich gesetzt hatte. Dann schloss sie ihren Beutel an.

Doch dann seufzte sie. »Die Oberschwester verlangt, dass ich über jeden Handgriff Buch führe. Sie ist mit der Anweisung vom Herzog so gar nicht einverstanden.«

Sarah lächelte.

* * *

»Der Chef meinte, ihr wollt mir vielleicht noch ein paar Fragen stellen?« Die Schwester, die die Katheter-Strumpfhose vorgeführt hatte, betrat das Zimmer »Er kommt dann etwas später vorbei und bringt eure Exemplare mit.«

Maria war etwas erstaunt. »Wir müssen doch dann rudern.«

»Aber doch keine drei Stunden.« Die Schwester war verwundert. »Obwohl, er hat gesagt, dass wir für das Anziehen nur wenig Zeit haben.« Sie strahlte. »Freut ihr euch schon?«

»Worauf sollen wir uns freuen?« Maria war etwas verärgert. »Aufs Rudern oder dass uns jemand am Unterleib herumfummelt?«

»Entschuldigt bitte, das war ungeschickt von mir.« Die Schwester entschuldigte sich. »Also, was wollt ihr wissen?«

Maria war zwar erleichtert, dass ihr dieses Mal die wenig geliebten Windeln erspart blieben, doch begeistert war sie nicht. »Sie werden das schon richtig machen.«

Sarah wollte auch nichts weiter wissen, sie war viel zu sehr mit der anstehenden Prüfung beschäftigt.

»Kommt dann bitte in den Aufenthaltsraum.« Die Schwester ging zur Tür und öffnete sie. »Ich soll euch mitbringen, wenn ihr keine Fragen mehr habt.«


Im Aufenthaltsraum war schon viel los. Die Oberschwester beaufsichtigte Betty, die einen gynäkologischen Stuhl aufbaute. Eine weitere Schwester half dem Urologen, seine Tasche auszupacken und die benötigten Dinge bereit zu legen.

Maria wunderte sich über den großen Auflauf, doch sie wagte es nicht, sich zu äußern.

»Was glauben sie denn?« Die Oberschwester schien ihre Verwunderung trotzdem bemerkt zu haben. »Wir müssen ihnen den Keuschheitsgürtel abnehmen, und dafür gibt es einige Vorschriften.« Sie drehte sich zu Betty. »Sind sie fertig?«

Betty keuchte etwas. »Nur noch diese Schraube festziehen.« Ihre Bewegungen wurden schneller.

»Sarah, sie fangen an.« Die Oberschwester machte eine einladende Handbewegung in Richtung des Stuhls.

Die Oberschwester wartete, bis Sarah auf dem Stuhl Platz genommen hatte, dann drehte sie sich wieder zu Betty. »Wir haben hier eine Anwendung der Stufe zwei, was bedeutet das?«

»Die Arme und Beine der Patientin müssen vor Beginn der Behandlung fixiert werden.« Sie zitierte anscheinend aus einem Lehrbuch oder einer Vorschrift. »Und die Augen werden verschlossen.«

Maria bemerkte, dass Betty bemüht war, ihr Gesicht zu verstecken. Doch Maria genügte ein kurzer Blick um zu erkennen, wie erregt Betty in diesem Moment war.


Was mit ihr selbst passierte, dass bekam Maria so gut wie gar nicht mit. Betty hatte sie genauso wie Sarah festgeschnallt und ihr die Augenbinde über die Augen gezogen. Der Arzt hatte ihr noch mit leiser Stimme erklärt, dass er ein Kältespray einsetzen würde, und dass sie dann gar nichts spüren würde.

Das erste, was sie bewusst spürte, war das Anziehen der Strumpfhose.

»Beeilen sie sich bitte.« Die Oberschwester befahl Betty, Maria wieder loszuschnallen. »Die Mädchen müssen dann zum Rudern.«

Maria seufzte. Insgeheim hatte sie gehofft, dass es ihr vielleicht erspart bleiben würde, doch genauso wusste sie, dass die Hoffnung vergeblich sein würde.

Sie blickte an sich herunter und war fast ein wenig enttäuscht. Es sah sehr unauffällig aus. Ihre Beine waren jetzt eine Winzigkeit dicker, und der Keuschheitsgürtel war über der Strumpfhose angelegt. Immerhin zeigten ihre Beine jetzt dieses Glänzen, das sie schon bei den Faschingsgarden immer bewundert hatte.

* * *

Während der zweiten Pause kam Betty vorbei. »Ihr sollt mitkommen.«

»Was ist denn nun schon wieder?« Maria versuchte Ärger vorzutäuschen. In Wirklichkeit war ihr alles recht, wenn das Rudern damit verkürzt würde.

»Die Firma Stonemiller ist da wegen der Exoskelette.« Betty schien nicht zu wissen, um was es ging. »Sie wünschen ein Maßnehmen.«

»Oh nein, er hat das wirklich ernst genommen.« Sarah keuchte heftig.


»Was ist denn ein Exoskelett?« Maria fragte Sarah, als sie auf dem Weg in die Eingangshalle waren. Sie hatte den Begriff noch nie gehört.

»Es war auf einem der letzten Familienfesten, zu vorgerückter Stunde.« Sarah seufzte. »Ich hatte schon etwas getrunken.«

»Was ist passiert?« Maria ahnte, dass etwas Unheilvolles kommen würde.

»Wir Jugendlichen waren eigentlich unter uns.« Sarah seufzte noch einmal. »Wir haben von unseren geheimen Träumen berichtet und überlegt, wie man sie verwirklichen könnte.«

»Und dein Wunsch war was?« Maria hatte noch keine Idee, was kommen würde.

»Ich habe gesagt, dass ich gern eine Puppe wäre.« Es fiel Sarah nicht leicht, über das Thema zu sprechen. »So wie Barbie.«

»Wer hat nicht davon geträumt?« Maria verstand noch nicht, worauf Sarah hinaus wollte.

»Der damalige Verlobte meine Schwester hat gesagt, er hätte da Kontakte zu einer Firma, die sich mit Raumfahrt befasst.« Sarah blieb stehen und drehte sich zu Maria. »Mit einem Exoskelett können alle Gelenke kontrolliert und versteift werden. Es ist wie eine Ritterrüstung.«

»Ja und?« Maria begriff noch nicht die Zusammenhänge.

»Irgendwie hat er von meinem Wunsch erfahren und hat für mich so ein Modell bestellt.« Sarah hatte Entsetzen in der Stimme. »Jetzt kommen sie zum Maßnehmen.«

Betty hatte bisher geschwiegen, jetzt drehte sie sich um und grinste. »Ich freue mich schon.« Sie drehte sich weiter zu Maria. »Für dich ist auch eines bestellt.«


Das Maßnehmen verlief vollkommen unspektakulär. Vier Frauen waren von der Firma gekommen, und sie waren die ganze Zeit nur damit beschäftigt, Marias und Sarahs Körper zu vermessen.

»Was machen sie da?« Frederike kam in die Eingangshalle.

»Wir haben eine Bestellung bekommen und sind zum Maßnehmen hier.« Eine der Frauen reichte Marias Mutter eine Mappe. »Hier sind auch noch ein paar Prospekte.« Sie legte die Handzettel auf den kleinen Tisch an der Wand.

Frederike blätterte die Mappe durch. Maria blickte ab und zu zu ihrer Mutter und bemerkte, wie sich deren Miene wandelte. Zunächst war es noch Ablehnung und Widerwillen, doch gegen Ende der Mappe erkannte Maria so etwas wie Faszination. »Wann wird das fertig sein?«

Die Frau, die so etwas wie die Leiterin zu sein schien, antwortete. »Wir brauchen eine Woche für die Fertigung und dann noch mal zwei Tage für das Finetuning.«

»Faszinierend.« Frederike gab die Mappe zurück. »Warum erfahre ich erst jetzt, dass es so etwas gibt?«

»Mama?« Maria war entsetzt. Doch zu ihrem Erstaunen strich Frederike ihrer Tochter nur über den Kopf. »Du wirst das schon schaffen.« Sie blickte auf die Uhr. »Wenn ihr hier fertig seid, dann geht am besten gleich zum Mittagessen. Schwester Sandy wird euch dann ab zur ´Prüfung´ abholen.«

Sarah ergriff Marias Hand und drückte sie.

»Du denkst daran, was du mir versprochen hast?« Sarah flüsterte, als Frederike außer Hörweite war.

»Ja klar.« Maria spürte die Ängste der Prinzessin sehr deutlich. »Habe ich doch gesagt.«

* * *

Leonie hatte ihrer Schwester nur erzählt, dass sie wieder ein Abenteuer vor sich hatte, aber was sie genau machen wollte, hatte sie nicht gesagt. Jetzt hatte sie sich in den Flur im Erdgeschoss zum Telefon geschlichen und Christine angerufen. »Ich bin in Landsbach bei Paul.«

»Das hätte ich mir ja fast denken können.« Christine musste lachen, als sie das hörte. »Pass auf dich auf.«

»Klar.« Leonie verdrehte kurz die Augen. »Stell dir vor, Maria ist in Amerika und ich bin mit ihm allein. Jetzt werde ich ihn um den Finger wickeln. Ich freue mich schon auf die strengen Fesselungen.«


Selma legte das Geschirrhandtuch weg, ging langsam zu der Küchentür und blieb davor stehen. Sie wollte erst hören, was dieses Mädchen zu telefonieren hatte, bevor sie sie dabei ertappen würde.


»Ich habe Margaretes Ausbildungsplan dabei. Sie hat mir versprochen, mich auszubilden.« Leonie vergaß vor lauter Begeisterung, dass sie eigentlich leise telefonieren wollte.

»Wer? Maria?« fragte Christine etwas verwundert.

»Nein, die Oma vom Paul.« Sie berichtete, was sich gestern schon im Gästezimmer ereignet hatte.


Selma war der Meinung, genug gehört zu haben. Wenn sich dieses Mädchen strenge Fesselungen wünschte, dann würde sie diese auch bekommen. Selma lächelte, als sie an den alten Spruch dachte. »Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht, es könnte wahr werden.« Sie öffnete die Küchentür und trat geräuschvoll in den Flur. Sie blickte Leonie streng an.

»Ich muss Schluss machen«, sagte Leonie hastig, als sie Selma entdeckte, dann legte sie auf und blickte Selma verlegen an.

»Hast du gefragt, ob du telefonieren darfst?« Selma wusste, das es ein wichtiger Moment für das zukünftige Zusammenleben sein würde.

»Nein.« Leonie war verlegen.

»Hatte ich dir das Telefonieren erlaubt?« fragte Selma im gleichen Tonfall.

»Nein.« Leonie war sehr eingeschüchtert.

»Bitte gehe jetzt auf dein Zimmer und denke dir eine Strafe für dich aus.« Selma drehte sich um und ging wieder in die Küche.

Leonie war bis ins Mark getroffen. Sie war jetzt nicht einmal einen Tag bei Frau Mohr und hatte sich schon die erste Strafe eingehandelt. Zudem noch eine Strafe, die sie sich selbst aussuchen musste. Langsam ging sie die Treppe hoch, während sie darüber grübelte, was sie Pauls Oma als Strafe anbieten konnte.

* * *

Es ärgerte Frederike, dass sie bei der sogenannten Prüfung nicht dabei sein durfte, doch der Herzog hatte stets darauf bestanden, dass nur er und eine Schwester anwesend waren. So blieb ihr wie die Male zuvor nur, es abzuwarten und auf die Ergebnisse zu warten, die die Schwester vorbei bringen würde.

Schwester Betty betrat das Büro und reichte Frederike zwei Zettel. »Dies sind die Prüfungsergebnisse.« Vor dem letzten Wort hatte sie eine deutliche Pause gemacht. Obwohl sie keine Miene verzog, war doch deutlich zu hören, was sie von dieser Art von Prüfung hielt.

Frederike sah sich die ca. 20 Werte an, erst bei Sarah, und dann die von ihrer Tochter. Doch dann stutzte sie. »Das kann doch nicht sein.« Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und ließ den Blick immer wieder zwischen den Listen hin und her wandern. Sowohl Maria als auch Sarah zeigten beide sehr schlechte Werte.

Sie hatte noch nie etwas von den Kriterien gehalten, die sich der Herzog ausgedacht hatte, doch sie hatte es bisher auch nie gewagt, ihn darauf anzusprechen. Der Abstand der Finger bis zum ersten Halswirbel sagte ebenso wenig etwas aus wie der Abstand der Ellenbogen. Aber der Herzog glaubte, damit den so dringend erwarteten Fortschritt messen zu können. »Wer hat gemessen?«

Betty war etwas verlegen. »Schwester Sandy.« Sie blickte zu Boden. »Der Herzog war mehr als sauer, besonders von Marias Werten. Er fragt sich, ob dies wirklich die richtige Klinik sei.«

Auch die Werte von den Kraftmessungen waren schlecht, nur die Werte, die die Ausdauer maßen, waren in Ordnung und wie immer.

»Wo sind die Mädchen jetzt?« Frederike wollte ihre Tochter zur Rede stellen. Sie hatte einen Verdacht, dem sie unbedingt nachgehen wollte.

»Ich habe sie vorhin beim Zahnarzt abgeliefert.« Betty war sichtlich verunsichert. »Er möchte noch mal ein paar Sachen nachmessen.«

»Ach ja«, Frederike erinnerte sich an das, was abgesprochen war. »Ich muss unbedingt mit meiner Tochter reden.«

Bei dem Gedanken an den Mundverschluß erschauderte sie. Diesen Gegenstand wollte sie ihrer Tochter eigentlich sehr gern ersparen, denn sie hielt ihn für zu grausam. Doch jetzt sah sie keine Möglichkeit mehr, es abzuwenden.

Es klopfte. Nach ihrem ´Herein´ betrat der Herzog den Raum. Seine Miene verhieß nichts Gutes. »Bitte setzen sie die erste Verschärfung in Kraft.«

Frederike seufzte innerlich. Sie hatte sehr gehofft, es müsse nicht dazu kommen, doch jetzt sah sie keine Handhabe mehr, um es noch zu verhindern. »Die Mädchen sind jetzt schon wieder bei der Elektro-Massage, es wäre medizinisch nicht klug, das zu unterbrechen.« Sie hoffte, dass sie es eindringlich genug darstellte.

»Hmm... gut, Aber morgen früh will ich alle geplanten Maßnahmen umgesetzt wissen.« Der Herzog drehte sich um und verließ das Büro.

* * *

»Was habt ihr euch bloß dabei gedacht?« Frederike war sichtlich enttäuscht.

Maria war der Bitte ihrer Mutter gefolgt und war nach dem Abendessen zu ihr ins Büro gekommen. Sie ahnte, dass sie eine Dummheit begangen hatte und schob entsprechend ein schlechtes Gewissen vor sich her. Sie schwieg.

»Der Herzog hat die Verschärfung der Maßnahmen gefordert.« Frederike war verärgert. »Außerdem stellt er mein Programm in Frage, weil es bei dir ja auch nicht wirkt.«

Erst jetzt begriff Maria, welchen Schaden sie angerichtet hatte. »Aber ich wollte doch nur Sarah helfen.« Mit leiser Stimme begann sie von Sarahs Ängsten zu erzählen.

* * *

Leonie war nach ihrem Telefonat wie von Selma befohlen in ihr Zimmer gegangen und hatte sich auf das Bett gesetzt. Sie grübelte lange darüber nach, was sie sich als Strafe ´wünschen´ sollte. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto entspannter wurde sie. Es musste ja nur eine Strafe sein, von der Pauls Oma denken würde, dass es eine Strafe sein würde. Ob sie selbst es als Strafe empfinden würde, konnte sie ja nicht wissen. Doch ihr fiel nichts ein, was sie sich wünschen sollte.

Selbst als sie die Schritte von Selma auf der Treppe hörte, war ihr immer noch nichts eingefallen. Mit etwas Ironie dachte sie daran, dass sie gerade dabei war, sich eine Strafverschärfung einzuhandeln, weil sie sich keine Strafe ausgedacht hatte.

Selma betrat das Zimmer und setzte sich an den Tisch. »Setzt dich bitte zu mir.«

Leonie kam der Bitte nach; beim Hinsetzen fiel ihr auf, dass Selma etwas zu schreiben und Papier mitgebracht hatte.

»Warum bist du wirklich hier?« Selmas Stimme durchschnitt den Raum wie ein Schwert.

Leonie erstarrte. Sie hatte mit allem gerechnet, doch nicht mit dieser Frage. »Ich... Ich...« Sie stotterte etwas.

»Du träumst davon, ein Leben in Fesseln zu führen und hoffst, es hier erleben zu können.« Selma sprach auf einmal sehr nüchtern und ruhig.

Leonie war verblüfft. »Ich träume ständig davon, gefangen zu sein. Mit richtigen Fesseln.« Sie blickte kurz aus dem Fenster. »Ich wollte mich Maria ausliefern und ihre Gefangene sein.«

»Maria ist im Moment nicht da...« Selma blickte kurz in die Unterlagen, die sie mitgebracht hatte. »Und bis zum Katerinenfest wird sie sich nicht um dich kümmern können.«

»Sie hat davon erzählt.« Leonie war erleichtert, weil das Gespräch in eine ganz andere Richtung ging als sie erwartet hatte.

»Wärst du auch bereit, dich mir auszuliefern? Ich entbinde dich für diese Frage von dem Gehorsam, du darfst auch ´Nein´ sagen, ohne das ich dich weg schicke.«

Leonie musste schwer schlucken, bevor sie antworten konnte. »Ja, ich bin bereit.«

»Du möchtest meine Gefangene werden und wirst alles tun, was ich von dir verlange?« Selma war gespannt, wie weit sie gehen konnte.

Leonie blickte auf. So langsam schien auch sie die wahre Tragweite dieser Frage zu erkennen. Sie zögerte etwas.

»Jeden Morgen werde ich dich fragen, ob du deine Ausbildung fortsetzen möchtest. Du kannst ´nein´ sagen, aber dann musst du uns sofort verlassen.« Selmas Stimme zeigte, dass sie es ernst meinte.

»Ich bin einverstanden.« Leonies Abenteuerlust war größer als ihre Vorsicht.

Selma nahm sich einen der Stifte und schrieb auf zwei Zettel jeweils die Worte »Ich mag« und »Ich mag nicht«, dann reichte sie Leonie die Blätter. »Bitte schreibe mir auf, was du magst und was du nicht magst. Je mehr du schreibst, desto besser kann ich dich ausbilden.« Sie reichte ihr noch einen eng beschriebenen Zettel. »Das sind Stichworte, die du bitte einordnen kannst.«

Leonie warf einen kurzen Blick auf die Liste. Sofort sprangen ihr Begriffe wie ´Monohandschuh´, Kopfgeschirr und Ballknebel entgegen, aber auch Wörter wie Arbeiten in Fesseln oder Orgasmus-Verbot. Ein leises Stöhnen entglitt ihrem Mund.

»Und welche Strafe hast du dir ausgedacht?« Selma brachte die Frage bewusst im gleichen Tonfall wie alle Fragen zuvor.

Leonie zuckte zusammen. »Mir ist nichts eingefallen.« Sie senkte ihren Kopf.

»Was hältst du davon, wenn du heute Abend für uns drei den Tisch deckst und Paul und mich bedienst?« Selma legte einen kleinen Köder aus.

»Das kann ich machen.« Leonie ließ ein wenig Erleichterung hören.

»Du kannst dir bis dahin noch überlegen, ob wir dir die eine Hand auf dem Rücken festbinden oder ob wir dir die Hände vor dem Körper zusammenbinden.«

Leonie keuchte.

»Und jetzt fülle bitte die Zettel aus.« Selma erhob sich und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um. »Und wenn du noch einmal telefonieren möchtest, fragst du vorher.«

»Ja, Frau Mohr.« Leonie war erleichtert, so glimpflich davon gekommen zu sein.

* * *

Frederike hörte ihrer Tochter bis zum Schluss zu. »Und dafür opferst du dich?« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Ich bin sehr stolz auf dich.« Doch dann kam wieder die Ärztin durch. »Aber wir müssen auch und vor allem unsere Geldgeber zufriedenstellen.«

Maria seufzte.

»Ich denke, ich muss etwas unternehmen.« Ihre Mutter lächelte. »Du wirst dich ja ab Morgen nicht mehr mit Sarah unterhalten können.«

»Werden wir getrennt?« Marias Stimme hatte auf einmal etwas Weinerliches.

»Nein, ihr werdet weiterhin gemeinsam behandelt. Aber ihr werdet den Mundverschluß angelegt bekommen.« Sie zeigte etwas Mitleid. »Der Herzog hat es gefordert, damit ihr euch besser auf eure Ausbildung konzentrieren könnt.«

Maria seufzte wieder.

»Ich hätte es vielleicht verhindern können, wenn ihr heute nicht so gelogen hättet.« Dass die nächste Verschärfung auch schon angedroht war, behielt sie erst einmal für sich. »Ihr habt ab Morgen keine Freiheiten mehr und werdet ständig unter Kontrolle stehen.« Sie seufzte. »Ich hatte auf der Versammlung unvorsichtigerweise auch die Ballettstiefel erwähnt, die beim Haltungstraining wichtig sein können. Der Herzog scheint das in den falschen Hals bekommen zu haben.«

»Naja, die können wir ja ausziehen, wenn er nicht da ist.« Maria gab sich etwas trotzig.

»Ich muss dich enttäuschen, ihr werdet ab sofort unter strengster Kontrolle stehen.« Es tat ihr leid, ihrer Tochter das anzutun. »Und eure Kleidung wird verschlossen werden.«

Zum Erstaunen ihrer Mutter musste Maria stöhnen. Seit dem Abenteuer auf der Hütte beschäftigten sie gewisse Träume. »Wie lange?« Die Besorgnis in ihrer Frage hatte aber andere Gründe.

»So lange, wie der Herzog hier ist.« Frederike seufzte. »Er wird immer mal wieder vorbei kommen und kontrollieren, ob seine Vorgaben eingehalten werden. Und ich mag mir nicht ausmalen, was passiert, wenn er Grund zum Klagen findet.«

»Oh Mann, da haben wir wirklich Mist gebaut.« Maria floss eine Träne über das Gesicht. »Ich wollte Sarah doch nur helfen.«

»Genieße deine letzte Nacht in Freiheit.« Sie streichelte ihrer Tochter noch einmal über den Kopf. »Morgen früh beginnt die Verschärfung.«

»Paul!« Auf einmal erschrak Maria. »Ich wollte doch mit ihm telefonieren.«

»Ich fürchte, das hast du dir auch verbaut.« Doch dann hatte sie Mitleid. »Ich werde ihn anrufen und erklären, warum du nicht mehr telefonieren kannst.«

Maria war verzweifelt. Sie hatte Paul für die Prinzessin verraten.
415. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 10.03.16 07:14

Schöne und traurige Fortsetzung.

Da fallen mir zwei Sprüche ein;Keine gute Tat bleibt ungestraft,
Und,
Der Weg in die Hölle ist mit guten Vorsätzen geflastert.

Freu mich schon darauf wie es weiter geht.

mfg Wölchen
416. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 11.03.16 00:02

Hallo cag_coll!

Absolut super Fortsetzung.


Hoffentlich ist das Stück, welches sich Leonie jetzt abgebissen hat, nicht zu groß für sie. Auf jedenfall hat sie mit Pauls Oma wohl die absolut richtige erwischt. Das dürfte nicht so spielmäßig ablaufen wie auf der Hütte.
Bin gespannt, wie es weitergeht.



MfG Rainman
417. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zehn

geschrieben von gag_coll am 12.03.16 07:45

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zehn
Autor: Karl Kollar

Mittwoch, 1. September 1984

»Und es muss alles auch richtig verschlossen werden.« sagte die Oberschwester zu Betty, als sie zusammen das Zimmer von Sarah und Maria betraten. Betty zog einen Wagen hinter sich her.

»Sagt, unsere Behandlungen würden nicht wirken.« Die Oberschwester war empört. »Was fällt dem eigentlich ein?«

Maria war entsetzt. Sie hatte die Oberschwester schon oft erlebt, doch so schlechte Laune wie heute hatte sie noch nie gehabt. Auch Betty hatte eher einen besorgten Blick.

Heute gab es keine Rücksichtnahmen auf irgendwelche Befindlichkeiten, die beiden Schwestern spulten ihr Pflichtprogramm ab. Nicht einmal Betty schien etwas Mitgefühl zu haben.

Für Sarah gab es den üblichen Beutel, während Betty Maria das Frühstückstablett reichte. »Hier, deine Henkersmahlzeit.«

Maria sah Betty verwundert an, doch die Schwester schien wirklich verärgert zu sein. Langsam begann Maria den tatsächlichen Umfang der Konsequenzen ihres Handelns zu erkennen.


»Ist das nicht schädlich?« fragte die Stationsärztin, als sie sah, wie Sarahs und Marias Hände in Stummelhandschuhen verschwanden und mit Schlössern verriegelt wurden. Beide Mädchen mussten im Inneren der Handschuhe ein Stück Rohr umfassen, dann wurden ihre Hände in den Ledersäckchen zu Fäusten geschnürt.

»Nur, wenn es über längere Zeit getragen wird.« Frederike räumte den Einwand der Ärztin beiseite. »Bis Freitag wird es zu keinerlei Muskelrückbildung kommen. Hier, das Siegel sollen wir anbringen.« Sie reichte der Ärztin einige Schnüre mit Wachsplätzchen.

Unter normalen Umständen hätte Maria sich vielleicht darüber gefreut, doch heute hatte sie nur noch ein schlechtes Gewissen, weil sie sich auf die Intrige der Prinzessin eingelassen hatte. »Ist das nicht übertrieben?« fragte sie vorsichtig.

»Der Herzog möchte auf keinen Fall, dass geschummelt wird.« Frederikes Stimme zeigte, wie sehr sie das verletzte. »Er hat schon einiges Misstrauen entwickelt.«

»Rudern können wir so aber nicht mehr.« versuchte Sarah einen schwachen Einwand.

»Seid sicher, dass wir auch dafür eine Lösung haben.« Frederike und die Stationsärztin waren beide deutlich verärgert über die Prinzessin, weil sie die Klinik in so einem schlechten Licht dastehen ließ.

»Was hat der Herzog noch auf der Liste?« fragte die Stationsärztin.

»Die Ballettstiefel.« Frederike zeigte auf das Regal, in dem sie bereit standen. »Die werden nicht versiegelt, denn in der Nacht würden die stören.«

»Außerdem, wie sollten die Mädchen sich die auch ausziehen?« Die Ärztin blickte auf die Stummelchen, wo sich sonst die Hände zeigten. »Sie könnten das Personal um Hilfe bitten.«

»Ja« bestätigte Frederike, »das könnten sie machen, wenn sie reden könnten.«

Die Ärztin war verwundert.

»Sie werden den neuen Mundverschluß tragen.« Marias Mutter hatte etwas Bedauern in der Stimme.

»Hat das auch der Herzog angeordnet?« Die Ärztin wusste, dass die Klinik normalerweise solche extremen Behandlungen ablehnte.

Frederike verdrehte nur die Augen. Trotzdem hielt sich ihr Mitleid in Grenzen. Obwohl Maria ihre Tochter war, hatte sie die Klinik etwas in Verruf gebracht. Sie blickte etwas enttäuscht zu ihrer Tochter.

»Ich wollte doch nur helfen.« Maria versuchte sich zu rechtfertigen. Ihr eigenen Ausbildungsziele hatte sie dabei immerhin hintenan gestellt.

»Ein paar der angeforderten Maßnahmen konnte ich weg diskutieren, weil sie wirklich gesundheitsgefährdend gewesen wären.« Frederike seufzte. »Aber der Rest...«

»Es muss alles verschlossen werden?« Die Stationsärztin war erstaunt, als Marias Mutter ihr die Liste reichte. »Krass...«

»Sehr viel strenger geht es eigentlich gar nicht.« Frederike bestätigter ihre Meinung.

»Das hat doch medizinisch überhaupt keinen Nutzen?« Sie wunderte sich.

»Wem sagst du das?« Sie seufzte. »Aber wenn wir die Wünsche des Herzogs nicht erfüllen, dann bekommen wir Schwierigkeiten mit Herrn Brown.«

»Dem Investor?« die Stationsärztin begann die Zusammenhänge zu verstehen.

»Der Herzog scheint ihm viel Geld versprochen zu haben, wenn wir seine Tochter und Maria entsprechend seinen Vorgaben ausbilden.«

Maria verfolgte die Diskussion mit angehaltenem Atem. Erst jetzt erkannte auch sie die größeren Zusammenhänge. So sehr sie sich auch über den Mundverschluss gefreut hatte, ihr Weitblick sagte ihr, dass sie dringend mit der Prinzessin reden musste. So lange der Knebel noch nicht eingesetzt war. Danach würde es zu spät sein.

Doch wie sollte sie dieses so heikle Thema bloß ansprechen? Ihr fehlte eine Idee, wie sie es angehen konnte. Insgeheim fürchtete sie sogar, Sarah könnte mit ihrer Vermutung Recht haben.


»Sind sie soweit?« Betty steckte den Kopf zur Tür herein.

»Das sehen sie doch.« Frederike war immer noch sehr angespannt.

»Nein, ich meine, ob die Beruhigungsmittel schon wirken?« Betty gab wieder, was abgesprochen war. »Damit wir ihnen die Sonden legen können.«

»Ich fürchte, das habe ich heute Morgen bei der Zuteilung vergessen.« Die Stationsärztin drehte sich zu den Mädchen. »Vielleicht ist es ja auch nicht nötig, wenn ihr versprecht, stillzuhalten.«

Maria sah eine Chance für ein erstes Entgegenkommen. »Sie können mich gern festschnallen.« Sie ging zu dem Stuhl und legte ihre Arme auf die Lehnen.


Auf dem Weg zum Zahnarzt nahm sich Maria allen ihren Mut zusammen. »Du, Schwester Sandy hat doch bei der Prüfung geschummelt, oder?« Sie hatte es nur geflüstert.

»Ich weiß nicht, was du meinst.« Irgendwie fiel ein Schatten auf Sarahs Gesicht. »Unsere Leistungen waren eben schlecht.«

Ein wenig fühlte Maria sich auch in ihrem persönlichen Ehrgeiz getroffen. Ihr war natürlich egal, was bei der Prüfung der Prinzessin herausgekommen war, doch dass ihre Mutter mit der Klinik darunter leiden musste, das war ihr nicht gleichgültig.


Im Zahnlabor wurden sie zunächst nur von Judith empfangen, die ihre Meinung über das Kommende nicht verbergen konnte. »Euch soll also wirklich der Mund versiegelt werden?« Ihre Stimme zeigte, wie empört sie war. »Wer verlangt denn so etwas grausames?«

»Es ist ja erst einmal nur bis Freitag.« Frederike betrat das Zahnlabor.

Maria blickte auf, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte. Bisher war ihr Blick von dem Behälter gefangen, der mit ihrem Namen beschriftet war.

»Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell zum Einsatz kommen würde.« Der Kieferspezialist betrat hinter Marias Mutter den Raum.

»Ja«, seufzte Frederike, »das hatten wir anders geplant.« Sie gab einen kurzen Überblick, wie es eigentlich vorgesehen war.

»Können wir dann anfangen?« Maria hatte einen nervösen Unterton. In ihr kämpften zwei Gefühle miteinander. Zum einen ahnte sie, dass es ohne die Schummeleien vermutlich nicht passiert wäre. Andererseits wusste sie seit der Hütte, dass sie den Mundverschluß, so wie sie ihn bei Christine gesehen hatte, unbedingt ausprobieren wollte. Ein großes Problem lag noch vor ihr, doch sie wusste noch nicht, wie es gelöst werden könnte.

Judith griff zu der Box, die mit ´Maria B.´ beschriftet war. »Nimm bitte Platz.« Sie deutete auf den Behandlungsstuhl, der bedrohlich in der Mitte des Raumes stand.

Maria blickte noch einmal traurig zu Sarah, dann nahm sie auf dem Stuhl Platz.

Betty begann sofort, ihr die Arme und Beine festzuschnallen. Als sie Frederikes Blick bemerkte, grinste sie. »Falls der Herzog zum Kontrollieren kommt...«

Maria seufzte, als sie sah, dass sie der Arzt neben sie gestellt hatte und sie anblickte. »Bitte den Mund weit aufmachen...«

* * *

Selma musste lächeln, als sie mit Leonie die Schmiede von Herrn Schwerterle betraten. Maria hatte hier ihre Ketten für das Katerinenfest bekommen und Selma war vor einigen Tagen bei Familie Schwesterle, um den heutigen Besuch zu besprechen. Und Schwerterles hatten es wirklich so gemacht, wie sie es besprochen hatten.

Sie wurden von Frau Schwertele begrüßt, die sie sofort in die Schmiede führte. »Mein Mann und der Geselle sind im Großmarkt, das Material kaufen. Aber meine Tochter Doris wird sich um sie kümmern.«

Sie ging zu einem kleinen Schlüsselbrett und nahm sich einen Schlüssel herunter, dann ging sie zu dem Käfig, der an der einen Wand stand.

Leonie erstarrte, als sie den Käfig entdeckte. In dem Käfig befand sich eine junge Frau und las ein Buch.

»Doris, Liebling, du hast Kundschaft.« Frau Schwerterle kniete sich vor den Käfig und öffnete das Schloss.

Leonie wurde fast ohnmächtig, als sie sah, dass das Mädchen, welches recht behände den Käfig verlies, auch noch ein schweres Kettengeschirr trug. Hand- und Fußreifen, sowie einen Ring um die Taille und einen um den Hals. Und alle Ringe waren untereinander durch Ketten verbunden. Und die Mutter machte keinerlei Anstalten, ihrer Tochter die Ketten abzunehmen.

Selma lächelte heimlich. Sie hatten es wirklich so arrangiert, wie sie es bei dem Besuch besprochen hatten. Der Käfig war sogar abgeschlossen und Selma wusste, dass das ein großes Opfer bedeutet. Doch es war wichtig, um bei Leonie den richtigen Eindruck zu erwecken.

»Ich habe dir schon alles bereit gestellt.« Die Mutter klappte den Käfig wieder zu und deutete dann auf den Tisch mit der weißen Tischdecke, der in der Mitte der Schmiede stand.

»Hallo, ich bin Doris.« Sie trat an Leonie heran und gab ihr die Hand.

Leonies Hand zitterte, als sie den Gruß erwiderte. Bisher trug sie einen Sommermantel mit langen Ärmeln, mit dem sie die Handschellen gut verbergen konnte. Sie hatte dies extra vor dem Spiegel geübt. Doch Doris würde die Handschellen sehen.

»Nehmen sie ihr bitte die Handschellen und den Mantel ab?« wandte sie Doris an Selma, nachdem sie sie auch begrüßt hatte. »Das stört beim Abnehmen der Abdrücke.«

»Leonie?« sagte Selma, und als die Angesprochene zu ihr drehte, sah sie, dass Pauls Oma einen kleinen Schlüssel in der Hand hielt.

Unwillkürlich rieb Leonie sich die Handgelenke.

»Die Ketten werden bequemer sein als die Handschellen, wie du siehst.« Doris bat Leonie, sich vor den kleinen Tisch zu setzen und ihren rechten Arm auszustrecken. Dann tauchte sie eine der bereitliegenden Gipsbinden in eine Schale mit Wasser.

»Sie haben es als dauerhaft und nicht mehr abnehmbar bestellt?« Frau Schwerterle blickte in ihre Unterlagen.

»Das ist richtig«, bestätigte Selma. Dass es sich auf die Käfigtür der zweiten Bestellung bezog, behielt sie aber für sich. Leonie sollte glauben, dass sie dauerhaft in Ketten gelegt werden würde. »So wie bei ihrer Tochter.« Gemeint war auch dort die Käfigtür, die man nicht mehr aus den Angeln heben konnte.

Leonies Schluchzen zeigte den Anwesenden, dass es wie gewünscht wirkte.

»Nun habe mal keine Angst.« Doris hatte ihren Text auch gelernt. »Heute machen wir nur die Abdrücke. Mein Vater und Theo machen dann die Ketten für dich.«

Leonie blickte aus ihren Gedanken auf, denn ihr war aufgefallen, mit welcher Leidenschaft Doris gerade den Namen ´Theo´ ausgesprochen hatte.

»Theo ist der Geselle meines Vaters.« Doris wickelte die Gipsbinden um Leonies Hand- und Fußgelenke. »Wir werden bald heiraten.«

Leonie wusste immer weniger, was sie von der Situation halten sollte. Es war so unwirklich. Die Mutter hatte ihre Tochter aus einem Käfig befreit und diese schien es gewöhnt zu sein, in schweren Eisenketten zu arbeiten.

»Jetzt muss es eine halbe Stunde trocknen, dann können wir es abnehmen.« Doris erhob sich und stellte einen Wecker ein. Dann ging sie zu ihrem Käfig und kroch hinein. Sie zog die Tür heran, bis der Riegel eingerastet war.

»Soll ich wieder verschließen?« fragte ihre Mutter, denn diesen Punkt hatten sie wirklich nicht abgesprochen.

»Ich glaube, meine Kunden passen auf.« Sie blickte zu Leonie, deren Miene ständig zwischen Angst und Faszination wechselte. Doch dann wurde sie auf einmal rot. »Ich habe die Gipssäge vergessen. Kannst du sie holen? Sie ist hinten im Lager.« Dann griff sie zu ihrem Buch und schien weiter zu lesen.

Frau Schwertele machte sich auf den Weg. Eigentlich hatte sie für die Leidenschaft ihrer Tochter nichts übrig, doch da Frau Mohr eine alte Bekannte war, wollte sie dieser diesen besonderen Wunsch nicht abschlagen.

In Leonie überschlugen sich die Gedanken. Würde sie jetzt auch so in Ketten gelegt werden wie Doris? Würde sie ihre Zukunft auch in einem Käfig verbringen müssen? Sie fragte sich, ob die Idee mit der Gefangenschaft wirklich so gut war. Mit einer solchen Konsequenz hatte sie nicht gerechnet. Erst jetzt erinnerte sie sich daran, dass Paul oder Maria auf der Hütte von der faszinierenden Schmiedstochter erzählt hatten und dass sie sehr verliebt die Gefangene ihres Verlobten war. Sogar eine Hochzeit mit unauffälligen Fesseln war einmal diskutiert worden.

»Du denkst über deine Zukunft nach?« Selma gab sich besorgt, doch insgeheim freute sie sich darüber, dass Leonie genauso reagierte, wie sie es erhofft hatte.

»Ich hatte nicht erwartet, dass es so streng werden würde.« Leonie war sehr verunsichert.

»Die Ketten sind sehr bequem und lassen sich wirklich dauerhaft gut tragen«, ließ Doris von ihrem Käfig aus hören. Der Satz war so nicht abgesprochen, doch Doris hatte auch so verstanden, was im Moment wichtig war.

»Dauerhaft?« Leonie war skeptisch.

»Dauerhaft.« Doris lächelte. »Mein Verlobter hat mir dieses Exemplar zur Verlobung angelegt und ich trage es seit dem.« Dann hatte sie noch eine Idee. »Ich kann zwar nur noch schulterfreie Kleidung tragen, aber das ist es wirklich wert.« Letzteres stimmte zwar nicht, aber gemäß den Absprachen sollte bei diesem Smalltalk ein ganz bestimmter Eindruck für Leonie entstehen. »Und natürlich rosten sie nicht.«

»Ist das so?« Leonie war sehr verunsichert. Sie fragte sich immer dringlicher, wie ihre Zukunft aussehen würde. Sicher, sie wollte eine Gefangene sein und sie hatte immer schon davon geträumt. Doch jetzt begann sie sich vor ihren eigenen Träumen zu fürchten.


Nach einiger Zeit klingelte der Wecker.

»Ah, es ist Zeit.« Doris legte ihr Buch beiseite. »Mama, lässt du mich bitte heraus?«

Leonie war verblüfft. »Du könntest den Riegel doch selbst aufschieben.«

»Könnte ich, darf ich aber nicht.« Doris seufzte. »Theo hat mir das verboten.«

Selma war insgeheim begeistert. Dieser Aspekt war auch nicht abgesprochen, und sie ahnte, dass Doris in diesem Punkt die Wahrheit sagte.

Leonie keuchte nur, als Doris brav darauf wartete, dass Frau Schwerterle den Käfig öffnete.

»Das wird jetzt ein wenig kitzeln«, erklärte Doris, bevor sie vorsichtig mit der Gipssäge die Hand- und Fußgelenke vorsichtig befreite.

Leonie schaute fasziniert zu, wie selbstverständlich Doris mit den Ketten arbeitete, und ganz langsam begann in ihr der Gedanke zu reifen, dass sie das auch so können wollte.

* * *

Die Küche hatte für Maria eine normale Mahlzeit geliefert. Dass diese jetzt so wie Sarah auch nur noch Beutelnahrung zu sich nehmen konnte, hatte sich noch nicht herumgesprochen. Die Oberschwester räumte schließlich ein, dass sie der Küche nicht Bescheid gegeben hatte.

Maria hatte sich schon mit viel Bedauern davon überzeugt, dass sie jetzt nur noch Brummlaute zustande brachte. Traurig blickte sie zu Sarah, die den Blick entsprechend erwiderte.

Immer wieder gingen ihr die Worte ihrer Mutter im Kopf herum, dass sie sich ihr Schicksal selbst zuzuschreiben hätte. Sie ärgerte sich, weil sie es einerseits genießen wollte, doch andererseits jetzt einen Fehler ausbaden musste und vor allem mit Sarah nicht mehr sprechen konnte.

Immer wieder schaute sie auf ihre Hände, von denen jetzt nur noch schwarze Stummelchen zu sehen waren. Sie waren abgeschlossen und selbst wenn Maria ihre Finger hätte bewegen können, wäre sie doch an den vielen Schlössern gescheitert.

Gut, sie war es gewöhnt, in ihre Kleidung eingeschlossen zu werden, und wenn sie ganz ehrlich zu sich war, hatte sie es in der Vorbereitungszeit auf das Fest sogar vermisst. Doch dazu hätte sie sich Paul anvertrauen müssen, und so weit war sie noch nicht in ihrem Vertrauen.

Sarah schien unter dem Eingesperrt sein noch mehr zu leiden, zumindest glaubte Maria das aus ihren Augen zu lesen. Ihr ging das Bild eines goldenen Käfigs durch den Kopf, der nun für Sarah wesentlich enger geworden war.

Sarah war von der Eskalation überrascht. Sie hatte gedacht, dass sie durch schlechte Leistungen die Hochzeit immer weiter hinauszögern könnte, doch dass der Herzog die Geduld verlieren würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie blickte immer wieder traurig auf die Schlösser, die ihre Hände und ihre Füße in den Handschuhen und Stiefeln festhielten.


Betty kam zur Tür herein. »Seid ihr fertig mit dem Essen?« Sie grinste ein wenig. »Ich soll euch zum Rudern bringen.«

Maria seufzte innerlich. Das Rudern war die Übung, die sie am wenigsten mochte. Sie wusste zwar, wie wichtig diese Bewegungen für ihre Muskulatur waren, doch das konnte sie nicht trösten. Immerhin würden sie diese lächerlichen Handschuhe loswerden, damit sie die Ruder gut anfassen konnte.

»Der Herzog wartet schon auf euch.« Bettys Stimme zeigte ein wenig Mitleid. »Er möchte sehen, wie sich die Verschärfung eures Programms auswirkt.«

Sie wartete, bis sich bei beiden Mädchen der weiße Beutel geleert hatte. »Die Beutel sind schon sehr praktisch.« Sie grinste wieder etwas hinterhältig. »Man hat nur sehr wenig Arbeit mit euch.« Die bösen Blicke, die sie danach als Antwort bekam, ignorierte sie.

* * *

»Warum kommen sie zu spät?« Der Herzog war erbost. »Die Behandlung hätte schon vor zehn Minuten beginnen sollen.«

Betty wartete, bis die beiden Mädchen hinter ihr das Zimmer betreten hatten. »Die Mädchen können in den Stiefeln nicht so schnell gehen... Und der Weg ist weit.«

»Dann lassen sie sich etwas einfallen.« Der Herzog akzeptierte es nicht als Entschuldigung. »Nein, warten sie. Ich werde selbst mit der Oberschwester reden.«

Betty seufzte. Bis eben war es so eine schöne Stimmung gewesen. Sie hatte den Mädchen jeweils ein Halsband mit Leine angelegt und sie dann hinter sich hergezogen. Unterwegs hatte sie ihnen immer wieder gesagt, sie sollen sich melden, wenn das Tempo zu schnell wäre. Die giftigen Blicke ihrer Schützlinge sog sie geradezu auf.

Außerdem waren die Stiefel gar nicht der echte Grund für die Verspätung. Sie hatten lange auf Marias Essen warten müssen, doch das behielt sie lieber für sich. Sie fürchtete, dass die Oberschwester ihr das als Fehler anlasten würde, wenn es zur Sprache käme.

Maria war erstaunt. Das war nicht der Raum, in dem sie sonst trainiert hatte. In diesem Raum standen viele Trainingsgeräte und es sah aus wie in einem Fitnessstudio. Fast alle der Geräte waren auch mit Patienten oder anderen Leuten besetzt. Sie wunderte sich allerdings, dass an den beiden noch freien Rudermaschinen überhaupt keine Riemen angebracht waren, wie sie es von früher und auch von zu Hause her kannte.

»Wir stellen die Geräte neuerdings auch zahlenden Gästen zur Verfügung« erklärte Betty, als sie Marias seltsamen Blick sah. »Und die werden natürlich nicht fixiert.«

Maria fragte sich schon wieder, ob sie nur ein Kostenfaktor wären, denn offensichtlich bekam die Klinik durch ihr Training kein Geld; beziehungsweise musste die Klinik wegen ihr auf zahlende Kunden verzichten.

Jetzt bemerkte Betty auch, dass sie noch etwas tun musste, bevor die Mädchen trainieren konnte. »Entschuldigt mich bitte.« Sie ging zum Telefon an der Wand. »Ich brauche die Schlüssel.« Sie hob ab und drückte ein paar Tasten. »Hier ist Schwester Betty, Oberschwester. Ich bin im Trainingsraum und ich brauche die Schlüssel für die Handschuhe.«

»Ach so, diese Handschuhe sind das?« Betty verdrehte die Augen. »Ja, damit kenne ich mich aus.«

Zu Marias Überraschung wurden ihre Fäustlinge, nachdem Betty sie auf die Rudermaschine gesetzt hatte, einfach über die grifflosen Enden der Ruder gestülpt, so dass diese wieder aus ihren Handschuhen herausragten, und wurden dann von Betty mit zwei simplen Splinten gesichert. Sie hatte bisher noch gar nicht bemerkt, dass die von ihren Händen in den Handschuhen umklammerten Rohrstücke nach außen offen waren. Sie war nun ebenso wie zu Hause fest mit der Rudermaschine verbunden, jedoch viel einfacher und effizienter.

»Was müssen sie schaffen?« Der Herzog hatte beim Verbinden der Handschuhe mit den Rudern sehr genau hingesehen.

Betty schien sein Misstrauen zu spüren. Sie nannte das vorgeschriebene Pensum.

»Nun, meine Damen, dann sollten sie jetzt anfangen.« Er blickte gestenvoll auf die Uhr. »Sie haben schon viel Zeit verloren.«

Eigentlich hatte Maria nicht wirklich etwas gegen das Rudern, sie war es gewöhnt. Vielmehr störte es sie, dass sie wegen des Mundverschlusses nicht so richtig Luft holen konnte. Sie begann etwas zu keuchen. Doch noch viel mehr ärgerte es sie, dass nicht mehr mit der Prinzessin reden konnte.

* * *

Der Herzog hatte es sich nicht nehmen lassen, den gesamten Rudervorgang zu überwachen. Und er zeigte ein eher sorgenvolles Gesicht.

Es wunderte Betty überhaupt nicht, dass er darauf bestand, die Verspätung wieder aufzuholen. »Dann ist eben die Kaffeepause kürzer.«


Im Aufenthaltsraum war diesmal kein Beutel vorbereitet. »Die Küche kann für die Kaffeepause bisher nichts liefern.«

Aber Betty hatte zwei Beutel vorbereitet, die eine gelbliche Flüssigkeit enthielten. »Euer Energiedrink.« Sie drehte sich zum Herzog. »Das ist wichtig, wie bei Sportlern.«

»Was kommt als nächstes?« Der Herzog machte einen eher ungeduldigen Eindruck.

Betty nahm einen Zettel aus ihrer Kitteltasche und schaute darauf. »Ein Spaziergang mit den Spezial-Jacken.« Dabei lächelte sie geheimnisvoll.

»Spaziergang?« Der Herzog runzelte die Stirn.

»Warten sie es ab.« Betty grinste ihn frech an. »Es ist strenger als es sich anhört.« Sie verließ den Raum und kehrte gleich darauf zurück.

Maria musste lächeln, als sie sah, was Betty auf dem Arm trug. Sie hatte ihre Spezialjacke erkannt, die sie schon in Deutschland getragen hatte. Es freute sie, dass die Erfindung von Pauls Oma in den Behandlungsplan übernommen worden war. Doch dann wurde sie ein wenig wehmütig, als sie ihre Jacke erblickte, denn sie musste sofort an Paul denken. Ihr Blick fiel auf den Herzog und sie beschloss, ihre Gedanken beiseite zu schieben. Vor ihr langen noch lange und sehr schwierige Tage.

Sie wusste nur ungefähr, was in diesen Tagen auf sie zukam und woraus die Verschärfung bestand, davon wusste sie überhaupt nichts.

Der Herzog schaute sehr interessiert zu, als Betty ihren beiden Patientinnen die Jacke anzog und ihre Hände hinter dem Rücken mit den an den Ärmeln befestigten Riemen zu der jeweils an der gegenübeliegenden Schulter befindlichen Schnalle zog.

Maria dachte noch, dass sie die Jacke in Deutschland schon viel strenger getragen hatte, als sie sie nun angelegt bekam. Doch dann kam Betty zur zweiten Runde zu ihr und zog erst bei Maria, dann bei Sarah die Riemen so kräftig an, daß es den Mädchen ein Stöhnen entlockte.

»Wie wäre es, wenn ihr etwas nach draußen geht?« Marias Mutter stand auf einmal im Raum. »Betty wird euch sicher gern begleiten.«

Der Herzog machte Anstalten, den Mädchen zu folgen, doch dann wurde er von Frederike zurück gehalten. »Ihre Frau wünscht sie zu sprechen.«

* * *

Das Abendessen verbrachten sie bei Joe in der Klinik-Cafeteria. Frederike hatte angeregt, dorthin zu gehen und sie brachte auch die beiden Beutel für das Abendessen hinaus.

Maria blickte sich um und sah zwei Patientinnen, die ebenfalls durch den Beutel ernährt wurden, sie konnte aber nicht erkennen, warum.

Joe versuchte ein Gespräch anzufangen, doch Frederike teilte ihm mit, dass die Mädchen heute lieber schweigen wollten. Dann flüsterte sie ihm noch etwas ins Ohr.

Joe blickte daraufhin die Mädchen mit viel Mitleid an. »Ihr Armen.« Doch dann stutzte er. »Wenn man euch so in die Augen schaut, könnte man meinen, euch gefällt das.«

Beide Mädchen blickten kurz beschämt zu Boden.

»Ich bin erleichtert, dass ihr so etwas mögt.« Maria wollte es erst nicht glauben, doch es war die Stimme ihrer Mutter. Sie blickte verblüfft zu ihr.

* * *

Bisher war Leonie über Pauls Anwesenheit sehr dankbar gewesen, denn er hatte oft Mitleid mit ihr, wenn seine Oma etwas aus seiner Sicht Unmögliches von Leonie forderte. Unmöglich deswegen, weil sie stets ihre Handschuhe oder einen Monohandschuh trug und so über ihre Arme gar nicht verfügen konnte. Ganz besonders subtil war es, wenn sie etwas in der Küche zu tun hatte und dafür den von seiner Oma sogenannten Küchenhandschuh tragen musste. Das war ein Monohandschuh, der aber nur von den Ellenbogen bis zu den Handgelenken reichte und die Hände frei ließ.

Anfangs war Leonie empört und wollte protestieren, dass ein Arbeiten so doch nicht möglich sei, doch ein einziger Blick in das Gesicht von Selma zeigte ihr, dass sie nur genau zwei Möglichkeiten hatte: entweder mit dem Handschuh arbeiten oder das Haus verlassen. Und Letzteres wollte sie auf keinen Fall.

Paul war sehr nett und half ihr oft in der Küche. Doch als Selma ihr eröffnete, dass Paul auf eine lange Reise aufbrechen würde, erstarrte Leonie.

»Wir feiern heute Nachmittag seinen Abschied, und dafür habe ich einige Gäste eingeladen.« Sie blickte Leonie direkt an. »Ich möchte, dass du uns bedienst, bist du damit einverstanden?«

Es war deutlich zu sehen, wie es in Leonie arbeitete. Bisher hatte sie ihre Fesseln noch keinem Fremden gezeigt, wenn man einmal von Paul und den Leuten auf der Hütte absah. Doch jetzt hatte ihr Selma eröffnet, dass sie für sie ganz fremde Leute erwartete. Was würden diese wohl sagen, wenn sie sie in Fesseln sehen würde. Leonie hob ihre Hände und blickte auf ihre Handschellen. Doch sie wagte nichts zu erwidern.

»Natürlich bekommst du andere Handschellen, so dass du uns auch bedienen kannst.« Selma griff zu ihrem Schlüsselbund. »Soll ich sie dir gleich anlegen? Dann könntest du dich schon mal mit ihnen vertraut machen.«

»Wenn sie meinen.« Leonie schluckte. »Das wird wohl besser sein.«

»Paul?« Selma rief nach ihrem Enkel. »Holst du mir bitte ein Haremsgeschirr?«

»Mache ich.« Paul selbst war von dieser Ankündigung genauso überrascht wie Leonie. Er wusste bisher auch nichts von einer Reise.

Doch dann stutzte er. Wo waren die Haremsgeschirre? Er wusste es nicht. Doch gegenüber Leonie wollte er sich diese Blöße nicht geben. Er erinnerte sich an die vier Kisten, die noch im Flur standen und die sie noch nicht wieder auf den Dachboden gebracht hatten. Darin fand er tatsächlich ein Kettengeschirr, welches er für geeignet hielt. Es verband Arme und Beine jeweils mit einer kurzen Kette und eine Kette verlief von der Fußkette über die Handkette bis zum Halsreif.

»Das meinte ich zwar nicht, aber das geht auch.« Seine Oma nahm es ihm aus der Hand und bat Leonie zu sich.

Paul sah fasziniert zu, wie sich eine Schelle nach der anderen um Leonies Gelenke und um ihren Hals legte. »Damit solltest du das Tablett gut tragen können.« Sie strich Leonie durch das Gesicht. »Vielleicht willst du es gleich mal ausprobieren?«

Leonie spürte, dass ihr keine Wahl blieb und da sie sich auch nicht blamieren wollte, machte sie gute Miene zum bösen Spiel und befasste sich mit dem Tablett, welches sie zu tragen hatte.

»Wenn ihr wollt, dann könnt ihr schon mal den Tisch für sechs Personen decken.« Selma zeigte mit der Hand auf das Wohnzimmer.

Leonie war es fast gewöhnt, dass Paul ihr bei solchen Aufgaben stets half. Doch mit dieser Ankündigung realisierte sie, dass sie es künftig allein machen müsste. Genau das sprach sie jetzt an. »Ich will das einmal allein probieren.« Irgendwie spürte sie, dass es ´ernst´ werden würde.

Zu ihrer Überraschung bot ihr das Harmsgeschirr genau die Freiheiten, die sie für das Bedienen brauchte. Sie konnte das Tablett tragen und auch mit der Kaffeekanne gut hantieren. Eigentlich gab es keinen Grund, sich vor dem Kaffeekränzchen zu fürchten. Doch andere Leute würden sie in ihren Ketten sehen und der Gedanke bewirkte, dass sie sich schämte.


Doch zu ihrer großen Erleichterung nahm keiner der Gäste von ihren Ketten Notiz. Selma hatte die Gäste zwar alle mit Namen vorgestellt, doch Leonie war viel zu aufgeregt, um sich die Namen zu merken.

Sie hatten für sechs Personen gedeckt, doch nur fünf Personen saßen am Tisch. Leonie brauchte einige Zeit, bis sie begriff, dass das sechste Gedeck für sie war.

Doch was dann passierte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Selma hatte einen der Herren angesprochen, ob sie Verwendung für Leonie hätten. »Natürlich bekommt sie noch richtige Ketten, Herr Greinert.«

»Sie müsste sich noch beim Vorstand vorstellen, aber ich denke, dass sie für uns eine Bereicherung wäre«, antwortete Herr Greinert, dann wandte er sich an die Frau, die mit am Tisch saß. »Was denken sie, können wir sie nehmen?«

»Warum eigentlich nicht.« Renate Bayer strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Wir müssen natürlich noch andere Kleidung für sie organisieren.«

»Also abgemacht, sie soll sich bei der nächsten Sitzung vorstellen.« Herr Greinert lehnte sich zurück. »Vorausgesetzt, sie trägt auch Ketten, sonst geht es nicht.«

»Soweit ich weiß, sind die schon in Arbeit.« Herr Schwerterle trank einen Schluck von seinem Kaffee. »Theo und meine Tochter arbeiten schon fleißig daran.«

Leonie hatte große Mühe, ihr Gesicht zu bewahren. Was zum Teufel hatten sie mit ihr vor, und welche grausame Zukunft würde auf sie warten? Und vor allem hatte sie Angst vor den Ketten, die irgendwie immer wichtiger wurden.

»Und sie machen jetzt eine große Reise?« Renate Bayer wandte sich an Paul.

Marias Freund war wie Leonie bemüht, seine Fassung zu wahren. »Ich weiß davon bisher gar nichts.« Insgeheim war er enttäuscht, dass er Leonie jetzt ihrem Schicksal überlassen musste -wobei ihm aber auch nicht klar war, was für sie geplant war.

Leonie hatte Mühe, ihre Tränen zu verbergen. Sie hatte sich auf fesselnde Abenteuer mit Paul und Maria gefreut, doch jetzt lag eine offensichtlich erschreckende bis grausame Zukunft vor ihr.

Ein einziges Gutes hatte die Situation allerdings. Ihr eigentlich demütigendes Haremsgeschirr hatte sie völlig verdrängt.

* * *

»Was wollt ihr in eurer Freizeit machen?« Betty blickte ihre Schützlinge mit einem Funkeln in den Augen an.

Maria war verblüfft. Betty wusste doch, dass sie nichts mehr äußern konnte.

»Die Oberschwester hat gesagt, ich soll euch bespaßen.« Sie hielt zwei seltsame Gegenstände in ihrer Hand. Es sah aus wie eine große Fernbedienung, doch sie hatten jeweils nur zwei Knöpfe, einen roten und einen grünen.

Als sie zwei verblüffte Gesichter sah, ergänzte sie: »Sie hat wohl vom Herzog einen Einlauf bekommen. Jetzt ist sie total liebenswürdig zu mir.«

Sie spielte etwas mit den Kästen in ihrer Hand, vermied es bisher jedoch, auf einen der Knöpfe zu drücken. »Wie wäre es mit etwas Beamtenmikado?« fragte sie und drückte gleichzeitig beide grüne Knöpfe. »Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.«

Maria hatte gar keine Zeit, über den Witz nachzudenken. Sie fühlte sofort das Vibrieren an ihrer empfindsamsten Stelle.

Beide Mädchen blickten auf und Betty grinste sie verschlagen an. »Na, gefällt es euch?«

Maria wusste nicht, ob sie nicken oder den Kopf schütteln sollte. Einerseits liebte sie ´es´, andererseits mochte sie es nicht, der Schwester so völlig wehrlos ausgeliefert zu sein. Sie grübelt kurz, wann ihr der Vibrator wohl angelegt worden sei, und sie kam zu der Erkenntnis, dass es wohl mit der Strumpfhose gewesen sein musste.

Doch genauso schnell wie es begonnen hatte, war das Vibrieren auch wieder weg. Betty grinste sie hämisch an. »Ich will doch auch meinen Spaß haben.« Sie drückte diesmal nur einen der beiden Knöpfe.

Es klopfte, und gleich darauf trat die Oberschwester ein. »Ah, da sind sie ja schon.« Sie blickte in drei verblüffte Gesichter. »Haben sie schon überlegt, was sie mit den beiden stummen Patientinnen machen können?« Betty wurde leicht rot. »Nein, mir ist noch nichts eingefallen.« Sie versuchte die Kästchen hinter ihrem Rücken zu verstecken und drückte dabei auch noch den zweiten grünen Knopf.

Maria zuckte zusammen.

* * *

»Ich wollte die Bettruhe überwachen.« Gegen 21 Uhr kam der Herzog vorbei. »Frau Beller hatte etwas von Segifax gesagt.«

Die Oberschwester betrat hinter ihm das Zimmer. »Es heißt S-Fix. Es ist ein gebräuchliches System zur Patientenfixierung.«

Betty saß mit Maria und Sarah am Tisch. Sie stand hektisch auf und steckte etwas in ihre Kitteltasche.

Die Oberschwester wandte sich an Betty. »Der Herzog möchte sehen, wie unsere verschärfte Nachtruhe funktioniert. Bitte erklären sie es ihm.«

Betty ging zu Sarahs Bett und zog die Decke weg. »Die Grundriemen sind fest mit der Matratze verbunden, wir müssen dann nur die Fixierung der Patientin anbringen.« Sie blickte auffordernd zu Sarah.

Die Prinzessin erhob sich zitternd, während sie die Schwester noch einmal flehend anblickte. Doch Bettys Miene zeigte keine Regung.

Sarah legte sich aufs Bett und schaute wieder flehend auf Betty, doch diese gab sich beschäftigt. Sie ging zum Schrank und holte einige weiße Riemen aus dem Schrank.

»Wir müssen nur noch den Bauchgurt anbringen und die Arme und Beine der Patientin fixieren.« Betty bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, obwohl ihre zitternden Hände ihre Erregung zeigten.

»Warum haben Arme und Beine so viel Spiel?« fragte der Herzog eher gelangweilt.

»Die Patienten bewegen sich im Schlaf«, erklärte die Oberschwester. »Und wenn sie streng fixiert wären, könnte es zu Muskelschäden kommen.«

»Und das System ist wirklich sicher?« Der Herzog war anscheinend noch nicht überzeugt.

»Das ist ein System mit Magnetschlössern.« Betty reichte ihm einen der Riemen, die für Maria vorgesehen waren. »Mit diesem Knopf werden sie verriegelt.« Sie steckte eine der schwarzen Kappen auf den Metallstift. »Versuchen sie es mal zu öffnen.« Sie reichte dem Herzog den Riemen.

Der Herzog nahm den Riemen entgegen und zog an der Kappe. »Ich glaube ihnen, dass sie ihre Arbeit richtig machen.« Er gab den Riemen zurück.


Als der letzte Riemen befestigt war, blickte Sarah immer verzweifelter zu Betty. Doch diese streichelte der Prinzessin nur liebevoll über das Gesicht. »Schlaf gut.« Sie lächelte etwas hinterhältig.

Der Herzog trat ans Bett und es schien, als wollte er sich von der Qualität der Fixierung überzeugen. Stattdessen war sein Blick eher etwas zweifelnd. Sarahs aktueller Zustand beschäftigte ihn gar nicht, und die flehenden Augen fielen ihm nicht auf.


Maria sah durchaus, was Sarah beschäftigte, doch sie hatte die gleichen Probleme. Auch bei ihr hatte Betty den Vibrator weiter laufen lassen, und sie litt genauso wie Sarah unter der dauernden Erregung. Doch sie ahnte, dass sie der Herzog ebenfalls nicht beachten würde.

Und so war es auch. »Schnallen sie Maria ebenfalls so fest.« brummte er etwas undeutlich, dann drehte er sich um und verließ den Raum.

Kaum hatte sich die Tür geschlossen, als ein Stöhnkonzert einsetzte. Doch die Oberschwester sorgte wieder für Ruhe. »Sie werden die Nacht im S-Fix verbringen, keine Widerrede.«

Sie trat zu Maria ans Bett und beaufsichtigte Betty, die Maria ebenfalls festschnallte. Das leise Stöhnen ignorierte sie lächelnd.

»Jetzt kommen sie bitte ins Schwesternzimmer, wir müssen die Berichte für heute noch schreiben und die Behandlungen für Morgen vorbereiten.« Sie blickte Betty sehr ernst an.

Die Schwester schaute noch einmal etwas hämisch auf ihre beiden Patientinnen, dann ging sie der Oberschwester hinterher. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um. »Viel Spaß noch.« Das heftige Stöhnen der beiden Mädchen ignorierte sie.
418. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 12.03.16 19:14

Hi gag_coll,

Danke, danke, danke.
Heute hast du wieder eine für mich extrem schöne Fortsetzung geliefert.
So prima mit unausgesprochenen Verschärfungen zu spielen, ist einfach nur fein.
Und das Doris nix vom Fest weis, ist herrlich. Schön das Sonja eine hilfreiche zweite Zofe an die Seite bekommt, oder nicht
Ich hoffe mal, Maria bekommt irgendwie die Möglichkeit den "Ehemann" einzuladen.

Nochmals herzlichst Danke.

ungeduldig auf mehr wartend
419. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 14.03.16 01:10

Hallo cag_col.

Schöne Fortsetzung.


Jetzt langsam fängt sich ja wohl an einiges zu erklären.

Denke mal, das Leonie zu einer perfekten Dienerin für Maria und Paul erzogen werden soll. Auch wenn sie das zur Zeit wohl noch nicht kapiert. Bin ja nur mal gespannt, wie ihre Eltern darauf reagieren. Denen muß es doch komisch vorkommen, das sie von ihrer Tochter nichts mehr hören.

Wer das oft genannte Konsortium ist, vermute ich mal, hast du auch gerade im letzten Teil verraten. Bin ja mal gespannt ob ich recht habe und du uns aufklärst.

So wie es ja aussieht ist das mit Paul ja wohl nicht unbedingt ein Zufall, das er in Marias Klasse gelandet ist. Das dort nur 1 Platz frei war, und der ausgerechnet neben Maria. Ist schon sehr Verdächtig.

Genauso, das seine Mutter auf einmal irgendwo in der Welt herumreist um irgendeiner noch nicht näher bestimmten Arbeit nachzugehen. Was ist eigentlich mit Pauls Vater? Den hast auch nur in einmem Nebensatz am Anfang der Geschichte mal erwähnt.

Und von wem stammt eigentlich seine Mutter ab? Das Pauls Oma ja wohl irgendwann mal eine Tochter zur Welt gebracht hat ist ja wohl klar. Sonst würde es den Paul ja gar nicht geben.


Hmm Fragen über Fragen.


MfG Rainman
420. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 14.03.16 19:43

Zitat
Hallo cag_col.

Schöne Fortsetzung.

.....

Und von wem stammt eigentlich seine Mutter ab? Das Pauls Oma ja wohl irgendwann mal eine Tochter zur Welt gebracht hat ist ja wohl klar. Sonst würde es den Paul ja gar nicht geben.


Hmm Fragen über Fragen.


MfG Rainman


Na ja, die Oma könnte ja auch die Mama von Pauls Papa sein.

Allerdings, wenn ich ehrlich bin ist es mir eigentlich Wurscht.
Ich will da lieber Sarah wieder lebenslustig und "befreit" (soweit wie es halt geht) sehen.
Und das jemand Maria mal klar macht, die Hochzeit kann auch anerkannt und "echt" sein.

ungeduldig das Ende der Fastenzeit erwartend
421. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 15.03.16 05:25

Zitat
Heute hast du wieder eine für mich extrem schöne Fortsetzung geliefert. So prima mit unausgesprochenen Verschärfungen zu spielen, ist einfach nur fein.
Danke
Zitat

Und das Doris nix vom Fest weis, ist herrlich. Schön das Sonja eine hilfreiche zweite Zofe an die Seite bekommt, oder nicht
Kann es sein, dass du hier die Namen durcheinander gebracht hast? Die Schmiedetochter Doris weiß vom Fest und dass sie dort mitlaufen darf... und eine Sophie kommt in Maria überhaupt nicht vor...


422. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 15.03.16 05:34

Zitat
Denke mal, das Leonie zu einer perfekten Dienerin für Maria und Paul erzogen werden soll.
Naja, eine Dienerin, die durch Fesseln eingeschränkt ist, wäre aber eher langsam und damit unpraktisch.
Zitat
Bin ja nur mal gespannt, wie ihre Eltern darauf reagieren. Denen muß es doch komisch vorkommen, das sie von ihrer Tochter nichts mehr hören.
Kommt noch...
Zitat

Wer das oft genannte Konsortium ist, vermute ich mal, hast du auch gerade im letzten Teil verraten. Bin ja mal gespannt ob ich recht habe und du uns aufklärst.
Das wird in Kapitel 14 behandelt.
Zitat
Genauso, das seine Mutter auf einmal irgendwo in der Welt herumreist um irgendeiner noch nicht näher bestimmten Arbeit nachzugehen.
Ich hatte eigentlich notiert, dass über Pauls Eltern nichts bekannt ist. Doch PaulVoF (der Autor der ersten beiden Kapitel) hat tatsächlich etwas zu Pauls Mutter gesagt.
Zitat
Was ist eigentlich mit Pauls Vater? Den hast auch nur in einmem Nebensatz am Anfang der Geschichte mal erwähnt.
auf was beziehst du dich da? Ich hbe dazu nämlich nichts gefunden.
Zitat
Und von wem stammt eigentlich seine Mutter ab? Das Pauls Oma ja wohl irgendwann mal eine Tochter zur Welt gebracht hat ist ja wohl klar. Sonst würde es den Paul ja gar nicht geben.

Pauls Oma ist die Mutter seines Vaters... (ist aber nicht wichtig)
423. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 15.03.16 05:42

Ich wollte nur mal fragen, ob klar geworden ist, dass Betty die Vibratoren, die Maria und Sarah unter den Keuschheitsgürteln tragen, nicht abgeschaltet hat?
424. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 15.03.16 06:53

Fragen über Fragen. Aber hat sie es absichtlich vergessen oder kam die Oberschwester einfach zu früh ? Jedenfalls vielen Dank für´s Schreiben. Ich (und ich glaube viele andere) können´s kaum erwarten, wie´s weitergeht.
425. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Elf

geschrieben von gag_coll am 15.03.16 16:25

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Elf
Autor: Karl Kollar

Donnerstag, 2. September 1984

Betty kam relativ früh zum Wecken. Sie war nicht erstaunt, als sie feststellte, dass die Mädchen noch schliefen. Sie nahm die Fernbedienungen in die Hand und lächelte. Sie hatte gestern Abend doch tatsächlich vergessen, die Vibratoren abzuschalten. Sie grinste. Die Mädchen hatten bestimmt eine »schöne« Nacht gehabt.

Zunächst hatte sie ein schlechtes Gewissen, doch als die Oberschwester den Raum betreten hatte und Betty anherrschte, warum die Mädchen noch nicht wach seien, kam ihre sadistische Ader wieder durch, und sie malte sich aus, welche süße Qualen die Mädchen wohl durchlitten hatten. Fast scheinheilig trat sie an die beiden Betten und weckte die beiden Patientinnen. Dabei genoss sie die bösen Gesichter der Mädchen, als sie ihre »Peinigerin« erblickten.

Natürlich wusste sie, dass die Akkus der Vibratoren jetzt erst wieder zu laden waren, doch das behielt sie erst einmal für sich. Sie begann die Mädchen loszuschnallen und half ihnen beim Aufstehen.

Maria blickte Betty immer noch böse an. Wie konnte sie das machen? Fast die halbe Nacht hatte sie der Vibrator gequält und immer wieder zu einem Orgasmus gezwungen. Schließlich war sie vor lauter Müdigkeit eingeschlafen.

Doch dann kam sie ins Grübeln. Konnte sie Betty wirklich böse sein? Schließlich erlaubte ihr die Bettfesselung in Kombination mit dem Mundverschluß, dass sie sich so richtig gehen lassen konnte, zumal sie auch nur zu leisem Brummern fähig war.

In den Pausen nach den vielen Höhepunkten konnte sie zum Nachbarbett hinüberblicken und sie sah, dass Sarah ihre ´Folter´ auch eher zu genießen schien. Doch nach jedem Orgasmus fiel ihr Blick auf die Tür und sie wartete sehnsüchtig darauf, dass Betty zurückkommen würde, um sie zu erlösen. Doch Betty kam nicht. Sie hatte es einfach vergessen.

* * *

»Waren die gestrigen Behandlungen so anstrengend?« Die Oberschwester war besorgt, weil Maria und Sarah beide einen sehr müden Eindruck machten.

Sarah warf sofort einen Blick auf Betty, die gerade mit dem Frühstücksbeutel beschäftigt war.

Maria war diesem Blick gefolgt, doch zu ihrem Erstaunen sah sie, wie Betty kurz ihren Finger auf den Mund legte und Sarah warnend ansah. Darauf hin ließ sich Sarah zurück in ihr Kissen fallen. »Ich glaube, das kommt vom Rudern«, antwortete Betty scheinheilig.

Mit dieser Erklärung gab sich die Oberschwester zufrieden.

Maria wäre am liebsten über Betty hergefallen, doch dann sah sie, dass Sarah einen eher glücklichen Gesichtsausdruck zeigte.

Maria kam ins Grübeln. Sarah schien die Folter anscheinend doch genossen zu haben. Bislang hatte Maria angenommen, Betty hätte einen bösen Fehler gemacht, doch so langsam dämmerte es ihr, dass sie es wohl absichtlich getan hatte. Sie seufzte. Wie gern hätte sie sich mit der Prinzessin unterhalten, doch ihr Mundverschluß verhinderte dies leider sehr gründlich.

* * *

»Was soll das heißen? Warum können sie nicht sofort mit der Behandlung beginnen?« Der Herzog war sofort zu Frederike gegangen, nachdem die Oberschwester ihm erklärt hatte, dass sie noch nicht mit der für den Donnerstag geplanten Behandlung beginnen könne.

»Für Maria muss noch ein neues Ganzkörperkorsett angefertigt werden, und dafür müssen wir eine Gipsform anfertigen.« Frederike bemühte sich, ihrer Stimme Ruhe zu verleihen.

»Könnte das auch für Sarah wichtig sein?« Der Herzog gab sich interessiert.

»Das große Korsett hilft dem Körper, sich an die Bedürfnisse für die besondere Armhaltung zu gewöhnen.« Marias Mutter war erleichtert, dass der Herzog sachliches Interesse zeigte.

»Würden sie für Sarah auch so ein Korsett empfehlen?«

»Sie hat doch schon eines.« Frederike wunderte sich.

»Das interessiert mich nicht.« Der Herzog zückte wieder sein Scheckbuch. »Was kostet es, wenn sie für Sarah ebenso ein Korsett anfertigen?« Er blickte Frederike fragend an.

»Wir kalkulieren mit zehntausend Dollar.« Marias Mutter nannte eine Summe, die weit über den tatsächlichen Kosten lag. Ein schlechtes Gewissen hatte sie dabei nicht. Wenn der Herzog ihnen schon solch einen Stress verursachte, dann sollte er auch dafür zahlen. Immerhin musste Frederike sich auch Gedanken machen, wie sie die vielen Überstunden finanzieren sollte.

Der Herzog schrieb etwas in Scheckbuch, riss den Scheck heraus und reichte ihn Frederike. »Das wird sicher reichen. Wie lange dauert das Anfertigen des Korsetts?«

»Bis Montag könnte es fertig sein, wenn die Schneiderei und die Sattlerei Hand in Hand arbeiten.« Frederike hatte das kurz kalkuliert. Sie hatte nur flüchtig auf den Scheck gesehen und hatte gesehen, dass an erster Stelle eine Zwei stand.

»Ich werde dafür sorgen, dass sie das tun.« Der Herzog machte sich eine Notiz. »Wie lange wird das Maßnehmen dauern?«

»Eine Stunde wird das Eingipsen dauern, dann sollte der Körper eine Zeitlang ruhen. Gehen sie mal von zwei Stunden aus.«

»Kann dann die geplante Vormittagsbehandlung überhaupt noch sinnvoll stattfinden?« Er nahm die Liste mit dem Behandlungsplan zur Hand.

»Wenn wir die Mittagspause ausfallen lassen und den Mädchen schon während der Behandlung essen lassen, dann sollte es gehen.« Frederike griff zu einem Stück Papier und machte sich Notizen.

»Sie werden das schon schaffen...« Der Herzog unterbrach sie mitten im Satz.

Marias Mutter verstand es so wie es vermutlich auch gemeint war, als die letzte Chance. Sollte es wieder daneben gehen, würde er sich eventuell sogar eine neue Klinik suchen. Der Herzog verstand es sehr gut, Druck zu machen, ohne sich zu äußern.


Beide Mädchen zitterten, als sie den Gipsraum betraten. Es war schon alles bereitgelegt.

Maria kannte das Verfahren noch vom letzten Mal und deswegen freute sie sich insgeheim schon darauf. Doch der Prinzessin war es anzusehen, dass sie nicht wusste, was kommen würde.

Die Schwester, die das Eingipsen vorgenommen hatte, kannte Maria noch vom letzten Mal. Doch diesmal kam sie nicht allein. Ihre Mutter betrat hinter der Stationsärztin den Raum, ebenso der Herzog.

Maria blickte kurz zu Sarah und sah, dass diese von der Anwesenheit ihres künftigen Schwiegervaters nicht begeistert war. Doch sich dazu zu äußern hätte sie vermutlich nicht einmal getraut, wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre.

»Und die Mädchen werden wirklich komplett eingegipst?« Der Herzog gab sich interessiert, aber ein gewisser Unterton von Zweifel schwang in seinen Worten mit.

»Wir brauchen eine vollständige Körperform, und das geht mit dem Gips einfach am besten.« Marias Mutter nahm ihnen die Handschuh ab, dann gab der Schwester ein Zeichen, dass sie beginnen könne.

»Können sie den Mädchen die Geschirre abnehmen?« Die Schwester reichte den Mädchen zwei Badekappen. »Zum Schützen der Haare.«

»Nein, die Gürtel bleiben dran.« Der Herzog blickte zwischen der Schwester und Frederike hin und her. »Das geht doch, oder?«

»Ja, natürlich, das geht.« Frederike bestätigte das. Die Mädchen trugen außerdem sehr enge Taillenkorsetts unter dem Gürtel. Die hätten sie ohnehin nicht abnehmen können, denn sonst konnte nicht abgeschätzt werden, wie weit das Korsett geformt werden konnte. Um sie zu schützen, wurden sie in Plastikfolie gewickelt.

Die Mädchen seufzten innerlich und setzten sich die Badekappen auf. Frederike und die Schwester halfen den Mädchen, die Haare vollständig unter der Haube zu verstecken. Dann halfen sie den Mädchen, sich auf die vorbereiteten fast senkrecht stehenden Liegen zu stellen. Es störte sie gewaltig, dass der Herzog im Raum war, während die Mädchen fast nackt dastanden, doch sie wagte nichts zu sagen. Es hätte den Herzog sicher sowieso nicht interessiert.

Die Schwester nahm zunächst eine Flasche zur Hand und begann, die Körper der Mädchen mit der Flüssigkeit einzureiben. »Das ist Babyöl«, erklärte sie, als sie den fragenden Blick des Herzogs bemerkte. »Das ist nötig, damit wir den Gips später gut entfernen können.«

»Was ist mit den Stiefeln? Werden die mit eingegipst?« Dem Herzog war aufgefallen, das die Mädchen die Ballettstiefel noch trugen.

»Wir brauchen die Beine gestreckt, damit die Muskeln gleich die Form haben, die sie auch in dem Korsett haben werden.« Die Schwester wickelte Plastikfolie über die Stiefel der beiden Mädchen. »Die Schuhe des Korsetts werden ohnehin anders angefertigt.«

»Für die Hände gilt vermutlich das gleiche?« der Herzog gab sich an dem Vorgang sehr interessiert.

»Nein, das hat andere Gründe.« Frederike schob sich mit der Antwort vor die Schwester. »Für die richtige Armhaltung nehmen wir noch mal extra einen Abdruck. Hier reicht erst einmal einen Geradehalter.« Sie reichte der Schwester das entsprechende Gerät.

Beide Mädchen bekamen ein Gerät angelegt, das einem BH nicht unähnlich war. Von einer Rückenplanchette gingen zwei lange Riemen aus, die unter den Achsel der Mädchen durch und über ihre Schultern zurück zu Schnallen auf der Planchette geführt wurden. Die Schwester zog die Schulterriemen so eng an, dass die Schultern der Mädchen ebenso weit zurückgezogen wurden, wie es sonst ihre Monohandschuhe bewirkten.

»Wir beginnen mit den Füßen.« Die Schwester ging kurz ins Nebenzimmer und kam in Begleitung einer zweiten Schwester zurück. »Wir haben die Gipsbinden schon vorbereitet, und jetzt muss es schnell gehen, damit der Gips nicht zu früh hart wird.«

Die erste Schwester klappte an Marias Liege das Fußteil weg. Als Frederike den verwunderten Ausdruck im Gesicht des Herzogs sah, erklärte sie. »Das ist eine Spezialliege, wir können immer einen Teil wegklappen, die Mädchen können sicher stehen, und wir können am ganzen Körper arbeiten.«


Immer mehr Teile von Marias Körper verschwanden unter einer weißen Decke aus Gips, und als Frederike zur Probe die Hand auf die Unterschenkel legte, lächelte sie. »Es wird langsam hart.. Und warm.« Sie ging zu einem Schrank und öffnete ihn. »Wo sind denn die Ohrstöpsel?«

»Die hatte ich schon bereit gelegt.« Die Schwester zeigte auf das Tischchen neben ihr.

»Es ist für die Patientin besser, wenn sie in der Hülle nichts hören kann.« sagte Frederike in Richtung des Herzogs, dann beugte sie sich zu ihrer Tochter, streichelte ihr noch einmal durch das Gesicht und steckte dann die Ohrstöpsel in Marias Ohren.

Dass die vollständige Isolation auch zur erotischen Stimulation dienen konnte, behielt sie aber für sich. Sie wusste, dass ihre Tochter in der Lage war, sich so weit fallen zu lassen, dass sie es durchaus als Freiheit empfinden konnte.

»Es ist sehr wichtig, dass die Patientin sehr ruhig liegenbleibt, bis der Gips abgebunden hat.« Frederike hatte sich wieder erhoben und blickte mit etwas Stolz in der Stimme zwischen dem Herzog und ihrer Tochter hin und her. »Sie hat das schon einmal gemacht.«

Maria musste lächeln, als sie die Worte ihrer Mutter noch schwach hörte. Sie freute sich sehr auf die Wiederholung der Gipsaktion, weil sie dann für eine Stunde völlig frei schweben konnte. Beim letzten Mal hatte sie sogar einen Orgasmus bekommen, den die strenge Gipshülle allerdings vollständig versteckt hatte. Doch diesmal hatte sie Zweifel, ob sie nach dieser Folternacht schon wieder dazu in der Lage sein würde, es zu genießen. Wie beim letzten Mal spürte sie, wie der Gips wärmer wurde und damit anzeigte, dass er langsam hart wurde.


»Den Kopf gipsen sie auch ein?« Der Herzog war erstaunt.

»Das Korsett, das sie bekommen soll, schließt den Kopf mit ein.« erklärte Frederike, während die Schwester dabei war, Marias Augen zuzudecken. »Die Gipsform wird abgenommen und ausgegossen, damit die Korsettschneiderei das Korsett ganz genau anpassen kann.«

Sarah hatte die ganze Zeit sehr interessiert zugesehen, und je weiter sich die Gipsschicht über Marias Körper ausbreitete, desto nervöser wurde die Prinzessin. Sie musste an das Ganzkörperkorsett denken, welches schon für sie angefertigt worden war. Damals wurde es nur nach einem Foto gefertigt, und entsprechend schlecht saß das Korsett. Sie ahnte, dass dieses neue wesentlich besser sitzen würde. Sie begann zu träumen. Überall sah sie sich von braunem Leder umgeben, und bei jedem kleinsten Versuch einer Bewegung knarzte das Leder, um gleich darauf ihren Bewegungsversuch erfolgreich zu verhindern.


»Jetzt sind sie dran, Prinzessin.«

Die Worte der Schwester rissen Sarah aus ihren Träumen. Erst jetzt erkannte sie, dass Maria oder besser die weiße Gipshülle nicht mehr im Raum war. Als sie sich suchend umblickte, erklärte die Schwester: »Wir haben Maria in den Nachbarraum gebracht. Sie muss jetzt etwas ruhen, bis der Gips ganz hart geworden ist.«

Sarah sah zu ihrer Erleichterung, dass sie jetzt mit den beiden Schwestern allein war.

»Der Herzog ist gegangen, weil er einen Termin hat.« Die erste Schwester bat die Prinzessin, sich auf der Liege bereit zu legen. »Maria kannte die Prozedur, aber dir müssen wir noch einige Sachen erklären.«

»Der Gips wird etwas wärmer, wenn er hart wird.« Die zweite Schwester hatte sich ebenfalls zu Sarah gedreht und begann, ihre Stiefel mit der Plastikfolie zu schützen. »Wir halten dir später Schilder hin, weil du uns nicht mehr hören kannst.«

Sarah nickte aufgeregt. Sie wusste noch nicht, was auf sie zukommen würde. Sicher hätte ihr Maria etwas über die Eingipsung erzählt, wenn sie noch hätte reden können.


Maria hatte von ihrer Mutter wieder das verabredete Zeichen bekommen, dass der Gipspanzer, der sie überall umgab, jetzt vollständig belastbar war. Ihre Muskeln entspannten sich, und langsam versuchte sie sich zu bewegen. Doch wie beim letzten Mal musste sie sofort erkennen, dass der Gips jeden Bewegungsversuch verhinderte.

Sie liebte diesen Zustand, und zu ihrer Erleichterung war es bei diesem Mal genau so schön wie beim letzten Mal. Sie resümierte ihren Zustand. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Sie konnte nichts mehr sehen und nichts mehr hören. An ihren Mundverschluß hatte sie sich ohnehin schon gewöhnt. Sie wusste, dass die Klinik ihre Körperfunktionen überwachte, so dass ihr nichts Schlimmes passieren konnte. Das einzige, was sie ständig an ihren Zustand erinnerte, war die Einschränkung ihrer Atmung. Ihr Brustkorb konnte sich durch den Gipspanzer nicht mehr ganz ausdehnen, und durch das Taillenkorsett war ihr Bauch ohnehin unbeweglich. Als Folge davon ging ihr Atem etwas schneller.

Sie wäre gern etwas länger so geblieben, doch sie wusste, dass sie bald wieder aus dem Panzer befreit werden würde. Nur für einen kurzen Moment war sie in der Lage, die vielen Probleme auszublenden, die in der Welt da draußen auf sie warteten. Sie fragte sich, ob sie wohl Paul zu so einer Aktion überreden könne.

Doch sie hatte Zweifel. Die aufwendige medizinische Überwachung, die hier in der Klinik geboten war, würden sie daheim nicht haben. Außerdem, was würde es nutzen, wenn sie vollständig eingegipst wäre? Sie könnte dann Pauls Hände nicht mehr spüren.

Pauls Hände.

Sie musste wieder an das Vakuumbett auf der Hütte denken. Dort war sie fast bewegungslos fixiert gewesen und konnte dennoch seine Hände spüren. Und er hatte sie wirklich überall berührt. Überall...

Unmerklich stieg Marias Atemfrequenz. Ihr Körper spannte sich an und sie presste sich gegen den Gipspanzer.

Wie schon beim letzten Mal war der Gipspanzer so stark, dass er ihrem Bewegungsdrang vollständig widerstand. Maria konnte sich völlig gehen lassen. Sie begann zu stöhnen.

* * *

Leonie hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Paul war weg und sie war in diesem Haus allein mit Frau Mohr. Sie wusste nicht, was sie mit ihr vor hatte, doch irgendwie ahnte sie, dass ihr Traum grausame Wirklichkeit geworden war. Wie bisher jede Nacht war sie an ihr Bett gefesselt und musste am Morgen darauf warten, von ihr befreit zu werden. Doch die Befreiung bestand stets nur darin, dass sie vom Bett befreit wurde, um gleich danach das Haremsgeschirr angelegt zu bekommen.

Doch heute wollte sie es ändern. Wieder kam Selma in ihr Zimmer und stellte sich vor ihr Bett.

»Frau Mohr«, begann Leonie ziemlich kleinlaut. »Ich bin hier doch richtig gefangen oder?«

Selma bestätigte dies. Sie war der Meinung, dass es Zeit war für die nächste Verschärfung. »Du möchtest wieder frei sein?« Sie griff in ihre Tasche und holte die Schlüssel heraus.

Leonie kam schwer ins Grübeln. Immerhin durchlebte sie gerade ihren Traum, irgendwo bei Fremden gefangen zu sein. Ihre Kleidung war entweder abgeschlossen oder sie trug das Haremsgeschirr. Zusätzlich trug sie den Keuschheitsgürtel und den passenden BH und oft genug waren ihre Hände in einem Monohandschuh verschwunden. Mit Entsetzen sah sie, wie Selma begann, ihre Fesseln zu öffnen. »Nein warten sie.« Leonie keuchte. »Ich möchte gefangen bleiben.«

»Egal was kommt?« Selma wollte ganz sicher gehen.

»Egal was kommt!« Leonie bestätigte es mit zitternder Stimme.

Selma war gespannt, wie weit sie bei diesem faszinierenden Mädchen gehen konnte. »Vielleicht solltest du ab jetzt auch einen Knebel tragen, damit du solche ungebührlichen Fragen nicht mehr stellen kannst.«

Leonie zuckte kurz zusammen, dann senkte sie den Kopf. Der Gedanke an die sich so andeutende nähere Zukunft ließen ihre Gefühle wild toben. »Ich glaube, das wird wohl besser sein.« Ihre Stimme war sehr leise.

»Was hast du gesagt?« ihre Stimme war ungewöhnlich streng.

Leonie blickte auf, schluckte noch einmal, dann zwang sie sich zu einer klaren Antwort. »Ich möchte ab sofort auch einen Knebel tragen müssen.«

* * *

Das leise Kreischen der Gipssäge drang an ihr Ohr, und sie sank in sich zusammen. Sie begannen, sie aus dem Panzer zu befreien. Maria seufzte. Schade, dass es schon vorbei war.

Als Maria wieder sehen konnte, fiel ihr Blick auf die zwei Gipsfiguren, die an der Wand standen. Obwohl sie den Anblick noch vom letzten Mal kannte, war sie trotzdem wieder erstaunt. Sarah stand vor ihrer Figur und keuchte heftig.

Im ersten Moment dachte Maria, dass die Prinzessin wegen der Gipsfiguren so außer Atem war, doch dann musste sie erkennen, dass die Prinzessin schon das Korsett trug, das für die heutige Behandlung vorgesehen war.

Auf Marias fragenden Blick hin sagte Frederike »Wir mussten Sarah als Erste befreien, weil sie scheinbar plötzlich einen Panikanfall in ihrer Gipshülle bekam.« Dabei zwinkerte sie Maria zu, und ein Blick auf Sarah schien zu bestätigen, was Maria ohnehin vermutete - denn die Prinzessin sah keineswegs verstört aus; und sie meinte sogar ein leichtes zufriedenes Grinsen auf Sarahs Lippen über ihrem Mundverschluß zu sehen.

Es schien ein gemeines Korsett zu sein, Maria kannte es bisher noch nicht. Es war etwas dicker und wurde zunächst streng um den Leib gelegt. Nur dass dann in dem Korsett Luftblasen aufgeblasen werden konnten, die den Bauchraum noch weiter einengten.

»Maria, kommst du bitte.« Betty hielt schon das zweite Korsett in der Hand.

Maria ging seufzend und mit einem bösen Blick auf die Schwester zu.

Betty ignorierte den Blick vollkommen und gab sich beim Anlegen des Korsetts sehr freundlich.

Sie schnürte Maria das seltsame Taillenkorsett so eng sie konnte, und Maria fühlte, wie ihre Taille wieder einmal zusammengepresst wurde ? zum Glück war sie dies schon lange gewohnt, und auch das Atmen fiel ihr nicht besonders schwer.

Dies änderte sich jedoch, als Betty einen Schlauch mit einem kleinen Gummi-Pumpball an einem unauffälligen Anschluss am vorderen unteren Rand ihres Korsetts ansteckte und begann, den Pumpball immer wieder zusammenzudrücken. Maria fühlte, wie eine Blase an der Vorderseite ihres Korsetts aufgeblasen wurde und begann, sich in die einzig noch freie Richtung auszudehnen - in ihren Bauchraum.

Mit jedem Drücken wurde der verbliebene Raum für ihre Lungen kleiner, und erst als Maria dachte, daß die Blase sich bald von unten in ihren Brustkorb bohren würde, hörte Betty endlich auf zu pumpen und nahm den Schlauch ab. Maria konnte nun nur noch in ihren Brustkorb atmen, und jeder nur noch kurze Atemzug war nun eine bewusste Anstrengung. Sie konnte fühlen, wie ihr Brustkorb sich zu dehnen versuchte, um mehr Raum für ihre Lungen zu schaffen.

Sarah schien ebenfalls mit diesem neuen Korsett zu kämpfen, ihr Gesicht war gerötet, und ihr Atem ging wie bei Maria schnell und flach.

Frederike kam mit dem Herzog in den Raum. »Es würde euch das Training erleichtern, wenn ihr dazu eure Handschuhe tragen würdet.«

»Wofür brauchen sie jetzt Handschuh?« Der Herzog wunderte sich.

»Ich meine die Monohandschuhe.« Marias Mutter hatte sich zum Herzog gedreht. »Damit wird das Atmen etwas erleichtert.«

»Sarah, du wirst den Handschuh tragen.« Seine Stimme erlaubte keinen Widerspruch. Dann fiel sein Blick auf Maria. »Ihnen ist es freigestellt.«

Betty schritt sofort zur Tat und es wurde deutlich, dass sie zum einen viel Routine mit Sarahs Handschuh hatte und zum anderen auch sehr viel Freude daran hatte, die Patientin so behandeln zu dürfen. Vor allem nutzte sie es aus, dass Sarah sich nicht äußern konnte.

Die Prinzessin schien sich jedoch umso wohler zu fühlen, je enger ihr Handschuh geschnürt wurde. Die Röte wich aus ihrem Gesicht, und ihr Atem wurde langsam ruhiger.

Maria schaute sehnsüchtig zu, wie Bettys Arme in der Lederhülle verschwanden und der Handschuh von Betty routiniert zugeschnürt wurde. Auf einmal bemerkte sie, dass ihr Mutter ihren Handschuh ebenfalls in der Hand hatte.

»Dir tut es auch gut.« Frederike wartete, bis Betty mit dem Anlegen des Handschuhs bei der Prinzessin fertig war, dann reichte sie ihr Marias Handschuh.

Maria hatte für die Blicke zwischen Betty und Sarah keine Augen, sie litt noch etwas unter der Folternacht. Trotzdem legte sie ihre Arme auf den Rücken und hielt still, als sie spürte, wie Betty ihre Arme einschnürte.

Und tatsächlich zwang der enge Handschuh ihre Schultern zusammen und half ihr dabei, ihren Brustkorb zu weiten, um ihr mehr Raum zum Atmen zu verschaffen. Wie schon bei Sarah beruhigte sich Marias Atem bald, und das Korsett erschien schon viel erträglicher.

»Sind sie sicher, dass es das richtige für die Mädchen ist?« Der Herzog schaute sehr zweifelnd auf die Mädchen.«

»Wir wollen die Brustkorb-Atmung fördern und gleichzeitig die Beweglichkeit des Brustkorbs und der Schultergelenke trainieren, und dafür kombinieren wir zwei Behandlungen.« Frederike bat ihre Tochter zu sich. »Mit dem Korsett erschweren wir die Bauchatmung, und der Handschuh erweitert die Brustatmung. Das ist für das Korsett sehr wichtig.«

»Und das wird bessere Ergebnisse bringen?« Es war dem Herzog deutlich anzumerken, dass er Zweifel an den Maßnahmen hatte.

Marias Mutter schwieg, doch sie warf Maria einen deutlichen Blick zu.

Maria hatte die Tragweite ihres Fehlers schon erkannt, doch erst jetzt begriff sie, in welche Schwierigkeiten sie sich selbst und ihre Mutter gebracht hatte.
426. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 15.03.16 20:52

Hallo gag_coll,

erstmal Danke für die wieder nur wenig erklärende Fortsetzung der Erlebnisse der Mädchen.

Bei meinem letzten Post scheint wieder mein mangelhaftes Namengedächtnis zugeschlagen zu haben.
Ich kann mir halt Namen wirklich nicht merken, leb ich schon ´ne Weile mit.

trotzdem (un)geduldig wartend
427. RE: Maria

geschrieben von babywerni am 15.03.16 20:59

Zitat

Pauls Oma ist die Mutter seines Vaters... (ist aber nicht wichtig)


Mist warum mustest du das schreiben??

Ich hatte mir so einen schönen showdown im kopf ausgemahlt wo Pauls leiblicher Vater noch eine erhabene rolle (in abwesenheit) gespielt hätte. Jetzt ist mein kopfkino schon so früh zerbrochen und ich muss mir ein neues basteln biss das orginal fertig ist.

danke für die geschichte
danke das du mein kopfkino so anregst.

grus benni
428. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 16.03.16 00:58

Vielen Dank für den tollen Teil.
Also der Herzog wird mir immer unsynpatischer.
Er sorgt sich immer nur um seine Wünsche und Vorstellungen.Aber es interessiert in überhaubt nicht was er Sarah da antut.

Mal schaun wie es weiter geht und ob das Kartenhaus des Herzog doch noch zusammen fällt.
Und er alles verliert.Würde mich irgendwie freuen.

mfg Wölchen
429. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 16.03.16 06:11

Zitat
erstmal Danke für die wieder nur wenig erklärende Fortsetzung der Erlebnisse der Mädchen.
Naja... ich brauche ja auch noch Handlung für ein paar Tage...
430. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 16.03.16 06:14

Zitat
Zitat

Pauls Oma ist die Mutter seines Vaters... (ist aber nicht wichtig)
Mist warum mustest du das schreiben?? Ich hatte mir so einen schönen showdown im kopf ausgemahlt wo Pauls leiblicher Vater noch eine erhabene rolle (in abwesenheit) gespielt hätte.
Das verstehe ich nicht... Ich habe doch nur gesagt, dass Selma die Oma väterlicherseits ist. Aber du hast mich auf eine tolle Idee gebracht.
431. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 16.03.16 06:16

Zitat
Also der Herzog wird mir immer unsynpatischer. Er sorgt sich immer nur um seine Wünsche und Vorstellungen.Aber es interessiert in überhaubt nicht was er Sarah da antut.
Ich sehe, dass ich es richtig beschrieben habe.
432. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zwölf

geschrieben von gag_coll am 16.03.16 06:19

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil Zwölf
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 2. September 1984)

Das Telefon klingelte. Frederike meldete sich. Die Oberschwester wollte wissen, ob die Mädchen zum Mittagessen kämen. »Bringen sie die Beutel bitte in das Labor. Wir machen heute keine Mittagspause.«

»Ich hoffe, sie haben Recht.« Der Herzog verabschiedete sich. »Meine Frau erwartet mich zum Mittagessen.«

Kaum hatte sich die Tür geschlossen, als Marias Mutter sich zu den beiden Mädchen umdrehte. »Was habt ihr mir damit nur eingebrockt?« Eine Antwort erwartete sie allerdings nicht.

Es war den Mädchen anzusehen, dass sie ihr Verhalten bedauerten. Doch das änderte jetzt auch nichts mehr.

* * *

»Bringen sie die Mädchen bitte zur nächsten Behandlung.« Frederike reichte der Oberschwester einen Zettel. »Damit es diesmal keine Missverständnisse gibt.«

Die Oberschwester nahm das Papier entgegen und warf kurz einen Blick darauf. »Elektrische Massage und anschließend Training mit dem Schulterbogen.« Sie drehte sich zu den Mädchen um, die gerade von den Mittagsbeuteln befreit wurden. »Folgen sie mir bitte.«

Maria hätte gern gefragt, ob sie nicht das Blasenkorsett ausziehen dürfte, denn ihre Atmung war doch sehr anstrengend, und sie spürte schon einen ordentlichen Muskelkater in ihrem Brustkorb. Obendrein hatte die aus dem Beutel verabreichte Mahlzeit Platz beansprucht und damit den Druck auf ihren Bauch noch verstärkt. Doch ihr Mundverschluß verhinderte die entsprechende Frage.

Doch ihre Mutter schien trotzdem zu spüren, was ihre Tochter bewegte. »Die beiden Behandlungen werden kombiniert. Ich denke, ihr werdet damit klar kommen. Schließlich habt ihr gezeigt, dass ihr heftigere Behandlungen braucht.«

Maria seufzte leise vor sich hin. So nachtragend war ihre Mutter sonst nicht.

* * *

Maria keuchte, als sie die Elektroden an ihrem Körper spürte. Doch sie hatte keinen Einfluss mehr darauf, was mit ihrem Körper passierte. So langsam begann sie zu resignieren. Sie wusste, dass sie sich die Verschärfungen selbst zuzuschreiben hatte. Dazu kamen noch die so gemeinen Quälereien von Betty, gegen die sie sich ebenfalls nicht wehren konnte.

Ihren diesjährigen Aufenthalt hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Doch das größte Problem lag noch vor ihr. Sie musste einen Weg finden, wie sie Sarah die Angst vor ihrer Zukunft nehmen konnte. Im Moment hatte sie noch keine Idee, wie sie es machen sollte.

Ihr Atem ging kurz und heftig, als die Stromstöße anfingen. Es war nicht stark, gerade so, dass es die Muskeln lockerte und anregte. Doch dadurch, dass auch immer wieder ihr Korsett im Inneren über ihrem Bauch noch weiter aufgeblasen wurde und damit ihr Lungenvolumen sehr eingeschränkt war, musste sehr oft Luft holen. Sarah stand neben ihr und auch bei ihr zeigte der heftige Atem, dass es ihr ähnlich ging wie Sarah.

Eine Schwester passte auf sie auf und hatte den Auftrag, die Behandlung abzubrechen, falls es Probleme mit dem Korsett geben sollte.


Nach einer Stunde trat Betty in den Behandlungsraum und schickte die Schwester hinaus. »Ich soll dich ablösen, sagt die Oberschwester.«

Die Krankenschwester war sichtlich erleichtert, den Raum verlassen zu dürfen. Ihr taten die beiden Mädchen leid, die hier von den Maschinen gleich doppelt gequält wurden.

Doch kaum hatte sich die Tür hinter der Schwester geschlossen, als Betty sich an das Bedienpult setzte und sehr interessiert auf die Knöpfe schaute.

Maria ahnte, was kommen würde, doch sie hatte keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Sie hörte, wie Sarah laut aufstöhnte und gleich darauf spürte auch sie einen heftigen Stromstoß, der sie zusammen zucken ließ. Maria blickte zu Betty und sah, dass die Schwester mit einem breiten Grinsen vor dem Bedienpult saß und zu Sarah blickte.

Maria folgte dem Blick, und neben Sarah schmerzverzerrtem Blick glaubte sie ab und zu so etwas wie einen verliebten Blickwechsel zwischen Sarah und Betty zu sehen.

* * *

»Wie lange müssen die Mädchen noch?« Die Oberschwester trat in den Raum und trug dabei zwei Geräte, die auf den ersten Blick aussahen wie Armbrüste.

»Sind gleich fertig.« Betty drehte sich zu ihrer Vorgesetzten um.

»Was machen sie denn hier?« Die Oberschwester war erstaunt.

»Tina hat mich gefragt, ob ich sie ablösen kann.« antworte Betty. »Sie sagte, sie hätte es nicht ausgehalten.«

Die Oberschwester blickte zu Sarah und Maria und war erstaunt, als sie Spuren von Tränen in den Gesichtern sah. »Die Mädchen haben ja geweint.« Sie begann die Riemen zu lösen. »War es so heftig?«

»Ich habe versucht, sie zu trösten.« Betty war aufgestanden und half mit, die Riemen zu lösen.

Zuerst war Maria entsetzt über die Verlogenheit von Betty, doch dann beobachtete sie einen intensiven Blickwechsel zwischen Sarah und Betty. Es lag fast so etwas Verliebtheit in diesem Blick, und auf einmal hatte Maria begriffen, was die beiden Frauen verband. Das tröstete sie allerdings nicht darüber, dass sie selbst auch unter Betty süßen Quälereien zu leiden hatte.

»Machen sie bitte die Elektroden ab, ich bereite die Bögen vor.« Die Oberschwester legte die Bögen auf den Tisch und hantierte daran herum.

Betty löste zunächst die weiteren Riemen, dann öffnete sie Sarahs Handschuh und befreite ihr die Arme.

Zu Marias Erstaunen versuchte Sarah, auf Betty einzuschlagen, doch Betty ignorierte dies. Stattdessen wandte sie sich an die Oberschwester. »Sind die Bögen bereit? Die Patientin gibt sich renitent.«

»Das haben wir gleich.« Die Oberschwester trat an Sarah heran und mit sicherem Griff zog sie ihre Arme auf den Rücken. »Legen sie ihr den Bogen um den Hals.«

Betty nahm den Bogen vom Tisch und ordnete die Teile, die sich in Form eines strengen Halskorsetts um den Hals der Patientin legen würden. Damit trat sie auf Sarah zu und legte ihr das Gebilde um den Hals.

»Machen sie es ruhig richtig fest zu.« Die Oberschwester wartete, bis Betty das Halskorsett vollständig geschlossen hatte, dann hob sie Sarahs linken Arm und befestigte ihn mit einer Lederschelle und einem Riemen am rechten Teil des Bogens. Ebenso wurde Sarahs rechter Arm am linken Bogen befestigt. Dann wurden beide Riemen durch die Schnallen an den Enden des Bogens kräftig angezogen, so dass sich der Bogen stark durchbog und somit Sarahs Arme hinter ihrem Rücken kraftvoll über Kreuz zog und dabei ihre Schultern zurückzog und ihren Brustkorb weitete.

»Was soll denn das?« Der Herzog stand auf einmal im Behandlungszimmer.

»Das sogenannte Armbrust-Training wird nach der Elektro-Massage durchgeführt.« Die Oberschwester ließ es sich nicht nehmen, den Zweck der Geräte selbst zu erläutern. »Die Muskeln sind gelockert, und jetzt werden sie durch die Bögen an die Gebetshaltung gewöhnt.« Sie drehte sich zu Betty. »Legen sie Maria den Bogen an.«

Maria zitterte etwas, als Betty auf sie zu kam. Diesen Bogen kannte sie bisher nicht, weil das Gebet auf dem Rücken bisher kein Bestandteil des Programms war. Als sie Bettys grinsendes Gesicht sah, ahnte sie, dass es nicht einfach werden würde.

Ein Halskorsett trug Maria gern, weil es ihr allein durch das Festhalten ihres Kopfes ein großes Gefühl von Hilflosigkeit vermitteln konnte. Doch hier hatte es vor allem die Aufgabe, dem Bogen genügend Halt zu geben, dem Bogen, der ihre Arme so konsequent in die geforderte Richtung ziehen würde. Maria wusste noch nicht, wie es sich wirklich anfühlen würde.

Betty grinste noch mehr, als sie Marias Arme an dem Bogen befestigte, so wie sie es zuvor bei Sarah getan hatte. »Sag ruhig, wenn es zu fest ist.« sagte sie in einem sehr höflichen Ton. Doch ihrer Miene war anzusehen, dass sie es erstens nicht ernst meinte und zweitens sie sich an dem Leiden ihrer Patientinnen ergötzte, zumindest so lange es die Oberschwester nicht mitbekam.

»Sind die Bögen eigentlich verstellbar?« Der Herzog schaute sehr genau auf das Gestell, welches Sarahs Arme auseinander zog.

»Die Breite lässt sich ein wenig verändern.« Die Bögen sind flexibel und biegen sich, wenn ich die Riemen anziehe. So werden die Arme unter Spannung gehalten.« Betty hatte ein Zittern in der Stimme.

Der Herzog schaute Betty fragend an.

»Ja, ich stelle es auf das Maximum.« Betty stöhnte ein wenig, doch insgeheim freute sie sich auf die zusätzliche »Qual«, die sie Sarah zukommen lassen konnte.

»Bei Maria bitte auch«, forderte der Herzog. »Ich habe gehört, für sie ist das Tragen des Gebetes auch sehr wichtig.« Er drehte sich zu Maria.

Maria wollte aus einer gewissen Ehrfurcht heraus antworten, doch dann bemerkte sie ihren versiegelten Mund, und sie versuchte ein Nicken anzudeuten. Doch dabei stellte sie fest, wie gut das Halskorsett ihren Kopf fest hielt. Sie blickte den Herzog schließlich nur an.

Betty kam ihr unerwartet zu Hilfe, weil sie spürte, dass der Herzog noch auf die Antwort wartete. »Sie kann nicht antworten und den Kopf auch nicht mehr bewegen.« Ihre Augen leuchteten dabei fast verräterisch.

Doch der Herzog hatte für solche Signale keine Augen. Zufrieden verließ er den Raum.

Die Bögen, die die Mädchen jetzt um den Hals trugen, waren genau nach Bettys Geschmack. Sarah und Maria hatten bei dieser Behandlung zwei Möglichkeiten. Entweder ihre Arme wurden vom Bogen in Richtung der Gebetshaltung gezogen oder sie wandten Kraft auf, um sich gegen den Bogen »aufzulehnen«. In beiden Fällen wurden ihre Arm und Brustmuskeln trainiert und der Brustkorb geweitet.

* * *

Frederike kam zu Beginn der Kaffeepause persönlich vorbei, um sich von der neuen Therapie selbst zu überzeugen. »Wie geht es unseren Prinzessinnen?« Die mitgebrachten Beutel mit der Kaffee-Mahlzeit legte sie auf den Tisch.

Betty fühlte sich zu einer Antwort befugt. »Es sieht noch zu leicht aus. Wir müssten zwischen den Ellenbogen irgendwie noch Federn anbringen.«

Die Mädchen warfen Betty böse Blicke zu.

»Ich frage mal meine Techniker, ob sich da etwas machen lässt.« Sie zeigte auf die Beutel. »Bitte machen sie jetzt Pause.«

»Die Mädchen könnten doch die Bögen weiter tragen bis zur nächsten Behandlung.« Betty hatte Mühe, ihre Begeisterung zu verbergen.

»Sie kennen die Mädchen ja gut.« Frederike war mit Bettys Vorschlag einverstanden. »Machen sie, was sie für richtig halten. Aber bitte passen sie auf, wenn es den Mädchen zuviel wird.«

Maria schaute entsetzt auf ihre Mutter. Doch sie wusste, dass sie sich gegen ihr aktuelles Schicksal nicht wehren konnte. Und ihre Mutter vertraute ihr im Moment anscheinend nicht mehr als ihrem Personal.

Marias Mutter verließ den Raum.

* * *

Leonie verfluchte ihre große Klappe. Natürlich war es ein wichtiger Bestandteil ihres Traumes, auf ihre Stimme verzichten zu müssen, doch jetzt erfuhr sie, was dies wirklich bedeutete.

Sofort nach dem Aufstehen und gleich nach dem Bad stand Selma bereit, um ihr den Knebel anzulegen. Anfangs war es nur ein einfacher Ballknebel gewesen, doch schon bald hatte ihr deswegen der Kiefer sehr weh getan.

Selma war sehr aufmerksam gewesen und hatte Leonie genau darauf angesprochen. »Ich habe etwas Bequemeres für dich, wenn du möchtest.«

Leonie nickte erleichtert. So lange wie hier war sie noch nie geknebelt gewesen. Bisher war es immer nur ein Spiel gewesen und sie konnte es fast immer selbst beenden. Jetzt war es Ernst und sie spürte ihre Kiefermuskeln recht deutlich.

»Ich habe hier einen Muzzle-Knebel. Wenn du den trägst, dann kannst du deinen Mund viel weiter schließen und es wird bequemer für dich.«

Leonie nickte erleichtert.

»Allerdings hat der Knebel ein Geschirr rund um den Kopf.«

Leonie nickte weiterhin. Ein Kopfgeschirr war ihr lieber als ein weit aufgespannter Mund.

»Das Tragen eines Ballknebels kann man auch trainieren.« Selma liebte es, so auf diesen Registern zu spielen. »Es ist eine Frage der Gewöhnung.«

Leonie ließ sich brav das neue Geschirr anlegen, und sie musste zu ihrer Erleichterung feststellen, dass es wirklich leichter zu tragen war.

»Du kannst dann für uns den Tisch decken.«


Leonie freute sich auf die Mahlzeiten, denn dabei durfte sie ihren Knebel ablegen, weil sie versprochen hatte, kein Wort zu sagen. Doch viel zu gern hätte sie nach ihrer Zukunft gefragt und was wirklich auf sie warten würde.

Die Frage nach ihrer Befreiung jeden Morgen war immer schwerer zu beantworten, doch noch hatte Leonie Hoffnung, dass es nicht so schlimm werden würde.

»Morgen werde ich dich zum letzten Mal fragen, ob du meine Gefangene bleiben möchtest.« Selma legte ihr Besteck weg. »Wenn du erst die Ketten trägst, wird es kein Zurück mehr geben.«

Ihre Hände zitterten, als sie sich den Knebel wieder in den Mund steckte. Nur im Unterbewusstsein wusste sie, dass ihre Antwort morgen auch ´Ja´ lauten würde.

* * *

Betty bat die Mädchen, ihr in den Aufenthaltsraum zu folgen. »Dort machen wir Pause.« Sie ging zum Tisch und griff sich die beiden Beutel.

Im Aufenthaltsraum angekommen bat Betty die beiden Mädchen, es sich gemütlich zu machen. Sie rollte zwei Infusionsständer heran und hängte die Beutel daran. Dann verband sie die Beutel mit den Schläuchen der Mädchen. Ihr Wimmern übersah sie dabei.

Maria wurde immer trauriger und wütender zugleich. Wegen der Prinzessin musste sie viel mehr leiden, als sie es sich bisher ausgemalt hatte. Sie wusste immer weniger, ob es richtig gewesen war, der Prinzessin bei der Schummelei zu helfen. Ihr Blick fiel auf den weißen Beutel, der neben ihr hing. Sie hatte sich damals auf der Hütte gefragt, wie es wohl sein würde, so schweigen zu müssen. Jetzt wusste sie es und wünschte sich, es etwas unbeschwerter genießen zu können. Doch in der aktuellen Situation war Genießen kein Thema. Es quälten sie zu viele Sorgen um die Zukunft. Und Betty hatte ebenfalls viel Spaß daran, sie zu quälen. Wobei letztere Qualen sich zwar eigentlich nur gegen Sarah richteten, doch sie spürte, dass Betty auch Spaß daran hatte sie in ihre Quälereien mit einzubeziehen.

Wobei sich Marias Wut nicht gegen Betty und auch nicht gegen ihre Mutter richtete, sondern ausschließlich gegen den Herzog, der für Sarah so eine ungewisse Zukunft bereit hielt.

* * *

»Wir sollten die Patientinnen jetzt befreien« Die Oberschwester war in den Aufenthaltsraum gekommen. »Die Geräte für die nächste Behandlung sind soeben frei geworden.«

»Was steht denn an?« Betty war aufgestanden und begann, die Mädchen von den Beuteln und den Bögen zu befreien. Doch gleich danach zuckte sie zusammen; die Oberschwester erwartete von ihren Untergebenen, dass sie über den jeweiligen Tagesablauf stets Bescheid wussten.

Doch zu ihrer Überraschung erklärte ihr die Oberschwester, das als nächstes wieder Aufenthalte in der Eisernen Lunge vorgesehen waren.

»Können sie mir bei den Handschuhen mit anfassen?« Sie warf einen Blick auf die Mädchen. »Ich glaube, sie könnten sich wehren wollen.«

»Kein Problem.« Die Oberschwester ahnte nichts von Bettys Intrigen. »Kann ich machen.«

Maria keuchte, als sie den festen Griff der Oberschwester spürte. Selbst wenn sie sich hätte wehren wollen, hätte sie keine Chance gehabt. Sie wurde so lange festgehalten, bis Betty ihr den Handschuh angelegt hatte.

Maria stöhnte, als sie die zunehmende Enge des Handschuhs spürte. Bisher hatte sie den Handschuh immer als etwas Positives und Begehrenswertes empfunden. Doch jetzt wurde er genutzt, um sie regelrecht gefangen zu halten und sie zu kontrollieren.

Es war eine neue Erfahrung für Maria, und wenn sie ihre aktuellen Probleme mit Sarahs Zukunft außen vor ließ, war es doch aufregend, nicht zu wissen, ob und wann sie wieder frei sein würde.

Mittlerweile trug auch Sarah wieder den Handschuh und Betty flüsterte der Oberschwester etwas ins Ohr.

»Wenn sie möchten, von mir aus gern.« Die Oberschwester grinste. »Aber ich habe das nicht angeordnet.«

Betty griff zu zwei Leinen, schnallte den Mädchen jeweils ein Halsband an und klinkte die Leinen ein. Dann zog sie die Mädchen hinter sich her.


Auf dem Weg zum Behandlungsraum liefen sie Marias Mutter über den Weg. »Betty, darf ich sie einmal um ein Gespräch bitten? Jetzt sofort.«

Sie schaute kurz zu den Mädchen, dann folgte sie ihrer Chefin in einen kleinen Raum. Maria und Sarah blickten sich verwundert an.


Als Betty zurück kam, griff sie wieder zu den Leinen und grinste. »Ich darf euch nicht hinter mir her ziehen wie Hunde an der Leine. Sie fände es besser, wenn wir nebeneinander gehen würden. Also lasst euch bitte nicht zurück fallen.«

Maria hatte sich von dem Gespräch der Schwester mit ihrer Mutter eine Verbesserung ihrer Situation erhofft. Doch lediglich das Ziehen an der Leine blieb ihnen erspart. Jetzt mussten sie sogar selbst darauf achten, dass sie auf gleicher Höhe mit Betty bleiben konnten. Das Gehen war anstrengend und Maria hatte den Eindruck, dass Betty extra schnell ging, obwohl sie wusste, dass Sarah in den Stiefeln immer noch sehr unsicher war.

Betty genoss ihre Machtposition, und es schien, dass sie auch bei der Oberschwester im Ansehen gestiegen war.

Maria war sichtlich froh, endlich im Behandlungsraum angekommen zu sein. Das Führen an der Leine hatte schon etwas besonders Demütigendes. Trotzdem hatte sie den Eindruck, dass es Sarah etwas weniger ausmachte. Im Gegenteil, sie schien jeden Moment, den sie mit Betty zusammen sein konnte, zu genießen, egal ob die Schwester ihre Patientin nun demütigte, sie quälte oder einfach nur da war.


Wie schon beim letzten Mal standen die beiden Geräte an den Längswänden des Raumes, und dazwischen konnte man durchgehen. Wenn Maria den Kopf drehte, dann konnte sie Bettys Kopf sehen. Doch es war einfacher, nur zur Decke zu sehen. Außerdem forderte die Maschine ihre volle Aufmerksamkeit, denn sie schien heute noch etwas stärker eingestellt als beim letzten Mal.

Maria erinnerte sich, dass zuletzt Betty noch einmal im Raum gewesen war und die Einstellungen der Maschine »geprrüft« hatte. Beim Hinausgehen hatte sie den Mädchen noch eine schöne Behandlung gewünscht. »Genießt es«, sagte sie hämisch, dann drehte sie das Licht herunter.

Nach einiger Zeit ging auf einmal das Licht im Raum wieder an und Marias Mutter betrat zusammen mit dem Herzogspaar den Raum. Maria hatte die Frau am Sonntag kennengelernt. »Die Herzogin möchte sich einmal einen Monohandschuh ansehen und da Sarahs Behandlung nicht unterbrochen werden darf, habe ich vorgeschlagen, dass du deinen vorführst.« Marias Mutter trat an die Maschine und stutzte. »Wer hat denn diese hohen Einstellungen veranlasst? Seid ihr wirklich schon so weit?« Sie schüttelte verwundert den Kopf. »Ich muss mal mit der Oberschwester reden.«

Sie schaltete Marias Maschine ab, wartete, bis die Motoren verstummten, dann öffnete sie die Maschine und half ihrer Tochter beim Aufstehen.

»Was sind denn das für interessante Stiefel?« Die Herzogin war von Marias Stiefeln fasziniert.

»Das sind Ballettstiefel«, erklärte Frederike. »Es erfordert aber viel Übung, um darin gehen zu können.«

Maria war sichtlich stolz.

»Und wo ist jetzt der Handschuh?« Die Herzogin gab sich etwas ungeduldig.

Maria hatte sich bisher frontal aufgestellt, jetzt drehte sie sich um ihre Achse und zeigte ihre verpackten Arme.

»Oh, das ist ja zauberhaft.« Sie drehte sich zu ihrem Mann. »Machst du mir bitte mal die Hände los? Ich denke, hier können wir es riskieren.«

»Es ist für eine Frau aus dem Hochadel sehr unschicklich, ihre Arme zu zeigen«, erklärte der Herzog, während er kleine Schnallen von Lederriemen in der Farbe des Kleides öffnete. »Es ist leichter für Marguerite, wenn sie gar nicht erst in Versuchung kommt.« Er zwinkerte ihr kurz zu.

Die Herzogin trat an Maria heran und blickte zunächst erstaunt auf die weiße Lederhülle, die die Arme umgab. »Darf ich sie einmal anfassen?«

Maria wollte höflich antworten, doch dann bemerkte sie wieder ihren Mundverschluß. Etwas hilflos blickte sie zu ihrer Mutter.

»Sie kann ihnen im Moment nicht antworten.« Frederike kam ihrer Tochter zu Hilfe. »Ihr Mundraum ist verschlossen«, fügte sie als Erklärung hinterher. »Natürlich dürfen sie sie anfassen.«

Maria spürte die Hände der Herzogin, die sehr fasziniert Marias Handschuh untersuchte. Schließlich trat die Herzogin wieder einen Schritt zurück. »Wie lange lässt sich der Handschuh so tragen?«

»Das kommt sehr darauf an, wie geübt die Trägerin ist.« Frederike antwortete für Maria. »Meine Tochter trainiert es schon seit mehreren Jahren.« Sie streichelte ihr zärtlich über den Kopf. »Vier bis fünf Stunden stellen für sie kein Problem dar. Stimmt doch, oder?« Sie blickte ihre Tochter fragend an.

Maria zögerte erst einen Moment, bevor sie ein Nicken andeuten konnte.

»Danach ist allerdings dringend etwas Gymnastik für die Arme nötig«, fügte sie noch hinzu.

»Könnte ich auch wieder damit anfangen?« Die Herzogin blickte zwischen Maria und ihrem Mann hin und her.

»Anfangen schon«, erklärte Frederike, »aber sie werden die Arme nicht mehr so weit zusammen bekommen. Es ist eine Frage der Beweglichkeit der Muskeln.«

Maria hätte sie gern über die Armtasche informiert, die sie auf der Hütte gesehen hatte, doch dies war ihr im Moment nicht möglich.

»Danke, das war sehr interessant.« Sie drehte sich zu ihrem Mann. »Machst du mir wieder die Arme wieder fest?« Sie lächelte etwas verlegen.

»Viele Frauen aus dem Hochadel lassen sich die Arme fixieren, um gar nicht erst in Versuchung zu kommen.« erklärte der Herzog, als er die kleinen Riemchen wieder um die Handgelenke seiner Frau schloss.

Dann drehte er sich noch einmal zu Maria. »Vielen Dank, dass sie uns ihre kostbare Zeit geopfert haben. Ich wünsche ihnen alles Gute für ihre Zukunft und ein erfolgreiches Fest. Sie werden sicher eine schöne Braut werden.«

Maria wurde etwas rot. Doch dann musste sie wieder an die Sorgen denken, die bis dahin noch vor ihr lagen. Sie blickte zu ihrer Mutter.

Frederike wartete noch, bis die Tür hinter dem Herzogspaar wieder ins Schloss fiel, dann öffnete sie die Maschine und half Maria, sich wieder in die Behandlungsposition zu bringen.

Der Deckel schloss sich wieder und als Letztes strich sie ihrer Tochter noch einmal zärtlich durchs Gesicht. »Ich glaube, wir haben uns gerade ein paar Pluspunkte geholt.«

Bei Maria floss eine Träne der Erleichterung über das Gesicht. Ihre Mutter hatte »wir« gesagt. Wie gern hätte Maria jetzt mit ihrer Mutter geredet und ihr vor allem von der Armtasche berichtet, doch das schien warten zu müssen.

Frederike schaltete die Maschine wieder ein und drehte das Licht herunter, dann verließ sie den Raum.


In Maria keimte so etwas wie Hoffnung auf. Die Herzogin war wieder ganz nett gewesen. Vielleicht war es ja möglich, mit ihr über Sarahs Sorgen zu sprechen. Zumindest würde ihr das Gespräch mit der Herzogin leichter fallen als mit dem Herzog selbst. Außerdem hatte Maria so ein verdächtiges Funkeln in den Augen der Herzogin gesehen, als der Herzog ihr wieder die Fesseln anlegte.

Erst jetzt begriff Maria die wahren Dimension dessen, was sie gerade erlebt hatte. Eine brasiliasche Prinzessin war so gut wie immer gefesselt, entweder allein durch die gesellschaftlichen Konventionen, die Arme nicht zu zeigen, oder real, so wie sie es gerade bei der Herzogin erlebt hatte.

Ob Sarah bisher auch so ein Leben geführt hatte? Sie hätte sie jetzt gern gefragt, wie ihr Alltag ausgesehen hatte, doch als sie zu ihr hinüber blickte, sah Maria, dass sie die Augen geschlossen hatte. Vermutlich war sie eingeschlafen. Der Mundverschluß der beiden Mädchen hätte eine Unterhaltung ohnehin unmöglich gemacht, wie sich Maria wieder erinnerte.

* * *

Auch das Abendessen verzögerte sich, denn erst sollte die Behandlung in der Lunge abgeschlossen sein.

Maria fand es ohnehin etwas lächerlich, wegen der Beutel immer so ein Aufheben zu machen, doch die Oberschwester bestand darauf, die Pausen weitgehend einzuhalten wie vorgesehen.

So saßen sie zusammen am Tisch und sahen zu, wie sich langsam die Beutel leerten. Gern hätte Maria sich mit Sarah über ihren Alltag unterhalten, doch ihre Münder waren immer noch versiegelt.

Auf einmal war vom Flur her ein Stimmengewirr zu hören, und gleich darauf betraten neben der Oberschwester und Betty noch einige Pfleger das Zimmer.

Maria erstarrte fast, als sie sah, was die Pfleger in den Raum trugen. Viele graue Plastikrohre sowie zwei große Pakete aus Gummi. Sofort musste sie an das schöne Erlebnis mit dem Vakuumbett auf der Hütte denken.

* * *

»Betty, räumen sie bitte die Decken beiseite.« Die Oberschwester zeigte auf die beiden Betten. »Bitte hier auf den zwei Betten aufbauen.«

Maria wusste sofort, was passieren würde und wie sie die Nacht verbringen würden. Sie begann zu zittern.

Sarah schien nicht zu ahnen, was auf sie zu kommen würde.

»Die Chefin möchte eine neue Übernachtungstechnik ausprobieren.« Die Oberschwester wartete, bis Betty die Bettdecken im Schrank verstaut hatte. »Sie werden dann Wache halten, bis die normale Nachtwache übernehmen kann.«

»Aber mein freier Abend?« Bettys Abwehr war extrem schwach, doch die Oberschwester schien es ihr abzukaufen. Sie bemerkte nicht einmal, wie verräterisch Betty Augen leuchteten.

»Ist gestrichen.« Die Oberschwester gab sich resolut. »Und jetzt machen sie die Mädchen bettfertig.«


Als Maria von Betty aus dem Bad geschoben wurde, war nur noch die Oberschwester anwesend. »Ich zeige ihnen jetzt, wie diese neuen Betten funktionieren. Bei Sarah machen sie es dann selbst.« Sie bat Maria, sich zwischen die beiden Gummifolien zu legen, die jetzt auf ihrem Bett lagen.

Maria war der Anblick eines Vakuumbettes von der Hütte her noch wohl bekannt, nur dass hier die Folie leicht durchsichtig war. Sie hatte keine große Mühe, der Anweisung der Oberschwester nachzukommen.

»Mit diesem Reißverschluss schließen sie das Bett luftdicht ab.« Die Oberschwester zeigte Betty die dafür nötigen Handgriffe. Doch dann stutzte sie. »Halt, wir müssen erst noch die Schläuche nach außen führen, damit die Mädchen sicher Luft bekommen.« Sie zeigte Betty, dass es dafür eine extra Vorrichtung gab, die ebenfalls luftdicht abschloss.

»Jetzt schließen sie hier das Saugrohr an und stellen die Maschine an.« Sie reichte Betty einen Schlauch. »Die Maschine wird je nach Einstellung das Vakuum alle halbe Stunde erneuern.«

»Liegen sie bequem?«

Maria nickte.

»Bekommen sie gut Luft?«

Maria nickte wieder.

»Hier wird die Maschine eingeschaltet.« Die Oberschwester zeigte Betty den entsprechenden Knopf. »Es passiert alles automatisch. Sie müssten eigentlich gar nicht dabei sein.« Sie machte eine kurze Pause. »Aber die Chefin wünscht sich bei der ersten Anwendung eine Aufsicht.« Es war deutlich zu hören, dass sie die Anordnung der Chefin für überflüssig hielt.

Marias Herz schlug deutlich schneller, als sie das saugende Geräusch hörte. Wieder war so nach und nach überall an ihrem Körper das Gummi zu spüren, das sich an ihrer Haut festsaugte. Nur an ihren Brüsten und an ihrer Scham spürte sie nichts, denn dort war das Keuschheitsgeschirr im Weg.

Nur noch undeutlich drangen die Worte an ihr Ohr, als Sarah ebenfalls in das Bett verpackt wurde. Auch bei ihr setzte bald das saugende Geräusch ein, und gleich darauf wurde es still.

»Die Nachtwache wird sie um neun Uhr ablösen, bis dahin passen sie bitte auf die Patientinnen auf.« Die Stimme der Oberschwester war noch einmal laut zu hören, dann folgten Schritte und die Zimmertür schlug zu.

* * *

Sie waren allein.

Allein im Vakuumbett.

Maria war angespannt. Sie wartete darauf, dass sie jemand berühren würde. Sie zitterte leicht, doch ihre Bewegungen wurden fast vollständig vom Vakuum verborgen.

Vom anderen Bett war leises, aber lustvolles Stöhnen zu hören. Maria ahnte, was sie dort wohl abspielte. Betty saß bestimmt an Sarahs Bett und ergötzte sich an Sarahs vollständiger Hilflosigkeit. Und Sarah wurde durch Betty Berührungen immer heißer und erregter.

Maria sehnte sich nach einer Berührung. Nach Paul. Nach seinen so zärtlichen Händen. Sie war so angespannt, dass sie sogar die Fliege spürte, die sich zufällig ins Zimmer verirrt hatte und die auf ihrem Körper gelandet war.

Nur eine Hand.

Wenn sie doch nur eine Hand einmal berühren würde.

Sarahs Stöhnen wurde immer lauter. Maria schaffte es nicht, ihre Zimmergenossin auszublenden. Ihr Stöhnen heizte sie selbst noch mehr an.

Doch Erlösung fand Maria nicht.


Nach einem sehr gedämpften Schrei wurde es wieder still im Zimmer, und nach kurzer Zeit hörte Maria das Rascheln von Papier. Betty hatte sich vermutlich an den Tisch gesetzt und hatte sich etwas zu lesen mitgebracht. Wenn sie doch nur auch einmal an ihr Bett gekommen wäre.

Sarah war nach ihrem Höhepunkt, der nicht zu überhören war, bestimmt sofort eingeschlafen, doch Maria lag noch wach. Sie war viel zu erregt, um schlafen zu können.

Auf einmal war sehr leise die Tür zu hören und gleich darauf hörte sie ein Flüstern. »Wie geht es den Patientinnen?«

»Sarah schläft schon tief und fest.« hörte sie Bettys Stimme. »Ihre Tochter ist noch wach.«

Maria hielt den Atem an. Ihre Mutter war in ihrem Zimmer.

»Wie geht es dir, mein Schatz? Kannst du nicht einschlafen?«

Maria hörte die Worte ihrer Mutter deutlich, obwohl sie leise sprach. Sie versuchte ein Kopfschütteln, doch das Vakuum unterdrückte jede Bewegung.

»Der Herzog hat dies angeordnet, weil er es in einem Magazin gelesen hatte.« Die Stimme von Frederike wurde auf einmal sehr weich. »Paul fehlt dir sehr?« fragte sie unvermittelt.

Maria stöhnte laut auf.

Auf einmal spürte sie eine Hand auf ihrem Körper, dann noch eine zweite. Es war das Streicheln, was sie sich schon so sehnsüchtig gewünscht hatte. Das die Hände ihrer Mutter gehörten, war ihr mittlerweile egal.

Auf einmal waren es noch mehr Hände, und Maria fühlte sich wieder wie auf der Hütte. Obwohl sie wusste, dass ihre Mutter und Betty an ihrem Bett standen, schaffte Maria es, sich den Zärtlichkeiten vollständig hinzugeben. Es war ihr mittlerweile auch egal, dass ihre Mutter sie zu einem Orgasmus streichelte. Sie stöhnte laut auf und sank schließlich in sich zusammen. Gleich darauf war sie eingeschlafen.


»Das bleibt aber unter uns.« Frederike blickte Betty verschwörerisch an.

Betty musste erst schlucken, bevor sie antworten konnte. »Natürlich.«

»Wenn sie möchten, können sie Feierabend machen.« Frederike setzte sich an den Tisch. »Ich passe auf.«

»Wenn sie erlauben, würde ich auch gern noch da bleiben.« Betty war etwas verlegen.

»Sie sind in Sarah verliebt?« Es war zwar als Frage formuliert, doch eigentlich war es eine Feststellung von Marias Mutter.

»Wir verstehen uns sehr gut.« Betty war sehr rot geworden. »Aber ich weiß nicht, ob sie meine Gefühle erwidert.«

»Sie haben die Geräte verstellt und eine höhere Intensität eingestellt?« Frederike blickte Betty in die Augen.

»Ja«, Betty blickte zu Boden. Sie erwartete eine Standpauke. Doch zu ihrer Überraschung kam etwas anderes.

»Bitte behalten sie ihre Verantwortung gegenüber den Patienten im Auge.« Frederike legte ihre Hand auf die von Betty. »Wir dürfen uns im Moment keinen Fehler mehr erlauben.«

Betty blickte ihre Chefin verblüfft an. »Ja, natürlich.« ihre Augen begannen vorsichtig zu leuchten.
433. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 16.03.16 08:43

mhh Das wird ja langsam interessant.
Wenn alles nichts bringt und der Herzog nicht zu bremsen ist und Sarah mit den schwulen Sohn verheirated wird.Sollte sie Betty mit nehmen.Official als Schwester damit man sich um sie kümmern kann.Inofficial als geliebte,Sarah soll ja auch ihre Freude haben.

mfg Wölchen
434. RE: Maria

geschrieben von Kugelfisch am 16.03.16 16:23

O weia. Wenn Frederike nicht aufpaßt, schickt der Herzog ein Kommando und entführt Sarah und Maria. Sie sind ja beide wehrlos und könenn nicht schreien. Vielleicht wird Betty auch gleich mitgenommen, denn die kennt sich ja mit der Entfesselung aus.

Wenn das gesehen sollte, was ( der) Gott ( der Schreibenden) verhindern mögemacht sich Paul in Rambo-Manie auf, seine Freundin zu retten??
435. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 16.03.16 17:14

Ihr habt ja lustige Ideen... ts ts ts...

Es geht in eine etwas andere Richtung weiter...
436. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 16.03.16 19:47

---ggg---

Wölfchen spricht aus, was auch meine Meinung wäre.

gag_coll ich Danke Dir für die wunderbare Geschichte.

-----
Gruß vom Zwerglein
437. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 16.03.16 20:10

Zitat
O weia. Wenn Frederike nicht aufpaßt, schickt der Herzog ein Kommando und entführt Sarah und Maria. Sie sind ja beide wehrlos und könenn nicht schreien. Vielleicht wird Betty auch gleich mitgenommen, denn die kennt sich ja mit der Entfesselung aus.

Wenn das gesehen sollte, was ( der) Gott ( der Schreibenden) verhindern mögemacht sich Paul in Rambo-Manie auf, seine Freundin zu retten??



vll kommt ja auch ein ufo und....
438. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 16.03.16 23:37

Ich hoffe, die Geschichte geht noch lange weiter. Es stehen ja noch viele Optionen offen. Danke für´s schreiben.
439. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 17.03.16 00:28

genau suchender.

Maria könnte ja mit Paul Sarah dan später Besuchen.Wo sie auch noch so einige Abenteuer erleben.Außerdem mal schaun wie es mit Leoni weiter geht.
440. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 17.03.16 11:51

Zitat
vll kommt ja auch ein ufo und....
Naja, im nächsten Abschnitt wird es ziemliche Überraschung für Maria geben...
441. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 17.03.16 20:09

Zitat
Zitat
vll kommt ja auch ein ufo und....
Naja, im nächsten Abschnitt wird es ziemliche Überraschung für Maria geben...


Jetz sag nicht, der Herzog will Maria für seinen Sohn haben? dann falle ich aber vom Stuhl

gruß Kami
442. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 13

geschrieben von gag_coll am 17.03.16 22:19

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 13
Autor: Karl Kollar

Freitag, 3. September 1984

»Guten Morgen Rosalie« Frederike meldete sich am Telefon. »Hier ist Frederike, Marias Mutter.«

Rosalie war verwundert. Sonst rief ihre Freundin immer selbst an. »Ist Maria etwas passiert?«

»Nein, es ist alles in Ordnung.« Frederike blickte kurz auf ihre Tochter, die neben ihr saß und sehr erfreut war, Rosalies Stimme durch den Lautsprecher zu hören. »Aus therapeutischen Gründen ist ihr Mund verschlossen.«

Rosalie war verblüfft. »Sie kann nicht reden?«

»Genau, nur ein wenig stöhnen geht noch.« Frederike hielt Maria den Hörer hin. Maria versuchte ein wenig Gag-Talk, aber es klang eher wie Morsen.

»Sie wird dir später berichten, was alles passiert ist.« Frederike hatte den Hörer wieder an sich genommen »Was gibt es bei euch Neues? Wenn ich das mal mit hören darf?«

Rosalie berichtete von den Ereignissen in Down Under. Allerdings hielt sie sich bei der Ausschmückung etwas zurück.


Nach einiger Zeit legten sie auf.

»Bist zu zufrieden?« Frederike blickte ihre Mutter fragend an.

Maria nickte und freute sich, dass sie trotz ihrer Restriktionen, die sie im Augenblick umgaben, mit Rosalie Kontakt halten konnte.

Heute Morgen beim Aufwachen sah das noch anders auf. Mitten in der Nacht war Maria wach geworden und brauchte erst einige Zeit, bis ihr klar wurde, wo sie war und warum sie sich nicht bewegen konnte. Bis zum Morgen hatte sie gegrübelt, wie sie ihrer Mutter klar machen konnte, dass sie mit Rosalie telefonieren musste, weil ihre Freundin sich sonst Gedanken machen würde. Doch ihre Mutter schien über das wöchentliche Ritual informiert zu sein, denn gleich nach dem kurzen Frühstück bat sie Maria zu sich und begann die lange Nummer zu wählen.

* * *

»Damit wissen sie, welch wichtiger Tag heute ist.« Frederike beendete die kurze Dienstbesprechung im Schwesternzimmer. »Aber kein Wort davon zu den Patientinnen.« Sie warf Betty einen warnenden Blick zu. »Und jetzt versuchen sie bitte bis dahin, ganz normalen Dienst zu schieben.«

Die Oberschwester wartete, bis ihre Chefin den Raum verlassen hatte, dann nahm sich den Dienstplan zur Hand und teilte die Aufgaben ein. »Betty, sie bringen Sarah und Maria in die Orthopädie und bleiben bei ihnen. Bei dem, was ansteht, ist eine helfende Hand sehr hilfreich.«

Betty machte sich sofort auf den Weg.

»Na, fertig mit telefonieren?« Betty grinste Maria an. Natürlich wusste sie, dass sie keine Antwort bekommen würde, doch es machte ihr immer mehr Spaß, sich an der Hilflosigkeit der Mädchen zu ergötzen.

Als Antwort stand Maria einfach auf und blickte Betty nervös an.

Sarah stand nachdenklich am Fenster, jetzt drehte sie sich ebenfalls um und seufzte, als Betty sie bat, ihr zu folgen.

Maria wusste noch nicht, was sie von dem Kommenden zu halten hatte. Ihre Mutter hatte ihr gestern nach der Eisernen Lunge noch kurz angedeutet, dass sie die heutige Behandlung gern einigen Studenten vorführen würde, und dafür wollte sie das Einverständnis von Maria und Sarah haben. Die Prinzessin war zunächst wenig begeistert, und erst als Frederike ihr erklärte, dass sie eine Haube tragen würde und sie keiner erkennen würde, war sie auch einverstanden.


Als die Mädchen hinter Betty den Raum betraten, fielen ihnen sofort die außergewöhnliche Einrichtung auf. Einige Stühle standen auf der einen Seite und die zusätzliche Schreibfläche zum Herunterklappen ließ erahnen, dass dort die Studenten sitzen würden. Gegenüber standen ein Tisch und ein Gebilde wie ein Reck aus der Turnhalle. Um das Reck gab es einen Vorhang zum zuziehen.


»Bitte kommt zu mir.« Betty wedelte mit einem Schlüssel. Sie nahm ihnen zunächst die Keuschheits-BHs ab, dann reichte sie ihnen die Ruderhandschuhe. »Das kennt ihr ja schon.« Sie grinste.

Während die Mädchen sich mit den Handschuhen abmühten, nahm Betty die waagerechte Stange vom Reck und bat die beiden, sich daran zu befestigen. Während Betty ihnen die Stange hinhielt, fädelten beide ihre Handschuhe über das Ende der Stange.

Sie hängte die Stange wieder an das Reck, so dass die Mädchen ihre Arme bequem vor dem Körper halten konnten, die Oberarme waagerecht, die Unterarme senkrecht nach oben. »Die Oberschwester hat gesagt, dass so der Brustkorb optimal geweitet wird.« Eine Reaktion erwartete sie nicht.

Danach zog sie ihnen die Hauben über und zog sie fest. »So, fertig.« Sie zog den Vorhang vor und verlies den Raum.

Gleich darauf war ein nervöses Geschnatter zu hören. Viele Frauenstimmen und ein paar wenige Männerstimmen. »Bitte nehmen sie Platz, damit wir gleich beginnen können.« Maria erkannte die Stimme ihrer Mutter.

Das Geschnatter im Raum wurde weniger. »Möchten sie ein paar einleitende Worte sagen?« Frederike schien mit dem anwesenden Orthopäden zu reden.

Dieser stellte sich kurz vor, dann begann er mit seinem Vortrag:

»Unsere Klinik forscht an vielen neuen Methoden, die neben der Korrektur von pathologischen Befunden auch der Schönheit dienen, aber auch der Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit mit legalen Mitteln, ohne Doping, nur mit physischem Training.

Für Leistungssportler ist eine große Lungenkapazität von Vorteil. Viele Sportler trainieren daher in den Bergen in großen Höhen, wo der Sauerstoffgehalt der dünneren Luft sie zu vermehrter Atemanstrengung zwingt. Wenn sie so in den Bergen ihre Lungenkapazität erhöhen, haben sie zurück im Tal einen ganz legalen Vorteil gegenüber anderen Sportlern.

Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung des Lungentrainings ist die Verwendung eines aufblasbaren Taillenkorsetts, welches die Bauchatmung reduziert oder gar ganz unterbindet. Die Trainierenden müssen dann mit vermehrter Anstrengung über den Brustkorb atmen, den sie im Laufe des Trainings weiten und somit ihre Lungenkapazität vergrößern. Wird das Taillenkorsett dann entfernt , so haben sie den Bauchraum zusätzlich wieder für die Atmung zur Verfügung. Wir hoffen, diese Methode bald zusammen mit Sportlern zu erproben.

Dieses Training kann aber auch für die Schönheit eingesetzt werden, wie wir ihnen gleich anhand unserer ersten freiwilligen Probandinnen demonstrieren werden. Bei Ihnen soll das Taillenkorsett gerade nicht entfernt werden, denn sie wünschen sich beide eine schmale elegante Taille. Je mehr sie ihre Brustatmung ausbauen, desto enger können sie in der Taille geschnürt werden, und obendrein wirkt die Brustatmung im passenden dekolletierten Kleid überaus attraktiv.

Die Atmung über den Brustkorb ist zu Beginn recht anstrengend und kann auch Kopfschmerzen verursachen, da die Rippen sich dehnen müssen und an den Knorpelteilen des Brustkorbs nachgeben müssen.

Um nun die Beweglichkeit des Brustkorbs zu entwickeln, haben wir diese Korsetts hier mit aufblasbaren Kammern entwickelt, ähnlich den Hosen für eine Lymphdrainage.

Hier sehen sie die große Bauchblase, die nach Schließen des Korsetts so fest aufgepumpt wird, dass die Bauchatmung unterbunden wird. Und oberhalb sehen sie weitere ringförmige Kammern um den Brustkorb.

Ich lasse sie beide herumgehen, bitte reichen sie sie zügig weiter.«

Er reichte einer Studentin in der ersten Reihe eines der angesprochenen Korsetts.

»Wie bei der Lymphdrainage werden diese Kammern wellenförmig von unten nach oben aufgepumpt, um dem Brustkorb eine so kräftige Massage zu verpassen, wie sie mit Händen gar nicht möglich wäre. Wir können sowohl eine Kompressionswelle von unten nach oben durchlaufen lassen wie auch nacheinander alle Kammern zu maximaler Kompression des Brustkorbes aufpumpen. Sozusagen das Gegenteil der Eisernen Lunge, die wir sonst zu diesem Zweck auch benutzen.

Hinter dem Vorhang werden unsere zwei Freiwilligen vorbereitet. Da sie zum Anlegen der Korsetts nackt sein müssen, werden sie hinter dem Vorhang vor Blicken geschützt, bis wir ihnen die Korsetts umgelegt haben. Wenn sie alle die Korsetts zum Anschauen haben durchgehen lassen, dann können wir beginnen.«


Als sich der Vorhang öffnete, sahen die Studenten, dass die Korsetts vom Unterrand der Taille bis über die Brüste rechten. Der obere Teil des Brustkorbs blieb aber frei. Die Mädchen waren durch Luftschläuche mit den Steuerkonsolen verbunden, an denen der Arzt jetzt ein paar Knöpfe drückte. »Zunächst blasen wir die Bauchkissen auf.«

Ein Zischen war zu hören. Maria und Sarah rissen die Augen auf. Sie atmeten schwer und ihre Brustkörbe weiteten sich.

»Wir beginnen nun langsam mit einer Einzelsequenz von unten nach oben. Mit jedes Mal einem Plopp werden ? von außen nicht sichtbar ? die inneren Ringkammern nacheinander einzeln aufgeblasen.«

Die Mädchen stöhnten bei jedem Ring. Sie waren dankbar für den Mundverschluß, den sie immer noch trugen.

Nach fünf Minuten ging es weiter. »Nun werden wir die Kammern additiv befüllen und den Brustkorb komprimieren.«

Die Zuschauer konnten sehen, wie die Mädchen erschauerten und sich mit ihren aufgefädelten Handschuhen festhielten.

»Ebenso können wir alle Kammern gleichzeitig komprimieren und wieder ablassen, und so einen externen Atemrhythmus vorgeben.«

Beide Mädchen spüren, wie sie immer wieder wie von einer großen Faust zusammengedrückt und wieder losgelassen wurden; immer wieder wurde die ganze Luft aus ihren Lungen gepresst, und in den kurzen Entlastungspausen schnappten sie nach Luft.

Die Kompressionswelle übertrug sich jedoch auch auf ihre Unterleiber und führte dort zu steigender Erregung.

Als die Geräte noch weiter hochgefahren wurde, hörte man von beiden einen gedämpften Schrei durch die Nasenlöcher ihrer Hauben, und beide kollabierten in einem gewaltigen Orgasmus, während sie mit den Händen an den Stangen hingen.

Die Maschinen wurden ausgeschaltet und der Vorhang wurde wieder geschlossen. »Nun, wie sie sehen und hören konnten, hat diese Behandlung, so harsch sie erscheinen mag, durchaus auch ihre angenehmen Seiten, die für die erlittene Mühsal entschädigen?«

Leichtes Gelächter war im Saal zu hören sowie das obligatorische Klopfen auf den Tischen.

* * *

Frederike saß im Büro, als der Herzog bei ihr vorstellig wurde. »Ich hätte eine Bitte. Heute Nachmittag kommt Sarahs zukünftiger Mann, und da wäre es gut, wenn Sarah ihn ohne den Mundverschluß begrüßen könnte.«

Marias Mutter war erleichtert. »Ich wollte sie auch um ein Gespräch bitten aus einem ähnlichen Grund. Für Maria wäre es heute auch sehr wichtig, dass sie den Mundverschluß ablegen kann.« Frederike war erleichter, das sich diese heikle Thema so leicht erledigen ließ.

»Waren die Maßnahmen erfolgreich?« Der Herzog zeigte ehrliches Interesse. »Immerhin waren die Verschärfungen doch recht heftig.«

»Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Sarah wird es schaffen.« Frederike nahm einen Kalender zur Hand. »Wir machen dann am Montag Morgen weiter.«

»Darf Maria dann den Mundverschluß wieder tragen?« Der Herzog hatte bemerkt, dass Frederikes Tochter seiner zukünftigen Schwiegertochter gut tat. »Für Sarah möchte ich darum bitten, weil mein Sohn schon wieder am Sonntag Abend abreisen muss.«

»Das lässt sich machen.« Frederike wusste allerdings noch nicht, wie sie es Maria beibringen sollte. »Wir werden dann auch entscheiden, ob die zweite Verschärfung noch durchgesetzt werden soll. Im Moment möchte ich es noch offen lassen, weil es doch sehr drastische Maßnahmen sind.«

Der Herzog war einverstanden.

* * *

Nach den Mittagsbeuteln war es dann soweit, sowohl Sarah als auch Maria bekamen ihr erstes Gebet als Langzeittraining. Es war geplant, dass sie es mindestens vier Stunden tragen sollten.

Marias Augen leuchteten vor Freude. Endlich war es soweit und die Schinderei die Woche über wurde jetzt endlich belohnt. Doch dann fiel ihr Blick auf Sarah, die sich anscheinend gar nicht freute. Maria ahnte, was sie bewegte, doch sie konnte sich immer noch nicht mit ihr unterhalten, da ihre beiden Münder noch versiegelt waren.


Nach einiger Zeit, Maria schätzte es auf höchstens zehn Minuten, betrat Betty den Raum. Sie trug zwei Augenbinden und zwei kleine Kästchen bei sich. Genüsslich setzte sie sich neben Sarah und nahm aus dem kleinen Kästchen zwei Ohrstöpsel. Sie steckte sie Sarah vorsichtig in die Ohren, und als Sarah ihren Blick nicht mehr wandte, als sie etwas sagte, war die Schwester zufrieden. Als nächstes legte sie ihr die Augenbinde an.

Maria sah, dass sie sich wehren wollte, doch der Prinzessin blieben zur Abwehr nur noch die Beine.

Als Antwort darauf nahm Betty noch ein Paar Lederriemen und schnallte ihre Beine an den Stuhlbeinen fest.

»So, fertig.« Sie blickte zu Maria. »Bis gleich.«


Maria verstand zunächst überhaupt nicht, was passiert war und warum sie nicht ebenfalls von Betty isoliert worden war, zumal Betty alles in doppelter Ausführung dabei hatte. Doch dann begann sie zu begreifen. Sarah sollte glauben, dass Maria ebenfalls blind und taub sei. Doch wozu?

Die Antwort bekam Maria nach wenigen Minuten. Sie hörte die Stimme ihrer Mutter schon vor der Tür. »Es ist alles vorbereitet.« Sie betrat den Raum und hinter ihr kam auch der Herzog herein. Sie legte den Finger auf den Mund und blickte ihre Tochter warnend an.

Marias Herz sank in die Hose, als sie erkannte, dass hinter ihrer Mutter der Herzog den Raum betrat und direkt auf Sarah zuging.

Die Prinzessin schien die Anwesenheit von Personen im Raum zu spüren, doch es gab nichts, was sie hätte machen können.

Der Herzog ging langsam einmal um Sarah herum, dann verließ er den Raum wieder.

»Maria, kommst du bitte?« Frederike bat ihre Tochter, ihr zu folgen.

Maria hatte weiche Knie, als sie aufstand. Warum machte ihre Mutter so etwas? Sie hatte Sarah verraten und Maria fühlte sich mitschuldig.


Im Nachbarraum waren schon alle anderen anwesend. Die Oberschwester, Sandy und Betty saßen schon an einem Tisch, der Herzog wartete, bis Frederike Platz genommen hatte, dann nahm auch er Platz.

»Maria, kommst du bitte zu mir?« Judith hielt ein Werkzeug in der Hand, welches Maria sofort als das Gerät zum Öffnen des Mundverschlusses erkannte. Gleich darauf nahm die Zahnarzthelferin ihr den Mundverschluß aus dem Mund.

»Warum hast du das gemacht?« Maria war so wütend auf ihre Mutter, dass sie gleich mit der naheliegende Frage heraus platzte.

Frederike wollte antworten, doch der Herzog stand auf und bat ums Wort. »Lassen sie mich das bitte erklären.« Er drehte sich zu Maria. »Nehmen sie bitte auf Platz, im Sitzen redet es sich leichter.«

Maria kam der Bitte nach, nicht ohne ihre Mutter noch einmal mit ein paar giftigen Blicken zu bedenken.

»Ich hatte ein langes Gespräch mit ihrer Mutter, und sie hat mir deutlich gemacht, dass meine ´Prüfungen´ nicht geeignet sind, um Sarahs Leistung zu kontrollieren.« Er drehte sich zu Frederike. »Ich habe anscheinend so viel Druck aufgebaut, dass ihre Mutter sich gezwungen sah, die Flucht nach vorn zu ergreifen.«

»Die Zukunft der Klinik stand auf dem Spiel.« Frederike versuchte sich zu rechtfertigen.

»Und dafür hast du uns verraten?« Maria war die Empörung deutlich anzumerken.

»Ich konnte mich davon überzeugen, wie weit Sarah Ausbildungsstand wirklich ist« Der Herzog sprach weiter. »Ich bin mehr als zufrieden mit ihren Leistungen.«

Marias Herz sank ihr in die Hose. Sie waren einer Intrige auf den Leim gegangen.

»Fräulein Beller«, der Herzog wandte sich an Maria. »Ihre Mutter sagte mir, dass sie einen Verdacht haben, warum sich meine Schwiegertochter so verstellt.«

Frederike stand auf und setzte sich neben ihre Tochter, dann legte sie ihren Arm um sie. »Bitte fühle dich frei, über deinen Verdacht zu reden.«

Doch Maria zögerte. »Ich weiß nicht, ob das richtig wäre.«

Schwester Sandy kam ihr zu Hilfe. »Ich habe schon zugegeben, dass ich bei der Prüfung geschummelt habe, weil Sarah mich bestochen hat.«

»Ich bin ihr für die Ehrlichkeit dankbar.« ergänze der Herzog.

Maria zögerte immer noch.

»Mein Sohn ist schwul und Sarah hat Angst vor dem Zusammenleben mit ihm.« Der Herzog blickte Maria an, als er das sagte.

»Sie hat Todesangst.« Doch dann stutzte Maria und blickte auf. »Woher wissen sie das?«

»Es stimmt, dass ich von vielen gesellschaftlichen Zwängen umgeben bin.« Der Herzog seufzte. »Vieles kann nicht sein, weil es nicht sein darf. Trotzdem bin ich nicht blind.«

Maria hatte immer noch Probleme, der Situation zu vertrauen.

»Was meinen sie damit, Sarah hätte Todesangst?« Der Herzog war sichtlich betroffen.

Marias Mutter streichelte ihrer Tochter über das Gesicht. »Erzähle ruhig von deinen Beobachtungen.«

Maria hatte immer noch Probleme damit, ihre Beobachtungen und damit das Vertrauen von Sarah zu verraten. Doch schließlich hatte sie sich durchgerungen. »Ich werde ihr nicht mehr in den Augen sehen können.« Sie hob den Kopf und blickte den Herzog direkt ins Gesicht. »Sarah hat bei einer Gelegenheit gesehen, wie ihr Sohn seinen Diener sehr zärtlich und innig geküsst hat. Und dabei ist ein ganz gewisser Satz gefallen. ´Du wirst keinen Grund zu Eifersucht haben.´«

»Jetzt wird mir einiges klar.« Der Herzog schien erleichtert.

»Sarah hat Angst davor, dass sie irgendwie beseitigt wird; dass sie einen Unfall hat oder etwas Ähnliches.« Maria schilderte das Bild mit einem ausgebrannten Autowrack, welches sie deutlich vor sich sah.

»Es ist eine vertrackte Situation.« Der Herzog seufzte deutlich. »In Brasilien müssen sie sich die ganze Zeit verstecken. Ich kann mir schon gut vorstellen, dass Bertram seinen Freund nicht teilen möchte.«

»Ich habe auch eine Beobachtung gemacht.« Frederike räusperte sich. »Ich glaube, Sarah ist gerade dabei, ihr Herz verschenken. Ich habe einige sehr innige Blicke zwischen Sarah und Betty beobachtet.«

Alle Blicke richteten sich auf Betty, die auf einmal knallrot wurde.

»Aber damit wäre doch alles in Ordnung.« Der Herzog klang auf einmal recht optimistisch. »Solche Arrangements sind nicht unüblich im Hochadel.« Er berichtete kurz von seiner Tochter, die ein ähnliches Leben führte.

Maria nahm sich all ihren Mut zusammen. »Ich würde gern einmal mit Sarahs zukünftigem Ehemann reden.« Sie versprach sie viel davon. Außerdem hatte sie das Gefühl, gegenüber Sarah etwas gut machen zu müssen. »Wir müssen den Vieren irgendwie beibringen, dass wir ihr Zusammenleben organisieren können.« Erst jetzt realisierte Maria, dass sie hier mit dem Herzog zusammen saß und über ernsthafte Probleme diskutierte, während ihre Arme im Gebet auf dem Rücken gefesselt waren.

Der Herzog war damit einverstanden. »Ich werde am Wochenende einen Termin ausmachen.« Doch dann wurde er plötzlich ernst. »Dennoch, bis zum nächsten Freitag muss Sarahs Zukunft geklärt sein.« Was sonst passieren würde, ließ er offen.

»Sarah darf nicht erfahren, dass dieses Gespräch stattgefunden hat.« Frederike spürte, dass die Besprechung zu Ende war.

Der Herzog drehte sich noch einmal zu Maria. »Sie sind eine echte toughe Frau.« Dann wandte er den Blick zu Frederike. »Sie können wirklich stolz sein auf ihre Tochter.«


Nachdem der Herzog den Raum verlassen hatte, gab Frederike noch die Anweisungen, wie es nun weiter gehen sollte. »Maria, wir müssen dich wieder ´zurecht machen´, sonst wird Sarah Verdacht schöpfen.«

»Was soll ich ihr denn sagen, warum das gemacht wurde?« Maria wollte zumindest eine Ausrede parat haben.

Marias Mutter sah sich genötigt, das weitere Vorgehen wirklich im Detail zu besprechen. Nur so konnte Maria den Gesamtplan dahinter erkennen. »Wir werden dir den Mundverschluß wieder einsetzen und dich zurück ins Zimmer bringen.« Sie blickte kurz zu Betty. »Sie werden ihr dann die Ohrstöpsel und die Augenbinde anlegen. Sarah wird später zuerst befreit und sie wird sehen, dass es dir genauso ergangen ist.«

»Und wenn ich mich verplappere?« Maria kämpfte mit ihrem schlechten Gewissen.

»Das werden wir zu verhindern wissen.« Frederike winkte Judith herbei.

Maria sah, was als nächstes passieren würde. Sie wollte noch eine für sie wichtige, aber heikle Frage stellen. »Darf ich den Mundverschluss behalten?« Sie lächelte verlegen. »Für Europa?« Sie blickte ihre Mutter bittend an.

»Wenn Paul den Schlüssel verwaltet, gern« Sie streichelte ihr über den Kopf.

Maria seufzte sehnsüchtig.

* * *

Immer wieder blickte Maria zur Uhr. Noch eine Stunde musste sie durchhalten, dann hatte sie die erste große Belastungsprobe überstanden. So langsam begannen ihre Arme weh zu tun.

Sie saß allein in ihrem Zimmer. Sie war froh darüber, dass Sarah nicht da war. Betty hatte sie zu einem Spaziergang abgeholt. So kam sie nicht in Versuchung, Sarah ihre Verfehlung zu gestehen, vor allem seit ihr der Mundverschluß abgenommen war.

Ihre Mutter betrat den Raum. Maria war zwar immer noch empört, doch sie wusste andererseits, dass sie ihrer Mutter keinen Vorwurf machen durfte.

»Ich bin sehr stolz auf dich.« Sie nahm ihre Tochter in den Arm. »Es war richtig, was du getan hast.«

Bei Maria liefen einige Tränen über das Gesicht.

»Es wäre sicher leichter, wenn Paul jetzt hier wäre.« Frederike wischte über Marias Wange.

Maria nickte unter leichtem Schluchzen.

»Ich glaube, da kann ich helfen.« Sie griff zum Telefon.

Maria schluchzte wieder etwas. Aber es würde ihr sicher helfen, wenn sie wenigstens seine Stimme hören würde.

Frederike wählte eine kurze Nummer und sagte dann nur ein Wort. »Jetzt.«

Gleich darauf waren Schritte zu hören. Schritte von mehreren Personen.

»Gehen sie nur hinein, sie erwartet sie.« Maria hörte die Stimme der Oberschwester.

Gleich darauf schob sich ein großer Blumenstrauß etwas schüchtern in den Raum. Hinter dem Strauß sah sie ein sehr vertrautes Gesicht.

»Paul!« rief Maria erschrocken, dann fiel sie in Ohnmacht.

* * *

Die letzte Nacht hatte Leonie sehr unruhig geschlafen. Immer wieder fragte sie sich, ob sie wohl das richtige tat. Sie hatte es immer wieder durchdacht und hatte die Seiten abgewogen. Auf der einen Seite lebte sie in einem Rechtsstaat, und eine solche Gefangenschaft wäre gegen jedes Recht und Frau Mohr, wenn sie denn ernst machen würde, käme dann in große Schwierigkeiten. Auf der anderen Seite war Paul, den sie schon kennengelernt hatte und der bei seiner Oma wohnte.

Wieder und wieder gingen Leonie die Worte durch den Kopf, die Frau Mohr ihr gegenüber ausgesprochen hatte. Sie würde sie heute zum letzten Mal fragen, ob Leonie ihre Gefangene sein mochte. Leonie hatte sich jeden Morgen vor dieser Frage gefürchtet, denn damit war Leonie wieder und wieder sich selbst gegenüber verantwortlich und sie konnte später nicht sagen, dass es keine Gelegenheit gegeben hätte, ihr Schicksal noch abzuwenden. Denn sie träumte schon ewig davon, sich jemand auszuliefern und sie spürte, dass Frau Mohr ihren Traum verwirklichen konnte. Zumindest nach dem, was sie bisher erlebt hatte.

Heute würde es die letzte Frage sein, danach wäre ihr Schicksal als Gefangene besiegelt. Heute war der Termin in der Schmiede, und sie würde dann für immer in Ketten gelegt. Für immer. Dauerhaft. Dieser Begriff war mehrfach gefallen, als sie in der Schmiede gewesen war zum Maßnehmen. Und sie hatte Doris kennengelernt, die anscheinend ein ähnliches Schicksal zu ertragen hatte, denn auch sie trug Ketten und verbrachte zudem ihre Freizeit in einem großen Käfig. Und die Ketten waren auch noch ein Geschenk ihres Verlobten.

Und Leonie hatte ´Ja´ gesagt. Selbst als Frau Mohr die Frage wiederholt hatte und noch einmal gefragt hatte, ob sich Leonie der Konsequenzen ihrer Antwort bewusst war, blieb sie standhaft. Sie wollte eine Gefangene sein und bleiben.

Ihre Vernunft hatte Leonie zwar nicht ausgeschaltet, aber ihre Gedanken spielten auch nach ihrer Antwort noch lange mit der Frage, ob es wirklich richtig war, was sie getan hatte. Insbesondere dass die Ketten etwas Dauerhaftes wären, wollte sie nicht wahr haben, obwohl es ihr mehrfach gesagt wurde und sie auch bestätigt hatte, dass sie es verstanden hatte.

Jetzt stand sie in der Schmiede und war erstaunt, als ihr und Frau Mohr ein Glas Sekt zur Begrüßung gereicht wurde. Leonie trank es sofort aus, sie war sehr nervös. Sie wollte es erleben, wie ihr die Ketten angelegt wurden, dann würde sie schon erkennen, dass es eben nicht dauerhaft war.

Auf einmal spürte sie, wie sie müde wurde und zu gähnen begann.

Doris lächelte, als sie das sah. »Der Schlaftrunk wirkt schon.«

»Ein Schlaftrunk?« Leonie schreckte hoch. »Ich wollte doch sehen, wie ich in Ketten gelegt werde.«

Doris nahm Leonie in den Arm. »Glaub mir, es ist besser, wenn du das nicht siehst.«

Leonie nahm sich alle ihre Kraft zusammen und kämpfte gegen ihre Müdigkeit, doch es nutzte ihr nichts, sie sank einfach in sich zusammen.


»Sie wird wieder wach.« Herr Schwerterle blickte auf Leonie. »Seid ihr mit allem fertig?«

»Es passt alles.« Doris räumte die Werkzeuge weg. »Ich räume nur noch auf.«

Leonie schlug die Augen auf und sofort blickte sie auf ihre Hände, denn sie war verwundert, weil sie die Ketten überhaupt nicht spürte. Doch deutlich lagen zwei Metallmanschetten um ihre Handgelenke, die mit einer Kette verbunden waren.

Sofort schaute sich Leonie die Manschetten genauer an, doch nirgends entdeckte sie so etwas wie ein Scharnier oder ein Schloss.

Selbst Frau Mohr war angetan von der Arbeit. »Man sieht nirgends ein Schloss oder ein Scharnier.«

Herr Schwerterle blickte kurz auf Leonies Handgelenk. »Das haben sich meine Tochter und Theo ausgedacht. Wie es funktioniert, soll erst mal unser Geheimnis bleiben.« Er wandte sich an seine Tochter. »Doris, magst du die Ketten vorführen?«

»Sehr gern.« Doris grinste und trat auf Leonie zu. »Man kann die Kette hier teilen und zum Beispiel am Keuschheitsgürtel befestigen.«

Leonie blickte verblüfft auf ihren Keuschheitsgürtel. Auf einmal erstarrte sie. Das Schloss war verschwunden und an seiner Stelle saß jetzt nur noch ein silberner Knopf. Sie blickte Frau Mohr erstaunt an. Doch zu ihrem Entsetzen hatte Frau Mohr schon wieder ihr Knebelgeschirr in der Hand. »Leonie?« fragte sie nur und blickte sie erwartungsvoll an.

Leonie liefen ein paar Tränen über ihr Gesicht. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. An Händen und Füßen trug sie jetzt Ketten, und an ihrem Keuschheitsgürtel waren die Schlösser durch etwas anderes ausgetauscht.

Frau Mohr verabschiedete sich. »Vielen Dank für die schöne Arbeit.«

»Ich freue mich, für sie arbeiten zu dürfen.« Er schüttelte ihr und Leonie die Hand. »Der Käfig wird erst Montag fertig, wir werden ihn vorbeibringen.«

»Das ist nett von ihnen.« Frau Mohr blickte kurz zu Leonie. »Sie freut sich schon.«

Doch Leonie musste schlucken. Für sie war auch noch ein Käfig bestellt?

»Es ist doch alles gut gelaufen.« Selma nahm Leonie in den Arm. »Jetzt hast du Zeit, dich an dein neues Leben zu gewöhnen.«

* * *

»Maria muss noch eine halbe Stunde in dieser Haltung bleiben« Frederike blickte zwischen Paul und Maria hin und her. »Dann hat sie die erste Woche Intensvtraining überstanden.«

»Wie kommst du denn hier her?« Maria war immer noch völlig verblüfft, als sie wieder zu sich kam.

Paul musste zugeben, dass er das selbst nicht so genau wusste. »Meine Oma und deine Mrs. Potter haben mich in München in den Flieger gesetzt. Und vom Flughafen wurde ich abgeholt.«

»Na, ist mir meine kleine Überraschung gelungen?« Frederike lächelte.

Maria fand vor lauter Keuchen fast keine Worte. »Kleine...« Sie keuchte noch mal. »Kleine Überraschung?« Sie war immer noch fassungslos. »Ich hatte so sehr davon geträumt.« Ein paar Tränen liefen über ihr Gesicht, die Paul fast schon routinemäßig wegwischte.

»Doch jetzt muss ich etwas Wasser in den Wein gießen.« Die Stimme von Marias Mutter wurde ernst. »Du bist nicht ohne Grund hier.« Sie hatte sich zu Paul gedreht. »Ich wollte euch eigentlich das ganze Wochenende freigeben, damit ihr euer Wiedersehen feiern könnte. Doch die Ereignisse haben sich überschlagen.«

Maria fiel auf, dass ihre Mutter auf einmal ein sehr ernstes Gesicht machte. »Was ist passiert?«

»Ich hatte eine weitere Verschärfung eingeplant.« Frederike seufzte. »Und nachdem der Herzog mit seiner Frau darüber beraten hat, möchte er diese Verschärfung haben.«

»Und das bedeutet?« Maria blickte Paul besorgt an.

»Es gibt hier eine geschlossene Abteilung mit strenger Zugangskontrolle.« Marias Mutter seufzte. »Ihr werdet Montag dorthin verlegt.«

Paul und Maria blickten sich enttäuscht an. Maria liefen die Tränen über die Wange. Paul war hier und sie würde eingesperrt werden.

»Nun warte mal mit den Tränen.« Frederike nahm eine Mappe zur Hand. »Betty konnte ich als Betreuung für euch durchsetzen.«

Paul wischte Maria die Tränen weg. »Naja, dann kommt wenigstens Sarah auf ihre Kosten.« Sie grinste ein wenig.

»Und ich konnte auch durchsetzen, dass ein männlicher Pfleger mit in die Station einzieht.« Sie ließ ihre Worte wirken, doch noch begriffen die beiden nicht, was Frederike gerade erklärte. »Deswegen brauche ich Paul am Wochenende, weil er noch viel lernen muss, bis er euch gut betreuen kann.«

»Paul?« Maria war sprachlos. »Paul wird uns betreuen?«

»Mehr konnte ich beim Herzog nicht erreichen.« Marias Mutter blickte das Paar bedauernd an. »Ihr müsst euer Wochenende opfern.«

Maria war erleichtert. Es gab schlechtere Nachrichten. »Du hättest aber auch mal einen Ton sagen können.« Sie stupste Paul leicht in die Seite.

Doch bevor Paul antworten konnte, drängte sich Frederike dazwischen. »Er wusste nichts davon.«

»Und jetzt hätte ich noch ein Anliegen.« Sie griff zu einem Brief, den sie mitgebracht hatte. »Gleich wird Sabeth ankommen, das ist die Tochter von Herzog Breganza.«

Maria runzelte verwundert die Stirn.

»Sie möchte hier am Wochenende ihren runden Geburtstag feiern und dafür ist fast der gesamte Hochadel eingeladen.«

»Und was sollen wir dort?« Paul wäre jetzt gern mit Maria allein gewesen.

»Nun ja«, Frederike zögerte etwas. »Ich habe ein wenig von dem erzählt, was ihr auf der Hütte so erlebt habt. Die Prinzessin möchte euch deswegen kennenlernen.« Sie streichelte ihrer Tochter über den Kopf. »Ihr habt es ja wild getrieben auf der Hütte.«

Paul blickte Marias Mutter zunächst entsetzt an, doch dann erkannte er, dass sie es nicht ernst gemeint hatte. Er selbst war immer noch dabei, seine Eindrücke und neuen Gefühle entsprechend einzuordnen.

* * *

Sabeth und ihr Mann machten einen sehr sympathischen Eindruck. Sie waren aber nicht allein. Paula war stets an Sabeth Seite und Nicolas wurde von Monica, seiner Sekretärin begleitet.

Maria war etwas verwundert. Das Wiedersehen von Sabeth und ihrem Mann war wie das Treffen von Freunden. Eine gewisse Verbundenheit, aber keine wirkliche Nähe.

»Wir wollen ihnen gar nicht erst etwas vorspielen.« Nicolas blickte zu Maria, ihrer Mutter und Paul. »Ich bin zwar mit Sabeth verheiratet, doch mein Herz gehört Monica.« Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »In Brasilien müssen wir uns verstecken, doch hier können wir etwas freier leben.« Er wandte sich zu Frederike. »Das haben wir ausdrücklich ihnen zu verdanken.«

Sabeth bemühte sich, ebenfalls Danke zu sagen. »Ich verstehe mich gut mit Nicolas, und wenn es sein muss, dann teilen wir auch gern ein mal ein Hotelzimmer. Aber mein Herz gehört Paula.«

Sowohl Paul als auch Maria waren sehr beeindruckt, wie gut die beiden Paare einander verstanden. »Eifersucht ist nie ein Thema?«

»Nie«, kam es aus beiden. Sie lachten kurz, dann erklärte Nicolas. »Wir wissen, dass es nur so funktionieren kann und dass wir gemeinsam die Wahrheit geheim halten müssen.«

Paula bestätigte. »Das schweißt zusammen.«

»Ich möchte mich bei euch allen bedanken, die ihr mir diesen Traum ermöglicht habt.« Sabeth wandte sich an Marias Mutter. »Ist es vorbereitet?«

»Wie sie es bestellt haben.« Frederike erklärte, dass sie ein Catering-Unternehmen beauftragt hatte. »Sie werden es um sieben Uhr liefern.«

Maria war für einen kurzen Moment enttäuscht, denn sie hatte auf einen Abend allein mit Paul gehofft. Doch dann dachte sie daran, wie sehr Sabeth wohl auf diese Gelegenheit gewartet hatte und wie glücklich sie allein durch Pauls Anwesenheit war. Sie beschloss für sich, dieses Opfer zu erbringen.

»Um sieben geht es los.« Frederike zwinkerte Maria und Paul zu. »Ihr wollt euch sicher noch umziehen.« Dann flüsterte sie ihrer Tochter etwas ins Ohr.

»Wirklich?« Maria war erstaunt. »Darf ich wirklich?«

»Aber natürlich.« Sie strich ihrer Tochter über den Kopf.

»Paul?« drehte sich mit einem Funkeln den Augen zu ihrem Freund um. »Kommst du?«

* * *

Nachdem die Klinik darauf eingerichtet war, ab und zu hohe Gäste zu beherbergen, stand eine kleine bescheidene Kleiderkammer für das Personal bereit. Paul fand dort einen weißen Smoking, und für Maria gab es ein schulterfreies Abendkleid. Der Smoking war der einzige, der Paul passte. Die Herren waren sonst eher größer als er.

»Du siehst echt toll aus.« Maria strahlte ihren Freund an.

»Du aber auch.« Paul wollte das Kompliment zurückgeben.

»Bei mir fehlt noch etwas.« Maria grinste etwas geheimnisvoll. »Hilfst du mir?«

* * *

Es waren viele vom Personal anwesend, als Sabeth ihre kleines Dankesfeier eröffnet, und alle hatten sich ein wenig in Schale geworfen. Doch der Star des Abends war Maria. Paul war zunächst über ihren Wunsch sehr verblüfft, doch nach einer ersten Schrecksekunde kam er ihrer Bitte gern nach und legte ihr einen weißen Monohandschuh an.

Wie üblich waren bei Maria von vorn nur die sich kreuzenden Riemen über der Brust zu sehen. Erst wenn sie sich seitlich drehte, war zu erkennen, zu welcher besonderen Haltung sie sich zwingen ließ. Aber nicht nur bei Maria zeigten ein paar Ketten auf dem Dekolletée an, dass auch einige der anderen Damen wohl so etwas Ähnliches wie einen Keuschheits-BH trugen.

Sabeth war sehr fasziniert von Marias Auftritt. Sie unterhielt sich lange mit ihr und Maria musste alles über das anstehende Fest berichten. Paul wich nicht von Marias Seite und gab sich sehr aufmerksam. Er half Maria beim Trinken und steckte ihr ab und zu auch etwas von dem leckeren Essen in den Mund.

»Den hast du dir aber gut erzogen«, scherzte Sabeth.

»Er kann mit dem Handschuh sehr gut umgehen.« Maria beugte sich zu Paul und küsste ihn kurz auf den Mund.

Frederike hatte ihre Tochter heimlich und mit sehr viel Stolz beobachtet. Jetzt fand sie es richtig, sich einzumischen. »Das sieht aber nach etwas Ernstem aus.« Sie kam näher.

Paul hatte zu seiner eigenen Überraschung überhaupt keine Hemmungen. »Wir heiraten in zwei Wochen.« Auch er strahlte. Doch erst jetzt erkannte er, mit wem er gerade sprach. Er zuckte ein wenig zusammen.

»Damit ist hoffentlich das Fest gemeint.« Frederike lachte etwas. »Sonst würde mir das etwas schnell gehen.«

»Nur dass ich auf dem Fest keinen Handschuh tragen werden, sondern das Gebet.« Maria war mittlerweile ziemlich überzeugt von ihren Fähigkeiten und sie wusste, dass sie jetzt vor allem noch Ausdauer zu trainieren hatte.

»Meine Kleine...« Sie streichelte ihr durch das Gesicht. »Ich bin sehr sehr stolz auf dich.«

* * *

Paul und Maria waren es mittlerweile gewöhnt, die Nacht zusammen zu verbringen und doch durch das Material des Keuschheitsgeschirrs getrennt zu sein.

Ihre Mutter hatte dafür gesorgt, dass etwas Sekt und zwei Gläser bereit standen, doch kaum hatte das Paar sich auf dem Sofa in der Gästesuite bequem gemacht, da war Maria auch schon in seinen Armen eingeschlafen.

Paul brachte sie vorsichtig ins Bett.
443. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 17.03.16 23:21

Da haste uns wirklich überrascht.

Danke für den wieder einmal sehr schön zu Lesenden Teil

Gruß
Kami
444. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 17.03.16 23:58

Toller Teil.

Und ich hatte den richtigen riecher.Das am besten Sarah Betty mit niehmt.

Viel Spaß weiterhin beim schreiben.

mfg Wölchen
445. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 18.03.16 01:01

Danke cag_coll.

Klasse Fortsetzung. Überzeugt mal wieder mit allem.


MfG Rainman
446. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 18.03.16 12:54

Damit wurde bestätigt, was ich schon vermutet habe.

Damit würde auch das zusammenleben, der Beiden funktionieren, wenn ihre (zu)künftige Verwandtschaft ihnen das Vormacht.

Die Heimlichtuerei werden sie auch noch lernen.

Allerdings wird die Klinik eine Schwester verlieren, was aber vermutlich zu verschmerzen ist.

Danke gag_coll

-----
Gruß vom Zwerglein
447. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 18.03.16 19:24

Danke!!

Ich halte mich einfach mal zurück (mit leicht Pipi in die Augen).
Ich freu mich für Maria und hoffe auf und für Paul.
448. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 18.03.16 20:09

Huhu gag

Kann das vll sein, dass es Pauls Hände waren, die Maria ihren Orgasmus im Vakuumbett beschert haben?

gruß Kami
449. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.03.16 22:06

Zitat
Kann das vll sein, dass es Pauls Hände waren, die Maria ihren Orgasmus im Vakuumbett beschert haben?
Die Idee an sich hätte etwas, aber als ich mir die Szene ausgedacht habe, habe ich Marias Mutter und Betty vor mir gesehen. Betty ist neugierig näher gekommen und hat mit gestreichelt...
450. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 18.03.16 22:22

Zitat
Zitat
Kann das vll sein, dass es Pauls Hände waren, die Maria ihren Orgasmus im Vakuumbett beschert haben?
Die Idee an sich hätte etwas, aber als ich mir die Szene ausgedacht habe, habe ich Marias Mutter und Betty vor mir gesehen. Betty ist neugierig näher gekommen und hat mit gestreichelt...


Das wird für immer Frederikes Geheimnis bleiben
451. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 14

geschrieben von gag_coll am 19.03.16 14:31

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 14
Autor: Karl Kollar

Samstag, den 4. September 1984

Frederike war mehr als zufrieden. Mit Maria und Paul lief es besser, als sie es je erhofft hatte. Sie konnte gleich prüfen, ob Paul auch in schwierigen Situationen zu ihrer Tochter stehen würde. Und das, was für die kommende Woche anstand, war gewiss nicht einfach.

Es war zwar nicht so, dass die Zukunft der gesamten Klinik auf dem Spiel stand, aber immerhin war der Herzog sehr einflussreich und es hatte auch schon Besprechungen mit dem Investor gegeben, bei denen deutlich gemacht wurde, dass Sarahs Vorbereitung auf die Hochzeit oberste Priorität zu haben hatte.

Frederike wusste, dass Maria einen guten Zugang zu Sarah gefunden hatte. Leider musste sie gestern ihre Tochter auf eine schwere Probe stellen, als sie dem Herzog Sarahs tatsächliche Fähigkeiten vorführte. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob das, was sie getan hatte, wirklich richtig war.

Sicher, sie hätte auch Maria die Augenbinde und die Ohrenstöpsel angelegt lassen können, doch so war es möglich, dass Maria von ihren Beobachtungen berichten konnte und es eine sehr offene Aussprache mit dem Herzog geben konnte.

Frederike wusste zu diesem Zeitpunkt schon, dass Paul im Flieger saß und in wenigen Stunden in der Klinik sein würde. Maria würde dann sicher sehr abgelenkt sein und ihr schlechtes Gewissen Sarah gegenüber würde dann nicht so ins Gewicht fallen.

Sie hatte sich von Paul gleich nach seiner Ankunft die richtigen Schlüssel für den Keuschheitsgürtel geben lassen, denn so konnte sie sicher sein, dass ´es´ noch nicht so bald passieren würde. Andererseits hatte sie auch Vertrauen zu ihrer Tochter und zu so etwas Einschneidendem würde Maria sich nicht einfach so hingeben. Letzteres hoffte sie zumindest.

Es reizte sie natürlich, es so einzurichten, das das »erste Mal« in der Klinik quasi unter Aufsicht stattfinden zu lassen, denn das wäre für ihr Programm sozusagen die Krönung. Andererseits war ihr aber auch klar, dass sie das Paar nicht unter Druck setzen durfte. Immerhin lag noch eine sehr anstrengende Woche vor ihnen.

Nur ganz selten kamen Zweifel in ihr hoch, ob ihr Programm wirklich das leisten konnte, was die Auftraggeber erwarteten. Immerhin sollte es später ja vor allem bei unfreiwilligen Probandinnen angewendet werden.

Trotz allem blieb Paul ein ungeheurer Glücksfall, der in dieser Weise nicht planbar war. Sie hoffte nur, dass er auch kooperativ war, wenn Maria nicht dabei sein würde. Denn sie würde etwas Außergewöhnliches von ihm verlangen.

* * *

»Paul Mohr wäre dann da.« Ihre Sekretärin hatte ihn nach dem Frühstück abgepasst und ihn zum Büro der Chefin gebracht.

Paul trat etwas verunsichert ein. Er wünscht Marias Mutter einen guten Morgen.

Frederike erwiderte den Gruß. »Ich hoffe, du wirst es verstehen.« Sie war mindestens genauso nervös wie ihr Gegenüber. »Du bist im Moment hier als Teilnehmer an einem medizinischen Forschungsprogramm, an dem ich schon seit Längeren arbeite. Maria nimmt ebenfalls an diesem Programm teil.«

»Maria hat schon öfters das ´Programm´ erwähnt.« Paul gab sich mutig. »Aber sie konnte oder wollte mir nicht sagen, worum es sich dabei handelt.«

»Sie weiß es nicht.« Marias Mutter wusste, dass dies ein ganz heikler Moment war. »Und ich möchte es dir auch nicht sagen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Aber es wird euer Schaden nicht sein, wenn ihr daran teilnehmt.«

Paul blickte Frederike neugierig an. Er wagte weder eine Geste der Zustimmung noch eine der Ablehnung.

»Im Rahmen dieses Programms würde ich dich gern um einen umfassenden Gesundheitscheck bitten. Im Rahmen der Forschung brauche ich genaue Ergebnisse.« Sie hoffte, dass dies als Begründung ausreichen würde.

Paul musste etwas einmal schlucken, bevor er antworten konnte. »Wenn es der Forschung dient.«

Frederike griff zum Telefon. »Er ist einverstanden.« Dann legte sie wieder auf. »Die zuständige Ärztin wird dich abholen. Bis dahin kannst du im Aufenthaltsraum warten.«

Frederike wartete, bis Paul gegangen war, dann griff sie wieder zum Telefon. »Sagen sie bitte Schwester Betty, dass sie zu mir kommen soll.«

* * *

»Du sollst zur Chefin kommen.« Die diensthabende Schwester fand Betty, als sie zusammen mit Sarah am Tisch im Aufenthaltsraum saß.

Betty erhob sich seufzend. Zur Chefin befohlen zu werden bedeutete nie etwas Gutes, vor allem wenn es am Wochenende passierte, wo sie eigentlich frei hatte.

Doch zu ihrer Überraschung gab es diesmal keine Standpauke. Stattdessen fiel Betty sofort auf, dass ihre oberste Chefin ein sehr sorgenvolles Gesicht zeigte.

»Ich habe sie kommen lassen, weil sie zu Sarah einen sehr guten und direkten Kontakt haben.« Frederike begann mit ruhiger Stimme.

Betty rutschte etwas nervös auf ihrem Stuhl hin und her.

»Ich glaube sogar, dass ihre Fürsorge und ihre Kontakte für Sarah mehr als nur von dienstlicher Natur sind.«

Betty wurde rot und begann zu stottern. »Ich bin...« Sie schluckte. »Ich habe...«

»Ich erwarte eine klare Antwort.« Frederikes Stimme war auf einmal sehr ernst. »Sie sind in Sarah verliebt.«

Betty zuckte zusammen. Bislang hatte sie sich diese Frage selbst noch nicht gestellt. Sie zögerte ein wenig. Schließlich, als Frederike schwieg, rang sie sich zum einem ´Ja´ durch.

»Ich habe mit dem Herzog gesprochen«, Frederike sprach bewusst langsam. »Und er würde eine solche Beziehung durchaus befürworten.«

Betty hob sehr verwundert den Kopf. »Er weiß davon?« Ihre Stimme zitterte.

»Er hat mir deutlich gemacht, dass die anstehende Hochzeit zwar ein gesellschaftliches, aber kein persönliches Ereignis ist. Zumindest nicht im dortigen Hochadel.«

Betty war sprachlos.

»Es wäre jetzt aber ganz wichtig, dass Sarah die Angst vor der Hochzeit verliert. Sie hat nichts zu verlieren, und es steht ihr eine glänzende Zukunft bevor.«

»Und ich?« Betty fragte sich, ob sie auch einen Platz in dieser Zukunft haben würde.

»Sarah braucht eine persönliche Dienerin, die rund um die Uhr an ihrer Seite ist.« Frederike war bemüht, neutral zu klingen. »Der Herzog wäre sehr erfreut, wenn sie diese Aufgabe übernehmen würde. Sie müssten allerdings diesen Job hier aufgeben.«

Die Worte erinnerten Betty daran, dass Sarah ja nur für eine begrenzte Zeit in der Klinik war. Eines Tages würde der Tag der Trennung kommen. Es sei denn, sie würde dieses Angebot annehmen.

»Sie müssen sich nicht sofort entscheiden.« Frederike ahnte, dass es für Betty keine einfache Entscheidung sein würde. »Bis zum Ende der Woche möchte der Herzog eine Antwort haben.«

Als Betty aufstand, zitterte sie am ganzen Körper.

* * *

»Bist du sehr böse, dass ich dir Paul weggommen habe?« Frederike blickte ihre Tochter verlegen an.

»Kein Problem«, Maria berichtete von der Nacht, die sie in Pauls Arme verbracht hatte. »Ich bin so froh, dass er hier ist.« Sie schaute ihre Mutter glücklich an. »Und heute Nachmittag habe ich ihn ja für mich.« Maria wusste von den Untersuchungen, denen Paul sich stellen musste.

»Ich freue mich, dass du mir mit dem Kleid helfen willst.« Frederike blickte kurz auf den Schrank, wo das Kleid auf dem Bügel hing. »Ich habe so meine Schwierigkeiten, auf meine Arme zu verzichten.«

»Oh, man gewöhnt sich sehr schnell daran.« Maria grinste. »Die anderen sind dann immer besonders aufmerksam.«

Frederike nahm das Kleid vom Bügel. »Das hier ist schon die ganz leichte Ausführung. Ein Arm wird entlang des Körpers getragen und der andere vor dem Bauch.«

Maria sah zu, wie ihre Mutter sich langsam in das Kleid zwängte. »Die Herzogin hat mir dazu geraten. Solange der innere Riemen nicht geschlossen wird, kann ich mich noch daraus befreien.«

Maria trat auf ihre Mutter zu und grinste.

»Maria, warum grinst du so seltsam?«

Maria griff kurz in das Kleid ihrer Mutter und schloss den angesprochenen Riemen.

»Maria«, Frederike war erbost, »mach mich sofort wieder los.«

Es klopfte. »Chefin, der Herzog wartet auf sie.«

»Ich komme sofort.« Frederike wollte sich nicht die Blöße geben. »Einen kleinen Moment noch.« Sie wartete, bis die Tür geschlossen war. »Maria, mach mich bitte los.« Doch als sie sich umsah, stellte sie fest, dass Maria verschwunden war. Sie seufzte innerlich. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn sie keine Kontrolle über das Geschehen hatte.

* * *

Die Ketten hatten für Leonie noch einen Aspekt, mit dem sie gar nicht gerechnet hatte. Bei jeder noch so kleinen Bewegung wurde sie durch das metallische Geräusch daran erinnert, dass sie jetzt eine Gefangene in Ketten war.

Auch das Bett hatte sich für Leonie verändert. Die Ledermanschetten waren weg und stattdessen waren jetzt kleine Ketten in die Ösen eingehängt. Oma Selma musste dann nur noch Leonies Ketten in der Mitte öffnen und mit den Ketten am Bett verbinden.

Das bewirkte auch, dass Leonie beim Schlafen noch mehr als bisher an ihren neuen Status erinnert wurde.

»Heute Vormittag kannst du machen, was du willst.« hatte Selma ihr gesagt. »Damit du dich an die Ketten gewöhnen kannst.«

Leonie blickte sie verlegen an.

»Aber heute Nachmittag erwartete ich Gäste zum Kaffee und ich möchte, dass du uns bedienst.«

´Mit den Ketten?´ hätte Leonie gern gefragt, doch sie trug schon wieder ihr Knebelgeschirr.

Doch Selma wusste auch so, was ihre Gefangene bewegte. »Du schaffst das auch mit den Ketten.«

Leonie seufzte. Heute Morgen wurde sie zum ersten Mal nicht mehr gefragt, ob sie weiter machen möchte mit ihrer Gefangenschaft. Doch zu ihrem Erstaunen fühlte Leonie sich nicht besser dabei. Zu drastisch waren die Veränderungen, die sich an ihrem Körper bemerkbar gemacht hatten. Die Schellen um die Hand- und Fußgelenke waren nicht mehr abnehmbar, zumindest hatte Leonie trotz intensiver Beobachtung nichts gefunden, was irgendwie auf ein Schloss oder ein Scharnier hindeutete.

Und an ihrem Keuschheitsgeschirr waren die Schlösser entfernt und durch so etwas wie silberne Knöpfe ersetzt, die ebenfalls keine Möglichkeit zum Öffnen zeigten.

So langsam begriff sie, dass ihr Körper anscheinend nicht mehr ihr gehörte und dass Pauls Oma mehr und mehr über ihr Leben bestimmte. Doch dann hielt sie in ihren Gedanken inne. War nicht das genau das, was sie sich immer gewünscht hatte und von dem sie jahrelang geträumt hatte?


Es klingelte.

»Leonie, machst du bitte die Tür auf?« war es aus der Küche zu hören.

Leonie blickte noch einmal in den Spiegel, um ihr Aussehen zu kontrollieren. Doch dort sah sie nur ihr Knebelgeschirr. Sie seufzte. So konnte sie doch nicht die Tür öffnen.

Es klingelte wieder.

»Leonie?« war wieder aus der Küche zu hören, doch diesmal wesentlich lauter und energischer.

Leonie seufzte, dann ging sie zur Tür und öffnete sie.

»Guten Tag Leonie, ist Selma da?« Eine fremde Frau reichte Leonie die Hand.

Leonie streckte ihr Hand zögernd aus und erwiderte den Gruß, dann machte sie eine einladende Bewegung, um die fremde Frau herein zu bitten.

»Dorothea, schön, dass du vorbeikommen konntest.« Selma kam aus der Küche und umarmte die Frau. »Komm, lass uns ins Wohnzimmer gehen.«

An der Tür blickte sie noch einmal zu Leonie. »Bringst du uns bitte den Kaffee? Ich habe schon alles bereit gestellt.«

Leonie ging sehr verwundert in die Küche. War es denn völlig normal, dass sie Ketten und Knebel trug? Warum hatte die Fremde das nicht bemerkt? Oder hatte sie es bemerkt und befand es für richtig? Eigentlich waren weder die Ketten noch der Knebel zu übersehen. Ob es bei Frau Mohr öfters solche Mädchen wie sie gab? Auf einmal fiel ihr auf, dass ja auch Pauls Freundin Maria offensichtlich die Fesseln mochte. In was für einem Haus war sie hier bloß gelandet?

»Leonie, wo bleibt der Kaffee?« Wieder war die energische Stimme von Frau Mohr zu hören.

Seufzend ging Leonie zum Tisch und ergriff das Tablett, auf dem neben der Kaffeekanne auch zwei Gedecke und einige Kekse standen. Vorsichtig ging sie ins Wohnzimmer und stellte das Tablett auf den Tisch. Sie wollte sich schon zurück ziehen, als Selma sie bat, doch bitte den Tisch zu decken.

Jede von Leonies Bewegungen wurden von dem Klirren der Ketten begleitet, und sie fragte sich immer wieder, warum die fremde Frau dies nicht zu bemerken schien. Doch Leonie irrte.

»Sind die Ketten auch von Schwerterles?« fragte die Frau, die Selma immer als Doro anredete. »Sei sehen fast aus wie die von Maria.«

»Wir waren gestern in der Schmiede und haben sie abgeholt.« Selma blickte kurz zu Leonie. »Du kannst dich dann zurückziehen.«

Leonie deutete einen Knicks an, dann verließ sie das Wohnzimmer. Immer wieder gingen ihr die Worte durch den Kopf, dass auch Maria solche Ketten hatte, und Maria war die Freundin von Paul. Wurde Maria auch so gefangen gehalten? Auf der Hütte hatte Leonie einen ganz anderen Eindruck von dem Paar gehabt.

* * *

»Ich habe meine Mutter in ihr Kleid eingeschlossen.« Maria strahlte, als Paul sie zum Stadtbummel abholte.

»Du hast was?« Paul war erstaunt.

»Sie hat von der Herzogin ein Kleid bekommen, in dem die Arme nicht sichtbar sind. Und ich habe ihr den strategischen Riemen geschlossen.« Maria lachte. »Sie kommt aus dem Kleid nur heraus, wenn sie es mit viel Kraft zerreißen würde. Und das wird sie nicht wagen.«

»Ich glaube, ich muss mich vor dir in Acht nehmen.« Paul grinste.

»Ach, es ist nur gerecht.« Maria winkte ab. »Sie soll auch mal erleben, wie es ist, ohne Arme auskommen zu müssen.«

* * *

»Sehr lange gibt es diesen Ort noch nicht.« erklärte Maria, als sie auf dem Weg von der Klinik waren. »Zuerst wurde das Krankenhaus gebaut, und erst später kamen die Häuser dazu.«

Der Ort war eher abgelegen, und in den meisten Häusern des Ortes wohnten die Angestellten der Klinik. Nur ein kleiner Laden hatte sich angesiedelt und am Wochenende bot er so etwas wie ein kleines Cafe an, auf das Paul und Maria jetzt zusteuerten.

»Viel zu sehen gibt es hier nicht.« Maria seufzte etwas. »Wir müssen die Zeit im Cafe totschlagen.« Sie grinste etwas.

Das sogenannte Stadtmuseum hatte geschlossen. Es wurde von einer Privatperson betrieben und hatte nur zu Zeiten offen, wo der Einwohner anwesend war. »Besichtigungen nur nach Voranmeldung« stand auf dem kleinen Schild an der Tür. Das kleine Museum war diesen Namen nicht wert. Es bestand eigentlich nur aus zwei Räumen, in denen über den Bau der Klinik berichtet wurde.

»Auch das noch.« seufzte Maria. »Schauen wir mal, ob wir einen Kaffee bekommen.«

Sie gingen zu dem kleinen Lokal und suchten sich einen Platz.

»Ich wusste nicht, was kommen würde, als meine Oma und deine Erzieherin mich zu einem Ausflug einluden.« Paul berichtete von seiner Reise.

»Du hattest echt keine Ahnung?« Maria war amüsiert.

»Selbst als der Flughafen in Sicht kam, ahnte ich noch nichts.« Paul war die Verblüffung immer noch anzuhören. »Erst als sie mir das Ticket in die Hand drückten und mich zum Schalter schoben, begann ich zu begreifen, was passieren würde.«

»Das ist typisch Mrs. Potter.« Maria lachte. »Erst im letzten Moment sagt sie einem, was wirklich anliegt.«

»Ich war schon sehr nervös, weil ich so überhaupt nicht wusste, was kommen würde.«

»Ich hatte mir den Aufenthalt auch anders vorgestellt.« Maria seufzte. »Es hat sich so viel geändert.« Sie gab einen Überblick über die Probleme, die ihre Mutter mit dem Investor und dem Herzog hatte. »Sarah könnte so eine tolle Zukunft haben, wenn sie sich auf das Arrangement einlassen würde.«

»Worin besteht das Arrangement?« fragte Paul sichtlich neugierig.

Maria brachte Paul auf ihren Wissensstand, und je mehr sie erzählte, desto größer wurde Pauls Ehrfurcht vor den Problemen, von denen Maria umgeben war.

»Wie kann man das Problem lösen?« fragte Paul mehr zu sich selbst.

»Eigentlich wäre es ganz einfach.« Maria rührte gedankenverloren in ihrem Kaffee. »Sarah und Juan heiraten, Betty wird die persönliche Dienerin für Sarah, genauso wie Bertram für Juan.«

»Das klingt doch gut?« Paul fragte sich insgeheim, wo die Probleme liegen würden.

»Sarah glaubt, sie würden ihr nach dem Leben trachten.« Maria seufzte. Sie berichtete von dem, was sie aufgeschnappt hatte. »Und Bertram mag Juan nicht teilen. Er stellt sich quer.«

»Kann deine Mutter da nichts machen?«

»Ich fürchte nein.« Sie seufzte wieder. »Der einzige, der die Situation retten könnte, ist der Herzog. Aber das würde der nie machen.«
452. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 19.03.16 14:57

Huhu gag

Ich musste doch Lachen, als Maria ihrer Mutter das Kleid verschlossen hat. So muss sie mal sehen, wie das ist, wenn man Hilflos ist.

Gruß Kami
453. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 19.03.16 17:10

Hi gag_coll,

danke, aber nicht das Marias Mutter jetzt auf den Geschmack kommt, und sich vom Personal
noch einkleiden, füttern und bedienen läst.
Dann könnte sie aber jede Unzulänglichkeit auf Schreibfehler beim Diktat schieben.
454. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 15

geschrieben von gag_coll am 20.03.16 17:55

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 15
Autor: Karl Kollar

Sonntag, den 5. September 1984

Als der Wecker klingelte, war Paul noch sehr müde. Nicht das es ihm etwas ausmachen würde, am Sonntag so früh aufzustehen, doch er hatte noch unter der Zeitverschiebung zu leiden. Seine innere Uhr war noch nicht umgestellt. Er war mitten in der Nacht aufgewacht, als es für ihn gefühlt Zeit zum Aufstehen war, und dann konnte er erst lange nicht einschlafen ? doch nun hatte der Wecker ihn aus dem Tiefschlaf gerissen.

Trotzdem sprang er aus dem Bett, und während er sich anzog, blickte er sehr verliebt auf das Bett. Maria räkelte sich und obwohl Paul den Anblick von Keuschheitsgürtel und Keuschheits-BH gewöhnt war, kam es ihm doch vor, als würde Maria sich ihm in reizvoller Unterwäsche präsentieren. Dass die Stahlwäsche einen ganz Zweck hatte, blendete er aus.

Maria machte die Augen auf und blinzelte ihm zu. »Guten Morgen.« Sie versuchte ein Lächeln, obwohl sie viel lieber noch etwas mit Paul gekuschelt hätte. »Was hast du es denn heute so eilig?« fragte sie mit etwas Empörung in der Stimme. »Heute ist Sonntag.«

»Du vergisst, dass ich heute Unterricht habe.« Paul hielt einen dicht bedruckten Zettel hoch.

»Können wir nicht lieber den heutigen Tag genießen?« Maria seufzte. Natürlich wusste sie, wie wichtig Pauls Einweisung war, und deswegen erwartete sie auch keine Antwort.

Paul grinste nur.

Sie erhob sich seufzend und griff sich den Bademantel. »Jetzt gibt es erst mal Frühstück.«

Paul stellte sich hinter sie und griff von hinten an ihren Busen beziehungsweise an die Metallhalbkugeln. »Ich wünschte, du könntest diese Dinger mal ablegen.«

Maria grinste. »Wenn du dann noch genauso mutig bist.« Sie entwand sich seinem Griff und gab ihm einen Kuss. »Jetzt lass uns frühstücken.«

* * *

Betty wartete schon. Auch sie hatte ihr Frühstück schon zu sich genommen, und jetzt war sie sehr gespannt auf Marias Freund. Als dieser zusammen mit Maria den Raum betrat, erhob sie sich. »Da seid ihr ja. Ich sage ihr Bescheid.«

»Deiner Mutter?« fragte Paul etwas erstaunt.

»Nein, der Oberschwester.« Marias lächelte. »Wenn Betty von ´ihr´ spricht, dann ist immer ihre Chefin gemeint.«


Die Oberschwester war etwas erstaunt, auch Maria anzutreffen.

Betty beeilte sich, dies zu erklären. »Ich dachte mir, es ist leichter, wenn wir an ihr üben können statt an den blöden Puppen.«

»Sind sie damit einverstanden?« Die Oberschwester blickte Maria fragend an.

»Sehr gern.« antwortete Maria.

Betty war erleichtert, dass ihre Chefin es so einfach geschluckt hatte. Sie Betty hatte nämlich noch einen anderen Grund, warum sie Maria dabei haben wollte. So war sie nicht mit Paul allein. Das wäre ihr nämlich unangenehm gewesen.


Paul gab sich sehr gelehrig, und nur selten musste die Oberschwester korrigierend eingreifen. »Betty kennt sich auch gut aus, wenn sie nicht gerade mal wieder geistig abwesend ist.«

Betty verdrehte ein wenig die Augen.

»Wo ist Sarah eigentlich?« fragte Maria, die dem Gedankengang gefolgt war.

»Sie bereitet sich auf das gemeinsame Frühstück der Herzogsfamilie vor, welches um elf Uhr beginnt.« Sie konnte es nicht verhindern, dass ein wenig Eifersucht in ihren Worten mitschwang.


Marias Mutter betrat den Raum. »Der Herzog lässt etwas ausrichten.« Sie wartete, bis die Oberschwester mit ihrer Vorführung fertig war. »Die jungen Leute machen nachher so gegen 13 Uhr einen gemeinsamen Ausflug, und ihr seid dazu herzlich eingeladen.«

Die drei Personen blickten sich an.

»Bitte nutzt die Gelegenheit und versucht, ein paar Gespräche zu führen.« Frederike blickte ihre Tochter und Betty flehend an. »Ich denke, das ist eine gute Gelegenheit, ein paar Dinge zu klären.«

* * *

Sie waren zu acht. Paul und Maria, Betty und Sarah, Sabeth und Paula sowie Juan und Bertram.

Paula grinste. »Nicolas lässt sich entschuldigen. Er hat eine wichtige Besprechung mit seiner Sekretärin Monica.«

Sabeth und Sarah lachten. Sie schienen zu wissen, was tatsächlich damit gemeint war.

Paula grinste. »Manchmal arbeiten sie wirklich.«

Die Klinik hatte ihnen den kleinen Bus zur Verfügung gestellt, so dass nur ein Auto gebraucht wurde. Doch kurz vor der Abfahrt brachte Frederike drei Monohandschuhe zum Wagen. »Damit der Ausflug etwas spannender wird.« Sie grinste.

Maria und Sabeth waren begeistert. Sie legten sofort die Arme auf den Rücken und blickten ihre Partner erwartungsvoll an, während Sarah eher zurückhaltend war.

Paul war erstaunt, wie schnell Paula ihrer Herrin den Handschuh angelegt hatte. »Und ich dachte schon, ich wäre in Übung.« Er keuchte etwas.

Sabeth lachte, als sie Pauls Verwunderung bemerkte. »Sie muss das auch mehrmals täglich machen.«

Sarah hingegen war sehr zurückhaltend, fast scheu. Sie zitterte etwas, als Betty ihr den Handschuh anlegte.

* * *

Auf der kurzen Fahrt zum See war die Spannung im Wagen zu spüren, und keiner schien sich zu trauen, die Stille zu unterbrechen.

Erst als sie nach der Ankunft ausgestiegen waren, ergriff auf einmal Bertram das Wort. »Ich möchte euch sagen, wovor ich Angst habe.«

Maria ahnte, dass wohl auch von Seiten Juans schon Gespräche geführt worden waren.

»Es würde mir das Herz brechen, wenn Juan vor dem Altar seine Braut küssen würde. Mit dem Ja-Wort habe ich keine Probleme, aber der Kuss...« Er holte tief Luft. »Der Kuss würde mir das Herz brechen.« Er seufzte, als er spürte, wie Juan seinen Arm um ihn legte. »Außerdem möchte ich nicht das Gefühl haben, dich teilen zu müssen.«

Maria hatte das Gefühl, jetzt eingreifen zu müssen. Sie hoffte sehr, dass sie von ihrer Mutter wirklich den richtigen Tipp bekommen hatte. »Aber Sarah hat doch ihr Herz auch schon verschenkt.« Sie blickte abwechselnd Betty und Sarah an.

Sabeth begriff es als erste. Sie sah Sarah aufmunternd an.

Betty hielt den Atem an. Würde Sarah sich wirklich zu ihr bekennen? In diesem Moment wagte sie es nicht, Sarah anzusehen.

»Wir sind hier unter uns, und wir sind verschwiegen.« Sabeth setzte nach.

Maria hatte einen Kloß im Hals.

Schließlich gab sich Sarah einen Ruck und trat einen Schritt auf Betty zu. Sie wartete, bis Betty den Kopf gehoben hatte. »Ich liebe dich.«

Betty brach fast zusammen. »Oh Sarah, du glaubst ja nicht, wie lange ich schon auf diesen Satz gewartet habe. Ja, ich liebe dich auch.« Sie umarmte Sarah und zog sie fest an sich.

Sarah zuckte wild mit den Armen, doch wie üblich hielt der Handschuh sie gefangen. »Ich würde dich ja auch umarmen, wenn ich könnte.« Dann versanken sie in einen langen innigen Kuss.


Als sie endlich wieder von einander abließen, sahen sie, dass die anderen schon langsam weiter gegangen waren.

Sie kamen auf das naheliegende Thema. »Bertram ist sehr eifersüchtig.« Juan hielt seinen Freund im Arm. »Es würde ihm das Herz brechen, wenn ich Sarah küssen würde.«

»Bei Paula war das ähnlich.« Sabeth erinnerte sich. »Auch sie hätte Nicolas am liebsten die Augen ausgekratzt. Sie hatte ihm mehrfach den Tod gewünscht.«

Sarah begriff, dass Nicolas in einer ähnlichen Situation wie sie selbst gewesen war.

»Ich konnte sie davon überzeugen, dass die Hochzeit als gesellschaftlichen Gründen einfach nötig war.« Sabeth tat die Erinnerung gut. »Nur für den Kuss, da mussten wir eine andere Lösung finden. Das hätte ihr sonst das Herz gebrochen.«

»Ich habe die ganze Zeremonie über gelitten. Ich fand es geradezu heuchlerisch.« Paula berichtete ebenfalls aus ihren Erinnerungen. »Doch ich wusste, dass ich es nicht verhindern konnte. Es hätte mich fast zerrissen.«

Bertram und Sarah hörten beide sehr aufmerksam zu.

»Wenn sie sich auch noch geküsst hätten... Ich wäre wahrscheinlich weggelaufen.« Paulas Stimme klang heute ziemlich belustigt.

»Ich wusste erst nicht, was der Pfarrer bezweckte, als er ausgerechnet dich und Monica als Trauzeugen bestimmte.« Sabeth lachte. »Erst als die Zeremonie zum Kuss kam, erkannte ich, wie geschickt er es gemacht hatte. Er blickte uns feierlich an und forderte uns auf, uns mit einem Kuss bei unseren Trauzeugen zu bedanken. Das war eine wirklich tolle Lösung.«

»Auf einmal war ich unendlich erleichtert«, Paula klang ebenfalls belustigt, »als ich begriff, dass Sabeth mich küssen würde und nicht dieses Scheusal.«

Sabeth grinste. »Hey, du sprichst immerhin von meinem Mann.«

Paula war ebenfalls sehr amüsiert. »Damals war Scheusal noch das geringste Schimpfwort, was ich für ihn hatte.«

Bertram begriff langsam, dass alle ihm helfen wollten. »Solange ich Betty nicht küssen muss.«

Betty grinste ihrerseits. »Ich glaube, darauf kann ich gerade noch verzichten.«

Auf einmal war deutlich zu sehen, wie sich Bertram einen Ruck gab. Er trat auf Sarah zu. »Ich glaube, wir sollten Frieden schließen.«

Sarah blickte erstaunt auf. Sie blickte abwechselnd zu Juan, Betty und wieder zu Bertram. Doch noch schwieg sie.

»Lass uns Freunde werden.« Er streckte ihr die Hand entgegen.

Maria hielt den Atem an. Das würde schief gehen. Sarah konnte doch den Gruß doch gar nicht erwidern. Und Bertram würde sein Gesicht verlieren, wenn er die Hand zurück ziehen müsste.

Sarah schien ähnliches zu denken. Sie schob ihre verpackten Arme nach vorn und versuchte, Bertrams Hand zu berühren.

Erst jetzt bemerkte Bertram seinen Fehler. »Oh entschuldige, daran habe ich nicht gedacht.« Er zögerte einen Moment. »Darf ich dich in den Arm nehmen?« Er blickte zunächst Sarah an und nach deren Nicken auch Betty. Erst als diese auch genickt hatte, zog er Sarah langsam zu sich heran und umarmte sie. »Jetzt bin ich doch zuversichtlich, dass wir vier uns gut verstehen werden.«

Doch als er Sarah los ließ, fiel diese zu Boden.

Maria war entsetzt. Hatte Bertram seine Drohung wahr gemacht?

* * *

Heute käme wieder jemand zu Besuch und Leonie sollte wieder bedienen, hatte Selma gleich nach dem Frühstück angekündigt. Sie hatte extra noch mal darauf hingewiesen, dass es dieses Mal ohne zusätzliche Ermahnungen gehen sollte. »Du musst noch lernen, zu gehorchen.«

Leonie nickte verschämt.


Wieder klingelte es, doch als Leonie diesmal sofort die Tür öffnete, erstarrte sie. Ihre Mutter und ihr Vater, sowie ihre Schwester ebenfalls mit ihrem Mann waren der Besuch.

»Willst du meine Gäste nicht herein bitten?« Selma stand in der Wohnzimmertür und hatte Mühe, sich ein Lachen zu verkneifen.

Leonie war fassungslos. Frau Mohr hatte ihre Familie eingeladen? Sie trat zur Seite und machte den Weg frei. Nur Christine blickte sie an. »Hübsches Outfit.«

»Geh bitte auf dein Zimmer und warte, bis ich dich rufe.« Selma drehte sich um und bat ihre Gäste ins Wohnzimmer.

Mit vielen wirren Gedanken ging Leonie langsam die Treppe herauf und schlich sich in ihr Zimmer. In was für einem Haus war sie hier gelandet? Ihre Familie war zu Besuch und obwohl sie ihnen mit Ketten und Knebel die Tür geöffnet hatte, nahmen sie so gut wie keine Notiz davon. Sie waren nicht einmal erstaunt, Leonie hier anzutreffen, und nicht einmal ihre Schwester war verwundert.

Nach einiger Zeit hörte sie, wie sie gerufen wurde. »Leonie, kommst du bitte mal herunter? Deine Mutter möchte dir etwas sagen.«

Leonie hatte überhaupt keine Ahnung, was sie erwarten würde. Seufzend setzte sie sich in Bewegung. Bestimmt würde sie eine Standpauke bekommen, weil sie einfach weggelaufen war.


Doch es kam ganz anders. Ein Stuhl im Wohnzimmer war noch frei, und erst als Leonie sich gesetzt hatte, begann ihre Mutter zu sprechen. »Leonie, Frau Mohr hat uns berichtet, welches Schicksal auf dich wartet.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Wir sind der Meinung, dass du es nicht besser verdient hast.«

Leonie hatte Mühe, ihre Tränen zurück zu halten. Was zum Teufel hatte Frau Mohr bloß mit ihr vor? Sogar ihre Familie wusste Bescheid und schien es gut zu heißen.

»Leonie?« Selma wartete nicht, bis Leonie aufgeblickt hatte. »Du kannst wieder auf dein Zimmer gehen. Stell bitte den Tisch und die zwei Stühle ins Nebenzimmer, damit dort Platz für deinen Käfig sein wird. Der wird Morgen geliefert.«

Leonie zuckte zusammen. Der Käfig. Bisher hatte sie den Gedanken daran verdrängt. Doch sie hatte schon bei Doris gesehen, wie ihr zukünftiges Reich aussehen würde. Sie hatte den Kopf gesenkt, als sie das Zimmer verließ. Sie wollte ihrer Familie nicht in die Augen blicken müssen.

Irgendwie war es wie der letzte Beweis. Sie war die Gefangene von Frau Mohr und sogar ihre Familie war mit dem Schicksal, welches auf sie wartete, einverstanden. Nur sie selbst wusste nicht, was sie erwarten würde.

Sie hatte Tränen in den Augen, als sie den Tisch aus dem Zimmer trug. In Zukunft wurde ein kleiner Käfig ihre Wohnung sein. Sie musste wieder an Doris denken, die auch so ein Leben führte, wie es ihr bevor stand. Dass die Schmiedetochter mit ihrem Schicksal glücklich war, tröstete Leonie nur wenig. Doris hatte sich ihr Leben selbst ausgesucht, so viel hatte sie beim Besuch der Schmiede mitbekommen.

Doch dann stutzte sie. Hatte sie selbst nicht auch über ihr Schicksal bestimmt? Sie hatte die Verantwortung darüber in fremde Hände gegeben und sie wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr für sie gab.

* * *

Betty war sofort auf Sarah gestürzt und kniete neben ihr. Ihre Miene entspannte sich. »Sie ist nur ohnmächtig.« Sie blickte auf die beiden Herren. »Könnt ihr sie zum Bus tragen?«


Im Auto kam Sarah langsam wieder zu sich. Betty saß neben ihr und hielt ihre Handschuh.

»Ich hatte einen wundervollen Traum.« Sie strahlte Betty an. »Ich hatte mich mit Bertram versöhnt.«

»Das war kein Traum.« Bertram stand neben Betty und machte ein ebenso besorgtes Gesicht wie sie selbst. »Du bist vor Freude ohnmächtig geworden.«

»Das war kein Traum?« Sarah blickte sehr ungläubig um sich. Vor dem Bus standen die anderen und blickten besorgt durch die Scheiben.

»Sollen wir ihm sagen, dass wir uns versöhnt haben?« Juan lächelte erleichtert. »Dann würde er euch die Geschlossene vielleicht erlassen.«

Sabeth war die erste, die widersprach. »Du machst mir gerade mein Geschenk kaputt. Wehe, du sagst ihm auch nur ein Wort.«

»Bitte nicht«, auch Sarah hatte flehendes in der Stimme. »Betty hat mir viele süße Qualen versprochen.«

Auch Maria war dagegen. »Paul wird uns betreuen. Ich habe mich schon so sehr darauf gefreut.«

»Na schön«, Juan gab nach. »Aber glaubt nicht, dass ich euch dort besuchen komme.«

»Fein«, Bertram rieb sich die Hände, »dann habe ich dich wenigstens mal einige Zeit für mich allein.«
455. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 20.03.16 18:45

Hallo gag_coll, vielen Dank für die Fortsetzung. Ich hoffe, du hast noch eine Menge Inspiration für viele Folgen.
456. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 20.03.16 18:58

Dank für die Fortsetzung wie immer SPITZE .
doch du hast noch eine Menge vergessen
denn wo sind die Gedanken und Gefühle
von Marias Mutter als diese hilflos
im Kleid eingeschlossen war .
Kann ja aber noch in einem Gespräch
zwischen Mutter und Tochter nachgeholt werden .
457. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.03.16 19:20

Zitat
doch du hast noch eine Menge vergessen denn wo sind die Gedanken und Gefühle von Marias Mutter als diese hilflos im Kleid eingeschlossen war. Kann ja aber noch in einem Gespräch zwischen Mutter und Tochter nachgeholt werden.
Danke für die Anregung. Ich habe es für Kapitel 14 notiert...
458. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 20.03.16 22:02

schöne Fortsetzung.

Freu mich das es für Sarah noch gut aus geht.

Mal schaun was mit Leonie passiert.

Vielen Dank.

mfg Wölchen
459. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.03.16 06:03

Zitat
Freu mich das es für Sarah noch gut aus geht.
Naja, jetzt muss sich noch Betty entscheiden. Ist sie wirklich bereit, alle Zelte abzubrechen und Sarah zu folgen? Das wird ihr in den nächsten Tagen einige Sorgen bereiten.
460. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 21.03.16 11:18

Zitat

Naja, jetzt muss sich noch Betty entscheiden. Ist sie wirklich bereit, alle Zelte abzubrechen und Sarah zu folgen? Das wird ihr in den nächsten Tagen einige Sorgen bereiten.


Ich glaube da brauche ich mir keine Sorgen machen.
So wie Betty in ihre Patientin verliebt ist, wird sie nach der Zustimmung des Herzogs, die Klinik verlassen.

Zitat
»Ich habe mit dem Herzog gesprochen«, Frederike sprach bewusst langsam. »Und er würde eine solche Beziehung durchaus befürworten.«


Also wird es da keine Probleme mit der Genehmigung geben.

Damit hat Maria ihre Mission aller Wahrscheinlichkeit erfüllt.

Sarah wird dann auch nicht mehr versuchen zu schummeln, um ihren wahren Ausbildungszustand zu verschleiern.

Somit wird der Herzog, mit der Klinik hoch zufrieden sein, und in großzügiger Laune sein Scheckbuch zücken.

Jetzt erwarte ich nur noch, das Maria und Paul, eventuell auch noch die Mutter bzw. Chefärztin, zur Hochzeitsfeier eingeladen werden.

Das wäre für die Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.
---
Leonie ist jetzt erst mal geschockt, so unvorbereitet vor ihrer Familie in Ketten dazustehen.

Das schlimmste wird noch sein, das sie selber nicht weiß, was noch alles (außer dem Käfig), auf sie zukommt.

Ihre Familie jedoch anscheinend Bescheid weiß.

Danke gag_coll

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Gruß vom Zwerglein

461. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 21.03.16 19:07

Hallo cag_coll.

Es macht mir immer noch eine Riesenfreude den nächsten Teil von dieser Wundervollen Geschichte zu lesen. Du hast immer neue Einfaälle und bringst dadurch immer noch leben in diese Geschichte. Echt toll!

Allerdings fange ich langsam an Leonie zu bedauern. Immer wieder bekommt sie neue restriktionen aufs Auge gedrückt und sogar ihre Eltern beachten sie eigentlich gar nicht mehr. Das Leonie langsam anfängt zu verzweifeln kann doch nicht gut für ihre Gesundheit sein!
Hoffentlich wird sie bald mal aufgeklärt, was mit ihr passiert. Denke mal so kann es wohl nicht mehr lange gutgehen, auch wenn sie wohl Spaß an den Fesselungen hat.

Auserdem wie soll sich so richtig fallen lassen und das alles geniesen. Auch Häftlinge erfahren was auf sie zukommt.


MfG Rainman
462. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 22.03.16 05:36

Zitat
Jetzt erwarte ich nur noch, das Maria und Paul, eventuell auch noch die Mutter bzw. Chefärztin, zur Hochzeitsfeier eingeladen werden. Das wäre für die Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.

Das wird bestimmt passieren, aber nicht mehr in dieser Geschichte... Maria wird mit Kapitel 14 und dem Katerinenfest definitiv vorbei sein. Aber ich habe schon Pläne für eine Nachfolge-Geschichte bzw. für die Zeit nach dem Fest...
Zitat
Das schlimmste wird noch sein, das sie (Leonie) selber nicht weiß, was noch alles (außer dem Käfig), auf sie zukommt.
Ja, ja, der alte Spruch: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht. Es könnte wahr werden...
463. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 22.03.16 05:44

Zitat
Das Leonie langsam anfängt zu verzweifeln kann doch nicht gut für ihre Gesundheit sein!
Hoffentlich wird sie bald mal aufgeklärt, was mit ihr passiert.
Naja, immerhin hat sie gerade erst ihrer "entgültigen" Gefangenschaft zugestimmt und mit dem Wissen ist sie gerade mal einen Tag unterwegs.
Zitat

Auserdem wie soll sich so richtig fallen lassen und das alles geniesen. Auch Häftlinge erfahren was auf sie zukommt.
Ja, es steht Leonie natürlich frei, Selma nach ihrer Zukunft zu fragen. Doch das letzte Mal bei so einer "ungebührlichen" Frage hat sie sich ihren Knebel eingehandelt. Ich glaube, noch hat sie mehr Angst vor den Folgen einer weiteren solchen Frage.
464. RE: Maria 500k

geschrieben von gag_coll am 22.03.16 06:03

Oh, ich sehe gerade, dass ich die 500k Aufrufe ganz übersehen habe... Vielen vielen Dank dafür...
465. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 22.03.16 07:27

Hallo gag_coll, da machst du deiner Leserschaft ja schon mal eine traurige, aber gleichzeitig eine frohe Mitteilung. Hoffentlich haben die Protagonisten noch einige schöne Erlebnisse bis zum Katarinenfest, damit diese Geschichte noch eine Weile dauert . Leider sagst du, das diese Geschichte damit endet. Aber dafür sagst du ja schon, das es dann irgendwie weitergeht.
Ich schließe mich mal den anderen Lesern an und sage Danke für´s Schreiben. Mögest du noch viele gute Ideen haben.
466. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 16

geschrieben von gag_coll am 22.03.16 19:57

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 16
Autor: Karl Kollar

Montag, den 6. September 1984

Das Wochenende hatten sie zusammen mit ihren Partnern in den Gästesuiten der Klinik verbracht, jetzt stand der Einzug in die Sieben, der einzigen Station mit strenger Zugangskontrolle, und damit die zweite Behandlungswoche an.

Sowohl bei Sarah als auch bei Maria war es jetzt wichtig, die Muskeln langsam an die neue Haltung zu gewöhnen und Ausdauer zu trainieren.

Eine Unterhaltung fand beim Frühstück nicht statt, alle waren angespannt und warteten auf das, was sie erwarten würde.

Frederike war mit dem Leistungsstand und den Ergebnissen der ersten Woche sehr zufrieden. Doch noch viel glücklicher war sie über Sarahs Bereitschaft, jetzt den Arrangements zur Hochzeit zuzustimmen.

Es freute sie auch, dass ihre Tochter einen Zugang zur Frau des Herzogs gefunden hatte. Sie selbst hatte es bisher nicht geschafft, mehr als kurzen Smalltalk zu halten. Insgeheim ahnte sie, dass die Herzogin sicher auch an Sarahs und Juans Zukunft interessiert war und mit der nun gefundenen Lösung zufrieden war.

Doch als sie die Tür zur Sieben mehr oder weniger feierlich öffnete, erstarrte sie kurz. Das Überwachungsmodul meldete, dass sich schon Personen in der Sieben befanden.

Sie gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, doch innerlich tobte sie. Wer hatte das veranlasst und vor allem, wer waren die beiden Frauen, die zudem auch noch neugierig aus ihren Zimmern kamen.

»Und sie glauben, hier können die Mädchen in Ruhe trainieren?« Der Herzog schien die neugierigen Frauen ebenfalls bemerkt zu haben.

Frederike wusste nicht, was sie sagen sollte. Gleich nach dem Frühstück war der Herzog bei ihr erschienen und drängte darauf, mit dem Einzug in die geschlossene Station zu beginnen. Natürlich ahnte Frederike, was ihn jetzt bewegte. Seine zukünftige Schwiegertochter würde tatsächlich das Gebet auf dem Rücken tragen können, und deswegen war er zuversichtlich, dass es auch mit seiner Familie aufwärts gehen würde.


Der Abschied Sarahs von Juan war kurz, aber doch auch herzlich. Sarah war wie verwandelt. Jetzt wo sie wusste, wie ihre Zukunft aussah, war sie sehr erleichtert und glücklich. Sie würde alles tun, was der Herzog von ihr verlangte, solange Betty an ihrer Seite war.

Maria war ähnlich vergnügt. Sie wusste mittlerweile, dass »Verhütung« ein Thema war, welches schon geregelt war, und ihre Mutter hatte ihr in Aussicht gestellt, bald mit Paul eine gemeinsame Nacht ganz ohne Stahl verbringen zu dürfen. In einer Woche hätte das Präparat, das sie gleich nach dem ersten Wochenende eingepflanzt bekommen hatte, seine volle Wirkung erreicht und Paul würde die Schlüssel für das Keuschheitsensemble zurück bekommen.

Aus ihrer Sicht war es schon lange kein Gerät mehr, um sie zu demütigen, sondern es half ihr, trotz des Handschuhs und auch des Gebets selbstsicher aufzutreten, weil sie wusste, dass sie geschützt war.

»Wir haben so umgeräumt, wie sie es gewünscht haben.« Die Oberschwester kam aus einem der Zimmer und blickte den Herzog an. »Sarah und Betty bekommen ein Zimmer.« Sie blickte zu ihrer Chefin und zu Maria, die neben ihr stand. »Und für ihre Tochter haben wir auch ein Doppelzimmer.« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie anders gesprochen hätte, wenn der Herzog nicht anwesend gewesen wäre.

»Und die Maschinen?« Frederike war es unangenehm, so überrascht zu werden.

»Die haben wir ins Schwesternzimmer geschoben.« Die Oberschwester machte den Eindruck, als wäre sie von den belegten Zimmern ebenfalls überrascht. »Die anderen Zimmer sind ja belegt.«

»Und das Personal?« Frederike wunderte sich.

»Welches Personal?« Die Oberschwester blickte in ihre Unterlagen. »Schwester Betty und Paul Mohr?« Sie blickte sich um. »Die sind doch untergebracht.«

Mittlerweile waren die zwei Patientinnen näher gekommen. Jetzt war deutlich zu sehen, dass sie an das Schienensystem an der Decke gebunden waren.

»Was ist das?« Der Herzog blickte auf die Befestigungen, die den Patientinnen nur einen geringen Spielraum gaben. »Sarah und Maria werden das auch tragen?« Er hatte mittlerweile erkannt, dass das Riemensystem um den Körper mit einem Stahlseil an die Schienen geführt war.

Maria durchzuckte es gleich doppelt. Zum einen sah sie sich genau wie die beiden Frauen in naher Zukunft so angebunden. Und zum anderen fühlte sie so etwas wie stolz, dass sie vom Herzog quasi genauso behandelt wurde wie seine Schwiegertochter.

»Mit diesem System können wir die Patienten weitgehend allein lassen, ohne dass ihnen etwas zustoßen könnte.« Die Oberschwester ging auf eine der Patientinnen zu. »Das Seil wird hier gebremst und...«

Doch der Herzog unterbrach sie. »Ich vertraue ihnen, dass sie ihre Arbeit gut machen.« Er drehte sich zu Sarah. »Wir sehen uns dann am Freitag.«


Frederike reichte Betty den Behandlungsplan. »Meinen sie, sie schaffen das alles allein?« Sie blickte zwischen der Schwester und Paul hin und her.

Betty warf einen etwas intensiveren Blick auf den Plan, dann legte sie ihn auf den Tisch.

Sarah trat näher, weil sie auf dem Plan etwas Bestimmtes darauf suchte. »Keine Prüfung mehr?« Irgendwie schien sie den Eintrag zu vermissen.

Frederike warf Maria einen schnellen Blick zu, dann wandte sie sich an die Prinzessin. »Wollen sie ihm nicht endlich die Wahrheit sagen?«

Maria zuckte zusammen, weil die Worte ihrer Mutter sie wieder an den Verrat erinnerten, bei dem sie Zeuge war.

Sarah blickte sehr nachdenklich durch die Gegend. Sie schien ernsthaft abzuwägen. Schließlich war sie einverstanden.

»Ich mache einen Termin aus, und sie trainieren bis dahin noch kräftig.« Marias Mutter hatte großes Interesse, nicht als Verräterin dazustehen, weder in den Augen ihrer Tochter noch in denen der Prinzessin.


»Du musst noch etwas zu Sarah und Betty wissen.« Maria war es wichtig, dass Paul über das besondere Verhältnis der beiden Frauen Bescheid wusste. Sie erzählte ihm, was sie bisher so beobachtet hatte. »Betty stellt die Maschinen manchmal etwas höher ein als vorgesehen. Du solltest dich an die Vorgaben halten.«

»Warum macht sie das? Und warum lässt die Prinzessin sich das gefallen?« Paul glaubte, so etwas wie Ungerechtigkeit entdeckt zu haben.

Doch zu seiner Überraschung verdrehte Maria nur die Augen. »Denk an die Hütte. Manche Leute mögen es eben, wenn sie leiden müssen.«


Als Paul das Zimmer betrat, sah Maria sofort, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste. »Was ist los?«

Paul seufzte. »Ich weiß nicht, ob es richtig war. Der Herzog hat mir zwei Möglichkeiten gelassen.« Er nahm ihre Hand und führte sie zu seinem Schritt.

Maria spürte etwas sehr hartes. Sie begriff sofort. »Du hast dich geopfert?«

»Bis Freitag, wenn wir hier wieder raus dürfen.« Er seufzte noch einmal.

»Ich bin stolz auf dich.« Sie gab ihm einen langen Kuss.


Eine Stimme bat um Entschuldigung.

Paul und Maria ließen sich los. »Was ist denn?« Maria drehte sich zur Tür. »Judith? Was möchtest du?«

Sie druckste etwas herum. »Sarah wollte wieder schweigen...«

»Und?« fragte Maria, obwohl sie ahnte, was kommen würde.

»Der Herzog besteht weiterhin darauf, dass ihr gleich behandelt werdet.« Sie zeigte den Behälter vor, der mit ´Maria´ beschriftet war.

»Was bedeutet das?« Paul verstand nicht, was da gerade passierte.

Als Maria sich wieder zu ihrem Freund wandte, fühlte sie ein starkes Kribbeln im Bauch. Schon letzte Woche hatte sie sich ausgemalt, wie es wohl sein würde, wenn sie für ihren Freund schweigen müsste.

Jetzt würde dieser Wunsch schon in Erfüllung gehen. Doch dann erschrak sie. Würde Paul es vielleicht abstoßend finden? Doch dann hatte sie eine Idee. »Weißt du noch, wie glücklich Christine auf der Hütte war, als sie nicht mehr sprechen konnte.«

Paul begriff sofort. »Du hattest ja auch davon geschwärmt.«

»Du hättest nichts dagegen?« Marias Augen leuchteten. Natürlich hatte Paul überhaupt kein Mitspracherecht, aber dennoch war es Maria wichtig, was er von ihren Behandlungen hielt.

»Ich werde dir alles von den Augen ablesen.« Er hatte noch nicht den Mut zuzugegeben, dass er von Marias erzwungenem Schweigen stets erregt oder zumindest erfreut war. Trotzdem spürte er, dass es ihr auch Freude machte.


»Brauchen sie noch lange?« Die Oberschwester betrat den Raum und hielt ein Riemengeschirr in der Hand.

»Wir haben ja noch nicht mal angefangen.« Judith drehte sich um, und erst jetzt erkannte sie, wer den Raum betreten hatte. »Das Anlegen muss ja sorgfältig erfolgen.« Sie versuchte so etwas wie eine Entschuldigung.

Maria hatte das Geschirr ebenfalls entdeckt und erkannte, dass sie in Kürze ein weiteres Stück Freiheit aufzugeben hatte. Aber da jetzt Paul da war, war sie bereit, alles zu ertragen.

Die Oberschwester legte das Geschirr auf den Tisch, dann griff sie in ihre Tasche und holte einige Schlösser heraus. Sie legte sie vorsichtig auf den Tisch. »Bitte achtet darauf, dass sie nicht zu früh zuschnappen.« Sie drehte sich zur Tür. »Der Schlüssel sind schon in Verwahrung.«

Paul und Maria blickten sich verliebt an. »Ich werde gut auf dich aufpassen, meine Prinzessin«, grinste er, als sich die Tür hinter der Oberschwester geschlossen hatte.

»Oh ja, mein Prinz, ich weiß eure Fürsorge zu schätzen.« Sie lächelte ebenfalls.

»Ich unterbreche die Hoheiten ja nur ungern.« Judith grinste, »aber ich habe heute noch mehr zu tun.«

Maria lächelte, dann wandte sie sich der Zahnarzthelferin zu.

* * *

»Warum veranlassen sie ohne mein Wissen die Unterbringung von Patienten in der Sieben?« Frederike war aufgebracht. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn sich die Verwaltung in medizinische Bereiche einmischte.

Doch Investor Brown ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Es sind zahlende Gäste, und sie bringen der Klinik viel Geld ein. Anders als ihre Tochter.«

»Aber ich muss es verantworten«, erwiderte sie, doch sie wusste insgeheim, das es nutzlos sein würde.

»Machen sie sich darüber keine Gedanken, die Damen sind mit ihrer Unterbringung und Behandlung sehr zufrieden.« Er stand auf. »Ist sonst noch etwas?«

»Nein.« Frederike resignierte. Sie wartete, bis die Tür geschlossen war, dann bat sie ihre Sekretärin, ihr doch die entsprechenden Akten zu besorgen.

* * *

»Na, wie weit seid ihr?« Betty betrat den Raum und hinter ihr betrat Sarah zögernd den Raum.

Maria fiel auf, dass Sarah schon an das Schienensystem gebunden war.

»Ich muss nur noch festschrauben.« Judith nahm das Werkzeug vom Tisch und hantierte damit zwischen Marias Lippen.

Paul warf einen Blick auf das Werkzeug und murmelte »Torx Größe 1«

»Du kennst es?« Judith war erstaunt. »Mir wurde gesagt, dass es das nur einmal gibt.«

»Ich habe mal ein Praktikum bei einem Optiker gemacht und musste die Werkzeuge putzen.« Paul lächelte. »Ist aber ganz neu.«

Betty nahm das Riemengeschirr vom Tisch und wartete, bis Judith mit ihrer Arbeit fertig war.

»Magst du es ihr anlegen?« Betty reichte Paul das Geschirr.

Maria beobachtete einen kurzen aber erleichterten Blickwechsel zwischen Betty und Sarah. Sie ahnte, das so etwas wie Eifersucht im Spiel war.

»Die Schlösser bringe ich dann an, da darf nichts schief gehen.« Den letzten Teil des Satzes sprach sie, während sie Sarah anblickte. »Die Oberschwester macht ein Riesen-Trara, wenn wir außerhalb der vorgesehenen Zeiten die Schlüssel brauchen.«

»So, fertig.« Judith erhob sich und sammelte ihre Sachen ein.

Maria stand auf und hob ihre Hände hoch, um ihr Gesicht zu ertasten.

Doch Paul trat zu ihr und zog die Arme wieder herunter. »Ts ts ts. Nicht herum fummeln.«

Maria stöhnte, als sie seinen festen Griff spürte. Fast verliebt drehte sie ihren Kopf zu ihm und gab ihm einen Kuss. Sie hatte schon die ganze Woche davon geträumt, wie es wohl sein würde, wenn sie so seine Lippen berühren würde.

Betty räusperte sich. »Wenn ihr dann fertig seid?« Sie spielte etwas mit einem der Schlösser.


Paul musste nur einen kurzen Blick auf Sarah werfen, dann erkannte er, wie die vielen Riemen des Geschirrs anzulegen waren.

Als Sarah begriff, dass sie als Anschauungsobjekt gebraucht wurde, lächelte sie und drehte sich langsam herum, damit Paul alles gut erkennen konnte.

In Maria begann es zu prickeln, als sie das Klicken der Schlösser hörte. Es kostete sie einige Mühe, still zu halten. Erst als Paul sich erhob und signalisierte, dass er fertig war, gab Maria ihre Zurückhaltung auf.

Zusammen mit Sarah versuchte sie sich zu bewegen, doch sehr schnell zeigte ihnen das Schienensystem und ihre Verbindung daran ihre neuen Grenzen auf.


Paul blickte fasziniert nach oben. Das Schienensystem war wirklich ein kleines Wunderwerk. Eine Art Schlitten hing an den Schienen, und an dem Schlitten war das Seil befestigt, welches die Mädchen wie an einer Laufleine festhielt.

An manchen Stellen verliefen die Schienen in einer anderen Höhe und Paul erkannte schnell, was es damit auf sich hatte. An diesen Stellen hatten die Mädchen dann auch Gelegenheit, sich zu bücken oder in die Knie zu gehen. Vor den Betten waren die Schienen besonders niedrig.

Auch Weichen hatten die Konstrukteure vorgesehen, teilweise manuell einzustellen, teilweise ferngesteuert. Manche Räume konnten die Mädchen so selbst öffnen, andere waren ihnen verwehrt.

An einigen Stellen wurden die Schienen kurz parallel geführt. Paul erkannte dieses Konstrukt als eine Art Ausweichstelle. Dort konnten die Mädchen aneinander vorbei gehen oder sich überholen.

Eine Gänsehaut überkam ihm, als er darüber nachdachte, dass dieses System von den Mädchen einiges an Weitblick erforderte, zumal sich der Schlitten an der Schiene nicht einfach bewegen ließ. Es brauchte eine gewisse Zugkraft, um sich im Raum bewegen zu können.


Maria hatte Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken. Ihre aktuelle Situation war im Gegensatz zum äußeren Anblick sehr erregend. Ihr Mund war versiegelt, nur noch leises Stöhnen war möglich. Das Riemengeschirr spürte sie quasi überall und erinnerte sie jeden Moment an ihre Gefangenschaft. Und der Gedanke, den Schienen ausgeliefert zu sein, tat sein Übriges.

Doch das Schönste an allem war Paul. Er war da und kümmerte sich um sie. Maria hätte es nie zu träumen gewagt, ihren Freund hier in der Klinik an ihrer Seite zu haben. Doch jetzt war er da, und Maria musste sich nicht mehr in den Gedanken hineinträumen, die Fesseln ihres Trainings wären von ihm. Nein, jetzt war es anders. Er selbst hatte ihr das alles angelegt. Sogar den Mundverschluss hatte er zugeschraubt, als Judith mit dem Werkzeug nicht zurecht kam.


Betty kam zu Paul und Maria ins Zimmer. »Entschuldigt bitte die Störung.«

»Was ist denn?« Paul stand auf.

»Sarah ist so ungeduldig. Sie möchte jetzt schon mit dem Training anfangen.« Betty stöhnte. »Sie entwickelt einen Ehrgeiz, den ich nicht bremsen möchte.«

Maria stand jetzt ebenfalls auf und stupste ihren Freund an.

Paul wandte sich zu ihr. An ihrem Blick erkannte er, dass sie etwas sagen wollte. »Ja?«

Maria ging zu ihren Schrank und öffnete die Tür. Sie zog ihre umgearbeitete Trainingsjacke heraus, die sie aus Nostalgie in den Koffer geschmuggelt hatte.

Paul grinste. »Wenn sie unbedingt möchte, von mir aus gern.« Irgendwie spürte er, dass die Frauen seine Führung wollten und auf seine Entscheidung warteten.

Betty ging auf Maria zu und nahm ihr die Jacke aus den Händen. »Vielen Dank.« Sie war genauso schnell verschwunden wie sie gekommen war.


Doch es dauerte keine fünf Minuten, dann stand sie wieder in der Tür. »Könnt ihr mir helfen?« Hinter ihr stand Sarah und machte einen recht ungeduldigen Eindruck.

»Kommt herein.« Paul hatte begriffen, dass er jetzt die Führung übernehmen musste, auch wenn er lieber das Zusammensein mit Maria genossen hätte.

Als die Prinzessin den Raum betrat, mussten beide lachen. »Das war früher mal eine Zwangsjacke. Die muss im Rücken geschlossen werden.«

Sowohl Betty als auch Sarah blickten sehr verwundert auf Maria, die sichtlich rot wurde.

»Das ist eine lange Geschichte.« Paul hatte erkannt, dass er jetzt auch für Maria sprechen musste. »Ich weiß aber nicht, ob es Maria recht wäre.«

Maria schüttelte vorsichtig den Kopf. Im Moment war es ihr unangenehm, dass Paul über ihre Vergangenheit berichten würde.

Sarah stupste Betty an und zeigte auf die Jacke.

»Wie geht das jetzt?« Betty hatte ihre Rolle als Sarahs Sprecherin anscheinend auch schon gefunden. »Magst du es uns zeigen?« Irgendwie spürte Betty Pauls Scheu gegenüber Sarah.

Erst als Sarah ihn ebenfalls bittend ansah, nahm er sich ein Herz und griff sich die Jacke.


Bei Maria hatte die Jacke eher locker gesessen, Sarah passte sie gerade eben.

»Geht das mit dem Seil?« Betty blickte etwas sorgenvoll an die Decke, wo Sarah an dem Schlitten hing.

Paul blickte kurz auf Sarahs Rücken. Das Trageseil war an ihrem Rücken befestigt, die Jacke war aber etwas länger. »Doch das geht.« Dadurch, dass die Jacke mit Riemen zu schließen war, konnte das Seil zwischen zwei Riemen durchgeführt werden.

»Möchtest du die Riemen schließen?« Paul hoffte, dass er Bettys Blicke richtig gedeutet hatte.

Betty hatte mit so viel Einfühlungsvermögen gar nicht gerechnet. »Ja gern.« Sie wirkte etwas überrascht.

»So fertig.« Betty trat einen Schritt zurück, nachdem sie Sarah noch kurz auf den Mund geküsst hatte. »Wie geht das jetzt mit den Armen?« Sie blickte Paul und Maria abwechselnd an.

»Die Riemen werden hier über die Schulter geführt und dann vorn an den Schnallen befestigt.« Paul gab sich sehr sachlich und stellte sich so, dass Betty jeden seiner Handgriffe gut sehen konnte.

Als Maria kurz aufstöhnte und dabei auf ihren Schritt zeigte, begriff er, was sie sagen wollte. »Ohne den Keuschheitsgürtel ist das Tragen der Jacke noch etwas intensiver.«

Sarah hatte es zuerst begriffen. Sie stöhnte ebenfalls.

Jetzt fiel auch bei Betty der Groschen. »Ja, das werden wir unbedingt auch mal ausprobieren.« Sie grinste hinterhältig. Doch dann fiel ein Schatten auf ihr Gesicht.

Maria ahnte, was Betty bewegte. Es war die ihr völlig unbekannte Zukunft, die ihr Sorgen machte.


»Was macht ihr denn da?« Frederike stand auf einmal im Raum.

Maria war die einzige, die nicht zusammenzuckte. Doch antworten konnte sie nicht mehr.

»Sarah wollte schon mit dem Training beginnen.« Paul hatte ein schlechte Gewissen. Sie waren nicht einmal zwei Stunden in der Sieben, und schon musste er sich wegen einer eigenmächtigen Aktion rechtfertigen. Doch zu seiner Erleichterung hatte Marias Mutter nichts dagegen.

»Ich wollte nur sagen, dass ich einen Termin mit dem Herzog ausgemacht habe.« Sie blickte Sarah an. »Morgen Nachmittag wirst du ihm das Gebet vorführen.«

Sarah musste erst einmal zu Betty und Maria schauen, bevor sie reagieren konnte. Sie machte einen Knicks.

»Gleich wird das Essen kommen.« Frederike blickte auf die Uhr. »Es werden vier Beutel kommen und zwei normale Essen. Werdet ihr klar kommen?« Die Frage ging an Betty und Paul gleichermaßen.

Beide gaben sich zuversichtlich.

»In einem der Räume, die nicht von den Schienen aus erreichbar sind, ist ein Telefon versteckt.« Frederike gab sich verschwörerisch. »Offiziell darf es das nicht geben, doch für Notfälle könnt ihr dort immer jemand erreichen.«

* * *

»Warum müssen die Mädchen eigentlich rudern?« Gleich nach dem Mittagessen sprach Paul eigentlich nur seine Gedanken aus.

»Das habe ich die Oberschwester auch gefragt.« Betty gab wieder, was sie erfahren hatte. »Das ist ein Ausgleich für lange nicht beanspruchte Muskeln, wie es beim Tragen eines Korsetts auftritt.«

Paul erinnerte sich daran, dass Maria auch schon in Deutschland öfters mit Rudern beschäftigt war.

»Sie sagt, wenn man das nicht ausgleicht, würden die Muskeln verkümmern und man könnte sich ohne Korsett gar nicht mehr aufrecht halten.«


Betty hatte sich an die raffinierten Handschuhe erinnert, die die Mädchen letzte Woche getragen hatten. Sie hatte sich heimlich zwei Paar organisiert und zeigte sie Paul. »Das ist wie bei den Playmobil-Figuren. Ihre Finger werden ganz nutzlos sein.« Sie erklärte ihm die Zusammenhänge.

Paul war noch etwas verunsichert.

»Wir müssten sie dann nicht beim Rudern beaufsichtigen und könnten stattdessen das Telefon suchen.«

»Ich weiß nicht, ob Maria das mögen würde.« Paul zögerte »Ich werde sie fragen.«

Doch als Paul mit den Handschuhen zu Maria kam, passierte etwas ganz Merkwürdiges. Maria streckte sofort ihre Hände aus und sah ihn mit einer Mischung aus Lust und Unterwürfigkeit an.

Als Paul diesen Blick sah, wusste er auf einmal, dass er nicht zu fragen brauchte. In ihrem Blick las er etwas Trauriges, genauso aber den Wunsch zu gehorchen und zwischen alldem eine große Portion Liebe.

Wortlos legte Paul ihr die Handschuhe an und führte sie dann zu den Rudermaschinen, wo Betty schon dabei war, Sarah festzuschnallen.

Maria gab sich sehr fügsam. Sie hätte sich zwar gern spielerisch gesträubt, weil Paul sie dann etwas fester anfassen würde, doch im Moment wusste sie, dass sie es ihm so einfach wie möglich machen musste.

Natürlich kannte Paul sich mit den Maschinen nicht aus, doch Maria hatte sich sofort so hingesetzt, wie es richtig war und hatte Arme und Beine in die richtigen Positionen gebracht.

Paul musste nur noch die Riemen schließen.


»Komm, wir gehen das Telefon suchen.« Betty hatte sich mit einem Kuss von Sarah verabschiedet, dann stand sie an der Tür und wartete auf Paul.

Auch Paul gab Maria einen Kuss und streichelte ihr noch einmal kurz über den Kopf, dann folgte er Betty.

Nur drei Türen kamen in Frage. Der erste Raum war leer, nur ein Tisch stand etwas verstaubt darin. »Hier ist es schon mal nicht.«

Der Raum hinter der zweiten Tür war mit ´Putzkammer´ beschriftet und war bis auf einen Besen ebenfalls leer.

Im dritten Raum brannte Licht und eine etwas unförmige menschliche Gestalt saß am Tisch und drückte panisch einen Knopf. Sofort ertönte ein Alarmton.

Paul und Betty waren irritiert. Es war deutlich, dass eine Frau unter der Hülle verborgen war. Deutlich waren die Augen durch die Gläser einer Kopfmaske zu erkennen und das sehr lange Haar. Es war zu vermuten, dass sie schon länger hier war. Sie war durch viele Schläuche mit einem schrankgroßen Maschine verbunden.

Die Frau deutete mit der Hand auf eine Tafel. »Für Fragen bitte die -55 anrufen.«

»Wir haben kein Telefon.« Paul war überrumpelt.

Die Frau schien sich zu besinnen, dann zeigte sie auf einen weiteren Schrank. Paul ging zu ihm und öffnete ihn. Dort stand tatsächlich ein Telefon.

Es war zu erkennen, dass die Frau mit den Schläuchen irgendwie an die Maschine angeschlossen war, denn sie bewegte sich sehr vorsichtig und stöhnte dumpf.

Paul trat an das Telefon heran und drückte zwei Mal auf die Fünf. Er war erstaunt, als er in der Muschel die Worte »Ich komme sofort« hörte.


Es waren zwei Uhren in dem Raum, eine runde zeigte die normale Zeit an, die andere war als Digitaluhr mit leuchtenden Ziffern ausgeführt und stand auf 14 Tage, vier Stunden und fünf Minuten, wobei die Sekundenanzeige stetig hinauf zählte.

»Bitte verratet uns nicht.« Ein Mann im weißen Kittel kam in die Sieben. Er stellte sich als Doktor Paulus vor. »Meine Frau macht hier einen besonderen Test für mich.«

»Jetzt wird mir einiges klar«, sagte Betty. »Wir haben uns schon gewundert, warum Schwester Ilse schon wieder im Urlaub ist und vor allem ohne ihren Mann.« Sie wandte sich an den Arzt. »Und was testen sie hier?«

»Wir testen einen Anzug, mit dem sich alle menschlichen Bedürfnisse von Maschinen kontrollieren lassen.« Seine Stimme wurde sehr sachlich. »Wir haben nur das Problem, dass die Maschine noch viel zu groß ist.«

Er zeigte auf den Wandschrank, zu dem die Schläuche hinführten.

»Und wie lange ist sie schon so?« Bettys Stimme zeigte eine gewisse Faszination.

Der Arzt zeigte wortlos auf die zweite Uhr. »Wie sie sehen, ist die Maschine schon ziemlich ausgereift. Sie ist leider noch viel zu groß.«

Dem Arzt war anzusehen, dass ihn etwas bedrückte. »Die Chefin weiß nichts davon. Sie hätte das nie erlaubt.«

Ilse setzte sich an den Tisch, auf dem eine Schreibmaschine stand. Die Maske verdeckte ihren Mund und ihre Nase und machte ihr offenbar das Sprechen unmöglich. Stattdessen begann sie zu tippen.

Paul wunderte sich zunächst über das seltsame Arrangement, doch dann konnte er lesen, was Ilse geschrieben hatte. »Mir geht es gut, es macht mir Spaß und ich liebe meinen Mann sehr.«

»Die Maschine versorgt sie mit allem, was sie braucht.« Er ging zum Schrank und drückte einen Knopf. Auf einmal stöhnte Ilse. »Auch damit wird sie versorgt.«


»Was ist denn hier los?« Frederike stand auf einmal im Raum. »Ich wollte nur mal schauen, ob ihr zurecht kommt.« Ihr Blick fiel auf den Arzt und seine Frau. »Was machen sie hier?«

»Es ist nicht so, wie sie denken.« Der Arzt war sichtlich verlegen.

»So, wie denke ich denn?« Frederike sah sich im Raum um. Dabei fiel ihr Blick auf Betty und Paul. »Was macht ihr hier?«

»Wir wollten das Telefon suchen.« Betty gab Paul einen Stups. »Jetzt haben wir es ja gefunden.« Sie zog Paul hinter sich her.

Auf dem Flur grinste sie. »Das gibt noch ein Donnerwetter. Da müssen wir nicht dabei sein.«

»Wenn du meinst.« Paul grinste etwas unsicher. »Vielleicht sollten wir mal nach unseren Patientinnen sehen.«

Aus dem Schwesternzimmer, wo die Geräte aufgebaut waren, war leises Keuchen zu hören. »Diese Mundverschlüsse sind ein echter Segen. Sonst hältst du es vor lauter Stöhnen und Keuchen nicht aus.«

Paul blickte etwas verwundert zu Betty und der Prinzessin. Die Schwester hatte es extra laut gesagt, so dass Sarah es verstehen musste. Die Antwort war ein sehr verliebter Blick der Prinzessin, was Paul ein wenig wunderte.

»Eine halbe Stunde müssen sie noch.« Paul lass aus dem Behandlungsplan vor. »Müssen wir für die nächste Behandlung schon etwas vorbereiten?«

»Was steht denn an?« Betty war es nicht gewöhnt, sich selbst um die Aufgaben zu kümmern, bisher bekam sie immer gesagt, was zu tun war.
467. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 17

geschrieben von gag_coll am 22.03.16 19:58

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 17
Autor: Karl Kollar

(noch Montag, den 6. September 1984)


Leonie saß auf ihrem Bett und blickte immer wieder auf die Stelle im Zimmer, auf der bis gestern noch ihr Tisch gestanden hatte. Jetzt würde der Platz für ihren Käfig gebraucht und heute sollte er geliefert werden. Leonie wusste nicht, was das für ihre Zukunft bedeuten würde. Würde sie noch einmal in ihrem Bett schlafen oder würde sie ihr ganzes zukünftiges Leben in dem Käfig verbringen.

Wieder musste sie an Doris denken, die in deren Käfig sogar ein Buch gelesen hatte, während sie auf das Trocknen der Gipsbinden gewartet hatte. Und sie musste ihre Mutter bitten, den Riegel zu öffnen, weil sie ihn selbst nicht berühren durfte.

Genauso gut war ihr der Anfang des Besuchs in Erinnerung geblieben. Ihre Mutter hatte sie aus dem Käfig befreit mit dem Hinweis, dass sie Kundschaft habe. Anscheinend war ein glückliches Leben in so einem Käfig möglich. Denn eines hatte Leonie besonders beeindruckt: Doris glückliche Augen, wenn sie von ihrem Verlobten berichtete.

»Na, wie geht es dir?« Selma stand auf einmal im Raum. Sie hatte einige Decken dabei.

Leonie blickte Selma etwas verunsichert an. Sonst zeigte sie keine Reaktion.

»Ich habe dir einige Decken mitgebracht.« Sie berichtete, dass die Schmiede angerufen hatte. Sie würden jetzt losfahren, und Selma solle einige Decken bereit halten, damit es in dem Käfig bequem wäre.

Leonie schluchzte, als sie das hörte.

Das Geräusch eines Transporter war von draußen zu hören.

»Sie kommen.« Selma legte die Decken auf das Bett. »Willst du nicht aufmachen?«

Leonie seufzte noch einmal, dann stand sie auf und ging zur Haustür.

Herr Schwerterle und ein junger sehr gut aussehender Herr standen vor der Tür. »Wir wollten den Käfig liefern.«

Leonie trat zur Seite und konnte zusehen, wie die beiden Herren den Käfig herein trugen. Leonie vermutete zumindest, dass es der Käfig war, denn es war mit einem weißen Laken bedeckt.

Langsam ging sie den Herren hinterher. Selma stand oben an der Treppe und dirigierte die Herren in ihr Zimmer. »Dort an die Wand.« hörte Leonie sie sagen.

Herr Schwerterle zog die Decke herunter, und Leonie konnte einen ersten Blick auf ihr künftiges Zuhause werfen. Zumindest empfand sie es so. Doch der Käfig sah schön aus. Obwohl eine ungewisse Zukunft auf Leonie wartete, hatte sie doch auch ein Auge für die Handwerkskunst, die dieser Käfig ausstrahlte. Überall glänzte das Metall, als wäre es auf Hochglanz poliert, und nirgends waren scharfe Kanten oder Schweißnähte zu sehen. Leonie trat näher, und fast automatisch begann sie das Metall zu streicheln.

»Hier ist der Schlüssel.« Herr Schwerterle reichte Selma den Schlüssel, dann hängte er ein Vorhängeschloss vorn an den Türriegel.

Der Geselle nahm die Decken vom Bett und legte sie in den Käfig. »Wollen sie einmal probieren?« Er machte gegenüber Leonie eine einladende Handbewegung.

Leonie war von der Schönheit des Käfigs ehrlich fasziniert, und fast wie in Trance kniete sie sich vor den Käfig. Fast zärtlich berührte sie die Tür und zog sie langsam auf. Dann kroch sie hindurch und drehte sich im Käfig um. Sie blickte sich wieder um und sog die Schönheit des Käfigs auch von innen auf.

Dann fiel ihr Blick auf die Tür. Sie zögerte einen Moment, dann beugte sie sich vor und zog die Tür langsam zu sich heran. Sie nahm mit zitternden Händen das offene Schloss aus dem Riegel, ließ die Tür zuschnappen und hängte das Schloß wieder an den Riegel. Sie nahm es in die Hand und drückte den Bügel zu. Als sie das Klicken des Schlosses hörte, schoss ein gewaltiger Orgasmus durch ihren Körper und sie ließ sich auf die Decken fallen.

Selma lächelte. Genau so hatte sie es erwartet.

* * *

»Darf ich euch mal einen Moment sprechen?« Frederike stand in der Tür. »Es gibt eine Beschwerde.«

»Was haben wir denn falsch gemacht?« Paul war sichtlich geknickt. »Wir haben doch alles so gemacht wie nötig für Sarah und Maria.« Sie verließen den Raum, nachdem Marias Mutter sie heraus gewunken hatte.

»Es geht auch gar nicht um eure Schützlinge.« Frederike war auf einmal sehr verlegen. »Die Schwester, die sich bisher heimlich um die Sieben gekümmert hat, ist jetzt auf einer anderen Station. Ich wusste nicht, dass wir in der Sieben weitere Patienten haben. Gertrud hat sich zu Recht beklagt, dass sie nicht so behandelt wird, wie ihr Mann dafür bezahlt hat.« Sie reichte ihnen zwei Mappen. »Und ich fürchte, auch Annas bestellte Behandlung hat gelitten.«

»Aber wir wussten doch gar nichts davon?« Betty fühlte sich überrumpelt.

»Das habe ich dem Investor auch gesagt und habe ihm die Situation erklärt.« Frederikes Gesicht zeigte einige Sorgenfalten. »Er gibt mir noch eine Chance und wird selber mit der Patientin reden.«


»Wie wollen wir das aufteilen?« Betty zeigte einen gewissen Pragmatismus. »Nimmst du Anna und ich Gertrud?«

Paul war einverstanden. Er hätte nur Probleme gehabt, wenn er Maria nicht betreuen dürfte, und er ahnte, dass es Betty mit Sarah ähnlich erging.

Anna war deutlich jünger als Gertrud und, Paul hoffte, dass er mit ihr besser zurecht kommen würde.

»Lass uns mal die Mappen ansehen und schauen, was bestellt ist.« Bettys Ton war anzuhören, dass sie mit dieser seltsamen Patientenunterbringung auch so ihre Probleme hatte.

Betty studierte beide Listen. Nach einiger Zeit blickte sie wieder auf. »Das ist schon merkwürdig.« Sie zeigte Paul die Listen. »Gertruds Bestellung ist ganz normal, für den Fall, das jemand an so etwas Gefallen finden würde, doch bei Anna ist das wesentlich heftiger.«

Paul sagten die medizinischen Begriffe wenig, deswegen achtete er auf andere Sachen. »Bei Gertrud hat der Ehemann unterschrieben, der Bogen ist aber von einer Frau ausgefüllt. Bei Anna ist alles die gleiche Handschrift und unterschrieben hat ihr Vater.«

»Jetzt wo du es sagst.« Betty erkannte es jetzt auch. »Ob Anna wirklich freiwillig hier ist?«

Paul musste an die wenigen Augenblicke denken, bei denen er Kontakt mit Anna gehabt hatte. Eigentlich hatte er sie nur bei seiner Ankunft in der Sieben gesehen, als sie neugierig aus ihrem Zimmer gekommen war, jedoch ohne ein Wort wieder verschwunden war.

»Du hast Recht«, pflichtete Betty ihm zu, »auf mich machte sie auch einen sehr misstrauischen Eindruck.«

»Ich versuche mal mit ihr zu reden.« Paul fühlte sich seinen neuen Aufgaben verpflichtet. »Ich werde sie fragen, ob sie die hohen Werte wirklich haben möchte.« Er vertraute auf Bettys Einschätzung und ihre Erfahrung.

* * *

Anna saß auf dem Stuhl neben ihrem Bett und blickte melancholisch aus dem Fenster. Sie war sehr erleichtert, dass die beiden heutigen Behandlungen ausgefallen waren. Insofern waren die »neuen« auf der Station eine dankbare Ablenkung.

Schon mehrmals hatte ihre Familie Spione auf die Station eingeschleusst, um sie auszuhorchen und festzustellen, ob sich Anna ihnen offenbaren würde. Doch meistens waren sie schlechte Schauspieler, und Anna erkannte sofort, dass sie schweigen musste.

Sie sollte gebrochen werden, damit sie endlich der von der Familie ausgehandelten Hochzeit zustimmen würde, doch sie liebte einen anderen. Florian war ihre große Liebe und sie war fest entschlossen, zu ihm zu stehen, egal was die Familie ihr auch an tat.

Seit einigen Tagen gab es wieder Hoffnung für Anna, denn Florian war in der Klinik. Er hatte ihr bei seinem letzten Besuch berichtet, wie er den Hilfsjob bekommen hatte und dass er sich für nichts zu schade war. Fast jede Nacht kam er jetzt an ihr Bett und sie konnten zusammen sein, wenn auch nur für ein paar Stunden.

Anna liebte es, wenn sie seine zärtlichen Hände auf ihrem Körper spürte, auch wenn alle wichtigen Stellen durch dieses Keuschheitsgeschirr verdeckt waren. Er hatte ihr versprochen, in der Klinik nach dem Schlüssel dafür zu suchen, doch Anna wusste, wie aussichtslos dies sein musste.

Ihre Familie war sehr mächtig, und schon mehrmals hatte Anna so etwas wie eine Flucht versucht, doch stets hatte Detektive und manchmal sogar die Polizei sie sofort wieder gefunden und zurückgebracht.

Jetzt war sie in der Klinik zur »Hochzeitsvorbereitung«, wie es ihr Vater zynisch genannt hatte. Doch sie würde lieber in den Tod gehen als auf ihre wahre Liebe zu verzichten.

Bei Florians ersten Besuchen musste sie fast die ganze Zeit weinen, weil die Situation so aussichtslos war.

Jetzt waren wieder zwei Spione auf der Station, eine Deutsche und eine Brasilianerin. Aber Anna würde ihnen kein Vertrauen schenken, egal was ihre Familie sich auch an Gemeinheiten ausdenken würde.

Das neue Personal hingegen schien alles andere als erfahren zu sein. Besonders dieser Paul, der sich offensichtlich um sie kümmern sollte, war ein absoluter Neuling.

Mit etwas Galgenhumor fragte sich Anna, was ihre Familie wohl davon halten würde, dass sie auf einmal von Laien betreut wurde.

Außerdem schien er eine innige Beziehung zu dieser Maria zu haben. Anders ließen sich diese Nähe und die Zärtlichkeit nicht erklären.

Seufzend blickte Anna sich in ihrem Zimmer um. Außer ihrem Bett, einem kleinen Schrank und einem Stuhl standen nur die Geräte in ihrem Zimmer, die sie regelmäßig folterten. Aber Anna war stark. Sie würde das alles überstehen.

Zu Beginn hatte Anna oft versucht, sich gegen die Behandlungen zu wehren, doch das Ergebnis war stets, dass sie dann gegen ihren Willen fixiert wurde und die Behandlung noch strenger ausfiel als es von ihrem Vater bestellt war.

Eine schmale Taille war der Stolz aller weiblichen Mitglieder ihrer Familie, doch Anna hatte sich von Beginn an dagegen aufgelehnt. Mittlerweile war sie wieder schlank, doch in der Pubertät hatte sie sich geradezu gemästet und eine Taille war quasi nicht sichbar gewesen.

Jetzt war sie in der Klinik und wurde mit allerlei Gerätschaften für das Tragen eines Korsetts fit gemacht, zumindest hatte ihr Vater sich das so gewünscht. Sie wurde zusammengequetscht, in der Länge auseinandergezogen und musste in der Sauna schwitzen. Alles mit dem Ziel, gemäß der Tradition der Familie mit einer Wespentaille vor dem Altar zu stehen.

Ohne Florian hätte Anna vermutlich schon lange nachgegeben. Doch ihre Liebe gab ihr die Kraft, durchzuhalten. Der Termin für die Hochzeit rückte zwar immer näher, doch Anna war fest entschlossen, sich zu weigern. Sie müssten sie betäuben und vor dem Altar anketten, sie würde sonst jede Gelegenheit zur Flucht nutzen.

Ob Florian heute Abend wieder kommen würde? Sie würde ihm gern sagen, dass neues Personal auf der Station war und dass er vorsichtig sein sollte, doch dafür gab es keine Gelegenheit.

Die Tür ging auf und der junge Mann trat ein. »Hi, ich bin Paul, und du bist Anna?«

´Nicht mit mir´, dachte sie Anna, wieder so eine plumpe Begrüßung. Zum Glück stellten sich die Spione, die ihre Familie zu ihr schickte, stets so ungeschickt an, dass Anna sie schnell enttarnte und daher wusste, dass sie sie nicht um Fluchthilfe bitten durfte. Sie blickte Paul an und nickte etwas trotzig.

»Du bekommst ein Korsett-Training?« Paul blickte auf die Liste in seiner Hand. Nur mühsam konnte er ein Zittern seiner Hand verbergen.

»So ist es.« Anna gab sie trotzig. ´So fängt es immer an.´ dachte sie bei sich. ´Gleich wird er fragen, ob er es mir leichter machen soll.´

»Die Werte sind sehr hoch.« Paul versuchte, seine Unerfahrenheit zu verbergen. »Bist du sicher, dass du das so haben willst?«

»Mein Vater hat es für mich ausgesucht.« Anna hatte sich schon einige Standardantworten zurechtgelegt, die ihren scheinbaren Gehorsam zeigen sollten.

»Bitte verzeih mir, wenn ich es nicht richtig mache.« Paul seufzte. »Vor einer Woche war ich noch in Deutschland und ein Schüler.«

Anna horchte auf. Diese Geschichte war neu. Sie beschloss, vorsichtig mit zu spielen. »Warum?« Es reizte sie, einmal ein neues Märchen zu hören.

»Ach, das ist eine sonderbare und lange Geschichte.« Paul war erfreut, als er merkte, dass Anna zumindest den Anschein machte, als würde sie zuhören. »Meine Freundin wird hier behandelt und ich darf sie betreuen.« Doch dann fiel Pauls Blick wieder auf die vielen Maschinen, die in Annas Zimmer standen. »Ich glaube, ich muss dir jetzt...« Er nahm den Zettel zur Hand. »Was ist denn eine Streckbank?«

Anna zuckte zusammen. Fast hätte sie in ihrer Aufmerksamkeit nachgelassen, denn die neue Geschichte war wirklich außergewöhnlich. Doch sie wusste, dass sie stark bleiben musste. Sie grinste etwas. »Dieses lange Ding da.« Sie zeigte auf ein Gerät, welches auch in einer Folterkammer einer alten Burg hätte stehen können, wenn es nicht aus glänzendem Stahl gewesen wäre.

Anscheinend probierte die Familie jetzt etwas Neues. Sie schickten einen unerfahrenen Pfleger, der zudem noch eine wirre Geschichte zu bieten hatte, in der Hoffnung, dass Anna dabei schwach werden würde.


Paul und Betty hatten sich vorher noch etwas beraten und Paul hatte sich die Werte von Gertrud neben die von Anna geschrieben, nachdem Betty ihm versichert hatte, dass schon Gertruds Werte hoch seien und die von Anna vermutlich ein Fehler.

Anna seufzte innerlich, als sie aufstand und zu der Maschine ging. Sie würde auch diese Folter überstehen, sie würde alles ertragen, was sich ihre Familie ausdachte. Sie legte sich auf das lange gepolsterte Brett und plazierte ihre Arme und Beine in den geöffneten Manschetten.

Paul war froh, dass Anna ihm so bereitwillig entgegen kam. Er klappte die Manschetten zu und schloss den Riegel, der offensichtlich dafür zuständig war.

Anna stöhnte ein wenig. »Jetzt musst du die Werte einstellen, den Rest macht die Maschine allein.«

Paul trat an das Bedienpult und besah sich es sich. Drei Knöpfe und ein Regler waren zur Bedienung vorgesehen und entsprechend waren auch drei Werte auf dem Zettel notiert.

Zwei der Knöpfe enthielten Skalen, wären der eine etwas größere mit Eins und Null beschriftet war. Er stand auf Null.

Paul vergleich die Werte auf dem Zettel mit den Reglern und begann vorsichtig, an ihnen zu drehen. Er stellte sie auf die Werte, die für Gertrud vorgesehen waren.

»Kommst du zurecht?« Betty stand in der Tür.

»Magst du kurz kontrollieren?« Paul war über Bettys Anwesenheit sehr erleichtert. Er zeigte mit der Hand auf die Regler.

Betty kam zu der Maschine, kontrollierte die Manschetten, dann blickte sie auf die Regler und ließ sich von Paul den Zettel zeigen. Dann blickte sie zwischen Paul und Anna hin und her. Es war ihr anzusehen, dass sie erkannt hatte, was Paul gemacht hatte und sie schien abzuwägen. Schließlich hatte sie sich entschieden. »Jetzt musst du nur noch anschalten.«

Pauls Hand zitterte, als er den Knopf bediente. Er vermiet es, Anna anzusehen. Er hatte ein großes Getöse erwartet, nachdem er den Knopf gedreht hatte, doch tatsächlich war nur ein leises Surren zu hören.

»Müsste da jetzt nicht was passieren?« fragte Paul leise.

»Die Maschine läuft.« Betty drängte zur Tür. »Sie streckt den Körper ganz langsam und lässt dann wieder nach.«

Anna blickte noch einmal zur Tür und war erleichtert. Fast wäre sie schwach geworden, weil sich dieser Spion besonders geschickt angestellt hatte.

Schon bald spürte sie die Maschine arbeiten und sie begann sich wieder in ihre Traumwelt zu flüchten, in der Florian über ihr stand und sie an den Armen und Beinen zog. Sie sah sein Gesicht vor sich und spürte seinen Atem.

Doch auf einmal stutzte sie. Die Maschine war schon wieder auf dem Rückweg? Das war viel weniger als die Male zuvor. Zuerst dachte sie, dass es ein Fehler des neuen Betreuers gewesen wäre. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass sogar die Krankenschwester auf die Regler geschaut hatte. Sie bekam Angst, denn die Aktionen der Familie wurden immer perfider. Doch dann beschloss sie, die geringeren Werte zu genießen.

* * *

»Was macht ihr denn da?« Paul war sehr erstaunt, als er das Schwesternzimmer betrat.

Betty hantierte an der eisernen Lunge und Maria stand bei Sarah und hantierte mit mehrere Lederriemen herum. Beim Anblick von Sarah fühlte er sich sofort wieder an die Hütte erinnert, denn ein fast vollständiges Ponygirl stand vor ihm.

»Maria hat mir angedeutet, dass sie sich mit dem Ponygeschirr auskennt, so dass sie Sarah vorbereitet, und ich kümmere mich um die Maschine. Komm her, dann zeige ich dir, was wichtig ist.«

Ihre Worte erinnerten Paul daran, dass es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre. Doch er kannte sich mit der eisenen Lunge genauso wenig aus wie mit allen anderen Maschinen.

»Wie war es bei Anna?« Betty fragte Paul nebenbei, während sie die Maschine vorbereitete. »Hat sie etwas zu den hohen Einstellungen gesagt?«

Paul konnte nur mit den Achseln zucken. »Sie sagt, ihr Vater hätte die Werte für sie bestellt.« Er seufzte ein wenig. »Aber es ist schon komisch. Sie ist völlig misstrauisch und zurückhaltend.«

»Ganz anders als Gertrud.« Betty berichtete kurz darüber, wie sehr die Patientin sich auf die Behandlungen freute und wie sehr sie die ausgefallenen Behandlungen vermisst hatte.

»Glaubst du, dass du zurecht kommst?« Betty klappte den Deckel der Maschine auf. »Oder wollen wir tauschen? Du nimmst Sarah und ich kümmere mich um Anna und Gertrud?«

Von Sarah war ein Seufzer zu hören.

»So ein Opfer würdest du bringen?« Paul war erstaunt und gerührt zugleich. »Ich denke, dass wird nicht nötig sein, wenn du mich ab und zu mal kontrollierst.«

»Du hast schon mal ein Ponygirl dressiert?« Betty blickte kurz zu Maria und ihrer Geliebten.

Paul wollte ehrlich sein. »Ich habe zugesehen, wie Maria einen Parcours gelaufen ist.« Er grinste. »Ich fand es sehr faszinierend. Maria hat es auch sehr gut gefallen.«

Maria ließ ein verliebtes Stöhnen hören. Sie warf Paul einen stilisierten Kuss zu.

»Sehr schade, dass ihr den Mundverschluss tragen müsst.« Paul seufzte. »Ich glaube, ihr hättet euch viel zu erzählen.« Sein Blick fiel auf Sarahs Füße. »Hey, das sind ja sogar Ponystiefel.« Er blickte kurz zu Maria. »Deine Mutter ist aber auch gut ausgestattet.«

Maria signalisierte, dass sie mit Sarah fertig war.

Paul griff zu dem bereit liegenden Handschuh und blickte seine Freundin liebevoll an.

Maria kam auf ihn zu und legte ihre Arme auf den Rücken.


Die Tür ging auf und Frederike kam in den Raum. »Der Herzog möchte nachsehen, ob ihr zurecht kommt.«

Herzog Breganza betrat hinter Marias Mutter den Raum. Er war erbost, als sein Blick auf Sarah fiel. »Was soll denn diese lächerliche Maskerade?«

Frederike hatte insgeheim mit dieser Frage gerechnet. »Das ist Teil der Therapie.« Sie trat auf Sarah zu. »Das Seil zieht ständig an den Armen in der Gebetshaltung.« Sie zeigte auf das Seil, welches zusätzlich an den Schlitten gebunden war. »Es verursacht einen ständigen Zug an den Armen, und immer, wenn sie über ein Hindernis steigen, wird der Zug entlastet.«

»Und weil die jungen Mädchen immer so pferdenärrisch sind, haben sie sie selbst als Pferde kostümiert?« Seine Stimme zeigte, wie wenig er von dem Ganzen hielt.

»Ein wenig Wunschdenken ist dabei, aber im Prinzip ja.«

»Und warum nur Sarah?« Herzog Breganza hatte bemerkt, dass Maria in der Maschine lag.

»Morgen tauschen die beiden.« Frederike hoffte, dass der Herzog ihr das abkaufen würde. »Beide bekommen die gleiche Behandlung, nur zeitversetzt.« Dass nur eine eigentlich schon ausgemusterte eiserne Lunge zur Verfügung stand, behielt sie lieber für sich. Außerdem hätten zwei der Maschinen keinen Platz in dem Zimmer.

Zu ihrer Erleichterung war der Herzog mit dieser Erläuterung zufrieden. »Und wie sieht Sarahs Training aus?«

Frederike blickte sich kurz um. »Baut ihr bitte den Parcours auf?« Sie wandte sich an Betty und Paul.

Betty drehte sich zu Marias Freund. »Hilfst du mir tragen?«

Im Korridor war es möglich, die Schienen durch die Weichen so zustellen, dass die Mädchen ein Oval laufen konnten. Auf dieses Oval wurden dann auf dem Boden einige Holzklötze gestellt.

Betty reichte Paul eine Reitgerte. Sie grinste. »Du bist der Ponyherr. Ich werde es mir bei dir abschauen.«

Der Herzog intervenierte. »Sie werden Sarah doch nicht schlagen wollen?«

»Nein, natürlich nicht.« Paul schluckte. Er gab wieder, was er auf der Hütte gesehen hatte. »Es hilft dem Pony ein wenig, den Weg zu finden.«

»Manche Frauen schaffen es, sich gerade zu in Trance fallen zu lassen«, ergänzte Frederike. »So ein kleiner Klaps zeigt ihnen die Richtung, ohne sie aus ihrem Traum zu wecken.«

»Und welchen medizinischen Nutzen hat das?« Der Herzog schien sich von den Mädchenträumereien nicht beeindrucken zu lassen.

»Die Arme sind in der für das Gebet nötigen Haltung und werden durch das Hochsteigen immer wieder gelockert.« Frederike hoffte, das ihre Stimme genügend Überzeugungskraft hatte.

»Dann lassen sie mal sehen.« Der Herzog drehte sich zu Paul. »Beginnen sie mit der Therapie.«

Paul blickte zunächst etwas hilflos zu Boden. »Nun mach schon!« Betty stupste ihn an. Sie ahnte, dass ihn die Anwesenheit des Herzogs irritierte.

Innerlich seufzend hob Paul die Gerte und gab Sarah einen symbolischen Klaps auf den Hintern. Zu seiner Überraschung versuchte Sarah so etwas Ähnliches wie ein Wiehern, dann hob sie ihre Beine und schritt langsam in Richtung Korridor.

Obwohl Paul nur einmal ein paar Ponys zugeschaut hatte, fiel ihm doch sofort auf, dass Sarah ihre Beine überhaupt nicht hochhob. Er wusste zwar nicht, ob es wichtig war, doch er ließ die Gerte auf ihre Oberschenkelrückseite tanzen. »Die Beine hoch.«

Doch Sarah zeigte zunächst keine Reaktion. Erst als Betty sich einmischte, »Mach, was er gesagt hat.« ergab sich Sarah ihrem Schicksal und begann, neben Betty auch Paul als ihren Herrn anzuerkennen, wenigstens für kurze Zeit.

Vor dem ersten Hindernis blieb Sarah stehen und gab sich etwas trotzig. Erst ein erneutes Streicheln mit der Gerte zeigte dem widerspenstigem Pony, wer der Herr war und wer zu gehorchen hatte.

Paul war froh, dass Maria ihn so nicht sehen konnte. Andererseits war er dankbar, so schon mal etwas Erfahrungen sammeln zu können, denn er war sich sicher, dass auch Maria auf diese Spielart bestehen würde. Spätestens wenn das Fest vorüber sein würde.

* * *

»Chefin, ich habe da ein Problem.« Der Zahnarzt hatte um einen Termin bei Frederike gebeten.

»Was ist denn los?« Marias Mutter seufzte innerlich. Eigentlich hatte sie schon genug Ärger.

»Die Familie Kennedy hat für ihre Tochter Anna auch so einen Mundverschluss bestellt.« Er nahm ein Formular zur Hand. »Er soll aber verklebt oder verschweißt werden, statt der üblichen Verschraubung.«

Fredrike begriff sofort die Ungeheuerlichkeit dieser Forderung, wartete aber noch mit einer Reaktion.

»Damit kann er aber nicht mehr entfernt werden. Sie müsste ihn lebenslang tragen. Das kann doch nicht richtig sein, oder?«

Frederike stand auf und ging schweigend zum Fenster. Innerlich kochte sie. Was war nur in dieser Klinik los? Sie hatte den Eindruck, überhaupt keine Kontrolle mehr zu haben. »Welche Variante tragen Sarah und meine Tochter?«

»Die zum Zuschrauben.« Der Arzt trat ebenfalls an das Fenster. » Wir haben allerdings diese ganz neue Schraubenart genommen, weil dort der Schraubenzieher so gut wie nie abrutschen kann.«

»Dann machen sie das bei Anna genauso.« Sie reichte ihm die Hand. »Sie können sich auf mich berufen.«

Es freute ihn, dass seine Erfindung jetzt schon drei Mal zum Einsatz kommen sollte. Welches Leid er damit den Patientinnen antat, begriff er nicht. Im Gegenteil, er wurde schon öfters gefragt, wie man Patienten ruhig stellen konnte, ohne dass es große Folgen hatte. Mit seinem Zahnputz-Verschluss glaubte er eine gute Erfindung gemacht zu haben.

Marias Mutter hatte Mühe, ihre Überraschung zu verbergen. Sie hätte gern gefragt, wer die beiden Damen waren und wer ihre Unterbringung in der Sieben veranlasst hatte. Doch dann fiel ihr Blick auf die Unterschrift auf einem der Formulare und sie erkannte, mit wem sie dringend ein Gespräch zu führen hatte.

* * *

Anna zeigte überhaupt keine Reaktion, als Judith ihren Mund vermaß hatte und Abdrücke nahm.

Paul wunderte sich. »Ist dir das egal?«

»Eine Zahnspange.« Anna seufzte. »Na und?«

Betty wurde hellhörig. »Keine Zahnspange.« Sie kam näher. »Ein Mundverschluss.«

Anna horchte auf. »Ein was?«

»Judith hat doch heute von dir Abdrücke genommen.« Betty ahnte, dass Anna noch nicht begriffen hatte, was auf sie zukommen würde.

»Ja, wie bei Zahnspangen.«

Betty bat Sarah zu sich und bat sie, einmal den Mund zu öffnen. Deutlich war die Verschraubung der beiden Kieferhälften zu sehen. »Du kannst deinen Kiefer nicht mehr bewegen und ich glaube, deine Zunge wird auch fixiert?« Sie blickte Sarah fragend an.

Sarah bestätigte Bettys Vermutung.

Annas Blick erstarrte, als sie begriff, was mit ihr passieren würde. »Aber das können sie doch nicht machen?« Schon nach kurzer Zeit begannen Tränen über ihr Gesicht zu laufen. Sie hatte ihr schon fast alle Freuden genommen, jetzt würde sie ihr auch noch ihre Stimme rauben. Sie wandte sich ab und begann bitterlich zu weinen.

Doch kurz darauf besann sie sich. Das war nur ein weiterer Teil ihres Planes, sie zu brechen. Sie erhob sich wieder, wischte sie ihre Tränen weg und gab sich trotzig. Sollen sie ihr doch ihre Stimme auch noch nehmen. Mit Florian würde sie sich auch so verstehen.

* * *

Wie schon die Woche zuvor war Maria von der eisernen Lunge sehr erschöpft. Schon als Paul sie mit dem Beutel für das Abendessen versorgte, fielen ihr die Augen zu und Paul musste sie immer wieder anstupsen.

Sie lächelte verlegen. »Ich bin sehr müde.«


Anna blickte immer wieder zu den zwei Paaren. Sie waren so anders als all die anderen Spione, die bisher auf die Station geschickt worden waren. Ob man ihnen vielleicht doch vertrauen konnte? Anna schöpfte einen kleinen Funken Hoffnung. Sie würde heute Abend mit Florian darüber reden, wenn er kommen würde. Den Gedanken an den Mundverschluss schob sie weit von sich. Das wollte sie einfach nicht glauben. So grausam konnte ihre Familie doch nicht sein.

Auch Betty wälzte sich im Bett hin und her. Sie konnte auch nicht einschlafen, weil sie immer noch nicht wusste, ob es richtig war, was sie vor hatte. Hier alle Zelte abzubrechen und Sarah als persönliche Dienerin nach Brasilien zu folgen. Ob ihre Liebe zu Sarah wirklich stark genug war?

* * *

Frederike griff zu den Akten, die ihre Sekretärin kurz vor Dienstschluss noch vorbei gebracht hatte. Anna war anscheinend für das »Ehevorbereitungsprogramm« gebucht. Die Buchung war schon vor einem Vierteljahr durch ihren Vater erfolgt und war etwas in Vergessenheit geraten.

Sie blätterte weiter. Es waren anscheinend verschiedenen Behandlungen geordert, um den Widerwillen der Tochter zu brechen. Anna würde sofort aus der Klinik entlassen werden, wenn sie sich zu der Hochzeit bereit erklärte.

Frederike legte die Akte beiseite und lehnte sich zurück. Was war bloß aus ihrer Klinik geworden, seit der Investor hier das Sagen hatte und nur noch auf das Geld geschaut wurde. Annas Aufenthalt brachte der Klinik viel Geld ein, aber es war schmutziges Geld.
468. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 22.03.16 22:14

Hallo gag_coll,

erstmal ganz liebes Dankeschön für die sehr schnellen Fortsetzungen.
Schön das Paul auch endlich lernen darf.
Und so die verschiedensten Erfahrungen macht, z.B. Teamwork

Bei solchen Sachen wie mit Anna verstummt immer wieder irgendwie meine pazifistische Stimme.
Gibt es in den Staaten keine militanten Feministinen??
Ein kleiner Tip über "Papa" sollte doch reichen.

möge deine Muse stets mit dir sein
469. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 22.03.16 23:16

hi gag_coll

Ich muss zugeben, dass ich doch leicht geschockt war, als ich die Zeilen zu Anna las. Die Geschichte bewegt mich doch sehr und ich lese gierig deine geistigen Ergüsse. Man kann sie echt nicht oft genug loben.

Ich hoffe für Anna, dass du sie nicht in so eine Heirat schickst und auch Frederike die möglichkeit bekommt, "ihre" Klinik zu retten.

Wie Pardofelis schon schrieb:

Möge die Muse mit dir sein

gruß Kami
470. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 23.03.16 15:45

Zu erst einmal.Du hast uns vor enthalten wie es Frederike gefesselt erging.

Tja und da haben sich meine schlimmsten Befürchtungen bewarheited.Du hattest einaml erwähnt das das Programm von Frederike für Personen gedacht war,die es nicht freiwillig tun.Da hatte ich gehoft das es für Straftäterinnen und Drogenabhängige sind.Die so vor einen verpfuschten Leben und oder Knast bewart werden sollen.
Hatte jedoch schon damals die Sorge das man es auch mißbrauchen kann und wird.Um Personen zu brechen oder ihren willen zu nehmen so das sie nichts mehr selbst machen können.Möglicher weise had deswegen der Investor einen Zugang gesucht und gefunden.Weil er von Frederiks Programm erfahren had und es eine Menge Leute gibt die dafür viel Geld zahlen werden.Das had man auch schon gesehen das er keine Einwände gegen den Herzog hatte und Anna heimlich reinschaffen ließ und sie ins Programm gesteckt hatte ohne Frederike davon zu sagen.
Selbst wenn Frederike kündigt had er ihre Arbeit und er findet sicher jemand der es weiter betreibt.
Das Problem ist.Wenn es jemals raus kommt ist sie so was von fällig.Denn sie verstoßen gegen etliche GEsetze. Da währen Freiheitsberaubung,Mißhandlung von Schutzbefohlenen,schwere Körperverletzung und noch viel mehr.
Der Investor würde sicher davon kommen,da er einfach behaubted er hatte davon keine Ahnung und sich auch im Tagesgeschehen nicht eingemischt.Die Ärzte und Pfleger würden alles abbekommen.Und selbst wenn sie frei kommen,ihr Ruf währe für immer zerstört.

Ich hoffe das geht noch gut aus.Da schließe ich mich sicher den anderen vor mir an.
MAl schaun was du da noch so hin Zauberst.

Viel Spaß und möge die Muse dich regelrecht abknutchen.

mfg Wölchen
471. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.03.16 17:05

Zitat
Zu erst einmal.Du hast uns vor enthalten wie es Frederike gefesselt erging.
Da hast du recht, ich werde es im Kapitel 14 nachreichen...

Zum Rest möchte ich erst mal noch nichts sagen...
472. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 18

geschrieben von gag_coll am 24.03.16 11:45

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 18
Autor: Karl Kollar

Dienstag, den 7. September 1984

»Guten Morgen, mein Schatz, du musst aufstehen.« Paul beugte sich zu Maria herunter.

Maria schlug die Augen auf und verzog das Gesicht.

»Was ist los?« Paul war besorgt. Erst jetzt dachte er wieder daran, dass Marias Mund verschlossen war. Er dachte nach. »Du hast Muskelkater?«

Maria nickte mit einem gequälten Lächeln.

»Aufstehen!« Betty steckte den Kopf zur Tür herein. »Wir haben heute viel zu tun.«

Mit einem deutlich hörbaren Seufzer schwang Maria sich dem Bett und wartete, bis Paul sie vom Bett befreit und mit dem Schienensystem verbunden hatte.

Es würde ein schöner Tag werden. Paul war da, Sarah freute sich auf ihre Hochzeit und ihre Mutter schien nichts gegen Paul zu haben, im Gegenteil, sie hatte ihnen ja schon ihre erste gemeinsame Nacht in Aussicht gestellt.

»Ich schaue dann mal nach Anna.« Paul ging zur Tür, während sich Maria auf den Weg ins Bad machte.


Anna wischte sich die Tränen weg. Sie hatte fast die ganze Nacht wach gelegen und hatte gegrübelt. Vielleicht konnte sie sich doch diesem Paul anvertrauen. Es waren lauter kleine Indizien, die Anna immer wieder abgewogen hatte. Nicht zuletzt war da der Satz, den gestern die Zahnarzthelferin hatte fallen lassen. Der Mundverschluss sei bestellt, damit sich Anna nicht den neuen Patienten anvertrauen konnte. Mit Sarah und Maria konnte sie nicht reden, denn sie trugen so einen Mundverschluss, wie er für sie schon angedroht war.

Vorhin war er schon da gewesen und hatte sie an das Schienensystem gebunden. Doch da war Annas Mut noch nicht groß genug gewesen. Sie hoffte, dass sie ihn nach dem Frühstück sprechen konnte.

Anna wusste, dass alle Räume, die sie mit dem Schienensystem erreichen konnte, videoüberwacht waren, doch soweit sie wusste, wurden sie nicht abgehört. Sie hatte das bald nach ihrer Einweisung in der Klinik ausprobiert.

Gestern war Florian wieder da gewesen. Anna war sehr froh, dass er es geschafft hatte, einen Job in der Klinik zu bekommen. So war es ihm möglich, sie ab und zu zu besuchen und ihr Kraft zu geben. Beinahe wäre er aufgeflogen, doch als Betty und Paul kontrollieren kamen, hatte er sich hinter dem Vorhang versteckt.

Anna seufzte. Sie wusste, dass es für sie keine Erlösung geben konnte. Irgendwann würde die Familie sie wahrscheinlich einfach vor den Traualtar zwingen. Doch ihre Liebe zu Florian würden sie ihr nicht nehmen können, egal, wie sehr sie sie auch folterten.

Wieder musste sie an den neuen Helfer denken, der jetzt auf der Station war. Er hatte die Maschine nicht so stark eingestellt, wie es verlangt war. Und Schwester Betty hatte dies auch für in Ordnung befunden. Doch es blieben Zweifel. Manche Aktionen der Familie waren schon sehr perfide gewesen.

Seufzend schwang sie sich vom Bett und machte sich auf den Weg zum Frühstück. Vielleicht konnte sie ihn schon beim Frühstück ansprechen, das wäre wohl am wenigsten auffällig.


»Mein Chef ist richtig begeistert, dass seine Erfindung jetzt schon drei Mal getragen wird.« Judith lächelte, als sie von Betty an der Schleuse abgeholt wurde.

»Mir persönlich gefällt es auch sehr gut.« Betty grinste. »Sarah hat dann immer so einen flehenden Blick.«

»Ich persönlich fände es eher gruselig, wenn mir so die Stimme genommen werden würde.« Judith war etwas nachdenklich. »Was ist mit der Magensonde? Ist die schon gelegt?«

Betty schüttelte den Kopf. »Das mache ich.« Sie grinste wieder. Ich habe mittlerweile eine gewisse Übung darin.«

»Holst du bitte Anna, ich bereite derweil alles vor.« Judith legte die mitgebrachten Sachen auf den Tisch.


»Ah, da bist du ja.« Betty wand den Kopf, als Anna das Zimmer betrat.

»Was ist denn schon?« Anna hatte Judith noch nicht erkannt, da sie ihr den Rücken zugewandt hatte.

Jetzt drehte sich Judith auch um.

»Jetzt schon?« Anna erstarrte. »Ich wollte doch noch...« Doch dann hielt sie inne. Sie durfte ihre Pläne nicht verraten.

»Kommst du bitte?« Judith blickte kurz zu Betty, die anscheinend schon die Sonde vorbereitete.

Anna wusste, dass Weglaufen keine Option war. Schon viel zu oft hatte sie es probiert, stets eine Menge Kraft verbraucht, wenn sie gegen den Schlitten kämpfte, und musste doch stets nachgeben.

»Bringen wir es hinter uns.« Mit sehr viel Sarkasmus ging Anna zu dem Stuhl, auf den Judith gezeigt hatte. Sie hatte etwas Ehrgeiz entwickelt, keine Tränen zu zeigen, zumindest nicht, wenn irgendwo eine Kamera lief. Sie wusste, dass die Familie die Tränen als Schwäche deuten würde. Sie wartete lieber damit, bis das Licht aus war, dann vertraute sie sich ihrem Kissen an.

* * *

»Bist du fertig?« Paul steckte den Kopf ins Bad.

»Ich bin sofort fertig.« Maria strahlte ihn an. »Heute wird ein schöner Tag.« Sie würden unter sich sein, und vielleicht würden sich sogar ein paar Momente mit Paul allein ergeben. Sie wischte sich mit dem Handschuh durchs Gesicht, dann hängte sie es an den Haken und wollte aus dem Bad eilen. Doch sie kam nur zwei Schritte, dann erinnerte sie der Ruck an ihrem Körper an das Schienensystem, an das sie gebunden war. Seufzend setzte sie ihren Weg langsam fort.

»Hör auf zu grinsen.« fauchte sie Paul an, der in der offenen Tür stand. Doch dann sah sie, was er in der Hand hielt. Ihren Mundverschluss.

»Die anderen dürfen nicht wissen, dass ich ihn dir abgenommen habe.« Er seufzte.

Maria seufzte, dann öffnete sie den Mund und ließ sich den Knebel einsetzen. Sie hätte ihn gern noch gefragt, wo er das Werkzeug dafür her hatte, doch das fiel ihr zu spät ein. Außerdem war es schöner, ihn ohne das Ding im Mund küssen zu können.


Im Frühstücksraum war Betty gerade mit Anna beschäftigt. Maria sah sofort, dass auch sie eine Magensonde bekam. Doch auch Sarah fiel ihr auf, die schweigend neben Betty stand und doch so etwas wie Eifersucht ausstrahlte. Sie schien sich erst wieder zu beruhigen, als Betty wieder von ihr abließ. »Ihre Patientin, Judith.« Sie grinste.

Judith drehte sich zu Paul. »Die Chefin sagt, sie hat dir das Werkzeug gegeben.«

»Ja, das hat sie.« Paul drehte sich um und beeilte sich, zur Tür zu kommen. »Ich habe es bei uns im Zimmer.« Er hoffte, dass keiner sein rotes Gesicht sah.


Insgeheim war Anna davon überzeugt, dass das mit dem Mundverschluss nicht funktionieren konnte. Zumindest hatte sie sich das seit dem Maßnehmen von gestern eingeredet. Doch als Judith mit den Schrauben hantierte, erkannte sie, dass sie in Zukunft auch auf ihre Stimme verzichten musste. Es kostete sie sehr viel Kraft, keine Tränen zu zeigen und erst so nach und nach erkannte sie die wahren Dimensionen dieser Aktion.

Sie würde nie mehr reden können, auch nicht mehr mit Florian. Zudem erkannte sie, dass ihr kleiner Fluchtplan auch vereitelt war. Wie sollte sie sich jetzt diesem Paul anvertrauen?


Paul war der Stimmungswechsel von Anna nicht entgangen. War sie bisher nur traurig gewesen mit etwas Trotz, so schien sie jetzt wirklich am Boden zerstört. Er blickte kurz zu Maria und seine Freundin bestätigte mit einem Blick seine Beobachtung. Er kam ins Grübeln. Maria und Sarah waren über den Mundverschluss zwar nicht begeistert, doch sie zeigten auch keinerlei Unbehagen. Doch Anna schien geradezu todunglücklich.


Betty kam mit einem Tablett heran. »Jetzt gibt es erst mal Frühstück.« Auf dem Tablett lagen die üblichen weißen Beutel, nur dass es diesmal drei Beutel waren. Sie blickte zu Paul. »Holst du bitte unsere Tabletts aus dem Aufzug?«

Paul kam der Bitte nach, und kurz darauf kehrte die übliche Frühstücksruhe ein.

Paul blickte immer wieder heimlich zu Anna, die sichtlich mit ihrem neuen Schicksal zu kämpfen hatte.


»Seid ihr schon bereit?« Frederike stand in der Tür, und hinter ihr waren noch mehrere Personen zu sehen.

»Ich dachte, das hier wäre eine geschlossene Abteilung.« Betty grinste, dann blickte sie in die Runde. Fast alle Beutel hatten sich geleert und auch die Tabletts von ihr und Paul waren so gut wie leer. »Wir sind bereit.« Sie lächelte ihre Chefin verlegen an.

»Der Orthopäde und der Schneider bitten um einen Termin für die Anpassung der neuen Korsetts.« Frederike tat, als hätte sie die Bemerkung von Betty nicht gehört.

Maria und Sarah sprangen auf. Sie befreiten sich von den Beuteln und blickten erwartungsvoll in Richtung der Tür.


»Warum ist denn das so aufwendig?« Betty verdrehte etwas die Augen, als sie sah, was die Ärzte und die Schwester so alles aufbauten.

»Es ist ja nicht nur eine einfache Anprobe.« Frederike übersah Bettys Blick. »Diese Korsetts sind mehr als das Übliche und wir möchten auch die Verteilung der Organe kontrollieren.«

Betty blickte erstaunt auf.

»Immerhin sollen sie die Korsett ja für länger tragen.« Theoretisch sogar für immer, dachte Marias Mutter noch bei sich.


»Darf ich euch mal einen Moment sprechen?« Gertrud war zu Paul und Betty getreten und blickte sie erwartungsvoll an.

»Werden wir hier gebraucht?« Betty wandte sich an den Orthopäden. Dieser gab ihnen frei. »Wenn sie gegen Mittag wieder da sind, sollte das reichen.«

Paul und Betty folgten Gertrud in ihr Zimmer. »Ich möchte mich bei euch entschuldigen.« Sie blickte kurz auf dem Fenster. »Herzog Breganza war bei mir und hat mir die Lage erklärt.«

Paul und Betty blickten sich an. Sie wussten nicht, was sie sagen sollten.

»Im Grunde ist es so auch schöner« Gertrud lächelte verschmitzt. »Es fing nämlich an, langweilig zu werden.«

»Warum sind sie eigentlich hier?« Paul fühlte irgendwie, dass jetzt vor allem Ehrlichkeit gefragt war.

»Mein Mann macht eine längere Geschäftsreise«, Sie zögerte etwas. »Und meine Dienerin ist schwanger, so dass sie sich mehr um sich selbst kümmern muss. Deswegen haben wir diesen Aufenthalt gebucht.«

»Und die ganzen Behandlungen?« Betty war hellhörig geworden. »Das sind doch teilweise Foltern.«

Gertrud wurde leicht rot. »Nun ja, ich bin wohl leicht masochistisch veranlagt. Mein Mann hat das recht früh erkannt und bereitet mir das Paradies auf Erden, jedenfalls meistens.«

Paul blickte zu Boden. Er wollte nicht darüber nachdenken, aus was genau dieses Paradies bestand.

»Und was erwarten sie jetzt von uns?« Betty wollte auf den Punkt kommen.

»Macht bitte einfach so weiter wie bisher.« Sie wurde etwas verlegen. »Es ist viel spannender, wenn ich nicht genau weiß, was kommen wird und wie die Geräte eingestellt sind.«

Paul und Betty griffen sich unwillkürlich bei den Händen. Die Anspannung unterband persönliche Gefühle. Sie spürten, dass Gertrud ihnen viel Vertrauen entgegen brachte und sie hofften beide, es nicht zu enttäuschen.

»Und dann wäre da noch etwas.« Gertrud ging zu ihrer Kommode und schaltete das Radio an. Dann bat sie Paul und Betty, näher zu kommen.

Sie ließen ihren Hände wieder los und kamen der Bitte nach.

»Ich weiß nicht, ob Annas Familie hier mithören kann, deswegen das Radio.« Gertruds Stimme war auf einmal leise und verschwörerisch. »Ich mache mir große Sorgen um Anna.« Gertrud berichtete von ihrem Beobachtungen. »Sie war immer schon recht traurig, doch jetzt mit dem Mundverschluss ist sie todunglücklich.«

Paul bestätigte ihre Beobachtung. »Das ist mir auch aufgefallen.«

»Mir vertraut sie nicht, weil ich Kontakte zu Herrn Brown habe.« Gertrud verdrehte kurz die Augen. »Aber ich glaube, du könntest Zugang zu ihr finden.« Sie blickte Paul zuversichtlich an.

Paul musste schlucken. »Ich werde es versuchen.« Auch ihm war der traurige Blick von Anna zu Herzen gegangen.

»Und jetzt hätte ich noch eine andere Bitte.« Gertrud hatte auf einmal etwas Flehendes im Blick. »Mein Mann hat mir diese Mumie geschenkt, aber wir sind noch nicht dazu gekommen, sie auszuprobieren.« Sie zeigte auf einen großen Kasten, der von der Form her ein wenig an einen Sarkophag erinnerte. »Natürlich nur, wenn ihr Zeit habt.«

Bettys Augen begannen zu leuchten. »Ich geh mal fragen, ob wir gebraucht werden.« Sie verließ den Raum.

Paul ging auf den großen Kasten zu und blieb ehrfurchtsvoll davor stehen.

»Hier wird es aufgeklappt.« Gertrud zeigte auf einen Riegel. »Und hier ist das Bedienpult.« Sie öffnete eine Klappe und gab den Blick frei auf einige Knöpfe und ein tachoähnliche Anzeige. Als Einheit war Bar angegeben.

Paul blickte interessiert auf die Anzeige. »Es geht um Druck?«

Gertrud klappte die Mumie auf und ließ Paul in das Innere blicken. »Hier im Inneren sind viele kleine Luftkammern, die abwechseln aufgeblasen werden. Das ist dann wie eine Massage.«

Pauls Blick zeigte an, dass er sehr beeindruckt war. »Und sie sagen, sie waren da noch nie drin?«

»Wir haben die Maschine natürlich ihm Rahmen einer Abnahme getestet und auch alle Druckparameter überprüft. Aber fliegen konnte ich darin noch nicht.«


»Bis zum Mittag kommen sie ohne uns zurecht.« Betty strahlte, als sie in Gertruds Zimmer zurück kam. Als sie die offene Mumie sah, pfiff sie. »Was ist denn das Feines?« Sie kam interessiert näher.

»Das ist meine vollautomatische Ganzkörper-Massage.« Gertrud wiederholte, was sie schon Paul erzählt hatte.

»Da sind ja auch Spielzeuge eingebaut.« Betty hatte sehr schnell erkannt, dass für die Brüste und den Schritt besondere Zapfen vorgesehen waren.

»Kennerblick.« Gertrud lächelte. »Die sind natürlich in der Position verstellbar, falls mal jemand anders hinein möchte.«

Betty griff das nicht ausgesprochene Angebot auf. »Ich würde Sarah hier gern mal einsperren.« Sie fasste an die Riemen, die innen offensichtlich zum Festschnallen der Probandin gedacht waren.

»Es ist aber schöner« Gertrud war dem Gedankengang gefolgt, »wenn man gar nicht festgeschnallt ist, weil man dann die Massage überall spüren kann.«

»Ich weiß nicht, ob Maria das gefallen würde.« Paul war eher skeptisch. »Wie lange dauert so eine Massage?«

»In Minuten oder in Orgasmen?« Gertrud lächelte. »Ich hoffe auf mehrere Höhepunkte. Wir konnten es wie gesagt bisher nicht ausprobieren.« Sie griff zu einigen der Knöpfe und stellte sie ein. »So wird es eine Stunde dauern.« Sie blickte Paul und Betty nachdenklich an. »Würdet ihr euch trauen, mich da einzusperren?«

Betty war sofort bereit, doch Paul zögerte etwas. »Gibt es so etwas wie ein Notsignal?« Er hatte etwas Sorge im Blick.

»Komisch,« Gertrud grinste, »das hat mein Mann auch gefragt.« Sie nahm einen kleinen Schalter zur Hand. »Das hier werde ich in der Hand halten.«

Paul sah, dass auf dem kleinen ungefähr Ei-großen Gegenstand zwei Knöpfe waren, ein eckiger und ein runder.

»Der eckige Knopf setzt das Massageprogramm für eine Minute aus, falls es mir zuviel wird.«

»Und der runde Knopf?«

»Der löst den Alarm aus und ihr müsst mich sofort befreien.«

»Also, was müssen wir machen?« Betty hatte wieder dieses verdächtige Leuchten in den Augen.

»Ihr müsstest mich umschnallen.« Sie griff mit der Hand an den Bolzen, der ihr Keuschheitsgürtel an das Schienensystem koppelte. »Ich stelle mich in die Mumie und ihr müsst sie nur zuklappen.« Ihre Stimme zeigte ihre hohe Erregung. »Die Maschine startet dann automatisch.«

Paul spürte einmal wieder, dass er auch einen Keuschheitsgürtel trug. Er war allerdings auch dankbar dafür, denn es half ihm, seine Erregung unter Kontrolle zu halten.

»Dann lasst uns anfangen.« Gertrud drehte sich zu Betty und zeigte mit der Hand wieder auf das Seil, welches sie an die Schienen kettete.

Betty trat vor und dirigierte Gertrud in die Mumie. Sie nahm das Seil, das in der Mumie angebracht war und klinkte es in den Gürtel ein, dann konnte sie das Schienenseil entfernen. »Und jetzt?« Ihre Stimme zeigte auch ihre Nervosität an.

»Ich stelle mich bequem hin und dann macht ihr die Mumie einfach zu. Der Rest geht automatisch.« Gertrud Augen leuchteten.

Paul überzeugte sich noch einmal, dass Gertrud das Ei in der Hand hielt, dann blickte er Betty fragend an. »Bereit?«

Auch Betty spürte das Besondere des Augenblicks. Sie nickte nur.

Langsam schoben sie die Tür zu, bis ein Klacken das Schließen der tür anzeigte. Sofort setzte ein leises Brummen ein und ebenso war ein leises Stöhnen zu hören.


»Passt du auf?« Paul fand den Anblick der Mumie und das Wissen, dass Gertrud sich darin foltern ließ, sehr faszinierend, doch etwas anderes bewegte ihn noch mehr. »Ich möchte noch mal nach Anna sehen. Ich mache mir Sorgen um sie.«

»Ja, bitte schau nach ihr.« Betty war Annas Zustand ebenfalls aufgefallen. »So traurig war sie bisher noch nie. Ich passe auf.«


Auf Annas Behandlungsplan stand »strenges Monohandschuh-Training«. Paul erschrak, als er es entdeckte. Es war seit dem Frühstück schon mindestens eine Stunde vergangen und die Behandlung hatte noch nicht begonnen. Er blickte sich in dem kleinen Schwesternzimmer um, doch von einem Handschuh für Anna war nichts zu sehen.

»Vielleicht weiß Anna, wo ihr Handschuh ist«, dachte er bei sich und ging in Annas Zimmer.

Auf den ersten Blick war das Zimmer leer, doch die Überwachung hatte angezeigt, dass sich eine Person im Zimmer befand.

Paul ließ sein blick durch das Zimmer schweifen, und als er das Seil entdeckte, was von der Decke hinter den Vorhang führte, lächelte er. Anna hatte sich dort versteckt.

Er ging zum Vorhang und zog ihn beiseite. Anna saß auf einem Hocker und hatte den Kopf in die Hände versenkt. Sie schluchzte leise. Der Kragen ihrer Bluse zeigte an, dass sie heftig geweint haben musste.

»Wo ist denn dein Handschuh?« fragte er unvermittelt.

Anna hob langsam den Kopf und zeigte auf ihren Schrank. Ein leises ´Mmpf? zeigte an, das sie versuchte, etwas zu sagen.

Paul ging zum Schrank und öffnete ihn. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl, einfach so in fremden Schränken herum zu wühlen. Auf einmal hatte er eine Idee. »Ich finde ihn nicht.« Er drehte sich zu Anna. Es würde Anna vielleicht gut tun, sich etwas zu bewegen.

Anna seufzte, dann stand sie langsam auf und folgte dem Schienensystem, bis sie am Schrank war. Jetzt war sie mit Paul allein, doch ihr Mund war versiegelt. Mit den Händen reden, diese Option würde auch gleich vorbei sein. Den Handschuh betrachtete Anna neben all den Folteraktionen ihrer Familie noch aus einem andere Grund sehr skeptisch. Immer wenn sie den Handschuh trug, wurde ihr Oberkörper nach vorn gedrückt und ihr Busen wurden besonders hervorgehoben. Florian war von diesem Anblick sehr angetan und war dann immer besonders zärtlich zu ihr.

Sie griff innerlich seufzend in das Fach, in dem der Handschuh deutlich sichtbar oben auf lag. Eigentlich war er nicht zu übersehen. Sie reichte ihm den Handschuh und legte dann ihre Arme auf den Rücken, wie es stets von ihr erwartet wurde. Im Vergleich zu all den anderen Sachen, die die Familie für sie bestellt hatte, war der Handschuh noch eine der angenehmsten Sachen.

»Warum bist du so traurig?« Natürlich wusste Paul, dass Anna nicht antworten konnte, aber er wollte ihr zumindest zeigen, dass er ihre Trauer bemerkt hatte.

Doch zu seiner Überraschung zeigte Anna auf einmal ein sehr erschrockenes Gesicht und zeigte mit der Hand auf eine bestimmte Stelle in ihrem Zimmer.

Paul folgte dem Blick und sah, dass dort eine dieser neumodischen Videokameras angebracht war. Annas Raum wurde überwacht. Er begriff, was sie ihm damit sagen wollte. Sie würde sich verraten. Seufzend legte sie wieder ihre Arme auf den Rücken und blickte Paul bittend an. Sie hoffte, dass er sie verstanden hatte.


Es kam Paul schon sehr seltsam vor. Er hatte schon ein paar Frauen den Handschuh angelegt und fast jede hatte dabei so etwas wie Gefühle gezeigt. Maria zitterte meistens ein wenig, die anderen zogen an den Armen, während Paul die Schnürung verschloss. Doch Anna zeigte nichts von all dem. Er fühlte überhaupt keine Spannung in ihr, es kam ihm fast vor, als würde er an einer Puppe arbeiten. Anna war das Anlegen des Handschuhs völlig gleichgültig.

Als er ihr signalisierte, dass er fertig war, zeigte sie weiterhin keine Reaktion. Sie ging einfach langsam zu ihrem Bett und ließ sich in die Kissen fallen.

In Paul reifte ein Plan. Er musste einen Raum finden, der nicht videoüberwacht wurde und müssten Anna hineinbringen. Dann könnten sie ihr den Mundverschluss abnehmen. Er spürte, dass Anna mit ihm reden wollte, doch sie hatte Angst vor der Überwachung durch ihre Familie.

* * *

Vom Korridor waren plötzlich Stimmen zu hören. Paul ging zu Tür, um nachzusehen.

»Noch mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Sabeth.« Nicolas nahm seine Frau in den Arm. »Genieße dein Geschenk.«

»Vielen Dank.« Sabeth küsste ihren Mann dankbar, dann drehte sie sich zu Paula. »Jetzt kann es losgehen.«

Paula hatte beim Kuss weggesehen. Sie legte den Arm um ihre Geliebte. »Ich habe einiges für dich vorbereitet.«

Paul blickte verwundert auf die Personen, die soeben die Sieben betreten hatten. Sabeth war da mit ihrem Mann und Paula, und Nicolas wurde von Monica begleitet, die bei dem Abschiedskuss ebenfalls die Stirn gerunzelt hatte. Hinter ihnen hatte auch Marias Mutter die Sieben betreten.

»Ich hoffe, es ist alles zu ihrer Zufriedenheit.« Frederike war eine gewisse Anspannung anzusehen. »Wenn etwas sein sollte, ich bin für sie jederzeit zu erreichen.«

Sabeth entwand sich Paulas Umarmung und gab der Chefin die Hand. »Danke für die Erfüllung eines lange gehegten Traumes. Wir werden es genießen.« Sie blickte kurz zu Paula. »Und jetzt raus mit euch.«

Ihre letzten Worte galten Nicolas und Monica, die sich ebenfalls noch kurz bei ihr verabschiedeten. »Bis zum Wochenende. Genießt die Zeit.«

Sabeth blickte kurz zu Paula, die den Blick erwiderte. »Das werden wir.«

Frederike ging zu der Tür, die bisher verschlossen gewesen war. Sie schloss sie auf. »Das wird ihr Zimmer werden.«

»Was ist denn hier für ein Lärm?« Betty steckte den Kopf aus dem Zimmer. »Oh, hallo Schwägerin.« Sie grinste. »Bereit für fesselnde Abenteuer?« Sie warf Paula einen schnellen Blick zu.

»Ich hoffe doch.« Sabeth grinste.


»Wie weit seid ihr?« Paul versuchte den Überblick zu bekommen.

»Die beiden sind gerade beim Röntgen.« Betty grinste. »Mit den neuen Korsetts.« Mit den Händen deutete sie eine schmale Taille an.

»Ich dachte, wir sind hier in der geschlossenen Abteilung.« Paul war verwundert.

»Die beiden wissen nicht, was passiert.« Sie beschrieb, dass sie Maria und Sarah mit Augenbinde und Ohrenstöpsel versehen hatte und sie dann in Rollstühlen zum Röngtenraum gebracht wurden.

Paul blickte Betty erstaunt an.

»Natürlich habe ich sie auf den Stühlen fixiert.« Sie grinste. »Morgen machen wir das noch mal, dann aber mit den Ganzkörperkorsetts. Das wird besonders spannend.«
473. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 24.03.16 20:09

Kleine Übersicht:

Maria - Protagonistin
Paul - Protagonist
Frederike - Marias Mutter und Leiterin der Klinik
Sarah - Prinzessin in ausbildung, soll Juan heiraten
Betty - Schwester in der Klinik und bald Zofe von Sarah
Juan - Prinz, soll Sarah heiraten, geliebter von Bertram
Bertram - Diene von Juan, geliebter von Juan
Sabeth - Mutter von Sarah (?), Frau von Nicolas
Paula - Zofe von Sabeth, ihre geliebte (?)
Nicolas - Der Herzog (?), Frau von Sabeth, geliebter von Monica
Monica - Nicolas Sekretärein und geliebte
... Ich habe ein wenig den überblick verloren. Kannst du uns da helfen?

gruß Kami
474. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.03.16 20:37

... war ja fast alles richtig... Sabeth ist die älteste Tochter von Herzog Breganza und die Schwester von Juan.

Maria - Protagonistin
Paul - Protagonist
Frederike - Marias Mutter und Leiterin der Klinik
Sarah - Prinzessin in Ausbildung, soll Juan heiraten
Betty - Schwester in der Klinik und bald Zofe von Sarah
Juan - Sohn des Herzogs, soll Sarah heiraten, Geliebter von Bertram
Bertram - Diener von Juan, Geliebter von Juan
Sabeth - Tochter des Herzogs, Schwester von Juan, Frau von Nicolas
Paula - Zofe von Sabeth, ihre Geliebte
Nicolas - Mann von Sabeth, geliebter von Monica
Monica - Nicolas Sekretärein und Geliebte
475. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 24.03.16 20:47

Zitat
... war ja fast alles richtig... Sabeth ist die älteste Tochter von Herzog Breganza und die Schwester von Juan.

Maria - Protagonistin
Paul - Protagonist
Frederike - Marias Mutter und Leiterin der Klinik
Sarah - Prinzessin in Ausbildung, soll Juan heiraten
Betty - Schwester in der Klinik und bald Zofe von Sarah
Juan - Sohn des Herzogs, soll Sarah heiraten, Geliebter von Bertram
Bertram - Diener von Juan, Geliebter von Juan
Sabeth - Tochter des Herzogs, Schwester von Juan, Frau von Nicolas
Paula - Zofe von Sabeth, ihre Geliebte
Nicolas - Mann von Sabeth, geliebter von Monica
Monica - Nicolas Sekretärein und Geliebte


Die Firma dankt
476. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 19

geschrieben von gag_coll am 25.03.16 06:26

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 19
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, den 7. September 1984)

»Für eine Klinikküche gar nicht schlecht.« Paula schob ihren Teller weg. »Ich bin pappsatt.« Ihr Blick fiel auf Bettys Teller. Betty hatte kaum etwas angerührt. Paula ahnte, was Betty bewegte. »Du fragst dich, ob es richtig ist, hier alles aufzugeben, um ihr zu folgen.«

Betty seufzte tief, dann blickte sie erstaunt auf. »Woher weißt du das?«

»Ich war in der gleichen Situation wie du.« Paula lehnte sich zurück und schloss für einen kurzen Moment die Augen, um sich zu erinnern. »Ich kenne Sabeth eigentlich schon seit unserer Jugend. Mein Vater war bei ihnen als Jäger angestellt.«

Paula begann von ihrer Kindheit zu erzählen. Alle am Tisch waren still und lauschten Sabeth Freundin.

Betty hörte sehr aufmerksam zu und vieles von dem, was Paula erzählte, kam ihr mehr oder weniger bekannt vor. Auch Paula hatte nächtelang wachgelegen und über ihre Beziehung zu der adeligen Frau nachgedacht.

»Ich kann dir eigentlich nur einen Rat geben.« Sie blickte Betty intensiv an. »Folge deinem Herz und blende alles andere aus.«

Betty begriff, dass es Paula gut mit ihr meinte. Doch sie wusste nicht, was sie antworten sollte.

»Wenn du Sarah wirklich liebst, dann wird sich alles andere ergeben.«

»Aber woher soll ich wissen, ob sie mich auch so liebt?« Bettys Stimme zeigte ihre Ernsthaftigkeit. Ein wenig plagte sie ihr schlechtes Gewissen, wenn sie Sarah bei den Behandlungen wieder gequält hatte.

»Auf diese Frage kann nur einer antworten...« Paula antwortete theatralisch. »Und das ist dein Herz.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Wenn ich richtig informiert bin, dann hat Sabeths Vater dir schon ein Angebot gemacht.«

Betty nickte. »Bis Freitag möchte er eine Antwort von mir haben.«

»Bei mir war es genauso«, Paula zeigte viel Mitgefühl. »Ich habe in der Zeit nur sehr unruhig geschlafen. Und habe mich ständig gefragt, ob ich wirklich das Richtige tue.«

Betty seufzte tief.

»Eines musst du wissen.« Paula hoffte, dass sie das Richtige sagte. »Du wirst zwar so gut wie immer an ihrer Seite sein, aber nur selten dürft ihr eure Gefühle zeigen. Vor allem nicht in der Öffentlichkeit.«

Betty seufzte wieder.

»Selbst Händchen halten kann unter Umständen schon zuviel sein.« Paula wollte Betty zwar nicht die Zukunft verbauen, doch sie sollte realistisches Bild dessen haben, was sie erwarten würde. »Es wird erwartet, dass Du immer an Sarahs Seite bist, aber sichtbare Gefühle dürft ihr nicht zeigen.«

Betty blickte lange aus dem Fenster, sie fand keine Worte.

»Wenn ihr in Zukunft irgendwo eingeladen sein, dann wird erwartet, dass Sarah mit ihrem Mann in einem Bett schläft.« Sie deutete an, dass ihr genau das sehr viel Probleme bereitet hat. »Erst als ich mich einmal mit Monica ausgetauscht habe und erfahren habe, dass es ihr genauso erging, wurde es besser.«

Bettys Blick hellte sich etwas auf. »Mit Bertram habe ich ja schon Frieden geschlossen.«

»Und wie denkst du über Juan?« Paula war froh, die Fragen stellen zu können, die für sie selbst wichtig waren.

»Ich kenne ihn bisher nur sehr oberflächlich.« Betty lächelte gequält. »Ich habe seinen Vater öfters gesehen als ihn selbst.«

»So war es bei mir auch.« Paula nickte. »Ist er dir sympathisch?«

»Gute Frage.« Betty musste überlegen. »Eigentlich schon. Mir fällt jetzt nichts Negatives ein.«

»Ich denke, ihr werdet glücklich werden.« Paula gab sich sehr zuversichtlich. Ihr Blick fiel auf die Uhr. »Liebling, wie wär?s, wollen wir anfangen.« Sie lächelte ihre Geliebte an, die bisher still zugehört hatte.

»Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.« Sabeth grinste. »Ich wollte euch nur nicht unterbrechen.« Ihr Ton zeigte, dass sie die Sorgen von Betty durchaus respektierte und ernst nahm.


Paul blickte ebenfalls etwas verwundert. »Auf dem Plan steht etwas von ´Elektro-Massage´. Was ist denn das?«

»Da sind sie schon.« Betty erklärte, dass Sarah und Maria in ihren Rollstühlen nach dem Röntgen gleich zur Massage gefahren wurden. »Wenn sie dort fertig sind, müssen wir ihnen die Armbrüste anlegen.«

Pauls Blick zeigte sein Erstaunen. »Armbrüste?« In seinen Gedanke sah er einige Ritter, die mit Armbrüsten auf ihre Feinde schossen.«

»Das wirst du dann sehen.« Betty lächelte. »Der Bogen sieht aus wie eine Armbrust.«

Paul wollte zuerst nachhaken, denn auch Bogen sagte ihn nichts, doch dann beschloss er, es einfach auf sich zukommen zu lassen.

»Einen Moment bitte«, Paula räusperte sich, »wenn ich das richtig verstehe, dann hättest du gerade nichts zu tun?«

Paul blickte kurz zu Betty, dann bestätigte er Paulas Vermutung.

»Es wäre sehr nett, wenn du uns beim Auspacken helfen könntest, dann könnte Sabeth schon jetzt fixiert werden.«

»Du kannst wohl die Zeit nicht abwarten.« Sabeth lachte kurz, dann wurde sie unerwartet ernst. »Ich freue mich schon lange darauf, es endlich auszuprobieren.«

»Ja, das kann ich schon machen.« Er blickte zwischen Sabeth und Paula hin und her.

Paula nahm einen winzigen Schlüssel aus ihrer Handtasche und trat auf ihre Freundin zu.

Sabeth zog sich die Ärmel so weit hoch, dass ihre Ellenbogen frei waren. Paul war erstaunt, als ein filigranes Metallgestell zum Vorschein kam, welches sich scheinbar nahtlos um ihre Arme schmiegte.

»Bitte die Arme strecken.« Paulas Stimme war seltsam verwandelt. Sie zeigte sowohl Liebe als auch Dominanz.

Sabeths Augen leuchteten, als sie dem Befehl ihrer Dienerin nach kam.

Paula fingerte mit dem Schlüssel kurz am Ellenbogen herum, dann zog sie die Ärmel wieder herunter und strahlte. »Fertig.«

Sabeth musste lachen, als sie Pauls und Bettys ratlose Gesichter sah. »Ich trage seit heute Morgen schon ein Exoskelett und freue mich schon seit Wochen auf diesen Moment.« Ein Strahlen ging über ihr Gesicht. »Paula wird mir so nach und nach alle meine Gelenke fixieren, bis ich mich gar nicht mehr bewegen kann.«

Paula steckte den Schlüssel wieder in ihre Tasche. »Ich freue mich auch schon lange darauf.« Sie grinste nicht minder. »Doch jetzt gehen wir erst mal auspacken.« Sie blickte Paul ermunternd an.


»Hier, das ist das Gerät, dass unsere beiden gleich tragen müssen.« Betty zeigte Paul die Bögen, den sie für die Behandlung bereit gelegt hatte.

Bis vor Kurzem wäre Paul vielleicht noch verwundert gewesen, doch seit er Paula beim Auspacken geholfen hatte, wunderte ihn nichts mehr. Paula hatte es sich zum Vergnügen gemacht, jeden Gegenstand, den Paul aus der großen Kiste heraus nahm, in seiner Funktion zu erklären und hatte dabei immer wieder auf Sabeth geblickt, die immer erregter wurde.

Als sie in ihrem Zimmer angekommen waren, hatte Paula ihrer Freundin auch noch die Schultergelenke und die Knie fixiert, so dass Sabeth nur noch herumstehen und zusehen konnte. Es störte sie gewaltig, dass Paula alle ihre Foltergeräte so deutlich vor einem nahezu Fremden ausbreitete, doch es gab nichts, was sie dagegen machen konnte.

Sabeth liebte insgeheim diesen Zustand, wenn sie den Launen ihrer Dienerin so hilflos ausgeliefert war. In Brasilien gab es dafür nur selten Gelegenheit, und um so erfreuter waren beide, hier ihrer Leidenschaft wirklich ungestört nachgehen zu können.

Paul hatte es bald realisiert, dass es etwas Besonderes war, Zeuge diese Spiele zu sein, und insgeheim nahm er sich vor, dieses Vertrauen auch nicht zu enttäuschen.

Ganz zum Schluss musste er noch mit anfassen, als Sabeth aufs Bett gelegt wurde und Paula auch noch die Hüftgelenke fixierte. Anschließend reichte Paula ihm die Hand und bedankte sich für die Hilfe. Auch Sabeth bedankte sich mit leuchtenden Augen beim ihm.

Paul begriff sofort, dass die beiden Frauen jetzt unter sich sein wollten. »Stets zu Diensten.« Er verbeugte sich und verließ dann langsam das Zimmer.


»Müssen wir sie holen?« Paul blickte etwas verwundert auf den seltsamen Bogen, den Betty ihm in die Hand gedrückt hatte.

»Nein«, Betty schüttelte den Kopf. »Sie werden gebracht.« Auf einmal veränderte sich ihre Stimme und sie rückte etwas näher zu Paul heran. »Stell dir vor, sie tragen den Mundverschluss, die Augenbinde und die Ohrstöpsel, sie wissen also gar nicht, was los ist.« Ihre Stimme zeigte eine gewisse Faszination.

Ohne dass er es richtig erklären konnte, spürte Paul auf einmal eine gewisse Vertrautheit zu Betty und ihrer offensichtlichen Leidenschaft. Er griff den Faden auf. »Und du meinst, wir lassen sie in dem Zustand?«

»Du verstehst mich« Betty grinste. »Erst zur Kaffeepause werden wir sie befreien.«

Unter normalen Umständen hätte Paul auf einer Befreiung von Maria bestanden, doch irgendwie war Bettys leichter Sadismus ansteckend. Er grinste. Außerdem wusste er, dass solche Isolationen für Maria nichts Neues waren. Aber er fragte sich, ob sie ihn trotzdem erkennen würde.

* * *

Drei Herren warteten im Besuchsraum und hatte eine Kamera und ein Mikro aufgebaut.

Paul hatte beim Aufbauen helfen müssen und hatte dabei aus den Gesprächen ein wenig aufgreifen können. Er begriff indirekt, dass dieser Raum nicht videoüberwacht wurde, sonst hätten die Anwälte die Kamera nicht mitbringen müssen.

»Und das Gerät zeichnet alles auf?« Der Älteste der drei Anwälte blickte besorgt auf den Tisch. »Wenn das noch mal schief geht und wir wieder keine Aufzeichnungen mitbringen, dann macht uns die Familie die Hölle heiß.«

»Keine Sorgen, ich habe das gestern ausführlich getestet.« Er rückte die Geräte noch einmal zurecht. »Und es ist ein ganz neues Band, nur einmal von mir getestet.«

»Na hoffentlich.« Er drehte sich zu Paul. »Sie können Frau Kennedy dann zu uns bringen.«

Paul machte sich sofort auf den Weg. Irgendwie strahlten die Herren eine gewisse Autorität aus, der er sich nicht widersetzen wollte.

Anna saß schon auf ihrem Bett und stand auf, als Paul das Zimmer betrat, noch bevor er etwas sagen konnte.

Innerlich seufzte sie. Wenn die Anwälte nicht zwei Mal pro Woche kämen, wäre sie fast in der Lage, die Gedanken an ihre Familie und die drohende Zukunft auszublenden. Doch so musste sie jeden Dienstag und Donnerstag stets das gleiche Prozedere über sich ergehen lassen.

Doch diesmal würde es anders sein. Sie hatte ihr die Stimme genommen und Anna war nur noch zu Gesten fähig. Nicht dass das am Ablauf der Prozedur etwas ändern würde. Sie würde wieder schweigend da sitzen und bei den entscheidenden Fragen den Kopf schütteln. Doch diesmal musste sie wenigstens nicht aufpassen, ein falsches Wort zu sagen. Die Anwälte mussten ein kleines Vermögen kosten, doch Geld hatte für die Familie noch nie eine Rolle gespielt.

Seufzend folgte sie Paul, der langsam voran ging. An der Tür zum Besucherraum befreite er Anna von den Schienen, dann zog er sich höflich zurück.


Wie jedes Mal setzte Anna sich auf den Stuhl, der für sie bereit stand und senkte den Kopf. Vor ihr lag die Einverständniserklärung, die auf ihre Unterschrift wartete. Doch Anna war sich so sicher wie noch nie, dass sie dieses Papier nie unterschreiben würde.

Einer der Anwälte hatte ein Tonband dabei, das er abspielte.

»Meine liebe Tochter...« Als Anna die herrische Stimme ihres Vaters erkannte, begann sie innerlich zu singen, um die Stimme auszublenden, was ihr auch leidlich gelang. Sie wollte nichts von dem hören, was das Familienoberhaupt ihr zu sagen hatte, egal was es auch war, denn sie wusste, dass sie die Liebe zu ihrem Florian nie akzeptieren würden.

»Nun, sind sie bereit, zu unterschreiben?« Der älteste der Anwälte holte Anna aus ihren Gedanken zurück. »Nicken sie einfach oder schütteln sie den Kopf.«

Anna erkannte, dass die Kanzlei über ihren aktuellen Zustand Bescheid wusste. Langsam aber deutlich schüttelte sie ihren Kopf und blickte wieder zu Boden.

»Das ist doch nur Zeitverschwendung.« stöhnte der jüngste der drei Herren.

»Mag ja sein«, erwiderte der mittlere in der gleichen Lautstärke. »Aber sie wird sehr gut bezahlt.«

Anna hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Ihre Familie hatte die teuerste Kanzlei weit und breit engagiert und jeder Besuch bei ihnen kostete die Familie über zehntausend Dollar.


»Sie können sie wieder zurück bringen.« Paul erhob sich, als einer der Anwälte seinen Kopf aus der Tür steckte.

Fast hätte Paul gefragt, ob Anna unterschrieben hätte, doch dann konnte er sich zusammenreißen. Ihm ging zwar das Schicksal von Anna zu Herzen, aber in diese Familiengeschichte durfte er sich nicht einmischen.

Als er Anna aus dem Raum führte und wieder an das Schienensystem anschloss, glaubte er fast so etwas wie Stolz bei Anna zu fühlen und insgeheim erkannte er, dass Anna wohl wieder nicht unterschrieben hatte.


»Bringst du Anna gleich wieder zur Streckbank?« Betty hielt Annas Behandlungsplan hoch.

Paul nickte. »Kann ich machen.«

Betty kam mit einem Zettel hinterher. Sie blickte Anna entschuldigend an. »Solange die Anwälte noch da sind, müssen wir die verlangten Werte einstellen, doch so bald sie weg sind, stellen wir die wieder runter.

Anna blickte Betty erstaunt an. Wie gern hätte sie jetzt zumindest einmal ein paar Fragen gestellt. Sie spürte immer deutlicher, dass diese Krankenschwester und auch dieser unerfahrene Betreuer nicht von ihrer Familie eingeschleust waren. Doch ein Rest an Zweifeln blieb.

Immerhin war die Aussicht, von der Streckbank-Maschine nur kurz gequält zu werden, so etwas wie ein Hoffnungsschimmer.

Paul schnallte Anna wie vorgesehen fest, dann ging er bewusst langsam an das Bedienpult und betätigte die Regler. Kurz bevor er einschaltete, blickte er noch einmal zu Anna. »Es tut mir leid, aber wenn die Anwälte zur Kontrolle kommen.«

Anna nickte verständnisvoll. Irgendwie begann in ihr ein Vertrauen zu wachsen.

»Sie sind weg.« Betty steckte den Kopf zur Tür herein. Sie sah sofort, dass die Maschine schon lief. Sie trat an die Maschine und drückte den Notausknopf. »Wir können dir das doch ersparen.« Sie lächelte in Richtung Anna. »Für eine schmale Taille muss frau leiden, aber es muss keine Folter sein.«

Anna hatte auf einmal so etwas wie Erleichterung im Blick. Gerade die Streckmaschine war besonders unangenehm und jeder Millimeter, der ihr erspart blieb, war zu begrüßen.


Plötzlich steckte Paula den Kopf herein. »Betty, kommst du bitte. Der Herzog möchte dich sprechen.«

Betty zuckte zusammen. Bei all den Problemen mit Anna und Gertrud waren Maria und Sarah etwas in den Hintergrund geraten. Sie kontrollierte noch einmal ihre Kleidung, dann ging sie nervös auf den Korridor.

»Guten Tag, Frau Granger. Ich wollte mir einmal die Fähigkeiten meiner Schwiegertochter ansehen.« Der Herzog sprach mit ruhiger Stimme.

Betty runzelte unwillkürlich die Stirn. Gleich darauf bereute sie es.

»Sarah hat um diesen Termin gebeten, wenn ich sie daran erinnern darf.«

»Ja, natürlich.« Doch auf einmal wurde sie rot. »Ich weiß gar nicht, was ich dafür machen muss.« Sie hatte zwar Sarahs Training intensiv begleitet, aber wie das Gebet auf dem Rücken dann tatsächlich aussehen würde und wie man es anlegte, wusste sie nicht.

Maria stupste Paul an und blickte ihn ermutigend an. Mit den Händen deutete sie ein Haus an.

Paul erkannte sofort, was sie ihm sagen wollte. »Ich kann dir helfen. Ich habe es Maria schon mal angelegt.«

»Was machen sie hier?« Der Herzog war für einen Moment verwundert.

»Es ist gerade Pause.« Betty war erleichtert. »Ich hole dann mal Sarah.«


Sarah saß auf dem Bett und blickte Betty erwartungsvoll an. Doch Betty setzte sich zunächst neben Sarah auf das Bett. »Paul wird mir bei dem Gebet helfen.« Sie streichelte Sarah über das Gesicht. »Bist du damit einverstanden?«

Sarah nickte verschüchtert. Sie war Frederikes Rat gefolgt und hatte um einen Termin beim Herzog gebeten, um ihm das Gebet endlich richtig zu zeigen. Sie war erleichtert, dass sie jetzt nicht mehr schummeln musste. Und auch die Angst vor der Hochzeit war weg. Sie stand auf und Betty begleitete sie auf den Flur.

Paul hatte schon einige Seile zusammen getragen und versuchte, sich die Fesselung auf der Hütte noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Er hoffte, dass er alles richtig machte und Sarah keine unnötigen Schmerzen zufügte.

Zu seiner Erleichterung zeigte Sarah zu keiner Zeit, während er und Betty mit den Riemen beschäftigt waren, irgendwelche Zeichen von Unbehagen. Entweder sie spürte wirklich keine Schmerzen oder sie hatte sich bemerkenswert unter Kontrolle.


»Ich bin sehr zufrieden.« Der Herzog strahlte deutlich. Er strich ihr vorsichtig über das Gesicht.

Sarah strahlte ebenfalls, und eine Träne lief über ihre Wange.

Der Herzog wischte die Träne weg und drehte sich zu Betty. »Was ist jetzt wichtig?«

»Wir machen jetzt viel Ausdauertraining.« Betty musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Maria muss das Gebet auf ihrem Fest fast den ganzen Tag tragen.«

»Um was geht es bei dem Fest?« Der Herzog gab sich interessiert. »Ich habe jetzt schon so viel davon gehört.«

Betty blickte Paul fragend an. »Kannst du das erklären?«

Paul gab einen kurzen Überblick über das Fest sowie über seine historischen Wurzeln. Als er von der Hochzeit berichtete, blickte er sehr verliebt zu Maria.

Der Herzog war dieser Blick nicht entgangen. »Sie mögen sich sehr?«

Beide bestätigten, Maria durch ein erzwungen stummes Nicken.

Der Herzog wandte sich zu Betty und Sarah. »Sarah, meine Liebe.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Wenn sie möchten, dann können sie mit dem Gebet vor dem Altar stehen.« Er blickte Sarah und Betty aufmerksam an.

Es tat Sarah ein wenig weh, an ihre Hochzeit erinnert zu werden, bei der sie eben nicht mit Betty vor dem Altar stehen würde. Sie nickte vorsichtig.

»Es würde dann jeder Verständnis haben, wenn Betty wirklich die ganze Zeit an ihrer Seite ist und ihnen hilft.« Die Worte ´ganze Zeit´ hatte er extra betont und er hoffte, dass die Worte, die seine Tochter ihm in den Mund gelegt hatte, die richtige Wirkung haben würden. »Ich habe schon mit dem Pfarrer gesprochen, und er ist mit dem besonderen Arrangement einverstanden.«

Bettys Blick zeigte, dass sie noch nicht verstanden hatte, was wirklich gemeint war.

»Es werden zwei Paare vor dem Altar stehen und der Pfarrer wird immer von ´ihrem Partner´ sprechen. Wie ihr das verstehen wollt, überlasse ich euch.«

Sarah ergriff Bettys Arm und hielt sich daran fest. Sie hatte Mühe, nicht zu weinen.

»Und jetzt möchten sie sicher weiter machen mit dem Ausdauertraining.« Er drehte sich um und ging zur Schleuse.

Als Paul seinen Blick wieder zu Betty und Sarah wandte, sah er, dass beide gerade trotz Sarahs Mundverschlusses in einen intensiven Kuss versunken waren. Er freute sich, dass die Zukunft dieses Paares offensichtlich gesichert war. Er drehte sich zu Maria und sah, dass seine Freundin ebenso fasziniert war.

Doch dann stupste Maria ihn an und scharrte etwas mit dem Fuß.

Er lächelte. »Du freust dich aufs nächste Training?«Ein Blick in ihre leuchtenden Augen gab ihm die Antwort.


Es war wie gestern. Mit dem langsamen, aber sorgfältigen Anlegen des Ponygirl-Geschirrs verschwand das Mädchen Maria, und ein neues Wesen kam hervor, dessen Wunsch es war, von ihrem Herrn angeleitet und geführt zu werden. Lediglich die Trense konnte nur symbolisch getragen werden, denn Marias Mund war verschlossen.

»Hat dein Pony eigentlich auch einen Namen?« Betty kam auf Paul zu, nachdem sie Sarah in der eisernen Lunge versorgt hatte.

Maria und Paul blickte sich verblüfft an. »Nein, einen Namen hat mein Pony nicht.« Er legte den Arm um Marias riemenverschnürten Körper.

»Und wie willst du es dann rufen, wenn es ungehorsam ist?« Betty Augen hatten einen seltsamen Glanz. Sie schien sich über diese Spielart schon Gedanken gemacht zu haben. »Wir müssen es taufen.«

»Wie wäre es mit ´Wildfire´?« Paul blickte abwechselnd auf Betty und Maria. Erst als Maria nickte, war auch er einverstanden.

Doch Betty widersprach. »Das müssen wir viel feierlicher machen.« Ihre Augen strahlten. »Stellt euch nebeneinander.«

Sie wartete, bis das Paar der Aufforderung nachgekommen war, dann sprach sie weiter. »Paul, bist du einverstanden, dich ab sofort um dieses hübsche Pony Wildfire zukümmern und ihm ein guter Herr zu sein?«

Unter normalen Umständen hätte Paul einfach nur gelacht, doch jetzt lag ein besonderer Zauber im Raum, der der Zeremonie etwas Ernsthaftes verlieh. »Ja, ich bin einverstanden.«

»Und du, liebes Pony Wildfire« Betty wandte sich an Maria, »bist du einverstanden, dich ab sofort deinem Herrn unterzuordnen und alles zu machen, was er von dir verlangt?«

Auch Maria war von der spontanen Zeremonie sehr gefangen genommen. Sie nickte, versuchte ein Wiehern und scharrte etwas mit den Ponystiefeln.

»Somit erkläre ich euch zu Herr und Ponygirl.« Betty gab sich Mühe, ihre Stimme besonders feierlich klingen zu lassen.

»Was macht ihr denn da?« Frederike stand auf einmal im Raum. Irgendwie hatte sie keiner kommen gehört.

Alle drei zuckten zusammen, denn sie fühlten sich ertappt. Betty war die erste, die wieder Worte fand. »Wie lange sind sie denn schon da?«

»Ich glaube, lange genug.« Sie ging auf ihre Tochter zu und blickte sie streng an.

Maria zitterte.

Auf einmal erhellte sich die Miene ihrer Mutter. »Die Trense ist nicht richtig angelegt, Wildfire.« Sie drehte sich zu Paul. »Dein Ponyherr sollte besser auf dich aufpassen.«

Es war still im Raum.

»Es sollte ein Scherz sein.« Frederike ließ ein Lachen hören. »Ich wollte mich eigentlich nur erkundigen, wie der Besuch des Herzogs abgelaufen ist. Und ich wollte die Zeremonie nicht stören.« Sie streichelte ihrer Tochter über den Kopf.

»Sie hätten nichts dagegen?« Paul schien es, als erwachte er gerade aus einem Traum. »Zu diesem ...« Er wusste keine Worte, deswegen deutete er mit der Hand auf Maria.

»Diese Spielart ist mir nicht unbekannt.« Sie lächelte wieder. »Und ab sofort bin ich Frederike für dich.« Sie reichte ihm die Hand.

Maria sank in sich zusammen. Es war zuviel für sie. Paul war da, sie spielten ein ganz tolles Spiel, sie hatte die Arme im Gebet auf dem Rücken, ihre Mutter war da und sie hatte nichts dagegen und sie hatte Paul gerade das ´Du´ angeboten. Nur das Seil zur Decke verhinderte, dass Maria zu Boden fiel.

477. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 25.03.16 08:55

Hallo gag_coll, dir und allen anderen zunächst frohe Ostern und danke für die wieder mal klasse geschriebene Fortsetzung. Freue mich schon auf die nächsten Teile.
478. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 25.03.16 18:04

hallo cag_coll

Ich machs mal extrem kurz: DANKE für diese letzten Teile die du veröffentlich hast.

Aber mann merkt deutlich, das du dich von Hermann doch recht deutlich hast beeinflussen lassen.

Auch hast du mittlerweile reichelich Baustellen aufgemacht, wo ich gespannt bin wie du das alles aufdröselst.

Vor allem Annas Schicksal geht mir doch sehr ans Herz. Bin ja gespannt, wie Sie daraus kommt.


MfG Rainman
479. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 25.03.16 20:30

Zitat
Ich machs mal extrem kurz: DANKE für diese letzten Teile die du veröffentlich hast.
Gern
Zitat
Aber mann merkt deutlich, das du dich von Hermann doch recht deutlich hast beeinflussen lassen.
Das ist hoffentlich als Kompliment gemeint. Ohne ihn würde es Maria in dieser Form überhaupt nicht geben. Und er hat den u.a. Behandlungsplan ausgearbeitet.
Zitat
Auch hast du mittlerweile reichlich Baustellen aufgemacht, wo ich gespannt bin wie du das alles aufdröselst.
Falls ich in 13 irgendwas vergessen sollte, bitte nachzufragen. Ich kann das idR. nachreichen.
Zitat
Vor allem Annas Schicksal geht mir doch sehr ans Herz. Bin ja gespannt, wie Sie daraus kommt.
Du meinst ´ob´?
480. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 25.03.16 23:33

Zitat
Das ist hoffentlich als Kompliment gemeint. Ohne ihn würde es Maria in dieser Form überhaupt nicht geben. Und er hat den u.a. Behandlungsplan ausgearbeitet.


Ja sicher doch. Habe doch immer gesagt, das ich deine Gesichte Klasse finde, oder??

Zitat
Du meinst ´ob´?


Hmm, wenn du da kein vernünftiges Ende zu findest, bin ich böse auf dich und rede kein Wort mehr mit dir.
Ist mir egal was du machst, und wenn Anna aus irgendeinem Grund das zeitliche segnet (was ich nicht hoffen will!!!). Hauptsache, Sie muß nicht den Wunsch ihrer Eltern erfüllen. Das ist immer noch besser als alles andere.


LG Rainman
481. RE: Maria 13 - In Amerika - Teil 20

geschrieben von gag_coll am 26.03.16 06:11

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 20
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, den 7. September 1984)

»Nur eine kurze Ohnmacht.« Betty kannte die Symptome schon von Sarah. »Sie ist gleich wieder fit.«

»Ich sehe, ich kann mich auf sie verlassen.« Frederike war erleichtert. »Wenn ihr möchtet, dann könnt ihr das heutige Training auch aussetzen.« Doch insgeheim wusste sie, wie die Antwort lauten würde.

Maria signalisierte, dass sie den Parcours auf jeden Fall laufen wollte. Auch Pauls Miene zeigte, dass er von einer Absage eher enttäuscht wäre.

»Na gut«, Marias Mutter grinste. »Macht aber noch fünf Minuten Pause.« Sie verließ die Station.


Maria genoss es sehr, in dem Ponygirlkostüm den Parcours zu laufen. Irgendwie, sie konnte es selbst gar nicht erklären, machte es ihr Spaß, sich in die Rolle fallen zu lassen und sich von ihrem Ponyherrn antreiben zu lassen.

Paul.

Das war wichtig. Er war dabei und sie war sein Pony. Er schaffte es sogar, so etwas wie Autorität auszustrahlen.

Wie schon gestern war Paul in die Rolle des Ponyherrn geschlüpft und mit der Gerte, die er in der Hand hielt, verteilte er liebevolle Klapse, wenn sein Pony in seiner Leistung etwas nachließ. Er hatte gestern nach Sarahs Parcours an sich selbst ausprobiert, wie fest er schlagen durfte, ohne dass es ernsthaft weh tat.

Manchmal hatte er den Eindruck, Maria schien ihn sogar zu provozieren, denn sie hob ihre Beine nicht an, sondern blickte ihn nur trotzig an. Erst nach dem zweiten oder dritten Schlag mit der Gerte gab sie das gehorsame Pony. Sie war in einer besonderen Stimmung, bei der die immer leichten Schläge mit der Gerte sie eher antrieben und ihre Erregung steigern, anstatt das sie weh taten.

Ohne dass es ihm selbst bewusst war, achtete Paul sehr genau auf alle Signale, die Maria mit ihrem Körper ausstrahlte. Manchmal forderte sie ihn geradezu auf, fester zu schlagen, manchmal waren schon Streicheleinheiten genug. Zuviel war es zu seiner Erleichterung nie.


Betty und Sarah mittlerweile aus der eisernen Lunge befreit, und nun standen beide am Rand des Parcours und sahen fasziniert zu, wie Paul und Maria sehr innig miteinander spielten. »Ich wollte aufpassen und eingreifen, wenn er es übertreiben sollte.« flüsterte sie zu Sarah. »Doch sie sind so verliebt miteinander.«

Sarah legte ihren Arm und Bettys Schulter und sucht mit dem Mund ihre Lippen.

Auch Anna und Gertrud waren den Geräuschen gefolgt und nun schauten sie ebenfalls das Spiel an.

Sarahs Blick zur Uhr war es schließlich, der Betty zum Eingreifen nötigte. Sie überlegte kurz, wie sie das Spiel wohl beenden konnte, ohne dass es als ein Abbruch herüber kam. Schließlich hatte sie eine Idee. Sie ging zu Paul und flüsterte ihm ein »letzte Runde« ins Ohr. Damit war es möglich, das Spiel sanft zu beenden.

Anna war sich mittlerweile sicher. Paul und Maria waren keine Spione. Solch eine Liebe war nicht gespielt. Doch dann fiel ihr wieder ein, dass ihr Mund verschlossen war und sie keinem davon erzählen konnte. Hatte die Familie schließlich doch gewonnen?

* * *

Warum war Anna in der Klinik? Frederike wollte das unbedingt geklärt haben. Sie hatte sich schon beim Investor erkundigt und Herr Brown hatte auch zugegeben, dass er Annas Unterbringung in der Klinik veranlasst hatte. Doch als sie sich darüber beschwert hatte, dass sie nicht Bescheid wusste, wurde sie mit einem Verweis auf die schlechte Vermögenslage der Klinik abgespeist.

Innerlich war Frederike am Kochen. Doch sie wusste, dass sie vorsichtig sein musste. Annas Familie war sehr mächtig, ihr Vater war Senator und hatte Kontakte bis zum Präsidenten.

Außerdem musste es in der Klinik einen Maulwurf geben. Die Familie wusste über alles, was Anna betraf, Bescheid. Sie wusste von der Unterbringungen von Maria und Sarah, den Austausch des Personals.

Ja sogar die verspätete Behandlung mit dem Monohandschuh war ihr bekannt, obwohl es erst gestern passiert war. Dies hatte sie aus einem der viele Beschwerdeanrufe erfahren. Die Familie hatte sie gewarnt, sich nicht zwischen sie und Anna zu drängen. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, dann wäre Anna bereit für die Hochzeit.

* * *

Maria kam aus der Dusche und strahlte. Sie machte zwar einen sehr müden Eindruck, doch ihre Augen zeigten, wie sehr sie das Spiel mit Paul genossen hatte.

»Ich glaube, mein Pony möchte bald ins Bett?« Paul lächelte, als er Marias erschöpften aber glücklichen Blick bemerkte.

Maria hob ihren Kopf und lächelte etwas gequält, dann nickte sie. Sie blickte Paul eindringlich an.

Paul ahnte, was sie bewegte. »Morgen ist erst mal Pause.« Er streichelte ihr über das Gesicht. »Aber am Donnerstag hole ich ´Wildfire´ wieder aus dem Stall.

Maria schmiegte sich verliebt an ihn. Wenn sie nicht so hundemüde wäre, hätte sie sich an der neuen Situation erfreuen können. Ihre Mutter hatte ihre Spiele mit Paul gesehen und ihn sogar eher ermutigt und ihm zudem das ´Du´ angeboten. Doch jetzt wollte Maria nur noch eines, ins Bett und schlafen.


Anna war erleichtert, als sie die vertraute Berührung von Florian spürte. Doch diesmal war es anders. Sie konnte nicht mehr reden. Sie nahm seine Hand und führte sie an ihren Mund. Sie öffnete ihre Lippen und ließ ihn ertasten, was die Familie ihr angetan hatte.

»Und du kannst gar nicht mehr reden?« So richtig wollte Florian es nicht glauben.

Anna begann zu schluchzen. Sie streichelte seine Hand. Das war das letzte, was ihr noch geblieben war. Sie traute sich nicht, Licht zu machen. Sie wusste nicht, ob die Kamera auch nachts lief, dann würde sie Florian enttarnen und das wollte Anna auf keinen Fall.

Sie war so froh, dass er sie in der Klinik gefunden hatte und dass er sie jetzt so gut wie jede Nacht besuchen kam. Sie genossen die gemeinsame Zeit und blendeten dabei den Gedanken an die Zukunft aus, denn eine gemeinsame Zukunft war ausgeschlossen.


Paul war noch wach und saß am Tisch. So viel Aufregendes hatte sich heute ereignet. Sein Blick fiel auf Maria, die schon eingeschlafen war, noch bevor Paul sie überhaupt zugedeckt hatte.

Hätte Paul seinen Blick nicht im Zimmer umherschweifen lassen, dann wäre ihm vermutlich gar nicht aufgefallen, dass sich plötzlich ganz ohne einen Laut die Zimmertür öffnete.

Betty steckte ihren Kopf zur Tür herein und legte sofort einen Finger auf ihren Mund. Sie trat ein und schloss die Tür wieder so leise, wie sie sie auch geöffnet hatte. Auf Zehenspitzen schlich sie zu Paul an den Tisch.

»Da ist jemand in Annas Zimmer« flüsterte sie. Ihre Anspannung war deutlich zu spüren. »Ich habe ein Weinen gehört.«

»Du meinst, wir sollten nachsehen.« Paul flüsterte ebenfalls. Eigentlich hatte er keine Lust mehr auf ein weiteres Abenteuer, der heutige Tag war schließlich schon aufregend genug gewesen.

»Wer auch immer das ist, wir müssen ihn überrumpeln.« Betty zeigte eine gewisse Entschlossenheit. »Maria sagte, du kennst dich mit Selbstverteidigung aus?«

Paul hatte nicht mehr die Kraft, um zu widersprechen. Er hatte doch bloß bei Marias Übungen zugesehen und sich das eine oder andere Mal als ´Angreifer´ zur Verfügung gestellt. Doch er spürte, dass er hier gebraucht wurde.

»Ich reiße die Tür auf und du machst Licht an.« Bettys war etwas grimmig. Gestern hatte es zu lange gedauert, außerdem hatten sie schon auf dem Flur Lärm gemacht.

»Nun denn, gehen wir es an.« Paul war sehr mulmig zu mute.


»Florian?« Betty war überrascht, als sie Annas Zimmer gestürmt hatten.

Paul und Betty bot sich ein seltsames Bild. Florian, den Betty als den neuen eher lausigen Pfleger erkannt hatte, kniete vor dem Bett und hielt Anna im Arm.

Als Anna sah, was passiert war und das Licht im Zimmer an war, brach sie auf dem Bett zusammen. Jetzt war ihre letzte Hoffnung auch zerstört.

* * *

Leonie blickte sehnsüchtig auf ihr Bett, welches jetzt die erste Nacht unbenutzt war. Sie lag in ihrem Käfig und hatte sich in die Decken gehüllt.

Wilde Träume hatten sie in der Nacht begleitet, in der sie immer wieder von Sklavinnen und Käfigen geträumt hatte.

Gestern Abend hatte Selma ihr offenbart, dass heute ein wichtiger Tag für sie sei. Sie würde sie heute einigen wichtigen Leuten vorstellen, und wenn sie sich gut aufführte, dann würden sie sie vielleicht nehmen wollen.

Immer wieder hatte Leonie darüber gegrübelt, was diese Worte wohl zu bedeuten hatten. Würde Selma sie wirklich weggeben oder verkaufen?

Doch dann kam ihr immer wieder ihre aktuelle Situation in den Kopf, und alles was Selma bisher angekündigt hatte, war auch eingetreten. Auch ihre Familie schien von ihrem Schicksal zu wissen und war damit einverstanden.

Andererseits lebten sie doch in einem zivilisierten Land und es war einfach illegal, jemand zu verkaufen. Sklavenhandel war schon seit langem abgeschafft.

Der Käfig war wirklich schön, toll verarbeitet und er vermittelte ein Gefühl von Geborgenheit. Das Schloss war immer noch so, wie Leonie es angebracht hatte, Selma hatte es selbst noch nicht berührt. Sie hatte ihr die Erlaubnis gegeben, sich selbst von ihrem Knebel zu befreien, dann hatte sie ihr das Abendessen in den Käfig hineingereicht.

Es war für Leonie ein sehr aufregendes Gefühl, dass sie in dem Käfig ihr Essen bekam. Gedanklich hatte sie sich in dem Käfig schon eingerichtet. Vorn an der Tür hatte sie gegessen und dann hatte sie sich in den hinteren Teil zurückgezogen, um doch einzuschlafen. Doch gerade nachdem Leonie sich nach dem Essen wieder den Knebel angelegt hatte, hatte Selma ihr von der Vorstellung heute erzählt.

Leonie war immer wieder über die Konsequenzen ihres Wunsches nach Gefangenschaft erstaunt. Gestern Abend hatte Selma ihr sogar eine Windel in den Käfig gelegt. Das hatte sie nochmals schwer ins Grübeln gebracht. »Morgen früh kümmere ich mich um die Hygiene«, hatte Selma angekündigt.

Sie hatte die Windel erst nur empört in die Ecke geschoben, doch dann arbeitete es in ihr. Wenn Selma ihr eine Windel zur Verfügung stellte, dann hieß dies aber auch, dass sie nicht beabsichtigte, sie aus dem Käfig zu befreien.

»Jetzt darfst du erst mal duschen.« Selma betrat ihr Zimmer und hielt ein Schlüsselbund in der Hand. »Hast du nachgedacht, ob du heute artig sein willst bei der Vorführung?«

Leonie gab es einen Stich ins Herz, als sie gleich wieder an das heutige Ereignis erinnert wurde. Sie blickte zwischen den Gitterstäben durch und nickte.

»Wenn du mir versprichst, still zu sein und nur zu antworten, wenn ich dich etwas frage, dann darfst du dir den Knebel abnehmen.« Selmas Stimme war seltsam liebenswürdig.

Leonie war zunächst erfreut von der Aussicht ihre Stimme benutzen zu dürfen, und sie löste die Schnallen ihres Kopfgeschirrs. Doch dann zögerte sie. Auf die Frage, welches Schicksal sie erwartete, würde sie sicher keine Antwort bekommen. Sie erinnerte sich noch mit Schaudern an die letzte Frage, die ihr letztendlich den Knebel eingebracht hatte.

Selma beugte sich herunter und öffnete die Käfigtür. »Wirklich eine tolle Arbeit, findest du nicht auch?«

Leonie musste ihr zustimmen. »Ein Traum.«

»Komm dann bitte ins Bad.« Selma ging zur Tür. »Ich bereite alles vor.«

Leonie kroch langsam aus dem Käfig und richtete sich auf. Sie vermied es, an ihrem Körper herunter zu sehen, sie wollte die Windel nicht sehen, auch wenn sie ihr eine unbeschwerte Zeit im Käfig ermöglicht hatte. Es war, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, sehr demütigend.

Doch eine Gefangene hatte es eben nicht besser verdient, sagte sie sich selbst.


Die Dusche hatte Leonie mehr als genossen, auch wenn sie auch hierbei ihre Ketten stets an ihren eigentlichen Zustand erinnerten.

Selma half ihr beim Abtrocknen und half mit einem Föhn nach, um den Keuschheitsgürtel und die Ketten zu trocknen. »Zum Anziehen werde ich dir kurz die Ketten öffnen, wenn du versprichst, ruhig zu halten und dich anschließend wieder verschließen zu lassen.«

»Ja, Madame, das werde ich.« Leonie begann von sich aus mit der Anrede ´Madame´.


Sie bekam ein schönes Kleid angezogen und schicke Schuhe, dann schloss Selma die Ketten wieder. Leonie wollte sich wieder den Knebel anlegen, doch Selma hielt sie zurück. »Den brauchen wir erst mal nicht. Komm jetzt zum Frühstücken.«

Nachdem der erste Hunger gestellt war, stellte Selma eine Frage. »Gefällt es dir, meine Gefangene zu sein?«

Leonie musste heftig schlucken, bevor sie antworten konnte. »Ja sehr.«

»Du möchtest sicher wissen, welches Schicksal auf dich wartet?« Selma wollte zeigen, dass sie durchaus wusste, was Leonie bewegte.

»Ja, sehr gern.« Doch dann seufzte sie. »Aber sie werden es mir wohl nicht sagen.«

»Damit hast du recht.« Selma lächelte. »Jetzt mache dich bitte fertig für die Vorführung.«


Ein Auto wartete vor dem Haus, welches sie abholte. Sie fuhren nur ein paar Straßen weiter und Leonie konnte den Straßennamen ´Rathausplatz´ lesen. Das Auto hielt und sie wurden von einem Herrn im Anzug erwartet. »Sie warten schon.«

Leonie stieg aus und blickte sich um. Es war ein großes Gebäude, vielleicht das Rathaus, dies legte zumindest der Straßenname nahe. Sie gingen eine Treppe hoch und betraten einen großen Saal.

»Das ist also ihr Schützling?« fragte einer der Herren.

Leonie kannte ihn nicht, aber zwei der anwesenden Personen erkannte sie wieder. Sie waren schon einmal bei Selma zu Besuch gewesen.

»Meinen sie, sie wäre geeignet?« Selma bat Leonie, sich einmal umzudrehen.

»Die Ketten sind von Herrn Schwerterle?« fragte der Herr, der schon einmal zu Besuch gewesen war.

»So ist es.« Selma bestätigte es.

Der Herr kam näher. »Und die Ketten machen ihnen wirklich nichts aus?«

Nach einem kurzen Blickwechsel mit Selma war Leonie in der Lage zu antworten. »Sie sind sehr bequem.« Es war fast etwas befremdlich, nach so langer Zeit des Schweigens wieder ihre Stimme zu hören.

»Könnten sie etwas umher gehen?« Der Herr, der sie zuerst begrüßt hatte, war hervorgetreten.

Leonie wusste nicht, was genau von ihr erwartet wurde, doch es machte ihr nichts mehr aus, sich vor fremden Leuten in ihren Ketten zu zeigen. Schließlich war einer ihrer Träume wahr geworden.

»Meine Dame und meine Herren, was meinen sie? Können wir Leonie gebrauchen?«

Vier Herren und eine Dame stellten sich kurz zusammen und schienen sich zu beraten. Schließlich trat der Herr nach vorn, den Leonie schon als Herrn Greinert kennengelernt hatte. »Ja, wir nehmen sie.«

Selma verbeugte sich symbolisch. »Ich danke ihnen.« Sie drehte sich zu Leonie. »Komm, wir gehen wieder nach Hause.« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Ich bin stolz auf dich.«

Leonie verstand immer weniger, was gerade passiert war. Sie war in ihren Ketten vorgestellt worden, und sie wurde anscheinend akzeptiert, doch jetzt konnte sie mit Selma wieder nach Hause gehen. Sie lächelte in sich hinein. Einen Sklavenmarkt hatte sie sich anders vorgestellt. Vor dem Rathaus wartete wieder das Auto auf sie, das sie auch schon her gefahren hatte.


»Ich bin sehr zufrieden mit dir.« Selma blickte Leonie mit etwas Stolz im Blick an.

»Danke, Madame.« Leonie wollte sich für das Kompliment bedanken.

»Zur Belohnung darfst du heute bis zum Zubettgehen im Wohnzimmer bleiben.«

* * *

Frederike war endlich dazu gekommen, eine Beschwerde über einen ihrer Angestellten zu bearbeiten, einem Pfleger namens Florian. Sie hatte sich die Unterlagen angesehen und sich gewundert. Es gab keine Bewerbungsunterlagen von ihm und eingestellt war er durch den Investor. Zudem arbeitete er für einen Hungerlohn. Frederike hatte es als sehr verdächtig empfunden und ihn zu sich gebeten.

Eben war er zu einem Gespräch bei ihr gewesen und hatte einen sehr nervösen Eindruck gemacht. Er hatte versprochen, seine Leistungen zu verbessern, wollte sich ansonsten aber nicht äußern.

Frederike kam es weiterhin verdächtig vor. Er wurde bisher nur nicht entlassen, weil er bereit war, seine Arbeit für solch einen Hungerlohn zu erledigen. Da musste etwas faul dran sein. Sie beschloss, ihm heimlich nach zu gehen.

* * *

Frederike bot sich ein seltsames Bild, als sie Annas Zimmer betrat. Florian saß vor Annas Bett und hielt ihre Hand. Paul und Betty standen daneben und schauten ungläubig.

»Was ist hier los?« Ihr waren vor allem Annas Tränen aufgefallen.

»Die Kameras.« Florians Stimme zeigte, dass auch er verzweifelt war. »Jetzt wissen sie, dass ich hier bin.«

»Ich kann sie beruhigen«, Frederike kombinierte schnell, »Die Kameras laufen nur tagsüber.« Sie wandte sich an Anna. »Wollen sie mir nicht sagen, warum sie hier wirklich hier sind?«

Betty musste sich erst räuspern. »Sie kann nicht mehr reden.«

»Warum?« Frederike hatte Mühe, die Fassung zu waren.

»Sie trägt so einen Mundverschluss wie Sarah und Maria.« Betty hatte die Dimension des Problems auch erkannt.

Frederike blickte Paul auffordernd an, doch erst als sie mit der Hand eine drehende Bewegung machte, begriff Paul, was sie meinte.

Paul wusste, dass er das Werkzeug für den Mundverschluss nicht hätte behalten dürfen. Doch jetzt war es allen Beteiligten klar, dass es gebraucht wurde.

* * *

Als er mit dem Werkzeug zurück kam, war nur noch Frederike im Raum. »Anna möchte mit dir reden, das hat Florian mir gesagt. Zu dir hat sie Vertrauen.«

Paul zögerte.

»Du bist hier nur dir selbst gegenüber verantwortlich.« Sie blickte ihn ernsthaft an. »Handele so, wie du es für richtig hältst.«

Er zögerte immer noch.

»Ich weiß, dass du das kannst.« Sie lächelte. »Sonst hättest du dich nicht mit meiner Tochter anfreunden können.«

Unter normalen Umständen hätte Paul sich über dieses Kompliment sehr gefreut, doch jetzt fühlte er es eher als eine große Belastung. Doch er wusste, dass er sich dem stellen konnte und musste.

»Anna vertraut dir. Höre dir ihre Geschichte an, und dann erzähle mir das, was du für richtig hältst.« Frederike blickte zum Bett. »Und weil sie das sicher fragen wird, ich habe mit ihrer Familie nichts zu tun gehabt. Sie haben bisher direkt mit dem Investor verhandelt. Das mag sie glauben oder nicht, auf jeden Fall ist es die Wahrheit.«

Frederike ging zur Tür. »Und noch etwas. Es gibt einen Maulwurf in der Klinik, der Details nach außen verrät. Ich weiß nicht, wer es ist, doch die Familie ist bisher sehr sehr gut informiert über das, was in der Klinik vorgeht.«

Mit sehr laut klopfendem Herzen verfolgte Paul, wie sich die Tür hinter Frederike schloß. Langsam drehte er sich um und ging auf Annas Bett zu. Sie lag auf dem Bett und wischte sich mit einem Handtuch die Augen aus.

Sie setzte sich auf und öffnete ihren Mund, damit Paul die Verschraubung ihres Mundverschlusses öffnen konnte. Nachdem Paul ihn ihr vorsichtig aus dem Mund genommen hatte und sie ein paar Mal ihren befreiten Kiefer bewegt hatte, begann er das Gespräch mit einer Begrüßung.

»Hallo Anna, ich bin Paul.«

»Ich weiß.« Sie legte das Handtuch beiseite. »Ich habe euch vorhin beim Pferdespiel beobachtet. Du liebst Maria sehr.«

Paul war über diese Gesprächseröffnung sehr irritiert. »Ja, das tue ich. Es ist zu bewundern, was sie so alles auf sich nimmt.«

»Oh ja«, Anna seufzte, »und glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«

Irgendwie spürte Paul, dass er die Fragen stellen musste. »Du liebst Florian?«

Anna senkte nur den Kopf.

»Und deine Familie möchte, dass du jemand anders heiratest.« Paul hoffte, dass er mit seiner Vermutung richtig lag.

Wieder liefen bei Anna die Tränen. »Es ist so hoffnungslos.« Sie griff wieder nach dem Handtuch.

»Warum ist es hoffnungslos?«

»Sie würden mich überall finden, egal wo ich mich verstecke.«

»Überall? Auch in Deutschland?«

Anna blickte auf. »Deutschland?«

»Das ist das Land, wo Maria und ich leben.« Er wusste nicht, wie gut Anna sich auskannte. »In Europa.«

»Das wäre über den Atlantik.« Anna schien laut nachzudenken. »Das könnte weit genug weg sein.« Sie seufzte. »Ich hatte mich ohnehin schon an den Gedanken gewöhnt, das Haus meiner Kindheit nie wieder zu sehen.«

Sie wischte sich mit dem Handschuh noch einmal durch das Gesicht. »Jeden Dienstag und Donnerstag kommen die Anwälte und wollen wissen, ob ich zu der Hochzeit bereit bin. Und sie wissen immer, was bisher in der Klinik passiert ist.«

Paul erinnerte sich daran, was Frederike ihm gesagt hatte. »Marias Mutter sagt, dass sie an der Klinik einen Maulwurf vermutet.«

»Schwester Sandy.« Anna seufzte. »Ich dachte einige Zeitlang, ich könnte ihr vertrauen. Bis ich sie einmal getestet habe. Ein Detail habe ich nur ihr erzählt. Und beim nächst Besuch wussten es die Anwälte.«

Paul begriff auf einmal, wie groß das Vertrauen war, welches Anna ihm entgegenbrachte. Er hatte einen Kloß im Hals.

»Heute waren sie wieder da.« Anna kicherte etwas seltsam. »Diesmal konnte ich mich wenigstens nicht verplappern.« Doch auf einmal wurde sie nachdenklich. »Warum stellt ihr die Maschinen nicht so ein wie es bestellt ist?«

Paul zuckte mit den Achseln. »Betty hat mir gesagt, dass die Werte ungewöhnlich hoch sind und dass bei den anderen Patienten weniger einzustellen ist.« Auf einmal hatte er eine Idee. »Ich hoffe, das war in Ordnung so. Machen mussten wir die Behandlung aber trotzdem.«

Anna lächelte, und es war das erste Lächeln seit langer Zeit. »Ich war richtig überrascht und hatte schon angenommen, die Maschine wäre kaputt.«

»Deine Familie ist sehr mächtig?« Irgendwie konnte Paul es noch nicht so richtig glauben.

»Naja«, Anna grinste etwas, »Immerhin ist Kennedy mein Nachname.«

Paul wusste nicht viel über Amerika, aber von dieser Familie hatte er schon gehört. »Und wie soll es jetzt weiter gehen?«

»Wenn ich das wüsste.« Anna seufzte. »Ich träumte mal von einem Leben mit Florian.«

Paul fiel die Vergangenheit in dem Satz auf. »Du liebst ihn nicht mehr?«

»Doch, mehr denn je.« Sie schlug mit der Hand auf die Bettdecke. »Aber wir haben doch keine Zukunft.« Sie seufzte tief. »Meine Familie wird es erfahren und sie werden immer Mittel finden, es zu verhindern. Man darf sich nicht gegen sie stellen.«

Paul war ratlos. Er wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Doch langsam reifte ein Plan in ihm. Sie mussten Anna zur Flucht verhelfen, Anna und Florian. Wobei Florian nicht von der Familie gesucht wurde.

»Wir werden dafür sorgen, dass du Florian wiedersehen kannst.« Er wollte Anna nicht unnötig Hoffnung machen, doch er hatte schon einen recht handfesten Plan. Einen Plan, zu dem er aber Hilfe brauchte. Hilfe von oben.

* * *

»Ich dachte mir schon, dass du noch diese Nacht kommen würdest.« Frederike empfing ihn an ihrer Wohnungstür in der Klinik. »Maria hat dich richtig eingeschätzt.« Sie lächelte.

»Ich habe einen Plan.« Woher Paul die Kraft nahm, sich für Anna einzusetzen und sich gegen die mächtige Familie zustellen, wusste er nicht. Aber er fühlte unbewußt, dass sie nur wenig Zeit hatten, um Annas Flucht zu ermöglichen.

»Jetzt komm erst mal herein.« Sie führte ihn ins Wohnzimmer.

Paul hatte keinen Blick für die Einrichtung. Er war immer noch dabei, alles, was er von Anna erfahren hatte, richtig einzuordnen. »Schwester Sandy ist der Maulwurf.« Er erzählte, wie Anna sie enttarnt hatte.

»Oh je, ausgerechnet sie hatte ich mit der Betreuung der VIP-Patienten beauftragt.« Frederike war entsetzt. Doch dann wurde sie etwas nachdenklich. »Seltsam. Sandy hat mich morgen um einen Besprechungstermin gebeten.«

»Ich habe Anna bisher noch nicht viel von meinem Plan gesagt, aber könnten wir sie mit nach Landsbach nehmen?« Er schluckte. »Sie haben doch dort ein so großes Haus.«

Irgendwie spürte Frederike die Ernsthaftigkeit hinter diesen Gedanken. »In Landsbach gibt es auch ein Hotel.«

Paul war über diese scheinbare Ablehnung etwas enttäuscht. Er blickte Frederike nur wortlos an.

»Naja, Maria fliegt ja erst am Mittwoch zurück und deswegen ist Mrs. Potter auch erst am Dienstag wieder da.« Frederike blickte auf den Kalender, der an der Wand hing. »Bis dahin ist das Haus verschlossen.«

Jetzt erkannte Paul, dass Frederike nicht nur mit seinem Plan einverstanden war, sondern auch gleich weiter gedacht hatte. »Anna muss so schnell wie möglich die Klinik verlassen.« Er dachte wieder laut. »Und bis dahin müssen wir sie so verstecken, dass die Familie sie nicht finden kann.«

In Frederike begann ein Plan zu reifen. »Geh jetzt ins Bett.« Sie stand auf. »Morgen wird es turbulent und da sollten wir alle ausgeschlafen sein.«

Paul fühlte, dass er etwas ganz Wichtiges erfolgreich hinter sich gebracht hatte. Er verabschiedete sich und ging wieder zurück in die Sieben.


Frederike ging zu ihrem Schreibtisch und dachte lange nach. Die Familie Kennedy war sehr einflussreich und hatte überall Kontakte. Doch interessanterweise war sie nicht Mitglied im Konsortium. Frederike lächelte, als sie darüber nachdachte, dass auch sie sehr einflussreiche Kontakte hatte. Sie stand wieder auf und ging zu dem kleinen Tresor an der Wand. Nur ein kleines Notizbuch mit Telefonnummern lag darin, doch die aktuellen Vorkommnisse in der Klinik zeigten ihr, dass ihr diesbezügliches Misstrauen durchaus berechtigt war.

Sie nahm das Buch und setzt sich an ihren Schreibtisch. Sie blätterte darin, dann wählte sie eine Nummer. Während sie auf ihr Gegenüber wartete, dachte sie darüber nach, dass es vermutlich eine lange Nacht werden würde.
482. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 26.03.16 09:14

Ole.

Eine weitere schöne Fortsetzung.

Mann da wird ja der Paul,ja für eine menge Damen der strahlend weiße Ritter.
MAl schaun wie es weiter geht und wie das Kräfte messen aus geht.Freu mich schon drauf.Hoffe Anna bleibt der Gruppe auch später noch erhalten.Sowoll im letzten Kapitel als auch in der neuen Geschichte.Währe doch toll,wenn sich alle immer mal wieder treffen würden.

mfg Wölchen
483. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 26.03.16 09:24

Da kann ich mich Wölchen nur anschließen. Und dir gag_coll nur immer wieder zu deinen Geschichten gratulieren. Danke.
484. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 26.03.16 13:26

Zitat
Da kann ich mich Wölchen nur anschließen. Und dir gag_coll nur immer wieder zu deinen Geschichten gratulieren. Danke.


Ich stelle mich da auch hinten an. Nu wirds echt spannend Du verstehst dich echt dadrauf, deine Leser Wahnsinnig zu machen,

Auch von mir ein Riesiges Dankeschön
485. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 26.03.16 13:40

Da kann ich mich meinen Vorrednern (Vorschreiber) nur noch anschließen, und ein HERZLICHES DANKESCHÖN sagen.

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Gruß vom Zwerglein
486. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 26.03.16 14:09

Wießt ihr.
Was so richtig die Krone aufsetzen würde.Wenn Paul auf einen weißen Roß Maria vor den Baron retted.
Dan währe er so richtig der strahlende Prinz/Ritter auf den weißen Roß,der die holde Maid retted.

487. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 26.03.16 14:37

Zitat
Wießt ihr.
Was so richtig die Krone aufsetzen würde.Wenn Paul auf einen weißen Roß Maria vor den Baron retted.
Dan währe er so richtig der strahlende Prinz/Ritter auf den weißen Roß,der die holde Maid retted.



Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht

Aber da muss ich dir Zustimmen
488. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 26.03.16 15:32

Hi gag_coll,

Danke!! Und ich liebe deine Muse, platonisch aber intensiv!

viele Grüße
489. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 27.03.16 16:46

Hallo cag_coll

Schließe mich der Lobhudelei meiner Vorredner an.
Und warte natürlich wie immer auf den nächsten Teil.


MfG Rainman
490. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 21

geschrieben von gag_coll am 27.03.16 17:59

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 21
Autor: Karl Kollar

Mittwoch, den 8. September 1984

Paul hatte die Nacht nur schlecht geschlafen. Immer wieder gingen ihm die traurigen Augen von Anna durch den Kopf. Einerseits war sie wirklich todunglücklich, andererseits glaubte er doch auch einen winzigen Funken Hoffnung darin gesehen zu haben.

Er blickte immer wieder auf das Bett neben ihm, in dem Maria tief und fest schlief. Er hätte sich gern mit ihr unterhalten, doch er wusste, wie nötig sie den Schlaf brauchte. Zudem hätte er ihr den Mundverschluss abnehmen müssen und er wusste, dass er das eigentlich nicht durfte. Außerdem wäre es unfair gegenüber den anderen, die diese Möglichkeit nicht hatten - wobei er aber den Eindruck hatte, dass es Sarah genoss, schweigen zu müssen.

Ein leises Brummen von Marias Bett forderte seine Aufmerksamkeit. Er drehte sich lächelnd zu seiner Freundin um und wünschte ihr einen guten Morgen.

Maria setzte sich auf und zeigte mit der Hand auf ihren Mund. Sie wollte offensichtlich ihren Mundverschluss loswerden, um Paul einen richtigen Guten-Morgen-Kuss zu geben.

Doch Paul machte keinerlei Anstalten, ihrem Wunsch nachzukommen. Er trat zu ihr an das Bett und beugte sich zu einem Kuss zu ihr herunter. »Heute nicht.« Er streichelte ihr über den Kopf.

Maria blickte ihn verwundert an. Sie hätte ihn gern gefragt, warum er ihr den Mundverschluss nicht abnahm so wie gestern, doch sie musste erkennen, dass sie sich seinem Willen beugen musste. Ohne dass er etwas tat forderte er doch ihre Unterwerfung. Maria stöhnte leise.

Er befestigte Maria an das Schienensystem und befreite sie von der kurzen Kette, die sie an Bett gefesselt hatte. »Nun ab ins Bad.« Er gab ihr einen zärtlichen Klaps. »Ich sehe in der Zwischenzeit nach Anna.«


Während Maria langsam ins Bad trottete, kam Paul ins Grübeln. Es war das schlechte Gewissen Sarah und Betty gegenüber, was ihn bewogen hatte, Maria heute die Abnahme des Knebels zu verweigern. Doch irgendwie spürte er auch, dass Maria bereit war, sich seinem Willen unterzuordnen.

Als sich die Badezimmertür geschlossen hatte, ging Paul nachdenklich zu seiner anderen Patientin, um die er sich zu kümmern hatte.


Zu seiner Überraschung saß Anna schon in einem Rollstuhl und Betty war dabei, Anna mit übertrieben vielen Riemen daran zu befestigen.

»Guten Morgen,« Paul fühlte sich zu einem Morgengruß genötigt, doch dann runzelte er die Stirn.

Betty sah seinen skeptischen Blick. »Dir auch einen guten Morgen.« Sie machte mit den Riemen weiter. »Die Familie hat noch mal neue Vorgaben geschickt. Wir sollen Anna jetzt nicht mehr selbst gehen lassen.«

»Was macht Sarah?« Irgendwie fühlte Paul unterschwellig so etwas wie Eifersucht, weil Betty sich um Anna gekümmert hatte. Dann realisierte er, was Betty gerade gesagt hatte und er war erleichtert, dass er das Anna nicht antun musste. Doch das wollte er sich nicht anmerken lassen.

»Anna soll ab sofort immer fixiert werden und wir sollen vor allem darauf achten, dass sie ihre Medikamente nimmt.« Bettys Stimme klang irgendwie wichtig.

»Du bist schon auf?« Paul war erstaunt.

»Die Oberschwester hat mich und Sandy aus dem Bett geklingelt und uns mit den neuen Aufträgen versorgt.« Betty blickte kurz zu Anna. »Sie hat es so dringend gemacht, dass ich schon angefangen habe.«

Paul blickte erstaunt zu Betty, doch er wagte nicht, seinen Vorwurf auszusprechen.

»Ich wollte euch nicht stören«, gab sie als Entschuldigung an.

* * *

Als Paul und Betty mit Annas Rollstuhl zum Frühstück kamen, wurden sie von Paula schon erwartet. »Ich hätte ja schon angefangen, doch ich finde hier nichts für das Frühstück.

Paul wartete, bis Annas Rollstuhl fixiert war, dann ging er zum Aufzug und holte die Tabletts heraus. »Du könntest mir beim Tragen helfen.«

»Fünf Portionen?« Paula war verwundert. »Wir sind doch zu acht?«

Paul zeigte kurz auf die drei weißen Beutel. »Maria, Anna und Sarah tragen doch eine Magensonde und haben den Mund verschlossen bekommen.«

»Wie ´verschlossen´?« Sie hatte auf einmal ein Leuchten in den Augen.

»So wie mit Spangen, nur dass die im Mund verschraubt werden.«

»Das wird Sabeth interessieren.« Paula grinste. »Jetzt verstehe ich auch, warum die Mädchen so still sind.«

* * *

Zwei große Schaufensterpuppen wurden von der Schneiderin und ihrer Assistentin in die Sieben getragen und es war auf die ersten Blick zu sehen, dass Teile des Ganzkörperkorsetts auf den Figuren befestigt war. Dahinter betrat die Oberschwester die Station.

»Seid ihr fertig mit dem Frühstück?« fragte sie, nachdem sie allen einen guten Morgen gewünscht hatte. »Die neuen Ganzkörperkorsetts sind fertig.«

Maria und Sarah blickten erwartungsvoll zu den Figuren.

»Was bekommt ihr denn da Feines?« Sabeth war aufgestanden und an die Figuren getreten.

»Das sind Ganzkörperkorsetts für die richtige Formung des Körpers.« Maria hatte einen gewissen Stolz in der Stimme.

»Das sieht aber sehr restriktiv aus.« Sabeth war sichtlich fasziniert von der großen Menge von Leder, die vor ihr stand. Deutlich waren die Korsettstangen zu sehen, die dem Korsett die erforderliche Stabilität gaben.

»Wir möchten ihnen die Korsetts einmal anlegen und sie dann zum Röntgen fahren, um zu kontrollieren, ob alles passt und wir die richtig Form haben.«

Beim Stichwort Röntgen war Betty auf einmal hellwach und war aufgesprungen.« Wie gestern?«

Die Oberschwester bestätigte. »Genau so.«

»Machen wir sofort.« Betty trällerte eine kleine Melodie. Sofort ging sie zu einer Schublade und nahm einige Gegenstände heraus.

Paul erkannte Ohrstöpsel und eine Augenbinde.

»Haben sie die Schilder vorbereitet?« fragte die Oberschwester die Schneiderin. »Mit den Ohrstöpseln ist kein Hören mehr möglich.«

»Alles bereit.« Die Assistentin zeigte einige Tafeln, auf denen Anweisungen notiert waren.


Maria erschauderte etwas. Natürlich kannte sie die Prozedur zur Genüge, und doch was es auch immer ein Gänsehaut-Moment, wenn ihr gleich so nach und alle Sinne und auch fast alle Bewegungsmöglichkeiten genommen wurden. Diesmal sogar durch Paul. Deswegen versprach es, besonders aufregend zu werden.

»Im Gegensatz zu gestern müssen wir ihnen zuerst die Ohren verschließen.« Die Schneiderin besprach sich mit der Oberschwester. »Wenn die Kopfhaube erst mal sitzt, kommen wir nicht mehr an die Ohren heran.«


»Ich bin wieder in meinem Büro.« Frederike verabschiedete sich, denn Sandy hatte sich angemeldet. »Beim Röntgen seid ihr angemeldet.«

Betty bestätigte es. Sie blickte zu Paul und der Assistentin. »Wie weit seid ihr?«

»Wir haben doch gerade erst angefangen.«

Anfangs glaubte Maria noch, die Berührungen von Paul und der Assistentin unterscheiden zu können, doch je stärker sich das Korsett um ihren Körper legte, desto weniger war sie sich sicher. Außerdem wusste sie natürlich, dass sie es ohnehin nicht überprüfen konnte.


Insgeheim liebte Maria das Ganzkörperkorsett. Es gab ihr das Gefühl, wirklich überall berührt zu werden. Von Paul berührt zu werden. Und soweit sie es noch sehen konnte, hatte sie weitgehend Paul eingeschnürt unter Anleitung der Assistentin, und sie vertraute darauf, dass Paul sie auch weiter bemuttert hatte. Nur noch durch den Spalt zwischen Augenbinde und Kopfhaube spürte sie ab und zu einen Atemhauch.

Maria spürte, wie sie hochgehoben wurde. Schließ schien sie auf einem Podest zu stehen. Im Moment waren ihre Arme noch frei, weil sie sich festhalten sollte. Sie hatten vorher durchgesprochen, was Maria wann machen sollte. Zum Röntgen würde sie erst einmal ohne das Gebet gefahren und dann erst ohne und dann mit Gebet geröntgt.

Maria klammerte sich an dem Stangen fest, die Paul ihr gezeigt hatte. Erst als sie auf dem Podest in der Halterung festgeschraubt war, durfte sie loslassen. Sie hatten sich vorher einmal die Podeste angesehen und erschauderte bei dem Gedanken, dass das Podest mit den Halterungen stark genug war, um sie in dem Korsett festzuhalten.

Auf einmal fühlte sie, wie der Druck an den Waden stark zunahm. Sie begriff, dass sie jetzt auf dem Wagen stand.

Sie hatten auf Anregung der Assistentin verschiedene Zeichen vereinbart. Paul signalisierte ihr jetzt, dass sie zum Röntgen gerollt wurden.


Nach dem Röntgen war noch eine halbe Stunde Zeit bis zur Mittagspause. Paul gab das vereinbarte Zeichen, um nach der Befreiung zu fragen. Doch wie er es insgeheim erwartet hatte, gab Maria durch zwei gedämpfte Seufzer das Zeichen, dass sie noch länger in dem Panzer verbleiben wollte.

* * *

Frederike war sich noch nicht sicher, wie sie mit Sandy verfahren sollte, als sie sie um einen Termin gebeten hatte. Sollte sie sie erst anhören und dann auf den Verrat ansprechen? Oder sollte sie sie gleich feuern? In USA war letzteres ja sehr einfach. Doch als Sandy ihr Büro betrat, sah sie sofort an ihrer Miene, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste.

Sandy machte einen sehr traurigen Eindruck. »Ich habe ihr Vertrauen missbraucht und bitte um meine Entlassung.« Sie legte das vorbereitete Papier auf den Tisch. »Meine Kündigung.« Sie kramte in ihrer Tasche, holte eine Medikamentenpackung und ein Geldbündel heraus und legte beides auf den Schreibtisch.

»Was ist passiert?« Frederike spürte, dass Sandy ihr Herz erleichtern wollte.

»Sie kommen morgen und holen sie.« Sandy schluchzte. »Und ich soll ihr diese Medikamente geben.«

»Jetzt erzähl bitte mal der Reihe nach.« Frederike lehnte sie zurück.

»Ich habe Klinik-Interna an die Familie verraten.« Sandy blickte zu Boden.

»Das wissen wir.« Frederike gab sich Mühe, keine Überraschung zu zeigen. In ihr begann ein Plan zu reifen, bei dem Sandy noch eine Rolle spielen sollte.

Sandy hob ihren Kopf hoch und blickte ihre Chefin erstaunt an.

»Anna hat dich enttarnt.« Frederike berichtete kurz über Annas Erzählung. »Aber warum kommst du zu mir?«

»Die Familie will Anna mit Gewalt zur Hochzeit zwingen.« Sandys Stimme zeigte, wie empört sie über diese Wendung war. Sie reichte Frederike die Packung. »Diese Tabletten soll ich ihr geben, dabei sind die wegen der starken Nebenwirkungen noch gar nicht zugelassen.«

Frederike bekam eine Gänsehaut. Ihr Blick fiel auf das Geldbündel.

Sandy war dem Blick gefolgt. »Das Geld habe ich von ihnen bekommen.« Sie blickte geradezu verächtlich auf das Geldbündel. »Fünfzigtausend«, sagte sie verächtlich. »Ich will es nicht, es ist schmutziges Geld.«

Frederike begriff, dass sie schnell eine Entscheidung treffen musste. Sandy konnte ihr nützlich sein, wenn die Familie nicht wusste, dass sie aufgeflogen war. »Wann wäre der nächste Kontakt?«

»Ich muss die Familie heute Abend anrufen und sagen, dass ich ihr die Medikamente verabreicht habe.«

Frederike warf noch mal einen Blick auf die Packung. Es waren starke Psychopharmaka in der Erprobungsphase und für Menschen noch nicht zugelassen. »Machen sie das. Lassen sie die Familie in dem Glauben, sie würden weiter für sie arbeiten.«

Sandy blickte ihre Chefin erstaunt an.

»Es ist besser für sie, wenn sie nicht wissen, was wir vorhaben.« Frederike hoffte, dass ihre Taktik aufgehen würde. »Dann können sie sich auch nicht verplappern.« Frederike legte die Medikamentenschachtel wieder auf den Tisch. »Sagen sie einfach, dass sie ihr die Tabletten gegeben haben.«

Später würde Sandy der Familie von der geplanten Flucht nach Australien berichten, und zwar so, dass der Flieger quasi schon in der Luft war, wenn sie es erfuhren. Die Familie brauchte nicht zu wissen, dass Sandy aufgeflogen war.

»Aber das wird doch auffliegen.« Sandy begriff, dass sie gerade dabei war, die Seiten zu wechseln.

»Das lassen sie meine Sorge sein.« Sie nahm sich die Kündigung vom Schreibtisch und zerriss sie demonstrativ. »Und jetzt gehen sie wieder an ihre Arbeit.«

Sandy musste schlucken, als sie dem Befehl ihrer Chefin nachkam.

Frederike blickte kurz auf den Geldstapel, der noch auf ihrem Schreibtisch lag. Sie wusste erst nicht, wie sie damit umgehen sollte, doch dann hatte sie eine Idee. Das Geld würde Anna und Florian beim Start in ihr neues Leben helfen.

* * *

Frederike hatte die Nacht auch nur wenig geschlafen und stattdessen über einen Fluchtplan für Anna nachgedacht, der nicht negativ auf die Klinik zurückfallen konnte. Zum ersten Mal war sie dankbar, dass sie mit dem Konsortium ein paar höchst einflussreiche Kontakte hatte. So war es vielleicht möglich, Annas Flucht zu ermöglichen, ohne sich mit der Familie Kennedy anzulegen.

Immer wieder nahm sie den Text der Presseerklärung zur Hand. Sie hatte lange jedes einzelne Wort abgewogen und sehr sorgfältig gewählt. Der eigentliche Grund war, dass Florian mit Anna verschwinden würde und es einen Grund geben musste, warum er nicht mehr Pfleger an der Klinik war. Aber sie wollte auch seine Liebe zu Anna nicht verraten.

Ebenso war ihr daran gelegen, dass Schwester Sandy nicht enttarnt wurde. Immer wieder las sie die Erklärung und feilte an jedem Wort. »Der Pfleger Florian Glas wurde dabei ertappt, wie er Interna der Klinik über eine prominente Patientin an die Öffentlichkeit gegeben hatte.«

Die Erklärung sollte einerseits recht belanglos klingen, denn es war nicht üblich, eine Kündigung an die große Glocke zu hängen. Und doch sollte in dem Text auch genügend Informationen enthalten sein, so dass die Familie eine plausible Erklärung für das Verschwinden von Florian bekommen würde.

Es war Frederike klar, dass die Familie alle Hebel in Bewegung setzen würde, um Anna wiederzubekommen. Die Familie Kennedy war sehr mächtig und hatte überall Verbindungen.

Doch auch Frederike hatte durch das Konsortium ein paar sehr einflussreiche Kontakte und mit denen hatte sie veranlasst, dass falls die Polizei mit der Untersuchung des Falles beauftragt werden würde, ein Kommissar mit dem Fall betraut werden würde, der bisher nur mit schlechten Leistungen aufgefallen war.

Wieder nahm sie die Erklärung zur Hand. Das Papier hatte auch noch einen anderen Zweck. Es würde nämlich auch erklären, warum Sandy jetzt etwas weniger an die Familie berichten würde. Aus Sicht der Familie war es richtig, wenn Sandy vorsichtig sein würde.

* * *

Leonie hatte wieder die halbe Nacht wach gelegen. Es wurde immer rätselhafter. Gestern war sie im Rathaus vorgeführt worden und wenn sie die Äußerungen der Herren richtig verstanden hatte, dann schien sie angenommen zu sein. Doch sie durfte dann wieder mit Selma nach Hause fahren. Sie hatten dann noch einen gemütlichen Abend im Wohnzimmer verbracht, und erst spät in der Nacht hatte Selma sie wieder in ihren Käfig eingeschlossen.

Leonie hatte schon begriffen, dass etwas für sie geplant war, doch sie wusste einfach nicht, was. Und sie wusste auch, dass Selma es ihr nicht sagen würde.

Sie hatte sich regelrecht gefreut, als sie am Abend den schönen Käfig wiedersehen konnte. Insgeheim hatte sie sich schon auf einem Kamel sitzend in einer Sklavenkarawane im Orient gesehen.

Die Schritte auf der Treppe kündigten Selma an und Leonie richtete sich auf, soweit der Käfig dies zuließ.

»Das Gehen musst du noch üben« sagte Selma nach dem Morgengruß. »Ich denke, wir werden den Tag heute draußen verbringen.«


Gleich nach dem Frühstück hatte Leonie wieder darum gebeten, ihren Knebel tragen zu dürfen. »Dann fällt es mir leichter, nicht zu weinen.«

Selma kam der Bitte nach. Natürlich hätte sie Leonie auch sagen können, dass es für die Tränen keinen Anlass gab, doch das lag nicht in ihrem Interesse. Außerdem faszinierte sie der Anblick eines jungen Mädchens, dass in Ketten und mit Kopfgeschirr in ihrem Garten herum lief und das vor allem nicht wusste, welches Schicksal auf sie wartet.

* * *

Es war eine kleine verschworene Mannschaft, die sich jetzt um den kleinen Tisch im Zimmer der Herzogin drängte. Neben der Herzogin waren nur Frederike, Paul, Anna und Florian anwesend.

Frederike erläuterte ihren Plan. »Ich habe schon einen Flug gebucht für Anna und eine Taxifahrt bestellt. Das wird als falsche Spur sicher erst mal reichen.«

Sie blickte in erstaunte Gesichter.

»Die Familie wird sich sicher an die Polizei wenden, um Anna zu suchen. Ich habe veranlasst, dass ein völlig unfähiger Kommissar damit beauftragt wird.« Als sie Pauls verwunderten Blick sah, musste sie lächeln. »Ich habe auch einflussreiche Kontakte.«

Sie stellte die Zeitplanung vor. »Morgen am Donnerstag werden die Anwälte wiederkommen und feststellen, dass Anna geflohen ist.« Sie wandte sich an die Herzogin. »Könnten wir Anna bei ihnen verstecken? Ich wüsste sonst keinen Ort, der sicher wäre.«

Die Herzogin dachte nach. »Meine Tochter hat sich mal zwei Tage in Koffer eingesperrt.« Sie verdrehte die Augen.

Frederike war verwundert »Sie meinen wir könnten Anna darin verstecken?«

»Der Koffer enthält ein Lebenserhaltungssystem mit Ernährung und gesicherter Atemluft.« Sie lehnte sich zurück. »Das war mir damals sehr wichtig.« Sie blickte Anna an. »Wir sollten das aber vorher ausprobiert haben. Haben sie Platzangst?«

Anna schüttelte den Kopf.

»Um unsere Zimmer zu durchsuchen, muss ein Antrag in der Botschaft gestellt werden, so dass wir früh genug davon erfahren.« Die Herzogin lächelte. »Ich denke aber, dass der Kommissar sich von den Diplomatenpapieren abschrecken lässt.«

»Ich werde meinen Mann nicht ins Vertrauen ziehen.« Sie lächelte. »Dann ist er am überzeugendsten.«

»Anna, bist du bereit, den Koffer einmal auszuprobieren?« Frederike machte sich ein paar Notizen. »Wir sollten für den Ernstfall mit den nötigen Handgriffen vertraut sein.«

Anna war sichtlich gerührt. »Das mache ich.« Sie suchte Florians Hand. »Aber...« Sie stotterte.

»Aber?« die Herzogin war verwundert.

»Das kann ich doch nie wieder gut machen.« Sie wirkte traurig.

Frederike erkannte sofort, was Anna bewegte. »Jetzt sorgen wir erstmal dafür, dass deine Flucht gelingt.«

* * *

»Paul, kommen sie bitte mit?« Die Oberschwester hatte einen sehr freundlichen Ton, als sie Paul mit einer Handbewegung zu sich bat.

Paul blickte noch einmal zu Maria, dann folgte er der Oberschwester.

Als er hinter der Oberschwester den Raum betrat, erschrak er zunächst einmal. Es dauerte einen Moment bis her erkannte, dass auf dem Gynäkologenstuhl nur eine Puppe saß.

»Die Chefin hat gesagt, dass ich ihnen das Anlegen eines Katheters beibringen soll.« Sie wies ihn zunächst an eine Tafel, auf dem schematisch der weibliche Unterkörper dargestellt war. »Sie sagt, dass sie keine medizinischen Kenntnisse haben und dass ich deswegen geduldig mit ihnen sein soll.«

Paul begriff erst nach einiger Zeit, was jetzt von ihm erwartet wurde. Er hörte sehr aufmerksam zu, als die Schwester ihm zunächst die Grundlagen erklärte.

»Und hier haben wir unser Modell, an dem sonst unsere Studenten üben können.«

Paul blickte sich sehr verunsichert um, als er vor den gespreizten Beinen Platz nahm.

»Blenden sie ihre Gefühle für ihre Freundin möglichst aus und konzentrieren sie sich auf die Sache an sich.«

Paul begriff, dass er von der Oberschwester sehr wichtige Tipps bekam.

»Für die ersten Male bietet es sich an, etwas Kältespray einzusetzen.« Sie rechte ihm eine Spraydose.

* * *

»Das hier ist der Koffer.« Sabeth rollte einen großen Schrankkoffer in den Raum. »Er lässt sich von beiden Seiten öffnen und es fällt überhaupt nicht auf, dass in der Mitte noch ein großes Geheimfach ist.«

Sie öffnete den Koffer und ließ die Umstehenden hineinblicken. Alle waren fasziniert, denn der Koffer sah wirklich aus, als wäre er leer. Große Innenfächer zeigten viel Stauraum an.

Sabeth und Paula nahmen alle Schubladen und Fachbretter heraus. »Ein Schlüsselloch wäre viel zu auffällig. Sie zeigte auf die Luftlöcher im Deckel. »Das zweite und das vierte Loch in der dritten Reihen gleichzeitig drücken, dann wird die Tür geöffnet.«

Es knarzte etwas, als sich in dem Schrank die Tür öffnete. Sie gab den Blick auf sehr viele Schläuche frei sowie auf diverse Lederriemen. »Hier ist die Sauerstoffzusatzversorgung, ganz wichtig.« Sie zeigte auf eine Gasflasche. Hier ist die Nahrung und hier der Behälter für die Entsorgung.«

Anna trat vor den Schrank. Ihr Hand zitterte, als sie das Innere des riesigen Schrankes erkundete.

»Es lässt sich darin bis zu vier Tage aushalten.« Sabeths Stimme zeigte etwas Begeisterung.

Frederike war es genau wie Anna sehr unheimlich zu mute. »Wir sollten den Schrank auf jeden Fall ausprobieren, auch wenn ich glaube, dass wir ihn nicht brauchen.

»Auf die Verschlauchung können wir verzichten.«

Anna drehte sich um. »Jetzt sofort?« Sie wirkte sehr erschrocken, doch in ihren Augen begann so etwas wie Hoffnung zu keimen.

»An manchen Stellen kann der Schrank noch an die Körpergröße angepasst werden.« Sabeths Augen leuchteten verdächtig.

»Nein, wartet, das geht doch nicht.« Sabeth wirkte auf einmal sehr traurig. »Wenn die Tür geschlossen wird, setzt sofort das Unterhaltungsprogramm ein, und das lässt sich nicht abstellen.«

»Worum geht es dabei?« Frederike war enttäuscht.

Paula mischte sie ein. »Es ist leichter, wenn sie fliegen.«

Anna blickte zu Florian. »Das will ich auch mich nehmen.« Ihr Körper war in den vergangenen Monaten so sehr malträtiert worden, da würde sie diese angenehme Folter auch überstehen. »Ich möchte es wagen.«

Sabeth und Paula mussten erst die ganzen Riemen und Schläuche beiseite schieben, bevor Anna sich in die Form stellen konnte.

»Wir machen jetzt die Tür zu, damit du sehen und fühlen kannst, was auf dich zukommt.«

Anna nickte vorsichtig.

Die Tür klickte als sie in die Rahmen geschoben wurde. Sofort setzte ein leises Brummen ein. Annas Stöhnen war durch die Tür zu hören.

»Im Ernstfall sollte sie auch so etwas wie einen Knebel tragen, damit ihre Stimme gedämpft ist.«

Paula lächelte. »Wir räumen den Koffer einfach voll mit unseren Sachen, dass dämpft auch sehr gut. Sabeth ist dann so gut wie nicht zu hören.«

Frederike wartete noch einen kleinen Moment, dann öffnete sie die Tür wieder und blickte Anna fragend an.

»Nicht viel schlimmer als das, was ich in den vergangenen Wochen ertragen musste.« Sie ergriff Florians Hand. »Ich habe mir vorgestellt, es wären deine Hände gewesen.«

»Trotzdem, ich hoffe, es wird nicht nötig sein.« Frederike gab sich zuversichtlich. »Der Diplomatenstatus müsste eigentlich Schutz genug sein.«

»Ich denke auch.« Sabeth klappte den Koffer zu. »Es war eine schöne Zeit.« Sie lächelte verträumt.

Anna spürte, dass alle bemüht waren, ihr bei ihrer Flucht zu helfen. Und die Aussicht auf ein Leben mit Florian lag vor ihr.

* * *

»Warum denn ein Hotel?« Maria war verwundert, als Paul ihr nach dem Abendessen von den Fluchtplänen für Anna erzählt hatte. »Ihr habt doch so ein großes Haus.« In Anbetracht der neuen Situation hatten sie auf den Mundverschluss verzichtet.

Paul dachte daran, dass das Obergeschoss bei seiner Oma seit dem Tod der Uroma leer stand und als eigenständige Wohnung inklusive Küche und Bad eingerichtet war. »Ja, das müsste gehen.«

Paul ging zum Telefon und rief noch mal kurz bei Frederike an, doch sie würgte ihn ab. »Ich komme vorbei.«

Als sie im Zimmer war, erklärt sie. »Ich bin mir nicht sicher, ob mein Telefon nicht auch abgehört wird.«

Als Paul seine Idee geschildert hatte, war Frederike einverstanden. »Dann vermeiden wir auch die Anmeldung im Hotel.«


»Jetzt hört genau zu.« Frederike bemühte sich, ihre Stimme wichtig klingen zu lassen. Immerhin hatte sie von dem Konsortium einige Klimmzüge verlangt. »Freitag Nachmittag wird der deutsche Botschafter zu einer Routineuntersuchung in die Klinik kommen. Er wird dabei von zwei Leibwächtern begleitet, einem Mann und einer Frau.« Sie machte eine deutliche Pause.

»Die beiden werden in der Klinik bleiben, stattdessen werden Anna und Florian ihn auf der Rückfahrt begleliten. Die Fahrt geht zu dem kleinen Privatflugplatz, wo ein Flieger auf den Botschafter wartet. Ihr werdet am Samstag Nachmittag in Landsbach landen. Von dort bringt euch ein Taxi zu Pauls Oma, wo ihr die nächste Zeit wohnen könnt. Ihr bekommt neue Papiere und eine neue Identität. Allerdings wäre es gut, wenn ihr in Zukunft Deutsch lernen würdet.«

Anna nahm Florians Hand und drückte sie fest. »Das machen wir.«

»Anna, du solltest in deinem eigenen Interesse weiter Korsetts tragen und mit der Schnürung nur langsam nachlassen, sonst könnten Probleme auftreten.« Frederike blickte Anna und Florian abwechselnd an.

Florian versprach, sich darum zu kümmern. »Mit der schlanken Taille gefällst du mir wirklich gut.« Er gab ihr einen Kuss.

»Fürs erste werde ich weiter Korsetts tragen«, versprach Anna. »Wenn es dir gefällt.«

»Ich werde in dem Brief für Pauls Oma noch ein paar Sätze zu deinem Körperzustand hinzuschreiben, dann weiß Frau Mohr, was für dich wichtig ist.«

Anna blickte Frederike nur wortlos an. Eine Antwort wusste sie nicht.

»Wie bist du denn mit dem Monohandschuh zurecht gekommen?« Frederike zeigte einige Verlegenheit. »Ich weiß, dass er dir aufgezwungen wurde, aber es wäre gut, wenn du ihn ab und zu weiter tragen würdest, da dein Körper an die Haltung gewöhnt ist.«

Anna blickte Florian vorsichtig an. Eine Frage zu stellen traute sie sich aber nicht.

»Du solltest dich mit Maria austauschen. Sie ist eine sehr erfahrene Trägerin des Handschuhs.«

Maria kam näher. »Alle sind dann immer sehr aufmerksam und wollen dich bemuttern.« Sie blickte verschmitzt zu Paul.

»Du trägst den Handschuh gern?« Anna wollte es von Maria selbst hören.

Auf einmal begriff Maria, dass sie jetzt in Gegenwart von Paul und ihrer Mutter Farbe bekennen musste. »Gewiss, ich muss dann auf meine Arme verzichten, doch ich habe gelernt, wie ich mich trotzdem verteidigen kann.«

»Wie, du hast das gelernt?« Annas Miene zeigte, dass sie immer weniger verstand.

Frederike fühlte sich genötigt, einzugreifen. »Wie wäre es, wenn ihr euch diese Nacht unterhaltet?« Sie spürte, dass Anna jetzt viel Unterstützung gebrauchen konnte. Maria würde ihr am ehesten vermitteln können, dass Bondage auch etwas Positives sein konnte. »Du erzählst ihr einfach alles über das Fest und dass du bald mit Paul vor dem Altar stehen wirst und vor allem wie.«

Außerdem war es gut, wenn Anna diese Nacht nicht in ihrem Zimmer war. Dann konnten die Fluchtspuren gelegt werden.


Anna schaute noch etwas skeptisch, wie Maria von dem System an der Decke an ihr Bett gebunden wurde, dann machte Paul das gleiche bei ihr. »Wir stellen eure Betten nebeneinander, dann könnt ihr euch noch unterhalten.«

Als Anna sah, dass Maria genauso wie sie behandelt wurde, fühlte sie sich in ihren Gefühlen bestärkt.

Frederike kam herein. »Anna, wenn du erlaubst, würde ich dir gern ein wenig Blut abnehmen.«

Anna blickte die Chefin fragend an.

»Es ist besser für dich, wenn du nicht weißt, wofür.«

»Gut, ich bin einverstanden.«

»Ich habe noch einiges mit Paul zu besprechen.« Sie winkte Paul zu sich. »Wir kommen dann später und machen euch bettfertig.«


»Was meinte die Chefin damit, dass du bald vor dem Altar stehen wirst?« Annas fragte ins das Dunkel des Zimmers.

»Das ist eine ganz lange Geschichte.« Marias Stimme war erfüllt von Schwärmerei. »Angefangen hat es damit, dass Paul in unsere Klasse kam. Das war vor einigen Monaten.«

* * *

»Und dann stand er plötzlich hier in meinem Zimmer.« Marias Stimme klang schwer verliebt.

»Du bist sehr glücklich trotz der Fesseln?« Anna hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört.

»Ich weiß nicht genau« Maria war nachdenklich. »Vielleicht sogar wegen der Fesseln.«

* * *

»Es wird eine zweite falsche Spur geben, sonst wird die Familie nicht aufgeben.« Frederike saß mit Paul im Büro.

»Zweite falsche Spur?« Paul runzelte die Stirn.

»Je weniger Leute die Wahrzeit kennen, desto sicherer ist Anna.«

Paul erkannte sofort, dass er nicht weiter fragen sollte. So langsam realisierte er, weilche Rolle ihm Frederike zugemutet hatte und welches Vertrauen sie in ihn gesetzt hatte.

»Erzähle Betty nur das Notwendigste. Ich werde ihr sagen, dass sie sich dir unterordnen soll bei allen nicht medizinischen Dingen.«
491. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 27.03.16 19:27

Hat echt was von A- Team

Danke für die Fortsetzung

gruß Kami
492. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 27.03.16 20:41

na das wird ja noch richtig spannend.Vielen Dank dafür.

Irgendwie hoffe ich noch mehr über das Konsortum zu erfahren.Und was ihre weitergehenden Pläne sind.

mfg Wölchen
493. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 28.03.16 01:05

Klasse Fortsetzung!

Freue mich schon auf den nächsten Teil.

Allen noch frohe Ostern.

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Gruß vom Zwerglein
494. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 29.03.16 05:58

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 22
Autor: Karl Kollar

Donnerstag, den 9. September 1984

»Die Chefin sagt, ich soll dir folgen.« Betty war zu Paul gegangen. »Es gäbe dafür ganz besondere Gründe und ich soll nicht nachfragen.«

Paul blickte Betty vorsichtig an. »Du wärst einverstanden?«

»Und bei medizinischen Dingen soll ich dich gut beraten, damit du die richtigen Entscheidungen treffen kannst.« Sie lächelte verlegen.

Paul wollte erst widersprechen, weil Frederike den letzten Punkt etwas anders formuliert hatte. Doch dann fühlte er, dass er von Betty wirklich Unterstützung und ebenso auch Gehorsam bekommen würde. Die Sorge um Annas Zukunft vereinte sie.

»Wir wissen nicht, wo Anna ist.« Paul blickte Betty an.

»Du weißt es.« Sie schaute ihn herausfordernd an.

Paul blickte warnend zurück. »Wir wissen es nicht.«

»Schon gut, habe verstanden.« Es war Pauls Blick allein, der sie zur Ordnung rief. Irgendwie spürte sie, dass er es wirklich ernst meinte. Die Sorgen um Anna schweißte sie zusammen und ließ sie über so manches hinwegsehen, was sie unter normalen Umständen gestört hätte.

* * *

Nach dem Frühstück sollten sie Maria und Sarah mit den neuen Korsetts vertraut machen. Falls noch Sachen geändert werden mussten, war das hier in der Klinik leichter möglich, als wenn sie erst in ihren Heimatländern weilen würden.

Zuerst war Sarah an der Reihe. Betty war sehr aufmerksam und ließ sich erklären, was sie zu dem Korsett so alles wissen musste. Sie machte keinen Hehl daraus, dass es ihr besonders Sarahs Hilflosigkeit in dem Korsett angetan hatte.

Sarah war Bettys Neckereien zwar hilflos ausgeliefert, aber durch den dicken Korsettpanzer war sie auch etwas geschützt.

Maria stöhnte ebenfalls recht heftig, als sie das neue Korsett in all seiner Strenge spürte. Der Gedanke, dass Paul es ihr angelegt hat und es damit seine heftige Umarmung war, tröstet sie ein wenig.

In ihren sonstigen Fesselungen hatte sie stets noch einige Freiheiten gehabt, doch in dem neuen Korsett gab es kein einziges Gelenk, welches sie noch bewegen konnte. Ihre Arme wurden durch eigens geschnürte Röhren an den Seiten unbeweglich gehalten, nur ihre Hände schauten noch heraus. Sogar ihre Fußgelenke, die beim alten Korsett noch frei beweglich waren, waren hier durch Stahlstreben fixiert.

»Am besten bleibt ihr bis zum Mittag im Korsett, dann können wir gleich überprüfen ob es auch wirklich gut sitzt.«

Sie wandte sich an Betty und Paul. »Passt bitte gut auf die beiden auf.«


»Wollen wir ein Spiel machen?« Betty hatte ein Leuchten in den Augen. »Wer zuerst kommt, hat verloren.«

Paul blickte sie verblüfft an. »Wie soll das gehen?«

Betty blickte ihn triumphierend an. »Wir tauschen die Fernbedienungen.«

»Gute Idee«, Frederike grinste ein wenig. »Das ist ein guter Belastungstest. Aber passt auf, dass sie nicht umfallen. Ihr könntet sie an die Schienen hängen.« Sie reichte Paul ein paar zusätzliche Riemen.

Als Maria den Satz ihrer Mutter hörte, musste sie vor Entsetzen stöhnen.

»Siehst du, sie freuen sich darauf.« Betty liebte diesen Sarkasmus.

Auch Sarah zeigte mit ihren weit aufgerissenen Augen, was sie von der Idee hielt.

Betty rollte zwei Sessel nebeneinander, dann grinste sie Paul an. »Wir machen es uns gemütlich und genießen die Show.«

Sie wartete, bis Paul auch Platz genommen hatte, dann reichte sie ihm die Fernbedienung für Sarah.

»Auf die Plätze, fertig los.« sprach sie langsam, dann drückte sie alle Knöpfe auf der Fernbedienung gleichzeitig.

Paul war zunächst wie erstarrt. Erst als Maria das erste Mal aufstöhnte, besann er sich und war bemüht, Sarah ebenfalls mit allen Vibrationen zu versehen.

»Woran erkennen wir eigentlich, dass sie nicht schummeln?« Sie erklärte, dass Sarah es manchmal schaffte, einen Orgasmus zu verbergen.

»Bei Maria ist das auch wichtig.« Er beschrieb einige Situationen aus der Festvorbereitung, bei denen Maria in seinen Armen gekommen war, ohne dass es die Umstehenden wahrnehmen konnte. »Dadurch, dass ich sie in ihren Armen hielt, konnte ich es stets spüren.«

»Ich glaube, so geht das nicht mit dem Wettbewerb.« Betty schaltete Marias Vibratoren wieder ab.

Doch ihr herzzerreißendes Stöhnen ließ Paul aufhorchen. »Genießen wir doch einfach die Show, die sie uns bieten.« Er reichte Betty die Fernbedienung von Sarah.

»Du hast vermutlich recht, das ist besser.« Sie reichte Paul Marias Bediengerät. »So können wir das auch viel länger auskosten.«

Paul begann zunächst nur mit den Brust-Vibratoren. »Wofür ist eigentlich dieser kleine Knopf?« Er war nicht beschriftet.

»Das ist das Zufallsprogramm.« Betty bekam auf einmal einen ganz glasigen Blick. »Es ist ein herrlicher Anblick, wenn sie zu einer Pause gezwungen werden und nicht kommen dürfen.«

Unwillkürlich musste Paul zu Maria blicken und er sah vor allem Lust in ihren Augen. Doch gleich bemerkte er, wie sich Marias Augen auf und abbewegten, um danach auf der Fernbedienung liegenblieben.

Sarah versuchte ihrer Geliebten den Stinkefinger zu zeigen, was Betty natürlich genüsslich übersah. Sie stupste Paul in die Seite. »Siehst du, wie sehr sie sich darüber freut.«

Ein grimmiger Blick von Sarah war die Antwort.


»Was machen eure Tests?« Frederike stand auf einmal im Raum.

Betty zuckte zusammen. »Wir sind noch dabei.« Dabei versuchte sie die Fernbedienung zu verstecken, da sie wegen ihrer Programmwahl einschlechtes Gewissen hatte.

»Ihr testet das Zufallsprogramm?« Frederike blickte auf die Fernbedienung, die Paul in den Händen hielt. »Das mag ich auch sehr gern.«

Erst jetzt begriff Paul, warum Betty auf einmal so hektisch reagiert hatte.

»Die Schneiderin hätte die Venus-Korsetts fertig und lässt fragen, ob ihr zu einer Anprobe bereit seid.« Sie blickte einmal in die Runde. »Ich dachte, wir könnten das gleich mit den Korsett-Tests verbinden.«

Sie ging zu dem Telefon und wählte eine kurze Nummer. »Sie können vorbei kommen, die Mädchen sind bereit.«


Maria hielt innerlich den Atem an. Das würde die ultimative Fixierung werden. Sie konnte schon jetzt in den Armkorsetts nur noch ihre Hände bewegen, und dabei war jede dieser Bewegungen nutzlos, weil die Arme längs am Körper fixiert waren.

Jetzt würde sie auch noch das Gebet tragen dürfen und dann würden ihre Arme in dem Korsett fixiert werden. Sie begann schneller zu atmen.

»Ihr solltet aber das Programm abstellen, sonst werden sie ihre Arme nicht so ruhig halten, wie wir es brauchen.«

Betty seufzte etwas. »Schade.« Sie grinste etwas.

»Ihr werdet in Zukunft noch oft Gelegenheit haben, dieses Spiel zu spielen.«

Die Worte erinnerten Betty daran, dass der Herzog immer noch auf eine Entscheidung von ihr wartete. Das ernüchterte sie ein wenig.


Diesmal war es der Korsettschneider selbst, der mit seiner Assistentin und seiner Angestellten vorbeikam.

»Wer kommt zuerst dran? Maria oder Sarah?« Frederike blickte Paul und Betty fragend an.

»Wie wäre es mit Schnick, Schnack, Schnuck?« Bettys Blick hatte etwas Herausforderndes.

Paul war einverstanden und doch hatte er ein seltsames Gefühl, ein Spiel zu spielen, bei dem Maria der Einsatz war, auch wenn es nur darum ging, wer mit dem Venuskorsett als erstes dran kam.

Doch er gewann mit zwei Mal Schere und einmal Stein.

Auch Maria kam es etwas seltsam vor, als Paul für sie gegen Betty spielte. Dabei war es weniger das Ziel des Spieles, sondern mehr die Tatsache, dass für sie gespielt wurde. Trotzdem freute es sie, dass Paul für sie gewonnen hatte.

»Lassen wir die Mädchen noch einen Moment verschnaufen, dann fangen wir an.«

Maria war im Nachhinein nicht mehr sicher, ob sie überhaupt an Widerstand gedacht hatte. Doch kaum war klar, dass mit ihr begonnen werden sollte, als sich sofort zwei Hände um ihren Arm legten und ihn festhielten, solbald er losgeschnallt war.

Zuerst wurde ihr ein Geschirr umgelegt, welches die Aufgabe hatte, ihre Arme passend für das Gebet auf dem Rücken zu fixieren. Darüber wurde das Venuskorsett gelegt.

Zu Beginn hatte die Schneiderin die Anweisung bekommen, Paul und Betty bei den Anproben möglich überall mit einzubeziehen, damit die Partner an die Erfordernisse der Kleidungsstücke gewöhnen könnten. Doch Frederike wusste auch, welche zusätzliche Wirkung es hatte, wenn die Partner die Fesseln anbrachten.

* * *

»Ich hatte ja erst Bedenken, ob es in einer Klinik wirklich so schön sein kann.« gestand Sabeth. »Doch in eurer Gegenwart sind alle meine Zweifel beseitigt. Ich möchte euch danken, dass ihr da seid.«

»Hast du die Herzogin schon gefragt, ob wir Anna heute auch schon bei ihnen unterbringen können?«

»Nein, bisher nicht.« Sabeth war etwas verlegen, weil sie spürte, wie wichtig das Thema war. »Aber nachher bin ich bei ihr. Sie wird sicher zustimmen.«

»Die Anwälte werden gegen 16 Uhr wieder hier aufkreuzen. Bis dahin muss Anna ´verschwunden´ sein.«

»Das kriegen wir hin, da bin ich mir ganz sicher.«

»Könnten wir Anna auch bei dir unterbringen?« Betty versuchte eine Alternative.

»Sehr riskant«, antwortete Sabeth, »Der Diplomatenschutz gilt nur für meine Eltern, nicht für mich.«

»Schade«, Betty dachte laut.

»Ja, da hast du Recht« Paula mischte sich ein. »Sabeth müsste auf ihren Entspannungshogtie verzichten.«

»Entspannungshogtie?« Paul war verwundert. »Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst?«

»Sollte man meinen.« Sabeth lachte. »Aber in einem Hogtie kann ich wunderbar abschalten.«

Paul fiel auf einmal auf, dass Maria ihn intensiv ansah. Er ahnte, was sie bewegte. »Kannst du das etwas genauer erklären? Ich glaube, Maria möchte mehr darüber wissen.« Er blickte sie kurz an und entnahm ihrer dankbaren Miene, dass er es getroffen hatte.

»Wenn es schnell gehen muss, dann nimmt Paula Lederriemen, aber wenn wir viel Zeit haben, dann benützt sie Seile, um mich zu verschnüren.« Sie warf Paula einen verliebten Blick zu.

»Ganz wichtig ist das Schrittseil.« Paula erwiderte den Blick. »Wenn ich das an ihre Handgelenke binde, dann kann sie es genießen. Ich setze mich dann gern neben sie und schaue ihr einfach nur zu.«

»Natürlich hat sich mich auch geknebelt. Wenn mein Kopf über das Kopfgeschirr nach hinten gezogen wird und ich jeden Muskel im Körper spüren kann, ist es das Höchste.«

»Wortwörtlich.« Paula grinste.

Sabeth wurde etwas rot. »Ich fiebere immer den Gelegenheiten nach, wenn wir viel Zeit haben.« Sie lächelte verlegen. »Hat Maria noch Fragen?«

Maria deutete mit ihren Armen die Monohandschuhhaltung an und blickte Sabeth fragend an.

»Das geht auch mit einem Monohandschuh.« Sie blickte zu Paula.

»Es ist allerdings etwas schwieriger, dass Schrittseil um die Handgelenke zu binden.« Paula lachte. »Den Knoten sollte man vorher üben.«

Paul bemerkte Marias auffälligen Blick. »Kannst du es mir zeigen?« Irgendwie wusste er, was Maria von ihm erwartete.

»Komm mal mit.« Paula erhob sich. »Ich habe da was in unserem Zimmer.«

* * *

»Können wir Anna und Florian für eine Nacht bei euch in der Suite unterbringen?« Sabeth wusste, dass sie ihre Mutter ins Vertrauen ziehen konnte. »Es wäre nur für eine Nacht.«

»Was wäre nur für eine Nacht?« Die Herzogin war zurückhaltend.

»Wir müssen Anna bis Morgen verstecken, damit sie keiner zu Gesicht bekommt.«

»Und warum fragst du mich?« fragte die Herzogin, obwohl sie die Antwort eigentlich schon wusste.

»In euren Zimmern wäre sie sicher, weil diese nicht von der Polizei durchsucht werden dürfen.« Sabeth zwang sich, ihrer Mutter dabei ins Gesicht zu blicken.

»Warum wird Anna gesucht? Du weißt, dass wir keine Verbrechen decken dürfen.«

Sabeth berichtete ihrer Mutter von den Aktionen der Familie, und je mehr sie erzählte, desto entschlossener wirkte die Herzogin.

»Wir decken kein Verbrechen, sondern wir verhindern eines.« Sie streichelte ihrer Tochter durch das Gesicht. »Uns trennt viel, doch die Liebe zur Gerechtigkeit verbindet uns.«

Doch Sabeths Blick verdunkelte sich. »Es wäre gut, wenn Papa davon gar nicht erst etwas erfährt. Dann ist er am überzeugendsten.«

»Aber wir wollt ihr das erreichen?« Die Herzogin lächelte. Sie wusste, dass ihr Mann nur schlecht lügen konnte. Man sah es ihm immer sofort an.

»Anna und Florian werden in dem kleinen Gästezimmer übernachten. Sie werden ganz leise sein und du musst nur dafür sorgen, dass Papa etwas abgelenkt ist.«

So ganz war die Herzogin noch nicht einverstanden. »Was meinst du mit Ablenken? Sollen wir etwa, wenn fremde Leute in unserer Suite sind...« Sie sprach nicht weiter.

»Ich dachte eher an einen lang dauernden Theaterbesuch und ein ausgiebiges Frühstück bei Joe. Das kleine Zimmer wird abgeschlossen sein. Du msst ihn nur ablenken.«

»Na gut, probieren wir es.«

* * *

Paula lehnte in der Tür. »Judith ist im Besuchszimmer. Sie sagt, Nicolas hätte sie beauftragt.«

Sabeth spürte sofort, dass Paula ein wenig eifersüchtig war, auch wenn sie sich Mühe gab, es zu verbergen. »Um was geht es denn?« fragte sie, obwohl sie vermutlich schon ahnte.

»Das wird sie dir sagen.« Paula hatte Mühe, ihre Eifersucht unter Kontrolle zu halten. In Brasilien war es etwas anderes, doch hier wollte sie ihre Geliebte nicht mit Nicolas teilen.


»Ihr Mann hat für sie auch so einen Mundverschluss bestellt.« Judith war etwas verlegen. »Sind sie darüber informiert?«

Sabeth war recht unsicher. Sie wusste noch nicht, was sie von Nicolas Initiative halten sollte. Wollte er sich doch zwischen Paula und sie drängen? Sie entschied sich für ein vorsichtiges Ja.

»Er sagt, sie könnten dann auch in ihrer Heimat schweigen.« Judith packte ihre Geräte aus.

Sabeth erkannte auf einmal, dass für Eifersucht kein Grund bestand. Sie hatten schon öfters einmal darüber nachgedacht, dass sie ihre geliebten Knebel in der Öffentlichkeit nie tragen konnte. »Fangen sie bitte an.«

»Ich nehme heute nur die Abdrücke.« Judith war der Stimmungswechsel der Herzogstochter nicht entgangen. »Der Mundverschluß wird Morgen vormittag fertig sein.«

* * *

»Ich habe etwas ganz Tolles für dich.« Paula stand mit leuchtenden Augen vor ihrer Geliebten.

´Noch toller als der Mundverschluss?´ dachte Sabeth bei sich, doch sie wollte Paula nicht enttäuschen. »Ja?« Normalerweise bedeuteten diese strahlenden Augen stets süße Qualen für sie selbst.

»Gertrud hat mir ihre Mumie gezeigt und ich habe gefragt, ob ich dich dort auch mal einsperren darf.« Paula hatte Mühe, ihre Begeisterung zu verbergen.

»Mumie?« Sabeth runzelte die Stirn.

»Viel Spaß« Betty blickte kurz auf. Es war deutlich zu erkennen, dass sie im Gegensatz zu Sabeth wusste, was auf die Herzogstochter zukommen würde.

»Komm einfach mit und lass dich überraschen.« Paula ergriff Sabeths Hand und zog sie hoch.

»Von der sehen wir heute nichts mehr.« Betty schaute auf die Uhr und grinste. »Die fällt aus der Mumie direkt ins Bett.«

Paul lächelte wissend. »Wie auf der Hütte, aber zusätzlich mit Massage.«

Maria grinste ebenfalls.

* * *

»In diesem Moment sind die Anwälte wieder in der Klinik.« Paul hatte sich in Marias Zimmer geschlichen und sah, dass Anna auf dem Bett saß. Er ging auf das Bett zu und setzte sich neben sie.

Anna machte Anstalten, aufzustehen, doch Paul hielt sie zurück. »Sie werden dich nicht antreffen.«

»Wie, ich bin doch da.« Noch verstand Anna nicht.

Frederike hatte Paul es offen gelassen, ob er Anna von den Plänen der Familie erzählen wolle oder nicht. Er sollte es je nach Situation entscheiden. »Heute sind es vier Anwälte und sie haben einen Rollstuhl dabei.«

»Sie wollen mich holen.« Anna umklammerte Pauls Arm und drückte ihn fest an sich. »Sie haben es immer schon angedroht.«

»Keine Sorge, sie werden dich nicht finden.« Paul zwang sich, Annas Klammerung zu ertragen.

»Wo werde ich versteckt?« Anna begriff langsam die Brisanz der Situation.

»Ich passe auf dich auf.« Zu seiner Erleichterung spürte er, dass Anna ihren Griff löste. Doch auf einmal begann Anna zu weinen.

Paul legte seinen Arm um sie und zog sie zu sich heran. »Was ist denn?«

»Ihr seid so gut zu mir und riskiert so viel.« Sie schluchzte. »Ich kann mich dafür doch nie revanchieren.«

Paul war dankbar, dass Frederike ihn auf diese Situation vorbereitet hatte. Er hielt Anna in den Arm, so wie es Frederike ihm empfohlen hatte. »Mach dir darüber keine Gedanken. Jetzt ist erst mal wichtig, dass es gelingt.«

* * *

Diesmal waren es vier Personen, die in das Besuchszimmer kamen.

»Habt ihr die Papiere dabei?« fragte der älteste der drei Anwälte.

»Natürlich.« der Jüngste zeigte eine Mappe hoch. »Noch so einen Einlauf kann ich nicht gebrauchen.«

Die vierte Person war eine Frau, die einen Rollstuhl vor sich her schon. Es war kein gewöhnlicher Rollstuhl, denn sofort fielen die vielen Extrariemen auf, mit denen die Sitzende auf ihrem Platz fixiert werden konnte.

»Und wenn sie nicht will?« Der Mittlere äußerte seine Bedenken.

»Sie hat die Tabletten bekommen, so wurde uns berichtet.« Der Älteste blätterte in seinen Unterlagen. »Dann sollte ihr Willen unterdrückt sein.«

»Ich frage mich immer noch, ob es richtig ist, was wir hier tun.« Doch wieder jeder Geschäftsmann mussten die Anwälte zunächst auf das Geld und auf die Zufriedenheit der Kunden schauen. Ein Gewissen konnten sich die wenigsten Anwälte leisten.


Betty war mehr als nervös, als sie ins Besuchszimmer kam. Sie hoffte, dass sie ihre Rolle überzeugend spielen konnte. »Sie wünschen?«

»Bringen sie bitte Anna Kennedy zu uns. Bitte achten sie darauf, dass sie transportfähig ist.«

Betty knickste und verließ den Raum wieder. Jetzt war es wichtig, alles richtig zu machen, so als wisse sie nicht, dass Anna verschwunden war.

Natürlich wusste Betty, dass Anna verschwunden war, doch nicht, wohin. Sie überlegte, was sie machen würde, wenn sie es nicht wissen würde. Sie würde sich den Rollstuhl holen und in Annas Zimmer gehen. Dort würde sie Anna vom Schienensystem befreien und auf den Rollstuhl setzen und sie dann festschnallen.

Also würde sie den Rollstuhl dabei haben, wenn sie zu den Anwälten zurückkehrte.

Sie nahm sich den Rollstuhl und ging damit in Annas Zimmer. Zu ihrer Erleichterung sah es wirklich so aus, wie sie es erwartet hatte. Anna war nicht da, das Fenster war zerbrochen und die Scherben lagen innen. Sie war also von außen befreit worden. Betty blickte zum Schienensystem und dem Seil, welches daran herunter baumelte. Die Enden des Seils waren flach gedrückt. Vermutlich ein Bolzenschneider. Sie hoffte, genug Zeit verbraucht zu haben, damit die Anwälte keinen Verdacht schöpfen würden.

Sie schob den Rollstuhl wieder aus dem Zimmer und ging in das Besuchszimmer. »Frau Kennedy ist nicht da.« Betty war ehrlich erstaunt, wie gut Annas Flucht vorgetäuscht war. Das half ihr jetzt ihr Erstaunen vorzutäuschen.

»Was soll das heißen, ?nicht da??« Der älteste war verwundert.

»Sie ist weg. Es scheint jemand eingebrochen zu sein und hat sie anscheinend befreit.«

»Holen sie bitte die Chefin.« Der Anwalt war insgeheim erleichtert, dass er diesen Auftrag nicht ausführen konnte. Jetzt war es wichtig, alles zu versuchen, damit sie von der Familie trotzdem das Honorar bekommen würden. Immerhin wurden sie nach Stunden bezahlt und nicht nach Erfolgen.

»Ich gehe sie holen.« Betty machte einen Knicks und verließ den Raum.


Frederike blickte auf die Uhr. So wie sie die Lage einschätzte, würde sie gleich zu den Anwälten gehen müssen, um Annas Verschwinden zu untersuchen. Für diesen Part verzichtete sie auf die Hilfe des Konsortiums. Je weniger Leute wussten, was tatsächlich passiert war, desto besser war es.

Gleich darauf klopfte es auch schon. Nach ihrem ´Herein´ trat Betty ein. »Die Anwälte wünschen sie zu sprechen.«

»Was haben sie ihnen bisher gesagt?« Frederike wollte über den Wissensstand der Anwälte genau Bescheid wissen. Die Glasscheibe in der Mitte des Besucherraums verhinderte, dass jemand von außen in die Sieben eindringen konnte. Die Anwälte mussten sich mit dem zufrieden geben, was sie von Betty erfahren hatten.

»Ich habe gesagt, dass Anna vermutlich befreit wurde.« Betty versuchte, ihre Äußerungen genau wiederzugeben.

»Okay, dann wollen wir mal.« Frederike stand auf und verließ mit Betty das Zimmer. »Sie kümmern sie bitte um die anderen Patienten.«

Betty war für die Anweisung recht dankbar. So gab es für sie keine Gelegenheit mehr, sich doch noch zu verplappern. Sie ahnte, dass für Frederike und die Klinik mehr auf dem Spiel stand als nur der Imageverlust.


Frederike war zuerst versucht, die Ahnungslose zu spielen. Doch dann verwarf sie den Gedanken wieder. Betty würde ihre sicher von der Flucht berichtet haben. »Meine Herren?« Bewusst selbstbewusst betrat sie das Besuchszimmer.

»Wo ist Frau Kennedy?« der Älteste übernahm die Gesprächsführung.

»Das weiß ich nicht.« Frederike sagte in diesem Moment sogar die Wahrheit, weil sie wirklich nicht wusste, wo sich Anna in diesem Moment aufhielt.

Es war eine seltsame Situation. Die Anwälte wussten um ihren unmoralischen Auftrag und waren streng genommen sogar erleichtert, ihn nicht durchführen zu können. Sie mussten aber gegenüber der Familie versichern, aus ihrer Sicht alles richtig gemacht zu haben.

Frederike ihrerseits war bemüht, alles zu tun, um scheinbar an der Aufklärung von Annas Flucht mitzuarbeiten. Doch insgeheim hoffte sie, dass ihr gut durchdachter Plan jetzt auch wirklich aufgehen würde.

»Wir möchten das Zimmer sehen.« Der Anwalt wusste, dass er so eine Frage stellen musste, obwohl er wusste, dass die Antwort ?nein? lauten würde.

Frederike hatte insgehiem mit dieser Frage gerechnet. »Dies ist eine geschlossene Station. Das Betreten ist nur medizinischem Personal erlaubt.« Sie machte eine Pause, um die Wichtigkeit ihrer Aussage zu betonen. »Nur wenn die Polizei mit einem richterlichen Beschluss käme, könnte sie das Zimmer durchsuchen.« Sie hoffte, mit diesem Hinweis gegeben zu haben, der bewirkte, dass sie Anwälte für heute verschwinden würden.

Es wirkte wie gewünscht.

»Das werden wir machen.« Der Anwalt erhob sich und ging mit seinen Kollegen zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Sie werden von uns hören.«

Insgeheim war Frederike erleichtert. Es war sehr gut gelaufen.

* * *

»Welche Behandlung steht an?« fragte Paul mit ein wenig schlechtem Gewissen.

»Maria und Sarah kommen gleich zurück von der Elektro-Massage. Sie tragen noch bis zum Ende der Pause die Armbrüste.« Betty war sichtlich froh, dass der Besuch der Anwälte so abgelaufen war wie geplant.

»Und dann?« Paul wartete auf die Information, nach der er gefragt hatte.

»Du darfst wieder den Ponyherrn spielen, bei Maria.« Betty grinste. »Ich versorge Sarah in der eisernen Lunge.«

* * *

Maria merkte sofort, dass Paul bei dem heutigen Training mit der Ponygirl-Ausrüstung sehr unkonzentiert war. Sie beschloss deswegen, auf ihre kleinen Spielereien zu verzichten und gab das ganz gehorsame Pony. Sie erinnerte sich an die alten Geschichten von Kutschpferden, die ihren Weg nach Hause auf den Hof auch dann fanden, wenn der Kutscher auf dem Wagen eingeschlafen war.

Doch dann stutzte sie. Ob sie als Pony wohl auch mal vor eine Kutsche gespannt werden könnte? In Gedanken sah sie sich vor einen kleinen Sulky gespannt und Paul saß auf dem Sulky und trieb sie an. Maria wieherte ein wenig. Ohne jeden äußeren Antrieb lief sie ganz brav ihren Runden über den Parcours.

* * *

Nachdem Maria von dem Ponykostüm befreit worden und wieder da war, begannen ihre Augen zu leuchten.

Paul lächelte sie an. »Bis zum Fest wird der Stall zubleiben, aber danach möchte ich Wildfire gerne mal wiedersehen.« Auch er hatte seine Freude daran, wie gut Maria sich in die Rolle so eines Ponys fallen lassen konnte.

Maria lächelte zurück.

»Jetzt gibt es erst einmal das Abendessen.« Betty winkte von der Tür aus.

* * *

»Seid ihr schon fertig mit dem Essen?« Frederike betrat die Sieben und hatte einige Papiere, eine Perücke und etwas hautfarbenes in der Hand. Sie ging sofort auf Anna zu. »Kommst du bitte mit?«

Anna stand auf und kam der Bitte nach.

Paul blickte in die fragenden Gesichter und setzte eine ernste Miene auf. »Je weniger wir wissen, desto weniger können wir ausplaudern.«

Kurz darauf kam Frederike wieder zurück und hinter ihr betrat ein fremdes Mädchen den Raum. »Darf ich euch Franziska Bauer vorstellen?« Sie bedeutete dem Mädchen, sich auf Annas Platz zu setzen.

Am Tisch waren alle sprachlos. Wenn sie nicht sehen würde, dass diese Franziska noch Annas Kleidung anhatte, hätten sie die Neue tatsächlich für unbekannt gehalten.

Nur die traurigen Augen waren von Annas Gesicht noch sichtbar.

»Hier sind deine neuen Pässe und deine neue Identität.« Sie reichte Anna die Papiere.

Anna schluckte.

»Bitte fragt nicht, wie das geht.« Frederike wollte nicht verraten, dass die Klinik auch bei so manchem Zeugenschutzprogramm beteiligt war und entsprechende Mittel hatte.

»Nimm Platz, Franziska« Paul hatte seine wieder Worte gefunden.

»Unter der Maske ist es schwer zu sprechen.« Frederike streichelte Anna über den Kopf. »Beschränkt eure Fragen auf das Notwendigste.«

»Wo wird Anna, ich meine Franziska, diese Nacht schlafen?« Paul hatte bisher sein Bett geopfert für Anna.

»Ich werde Franziska dann zur Herzogin bringen. Sie hat ein kleines Extra-Zimmer in ihrer Suite.« Sie drehte sich zur Tür und winkte Anna zu sich. »Ein gewisser Markus Bauer wird dort auf dich warten.«

* * *

Maria hatte sich für den Abend einen Hogtie gewünscht. Doch als Paul aus dem Bad kam, musste er lächeln. Maria war schon wieder auf ihrem Bett eingeschlafen.
495. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 29.03.16 16:56

Mit ihrem neuen Aussehen und Ihrer neuen Identität dürfte Franziska Bauer (Anna) und Markus Bauer (Florian)Die Flucht gelingen.

Die Klinik wird noch eine peinliche Untersuchung des Vorfalls bevorstehen.

Auch Sandy wird sich rechtfertigen müssen, da sie ja Anna angeblich die Medikamente gegeben hat.

Besonders der Investor wird schäumen vor Wut.
Jemand der viel Geld bringt, ist einfach aus der Klinik verschwunden. Das schlimme daran ist, das es auch noch eine geschlossene Station ist.

Jetzt kommen auf die Ermittler ziemliche Fragen auf.

Wer alles hatte Zugang zu dieser Station?

Aber da die Scheibe von außen nach innen zerbrochen ist, kommt die Frage.

Wer hat einem Außenstehenden verraten in welchem Zimmer sich Anna befindet??

Wie wurde sie Abtransportiert, da sie ja angeblich die Tabletten genommen hat und damit nichts selber wollte

Aber es kann ja auch sein, das die Familie das ganze vertuscht, wenn herauskommen sollte, was sie mit ihrer Tochter vorgehabt haben.

Das der Öffentlichkeit bekanntgemacht, dürfte der Karriere des Senators nicht gerade förderlich sein.

Wie auch immer ich lasse mich überraschen.

-----

Leonie ist wahrscheinlich immer noch im ungewissen was auf sie zukommt.

Hoffentlich kann sie ihre Träume verdrängen.


Danke gag_coll für den neuen Teil.

-----
Gruß vom Zwerglein
496. RE: Maria, Keuschheitsgürtel für Paul

geschrieben von Rosenkavalier am 29.03.16 18:24

Hi Gag_Koll,
deine Geschichte über die Erlebnisse von Maria lese ich gerne und mit Spannung erwarte ich die Fortsetzungen.
Habe ich da was verpasst? Wie kam es zum Einschluss von Paul? Ich würde gern mehr über die Umstände erfahren, die zum Einschluss von Paul in die Keuscheitshilfe geführt haben.
Irgendwie wurde es ja mal Zeit. Selbstverständlich muss das Personal der geschlossenen Station 7 über jeden Zweifel erhaben sein. Nicht mal der leiseste Verdacht darf aufkommen, das Personal, hier unser Paul, habe die hilflose Situation einer Patientin ausgenutzt. Die Anwälte haben die Schadenersatzklage schon in der Schublade. Auch um Maria die Sicherheit zu geben, sollte Paul mittlerweile eine Keuschheitsvorrichtung tragen. Maria `s Mutter braucht die Sicherheit gegenüber dem Investor.
Es wäre auch interessant zu erfahren, ob es eine Keuschheitschelle oder ein richtiger Keuschheitsgürtel mit Anbau- und Erweiterungsmöglichkeiten ist.
Mit geschnürtem Gruss
Rosenkavalier
497. RE: Maria, Keuschheitsgürtel für Paul

geschrieben von kamikazekifferin am 29.03.16 19:11

Zitat
Hi Gag_Koll,
deine Geschichte über die Erlebnisse von Maria lese ich gerne und mit Spannung erwarte ich die Fortsetzungen.
Habe ich da was verpasst? Wie kam es zum Einschluss von Paul? Ich würde gern mehr über die Umstände erfahren, die zum Einschluss von Paul in die Keuscheitshilfe geführt haben.
Irgendwie wurde es ja mal Zeit. Selbstverständlich muss das Personal der geschlossenen Station 7 über jeden Zweifel erhaben sein. Nicht mal der leiseste Verdacht darf aufkommen, das Personal, hier unser Paul, habe die hilflose Situation einer Patientin ausgenutzt. Die Anwälte haben die Schadenersatzklage schon in der Schublade. Auch um Maria die Sicherheit zu geben, sollte Paul mittlerweile eine Keuschheitsvorrichtung tragen. Maria `s Mutter braucht die Sicherheit gegenüber dem Investor.
Es wäre auch interessant zu erfahren, ob es eine Keuschheitschelle oder ein richtiger Keuschheitsgürtel mit Anbau- und Erweiterungsmöglichkeiten ist.
Mit geschnürtem Gruss
Rosenkavalier



Hab ich was verpasst?

gruß Kami
498. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 29.03.16 19:32

Im Kapitel 13 Teil 16:
"ich weiß nicht, ob es richtig war. Der Herzog hat mir zwei Möglichkeiten gelassen. Er nahm ihre Hand und führte sie in seinen Schritt."

Weiter gespannt auf den nächsten Teil wartend
499. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 29.03.16 20:02

Zitat
Im Kapitel 13 Teil 16:
\"ich weiß nicht, ob es richtig war. Der Herzog hat mir zwei Möglichkeiten gelassen. Er nahm ihre Hand und führte sie in seinen Schritt.\"

Weiter gespannt auf den nächsten Teil wartend


Danke, habs zwar gelesen, aber mir war nicht klar, was gemeint ist.

Asche auf mein haupt

Gruß
Kami
500. RE: Maria, Keuschheitsgürtel für Paul

geschrieben von gag_coll am 29.03.16 20:50

Zitat
Hi Gag_Koll,
deine Geschichte über die Erlebnisse von Maria lese ich gerne und mit Spannung erwarte ich die Fortsetzungen.
Habe ich da was verpasst? Wie kam es zum Einschluss von Paul? Ich würde gern mehr über die Umstände erfahren, die zum Einschluss von Paul in die Keuscheitshilfe geführt haben.
Irgendwie wurde es ja mal Zeit. Selbstverständlich muss das Personal der geschlossenen Station 7 über jeden Zweifel erhaben sein. Nicht mal der leiseste Verdacht darf aufkommen, das Personal, hier unser Paul, habe die hilflose Situation einer Patientin ausgenutzt. Die Anwälte haben die Schadenersatzklage schon in der Schublade. Auch um Maria die Sicherheit zu geben, sollte Paul mittlerweile eine Keuschheitsvorrichtung tragen. Maria `s Mutter braucht die Sicherheit gegenüber dem Investor.
Es wäre auch interessant zu erfahren, ob es eine Keuschheitschelle oder ein richtiger Keuschheitsgürtel mit Anbau- und Erweiterungsmöglichkeiten ist.
Mit geschnürtem Gruss
Rosenkavalier

Ich bitte um Verzeihung, aber da ich das Thema eigentlich nicht mag, bin ich an dieser Stelle etwas oberflächlich geblieben... Von der Handlung her war es nur konsequent, aber über die Details wollte ich bewusst nicht nachdenken... Wie "es" bei Paul ausgesehen hat, würde ich gern eurer Phantasie überlassen.
501. RE: Maria, Keuschheitsgürtel für Paul

geschrieben von pardofelis am 30.03.16 18:35

Zitat
....
Ich bitte um Verzeihung, aber da ich das Thema eigentlich nicht mag, bin ich an dieser Stelle etwas oberflächlich geblieben... Von der Handlung her war es nur konsequent, aber über die Details wollte ich bewusst nicht nachdenken... Wie \"es\" bei Paul ausgesehen hat, würde ich gern eurer Phantasie überlassen.



Hi gag-coll, Danke!
502. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 30.03.16 19:23

Und jetzt werden die Kgs von Maria und Paul so verschaltet, dass der eine seinen nur öffnen kann, wenn der Andere seinen trägt.

Dann kann Frederike nachts ruhig schlafen


mit fesselnden Grüßen

Kami
503. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 30.03.16 23:58

Hallo cag_coll.

Hoffentlich haben Frederike und die mit ihr Verbündeten keinen Fehler wegen der Videoüberwachung gemacht.

Und war Maria jetzt mal in dem Sarkophag von Gertrud? Oder har sich das Thema erübrigt?


MfG Rainman
504. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 23

geschrieben von gag_coll am 31.03.16 05:14

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 23
Autor: Karl Kollar

Freitag, den 10. September 1984

Frederike hatte sich schon früh aus dem Bett gezwungen und hatte sich komplett schwarz angezogen. Bevor sie ihre Wohnung in der Klinik verließ, setzte sie sich auch noch ihre alte Skimaske auf. Nur noch ihre Augen waren sichtbar.

Sie schlich sich in den Hof der Klinik. Gestern hatte sie durch einen Vorwand schon dafür gesorgt, dass einer der alten Krankentransportwagen auf den Hof gefahren wurde. Sie legte ihr Fahrrad und zwei gefüllte Benzinkanister hinein und fuhr dann ohne Licht vom Hof der Klinik. Erst auf dem Highway wagte sie es, das Licht an zu schalten.

Sie hatte ihren Plan immer wieder durchdacht und hoffte jetzt, alles richtig zu machen. Es gab in der Nähe eine tiefe Schlucht, an der der Highway vorbei führte. Schon öfters waren Autos dort abgestürzt und deswegen wäre es sicher plausibel, wenn Anna auf der Flucht dort mit dem gestohlenen Krankenwagen abgestürzt wäre. Die Familie würde bald herausfinden, dass der Flug nach Australien nur eine falsche Spur war und für den Moment wollte sie gut vorbereitet sein.

An einem kleinen Abhang hielt sie an. Sie hatte sich von Anna etwas Familienschmuck geben lassen, den sie auf den Beifahrersitz legte. Sie verließ den Wagen, lud das Fahrrad aus und öffnete die beiden Benzinkanister.

Vorsichtig entzündete sie ein paar Zeitungen und legte sie auf den Beifahrersitz, dann stellte sie die Automatik-Schaltung auf ´neutral´ und löste sie die Handbremse. Langsam setzte sich der Wagen in Bewegung und rollte wie gewünscht auf die Schlucht zu.

Fredeike blieb an ihrem Platz stehen, bis der Wagen aus ihrer Sicht verschwunden war. Erst dann suchte sie ihr Fahrrad. Ein ohrenbetäubender Knall zeigte ihr an, dass ihr Plan aufgegangen war. Der Wagen war in die Schlucht gestürzt und das Benzin war explodiert. Der Wagen würde ausbrennen. Man würde Reste von Annas Schmuck finden.

Jetzt musste sie nur noch ungesehen in die Klinik zurück radeln. Sie wagte es nicht einmal, das Licht anzuschalten.

Natürlich war der gesamte Plan von sehr hohen Risiken umgeben, doch sie wusste, dass sie sich erpressbar gemacht hätte, wenn sie jemand anders damit beauftragt hätte.


Als sie bei der Klinik ankam, setzte gerade die Dämmerung ein. Sie schob ihr Fahrrad an seinen Platz und beeilte sich dann, in ihr Zimmer zu kommen. Sie wollte wieder umgezogen sein, bevor die Klinik erwachte, denn Arbeit gab es noch genug. Vor allem musste sie noch den Brief schreiben, den sie Anna für Pauls Oma mitgeben wollte. Von Paul wusste sie, dass Selma sowieso schon ein Mädchen bei sich wohnen hatte, dann wäre es sicher kein Problem, Anna so lange bei ihr unterzubringen, bis Mrs. Potter aus ihrem Urlaub zurück war und sich Anna und Florian annehmen konnte.

Selma sollte ein Telegramm aufgeben. »Alles bereit für Marias Heimkehr.« Damit würde sie in Wirklichkeit mitteilen, dass Anna bei ihr angekommen war.

Als nächste würde sie dafür sorgen, dass alle bisherigen Patienten und Betreuer die Sieben verlassen würden. Und auch die Mundverschlüsse würde sie ihnen abnehmen. Es musste nicht bekannt werden, was in ihrer Klinik bisher schon an absonderlichem Dingen passiert war. Und danach würde sie sich mit dem Kommissar auseinandersetzen müssen, der die Umstände von Annas Flucht untersuchen sollte.

* * *

Kommissar Fritz Spring legte den Hörer auf und blickte sich verblüfft im Spiegel an. Wieso war ausgerechnet er damit beauftragt worden, die Flucht von Anna Kennedy zu untersuchen. Er war eigentlich völlig unfähig und nur die Verwandtschaft zu seinem Schwiegervater, dem örtlichen Polizeichef, hatte ihn bisher vor einer Entlassung bewahrt.

Jetzt sollte er doch einen eigenen Fall bekommen. Und dann auch noch für diese Familie. Hatte sein Schwiegervater jetzt doch eine bessere Meinung von ihm?

* * *

Sandy wählte die Nummer, wie schon die Tage zuvor. Sie betete, dass sie ihren Text überzeugend vortragen konnte.

Wie üblich meldete sich die Gegenstelle nur mit »Ja?«.

»Es gab einen Einbruch und sie wurde entführt.« Sandy konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte.

»Woher wissen sie das?«

»In der Nacht war das Zerspringen einer Fensterscheibe zu hören, und am Morgen war Anna nicht mehr in ihrem Zimmer.« Das war sogar die Wahrheit.

»Danke für die Nachricht.« Die Gegenseite wollte schon auflegen.

»Da wäre noch etwas.« Sandy hielt kurz den Atem an. »Ich habe bald darauf ein Taxi wegfahren sehen.«

* * *

Herzogin Breganza deckte den Tisch für drei Personen. »Ich muss mich entschuldigen, ich habe sonst Personal, das sich darum kümmert.«

Anna blickte sie schweigend an, nahm ihr das Besteck aus der Hand und begann es neben die Teller zu legen.

»Wir helfen ihnen.« Florians Miene war ebenfalls voll Sorge. »Eben ist die Polizei angekommen.« Spät in der Nacht war Frederike bei ihnen gewesen und hatte ihnen alles gesagt, was sie für ihre bevorstehende Flucht noch wissen mussten.

Die Nervosität war überall im Raum zu spüren, doch die Herzogin versicherte, dass Franziska hier sicher sei. Sie hatte vor dem Namen extra eine Pause gemacht.

* * *

Fritz Spring bestand darauf, sofort in die Sieben eingelassen zu werden. Die Familie Kennedy hatte ihn anscheinend gleich mit den nötigen Papieren versorgt. »Ich will die ganze Klinik durchsuchen. Alles wird auf den Kopf gestellt.«

Frederike verwies ihn vorsichtig auf den besonderen Status des Herzogs. Seine diplomatische Immunität schützte ihn.

»Ich will alles durchsuchen!« polterte er.

»Dann müssen sie bei der Botschaft einen Antrag stellen.« Frederike hatte kein Problem, ihren Text aufzusagen, schließlich war es die Wahrheit.

»Veranlassen sie das!« befahl er einem seiner Kollegen. »und jetzt will ich den Tatort sehen.«

Frederike führte ihn in Annas Zimmer. Das ungemachte Bett und die offenen Schränke erweckten wirklich den Eindruck einer plötzlichen Flucht oder Entführung.

Der Kommissar bemerkte das zerbrochene Fenster erst, nachdem Frederike ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. »Dort sind sie wohl hinaus.« Er beugte sich hinunter zum Boden. »Hier ist Blut.«

»Sie hat sich wohl am Glas geschnitten.« Frederike versuchte den Anschein zu erwecken, als hätte sie laut gedacht.

»Lassen sie mich die Schlüsse ziehen.« Er richtete sich wieder auf. »Verlassen sie bitte das Zimmer.« Er ging zum Flur und rief nach der Spurensicherung.

Frederike konnte sich ein leises Lächeln nicht verkneifen, als sie die Sieben verließ.

* * *

Das Telefon klingelte. Die Herzogin meldete sich, dann schien sie zuzuhören. »Danke für die Mitteilung.« Sie legte wieder auf. Dann blickte sie Anna und Sabeth ernst an. »Die Botschaft hat angerufen. Der Antrag wurde gestellt, unsere Suite zu durchsuchen.«

»Anna, komm.« Sabeth sprang auf. »Es ist alles bereit.«

Trotz ihrer Maske war zu erkennen, dass Anna Angst hatte.

* * *

»Chef, wir haben sie.« Ein Polizist hatte ein paar Blätter Papier in der Hand.

»Wo ist sie?« Fritz Spring war elektrisiert.

»Um 23 Uhr ist ein Taxi von der Klinik zum Flugplatz gefahren.« Der Polizist war etwas außer Atem.

»Ja und, haben sie die Fluglisten überprüft?«

»Nein, bisher nicht?«

»Dann machen sie das. Das hier ist doch nur ein kleiner Provinzflughafen. Nur Air Kabrilant fliegt von hier.« Er buchte selbst gern bei dieser Billigfluglinie, weil diese einige seltene Direktflüge anbot.

* * *

»Chefin, ich muss sie dringend sprechen.« Der Leiter des Fuhrparks stand vor Frederike und machte ein verblüfftes Gesicht.

»Was gibt es?« Frederike wusste natürlich, was ihn bewegte.

»Ich hatte gestern den alten Transporter auf den Hof gefahren, weil die Garage gerade gestrichen wird. Und jetzt ist er weg.«

»Welcher Transporter?« fragte sie naiv, denn natürlich wusste sie ja schon, was wirklich passiert war.

»Der 588er«

»Der sollte doch ausgemustert werden.« Es freute sie insgeheim, das ihr Personal so sorgfältig war.

»Wir sollten den Diebstahl anzeigen.«

Es war Frederike mehr als recht, wenn das vermisste Fahrzeug gesucht würde. »Kümmern sie sich darum. Die Polizei ist ja noch im Haus.«

* * *

»Chef, ich habe hier die Passagierliste des Fluges nach Ausstralien von San Francisco aus.« Der Polizist reichte Fritz Spring die Liste. Sehen sie mal, wer dort gelistet ist.«

»Brechen sie die Durchsuchung ab.« Fritz Spring war froh, so schnell die Spur von Anna Kennedy gefunden zu haben. »Wir verständigen die australische Polizei... Und die Familie.«

* * *

Anna zitterte, als sich die Tür des großen Koffers langsam schloss. Sie wagte es noch nicht, an ihre Rettung zu glauben, aber immer hin war sie aktiv bemüht, an ihrem Versteck mitzuarbeiten. Gleich darauf hörte sie, wie Sabeth begann, die Fächer mit Wäsche voll zu räumen.

Doch dann trat Paula ein und grinste. »Die Polizei ist weg. Ihr könnt sie wieder auspacken.«

* * *

Es war so etwas wie vorsichtige Erleichterung zu spüren. Anna und Florian saßen auf dem Sofa und hielten sich bei den Händen. Jetzt galt es, nur noch auf die Ankunft des Botschafters zu warten.

Wieder klopfte es.

Die Herzogin ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt. »Guten Tag, Herr Kommissar.« sagte sie recht laut, damit es im Nachbarzimmer zu hören war. »Was kann ich für sie tun?«

Sabeth und Paula blickten sich entsetzt an. »Anna, schnell in den Koffer.«

Anna war aufgesprungen und riss geradezu hektisch die Koffertür auf.

In diesem Moment trat die Herzogin ins Zimmer. »Falscher Alarm.«

Nachdem alle wieder zu Atem gekommen waren, erklärte die Herzogin. »Er wollte sich für die Anfrage und die Verdächtigung entschuldigen. Er wisse jetzt, dass sich Anna in einem Flieger nach Australien befand.«

* * *

»Die Familie möchte, dass Anna mit internationalem Haftbefehl gesucht wird.« Fritz Spring blickte erschöpft auf.

»Was wird ihr denn vorgeworfen?« Der Beamte an der Schreibmaschine war verwundert.

»Sie hätte wertvolles Familieneigentum gestohlen.« Der Kommissar nahm das Fax noch einmal zur Hand.

»Was denn?« Der Beamte war neugierig.

»Ihren Körper« Er legte das Fax wieder weg. Irgendwie war er von der Arroganz dieser Familie angewidert.

* * *

Anna war sehr wehmütig zu Mute, als sie sich für ihre geplante Flucht auszog. Es kam ihr vor, als würde sie mit jedem Kleidungsstück auch etwas von ihrer Familie ablegen. Sie ahnte, dass es ihre letzten Momente in den USA waren und auch ihres Lebens als eine Kennedy. Doch dann gingen ihr wieder die Gedanken an ihre arrogante Familie durch den Kopf und sie fühlte, dass ihre Entscheidung richtig war. Sie wollte in Deutschland ein neues Leben an Florians Seite beginnen.

Sie blickte immer wieder irritiert in den Spiegel und betrachtete ihr neues Gesicht, welches sie etwas älter erschienen ließ. Es kostete sie viel Kraft, ihre Hände nicht ins Gesicht zu führen und mit etwas Ironie dachte sie daran, dass jetzt so ein Monohandschuh doch recht praktisch wäre, da er ihre Arme sehr verlässlich festhielt.


Immer wieder blickte sie zur Uhr und zählte die Minuten, bis der Botschafter sie abholen würde.

Sie und Florian trugen schon die Anzüge, mit denen sie die Rollen der Leibwächter übernehmen sollten. Frederike hatte ihnen schon gesagt, was in den nächsten Momenten wichtig sein würde. Sie sollten sich nichts anmerken lassen und selbstbewusst auftreten.

Paul und Maria winkten ihnen noch einmal zum Abschied.


»Das wäre geschafft.« Frederike blickte sich erleichtert um sich. Sie schaute in angespannte Gesichter.

Sie hoffte, alles richtig gemacht zu haben. Sie hatte Anna zur Flucht verholfen, ohne dass es auf die Klinik zurückfallen würde. Anna würde zunächst in Australien vermutet und würde die Familie einige Zeit beschäftigen.

Mit dem ausgebrannten Wrack würden sie dann noch versuchen, die Familie vom Tod von Anna zu überzeugen, damit sie nicht mehr nach ihr suchen würden.

Jetzt musste sie noch dafür sorgen, dass der Herzog und seine Familie ihre Klinik in guter Erinnerung behielten.

Sie ging in die Sieben. »Wie geht es euch? Was macht die Ausdauer?«

Ihre Worte erinnerte Paul und Betty an die Ziele, die bei all dem Ärger mit der Familie Kennedy etwas in den Hintergrund getreten war.

»Oh, ich denke, wir sind bestens gerüstet.«

Frederike blickte mit einigem Stolz auf ihre Tochter. Sie war sicher, Maria gut auf die Erfordernisse des Katerinenfestes vorbereitet zu haben. Damit würde sie nebenbei auch ihr Programm zu einem sehr positiven Ergebnis führen. Sie freute sich insgeheim schon auf den Moment, wenn sie es vor den ehrenwerten Damen und Herren vorstellen würde.

Doch bei einem war sie sich sicher. So etwas wie bei Anna sollte sich mit ihrem Programm nicht ereignen. Sie nahm sich vor, ihr Programm an einige Bedingungen zu knüpfen und war froh, dass sie bald Annas scheinbaren Tod als deutliche Warnung verwenden konnte.

* * *

»Da sind die bestellten Exosklelette.« Fredeike bat einige Damen einzutreten. »Es ist schön, dass sie das so schnell möglich machen konnten.«

Maria hatte davon noch nie etwas gehört. »Was ist denn das?«

Paul nahm sie in den Arm. »Lass dich überraschen.« Er nahm ein Tuch und verband ihr die Augen.

»Oh, was machst du?« Maria wollte sich die Augen wieder befreien. Doch sie spürte, wie Paul ihre Hände festhielt.

»Sind sie bereit?« Maria hörte eine fremde Frauenstimme.

»Kann losgehen.«

Maria spürte, wie sich Pauls Griff um ihre Hände lockerte.

Auf einmal legte sich etwas Festes um ihren linken Arm, dann auch um ihren rechten.

»Wir haben es so gemacht, dass es sowohl über als auch unter der Kleidung getragen werden kann.«

Paul spürte Marias Ungeduld. »Wie funktioniert das Scharnier?«

Die eine der Helfereinnen trat an ihn heran. »Mit dieser Schraube können sie einstellen, welche Kraft zum Beugen erforderlich ist. Wenn sie sie ganz anziehen, dann ist ein Bewegen des Gelenks gar nicht mehr möglich.«

Maria hielt den Atem an, als sie begriff, was ihr gerade angelegt wurde. Plötzlich spürte sie, dass Paul irgendwie an ihrem Arm hantierte.

»Bitte bewegen sie einmal ihren Arm.«

Maria wollte der Bitte nachkommen, doch sie musste erstaunt feststellen, dass sie ihren Arm nicht mehr beugen konnte. »Was ist das?« Ihre Stimme zeigte einige Sorge.

»Kein Grund, sich Sorgen zu machen.« Frederike stand auf einmal im Raum. »Wie geht es voran?«

Maria seufzte, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte.

»Meine Assistentinnen haben gerade mit den Armen begonnen.« Sie blickte in ihren Unterlagen. »Das Schultergelenk ist noch nicht fertig geworden, unsere Techniker haben noch Probleme, die auftretenden Kräfte richtig abzuleiten. Aber alle anderen Gelenke können wie gewünscht fixiert werden.«

Paul erkannte einige der Gegenstände wieder, doch ihm fiel auf, dass die neuen Gestelle sehr viel filigraner waren. Er äußerte das.

»Ja,« bestätigte die Frau mit den Unterlagen. »Das ist ein neues Material, welches eine sehr viel größere Festigkeit hat. Damit können wir das Skelett so herstellen, dass man es auch unter der Kleidung tragen kann.«

Maria stöhnte, als sie das hörte. Irgendwie wusste sie, dass sie das ausprobieren musste.

»Stellen sie sich bitte bequem hin.«

Maria zitterte leicht, als sie der Bitte nachkam. Gleich darauf spürte sie, wie sich auf um ihre Beine das gleiche Geschirr legte und befestigt wurde. Sogar die Füße musste Maria nacheinander kurz heben.

»Sie können das Fußgelenk und das Knie fixieren.«

Maria hielt kurz den Atem an.

»Stehen sie bequem?«

Maria hatte einige Mühe zu antworten. »Ja.«

»Bitte so stehen bleiben.«

Paul bekam die Aufforderung, jetzt auch die Gelenke zu fixieren.

Maria versuchte vorsichtig sich zu bewegen, doch sie musste zu ihrem eigenen Erstaunen feststellen, dass sie weder ihre Beine noch ihre Arme noch bewegen konnte.

»Jetzt kommt noch das Geschirr für den Oberkörper.« Sie begann es um Marias Oberkörper zu legen. Doch auf einmal stutze sie. »Das geht so nicht.«

»Was ist das Problem?« Frederike zeigte einige Sorgenfalten.

»Wir haben das Geschirr direkt auf den Körper abgemessen.« Die Dame war etwas verlegen. »So werden wir es nicht schließen können.«

»Ich verstehe«, Frederike hatte erkannt, dass Marias Keuschheitsensemble im Weg war. »Das erklären sie bitte Herrn Mohr, wie es zu bedienen ist. Falls es dann später Fragen gibt, können wir sie sicherlich noch mal kontaktieren.«

»Aber sicher.«

Auf einmal flüsterte Maria mit ganz leiser Stimme. »Schau es dir gut an. Ich möchte es dann gern mal tragen.«

»Bis dahin haben wir bestimmt auch die Probleme mit dem Schultergelenk gelöst. Mein Techniker sagte mir, dass es nur noch um Tage geht.«

»Es wäre sehr gut, wenn es noch bis Dienstag gelöst wäre, dann könnten wird es den beiden gleich mit in den Flieger geben.«

»Ja, das wäre schön.« Marias Stimme war leise, aber die Vorfreude war deutlich zu hören.

* * *

Für den Abend war eine kleine Feier geplant. Bis auf Anna waren alle anwesend. Jeder durfte sich so anziehen, wie er mochte. Nicolas und Monica sowie Juan und Bertram waren auch eingeladen. Es wurde über die vielen Ereignisse während der Woche gesprochen.

Sabeth war die erste, die eingeschränkt werden wollte. Sie bat Paula um den Handschuh.

Maria war zwar schon ziemlich müde, aber sie batPaul ebenfalls um ihren Handschuh.

Betty schaute zu Sarah, doch diese war schon eingeschlafen.

Als Paul mit dem Handschuh zurück kam, musste er feststellen, dass Maria auch schon eingeschlafen war.

Nur Sabeth ließ sich noch von Paula in den Mono schnüren, dann setzen sich die Wachgebliebenen zusammen und plauderten über die erfolgreiche Woche.

Paul musste unter anderem berichten, wie er mit den Anforderungen als Pfleger zurecht gekommen war.

Betty hätte sich heute beim Herzog entscheiden müssen, doch der Besuch der Polizei hatte das Gespräch auf das Wochenende verschoben, Betty hatte das Gespräch also noch vor sich.

»Weißt du schon, wie du dich entscheiden wirst?« Paula zeigte viel Anteilnahme

Betty war auf einmal sehr unglücklich. »Ich weiß immer noch nicht, ob es wirklich richtig ist.«

Paula stand auf und setzte sich neben sie. »Ich weiß, was du gerade durchmachst. Ich möchte dich zu nichts drängen. Ich möchte dir nur einen Rat geben. Höre nicht auf deinen Kopf, sondern folge deinem Herzen.

Betty blickte auf die schlafende Sarah.
505. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 31.03.16 05:16

Zitat
Und jetzt werden die Kgs von Maria und Paul so verschaltet, dass der eine seinen nur öffnen kann, wenn der Andere seinen trägt.
Dann kann Frederike nachts ruhig schlafen.
Es geht aber in eine ganz andere Richtung weiter... Ich sage nur "den Bock zum Gärtner machen"
506. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 31.03.16 05:19

Zitat
Hoffentlich haben Frederike und die mit ihr Verbündeten keinen Fehler wegen der Videoüberwachung gemacht.
Ich denke nicht...
Zitat
Und war Maria jetzt mal in dem Sarkophag von Gertrud? Oder har sich das Thema erübrigt?
Ich glaube, sie hätte es bestimmt gern mal ausprobiert... Aber, nein, war sie nicht...
507. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 31.03.16 13:53

Zu erst mal,hoffe das die Flucht gut geht und Anna ihr neues Leben genießen kann.
Hoffe es gibt kein großen Schock wenn Leonie in ihrer Aufmachund Anna und ihren Freund die Tür öffnet.

Der Grund für den Internationalen Haftbefehl war ein echter Witz,wertvolles Familieneigentum gestohlen?Ihren eigenen Körper weil sie ab gehauen ist.Naja mit etwas glück kann sie da bei einer Verhaftung gegen vor gehen.
Ich hatte an deiner Stelle lieber einen frei erfundenen Familiennamen gewällt.Nur das es kein Ärger gibt.

Aber mal schaun wie es so weiter geht und wie das Leben in D. dan für sie ist.Hoffe sie hält weiter hinden Kontakt mit Paul und Maria.

Es ist außerdem wichtig das Frederike,wie du beschrieben hast dafür sorgt,das ihr Programm nicht mehr mißbraucht werden kann.

Bis dahin warten ich hoffnungsvoll auf den nästen Teil.

mfg Wölchen
508. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 31.03.16 14:44

Zitat
Hoffe es gibt kein großen Schock wenn Leonie in ihrer Aufmachund Anna und ihren Freund die Tür öffnet.
Ich will nicht zu viel verraten, aber diese Begegnung findet in Kapitel 14 sehr eindrucksvoll statt.
Zitat
Ich hatte an deiner Stelle lieber einen frei erfundenen Familiennamen gewällt.Nur das es kein Ärger gibt.
Naja, ich hätte ja auch ´Trump´ nehmen können
Zitat
Es ist außerdem wichtig das Frederike,wie du beschrieben hast dafür sorgt,das ihr Programm nicht mehr mißbraucht werden kann.
Ja, das war mir sehr wichtig...
509. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 31.03.16 19:01

Mit Freude habe ich gerade den zuletzt geposteten Teil gelesen - Vielen Dank!
510. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 01.04.16 02:04

Einfach klasse.

Der dümmste Polizist leitet die Untersuchung.

Da sollte mit der Flucht nicht viel schief gehen.

Nur wird das wieder einige Fragen aufwerfen.-

Warum wurde in dem Ausgebrannten Sanka nur Schmuckteile und keine Leiche gefunden

Wenn sie also vorher ausgestiegen ist, warum hat sie dann Schmuck zurückgelassen?

Da kann schnell die Vermutung aufkommen, das es sich auch, wie mit dem Flug, um eine falsche Spur handelt.

Dann wird der Familienclan druck auf die Polizei aufbauen.

Vielleicht hat der Senator auch noch Verbindungen zum Geheimdienst und lässt auch dort nachforschen, weil die Polizei wahrscheinlich erfolglos sein wird.

Aber ich lasse mich überraschen.

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Gruß vom Zwerglein
511. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 01.04.16 12:21

Zitat
Warum wurde in dem Ausgebrannten Sanka nur Schmuckteile und keine Leiche gefunden
Also im Polizeibericht wird folgendes stehen: Es bestehen keine Zweifel, dass die Flüchtige den Unfall nicht überlebt hat.

Das ist zwar jetzt ein Vorgriff, aber der verunglückte Transporter wird in Kapitel 13 nicht gefunden.
512. RE: Maria

geschrieben von colonytzan am 01.04.16 16:02

Hi gag_coll:

Möchten Sie mehr Verschleiß in cape Kleidung zu sehen, vor allem Maria.
Gebunden in einem cape ist der attraktivste Teil dieser~~~
513. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 24

geschrieben von gag_coll am 02.04.16 07:22

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 24
Autor: Karl Kollar

Samstag, 11. September 1984

Maria schlug die Augen auf und versuchte sich zu räkeln, doch sie stellte fest, dass sie wieder ans Bett geschnallt war. Ihr Blick suchte Paul. »Hast du mich gestern noch fixiert?«

»Guten Morgen erstmal.« Paul setzte sich neben seine Freundin. »Hattest du schöne Träume?«

»Dir auch einen guten Morgen.« Maria räkelte sich noch einmal. »Ich habe vom Fest geträumt...« Ihre Stimme klang schwärmerisch. »Aber der Franz-Ferdinand hat gestört, er wollte mir immer die Arme befreien.«

Paul war aufmerksam. »Du hast vom Gebet geträumt?«

»Ja.« Maria war etwas verlegen. »Ich glaube, jetzt habe ich es wirklich genug trainiert.« Sie blickte auf die Uhr. »So spät ist es schon? Machst du mich bitte los?«

»Schade«, grinste Paul, dann machte er sich daran, seiner Freundin die Fesseln abzunehmen.

»Du kannst gleich mal den Monohandschuh raussuchen.« Maria winkte ihm noch einmal zu, bevor sie im Bad verschwand.

»Du kannst wohl gar nicht genug kriegen.« Paul grinste wieder.

»Das hat andere Gründe«, lächelte Maria, dann schloss sie die Tür des kleinen Badezimmer.

Paul blickte sich etwas im Zimmer um. Den Handschuh fand er im Schrank, er lag gleich obenauf. Dann lüftete er ein wenig die Betten.


»Meine Mutter hat heute Geburtstag und wir sind bei ihr zum Frühstück eingeladen«, berichtete Maria, als sie aus dem Bad kam.

»In deiner stählernen Unterwäsche siehst du echt toll aus.« Paul lächelte.

»Weißt du noch, wie ich sie dir das erste Mal zeigen musste?« Maria lächelte ebenfalls. »Deine Oma war da ja sehr resolut.«

»Ja«, bestätigte Paul, »sie war ja früher Erzieherin.«

»Musst du noch ins Bad?« Sie deutete auf die Tür.

»Ich war schon.« Paul dankte. »Muss ich mir etwas Besonderes anziehen für deine Mutter?« Immerhin hatte er Marias Handschuh herauslegen müssen.

»Nein, bleib so wie du bist.« Maria lächelte etwas verlegen. »Das mit dem Handschuh ist eine Geschichte, die schon länger zurückliegt.«

Sein fragender Blick war es, der Maria die Geschichte erzählen ließ. »Früher lag mein Aufenthalt immer etwas früher, nur einmal fast am Anfang hatte sie ihren Geburtstag, während ich hier war. Und damals hat sie sich gewünscht, dass ich einmal mit dem Handschuh zum Frühstück kommen würde. Damals war daran aber noch nicht zu denken.«

Paul begriff, welch besondere Freude Maria ihrer Mutter machen wollte. Er beeilte sich, ihr beim Anziehen zu helfen.

Maria hatte sich ein wadenlanges Kleid herausgesucht. »Sollen wir ein Tuch benutzen, so wie damals im Rathaus?«

Maria lächelte. »Gute Idee.« Sie ging an ihren Schrank und begann etwas zu kramen. »Jetzt hätte ich doch das Wichtigste fast vergessen.« Sie reichte Paul zwei Geschenke. »Kannst du die tragen?« Sie war etwas verlegen.

»Kein Problem.« Paul legte die Geschenke auf den Tisch. »Zwei Bücher?« vermutete er.

»Ein Bildband über Landsbach und einen über die bisherigen Feste.« Maria reichte Paul den Handschuh. »Und dann würde ich gern...«


»Schon fertig?« Maria war verblüfft. »Du bist sehr schnell geworden.«

Paul wurde etwas rot. »Paula hat mir ein paar sehr nützliche Tipps gegeben. Es freut mich, dass du es bemerkst.«

»Ich liebe dieses Gefühl« Marias Stimme hatte etwas Schwärmerisches. »Und es ist so viel leichter zu tragen.«

* * *

Frederike wartete schon vor einem hübsch gedeckten Tisch. Als sie ihre Tochter erblickte, musste sie lächeln. »Dass du daran noch gedacht hast.«

»Alles Liebe und Gute zum Geburtstag.« Maria deutete Paul an, das Tuch zu entfernen.

»Du machst mir eine ganz große Freude.« Sie nahm ihre Tochter in die Arme.


Gleich darauf sprach Paul seine Glückwünsche aus und überreichte die beiden Geschenke.

Frederike packte sie sofort aus. »Oh, Erinnerungen an die Heimat und eine Übersicht über die Katerinenfeste. Sehr schön. Die bekommen einen Ehrenplatz.«

»Schau mal auf der letzten Seite vom Festband nach.« Marias Augen leuchteten.

Frederike kam der Bitte nach. Sie las den letzten Satz vor. »Das nächste Fest findet dieses Jahr statt und Maria Beller wird die Katerina spielen und Paul Mohr ist ihr Prinz.«

Maria gab Paul einen Kuss, während ihre Mutter den Satz vorlas.


»Erinnerst du dich noch daran, was wir damals zu dem Geburtstagsfrühstück gesagt hatten?« Frederike war sichtlich bewegt.

»Daß du mich füttern müsstest?« Maria war nicht ganz sicher, was ihre Mutter meinte.

»Genau das meinte ich.« Sie lächelte zu Paul. »Ich denke, du wirst das viel lieber machen.«

»Das mache ich gern.« Er gab seinerseits Maria einen Kuss, als er ihre Berührung mit dem Monohandschuh spürte.

»Jetzt nehmt Platz und lasst es euch schmecken.« Frederike zündete die Kerze auf dem Tisch an.

* * *

»Ihr hat ja jetzt noch ein strammes Programm vor euch.« Frederike legte ihr Besteck weg und wischte sich den Mund ab.

»Wieso?« fragte Maria verwundert. »Die zwei Wochen Intensiv-Training waren doch genug?«

»Ihr habt ja einiges nicht mitbekommen, als ihr in der Sieben wart.« Frederikes Miene wurde etwas ernster. »Der Herzog ist überglücklich und möchte sich bedanken. Heute Mittag sind wir alle zum Essen eingeladen, und morgen steht ein Opernbesuch an.«

»Das klingt doch gut.« Maria freute sich, dass das Abenteuer für Sarah so gut ausgegangen war.

»Sabeth, seine Tochter feiert heute Nachmittag eine besondere Party bei uns und sie hat mich gefragt, ob sie euch dazu einladen dürfte.« Frederike zögerte etwas.

»Was ist das für eine Party?« Paul hatte den besonderen Tonfall bemerkt.

»Sabeth hat mich um Stillschweigen gebeten, doch ihr solltet natürlich wissen, was euch erwartet.« Sie sprach bewusst langsam.

»Jetzt mache es doch nicht so spannend.« Marias Stimme zeigte ihre Anspannung.

»Es wird eine Bondage-Party werden.« Marias Mutter lächelte hintergründig. »Ich glaube so ähnlich wie auf Sebastians Hütte.«

»Mit Fesselungen und allem?« Maria staunte.

»Ja, genau.« Frederike sah, dass sie ihre Tochter richtig eingeschätzt hatte. »Sie hat es mir sogar erklärt. In Brasilien müssen sie immer die Form waren. Selbst das Personal darf nichts erfahren.«

»Und hier sind sie frei?« Paul zeigte ebenfalls Interesse.

»Genau.« bestätigte Frederike. »Sie hat auch ein besonderes Motto ausgegeben. ´Freiheit in Fesseln´«


Es klopfte an der Tür. Frederike blickte zur Uhr. »Oh, es ist ja schon elf Uhr. Der Herzog hatte seinen Besuch für elf Uhr angekündigt.« Sie bat den Besucher herein.

Maria fiel sofort auf, dass der Herzog strahlte. Er schien sehr glücklich zu sein.

»Ich wollte sie nicht beim Frühstück stören.« In seiner Stimme schwang unterschwellig so etwas wie ein Vorwurf mit.

»Ich habe ihren Termin vergessen.« Frederike war verlegen. »Wir haben gerade meinen Geburtstag gefeiert.«

»Ich weiß, und ich möchte ihnen dazu auch recht herzlich gratulieren.« Er reichte ihr die Hand.

»Danke, Hoheit.« Frederike war noch verlegener.

»Sie haben mir meinen Lebenstraum erfüllt, und auch dafür möchte ich mich bei ihnen bedanken.« Er reichte ihr eine Mappe.

Frederike nahm die Mappe entgegen. Sie wusste nicht, ob sie gleich darin lesen sollte.

»Wie ich höre, haben sie einige Probleme mit dem Investor Herrn Brown?« Der Herzog hatte sein Geschenk gut vorbereitet.

Frederike seufzte. »Er schaut nur auf den Profit und überhaupt nicht auf die Patienten.«

»Ich denke, ich habe ihnen einen kleinen Gefallen getan.« Der Herzog machte noch einmal eine Pause. »Ich habe Herrn Brown seine Anteile an ihrer Klinik abgekauft und möchte sie ihnen schenken, als Dankeschön dafür, dass sie mir meinen Lebenstraum erfüllt haben.«

Frederike musste sich setzen. Sie war sprachlos.

»Meine Anwälte werden ihnen gern die Details erklären.« Er blickte sich um. »Ah, da ist ja auch ihre Tochter.« Er bat Maria, näher zu kommen. »Sie können sehr stolz auf ihre Tochter sein.«

Maria machte einen Knicks.

»Und auch Herr Mohr ist hier. Ich danke auch ihnen.« Er blickte zu Marias Freund. »Betty hat sie sehr gelobt.« Der Herzog verbeugte sich.

Paul erkannte, dass er ein großes Lob bekommen hatte, er verbeugte sich ebenfalls.

»Hat Betty zugesagt?« Maria war sichtlich neugierig.

Der Herzog lächelte. »Das soll sie ihnen selbst sagen.«

Es klopfte. Nach dem ´Herein´ steckte ein Mann in einer Pagenuniform den Kopf herein. »Die Wagen wären dann bereit.«

Der Herzog bedankte sich, dann wandte er sich wieder um. »Ich möchte sie beide und ihre Mutter heute zum Mittagessen einladen. Wir feiern in der Bayerischen Alm.« Er blickte zu Frederike, die immer noch fassungslos in der Mappe blätterte.

»Bringen sie bitte ihre Mutter mit«, er lächelte zu Maria, »wenn sie sich von ihrem Schrecken wieder erholt hat.«

Maria blickte selbst zu ihrer Mutter und lächelte. »Das werden wir machen.«

* * *

Im Hof standen zwei schwarze Kleinbusse. Teilweise waren sie schon besetzt, als Maria mit Paul in den Hof kam.

»Paul und Maria? Ihr geht bitte zum zweiten Fahrzeug, dort sind noch zwei Plätze frei.«

Maria musste lächeln, als sie auf die hintere Bank kletterte. Sarah saß am Fenster und Betty in der Mitte. Und Sarah hielt Bettys Hände fest.

»Du hast ja gesagt?« Maria brauchte die Frage eigentlich nicht mehr stellen, denn sie sah, dass beide Augenpaare quasi um die Wette strahlten.

Betty brachte nur ein glückliches Lächeln zustande.

»Jetzt erzähl, wie war es?« Maria war begierig, von dem Gespräch zu erfahren. Sie nahm es fast nicht wahr, dass Paul vor ihr neben Juan und Bertram Platz genommen hatte.

* * *

Bettys Herz klopfte so laut wie nie zuvor, als sie an der Tür der Herzogssuite klopfte.

»Guten Tag, Frau Granger. Schön, dass sie meiner Einladung gefolgt sind.«

»Guten Tag, Hoheit.« Ihre zitternde Hand zeigte, wie aufgewühlt sie war.

»Kommen sie herein und nehmen sie Platz.« Der Herzog machte eine einladende Handbewegung. »Möchten sie etwas trinken?«

»Vielleicht ein Wasser.« Betty ging zu dem großen Sessel, auf den der Herzog ihrer Meinung nach gezeigt hatte. Währenddessen sah sie verwundert zu, wie der Herzog sich selbst um ihr Getränk kümmerte. Sie hatte erwartet, dass er eine Bedienstete damit beauftragen würde.

»Bevor sie mir meine Frage beantworten, möchte ich sichergehen, dass sie wirklich wissen, auf was sie sich einlassen.« Er nahm ein Blatt Papier vom Tisch.

Betty war verwundert.

»Es ist nicht das erste Gespräch dieser Art«, lächelte er, als er Bettys verwunderten Blick war. »Zuletzt habe ich es mit Bertram geführt, dem Geliebten meines Sohnes.«

Betty blickte auf. Da war ein besonderer Unterton in den Worten des Herzogs.

»Wir müssen gewisse gesellschaftliche Konventionen beachten, aber trotzdem ist mir das Schicksal meiner Kinder nicht gleichgültig. Im Gegenteil, ich habe großes Interesse daran, dass sie glücklich werden.«

»Sabeth und Nicolas verstehen sich ja gut.« bemerkte Betty, erleichtert darüber, dass das Gespräch eine ganz andere Richtung nahm, als sie ursprünglich erwartet hatte.

»Ja, ich bin sehr stolz auf meine Tochter. Sie hat sich gut an die Erfordernisse unserer Gesellschaft angepasst. Nur zwischen Paula und Monica knistert es ab und zu.« Er blickte Betty fragend an.

Betty brauchte einige Zeit, bis sie erkannte, dass er ihr eigentlich eine Frage gestellt hatte, ohne sie auszusprechen. »Ich denke, mit Bertram werde ich mich gut verstehen. Irgendwie haben wir ja ganz andere Interessen.«

»Ich freue mich, dass sie das so sehen.« Der Herzog machte eine bedeutsame Pause. »Wenn Sarah und Juan auf Reisen sind, dann werden sie sich ein Hotelzimmer teilen.«

Betty nickte. »Das ist ja bei Sabeth und Nicolas genauso.« Doch dann stutzte sie, denn sie hatte erkannt, dass der Satz quasi noch weiterging.

»Meinen sie, sie könnten sich im Notfall mit Bertram ein Zimmer teilen?« Der Herzog wischte sich durch das Gesicht. »Ich habe ihm die Frage auch gestellt.«

»Wenn es sein muss.« Betty hatte sich über die Frage schon öfters Gedanken gemacht.

»Genau das hat er auch geantwortet.« Er lächelte.

»Wann darf ich denn mit Sarah allein sein?« Betty hatte sich ein paar Fragen zurecht gelegt, und diese war die wichtigste.

»Ihre Diener werden über die Verhältnisse Bescheid wissen. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.«

»Das heißt?«

»Sie müssen sich nicht verstecken, solange sie sich im Haus befinden. Nur wenn gesellschaftliche Ereignisse anstehen, müssen sie zurückstehen.«

»Wie oft wird das sein?« Betty dachte an die Fragen, die Paula ihr noch genannt hatte.

»So genau kann ich das auch nicht sagen, aber gehen sie mal von zwei bis drei Verpflichtungen pro Woche aus. Die restliche Zeit muss sich Sarah eigentlich nur um den Haushalt kümmern.«

Betty schwieg und schaute zum Fenster.

»Wir haben schon mit dem Pfarrer die besondere Formel ausgemacht, und er ist damit einverstanden. Nur auf dem Standesamt geht das natürlich nicht. Rechtlich sind Sarah und Juan verheiratet, aber vor Gott sollen sich die richtigen Herzen verbinden dürfen.«

Bei Betty flossen ein paar Tränen.

»Die Hochzeitsnacht wird Sarah mit ihnen verbringen, auch da brauchen sie keine Angst zu haben.«

»Das war Sarah ja sehr wichtig.« Betty erinnerte sich an die Ängste der Prinzessin. Sie wischte sich die Tränen weg.

»Wir müssen dann noch etwas anderes besprechen.« Der Herzog zeigte ein paar zusammengeheftete Blätter. »Formal sind sie bei mir angestellt, dies ist ihr Arbeitsvertrag.«

Betty zuckte etwas zusammen.

»Das müssen wir so machen, da wir sonst rechtliche Probleme bekämen.« Der Herzog blätterte in dem Vertrag. »Das Arbeitsverhältnis ist von unserer Seite her nicht kündbar und ich hoffe nicht, dass sie es von sich aus kündigen würden. Das würde ihnen aber zustehen.«

Betty war verwirrt. Mit so etwas hatte sie gar nicht gerechnet. »Hat Bertram so etwas auch unterschrieben?«

»Er hat sich noch etwas Bedenkzeit ausgebeten für den Teil mit der Bezahlung. Es stört ihn, dass wir ihn quasi kaufen wollen. Ich habe ihn daran erinnert, dass er ja offiziell als Diener angestellt wird und daher auch ein Gehalt beziehen muß, schon allein um die Fassade aufrecht zu erhalten. Das wird ihm sicher einleuchten.«

Betty blickte ganz verwundert auf die Seite, auf der ihr zukünftiges Gehalt stand. Es war mehr, als sie im Moment verdiente. »So viel?«

»Das ist bei uns die übliche Bezahlung des Personals. Wir erwarten dafür ja auch so etwas wie Opferbereitschaft und Verschwiegenheit.«


»Und, hast du unterschrieben?« Maria hielt es vor Spannung nicht mehr aus.

Betty gab Sarah einen Kuss, dann drehte sie sich wieder zu Maria. Sie atmete tief durch. »Ja, ich habe angenommen.«

»Was machst du mit dem Geld?« Bertram hatte sich kurz umgedreht.

Betty zuckte zusammen. Sie realisierte erst jetzt, dass er ja auch mit im Auto saß. »Ich werde meine Eltern unterstützen, damit sie es auf ihre alten Tage noch einmal schön haben.«

Juan ergriff die Hand von Bertram und streichelte sie. Er sagte nichts, doch es war deutlich, was beide Herren in diesem Moment bewegte.

* * *

»So, alles aussteigen, wir sind da.« Juan schnallte sich ab. Er strahlte, denn jetzt hatte auch er die Gewissheit, dass die Zukunft gesichert war.

»Du bist so nervös, was ist denn los?« Paul wunderte sich über seine Freundin.

Maria musste lächeln, als sie ausstieg. »Weißt du, ich habe schon immer mal davon geträumt, eine Prinzessin zu sein und mich in adeligen Kreisen bewegen zu dürfen.«

Paul begriff und er blickte sich um. In der Tat schien Marias Traum zumindest für diese kurze Zeit Wirklichkeit zu werden.


Im Restaurant wurden sie in einen Extra-Raum geführt, in dem der Tisch schon sehr feierlich gedeckt war. Es gab sogar handgeschriebene Tischkarten.

Nachdem sich alle ihren Platz gesucht hatten, bat der Herzog noch einmal ums Wort. »Ich möchte mich bei euch allen bedanken dafür, dass ihr mir einen Traum erfüllt habt.« Er blickte noch einmal auf Sarah, die verlegen zu Boden blickte. »Und nun lasst es euch schmecken.« Er gab der Bedienung einen Wink.

* * *

»Ah, das war lecker.« Frederike lehnte sich zurück. »Ich wusste gar nicht, dass sie hier so gut kochen können.«

»Können sie auch nicht.« Die Herzogin lächelte. »Wir haben unseren Koch mitgebracht.«

Frederike lächelte ebenfalls.


Eine der Bedienungen trat an den Herzog heran und flüstere ihm etwas zu.

»Der Polizeichef wünscht sie zu sprechen.« Der Herzog beugte sich zu Frederike, die zwischen Herzog und Herzogin sitzen durfte. »Es ist wegen des Einbruchs in ihrer Klinik. Er sagt, es sei wichtig.«

Frederike hatte große Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Hoffentlich war nichts schief gegangen. »Die Pflicht ruft.« Sie stand auf und folgte der Bedienung.


»Entschuldigen sie, dass ich sie hier beim Essen störe, aber ich habe sie vorhin ankommen gesehen. Und da wollte ich die Gelegenheit nutzen, es ihnen persönlich zu sagen.«

»Was gibt es denn?« Frederike begann vor Anspannung zu schwitzen.

»Wir konnten die Flucht von Anna Kennedy weitgehend verfolgen und aufklären. Sie wurde mit einem Taxi zum Flughafen gebracht und ist auf dem Weg nach Australien.«

»Sind sie sicher?« Frederike hoffte, dass die Nachfrage unverdächtig war. Außerdem wollte sie wissen, ob sie die Spuren richtig gelegt hatte.

»Beim aus dem Fenster Klettern muss Frau Kennedy sich verletzt haben, wir haben etwas Blut von ihr gefunden. Und auch im Taxi haben wir Blut von ihr gefunden.«

Frederike blickte zum Fenster, um nicht ihre Miene zeigen zu müssen.

»Wir haben auch schon die australische Polizei verständigt und um Amtshilfe gebeten. Sie werden sie festnehmen, wenn sie den Flieger verlässt.«

»Danke für die schnelle Arbeit.« Frederike deutete eine Verbeugung an.

»Ich hoffe, sie sind mit allem zufrieden.« Der Polizeichef reichte ihr die Hand.

»Es ist bestens gelaufen.« Frederike erwiderte den Gruß etwas rätselhaft, dann ging sie mit wesentlich entspannterer Miene zurück zur Tafel.

* * *

Kurz vor dem Einsteigen in die Autos bat sie Sarah, Betty, Paul und Maria noch einmal zu sich. »Ich hatte es heute Morgen vergessen zu sagen, aber ich möchte, dass ihr es heute schon erfahrt.«

»Was ist denn?« Paul fühlte sich ein wenig zum Sprecher berufen.

»Ich möchte morgen noch so etwas wie eine Abschlussprüfung veranstalten.« Sie hob die Hand, um etwaigen Protest sofort zu unterbinden. »Ihr werdet morgen einen Opernbesuch absolvieren.«

Paul war verwundert. »Wieso ist das eine Prüfung?«

»Die Fahrt bis zum Opernhaus dauert gute zwei Stunden, die Oper besteht aus drei Akten und dauert gut drei Stunden, und dann kommt die Rückfahrt.«

»Insgesamt also fast acht Stunden.« Paul hatte mitgerechnet.

»Genau«, Frederike blickte noch einmal zu Maria und Sarah. »Ihr werdet das Gebet tragen, die ganze Zeit.«

Maria keuchte. »Das wird allerdings eine Prüfung.« Sie blickte etwas besorgt zu Sarah. »Meinst du, wir schaffen das?«

»ihr werdet von Betty und Paul unterstützt und begleitet. Sie werden euch gegebenenfalls mit Schmerzmitteln versorgen.« Sie machte eine bedeutsame Pause.

Auf einmal lächelte Paul. »Ach dieses Schmerzmittel.« Er grinste, als er hörte, wie Sarah und Maria aufstöhnten.

Nur Betty stand etwas ratlos daneben. Erst als Paul ihr etwas ins Ohr geflüstert hatte, hellte sich ihre Miene auf. »Ach so, das.« Sie grinste dann ebenfalls.

»Prinzipiell könntet ihr euch das Gebet natürlich abnehmen lassen, doch ihr werdet keine anderen Kleider dabei haben, ihr müsstest euch dann in eurer Unterwäsche zeigen.«

Sarah und Maria blickten sich kurz an. »Wir halten durch, ganz sicher.« Sarah war auf einmal sehr zuversichtlich. Maria hingegen schaute noch etwas skeptisch.

»Ich hoffe auf ein positives Ergebnis. Und das ihr die Oper Falstaff ein wenig genießen könnt.« Sie blickte zu den Autos. »Und jetzt bitte einsteigen. Sabeth scharrt schon mit den Hufen.«

* * *

Der Festsaal der Klinik war nicht wiederzuerkennen. Es standen nur noch gemütliche Ledersessel darin, sowie ein paar wenige Stühle. In der Mitte war eine kleine Bühne improvisiert, die von allen Seiten einsehbar war.

Nach dem Lack, Leder oder Latex als Wunsch-Dresscode ausgegeben war, hatten Maria und Paul sich vorher bei Sabeth in deren ausführlicher Garderobe bedienen dürfen. Paul hatte sich für eine Lederhose und ein schwarzes T-Shirt entschieden, während Maria ein hübsches schulterfreies wadenlanges Lackkleid gefunden hatte.

Sabeth gab zu Beginn noch einmal die Regeln bekannt, die für den heutigen Abend gelten sollten. Paul und Maria kannten die meisten dieser Regeln schon von Sebastians Hütte.

Jedes Paar sollte etwas vorführen. Doch diesmal war Maria etwas zurückhaltend. »Können wir das wirklich schon? Das hier sind ja alles Profis.«

Paula hatte sich bereit erklärt, Paul und Maria bei der Einführung zu helfen. »Naja«, sie grinste, »der Club wird hauptsächlich durch Sabeth finanziert, und wenn sie dann einlädt, möchte sich jeder ins Zeug legen.«

»Mit dem Hogtie brauchen wir uns hier nicht blicken lassen.« Maria sprach aus, was beide dachten.

»Außerdem wollten wir den ja erst mal üben.« Paul dachte darüber nach, dass sie das jetzt schon zwei Mal verschoben hatten.

»Wie wäre es, wenn ihr euer Pony ´Wildfire´ noch einmal aus dem Stall holt?« Paula blickte das Paar aufmunternd an. »Das wäre für den Club sicher eine Bereicherung.«

Maria klammerte sich an Pauls Arm fest. Sie hatte angenommen, erst wieder nach dem Fest zu diesem Vergnügen zu kommen. »Lass uns die Sachen holen.«

Paul musste nur kurz in Marias Gesicht sehen, um ihre Entschlossenheit zu sehen. Außerdem reizte es ihn ebenfalls, Maria vielleicht auch mal etwas länger in der Rolle eine Ponys sehen und erleben zu können.

* * *

Im Flur auf der Station begegneten ihnen Sarah und Betty.

»Was führt ihr denn vor?« Betty war geradezu euphorisch.

»Wir holen ´Wildfire´ noch mal aus dem Stall.« Marias Stimme zeigte, dass sie über diese unerwartete Gelegenheit mehr als erfreut war.

»Betty wird mich in das Monsterkorsett einschnüren.« Sarah zeigte ebenfalls, dass sie sich sehr freute. Doch dann wurde sie verlegen. »Könnt ihr uns beim Tragen helfen?«

»Aber gern.« Paul freute sich ebenfalls über die schöne Gelegenheit.

* * *

Wildfire zitterte zunächst etwas, als sie langsam den Raum betrat. Doch sofort setzte Applaus ein und sogar einige Bravo-Rufe ertönten. Wildfire wurde mit jedem Schritt sicherer und spürte, dass sie in der Runde der Profis mehr als willkommen war.

Paul ging langsam hinterher und führte sein Pony am Zügel, anfangs noch etwas unsicher, doch mit der wachsenden Sicherheit seines Ponys wuchs auch sein Selbstvertrauen.

* * *

Es war ein sehr gemütlicher Abend und die Zeit verging wie im Flug. Jedes Paar führte sein Können vor, und es war ein sehr abwechslungsreiches Beisammensein.

Maria hatte meiste Zeit auf einer Decke neben Pauls Sessel gekniet. »Das gehört sich so für ein Pony, hatte sie zur Begründung gesagt, als Paula sie zu einem bequemeren Platz überreden wollte. Nur gelegentlich saß sie kurz auf dem Sessel neben Paul, doch es zog sie bald wieder auf den Platz, der ihrer Meinung nach einem Pony eben zustand. Sie legte ihren Kopf auf Pauls Schoß, der sie wie ein richtiges Pony hinter den Ohren kraulte. Sie seufzte zufrieden.


»Liebe Sabeth.« Paula stand auf. »Wir haben noch eine kleine Überraschung für dich.« Sie winkte zur Tür. »Hier sind noch ein paar Gäste, die dir auch zum Geburtstag gratulieren wollen.«

Nicolas und Monica lächelten sich noch einmal an, dann betraten sie gemeinsam den Saal. Sabeths Mann hatte sich wie Paul eine Lederhose angezogen, während Monica ein schwarzes Top zu einem Minirock und Overkneestiefeln trug.

»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag auch von uns.« Er nahm seine Frau in den Arm.

»Auch von mir die herzlichsten Glückwünsche.« Monica streckte ihren Hände vor. Sie trug Handschellen und hatte wegen des Tuchs in ihrem Mund etwas Schwierigkeiten mit dem Sprechen.

Sabeth musste sich vor Rührung setzen und zuerst einmal die Tränen wegwischen.

»Setzt euch und macht es euch bequem.« Paula übernahm die Rolle der Gastgeberin. Sie ging auf Monica zu und nahm ihr das Tuch ab.

»Danke.« Monica war erleichtert. Doch als Paula ihr auch die Handschellen abnehmen wollte, protestiert Monica. »So unbequem ist das ja gar nicht.« Sie lächelte verlegen. »Außerdem ist es ja Sabeths Geburtstag.«

»So kenne ich dich ja gar nicht.« Nicolas war über die neuen Leidenschaften seiner Freundin mehr als erstaunt.

Monica erwiderte den Satz mit einem geheimnisvollen Lächeln.

* * *

Zu vorgerückter Stunde kam noch ein Gast zum Gratulieren. Marias Mutter hatte sich dazu einfach ihre alte Reiteruniform angezogen. Sie war zwar schon lange nicht mehr dazu gekommen, ihrem Hobby nachzugehen, aber die Reitkleidung passte ihr zum Glück immer noch.

»Man sagte mir, hier gäbe es ein wildes und ungehorsames Pony, welches etwas Erziehung bräuchte«, sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme. Dabei winkte sie mit der Reitgerte, die sie in der Hand hielt.

»Sie müssen sich irren.« Paul war ebenfalls aufgestanden. »Hier gibt es nur mein Pony, die liebe und brave Wildfire.«

Maria hatte bei den Worten ihrer Mutter den Kopf gesenkt, doch jetzt hob sie ihn voller Staunen.

»Aber könnten sie mir eventuell die Gerte leihen?« Es war die Atmosphäre, die Paul die Worte in den Mund legte. »Es könnte sein, dass ich sie heute noch mal benutzen möchte.«

Frederike lächelte, als sie Paul die Gerte reichte. »Aber treibt es nicht zu wild.« Sie trat auf ihre Tochter zu und streichelte ihr über den Kopf. »Ich kenne diese Ponyrasse. Sie brauchen viel Liebe und Zuwendung.«

Als sich ihre Mutter im Schneidersitz neben sie setzte, konnte Maria nicht verhindern, dass ihr ein paar Tränen über die Wange liefen.

Paula brachte Marias Mutter etwas zu trinken, dann ging sie auf die Bühne und bat noch einmal um Ruhe. »Es ist euch vielleicht aufgefallen, dass ein Paar noch nichts vorgeführt hat.« Es entstand etwas Gemurmel, das Paula mit einer Handbewegung unterdrückte.

»Sarah wird uns nun ihr neues Korsett zeigen.« Paula wartete den Applaus ab. »Allerdings bräuchte sie ein paar helfende Hände.«

Paul, Nicolas und zwei weitere Herren standen auf und folgten Paula in den Nebenraum. Paul blieb für einen Moment still stehen, als er Sarah erblickte. Betty war gerade dabei, die letzten Schnüre des Korsetts in die dafür vorgesehenen Taschen zu packen. »Bin sofort fertig«, sagte sie, als sie die Männer erblickte.

Sie streichelte Sarah über den verpackten Kopf. »Sei artig.«

Paul war gefangen von Sarahs strahlenden Augen. Obwohl nur noch Sarahs Nase und ihre Augen sichtbar waren, strahlte sie ein solches Glück aus, dass es Paul fast den Atem raubte. Erst auf den zweiten Blick war die wunderschön schmale Taille sichtbar.

Sehr vorsichtig trugen sie Sarah in ihrer Rüstung auf die Bühne, während Betty mit Tränen in den Augen das kleine drehbare Potest hinterher trug. Die Männer warteten, bis Betty das Podest auf die Bühne gestellt hatte, dann stellten sie Sarah darauf.

Betty übernahm die Aufgabe, Sarah auf dem Podest langsam zu drehen, so dass jeder im Raum alles von dem Korsett sehen konnte. Und so wie Paul waren ausnahmslos alle im Raum beeindruckt von Sarahs glücklichen Augen und ihren Armen, die in einem Venuskorsett verschwunden waren.
514. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 02.04.16 12:12

Toller Teil.
Freu michbesonders darüber das jetz Frederike die Kontrolle über ihre Klinik had.Das dürfte den BAron sicher einiges gekosted haben.Offendsichtlich had er doch so was wie ein großes Herz.
Nur war es zu sehr versteckt unter den Sorgen um das woll seiner Familie.Möglicher weise had er es damals auch gut mit Sarahs Familie gewollt.Als es ihren Vater zu den Aktiengeschäften überredet had.MAn weis es nicht.Aber Sarah dürfte mit Betty sicher glücklich werden.

Auf eine glückliche Zukunf von allen.

mfg Wölchen
515. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 02.04.16 23:55

Wieder eine tolle Fortsetzung.

Da werden einige (nicht nur Marias Mutter) froh sein, das der Investor nicht mehr das Sagen hat.

Wenn man dann von Sabeth´s Party liest,wäre man gerne selbst dabei.

Annas Flucht scheint ja bis jetzt auch zu klappen.

Danke gag_coll

-----
Gruß vom zwerglein
516. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.04.16 09:23

Zitat
Toller Teil.
Danke
Zitat
Freut mich besonders darüber das jetzt Frederike die Kontrolle über ihre Klinik hat. Das dürfte den Herzog sicher einiges gekostet haben. Offensichtlich hat er doch so was wie ein großes Herz. Nur war es zu sehr versteckt unter den Sorgen um das Wohl seiner Familie.
Da könntest du recht haben.
Zitat
Möglicher weise hat er es damals auch gut mit Sarahs Familie gewollt, als es ihren Vater zu den Aktiengeschäften überredet hat.
Dazu wird es Kapitel 14 (übrigens schon in Arbeit) noch etwas Informationen geben.
517. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.04.16 09:26

Zitat
Wieder eine tolle Fortsetzung.
Danke
Zitat
Da werden einige (nicht nur Marias Mutter) froh sein, das der Investor nicht mehr das Sagen hat. Wenn man dann von Sabeth´s Party liest,wäre man gerne selbst dabei. Annas Flucht scheint ja bis jetzt auch zu klappen.
Dem ist nichts hinzuzufügen außer: Vielen Dank
518. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 25

geschrieben von gag_coll am 04.04.16 05:17

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 25
Autor: Karl Kollar

Sonntag, 12. September 1984

Frederike musste lächeln, als sie das Zimmer von Paul und Maria betrat. Sie hatten auf ihr Klopfen nicht reagiert, deswegen war sie hinein gegangen, um sie zu wecken. Sie ging zunächst an das Bett ihrer Tochter und strich ihr zärtlich durch das Gesicht. »Aufstehen, mein Schatz.« sagte sie leise.

Maria räkelte sich zunächst etwas, dann seufzte sie. »Jetzt schon?« Erst dann realisierte sie, dass ihre Mutter im Raum stand.

»Ihr habt heute wieder ein strammes Programm vor euch, deswegen kann ich euch leider nicht ausschlafen lassen.« Sie blickte auf die Uhr, die zehn Uhr anzeigte.

»Magst du Paul wecken?« Frederike lächelte ein wenig verlegen.

»Mache ich« Sie schwang sich aus dem Bett und blickte sich kurz um. Auf dem Stuhl lag noch das Ponygeschirr, welches sie gestern den Abend über getragen hatte. Davor standen die Ponystiefel.

»Ich gehe dann mal Sarah und Betty wecken.« Sie verließ den Raum. »Im Gemeinschaftsraum ist der Tisch für euch gedeckt.«

»Paul, mein Schatz, aufwachen.« Maria hatte sich an sein Bett herunter gebeugt und gab ihm einen Kuss.

»Was ist denn schon?« Auch er musste sich zunächst etwas räkeln.

»Meine Mutter war eben da. Wir müssen aufstehen.« Sie gab ihm noch einmal einen Kuss.

»Und das am Sonntagmorgen.« Er seufzte, dann schwang er sich aus dem Bett.

»Du weißt genau, was heute alles anliegt.« Maria versuchte auf seinen Seufzer zu antworten.

»Das weiß ich doch, mein Schatz.« Er zog sie an sich. »Du siehst einfach schnuckelig aus in deiner Unterwäsche.«

»Danke.« Sie entwand sich seinem Griff. »Ich habe mich tatsächlich schon daran gewöhnt.« Sie versuchte, den aufkommenden Gedanken an ihre Zukunft zu verdrängen. »Jetzt komm, das Frühstück wartet.«

* * *

Paul hatte damit gerechnet, auf dem Tisch wieder die vier üblichen Tabletts vorzufinden. Doch stattdessen war der Tisch liebevoll gedeckt. Sogar Brötchen und gekochte Eier sah Paul.

Frederike stand am Fenster. »Nun lasst es euch schmecken. Betty und Sarah kommen auch gleich.«

Maria war über den Anblick ebenso erstaunt. Sie blickte ihre Mutter fragend an.

»Ich habe bei Joe ein schönes Frühstück für vier Personen bestellt.« Sie lächelte. »Er hat sich wirklich ins Zeug gelegt und heute Morgen sogar die Brötchen organisiert.«

In diesem Moment betraten Betty und Sarah das Zimmer und sie waren von dem Anblick ebenso begeistert.

»Ein anstrengender Tag fängt schön an.« Sarah brachte es mit dem Satz auf den Punkt.

»Jetzt lasst es euch schmecken.« Frederike ging zur Tür. »Der Orthopäde möchte euch noch einmal sehen, er sagt, er möchte euch noch ein paar nützliche Übungen zeigen.« Eine Antwort wartete sie nicht ab, sondern schloss hinter sich die Tür.

»Endlich wieder normal essen.« Sarahs Stimme zeigte ihre Freude. »Ich hatte schon fast vergessen wie Kaffee schmeckt.«

Betty streichelte ihr liebevoll durch das Gesicht.

»Eine schöne Zeit war es ja trotzdem.« Maria lächelte ebenfalls.

* * *

»Acht Stunden?« Der Orthopäde war außer sich. »Sind sie wahnsinnig? Was da alles passieren kann...«

Frederike versuchte ruhig zu bleiben. »Ihre Berichte sagten aber etwas anderes.«

»Wenn ich diese Haltung anlege.« Der Arzt war aufgebracht. »Weder Betty noch ihr Schwiegersohn dürften aber die Erfahrung haben. Es reicht, wenn sie einen Nerv einklemmen. Dann war es das mit der Schönheit.«

Frederike wurde nachdenklich. »Vielleicht haben sie recht.« Den Schwiegersohn hatte sie zwar bemerkt, empfand es aber nicht für so wichtig, es zu korrigieren.

»Natürlich habe ich recht. Es ist mehr als gewagt, selbst wenn ich es vorbereiten würde.« Er stand auf. »Die beiden müssten jetzt schon mit Gymnastik anfangen.«

»Setzen sie sich bitte wieder.« Frederike dachte kurz nach. »Wenn sie nachher beim Ankleiden dabei sind?«

»Das wäre das mindeste.« Der Arzt versuchte noch etwas zu handeln. »Außerdem sind acht Stunden definitiv zu viel. Wie wäre es, wenn sie auf der Rückfahrt schon befreit werden?«

»Ich werde noch einmal mit Paul und Betty reden und ihnen die Optionen erklären.«

»Hätten sie mir vorher gesagt, was sie wirklich vorhaben, hätte ich interveniert.«

»Jetzt kommen sie und zeigen den beiden die Übungen, die sie noch machen sollen. Und den Rest lassen sie meine Sorge sein.« Frederike wusste, dass sie sich mit dem Opernbesuch weit aus dem Fenster gelehnt hatte, doch sie war sich sicher, dass es zu schaffen war.

»Und bis dahin keine anderen Einschränkungen.«

Frederike seufzte. Sie hätte dem Herzog gern noch einen anderen Wunsch erfüllt, doch sie durfte es nicht wagen, sich gegen den Rat ihrer Experten zu stellen. Doch sie war sich sicher, dass der Herzog dafür Verständnis haben würde.

* * *

»Ich freue mich, dass sie sich die Zeit genommen haben.« Herzog Breganza erhob sein Glas und blickte kurz umher. »Lassen sie uns anstoßen auf das schöne Ergebnis ihrer Arbeit.«

Frederike hob ihr Glas, ebenso die anderen Personen, die zu diesem Empfang im Festsaal der Klinik geladen waren. Sie war doppelt erleichtert, zum einem wegen des Lobes für ihre Klinik, aber auch darüber, dass der Herzog die Einwände des Orthopäden akzeptiert hatte und damit einverstanden war, dass der Empfang sozusagen in Freiheit aller Anwesenden stattfand. Nur Sabeth hatte es sich nicht nehmen lassen, einen Monohandschuh zu tragen, den sie aber unter einem großen Tuch versteckte.

Er bat Maria und Paul, einmal vorzutreten. »Sie haben bei der Erfüllung meines Traumes eine wichtige Rolle gespielt, ich möchte mich bei ihnen bedanken.«

Die Herzogin überreichte ihnen einen Bildband über ein Schloss, den Paul mit einer kleinen Verbeugung entgegen nahm.

»Damit sie einmal sehen können, wie und wo wir wohnen.« Der Herzog schmunzelte ein wenig. »Werfen sie ruhig mal einen Blick hinein.«

Paul nahm den Band hoch und hielt ihn so, dass Maria auch hinein sehen konnte. Was sie sahen, beeindruckte sie sehr.

Die Stimme des Herzogs war auf einmal verändert, sehr förmlich. »Maria Beller, ich habe gehört, dass sie einen ganz bestimmten Traum haben. Sie wären gern einmal eine richtige Prinzessin?«

Maria blickte erstaunt hoch. »Ja, das stimmt.«

»Meinen sie, sie würden sich bei uns im Schloss wohlfühlen?« Er deutete noch einmal auf den Bildband.

Maria schaute sich noch mal ein paar Seiten an, um unauffällig etwas Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. »Es wäre ein Traum.«

»Dann freut es mich, dass wir ihnen diesen Traum erfüllen.« sagte der Herzog. »Wir möchte sie mit ihrem Partner für vier Wochen in unser Schloss einladen und während dieser Zeit dürfen sie sich dort wie eine Prinzessin fühlen.«

Paul musste Maria festhalten, denn er erkannte, dass sie umzufallen drohte.

Erst als Maria Pauls Griff spürte, hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie konnte es aber nicht verhindern, dass ein paar Tränen über ihre Wange rollten.

»Während der Zeit wird sich das Personal um sie kümmern und sie dürfen auch in unseren Kleiderkammern stöbern und sich bedienen.«

»Und natürlich sind sie auch bei der einen oder anderen Feier eingeladen. Dort dann allerdings mit dem entsprechenden Dresscode.« Der Herzog kam nicht umhin, den Orthopäden mit einem bedeutsamen Blick zu versehen.

»Maria, ihr möchtet euch vielleicht dafür bedanken?« Frederike hatte natürlich auch begriffen, wie wichtig ihrer Tochter dieser Wunsch war.

»Ich bitte um Entschuldigung.« Maria war verlegen. »Die Aussicht hat mich wirklich sprachlos gemacht.« Sie legte ihre Hand auf Pauls Arm, der immer noch den Bildband in den Händen hielt. »Wir danken sehr für die Einladung und freuen uns sehr.«

»Und jetzt darf ich zu Tisch bitten.« Der Herzog blickte fragend zu Marias Mutter.

»Ich habe einen Tisch in unserer Kantine bestellt und nicht gesagt, wer kommen wird, so wie sie es wollten.

* * *

Als Joe sah, wer sich an den großen Tisch setzte, war er empört und bat Frederike kurz in die Küche. »Sie hätten mir sagen müssen wer kommt.«

Frederike lächelte verlegen. »Es war der ausdrückliche Wunsch des Herzogs, dass für ihn kein Extra-Aufwand getrieben wird.«

Joe war immer noch aufgebracht. »So hohe Gäste und ich habe nichts eingekauft.«

Frederike war verwundert. »Ich hatte ihnen doch sogar einen Vorschuss gegeben und sie aufgefordert, für 12 Personen zu planen und einzukaufen.«

»Das habe ich ja auch gemacht.« Joe zeigte den vollen Schrank. »Aber das ist das Alltagsessen.«

»Und genau das möchte der Herzog haben.« Frederike hoffte, die Wogen geglättet zu haben. »Und jetzt gehen sie raus und bedienen sie ihre Gäste.«

* * *

»Was wünschen sie zu trinken, Hoheit?« Joes zitterte, als er die Wünsche aufnahm.

»Wir wollten sie nicht belasten.« Die Herzogin ahnte, was ihn bewegte. »Bedienen sie uns einfach wie all ihre anderen Gäste auch.«

Nach einigen weiteren Momenten hatte Joe seinen Ärger überwunden und es wurde noch ein ganz gemütliches Mittagessen. Trotzdem lag die angekündigte Prüfung in der Luft.


Als sich die Gesellschaft bei Joe erhob, gab es noch eine kleine Überraschung für den Katinenwirt. Er bekam einen signierten Bildband über die Familie Breganza, und es wurde auch noch ein spontanes Gruppenfoto gemacht. Erst später entdeckte Joe in dem Bildband noch einen Umschlag mit der Aufschrift »Als Entschädigung für die Überrumpelung und als Dankeschön für die freundliche Bedienung.« Er musste allerdings schlucken, als er ihn öffnete. Soviel verdiente er sonst in einem Vierteljahr nicht.

* * *

Frederike bat Sarah und Maria in die Kleiderkammer und führte sie zu den Kleidern, die sie für sie ausgesucht hatte. »Mein Orthopäde macht mir den Spielverderber. Er hat große Bedenken wegen der langen Tragezeit.«

Maria und Sarah blickten sich an. »Acht Stunden sind auch viel.«

»Ich habe fast einen Einlauf von ihm bekommen, als ich ihm von einer Idee erzählt habe.« Frederike war fast etwas verlegen. »Ich musste einige Kompromisse eingehen, sonst hätte er es verboten.«

Maria blickte ihre Mutter verblüfft.

»Er möchte euch das Gebet anlegen.« Frederike seufzte etwas. »Und ihr müsst Ersatzkleider dabei haben.«

»Das brauchen wir doch nicht.« Sarah fühlte sich fast in ihrem Ehrgeiz verletzt.

»Tut mir bitte den Gefallen und akzeptiert es.« Frederike ärgerte sich, dass sie nicht vorher mit dem Orthopäden gesprochen hatte.

»Wir werden die Kleider nicht brauchen.« Maria gab sich ebenfalls zuversichtlich.

»Paul und Betty sind gerade bei ihm und bekommen eine Einweisung, auf welche Körpersignale sie achten müssen.« Frederike blickte ihre Schützlinge ernst an. »Bitte hört auf sie und macht alles, was sie sagen.«

Irgendwie wurde Maria und Sarah doch bewusst, das diese Prüfung irgendwie etwas sehr Ernstes war.

»Dem Mundverschluss hat er auch verboten.« Fredeike war verlegen. »Ihr müsst jederzeit über euren Zustand Auskunft geben können.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass es so ernst ist.« Maria war sich nicht sicher, ob sie sich über das Verbot freuen oder ärgern sollte. Auf jeden Fall war die Vorfreude auf die Prüfung einer gewissen Ernüchterung gewichen.

»Jetzt schaut euch erst mal eure Kleider an.« Frederike hoffte, dass das die Laune der Mädchen wieder etwas bessern würde. Sie öffnete einen Kleiderschrank.

Als sie darauf die leuchtenden Augen und die vor Staunen offenstehenden Münder sah, wusste sie, dass der Opernbesuch doch vielleicht etwas Schönes werden konnte, trotz der Einwände des Orthopäden.

* * *

»Wie Sissi« Sarah strahlte, als sie sich mit dem großen Reifrock drehte.

»Kennt man die in Brasilien auch?« Maria war erstaunt. »Bei uns gibt es die immer zu Weihnachten im Fernsehen.« Auch sie blickte sehr stolz auf ihren großen Rock.

»Seid ihr bereit?« Der Orthopäde steckte seinen Kopf zur Tür herein.

»Ja, wir sind fertig.« Maria war sehr unsicher, wie sie dem Mediziner gegenübertreten sollte.

»Wir können rein.« Er betrat den Raum und hinter ihm kamen zwei Personen in einer historischen Soldatenuniform herein. Es dauerte einige Momente, bis Maria und Sarah erkannten, wer neben dem Mediziner hereingekommen waren. Betty und Paul. Sie waren schon für den Opernbesuch umgezogen. Doch ihre ernsten Mienen zeigten, dass sie vom Orthopäden wohl mehr als nur gute Ratschläge bekommen hatten.

Das Anlegen des Gebetes durch den Orthopäden ging erstaunlich schnell, trotzdem zeigte seine Miene, dass er diese Art von Prüfung seiner Chefin nicht billigte und nur mit Widerwillen agierte. Trotzdem erklärte er jeden einzelnen Handgriff und zeigte auch die möglichen Fehler, die unbedingt zu vermeiden waren.

* * *

Die Stimmung in dem kleinen Bus war zunächst etwas gedrückt. Die vielen Verbote und Einschränkungen des Orthopäden hatte allen die Vorfreude etwas verdorben. Obwohl die Mädchen den Mundverschluss nicht trugen, herrschte fast die ganze Fahrt über Schweigen. Nur gelegentlich erkundigten sich Betty und Paul bei ihren Partnern nach den Gefühlen in den Armen, so wie es der Arzt angeordnet hatte.

Doch als sie die Oper erreichten, wurden sie zu ihrer Überraschung wirklich wie Adelige, fast wie Könige begrüßt. Der historische Verein der Stadt hatte von dem Aufenthalt des Herzogs in der Klinik erfahren und hatte deswegen extra diesen besonderen Abend organisiert.

Schon als Sarah mit Betty an ihrer Seite die Loge betrat, kam es Maria vor wie in dem Sissi-Film in der Mailänder Scala. Eine Lautsprecherstimme im Publikumsraum kündigte die Majestäten an, und gleich darauf spielten die Musiker die brasilianische Hymne.

Maria war mehr als erstaunt. Es war wirklich wie in ihrem Lieblingsfilm.

Doch dann meldete sich die Lautsprecherstimme noch einmal. »Wir begrüßen heute auch ein Prinzenpaar aus Deutschland.« Nach einer kurzen Pause sprach die Stimme weiter. »Katherina Maria Prinzessin von Landsbach mit ihrem Prinzen Anselm Paul von Landsbach.« Und zu ihrer Überraschung ertönte jetzt die deutsche Hymne.

Ein paar Tränen liefen über Marias Gesicht, die Paul aufmerksam wegwischte.

Das Licht ging aus.

»Kneif mich mal« flüsterte Maria leise zu Paul, als das Licht im Saal erloschen war und die Musiker mit der Ouvertüre begonnen hatten.

Paul lächelte nur. »Genieße es.«

* * *

Ein paar Mal blickte Paul zu Sarah und erst jetzt erkannte er das besondere Arrangement. Betty und Juan trugen die gleiche Uniform und hatten auch die Haare ähnlich. Auf einen flüchtigen Blick war nicht zu erkennen, ob Betty oder Juan neben Sarah saß.


Je näher die Pause kam, desto nervöser wurde Maria. Paul hatte sich immer wieder nach ihrem Befinden erkundigt, so wie es der Orthopäde ihm gesagt hatte. Maria war auch stets bemüht, ehrlich zu antworten. Der Mediziner hatte es geschafft, ihnen so etwas wie Verantwortung zu vermitteln, und dass sie die Prüfung als solche ernst zu nehmen hatten. Doch noch etwas anderes bewirkte bei Maria die Unruhe. Sie stand gleich vor der gleichen Situation wie auf dem Katerinenfest. Sie würde ihr Gebet vor völlig fremden Leuten präsentieren müssen.


Sarah und Maria waren bei weitem nicht die einzigen mit Reifrock, als sie zur Pause in das Foyer schritten. Auch einige versteckte Arme waren zu sehen, doch ein Gebet auf dem Rücken trugen nur Sarah und Maria. Erst durch einige Gespräche mit anderen Besucherinnen, die sie auf ihr Kleid angesprochen hatten, erfuhr sie, dass diese Vorstellung von dem historischen Verein der Stadt veranstaltet wurde und dass deswegen ein gewisser Dresscode ausgegeben worden war. Es sprach sich auch schnell herum, dass Maria und Sarah das Gebet trugen, doch wegen der Etikette bekamen sie nur bewundernde Blicke und das eine oder andere Kompliment.

Nachdem vorher angekündigt war, dass sich brasilianischer und deutscher Adel in der Vorstellung befinden würde, waren fast alle Mitglieder des Vereins gekommen und sorgten mit den Kleidern für die entsprechende Atmosphäre. Aber natürlich waren auch einige normale Opernbesucher anwesend, die ebenso gern ihre prunkvollen Kleider spazieren führten und in der Pause zur Schau stellten.

Einige weibliche Vereinsmitglieder hatten sich sogar bemüht, ihre Arme zu verstecken und sich dann von ihren Partnern das Glas halten zu lassen. Doch die Gebetshaltung war nur bei Sarah und Maria zu sehen.

In der ersten Pause wurde Sarah von Juan begleitet und zugegeben, sie bildeten ein schönes Paar. Bertram und Betty, beide in einer Militäruniform unterhielten sich mit anderen »Offizieren« aus dem Verein.

* * *

In der zweiten Pause sah alles auf den ersten Blick genauso aus, doch Maria sah sofort, dass Sarahs Augen besonders funkelten. Maria sah genauer hin und erkannte Betty, die sehr stolz neben Sarah einher schritt. In ihrem Kleid ging sie auf sie zu.

»Stell dir vor, der Herzog hat es erlaubt.« Sarah strahlte.

»Als Belohnung, weil ich mich in der ersten Pause genau so benommen habe, wie er es erwartet hat.« Betty strahlte noch mehr als Sarah.

Sie trat an Maria heran und nahm sie in den Arm. »Danke für alles.« Auch bei Paul bedankte sie sich.

Ansonsten verlief die zweite Pause ähnlich wie die erste. Der Herzog erkundigte sich mehrmals bei Sarah nach dem Befinden und signalisierte ihr, dass sie, falls es ihr zu viel wäre, mit dem Gebet aufhören dürfe.

Auf Marias verwunderten Blick hin musste er lächeln. »Für sie gilt das auch, aber ich glaube, ihr Prinz passt ohnehin gut auf sie auf.« Er blickte kurz zu Paul. »Der Herr Doktor hat auch noch mal mit mir gesprochen und hat mich gebeten, auch ein Auge auf euch zu haben. Auch aus meiner Sicht haben sie die Prüfung schon bestanden.«
519. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 04.04.16 08:07

Eine schöne Fortsetzung.Bei den BAll währe ich gerne dabei gewesen.Hoffe du läßt un nicht zu lange auf die 4 Wochen Besuch wrten.Das dürfte sicher echt toll werden.

mfg Wölchen
520. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 04.04.16 19:30

Ich kann mich da Wölchen nur anschließen!
Ich bin schon aufgeregt wie ein kleiner Junge.

Ich bin auch gespannt was passiert, wenn das in Landsberg rauskommt.
Aber so ein bischen Stolz das kleine Städtchen so in den Adel zurückzubringen, sind Maria und Paul bestimmt auch.


großes Dankeschön nochmal
521. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 04.04.16 22:07

Ich bin - vermutlich wie die anderen Mitleser - sehr gespannt wie es weiter geht.

Vielen dank für diese Geschichte!
522. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 04.04.16 22:42

Ich kann mich wiederum nur meinen Vorrednern (Schreibern) anschließen. Vielen Dank für diese hervorragende Geschichte. Ich fiebere weiterhin den nächsten Kapiteln entgegen.
523. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 05.04.16 00:38

Hi cag_coll.

Tolle Leistung.


Aber jetzt fehlt nur noch die Einladung zur Hochzeit von Sarah. Eigentlich sind die beiden ja doch Freunde geworden.


MfG Rainman
524. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 26 - vorletzter Teil von Kapitel 13

geschrieben von gag_coll am 05.04.16 04:34

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 26 - vorletzter Teil von Kapitel 13
Autor: Karl Kollar

Montag, 13. September 1984

Es war schon elf Uhr, als Paul langsam erwachte. Er räkelte sich etwas und blickte dann auf Marias Bett. Sie hatte auch gerade erst die Augen geöffnet und blinzelte verliebt herüber.

»Es ist schon elf Uhr.« Er lächelte hinüber. »Wir sollten langsam aufstehen.«

Maria begann sich zu räkeln. »Wenn du meinst...« Sie stieß mit den Füßen die Bettdecke weg.


Paul hatte sich in den Bademantel gehüllt und deckte den Tisch. »Die Küche hat schöne Sachen vorbei geschickt.«

Maria blickte auf den Tisch. »Sieht lecker aus.« Sie griff sich ihren Bademantel und wollte ihn gerade anziehen, als ihr auf einmal ein besonderer Blick von Paul auffiel. Sie lächelte und ließ den Mantel wieder fallen. Sie wollte ihm eine Freude machen und setzte sich so an den Tisch.

»Danke«, sagte Paul etwas verlegen. »Ich hätte es nicht von dir verlangt, aber ich liebe den Anblick.«

»Ich weiß.« Maria lächelte. »Jetzt lass uns frühstücken.«

* * *

»Möchtest du heute wieder das Gebet tragen?« fragte Paul, obwohl er die Antwort schon kannte. Er legte sein Besteck beiseite.

»Du weißt, was der Arzt gesagt hat.« Maria schmiegte sich an ihn. »Wir müssen weiter täglich trainieren.«

»Und es macht dir wirklich nichts aus, auf deine Arme zu verzichten?« Paul wollte ihren Ehrgeiz hinterfragen.

»Jetzt mach schon.« Maria begann ungeduldig zu werden. »Außerdem kenne ich das schon seit Jahren.«

»Na, wer wird denn da so drängeln?« grinste Paul, doch dann griff er zu den bereitliegenden Riemen und dem Korsett.

»Ich möchte in den Park.« Sie gab Paul einen Kuss.

* * *

Sie gingen erst mal einige Zeit wortlos nebeneinander her. Am See setzen sie sich auf eine Parkbank und schauten etwas den Enten mit den kleinen Küken zu.

»Faszinierend, wie schnell sie wachsen.« Maria durchbrach schließlich die Stille.

Paul legte den Arm um sie. »Sie sind süß.«

»Ich mag die Enten.« Maria wurde nachdenklich. »Auf dem Wasser sehen sie so würdevoll aus, aber unter der Oberfläche müssen sie sich auch abstrampeln.«

»Ein schönes Bild.« bestätigte Paul. »Was wird wohl aus Anna werden?« fragte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass nirgends irgendwelche Zuhörer zu sehen waren.

»Die ist doch schon bei deiner Oma« Maria wunderte sich ein wenig über die komische Frage.

»Das meinte ich auch nicht.« Paul war etwas nachdenklich. »Ich frage mich, ob sie mit Florian glücklich wird.«

»Es wäre ihr zu wünschen.« Maria seufzte. »Sie hat so sehr für ihre Liebe gekämpft.«

»Ich bin richtig froh, dass ich ihr helfen konnte.«

»Sie hat dir sehr vertraut.« Maria schmiegte sich an ihren Freund. »Ich bin stolz auf dich.«

»Ich hoffe, dass all die Mühen erfolgreich waren und dass sie glücklich werden.« Paul seufzte.

»Es ist schon bitter, wenn man auf diese Weise seine Heimat verliert.« Maria klang traurig. »Sie wird das Haus ihrer Kindheit nie wieder sehen.«

»Ich glaube, sie hat auch keine guten Erinnerungen daran.« Paul blickte zum See. »Bei der Familie.«

Sie schwiegen wieder.

* * *

»Schau mal, wer da sitzt?« Vicky schob ihren Kinderwagen neben die Bank. »Wo sind denn deine Arme?« Sie wunderte sich über Marias seltsame Haltung.

»Maria trainiert.« Paul kam seinem Beschützerinstinkt nach.

»Das ist er?« Vicky setzte sich neben Maria. »Du siehst viel glücklicher aus.«

Maria bestätigte es.

»Und du unterwirfst dich ihm?« Vicky blickte kurz in den Kinderwagen.

»Es ist keine Unterwerfung, es ist Liebe.« Maria widersprach. »Ich bin an seiner Seite sehr glücklich.«

»Aber er legt dich in Fesseln und verlangt demütigende Dinge von dir.«

Maria seufzte. »Ja, da hast du wohl recht..« Ihre Stimme wurde leiser. »Aber es gefällt mir.«

»Es gefällt dir?« Vicky war verwundert. »Du bist wirklich schräg drauf. Ich könnte das nicht.«

»Wer ist schräg drauf?« Paul entschuldigte sich. »Ich habe gerade nicht zugehört.«

Maria war etwas verlegen.

»Wir sprechen von dir.« Vicky blickte zu Paul auf. »Und von all den Sachen, die du Maria antust.«

Paul blickte zu Maria, doch die hielt ihren Kopf zu Boden.

»Ich mache es nur, weil Maria mich darum gebeten hat.« Paul hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.

»Aber damit ist sie doch so demütigend hilflos.« Vicky wollte ihren Standpunkt verdeutlichen.

»Ja, das ist wohl wahr.« Paul gab ihr Recht. »Aber gerade deswegen möchte ich ihr dann auch helfen und sie unterstützen und beschützen.«

Vicky schüttelte den Kopf. »Euch zwei werde ich wohl nie verstehen.«

»Liebe«, Marias Stimme war gerade so zu verstehen. »Es ist Liebe.« Sie stand auf und gab Paul einen langen Kuss.

»Was machen deine Arme?« Paul erinnerte sich an die mahnenden Worte des Orthopäden.

»Ach Paul, musstest du das gerade jetzt fragen.« Maria war etwas enttäuscht.

»Du weißt genau, wie wichtig es ist«, verteidigte sich Paul. »Oder muss ich dich an die Standpauke erinnern?«

»Du hast ja recht.« Maria kuschelte sich an ihn. »Entschuldige bitte.«

Vicky hatte bisher höflich weggeschaut. »Er muss auch auf dich aufpassen?«

Maria erzählte kurz von dem Orthopäden.

»Es ist also doch so etwas wie Unterwerfung?« Vicky griff den Faden wieder auf.

»Ich mag das Wort nicht.« Maria blickte verliebt zu Paul. »Aber, ja, in manchen Dingen muss ich ihm gehorchen.« Es kam ihr sehr plakativ vor, als sie es aussprach.

»Ich bin um dein Wohlergehen besorgt.« Paul legte den Arm um Maria. »Ich habe immer Angst, dass du dir zu viel zumutest.«

»Ich glaube, dass Programm meiner Mutter hat mich sehr geprägt.« Maria seufzte. »Ich habe mich richtiggehend daran gewöhnt, dass ich mich unterordnen muss und viele meiner Wünsche zurückstellen muss.«

»Müssen wir das nicht alle?« Vicky wurde auf einmal recht philosophisch. »Es wäre wohl nicht gut, wenn unsere Wünsche einfach immer in Erfüllung gehen würden.«

»Das meine ich nicht mal.« Maria hatte das Gefühl, diesmal direkt aus dem Herzen zu sprechen. »Wenn ich zum Bespiel etwas trinken möchte, muss ich warten, bis mir jemand etwas gibt.«

»Das ist aber keine Unterwerfung, sondern Höflichkeit.« Vickys Freund meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Im Übrigen sollest du deine Wünsche gar nicht aussprechen müssen. Dein Freund sollte sie dir von den Augen ablesen.«

Vicky lächelte ihren Freund an. »In der Disziplin könntest du aber auch noch etwas Übung gebrauchen.« Sie lächelte. »Habt ihr schon Pläne für die Zukunft?« Vicky wollte das Thema wechseln.

»Jetzt kommt erst mal das Fest.« Maria seufzte etwas. »Und dann müssen wir das Abitur schaffen.«

»Nein, das meinte ich nicht.« Sie lächelte hintergründig. »Ich dachte mehr an das künftige Zusammenleben.«

Maria drehte sich zu Paul. »Am übernächsten Sonntag stehen wir ja vor dem Pfarrer.«

»In eurem Historienspiel?« Vicky strich sich durch das Gesicht. »Quasi eine Generalprobe.«

»Ja, könnte man so sehen.« Maria blickte Paul verliebt an. »Dann kommt noch das Katerinenjahr.« Sie gab Vicky einen groben Überblick über das, was noch auf Paul und sie zukommen würde.

»Und bei allen diesen Auftritten muss du das Gebet tragen?« Vicky war erstaunt.

»Sie wissen ja noch nicht, dass ich es tragen kann.« Maria erinnerte sich an die bisherigen Erfahrungen. »Aber es wird dann wohl von mir erwartet werden.«

»Bekommst du dafür auch einen Gegenwert?« Vicky rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.

»Es ist eine Ehre, die Rolle spielen zu dürfen.« Maria hatte etwas Stolz in der Stimme. »Ich habe schon seit dem letzten Fest davon geträumt.«

»Von der Ehre kannst du dir aber nichts kaufen.« Vicky überhörte Marias Schwärmerei.

»Das stimmt natürlich.« Maria senkte kurz den Kopf. »Aber mit Paul an meiner Seite wird es schön werden.«

Diesmal fragte Paul nicht nach Marias Armen, aber er tastete sie ab.

Maria war es anzusehen, dass sie deswegen etwas genervt war. Doch sie ließ es geschehen.

»Es ist aber auch eine sehr unnatürliche Armhaltung.« stellte Vickys Freund fest.

»Es ist für das Venuskorsett«, antworteten Paul und Maria gleichzeitig, dann lachten sie kurz.

»Venuskorsett?« Vicky war verwundert. »Habe ich noch nie gehört.«

»Es geht wohl auf die Statue der Venus von Milo zurück«, erklärte Maria. »Dort sind keine Arme zu sehen.«

»Die Arme werden mit in das Korsett eingeschnürt, welches Maria trägt. Damit bleibt die schmale Taille erhalten.« Paul zeigte, dass er sich mit den Hintergründen befasst hatte.

»Aber das ist dort bestimmt furchtbar unbequem.« Vicky versuchte, einen Arm auf den Rücken zu legen.

»Ich habe zwei Wochen Intensivtraining hinter mir« Marias Stimme war sehr stolz. »Sechs Stunden habe ich es schon ausgehalten.«

Vicky stand der Mund offen. »Sechs Stunden? So lange?«

Maria beugte sich zu Vicky hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Vicky wurde rot. »Und das hilft?«

»Sehr.« Maria strahlte. »Meine Mutter hat mir das auch bestätigt. Es wirkt wie ein Schmerzmittel.«

Doch Vicky war etwas aufgefallen. »Du hast aber keine Kontrolle darüber.« Sie blickte kurz zu Paul. »Du bist ihm doch ausgeliefert.«

»Ja, das ist wohl so.« Maria blickte auf einmal sehr eindringlich zu Paul.

»Bist du dir sicher?« Paul zögerte.

Maria hielt seinem Blick stand.

Paul nahm die Fernbedienung zur Hand und drückte auf den grünen Knopf.

Durch Marias Körper ging ein Zucken, dann blickte sie wieder zu Vicky. Sie grinste. »Ein wenig kontrollieren kann ich es doch.«

In der Stille war das leise Surren gut zu hören.

Wieder blickte Maria zu Paul, und er drückte auf den roten Knopf. Das Surren verstummte.

»Manchmal passiert es auch so.« Maria wurde etwas rot. »Da ist es dann gut, wenn er mich festhält.«

Paul legte den Arm um Maria.

»Ihr seid schon ein seltsames Paar.« Vicky lachte. »Du dominierst und Paul muss dir gehorchen.«

»Eigentlich müsste es ja andersherum sein.« Paul lächelte.

»´Topping from the Bottom´ nennt man das wohl.« Maria war etwas verlegen. »Ich weiß, dass mir das Befehlen eigentlich nicht zusteht.«

Vicky hörte sehr aufmerksam zu. »Aber das wäre doch dann auch so etwas wie die eigene Selbstaufgabe. Das kann doch nicht richtig sein.«

»Ich weiß, dass er mich auffängt, wenn ich falle. Immer.« Maria gab Paul einen Kuss. »Ich liebe dich.«

Paul erwiderte den Kuss. »Ich liebe dich auch.« Sie versanken in einen langen Kuss.


Als sie sich wieder umblickten, war Vicky mit ihrem Freund und dem Kinderwagen schon fast außer Sichtweite. Sie drehte sich noch einmal um winkte dem schwer verliebten Paar zu.

Paul erwiderte den Gruß.

* * *

Frederike hatte immer mal wieder aus dem Fenster geblickt und die vier beobachtet. Als sie den innigen Kuss sah, wusste sie, dass es jetzt Zeit war, dass es passieren konnte. Es war alles vorbereitet und das Präparat hatte seine Wirksamkeit erreicht.

Sie überlegte immer wieder, wie sie es angehen sollte. Sie konnte Maria das Keuschheitsgeschirr abnehmen oder Paul den Schlüssel dazu geben. Sie fragte sich, welche der Varianten wohl die bessere Wirkung haben würde.

Natürlich wäre es gut, wenn Paul die Rolle als Schlüsselherr übernehmen beziehungsweise in sie hineinwachsen würde. Andererseits betrachtete Maria ihre Unterwäsche vor allem als Schutz, der ihr half, trotz der Einschränkungen selbstbewusst aufzutreten, weil sie wusste, dass ihr nichts passieren konnte.

Sie kannte ihre Tochter doch recht gut, auch wenn sie normalerweise Kontinente trennten. Wenn sie wollte, dass es jetzt passierte, musste sie ihr den Gürtel abnehmen. Paul den Schlüssel geben könnte sie dann auch am nächsten Morgen, außerdem musste er ihn sowieso schon mit sich herum tragen.

Es wäre ihr sehr recht, wenn es hier unter ihrer Kontrolle passieren würde. Es würde auch der Höhepunkt ihres Programms sein, von dem sie wegen des Festes schon so weit abweichen musste.

Nachdenklich ging sie noch einmal durch das Zimmer, welches sie vorbereitet hatte. Der Tisch war romantisch gedeckt und das Bett war in Sichtweite. Eigentlich war alles bestens vorbereitet.

Sie setzte sich in den Sessel und lehnte sich zurück. Ein paar Minuten hatte sie noch, bis sie zu ihr kommen würden. Es war besser gelaufen, als sie es sich je erträumt hatte. Sowohl Paul war nicht vorhersehbar gewesen wie auch das Fest, welches ebenso ein großer Glücksfall war. Die Sorgen um Sarah und Anna hatten Maria und Paul so sehr abgelenkt, dass sie an den eigentlichen Zweck ihres Aufenthaltes nicht mehr dachten.

Wenn es jetzt auch noch unter ihrer Kontrolle passieren würde... Sie lächelte. So viel Glück war wirklich ungewöhnlich. Sie überlegte, wie der Abend wohl verlaufen würde. Vermutlich würden sie noch lange miteinander reden, dabei vielleicht aneinander gekuschelt sein. Sie würden reden über die Erlebnisse der zwei Wochen, Maria würde wahrscheinlich von ihrem Kampf für Sarah berichten. Und Paul würde seine Erlebnisse mit Anna wiedergeben. Dann würden sie sich bestimmt küssen... Und dann...

Doch dann seufzte sie. Vorher hatte sich noch der Orthopäde angesagt. Er wollte sich Maria Arme noch einmal ansehen nach der langen Belastung. Es verdarb etwas die Stimmung, doch sie war zuversichtlich, dass der Abend trotzdem so verlaufen könnte, wie sie es sich wünschte.

* * *

Der Arzt hatte ein paar Schautafeln dabei, die den weiblichen Oberkörper zeigten. »Ich möchte ihrem Schwiegersohn auch noch etwas unterweisen.«

Marias Miene zeigte wieder ein schlechtes Gewissen, als sie zusammen mit Paul und ihrer Mutter das Behandlungszimmer betrat.

Doch der Orthopäde schien es zu übersehen. »Machen sie sich bitte den Oberkörper frei«, bat er Maria, dann wandte er sich an Paul. »Sie können sich schon einmal hiermit vertraut machen.« Er reichte ihm die Schautafeln.

Maria war der Bitte nachgekommen und zeigte ihren Oberkörper, jetzt nur noch mit dem Keuschheits-BH bekleidet.

Der Orthopäde warf Frederike einen vielsagenden Blick zu, doch dann begann er Maria abzutasten. »Wie lange haben sie das Gebet gestern getragen?«

Maria musste erst einmal husten, bevor sie antworten konnte. »Es waren sechs Stunden, so wie sie es gesagt hatten.«

Der Arzt war erstaunt. »Vielleicht war ich gestern etwas zu pessimistisch.« Er tastete noch einmal.

»Was meinen sie?« Marias Stimme zitterte ein wenig.

»Sie hätten auch acht Stunden ausgehalten.« Der Orthopäde war verwundert. »Sie haben ein sehr gutes Training durchgeführt.«

Frederike bedankte sich still.

Maria räusperte sich. »Es wäre aber ohne Paul nicht gegangen.«

Die Blicke richteten sich auf Paul, der etwas verwirrt von den Unterlagen aufblickte. Auf einmal wurde er rot, denn er hatte erkannt, was Maria gemeint hatte.

Frederike kam Paul zu Hilfe. Sie ging auf den Arzt zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Er blickte Maria erstaunt an. »Und das hat ihnen geholfen?«

Maria nickte verlegen.

»Dann machen sie das auch weiterhin.« Er streichelte ihr über den Kopf. »Sie können stolz sein auf ihre Tochter.«

* * *

»Bist du fertig?« Maria lächelte ungeduldig. »Meine Mutter wartet auf uns mit dem Essen.«

»Ich bin schon fertig.« Paul stand auf und warf noch einmal einen Blick in den Spiegel. »Diesmal ohne Handschuh?« Er lächelte.

»Ich möchte endlich wieder einmal selbst essen und kauen.« Maria ließ einen Seufzer hören. »Ich vermisse das langsam.«

»War die Prinzessin etwa mit ihrem Diener unzufrieden?« Obwohl die Frage sorgenvoll formuliert war, zeigte doch Pauls Tonfall, dass er sie nicht ernst gemeint hatte.

Maria musste lächeln, als sie zur Tür ging. »Die Königin möchte heute den Prinzen sehen, nicht den Diener.«

Paul erinnerte sich wieder daran, dass Marias Mutter sie zu einer Art Abschlussessen eingeladen hatte. Und die Ereignisse der letzten Tage zeigten ihm, dass es einiges zu feiern gab. Er sprintete zur Tür und schaffte es, noch vor Maria dort zu sein und ihr die Tür aufzuhalten. »Meine Liebe?« deutete er mit einer leichten Verbeugung an.

Maria deutete einen Knicks an, dann ging sie etwas gestelzt aus dem Zimmer.

* * *

Der Tisch war für drei Personen gedeckt. Leise Klaviermusik füllte den Raum und mischte sich mit dem Licht der Kerzen.

Frederike sah sich zufrieden um. Das Schwesternzimmer war wirklich nicht wiederzuerkennen. Und Joe hatte sich mit dem Essen auch übertroffen. Es könnte der Beginn eines schönen Abends werden.

Paul und Maria blickten sich ungläubig um, als sie das Zimmer betraten. Von der Klinik war wirklich nichts mehr zu sehen oder es war ins Dunkel getaucht. In der Mitte des Raumes stand der mit Kerzen beleuchtete Tisch und Frederike stand daneben. »Nehmt bitte Platz.«

* * *

Marias Mutter hatte ihre Tochter schon die ganze Zeit heimlich aber sehr aufmerksam beobachtet. Seit der Begegnung mit Vicky schien sie etwas verändert und Frederike fragte sich, ob es einen Grund dafür gab.

Als Chefin wusste sie natürlich auch den Grund für Vickys Aufenthalt in der Klinik und es war ihr klar, dass es daran nicht liegen konnte. Schließlich wagte sie den Schritt nach vorn. »Vicky hat dich ins Grübeln gebracht?« Sie hoffte, dass sie es damit treffen würde.

Maria brauchte erst einen Moment, um die ganze Situation zu erfassen. Doch dann nahm sie Pauls Hand und drückte sie. »Bin ich dir wirklich ausgeliefert?« Irgendwie war etwas Angst in ihrer Stimme.

Paul war seit der Begegnung mit Vicky ebenfalls etwas in Grübeln gekommen. »Ich möchte dich beschützen und aufpassen, dass dir nichts passiert.« Er zeigte, dass er sich über das Thema Gedanken gemacht hatte. »Und wenn ich der Meinung bin, dass es zu viel für dich ist, dann habe ich mir vorgenommen, einzugreifen.« Er klang in diesem Moment sehr zuversichtlich.

Maria war auf einmal sehr nachdenklich. »Wenn ich weiß, dass ich mich ganz auf dich verlassen kann, dann traue ich mich auch, mich fallen zu lassen.« Sie blickte zu Boden. »Und mich dir unterzuordnen.«

Frederike bemühte sich um ein neutrales Gesicht, was ihr sehr schwer fiel. Denn innerlich war sie am Jubeln. All die Jahre harte Arbeit schienen sich jetzt auszuzahlen. Das Programm für Maria und vor allem ihr Konzept schienen richtig zu sein und gut zu wirken.


Sie spürte, dass die Zeit gekommen war. Natürlich fiel es ihr wie jeder Mutter schwer, doch sie wusste, dass ihre Tochter jetzt gehen lassen musste. »Ich möchte euch dann auf euer Zimmer bringen.«

* * *

Das Zimmer hatte sich ebenfalls verändert. Auch hier lief leise Klaviermusik und es brannten Kerzen. Paul hatte sich auf das Sofa gesetzt und blickte erwartungsvoll und doch auch etwas nervös auf die Badezimmertür, hinter der Maria mit ihrer Mutter verschwunden war.

Ein Tablett mit einer Sektflasche und drei Gläsern stand bereit, und Paul war der Aufforderung nachgekommen, die Flasche schon einmal zu öffnen. Einschenken würde dann Frederike, hatte sie angekündigt.


Zuerst fiel ihm Marias strahlendes Gesicht auf, als sie mit ihrer Mutter wieder aus dem Bad kam. Erst auf den zweiten Blick entdeckte er, was ihre Mutter neben der Tasche noch in der Hand hielt. Es waren der Keuschheitsgürtel und der Keuschheits-BH. Maria war sozusagen frei.

Er blickte auf ihren Körper, der von dem Bademantel verhüllt war. Was würde sie wohl darunter verbergen?

Er hatte schon oft von dem Moment geträumt, an dem er Maria ganz ohne begegnen durfte, und jetzt stand er offensichtlich kurz davor.

Frederike ging zu der Sektflasche und schenkte drei Gläser ein. Dann reichte sie Paul und Maria je ein Glas und erhob das dritte Glas. »Ich möchte mich bei euch bedanken. Ihr habt mich und die Zukunft der Klinik gerettet.«

Das leise Aneinanderstoßen der Gläser war zu hören.

»Wir sehen uns dann morgen Mittag bei der Abschlussbesprechung.« Sie trank einen Schluck. »Ich lasse euch dann allein.« Sie ging zur Tür. »Schließt bitte ab, damit euch keiner stören kann.« Sie wünschte ihnen noch einmal alles Gute und einen schönen romantischen Abend, dann schloss die Tür hinter sich.

Maria ging langsam zur Tür und erst als die Schritte ihrer Mutter verklungen waren, drehte sie den Schlüssel im Schloß, zog ihn ab und steckte ihn in die Tasche ihres Bademantels. »Jetzt kann uns keiner mehr stören.« Ihre Stimme war leise, als sie Paul anlächelte.

»Jetzt bin ich dein Gefangener.« Paul spürte den Zauber des besonderen Augenblicks.

»Du hast recht.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Das nennt man wohl ausgleichende Gerechtigkeit.«

»Auf uns.« Paul hob das Glas, das er noch in der Hand hielt.

»Und auf das Fest.« Maria ergriff auch ihr Glas und prostete ihm zu.

»Hat meine Prinzessin noch einen Wunsch?« Paul fand es passend, das Spiel aufzugreifen, als beide ihre Gläser abgestellt hatten.

Maria wurde auf einmal etwas verlegen. »Die Prinzessin hätte allerdings noch einen Wunsch.« Sie ging zu ihrem Schrank und öffnete ihn.

Paul sah mit etwas Erstaunen, dass sie etwas heraus nahm. Doch als er erkannte, was Maria in ihrem Händen hielt, war er mehr als verwundert. »Sind sie sich sicher, Hoheit?«

Maria hielt ihren alten weißen Monohandschuh in den Händen, der schon an vielen Stellen deutliche Abnutzungserscheinungen zeigte. »Ich möchte den Handschuh tragen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Nur den Handschuh.« Sie griff sich an den Bademantel, öffnete ihn und streifte ihn sich von den Schultern.

Paul hielt den Atem an, als er Maria in weißer Spitzenunterwäsche sah. »Du siehst toll aus.« Er trat einen Schritt zurück. »Noch besser als mit der Stahlunterwäsche.«

Maria lächelte, dann trat sie auf ihn zu und gab ihm einen Kuss. Sie reichte ihm den Handschuh und legte ihre Arme auf den Rücken. »Die Prinzessin ist bereit«, hauchte sie.

Zu seiner eigenen Überraschung zitterten seine Hände nicht, als er Marias Wunsch nachkam. Doch irgendwie spürte er, dass Maria mit ihren Gedanken gerade woanders war. »Woran denkst du?« fragte er, obwohl er sich nicht sicher war, ob er die Antwort wirklich hören wollte.

»Ob Anna wohl glücklich wird?« Maria seufzte, als sie die Enge des Handschuhs spürte. »Sie hat so sehr für ihre Liebe gekämpft.«

»Es ist ihr nur zu wünschen.« Pauls Stimme zeigte an, dass auch er vom Schicksal der Kennedy-Tochter sehr bewegt war.
525. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 05.04.16 12:38

Da geht für Maria ein Lebenstraum in Erfüllung.

Einen kleinen Vorgeschmack, was sie DORT erwartet, hat sie ja jetzt beim Opernbesuch bekommen.

Auch hier wurde sie wie eine Prinzessin behandelt.

Jetzt fehlt nur noch, das der Herzog sie bei den 4 Wochen Prinzessinnen Urlaub, noch adoptiert.

Dann wäre sie eine echte Prinzessin.

Aber das wird wahrscheinlich ein Wunschgedanke bleiben.

Danke gag_coll

-----
Gruß vom Zwerglein
526. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 05.04.16 14:57

lach - wie im Fernsehen.
an einer sehr spannenden Stelle kommt eine Unterbrechung

doch vielen lieben Dank für die Geschichte!
527. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 05.04.16 18:45

Zitat
lach - wie im Fernsehen.
an einer sehr spannenden Stelle kommt eine Unterbrechung

doch vielen lieben Dank für die Geschichte!


Ist doch schon fast eine Seifenoper

Ich wünsche beiden von Herzen ein romantisches Erstes Mal. Auch wenns von Frederike ein wenig eingefädelt wurde ...


Gruß Kami
528. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 05.04.16 19:32

Ich wünsch den beiden ja auch nur das Allerbeste, aaaber.....

... wann hat der Herzog eigentlich Paul bzw. sein Gemächt wieder freigegeben
Oder hab ich das irgendwo in einem Nebensatz überlesen??

Bin trotzdem gespannt wie ein Flitzebogen.
529. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 05.04.16 20:46

Zitat
wann hat der Herzog eigentlich Paul bzw. sein Gemächt wieder freigegeben Oder hab ich das irgendwo in einem Nebensatz überlesen??
Mir hat er dazu auch nichts gesagt
Okay, im Ernst, ich werde Paul in Kapitel 14 noch kurz darüber berichten lassen bei passender Gelegenheit...
530. RE: Maria Kapitel 13 - In Amerika - Teil 27 - Letzter Teil von Kapitel 13

geschrieben von gag_coll am 06.04.16 17:01

Maria
Kapitel 13 - In Amerika - Teil 27 - Letzter Teil von Kapitel 13
Autor: Karl Kollar

Dienstag, 14. September 1984

Frederike blickte auf die Uhr. Es war kurz vor elf Uhr. Für diese Stunde hatte sie Paul und Maria zum Frühstück geladen. Sie war sehr gespannt, in welcher Verfassung sie zu ihr kommen würden.

Sie hatte gestern unauffällig Marias Keuschheitsgeschirr so auf die Kommode gelegt, dass die Schlösser alle offen waren, die Schlüssel aber abgezogen waren. Letztere lagen vor ihr auf dem Tisch.

Es blieb ein Rest von Unsicherheit, ob Maria das Geschirr nach ihrer ersten Nacht mit Paul wieder anziehen würde. Würde sie es als Bestandteil ihrer Unterdrückung oder eher als Teil ihres Schutzes empfinden? Frederike fragte sich ehrlich, weit Maria in dieser Richtung wohl schon geprägt war.

Um Punkt elf Uhr klopfte es an ihrer Tür und eine etwas verlegene Maria trat ein. Hinter ihr folgte ihr ihr Freund. Frederike hatte Mühe, ihr Schmunzeln zu unterdrücken. Wieder hatte Maria diesen Ausdruck im Gesicht, den sie immer zeigte, wenn sie ein schlechtes Gewissen hatte.

Sie ging auf ihre Mutter zu und umarmte sie. »Danke Mama.« Dann flossen ihr die Tränen über das Gesicht.

Frederike nahm ihre Tochter ebenfalls in den Arm und streichelte sie über den Kopf. Nur nebenbei spürte sie, dass Maria wieder ihre Rüstung trug. »Wie war die Nacht?«

Maria blickte genauso kurz wie intensiv zu Paul und warf ihm einen Kuss zu. »Schön.« Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Frederike war der Blickwechsel nicht entgangen und sie wusste, dass sie in dieser Richtung nicht weiter zu fragen brauchte. »Jetzt kommt zum Frühstück.«

* * *

»Bisher hast du nur den Schlüssel verwahrt und hast Maria geholfen, die Regeln einzuhalten.« Frederike gab sich geheimnisvoll. »Doch in Zukunft soll es anders sein. Du sollst selbst festlegen, wann Maria das Geschirr zu tragen hat.«

Paul und Maria blickten sich etwas erschrocken an. Er ergriff ihre Hand. »Sind sie sicher?«

»Ich habe dich als sehr verantwortungsbewusst erlebt und ich habe Vertrauen zu dir.« Frederike reichte ihm ein kleines Kästchen. »Dies soll das Symbol für deine Schlüsselgewalt sein.«

Sie reichte auch ihrer Tochter so eine Schachtel. »Das soll dich immer daran erinnern, dass jetzt Paul deine Schlüssel verwaltet.« Sie wartete, bis Maria das Paket geöffnet hatte. »Das Schloss soll dich aber auch ermutigen, Kontrolle auszuüben und Paul gegebenenfalls an seine Pflichten zu erinnern.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Du sollst auch stets den Mut haben, ihn auf falsche Entscheidungen hinzuweisen.«

»Was wird denn Mrs. Potter dazu sagen?« Paul erinnerte sich daran, dass er vor Marias Erzieherin immer noch großen Respekt hatte.

»Sie wird dir viele nützliche Tipps gegen.« Frederike schmunzelte. »Es wird euer Schaden nicht sein, wenn ihr ihre Ratschläge weiter befolgt.«

»Der Gürtel ist mir sehr wichtig, weil er mich schützt.« Maria blickte aus dem Fenster, als sie ihre Gedanken aussprach. »Nur manchmal würde ich mir wünschen, den BH ablegen zu dürfen.«

»Paul hat jetzt die Schlüssel.« Frederike sah eine gute Gelegenheit. »Wenn du ihn lieb fragst...«

Maria ließ ihren Blick zwischen ihrer Mutter und Paul pendeln. Mit dieser Antwort schien sie nicht gerechnet zu haben. Sie senkte ihren Kopf.

»Hier wäre noch etwas, was ich dir zur verantwortungsvollen Benutzung übergeben möchte.« Sie reichte Paul noch ein kleines Kästchen. »Das ist symbolisch für die jeweiligen Fernbedienungen. Auch die solltest du sehr weise einsetzen.«

Maria hob den Kopf. »Oh ja, bitte traue dich, sie einzusetzen.« Sie war etwas verlegen. »Es hat mir sehr geholfen, die Zeit zu überstehen.«


Frederike sah auf die Uhr. »Ich habe Rosalie ein Telegramm geschickt, dass du sie heute noch anrufen wirst.« Sie hatte es als Feststellung formuliert, gemeint war es allerdings als Frage.

Maria verstand es sofort als Frage. Es schien sie fast etwas aufzuschrecken. »Natürlich, ich muss sie anrufen.«

»Ich habe euch ein Telefon organisiert.« Sie nannte die Raumnummer.

Maria stand auf und hängte sich die Kette mit dem kleinen Schloss um den Hals. Dann verlies sie das Zimmer.

Paul wollte ihr hinterher gehen, doch Frederike hielt ihn zurück. »Das ist ein Gespräch unter Frauen und nichts für dich.« Sie lächelte. »Du könntest schon mal mit dem Packen beginnen.«

* * *

Es gab seit langem nur einen einzigen Grund, außerhalb ihrer Freitagstelefonate anzurufen, dass hatten Maria und Rosalie schon vor langer Zeit ausgemacht. Maria war entsprechend nervös, als sie die lange Nummer wählte. »Hallo Rosalie, hier ist Maria.«

»Aber heute ist Dienstag.« Rosalie stutzte. »Nein, sag bloß.« Sie war sprachlos.

«Er war so zärtlich.« Marias Stimme war leise.

»Jetzt erzähl aber bitte von vorn und der Reihe nach.« Rosalies Stimme war sehr eindringlich. »Wenn du mich schon mitten in der Nacht aus dem Bett schmeißt.«

»Meine Mutter hatte mir schöne Unterwäsche mitgebracht« Maria war verträumt. »So richtige verführerische Dessous.«

»Und, hat es gewirkt?« Rosalies Schmunzeln war deutlich zu hören.

»Und ob.« Maria strahlte. »Doch der Reihe nach.« Sie holte tief Luft. »Zuerst hat er mich in den Handschuh eingeschnürt.«

»Er hat was?« Rosalie war empört.

»Ich habe schon immer davon geträumt, mein erstes Mal mit dem Handschuh zu erleben. Und er hat es gern gemacht. Er hat schon richtig gut Übung darin.«

»Ich wusste ja schon immer, dass du schräg drauf bist.« Rosalie lachte. »Was ist dann passiert?«

»Wir haben uns auf das Sofa gekuschelt und über die Ereignisse hier in der Klinik ausgetauscht.« Sie gab ihrer Freundin einen Überblick über all die Sachen, die sich in den letzten beiden Wochen ereignet hatten.

»Ach deswegen habe ich jetzt zwei Mal nichts von dir gehört.« Rosalie seufzte. »Und sie hat es dir erlaubt?«

»Nicht nur das.« Marias Stimme zeigte sowohl ihre Verliebtheit als auch ihre Begeisterung. »Paul verwaltet jetzt die Schlüssel für mich.«

»Und was war nach dem Kuscheln und Reden?« Rosalie erinnerte Maria daran, dass sie das wichtigste noch nicht erzählt hatte.

»Irgendwann hat er mich in den Arm genommen und mich überall gestreichelt.« Maria schwelgte in der Erinnerung. »Es war soo schön.«

»Und dann?« Rosalie war sehr gespannt.

»Irgendwie sind wir dann im Bett gelandet. Es war so wunderschön.« Maria seufzte verliebt. »Teilweise bin ich sogar mit dem Handschuh auf ihm geritten.«

»Ich beneide dich.« Rosalie freute sich für ihre Freundin.

»Aufgewacht sind wir dann erst gegen elf Uhr.« Maria seufzte. »Meine Mutter hatte zum Frühstück eingeladen.«

»Wann hat er dich aus dem Handschuh herausgelassen?« Rosalie war über das seltsame Liebesleben ihrer besten Freundin immer noch erstaunt.

»Ich wollte eigentlich die Nacht so bleiben.« Maria schwärmte. »Doch er hat darauf bestanden, mich zu befreien.«

Rosalie lachte. »Und wann ist es schöner? Mit ihm oder durch ihn?«

Maria musste erst einen Moment überlegen, bevor sie die Frage verstanden hatte. »Mit ihm. Mit ihm zu kommen ist doppelt schön.«

»Ihr seid wirklich schwer verliebt.« Rosalie lächelte.

»Genauso wie Sarah.« Maria war der Meinung, jetzt genug von sich erzählt zu haben. »Sie und Betty sind ein sehr glückliches Paar.« Sie gab einen kurzen Überblick über die Ereignisse.

»Und das heißt?« Rosalie lechzte nach Klatsch.

»Sarah hat ihr Glück gefunden, und jetzt freut sie sich auf ihre Hochzeit. Betty und Bertram machen die Trauzeugen.«

»Und der Herzog?«

»Der ist glücklich, dass er jetzt wieder eine Gebetsträgerin in der Familie hat.«

»Durch Sarah?«

»Ja«, Maria lächelte, »Betty kümmert sich rührend um sie. Und sie sorgt immer dafür, dass Sarah es nie zu leicht hat. Betty hat ihren Beruf aufgegeben und wird mit nach Brasilien reisen. Sie über schon fleißig Portugiesisch.«

»Das ist fast ein kitschiges Happy End.« Rosalie liebte solchen Klatsch.

»Ja, hier in der Klinik.« Maria seufzte. »Meines kommt ja hoffentlich noch.« Sie vermied es aber, von Anna zu berichten.

»Dein Fest?«

»Ja«, Maria bestätigte es. »Nachher werden Paul und ich die ganzen Vorbereitungen noch mal etwas auffrischen. Die Tänze und so weiter.«

»Ihr werdet ein tolles Paar werden.« Rosalie seufzte sehnsüchtig. »So verliebt.«

Es klopfte. Frederike steckte den Kopf zur Tür herein. »Seid ihr schon fertig?«

Maria blickte unwillkürlich zur Uhr. »Mensch, wir haben jetzt zwei Stunden lang gequatscht.«

Sie leitete die Verabschiedung ein und gab ihrer Mutter ein Zeichen, dass sie eintreten könne.

Neben ihrer Mutter betraten auch Paul und eine fremde Frau den Raum.


Maria legte den Hörer auf und blickte ihre Mutter verlegen an.

Doch Frederike ignorierte das. Sie winkte die fremde junge Frau zu sich. Dann wandte sie sich an ihre Tochter. »Ich habe von deinem Wunsch gehört, in München mit dem Gebet auf dem Rücken zu landen und das Flugzeug zu verlassen.«

»Das wird sicher nicht gehen?« sagte Maria, in ihrer Stimme mischten sich Zweifel und Optimismus.

»Das hier ist Frau Baer von der Lufthansa.« Frederike blickte zwischen Maria und der Stewardess hin und her. »Sie hat bei eurem Flug Dienst und wird euch helfen, euch den Wunsch zu erfüllen.«

»Der Pilot gibt mir Bescheid, wann er den Landeanflug einleiten wird. Dann werde ich zu euch kommen und euch beim Anlegen des Gebetes helfen.« Sie blickte auf den Zettel, den sie in den Händen hielt. »Ich werde mich auch darum kümmern, dass der Zoll keinen großen Ärger macht.«

Maria blickte sich erstaunt um.

»Naja«, erklärte Frau Baer, »sie werden sicher darauf bestehen, dass sie deine Arme ohne »Verpackung« sehen wollen. Danach werde ich ihn dir wieder anlegen. Wäre das in Ordnung?«

Noch bevor Paul widersprechen konnte, ergänzte Frederike. »Am Flughafen wird eine weibliche Beamtin Maria durchsuchen und da kannst du nicht dabei sein.«

* * *

Frederike war etwas wehmütig, als sie die Tür ihres Büros hinter sich schloss. Natürlich war es nicht der erste Abschied von ihrer Tochter, doch sie fühlte, dass es diesmal etwas anderes war. Sie hatte sie sozusagen losgelassen, oder besser, in andere Hände gegeben.

Es tröstete sie nur ein wenig, dass Paul wirklich verlässlich war. In der Angelegenheit um Anna Kennedy hatte er sich sehr vorbildlich verhalten und teilweise sogar ganz selbstlos seine eigenen Wünsche hintenangestellt.

Wie jedes Mal hatte sie einen Bericht zu schreiben und an das Konsortium zu übergeben. Diesmal freute sie sich besonders darauf, ihn zu schreiben. Das Ziel ihres Projektes war so gut wie erreicht. Gedanklich entwarf sie so etwas wie eine neue Gliederung.


Gestern hatten Maria und Paul, nachdem die Stewardess mit dem Venuskorsett fertig war, sich noch ausgiebig mit den Inhalten des Katerinenfestes befasst. Nach dem schon mehrere Landsbacher nachgefragt hatten und Frederike sie bisher vertröstet hatte, befand sie es für nötig, wenigstens die Inhalte auszufrischen.

Besonders fasziniert war sie, als Maria und Paul einmal zur Probe mit dem Gebet auf dem Rücken die Tänze übten. Es hatte eine solche Leichtigkeit, dass es ihr fast den Atem raubte. In der Klinik war die richtige Musik nicht aufzutreiben, und so hatten die beiden sogar selbst zu ihren Tänzen gesungen.

Frederike war sehr wehmütig, als sie daran zurück dachte. Es war so beeindruckend, und das Gebet spielte dabei üerhaupt keine Rolle mehr. Maria hatte nicht ein einziges Mal das Gesicht verzogen.

Wo mochten sie im Moment sein? Waren sie noch in Amerika oder schon über dem Atlantik? Ohne dass es ihr so richtig bewusst war, stand sie auf, ging zum Fenster und blickte hinaus zum Himmel.

Noch schien die Sonne, doch am Horizont zogen dunkle Wolken auf.

531. RE: Maria Kapitel 13 - Nachwort

geschrieben von gag_coll am 06.04.16 17:46

Maria 13 - Nachwort

Das war das 13. Kapitel von ´Maria´. Das Schreiben hat im Vergleich zu den anderen Kapiteln geradezu ewig gedauert. Ein großes Dankeschön geht an Herman für den Behandlungsplan und für das für mich sehr wertvolle Korrekturlesen.

Sollten noch Fragen offen sein, könnt ihr die gern noch stellen, ich werde die entweder gleich beantworten oder sage in Kapitel 14 noch etwas dazu.

Vielen Dank für eure Kommentare und auch für eure Geduld.

Viele Grüße
gag_coll
532. RE: Maria

geschrieben von carpegenk am 06.04.16 18:14

Hallo gag_coll,

wie so oft habe ich den neusten Teil Deiner Geschichte regelrecht verschlungen.
Es ist einfach Klasse.

Dein Carpegenk
533. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 06.04.16 19:23

Huhu Gag_coll

Wir danken dir alle für diese Tolle Geschichte

und ich habe echt Achtung vor der Menge an Text, die du geschrieben hast.
Selten gibt es hier Geschichten in dieser Länge und dem Zauber zu lesen.

gruß
Kami
534. RE: Maria

geschrieben von schneider am 06.04.16 19:52

Kann nur sagen danke für die tolle Story. Es macht einfach Spaß sie zulesen.
535. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 06.04.16 23:20

Meinen herzlichsten Dank an dir.Für die Wunderschöne Zeit während des lesens.Vielen Dank dafür und bitte mach lange weiter.

mfg Wölchen
536. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 06.04.16 23:48

Ich muss mich wieder meinen Vorschreibern anschließen. Herzlichen Dank für diese tolle Geschichte. Hoffentlich hast du noch viel Muße und Einfälle für das nächste Kapitel.
537. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 15.04.16 22:58

hi gag_coll.

hoffentlich lässt du uns nicht wieder so lange warten auf kapitel 14. lacht
538. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 05.05.16 21:31

Gibt es eigentlich zu Kapitel 13 von Maria noch Fragen?
539. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 06.05.16 19:22

Zitat
Gibt es eigentlich zu Kapitel 13 von Maria noch Fragen?


Werden wir noch von Anna und Forian hören? vll als spinn of oder so?

gruß Kami
540. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 06.05.16 20:08

Zitat
Werden wir noch von Anna und Forian hören?
Ja, sie werden in Kapitel 14 noch eine gewisse Rolle spielen...
541. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 08.05.16 23:17

Hallo cag_coll.

Deine Story über Maria gefällt mir immer noch sehr gut.

Aber in den letzten Kapiteln hast du mir irgendwie zuviel von der eigentlichen Geschichte geändert. Wie schon gesagt, den "Herrmann"-einschlag bekommt man sehr deutlich zu spüren. Ich will dem seine Hilfe ja nicht schlecht machen, denn er wird dir sehr viel geholfen haben.

Doch so einige Dinge stören mich.
Zun Anfabg von Kapitel 13 hast du noch vollständig jeden Tag beschrieben, doch je näher du dem Ende kamst, um so früher hast du an dem entsprechenden Tag aufgehört.
Z.B. hätte nich doch sehr interessiert, wie die Prinzessin und Maria das Gebet auf dem Rücken noch ertragen haben, wie Paul und die Freundin von der Prinzessin das in die Länge gezogen haben und wann es dann endlich nicht mehr ging. Das hast du zwar als Nebenbemerkung dann irgendwann gesagt, aber den Tag vernünftig zu Ende erzählen wäre mir Lieber gewesen.

Ich warte lieber 1 oder 2 Wochen länger auf eine Fortsetzung, oder den nächsten Teil, nur wenn du anfängst die Tage zuerst komplett zu beschreiben, und fängst dann irgendwann an, nur noch halbe Tage zu beschreiben, finde ich das persönlich, naja irgendwie halt sch...

Auch das Leonie nacher keine Rolle mehr gespielt hat störte mich etwas.

Und warum da Anna und Florain noch reingebracht hast erschliest sich mir im Moment auch noch nicht. Hoffentlich verzettelst du dich jetzt, bei der Anzahl der beteiligten Personnen, nicht.

MfG Rainman
542. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 09.05.16 17:31

Oh je, so viele Fragen
Zitat
Deine Story über Maria gefällt mir immer noch sehr gut.
Danke
Zitat
Aber in den letzten Kapiteln hast du mir irgendwie zuviel von der eigentlichen Geschichte geändert.
Naja, der Amerika-Aufenthalt war aber schon geplant, bevor Maria für das Katerinenfest ausgesucht wurde...
Zitat
Wie schon gesagt, den \"Herrmann\"-einschlag bekommt man sehr deutlich zu spüren. Ich will dem seine Hilfe ja nicht schlecht machen, denn er wird dir sehr viel geholfen haben.

Das hat er allerdings.

Zitat
Zun Anfabg von Kapitel 13 hast du noch vollständig jeden Tag beschrieben, doch je näher du dem Ende kamst, um so früher hast du an dem entsprechenden Tag aufgehört.
Naja, die Alternative wäre gewesen, dass ich für jeden Tag die gleiche Prozedur beschreibe. Irgendwann wird es einfach langweilig. Immerhin waren 21 Tage zu beschreiben, davon nur 10 mit täglichen Behandlungen.

Das krasseste Beispiel aus dieser Richtung habe ich mal bei Henning Mankell gesehen. Man blätterte um und das nächste Kapitel begann mit dem schlichten Satz "Der Sommer verging."
Zitat
Z.B. hätte nich doch sehr interessiert, wie die Prinzessin und Maria das Gebet auf dem Rücken noch ertragen haben,
Genau deswegen habe ich ja gefragt, was offen geblieben ist. (Ich hatte ehrlich gesagt irgendwann auch einfach die Nase voll und ich wollte Maria 13 einfach nur noch zu Ende bringen.) Aber diese Frage habe ich nicht verstanden. Meinst du, wie lange?
Zitat
wie Paul und die Freundin von der Prinzessin das in die Länge gezogen haben und wann es dann endlich nicht mehr ging.
Die Frage ist mir auch unklar. Was meinst du hier?
Zitat
Das hast du zwar als Nebenbemerkung dann irgendwann gesagt, aber den Tag vernünftig zu Ende erzählen wäre mir Lieber gewesen.
Ja, aber dann würde ich jeden Tag (insbesondere mit fortgeschrittener Zeit) einfach nichts neues mehr erzählen können.
Zitat
Ich warte lieber 1 oder 2 Wochen länger auf eine Fortsetzung, oder den nächsten Teil, nur wenn du anfängst die Tage zuerst komplett zu beschreiben, und fängst dann irgendwann an, nur noch halbe Tage zu beschreiben, finde ich das persönlich, naja irgendwie halt sch...
Naja, ich verstehe dich schon... Aber was soll ich denn erzählen, wenn Maria mehrere Stunden lang in der Patientenbibliothek sitzt und ein Buch liest? Wollen wir ihr beim Umblättern zusehen?
Zitat
Auch das Leonie nacher keine Rolle mehr gespielt hat störte mich etwas.
Das ist allerdings extra so gemacht. Welches Schicksal auf Leonie wartet, wollte ich in Maria 13 bewusst nicht auflösen.
Zitat
Und warum da Anna und Florain noch reingebracht hast erschliest sich mir im Moment auch noch nicht.
Ganz einfach: Die Handlung für Sarah und Betty war nach einer Woche ausgeluscht. Und eine weitere Woche ´Friede, Freude, Eierkuchen´ war mir ehrlich zu langweilig.
Zitat
Hoffentlich verzettelst du dich jetzt, bei der Anzahl der beteiligten Personnen, nicht.
In Kapitel 14 sind wir wieder in Landsbach... und alle fiebern auf das Fest hin...
543. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 09.05.16 23:06

Nachdem du meines Erachtens die offenen Fragen geklärt hast, warte ich, wie vermutlich viele andere auf die Fortsetzung. Biiite laß uns nicht zulange warten.
544. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.05.16 05:26

Danke für 600K Aufrufe... und bevor ihr fragt, Maria 14 ist in Arbeit. Ich bin beim fünften von geplanten zwölf Tagen.
545. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 20.05.16 08:07

Nur 14 Tage?Wie willst du da das ganze Fest unterkriegen.Die letzten vorbereitungen,Das Fest an sich die Entführung und dan die Befreiung?
Laß uns nicht hängen.Wir freuen uns auf jeden Teil.Und wir gehen bei dir nach dem Motte.Mehr ist Devinitive sehr viel besser.
546. RE: Maria - Leseprobe aus Kapitel 14

geschrieben von gag_coll am 14.06.16 06:46

Kapitel 14 ist in Arbeit... Und wie zuvor gibt es heute schon mal eine kleine Leseprobe aus dem Kapitel.

[...] »Ich hätte noch eine Frage.« Paul war etwas verlegen. »Anna wird morgen in der Kirche heiraten, und wir würden gern für einige Erinnerungsfotos sorgen. Viel zahlen können wir aber nicht.«

Andrea begriff die Zusammenhänge sofort. »Man müsste ihm einen besonderen Anreiz bieten.«

»Und was wäre das?« Paul hatte erkannt, dass er für Anna verhandeln musste.

Andrea hoffte, dass sie den Bogen mit ihrem Wunsch nicht überspannen würde. »Ich glaube, ein Motiv täte ihn sehr reizen, dafür würde er es dann auch umsonst machen.« Sie wollte sich vorsichtig an den Wunsch ihres Freundes heran tasten.

»Und welches Motiv wäre das?« Paul hoffte, dass er es im Sinne von Anna richtig machte.

Andrea holte tief Luft. »Eine Braut im weißen Brautkleid und mit weißem Monohandschuh täte ihn sehr reizen.«

Paul musste schlucken, als er es erfuhr. »Ich weiß nicht, ob Anna dazu bereit ist.«

»Aber dafür würde er es sicher umsonst machen.« Andrea verdrehte ein wenig die Augen. »Mit dem Wunsch nervt er mich schon lange.«

»Wie soll ich das Anna bloß beibringen?« Paul war unglücklich, weil er Anna ihren schönsten Tag nicht verderben wollte.

»Ich rede selbst mit ihr.« Andrea hatte schon eine Idee, wie sie es der Braut schonend beibringen konnte.

* * *

»Ich habe gehört, du heiratest morgen?« Andrea wollte sich ganz behutsam an ihr Anliegen heran tasten.

Anna nickte etwas unsicher.

»Du möchtest doch sicher Hochzeitsfotos haben.« Andrea versuchte ihren Köder ganz behutsam auszulegen.

»Das wäre sicher sehr schön.« Doch dann wurde sie traurig. »Aber das kostet doch Geld und ich besitze bisher nur 20 DM.« Sie erinnerte daran, dass dies ihr erstes Taschengeld von der Zeitung war. »Fotos sind jetzt das letzte, was ich mir leisten wollte.« Sie verdrängte den Gedanken daran, dass sie in einem früheren Leben einmal sehr reich gewesen war.

»Mein Freund ist Fotograf«, begann Andrea. »Und er liegt mir schon länger in den Ohren, weil er mich mit einem ganz bestimmten Motiv sehen möchte.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn für ihn Modell stehen würdest. Er würde euch dann die Fotos auch kostenlos machen.«

»Es wäre schon schön, Erinnerungsfotos zu haben.« Anna schien laut zu denken. »Doch zu welchem Preis? Was will er denn sehen?« Annas Tonfall zeigte, das sie mit dem Schlimmsten rechnete.

Andrea fühlte, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war. »Er möchte eine Braut im weißen Kleid und mit einem weißen Monohandschuh fotographieren.«

»Mehr nicht?« Anna war etwas verwundert. Sie hatte viel Schlimmeres erwartet.

»Du wärst dazu bereit?« Andrea war ehrlich erleichtert.

Anna fühlte, dass sie Andrea vertrauen konnte. »Ich hatte Nacktfotos befürchtet.«

»Er wird sich sehr freuen.« Andrea gab sich empört, doch insgeheim lächelte sie. Ihre Taktik war aufgegangen. »Er wollte noch einen Ballknebel im Mund sehen, aber das konnte ich ihm schon ausgereden.«

»Was ist denn ein Ballknebel?« Anna sah nebenbei eine weitere Gelegenheit, sich zu bedanken.

»Ein Ball im Mund hindert dich am Sprechen.« Andrea war insgeheim gespannt, wie weit sie bei Anna gehen konnte.

»Und was ist so schlimm daran?« fragte Anna mit etwas Unverständnis in der Stimme.

Andrea spürte, dass sie ganz dicht am ihrem kleinen Ziel war. »Naja, du trägst ja auch den Handschuh dazu, das heißt, du kannst dir den Ball nicht mehr selbst abnehmen.«

»Es ist ja nur für das Foto.« Anna war in einer Stimmung, in der sie auch schlimmere Sachen zugesagt hätte.

»Ich kann ihm also sagen, dass er sein Traummotiv bekommen kann.« Andrea war ehrlich erleichtert. »Das wird ihn sehr freuen.«

»Von mir aus gern.« Anna strahlte. Die Aussicht, neben einer Traumhochzeit auch noch schöne Erinnerungfotos bekommen, ließ ihre Stimmung wirklich in die Höhe steigen. [...]
547. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 14.06.16 07:04

Hallo gag_coll, deine Leseprobe erhöht den Suchtfaktor auf Kapitel 14 ja wieder um einiges. Danke dass wir schon mal reinschnuppern durften und uns hoffen, dass wir nicht mehr all zu lange warten müssen.
548. RE: Maria - Frage zu Leonie

geschrieben von gag_coll am 17.06.16 15:03

Ich hätte mal eine Frage, da ich gerade ein wenig Inspirationen gebrauchen könnte. Was glaubt ihr, welches Schicksal auf Leonie bei Oma Selma wartet. Natürlich unter den üblichen Regeln (Wir leben in einem Rechtsstaat).
Wie könnte ihr neuer Alltag aussehen? Natürlich sind noch Sommerferien bzw. vorlesungsfreie Zeit...
549. RE: Maria

geschrieben von Kugelfisch am 17.06.16 15:37

Ich kann mir vorstellen, dass Leonie ein Double ist, wenn bei dem Fest mit Maria was danebengeht. Immerhin ist die Falle ja aufgespannt, und sie wird entführt. Paul wird so ja dann bestimmt befreien, aber für die Leute auf der Straße wird Leonie die Vertretung sein. Auf lange Sicht wird Leonie die Aufwartedame von Oma Selma sein. Sie wird eine Altenpflegerin und kümmert sich um den haushalt und das rundrum- nur die Dienstbekleidung ist speziell und eisenlastig. Dann kann Leonie in dem Job aufgehen und lernt noch was von ihrer Betreuungsperson/Herrin. Vielleicht findet sie auch noch einen Freund/Gefährten, der bei Marias Gouvernante "beschäftigt" ist. Das kann ja der Ersatz-Paul sein.
550. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 17.06.16 21:22

Hmm, das glaube ich eher weniger, weil dazu doch eine Menge Übung und auch Ausdauer und Efahrung für Leonie fehlen. So lange wie Maria wird Sie den Backprayer nicht aushalten und auch den Monohandschuh wird sie wohl auch nicht wie Maria tragen können.


MfG Rainman.

PS.: cag_coll, du hast eine PN!
551. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 17.06.16 21:40

Ich könnte mir vorstellen, das Leonie auch als Zofe von Maria beim Fest mitspielen darf. Vielleicht finden sich die jungen Leute später ja auch zu einem Bondagekreis unter der (An-) Leitung von Mrs. Potter und Pauls Oma zusammen.
Ich hoffe jedenfalls auf viele weitere Geschichten von und mit Maria, Paul und den anderen.
Danke für´s Schreiben gag_coll.
552. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.06.16 08:05

Ich habe euch vermutlich auf eine falsche Fährte gelockt.

Ich wollte eigentlich wissen, mit welchen Gegenständen / Fesseln Selma den Alltag von Leonie so mühsam wie möglich macht. Ich dachte daran, dass Leonie fast nur noch damit beschäftigt wäre, gegen ihre Einschränkungen anzukämpfen und nur selten wirklich etwas tun kann. (Falls jemand zufällig ´Tara´ aus der ´the reluctant heiress´ kennt, so etwas meine ich)
553. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 18.06.16 13:59

Zitat
Ich habe euch vermutlich auf eine falsche Fährte gelockt.

Ich wollte eigentlich wissen, mit welchen Gegenständen / Fesseln Selma den Alltag von Leonie so mühsam wie möglich macht. Ich dachte daran, dass Leonie fast nur noch damit beschäftigt wäre, gegen ihre Einschränkungen anzukämpfen und nur selten wirklich etwas tun kann. (Falls jemand zufällig ´Tara´ aus der ´the reluctant heiress´ kennt, so etwas meine ich)


Vielleicht eine Abwandlung des Kleides, welches Maria schon auf der Hütte getragen hat Auf der anderen Seite ist so ein Keuschheitsgeschirr auch eine gute Möglichkeit, die Trägerin einzuschränken. da gibts viele D Ringe, die man benutzen kann *g*

mit fesselnden Grüßen

Kami
554. RE: Maria

geschrieben von pardofelis am 18.06.16 21:24

Na ja; Einschränkung gut und schön. Aber wenn die einzige Tagesaufgabe darin besteht, einen sinnlosen
Kampf zu kämpfen, wirds langweilig!!!
Auch die schönste Fesselung stumpft ab.
Leonie sollte schon ihre Pflichten als Hausdame, Putze, Köchin, Kellnerin u.s.w. erfüllen können.
Wenn sie bei einer ungeschickten Bewegung auf dem Hintern landet, oder ein Erschrecken mit Schmerzen endet o.k. Aber machbar sollte noch alles sein.

Nur als Ausstellungsstück für edle Schmiedekunst rumzustehen, ist kein Lebenszweck,
und sie will ja doch auch arbeiten.
Die Idee mit der Ausbildung in medizinischer Betreuung von Senioren find ich garnicht soo schlecht.

lg
555. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.06.16 10:09

Wie wärs denn, wenn man Leonie an ein Schienensystem hängt/verbindet, so das sie sich nur langsam bewgeen kann.
Desweiteren könnte Ihre "Fesseln" irgendwie mit einander koppeln, so das Sie für jede Bewegung extra Kraft einsetzen muß. So kann sie ihre Arbeit machen, wenn vielleicht auch etwas langsamer.

MfG Rainman
556. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 19.06.16 11:06

Hm.

Schon mal daran gedacht Leonie,schwere oder mehr lagiege Kleidung an zu ziehen.Wenn sie ein schweres Kleid mit vielen schweren Unterröcken trägt.Had sie auch so einige Probleme.Zum einen das Gewicht und zum anderen muß sie aufpassen das sie nichts Runterschmeist oder hängen bleibt.Wenn du dan noch ein Korsett mit Haltungsriemen dazu machst had sie es noch schwerer,läßt du dan noch sie Arme das Kleides etwas steifer machen,so das sie sich bei jeder Bewegung anstrengen mußt,ist sie efektive gefesselt.Ohne das man es sofort merckt.

Außerdem könnte du als Fessellung auch eine Art Gummi oder Federsystem machen.Jeh weiter sie es dehnen möchte um so schwerer wird es für sie.
557. RE: Maria

geschrieben von Kugelfisch am 19.06.16 13:21

Ich habe noch mal überlegt- du schwenkst nun langsam auf die Zielgerade ein. Und nach dem Ziel kommt dann ja, "sie lebten glücklich bis an ihr fesselndes Ende". Leonie braucht für mich etwas, das sie ausfüllt und glücklich macht. Ich erinnere mich, dass die Oma früher auch Mädchen ausgebildet hat- sagen wir mal zu untertänigen Frauen von Hochadligen. So kann nun Leonie zu einer untertänigen Dienerin von Oma und Miss Potter ausgebildet werden.
Zum Thema Fesseln ist mir ein Würfelspiel eingefallen, das ich mal in eine Story einbauen wollte. Der erste Wurf ist das Material: Seil, Leder(mit Kette), Stahl(mit Kette), Leder(fest), Stahl(fest), Holz. Der zweite Wurf ist die Art der Fessel: Hände beweglich, Hände unbeweglich, Hände am Körper brauchbar, Hände am Körper unbrauchbar, Alle Gliedmaßen bequem, alle Gliedmaßen unbequem.
Das kann man antik ausbauen.
558. RE: Maria

geschrieben von Muwatalis am 03.07.16 06:40


Schreib bitte weiter!
559. RE: Rätselhafte Handschuhe (englischer Text)

geschrieben von gag_coll am 18.08.16 04:27

Hallo,

in dem folgenden Textabschnitt sind mir zwei Vokabeln unklar. "stitching on the fingers" und "stays". Versteht hier jemand, wie diese Handschuhe genau funktionieren?

Danke
gag_coll

[...] Over the same period of time my hands and arms have been turned into two useless appendages that can do no more than hang at my sides. This has been achieved by the use of special gloves. When I was first fitted with the shoulder-length leather gloves I admired what appeared to be multiple stitching on the fingers, at the wrists and elbows. Imagine my horror when the real purpose of this stitching became apparent. What at first glance looked like fancy stitch work covered the fact that they were really the stitching for a number of sheaths into which very stiff, plastic stays were gradually added. The first part of my hands and arms to lose mobility were my fingers and thumbs when Lisa inserted the plastic stays into the sheaths on the backs of my fingers. A week later further stays were added to the front of my fingers, these extending halfway across the palms of my hands. About the only movement left in my fingers was the ability to move my thumbs the distance of the webbing between thumb and forefinger. One month later the backs of my wrist areas received stays and a week after this they were added to the front of my wrists. These stays were again longer than those at the back of the wrist, extending to the centre of the palms of my hands. It was not until a month ago that I was robbed of the use of my elbows when over a two week period stays were added firstly to the outside of my elbows and a week later to the inside. To my alarm, discreetly attached straps attaching my elbows closely in to my waist prevented me from moving my arms in any direction from the shoulder, and they remain straight and stiff, pinned to my sides. This loss of the use of my arms means that I am even more reliant on another person, usually Lisa, to help me with any task. [...]
560. RE: Maria

geschrieben von isambart am 18.08.16 05:49

Stitching: Stiche im Sinne vom Nähen
Stays: in diesem Sinne so etwas wie die Stäbchen eines Korsetts
561. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 18.08.16 07:02

Hallo gag_coll

Das es sich um Handschuhe handelt hast du sicherlich übersetzt.

Die Stiche auf den Finger erkläre ich mir so das kleine Taschen auf den Fingern aufgenäht sind.

In die Taschen werden dann verschiedene Stäbchen (Korsettstäbe) eingeschoben.

Dadurch kann sie ihre Finger nicht mehr beugen. Ausserdem lese ich es so das sie nach einiger Zeit andere (längere) Stäbchen bekommt, und die Handflächen dadurch auch noch versteift werden.


Wie geht es Maria?
Viele Grüße an Maria, freue mich schon auf die Fortsetzung.

Gruß marmas71
562. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.08.16 08:38

Zitat
Die Stiche auf den Finger erkläre ich mir so das kleine Taschen auf den Fingern aufgenäht sind. In die Taschen werden dann verschiedene Stäbchen (Korsettstäbe) eingeschoben. Dadurch kann sie ihre Finger nicht mehr beugen.

Danke... So ähnlich hatte ich mir das auch schon gedacht...
Zitat
Ausserdem lese ich es so das sie nach einiger Zeit andere (längere) Stäbchen bekommt, und die Handflächen dadurch auch noch versteift werden.

Finde ich faszinierend.

Allerdings habe ich nicht ganz verstanden, wie die Arme insgesamt fixiert werden. Vielleicht kann mir das noch mal jemand erläutern.

Zitat
Wie geht es Maria? Viele Grüße an Maria, freue mich schon auf die Fortsetzung.
Maria geht es gut. Ich werde es ausrichten, vielen Dank... Ich bin jetzt bei schon beim achten von 12 Tagen.

Pauls Oma wird ein Paar solche Handschuhe besitzen und jemand muss sie tragen, das ist aber nicht Maria. Zumindest nicht vor dem Fest. Allerdings wird Paul beim Anlegen assistieren, damit er auf den Geschmack kommt.

Viele Grüße
gag_coll
563. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 18.08.16 12:36

Hallo gag_coll,

Danke für die kleine Vorschau auf Marias "Zukunft".



Mit der Befestigung der Arme lese ich es so das unauffällige Gurte die Ellenbogen an der Taille fixieren.
Die Ellenbogen sind dann wohl mit weitern Stäben gesichert, denn die Handschuhe reichen bis zu den Schultern herauf.


Weitere fragen beantworte ich auch gerne per Email.

Gruß marmas71
564. RE: Rätselhafte Handschuhe (englischer Text)

geschrieben von Paulo Post am 19.08.16 18:20

Hallo gag_coll,

may I ask where came from that short english text?
565. RE: Rätselhafte Handschuhe (englischer Text)

geschrieben von gag_coll am 19.08.16 19:30

Zitat
may I ask where came from that short english text?


Die Quelle für den Text ist diese: https://groups.yahoo.com/neo/groups/confiningclothing -> Files ->Tales by Enen & Scott: Hobbling Into A new Life.doc - A continuation of Inashopwindow´s story.

Ich hoffe, das mit dem Link geht so in Ordnung.

Viele Grüße
gag_coll
566. RE: Maria

geschrieben von bluevelvet am 19.08.16 20:40

Wenn der angeführte Text ein Zitat aus einem längeren Text ist, ist er wahrscheinlich rechtlich noch ok. Wenn es ein fast kompletter eigenständiger Text ist, müssten wir ihn leider wieder rausnehmen.

VG Bluevelvet

567. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 19.08.16 21:02

Zitat
Wenn der angeführte Text ein Zitat aus einem längeren Text ist, ist er wahrscheinlich rechtlich noch ok. Wenn es ein fast kompletter eigenständiger Text ist, müssten wir ihn leider wieder rausnehmen.
Es ist ein Zitat. Von mir aus könnte der Text auch wieder entfernt werden. Ich hatte lediglich einige Verständnisfragen zu der dort geschilderten Fesselung, die sich mittlerweile geklärt haben.
568. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.08.16 05:38

Danke für 700k Aufrufe...
569. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.08.16 09:21

Mir ist gerade aufgefallen, dass ich in Kapitel 13 einen ziemlichen Bock geschossen habe und zwar bei den Datumsangaben. Maria ist in Amerika vom 25. Juli 1984 bis 14. August 1984. Ich habe mich einfach um einen Monat geirrt. Das ist deswegen wichtig, weil das Katerinenfest immer gegen Ende der bayerischen Sommerferien stattfindet und das wäre im September einfach zu spät.

Und noch ein Detail würde ich gern rückwirkend in Kapitel 13 ändern. Als Anna und Florian von Marias Mutter neue Papiere bekommen, bekommen sie bisher neue Vor- und Nachnamen. Das würde ich gern noch geändert wissen in der Weise, dass Frau Beller nur für neue Nachnamen gesorgt hat.
570. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 24.08.16 09:50

Hallo gag_coll,

schade das du noch etwas ändern willst.......

Mit dem Datum ist ok.

Aber mit den Namen, ist es nicht besser Vor und Nachnamen zu ändern. Dann sind die beiden doch schwieriger aufzuspüren,
oder brauchst du einen Grund das die Ermittler nochmal anfangen zu schnüffeln.

Viel Spass beim ändern.

Gruß marmas71
571. Wann kommt das neue Kapitel???

geschrieben von M.J. am 24.08.16 10:37

Langsam werde ich echt ungeduldig!!!!!

Einen soooooooooooooooo lang warten zu lassen auf ein neues Kapitel!!!!

Da ist es mir eigentlich lieber, 2 Jahre zu warten und dann die komplette Geschichte von der ersten bis zur allerletzten Zeile zu lesen, als auf diese Weise auf die Folter gespannt zu werden!

Dieses Häppchen-Lesen ist ja schon fast zu vergleichen mit KG tragen des Kopfkinos!!!!

GRRRRRRR!!!!

Und das ausgerechnet bei der absoluten Lieblingsstory!!!!

Mach mal hinne!!!!

Wieso ist die Story eigentlich in der Zeit von 1984??
Das sind 32 Jahre zurück in die Vergangenheit.

Wahrscheinlich würde heutzutage ein Mädel das keine 5 Minuten aushalten! Selbst beim Thema "Tightlacing" gibt es ja praktisch nur noch Möchtegerns und niemanden mehr, der es wirklich ernsthaft betreibt......

P.S.
GRRRRRR !!!!! (Smilies gehören weiter nach oben zum 1. GRRRRRRRR!
572. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.08.16 10:38

Zitat
Aber mit den Namen, ist es nicht besser Vor und Nachnamen zu ändern. Dann sind die beiden doch schwieriger aufzuspüren,
oder brauchst du einen Grund das die Ermittler nochmal anfangen zu schnüffeln.
Der Grund ist ein ganz einfacher: Ich habe mich so sehr an die Vornamen gewöhnt, dass ich das nicht mehr ändern möchte.
573. RE: Wann kommt das neue Kapitel???

geschrieben von gag_coll am 24.08.16 10:57

Hey, schrei nicht so...
Zitat
Einen soooooooooooooooo lang warten zu lassen auf ein neues Kapitel!!!!
Also mit Kapitel 13 vergleichen liege ich aber sehr gut in der Zeit.
Zitat
Da ist es mir eigentlich lieber, 2 Jahre zu warten und dann die komplette Geschichte von der ersten bis zur allerletzten Zeile zu lesen, als auf diese Weise auf die Folter gespannt zu werden!
Und ich möchte das Kapitel 14 erst veröffentlichen, wenn ich es fertig geschrieben habe. sonst habe ich immer das Problem, dass ich im Nachhinein Details ändern müsste. (siehe meine letzten Posts.)
Zitat
Dieses Häppchen-Lesen ist ja schon fast zu vergleichen mit KG tragen des Kopfkinos!!!!
*grins* So kann der Leser einwenig mit Maria mit leiden.
Zitat
Und das ausgerechnet bei der absoluten Lieblingsstory!!!!
Danke
Zitat
Mach mal hinne!!!!

Ich habe schon acht Tage fertig und bin gerade beim Dienstag Nachmittag (auf Seite 120). Aber wie oben schon aufgezeigt, so kann ich nachträglich noch Details ändern.
Zitat
Wieso ist die Story eigentlich in der Zeit von 1984?? Das sind 32 Jahre zurück in die Vergangenheit.

Gute Frage. Ich habe das Datum ziemlich am Anfang mal festgelegt. Ich schreibe ja auch schon über 10 Jahre an dieser Geschichte.
574. Wieso spielt die Story um 1984???

geschrieben von M.J. am 24.08.16 12:09

Ach so!

Ich hatte schon den leisen Verdacht, seit 32 Jahren!!!

Aber eins steht wohl fest: BDSM-Story-Autoren sind alle Sadisten!!!!
Die Leser immmer derart auf die Folter zu spannen!!!
575. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 24.08.16 17:16

Ach komm MJ soo schlimm ist Karl nun auch wieder nicht.
Wenigstens wissen wir das Karl weierschreibt. Ich finde es gut das er immer ganze Teile Einstellt.
Was nun die falschen Daten und Namen angeht, ändere die doch. Wo liegt das Problem? Du kannst ja am Ende des Posts kurz schreiben was du geändert hast. Die Rechte müsstest du doch haben.
Ich habe grad angefangen den Amerika Teil zu lesen.
576. RE: Maria

geschrieben von coradwt am 23.09.16 07:58

Lieber gag_coll,
jetzt hab ich endlich deine Geschichte bis hierher gelesen.

Ich find sie total gelungen, sehr spannend erzählt.

Maria und Paul haben sich gesucht und gefunden. Paul wächst immer mehr in seine Rolle als der Schlüsselhalter, den Dominanten teil der Beziehung und Maria lässt sich immer mehr fallen wenn Paul mal nicht macht was sie will. 👍
Bitte schreib bald weiter.

LG Cora
577. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 26.11.16 19:59

Hallo gag_coll, mir geht´s wie coradwt. Ich habe mir die ganze Geschichte nochmal komplett durchgelesen und mitgefiebert. Und jetzt...? hab ich Entzugserscheinungen (-: . Aber da du uns ja immer wieder Statusmeldungen lieferst, sind diese noch nicht soooo gefährlich. Herzlichen Dank für deine tollen Storys und ich hoffe, es dauert nicht mehr all zu lange mit Teil 14. )
578. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 19.12.16 11:16

Hallo gag_coll, ich hoffe, dir geht´s gut und du kommst bald dazu, uns wieder mit Marias Geschichte zu unterhalten. Ich wünsche dir und allen anderen Schreibern schon mal ein frohes Weihnachten und schöne Feiertage.
579. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 23.01.17 13:35

Hallo gag_coll, ich hoffe, du bist gut ins neue Jahr gekommen und dir geht´s gut. Laß uns bitte nicht mehr all zu lange auf die Fortsetzung von Maria warten.
Dir und allen anderen Schreibern danke für eure Geschichten.
580. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 16:48

Hallo,

es tut mir leid, dass ich mein mit Kapitel 14 etwas in Rückstand geraten bin... Es fehlt zwar nur noch der Samstag Abend und der Sonntag, aber da diese beiden Tage doch der Höhepunkt der ganzen Geschichte darstellen, verdienen sie noch einige Aufmerksamkeit von mir...

Um euch etwas zu trösten, ist hier noch eine Leseprobe aus Kapitel 14...

Viele Grüße
gag_coll
581. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 16:51

Ah, jetzt klappt es... nachdem ich meinen Beitrag etwas verkleinert habe...

Hier jetzt ein Teil der Leseprobe...

[...] Nach der herzlichen Begrüßung bat Selma zu Tisch. »Endlich kann ich mal wieder die großen Töpfe nutzen.«

»Es duftet phantastisch.« Frederike war über die Gastfreundschaft sehr überrascht. »Vielen Dank noch einmal für die Einladung.«

»Nehmt reichlich.« Selma sprach ein kurzes Tischgebet, dann rief sie in Richtung der Küche »Leonie, Liebes, bringst du bitte die Getränke?«

Aus der Küche war zunächst nur ein Stöhnen zu hören, dann hörte man leise Trippelschritte. Doch in der Küchentür blieb Leonie vor Schreck stehen. Es war deutlich zu sehen, dass sie sich in Grund und Boden schämte, als sie die Fremden am Tisch bemerkte.

Doch auch bei Frederike und bei Andrea war Erstaunen im Gesicht zu lesen.

»Wer ist das denn?« Andrea fand sich schnell mit ungewohnten Situationen zurecht.
582. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 16:51

»Leonie ist eine Freundin von Paul und Maria.« Selma antwortete, als sei es das Selbstverständlichste, das ein so streng gefesseltes Mädchen in ihrem Haus die Getränke servierte. »Sie hat mit ihren Wünschen alte Sehnsüchte in mir geweckt.«

»Leonie, ist alles in Ordnung mit ihnen?« Andrea wusste noch nicht, wie sie die seltsame Gestalt des Mädchens einzuordnen hatte.

»Ich wusste nicht, dass sie Besuch haben.« Leonie war sehr verlegen.

»Geht es ihnen gut?« Andrea blickte zweifelnd zwischen Selma und Leonie hin und her.

»Es geht mir gut.« Leonie realisierte, dass sie über ihre wahren Gefühle Auskunft geben musste. »Ich habe einen ganz gewissen Traum.« Sie stöhnte kurz auf. »Und Frau Mohr hilft mir, ihn zu verwirklichen.«
583. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 16:52

»Ich würde dich gern einmal interviewen.« In Andrea kam die Professionalität an die Oberfläche. Leonie versprach eine ganz heiße Story zu werden für die Zeit nach dem Fest.

»Das müsste aber gleich nach dem Mittagessen geschehen.« Leonie war einen besorgten Blick auf Selma.

»Natürlich darfst du erst dein Interview geben.« Selma gab sich verständnisvoll. »Ich warte einfach solange.« Ihr Blick fiel auf das Tablett. »Jetzt solltet ihr euch bedienen. Und falls es nicht reicht, Leonie geht gern noch einmal, nicht war, Leonie?«

»Jawohl, Madame.« Leonie stöhnte leise. Die unerwarteten Besucher an der Tafel hatten sie doch ein wenig von ihren Folterwerkzeugen abgelenkt, deren süße Quälereien sie langsam wieder zu spüren begann. Sie schämte sich, weil sie ihr Stöhnen nicht unterdrücken konnte.
584. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 16:54

Frederike blickte das Mädchen aufmerksam an, dann setzt sie ein Lächeln auf und wandte den Blick zu Selma. »Das Zufallsprogramm?«

Selma bestätigte es. »Und die Gummifinger im BH.«

»Faszinierend.« Unwillkürlich warf Frederike einen Blick auf ihre Tochter.

Maria ihrerseits suchte den Blick von Paul, dann schluckte sie ein wenig. »Wenn es sein muss, ja.« Wieder blickte sie zu Paul. »Wenn er es anschaltet.« Es fiel ihr schwer, es auszusprechen.

»Aber bitte erst nach dem Fest.« Pauls trockene Stimme zerriss die Spannung und brachte alle zum Lachen.

»Jetzt lasst es euch erst einmal schmecken.« Selma wünschte allen einen guten Appetit.

[...]
585. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.17 18:28

Soweit die weitere Leseprobe aus Kapitel 14

Entschuldigt bitte die Stückelei, aber ich bin auch von dem Problem betroffen, welches seit einigen Tagen im Technikforum diskutiert wird.

Viele Grüße
gag_coll
586. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 23.01.17 18:34

Hallo gag_coll,

danke für die Leseprobe, auch wenn es etwas gemein ist, da ich jetzt erst recht kaum auf das vollständige Kapitel warten kann.

Aber die Leseprobe klingt wirklich appetitanregend!

Gruß
Machtdom
587. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 23.01.17 19:07

Freu mich auch schon auf die Fortsetzung.Denn deine Geschichte ist echt toll.

mfg Wölchen.

P.S. laß uns bitte nicht so lange warten,und hoffen wir das sich die Server Probleme bald legen.
588. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 23.01.17 20:46

Hallo gag_coll,

danke für die Leseprobe

freue mich auch schon auf den nächsten teil


viele Grüsse

marmas71
589. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Vorwort

geschrieben von gag_coll am 05.02.17 15:39

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Vorwort
Autor: Karl Kollar

Seit über zehn Jahren begleitet mich jetzt schon diese so faszinierende Geschichte von ´Maria´. Anfangs bin ich das ganze Thema noch ziemlich naiv angegangen, und ich hatte auch nie vor, daraus gleich einen Romanformat daraus zu machen. Fast jedes Kapitel wurde länger als das vorhergehende und jetzt mit Kapitel 14 bin ich doch tätsächlich bei 300 Seiten gelandet. (Für die Erbsenzähler: eine Seite definiert sich bei mir als DIN A4, Arial 10pt bei einfachem Zeilenabstand und mit einem Rand von 2cm links und rechts sowie 1 cm oben und unten)

Einige der Dialoge finden von der Logik her auf Englisch statt, ich habe mir erlaubt, diese trotzdem auf Deutsch zu schreiben, weil es dann viel leichter zu lesen ist. Es gibt nur ein paar wenige Stellen, bei denen sich damit ein paar logische Probleme ergeben (z.B. Die Szene mit der alten Frau Friedrich). Ich bitte darüber hinwegzusehen.

Die Figuren sind mir ans Herz gewachsen und wann immer ich mich in eine der Situationen hineindenke, sehe ich sie in meinem geistigen Auge vor mir. Wenn es meine Zeit erlaubt, dann wird es auch eine Folgegeschichte geben, doch dazu möchte ich in keinster Weise Termine nennen.

Danksagen möchte ich natürlich Paul VoF für den Anfang und die Erlaubnis, die Geschichte fortzusetzen und Bastian für die unermütliche Beratung und das stetige mir auf die Finger klopfen. Auch bei Moananui, Lia und Redcat sowie das Fräulein möchte ich mich für die Mitarbeit und die Ideen bedanken.

Und natürlich möchte ich auch ´Frodolin´ erwähnen, das kleine 10 Zoll Linux-Netbook, auf dem fast alle dieser Texte entstanden sind.
590. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 05.02.17 15:43

UIIIIIIII! Es geht weiter!!!!!

Happiness!!!!!!
591. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 05.02.17 15:44

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

»´Es´ ist passiert, genau so, wie ich es mir vorgestellt habe.« Frederike Bellers Begeisterung war durch das Telefon zu hören.

Mrs. Potter war eine erfahrende Erzieherin und wusste deswegen, dass dieses prägende Ereignis ihre Schützlinge stets etwas veränderte. Doch bezüglich Maria machte sie sich in dieser Richtung überhaupt keine Sorgen. »Paul tut ihr auch gut.«

Frederike war von der Entwicklung ihrer Tochter sehr angetan. Es hatte in der Klinik ein paar Ereignisse gegeben, die sie vermutlich mehr geprägt hatten als alles andere bisher. Sie blickte kurz auf die Liste der Sachen, die sie mit der Erzieherin ihrer Tochter besprechen wollte. »Das neue Korsett wird etwas später ankommen, es wird via Frachtflugzeug geliefert.«

»Wann soll sie es denn anziehen?« Mrs. Potter war zwar noch im Urlaub, doch mit den Themen der nächsten Tage hatte sie sich trotzdem schon beschäftigt. »Da ist doch nirgends ein freier Moment.«

»Sie könnten Recht haben.« Frederike lachte. »Obwohl ich mir einbilde, dass ich meine Tochter kenne. Wenn das neue Korsett geliefert wird, wird sie es bestimmt auch ausprobieren wollen.«

»Aber dafür wird sich doch kaum Zeit finden lassen.« Mrs. Potter versuchte so etwas wie einen Widerspruch.

»Unterschätzen sie Marias Willen nicht. Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat...« Frederike versuchte, den latent aufsteigenden Stolz auf ihre Tochter zu übersehen. »Für eine wirksame ´Schöne Nacht´ wird die Zeit bestimmt nicht reichen. Aber wenn sie das Korsett ausprobieren möchte, sollten sie ihr keine Steine in den Weg legen.«

»Sie meinen, sie wäre neugierig genug, dass sie es von sich aus tragen möchte?« Die Stimme der Erzieherin zeigte ihr Verwunderung.

»Sie hat in der letzten Zeit viele neue Erfahrungen damit gemacht.« Frederike hatte sich von dem Fortschritt der Prägung selbst überzeugen können. »Sie wird es sicher ausprobieren wollen, zumal es diesmal noch eine Nummer strenger ausgefallen ist.«

»Ich werde es ja sehen.« Mrs. Potter war bereit, die Wünsche ihres Schützlings zu berücksichtigen. »Und sonst, was ist für die nächste Zeit wichtig?«

»Das Fest hat natürlich oberste Priorität.« Frederike seufzte. »Gesundheitlich ist alles perfekt vorbereitet, und Maria schafft es, das Gebet bis zu acht Stunden zu tragen.«

»Gute Arbeit. Aber dazu wird es bestimmt nicht kommen.« Mrs Potter lächelte. »Etwas anderes, eine Reporterin Andrea Baseling möchte bei Marias Ankunft dabei sein. Sie hat sogar angeboten, uns zu fahren.«

»Was hat sie denn bisher so gemacht?« Frederike hatte bisher nicht nur gute Erfahrungen mit der Presse gemacht.

»Sie schreibt wöchentliche Artikel über das Fest und die Darsteller.« Marias Erzieherin gab ihre Erfahrungen mit der Reporterin wieder. »Sie hat bisher sehr fair geschrieben und unsere Einwände stets respektiert.«

Frederike wusste, dass die Mobilität ein schwieriges Thema war, da die Erzieherin solch lange Strecken nicht mehr gern fuhr, selbst wenn sie ein Auto gehabt hätte. Und das Taxi wäre zu teuer gekommen. »Warum nicht. Ein bisschen Öffentlichkeit schadet bestimmt nicht.«

»Was sagen denn die Herren vom Konsortium?« Mrs. Potter war an etwas Feedback durchaus interessiert. »Sind sie zufrieden mit unserer Arbeit und vor allem mit Marias Entwicklung?«

»Ich habe meinen letzten Bericht noch nicht abgeschickt.« Frederike seufzte. »Doch ich denke, ich muss den Herren etwas Wasser in den Wein gießen.«

»Warum denn das?« Mrs. Potter war über den Wandel im Tonfall verwundert.

»Wir hatten hier ein Mädchen in der Klinik, dessen Schicksal mir ein warnendes Beispiel war.« Frederike gab einen kurzen Überblick über die Ereignisse rund um Anna Kennedy, ohne allerdings den Familiennamen zu erwähnen.

»So eine arrogante Familie.« Mrs. Potter war über die Ereignisse ebenfalls empört.

»Demnächst ist mal wieder eine Besprechung vor Ort.« Frederike gab sich kämpferisch. »Für so etwas soll mein Programm nicht eingesetzt werden dürfen.«

»Aber können sie das verhindern?« Die Zweifel der Erzieherin waren deutlich zu hören.

»Vermutlich nicht.« Frederike seufzte. »Aber ich habe jetzt eine Bedingung hinein formuliert, die besagt, dass es vor Beginn des Programms eine Begutachtung durch eine unabhängige Psychologin geben muss. Und erst wenn die grünes Licht gibt, darf das Programm beginnen.«

»Das wird aber eine ziemliche Gratwanderung.« Mrs. Potter war etwas skeptisch. »Ob die Herren sich darauf einlassen werden?«

»Das ist dann aber nicht mein Problem.« Sie seufzte wieder. »Dieser Fall war mir ein warnendes Beispiel.«

»Haben sie denn schon eine Kandidatin für die Zeit nach Maria?« Mit dem Fest würde Marias Programm auslaufen, das wussten beide Frauen.

»Nein, bisher nicht.« Frederike blickte aus dem Fenster in den Himmel. »Jetzt möchte ich erst mal das Fest abwarten.«

»Maria wird es bestimmt bravourös hinter sich bringen, da bin ich sicher.« Trotz ihrer Professionalität schimmerte auch bei der erfahrenen Erzieherin so etwas wie Stolz durch.

Frederike hätte gern gefragt, wie sich Anna und Florian bei Pauls Oma machen, doch sie wusste, dass sie dann Gefahr lief, ihr Handeln nachträglich zu verraten. Es bestand die Möglichkeit, dass ihr Telefon abgehört wurde. So eine Aktion traute sie dieser Familie durchaus zu.

Immerhin war ihr angeblicher Fluchtwagen noch nicht gefunden worden, und deswegen war Annas Schicksal war im Moment noch ungeklärt. Frederike hatte schon mehrmals bei der Polizei nachgefragt, ob sie den Transporter schon gefunden hätten. Mehr konnte sie nicht tun, ohne sich verdächtig zu machen.

Die australische Polizei hatte schon mitgeteilt, dass die Einreise einer Anna Kennedy nicht stattgefunden hatte und dass sie deswegen noch in Amerika sein musste. Doch da der Flug auch einen Zwischenhalt in Singapur hatte, war die Suche nach ihr auch schon auf dieses Land ausgeweitet worden.

Das Warten kostete Nerven.

»Frau Beller?« Die Stimme von Mrs. Potter riss Frederike wieder in die Wirklichkeit zurück.

»Entschuldigung, ich war in Gedanken.« Frederike war ein wenig verlegen. » Ich habe Paul jetzt offiziell zu Marias Schlüsselherrn gemacht. Wenn etwas sein sollte, sollten sie sich an ihn wenden und nicht die Reserveschlüssel benutzen.«

»Also so wie jetzt auch.« Mrs. Potter antwortete mit einer gewissen Nüchternheit. »Er hat sie ja ohnehin die meiste Zeit bei sich.«

»Ich vergaß, sie hatten mir ja schon davon berichtet.« Frederike lachte. »Ach noch etwas. Maria besitzt jetzt eine neue Art von Mundverschluss. Bitten sie sie, dass sie ihnen bei passender Gelegenheit das Gerät vorführt. Ich habe sie schon entsprechend instruiert.«

»Für das Fest?« Mrs. Potter erinnerte an den dicken Terminkalender.

»Auf dem Fest wird sie es sicher nicht tragen.« Marias Mutter wiegelte ab. »Aber falls sie damit spielen, sollten sie sofort wissen, was los ist.«

»Falls sie dafür überhaupt Zeit haben.« Die Erzieherin wusste, was in den nächsten Tagen so alles anlag.

»Wie schon gesagt, das erste Mal hat stattgefunden.« Frederike war über diesen Punkt erleichtert und bedrückt zugleich. »Falls sich in den nächsten Tagen eine Gelegenheit bietet, können sie sie ruhig gewähren lassen.«

»Seit sie auf dieser Hütte waren, sind sie etwas verändert.« Mrs. Potter war etwas nachdenklich. »Ich habe fast den Eindruck, dass ihnen die Fesseln wichtiger sind als der Geschlechtsverkehr.«

Frederikes Grinsen war fast durch das Telefon zu hören. »Ja, so etwas soll vorkommen.«

* * *

Das Auto, welches jetzt vor Selmas Haus hielt, sah aus wie ein normaler Kleinbus. Nur wenn man sich auskannte, hätte man an wenigen Indizien erkennen können, dass es sich in Wirklichkeit ein Fahrzeug aus dem diplomatischen Dienst handelte. Der Fahrer stieg aus und öffnete die große Schiebetür, dann half er Anna und Florian beim Aussteigen.

Die Beiden warteten, bis der Fahrer ihnen die Koffer aus dem Kofferraum geladen hatten, dann ergriff Florian die Gepäckstücke, und gemeinsam betraten sie langsam das Grundstück, auf dem Paul mit seiner Oma wohnte.

Anna blickte sich immer wieder nervös um. Nach der turbulenten Flucht und dem langen Flug war sie müde, obwohl sie im Flieger geschlafen hatte. Aber es war kein tiefer Schlaf, dafür war sie viel zu aufgeregt gewesen. Immer wieder hatte sie die Nähe von Florian gesucht und sich in seine Arme gekuschelt.

Selma hatte den Bus auch schon gehört und war neugierig zur Tür gegangen, als sie sah, dass sie unbekannten Besuch bekommen würde.

Anna und Florian gingen mit unsicheren Schritten bis zur Haustür. Florian stellte kurz die Koffer ab, während Anna die Papiere zur Hand nahm, die Frederike ihnen mitgegeben hatte. Fast gemeinsam drückten sie auf den Klingelknopf.

Selma wartete noch einige Momente, dann öffnete sie die Tür und trat heraus.

Anna reichte Selma den Zettel und einen verschlossenen Brief.

Selma begann den Zettel zu überfliegen.



»Sehr geehrte Frau Mohr,

dies sind Anna und Florian, sie sprechen kein Deutsch, nur Englisch. Bitten sie sie herein und sagen dem Fahrer, dass er weiter fahren kann. Alles weitere steht in dem Brief.

Vielen Dank für ihre Hilfe.

Frederike Beller, die Mutter von Maria.«



Erst als Selma den letzten Satz gesehen hatte, glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Bitte kommt herein«, antwortete sie auf Englisch.

Anna und Florian hielten sich bei der Hand, sie blickten sich noch einmal an, dann traten sie ein.

Selma winkte dem Fahrer kurz, dann schloss sie die Tür. Es war ihr sofort aufgefallen, dass Anna und Florian einen sehr angespannten Eindruck machten. Sie führte ihre Gäste ins Wohnzimmer, wo Leonie gerade dabei war, den Tisch für das Abendbrot zu decken. Sie sah sofort, dass Anna zusammen zuckte, als sie Leonie in Ketten sah und auch Florian runzelte seine Stirn.

Anna war entsetzt, denn anscheinend waren die Frauen auch hier gefangen, sogar noch stärker als in der Klinik. Außerdem bemerkte sie bei dem fremden Mädchen neben den Ketten auch so etwas wie Angst. Sie fragte sich, ob ihre Familie sie nicht doch entführt und an einen geheimen Ort gebracht hatte.



Selma ahnte, dass es besser gewesen wäre, wenn sie erst den Brief gelesen hätte, doch jetzt musste sie sich den Ereignissen stellen. »Leonie, bringst du bitte etwas zu trinken für unsere Gäste?«

Leonie nickte langsam. Sie war es mittlerweile gewöhnt, dass sie wildfremde Leute in ihrer ´Uniform´ zu Gesicht bekamen. Sie fragte sich immer wieder, in was für einem Haus sie hier bloß gelandet war.

»Bitte nehmt Platz.« Selma hatte die mehr als verwunderten, teilweise sogar verängstigen Gesichter bemerkt. »Ich werde es euch gleich alles erklären.« Sie setzte sich selbst auch und öffnete den Brief, dann begann sie zu lesen.



Leonie kam mit dem Getränke-Tablett zurück. Anna blickte sie an und als sie entdeckte, dass Leonie einen Knebel trug, wollte sie aufstehen und weglaufen. Doch Florian legte den Arm um sie. »Sie wird uns sicher erklären, was hier los ist.«

Selma blickte kurz vom Brief auf. »Leonie, setzte dich bitte neben uns.« Sie zeigte auf einen Stuhl.



Selma ließ den Brief sinken und blickte Anna und Florian lange an. »Willkommen in Europa.« Sie reichte Leonie den Brief. »Lies ihn bitte auch, damit du weißt, wer unsere Gäste sind.« Sie drehte sich wieder zu dem Paar. »Wie war der Flug?«

Florian hatte Mühe, Worte zu finden. »Danke gut.«

Selma wartete, bis Leonie den Brief ebenfalls gelesen hatte und ihn ehrfürchtig auf den Tisch gelegt hatte. »Leonie, du kannst Englisch sprechen?«

Leonie nickte. Sie hatte es auf dem Gymnasium gelernt und auch schon einen sehr interessanten Englandurlaub hinter sich.

»Du darfst dir den Knebel abnehmen.« Selma blickte kurz noch einmal auf den Brief. »Dann möchtest du Anna und Florian sicher erklären, warum du hier bist.« Selma fand es eine gute Gelegenheit zu erfahren, wie Leonie ihre Situation selbst einschätzte und was sie über ihre Zukunft sagen würde. Außerdem musste sie Leonie einmal die Wahrheit sagen, und sie ahnte, dass es jetzt vielleicht sogar der richtige Moment war.



Mit leiser Stimme begann Leonie zu erzählen. Es war ziemlich stockend, denn einerseits schämte sie sich, und andererseits hatte sie auch Probleme, die passenden englischen Begriffe zu finden.

Anna und Florian hörten aufmerksam zu. Nur als Leonie von den Ketten berichtete, die ihr dauerhaft angelegt waren, wurde Florian misstrauisch. »Erlaubst du, dass ich mal einen Blick darauf werfe?« Er kniete sich vor Leonie. »Ich habe Maschinenschlosser gelernt, und das glaube ich einfach nicht.«

Selma fragte sich insgeheim, wie Leonie wohl reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass die Ketten abnehmbar waren.

»Hier ist eine ganz feine Naht.« Er hatte sich eine Handgelenk-Schelle von Leonie in die Hand genommen und sie ganz genau betrachtet. »Und hier ist ein winziges Loch.« Er stand wieder auf. »Eine sehr gute Arbeit.«

Leonie verstand immer weniger, was los war. »Frau Mohr, was bedeutet das alles?«

»Meine liebe Leonie«, Selmas Stimme klang sehr wichtig, als sie begann. »Du bist zu mir gekommen, um hier gefangen zu sein und ich habe dir diesen Wunsch erfüllt.« Es war ihr schon lange klar, dass sie Leonie eines Tages die Wahrheit sagen musste. Und jetzt war wohl der richtige Zeitpunkt gekommen, weil Anna und Florian für ein paar Tage bei ihnen wohnen würden. Außerdem war sie sehr gespannt, wie Leonie sich verhalten würde, wenn sie es erfuhr.

Leonie kämpfte lange mit sich selbst. Es brannte sie schon lange, mehr über ihre Zukunft zu erfahren und gleichermaßen wusste sie doch auch, dass sie es eigentlich gar nicht wissen wollte. »Was haben sie mit mir vor?«

»Meine liebe Leonie«, Selma wiederholte ihre Anrede, »Es ist schon sehr lange her, dass ich zuletzt ein Mädchen so erziehen und unter meine Fittiche nehmen durfte. Mit deinem Wunsch nach Gefangenschaft hast du alte Sehnsüchte in mir geweckt.«

Leonie blickte erstaunt auf.

»Ich hoffe, du bist mir nicht allzu böse, dass wir dir so eine Komödie vorgespielt haben.« Selmas Stimme zeigte ihre Verlegenheit.

»Komödie?« Leonie war verblüfft. »Die Ketten? Und der Käfig?«

»Ja, es war teuer.« Selma seufzte. »Doch das war es wert.«

»Sie haben das bezahlt?« Leonie blieb verwundert. »Warum?«

»Ich habe sofort gesehen, dass du von Doris und ihrer Lebensweise beeindruckt warst.« Selma machte eine bedeutsame Pause. »Ich habe dann gefragt, was so ein Käfig kosten würde und habe dann auch einen für dich anfertigen lassen.«

»Ja, es war ja auch toll.« Leonie bemerkte zu spät, was sie gerade aussprach, denn sie wurde rot. »Aber warum das alles?«

»Zum einen siehst du sehr gut aus mit den Fesseln.« Selma lächelte etwas verlegen. »Und zum anderen, erinnerst du dich an das erste Kaffeekränzchen, wo ich gefragt habe, ob sie dich nehmen würde?«

Auf einmal wurde Leonie alles klar. »Sie haben mich verkauft, um das Geld für den Käfig wieder zu bekommen.«

»Du Dummerchen.« Selma lachte. »Herr Greinert und Frau Bayer gehören zum Festvorstand. Ich habe einfach gefragt, ob du beim Festumzug mitmachen könntest.«

»Was für ein Fest?« Leonie begriff es immer noch nicht. »Und wieso mit den Ketten?«

»Das Katerinenfest.« Selma holte tief Luft. »Maria wird bei der Heimkehr von der Schlacht in Ketten als Geisel präsentiert. Du und Doris werdet sie als Dienerinnen begleiten.«

Leonie machte ein so verblüfftes Gesicht, dass sogar Anna und Florian in das Lachen einstimmten, obwohl sie der Unterhaltung nicht folgen konnten.

Doch auf einmal begriff Leonie, dass ihre gewünschte Gefangenschaft jetzt wohl zu Ende war. Sie äußerte dies.

Selma fiel dieser Gedanken in diesem Moment auch ein. Sie nahm sich noch einmal den Brief zur Hand und las einen Abschnitt noch einmal vor. »Annas Körper ist im Moment an diverse Restriktionen gewöhnt und es wäre ein Fehler, dies abrupt zu beenden. Am sinnvollsten wäre eine langsame Abgewöhnung.« Sie übersetzte es, damit Anna und Florian es auch verstanden hatten. Sie sprach auf Englisch weiter. »Wie wäre es, wenn wir ein Spiel daraus machen.«

»Was für ein Spiel?« Anna horchte auf.

»Anna und Leonie, ihr seid hier gefangen.« Sie blickte zu Florian. »Und Florian macht den ´Kerkermeister´.«

Anna erkannte auf einmal, dass Selma ihr so eine Brücke baute. Sie war zwar sehr froh, wenn sie das Korsett bald wieder ablegen durfte, doch der Monohandschuh war etwas eher Angenehmes. Sie trug ihn eigentlich gern, weil er ihre Brüste so hervorstehen ließ. Und Florian war dann auch immer besonders aufmerksam.

Andererseits wusste sie auch, dass sie es nie von ihm verlangen konnte, denn er hatte sich geschworen, ihr keine Gewalt mehr antun. Mit dem vorgeschlagenen Spiel hätten sie jedoch beide einen Weg gefunden, ihren Wünschen nachzukommen, ohne den Partner vor den Kopf zu stoßen. Denn schließlich erforderte es das Spiel so.

Und außerdem war Anna zuversichtlich, dass er sicher bald erkennen würde, dass sie den Handschuh in Wirklichkeit gern trug.

»Bis Sonntag könnten wir das Spiel auf jeden Fall spielen«, gab Selma als Ausblick.

»Und dann?« Leonie verfluchte sich, weil sie schon wieder so vorlaut war. »Entschuldigung, ich glaube, ich sollte wieder schweigen.« Sie griff zu dem Knebelgeschirr, der vor ihr auf dem Tisch lag.

»Am Montag habt ihr einen Termin im Arbeitsamt. Frau Beller hat das schon veranlasst. Bis dahin könnt ihr euch überlegen, was ihr machen wollt.« Sie blickte zu Leonie, die schon dabei war, die Riemen des Knebels festzuziehen. »Warte bitte. Wie wäre es, wenn du unseren Gästen das Haus zeigst? Ich schaue in der Zwischenzeit einmal nach frischer Bettwäsche.«

Leonie befreite sich etwas verlegen von dem Knebel und legte ihn wieder vor sich auf den Tisch, dann stand sie auf.

»Die Ketten stören dich nicht?« Anna war ebenfalls aufgestanden und stand neugierig vor Leonie. Fasziniert nahm sie das Metall in die Hand.

»Sie stören mich überhaupt nicht«, hörte Leonie sich selbst antworten. »Das ständige Klirren erinnert mich an meinen Status.« In diesem Moment klang sie fast verliebt.

»Aber du bist doch frei?« Anna war verwundert.

»Ich weiß«, Leonie war etwas verlegen. »Aber bis eben habe ich hier wirklich meinen Traum gelebt. Ich war nicht mehr für mich verantwortlich.«

Auf einmal hatte Selma eine Idee. »Wie wäre es, wenn wir uns deinen Zustand bis zum Fest sozusagen behördlich genehmigen lassen?«

»Das verstehe ich nicht!« Leonie war verwundert.

»Du wurdest sehr spät für die Rolle ausgesucht.« Selma machte eine bedeutsame Pause. »Dann hat doch sicher keiner etwas dagegen, wenn du für die Rolle trainierst und die Ketten auch draußen trägst?«

»Und das wird keinen Ärger machen?« Leonie dachte etwas verschreckt an ihre ersten Abenteuer, die oft in einem Desaster und einmal sogar bei der Polizei geendet hatten.

»Wir gehen auf die Polizei und versichern, dass du für das Fest trainieren musst.« Selma versuchte überzeugt zu klingen. Doch insgeheim war sie nicht sicher, ob ihre Idee wirklich umsetzbar sein würde. »Dann stellen sie dir sicher ein Attest oder so etwas ähnliches aus, mit dem du dich im Zweifelsfall ausweisen kannst.«

»Wenn das möglich wäre?« Leonies Stimme war auf einmal leise.

»Du wirst Anna und Florian die nächsten Tage begleiten und für sie übersetzen.« Selma blickte auf Leonies Ketten. »Mit deinem Schmuck.«

»Würdest du das tun?« Florian war erleichtert. Besonders über diesen Punkt hatten sie sich auf dem Flug schon Sorgen gemacht.

»Und das dürfte ich in Ketten machen?« Leonie wollte es nicht so richtig glauben. Auf einmal begannen bei ihr ein paar Tränen zu fließen. »Das war immer schon mein Traum. Die geheimnisvolle Frau, die in Fesseln lebt.«

* * *

Sie hatte bereut, mehr als einmal. Sophie von Harsumstal lag auf dem Bett und wartete. Es war ihr selbst nicht ganz klar, auf was sie wartete, doch es war im Moment ihre einzige Tätigkeit.

Immer wieder gingen ihr die Worte ihres Vaters durch den Kopf, als er zu Beginn ihres Martyriums neben ihrem Bett stand und sie die Augen öffnete. »So wirst du bist zum Fest bleiben, du machst mir diese Gelegenheit nicht kaputt.«

Anfangs hatte sie noch versucht, sich aus dem dicken Gipspanzer zu befreien. Doch sie musste sehr bald feststellen, dass es zwar viel Kraft kostete, sich der Gips aber keinen Millimeter bewegte.



Sie hatte viel Zeit zum Nachdenken. Zum Nachdenken und zum Bereuen.

Sie hatte sich immer als der Star der Gesellschaft gefühlt, doch keiner ihrer angeblichen Freunde hatte sie je besucht. Nur einen Besuch hatte sie bekommen, und der war auch noch von einem Mädchen, das sie gar nicht kannte. Natürlich hatte sie verstanden, wer sie da besucht hatte. Es war das Mädchen, welches an ihrer Stelle auf dem Fest die Katerina spielen würde.

Das Fest. Sophie war schon vor sieben Jahren für das Fest ausgewählt, doch seit dem Tod ihrer Mutter war es ihr zunehmend gleichgültig geworden.

Je öfter sie an ihr bisheriges Leben zurück dachte und sich an die Stelle ihrer vermeintlichen Freunde versetzte, desto mehr wurde ihr bewusst, wie schlecht sie sie behandelt hatte. Echte Freunde hatte sie auf diese Weise nicht gewonnen, dies wurde ihr nun immer deutlicher klar.

Sie begann zu begreifen, wie leer eigentlich ihr Leben bisher gewesen war, in das sie sich nach dem Tod ihrer geliebten Mutter geflüchtet hatte. Ihren Vater hatte sie nicht an sich heran gelassen, und sie hatte ihm nicht erlaubt, ihr Halt zu geben. Und schon gar nicht hatte sie ihm in seinem eigenen Kummer beigestanden, wie ihr nun bewusst wurde. Stattdessen hatte sie ihre Launen an all den Menschen in ihrer Umgebung ausgelassen.

Sie war sich sicher, wenn sie jemals hier heraus kommen würde, und dessen war sie sich nicht sicher, dann würde sie ein neues Leben beginnen. Sie würde alles Bisherige hinter sich lassen, und vor allem würde sie sich bei vielen Leuten entschuldigen. Es gab viele, denen sie bewusst oder unbewusst weh getan hatte, allen voran der Butler ihres Vaters. Er hatte wohl am meisten unter ihren Launen gelitten.

Sie hätte gern gewusst, was damals bei ihrem angeblichen Unfall eigentlich passiert war. Immer wieder gingen ihr die letzten Bilder, an die sich noch erinnern konnte, durch den Kopf. Sie hatte mit dem Cabrio an der Ampel gehalten und sich für die Männer im Nachbarauto in Position geworfen. Danach wurde es schwarz vor ihren Augen.

Als sie wieder zu sich kam, konnte sie ihren Kopf nicht mehr bewegen, und als sie die Augen öffnete, blickte sie auf die weiße Decke ihres Zimmers. Anfangs glaubte sie wahnsinnig zu werden, weil sie immer die gleiche Stelle anstarren musste, an der die Reste einer toten Mücke zu sehen waren. Deren verbleibende Beine und Flügel hatte sie nun schon oft genug gezählt.

Wenn sie sich nur verständlich machen könnte, dann würde sie eine Schwester bitten, ihr einen Spiegel über dem Kopf zu montieren. Damit könnte sie wenigstens aus dem Fenster sehen, anstatt immer nur die Decke mit der toten Mücke anstarren zu müssen. So nahm sie es als Strafe für ihr bisheriges Leben. Mit ihrer Arroganz hatte sie sicher viele Leute vor den Kopf gestoßen, es war also richtig so, dass sie jetzt dafür bestraft wurde.



Nach einigen Wochen hatten die Schwestern begonnen, sie vormittags und nachmittags bei schönem Wetter nach draußen zu fahren. Es war so angenehm gewesen, mal etwas anderes als die Zimmerdecke zu sehen. Sie blickte dann oft in den Himmel und sah den Wolken nach. Ab und zu flog ein Vogel vorbei und sie fragte sich, wie es wohl wäre, so fliegen zu können. Zum ersten Mal entdeckte sie, wie schön der Himmel und die Wolken sein konnten.

Nur bei Regen konnte sie nicht hinaus, aber dafür hatten ihr die Schwester das Fenster aufgemacht, damit sie den Regentropfen zuhören konnte. Manchmal zählte sie die Tropfen, die sie hörte.

Die andere Abwechslung war die tägliche Visite, die irgendwie immer vom Chefarzt durchgeführt wurde.

Anfangs hatte sie es noch für richtig befunden, vom Chefarzt begutachtet zu werden, doch einmal war auch ihr Vater dabei. Sie konnte den Worten nicht ganz folgen, weil sie sehr leise sprachen, doch sie begriff, dass er sie anscheinend verraten hatte.

Ein anderes Mal waren zwei Polizisten gekommen, die ihre Aussage aufnehmen wollten. Einer von ihnen hatte scheinbar die Hoffnung, von ihr eine Reaktion zu bekommen, wenn er ihr den Unfallbericht vorlas. Natürlich waren sie in Begleitung des Chefarztes.

Erst von den Polizisten erfuhr sie, was angeblich passiert sein sollte. Sie sollte an der Teufelskurve verunglückt sein sollte. Das kam ihr etwas seltsam vor, denn das Letzte, an was sie sich noch erinnern konnte, war der Halt an der Ampel, doch das war in der Innenstadt gewesen. So weit raus aufs Land fuhr sie sonst eigentlich nicht.



Die einzigen regelmäßigen Kontakte, die sie hatte, waren die Schwestern, die sie regelmäßig mit Essen über ihre Magensonde versorgten und ihre Infusionen wechselten. Und auch bei denen spürte sie zumindest am Anfang kein Mitleid.

Besonders heftig war zu Beginn der tägliche Einlauf, denn sie bekam. Doch schon bald sehnte sie sich danach, denn er war die einzige Abwechslung in ihrem traurigen Tagesablauf. Es tat zwar weh, besonders wenn sie es mit der Flüssigkeitsmenge übertrieben hatten, doch sie fand den Schmerz sogar angenehm, denn er zeigte ihr, dass es noch Leben in ihren Körper noch gab.

An der linken Hand war durch den Gips war ein medizinischer Zugang gelegt, durch den sie regelmäßig mit Medikamenten versorgt wurde.

Bald kannte sie den Dienstplan der Schwester auswendig, und sie wusste immer schon vorher, wer ihr Zimmer betreten würde. Anfangs waren die Krankenschwestern schweigsam, doch nach einigen Wochen begannen sie mit ihr zu reden, obwohl sie natürlich wussten, dass sie nicht antworten konnte.

Ein einziges Mal gab es eine wirkliche Abwechslung. Ein junges Mädchen hatte sie besucht. Sophie wusste erst nicht, wer sie war, doch sie hatte sich gleich vorgestellt. Es war das Mädchen, das an ihrer Stelle die Katerina spielen würde. Sie war lange an ihrem Bett geblieben und hatte ihr aus ihrem Leben erzählt. Es hatte so gut getan, einmal etwas Abwechselung zu erleben.

Sophie hatte sich vorgenommen, sich bei ihr zu bedanken, falls sie jemals aus dem Krankenhaus heraus kommen würde.



Sie hatte bald aufgehört, die Tage zu zählen, denn je größer die Zahl wurde, desto frustrierter wurde sie. Was war wohl bloß passiert, dass sie diesen Gipspanzer tragen musste. Einmal hatte eine Schwester, die anscheinend Mitleid mit ihr hatte, ihr mit einem Spiegel ihren Körper gezeigt und zu ihren Erschaudern sah sie nur eine weiße Gipshülle.

(Anmerkung des Autors: Das folgende Stück ist sehr christlich religiös geprägt, doch ich bin sicher, dass es mit anderen Religionen genauso funktionieren würde)

Eine der Schwestern schien echtes Mitleid mit ihr zu haben, denn sie kam oft an ihr Bett und las ihr aus der Bibel vor. Früher hätte Sophie darüber nur gelacht, doch jetzt gaben ihr die Worte der Schwester als Einziges echten Trost und die einzige Abwechslung in ihrem traurigen Alltag. Sophie war nie besonders religiös gewesen, doch in Ermangelung anderer Betätigung ließen sich ihre Gedanken nun auf die Bibelgeschichten und die dazugehörigen Bilder ein, die dabei vor ihrem inneren Augen entstanden.

Und wenn sie danach wieder einmal in den Himmel blicken konnte, dann sah sie alles vor sich. Das Paradies, das ihr wegen ihrem Vorleben sicher verschlossen blieb und die Hölle, die sicher auf sie warten würde.

Eine Stelle in der Bibel bewegte sie besonders. Es ging um die Vergebung der Sünden. Wenn Jesus sogar dieser Sünderin vergeben hatte, vielleicht gab es dann für sie selbst auch noch etwas Hoffnung. Wenn sie in Zukunft ein ordentliches Leben führen würde, vielleicht war es dann für sie doch noch nicht zu spät, und die sprichwörtliche Hölle könnte ihr doch erspart bleiben.

Sophie sehnte sich die Vorlese-Momente regelrecht herbei und bei einigen Stellen weinte sie sogar. Doch dann stellte sie sich noch eine andere Frage. Würde sie ihrem Vater vergeben? Sie war sich mittlerweile sicher, dass sie ihm alles zu verdanken hatte, und dass er sie aus dem Verkehr ziehen musste, weil sie ansonsten das Fest gefährdet hätte.

Mittlerweile hatte sie begonnen, ihre Muskeln wieder zu trainieren, indem sie sie immer wieder gegen die festhaltenden Riemen anspannte, und dabei fühlte sie außer dem zu erwartenden Muskelkater keine Schmerzen - es schien alles in Ordnung zu sein, und immer mehr argwöhnte sie, dass sie aus anderen als medizinischen Gründen hier festgehalten wurde, hinter denen ihr Vater und der Chefarzt zu stecken schienen.

Es brauchte noch die eine oder andere Bibelstelle, bis sie davon überzeugt war, dass sie sich alles selbst zuzuschreiben hatte, und dass sie mit ihrem Verhalten ihren Vater quasi zu diesen Handlungen gezwungen hatte.

Immer wieder gingen ihr auch die Worte von Maria durch den Kopf, ihrem einzigen Besuch überhaupt. Es war so selbstlos von ihr gewesen, und dennoch hatten ihr Marias Worte Kraft gegeben. Kraft, sich mit ihren Zustand abzufinden.

Sie hatte sich schon lange überlegt, was sie tun würde, falls sie jemals wieder frei sein sollte. Ihr erster Weg würde sie in eine Kirche führen und danach wollte sie sich bei Maria bedanken.

Sie fragte sich, wie sie ihrem Vater begegnen sollte. Sie wusste, dass sie ihn eigentlich wegen Freiheitsberaubung anzeigen musste, doch das würde sie vermutlich nicht übers Herz bringen. Er hatte sie zwar übel behandelt, doch das hatte sie mit ihrem bisherigen Lebenswandel sich selbst zuzuschreiben.

Wenn sie es genau bedachte, hatte er sie mit seinem Handeln erst zu dieser bewegungslosen Untätigkeit gezwungen, und damit auch zum Nachdenken. Ohne diese Gefangenschaft erst in Gips und nun in Riemen hätte sie nie über ihr Leben nachgedacht, und auch nie den Entschluss gefasst, es zu ändern. Vielleicht hatte ihr Vater damit ja letztendlich tatsächlich Gutes getan, und sie musste ihm sogar dankbar sein.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn bewegte sie besonders, aber dabei sah sie nicht den Baron als ihren Vater, sondern zunächst einmal Gott. Er würde sie wieder in seine Arme schließen, egal wie lästerlich ihr bisheriger Lebenswandel auch gewesen war. Dabei hatte sie seit ihrer Konfirmation keine Kirche mehr von innen gesehen. Und dann würde sie vielleicht auch wieder ein paar echte Freunde finden, für die zur Abwechslung einmal sie selbst da sein würde?

Einmal kam auch so etwas wie ein Pfarrer vorbei. Er hatte sich als der Klinikseelsorger vorgestellt. Er wollte sie eigentlich zu den Gottesdiensten einladen, doch als er ihren Zustand gesehen hatte, holte er die diensthabende Schwester zu sich und bat sie darum, zu den Gottesdienstzeiten doch das Klinik-interne Radio an zumachen, damit Sophie den Gottesdiensten wenigstens akustisch folgen könne.

Es war die eine der wenigen Abwechslungen, die es für Sophie gab, und sie fühlte, wie es ihr geistige Kraft gab. Immer wenn sie danach in dem kleinen Innenhof in den Himmel blickte, dann glaubte sie Gott nahe zu sein. Und er gab ihr Kraft, ihren Zustand zu ertragen.



Sie fragte sich immer wieder, ob sie ihrem Vater verzeihen könne. Immerhin hatte er sie letztendlich davor bewahrt, auf die schiefe Bahn abzurutschen. Und es hätte auch nicht mehr viel gefehlt. Bei der letzten Party hatten sie nicht nur geraucht, es hatte auch jemand etwas Pulver zum Schnupfen dabei gehabt. Mit Schaudern erinnerte sie sich daran, dass sie damals beschlossen hatte, sich diese Erfahrung öfter zu gönnen?



Das Katerinenfest. In den ersten zwei Jahren nach ihrer Nominierung hatte sie sich noch darauf gefreut, doch seit dem Tod ihrer Mutter war es ihr zunehmend egal geworden.

Die Baronin hatte ihrer Tochter schon als kleines Mädchen von dem Fest vorgeschwärmt, wie schön und stolz die Prinzessin immer aussahen, und wie sehr sie davon träumte, ihr kleines Mädchen dort einmal als die stolze und brave Prinzessin zu sehen. Für ihre Mutter hatte sie eingewilligt, als sie als Katerina nominiert wurde, und für ihre Mutter wollte sie Prinzessin sein.

Doch nach dem Tod ihrer Mutter gab es diese Motivation nicht mehr, und entsprechend niemanden, für den sie stolz und brav sein wollte. Den Spaß im Leben hatten schließlich nicht die braven Mädchen?



Ihre Mutter. Was würde sie wohl machen, wenn es sie heute noch geben würde?

Immer wenn Sophie mit ihrem Krankenbett in dem kleinen Innenhof stand und in den Himmel sehen konnte, dann sah sie ihre Mutter in Gedanken vor sich. Sie blickte auf sie herunter und sie war unendlich traurig über das, was aus ihrer Tochter geworden war. Sophie schämte sich deswegen.

Sie fragte schon lange nicht mehr nach dem Warum, sie hatte es durch ihren bisherigen Lebenswandel und ihre bestimmt sehr herablassende Art verdient, dessen war sich mittlerweile sicher.

Sie blickte in den Himmel und fragte sich, ob ihre Mutter ihr vielleicht schon verziehen hatte. Sie hatte ihr oft versichert, dass sie sich nun bessern würde. Sie sagte ihr gegenüber, dass sie nur durch die falschen Freunde auf die falsche Bahn gelockt wurde und sie hoffe, nun den Absprung zu finden. Und sie hatte erkannt, um wessen Freundschaft sie sich zu bemühen hatte.



Ein Moment war ihr besonders in Erinnerung geblieben. Der Chefarzt war mit einigen anderen Weißkitteln herein gekommen, und er musste über ihren Zustand berichten. Sie verstand zwar kaum etwas, doch sie erkannte an der Stimmung, dass etwas nicht in Ordnung war.

Schon am nächsten Tag wurde sie mit ihrem Bett in einen neuen Raum geschoben. Wieder dauerte es eine Ewigkeit, bis etwas passierte. Auf einmal hörte sie ein leises, aber intensives Kreischen. Später sollte sie erfahren, dass es eine Gipssäge war.

Als erstes wurde ihr Bein aus dem Gips befreit und als sie das realisierte, schlug ihr Herz hoch. Endlich würden sie sie befreien. Doch als sie ihr Bein bewegen wollte, stellte sie fest, dass ihre Muskel ihr nicht mehr gehorchten. Sie hatten sich wegen der wochenlangen Untätigkeit zurückgebildet.

Ihre Nerven hingegen funktionierten noch und diese sagten ihr, dass sie fast überall festgeschnallt wurde. Sie konnte später erkennen, dass sie alle zehn Zentimeter ein Riemen an ihr Bett fesselte.

Das gleiche passiert mit ihrem anderen Bein und auch mit ihren Armen. Sophie erschrak noch mehr, als sie realisierte, dass ihre Armmuskeln ihr auch nicht mehr gehorchten. »Sie müssen die Bewegungen erst wieder trainieren«, hatte ihr der Chefarzt gesagt. Doch auch ihre Arme wurden von den Schwestern sofort festgeschnallt. Eine Begründung gab es dafür nicht.

* * *

»Morgen kommt Maria aus den Staaten zurück.« Baron Harsumstal beugte sich über die Papiere, die vor ihm ausgebreitet waren.

»Weißt du, mit welchem Flieger?« Sein Neffe Franz-Ferdinand war sehr an Maria interessiert, seit er von seinem Onkel von dem Preisgeld erfahren hatte.

»Nein!« Es störte den Baron ein wenig, dass sein Neffe im Moment wie eine Klette an Maria hing. Andererseits ging es um viel Geld, und es war durchaus wichtig, dass auch jemand von ihrer Seite auf die Hauptdarstellerin aufpassen würde.

Er hatte mehrfach in den USA in der Klinik angerufen und sich nach Marias Fortschritten erkundigt. Was er gehört hatte, hatte ihn recht optimistisch gestimmt. Maria würde das Gebet auf jeden Fall tragen. Er könne ganz beruhigt sein.

Gleich nach dem Fest würde es passieren. Er hatte extra dafür gesorgt, dass der übliche Fototermin bei ihm im Schloss stattfinden würde. Dort sollte es ein leichtes sein, die anderen abzulenken, Maria aus dem Verkehr zu ziehen und sich dann mit dem Geld abzusetzen.

Was aus seiner verdammten Tochter wurde, war ihm mittlerweile egal, schließlich hatte er ihr den ganzen Schlamassel zu verdanken. Irgendwann würde sie bestimmt jemand in dem Keller finden und falls nicht, könnte er immer noch der Polizei anonym einen Hinweis geben.

Er wusste, dass ihm die Polizei dicht auf den Fersen war. Nur sein bisher guter Kontakt zu Kommissar Klüver hatte ihn bisher davor bewahrt, jetzt schon aufzufliegen.
592. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 05.02.17 15:46

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Mittwoch, 15. September 1984

Die Reporterin Andrea Baseling hatte sich vor allem deswegen für das Fahren angeboten, weil sie wusste, dass sie in den nächsten Tagen bei Maria keinen Interview-Termin bekommen würde. Doch wenn sie sie vom Flughafen abholen würde, könnte sie auf der langen Fahrt sicher die eine oder andere Antwort bekommen.

Und sie hatte einige Fragen. Sie hätte gern gewusst, was Maria in den fast drei Wochen wohl gemacht hatte, und warum es so wichtig war, dass es nicht verschoben werden konnte.

Bei einem ihrer letzten Interviews hatte Mrs. Potter ihr ungewollt verraten, dass ihr die Rückkehr von Maria Sorgen bereitete. Weder sie noch Pauls Oma hätten ein Auto, und so hätten sie Maria mit dem teuren Taxi abholen müssen. Der eigentlich organisierte Fahrer hatte kurzfristig absagen müssen.

Schon damals hatte Andrea ihr angeboten, für sie zu fahren, noch bevor sie überhaupt wusste, dass sie den Reaktionsbus bekommen würde. Doch sie hatte sofort die einmalige Chance erkannt.

Sie hatte sich gegenüber den beiden Familien ein gewisses Vertrauen aufgebaut, dadurch, dass sie bei weitem nicht alles, was sie erfuhr, auch wirklich in ihren Artikeln benutzte. Sie hatte sich für ihre 16-teilige Serie über das Fest und ihre Hauptdarstellerin gut vorbereitet und einige Interview-Termine ausgemacht. Zwei davon waren ihr in besonders guter Erinnerung geblieben, weil sie so krass verschieden waren.

* * *

Bei den anderen Lehrern, die Maria für das Fest unterrichtet hatten, war sie schon gewesen, und alle hatte ihr nur Gutes über Maria erzählt. Als letztes aus dieser Reihe stand jetzt ihr Besuch bei Herrn Weiterer an.

Alle hatten sie vor diesem Besuch gewarnt und ihr gesagt, dass sie nicht zu viel erwarten solle. Herr Weiterer hätte keine gute Meinung über die Vertreter ihrer Zunft, und er war auch bei den vergangenen Festen eher durch Schweigsamkeit aufgefallen.

Von Frau Bayer hatte sie einen Tipp bekommen, der ihr vielleicht helfen konnte. Sie solle erst ihr Anliegen vortragen und sich dann erst vorstellen. Es wäre vielleicht unhöflich, doch sonst würde sich Herr Weiterer sofort verschließen.

Andrea war für diese Hinweise zwar sehr dankbar, doch sie kannte den Herrn schon. Sie hatte ihn unter einem Vorwand aufgesucht und einen Monohandschuh probiert. Sie hoffte sehr, dass sie jetzt davon profitieren konnte.



Er stand in dem kleinen Vorgarten und zupfte etwas an den Rosen herum, als Andrea näher kam.

»Guten Tag, Herr Weiterer. Ich schreibe die Berichte über Maria und das Katerinenfest und würde sie auch gern etwas fragen.« Sie hoffte, dass es die richtige Wortwahl war.

Als sie Maria gesagt hatte, blickte der alte Mann zu ihr. »Frau Baseling. Richtig?«

Andrea bestätigte es. Innerlich hielt sie Luft an.

»Von ihnen ist die Serie in diesem Käseblatt?« Er hielt sich mit seiner Meinung nicht zurück.

»Ja.« Andrea holte tief Luft. »Ich arbeite für den Landsbacher Boten.«

»Ich wusste gar nicht, dass dort auch anständige Leute arbeiten.« Herr Weiterer deutete auf die Bank, die vor dem Haus stand.

Andrea war zunächst etwas empört über die ´Unterstellung´, und erst in letzter Sekunde begriff sie, dass er ihr ein außergewöhnliches Kompliment gemacht hatte. »Danke.« Sie stammelte in diesem Moment etwas. Langsam folgte sie ihm zu der kleinen Bank.

»Hier hat sie gesessen, zusammen mit ihrem Mann.« Der alte Herr sprach leise, doch er war gut zu verstehen.

Andrea brauchte erst einen Moment, bis sie erkannte, dass er Maria meinte. Doch es lag soviel Ehrfurcht in seinen Worten, dass sie nicht nachfragte. Sie spürte, dass sie ihre Worte sorgfältig wählen musste. »Sie haben sie unterrichtet?«

»Wissen sie, die Mädchen kamen sonst immer so naiv und unerfahren zu mir, und so gut wie alle konnte ich so formen, wie es die Rolle erfordert hat.« Er machte eine sentimentale Pause. »Doch Maria war ganz anders.«

»Inwiefern war sie anders?« Normalerweise hätte Andrea nur ´Inwiefern´ gefragt, doch sie spürte, dass ihr Gegenüber es schätzte, wenn sie ihre Fragen in ganzen Sätzen stellte.

»Sie ist perfekt.« Herr Weiterer war sichtlich bewegt. »Schon als sie zu mir kam, spürte ich sofort, dass sie etwas Besonderes ist.«

»Das haben sie auch gleich beim ersten Mal gespürt?« Andrea biss sich nachträglich auf die Zunge, denn diese Frage wollte sie ihm eigentlich nicht stellen.

Doch zu ihrer Erleichterung lächelte ihr Gegenüber. »Sie sind sehr gut informiert.« Er sah ihr kurz ins Gesicht, dann wandte sich sein Blick wieder in die Ferne. »Bei ihrem ersten Besuch habe ich sie doch wirklich mit diesem Luder verwechselt. Ich hatte einfach nicht mitbekommen, dass die Darstellerin ausgewechselt wurde.«

»Und dann haben sie sie unterrichtet?« Andrea tat, als würde sie sich etwas notieren.

»On nein!« Er seufzte leicht. »Ich konnte ihr nichts mehr beibringen. Sie hatte schon mehrere Jahre Training hinter sich und ihre Muskulatur war an die Haltung gewöhnt.«

Andrea erinnerte sich, dass sie auch von anderen Seiten ähnliches gehört hatte.

»Sie ist so talentiert, sie könnte sogar die Originalhaltung tragen.« Seine Stimme hatte etwas Schwärmerisches.

Andrea hielt innerlich den Atem an. Schon oft war im Zusammenhang mit Marias Auftritt der Begriff ´Originalhaltung´ gefallen, doch sie hatte bisher nie in Erfahrung bringen können, was dies wirklich bedeutete.

Natürlich kannte sie diverse Tricks, um Leute aushorchen zu können, doch sie spürte, dass sie diese in diesem Moment verbaten. »Was ist denn die Originalhaltung?« Sie versuchte ihre Stimme ganz banal klingen zu lassen, doch innerlich war sie zum Bersten angespannt.

»Die Haltung ist über die Jahre in Vergessenheit geraten.« Herr Weiterer erzählte mit ruhiger Stimme, dass er die Beschreibung und eine Zeichnung dazu in den Unterlagen des Festes gefunden hatte. »Aber ich glaube, diese Papiere gibt es nicht mehr.«

Andrea hielt innerlich den Atem an. Sie wusste, dass sie jetzt nichts fragen durfte.

»Es sieht ungefähr so aus.« Er hob seine Arme vor den Körper und legte seine Ellenbogen aneinander. Seine Hände lagen dabei flach aufeinander. »Und das auf dem Rücken.«

»Auf...« Andrea war sprachlos. »Auf dem Rücken?«

»Sie kennen die Geschichte, die zu dem Fest geführt hat?« Herr Weiterer hatte seine Arme wieder heruntergelegt.

»Ich kenne sie nur ein wenig.« Es fiel Andrea schwer, immer in ganzen Sätzen zu antworten, doch sie spürte, dass dies von dem alten Herrn geschätzt wurde.

»Der alte Herzog wollte nicht, dass sein Sohn die Grafentochter heiratet.« Er gab den Inhalt der Geschichte wieder. »Und mit dieser grausamen Armhaltung wollte er seinem Sohn die Hochzeit vermasseln.«

Andrea war in diesem Moment sehr von der Geschichte als auch von dem alten Herrn fasziniert. »Aber es hat nicht funktioniert?« Was sie erfuhr, füllte einige Lücken in ihrem Wissen über das Fest.

»Genau aus diesem Grund wird Maria mit ihrem Mann bald vor dem Altar stehen.« Fast unauffällig brachte der alte Mann Andreas Gedanken wieder in die Gegenwart.

»Und sie haben Maria unterrichtet.« Andrea wollte zurück zum eigentlichen Zweck ihres Besuches kommen.

»Oh nein! Es gab nichts, was ich ihr noch hätte beibringen können.« Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Aber ich rechne es ihr hoch an, dass sie trotzdem zu den vereinbarten Stunden gekommen ist.«

Andrea begriff, wie sehr der alte Herr von Maria beeindruckt war.

»Was werden sie nun über mich schreiben?« Herr Weiterer blickte sie fragend an.

Fast hätte Andrea ihre Selbstbeherrschung verloren, erst im letzten Moment hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie wollte eigentlich nur einen allgemeinen Artikel über Marias Ausbildung schreiben, doch die letzte Frage bewirkte, das sie ihr Konzept änderte. »Erzählen sie mir etwas von den Mädchen, die sie ausbilden durften. Was waren die schönsten Momente?«

»Ich freue mich schon sehr, wenn Maria vor dem Altar stehen wird.« Er seufzte. »Das ist für mich immer der Höhepunkt.« Mit leiser Stimme begann er zu erzählen.

* * *

Mit einem Kloß im Hals musste sie daran denken, dass er ihr Angebot, den Artikel zu lesen, bevor sie ihn in den Druck gab zu lesen, abgelehnt hatte. »Sie werden das schon richtig machen«, hatte er ihr geantwortet. »Sie sind anders als ihre sonstige Zunft.«

Sie lächelte und während sie an der Ampel auf Grün wartete, musste sie an den anderen Besuch denken, der ebenso kurz wie seltsam gewesen war.

* * *

Sie hatte die Baroness in der Klinik besuchen wollen. Und nachdem sie wusste, dass die Presse in der Klinik äußert ungern gesehen wurde, hatte sie ihr Äußeres etwas auf mondän geändert, inklusive einer blonden Perücke und einer Sonnenbrille. Sie hoffte, so als einen der vielen Freundinnen von Sophie durchzugehen und problemlos Zutritt zu bekommen.

Doch schon als sie an der Auskunft nach der Zimmernummer der Baroness fragte, begannen die Seltsamkeiten. Die diensthabende Schwester griff sofort zum Telefon und wählte eine Nummer. »Chef, hier ist eine Frau, die die Baroness besuchen möchte.« Die Schwester musterte Andrea sehr auffällig. »Sie sagt, sie wäre eine Freundin von ihr.«

Die Schwester lauschte der Antwort, dann wandte sie sich an Andrea. »Gehen sie bitte auf die Station fünf und melden sie sich im Schwesternzimmer. Es wird sie dort jemand abholen und zur Baroness bringen.«

* * *

Der Chefarzt Albert Vogel legte auf und verständigte zunächst das entsprechende Schwesternzimmer. »Unternehmen sie bitte nichts, ich werde mich persönlich um sie kümmern. Bieten sie ihr einen Kaffee an und versuchen sie heraus zukriegen, wer sie wirklich ist.« Er holte tief Lust. »Bisher hat sich noch keine ihrer angeblichen Freundinnen hier blicken lassen.«

Er legte auf und wählte die nächste Nummer. Er wartete, bis der Butler des Barons seinen Herrn an das Telefon geholt hatte. Er hielt sich nicht mit Höflichkeiten auf. »Albert hier. Friedrich, du musst deine Tochter hier herausholen. Jetzt ist jemand da, der vorgibt, ihre Freundin zu sein.«

Der Baron wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wimmle sie ab.«

»Da wäre noch etwas, was du wissen musst.« Albert sprach etwas leiser. »Wir mussten ihr gestern den Gipsverband abnehmen. Es ist bei einer Routineprüfung aufgefallen.«

»In welchem Zustand ist sie jetzt?«

»Sie ist auf dem Bett fixiert und trägt einen Mundverschluss.« Er blätterte kurz in den Unterlagen. »Sie hat versucht, eine Schwester zu beißen. Zumindest habe ich das in den Bericht geschrieben, deswegen wurde ihr der Maulkorb angelegt. Hole sie bitte hier heraus, ich kriege sonst großen Ärger.«

»Wie soll ich das machen, ohne das es auffällt?« Der Baron stöhnte. Noch mehr Probleme konnte er eigentlich nicht brauchen.

»Ich stelle dir Papiere aus für die Verlegung in eine andere Klinik, ihr müsst sie dann nur noch abholen.«

»Ich werde mich darum kümmern.« Der Baron legte auf, dann drehte er sich zu seinem Butler. »Sagen sie meinem Neffen, dass ich ihn jetzt brauche.«

* * *

Andrea wunderte sich. Beim letzten Besuch lag die Baroness auf einer anderen Station. Sie ging ins Schwesterzimmer, wie es ihr die Dame vom Empfang gesagt hatte. Zu ihrem Erstaunen war es leer.

Ihrem Reporterinstinkt folgend blickte sie sich um und fand nach kurzer Zeit die Patientenliste mit den jeweiligen Raumnummern. Sie suchte sich das Zimmer der Baroness und prägte sich die Raumnummer ein, dann verließ sie das Schwesternzimmer wieder.

Es war das Zimmer am Ende des langen Ganges, und zu ihrer Überraschung war es verschlossen.

»Was machen sie hier?« hörte Andrea eine energische Stimme hinter sich.

»Ich wollte die Baroness besuchen.« Andrea drehte sich um und erblickte die Oberschwester. Ihr Namensschild wies sie als solche aus.

»Die Baroness bekommt keinen Besuch, Anweisung vom Chef«, antwortete die Oberschwester mit kalter Stimme. Sie musterte Andrea von oben bis unten.

»Aber...?« Andrea versuchte zu widersprechen.

»Welchen Teil von ´keinen Besuch´ haben sie nicht verstanden?« Die Oberschwester zeigte mit ihrem Arm zum Ausgang.

Andrea blieb nichts anderes über, als die Klinik wieder zu verlassen.

* * *

Die Reporterin hatte zuerst Marias Erzieherin abgeholt, jetzt hielt sie vor dem Haus von Pauls Oma. Mrs. Potter stieg aus und kam gleich darauf mit Selma zurück.

»Danke, dass sie uns fahren wollen.« Selma schnallte sich an. »Wir hätten uns sonst ein Taxi nehmen müssen.«

»Das ist doch selbstverständlich.« Andrea tat dies natürlich, um Stoff für ihre nächsten Artikel zu bekommen. Für die Rückkehr aus Amerika hatte sie sogar einen eigenen Artikel geplant.

»Aber sie machen das doch nicht nur aus reiner Nächstenliebe?« Mrs. Potter sprach ihre Gedanken aus.

Andrea spürte, dass sie für Gut-Wetter sorgen musste. »Ja, sie haben recht.« Sie war in diesem Moment ehrlich etwas verlegen. »Ich möchte über die Ankunft von Maria und vor allem über ihre Zeit in Amerika einen eigenen Artikel schreiben.«

»Ich habe ihre bisherige Serie verfolgt.« Selma schnallte sich an. »Sehr gute Arbeit, und vor allem fair geschrieben.«

»Danke.« Andrea war über das Lob sichtlich irritiert.

»Ich will mich ja nicht in ihre Arbeit einmischen«, Mrs. Potter hoffte, den richtigen Ton zu treffen. »Doch sie nutzen nicht alles Material, was sie haben?«

»Sie haben recht.« Andrea war verwundert. »Ich möchte einen Spannungsbogen aufbauen, der über alle Artikel reicht. Und dafür muss ich mein Wissen gut verteilen.« Andrea startete den Motor und fuhr los.



An der ersten roten Ampel griff sie in ihre Jackentasche und fühlte nach ihrem Diktiergerät. Sie nahm es heraus und zeigte es den beiden Damen, die auf der ersten Rückbank saßen. »Erlauben sie, dass ich das Gerät anschalte? Ich kann mich dann leichter auf den Verkehr konzentrieren.«

Sowohl Selma als auch Dorothea hatten nichts dagegen.

Andrea war erleichtert. Sie hätte ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn sie das Gerät ohne Wissen ihrer Mitfahrerinnen genutzt hätte, oder wenn sie sich die Unterhaltung hätte einprägen müssen. So würde sie alles Wichtige nach hören können.

»Was wollen sie wissen?« Mrs. Potter blickte kurz auf das Diktiergerät.

»Eigentlich habe ich gar keine Fragen.« Andrea war immer noch etwas verlegen. »Ich wollte einfach bei Marias Ankunft dabei sein. Das Gerät macht es mir nur leichter, mir auch Details zu merken.« Sie spürte das Misstrauen der beiden Damen und sah sich deswegen gezwungen, sich etwas zu öffnen. »Ich verfolge gerade eine heiße Spur rund um die Baroness.«

»Man hat schon lange nichts mehr von dem Partyluder gehört.« Selma mischte sich ein.

»Das liegt daran, dass sie angeblich einen Unfall hatte und jetzt im Krankenhaus liegt.« Andrea bog ab auf die Autobahn.

»Sie meinen, das war gar kein Unfall?« Mrs. Potter war der Zweifel in der Stimme von Andrea aufgefallen.

»Es gibt im Zusammenhang mit ihrem Unfall so viele Ungereimtheiten.« Andrea berichtete, dass sie an der Stelle gewesen war, an der sich der Unfall ereignet haben soll. »Es gab weder Bremsspuren noch zeigte der betreffende Baum irgendwelche Beschädigungen. Ich habe extra unter einem Vorwand bei der Straßenmeisterei nachgefragt, sie wussten auch nichts von einem Unfall.«

»Aber warum sollte dieser Unfall nur fingiert sein?« Selma war verwundert. »Das macht doch überhaupt keinen Sinn.«

»Irgendjemand hat großes Interesse daran, dass die Baroness auf dem Fest nicht auftritt.« Andrea war mit ihren Äußerungen bewusst vorsichtig.

»Ich kann mich noch an den Termin von damals erinnern.« Mrs. Potter erzählte von der ersten Begegnung in dem Zusammenhang mit dem Fest. »Der Baron war bei uns und hat gefragt, ob Maria die Stellvertretung für seine Tochter sein könnte. Und gleich am Tag nach unserer Zusage hatte Sophie den Unfall.«

»Ich habe einen Verdacht gegen ihren Vater, doch bislang kann ich es nicht beweisen.« Andrea fühlte, dass sie den beiden Frauen vertrauen konnte. »Aber es wäre eine Ungeheuerlichkeit. Mir ist bisher kein Motiv eingefallen, warum er so etwas tun sollte.«

»Naja.« Selma spekulierte. »Vielleicht ist er ja zur Einsicht gekommen, dass seine Tochter ein Partyluder ist und damit für das Fest nicht mehr geeignet ist.«

»Er hat große Geldsorgen.« Andrea drehte kurz ihren Kopf nach hinten.

»Woher wissen sie das?« Die beiden Frauen fragten es fast gleichzeitig. Für Klatsch auf hohem Niveau waren sie auch empfänglich.

»Eine meiner Freundinnen arbeitet...« Die Reporterin stutzte. »Ich sollte meine Informanten nicht verraten.« Sie lächelte etwas verlegen. »Ich habe verlässliche Quellen.« Es war Andrea unangenehm, dass sie kurz davor gewesen war, eben diese Quellen zu verraten. Sie versuchte eine Ablenkung. »Ich war vor kurzem noch mal bei Schwerterles. Ich wollte einen Artikel über Marias Ausrüstung geschrieben und wollte den Hersteller der Ketten interviewen.«

Selma schmunzelte ein wenig. »Die Tochter Doris ist wirklich faszinierend.«

»Ertappt.« Andrea lachte. »Ich war sehr gespannt, ob sie die Ketten immer trägt und bin extra ohne Anmeldung hingegangen.«

»Die Ketten sind gar nicht so teuer.« Selma berichtete, dass sie vor kurzem selbst ein Set in Auftrag gegeben hatte. »Und sie arbeiten schnell.«

Andrea stöhnte leise.

»Und wenn sie etwas Werbung für sie machen, dann könnten sie sie bestimmt billiger bekommen.« Selma ahnte, was die Reporterin wirklich bewegte. »Ihren Hans wird das bestimmt freuen.«

Andrea wurde auf einmal knallrot. Wieder versuchte sie einen Themenwechsel. »Mein Bekannter bei der Polizei hat mir berichtet, dass es auch bei der Aufnahme des Unfalls sehr seltsam zuging. Laut Bericht war das Auto schon abtransportiert und Sophie lag bewusstlos und blutüberströmt im Sanker. Sie konnten nur noch die Zeugenaussagen der Sanitäter aufnehmen.«

»Sie meinen, es hätte den Unfall überhaupt nicht gegeben.« Mrs. Potter griff den Gedanken auf. »Und Sophie sollte nur aus dem Verkehr gezogen werden?«

»Alle Indizien, die ich habe, deuten daraufhin.« Andrea seufzte. »Aber ich finde kein Motiv. Warum sollte der Baron einen solchen Aufwand treiben, wenn er Sophies Auftritt verhindern wollte? Das macht einfach keinen Sinn, zumal er in großen Geldsorgen steckt.«

* * *

»Gleich sind wir am Flughafen.« Andrea verließ die Autobahn. »Wann soll die Maschine landen?«

Mrs. Potter nannte die Uhrzeit. »Wir haben noch etwas Zeit. Dürfen wir sie noch auf einen Kaffee einladen?«

»Danke, gern.« Andrea nahm die Einladung gern an.

* * *

»Es wäre dann soweit.« Die Stewardess Frau Baer war neben die Sitze von Paul und Maria getreten. »In Kürze werden wir landen.«

Maria blickte ihren Freund aufgeregt an. Auf diesen Moment hatten sie sich gemeinsam schon lange gefreut. Maria würde den Flieger mit einem kleinen Triumph verlassen. »Seht her, ich habe es geschafft.«

Ursprünglich wollte sie vor allem Paul damit überraschen, doch jetzt saß er schon neben ihr. Ihr Plan war, mit dem Gebet zu landen und es sich dann in der Halle gleich nach der Begrüßung wieder abnehmen zu lassen. Sie hatte diesen Traum schon immer gehabt, seit sie regelmäßig in der Klinik gewesen war, damals aber noch mit dem Monohandschuh.

Dieses Jahr hatte sie endlich den Mut gehabt, mit ihrer Mutter darüber zu reden, obwohl sie ahnte, dass es nicht möglich sein würde. Doch zu ihrer Überraschung hatte es der Herzog Breganza möglich gemacht, als er von dem Wunsch erfahren hatte. Er hatte die nötigen Kontakte und konnte die Verbindung zur Fluggesellschaft herstellen. Frederike musste der Stewardess dann nur noch das Korsett vorstellen und erklären.

Paul war einerseits skeptisch, weil dieser Wunsch so außergewöhnlich war, andererseits wusste er, dass Maria seit ihrem Intensivtraining dazu problemlos in der Lage war. Seine Hände zitterten etwas, als er die Riemen herauskramte, während Maria in ihrem Handgepäck das eigentliche Venuskorsett transportiert hatte. Als sie seine zitternden Hände sah, musste sie schmunzeln. »Bekommst du das Gebet angelegt oder ich?«

Paul war etwas verlegen. »Es ist trotzdem etwas Aufregendes, vor allem vor ganz fremden Leuten.« Er blickte sich kurz um und blickte auf die wenigen Leute, die auch in der ersten Klasse flogen.

»Es ist wie im Traum.« Maria stand auf und platzierte das Korsett auf ihren Sitz, dann legte sie ihre Arme auf den Rücken. »Kannst anfangen.«

Sie hatten alle nötigen Handgriffe ausführlich geübt, dennoch war Paul etwas verunsichert, als er Marias Arme auf dem Rücken fixierte. Frau Baer assistierte ihm dabei und beruhigte nebenbei auch die anderen Passagiere. »Es ist eine Überraschung für ihre Verwandten, die sie abholten.«

Während ihre Arme langsam unter dem Korsett verschwanden, bemerkte Maria, wie sie von einem Mädchen beobachtet wurde, die offensichtlich mit ihren Eltern unterwegs war. Maria schätzte, dass sie nur ein wenig jünger war als sie selbst. »Tut das nicht weh?« fragte schließlich ihre Mutter, die ihrerseits ihre Tochter beobachtet hatte und deren Interesse festgestellt hat.

Maria hatte einige Schwierigkeiten, Worte zu finden. »Ich habe das lange trainiert.«

»Und wofür braucht man das?« Die Mutter zeigte ebenfalls etwas Neugier.

Maria wollte schon davon schwärmen, dass sie es für das Katerinenfest brauchte, doch dann besann sie sich. In den Staaten war es egal gewesen, wem sie davon erzählt hatte, doch auf dem Flug nach München wollte sie sich lieber etwas zurückhalten. »Es ist für die Rolle, die ich in einen Historienspiel spiele.« Sie blickte Paul warnend an. »Wir waren in einer Klinik, um die Haltung zu trainieren.«

»Und warum tragen sie sie jetzt?« Die Mutter zeigte ebenfalls einiges Interesse.

»Ich möchte jemand überraschen.« Sie blickte zu Paul und lächelte ihm zu. »Eigentlich sollte es ja dir gelten.«

»Der Prinz fühlt sich geehrt.« Paul lächelte zurück.

»Und wie lange müssen sie das tragen?« Frau Baer fragte interessiert, während sie Paul bei den Riemen assistierte.

»Ich hoffe, dass ich im Auto wieder frei bin.« Sie blickte Paul herausfordernd an.

»Mal sehen.« Paul zwinkerte und gab sich etwas geheimnisvoll.

Über Marias auf dem Rücken fixierte Arme wurde dann das Korsett geschnürt. Es war in Weiss gehalten, so dass es unter der dazu passenden Bluse nicht auffiel. Die Bluse war noch ein Geschenk ihrer Mutter gewesen; es war ganz spezieller Schnitt ohne Ärmel, passend für das Korsett gemacht.

Frau Baer hielt das Korsett in Position und Paul schnürte es zu.

Gerade als sie fertig waren, leuchtete das Anschnallzeichen auf. »Bitte nehmen sie Platz und schnallen sie sich an, der Landeanflug beginnt.« Gleich darauf erkannte sie, dass Maria dieser Bitte nicht mehr nachkommen konnte. »Darf ich sie festschnallen?«

Maria hatte einige Mühe, ihre Erregung zu verbergen. Sie zeigte ein leises Zittern, während sie verlegen nickte.

* * *

»Willkommen in München.« Die Stimme des Piloten ertönte aus dem Lautsprecher. »Bitte bleiben sie noch einen Moment sitzen, es müssen vorher noch ein paar Formalitäten geprüft werden.«

Kaum hatte er es ausgesprochen, als Paul neben dem Flugzeug einen Streifenwagen herankommen sah. Zwei Beamte stiegen aus und kamen die herangerollte Treppe hinauf. Gleich darauf öffnete sich die Bord-Tür. Die beiden Beamten, eine davon war eine Frau, traten ein und wurden von der Chefstewardess begrüßt.

»Wir suchen Maria Beller.« Die Beamtin sprach, während ihr Kollege seinen Blick durch das Flugzeug gleiten lies. »Führen sie uns bitte zu ihr.«

»Sie sitzt hier gleich in der zweiten Reihe.« Frau Baer war sichtlich verunsichert.

»Frau Beller?« Die Beamtin blickte Maria ernst an.

Maria bestätigte es mit einem Zittern in der Stimme.

»Bitte kommen sie mit uns«, forderte sie die Beamtin im gleichen Tonfall auf.

»Paul, machst du mich bitte los?« Maria hatte etwas Ängstliches im Blick.

Ihr Freund kam der Aufforderung nach und betätigte den Gurt, dann löste er auch seinen Gurt und wollte aufstehen.

»Sie bleiben bitte sitzen.« Die Beamtin blickte ihn ernst an.

»Wo bringen sie Maria hin?« Seine Stimme zitterte vor innerer Erregung.

»Zu uns auf die Wache.« Die Beamtin blickte ihn ernst, aber nicht unfreundlich an.

Maria erhob sich unsicher und trat auf den Gang, dann ging sie der Beamtin wortlos hinterher. An der Flugzeugtür blickte sie stehen und blickte noch einmal zu Paul zurück, doch die Polizistin schob sie sanft aus dem Flugzeug auf die Treppe.

Aus dem Fenster konnte Paul sehen, wie Maria zu dem Streifenwagen geführt wurde und einstieg. Nach einer kurzen Diskussion beugte sich die Beamtin hinein und kam gleich darauf wieder heraus, um vorn Platz zu nehmen.

Paul ahnte trotz seiner Verzweiflung, dass die Beamtin Maria erst anschnallen musste. Gleich darauf ging das Blaulicht an dem Wagen an und er fuhr mit hoher Geschwindigkeit davon.

Paul sank fast traumatisiert in den Sitz zurück. Maria trug das Gebet, und er konnte sie nicht schützen. Erst als die Stewardess ihn an stupse, kam er wieder zu sich. »Sie müssen jetzt aussteigen.«

»Ja, natürlich.« Paul musste sich erst innerlich schütteln, dann konnte er der Aufforderung nachkommen.

»Hier, nehmen sie bitte auch Marias Handgepäck mit.« Frau Baer reichte ihm die Sachen, die Maria liegengelassen hatte.
593. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 05.02.17 18:00

Hallo gag_coll,

Endlich ist die Maria lose Zeit vorbei.

Mein Sonntagnachmittag ist gerettet.

Danke für´s schreiben und Posten.

Mir ist aufgefallen das Selma sich zwei mal angeschnallt hat.....

Ok sicherheit geht vor.

Und im Text sind zwei Fragezeichen versteckt.

Am Ende des zweiten Teils hast du den Spannungsbogen ganz schön gespannt.

Danke nochmal, ich freue mich auf den nächsten Teil

Bis dahin

Gruß marmas71
594. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 05.02.17 20:12

Hallo gag_coll,

auch ein großes Danke von mir, verbunden aber mit einer Ungeduld wegen der Fortsetzung.
Du lässt uns mit der Frage zurück, was jetzt passiert und warum die Polizei Maria abgeholt hat.

Spanne uns bitte nicht all zu lange auf die Folter!

Gruß
Machtdom
595. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 05.02.17 20:41

Zitat
Mir ist aufgefallen das Selma sich zwei mal angeschnallt hat.....
Ja... stört hoffentlich nicht...
Zitat
Und im Text sind zwei Fragezeichen versteckt.
Habe ich gefunden und korrigiert.
596. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 05.02.17 21:28

Vielen Dank für die Fortsetzung.

Ich freue mich sehr,das es weiter geht.Auch wenn es bedeuted,das das Ende naht.Anderseits,vieleicht kriegen wir dich ja dazu überredet das du due Geschichte weiter schreibst.BNis zur Hochzeit von Paul uind Maria.Vieleicht kannst du ja noch ein Spin Off von Leonie einfügen.Hoffen wir mal das wir dich dazu überredet bekommen.

Das Ende dieses Teil ist ja echt gemein.Hoffen wir mal das es gut endet.Und den Anderen im Auto nichts passiert ist.Denn ich glaube darum geht es,anderseits kann ich mich ja auch irren.Warten wir es ab und lassen uns überraschen.

mfg Wölchen
597. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 06.02.17 00:40

Zitat
Vielen Dank für die Fortsetzung.

Ich freue mich sehr,das es weiter geht.Auch wenn es bedeuted,das das Ende naht.Anderseits,vieleicht kriegen wir dich ja dazu überredet das du due Geschichte weiter schreibst.BNis zur Hochzeit von Paul uind Maria.Vieleicht kannst du ja noch ein Spin Off von Leonie einfügen.Hoffen wir mal das wir dich dazu überredet bekommen.

Das Ende dieses Teil ist ja echt gemein.Hoffen wir mal das es gut endet.Und den Anderen im Auto nichts passiert ist.Denn ich glaube darum geht es,anderseits kann ich mich ja auch irren.Warten wir es ab und lassen uns überraschen.

mfg Wölchen


Ja Wölchen spricht mir aus dem Herzen.

Auch von mir ein herzliches DANKESCHÖN!!!

-----
Gruß vom Zwerglein
598. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 07.02.17 23:54

Hallo gag_coll.

Boah, was für ein Anfang.
Toll geschrieben und echt mal wieder spannend.

Aber wie lange willst du uns noch mit dem Cliff-Hanger schmoren lassen??

Mann, Mann. Will endlich wissen wie es weitergeht. Aber da wird wohl eh die Kennedy Familie hinterstecken.
Ob Maria wohl doch früher als erwartet entführt werden soll, nachdem Anna veschwunden ist und die jetzt Ersatz brauchen??

Und da Leonie ja jetzt die 2. Dienerin von Maria bei dem Fest ist, wird wohl Amelie doch das nachsehen haben.

Bitte las und nicht mehr so lange warten.


MfG Rainman
599. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 10.02.17 17:13

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

( noch Mittwoch, 15. September 1984 )

»Kann ich dich mal einen Moment sprechen? Anna schläft gerade.« Florian hatte bei Leonie angeklopft, und nach ihrem ´Herein´ war er eingetreten.

Leonie räkelte sich etwas in ihrem Käfig, dann blickte sie auf. »Was ist denn, Florian?«

»Ich mache mir etwas Sorgen um Anna.« Seine Stimme klang in der Tat sehr besorgt. »Sie lässt sich zwar nichts anmerken, aber ich habe das Gefühl, dass sie sich immer noch gefangen fühlt.«

Leonie musste lächeln. »Ich glaube, da bin ich wohl auch ein schlechtes Vorbild.« Sie lachte ein wenig über ihre Selbstironie.

»Wir sind beide sehr dankbar für die große Hilfe.« Er flüsterte nur. »Aber hier ist sie doch auch gefangen, wenn auch ganz anders.« Er berichtete über das, was Anna und er bisher erlebt hatten.

»Ich glaube, ich weiß, was du meinst.« Sie kroch vor zur Tür ihres Käfigs und öffnete sie. Als sie Florians verwunderten Blick sah, lächelte sie verlegen. »Ich glaube, das ist wichtig genug.« Nur nebenbei fiel ihr auf, wie leicht es ihr fiel, sich auf Englisch zu unterhalten.

Ganz zu Beginn ihres großen Abenteuers war ihr Käfig tatsächlich mit einem echten Schloss verschlossen. Doch schon am nächsten Tag hatte Frau Mohr sie auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die so ein verschlossener Käfig mit sich brachte. Seitdem war der Käfig nur durch ihr Ehrenwort verschlossen, und Leonie fühlte damit nicht weniger eingesperrt damit.

Sie kroch aus dem Käfig, stand auf und räkelte sich etwas. »Komm, wir gehen zu ihr.« Ihre Ketten klirrten fast liebevoll.

»Zu deiner Oma?« Florian kam aus dem Staunen nicht heraus.

»Sie ist nicht meine Oma.« Leonie stutzte. »Aber das ist eine lange Geschichte, die erzähle ich später mal.«

Doch Selma war nicht da. Erst als Leonie es bemerkte, fiel ihr ein, dass sie mit zwei anderen Frauen auf dem Weg nach München waren, um Maria vom Flieger abzuholen. Sie äußerte dies.

»Schade.« Florian blickte etwas ratlos auf das leere Wohnzimmer.

Leonie dachte kurz nach. »Und wenn wir in den Garten gehen? Ich glaube, etwas Sonne könnte mir auch gut tun.«

»Das ist eine gute Idee«, sagte Florian, »ich gehe Anna wecken.«



»Der Rasen müsste aber dringend gemäht werden.« Florian strich mit der Hand über die Grashalme. Anna schmiegte sich an ihn.

»Ich glaube, das macht Paul.« Leonie dachte nach. »Und manchmal der Nachbar.«

»Weißt du, wo der Rasenmäher ist?« Florian hatte eine Idee. »Ich denke, deine Nicht-Oma wird nichts dagegen haben.«

»In dem kleinen Schuppen müsste einer sein.« Leonie zeigte mit der Hand in den Garten, zumindest soweit es ihre Ketten erlaubten.

»Ich schaue mal nach.« Florian löste sich von Anna und ging zu dem kleinen Schuppen, dessen Tür nur angelehnt war. »Hier ist einer.« Er schob einen alten mechanischen Rasenmäher heraus.

Leonie war zusammen mit Anna näher gekommen. »Es müsste auch noch einen mit Motor geben, aber der wird wohl im Haus sein.«

»Macht nichts, etwas körperliche Betätigung tut mir auch gut.« Florian lachte, doch dann hielt er kurz inne. »Warte mal.« Er ging noch einmal zurück zum Schuppen und holte einen Rechen heraus. Er reichte ihn Anna. »Magst du mir helfen?«

»Gern.« Anna war noch etwas zögerlich. »Was muss ich tun?« Sie wollte nur ungern zugeben, dass sie bisher so gut wie noch nie arbeiten musste.

»Ich mähe, und du fegst mit dem Rechen den losen Rasen auf einen Haufen.« Er betätigte kurz den Rasenmäher, um ihr zu zeigen, was er meinte.

Doch kaum hatten sie zusammen begonnen, als Anna regelrecht aufblühte. »Seit ewiger Zeit tue ich endlich einmal etwas sinnvolles.«

Leonie war erleichtert. Annas schien wirklich etwas fröhlicher als bisher. Die Luft tat ihr gut und auch das Arbeiten schien ihr Freude zu machen.

* * *

Tausend Gedanken gingen Paul durch den Kopf, während er am Transportband stand und auf die zwei Koffer wartete. Was würde die Polizei wohl von Maria wollen? Würde Maria in ihrer Hilflosigkeit zurecht kommen? Und was würde passieren, wenn sie Marias gefesselte Arme entdecken würden?

Etwas traurig nahm er seine Koffer vom Band, dann ging er langsam zum Ausgang.

Mrs. Potter, Andrea und Selma sahen sofort, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste.

»Maria wurde von der Polizei aus dem Flieger geholt.« Paul ließ die Koffer neben seiner Oma sinken. »Wir hatten das so schön geplant, und Maria wollte euch mit der richtigen Armhaltung auf dem Rücken überraschen.«

»Was ist damit gemeint: Mit der ´richtigen´? Trägt sie den Handschuh?« Andrea war sofort hellwach. Die Ankunft von Maria verlief anscheinend mit viel mehr Dramatik, als sie erwartet hatte.

Paul realisierte nicht, dass die Reporterin auch dabei war. »Sie trägt die Arme in der Originalhaltung, wir wollten euch überraschen, und dann hätte ich sie wieder befreit.« Er schluckte heftig. »Jetzt wurde sie von der Polizei abgeholt.«

Andrea spürte, dass hier ihre Hilfe gefordert war. Ihren Artikel stellte sie hinten an. »Beschreibe mir bitte noch mal, was sich im Flugzeug abgespielt hat.«

Paul versuchte, alle Einzelheiten genau wieder zu geben, obwohl die ganze Aktion nicht mehr als zwei Minuten gedauert hatte.

»Lassen sie uns zur Flughafen-Polizei gehen.« Andrea hatte auf einmal eine grimmige Miene. »Die müssten doch Bescheid wissen.«

Auf dem Weg zur Polizeistation fiel Paul auf, dass er seine Oma noch gar nicht begrüßt hatte. Doch das konnte warten. Jetzt war erst mal wichtig, herauszukriegen, was mit Maria passiert war.



Die Beamtin am Schalter der Flughafenpolizei war nett und freundlich, doch in der Sache hart. »Ja, wir wissen über den Vorgang Bescheid.«

»Und wo ist Maria jetzt?« Pauls Stimme war sehr aufgebracht.

»Es tut mir leid, darüber dürfen wir ihnen keine Auskünfte geben.« Es war der Beamtin anzusehen, dass sie es wirklich bedauerte.

»Ich möchte sofort ihren Vorgesetzen sprechen.« Andrea zeigte auf die Tür zum Nachbarzimmer. »Ist er dort drin?«

»Ja, aber sie ...« Die Beamte stockte im Satz, denn Andrea war schon in den Raum gestürzt und hatte die Tür hinter sich geschlossen.



Gleich darauf kam sie wieder heraus, und an der Tür drehte sie sich noch einmal nach innen. »Vielen Dank für ihr Verständnis und ihr Entgegenkommen.« Dann wandte sie sich an Paul und seine Begleiterinnen. »Kommen sie bitte mit, ich muss dringend telefonieren.«

»Wo ist Maria?« Pauls Tonfall hatte sich noch nicht verändert.

»Sie wird nach Landsbach gebracht, auf die dortige Wache.« Andreas Stimme zeigte ihre Empörung.

»Wie haben sie das herausgefunden?« Mrs. Potter war von den Ereignissen noch sehr erschüttert.

»Ich habe ihnen gesagt, dass Maria dringend medizinische Hilfe braucht und dass wir wissen müssen, wo sie hingebracht wird.« Andrea lächelte. »Wenn ich das mit den Armen richtig verstanden habe, dann ist das ja nicht mal gelogen.«

Erst jetzt realisierte Paul, dass es ja die Reporterin Andrea Baseling war, die sich mit einiger Energie auf die Suche nach Maria gemacht. »Warum helfen sie uns?«

»Das erkläre ich euch später.« Andrea keuchte vor innerer Anspannung. Das erste Mal konnte sie ihre Kontakte wirklich sinnvoll einsetzen und war nicht nur auf der Jagd nach Informationen.

Sie ging sehr zielstrebig zu einer Telefonzelle. Sie wartete, bis die anderen sie erreicht hatten, dann warf sie ein paar Münzen ein und wählte eine Nummer. »Ich weiß, ich soll hier nicht anrufen, aber es ist ein Notfall.« Sie schilderte, was sie von Paul erfahren hatte. »Seid ihr über den Vorgang informiert?«

Es dauerte lange, bis eine Antwort kam. Andrea keuchte. »Und was wird ihr vorgeworfen?« Ihre Stimme war mehr als empört. Sie lauschte. »Aber das ist doch hanebüchener Unsinn.« Sie knallte den Hörer auf die Gabel und warf neues Geld ein.

»Herr Steinhagen bitte. Sagen sie ihm bitte, es sei dringend.« Andrea wartete.

»Maria Beller wurde aus dem Flugzeug heraus verhaftet.« Andreas Stimme überschlug sich fast. »Ihr wird vorgeworfen, die Baroness aus dem Weg geräumt zu haben, damit sie die Katerina spielen kann.«

Nach kurzer Pause sprach sie weiter. »Offiziell darf ich das nicht wissen, aber ich habe meine Kontakte.«

»Ich danke ihnen.« Sie legte auf und blickte sich um. »Er wird das Nötige veranlassen. Jetzt sollten wir schleunigst nach Landsbach zurück fahren.«

* * *

»Woher haben sie eigentlich so einen guten Kontakt zu Rudolf, ich meine Herrn Steinhagen?« Mrs. Potter fragte es, nachdem Andrea mit dem Bus wieder der Autobahn war.

»Das ist schnell erzählt.« Andrea lachte kurz. »Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich es so bald brauchen würde.«

Sie schaltete hoch, dann begann sie zu erzählen. »Ich war bei ihm, weil er als größter Sponsor des Festes sicher sehr wichtig ist.« sie holte tief Luft. »Und ich wollte den Mann kennenlernen, der meinen Chef umgedreht hat hat. Das haben bisher nur ganz wenige geschafft.«

Ein Schmunzeln ging durch den Bus.

»Bei ihm war mein erster Interview-Termin, und ich habe ihm gegenüber damit begonnen, dass ich Marias Leistungen bewundert habe.« Andrea hatte etwas Verträumtes in der Stimme. »Das hat bei ihm einige Türen geöffnet und später auch bei anderen.«

»Und dann?« Paul blickte interessiert neben sich auf die Reporterin.

»Dann sind wir ins Schwärmen gekommen, weil wir beide von einer Tochter wie Maria träumen. Und am Ende hat er mir versichert, dass er mir helfen würde, wenn ich einmal in eine Notlage geraten würde.« Ihre Stimme zeigte in diesem Moment sehr viel Stolz. »Er sagte, er hätte sehr viel Einfluss.«

»Ja, das ist wahr.« Mrs. Potter seufzte. »Wir sind ihnen zu sehr viel Dank verpflichtet. Ohne sie wüssten wir nicht, was wir hätten tun sollen.«

»Werden sie daraus auch einen Artikel schreiben?« Selmas Stimme hatte etwas Sorgenvolles.

»Mit dieser Frage habe ich schon lange gerechnet.« Andrea lächelte. »Aber dass die Ankunft von Maria soo spektakulär verläuft, ist doch einen Artikel wert, meinen sie nicht?« Das ihr die Gelegenheit, einmal einen Blick auf die Originalhaltung zu werfen, entgangen war, behielt sie aber für sich. »Aber bevor ich das schreibe, möchte ich gern mehr über die ganzen Hintergründe erfahren.«

* * *

Die Beamtin hatte sich sehr liebevoll um Maria gekümmert, als sie erfahren hatte, dass Maria im Moment nicht über ihre Arme verfügen konnte.

Trotzdem machten die Uniformen und die Waffen Maria klar, dass sie im Moment in Obhut der Polizei war.

Auf der Fahrt nach Landbach wurde im Streifenwagen nur geschwiegen, erst bei der Ankunft erkundigte sich die Beamtin, ob Maria Hilfe beim Aussteigen brauchte.

Sie wurde sofort in einen Vernehmungsraum geführt und musste dort warten.



»Das ist sie?« Kommissar Klüver blickte durch den Halbspiegel in den Vernehmungsraum.

Die Beamtin bestätigte es. »So haben wir sie aus dem Flieger geholt.«

»Was ist mit ihren Armen?« Klüver war verwundert. »Hat sie keine?«

»Das ist Maria Beller, sie geht hier aufs Gymnasium.« Die Beamtin gab ihre Verwunderung wieder. »Ich habe sie bisher nicht oft gesehen, aber da hatte sie immer Arme gehabt.«

»Naja, wie auch immer.« Klüver drehte sich um. »Ich werde sie jetzt verhören. Immerhin hat sie das stärkste Motiv.«

Er betrat das Verhörzimmer und setzte sich Maria gegenüber. »Sie sind Maria Beller, wohnhaft in Landsbach und die heurige Darstellerin der Katerina?«

Gerade als Maria bestätigen wollte, ging die Tür auf und ein paar Herren im schwarzen Anzug betraten das Zimmer. Einer von ihnen ging zu Maria und flüsterte ihr etwas ins Ohr. »Sie sagen ab sofort nichts mehr.«

Zunächst bewirkte dieser Auftritt, dass Maria noch ängstlicher wurde, doch dann sah sie in der Tür ein bekanntes Gesicht. Sie erkannte den Sparkassendirektor sofort.

»Was wird Maria Beller vorgeworfen, dass sie sie wie eine Verbrecherin aus dem Flugzeug holen?« Herr Steinhagens Stimme zeigte, dass er ehrlich erbost war über diese so drastische Maßnahme.

»Frau Beller ist verdächtig, die Baroness aus dem Weg geräumt zu haben, um selbst die Rolle spielen zu dürfen.« Klüver versuchte noch, sich nicht einschüchtern zu lassen.

»Haben sie dafür irgendwelche Beweise?« Der Ältere der drei Anwälte sprach weiter.

»Der Unfall war fingiert.« Klüver verwies auf die bisherigen Untersuchungsergebnisse.

»Das wissen wir.« Der Anwalt setzte nach. »Haben sie konkrete Beweise gegen Frau Beller?«

»Sie hat das stärkste Motiv. Der Baron hat mich darauf aufmerksam gemacht.« Klüver war für den Hinweis recht dankbar gewesen.

»Frau Beller, sie können gehen.« Der Anwalt wandte sich an Klüver. »Wenn sie von Maria eine Zeugenaussage brauchen - sie wissen ja, wo sie wohnt. Ansonsten warten wir auf ihre Beweise.«

Maria stand langsam auf und ging zur Tür.

»Rechnen sie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde wegen völlig überzogener Maßnahmen.« Herr Steinhagen drehte sich an der Tür noch einmal um und verließ dann als letzter der fünf Personen den Raum.

Klüver lies sich in den Verhörstuhl sinken. Das war komplett daneben gegangen. Dabei war er sich so sicher gewesen, als er von dem Baron den Tipp bekommen hatte.



»Geht es ihnen gut?« Herr Steinhagen sah, dass bei Maria ein paar Tränen über die Wange rollten.

»Ach!« Sie schluchzte etwas. »Ich hatte mir die Ankunft in München ganz anders vorgestellt.«

»Darf ich sie in den Arm nehmen?« Herr Steinhagen fühlte sehr sich an seine eigene Tochter erinnert.

»Oh ja, bitte.« Maria blickte ihn mit verweinten Augen an.

Die Umarmung tat Maria gut. Sie beruhigte sich etwas.

»Die werden sie nicht mehr belästigen.« Der Sparkassendirektor streichelte leicht über Marias Rücken und bemerkte dabei die verpackten Arme. »Ist das die Haltung, die sie auf dem Fest tragen werden?«

Maria zuckte auf einmal heftig zusammen. »Das hätten sie gar nicht sehen sollen.« Sie schluchzte wieder. »Es sollte die große Überraschung werden.« Wieder lehnte sie sich an ihn und weinte. »Es ist wirklich alles schief gegangen.«

»Nun machen sie sich mal keine Sorgen, ich bin verschwiegen und habe nichts gesehen.« Er hielt sie weiter in der Umarmung fest. »Denken sie nach vorn. Jetzt kommt das Fest, und dort müssen sie strahlen.«

»Sie haben recht.« Maria löste sich langsam aus seiner Umarmung. »Würden sie mir vielleicht die Augen auswischen, ich glaube, da sind ein paar Taschentücher in meiner Tasche.« Doch dann stutzte sie. »Ach nein, die ist ja noch im Flugzeug.« Wieder rollten Tränen über ihr Gesicht.

Doch zu ihrer Erleichterung sah sie, dass Herr Steinhagen ein Taschentuch in der Hand hatte und diese sich ihren Augen näherte. Maria nahm es dankbar an und lies sich die Augen auswischen.

»Was machen wir nun?« Herr Steinhagen blickte an Maria herunter. »So kann ich sie ja nicht allein lassen.«

Erst jetzt wurde Maria ihre aktuelle Situation bewusst. Sie stand mit dem Sparkassendirektor vor der Polizeiwache in Landsbach und ihre Arme waren im Gebet auf dem Rücken gefangen. »Ich weiß nicht.« Sie war ratlos.

»Wir könnten dort drüben in dem Café etwas trinken und auf die Ankunft der anderen warten. Ich habe Frau Baseling gesagt, dass wir auf der Wache sein werden. Von dort können wir sehen, wenn sie kommen.« Herr Steinhagen stutzte etwas. »Wie lange tragen sie die Arme schon so?«

»Wie spät ist es denn?« Maria fiel auf, dass sie durch die Ereignisse den Überblick verloren hatte.

»Es ist jetzt fast 14 Uhr.« Der Direktor hatte ein etwas sorgenvolles Gesicht.

»Also ein paar Minuten halte ich das noch aus.« Maria versuchte ein vorsichtiges Lächeln. »In den Staaten habe ich ein Intensivtraining absolviert.«

»Erlauben sie, dass ich ihnen mein Jackett umhänge?« Herr Steinhagen zog sich es aus. »Es könnten sonst Fragen zu ihren Armen kommen.«

Maria hatte nichts dagegen.

»So gefallen sie mir schon besser.« Herr Steinhagen machte eine einladende Handbewegung. »Wie wäre es mit einem Kaffee oder einer Apfelschorle?«

»Aber nur mit Strohhalm.« Maria versuchte etwas mit ihren Armen zu wackeln, wovon aber nur wenig zu sehen war.



Das Café war fast leer und es nahm kaum jemand Notiz von ihnen.

»Irgendwann möchte ich einmal sehen, wie es darunter aussieht.« Herr Steinhagen lächelte. »Erzählen sie mir etwas von Amerika? Es klingt unwahrscheinlich, aber ich war noch nicht drüben.«

»Viel gesehen habe ich nicht.« Maria lächelte verlegen. »Ich war ja die meiste Zeit in irgendwelchen Behandlungen.« Sie erzählte etwas von der Zeit, vermied es aber, die Herzogsfamilie oder Anna zu erwähnen.

* * *

Anna ließ sich in den frisch zusammen geharkten Grashaufen fallen. »Das hat gut getan.«

»Das musst du aber wieder zusammenrechen.« Florian runzelte die Stirn.

»Das ist mir egal.« Anna strahlte. »Das war seit langer Zeit das erste Sinnvolle, was ich tun durfte. Danke dafür.«

»Bedanke dich bei Leonie. Sie hatte die Idee.« Florian zeigte auf das Kettenmädchen, welches es sich auf der Terrasse bequem gemacht hatte.

»Anderen Leuten bei der Arbeit zuzusehen, kann auch schön sein.« Leonie grinste und rasselte etwas mit den Ketten.

»Jetzt sei mal ehrlich, magst du die Ketten wirklich?« Florian wollte es noch mal hören.

»Naja«, lachte Leonie. »Als ich noch nicht wusste, was Frau Mohr vorhat, war ich schon ziemlich verunsichert. Aber jetzt, wo ich es weiß, und ich auch erfahren habe, dass diese Ketten doch abnehmbar sind, sieht es schon anders aus.«

»Moment!« Florian bremste sie. »Wir kennen den Mechanismus noch nicht.«

»Das ist ja auch nicht so wichtig.« Leonie war es egal. »Irgendwer wird mich irgendwann schon befreien.«

»Was ist so schön daran, gefesselt zu sein?« Anna mischte sich ein.

»Ich mag es, wenn ich nicht für mich verantwortlich bin und mir alle Entscheidungen abgenommen werden.« Leonie klang schwärmerisch.

»Genau vor so einem Leben bin ich geflohen.« Anna seufzte etwas. »Ich muss Fesseln tragen, weil mein Körper daran gewöhnt ist und ich es nicht abrupt beenden darf. Sagte zumindest die Ärztin.«

Leonie runzelte die Stirn.

»Die Mutter von Maria.« fügte Florian hinzu.

»Oh, dann wird es stimmen.« Leonie bereute ihre Zweifel. »Darf ich euch etwas zu trinken bringen? Nach der anstrengenden Arbeit...«

»Oh ja gern.« Beide nannten ihre Getränkewünsche.

Anna wartete, bis Leonie im Haus verschwunden war. »Florian, ich hätte da eine Frage, und ich möchte, dass du sie ehrlich beantwortest. Versprichst du mir das?«

»Ich...« Er wusste noch nicht, was kommen würde. »Ich verspreche es.«

»Wie gefällt dir der Monohandschuh, wenn ich ihn trage?« Anna blickte ihm ins Gesicht.

Florian wurde rot und geriet ins Stammeln.

»Ich habe mich lange mit Maria darüber unterhalten...« Anna schwieg einen Moment und blickte Florian an.

Es kostete Florian viel Kraft, ihrem Blick stand zuhalten.

»Hier sind die Getränke für die fleißigen Gärtner.« Leonie kam mit einem Tablett aus dem Haus. Sie bemerkte sofort die Spannung, die gerade in der Luft lag. »Störe ich?«

»Nein, du störst nicht.« Anna lachte trotz der Spannung. »Ich suche gerade Argumente, warum ich dennoch den Handschuh tragen möchte.«

»Aber Anna, denk doch daran, was deine Familie dir angetan hat.« Er war etwas aufgebracht.

Wegen der Anwesenheit von Leonie bekam er von Anna einen bösen Blick. Sie hatten unter sich ausgemacht, die Familie in Gegenwart von Fremden nicht mehr zu erwähnen.

Leonie erkannte langsam, dass sie sie als Vermittler brauchten. Sie hatte eine Idee, bei der sie ihre Worte aber sorgfältig wählen musste. »Florian, du magst es, wenn Anna ihre Brüste so hervorstreckt, was du aber nie zugeben würdest, weil der Handschuh euch viel zu sehr an die Vergangenheit erinnert.«

Florian stutzte.

»Du musst nicht antworten.« Sie wandte sich an Anna. »Du magst den Handschuh ebenfalls, weil er deine Brüste so präsentiert, und weil Florian dir alle Wünsche von den Augen abliest, wenn du ihn trägst?« Sie machte eine kurze Pause. »Du musst auch nicht darauf antworten. Denkt einfach etwas über meine Worte nach.« Leonie blickte beide abwechselnd an. »Es ist immer eine Befreiung, wenn man den eigenen Sehnsüchten nachgeben darf.« Sie wackelte etwas mit den Ketten. »Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede.«

»Das hast du schön gesagt.« Selma stand auf einmal in der Terrassentür. »Anna und Florian, hier wird euch niemand zu irgend etwas zwingen.« Sie blickte kurz zwischen ihnen beiden hin und her. »Tut einfach das, wozu ihr beide Lust habt. Und seid ehrlich zueinander.«

»Frau Mohr?« Leonie war überrascht. »Sind sie wieder da?« Etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Sie stand auf und ging zu ihr. »Florian hat mir gesagt, dass Anna sich im Haus gefangen fühlt, und ich habe ihnen geraten, auf die Terrasse zu gehen.« Sie war etwas verlegen.

»Hast du ihnen auch gesagt, dass sie den Rasen mähen sollen?« Frau Mohr blickte Leonie streng an.

Florian hatte zwar nicht verstanden, was Selma gefragt hatte, doch ihre Handbewegung und ihre Blicke sprachen Bände. »Es war meine Idee.« Er war ebenfalls aufgestanden und kam verschwörerisch näher. »Ich glaube, das Arbeiten hat Anna gut getan. Wir wussten nur nicht, ob wir den Schnitt auf den Kompost tun dürfen.«

»Es wäre richtig gewesen.« Frau Mohr blickte auf den Terrassentisch. »Es war eine gute Idee, nach draußen zu gehen.«

»Anna, komm.« Florian zog Anna aus dem Gartenstuhl. »Wir räumen den Rasenschnitt noch weg.«



Kaum waren sie außer Hörweite, als Selma weiter sprach. »Das hat du gut gemacht, Leonie. Ich denke, die Beiden haben noch etwas zu besprechen.« Doch dann hielt sie inne. »Ich glaube, ich habe gerade eine schöne Idee. Warte hier auf mich.«

Sie ging zum Telefon und wählte eine kurze Nummer. »Selma hier. Wie wäre es, wenn wir die verkorkste Rückkehr jetzt hinter uns lassen und einen Spaziergang durch Landsbach machen?« Sie wartete einen Moment.

»Ihr seid einverstanden? Schön.« Sie schien erleichtert. »Ach ja, Maria soll bitte mit ihrem Handschuh kommen. Bis gleich.«

Sie wandte sich wieder an Leonie. »Dorothea und Maria werden uns gleich zu einem Spaziergang abholen. Ich denke, Anna und Florian werden mitgehen wollen. Ich glaube, die beiden brauchen noch so etwas wie einen Anschub.« Sie spürte, dass Leonie etwas zögerte. »Du wirst natürlich auch mit gehen.«

Leonie zeigte auf einmal leuchtende Augen.
600. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 10.02.17 17:25

hallo Karl,

nur ein Satz: Wunderbare Geschichte, wunderbar geschrieben ... ich will mehr davon!

Danke.

Gruß
Machtdom
601. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 10.02.17 18:06

Hallo Karl,

da komme ich heute mit zwei Überstunden im Gepäck nach hause und du gibst mit mit der Fortsetzung den (geistigen) Lohn für die Überstunden.

Danke für´s posten

Kommt am Wochenende noch ein Teil?


Gruß marmas71
602. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 11.02.17 00:22

Hallo gag_coll

Meine Güte, da hast du mich ja echt voll auf die falsche Fährte geschickt, obwohl du nichts angedeutet hast.

Schmach und Schande suf dich. ;_)


Aber trotzdem vielen Dank für deine fortsetzung.


MfG Rainman
603. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 11.02.17 15:33

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

( noch Mittwoch, 15. September 1984 )

»Was für ein Albtraum.« Maria ließ sich in den Sessel fallen, der im Flur ihres Hauses stand.

»Allerdings.« Paul stellte die Koffer ab. »Beuge dich mal etwas vor.« Er kniete sich neben den Sessel und begann, Maria die Bluse und danach das Korsett zu öffnen.

»Endlich wieder daheim.« Mrs. Potter betrat mit Oma Selma den Korridor.

»Hoffentlich hält die Reporterin dicht.« Selma war zeigte ihre Sorgen.

»Was konnte sie denn schon groß sehen?« Paul blickte auf. »Sie hat doch nur gesehen, dass Maria keine Arme hatte.«

»Hoffen wir es.« Dass ihr Enkel sich am Flughafen gegenüber der Reporterin verplappert hatte, behielt sie jetzt für sich. Es war besser, wenn Maria das nicht erfuhr. Außerdem hatte sie schon eine Idee, wie sie der Reporterin eine Brücke bauen konnte.

Sie wartete, bis Marias Arme wieder befreit waren, dann bat sie ihren Enkel zu sich. »Ich möchte nach Anna sehen. Verabschiede dich von Maria und dann komm.«

Mrs. Potter lächelte. »Ihr seht euch ja gleich wieder.« Sie erinnerte daran, dass Herr Steinhagen zum Ausgleich für die verkorkste Ankunft zum gemeinsamen Abendessen eingeladen hatte. Selma hatte mit Blick auf ihre Gäste absagen wollen, doch der Sparkassendirektor bestand darauf, dass sie sie einfach mitbringen sollte.

Paul erhob sich etwas verlegen. »Bis gleich«. Er gab Maria noch einen Kuss, dann folgte er seiner Oma.

* * *

Paul war etwas nachdenklich, als er das Haus betrat. Wie sollte er Anna gegenübertreten? Immerhin hatte er ihr bedingt durch die Behandlungen einige Schmerzen zugefügt. Doch das große Vertrauen, welches Anna in ihn gesetzt hatte, bewirkte, dass sein schlechtes Gewissen etwas kleiner wurde.

Trotzdem war er erleichtert, in sein Zimmer zu kommen, ohne dass er den beiden Flüchtlingen begegnete. Erschöpft ließ er sich auf das Bett fallen. Es war so viel passiert in den letzten Wochen. Doch ein Bild drängte sich in seinen Gedanken nach vorn. Es war Maria, die nur mit ihrem alten weißen Monohandschuh bekleidet auf ihm saß und wie sie ihre gemeinsame Lust genossen hatten. Mit diesem Bild vor Augen schlief er ein.

* * *

»Schön, dass ihr gekommen seid.« Selma begrüßte Maria und Mrs. Potter, die gerade vor der Haustür standen. »Paul ist in seinem Zimmer. Magst du ihn wecken?«

Maria lächelte kurz, dann ging sie mit abenteuerlustiger Miene zu der Tür und drückte die Klinke mit ihren im Handschuh gefangenen Armen herunter.

Paul lag auf dem Bett und schlief. Sie hatte sich immer schon gefragt, wie es wohl sein würde, wenn sie ihm nach den drei Wochen Amerika wieder begegnen würde und vor allem, was sie dabei tragen würde.



»Schon so oft gesehen, und doch immer wieder faszinierend, wie selbstverständlich Maria mit ihrem Handschuh umgeht.« Selma hatte Maria hinterher geblickt, bis sich die Tür geschlossen hatte. Doch dann wurde ihr Blick ernst. »Du musst noch etwas zu unseren Gästen wissen.« Sie nahm den Brief von Frederike von der Flurkommode und rechte ihn Mrs. Potter. »Lies ihn dir durch. Ich sehe in der Zwischenzeit nach meinen Gästen. Ich glaube, sie sind auf der Terrasse.«

* * *

»Hallo Anna, schön, dich wieder zusehen.« Maria deutete eine Verbeugung an. »Die Hand kann ich dir leider nicht geben.« Sie lächelte etwas verlegen.

»Maria!« Anna war gerührt. »Ich bin ja so froh, dass ich hier bin, mit Florian.« Sie suchte seinen Blick. Doch dann fiel ihr Blick auf Marias Arme. »Du trägst ja schon wieder den Handschuh. Warum denn das?«

»Sie muss im Training bleiben.« Selma verfolgte ihren gerade ausgetüftelten Plan. »Übernächstes Wochenende ist ja schon das Fest.«

»Ach ja, das Katrinfest oder so.« Anna war etwas verlegen. »Davon hattest du mir erzählt.«

»Es macht mir wirklich nichts aus.« Maria wollte auf die Fragen ebenfalls noch antworten. Doch dann beugte sie sich zu Anna hinüber. »Und außerdem macht es Spaß, die verwunderten Blicke der Leute zu sehen.«

»Was meinst du Anna, wie sehr die Leute schauen werden, wenn jetzt zwei Monohandschuh-Mädchen durch Landsbach spazieren?« Selma hielt Annas Handschuh in der Hand.

Anna war verwundert. Bisher hatte sie den Handschuh im Rahmen ihrer ´Behandlung´ genauso wie die anderen ´Foltergeräte´ betrachtet. Dass sie ihn jetzt quasi in ihrer Freizeit tragen sollte, war für sie mehr als verwunderlich.

Selma hatte insgeheim mit ihrem Zögern gerechnet. »Du weißt, was die Ärzte gesagt haben? Du musst langsam damit aufhören, damit es keine Muskelschäden gibt.«

»Ja schon.« Sie blickte etwas ängstlich zu ihrem Freund. »Florian hat einen Schwur geleistet, dafür zu sorgen, dass mir nie mehr weh getan wird.

»Der Handschuh tut ja auch nicht weh, wenn er richtig angelegt wird.« Maria mischte sich ein. »Glaube mir Anna, es macht einen ganz großen Unterschied, ob der Handschuh vom Personal angelegt wird oder vom einem geliebten Menschen. Es fühlt sich einfach viel schöner an.«

Ohne dass sie sich abgesprochen hatte, war Paul an Florian herangetreten. »Es gibt ein paar Tipps, wie du es ihr leichter machen kannst. Wenn du möchtest, dann zeige ich sie dir.«

Die Blicke aller Anwesenden richteten sich auf Anna, deren Augen noch von Marias Armen im Monohandschuh gefangen waren. Schließlich bemerkte Anna, dass von ihr eine Entscheidung gefragt war. Sie blickte lange zwischen Maria und Paul hin und her und schien nachzudenken.

Es sprach keiner ein Wort.

»Florian?« Annas Stimme war sehr leise. »Ich möchte erleben, wie es ist, wenn du mir den Handschuh anlegst.« Sie senkte ihren Kopf zu Boden.

Unter Pauls Anleitung schaffte es Florian, sich selbst zu überwinden und Annas Wunsch nachzukommen. Beim Hochziehen des Handschuhs musste Paul noch mit anfassen, auch weil Florians Hände sehr zitterten, doch bei der Schnürung der Arme gewann er zunehmend an Sicherheit.

Unauffällig war Selma näher getreten, denn sie rechnete mit einem ganz bestimmten Ereignis und dafür wollte sie vorbereitet sein.

Je weiter Florian mit der Schnürung nach oben kam, desto stärker wurde der Druck auf Annas Arme. Doch statt der üblichen Schmerzen verspürte sie diesmal eine seltsame Erregung. Ihr Atem wurde heftiger und ging bald in ein starkes Keuchen über.

Gerade als Florian abbrechen wollte, weil er das Keuchen hörte, trat Selma an ihn heran und flüsterte ihm kurz etwas ins Ohr.

Florian stutzte einen Moment, dann ließ er die Schnürung los und nahm Anna in den Arm. Schon da spürte er das Zittern in ihrem Körper. Als der Orgasmus durch Annas Körper raste, versanken sie in einen langen Kuss.

* * *

»Danke!« Anna hatte Tränen in den Augen, als sie wieder zu sich kam. »Ich hatte geglaubt, ich würde dieses Gefühl nie mehr erleben.« Doch dann wurde sie auf einmal traurig.

Florian und Selma bemerkten es als erstes. »Anna, was ist denn los?«

»Ihr seid alle so gut zu mir.« Anna schluchzte. »Das kann ich doch nie wieder gut machen.«

Selma erkannte sofort, welche Worte jetzt gefragt waren. »Jetzt seht erst mal zu, dass ihr zusammen euren Weg findet. Ihr werdet eines Tages eine Gelegenheit finden, mit der ihr euch bedanken könnt.« Sie wischte Anna symbolisch ein paar Tränen weg. »Jetzt müssen wir erst mal euren Alltag organisieren.«

»Entschuldigung, aber können wir dann gehen?« Mrs. Potter stand schon an der Tür. »Doris wartet bestimmt schon.«

»Es geht sofort los, ich muss nur noch Leonie holen.« Selma lächelte. »Sie ist bestimmt wieder in ihrem Käfig.«



»Kommst du?« Selma steckte nur kurz den Kopf zur Tür herein. »Wir wollen dann spazieren gehen mit unseren Gästen.«

Leonie war auf einmal hellwach. Dafür würden sie ihr sicher die Ketten abnehmen. Doch dann wurde sie auch etwas wehmütig. War es jetzt schon vorbei? Seufzend folgte sie Selma. Auf der Hälfte der Treppe nach unten hörte sie auf einmal eine vertraute Stimme.

»Wen haben wir denn da?« Maria wunderte sich »Hallo Leonie, lange nicht gesehen.«

Leonie drehte sich verwundert um und erkannte Maria. Sie begrüßte sie ebenfalls.

»Hübsche Ketten trägst du.« Maria lächelte. »Ich glaube, die kenne ich.«

Leonie lächelte etwas verlegen, dann ging sie auf Selma zu und streckte ihr die Hände entgegen.

»Natürlich mit den Ketten.« Selma verzichtete zugunsten Annas auf ihre üblichen Spielchen. »Blicke dich mal um«, fügte sie hinzu, als sie Leonies verwunderten Blick sah.

»Wir üben für das Fest.« Maria zeigte ihre Arme und ermutigte mit einem Blick auch Anna, ihre Arme zu zeigen.

Fast wie in Zeitlupe verwandelte sich Leonies Gesicht von Zweifel und Angst zu Freude und Lust. Nur ein wenig schimmerte noch die Scheu durch vor so einem neuen aufregenden Abenteuer.

»Wir holen als erstes Doris ab, dann haben wir auch zwei Kettenmädchen.« Mrs. Potter öffnete die Haustür und machte eine einladende Handbewegung.

Doch an der Tür blieb Anna noch einmal stehen und blickte etwas schüchtern nach draußen. »Und es ist wirklich völlig normal, dass wir hier mit dem Monohandschuh durch die Straßen gehen?«

»Naja.« Selma lächelte. »Ohne das Katerinenfest wäre es wohl Erregung öffentlichen Ärgernisses.«

»Mit dem Fest glaubt jeder, dass ich noch dafür üben muss.« Maria lächelte verschmitzt. »Aber jetzt lasst uns gehen.« Sie drängte nach draußen.

Paul und Florian hielten ihre Mädchen im Arm, und zwischen ihnen ging Leonie, die ihr Glück immer noch nicht fassen konnte.



»Wenn du nicht gleich ruhig bist, werde ich dich an die Wand ketten.« Theo ließ genervt seine Zeitung sinken, als er sah, dass seine Verlobte schon zum wiederholten Mal zum Fenster ging und hinaus schaute. »Ich weiß ja, dass du dich freust, doch jetzt bleib doch endlich einmal sitzen.«

»Ich bin so aufgeregt.« Doris trippelte zu ihren Sessel und ließ sich hinein fallen. Um sich etwas zu beruhigen, nahm sie das Poliertuch und machte sich an, noch einmal ihre Ketten zu putzen.

Theo verzichtete darauf, sie daran zu erinnern, dass sie ihre Ketten jetzt schon zum vierten Mal putzte. Andererseits konnte er sie auch gut verstehen. Es gab für sie so gut wie nie eine Gelegenheit, bei der sie ihre Ketten einem Dritten zeigen konnte, ohne schief angeschaut zu werden oder sogar Ärger zu bekommen. Das Fest und seine Vorbereitungen waren ein außergewöhnlicher Glücksfall für sie.



»Jetzt kommen sie.« Theos feines Gehör hatte Leonies Ketten schon gehört, bevor sie an der Tür läuteten.

Sofort wollte Doris aufspringen, doch dann erinnerten sie die Ketten daran, dass sie das Sonntagsgeschirr trug, welches ihre Bewegungsfreiheit schon etwas einschränkte. Es war so gestaltet, dass Essen noch einigermaßen würdevoll möglich war, und langsames Gehen erlaubten ihre Fußketten ebenfalls. Etwas mühsam erhob sie sich. An ihrem schweren Halsreif hing schon die Kette, an der Theo sie gleich durch den Ort führen würde. Ein Traum ging in Erfüllung.

Theo öffnete. »Danke für die Einladung. Wir sind fertig.« Dann erblickte er Leonie. »Na, wie kommst du mit den Ketten zurecht?«

Leonie lächelte etwas verlegen. »Ganz gut.«

Selma trat vor und ging auf Doris zu. »Ich hätte eine Bitte.« Sie beugte sich vor und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Doris blickte zunächst etwas verwundert zu Leonie, dann erhellte sich ihre Miene. »Aber gern.«

Nach der Zustimmung von Doris ging Selma noch zu ihrem Verlobten, und auch er gab seine Zustimmung.

Theo trat an Leonie heran und befestigte auch an ihrem Halsband eine Kette. »Dann kommt, meine Kettenmädels, Landsbach wartet.« Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, doch auch für ihn war es etwas außergewöhnliches, seine Verlobte und ein weiteres Mädchen jeweils an einer Kette durch den Ort zu führen.



Nach einiger Zeit hatte sich Leonie wieder etwas beruhigt. Fasziniert blickte sie auf Doris´ Ketten. »Ich bin mir nicht sicher, aber waren die nicht länger?«

Doris lächelte. »Das ist mein Sonntagsgeschirr.« Sie beschrieb die Eigenschaften der Ketten. »Wenn ich arbeite, sind die Ketten länger, weil ich dann mehr Bewegungsfreiraum brauche.«

Leonie war sichtlich fasziniert.

»Ein Ruhegeschirr habe ich auch noch.« Sie blieb kurz stehen und deutete die ihr dann verbleibenden Kettenlängen an. »Das trage ich immer im Bett, falls er mich nicht anders angekettet hat.«



Anna blickte sehr verwundert auf Doris. Das war jetzt schon das zweite Mädchen, das sie in Ketten erlebte. Und beide Mädchen machten einen äußert glücklichen Eindruck. »Entschuldigung«, fragte sie auf Englisch, »warum sind die Ketten so toll?«

Maria fühlte sich verpflichtet, ein paar erläuternde Erklärungen abzugeben. »Das ist Anna, und sie spricht nur Englisch. Wäre es möglich, auf Englisch weiter zu machen.«

Doris drehte sich zu ihrem Verlobten. »Ich übersetze für dich.« Dann gab sie ihre Zustimmung. »Anna hat gefragt, was an den Ketten so toll ist.« Sie lächelte ihn an. »Ich versuche mal eine Erklärung. Meinem Vater gehört die Schmiede, und ich war schon immer von Eisen fasziniert. Anfangs habe ich mir von den Resten nur Schmuck gebastelt, Halsketten, Armreife und ähnliches. Ich mochte und mag die Schwere und die Kühle des Materials.« Ihre Stimme war sehr schwärmerisch.

»Aber du bist doch gefangen?« Anna hatte das Schicksal, vor dem sie geflohen war, noch deutlich vor Augen.

»Ich liebe es, wenn mir die Ketten meine Bewegungsfreiheit einschränken.« Sie wackelte mit den Armen. »Ich liebe das Geräusch, wenn die Ketten klirren.« Sie gab ihrem Verlobten einen Kuss. »Und natürlich weiß ich, dass er mich befreien würde, wenn ich ihn darum bitte.« Sie blieb stehen und blickte ihn verliebt an. »Das würdest du doch, mich befreien, wenn ich es wünsche?« fügte sie auf Deutsch dazu.

Theo waren die zweifelnden Blicke von Anna nicht entgangen. »So, meinst du?«

Anna hatte die Antwort zwar nicht verstanden, doch sie erkannte, dass die beiden schwer verliebt waren und miteinander spielten. Sie war sich sicher, dass Theo seiner Verlobten nie ernsthaft weh tun würde. Sehnsüchtig blickte sie zu Florian, der ihren verliebten, fragenden Blick beantwortete.



Sie waren schon einige Zeit unterwegs, als sich Florian an Paul wandte. »Ihr habt doch bestimmt einiges Handwerkszeug im Haus?«

Paul bestätigte es. Die kleine Werkstatt war noch vom Opa her bescheiden aber ausreichend gefüllt. »Wofür brauchst du es denn?«

»Ich möchte versuchen Annas Keuschheitsgürtel zu öffnen, der ihr angelegt wurde.« Es war ihm anzumerken, dass ihm das Thema unangenehm war.

»Du willst ihn kaputtmachen?« Paul war sich nicht sicher, ob er Annas Mann richtig verstanden hatte.

»Wie soll ich sie denn sonst da heraus bekommen?« Seine Stimme zeigte, wie sehr er die Maßnahmen von Annas Familie verabscheute.

»Wir könnten versuchen, ihn normal zu öffnen. Ich weiß mittlerweile, dass meine Oma und Marias Erzieherin da durchaus einige Talente haben und vor allem eine große Schlüsselsammlung besitzen.« Paul drehte sich kurz um und wartete, bis seine Oma und Mrs. Potter näher gekommen waren, dann trug er das Anliegen vor.

»Den kriegen wir schon auf.« Selma und Dorothea lächelten sich an.

»Du solltest ihn aber weiter tragen, zumindest, solange du mit dem Handschuh unterwegs bist.« Selma sprach bewusst liebevoll.

»Warum sollte sie das tun?« Florian runzelte die Stirn.

Selma drehte sich um. »Maria, warum trägst du deinen Gürtel?«

»Er gibt mir Sicherheit, weil ich weiß, dass mir nichts passieren kann, solange ich so hilflos bin.« Sie wackelte etwas mit den Armen, um ihre Worte zu unterstreichen.

»Aber damit wäre ich doch schon wieder gefangen.« Annas Stimme klang zwar nicht verzweifelt, doch gefallen wollte ihr der Gedanke auch nicht.

»Naja, es kommt darauf an, wer den Schlüssel hat.« Maria grinste bis zu den Ohren.

Anna erkannte, was sie damit sagen wollte, doch sie wollte es noch direkter hören. »Paul hat deinen Schlüssel?«

»Den Schlüssel und die Fernbedienung.« Letzteres sagte sie etwas leiser. Sie trat näher an Anna heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

»Aber damit wäre der Gürtel doch eher ein Freudengürtel?« Anna war verwundert. »Damit wird er doch quasi umgedreht.«

»Das ist aber genau der Grund, warum du deinen jetzigen Gürtel nicht zerstören solltest, auch wenn er dich sehr an die Vergangenheit erinnert.« Selma ahnte, dass es in Anna arbeitete. »Wie lange trägst du ihn schon, Maria?« Sie blickte Pauls Freundin an.

»Oh, schon Ewigkeiten.« Maria lächelte. »Anfangs hatte ich nur die Verpflichtung, ihn draußen zu tragen. Im Haus hätte ich ihn jederzeit ablegen dürfen.« Sie stutzte einen Moment und drehte sich zu ihrer Erzieherin. »Das ist doch richtig, oder?«

»Ich hatte die Anweisung, ihn dir im Haus abzunehmen, wenn du danach verlangen würdest.« Dorothea schmunzelte. »Aber du hast nie gefragt.«

»Ohne Paul hat er ja auch nicht gestört.« Sie grinste etwas.

»Und jetzt ist er dein Schlüsselherr.« Selma schmunzelte. »Es gibt im Deutschen ein Sprichwort. ´Den Bock zum Gärtner machen.´«

Großes Gelächter war die Antwort. Nur Anna war etwas nachdenklich. »Du lässt dich von ihm in Eisen legen, und ihr seid trotzdem verliebt?«

»Nicht nur das...« Sie trat auf Anna zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Anna wurde für einen kurzen Moment rot.

»Der Gürtel schützt mich, wenn ich den Handschuh trage.« Maria hoffte, das zu sagen, was für Anna wichtig war. »Er gibt mir vor allem Sicherheit.«

Anna blickte lange zu Florian. »Da muss ich erst einmal darüber nachdenken.«

»Es wird dich keiner zu etwas zwingen.« Selma blickte Anna liebevoll an »Wir erklären dir nur, warum Maria ihren Gürtel trägt.« Sie spürte, dass Anna jetzt Zeit zum Nachdenken gebrauchen.

* * *

»Ich würde gern einen Abstecher zur Zeitung machen. Ich möchte noch einmal kurz mit Andrea reden.« Selma wollte vermeiden, dass Maria von Pauls unabsichtlichen Versprecher erfuhr. Sie ahnte, dass er in der Aufregung selbst gar nicht realisiert hatte, was er getan hatte. »Wartet hier auf mich, es wird sicher nicht lange dauern.«



In der Redaktion waren nur wenige Personen anwesend, und Selma sah Andrea an einem Schreibtisch sitzen. Sie räusperte sich. »Frau Baseling?«

»Frau Mohr?« Andrea stand auf. »Was können wir für sie tun?«

»Gibt es hier einen Raum, wo wir uns ungestört unterhalten können?« Selma blickte sich kurz um.

»Wir können in unser kleines Besprechungszimmer gehen.« Andrea zeigte kurz auf eine Tür.



»Was kann ich also für sie tun?« Andrea versuchte ihre Nervosität zu verbergen.

»Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet. Ohne sie würde Maria vermutlich noch auf der Wache sein.« Selma holte tief Luft. »Ich hätte aber trotzdem eine große Bitte, weil es für uns sehr wichtig ist.«

»Und zwar?« Andrea war um gut Wetter bemüht.

»Sie werden sicher über Marias Ankunft in München berichten.« Sie wartete Andreas Bestätigung ab. »Ich will mich natürlich nicht in ihre Arbeit einmischen, aber ich möchte sie bitten, Marias besondere Armhaltung noch nicht zu erwähnen.«

Andrea spürte, dass sie eine Option zum Handeln hatte. »Nur unter einer Bedingung.«

»Und die wäre?« Selma war eigentlich nicht auf eine Verhandlung eingestellt.

»Ich möchte gern sehen, über was ich nicht berichten darf.« Sie holte tief Luft. »Ich würde Marias besondere Armhaltung gern einmal sehen.«

»Prinzipiell wäre das möglich.« Selma hatte eine Idee. »Könnten wir das gleich morgen beim Interview machen?«

»Sehr gern.« Andrea war erleichtert. »Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich muss jetzt weiter arbeiten.« Vor allem musste sie in ihrem Artikel noch einen ganz bestimmten Satz streichen, bevor sie ihn in den Druck geben konnte, doch das wollte sie nicht zugeben.

»Ich hätte aber noch ein Anliegen.« Selma war es ein wenig unangenehm.

»Ich brauche zehn Minuten, dann bin ich wieder da.« Andrea wollte sich keine Blöße geben.

»Gern.« Selma stand auf. »Ich sage nur draußen Bescheid, dass es länger dauert.«



Die Anderen warteten noch vor der Redaktion, als Selma kurz vor die Tür kam. »Es dauert doch länger.« Sie blickte in die Gesichter und kam ins Grübeln. Gemessen an dem, was sie bisher über Annas Vorgeschichte wusste, war es wohl doch besser, sie zuerst zu fragen. »Anna, kommst du bitte mal.«

Zusammen gingen sie wieder in das kleine Besprechungszimmer. »Wenn du möchtest, dann werde ich jetzt die Reporterin fragen, ob sie etwas Arbeit für dich hätte. Möchtest du?«

Es war gut zu sehen, dass es in Anna arbeitete.

»Leonie glaubt, dass du dich bei uns im Haus auch gefangen fühlst.« Sie wartete die Antwort nicht ab, denn sie wusste, dass Anna es nie zugeben würde. »Hier in der Zeitung könntest du etwas Alltagsluft schnuppern.«

»Ich spreche aber kein Deutsch.« Anna war etwas entmutigt.

Selma brauchte nur zwei Worte, um Annas Ehrgeiz zu wecken. »Noch nicht.«



Andrea betrat den Raum. Sie war etwas erstaunt, als sie Anna mit dem Handschuh dort sitzen sah.

»Das ist Anna Bauer.« Selma stellte sie vor. »Sie ist bei uns zu Besuch und sucht eine Beschäftigung. Könnten sie eine Assistentin gebrauchen? Sie spricht bisher allerdings nur Englisch.« Sie nahm den Brief von Frederike zur Hand und las einige Stellen vor.

Andrea zögerte. »Das muss mein Chef entscheiden.«

»Für das Fest ist ja sicher noch viel zu tun.« Selma hatte auf einmal eine Idee. »Anna könnte ihnen bestimmt zur Hand gehen.«

»Was könnte ich denn tun?« Annas Stimme zeigte, dass sie von der Aussicht, arbeiten zu können durchaus angetan war.

»Ein paar Botengänge, für die Redaktion Essen holen, ...« Andrea hatte keine Ahnung, welches Wissen sie bei Anna voraussetzen konnte; sie zählte einfach die eher unangenehmen Aufgaben auf.

»Ich musste noch nie arbeiten.« Annas Stimme war in diesem Moment sehr nachdenklich.

»Da ist mein Chef.« Andrea stand auf. »Ich hole ihn kurz dazu.«



»Das ist Anna Bauer, sie spricht aber nur Englisch.« Andrea betrat wieder das Zimmer und hatte ihren Chef im Schlepptau. »Ich könnte eine Assistentin wirklich gut gebrauchen.«

»Mehr als ein Taschengeld können wir aber nicht zahlen.« Der Chef war von dem Anliegen nicht begeistert, aber er wollte auch nicht absagen, dass war ihm deutlich anzumerken.

»Frau Bauer kann auch nur vier Stunden pro Tag arbeiten, sie bekommt auch noch Deutschunterricht.« Selma hatte das Gefühl, sich in die Diskussion einmischen zu dürfen.

»Außerdem schadet es meinen Mitarbeitern bestimmt nicht, wenn sie etwas Englisch reden müssen.« Er lächelte ein wenig.

»Sie wären einverstanden?« Andrea war sich bei den Reaktionen ihres Chefs nie so ganz sicher.

Der Chef gab Anna die Hand. »Morgen früh um Acht ist die Besprechung fürs die Wochenendausgabe. Ich würde mich freuen, sie dabei begrüßen zu dürfen.« Er drehte sich zur Tür. »Sie müssen entschuldigen, aber ich habe viel zu tun.«

Andrea verdrehte ein wenig die Augen, doch dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. »Das wäre geschafft.«

»Ich danke ihnen.« Selma stand ebenfalls auf, dann drehte sie sich zu Anna. »Morgen hast du deinen ersten Arbeitstag bei der Zeitung. Andrea wird sich um dich kümmern.«

Anna wusste zunächst nicht, was sie sagen sollte, doch tief im Inneren fühlte sie, dass es eine erste Gelegenheit war, sich erkenntlich zu zeigen. Außerdem hatte Leonie recht gehabt, in dem Haus fühlte sie sich immer noch wie eine Gefangene.

* * *

Nachdem sie ihren Spaziergang für eine Weile fortgesetzt hatten, hielt auf einmal eine schwarze Limousine neben ihnen. Herr Steinhagen stieg aus.

»Ah, hier sind sie.« Er blickte sich um. »Ich hatte sie heute zum Essen eingeladen, als Entschädigung für die verkorkste Ankunft. Doch mir ist etwas dazwischen gekommen. Wäre es möglich, dass wir es vorziehen?«

Erst jetzt entdeckte er die Ketten, die sowohl Doris als auch Leonie trugen. »Sie sind auch eingeladen.« Er verbeugte sich symbolisch vor Theo und Doris. »Ich wollte mich schon länger für ihre gute Arbeit bedanken.«

Selma fand als erste ihre Worte wieder. »Wir danken für die Einladung.« Sie blickte zu Mrs. Potter. »Wo findet das Essen statt?«

»Ich habe in der goldenen Traube einen Tisch reserviert.« Er blickte auf die Uhr. »Für jetzt?« Er war ein wenig verlegen.

»Meinen sie, wir sollten so wie wir sind..?« Selma sprach nicht weiter.

»Das wäre mein Wunsch.« Herr Steinhagen blickte fast etwas verliebt auf die Mädchen, die etwas verlegen versuchten, ihre Fesseln zu verbergen, soweit das überhaupt möglich war.

»Mit den Ketten und den Handschuhen?« Selma wiederholte ihre Frage jetzt etwas deutlicher. »In die goldene Traube?« Aus ihrer Betonung war zu entnehmen, dass sie den Gedanken, mit den Ketten und Monohandschuhen in das einzige Sterne-Restaurant der Stadt zu gehen, sehr befremdlich fand.

Der Sparkassendirektor nahm Selma beiseite und sprach leise weiter. »Ich möchte einfach mal wissen, wie viel Macht ich hier in der Stadt wirklich habe.« Seine Stimme war leicht grimmig. »Außerdem ist mir der Besitzer noch einen Gefallen schuldig.«



»Wir sind eingeladen?« Leonie preschte wie üblich vor. »So wie wir sind?« Ihre Stimme zeigte viel ihre Verwunderung.

»So hat er es gesagt.« Selma selbst war auch verwundert. »Und unser Tisch sei auch schon reserviert, sagte er.«

»Dann sollten wir gehen.« Theo legte den Arm um seine Doris. Er schien zu wissen, wieviel dies seiner Verlobten bedeutete.



Herr Steinhagen wartete schon vor dem Eingang des Restaurants. Es konnte sich zwar nicht mit den Nobelrestaurants der Hauptstadt messen, doch hier war es das erste Haus am Platz. »Ich freue mich, dass sie meiner Einladung gefolgt sind.«

»Wir danken nochmals für die Einladung.« Selma sprach für alle.

»Ich hoffe, damit kann ich den unrühmlichen Empfang von heute ein klein wenig wieder gut machen.« Er machte eine einladende Handbewegung.

Doris zitterte am ganzen Körper. Schon die ganze Zeit während des Spaziergangs über war sie sehr aufgeregt, weil sie ihre Ketten zeigen durfte. Jeder konnte jeder, der es erkennen wollte sehen, dass sie Theo gehörte und dass sie seine Eisen trug.

Anfangs hatte sie noch verschämt nach unten gesehen, weil sie glaubte, sich der Ketten schämen zu müssen, doch mit jedem Schritt wuchs ihre Selbstsicherheit. Es hing aber wohl auch mit Leonie zusammen, die ebenfalls von Theo an der Kette gezogen wurde, und diese hatte mit der plötzlichen Öffentlichkeit überhaupt keine Probleme.

Doch jetzt sollte sie auch noch das Restaurant betreten, vor dessen Preisliste Doris sich sonst immer die Nase platt gedrückt hatte. Dieses teure Restaurant hätten sie sich nie leisten können. Und jetzt waren sie nicht nur dorthin eingeladen, sie sollten es auch mit ihren Ketten betreten dürfen. Doris glaubte zu träumen.

»Mit diesen Ketten dürfen sie aber nicht hier herein.« Der noch recht junge Ober hielt die Mädchen auf, als sie hinter dem Sparkassendirektor das Lokal betraten.

»Sie sind neu hier?« Der Direktor gab sich unbeeindruckt. »Bitte sagen sie dem Chef, dass Herr Steinhagen auf seine Reservierung wartet.«



Gleich darauf kam der Ober in Begleitung seines Chefs zurück. »Rudolf, schön dich zu sehen.« Er umarmte den Direktor zur Begrüßung kurz. »Kommt herein, ich habe für euch den großen Tisch am Fenster vorbereitet.« Dann drehte er sich zu seinem Angestellten. »Das ist Herr Steinhagen mit seinen Gästen.«

Der Ober gab sich kleinlaut. »Aber die Ketten und diese Armsäcke?«

»Wenn Herr Steinhagen Gäste mitbringt, sind sie willkommen.« Es war dem Chef anzusehen, dass er seinem Angestellten noch mehr gesagt hätte, wenn sie allein gewesen wären. »Und helfen sie bitte den Damen beim Hinsetzen.«

»Ich glaube, ich träume.« Doris sprach aus, was alle dachten.

»Wenn die bezaubernde Maria ihre Freundinnen mitbringt, sind diese ebenfalls herzlich willkommen.« Er zwinkerte kurz. »Und natürlich sind sie alle sehr ehrgeizig und möchten bei jeder sich bietenden Gelegenheit für das Fest üben.«



Nachdem alle Platz genommen hatte, kam der junge Ober zurück an den Tisch. »Ich möchte mich in aller Form bei ihnen entschuldigen. Ich bin neu hier.«

»Es ist in Ordnung.« Herr Steinhagen lehnte sich zurück.

»Was möchten sie trinken?« Der Ober zückte seinen Block.



Maria fiel auf, dass einige Leute an den Nachbartischen zunächst etwas verwundert auf ihren Tisch schauten. Doch ab und zu machte der Chef in seinem Lokal die Runde und sprach kurz mit den Gästen. Gleich darauf hörten die Blicke auf.

Maria war sichtlich beeindruckt. Der Sparkassendirektor schien doch einen gewissen Einfluss im Ort zu haben.



Nach der Vorspeise wurden sie noch mal gestört. Der Polizeichef persönlich trat an den Tisch und entschuldigte sich noch einmal bei Maria und Paul für die überzogene Aktion seines Beamten. »Sie verstehen sicher, dass wir auch unsere Arbeit machen müssen.«

Mrs. Potter ahnte, dass noch etwas kommen würde. »Sie wünschen?«

»Wir benötigen von Maria und Paul noch eine Zeugenaussage.« Er war sichtlich verlegen. »Ich schicke morgen zwei Beamte bei ihnen vorbei, sie müssen nicht auf die Wache kommen.« Er war sichtlich bemüht, keinen neuen Ärger zu verursachen. »Wann würde es denn passen?«

Mrs. Potter schien Marias Termine im Kopf zu haben. Sie nannte eine Uhrzeit. »Wird es lange dauern?«

»Ich denke nicht.« Der Polizeichef bedankte sich. »Und jetzt lassen sie es sich weiter schmecken.«



Es war schon dunkel, als sie das Restaurant verließen. Die Nacht war warm.

»Es ist wie ein Traum.« Doris schmiegte sich in Theos Arme.

»Genieße es« Theo ahnte, dass sich so ein Abend so bald nicht wiederholen würde. Doch durch das Fest hatte jeder Verständnis dafür, wenn die Mädchen so fleißig für ihre Rolle übten.

Zum Essen hatte Anna sich ihren Handschuh von Florian abnehmen lassen, jetzt trug sie ihn wieder, nach dem sie ihrem Freund versichert hatte, dass es ihr wirklich nichts ausmachte.

Auch Leonie hatte den Abend mehr als genossen, seid sie wusste, für welchen Zweck sie die Ketten trug und welche Zukunft auf sie wartete.

Maria hatte sich nach dem Essen ihren Handschuh ebenfalls gleich wieder anlegen lassen, sie genoss es sehr, in solch einer Umgebung ihre ´Pflicht´ zu tun.



Florian schloss die Wohnungstür und führte Anna ins Wohnzimmer.

»Das war schön!« Anna hatte es zum ersten Mal geschafft, ihre Vergangenheit komplett hinter sich zu lassen und ihre neuen Gefühle in der Freiheit zu genießen. »Jetzt kannst du mir den Handschuh abnehmen.« Sie lächelte zu Florian.

»Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.« Florian machte sich daran, die Riemen zu öffnen. »Du scheinst das ja wirklich zu mögen.«

»So ganz ohne Zwang hat es etwas Erotisches«, schwärmte Anna. »Ich fühlte mich sehr geborgen, wenn du bei mir bist.«

»Das hört sich an, als wolltest du den Handschuh jetzt wohl häufiger tragen« Florian zog das Leder herunter und legte es zusammen.

»Naja, häufiger als früher geht ja wohl schlecht.« Anna seufzte. »Und wenn das Fest vorbei ist, wird es nicht mehr so einfach möglich sein, den Handschuh draußen zu tragen.«

»Du hast dir darüber schon Gedanken gemacht?« Florian war verwundert.

»Hey!« Anna stupste ihren Mann an. »Du sagst doch immer, dass ich nach vorn denken soll.«

»Das Haus bleibt uns ja auch noch.« Florian zog seine Frau zu sich heran. »Und wir haben mittlerweile einige Freunde, die ähnlich denken.«

Gemeinsam versanken sie in einen langen Kuss.



Selma wusste, dass sie noch etwas tun musste. Sie ging zu Leonies Zimmer und klopfte an die Tür. »Leonie, bist du noch wach?«

»Kommen sie herein«, war von Leonie zu hören.

Selma öffnete die Tür und trat ein.

Leonie stand am Fenster und blickte verträumt in die Nacht hinaus. »Schade, dass es jetzt vorbei ist.«

»Bist du mir böse, dass ich dich so hinters Licht geführt habe?« Selma versuchte, die wahren Gedanken ihres Schützlings zu erfahren.

»Nein, überhaupt nicht.« Leonie drehte sich langsam um. »Es war wie ein Traum. Etwas, das ich mir schon immer gewünscht hatte.«

»Was hällst du davon, wenn wir ab morgen noch etwas strenger machen?« Selma versuchte Leonie ihre Idee schmackhaft zu machen. Außerdem reizte es sie, seid langem mal wieder ein Mädchen auf diese Weise zu konditionieren.

»Wie meinen sie das?« Es war Leonie anzusehen, dass sie nicht wusste, was kommen würde.

»Wir verkürzen deine Ketten, so dass du weniger Bewegungsfreiraum hast.« Selmas Stimme hatte etwas Schwärmerisches, ohne das sie es wollte. »Und wir bringen noch etwas mehr Ketten an dir an.«

Leonie blickte kurz an sich herunter, doch zu einer Antwort war sie nicht fähig.

»Meinst du nicht, dass du auch dann noch ausreichend Bewegungsfreiraum hast, wenn kurze Ketten deine Ellenbogen und Knie zusammen halten.« Sie zeigte mit den Fingern eine Strecke von vielleicht zehn Zentimetern.

Leonie nahm unwillkürlich die Haltung ein, die ihr mit den Ketten vermutlich aufgezwungen werden würde. Doch sie blickte Selma zunächst zweifelnd an. »So etwa?«

»Denke darüber nach.« Selma wusste, auf welchen Registern sie spielen musste. Es war wichtig für Leonie, dass sich ihre Gedanken mit der Zukunft beschäftigt waren und nicht mit der Vergangenheit. »Ich erwarte morgen früh deine Entscheidung.« Sie verließ das Zimmer, nachdem sie ihr eine gute Nacht gewünscht hatte.

Selma lächelte. Leonie würde noch lange über die Entscheidung grübeln, die vor ihr lag.
604. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 11.02.17 16:12

Danke für die, wieder wunderbar gelungene, neue Fortsetzung.
Ich freue mich schon auf die Nächste.

Gruß Machtdom
605. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 12.02.17 02:25

Hallo cag_coll.

Vielen Dank für deine Mühe. Wieder mal ein hervorragender Teil.

Aber der Baron dreht ja wohl langsam am Rad! Wie kann der nur seine Haupdarstellerin bei der Polizei so anschwärzen. Hoffentlich fängt er mit solchen Sachen an sein eigenes Grab zu schaufeln.

Aber noch was anderes. Die Hütte oben auf den Bergen wird jetzt wohl wegen überfüllung geschlossen werden müßen. Oder die bauen an.

MfG Rainman
606. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 12.02.17 09:18

Hallo gag_coll,

danke für´s schreiben.

Die Vitamine der B Form werden ja ganz schön beansprucht......

Freue mich schon auf den nächsten Teil

Schönen sonnigen Sonntag

Gruß marmas71
607. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 12.02.17 12:02

Gratuliere gag_coll!

Es geht so weiter, wie ich es mir in meinen kühnsten Gedankenspielen nicht vorgestellt habe! Und ich grübelte mehr als einmal darüber nach! Zeit genug zum Grübeln war ja. Soooo lange, wie der Lese-Nachschub gebraucht hat! Aber das Warten hat sich wirklich gelohnt!

Danke für die Mühe und viele Arbeit, die so eine Story macht!

Meine Bestleistung war bisher mit 6 Pets (3 Ponies, 2 Doggies+1 Drachen) zusammen zu Fuß einen längeren Fußmarsch zu einer Fetish-Party. Jeweils in vollem Ornat ließen sie sich von mir an der Leine führen. Ponies mit auf dem Rücken gefesselten Händen, Doggies zunächst mit vorne gefesselten Händen. Zwischenstation ein sehr beliebtes Cafe. Alle Gespräche verstummten, als ich mit meinen Pets das Cafe betrat. Die hatten alle ordentlich zu gucken und ihnen fielen fast die Gläser bzw. das Essen aus der Hand. Eine sehr unterhaltsame Runde und wir hatten viel Spaß.
Die Kellnerin war innerhalb von Sekunden da, als einer der Doggies laut "Wuffff!!!!" bellte. Wir bestellten. Und als die Bedienung mit den gewünschten Getränken und Speisen wieder erschien, fragte sie, wer was bekommt. Und immer wenn sie es an den richtigen Platz stellte, wieherte eins der Ponies bestätigend. Und ich kam aus dem Breitest-Grinsen gar nicht mehr raus.
Als wir aufbrachen, kleine Verschärfung: Nun mussten die Doggies und der Drachen auf allen Vieren die letzten 300 m bis zur Party-Location laufen. Es war ein Genuss, die Gäste im Cafe zu beobachten. Und noch vielmehr die zahlreichen Passanten auf dem Mehringdamm und in der Bergmannstr. (Berlin-Kreuzberg). Aber auch am Eingang der Fetish-Party große Augen. Sowas hatten sie bis dahin wohl auch noch nie gesehen. Es war ein genialer Tag und Abend. Zog sich bis in den frühen Morgen. Und das allerschönste: An der Leine folgten mir auch wieder alle brav in meine Wohnung!
Ja, sowas erlebt man wohl nur einmal im Leben, bzw. die Wiederholung kann nur schlechter werden.

Aber auch mit zwei Mädels an der Leine, die in Ketten gelegt, Monohandschuhe tragen oder gar Reverse-Prayer mittels dekorativen Stahlfesseln, macht das bestimmt viel Laune.
Je lockerer man sowas durchzieht, desto weniger Probleme macht das auch dem (unfreiwilligen) Publikum.

An deiner Stelle würde ich das ein wenig mehr ausschlachten, was die Reaktion der anderen Leute angeht, denn die sind sehr vielfältig und beschreibenswert. Und wir sind unendlich neugierig darauf!

Ich bin sehr, sehr, sehr gespannt darauf, was Du dir hast einfallen lassen!

Weiter so!

Und mehr!

Viel mehr!
608. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 12.02.17 22:10

Zu erst mal gag_coll.

WAHNSINN!!!!!!!!!!!!


Habe die letzten beiden Teile gelsen.Sie waren toll geschrieben.Bin echt gespannt wie es weiter geht.Aber sag mal ist es nicht etwas gefährlich Anna und Florian so frei rum laufen zu lassen.Was ist wenn ihre Familie dort nach schaun läßt und sie entdeckt.Vor allen wenn auf grund der modernen Medien und Komunikationsmittel die Bilder schnell dir Runde machen.Denn es dürften sicher einige Fotos gemacht worden sein.

Abder davon mal abgesehen,mal schaun wie es weiter geht.Der Versuch des Barons die Schuld auf Maria ab zu schieben ist auf den ersten Gedanken clever.Aber wenn die Polizisten keine Idioten sind,werden sie die Löscher schon finden und wenn es gar einen cleveren unter ihnen gibt,wird er vermuten das da so einiges faul ist und es nach gehen.Aber lassen wir uns überraschen.Zu mindestens ist er ein ziehmliches Arschloch.

Mal schaun wie es mit Leonie weiter geht.

Also dan bis zum nästen Teil.

mfg Wölchen

609. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 12.02.17 22:21

Hallo Wölchen,

im September 1984 waren die neuen Medien noch nicht so schnell.

Gruß marmas71
610. RE: Maria

geschrieben von M.J. am 12.02.17 23:07

Was ich bei der Story "Maria" so sensationell finde:Im realen Leben hat man Erlebnisse in einem eng begrenzten Zeitraum. Vielleicht im Maximum ein Wochenende lang oder so.

Bei Maria selbst ist ja praktisch das ganze Leben eine ganze Session. Ohne Ende.

Das lässt mein Kopfkino galoppieren.

Mein reales Leben gefällt mir richtig gut. Habe ich selbst doch schon ne ziemliche Menge Dinge im Fetisch-, Bondage,- SM- und Petplay-Bereich selbst angestellt und erlebt.

Aber einen solchen Dauerzustand wie Maria und Konsorten, den habe selbst ich nicht erlebt.

Hinter den Kulissen war alles ganz profan, normal und spießig. Top-Dominas, auch sehr bekannte. Toll in ihrem Job. Aber irgendwann ist Feierabend. Und dann?

Nicht weiter erwähnenswert.....

Dagegen hier die Geschichte: In der Sache ja nicht extrem. Das lässt sich alles trainieren. Sieht in der Realität evtl. nicht so ideal aus wie auf Zeichnungen oder bearbeiteten Bildern.

Die Wirkung kommt aber erst durch das permanente Vorhandensein des Fetisch-Auslebens. Das hat eine enorme emotionale Tiefenwirkung. Zuviel für die allermeisten Menschen.

Aber es gibt immer wieder Einzelfälle.

Und von denen träume ich, wenn ich "Maria" lese. Immerhin habe ich ähnliche Abenteuer selbst erlebt bzw. auf die Beine gestellt. Das mit dem Restaurant geht recht problemlos. Ob in einem Provinz-Kaff? Sicherlich nicht ohne vorherige Absprache. Aber Gastronomen sind für Vieles offen.

In der heutigen Zeit, also 2017 wären alle Protagonisten um "Maria" herum schon längst wegen Misshandlung verhaftet worden. Deshalb das nach 1984 versetzen. 1984? Da war doch noch was?
Nein, zu George Orwell passt die Story wirklich nicht. Aber 1984 waren solche Sachen eher möglich als heute. Weil sie niemand auf dem (Bild-)Schirm hatte. Weil solche Leute wie eine Fata-Morgana irgendwo auftauchten und wieder verschwanden. Und heute gibt es über so etwas Zigtausende Bilder. Überall per Smartphone abrufbar. Auch für die Moralapostel.

Sehr sehr gespannt auf die weiteren Teile!

Ich genieße!!!!!

M.J.

611. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 15.02.17 05:37

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Donnerstag, 16 September 1984

»Guten Morgen, Leonie.« Selma begrüßte ihren Schützling, der schon früh aufgestanden war. »Du konntest wohl nicht mehr schlafen?«

»Guten Morgen, Frau Mohr.« Leonie hatte es schon lange aufgegeben, Selmas hellseherische Fähigkeiten zu hinterfragen. »Ja, ich hatte wilde Träume.«

»Jetzt frühstücken wir erst einmal.« Selma lächelte. »Und dann haben wir etwas zu besprechen.« Sie sah kurz auf die Kommode, auf der sie schon etwas vorbereitet hatte.

Leonie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, während sie ihr Frühstück genoss, doch die so demonstrativ auf der Kommode bereitgelegten Ketten und Lederriemen konnte sie nicht ignorieren. Sie zwang sich zu Ruhe, obwohl es wild in ihr tobte.



»Nun, hast du dich entschieden?«, fragte Selma, nachdem Leonie ihr Besteck beiseite gelegt hatte.

»Sie verlangen immer Entscheidungen von mir und sagen mir erst hinterher, welches die Konsequenzen sind.« Leonie hatte sich lange überlegt, was sie sagen wollte.

»Das sind die Bedingungen.« Selma hatte mit so einem Vorwurf durchaus gerechnet. »Es steht dir aber jederzeit frei, zu gehen.«

»Ich wüsste gern, für was ich mich entscheide.« Leonie war mittlerweile mutig genug, ihren Gedanken auszusprechen.

»Du musst Erfahrungen sammeln.« Selma lehnte sich zurück. »Und wie willst du das machen, wenn du es gar nicht ausprobierst?«

Leonie seufzte. »Sie haben ja Recht.«

»Du musst mit dem Herzen entscheiden, nicht mit dem Kopf.« Selma blickte Leonie lange an. »Ich kann dir viele deiner Wünsche erfüllen, aber nur, wenn du auch dazu stehst.«

Leonie blickte jetzt ganz offen zu der Kommode, auf dem die neuen Fesselsachen bereit lagen. Doch sie schwieg.

»Meinst du nicht, es wäre eine wichtige Erfahrung zu wissen, wie es ist, mit weniger Bewegungsfreiraum auskommen zu müssen?« Selma sagte den Satz recht beiläufig, doch sie wusste, dass er bei Leonie Gedankenstürme auslösen würde.

Leonie schwieg.

»Wenn jede Bewegung wegen der Ketten anstrengend ist, und du vor jedem Weg überlegen musst, ob sich die Mühen auch wirklich lohnen.« Selma sprach ruhig weiter, obwohl sie wusste, was ihre Worte bewirkten.

»Wie lange werde ich das tragen müssen?« Leonie versuchte noch einen kleinen Kampf gegen ihr drohendes Schicksal, von dem sie jedoch wusste, dass er von vorn herein aussichtslos sein würde.

»Wenn du danach verlangst, werde ich dir alle Ketten abnehmen.« Selmas Stimme wurde auf einmal ernst. »Aber dann musst du sofort unser Haus verlassen.«

Leonie schrak auf. Das war das Letzte, was sie wollte. »Bitte, ich möchte es probieren.« Dass sie auf ihre eigentliche Frage keine Antwort bekommen hatte, entging ihr.

»Probieren?« Selma runzelte die Stirn.

Leonie erkannte ihren Fehler. »Bitte legen sie mir die zusätzlichen Fesseln an.« Sie antwortete fast etwas hastig, denn sie wollte ihren Fauxpas korrigieren.

Selma stand auf. »Wir beginnen mit deinen Ellenbogen.« Sie trat an die Kommode und nahm einige der Gegenstände hoch. »Komm bitte zu mir und drehe dich mit dem Rücken zu mir.«

Leonie zitterte, als sie der Aufforderung nachkam. Gleich darauf fühlte sie, dass sich oberhalb ihrer Ellenbogen jeweils ein Lederriemen um ihre Arme oberhalb der Ellenbogen legte. Gleich darauf hörte sie leises metallisches Klirren und spürte ein Ziehen an ihren Ellenbogen.

»Wenn du mit den Lederriemen klar kommst, können wir es von Herrn Schwerterle auch in Metall anfertigen lassen. Möchtest du das?« Selma signalisierte, dass sie fertig war.

»Muss ich mich sofort entscheiden?« Leonie träumte zwar von einem Leben in strenger Fesselung, doch sie wollte es auch nicht überstürzen. Sie hatte in der Vergangenheit schon öfters die Erfahrung gemacht, dass gerade in Zusammenhang mit Bondage Eile ein schlechter Ratgeber war.

»Natürlich darfst du das später entscheiden.« Selma gab ihr einen leichten Klaps auf die Schulter. »Jetzt gewöhne dich erst mal an die neuen Fesseln, und wenn du damit klar kommst, kümmern wir uns um deine Beine.«

»Danke, Frau Mohr.« Es war für Leonie zur Selbstverständlichkeit geworden, sich für ihre Einschränkungen zu bedanken.

»Du könntest unser Geschirr wegräumen.« Selma versuchte ihr Lächeln in der Stimme zu unterdrücken. »Paul wird später noch frühstücken.«

Leonie nickte kurz, dann wollte sie wie gewohnt mit den Händen zugreifen. Sie erschrak geradezu, als sie die Wirkung der neuen zusätzlichen Fesselung spürte. Wenn sie eine Hand vor den Körper führen wollte, musste sie den anderen Arm bedingt durch die neue Kette auf den Rücken zurückziehen. Unwillkürlich entglitt ihr ein Fluch.

»Was sagtest du?« Selma hatte Schwierigkeiten, ihr Grinsen zu unterdrücken. Insgeheim ergötzte sie sich an den Mühen, die sie Leonie jetzt zusätzlich verursachte.

»Nichts, nichts.« In Leonie erwachte der Stolz. Sie würde sich nichts anmerken lassen und trotz der neuen Fesselung ihre Arbeit erledigen. Sie seufzte ein wenig. »Es ist nur etwas ungewohnt.«

»Du musst halt mehrmals gehen.« Selma kam nicht umhin, etwas auf dem sadistischen Register zu spielen. »Zumindest solange du das noch machen kannst.« Sie blickte deutlich auf die Beinfesseln, die noch auf der Kommode warteten.

Leonie seufzte wieder, doch diesmal blieb sie stumm.

* * *

»Guten Morgen«, Paul stand noch etwas verschlafen in der Küchentür. »Warum hast du mich so lange schlafen lassen?«

Selma lächelte vom Frühstückstisch, der noch für Paul gedeckt war. Sie erwiderte den Gruß. »Du hast sicher noch Jetlag, und nach dem Horrortag gestern...«

»Das war wirklich ein Albtraum, als ich den Streifenwagen mit Maria wegfahren sah.« Er seufzte, doch dann fiel sein Blick auf die Zeitung, die neben seinem Gedeck lag. »Was hat sie denn geschrieben?«

Seine Oma machte nur eine Handbewegung in Richtung der Zeitung.

Paul fiel nur nebenbei auf, wie gelassen sie dabei blieb. Anscheinend hatte die Reporterin Wort gehalten. ´Maria Beller aus dem Flugzeug heraus verhaftet.´ So lautete die heutige Schlagzeile des Landsbacher Boten.

Paul verschlang den Artikel, ohne einmal aufzublicken. Andrea hatte wirklich ihr Wort gehalten und von Marias besonderer Armhaltung nichts erwähnt. Der Schwerpunkt des Artikels war die unsensible ´Verhaftung´ von Maria durch den offensichtlich unfähigen Kommissars. Nur zwischen den Zeilen war zu lesen, dass Andrea noch einige spannende Ankündigungen machte.

»Sie hat Wort gehalten.« Paul blickte auf.

»Jetzt stehen wir schon doppelt in ihrer Schuld.« Selma seufzte. »Ich mache mir etwas Sorgen wegen Maria.«

* * *

»Die Prinzessin ist schon wach?« Mrs. Potter blickte von der Zeitung auf.

»Was für ein Albtraum.« seufzte Maria, nachdem sie ihrer Erzieherin einen guten Morgen gewünscht hatte. Doch dann fiel ihr Blick auf die Zeitung, die Mrs. Potter wieder zusammengelegt hatte. »Ich hatte schon gehofft, es wäre nur ein schlechter Traum gewesen.«

»Sie hat einen ziemlich dramatischen Artikel geschrieben.« Dorothea zeigte mit der Hand auf die Schlagzeile.

»Hat sie das Gebet erwähnt?« Maria ärgerte sich im Nachhinein über die Idee, das Flugzeug damit zu verlassen.

»Nein, sie hat dicht gehalten.« Dorothea legte die Zeitung neben Marias Gedeck. »Aber lies selbst.«

Maria nahm einen Schluck vom duftenden Kaffee, dann vertiefte sie sich in die Zeitung.

* * *

»Frau Beller hat mir einen langen Brief geschrieben, in dem sie uns mitteilt, was für Maria bis zum Fest so alles wichtig werden wird.« Selma zeigte die vier Blatt Papier, die vor ihr lagen. »Sie sagt, sie hätte die Termine des Festes von Herrn Greinert bekommen und dann einen Therapieplan aufgestellt. Du hast dabei ganz zentrale Aufgaben.«

Innerlich seufzte Paul. Die Nähe zu Maria brachte viele Verpflichtungen mit sich. Er fragte sich, wie es wohl nach dem Fest sein würde. Doch dann verwarf er seine Gedanken. Maria hatte diese besondere Aufgabe, und es war einfach seine Pflicht, sich rund um die Uhr um sie zu kümmern. Außerdem durfte er für sie die Schlüssel verwalten, die Maria in ihre eiserne Rüstung sperrten.

»Wo ist eigentlich das Schlüsselbund für Maria?« Er erinnerte sich daran, dass er es nicht mit auf die Reise in die Staaten genommen hatte.

»Das liegt hoffentlich in deinem Schreibtisch.« Selma lächelte. »Ich soll jeden Morgen mit dir besprechen, was für den jeweiligen Tag wichtig ist.«

Paul seufzte kurz, als er die Verantwortung erkannte, die ihm aufgebürdet wurde. »Was liegt denn heute an?«

Selma blickte noch einmal auf die Liste. »Für heute ist nur ein ausführliches Rudertraining angesetzt.«

»Wann und wie lange?« Paul ahnte, dass Maria das Rudern nur eher widerwillig durchführen würde.

»Dazu hat sie keine Angaben gemacht.« Selma ließ das Papier sinken. »Aber sie hat angeregt, Anna ebenfalls zum Rudern zu nötigen. Sie meint, es wäre wichtig, dass sich die Muskeln bei Anna regenerieren.«

Pauls Miene zeigte, dass er über Letzteres überhaupt nicht begeistert war.

»Ich werde mit ihr und Florian reden und ihnen die Notwendigkeit erklären.« Selma gab sich zuversichtlich. »Sie werden dann auf dich zukommen.«

Paul gingen diverse Gründe durch den Kopf, warum er nicht auch noch für Anna Verantwortung übernehmen wollte, doch der Blick seiner Oma ließ ihn gedanklich verstummen.

* * *

»Guten Morgen.« Anna und Florian betraten die Redaktionsräume der Zeitung und blickten sich um. Ihr Blick blieb an Andreas Schreibtisch hängen.

»Ah, da bist du ja« Andrea erhob sich und bat Anna zu sich. Doch dann fiel ihr Blick auf Florian. Sein besonderer Blick war ihr aufgefallen, es war eine Mischung aus Liebe und Neid. Andrea begriff sofort, was ihn bewegte. Seine Freundin hatte einen Job und er hatte nichts zu tun.

Sie wies Anna einen Stuhl zu, dann ging sie zu Florian. »Was hast du denn gelernt?«

»Ich habe Maschinenschlosser gelernt«, antwortete er etwas unsicher, weil er nicht wusste, was kommen würde.

»Wenn du möchtest, dann kann ich mich mal etwas umhören, ob jemand Arbeit für dich hat.« Andrea blickte kurz zwischen ihm und Anna hin und her.

Florian hatte seine Bedürfnisse bisher denen von Anna hintenangestellt, jetzt erinnerten ihn die Worte der Reporterin an seine eigene Zukunft. »Wenn es keine Umstände macht?«

»Wo kann ich dich erreichen?« Andrea nahm Block und Stift zur Hand. »Ich habe da schon eine Idee.« Sie lächelte geheimnisvoll.

»Ich wollte heute Frau Mohr im Garten helfen.« Gärtner hatte er zwar nicht gelernt, aber auch er hatte das Bedürfnis, sich nützlich zu machen.

»Dann weiß ich ja, wie du erreichbar bist.« Andrea hatte schon einen ganz konkreten Plan, doch sie wollte ihnen nicht unnötig falsche Hoffnung machen.

»Verabschiede dich von Anna, wir haben gleich einen ersten Termin.« Andrea lächelte und blickte dann höflich weg.

* * *

»Was muss ich denn tun?« Anna hatte bisher stillschweigend zugesehen, wie Andrea ihre Tasche gepackt hatte.

»Wir gehen jetzt zu Maria für ein Interview.« Andrea erklärte ihre Pläne. »Ich möchte einen eigenen Artikel schreiben über ihre Zeit in Amerika.« Der Reporterin fiel sofort auf, dass sich ein Schatten über Annas Miene legte, als sie ihre alte Heimat erwähnte. Sie nahm es zur Kenntnis, vermied es aber, schon jetzt nachzuhaken. »Wir werden das Interview auf Englisch führen, dann kann ich auch gleichzeitig meine Sprachkenntnisse etwas auffrischen, und du kannst gern auch Fragen stellen.«

»Maria ist sehr tapfer und ehrgeizig.« Annas Stimme zeigte, wie sehr sie von Pauls Freundin beeindruckt war.

»Außerdem haben sie mir versprochen, dass ich das Gebet einmal sehen darf.« Andreas Stimme hatte etwas Schwärmerisches.

»Oh ja, das ist wirklich beeindruckend.« Anna deutete an, was sie in den wenigen Momenten von Maria gesehen hatte.

* * *

Auf dem Weg zu Maria lief Paul der Reporterin und Anna über den Weg. »Wo wollt ihr denn hin?« fragte er höflich.

»Maria hat uns ein Interview zugesagt«, erklärte Andrea, dann berichtete sie von den Plänen zu ihrem nächsten Artikel. Er sollte über die Zeit in den Staaten berichten.

»Naja, ich kann nur über die zweite Hälfte berichten, aber die war turbulent.« Er zwinkerte Anna zu, die den Blick etwas wehmütig erwiderte.

»Wenn ich das richtig weiß, wurdest du ja ziemlich überrumpelt mit dem Flug?« Andrea hatte das Talent, ihr Halbwissen einzusetzen, um von den Leuten dann alles zu erfahren.



Auf dem Weg zu Maria erzählte Paul von der Fahrt zum Flughafen und wie er sich dann im Flieger wiederfand.

»Und sie haben dir wirklich nichts gesagt?« Anna fand die Geschichte ebenfalls sehr spannend.

»Naja, sie haben mir dann schon alles wichtige gesagt: Adresse vom Krankenhaus, Hotels in der Nähe und dass ich abgeholt werde.« Paul klang sentimental. »Aber die ganze Zeit hatte ich Bauchschmerzen, weil ich nicht wusste, wie Maria reagieren würde.«

»Sie hat sich doch sicher gefreut?« Anna konnte sich gut in die Situation hinein versetzen.

»Ich glaube schon.« Er berichtete von der Szene, als er mit einem Blumenstrauß ihr Zimmer betreten hatte.

»Ich glaube, wir sind da.« Andrea war den Weg zwar schon öfters gegangen, trotzdem kontrollierte sie noch einmal die Hausnummer.



Mrs. Potter stand schon in der Tür, als Andrea und ihre Begleiter über den Kiesweg schritten. »Kommen sie herein«, sagte sie zur Begrüßung. »Darf ich ihnen etwas zu Trinken anbieten?«

»Ich danke ihnen für die Einladung.« Andrea blickte sich kurz am. »Das ist Anna, sie wird mir etwas assistieren.« Dann nannte sie ihren Getränkewunsch.

Mrs. Potter gab Paul ein Zeichen, dann drehte sie sich um. »Wir gehen ins Wohnzimmer.« Sie schritt voran.

Im Wohnzimmer wartete schon Maria, und es war ihr anzusehen, dass das heutige Interview etwas Besonderes sein würde. Sie erhob sich, um Andrea und Anna zu begrüßen.

Paul betrat den Raum und trug ein Tablett mit den Getränken. Er servierte, dann setzte er sich neben Maria und ergriff ihre Hand.

Andrea griff in ihre Tasche und holte ihr Diktiergerät heraus. »Sie erlauben?« Als kein Widerspruch kam, schaltete sie es an. »Was ist nun alles passiert in den Staaten?«



Maria begann zu erzählen, von der Ankunft, von den ersten Tagen und von ihrer Begegnung mit der echten Prinzessin. Lediglich zum familiären Hintergrund zu Anna hielt sie sich etwas zurück.

Andrea war sichtlich beeindruckt. »Das waren ja richtige Heldentaten.« Sie lächelte.

»Naja«, Maria gab sich bescheiden. »Ich habe schon etwas mit der Prinzessin und Betty mitgefiebert. Und ich bin glücklich, dass es für sie so gut ausgegangen ist.«



»Danke, das war sehr freundlich.« Andrea schaltete ihr Gerät demonstrativ aus. »Jetzt hätte ich noch einen Wunsch.«

»Sie möchten das Gebet sehen?« Mrs. Potter wusste, was die Reporterin bewegt.

»Wenn es machbar wäre?« Andrea hoffte verbergen zu können, dass ihre Neugier diesmal eher privater Natur war.



Andrea stockte schon der Atem, als sie sah, wie Maria sich die Bluse auszog und ihre Arme auf den Rücken so weit in die Position brachte, die sie noch allein einnehmen konnte.

Paul war entsprechend vorbereitet und er legte Maria sofort die nötigen Riemen an, um ihre Arme in der gewünschten Position zu fixieren.

Von Andrea war ein deutliches Keuchen zu hören. »Das ist unglaublich.«

Maria lächelte.

»Und wie lange halten sie das aus?« Andrea hatte vor lauter Faszination gar nicht bemerkt, dass sie plötzlich in das Sie verfallen war.

»Ich habe das Gebet schon sechs Stunden lang getragen.« Ihre Stimme zeigte viel Stolz.

»Und der Arzt hat uns bestätigt, dass sie es auch noch länger ausgehalten hätte.« Paul war nicht minder stolz auf die besonderen Fähigkeiten seiner Freundin.

»Ich bin sprachlos.« Andrea war anzusehen, wie sehr sie beeindruckt war. »Und das werden sie auf dem Fest tragen?«

»Wir hatten das als die große Überraschung geplant.« Maria seufzte. »Aber seit der Ankunft haben es schon so viele Leute gesehen.« Es war ihr deutlich anzuhören, wie enttäuscht sie über den Ablauf der Ankunft war.

Andrea hatte auf einmal einen Kloß im Hals, denn sie hatte erkannt, in welcher verzwickten Lage sie sich befand. Einerseits war Marias Armhaltung tatsächlich die Sensation, andererseits fühlte sie sich jetzt umso mehr verpflichtet, das Geheimnis zu bewahren, bis es im Rahmen des Festes sowieso bekannt werden würde. »Ich bin begeistert.«

»Es ist eine sehr unnatürliche Haltung, und meine Muskeln mussten langsam daran gewöhnt werden.« Sie erinnerte noch einmal an die Übungen und Behandlungen, die sie in den Staaten über sich ergehen lassen musste. »Ohne dich hätte ich das nicht ausgehalten.« Sie lächelte Paul an.

»Stets zu Diensten, Hoheit.« Paul deutete eine übertriebene Verbeugung an.

»Oh Mann«, Andrea seufzte, »Ich wünschte, mein Hans wäre auch so.«

Auch Anna war sichtlich fasziniert. »Ich habe das ja schon in der Klinik gesehen, und ich wollte es nicht glauben.«

Andrea hätte gern bei Anna nachgehakt, doch aus dem Brief wusste sie, dass Marias Mutter darum gebeten hatte, bis auf weiteres nicht in Annas Vergangenheit zu forschen. Andrea war diese Formulierung schon einmal begegnet, und damals hatte sie unfreiwillig eine Person im Zeugenschutzprogramm enttarnt, deswegen war sie jetzt gewarnt. Außerdem hatte Frederike angedeutet, dass sie zu passender Zeit mehr zu Anna erfahren sollten.

»Bereit für das Venus-Korsett?« Paul hielt das weiße Kleidungsstück in der Hand.

»Venus-Korsett?« Andrea wurde hellhörig. »Ich habe bisher immer gedacht, das wäre nur eine Legende.« Erst jetzt fiel ihr auf, dass Maria quasi nur ihren BH trug.



Anna bewunderte Maria. »Dass du freiwillig auf deine Arme verzichtest...«

»Ich bin es gewöhnt.« Maria wurde ein wenig rot. »Außerdem sind sie dann immer so aufmerksam.«

»Wer?« Anna hatte die Zusammenhänge noch nicht verstanden.

»Naja, meine Erzieherin und Paul« Sie wurde noch etwas röter.

»Du bist aber auch sehr hilfsbedürftig, wenn deine Arme so verpackt verpackt sind..« Mrs. Potter lächelte.

»Aber ich bin geschützt.« Maria strahlte ein wenig Stolz aus.

»Da fällt mir noch etwas ein.« Mrs Potter blickte Andrea verlegen an. »Sind sie fertig mit dem Interview?«

»Ja, ich habe jetzt wirklich alles gesehen.« Andrea packte ihre Sachen zusammen und blickte Anna aufmunternd an. »Wir wären dann fertig.«

Doch Marias Erzieherin unterbrach sie. »Ich würde mich gern kurz noch mit Anna unterhalten, allein.«

Andrea blickte auf die Uhr. »Dann machen wir hier gleich Schluss.« Sie gab Anna die Hand. »Für heute hast du genug gearbeitet.« Dann verabschiedete sie sich von den anderen und ging. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Danke für dieses tolle Erlebnis.«

* * *

»Anna, man sagte mir, dass du Probleme mit deinem Keuschheitsgürtel hast?« Mrs. Potter hatte auf einmal einen kämpferischen Blick.

»Den Schlüssel hat mein Vater.« Mit Schaudern dachte sie an den Moment, wie sie von ihm in den Gürtel eingeschlossen wurde. Das lag nun schon ein paar Jahre zurück, und bis vor kurzem hatte Anna schon all ihre Hoffnung aufgegeben, sich wieder einmal berühren zu dürfen. Von mehr wagte sie ohnehin nicht zu träumen.

»Zeig mit bitte einmal das Schloss«, bat Mrs. Potter, nachdem sie Maria und Paul aus dem Raum geschickt hatte.

Anna knöpfte sich die Jeans auf und machte ihren Bauch frei, so dass Marias Erzieherin einen Blick darauf werfen konnte.

»Das dachte ich mir schon.« Mrs. Potter ging zu einer Kommode und zog die zweite Schublade auf, dann nahm sie ein Schlüsselbund heraus. Schon der dritte Schlüssel passte und ein erlösendes Klick war zu hören. »Na also.«

Anna brach in Tränen aus. »Ich hatte schon gedacht, ich würde dieses Scheißding mein Leben lang tragen müssen.« Doch dann bemerkte sie, dass Mrs. Potter auf einmal ziemlich ernst wurde.

»Ich werde dir den Gürtel wieder verschließen.« Dorothea blickte Anna ernst an. »Es ist nicht gut, wenn du selbst den Schlüssel bei dir trägst.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Ich möchte, dass du deinen Florian holst.«

Anna wischte sich ihre Tränen weg, dann blickte sie auf. »Bei Maria ist es doch auch so. Paul hat den Schlüssel?«

»Das siehst du richtig.« Mrs Potter ging zu Tür. »Und nun lauf und hol ihn.«



Anna war etwas außer Atem, als sie bei Frau Mohr klingelt. Doch zunächst öffnete keiner. Sie erinnerte sich daran, dass Florian Pauls Oma ja im Garten helfen wollte, und so ging sie um das Haus herum.

Er stand an den Rosensträuchern und half Selma beim Entfernen der alten Blüten.

Anna ging auf ihn zu und strahlte ihn an. »Er ist offen.«

Florian legte die Schere weg und nahm seine Freundin in den Arm. Doch dann stutze er. »Du trägst ihn aber noch?«

»Es ist zu meinem Schutz, sagt sie.« Anna gab ihm einen Kuss. »Sie möchte uns sprechen.«

»Doro hatte also Erfolg?« Selma war den Worten gefolgt.

»Gleich der dritte Schlüssel hat gepasst.« Annas Worte zeigten neben der Erleichterung auch ein gewisses Zittern.

»Dann solltet ihr sie nicht warten lassen.« Selma lächelte und gab Florian frei. »Wir machen dann später weiter.«



Mrs. Potter hatte eine kleine Schmuckkette vorbereitet, an den sie den für Annas Keuschheitsgürtel passenden Schlüssel angehängt hatte. Sie wusste, dass sie es ein wenig feierlich machen musste.

»Ah, da seit ihr ja.« Sie wartete, bis Anna und Florian im Wohnzimmer Platz genommen hatten, dann begann sie mit den Worten, die sie sich zurecht gelegt hatte. »Wie ihr wisst, habe ich einen passenden Schlüssel für den Gürtel gefunden.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Es gibt also keinen Grund, ihn mit Gewalt kaputt zu machen.«

Außerdem hatte sie Zweifel, ob das überhaupt geglückt wäre. Der Gürtel aus einem sehr hochwertigem Material und hätte einer einfachen Säge oder Zange gewiss widerstanden. Er musste ein Vermögen gekostet haben.

»Anna soll ihn weiterhin tragen, damit sie geschützt ist?« Florian hatte sich mit dem Thema auch schon befasst. »Wann dürfen wir über den Schlüssel verfügen?« Es war eine gewisse Anspannung in seinen Worten, es war offensichtlich, was sie wirklich bewegte.

»Ich habe von diesem Schlüssel noch ein Exemplar, ich kann also gut darauf verzichten.« Sie hob die Kette hoch und reichte sie Florian. »Bitte passe immer gut darauf auf, es ist auch der Schlüssel zu Annas Herzen.«

Florian musste schlucken, dann nahm er die Kette entgegen und hängte sie sich um seinen Hals. »So trage ich ihn nahe am Herzen«, antwortete er leicht poetisch.

Anna saß die ganze Zeit atemlos neben ihm, und jetzt erst erkannte sie, was gerade passiert war. »Sie schenken uns den Schlüssel?«

»Sagen wir mal, ich leihe ihn euch.« Mrs. Potter lächelte. »Es wird eines Tages der Moment kommen, an dem du den Gürtel ablegst, weil du seines Schutzes nicht mehr bedarfst.« Wieder machte sie eine lange Pause. »Ich würde mich freuen, wenn ihr mir dann den Gürtel und den Schlüssel überlassen würdet.«

»Das machen wir, ganz bestimmt.« Anna rutsche etwas nervös auf ihrem Stuhl hin und her.

»Ich glaube, ihr möchtet euch dann sicher zurückziehen.« Marias Erzieherin griff zum Telefon. »Doro hier«, meldete sie sich. »Es ist passiert. Stelle bitte etwas Sekt bereit für die beiden. Ich denke, sie wollen auf ihre neue Freiheit anstoßen.« Dann legte sie wieder auf. »Sie erwartet euch.«



Selma blickte sich noch einmal um. Es war immer wieder faszinierend, wie man mit ein paar wenigen Kerzen und gedämpften Licht eine romantische Stimmung erzeugen konnte. Es war alles bereit für das kleine Liebesnest.

Sie war sich zwar nicht sicher, ob es dann schon gleich passieren würde, doch auf jeden Fall stand etwas Sekt bereit, um auf die neu gewonnene Freiheit anzustoßen. Auch ein paar Kondome hatte sie bereit gelegt.

* * *

Paul war seit den einschneidenden Ereignissen auf der Hütte und in Amerika das erste Mal wieder allein mit Maria in ihrem Zimmer. Er ließ seinen Blick langsam durch den Raum schwenken. Mit einigen der Gegenstände verband er schon eine schöne Erinnerung. Besonders war ihm der Schreibtisch in Erinnerung geblieben, an dem er mit Maria für die Schule geübt hatte.

Mrs. Potter hatte sie herauf geschickt, weil sie unten mit Anna und Paul allein reden wollte. Jetzt war es unten wieder ruhig, und die Schritte von Mrs. Potter waren auf der Treppe zu hören.

Unwillkürlich wollte eigentlich Pauls routinemäßig Marias Hand ergreifen, doch er realisierte, dass Maria noch das Gebet trug. So setzte er sich nur neben sie und legte den Arm um sie. Es gab zwar eigentlich keinen Grund für die Anspannung, doch die Atmosphäre im Zimmer brachte es einfach mit sich.

»So, das wäre geschafft.« Marias Erzieherin betrat das Zimmer und blickte sich um.

»Ließ sich der Gürtel öffnen?« Paul war neugierig.

»Ein sehr hochwertiges Modell.« Mrs. Potter ging auf die Frage ein. »Mit einfachem Werkzeug wäre da nichts gegangen.« Sie blickte aus dem Fenster. »Ich frage mich, warum sie so viel Geld für den Gürtel ausgegeben haben und dann ein Standardschloss benutzen.«

»Wundert mich auch, bei dieser Familie.« Maria lehnte sich mit dem Kopf an Paul.

»Es wären ja noch einige Hausaufgaben zu machen.« Es gehörte zu Mrs. Potters unangenehmen Pflichten, Maria immer an ihre Hausaufgaben zu erinnern, egal ob es um die Schule oder das Programm ging. »Aber wie wäre es, wenn wir mit Morgen tauschen.«

»Oh ja, sehr gern.« Maria war von dem Vorschlag sichtlich angetan. Doch als sie Pauls fragendes Gesicht sah, musste sie lächeln. »Für Morgen ist das Tragen des Gebetes dran und heute müsste ich rudern.«

»Und da das Gebet sowieso gerade angelegt ist...« Mrs. Potter lächelte. »Wenn ihr wollt, könnt ihr einen Spaziergang machen.«

»Mit dem Gebet?« Paul war mehr als überrascht.

»Wie wäre es, wenn ihr das weiße Cape benutzt?« Mrs. Potter lächelte. »Darunter lassen sie die Arme gut verstecken.«

»Aber vergiss nicht wieder die Schlüssel« Maria neckte ihren Freund.

»Das war mir mehr als unangenehm.« Paul grinste.

»Ihr könntet bei der Schneiderin vorbei schauen, die freut sich bestimmt, wenn sie das Gebet jetzt schon zu sehen bekommt.« Mrs. Potter verließ den Raum.

Paul stand auf und legte Maria eine Hand auf die Schulter. »Darf ich der Prinzessin beim Aufstehen helfen?«

* * *

»Ah, schön, dass ihr vorkommt.« Die Schneiderin Roswihta Bartels bat ihre Besucher herein. »Ich wollte euch in den nächsten Tagen sowieso um einen Anprobe bitten. Kommt doch bitte herein.«

Paul und Maria kamen der Aufforderung gerne nach.

»Ich bin schon sehr gespannt, wie das Gebet aussieht.« Sie berichtete, dass sie bisher nur eine Schneiderpuppe zur Verfügung hatte.

Maria lächelte Paul an. »Nimmst du mir bitte das Cape ab?«

Paul kam der Aufforderung nach und öffnete Marias Umhang. Erst als er den Schlüsselbund wieder einsteckte, fiel ihm siedend heiß ein, dass Maria eigentlich nicht wollte, dass andere Leute von den besonderen Eigenschaften des Capes etwas erfuhren. Doch zu seiner Erleichterung waren sowohl die Schneiderin als auch seine Freundin etwas abgelenkt.

Maria drehte der Schneiderin sofort den Rücken zu und präsentierte ihre Arme in dieser so völlig unnatürlichen Haltung. Nur dank des langen und intensiven Trainings in der Klinik war dies möglich. Und es machte Maria sehr stolz.

»Das ist ja Wahnsinn.« Roswihta kam näher. »Darf ich dich einmal anfassen?«

Maria spürte die Anspannung der Schneiderin. »Gern.«

»Ich hatte es ja nicht geglaubt.« Roswihta keuchte, doch dann fiel ihr ihr eigentlicher Auftrag wieder ein. »Ich beeile mich auch mit der Anprobe.«

Paul ahnte, was die Schneiderin bewegte. »Maria muss es heute noch bis Mittag tragen, sie können sich Zeit lassen.« Er hatte einen bösen Blick von Maria erwartet, doch er bekam nur ein verliebtes Lächeln.
612. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 15.02.17 07:06

Ein weiterer toller Teil.Vielen dank dafür.

Tja das mit den Schloß war echtes Glück.Zum Glück für Anna,sonst hätte sie einige echte Probleme.

Mal schaun wie es mit alles weiter geht.

mfg Wölchen
613. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 15.02.17 08:01

Danke für die klasse Fortsetzung.
614. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 15.02.17 23:24

Hallo cag_coll.

Das war mal wieder ein toller morgen. Freue mich immer auf die nächste Fortsetzung zu Maria.

DANKE!


Lg Rainman
615. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 18.02.17 08:10

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

( noch Donnerstag, 16 September 1984 )

»Nun Leonie, wie geht es dir?« Selma betrat die Küche, in der Leonie gerade mit dem Ausfegen fertig geworden war.

»Es ist alles so mühsam.« Leonie stellte den Besen in den Schrank, dann blickte sie Frau Mohr an. Sie erschrak, als sie sah, das Selma die nächsten Fesseln in der Hand hielt.

»Das heißt, du kommst mit deiner neuen Armfesselung gut zurecht?« Selma freute sich, nach langer Zeit wieder einmal so mit einem jungen Mädchen reden zu können.

Leonie erkannte die verzwickte Lage, in die sie sich selbst gebracht hatte. Sie hatte nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie stimmte weiteren Fesseln zu oder sie musste das Haus verlassen. Letzteres wollte sie aber auf keinen Fall. Doch sie hatte genauso Angst vor weiteren Einschränkungen, denn schon mit der Ellenbogenfesselung hatte sich ihre bisher gewohnte Arbeitsweise drastisch verändert. Sie konnte nicht mehr so viel tragen und musste manche Wege mehrfach gehen.

Und jetzt würde als nächstes ihre Beinfreiheit eingeschränkt werden. Obwohl Leonie jetzt wusste, dass alles nur ein Spiel war, hatte es doch für sie einen ungewohnten Ernst, denn es hieß quasi immer »doppelt oder nichts«.

»Frau Mohr, können wir nicht noch etwas warten?« Leonie versuchte einen Widerspruch, doch sie wusste, dass es aussichtslos sein würde.

»Ich habe dir jetzt schon zwei Stunden mehr Zeit gegeben, als es eigentlich üblich ist.« Selma genoss die Situation mit allen Sinnen. »Jetzt ist es wirklich Zeit für die nächsten Fesseln.«

Obwohl Leonie wusste, dass Selma sich von Tränen nicht beeindrucken ließ, konnte sie nicht verhindern, dass ein paar davon über ihre Wangen rollten. Sie versuchte sie wegzuwischen, doch sie stellte fest, dass ihre so drastisch eingeschränkte Armfreiheit ihr selbst dies nicht mehr erlaubte.

»So schlimm ist es doch gar nicht.« Selma hatte die Tränen ebenfalls bemerkt. »Du hast nur etwas Angst vor dem Unbekannten.« Sie stellte zwei Stühle gegenüber und bat ihren Schützling, auf einem davon Platz zu nehmen.

Leonie kam der Bitte seufzend nach. Doch dann erkannte sie, dass Frau Mohr Recht hatte - es war tatsächlich die Angst vor dem Neuen und Unbekannten, welche sie so zögern ließ. Denn an die Ellenbogenfesselung hatte sie sich erschreckend schnell gewöhnt und ihre Bewegungen darauf abgestimmt.

Selma setzte sich auf den zweiten Stuhl und schlug Leonies Rock hoch, bis die Knie sichtbar waren.

Leonie blickte traurig aus dem Fenster. Sie wollte nicht sehen, wie sie wieder ein Stück ihrer Freiheit verlor. Nur einen Stöhnen entglitt ihr, als sie die Berührungen des Leders an ihren Beinen spürte. Gleich darauf war wieder das leise Klirren zu hören.

»Das war es schon.« Selma schlug den Rock wieder herunter und stand auf. »Morgen belassen es wir dabei, doch wie wäre es, wenn du ab Samstag auch noch ein Halskorsett trägst?«

Leonie war nur im ersten Moment entsetzt, dann horchte sie tief in sich hinein. Sie fragte sich, wie viele Fesseln möglich waren, bis ihr Alltag nicht mehr zu meistern war. Schließlich gab es noch genügend gemeine Gegenstände, die ihr das Leben schwer machen konnten. Von ihrer Familie und auch von der Hütte her hatte sie schon genügend Inspirationen dazu bekommen. »Ich glaube, ich freue mich darauf.« Leonie fragte sich, wer ihr gerade die Worte in den Mund gelegt hatte.

»Das ist schön, Leonie.« Selma lächelte. »Das ist schön.«

* * *

Kommissar Klüver traf sich vor der Klinik mit seinem Assistenten und der Besatzung eines Streifenwagen. »Das Vorgehen ist klar. Wir gehen da rein und holen uns die Krankenakten der Baroness. Noch Fragen?«

»Haben wir einen Durchsuchungsbeschluss?« Der Assistent erinnerte seinen Chef nur ungern an die Vorschriften.

»Nein, haben wir nicht.« Klüver verzog das Gesicht. »Aber ich habe eine Verfügung zur Akteneinsicht und darf sie bei Bedarf beschlagnahmen.«

»Sind wir sicher, dass es diesmal die richtige Spur ist?« Der Assistent stöhnte. »So einen Einlauf vom Chef brauche ich nicht noch mal.«

»Erstens ist das mein Problem«, Klüver war ungeduldig. »Und außerdem gebe ich hier die Befehle.« Er gab der Besatzung des Streifenwagen ein Zeichen, dann betrat er die Klinik.

»Auf welcher Station liegt die Baroness?« fragte er die Schwester am Empfang, die ihm pflichtbewusst Auskunft gab. Er gab die Daten an seine Begleiter weiter. »Auf geht´s.«

Er sah nicht, dass die Schwester gleich danach zum Telefon griff.



»Oberschwester Hildegard, sie wünschen?« Die Oberschwester meldete sich am Telefon.

»Gleich kommen ein paar Polizisten, die die Baroness zu sehen wünschen.« Die Stimme des Chefarztes Albert Vogel zeigte, dass er sehr nervös war.

»Soll ich sie abwimmeln?« Die Schwester blieb gelassen.

»Das wird nicht mehr gehen.« Der Chefarzt stöhnte. »Sie haben einen richterlichen Beschluss dabei. Geben sie ihnen, was sie verlangen.«

»Ich glaube, da kommen sie schon.« Die Schwester legte auf, dann stand sie auf und setzte ihre dienstliche und eher missmutige Miene auf. »Sie wünschen?«

Klüver zeigte das Schreiben des Richters vor. »Wir möchten gern die Akten der Baroness einsehen. Bitte suchen sie sie heraus. Wir warten solange.« Er wusste, dass er sich von der Schroffheit der Oberschwester nicht abschrecken lassen durfte. Seine Kollegen hatten ihn entsprechend vorbereitet.

Die Oberschwester riss ihm das Papier aus den Händen und tat, als würde sie es gründlich lesen. Tatsächlich wollte sie nur ihre Machtposition deutlich machen. Schließlich ließ sie den Bogen sinken und rief eines ihrer Lehrmädchen herbei. »Bringen sie mir die Akte der Baroness.« Sie wollte sich nicht die Blöße geben, nach der Akte zu laufen. »Der Kommissar hat das Recht auf Akteneinsicht«, schob sie erklärend hinterher.



Gleich darauf kam das junge Mädchen zurück und reichte dem Kommissar die verlangte Akte.

Klüver nahm die Mappe entgegen und begann darin zu blättern. Er versuchte dabei abzuwägen. Würde er von der Oberschwester auch verlangen können, das medizinische Kauderwelsch zu übersetzen. Doch dann hatte er eine bessere Idee. »Kündigen sie mich bitte beim Chef an.« Er blickte die Schwester auffordernd an.

Schwester Hildegard zählte innerlich bis zehn, dann kam sie dem Befehl nach. »Chef, der Kommissar möchte sie noch mal sprechen.«

Sie lauschte einen Moment in den Hörer. »Ja, die Unterlagen habe ich ihm gegeben.« Sie legte auf und blickte Klüver an. »Er erwartet sie.«



Der Chefarzt Albert Vogel wischte sich den Schweiß von der Stirn. Jetzt würde er gleich Farbe bekennen müssen. Er wusste, dass die Akte der Baroness für einen Laien sehr beeindruckend sein würde, doch darin standen nur medizinische Belanglosigkeiten, teilweise sogar mit Phantasiewörtern gespickt. Wenn die Polizei die Unterlagen von einem anderen Arzt prüfen lassen würde, dann würde er sofort auffliegen. Schließlich hatte er alles auch unterschrieben.

Doch er hatte nicht mehr viel Zeit, denn bald nach dem Anruf hörte er schon die Schritte der Beamten im Vorzimmer, und gleich darauf kündigte seine Sekretärin den Kommissar an.

Klüver betrat das Zimmer des Chefarztes Er zeigte das Schreiben des Richters vor, dann legte er dem Chef die bewusste Akte auf den Tisch.

Der Chef hielt seinen Kopf gesenkt. Insgeheim erwartete er ein Donnerwetter.

Doch Klüver tat etwas, mit dem der Arzt überhaupt nicht gerechnet hatte. »Können sie mir das hier übersetzen? Was ist mit der Baroness passiert?«

Albert Vogel glaubte sich zunächst verhört zu haben. Es kostete ihn viel Kraft, doch er blickte nicht auf, sondern nahm sich wortlos die Mappe und begann darin zu blättern, um Zeit zu gewinnen. Innerlich war er hoch erregt. Anscheinend war dem Kommissar nicht aufgefallen, dass er selbst diese Berichte geschrieben hatte.

Sehr sorgfältig legte sich der Arzt die Worte zurecht und sehr zögernd begann er die Geschichte zu erzählen, die er auch der Reporterin erzählt hatte.

* * *

»Friedrich, es muss etwas geschehen. Du musst deine Tochter aus der Klinik holen.« Albert Vogel war sehr erregt, als er mit dem Baron telefonierte.

»Was ist denn los?« Baron Harsumstal war verwundert.

»Eben war die Polizei da und hat Einsicht in die Krankenakte verlangt.« Albert stöhnte. »Ich habe ihm die gleiche Geschichte erzählt wie der Reporterin. Es war verdammt knapp.« Er hatte damals nur einem alten Kameraden einen Gefallen getan, doch jetzt drohte seine Klinik deswegen in Verruf zu geraten, und das musste er unbedingt verhindern. »Ich flehe dich an, bitte hole sie hier raus.«

»Wie soll ich das machen?« Der Baron spürte, dass die Klinik nicht mehr der richtige Aufenthalt für seine Tochter war, doch es kam ihm jetzt zur Unzeit.

»So wie sie hereingebracht wurde.« Albert Vogel hatte schon einen konkreten Plan. »Ich stelle euch Transportpapiere aus für eine andere Klinik und ihr holt sie ab. Was ihr dann mit ihr macht, geht mich nichts mehr an.«

»Und wann soll das stattfinden?« Friedrich ahnte die Antwort schon.

»Am besten noch heute.« Albert stöhnte wieder. »Ich konnte die Polizei gerade noch abwimmeln und falls sie noch einmal wiederkommen, muss Sophie weg sein.«

»Ich werde mich darum kümmern.« Der Baron klang nicht begeistert. »Wir werden kommen.«

»Ich mache die Papiere fertig.« Albert verabschiedete sich.

Der Baron legte auf und klingelte nach seinem Butler. »Sagen sie bitte meinem Neffen, dass er sofort vorbeikommen soll.«

* * *

»Ihr müsst Sophie jetzt sofort aus der Klinik holen.« Der Baron hielt sich nicht mit unnötigen Floskeln auf, als sein Neffe in sein Büro kam. Er zeigte auf die Sanitäterkleidung und die falschen Bärte, die sie für den fingierten Unfall schon einmal genutzt hatten.

»Was ist denn los?« Franz-Ferdinand war wenig begeistert.

»Die Polizei war in der Klinik, und sie hätten uns fast enttarnt.« Der Baron stöhnte. »Albert konnte es gerade noch abwenden.«

Franz-Ferdinand begann, sich die Uniform anzuziehen. »Hast du wieder den Transporter ausgeliehen?«

»Nein, das ging auf die Schnelle nicht.« Der Baron blickte etwas sorgenvoll aus dem Fenster. »Ihr holt sie mit der Limousine ab.«

»Wird das nicht auffallen?« Franz-Ferdinand war über die Pläne seines Onkels etwas verwundert.

»Das Risiko müssen wir eingehen.« Der Baron hatte sich schnell entscheiden müssen. »Ihr holt sie mit einem Rollstuhl heraus und setzt sie dann ins Auto.«

»Und was machen wir mit ihr?« Der Neffe war über die Pläne seine Onkels nur grob informiert.

»Ich habe die alte Dienstbotenwohnung im Keller vorbereitet, dort wird sie bis aufs weitere bleiben.« Friedrich erläuterte seinen Plan. »Du musst dann täglich nach ihr sehen, sie kann sich noch nicht selbst ernähren.«

Franz-Ferdinand nahm es zur Kenntnis.

* * *

»Wir wollen die Baroness abholen, sie wird in eine andere Klinik verlegt.« Franz-Ferdinand zeigte der Oberschwester die Papiere, die sie von Albert Vogel bekommen hatten. Er hatte sich wie sein Begleiter wieder die Sanitäter-Uniform angezogen.

»Na endlich.« Die Oberschwester war erleichtert. »Dann kommt dieses Biest endlich weg.« Sie drehte sich um und ging zu ihrem Schreibtisch. »Hier sind die Papiere.« Sie reichte Franz-Ferdinand die Mappe.

»Ist sie schon transportfähig?« Franz-Ferdinand versuchte sich an den abgesprochenen Text zu erinnern.

»Haben sie einen Rollstuhl?« Die Oberschwester blickte kurz aus dem Fenster. »Gehen kann sie noch nicht.«

»Wir haben keinen dabei.« Franz-Ferdinand ärgerte sich, dass er daran nicht gedacht hatte. »Können sie uns einen leihen? Wir müssen sie ja nur bis zum Wagen bringen.«

Die Oberschwester rief eine Schwester zu sich. »Bringen sie bitte einen Rollstuhl auf das Zimmer der Baroness.« Dann bat sie die beiden Herren, ihr zu folgen.



Als Franz-Ferdinand das Zimmer betrat, legte er sofort warnend seinen Finger auf den Mund, doch dann erblickte er seine Cousine, und er erkannte, dass sie ihn nicht verraten konnte. Sie trug immer noch die Gesichtsmaske, die nur ihre Augen frei ließ, aber ihren Mund sicher verschlossen hielt.

»Hier sind die Schlauchanschlüsse für die Ernährung.« Die Oberschwester zeigte die wichtigen Enden. »Sie kann noch nicht selbst essen.«

Nach einiger Zeit kam die Schwester herein und schob einen Rollstuhl vor sich her. Sie stellte ihn neben das Bett der Baroness, dann verließ sie den Raum wieder.

»Sie kommen zurecht? Ich habe noch zu tun.« Irgendwie wollte die Oberschwester nicht zugeben, dass sie heilfroh war, die Baroness endlich aus der Klinik verschwinden zu sehen.

Natürlich hatte Sophie ihren Cousin erkannt, doch ihr fehlte die Kraft, sich gegen die beiden Männer zu wehren. Sie konnte nur zusehen, wie sie sie Riemen für Riemen von dem Bett befreiten und sie dann in den Rollstuhl hoben.

»Hast du die Unterlagen?« fragte Franz-Ferdinand seinen Begleiter. »Mein Onkel reißt mir den Kopf ab, wenn wir die nicht mitbringen.«

»Sie sind hier.« Der Student zeigte die Mappe, die er neben Sophie auf den Sitz gelegt hatte.

Auf dem Weg in die Tiefgarage begegneten sie kaum jemandem und so konnten sie Sophie problemlos in das Auto bringen.

* * *

»Danke, Leonie, das war sehr lecker.« Selma leckte ihr Besteck beiseite und wischte sich mit der Servierte den Mund ab. »Wenn du soweit bist, dann kannst du abräumen.«

Leonie leckte ihr Besteck beiseite und stand auf. »Jawohl Madame.« Sie blickte sich vorsichtig um. Auch Anna und Florian hatten ihr Besteck schon weg gelegt und unterhielten sich.

Sie war es mittlerweile fast gewöhnt, mit ihren neue gemeineren Ketten zu arbeiten und empfand es weder als demütigend, noch ließ sie sich davon wirklich behindern.

Anna und Florian halfen ihr, das Geschirr zusammen zu stellen, dann folgten sie ihr in die Küche.

»Leonie, darf ich dich einmal etwas fragen?« Annas Gesicht zeigte, dass sie die Frage viel Kraft kostete.

»Ja?« antwortete Leonie, während sie das Geschirr etwas mühsam in die Spülmaschine einräumte.

»Was ist so schön daran, gefangen zu sein?« Es kostete Anna einige Überwindung.

»Ich bin anscheinend gerade auf einem Selbstfindungstripp und ich bin in meine aktuelle Situation mehr als verliebt.« Sie stutzte etwas. »Aber ich bin nicht gefangen, ich trage nur ihre Fesseln.«

»Aber warum gefällt es dir?« Florian hörte ebenfalls sehr aufmerksam zu.

»Ich weiß es nicht, ehrlich.« Leonie zuckte mit den Schultern. »Meine Schwester und ich sind praktisch in Fesseln aufgewachsen.«

Anna blickte sie entsetzt an.

»Natürlich war es immer ein Spiel, doch wir beide waren stets die Gefangenen.« Leonie lächelte verlegen.

Annas Blick veränderte sich nicht.

»Auch unsere Mutter hat die Fesseln geliebt«, Leonie erkannte, dass sie mehr erklären musste. »Und sie hat uns wohl als Vorbild gedient.«

»Und wer hat sie gefesselt?« Anna verstand es immer weniger.

»Naja, unser Vater.« Leonie lächelte. »Sie waren stets schwer verliebt und glücklich.«

»Sie waren glücklich, wenn eure Mutter gefesselt war?« Florian ahnte, auf was diese Diskussion hinaus laufen würde.

»So ist es auch heute noch. Sie haben mir und meiner Schwester sehr viel vererbt.« Leonie war auf einmal etwas wehmütig. »Aber meine Schwester hat schon einen Freund, der auf ihre Lust eingehen kann.« Sie sprach nicht weiter.

»Und jetzt bist du glücklich, weil du hier gefesselt bist«, setzte Anna den Satz quasi fort.

»So ist es.« Leonie strahlte. »Die Zeit bei Frau Mohr war bisher die schönste meines Lebens. Ich war ihre Gefangene.«

»Dann haben wir dich sozusagen ungewollt befreit.« Florian dachte den Gedanken weiter.

»Dafür war ich euch aber trotzdem dankbar, denn es blieb immer die Ungewissheit, was sie wohl mit mir vor hat.« Leonie lachte. »Manchmal habe ich mich schon als Kettensklavin auf einem irgendeinem orientalischen Basar gesehen.«

»Sie hat dir nicht gesagt, was sie mit dir vorhat?« Annas Stimme zeigte ihre Verwunderung.

»Naja, nicht zu wissen, was auf mich zukommt, war schon ein Teil des Traumes, den sie mir erfüllt hat.« Leonie war verträumt. »Es war eine schöne Zeit.«

»Ich freue mich, dass du das so siehst.« Selma stand auf einmal in der Küchentür.

»Frau Mohr?« Leonie zuckte ein wenig zusammen.

»Bondage kann etwas sehr Schönes sein.« Sie blickte Anna aufmerksam an. »Es kommt aber wie bei vielen Sachen darauf an, wer es gibt und wer es nimmt.«

Es war deutlich zu sehen, wie es in Anna arbeitete.

»Anna, kann ich dich einen Moment allein sprechen?« Selma blickte zu Leonie und Florian.

Leonie reagierte als Erste. »Florian komm, wir legen die andere Tischdecke auf.«

Florian ging hinter Leonie her und gemeinsam verließen sie die Küche.



»Ich habe dich gestern beobachtet, wie du auf den Handschuh reagiert hast.« Selma legte einen Finger auf Annas Mund, als diese Luft holte und antworten wollte. »Bitte antworte jetzt nicht, sondern höre mir einfach nur zu.« Sie holte tief Luft. »Dein Körper ist an die diversen Fesselungen gewöhnt, aber es erinnert dich auch alles an deine bisherige Familie und an das, was sie dir angetan haben.«

Anna nickte verlegen.

»Florian trägt dich auf Händen, und er würde nie etwas tun, was dir weh tun würde.« Selma blickte ihr in die Augen. »Aber ich denke, dass ihr sehr glücklich werden könntet, wenn du dich weiterhin fesseln lässt, jetzt aber von ihm.«

Anna schwieg.

»Gibt es denn Sachen, die dir nicht ganz so viel ausgemacht haben?« Selma hatte so ein Gespräch zwar noch nie geführt, doch ihre Erfahrung aus ihrer Zeit als Erzieherin diktierte ihr die Fragen.

Die Antwort kostete Anna sehr viel Kraft. »Das klingt jetzt sicherlich blöd, aber den Handschuh habe ich ganz gern getragen, weil dann meine Brüste immer so hervor standen. Ich habe dann immer davon geträumt, er würde mich so sehen.«

»Das klingt interessant.« Selma lächelte. »Es gibt nicht viele Mädchen, die so denken.«

»Ich weiß.« Anna lächelte etwas gequält, »Ich war schon immer das schwarze Schaf der Familie.« Sie seufzte. »Aber das möchte ich Florian nicht antun.«

»Was genau meinst du?« Selma zeigte hohe Aufmerksamkeit.

»Ich glaube, es tut ihm weh, wenn er mir das antun müsste.« Ein wenig Enttäuschung klang in ihrer Stimme mit.

»Du würdest es gern erleben, magst ihn aber nicht darum bitten.« Selma ahnte, dass sie kurz vor dem Ziel stand.

»Ich möchte ihm das nicht antun.« Anna wollte ihre Liebe nicht aufs Spiel setzen, lieber würde sich auf ihr Vergnügen verzichten. Sie äußerte dies.

»Aber langfristig werdet ihr so nicht glücklich.« Selma fühlte, dass der Zeitpunkt gekommen war. »Soll ich mal mit ihm reden?«

Anna blickte auf, doch zu einer Antwort war sie nicht fähig.

Selma ging zu Tür, bat Florian zu sich und zeigte auf den Stuhl neben Anna.

»Wir hätten ein sehr wichtiges Thema zu besprechen.« Selma wartete, bis Florian sich gesetzt hatte, dann wurde ihre Stimme war auf einmal sehr ernst. »Anna darf jetzt nicht in ein Loch fallen.« Sie wartete, bis sie Florians Aufmerksamkeit hatte. »Florian, sie ist es gewöhnt, dass sie von Restriktionen umgeben ist, und ihr Körper würde Schaden nehmen, wenn es abrupt aufhören würde.«

Florian seufzte tief. Er erinnerte sich daran, dass Marias Mutter Ähnliches gesagt hatte. »Ich habe geschworen, ihr kein Leid mehr anzutun. Wissen sie, wie sehr sie unter ihrer Familie gelitten hat?«

»Ich werde dir sagen, was in den nächsten Wochen passieren wird. Anna wird nach und nach immer unglücklicher werden und bald werdet ihr mit ersten Streitgesprächen beginnen. Das darf nicht passieren.«

»Aber...?« Florian ergriff Annas Hand.

»Florian, die Sache ist sehr ernst.« Selma machte es jetzt zwar eine Spur dramatischer als es wirklich war, doch sie hoffte, damit ihr Ziel zu erreichen. »Wenn du verhindern willst, dass Anna ernsthaft krank wird, dann musst du dich jetzt überwinden.«

»Aber ich möchte sie auf keinen Fall quälen.« Florian versuchte, sich zu verteidigen. Annas Hand ließ er nicht los.

»Das tust du auch nicht.« Selmas Stimme blieb im gleichen Tonfall. »Aber du solltest ihr jeden Tag mit sehr viel Sorgfalt das Korsett anlegen und sie nicht ohne den Gürtel aus dem Haus gehen lassen.«

Er blickte auf.

»Und mindestens zwei Mal pro Tag wirst du Anna den Handschuh anlegen. Anna ist es gewöhnt und ihr Körper würde Schaden nehmen, wenn es jetzt abrupt aufhört. Wenn es das einfacher macht, dann redet miteinander darüber.«

»Der Handschuh fühlt sich toll an, wenn du ihn anlegst.« Anna erinnerte ihren Freund an das, was vor dem Spaziergang passiert war.

Es war deutlich zu sehen, wie es in Florian arbeitete. »Ich habe geschworen, nichts zu tun, was Anna an ihre Familie erinnert, und ich möchte ihr auch nie mehr weh tun.«

»Das sagtest du schon.« Selmas Stimme wurde etwas ruhiger. »Anna, du wirst dich immer melden, wenn es dir nicht gut geht oder wenn dir etwas weh tut? Versprichst du mir das?«

Anna nickte zur Bestätigung. »Das verspreche ich.«

»Florian, du versprichst, immer gut auf Anna aufzupassen und ganz genau auf ihren Körper zu achten?«

»Ich verspreche es.« Florian spürte die Wichtigkeit des Augenblicks.

»Ich habe einen Wunsch.« Anna lächelte. »Kommst du bitte mit?«



Ein wenig später lächelte Selma, als sie sah, dass Anna und Florian zusammen im Garten spazierten gingen. Anna trug ihren Monohandschuh. Sie waren sehr verliebt. Ab und zu blieben sie stehen und küssten sich. Manchmal streichelte Florian über Annas verpackte Arme. Sie machten einen sehr glücklichen Eindruck.

* * *

Eine Beamtin in Uniform und eine in zivil stiegen aus dem Auto aus und blickten sich kurz um. Die uniformierte Dame zeigte auf Marias Haus, dann gingen sie zügig über den Kiesweg und stiegen die wenigen Stufen hinaus.

Mrs. Potter öffnete die Tür. »Sie sind die Damen von der Polizei?«

»Kommissarin Breuer und meine Kollegin Müller.« Sie zeigten ihre Ausweise. »Dürfen wir herein kommen?«

Mrs. Potter bat die Beamtinnen ins Haus. »Nehmen sie bitte Platz.«

Paul und Maria sahen sich verunsichert an, als sie die Frauen näherten und sich vorstellten.

»Wie sie bestimmt wissen, müssen wir einen ganz bestimmten Verdacht überprüfen.« Frau Breuer nahm eine Aktenmappe zur Hand und suchte eine bestimmte Stelle. »Wir wissen mittlerweile, dass der Unfall der Baroness nur fingiert wurde, doch wir wissen nicht, warum dies gemacht wurde.«

»Sie möchten sicher wissen, was Maria zur fraglichen Zeit gemacht hat.« Mrs. Potter hatte ihrerseits den großen Kalender bereit gelegt.

Frau Müller nannte Datum und Uhrzeit. »Zu dieser Zeit sollte der Unfall stattgefunden haben.«

»Zu der Zeit war Maria in der Schule, wie jeden Tag.« Mrs. Potter brauchte nicht einmal auf den bereitgelegten Kalender zu sehen.

»Ich verzichte auf die Frage, ob es dafür Zeugen gibt.« Frau Breuer klappte ihre Mappe wieder zu.

»Damit wäre das Thema vom Tisch?« Mrs. Potter hatte einige Zweifel in der Stimme.

»Ich werde das so an meinen Chef weiter geben.« Frau Breuer lehnte sich zurück. »Aber sie könnten uns bei der Motivsuche helfen.«

»Inwiefern?« Mrs. Potter zeigte durchaus Interesse.

»Wie ist es dazu gekommen, dass Maria die Rolle bekommen hat?« Frau Breuer zückte ihr doch noch einmal ihr Notizbuch.

Mrs. Potter erzählte von dem Besuch im Kirchenkaffee. Nur gelegentlich stellte Frau Breuer noch eine Zwischenfrage.

»Es war schon ziemlich seltsam«, ergänzte Maria. »Am Sonntag war der Baron im Gemeinderaum, und wir haben zugesagt. Schon am Tag darauf wurde es für mich ernst.«

»Das ist interessant«, Frau Breuer machte sich eine Notiz. »Schon am nächsten Tag fand der angebliche Unfall statt.« Sie blickte ihre Kollegin an.

Diese sah in ihren Unterlagen nach. »Es war wirklich gleich am Montag.«

»Danke für ihre Hinweise.« Frau Breuer stand auf. »Ich möchte mich noch einmal im Namen meines Chefs für die überzogene Aktion von München entschuldigen.« Sie reichte Maria die Hand.

* * *

»Na, habt ihr euch ausgesprochen?« Selma begrüßte Anna und Florian, die von ihrem Liebesbummel im Garten zurück kamen.

»Ich brauche noch ein wenig, bis ich es akzeptiert habe.« Florian streichelte zärtlich über Annas Arme.

Anna war sprachlos. Bei ihr flossen ein paar Tränen, die Florian vorsichtig wegwischte.

»Jetzt gibt es erst einmal Abendessen.« Selma zeigte ins Haus, »Leonie hat etwas sehr leckeres gezaubert.«

Paul und Maria saßen schon am Tisch zusammen mit Leonie.

Als Anna erkannte, dass Maria ihre Arme im Monohandschuh trug, stutzte sie etwas. »Wirst du so essen?«

Maria lächelte. Pauls Oma hatte sie gut vorbereitet. »Paul wird mich füttern.«

»Ist das nicht sehr demütigend?« Anna sprach ihre Gedanken aus.

»Ich weiß, dass ich mich ganz auf ihn verlassen kann. Daher wird es das Gegenteil von demütigend sein.« Sie gab ihm einen Kuss. »Außerdem wird es auf dem Fest ähnliche Situationen geben.«

Selma mischte sich ein. »Paul und Maria mussten diese Situation schon öfters meistern, und ich glaube, beim ersten Mal wart ihr auch nicht so ruhig.«

Paul lachte. »Ja, das stimmt, am Anfang war ich furchtbar nervös, doch jetzt weiß ich, was für Maria wichtig ist.«

Die Blicke aller richteten sich auf Florian und Anna. Erst nach einiger Zeit begriffen die beiden, dass eigentlich eine Frage an sie gestellt wurde. Florian blickte Anna verliebt an. »Trauen wir uns das zu?«

»Es wird wohl von uns erwartet.« Anna lächelte geheimnisvoll. Insgeheim sah sie eine Gelegenheit, sich bei ihrer Gastgeberin zumindest ein wenig zu bedanken. »Es liegen ja Servietten bereit, falls etwas daneben gehen sollte.« Sie beugte sich zu Florian und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

»Wenn du meinst, dann probieren wir das.« Es war deutlich zu sehen, dass Florian noch nicht überzeugt war, seiner Freundin den Wunsch aber nicht abschlagen wollte.

»Florian, du setzt dich am besten neben Paul. Dann kann er dir verschiede Tipps geben, wie es am besten zu machen ist.« Selma hatte erkannt, dass im Moment die Angst wohl am größten war, sich zu blamieren.

* * *

Natürlich hatte Sophie ihren Cousin trotz der Sanitäteruniform erkannt, doch sie hatte noch überhaupt nicht die Kraft, um sich gegen die zwei Männer zu wehren. Außerdem gab es für sie zunächst dafür keinen Grund, zumal der Besuch von Franz-Ferdinant etwas Ablenkung versprach.

Den Dialogen nach hätte Sophie in ein anderes Krankenhaus verlegt werden sollen. Zumindest hatte die Oberschwester dies gesagt, als sie die Papiere heraus gegab. Doch da sie von ihrem Cousin und dessen Freund abgeholt wurden, hatte Sophie einige Zweifel. Und diese hatten sich als berechtigt herausgestellt.

Zum einen hatte sie die Limousine ihres Vaters erkannt, in die sie hinein gehoben wurde, und zum anderen führte sie der Weg vom Krankenhaus direkt zum Schloß ihres Vaters. Sie kannte diesen Weg sehr gut.

Doch statt auf ihr Zimmer hatten sie sie in die alte Dienstbotenwohnung gebracht, deren Inneres Sophie nur aus frühen Kindheitstagen kannte. Es hatte sich auch nicht viel verändert, stellte sie auf den zweiten Blick fest. Zwei Sachen waren jetzt anders. Es standen haufenweise Konserven bereit, viel Ravioli und auch diverse Eintöpfe. Im ersten Moment hatte sie innerlich nur die Nase gerümpft, doch dann entdeckte sie ein weiteres Detail: Die Türklinke war weg. Es gab überhaupt keine Möglichkeit, von innen die Tür zu öffnen. Ihr war seltsamerweise sofort klar, was dies bedeutete: Sie war hier genauso gefangen wie in der Klinik.

Der einzige Unterschied war, dass sie nicht mehr mit diesen Riemen ans Bett gefesselt war, und auch ihren Mundverschluss trug sie nicht mehr. Doch sie war viel zu schwach, um sich zu bewegen. Mit so etwas hatte sie gerechnet, seit einmal eine Lernschwester mit ihrer Ausbilderin im ihrem Zimmer war, und sie über ihren Zustand gesprochen hatten. Sie erinnerte sie noch sehr gut an das Gespräch, weil es eine der ganz wenigen Abwechslungen gewesen war, die sie in ihrem traurigen Klinikalltag gehabt hatte.



»Wie lange liegt sie jetzt schon so?« Die Lernschwester streichelte vorsichtig über den Gips.

»Seit fast vier Wochen.« Die Ausbilderin blätterte in ihren Unterlagen. »Sie hatte einen schweren Autounfall, Gabi.«

»Aber da bilden sich doch die Muskeln völlig zurück.« Die Lernschwester kramte ihr frisch erworbenes Wissen hervor. »Und dann ist sie überall eingegipst. Sie wäre doch völlig hilflos, wenn sie mal aus dem Gips heraus kommt.«

»Da hast du wohl recht«, bestätigte die Ausbilderin. »Am besten wäre es, wenn man es gar nicht erst so weit kommen lässt.«

»Kann man die Muskeln dann wieder trainieren?« Gabi nahm Anteil an Sophies Schicksal.

»Natürlich, es gibt für jede Muskelgruppe geeignete Übungen.« Die Ausbilderin zählte einige Übungen auf. »Aber hier ist es ein besonders schwieriger Fall, weil quasi alle Muskeln weg sind. Es wird sehr mühsam für sie werden.«



Besonders der letzte Satz war Sophie in Erinnerung geblieben, und hatte stets gehofft, dass er für sie nicht zutreffen werde. Doch jetzt war sie in einer Lage, von der sie sicher war, dass sie nicht schlimmer werden konnte.

Es lag frische Bettwäsche bereit, doch Sophie war nicht in der Lage, das Bett neu zu beziehen. Sie lag so auf dem Bett, wie sie sie dort hingelegt hatten und schlief sofort ein. Dass die Bettwäsche seit Jahren ungewechselt war, störte sie zwar, doch sie schaffte es nicht, sie zu wechseln.
616. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 18.02.17 09:22

Hallo gag_coll,

danke für diese Fortsetzung.

Mein Kopfkino hast du ganz schön in fahrt gebracht.

Freue mich auf den nächsten Teil

Gruß marmas71
617. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 18.02.17 11:02

Super Fortsetzung. Bei so viel Verdachtsmomenten wird sich der Baron samt Neffen und Helfershelfern wohl noch wundern. Am besten bei Wasser und Brot einkerkern, das Pack.
Danke für´s Schreiben. Ungeduldig auf den nächsten Teil wartend
618. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sieben

geschrieben von gag_coll am 19.02.17 05:34

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sieben
Autor: Karl Kollar

Freitag, 17. September 1984

»Na, wie fühlt sich unsere Frau Beller?« Rosalie hatte das Wort ´Frau´ besonders betont.

Maria überhörte den leicht spöttischen Unterton, als sie im Rahmen des freitäglichen Telefonanrufs mit ihrer Freundin telefonierte. »Es geht mir gut und ich zähle die Tage bis zum Fest.«

»Wie war der Flug?« Rosalie suchte nach etwas Gesprächsstoff. Immerhin hatten sie erst Dienstag miteinander gesprochen.

»Der Flug war in Ordnung«, antwortete Maria mit einem gewissen Unterton, der einige Angespanntheit verriet.

»Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.« Rosalie war ein wenig genervt. »Was war denn los?«

»Du versprichst mir, nicht zu lachen?« Maria kannte ihre Freundin nur zu gut.

»Bist du die Flugzeugtreppe herunter gefallen?« Rosalie hatte Probleme, ein Lachen zu unterdrücken.

»Ach, wenn es nur das wäre.« Maria gab sich einen Ruck. »Ich hatte mir eingebildet, in München mit dem Gebet zu landen und so den Flughafen zu verlassen.«

»Eine schöne Vorstellung.« Rosalie hatte ein Lächeln in der Stimme. Doch dann stutzte sie. »Und was ist passiert?«

»Die Polizei hat mich gleich nach der Landung aus dem Flieger geholt und im Streifenwagen nach Landsbach gefahren.« Maria sprach leise, denn sie schämte sich.

»Mit den Armen im Gebet?« Rosalie dachte laut.

»Genau.« Maria stöhnte immer noch, wenn sie nur daran dachte.

»Wo war Paul?« Rosalie fing an zu begreifen.

»Der musste im Flugzeug sitzen bleiben.« Marias Stimme zeigte, wie sehr sie von den Ereignissen noch bewegt war.

»Und was wollten sie von dir?« Rosalie hatte das Naheliegende noch nicht gefragt.

»Ich habe erst später erfahren, was sie mir vorgeworfen haben. Herr Steinhagen hat mich da raus geholt, noch bevor sie mich verhören konnten.« Sie holte tief Luft. »Ich hätte den Unfall der Baroness inszeniert, um ihre Rolle zu bekommen.«

»Absurd.« Rosalie war sprachlos. »Völlig absurd. Wie sind sie denn darauf gekommen?«

»Der Polizeichef hat sich später für die völlig überzogene Maßnahme seines Beamten entschuldigt.« Maria berichtete von dem Besuch beim Essen. »Er sagte, sie hätten einen Hinweis bekommen, dem sie natürlich nachgehen mussten.«

»Da ging es ja turbulent weiter.« Rosalie erinnerte an die Ereignisse vor dem Flug.

»Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt.« Maria seufzte. »So bald brauche ich das nicht wieder.«

»Wissen sie schon, dass du das Gebet tragen kannst?« Rosalie nahm großen Anteil an dem Leben ihrer Freundin.

»Also wirklich gesehen haben es quasi nur die Polizisten und die Anwälte, mit denen Herr Steinhagen aufgekreuzt ist.«

»Wer ist Herr Steinhagen?« Rosalie stutzte, denn dieser Name war neu.

»Das ist der Direktor der hiesigen Sparkasse«, erklärte Maria. »Ein sehr wichtiger Sponsor des Festes und sehr einflussreich.«

»Und der alte Geldsack hält sich gerne eine Prinzessin.« Rosalie spottete gern.

»Das ist nicht ganz richtig.« Maria wollte es richtig stellen. »Zu mir ist er wie ein Vater. Sonst war nichts los.«

»Und was machst du am Wochenende?« Rosalie fragte mit etwas Neugier, seit es im Leben ihrer besten Freundin so eine deutliche Änderung gegeben hatte.

»Ausspannen... Mein letztes freies Wochenende genießen.« Maria seufzte. »Wenn erst mal bekannt ist, was ich kann, werden uns die Leute die Bude einrennen.« Ihre Mutter hatte sie in den letzten Stunden noch darauf vorbereitet, was alles passieren würde. »Morgen möchte ich die Baroness noch mal im Krankenhaus besuchen.«

»Die Baroness?« Rosalie war verwundert.

»Naja, sie hätte ja ursprünglich die Rolle spielen sollen, wenn sie nicht diesen Unfall gehabt hätte.« Maria erklärte ihre Motivation.

»Du hast also ein schlechtes Gewissen?« fragte Rosalie vorsichtig.

»Immerhin stehe ich jetzt an ihrer Stelle.«

»Und Samstag Abend?« Rosalie war neugierig.

»Noch nichts.« Natürlich wusste Maria, was Rosalie hören wollte, doch tatsächlich hatte sie nichts vor und Paul hatte sie noch nicht gefragt.

»Du solltest etwas mit ihm unternehmen.« Rosalie war um das Glück ihrer Freundin stets besorgt.

»Ich wollte eigentlich die Ruhe genießen.« Maria seufzte wieder. »Die nächsten Tage könnten turbulent werden.«

»Da könntest du allerdings recht haben.« Was Rosalie tatsächlich vorhatte, behielt sie erst einmal für sich.

* * *

Sophie brauchte nach dem Erwachen einige Zeit, bis sie erkannte, dass sie nicht mehr in ihrem Krankenhauszimmer war, sondern in der alten Dienstbotenwohnung im Keller des väterlichen Schlosses. Gestern hatte ihr Cousin sie aus der Klinik geholt und sie hier her gebracht. Eine Erklärung dafür hatte sie aber trotzdem nicht bekommen.

Ihre Sinne hatten ihre Funktion während der Zeit, die sie im Gipspanzer verbringen musste, nicht eingebüßt. Sie roch und vor allem fühlte die alte stickige und klebrige Bettwäsche, auf der sie sie einfach nur abgelegt hatten. Es ekelte sie, doch sie hatte nicht einmal die Kraft, sich auf dem Bett zu bewegen. Sie lag noch genau so da, wie die Männer sie gestern abgelegt hatten.

Immer wieder musste sie an den Traum der vergangenen Nacht denken. Darin ging das Gleichnis vom verlorenen Sohn nämlich weiter. Nach dem Festmahl musste sie sich beweisen und zeigen, dass sie es auch wert war, wieder vom Vater in die Arme geschlossen zu werden. Doch ihr Körper gehorchte ihr nicht, er war einfach noch zu schwach. Vom Vater kam die Botschaft, dass sie es langsam angehen sollte. Sie hätte viel wieder gut zu machen, und sie würde sich über einen langen Zeitraum bewähren müssen. Immer wieder tauchten ihren alten und wie sie jetzt wusste falschen Freunde auf und sie versuchten, sie auf Partys zu locken. Doch jetzt widerstand sie jeglicher Versuchung.

Ihr Magen meldete sich und erinnerte sie daran, dass es jetzt eigentlich Zeit für das Frühstück wäre. Gleich würde die Schwester kommen und den üblichen weißen Beutel über dem Bett aufhängen.

Doch es kam keiner. Natürlich nicht, denn sie war nicht mehr im Krankenhaus. Sie war im Keller ihres Schlosses. Noch war es nicht ihr Schloss, doch sie war bisher stets davon ausgegangen, dass sie es eines Tages erben würde. Schließlich war sie die einzige Tochter, und Geschwister hatte sie keine.

* * *

Als Maria mit ihrer Erzieherin beim Frühstück saß, sah sie, dass das Postauto vor dem Grundstück hielt.

Für neun Uhr hatte sich Paul angesagt, und er kam gerade zu dem Zeitpunkt auf das Grundstück, als der Postbote ein geradezu riesiges Paket auf seiner Sackkarre vor sich her schob.

Mrs. Potter blickte ebenfalls aus dem Fenster. »Das wird das neue Korsett sein.«

Maria begann auf einmal zu leicht zu stöhnen. »Schade, dass ich es so bald nicht ausprobieren kann.«

»Du hast doch morgen frei?« Mrs. Potter kannte Marias Terminplan gut.

»Morgen wollte ich Sophie noch einmal besuchen.« Maria wusste, dass sie ihren letzten freien Tag opferte, doch der Besuch war ihr wichtig.

»Und danach? Paul wird dir bestimmt gern dabei helfen.« Mrs. Potter wusste, dass Maria sich von ihr nur sehr ungern berühren ließ. Dafür hatte sie auch vollstes Verständnis, und sie war froh, dass Paul sie so indirekt unterstützen konnte. Denn auch sie war sehr an dem neuen Ganzkörperkorsett interessiert.

»Sie meinen, er würde mir helfen?« Maria war etwas verwundert.

»Wenn du lieb fragst?« Mrs. Potter lächelte. »Er hat bestimmt noch nichts vor.«

Maria versuchte abzuwägen. Das Korsett würde sie sehr hilflos machen und sie an ihn ausliefern. Es würde aber auch von ihm einiges fordern. Doch weiter kam sie in ihren Gedanken nicht, die Klingel der Haustür läutete.

* * *

Der Hunger wurde größer, und Sophie musste so langsam einsehen, dass kein Personal kommen würde, um sie zu versorgen. Sie würde sich selbst darum kümmern müssen.

Sie blickte zu dem kleinen Tisch, der mitten im Zimmer stand. Es standen ein paar Dosen bereit, sowie ein paar Flaschen Wasser und ein Glas. Eine Dose mit Ravioli stand zudem auf dem kleinen Tischchen neben dem Bett, und daneben lag ein Gerät, vermutlich ein Dosenöffner.

In ihrer Jugend hatte sie von ihrer Mutter die übliche Ausbildung einer jungen adeligen Dame bekommen, die nicht zu arbeiten hatte und die ihr Essen stets geliefert bekam. Sophie hatte sich manchmal aus Neugier in die Küche gemogelt und hatte der Köchin zugesehen, doch stets musste sie sich dabei vor ihrer Mutter verstecken.

Das Gerät, welches neben den Dosen auf dem Tisch lag, musste ein Dosenöffner sein. Sophie erinnerte sich daran, dass sie so etwas damals in der Küche gesehen hatte. Doch in der Hand hatte sie so etwas noch nie gehabt.

Sie war nicht dumm, doch ihre Arroganz hatte bisher ihre Intelligenz völlig unterdrückt. Warum sollte sie selbst arbeiten, wenn es dafür Personal gab? Jetzt verfluchte sie ihre frühere Haltung, und sie wurde sich der Lächerlichkeit ihrer Situation bewusst. Sie sollten sie nicht verhungert vor einer Dose Ravioli finden, mit dem Dosenöffner in der Hand. Dieser Gedanke stachelte ihren Ehrgeiz an. Sie würde sich der Herausforderung stellen.

Sie hatte zeitweise in Erwägung gezogen, um Hilfe zu rufen. Doch dann hatte sie diesen Gedanken schnell wieder verworfen. Hören konnte man sie im Schloss nicht, und selbst wenn, es waren nur noch ihr Vater und der Butler anwesend. Alles andere Personal hatte ihr Vater schon entlassen müssen. Vom Butler durfte sie keine Hilfe erwarten, weil sie ihn viel zu oft sehr herablassend behandelt hatte. Und ihrem Vater hatte sie es zu verdanken, dass sie überhaupt in dieser Lage war.

Seit gut zwei Monaten hatte sie kein Wort mehr gesprochen und sie fragte sich, ob ihre Stimmbänder wohl noch funktionieren würde. Sie überlegte lange, was wohl ihre ersten Worte sein sollten. Schließlich entschied sie sich dafür, ein Gebet zu sprechen. Sie hatte es einer der Schwestern zu verdanken, die an ihrem Bett manchmal eines gesprochen hatte. Sophie gaben diese Gebete sowohl innerliche Kraft als auch Trost. In der Kirche war sie schon seit ihrer Konfirmation nicht mehr gewesen.

Die ersten Worte kamen krächzend und Sophie hatte schon Angst, sie würde ´ihn´ beleidigen. Doch je länger sie sprach, desto besser wurde es und es gab ihr zusätzlich Kraft, ihre Gedanken auszusprechen. »Ich habe mir das selbst zuzuschreiben und ich bekomme jetzt meine gerechte Strafe.«

Trotz allem war sie froh, wieder eine menschliche Stimme zu hören, auch wenn es nur ihre eigene war.



Langsam reifte in ihr die Erkenntnis, dass sie versuchten musste aufzustehen. Natürlich wusste sie noch, wie sie aufstehen musste, doch obwohl ihre Nerven den Muskeln die entsprechenden Befehle gaben, tat sich nur sehr wenig. Sophie erkannte, dass sie sich wohl aus dem Bett rollen musste.

Langsam kam die Bettkante näher, gleich würde sie es geschafft haben. Den kleinen Sturz wollte sie in Kauf nehmen; wenn sie einmal vor dem Bett liegen würde, wäre es bestimmt leichter möglich, aufzustehen.

Der Aufprall war hart und Sophie musste schmerzhaft feststellen, dass ihre Nerven alle hervorragend funktionierten. Nach dem der große Schmerz langsam verklungen war, wagte Sophie es, die Augen zu öffnen. Sie zuckte zusammen, denn direkt vor ihre Augen lag eine dicke Staubmaus.

Sophie lag wortwörtlich im Dreck, denn in der Kammer war seit Jahren nicht mehr sauber gemacht worden, und, überall lagen Staubmäuse herum. Früher hätte sie sich geweigert, solch ein Zimmer überhaupt zu betreten. Jetzt hatte sie keine Wahl.

Sie wollte aufstehen, doch sie musste schnell feststellen, dass sie dafür keine Kraft hatte. Sie blickte zu dem Tisch, auf dem die Dose stand. Er war nur einen Meter entfernt, doch für sie im Moment fast nicht erreichbar. Sie musste durch den Staub kriechen. Sie fühlte es als Demütigung und als Bestrafung, doch sie hatte es mit ihrem bisherigen Lebenswandel mehr als verdient, und sie nahm die Strafe gern entgegen. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass sie zu weinen begann.

* * *

Fast atemlos öffnete Paul den Karton, nachdem er die Klebestreifen vorsichtig aufgeschnitten hatte. Wie zu erwarten war, mussten erst einmal viele Lagen von Seidenpapier entfernt werden, und mit jeder Lage kam ein Stück mehr von glänzendem schwarzen Leder zum Vorschein. Deutlich waren die langen Stahlbänder zu erkennen, die dem Korsett den nötigen Halt gaben und der Trägerin eine ganz bestimmte Haltung aufzwangen.

»Es sieht schön aus.« Maria streichelte mit der Hand über das Leder.

»Hast du keine Angst davor?« Paul war von dem Korsettmonster eher eingeschüchtert.

»Ich freue mich darauf.« Sie war ein wenig verlegen. »Ich stelle mir dann immer vor, du würdest mich umarmen.«

»Das können wir ja trotzdem machen.« Paul versuchte ein Lächeln. Natürlich hatte er keine Angst vor dem Korsett selbst, sondern vor dem, was es mit seiner Freundin machen würde. Insofern war er erleichtert, als seine Freundin ihm versicherte, sich auf das Korsett und die damit verbundene Strenge zu freuen. »Nehmen wir es heraus?«

»Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.« Maria lächelte, dann ging an das Fußende und kniete sich vor den Karton. »Meine Mutter sagte, dass jetzt noch mehr Stahlstangen verarbeitet sind und dass es noch schwerer sein würde.« Sie holte tief Luft. »Ich freue mich schon.«

Gemeinsam hoben sie das Korsett aus dem Karton und legten es auf den Tisch, auf dem sie zuvor Platz gemacht hatte. Wie es zu erwarten war, bog sich das Korsett dabei nicht durch, sondern blieb steif in seiner Form.

»Hast du gesehen? Da ist noch mehr im Karton.« Paul machte darauf aufmerksam, dass in der Kiste noch weitere kleine Kartons waren.

»Und das ist kein Füllmaterial?« Maria war verwundert. Von Zubehör hatte ihre Mutter ihr nichts gesagt.

Paul nahm den ersten der drei Kartons heraus und öffnete ihn. »Hier ist ein Brief von deiner Mutter.« Er reichte Maria ein Blatt Papier, als er darauf den Briefkopf der Klinik erkannt hatte.

Maria überflog die wenigen Zeilen, dann ließ sie das Blatt wieder sinken. »Sie sagt, sie wusste nicht, ob das Zubehör rechtzeitig fertig werden würde, deswegen hat sie mir nichts davon gesagt. Sie wünscht uns viel Spaß beim Ausprobieren.«

»Deine Mutter hat aber einen seltsamen Humor.« Pauls Stimme zeigte, wie beeindruckt er von dem Inhalt der Kartons war. Er legte das Seidenpapier beiseite und nahm zwei Armkorsetts heraus.

Maria keuchte einen Moment, dann nahm sie wieder das Schreiben zur Hand und las darauf vor. »Das Besondere ist, dass alle Teile jetzt fest miteinander verbunden werden können. Es wird sich anfühlen, als wäre es ein einziges Teil.« Ihre Stimme wurde gegen Ende immer leiser. »Davon hat sie mir nichts gesagt.« Sie ließ den Brief wieder sinken.

Paul nahm die anderen beiden Kartons heraus und packte sie ebenfalls aus. Zum Vorschein kamen drei Ballettstiefel und eine schon auf den ersten Blick sehr streng aussehende Kopfhaube.

»Warum denn drei Stiefel?« Maria war verwundert. »Nicht zwei oder vier?«

Paul legte die Stiefel auf dem Tisch. Jetzt war der Grund für die außergewöhnliche Anzahl zu erkennen. »Da ist ein Monostiefel dabei.«

Maria nahm den deutlich breiteren Stiefel zur Hand. »Am liebsten würde ich ihn sofort ausprobieren.«

»Das war mir klar.« Mrs. Potter betrat den Raum. »Aber gleich hat sich Frau Bayer angesagt. Sie möchte wissen, was so alles passiert ist.«

»Schade.« Maria legte den Stiefel wieder weg und seufzte.

Ihre Erzieherin trat an den Tisch und begutachtete das neue Korsett ebenfalls. »Außerdem ist das eher ein Stiefel für das Bett, oder willst du damit durch die Gegend hüpfen?« Obwohl sie es streng ausgesprochen hatte, klang doch ein Schmunzeln in ihrer Stimme durch.

Maria seufzte noch einmal, dann drehte sie sich zu Paul. »Die Pflicht ruft.« Sie begann, die Sachen wieder in die Kartons zu räumen. Als sie eines der Armkorsetts in der Hand hielt, stutzte sie. Fasziniert blickte sie auf darauf. »Das ist kein Armkorsett, das ist ein oberarmlanger Handschuh.« Sie zeigte es Paul und wies darauf hin, dass sogar jeder einzelne Finger zu schnüren war. »Das muss ein Vermögen gekostet haben.«

»Heute ist die wichtige Sponsorenversammlung, und danach wird Anna zum Rudern vorbeikommen.« Die Erzieherin machte eine bedeutsame Pause. »Wie wäre es, wenn wir das Korsett morgen ausprobieren.«

Maria war etwas enttäuscht. »Ich wollte die Baroness im Krankenhaus besuchen, und dann wollte ich den Nachmittag mit dir verbringen.« Sie gab Paul einen kurzen Kuss. Sie wollte allerdings nicht zeigen, dass sie sich das Korsett nur ungern von ihrer Erzieherin anziehen ließ.

»Ihr sollt das ja auch zu zweit machen, und nur wenn eine helfende Hand gebraucht wird, werde ich dich berühren.« Sie lächelte, als sie an Marias erschrockenem Gesichtsausdruck erkannte, dass sie es getroffen hatte.

»Das wäre toll.« Maria erkannte auf einmal, welche Brücke ihr ihre Erzieherin gebaut hatte. »Ich bin auf das neue Korsett schon sehr gespannt, ich glaube, es mindestens ist so streng wie das vor Sarah.«

Auch Paul war von dem Gedanken, seine Freundin in den Lederpanzer zu verpacken, sehr angetan. »Ich werde gut auf dich aufpassen.«

* * *

Es dauerte lange, bis Sophie nahe genug an dem kleinen Tischchen war, auf dem ihr Frühstück stand. Sie hatte sich überlegt, dass sie durchaus in der Lage sein müsste, eine sitzende Position einzunehmen, um dann in Reichweite der Dose und des Öffners zu sein. Trotzdem dauerte es lange, bis die ihren Rücken an das Bett lehnen konnte.

Sie musste sich erst einmal erholen und Kräfte sammeln, denn das Aufrichten war sehr anstrengend gewesen. Schließlich wagte sie es, ihre Hand nach der Dose auszustrecken.

Sie hatte insgeheim schon damit gerechnet, dass sie vielleicht nicht in der Lage sein würde, die Dose festzuhalten; doch was sie auf jeden Fall verhindern wollte, war, dass die Dose herunterfallen und davon rollen würde. Lieber nahm sie es in Kauf, dass sie ihr auf das Bein fallen würde.

Doch sie schaffte es, die Dose in die Hand zu nehmen. Ihre Fingermuskeln zeigten ihr aber sofort, wie schwach sie noch waren. Kurz vor dem Boden musste sie loslassen und die Dose in den Staub fallen lassen. Letzterer wurde etwas aufgewirbelt.

Als nächstes griff sie sich den Dosenöffner. Der Haushalt im Schloss war schon immer hoch modern ausgerüstet gewesen, und obwohl Sophie so einen Öffner noch nie in der Hand gehalten hatte, glaubte sie doch zu wissen, wie sie damit umzugehen hatte. Sie setzte ihn an die Dose an und versuchte zuzudrücken. Doch ihre Hand meldete ihr sofort, dass bisher kaum Kraft vorhanden war.

Der Hunger nahm zu, trotzdem wusste Sophie, dass sie es langsam angehen musste. Sie überlegte, ob sie vom Tisch eine andere Dose holen sollte, doch sie verwarf diesen Gedanken schnell. Erstens musste sie sich ihre Kraft gut einteilen und zweitens würden die anderen Dosen die gleiche Kraftanstrengung von ihr benötigen.

Sie begann wieder mit sich selbst zu sprechen und sich Mut zuzureden. Sie feuerte sich quasi selbst an. Doch es dauerte über zwei Stunden, bis die Dose die erste nennenswerte Beschädigung hatte.

* * *

Es klingelte. Mrs. Potter ging zur Tür. »Das wird Frau Bayer sein.« Sie öffnete und bat den Gast herein.

»Maria, wie geht es dir?« fragte Renate Bayer nach der herzlichen Begrüßung von ihr und Paul. »War in Amerika alles in Ordnung?«

»Jetzt schon.« Maria grinste und gab Renate danach einen kurzen Überblick über die Ereignisse in den Staaten.

»Und wie war der Flug?« Renate packte einen Notizblock aus. »Ich habe gehört, die Ankunft war etwas turbulent.«

»Turbulent ist noch untertrieben.« Maria holte tief Luft, dann erzählte sie von ihrer ´Verhaftung´ und von der Fahrt im Streifenwagen.

Renate hörte aufmerksam zu. Dass sie schon einen ausführlichen Bericht vom Direktor der Sparkasse bekommen hatte, behielt sie für sich. Sie wollte wissen, wie Maria selbst darüber dachte. Immerhin war es im Rahmen des Festes ihre Aufgabe, sich gut um die beiden Hauptdarsteller zu kümmern.

Maria und Paul gaben kurz noch einmal wieder, was sich ereignet hatte, nicht ohne dabei die Hilfe der Reporterin zu erwähnen. »Ohne sie wäre das nicht so glatt gegangen.«

»Eine ereignisreiche Ankunft.« Renate ließ ihren Notizblock sinken. »Und dann habe ich von Herrn Steinhagen noch einen Tipp bekommen. Er sagt, ich muss mir das unbedingt anschauen, er sagte aber nicht, was. Das hätte er versprochen. Ihr wüsstet schon, was gemeint wäre.«

»Er hat dicht gehalten.« Maria sagte es eher zu sich selbst und zeigte dabei so etwas wie Erleichterung. Dann drehte sie sich zu Paul. »Holst du bitte die Sachen?« Sie erinnerte sich an den Brief des Barons, den Mrs. Potter heute morgen in der Post gefunden hatte. Er bat sie darin, das Gebet möglichst bis zum Fest möglichst keinem zu zeigen. Es war eine kleine Ausnahmeliste angehängt und auf der war Frau Bayer eingetragen.



»Du kannst das schon richtig gut.« Maria war erstaunt, wie schnell und trotzdem bequem ihr Freund ihr das Gebet angelegt hatte. Die Riemen saßen streng, und trotzdem war ihre Haut nirgends eingeklemmt oder gezwickt.

»Ich bin schwer begeistert.« Renate hatte Mühe, Worte zu finden. »Wie lange hältst du das aus? Zehn Minuten?«

Maria musste kurz husten. »In Amerika habe ich es sechs Stunden lang getragen und der Arzt sagt, dass bis zu acht Stunden möglich gewesen wären.«

Renate keuchte. »Darf ich dich einmal anfassen?«

Maria gab die Zustimmung gern.

»Und das wirst du auf dem Ball tragen?« Renate rief sich kurz den Ablauf des Festes ins Gedächtnis.

»Ich möchte am liebsten so auch vor den Altar treten.« Maria war etwas verlegen. »Ich habe schon so oft davon geträumt. Wäre das möglich?«

Renate hatte Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken. Natürlich warf dies viele bisherige Planungen durcheinander, doch diese wirklich außergewöhnliche Armhaltung musste einfach gezeigt werden. »Das werde ich einrichten.« Sie schlug eine schon beschriebene Seite ihres Notizblocks auf und blickte Maria kurz an. »Ich wollte noch kurz die nächsten anstehenden Termine besprechen.«

* * *

Andrea war verwundert, dass der Baron ihr jetzt doch noch einen Interview-Termin gegeben hatte. Schließlich hatte sie schon einiges Material gegen ihn zusammengetragen. Doch dann hielt sie kurz in ihren Gedanken inne. Eigentlich konnte er von ihren Bemühungen noch nichts wissen.

Außerdem, so war sie sich sicher, war ihm sicher daran gelegen, dass über das Fest nur Gutes berichtet wurde. Sie dachte an ihre kleine Serie, mit denen sie jetzt seit einigen Wochen ihre Leser unterhielt.

Dabei hatte sie schon alles Material für ihre Artikel beisammen. Es standen jetzt nur noch zwei Artikel an. Einer davon war für Marias Zeit in Amerika reserviert, und der letzte würde sich mit der heißen Phase der Festvorbereitung befassen.

Sie hatte den Termin trotzdem zugesagt, weil sie hoffte, für ihre Verdachte weitere Indizien zu bekommen. Und vielleicht konnte sie den einen oder anderen unklaren Punkt in ihren Notizen klären. Langsam machte sie sich auf in das Café, in dem sie sich verabredet hatten.

* * *

Baron Harsumstal wischte sich den Schweiß von der Stirn, nachdem er bei der Bedienung einen Kaffee bestellt hatte. Er fühlte, dass es langsam eng wurde. Doch noch sah er eine realistische Chance, dass Maria auf dem Fest das Gebet präsentieren würde und er das Geld kassieren konnte. Gestern hatte ihn der Chefarzt gedrängt, seine Tochter aus der Klinik zu entfernen, weil seine Manipulationen aufzufliegen drohten. Zum Glück war der Raum im Keller rechtzeitig fertig geworden, und sein Neffe würde ab und zu nach Sophie sehen. Es waren genug Vorräte in dem Raum, so dass es ihr an nichts mangeln sollte, von ihrem bisherigem Luxusleben einmal abgesehen.

Er hätte das Interview viel lieber bei sich im Schloss gegeben, doch das war ihm mittlerweile zu riskant. Sophie war im Keller, und das angebliche Unfallauto stand vorn in der Garage. Er hätte es eigentlich schon verkaufen wollen, doch im Moment hätte das vermutlich einigen Staub aufgewirbelt.



»Wie geht es ihrer Tochter?« Andrea fand es richtig, sich nach der wenig herzlichen Begrüßung zuerst nach den Angehörigen zu erkundigen, wenn auch ihr eigentliches Interesse anderen Themen galt.

»Der Arzt hat mir Hoffnung gemacht, dass sie bald nach dem Fest wieder mit Gehbewegungen anfangen darf.« Der Baron versuchte, den besorgten Vater zu geben. Zumal die Aussage sogar korrekt war, wenn man sie nur aus dem richtigen Blickwinkel betrachtete.

»Sie hatte einen schweren Unfall?« Andrea wusste zwar schon, dass der Unfall fingiert war, doch sie hatte bisher keine Ahnung warum. Und so hoffte sie, das wahre Motiv herauszubekommen, wenn sie sich auf sein Spiel einließ.

Der Baron erzählte das, was Andrea allerdings schon wusste.

Sie musste sich zusammenreißen, damit ihr kein falsches Wort heraus rutsche. Sie kam sich vor wie in einem Käfig mit einem schlafenden Löwen. Wenn sie nur eine falsche Bewegung machte, wäre es aus. Sie hatte keine Zweifel daran, dass er sie aus dem Weg räumen würde, wenn er Verdacht schöpfte. »Meinen sie, Maria wird eine gute Vertretung für ihre Tochter sein?« Andrea bemühte sich um eine neutrale Stimme.

»Ich habe sie seit ihrer Rückkehr noch nicht wieder gesehen, doch ihre Mutter hat mir versichert, dass sie optimal vorbereitet ist.« Er versuchte, seinen Ärger darüber zu verbergen, dass er sie noch nicht besucht hatte.

Es war ein Kampf auf Augenhöhe. Beide Parteien waren bemüht, ihr jeweiliges Geheimnis zu wahren und sich keine Blöße zu geben.

Andrea hatte zwar noch ein paar weitere Fragen vorbereitet, doch sie spürte, dass sie keine weiteren verwertbaren Antworten bekommen würde. Schließlich beschränkte sie sich auf ein paar Allgemeinplätze. »Ich möchte dann gern gehen.« Sie packten ihre Sachen zusammen. »Im Rathaus ist die Sponsorenversammlung, und an der möchte ich teilnehmen.« Sie war etwas verlegen. »Ich habe bloß keine Einladung.« Natürlich hätte sie auch diverse andere Mittel gehabt, um trotzdem auf die Veranstaltung zu kommen, doch in diesem Moment reizte es sie, sich an den Baron anzuhängen.

»Wenn sie möchten, dann kann ich sie mitnehmen.« Es war dem Baron natürlich klar, welch gefährliches Spiel er spielte, doch er ging das Risiko trotzdem ein, weil er es sich mit der Presse nicht verderben wollte. Außerdem würde es sich sowieso nicht mehr verheimlichen lassen, dass Maria auf dem Fest die Originalhaltung tragen würde.

Die Sponsoren waren zwar alle zur Geheimhaltung verpflichtet, doch er kannte den Buschfunk in der kleinen Stadt und hatte ihn früher auch gelegentlich selbst genutzt, wenn er ein bestimmtes Gerücht in Umlauf setzen wollte. Er war schon weit von seinen ursprünglichen Plänen abgewichen, es war jetzt nur noch wichtig, die eigene Haut zu retten, denn das Wasser stand ihm wirklich bis zum Hals. Es war nur noch ein Sachen von Tagen, bis er Farbe bekennen musste, wenn seine aktuellen Pläne nicht aufgingen.

* * *

Gegen Mittag hatte die Ravioli-Dose endlich eine so große Öffnung, so dass Sophie sich mit den Fingern die erste Nudel heraus angeln konnte. Sie wusste, dass es Mittag war, weil sie von draußen die Uhr des Schlossturms schlagen hörte und wie sie es aus der Klinik gewohnt war, die Schläge mit zählte hatte. Es war eine der ganz wenigen Abwechslungen, die sie in ihrem traurigen Klinikalltag gehabt hatte.

Natürlich wusste sie, dass es besser gewesen wäre, die Ravioli erst einmal zu erwärmen, und in der alten Dienstbotenwohnung hätte es auch eine kleine Kochgelegenheit gegeben. Doch diese zu benutzen, dieses Ziel lag noch in weiter Ferne. Sie hätte dazu aufstehen müssen, sich einen Topf suchen und beim Erwärmen öfters umrühren müssen. Sie wusste, dass ihre Muskeln dies noch überhaupt nicht mitgemacht hätten.

Unter normalen Umständen hätte Sophie über eine Dose Ravioli nur die Nase gerümpft, doch jetzt verschlang sie die kalten Nudeln geradezu mit Heißhunger. Und zu ihrer Verwunderung schmeckten sie wirklich köstlich.

Nach der dritten Nudel hielt sie inne, denn sie erinnerte sich wieder an die Worte der Schwester in der Klinik, die der Lernschwester auch über die Ernährung der hilflosen Patientin berichtete hatte. Ihr Magen sei nur Flüssigkeiten gewöhnt und sie müsste mit fester Nahrung langsam beginnen.

Dermaßen gestärkt machte sich Sophie daran, sich zu überlegen, was die nächsten möglichen Schritte waren. Sie horchte in sich hinein, und als Antwort bekam sie die Mitteilung, dass sich ihr Körper dringend nach Ruhe sehnte.

Sophie blickte wehmütig zum Bett hoch, doch sie wusste, dass die Kraft noch nicht reichen würde, um sich wieder hoch auf das Bett zu stemmen. Außerdem roch sie die stickige Bettwäsche auch noch vor dem Bett, und so beschloss sie, es sich vor dem Bett gemütlich zu machen.

Etwas halbherzig wischte sie den Staub weg, um wenigstens ihren Kopf nicht in den Dreck legen zu müssen, dann ließ sie sich auf die Seite fallen und streckte sich vor dem Bett aus. Gleich darauf war sie völlig erschöpft eingeschlafen.

* * *

»Was meinte Renate damit, wir müssten in Uniform kommen?« Paul war etwas ratlos. »Meint sie die Ketten für den Freitag?« Er blickte zu Maria, die sich umgezogen hatte und jetzt die Treppe herunter kam. Frau Bayer hatte sie zur Versammlung der Sponsoren eingeladen.

»Unsere Kostüme kann sie nicht meinen, die sind ja noch nicht fertig.« Maria war ebenfalls unsicher, wie die Anweisung gemeint war.

»Trauen wir uns allein mit den Ketten auf die Straße?« Paul war besorgt um das Ansehen seiner Freundin.

»Warum denn nicht.« Maria zeigte sich etwas mutiger.



»Ich hatte euch doch gesagt, ihr solltet in Uniform kommen.« Renate zeigte deutlich, dass sie von der Erscheinung von Maria enttäuscht war.

»Das haben wir doch gemacht?« Maria hielt ihre Arme hoch und wackelte etwas mit den Ketten. Sie spürte deutlich, dass Renate verärgert war, doch sie wusste nicht, was sie falsch gemacht hatten.

»Das kennen die Sponsoren schon, das wollen sie nicht sehen.« Renate gab sich Mühe, wieder etwas Freundlichkeit zu zeigen.

Paul hatte auch erkannt, dass sie ihre Betreuerin wohl falsch verstanden hatten. »Was war denn dann gemeint? Etwa das Gebet?«

»Entschuldigung«, Renate begann zu begreifen, dass es zum Teil auch ihr Fehler war. »Ja, das Gebet war gemeint. Ich hätte es deutlicher sagen müssen.«

»Es gibt Probleme?« Andrea kam mit einer ernsten Miene auf das Paar zu.

Maria kam nicht auf den Gedanken, zu fragen, wo die Reporterin her kam. Sie war eher froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen. »Sie wollen das Gebet sehen.«

Andrea warf einen Blick auf die Ketten, die Maria noch trug. »Falsches Kostüm?« Sie lächelte ein wenig.

»Ja, so kann man das auch sagen.« Maria zeigte ebenfalls etwas Galgenhumor, dann wandte sie sich an Paul. »Du musst mir die Ketten abnehmen und das Gebet anlegen.«

»Aber ich habe nichts dabei.« Auf einmal wurde er knallrot. »Und die Kettenschlüssel liegen daheim auf dem Tisch.«

»Ich habe gerade ein Déjà-vu.« Maria verdrehte die Augen.

»Ich könnte die Sachen holen, aber ich möchte dich nicht allein lassen« Paul war sichtlich verlegen.

»Und wenn wir so bleiben?« Maria blickte Frau Bayer an.

»Das geht nicht.« Renate war mindestens genauso verlegen wie Paul. »Der Baron hat viele Versprechungen gemacht, die wir jetzt einhalten müssen.« Sie zeigte auf die Tür zum Sitzungssaal. »Dort drinnen sitzt eine Herde Geier, die uns zerfleischen wird, wenn wir nicht das machen, was sie erwarten.«

Andrea sah auf einmal eine große Chance. »Ich werde die Sachen für euch holen. Und ihr werdet den Damen und Herren Rede und Antwort stehen.«

Es war Renate Bayer überhaupt nicht recht, dass sich die Presse auf diese Weise einmischte, doch eine Alternative wusste sie in der Situation auch nicht. »Was sollen wir den Sponsoren sagen?«

»Lassen sie mich reden.« Andrea gab sich sehr selbstbewusst. »Das Stichwort ist ´Flucht nach vorn´.«

Sie ging zur Tür. »Maria, Paul, kommt ihr.«



Als sie den Raum betraten, setzte sofort ein Geraune ein. »Das können sie mit uns nicht machen.« »Er versucht es schon wieder.« »Wo ist das versprochene Gebet, die Ketten kennen wir.«

Andrea bat um Ruhe. »Meine Damen und Herren, es liegt ein Missverständnis auf unserer Seite vor.« Sie wartete, bis sich Sponsoren beruhigt hatten. »Wir haben Paul und Maria die falsche Einladung zukommen lassen, deswegen sind sie mit den Ketten gekommen.«

»Und was gedenken sie jetzt zu tun?« Einer der Herren machte sich zum Wortführer.

»Ich werde das Missgeschick korrigieren und für Paul und Maria die richtige Ausrüstung holen.« Sie ging zur Tür. »Es dauert nicht lange, ich bin mit dem Auto da. In der Zwischenzeit wird Maria sicher gern von ihrer Ausbildung erzählen.« Sie verließ den Raum.

Maria blickte sich um. Ein paar wenige Herren erkannte sie, unter anderem war Herr Schwerterle anwesend.

»Lassen sich die Ketten nicht einfach abnehmen? Das sind doch nur Attrappen.«

»Nein, das geht nicht.« Herr Schwerterle mischte sich ein. »Die sind von uns originalgetreu gefertigt, also auch mit Schlössern.«

Die Tür ging auf und Herr Steinhagen betrat den Raum. »Ich bitte meine Verspätung zu entschuldigen.« Sein zweiter Blick fiel auf Maria. »So war das aber nicht abgesprochen.« Er suchte Frau Bayer. »Was ist passiert?«

»Ein Missverständnis.« Renate war sehr verlegen. »Frau Baseling holt gerade die richtigen Sachen.«

Rudolf runzelte die Stirn, doch dann nahm er auf dem Platz an der Kopfseite platz. »Nun dann warten wir.« Er ließ seinen Blick im Raum umherschweifen. Als er sah, dass Paul und Maria noch standen, bat er sie, nach vorn zu kommen und auf den Stühlen hinter ihm Platz zu nehmen.



Sie mussten nicht lange warten, dann betrat Andrea wieder den Saal. In der Hand trug sie eine Tasche und ein Schlüsselbund.

Paul und Maria standen sofort auf und gingen auf Andrea zu. Paul nahm sich die Schlüssel und öffnete Marias Ketten. »Es tut mir leid«, flüsterte er.

»Kein Problem.« Maria lächelte, denn insgeheim freute sie sich darauf, hier das Gebet zeigen zu dürfen.

»Jetzt wollen wir aber sehen, ob sie das wirklich können.« Einer der Sponsoren machte einen sehr ungeduldigen Eindruck.

»Herr Wetzler, bitte beherrschen sie sich.« Herr Steinhagen bat um Ruhe. »Maria kann etwas ganz Außergewöhnliches, aber wir dürfen sie nicht hetzen.« Er wandte sich an das Paar. »Lassen sie sich bitte nicht drängen, nehmen sie sich die Zeit, die sie brauchen.«

Maria rieb sich noch etwas die Handgelenke, dann legte sie ihre Arme auf den Rücken und brachte sie in Position. »Kann losgehen.« Sie lächelte Paul an.

Zu seiner eigenen Überraschung blieb Paul völlig ruhig, als er nach und nach die Riemen um Marias Arme legte und fest zog. Er gab sich diesmal sogar Mühe, auf einen eleganten und symmetrischen Verlauf der Riemen zu achten. Maria stand mit dem Gesicht zu den Sponsoren, so dass diese zunächst nicht sehen konnten, was Paul hinter ihrem Rücken machte.

»So, fertig.« Paul war erleichtert. »Sitzt es gut?«

Als Antwort drehte Maria ihren Kopf zu ihrem Freund und küsste ihn kurz auf die Wange. Sie wollte sich schon umdrehen, als sie von Herrn Steinhagen unterbrochen wurde. »Maria, warten sie noch einen Moment.«

Er erhob sich. »Bevor irgendwelche Fragen kommen, Maria ist seit mehreren Jahren im Training und hat in Amerika in der Klinik ihrer Mutter noch eine Spezialausbildung bekommen. Sie hat das Gebet schon über sechs Stunden getragen und stand dabei unter ärztlicher Aufsicht. Ihre Muskeln sind an diese besondere Haltung gewöhnt, und es werden deswegen keine Schäden auftreten. Dennoch sollten wir im Rahmen des Festes gut auf unsere Hauptdarstellerin acht geben und ihr viel Pausen gönnen.« Er drehte den Kopf zu Maria. »Jetzt können sie sich umdrehen.«

Maria hatte sofort begriffen, dass sie es auch etwas spannender machen musste. Ganz langsam begann sie mit der Drehung, und je weiter sie sich drehte, desto leiser wurde es im Saal. Als sie die Wand direkt ansah, war es so still, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können.

»Schön und gut«, Herr Wetzler zeigte sich wenig beeindruckt. »Aber wiegt das die Baroness auf? Ich denke nicht.« Wieder setzte Gemurmel ein. »Der Baron hatte uns ursprünglich seine Tochter versprochen, die Baroness Sophie von Harsumstal. Wer ist schon eine Maria ...?« Er stutzte. »Wie war doch gleich der Nachname?«

Maria fühlte auf einmal einen großen Schlag in die Magengrube. Sie hatte Mühe, ihre Tränen zurück zu halten.

Paul erkannte sofort, was seine Freundin bewegte. »Komm, ich denke, wir werden hier nicht mehr gebraucht.«

Herr Steinhagen blickte Maria traurig hinterher. Genau das hatte er befürchtet, doch er wusste auch, dass er Maria diese Erfahrung nicht ersparen konnte.

Andrea hielt es nicht mehr auf ihrem Platz. Sie stand auf. »Wartet bitte.« Sie versuchte, Paul und Maria aufzuhalten, doch als sie Marias trauriges Gesicht sah, ließ sie sie gehen. Sie ging nach vorn zum Kopf der Tafel. »Meine Herren, was bilden sie sich eigentlich ein...«

Mehr hörten Paul und Maria nicht, denn sie hatten den Saal verlassen. Als sich die Tür geschlossen hatte, drehte sich Maria um, lehnte sich an Pauls Brust und begann bitterlich zu weinen. Paul legte seine Arme um seine Freundin und streichelte sie tröstend. Auch er war von diesem Auftritt mehr als geschockt.

Nachdem sich Maria etwas beruhigt hatte, zog er sie zu der kleinen Bank an der Seite. Fast unauffällig löste er die Riemen des Gebetes und gab so Maria ihre Arme wieder zurück.

»Oh Paul, das war so demütigend.« Endlich fand sie ihre Worte wieder.

»Lass dich davon nicht unterkriegen.« Paul wischte ihr die Tränen weg. »Du wirst die Katerina schön spielen, und du bist besser als die Baroness.« Er spürte, dass Maria Ablenkung gebrauchen konnte. »Komm, Anna hat sich zum Rudern angesagt.«

Traurig ergriff sie Pauls Hand und ließ sich hochziehen. »Lass uns gehen.«

* * *

Anna sah sofort, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste. Als Paul sie über die Ereignisse informiert hatte, erkannte sie sofort, dass Maria Trost und Ablenkung gebrauchen konnte.

Endlich sah sie eine kleine Möglichkeit, sich erkenntlich zu zeigen. »Komm, Maria, du wolltest mir zeigen, wie man rudert.« Eigentlich mochte sie Sport überhaupt nicht, weil es sie an ihre bisherige Erziehung erinnerte, doch hier war eine Möglichkeit, sich für die empfangene Hilfe zu bedanken, ohne dass es aufgesetzt wirkte.

Maria seufzte noch einmal, dann gab sich einen Ruck. »Wir müssen uns umziehen.« Sie mochte das Rudern auch nicht, doch jetzt war es eine willkommene Ablenkung, um sich die traurigen Gedanken und die Demütigungen aus dem Gedächtnis zu rudern.

* * *

Etwas Gutes hatte Sophies Aufenthalt in ihrem Keller für sie selbst; sie war endlich von ihrem sonst immer so aufdringlichen Verehrer befreit. Dieser Michael lauerte überall und verfolgte sie normalerweise auf Schritt und Tritt. Doch die Männer, mit denen sie sich üblicherweise umgab, waren für ihn anscheinend abschreckend genug, so dass er nicht zu näher ihr vordringend konnte.

Sie wunderte sich die ganze Zeit, dass er sie im Krankenhaus nicht besucht hatte. Sie vermutete, dass er eine weiße Gipshülle wohl nicht sehen wollte. Immerhin hatte er jeden Tag frische Blumen ins Krankenhaus geschickt. Anfangs hatten sich die Schwestern noch über den heimlichen Verehrer lustig gemacht.

Sehen konnte sie die Sträuße immer nur kurz, wenn die Schwestern sie in ihr Blickfeld hielten. Aber riechen konnte sie die Blumen, und es war nie ein unangenehmer Geruch. Zumal er anscheinend jeden Tag auch noch andere Sorten für sie auszuwählen schien, die entsprechend einen anderen Duft hatten.

Sie konnten eigentlich nur von Michael sein. Es sprach sehr viel dafür. Zum einen war es die Ausdauer. Nur er brachte üblicherweise so eine Geduld auf. Und von ihren anderen Männerbekanntschaften wäre keiner auf so einen Gedanken gekommen. Von ihren Freundinnen konnte es auch keine gewesen sein, die waren eher auf sie neidisch gewesen.

Sie war mittlerweile so einsam, dass sie sogar einen Besuch von Michael als angenehme Abwechslung empfunden hätte. Er himmelte sie mit scheinbar endloser Geduld an, obwohl sie ihn stets mit der gleichen Energie ablehnte.

Sie wusste, dass sie sich als Erstes bei dieser Maria bedanken wollte. Sie war die Einzige, die sie jemals besucht hatte, nicht einmal ihr Vater war bei ihr gewesen. Er hatte sich nur mit den Ärzten unterhalten und sie dabei keines Blickes gewürdigt. Natürlich wusste sie, dass dieses Mädchen jetzt die Rolle spielte, die für sie gedacht war und auf die sie auch in den ersten Jahren hin gefiebert hatte. Eifersucht verspürte sie keine, denn seit dem Tod ihrer Mutter hatte ihr die Katerina immer weniger bedeutet.

* * *

Maria löste sich aus Pauls Armen, denn sie wollte früh ins Bett gehen, um sich noch einmal leise ins Kissen auszuweinen.

Doch sie wurde von ihrer Erzieherin aufgehalten. »Es hat sich noch ein Besuch angesagt, ein wichtiger Besuch.« Letzteres fügte sie hinzu, als sie Marias trauriges Gesicht sah.

»Wer kommt denn?« Maria blickte kurz auf. »Jemand vom Fest?« Sie war in einer Stimmung, in der sie am liebsten alles hingeschmissen hätte.

»Das wirst du dann schon sehen.« Die Erzieherin lächelte geheimnisvoll.

Sie mussten nicht mehr lange warten, als es klingelte. Mrs. Potter öffnete und bat fünf Herren herein.

Maria erkannte sie sofort, es waren einige der Sponsoren. Einer von ihnen trug einen Blumenstrauß. Maria erkannte ihn sofort an der Stimme, als er sich vorstellte. Es war der, der sie so tief gedemütigt hatte. Sie wollte am liebsten auf ihr Zimmer laufen, und nur der strenge Blick ihrer Erzieherin hielt sie davon ab.

»Wir möchten uns in aller Form bei ihnen entschuldigen.« Er reichte Maria den Blumenstrauß. »Sie werden eine tolle Katerina sein, und wir sind stolz, ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten mit unserem Geld unterstützen zu dürfen.«

Maria blickte den Herrn Wetzler fassungslos an. Sie fand keine Worte.

»Was ist denn passiert?« Paul erkannte sofort, das er für Maria sprechen musste. »Wo kommt der plötzliche Sinneswandel her?«

Jetzt war es an dem Herrn, sichtlich verlegen zu sein. »Frau Baseling hat uns ordentlich den Kopf gewaschen. Sie hat uns deutlich gemacht, welches die wirklich wichtigen Werte sind.«

Auch die anderen Herren traten vor und entschuldigten sich bei Maria. »Wir haben uns blenden lassen. Wir waren so auf die Baroness fixiert, dass wir ihre Fähigkeiten überhaupt nicht gewürdigt haben. Sie werden das toll machen, und es wird ein schönes Fest werden.«

Maria blieb sprachlos. Sie klammerte sich an dem Blumenstrauß fest.

»Wir nehmen die Entschuldigung an.« Paul spürte, dass er immer noch für sie sprechen musste.

Der Herr räusperte sich. »Meine Frau und ich geben am Sonntag einen Empfang für unsere Kunden. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir sie als unsere Ehrengäste begrüßen dürften. Nehmen sie es bitte als eine Wiedergutmachung für die schreckliche Demütigung von vorhin. Es tut uns wirklich leid.«

Maria hob den Kopf. »Wir werden kommen, danke für die Einladung.« Ihre Stimme zitterte etwas.

* * *

Andreas Zorn war noch nicht ganz verraucht. Was war das für eine sch... arrogante Gesellschaft, die solche Prioritäten setze. Da zeigte ein junges unschuldiges Mädchen ein atemberaubendes Kunststück, und diese Herren hatten nur die Baroness im Kopf. Doch jetzt war sie neugierig, ob ihre Rede etwas bewirkt hatte. Sie fuhr noch mal zu Marias Haus und klingelte.

Mrs. Potter öffnete. »Maria ist aber schon zu Bett gegangen nach diesem Ereignis.«

Andrea winkte ab. »Ich wollte auch nur in Erfahrung bringen, ob meine Rede etwas bewirkt hat. Waren sie da?«

Mrs. Potter lächelte. »Denen haben sie aber gewaltig den Kopf gewaschen.« Sie zeigte auf den Blumenstrauß und berichtete kurz vom Besuch der Männer.

»Ich glaube, ich habe mich auch ziemlich aus dem Fenster gelehnt.« Andrea lachte. »Aber ich war so wütend.«

Mrs. Potter tat etwas sehr seltenes, sie streichelte der Reporterin über den Arm. »Das haben sie gut gemacht.«

»Das war es mir einfach wert.« Andrea spürte das Besondere des Augenblicks. »Wie geht es Maria? Ist sie darüber hinweg?«

»Sie schläft jetzt.« Mrs. Potter wurde etwas nachdenklich. »Es hat vielleicht auch etwas Gutes, es hat sie wieder etwas auf den Teppich zurück geholt.«

Andrea lächelte jetzt auch ein wenig. »Ich glaube, ich weiß, was sie meinen.« Sie verabschiedete sich.

* * *

Gestärkt und ausgeschlafen blickte Sophie sich in ihrem kleinen Reich um. Es gab tausend Sachen, die sie sofort geändert hätte, wenn ihre Muskeln die Kraft dazu gehabt hätten. Doch so war das Einzige, über das sie frei verfügen konnte, ihre Augen und ihre sonstigen Sinne. Und natürlich auch ihr Gehirn. So viel wie in den letzten Wochen hatte sie wohl noch nie in ihrem Leben nachgedacht.

Ganz oben auf ihrer noch nicht geschriebenen Liste stand das Bett mit dieser pekigen Bettwäsche. Sie ekelte sich sehr davor, doch sie wusste andererseits, dass sie keine Wahl hatte, als eine zweite Nacht darauf zu verbringen.

Irgendjemand hatte ihr zwar frische Bettwäsche bereit gelegt, und diese sah auch sehr verführerisch aus. Doch Sophie konnte ihre Lage und ihre noch vorhandene Kraft mittlerweile realistisch einschätzen, und deswegen wusste sie, dass sie noch zu warten hatte.

Außerdem wusste sie eigentlich nicht mehr, wie so ein Bett neu zu beziehen war. Sie hatte sich seit langem nicht mehr darum gekümmert, sondern nur dem Personal ihres Vaters Beine gemacht. Jetzt musste sie den Kopf schütteln über ihre so maßlose Arroganz von damals. Sie wollte nie durch Spuren in der Bettwäsche an die vorangegangene Nacht erinnert werden, deswegen hatte sie verlangt, dass ihr Bett jeden Tag neu zu beziehen war. Jetzt schämte sie sich für ihr Benehmen von damals.

Der Erfolg mit dem Dosenöffner ermutigte sie, sich das nächste Ziel vorzunehmen. Morgen Abend wollte sie ihren Kopf auf das frisch bezogene Kissen legen.

Doch zuvor galt es noch einen anderen Kampf zu gewinnen. Sie musste sich wieder hoch auf das Bett heben. Natürlich wusste sie, welche Bewegungen sie normalerweise machen würde, doch sie spürte im Moment auch, was sie mit welcher Bewegung ihren Muskeln abverlangte und vor allem, welche Kraft sie überhaupt abrufen konnte. Und es war nur sehr wenig.



Tränen liefen ihr über die Wange, als sie sich endlich auf der Matratze ausstrecken konnte. Die Berührung mit der klebrigen Bettwäsche bereitete ihre geradezu körperliche Schmerzen, doch sie wusste, dass sie es ertragen musste.

Kurz vor dem Einschlafen erinnerte sie sich auf einmal an den Haushaltsunterricht, den sie in ihrer frühen Jugend bekommen hatte. Damals musste sie auch ein Bett beziehen, doch es war so verdammt lang her. Trotzdem sah Sophie die nötigen Schritte auf einmal direkt vor ihren Augen, und sie glaubte sogar, die Stimme der Gouvernante zu hören.

Obwohl sie sich vor dem Kissen ekelte, war ihre Müdigkeit doch stärker, und zusätzlich geschwächt durch den so mühsamen Aufstieg auf das Bett schlief sie bald darauf ein... und träumte von einem leckeren Teller heißer Ravioli.
619. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 19.02.17 07:38

hallo gag_coll,

schon wieder eine tolle Fortsetzung mit einigen Höhepunkten, wie dem unmöglichen Auftreten der Sponsoren plus Entschuldigung.
Die Reporterin Andrea bekommt einen mehr und mehr größeren Anteil an der Geschichte ... und das gefällt mir. Ich sehe sie auch schon in den Ketten.

Doch was ich noch viel besser finde, ist die Art, wie Du die Baroness, bzw. ihre Veränderung beschreibst. Auch wenn es natürlich von ihrem Vater grausam ist, sie so zu behandeln, hat es doch für sie einen guten Lerneffekt. Sie verliert ihre Arroganz und wird damit zu einem besseren Menschen.

Ich freue mich schon auf die nächste Fortsetzung.

Gruß
Machtdom
620. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 19.02.17 07:44

Hallo gag_coll,

danke für das geistige Frühstück.

In diesem Teil wurden ja einige Köpfe gewaschen.

Sophie hat auch einen grossen Spiegel vorgehalten bekommen.
Jetzt steht sie in der realität die sie über Jahre verdrängt hat.

Schade das Maria etwas leiden musste.


Schönen Sonntag

marmas71
621. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 20.02.17 00:38

Hallo cag_coll

Spannende Fortsetzung.

Vor allem Sophie überrascht doch etwas. Aber wenn sie nicht bald was trinkt, dann wird sie wohl elendig zu Grunde gehen. Ein Menschlicher Körper kann zwar mehrere Wochen auf Nahrung verzichten, aber nicht auf Wasser.


MfG Rainman
622. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.02.17 06:39

Zitat
Vor allem Sophie überrascht doch etwas. Aber wenn sie nicht bald was trinkt, dann wird sie wohl elendig zu Grunde gehen. Ein Menschlicher Körper kann zwar mehrere Wochen auf Nahrung verzichten, aber nicht auf Wasser.
Ich muss zugeben, dass ich hier tatsächlich etwas übersehen habe... Aber nachdem es in der alten Dienstbotenwohnung sowohl ein Bad als auch eine kleine Küchenzelle gibt, wird Sophie sicher etwas Wasser zur Verfügung stehen.
623. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 20.02.17 20:02

Hallo gag_coll,

danke für das 14. Kapitel. Das warten hat sich echt gelohnt Bei der Menge an Text bin ich am überlegen, ob ichs mir als Buch binden lasse

mit fesselnden Grüßen

Eure Kami
624. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Acht

geschrieben von gag_coll am 21.02.17 05:54

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Acht
Autor: Karl Kollar

Samstag, 18. September 1984

»Sie ist noch oben.« Mrs. Potter sah Paul entschuldigend an. »Ich habe sie schlafen lassen nach diesem schrecklichen Tag gestern.«

»Ob ich wohl zu ihr gehen könnte?« Paul wollte nicht aufdringlich sein, aber er ahnte, dass Maria sich bestimmt freuen würde, wenn er sie wecken würde.

»Sie freut sich bestimmt, wenn sie dich beim Aufwachen sieht.« Dorothea hatte ein wenig Probleme, ihre latente Eifersucht unter Kontrolle zu halten. »Du solltest aber wissen, das heute ihr letzter freier Tag vor dem Fest ist. Außerdem hat sie Anna und Florian zum gemeinsamen Frühstück eingeladen. Sie müssten eigentlich bald kommen.«

»Okay, ich werde mal nach ihr sehen.« Paul ging zur Treppe.

»Kommt dann bitte herunter, wenn ihr sie hört.« Mrs. Potter blickte ihm hinterher.



Den Weg zu Marias Zimmer war er schon öfters gegangen, doch dieses Mal war er besonders angespannt. Er fragte sich immer wieder, wie es seiner Freundin wohl ergangen war nach dieser schweren Demütigung gestern. Er wäre gern bei ihr geblieben, doch er hatte gespürt, dass sie allein sein wollte.

Vorsichtig klopfte er leise an die Tür und steckte seinen Kopf durch die Tür. »Guten Morgen, mein Schatz«, sagte er, als er sah, dass sie die Augen schon auf hatte. »Wie geht es dir?«

Maria erwiderte den Gruß, dann richtete sie sich auf. »Es hat so weh getan.« Sie seufzte. »Ich war drauf und dran, alles hinzuwerfen.«

»Herr Wetzler hat sich doch bei dir entschuldigt.« Paul hoffte, seiner Freundin damit zu helfen. »Und Morgen sind wir bei ihnen eingeladen.«

»Du hast recht, ich sollte nicht nachtragend sein.« Maria schlug die Bettdecke beiseite und schwang sich aus dem Bett. »Wie spät ist es denn?«

Paul blickte auf seine Uhr. »Schon halb neun.« Nur nebenbei fiel ihm auf, dass seine Freundin neben dem Nachtkorsett noch das Keuschheitsensemble mit Slip und BH trug. Sie schien es wirklich wie Alltagskleidung zu betrachten.

»Ich hatte Anna und Florian zum Frühstück eingeladen, das war aber schon gestern morgen.« Sie sprach nicht weiter.

Paul begriff trotzdem, was sie sagen wollte. Sie hätte die Einladung gern zurückgenommen, wusste aber, dass dies sehr unhöflich wirken würde. So mussten sie sich dieser Pflicht stellen. »Es ist vielleicht auch gut, auf andere Gedanken zu kommen.« Er sprach aus, was er dachte.

»Ich bin dann im Bad.« Sie blickte ihn ein wenig verlegen an. »Magst du mal schauen, ob du ihr beim Tisch Decken helfen kannst?« Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie eingeladen hatte und sich jetzt gar nicht darum kümmerte.

»Gern.« Paul machte sich auf den Weg. Er war erleichtert, dass es Maria doch einigermaßen gut ging.



»Kann ich noch etwas helfen?«, fragte Paul höflich, obwohl er sah, dass der Tisch schon weitgehend gedeckt war.

»Du könntest noch zwei Flaschen Orangensaft aus dem Keller holen.« Mrs. Potter nahm sein Angebot wohlwollend zur Kenntnis. »Die Getränke sind gleich neben Marias Trainingsraum.« Doch dann hielt sie inne. »Wie geht es ihr?«

Paul war schon auf dem Weg zur Tür, als er stehen blieb. In ihrer Frage war ein ganz besonderer Unterton, der ihn aufhorchen ließ. Auf einmal erkannte er, was sie mit der Frage eigentlich sagen wollte. Er musste schlucken. »Sie wussten, dass es passieren würde?« Er blieb stehen.

»Ich bin letztendlich froh, dass es schon so früh passiert ist.« Sie seufzte kurz. »Es ist zwar schmerzhaft, so aus einem Traum aufgeweckt zu werden, doch es war nötig.«

»Sie wollte die Prinzessin sein, und alle Welt würde sich um sie drehen?« Paul dachte laut.

»Genau das meinte ich.« Mrs. Potter faltete die Servietten. »Natürlich darf man träumen, aber es ist auch wichtig, den Kontakt zur Realität nicht zu verlieren.«

»Aber es war doch sehr ungerecht Maria gegenüber.« Paul wollte Marias Standpunkt verteidigen.

»Natürlich war es das.« Dorothea gab ihm Recht. »Aber es hat eben auch bewirkt, dass Maria wieder auf der Erde steht und nicht mehr auf ihrer Wolke Sieben schwebt.«

»Ein tiefer Fall mit einem harten Aufprall.« Paul wunderte sich, warum er es schaffte, so über Maria mit ihrer Erzieherin zu reden.

»Und es ist wie beim Fahrradfahren. Man muss wieder aufsteigen und weiter fahren.« Mrs. Potter blickte auf die Uhr. »Jetzt solltest du aber in den Keller gehen.«

Paul grinste. »Natürlich.«

* * *

Sophie öffnete die Augen, und diesmal wusste sie sofort, wo sie war. Sie vermied es allerdings, sich zu räkeln, denn dabei hätte sie noch mehr Stellen von dieser so ekelhaften Bettwäsche berühren müssen, deren Geruch sie sofort wieder wahrnahm.

In ihrem Traum hatte sie Besuch bekommen von ihrer Mutter, und diese hatte ihr gezeigt, wie sie sich in ihrem Verließ trotz aller Umstände gemütlich einrichten konnte. Sie hatte ihr ein paar einfache Rezepte verraten, mit denen sie ihren kulinarischen Alltag etwas verschönern konnte.

Wieder musste Sophie weinen, weil der Traum so intensiv und real gewesen war. Ihre Mutter stand auf einmal in ihrem kleinen Zimmer und hatte ihr beim Aufstehen geholfen. Dann hatte sie sich die Dosensammlung angesehen und ihr ein paar hilfreiche Tipps gegeben.

Sie hob ihre Hände vor das Gesicht und wischte sich die Tränen weg. Sie musste wieder an den Haushaltsunterricht denken, den sie in ihrer frühen Jugend bekommen hatte. Jetzt wurden ihr auch die Bemühungen ihrer Mutter bewusst, sie zu einer selbstständigen Hausfrau zu erziehen, auch wenn sie dieses sehr bald schon nach allen Regeln der Kunst sabotiert hatte.

Doch ihre Mutter hatte ihr schon verziehen. Das hatte sie ihr in dem Traum deutlich gesagt.



Deutlich roch sie die stickige Bettwäsche, und sie fühlte sich in ihrem Vorhaben bekräftigt, zumindest das Kissen neu zu beziehen, damit sie ihren Kopf etwas angenehmer zu Ruhe betten konnte. Das Laken und auch die Bettdecke auszutauschen, das lag bei Weitem noch nicht in ihren Kräften.

Anfangs hatte sie Angst gehabt, ihre Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie die Ravioli sehen würde. Doch zu ihrer Erleichterung hatte sie ihr sogar dazu geraten. »Sie schmecken auch kalt, wenn man nur hungrig genug ist.«

Trotzdem nahm sich Sophie auch vor, spätestens an einem der nächsten Tage einmal warme Ravioli zu sich zu nehmen. Und natürlich gab es auch noch diverse andere Dosen, bei denen zumindest das Etikett sehr lecker und viel versprechend aussah.



Durch die Wechsel im Dienstplan der Schwestern im Krankenhaus hatte sie einen gewissen Überblick über die Tage, die schon vergangen waren. Doch seit der Gips ab war, lag sie auf einer anderen Station, auf der sie die Schwestern nicht kannte. Und jetzt war sie ganz woanders und das Einzige, was sie diesbezüglich wusste war, dass sie schon zwei Mal übernachtet hatte. Sie fragte sich, ob es wohl möglich war, heraus zu kriegen welcher Wochentag war. Im Krankenhaus hatte sie die Wochenenden immer daran erkannt, dass insgesamt weniger Verkehrsgeräusche zu ihr ins Zimmer drangen.

Durch die lange Unbeweglichkeit war sie gezwungen gewesen, auf ihre Umgebung zu hören und insgesamt waren diese Sinne noch sehr aktiv. Sie fand es insgesamt etwas ruhiger als gestern, doch sie wusste auch, dass das Schloss ihres Vaters eher etwas abseits lag und nicht der komplette Verkehrslärm zu ihr durch dringen konnte.

Aber dafür hörte sie die Vögel im Schlosspark jetzt sehr deutlich, und obwohl sie sich das nicht eingestehen wollte, erkannte sie doch an dem unterschiedlichen Gesang der Vögel, wie spät es an dem jeweiligen Tag sein musste. Sie konnte es zwar nicht mit einer konkreten Uhrzeit belegen, doch es gab ihr zumindest eine grobe Orientierung.



Sechs Nudeln waren noch in der Dose, die sie gestern geöffnet hatte. Wenn sie zum Frühstück zwei davon essen würde und zu Mittag drei, dann wäre eine noch fürs Abendessen über. Und Morgen würde sie wieder den Kampf gegen den Dosenöffner antreten.

Unbewusst blickte sie zu dem kleinen Waschbecken. Ihr Cousin hatte doch tatsächlich daran gedacht, eine Zahnbürste und Zahncreme bereit zu legen. Sophie wusste auf einmal, was sie nach dem Frühstück als Erstes machen wollte. Das Prinzip des Vorabplanens hatte sie mittlerweile schon gut verinnerlicht. Da gab es den kleinen Schemel, auf den sie sich setzen konnte, und damit würde sie alle gut erreichen können.

Sie wusste, dass sie es nicht überstürzen durfte, doch sie sehnte sich danach, wieder selbst gehen zu können und nicht mehr im Dreck herum kriechen zu müssen. Sie nahm es sich als das Ziel für den nächsten Tag vor. Sie wollte aufstehen und mindestens zwei Schritte gehen. Sie war sich zwar unsicher, ob sie das ihren Muskeln schon zumuten durfte, doch die würden sich sicher sofort melden, wenn es ihnen zu viel werden würde.

* * *

Erst als er im Keller war, fiel Paul ein, dass er noch nicht in Marias Fitnessraum gewesen war. Doch es gab zum Glück nur wenig Türen, die er öffnen musste, um ihn und daneben den Raum mit dem Getränkelager zu finden. Auch den Orangensaft hatte er sofort gefunden. Er griff sich zwei Flaschen und ging zurück. Auf dem Weg noch oben hörte er die Türklingel. Das würden Anna und Florian sein.

Er sah es auf den ersten Blick. Annas Augen strahlten wie noch nie zuvor, und auch Florian machte einen sehr glücklichen Eindruck. Doch er wollte sie nicht überrumpeln.

Auch Maria hatte die Ankunft bemerkt und kam die Treppe herunter. Auch ihr fielen sofort die glücklichen Augen der beiden auf. Sie hielt sich nicht zurück. »Was ist los mit euch beiden? Ihr strahlt ja, als hättet ihr im Lotto gewonnen.«

Doch statt einer Antwort begrüßten sie erst einmal ihre Gastgeberin. Florian überreichte einen kleinen Blumenstrauß. »Vielen Dank für die Einladung.«

Mrs. Potter bedankte sich und bat ihre Gäste Platz zu nehmen, dann holte sie eine Vase.

Paul warf einen kurzen Blick auf den Strauß, als Florian grinste. »Ertappt!« Er wischte sich mit der Hand durch das Gesicht. »Deine Oma hat uns geholfen.«

Paul lächelte ebenfalls.

»Greift bitte zu.« Mrs. Potter bat ihre Gäste, es sich gut gehen zu lassen.

* * *

Sophie wollte diesmal etwas weniger schmerzhaft aus dem Bett fallen. Normales Aufstehen lag immer noch außerhalb ihrer Möglichkeiten. Den Kontakt mit der Bettwäsche konnte sie nicht vermeiden, doch diesmal stützte sie sich ein wenig ab, als sie sich aus dem Bett fallen ließ.

Sie hatte sich einen kleinen Plan gemacht, wie sie das Waschbecken erreichen wollte, jetzt hoffte sie, dass es auch genauso funktionieren würde. Sie wusste, dass sie nur die Kraft zu einem Versuch hatte, doch das Bedürfnis, sich die Zähne zu putzen, wurde immer größer.

Natürlich wäre sie auch gern einmal wie früher unter die Dusche gesprungen, doch das lag im Moment noch ganz außerhalb ihrer Reichweite und auch ihrer Möglichkeiten.

Sie versuchte, sich nach dem diesmal etwas sanfteren Fall aus dem Bett ein wenig zu erholen, dann machte sie sich auf den Weg zum Waschbecken. Wieder musste sie durch den Staub kriechen und auch diesmal rollten ihr dabei ein paar Tränen über das Gesicht. Doch sie wusste, dass sie bei weitem noch nicht kräftig genug war, um schon ausfegen zu können.

Trotzdem war sie ihrem Cousin dankbar, dass er ihr wenigstens Zahnbürste und -pasta besorgt hatte. Sie ertrug mittlerweile viel, doch ihren Mund wollte sie unbedingt sauber halten. Sie erschauderte, wenn sie daran dachte, was sie früher so alles in den Mund genommen hatte.

Endlich hatte sie den kleinen Schemel vor dem Waschbecken erreicht. Sie wartete, bis ihr Atem wieder ruhig ging, dann begann sie mit dem Projekt ´Besteigen des Hockers´. Sehr erfreut stellte sie fest, dass ihr Plan, den Hocker gegen den Unterschrank zu drücken und sich dann auf den Schemel hoch zu ziehen, relativ gut funktionierte. Trotzdem musste sie erst wieder zu Atem kommen, bevor sich sich um den nächsten Teil ihres Planes kümmern konnte.

Sie bemerkte sehr schnell, dass sie ihren Arm noch nicht so lange hoch halten konnte. Schließlich versuchte sie sich etwas an das Waschbecken anzulehnen und den Arm auf den Beckenrand zu legen. Sie war dabei, eine eigentlich selbstverständliche Tätigkeit neu zu entdecken.

Immer wieder musste sie von der rechten auf die linke Hand wechseln, weil ihre Handmuskeln ihr ihre aktuelle Schwäche deutlich vor Augen führten.

Als sie fertig war, fiel ihr Blick auf das Bett und sofort überfiel sie der Ehrgeiz, dass Bett neu zu beziehen. Doch dann sah sie in Gedanken ihre Mutter vor sich, die sie ermahnte, es langsam anzugehen und sich erst einmal von den Strapazen zu erholen.

* * *

Nachdem der erste Hunger gestillt war, hielt es Maria nicht mehr aus. »Jetzt möchte ich aber wissen, warum ihr strahlt wie die Honigkuchenpferde.« Sie hatte die Frage natürlich auf Englisch gestellt, nur das letzte Wort hatte sie Deutsch gelassen.

»Wie was?« Anna war verwundert.

»Ach«, Maria winkte nur kurz mit der Hand. »Das sagt man im Deutschen, wenn jemand sehr glücklich ist. Und ich möchte jetzt von euch den Grund dazu hören.«

Anna blickte ihren Freund an. »Magst du es erzählen?«

»Wir haben gestern noch einen Spaziergang gemacht und sind an der Kirche vorbei gekommen. Wir sind hinein gegangen, weil wir uns für die gelungene Flucht bedanken wollten.« Florian nahm einen Schluck Kaffee. »Eine junge Frau hat uns angesprochen, weil sie unser Englisch bemerkt hatte. Wir sind ins Gespräch gekommen, und es hat sich heraus gestellt, dass sie die Pfarrerin an der Kirche ist.«

»Und dann hast du gefragt.« Annas Stimme zeigte, wie glücklich sie war.

»Ich hatte mir gedacht, dass sie bestimmt ´nein´ sagen würde, doch ich wollte es probieren.« Florian sprach etwas leiser.

»Was hast du denn gefragt?« Maria war mehr als neugierig.

»Nun ja.« Er blickte Maria lange an. »Deine Mutter hat uns ja Papiere geben, die sagen, dass wir verheiratet sind.« Er machte eine lange Pause. »Ich hatte sie gefragt, ob wir trotzdem noch kirchlich heiraten könnten.«

Anna lächelte sehr verträumt.

»Sie hat gesagt, dass es Morgen auf dem Bitgottesdienst durchaus eine Gelegenheit gäbe. Sie könne das noch problemlos integrieren.«

»Morgen schon?« Maria war erstaunt.

»Ja, für uns kam das auch sehr überraschend.« Anna lächelte, doch dann wurde sie traurig. »Ich habe leider nichts anzuziehen.«

»Was hattest du dir denn vorgestellt?« Mrs. Potter war auf einmal hellhörig geworden.

»Ich hätte sehr gern in einem weißem Kleid geheiratet.« Anna klang auf einmal sehr enttäuscht. »Aber ich besitze ja nicht einmal mehr ein Abendkleid.«

»Ich muss mal kurz telefonieren.« Mrs. Potter stand auf. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Welche Kleidergröße hast du?«

Anna nannte ihre Größe.

Mrs. Potter war verwundert. »Noch nie gehört.«

Florian erkannte, dass er helfen konnte. »Das sind die amerikanischen Größen.«

»Ach so, dann wird meine Freundin das sicherlich umrechnen können.« Sie ging auf den Flur zum Telefon.

Nach kurzer Zeit kam sie wieder. »Meine Freundin hat ein kleines Geschäft in der Innenstadt.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Sie erwartet euch. Wenn ihr euch beeilt, dann kann sie euch sicher noch helfen.«

Trotzdem waren Anna und Florian noch sehr zögerlich. Sie waren irritiert, weil Marias Erzieherin fast so etwas wie ein Geheimnis darauf machte.

»Ihr geht bitte erst zu Selma, sie möchte euch auch noch etwas sagen.« Sie wandte sich an Paul. »Kommst du bitte kurz mit, ich muss dir etwas sagen.«

Paul stand auf und folgte der Erzieherin auf den Flur. »Meine Freundin besitzt ein Brautmodengeschäft, doch wenn Anna das jetzt schon erfährt, wird sie nicht mitgehen wollen.«

Paul verstand sofort, was gemeint war. »Sie soll es nicht vorher wissen.«

»Genau.« Mrs Potter sprach leise. »Du wirst mit Florian bei Selma bleiben, ihr könnt euch um den Garten kümmern. Selma wird Anna begleiten. Das ist Frauensache.«

»Das geht so nicht.« Woher Paul den Mut für den Widerspruch nahm, wusste er nicht. »Ich muss Maria ins Krankenhaus begleiten. Sie will die Baroness besuchen.«

Mrs. Potter ging zu seinem Erstaunen sofort auf seinen Einwand ein. »Das ist auch wichtig.« Sie überlegte einen Moment. »Wie wäre es so: Du und Maria bringt die beiden zu Selma und ihr geht dann weiter zum Krankenhaus. Selma geht dann mit Anna ins Geschäft.«

»Aber ob Anna sich das allein zutraut?« Paul dachte laut.

»Es ist zwar schmerzhaft, aber sie muss lernen, dass sie hier sicher ist.« Mrs. Potter lächelte. »Jetzt beeilt euch. Meine Freundin wartet schon auf euch.«

* * *

Sophie fragte sie sich insgeheim, wie lange sie wohl hier in diesem Kerker zu bleiben hatte. Sie hatte mittlerweile keine Angst um ihr Leben mehr, denn das hätten sie ihr schon öfters auf bessere Weise nehmen können. Sie war überzeugt, dass sie weiter leben sollte. Auch wenn sie im Moment überhaupt keine Idee hatte, wie ihre Zukunft aussehen würde.

So gesehen wollte sie auch gar nicht befreit werden. Sie bereute ihr früheres Leben und wollte jetzt nur noch dafür leiden. Sie sah es wirklich als die gerechte Strafe. Außerdem hatte sie Angst, Ihrem Bekanntenkreis wieder unter die Augen treten zu müssen.

Doch jetzt galt es erst einmal, den Blick nach vorn zu richten. Und da war das wirklich ekelige Kopfkissen, das jetzt einen neuen Bezug bekommen sollte. Heute Abend wollte sie ihren Kopf auf dem frisch bezogenen Kissen zur Ruhe betten.

Zunächst nahm sie den neuen Bezug zur Hand. Bisher musste sie sich nie mit der Bettwäsche befassen, dafür gab es das Personal. Das einzige, auf das sie bisher geachtet hatte, war ob das Kissen richtig herum gelegen hatte. Sie verfluchte sich für ihre Arroganz.

»Jetzt wollen wir uns das Kissen mal genauer ansehen.« Sie sprach mit sich selbst, um eine Stimme zu hören. Sie erinnerte sich dunkel an den Begriff »Kissenbezug« und begann zu überlegen. Es gab anscheinend das Kissen und etwas Stoff darum herum. Sie versuchte sich an die Details aus dem Haushaltsunterricht zu erinnern, doch es war so verdammt lang her.

Fast automatisch begannen ihre Finger, sich mit den Knöpfen zu befassen. Doch nachdem sie den ersten Knopf geöffnet hatte, musste sie innehalten. Die Muskeln ihrer Finger waren an ihrer Beanspruchungsgrenze angekommen. Ein Vorgang, den sie in den letzten Tagen schon oft erlebt hatte, und den sie insgeheim als Strafe für ihr bisheriges Leben angenommen hatte. Sie wusste, dass sie eine Pause machen musste und zu warten hatte.

* * *

»Warum darf ich Anna nicht begleiten?« Florian war vor dem Gedanken, sich von Anna trennen zu müssen, wenig begeistert.

»Florian, komm mal kurz mit.« Paul war froh, dass Marias Erzieherin ihn so gut vorbereitet hatte. Er wartete, bis Annas Freund ihr folgte, dann ging er so weit, dass sie außer Hörweite waren. »Es gibt in Deutschland einen Brauch. Der Bräutigam darf das Kleid seiner Braut vor der Hochzeit nicht sehen.«

»Diesen Brauch kenne ich auch.« Er lächelte kurz, dann realisierte er, was Paul ihm wirklich gesagt hatte. »Anna bekommt ein Brautkleid?«

»Behalte es bitte für dich.« Paul war froh, dass es so einfach war. »Und bitte mache ihr Mut, auch was die Trennung von dir betrifft.«

»Sie muss aber nicht allein in die Stadt.« Florian zeigte etwas Besorgnis.

»Meine Oma wird sie begleiten.« Paul hatte fast so etwas wie Stolz in der Stimme. »Es wird ihr ganz sicher nichts passieren.«

* * *

»Jetzt darfst du die Augen aufmachen.« Selma stand mit Anna vor dem Brautmodengeschäft und hatte den Arm um sie gelegt. Die zwanzig Meter nach der letzten Kreuzung hatte sie Anna gebeten, die Augen zu schließen oder nur auf den Boden vor sich zu schauen.

Anna hatte keine Probleme, sich ihrer Gastgeberin anzuvertrauen. Nur manchmal blinzelte sie auf den Boden vor sich. Jetzt hob sie langsam den Kopf, und als sie sah, was sie erwartete, brach sie in Tränen aus.

Mrs. Potter hatte auch Selma gut vorbereitet, denn diese schob Anna jetzt einfach voran in das kleine Geschäft. Die Inhaberin erwartete sie schon. »Schön, dass ihr gleich gekommen seid. Dorothea hat mir schon alles berichtet.«

Anna war sprachlos. Sie kämpfte mit den Tränen und wollte den Laden wieder verlassen. »Das kann ich nicht annehmen.«

»Das ist die Braut?« Die Inhaberin, die sich gegenüber Anna als Simone vorstellte, reichte ihr die Hand. »Jetzt bleib doch bitte. Mrs. Potter hat mir von eurer Situation berichtet und mich gefragt, ob ich euch ein gebrauchtes Kleid leihen könnte. Und ihr habt Glück, ich habe etwas für euch.«

Anna wurde immer noch von Selma festgehalten, doch ihr Fluchtinstinkt ließ nach. »Wir geben es wieder zurück?«

»Genießt euren schönsten Tag morgen, und ich werde das Kleid dann in den nächsten Tagen bei euch wieder abholen.« Simone wusste, was Anna bewegte. »Es wäre sehr nett, wenn ihr die Reinigungskosten übernehmen würdet.«

»Das machen wir.« Selma hielt Anna immer noch im Arm.

»Dann lass dich einmal ansehen.« Simone blickte Anna an. »Ich denke, wir werden nur wenig am Kleid ändern müssen.« Sie zeigte auf die Schneiderpuppe, die ein Kleid trug.

Als Anna ihren Blick auf die Puppe richtete, begann sie wieder zu weinen.

»Jetzt ist aber Schluss mit den Tränen« Simone gab sich für einen Moment ein wenig resoluter. »Sonst reicht die Zeit nicht.«

* * *

»Was ist so Wichtiges im Garten zu machen, dass Anna allein in die Stadt musste?« Maria ging langsam neben Paul her. Sie waren schon auf dem Klinikgelände, zu dem sie mit dem Bus hingefahren waren.

»Gar nichts.« Paul hatte ein Lächeln in der Stimme. »Aber du weißt doch, dass der Bräutigam das Kleid der Braut vor der Hochzeit nicht sehen darf.«

»Anna bekommt ein Brautkleid?« Maria blieb verwundert stehen.

»Deine Mrs. Potter kennt anscheinend die Inhaberin eines Brautmodengeschäftes, und diese hat zufällig einen Rückläufer in Annas Größe da.« Paul gab das wieder, was er erfahren hatte. »Anna soll es dann auch wieder zurückgeben, weil es ein Ausstellungsstück werden soll.«

»Ich freue mich für Anna.« Maria schmiegte sie etwas Paul.

»Jetzt lass uns weitergehen.« Es störte Paul ein wenig, die besondere Stimmung stören zu müssen.

Maria seufzte. »Wie wird es wohl nächste Woche sein?« Dann gingen sie weiter.



»Weißt du noch, auf welchem Zimmer Sophie lag?« Maria blickte ihren Freund kurz an. »Es ist schon so lange her.« Sie war ein wenig verlegen.

»Fragen wir doch einfach.« Paul ging an den Auskunftsschalter. »Wo finden wir die Baroness Harsumstal?«

»Die ist nicht mehr in dieser Klinik.« Die Schwester musste nicht lange überlegen. Dass die ´berühmteste´ Patientin ihrer Klinik verlegt worden war, hatte sich sehr schnell herumgesprochen.

»Und wo ist sie jetzt?« Paul fragte das Naheliegende.

Die Schwester musste erst in den Unterlagen nachsehen, bevor sie Auskunft geben konnte. Sie nannte den Namen der neuen Klinik. Es war die Klinik des Nachbarlandkreises.

»Das ist zu weit weg.« Maria war enttäuscht und erleichtert zugleich.



»Beim letzten Mal war es richtig gruselig, sie so hilflos zu sehen.« Auf dem Rückweg sprachen sie erst nach einiger Zeit wieder.

»Willst du sie dort noch besuchen?« Paul blickte auf die Uhr. »Das könnte knapp werden.«

»Hätten wir denn ein Auto, um dort hin zu fahren?« Maria schien es abzuwägen.

»Nein, hätten wir nicht.« Paul wusste, dass sie sich sonst auf den Nahverkehr verlassen konnten. »Und mit Taxi ist es zu teuer.«

»Okay, so wichtig ist es dann auch wieder nicht.«

625. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 21.02.17 19:36

... und wieder eine tolle Fortsetzung.

Mir gefällt, wie Du auf der einen Seite das Glück von den 2 Paaren (Anna und Florian, Maria und Paul) und die Fortschritte zum Fest hin zeigst .... und auf der anderen Seite Sophie, die auf die harte Weise Selbstständigkeit lernen muss.

Ich freue mich auf das nächste Kapitel.

Gruß
Machtdom
626. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neun

geschrieben von gag_coll am 23.02.17 09:58

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neun
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 18. September 1984)

»Na, ihr zwei, wo kommt ihr denn her?« Andrea kam ihnen auf einmal entgegen.

»Wir wollten die Baroness im Krankenhaus besuchen, aber sie war nicht mehr da.« Maria klang etwas enttäuscht.

»Wurde sie entlassen?« Die Reporterin war verwundert.

Paul gab wieder, was er von der Schwester erfahren hatte.

»So so, verlegt in das Sankt-Bernward-Krankenhaus.« Andrea runzelte die Stirn. »Da werde mal ein Telefonat führen. Danke für die Auskunft.« Sie lächelte. »Was macht ihr heute noch?«

»Wir organisieren eine Spontan-Hochzeit.« Marias Augen leuchten, obwohl ihre Stimme zeigte, dass sie gern etwas anderes gemacht hätte. »Möchten sie auch kommen? Wäre nett, wenn sie ihren Freund mitbringen.«

»Wer wird denn heiraten?« Andrea war verwundert. »Ich habe gar keine Aufgebote gesehen.«

»Anna und Florian.« Paul hatte etwas Stolz in der Stimme. »Meine Oma hat das organisiert.« Doch dann wurde er verlegen. »Ich hätte noch eine Frage. Wir würden gern für einige Erinnerungsfotos sorgen. Viel zahlen können wir aber nicht.«

Andrea begriff die Zusammenhänge sofort. »Man müsste ihm einen besonderen Anreiz bieten.«

»Und was wäre das?« Paul hatte erkannt, dass er für Anna verhandeln musste.

Andrea hoffte, dass sie den Bogen mit ihrem Wunsch nicht überspannen würde. »Ich glaube, ein Motiv würde ihn sehr reizen. Dafür würde er es dann auch umsonst machen.« Sie wollte sich vorsichtig an den Wunsch ihres Freundes heran tasten.

»Und welches Motiv wäre das?« Paul hoffte, dass er es im Sinne von Anna richtig machte.

Andrea holte tief Luft. »Eine Braut im weißen Brautkleid und mit weißem Monohandschuh würde ihn sehr reizen.«

Paul musste schlucken, als er es erfuhr. »Ich weiß nicht, ob Anna dazu bereit ist.«

»Aber dafür würde er es sicher umsonst machen.« Andrea verdrehte ein wenig die Augen. »Mit dem Wunsch nervt er mich schon lange.«

»Wie soll ich das Anna bloß beibringen?« Paul war unglücklich, weil er Anna ihren schönsten Tag nicht verderben wollte.

»Ich rede selbst mit ihr.« Andrea hatte schon eine Idee, wie sie es der Braut schonend beibringen konnte.

* * *

»Leonie, hast du einen Moment Zeit?« Selma verfolgte einen Plan, doch dazu brauchte sie Hilfe.

»Frau Mohr?« Leonie drehte sich etwas mühsam um.

»Wie kommst du mit den neuen Fesselungen zurecht?« Selma blickte interessiert auf Leonies Körper, der schon erheblich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war.

»Sehr gut.« Leonie wollte ehrlich sein. »Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Ich dachte, dass ich viel mehr Schwierigkeiten haben würde.«

»Das ist schön zu hören.« Selma war sehr fasziniert von dem jungen Mädchen, welches sich immer stärker in freiwillige Gefangenschaft begab. »Heute steht ein wichtiges Fest an, welches viel Arbeit mit sich bringt. Ich würde dir daher erlauben, die jetzt anstehende Verschärfung auf morgen zu verschieben.«

»Jetzt wäre das Halskorsett dran?« Leonie hatte sich insgeheim schon darauf gefreut, denn diese Art von Restriktionen mochte sie besonders gern.

Selma bestätigte Leonies Vermutung. »Ein schönes Exemplar.« Selma zeigte auf die Kommode, wo es schon deutlich sichtbar bereit stand. »Es enthält viele kleine Korsettstangen und wird deinen Kopf ganz sicher festhalten.«

»Es steht von allein.« Leonie hatte große Probleme, ihre Erregung zu verbergen.

»Ich brauche dich heute Abend als Bedienung.« Selma sprach nicht weiter.

»Ich möchte es tragen müssen.« Leonie hatte Schwierigkeiten, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Aber ich würde gern etwas anderes vorschlagen.« Sie hoffte, dass sie eine Option zum Handeln haben würde.

»Und was wäre das?« Selma bewunderte insgeheim dieses Mädchen, welches so fesselverrückt war.

»Meine Schwester sich sich mal ein Tablett machen lassen, bei denen die Handgriffe nach hinten verlängert sind.« Leonie zeigte mit ihren Armen, wie wenig Freiraum sie noch hatte. »Sonst könnte ich immer nur zwei Gläser tragen.«

Selma lächelte, denn sie hatte sich insgeheim auch schon Gedanken darüber gemacht. Eine Lösung war ihr allerdings noch nicht eingefallen. »Ich werde mich darum kümmern.«

»Dann bekomme ich jetzt das Halskorsett?« Leonie blickte geradezu sehnsüchtig auf die Kommode.

»Du scheinst dich ja richtig darauf zu freuen?« Selma war ehrlich fasziniert von Leonie.

»Ja.« Leonie senkte beschämt den Kopf. »Dann kann ich mich bis heute Abend schon daran gewöhnen.« Sie hielt den Atem an, als sie sah, dass Selma zur Kommode ging und das kleine Korsett in die Hand nahm.

»Ich würde dich ja bitte, mit anzufassen, aber ich glaube, du kommst mit deinen Armen nicht mehr dran.« Selma zog das Korsett auseinander und streifte es über Leonies Kopf.

Leonie keuchte, als sie die ersten Berührungen an ihrem Hals spürte. »Wenn ich daheim allein bin, kann ich es mir jederzeit wieder abnehmen, und damit hat es nicht so den Reiz.«

Selma zog langsam die Schnürung zusammen. »Ich mache das sehr vorsichtig. Ich möchte, dass es so streng wie möglich sitzt und du trotzdem noch problemlos atmen kannst.«

Leonie schaffte es nicht, ihr Stöhnen zu unterdrücken, als sie die zunehmende Enge spürte. Trotzdem hielt sie ihren Kopf zunächst einmal ruhig. Nach einiger Zeit hörte sie ein ihr sehr vertrautes ´Klick´ und gleich darauf Selmas Stimme. »So, das war es.«

»Danke, Frau Mohr.« Leonie musste sich setzen. »Haben sie es abgeschlossen?« Leonie wollte wissen, ob sie das Geräusch richtig interpretiert hatte.

»Natürlich.« Selma streichelte ihr über das Gesicht. »Damit du nicht auf den Gedanken kommst, es dir von unseren Gästen abnehmen zu lassen.«

»Ach ja.« Leonie war etwas verlegen. »Wir müssen uns ja um die Hochzeit kümmern. Was ist denn noch alles zu tun?« Leonie gefiel der Gedanke sehr, in ihren so strengen Fesseln arbeiten zu müssen.

* * *

»Ich habe gehört, du heiratest morgen?« Andrea wollte sich ganz behutsam an ihr Anliegen herantasten.

Anna nickte etwas unsicher.

»Du möchtest doch sicher Hochzeitsfotos haben.« Andrea versuchte ihren Köder ganz behutsam auszulegen.

»Das wäre sicher sehr schön.« Doch dann wurde sie traurig. »Aber das kostet doch Geld und ich besitze bisher nur 20 DM.« Sie erinnerte daran, dass dies ihr erstes Taschengeld von der Zeitung war. »Fotos sind jetzt das Letzte, was ich mir leisten wollte.« Sie verdrängte den Gedanken daran, dass sie in einem früheren Leben einmal sehr reich gewesen war.

»Mein Freund ist Fotograf«, begann Andrea. »Und er liegt mir schon länger in den Ohren, weil er mich mit einem ganz bestimmten Motiv sehen möchte.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn für ihn Modell stehen würdest. Er würde euch dann die Fotos auch kostenlos machen.«

»Es wäre schon schön, Erinnerungsfotos zu haben.« Anna schien laut zu denken. »Doch zu welchem Preis? Was will er denn sehen?« Annas Tonfall zeigte, dass sie mit dem Schlimmsten rechnete.

Andrea fühlte, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war. »Er möchte eine Braut im weißen Kleid und mit einem weißen Monohandschuh fotografieren.«

»Mehr nicht?« Anna war etwas verwundert. Sie hatte viel Schlimmeres erwartet.

»Du wärst dazu bereit?« Andrea war ehrlich erleichtert.

Anna fühlte, dass sie Andrea vertrauen konnte. »Ich hatte Nacktfotos befürchtet.«

»Er wird sich sehr freuen.« Andrea gab sich empört, doch insgeheim lächelte sie. Ihre Taktik war aufgegangen. »Er wollte noch einen Ballknebel im Mund sehen, aber das konnte ich ihm schon ausgeredet.«

»Was ist denn ein Ballknebel?« Anna sah nebenbei eine weitere Gelegenheit, sich zu bedanken.

»Ein Ball im Mund hindert dich am Sprechen.« Andrea war insgeheim gespannt, wie weit sie bei Anna gehen konnte.

»Und was ist so schlimm daran?« fragte Anna mit etwas Unverständnis in der Stimme.

Andrea spürte, dass sie ganz dicht am ihrem kleinen Ziel war. »Naja, du trägst ja auch den Handschuh dazu, das heißt, du kannst dir den Ball nicht mehr selbst abnehmen.«

»Es ist ja nur für das Foto.« Anna war in einer Stimmung, in der sie auch weit schlimmere Sachen zugesagt hätte.

»Ich kann ihm also sagen, dass er sein Traummotiv bekommen kann.« Andrea war ehrlich erleichtert. »Das wird ihn sehr freuen.«

»Von mir aus gern.« Anna strahlte. Die Aussicht, neben einer Traumhochzeit auch noch schöne Erinnerungsfotos zu bekommen, ließ ihre Stimmung wirklich in die Höhe steigen.

* * *

Erst gegen Mittag waren alle Knöpfe des Kissens geöffnet. Sophie hatte die Wartezeit auf ihre Finger dazu genutzt, darüber nachzudenken, was wohl die nächsten Schritte sein würden.

Von draußen hörte sie wieder die Kirchenglocken und diesmal konnte sie bis Zwölf mitzählen. Gleich darauf ertönte die Sirene für ihren wöchentlichen Probealarm und damit wusste Sophie endlich, dass heute Samstag war. Sie versuchte, es sich in ihren inneren Kalender aufzunehmen.

Doch zuvor wollte sie sich stärken. Sie griff wieder zur Ravioli-Dose und angelte sich ihre Mittagsportion heraus und ließ sie sich schmecken. Sie spürte, dass ihre Finger dabei weh taten. Sie hatte sie beim Öffnen der Knöpfe stark beansprucht. Sie beschloss, erst einmal eine Pause zu machen und mit den weiteren Schritten etwas zu warten.

Und sie freute sich schon sehr auf die Belohnung all ihrer Anstrengungen. Heute Abend würde sie den Kopf auf das frisch bezogene Kissen legen.

Die Knöpfe würde sie Morgen wieder zu machen. Bis dahin sollten sich ihre Finger erholt haben.

* * *

Es klingelte. Maria lief zur Tür. »Das werden Anna und Florian sein.« Doch als sie öffnete, wunderte sie sich, denn Fritz und Karin standen vor der Tür. Und Karin trug ihre linke Hand im Gips.

»Wir kommen gerade aus dem Krankenhaus.« Fritz Stimme zeigte, wie sehr er aufgewühlt war. »Karin fällt für die Barock-Pfeiffer die nächsten Wochen aus.«

»Was ist denn passiert?« Maria erkannte sofort die Tragweite dieses Unfalls.

»Ich bin gestolpert und unglücklich gefallen.« Karin lächelte etwas verlegen. »Zum Glück ist es nur die linke Hand. Ich kann sogar arbeiten.«

»Aber Flötespielen geht nicht.« Maria seufzte, als sie an die nächsten Wochen dachte. »Ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt.«

»Das kann man wohl sagen.« Fritz´ Miene zeigte neben Verzweiflung auch eine Spur Hoffnung. »Was machst du morgen Vormittag?«

»Wir sind in der Kirche, weil Anna und Florian heiraten werden.« Maria ahnte, was als nächstes kommen würde.

»Außerdem ist es ja der traditionelle Bitgottesdienst für das Fest«, ergänzte Paul. »Und da ist Maria ja nicht ganz unwichtig.«

»Wir würden ja nur zu Beginn und zum Ende spielen, bitte helft uns.« Fritz schaute das Paar flehend an. »Wir müssten den Auftritt sonst absagen.«

»Was wird denn gespielt?« Maria versuchte abzuwägen.

Fritz nannte die Stücke. »Du würdest uns wirklich retten.«

»Ich müsste dann die erste Stimme spielen?« Maria war sich über die aktuelle Situation der Musikgruppe nicht ganz im Klaren.

»Für dich haben wir eine Vertretung gefunden, aber die mag auch nur die zweite Stimme spielen.«

»Ich mache es.« Maria reichte Fritz die Hand. »Wann trefft ihr euch?«

»Wie üblich eine Stunde vorher, damit wir es noch mal in Ruhe durchspielen können.« Fritz war erleichtert.

»Ich werde kommen.« Sie drehte sich zu Paul um. »Erinnere mich bitte daran, dass ich die Stücke noch üben muss.«

Es war Paul sichtbar nicht recht, dass Maria diesen Termin noch zusätzlich angenommen hatte, doch er wagte es auch nicht zu widersprechen, weil er wusste, wie wichtig Maria die Musik war. Außerdem hatte sie seit Beginn des Amerikaaufenthaltes darauf verzichten müssen.

* * *

»Na, habt ihr euren berühmten Patienten schon begrüßt?« Andrea telefonierte oft mit ihrer Schwester Nicole, doch diesmal hatte sie sogar einen konkreten Anlass.

»Wen meinst du?« Nicole wunderte sich etwas. »Wir hatten in den letzten Tagen keinen ´wichtigen´ Neuzugang.«

»Gestern habt ihr doch die Baroness als Verlegung bekommen.« Andrea war ebenfalls verwundert.

»Welche Baroness?« Die Schwester war perplex.

»Na unser aller Sternchen, die Baroness Sophie von Harsumstal.«

»Und die soll bei uns sein?« Nicole nahm sich die Liste der Neuzugänge der letzten Tage zur Hand. »Da steht keine Baroness darauf. Wie kommst du darauf, dass die bei uns sein soll?«

»Bist du dir sicher?« Andreas Stimme zeigte ihre große Verwunderung. »In der hiesigen Klinik haben sie mir gesagt, dass sie zu euch verlegt wurde.«

»Bei uns wurde keiner eingeliefert. Da muss ich dich enttäuschen.« Nicole plauschte gern mit ihrer Schwester. Doch diesmal war es etwas Anderes.

»Und du bist dir ganz sicher?« Andrea hakte noch einmal nach.

»Warte kurz, ich frage noch mal in der Zentrale nach. Ich rufe zurück.« Nicole legte auf.



Andrea musste nicht lange auf den Rückruf ihrer Schwester warten. »Ja?«

»Ganz sicher keine Baroness bei uns.« Nicole bestätigte es noch einmal.

»Vielen Dank.« Andrea verabschiedete sich. »Wir müssen uns bald mal wieder treffen, dann erzähle ich dir, worum es geht.«

* * *

Andrea war sich sicher, dass sie jetzt handeln musste, weil sie genügend Indizien zusammengetragen hatte. Sie war sich sicher, dass die Polizeibeamten ihr zuhören mussten. Trotzdem zitterte sie ein wenig, als sie die Tür des Polizeireviews öffnete.

»Was wünscht die Presse von uns?« Natürlich war Andrea als Vertreter der öffentlichen Meinung auf dem Revier bekannt.

»Ich bin heute als Privatperson da.« Sie legte ihre mitgebrachten Unterlagen auf den Tisch. »Ich möchte Anzeige erstatten.«

Der diensthabende Polizist nahm ein Formular zur Hand und zückte den Kugelschreiber. »Um was geht es?«

»Um Entführung.« Andrea bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Entführt wurde die Baroness Sophie von Harsumstal. Und zwar von ihrem Vater.«

Der Beamte ließ den Kugelschreiber fallen. »Von wen?«

»Sie haben mich schon richtig verstanden.« Andrea war sich der Ungeheuerlichkeit ihrer Anschuldigung durchaus bewusst.

»Haben sie irgendwelche Beweise?« Das Verhalten des Beamten zeigte, dass er über Andreas Anschuldigung mehr als erstaunt war.

»Ich glaube, das ist ihre Aufgabe.« Andrea hatte sich vorher etwas über ihre Rechte informiert. Trotzdem war sie bereit, das Revier über Indizien zu informieren.

* * *

»Frau Mohr, hätten sie einen Moment Zeit für uns?« Anna und Florian hielten sich an der Hand, als sie bei ihrer Gastgeberin vor der Wohnungstür standen.

»Aber gern«, Selma bat ihre Gäste herein. Sie wartete, bis sie Platz genommen hatten, dann fragte sie. »Was kann ich für euch tun?«

»Wir sind um vier Uhr bei der Pfarrerin Frau Reger zum Traugespräch geladen.« Florian hielt kurz inne. »Was passiert denn da? Auf was müssen wir uns vorbereiten?«

Selma hatte von dem spontanen Hochzeitstermin schon erfahren. »Nun, sie möchte etwas über euch erfahren, um die Predigt möglichst persönlich gestalten zu können.« Selma blickte das Paar an. »Ihr solltet auf jeden Fall den Brief von Frau Beller mitnehmen.«

»Machen wir.« Florian hielt Annas Hand fest. »Wie viel müssen wir von unserer Vergangenheit erzählen?«

»Frau Reger ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, und sie wird nur das von euch verwenden, zu dem sie eure Erlaubnis hat.«

»Wir möchten die Vergangenheit möglichst ruhen lassen.« Anna zeigte etwas Sorgen.

»Oh, macht euch da keine Sorgen. Sie ist gut und sie kann eure Situation schildern, ohne ins Detail zu gehen. ´Bei einem schweren Kampf konntet ihr euch aufeinander verlassen und euch gegenseitig Kraft geben.´«

»Sie hat uns dieses Formular gegeben, könnten sie uns beim Ausfüllen helfen?« Florian reichte ihr das Papier, welches sie von der Pfarrerin erhalten hatten. »Sie hatte leider kein englisches Exemplar.«

»Lasst mal sehen.« Selma nahm das Blatt entgegen und überflog es kurz. »Es ist für sie eine Stütze, um euch besser kennenzulernen.« Sie blickte das Paar einen Moment lang an. »Ihr könnt ihr auch euer Herz ausschütten, wenn euch etwas bedrückt.«

»Wird sie das dann verwenden?« Anna war besorgt.

»Ihr müsst ihr nur sagen, dass sie es für sich behalten soll.« Selma war bemüht, Vertrauen aufzubauen. »Sie ist zwar noch sehr jung, aber sehr zuverlässig.«

»In meiner Jugend hatte ich noch von meiner Hochzeit geträumt.« Anna wurde auf einmal sehr traurig.

Florian nahm seine Verlobte in den Arm und tröstete sie. »Denke nicht mehr daran. Das ist Vergangenheit.«

»Es könnte aber gut für euch sein, wenn ihr einmal euer Herz ausschütten würdet.« Selma wurde auf einmal sehr ernst. »Wenn ihr meint, dass ihr Frau Reger vertrauen könnt, dann traut euch, mit ihr zu reden. Es ist nie gut, solche Sachen allein mit sich herum zu tragen. Schließlich wird sie auch Seelsorger genannt.«

»Ich werde Anna ermutigen.« Florian versprach es.

»Wie viel wird sie denn über meine Familie wissen wollen?« Anna war besorgt.

»Ich denke, wenn sie den Brief von Frau Beller gelesen hat, wird sie in dieser Richtung nicht mehr viel fragen wollen.« Selma versuchte überzeugend zu wirken. »Aber wenn dir etwas auf der Seele liegt, solltest du den Mut haben, mit ihr darüber zu reden. Sie ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.« Selma begann, das Formular auszufüllen. Dazu nahm sie die Papiere zur Hand, die Marias Mutter ihnen ausgestellt hatte.



»Und dann wird sie vielleicht auch noch den Ablauf eurer Zeremonie besprechen wollen. Hat sie gesagt, wann ihr dran kommt?«

»Nein, sie sagte nur, dass sie uns problemlos noch dazu nehmen kann.«

»Habt ihr einen besonderen Musikwunsch? Ein Lied, was ihr gern singen lassen wollt?« Selma dachte an die Gottesdienste, die sie schon so oft erlebt hatte.«

»Ein Lied würde mir gefallen.« Anna nannte den englischen Titel. »Ich weiß aber nicht, wie es bei ihnen heißt.«

»Meinst du das hier?« Selma sang die ersten Takte von ´Nun danket alle Gott´.

Anna hatte es sofort erkannt. »Das ist es.«

Selma trug den Wunsch in das Formular ein. »Auch einen Trauspruch könntet ihr euch überlegen.« Sie zögerte einen Moment. »Ich weiß aber nicht, ob sie welche auf Englisch parat hat.«

»Das werden wir sehen.« Florian nahm Anna wieder in den Arm. »Vielen Dank für ihre Hilfe.«



Als Anna und Florian gegangen waren, griff Selma noch einmal zum Telefon. »Dorothea, wir müssen etwas besprechen. Ich habe da eine Idee, wie wir das Wochenende für ein ganz bestimmtes Paar unvergesslich gestalten können.«

»Was schwebt dir denn vor?« Mrs. Potter war sprichwörtlich für jede Schandtat zu haben. »Und für wen?«

Selma berichtete von ihrer Idee. »Ich fände es traurig, wenn sie diese Zeit allein verbringen müssten.«

»Das ist aber sehr kurzfristig.« Mrs. Potter keuchte ein wenig.

»Heute Abend darf kommen, wer Lust hat. Und morgen sind doch sowieso alle in der Kirche wegen des Bittgottesdienstes. Und danach ist gemeinsames Essen in der Wirtschaft.«

»Du hast Recht, das lässt sich ganz gut nutzen.« Mrs. Potter war von der Idee ebenfalls angetan. »Ich werde jetzt auch ein paar Telefonate führen.«

* * *

Paul saß im Wohnzimmer von Marias Haus und blätterte fasziniert in der Anleitung, die er in dem riesigen Karton mit Marias neuem Korsett gefunden hatte. In der Broschüre gab ein paar Skizzen, die zeigten, wie die neuen Arm- und Handkorsetts anzulegen waren. Das Neue daran war die Möglichkeit, Marias Arm nahezu vollständig mit dem Ganzkörperkorsett zu verbinden. Soweit wie er das überblickte, würde man von Maria im Arm- und Handbereich keine einziges Stückchen Haut sehen.

Natürlich wurde er davon sehr in den Bann gezogen, doch er fragte sich andererseits auch, welchen tatsächlichen Zweck so ein ultrastrenges Korsett wohl haben würde. Es war hochwertig gearbeitet und musste ein Vermögen gekostet haben. So etwas ließ man nicht mal eben so nebenbei anfertigen, da musste ein Plan dahinter stehen.

Auch die Stiefel konnten fest mit dem Korsett verbunden werden, so dass Maria, wenn sie es einmal angezogen hatte, sich wohl überhaupt nicht mehr bewegen konnte und zu einer ganz bestimmten Körperhaltung gezwungen wurde.

Paul ließ das Heft sinken. Vielleicht war das ja der Zweck dieses Korsetts, sie würde lange in der gleichen Körperhaltung bleiben müssen. Wofür das gut war, das wusste er nicht, und die Broschüre gab darüber auch keine Auskunft.

Von oben waren die Töne von Marias Flötenspiel zu hören, und er fragte sich immer wieder, wann sie denn endlich fertig sei.

»Ah, hier bist du.« Mrs. Potter stand in der Tür. »Selma hat angerufen, sie bräuchte dringend wegen des Polterabends eure Hilfe. Sobald Maria mit dem Üben fertig ist, könnt ihr gehen.«

»Aber...« Paul stockte. »Aber wir wollten uns doch das neue Korsett ansehen.« Er verschwieg, dass er besonders von den neuen Möglichkeiten für Marias Arme fasziniert war.

Als Antwort blickte Marias Erzieherin auf die Uhr. »Was wollt ihr denn in eineinhalb Stunden machen? Mehr Zeit ist nicht mehr bis zum Polterabend.« Sie machte eine kurze Pause. »Das Anziehen wird mehrere Stunden dauern, und dafür braucht ihr dafür einfach mehr Zeit.«

»Sie haben Recht.« Paul erkannte, dass seine und Marias Pläne so nicht umsetzbar waren. »Doch was soll ich nur Maria sagen? Sie freut sich doch schon so sehr.«

»Ich weiß.« Zu seiner Überraschung seufzte Mrs. Potter. »Ich werde mit ihr reden.« Sie drehte sich um und verschwand aus Pauls Gesichtsfeld. Gleich darauf hörte er ihre Schritte auf der Treppe. Er vertiefte sich wieder in die Anleitung.
627. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.02.17 10:02

Zitat
Bei der Menge an Text bin ich am überlegen, ob ichs mir als Buch binden lasse
Eure Kami

Hallo Kami,
ich wollte nur anmerken, dass ich plane, die gesamte Geschichte ´Maria´ noch mal ordentlich als PDF zu formatieren und dann zur Verfügung stellen möchte. Meine Schätzung nach müßten dann knapp 900 Seiten DIN A4 oder entsprechend 1800 Seiten im Taschenbuch-Format ergeben.

Und nein, diese Menge war nicht geplant. Es hat sich einfach so ergeben.
628. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 23.02.17 14:39

Hallo gag_coll. Zu deiner Aussage ich wollte nur anmerken, dass ich plane, die gesamte Geschichte ´Maria´ noch mal ordentlich als PDF zu formatieren und dann zur Verfügung stellen möchte. Meine Schätzung nach müßten dann knapp 900 Seiten DIN A4 oder entsprechend 1800 Seiten im Taschenbuch-Format ergeben.
Da kann ich nur eins sagen.Jeh mehr um so besser.Es können ohne Probleme noch ein paar Hunter Seiten dazu kommen.Da dürftest du von uns keine Beschwerde hören.Vielen Dank für deine Mühe und die Zeitdie du für uns geopfert hast,damit wir unsere Zeit genießen dürfen.

mfg Wölchen
629. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 23.02.17 18:13

Hallo gag_coll,

ich schließe mich Wölchen an.
Deine Geschichte ist es einfach wert und ich würde mich freuen, sie als PDF zu haben.
Danke für Deine Mühe und die Freude, die Du uns damit bereitest.

Gruß
Machtdom
630. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 23.02.17 18:54

Auch ich würde mich darüber freuen, diese klasse Geschichte als PDF zu bekommen.
631. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 23.02.17 19:58

Also ich finde deine Geschichte super habe aber auch Bedenken
Fotos von Anna und Florian bei der Hochzeit ?
Sie im Brautkleid mit Monohandschuh und Knebel , das ist doch am
nächtsen Tag im Internet und da sieht es ihre Familie so naiv
ist doch kein Mensch

.
632. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 23.02.17 20:19

Naja wir haben schon mal wegen einen solchen Tread von mir festgestellt.Die Geschichte spielt so um 1980 oder nicht viel späterWeis es nicht mehr so genau.Aber zu mindestens vor den ganzen internetzeug.
633. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 23.02.17 21:42

Hi!

Egal was kommt, oder auch nicht

Maria ist eine Geschichte, die hier immer noch mit zum besten gehört, was es hier gibt.


MfG Rainman.
634. RE: Maria

geschrieben von fiasko am 24.02.17 00:19

Zitat
Also ich finde deine Geschichte super habe aber auch Bedenken
Fotos von Anna und Florian bei der Hochzeit ?
Sie im Brautkleid mit Monohandschuh und Knebel , das ist doch am
nächtsen Tag im Internet und da sieht es ihre Familie so naiv
ist doch kein Mensch

.


Ich denke um den Risiko zu entgehen, würde es genügen ´normal´ zu heiraten und die zusätzliche Zierde nur danach für die eigenen professionellen Trauungsbilder anzulegen. Zumal der trauende Geistliche sicher ein "JA" hören möchte!

635. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.02.17 05:11

Zitat
... Bedenken
Fotos von Anna und Florian bei der Hochzeit?
Sie im Brautkleid mit Monohandschuh und Knebel, das ist doch am nächtsen Tag im Internet und da sieht es ihre Familie so naiv ist doch kein Mensch
Prinzipiell hatte ich diese Bedenken auch, aber 1984 gab es noch kein Internet, brauchbare Computer waren noch selten und das Netz bestand aus Disketten und Turnschuhen...
636. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 24.02.17 05:50

Achja gag_coll.

Wenn Andrea es nicht schaft,die Baroness zu befreien,sollte der Herzog oder sein Neffe mal nach ihr sehen.Den sie müßten doch eigendlich wissen das sie sich noch nicht bewegen kann.Mit anderen Worten sie nehmen ihren Tod billigent im Kauf.Ich hoffe mal das die beiden nicht ganz so große Arschlöcher sind.

mfg Wölchen.

P.S. mal schaun was so passiert.Freu mich schon auf die erste Hochzeit.
637. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.02.17 14:56

Zitat
Wenn Andrea es nicht schaft,die Baroness zu befreien,sollte der Herzog oder sein Neffe mal nach ihr sehen.Den sie müßten doch eigendlich wissen das sie sich noch nicht bewegen kann.Mit anderen Worten sie nehmen ihren Tod billigent im Kauf.Ich hoffe mal das die beiden nicht ganz so große Arschlöcher sind.
Es wird sich um die Baroness gekümmert, mehr als es ihr lieb sein kann...
638. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zehn

geschrieben von gag_coll am 25.02.17 06:46

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zehn
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 18. September 1984)

Bald darauf hörte er Schritte auf der Treppe, Schritte von mehreren Personen. Er stand auf.

»Schade, ich hätte es gern schon einmal ausprobiert.« Maria seufzte, als sie das Wohnzimmer betrat. Doch für das Glück von Anna war sie bereit, ihre Wünsche hintenanzustellen.

»Anna und Florian sind gerade beim Traugespräch.« Mrs. Potter gab wieder, was Selma ihr gesagt hatte. »Wenn sie zurückkommen, soll die Feier beginnen.«

Paul blickte wieder auf die Uhr. »Das wird aber sehr sportlich.«

»Deswegen sollt ihr auch sofort zu Selma kommen.« Mrs. Potter blickte auf den Karton mit dem Korsett. »Schade, ich hätte euch gern noch etwas stöbern lassen, doch die Zeit reicht dafür einfach nicht.«

Nur ganz nebenbei fiel Paul auf, dass Marias Erzieherin doch auch so etwas wie ein Herz für Marias Wünsche hatte. Doch jetzt waren andere Sachen wichtig.

* * *

Gemeinsam standen Anna und ihr Mann vor der Tür des Pfarrhauses. Florian hatte einen Strauß Blumen in der Hand, weil Selma ihm dazu geraten hatte. »Danke, dass sie sich noch so kurzfristig für uns Zeit genommen haben.« Er reichte der Pfarrerin die Blumen, als diese die Tür geöffnet hatte.

»Das ist nett.« Frau Reger lächelte. »Kommt doch bitte herein.« Sie führte das Paar in ihr Wohnzimmer, denn das war etwas persönlicher als das ein wenig kalte Büro. »Nehmt doch bitte Platz.«

Florian griff zu den Papieren, die sie mitgebracht hatten und legte sie auf den Tisch. »Diesen Brief sollten sie lesen.«

Frau Reger nahm das Schriftstück in die Hand und vertiefte sich in dessen Inhalt.

Anna griff nach Florians Hand und hielt sie fest.

Nach einiger Zeit ließ die Pfarrerin den Brief sinken. »Dann auch von meiner Seite ein herzliches Willkommen in Deutschland.« Sie blickte Anna und Florian lange an. »Möchtet ihr darüber reden?«

Anna zuckte etwas zusammen. »Ich wollte meine Vergangenheit eigentlich hinter mir lassen.«

Frau Reger zeigte viel Verständnis. »Gibt es denn etwas, dass ihr euch noch sagen wollt, bevor ihr vor Gott euer Bündnis eingehen werdet? Eure Worte werden diesen Raum nicht verlassen.« Sie ging zu Tür. »Ich hole euch unterdessen etwas zu trinken.«

Anna blickte Florian lange an, dann begann sie mit leiser Stimme zu sprechen. »Lieber Florian...«

* * *

Selma blickte immer wieder heimlich auf Leonie, die dabei war, mit unendlicher Mühe ein paar Brote zu belegen. Einerseits war sie fasziniert von dem so in Fesseln arbeitenden Mädchen, doch andererseits kamen sie auf diese Weise mit der Arbeit so überhaupt nicht voran. »Leonie, so geht das nicht.«

Das Mädchen hob verschreckt den Kopf und wurde rot.

»Du bist viel zu langsam.« Normalerweise hätte Selma so eine Situation mehr als genossen, doch heute war es einfach nicht brauchbar.

»Das geht so nicht schneller.« Bisher hatte Leonie es insgeheim für ein Spiel gehalten, doch jetzt spürte sie den Ernst der Situation.

»Ich muss dir die Arme frei machen, sonst wird die Party eine einzige Pleite.« Das Bedauern war deutlich in ihrer Stimme zu hören.

Wieder rasten die Gedanken durch Leonies Kopf, doch diesmal waren sie ganz anderer Art. »Es tut mir leid, dass ich noch nicht so viel Übung habe.«

»Daran arbeiten wir später.« Selma war für die Brücke recht dankbar. »Jetzt müssen wir erst einmal das Fest vorbereiten.« Sie trat hinter Leonie und öffnete die Kette, die ihre Ellenbogen zusammen hielt.



»Was liegt an?« Paul und Maria standen auf einmal in der Küchentür.

»Leonie, wie siehst du denn aus?« Maria war erstaunt.

»Das kann sie euch später erzählen, jetzt müssen wir erst einmal die Tische aufbauen.« Selma gab sich ein wenig resolut.

»Welche Tische?« Paul krempelte sich die Ärmel hoch.

»Den Wohnzimmertisch stellen wir auf die Terrasse als Buffet.« Selma gab wieder, was sie sich überlegt hatte. »Und dann könnt ihr die runden Stehtische aus der Garage holen, die kommen in den Garten.« Sie blickte sich kurz um. »Maria, du kümmerst dich um die Tischdecken, ich habe da einiges bereitgelegt.« Sie zeigte auf einen Stapel mit weißer Wäsche. »Leonie und Paul. Ihr tragt die Tische.« Sie blickte auf die Uhr. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«



»Ist das nicht lästig, mit den Fesseln zu arbeiten?« Paul ging voran in die Garage. »Hier sind die Stehtische.«

»Schon«, Leonie keuchte etwas genervt, als sie versuchte, einen der Tische hochzuheben. »Können wir die zu zweit tragen?«

Paul spürte, dass Leonie über ihre Leidenschaft nicht unbedingt reden wollte. Gemeinsam trugen sie die Tische auf den Rasen.

»Langsam.« Leonie musste Paul erst bremsen. »So große Schritte kann ich nicht machen.« Sie lächelte etwas verlegen.

»Ich vergaß« Paul grinste.

Maria stand schon bereit und breitete über jeden der Tische eine Decke aus.

»Was ist noch zu tun?« Leonie keuchte ein wenig.

»Die Gläser aus dem linken Schrank bitte alle aufs Buffet an die rechte Seite.« Selma blickte wieder auf die Uhr.

»Wer wird denn alles kommen?« Maria freute sich für Anna und Florian.

»Eingeladen sind knapp zwanzig Leute.« Selma zählte auf. »Jeder bringt ein wenig zu Essen und zu Trinken mit, dann müsste es eigentlich reichen.«

* * *

»Hier sind schon die ersten Gäste.« Selma führte Andrea und ihren Freund Hans auf die Terrasse.

»Und wo ist die Braut?« Hans war aufgeregt, denn Andrea hatte ihm schon erzählt, dass Anna zu den Monohandschuh-Fotos bereit sein könnte. Er sollte sie aber auf jeden Fall noch mal selbst fragen.

»Sie sind noch bei Frau Reger wegen des Traugespräches.« Selma nahm den mitgebrachten Teller entgegen und stellte ihn auf das Buffet. »Ich habe ihr gesagt, dass sie etwas später kommen soll. Sie bringt das Brautpaar mit.«

»Das wird ein lustiger Polterabend.« Andrea grinste. »Keiner kennt die Brautleute und die Gäste müssen ihr Essen selbst mitbringen.«

Selma blickte verwundert auf, doch dann entdeckte sie Andreas Lächeln. »Danke für das Verständnis.«

»Wer kommt denn alles?« Andrea blickte auf die bereitgestellten Gläser.

»Ich habe Schwerterles eingeladen, sie kommen zu viert.« Selma berichtete, dass sie außerdem die Frau vom Brautmodengeschäft eingeladen hatte, weil sie auch eine Freundin von Mrs. Potter war. »Sie kommt mit ihrem Mann. Und Bayers und Greinerts kommen auch.«

»Da ist ja fast der ganze Festvorstand anwesend.« Andrea lächelte.

»Es bot sich an.« Selma grinste. » Es gibt bestimmt das eine oder andere zu besprechen und das können sie auch hier machen.« Selma holte tief Luft. »Nur Herr Steinhagen lässt sich entschuldigen, dafür hat er ein ganz tolles Geschenk vorbereitet.« Sie lächelte geheimnisvoll.

* * *

Maria und Leonie hatten sich an der Haustür postiert, um den eintreffenden Gästen gleich die Mitbringsel für das Buffet abzunehmen. Der Tisch vor dem Wohnzimmerfenster füllte sich rasch.

Doris ließ es sich aber nicht nehmen, ihre Platte selbst auf das Buffet zu stellen. Sie hatte sofort ja gesagt, als sie Selma gefragt hatte, ob sie zusammen mit Leonie beim Bedienen helfen könne.

Besonders glücklich war sie aber erst, als sie erfuhr, dass sie dabei ihre Ketten tragen durfte. »Die Gäste, die kommen, haben alle ein Bezug zum Fest, deswegen geht das.«

* * *

Das Ehepaar Reger kam wie gewünscht etwas später, und sie brachten neben zwei Platten auch gleich das Brautpaar mit.

»Was passiert denn heute?« Florian war verwundert. »Wieder so ein deutscher Brauch?«

»Es nennt sich ´Polterabend´.« Selma erklärte es. »Man feiert es am Vorabend der Hochzeit, und es soll den Brautleuten Glück bringen.«

Anna war sehr verwundert.

»Wie war es bei der Pfarrerin? Seid ihr sprachlich mit ihr zurecht gekommen?« Selma war neugierig.

»Ich hatte ja etwas Angst wegen der Vergangenheit.« Anna blickte zu Boden. »Aber sie war sehr verständnisvoll und wir konnten unser Herz ausschütten.«

»Sie ist gut, auch wenn sie noch so jung ist.« Selma führte das Paar auf die Terrasse. »Nun kommt, eure Gäste warten auf euch.«

* * *

Als Anna und Florian nach draußen traten, blieben sie vor Schreck stehen. Mit so vielen Leuten hatten sie nicht gerechnet.

»Ich freue mich, dass sie alle es so spontan möglich machen konnten, dieser Einladung zu folgen und auch noch etwas für das jetzt so reich gedeckte Buffet mitzubringen.« Selma machte eine Handbewegung in Richtung des Tisches.

Anna schlug die Hände vor das Gesicht.

»Bei einem Polterabend ist es üblich, auch kleine Geschenke zu überreichen.« Selma blickte zu den Gästen. »Wir stellen euch die Gäste vor und sie können euch ihr Geschenk überreichen.«



Selma wartete, bis alle Gäste vorgestellt waren und ihr Geschenk überreicht hatten, dann trat sie vor das Brautpaar. »Herr Steinhagen, der Direktor der hiesigen Sparkasse lässt sich entschuldigen. Er hat mich beauftragt, euch sein Geschenk zu überreichen.« Sie öffnete einen Briefumschlag. »Im Herbst wird eine Wohnung der Sparkasse frei. Er bietet sie euch an und würde euch für ein halbes Jahr die Miete schenken.«

Anna musste weinen.

Auch Florian hatte Probleme, Worte zu finden. »Vielen Dank für alles.«

Selma lächelte. »Und jetzt gibt es etwas zu trinken.« Sie blickte zur Terrassentür. »Leonie, Doris? Kommt ihr bitte?«

Zwei sehr stolze Mädchen traten aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse und trugen jeweils ein Tablett mit Gläsern vor sich. Doch das eigentlich Faszinierende waren die Ketten, die sie trugen. Sehr konzentriert setzen sie ihre Schritte und versuchten, die Tabletts möglichst würdevoll anzubieten.

* * *

»Maria, Paul, hättet ihr einen Moment Zeit?« Pfarrerin Reger stand neben Anna und Florian. Sie sprach zunächst auf Deutsch. »Ich möchte euch bitten, für Anna und Florian die Trauzeugen zu machen.«

Paul ergriff Marias Hand.

»Eigentlich müssten sie euch selbst fragen, aber ich glaube, sie würden sich nicht trauen.«

»Ja, das machen wir.« Maria gab die Antwort. »Ich freue mich so sehr für die beiden.«

* * *

Gegen halb neun musste Maria kurz verschwinden und gleich darauf waren die Klänge von Marias Musikgruppe zu hören. Anna bemerkte die Musiker erst, als sie schon das erste Stück spielten. Sie nahm Florians Hand, und gemeinsam traten sie nach vorn.

Anna war erstaunt, als sie Maria mit einer Flöte bei den Musikern entdeckte. Sofort musste sie an ihre Jugend denken, in der sie selbst auch sehr gern musiziert hatte.



Fritz überreichte dem Brautpaar nach dem letzten Stück ein kleines Geschenk, lobte aber auch Maria, die so kurzfristig für seine Frau Karin eingesprungen war. Doch dann wurde er etwas wehmütig. »Den Auftritt beim Fest müssen wir leider absagen.«

»Warum denn?« Maria erkannte sofort, wie sehr sie das bedrückte. »Kein Ersatz zu finden?«

»Nein, und Karin muss den Gips noch ein paar Wochen tragen.« Er zeigte auf die gebrochene Hand seiner Frau.

»Was ist denn los?« Anna hatte die betrübte Stimmung ebenfalls bemerkt, doch sie hatte nicht verstanden, worum es ging.

»Sie können nächste Woche beim Fest nicht auftreten, weil Karin sich die Hand gebrochen hat.« Maria übersetzte es.

»Vielleicht könnte ich aushelfen?« Anna lächelte verlegen.

»Du spielst Flöte?« Fritz war auf einmal hellhörig. »Magst du mir mal etwas vorspielen?«

»Ich habe bloß keine eigene Flöte.« Anna war etwas traurig. Ihre Flöte war einer der wenigen Gegenstände, die sie gern mitgenommen hätte.

»Du kannst auf meiner Flöte spielen.« Maria lächelte und reichte Anna ihr Instrument.

Anna nahm die Flöte entgegen und wollte schon die ersten Töne spielen, als sie von Fritz unterbrochen wurde. »Warte bitte. Hier ist es zu laut. Können wir zu dir nach oben gehen?«

* * *

Ein wenig später kamen Anna und Fritz wieder zurück. Beide strahlten deutlich. »Du wirst das gut machen.«

»Wann sind die Proben?« Anna war ein wenig aufgeregt «Und welche Stücke werden gespielt?«

»Du kommst Montag zu uns wegen des Kleides für das Fest. Dort können wir alles besprechen und die Stücke durchspielen.« Karin war hinzu getreten. Sie wusste, dass sie sich auf das Urteil ihres Mannes verlassen konnte. »Bestimmt wird dir etwas aus unserem Fundus passen.«

»Du strahlst ja noch mehr. Was ist passiert?« Florian hatte das Glück seiner Frau bemerkt.

Anna erzählte Florian, was sie mit Fritz ausgemacht hatte.

»Und das kannst du?« Er war erstaunt. »Einfach so ohne Probe?«

»Nein, natürlich nicht.« Anna lächelte. »Die Generalprobe für den Auftritt ist am Dienstag, und für mich gibt es am Montag noch eine extra Probe.«

»Und du mutest dir nicht zu viel vor?« Florian zeigte ein besorgtes Gesicht.

»Florian, bitte.« In diesem Moment sah sie sehr energisch aus. »Das ist endlich eine Gelegenheit, um etwas Dankbarkeit zu zeigen. Sie müssten den Auftritt sonst absagen. Und das auf dem wichtigsten Fest seit sieben Jahren.«

Florian erkannte, was Anna bewegte. »Ich bin stolz auf dich.«

* * *

Anna war erstaunt, weil sie Doris und Leonie schon wieder in den Ketten arbeiten gesehen hatte. »Es macht euch wirklich nichts aus, die Ketten zu tragen?«

Doris und Leonie hatten gerade die Getränketabletts abgestellt und waren dabei, sich über das Buffet her zu machen. »Ich liebe es, seine Ketten tragen zu müssen.« Doris Stimme hatte etwas sehr Verliebtes.

Auch Leonies Augen strahlten. »Es war schon immer mein Traum, gefangen zu sein und Fesseln tragen zu müssen. Hier erlebe ich das gerade sehr eindrücklich.«

»Ich bin gerade erst aus einem goldenen Käfig geflohen.« Anna seufzte ein wenig.

»Wer hat dich denn eingeschlossen?« Doris war ehrlich interessiert, doch als sie Annas Miene sah, entschuldigte sie sich sofort. »Ich wollte dich nicht daran erinnern. Ich nehme die Frage zurück.«

»Ach lass nur, vielleicht tut es mir ja auch ganz gut, wenn ich einmal darüber rede.« Sie holte tief Luft. »Bis vor einem Jahr habe ich noch das Leben einer reichen Tochter geführt.« Sie vermied es allerdings, ihren alten Namen zu erwähnen. »Doch dann trat Florian in mein Leben, und ich habe mich sofort in ihn verliebt, sehr zum Ärger meines Vaters.«

»Du sprichst gerade von mir?« Florian trat an ihre Seite.

»Ich erzähle gerade von unserem Kennenlernen.« Anna blickte ihn verträumt an.

»Wir sollen die Vergangenheit ruhen lassen.« Florian erinnerte seine Frau an das, was Marias Mutter ihnen eingebläut hatte.

»Du hast ja recht.« Anna seufzte. »Trotzdem, es war Liebe auf den ersten Blick, und wir sind dann zusammen durch die Hölle gegangen.« Sie machte ein trauriges Gesicht.

»Jetzt sind wir in Sicherheit.« Florian legte seinen Arm um seine Frau.

»Es ist wie ein Traum.« Anna schmiegte sich an ihn. »Ihr seid alle so gut zu uns.«

* * *

Andrea bat Anna zu sich, dann stellte sie ihren Freund Hans vor. »Das ist sie. Bitte sei vorsichtig mit ihr.«

»Du wirst mir meinen Traum erfüllen?« Er nahm sich die Worte seiner Freundin zu Herzen. »Eine Braut mit weißem Kleid und weißem Monohandschuh?«

»So war es vereinbart«, antwortete Anna etwas rätselhaft. Dass sie sich darauf irre freute, wollte sie nicht zugeben. Auch die Aussicht, noch einen Ball im Mund zu tragen und gegebenenfalls sogar sabbern zu müssen, wie Andrea sie gewarnt hatte, machte ihr nichts aus. Sie wollte einfach nur ihre Dankbarkeit zeigen.

Florian stand an ihrer Seite. »Was willst du machen?«

»Er macht uns schöne Hochzeitsfotos.« Anna strahlte.

»Und was ist der Preis?« Florian wusste, dass es fast nie etwas umsonst gab.

»Ich werde ihm bei einem ganz besonderen Motiv Modell stehen.« Anna lächelte etwas geheimnisvoll. »Maria leiht mir dazu ihren weißen Monohandschuh.«

Florian war zunächst sprachlos.

»Bitte erlaube es.« Anna war es trotzdem wichtig, seine Zustimmung zu bekommen. »So können wir uns etwas für die viele Hilfe bedanken.«

Florian wollte erst widersprechen, doch als er die glücklichen Augen seiner Verlobten sah, wusste er, dass er zustimmen musste, sonst hätte er ihr weh getan. Und das wollte er auf gar keinen Fall tun.
639. RE: Maria

geschrieben von marmas71 am 26.02.17 10:57

Hallo gag_coll,

danke für die letzten drei Fortsetzungen bin leider erst jetzt dazu gekommen zu lesen.

Ich finde es schön das Anna und Florian ihren Polterabend für lau bekommen.

Der Baron kommt bestimmt auch in erklärungsnot. Ich lasse mich überraschen.

Schade das die Zeit so eng war und Maria und Paul das Ganzkörperkorsett nicht zusammen begutachten konnten. Die beiden werden mit sicherheit noch ausführlich gelegenheit haben es zu geniessen.

Leonie würde etwas befreit aber wie es ihr mit dem Halskorsett gefällt, hast du nicht geschrieben. Kann sie das Tablett überhaupt sehen?

Schön das Anna sich mit dem Flötenspiel an ihre Jugend erinnern kann und der Musikgruppe den Auftritt rettet.


Gruß marmas71
640. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Elf

geschrieben von gag_coll am 27.02.17 05:36

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Elf
Autor: Karl Kollar

Sonntag, 19. September 1984

»Ich hatte einen Albtraum.« Maria berichtete ihrer Erzieherin von der Nacht, nachdem sie ihr einen guten Morgen gewünscht hatte.

»Was hast du denn geträumt?« Mrs. Potter nahm regen Anteil an Marias Leben.

»Das Kleid.« Maria seufzte laut. »Es war nicht fertig, und der Baron wollte meinen Handschuh nicht zulassen.«

»Und wie ist dein Traum ausgegangen?« Mrs. Potter lächelte.

»Ich bin vor dem Ball aufgewacht.« Maria lächelte ebenfalls, dann schüttelte sie den Kopf, als wolle sie ihren Traum vertreiben. »Heute ist ein wichtiger Tag.«

»Meinst du wegen des Gottesdienstes oder wegen Anna und Florian?« Mrs. Potter warf einen Blick auf den Kalender, auf dem dieser Tag rot angestrichen war.

»Oh!« Maria war verlegen. »Ich hatte jetzt nur an Anna und Florian gedacht.« Es war seit Jahren üblich, dass die Darstellerin der Katerina am Sonntag vor dem Fest das erste Mal den Handschuh trug.

»Hast du dir nicht etwas viel vorgenommen?« Mrs. Potters Gesicht zeigte ein paar Sorgenfalten. »Du trittst mit der Musik auf, stellst dich als Katerina vor und machst auch noch die Trauzeugin.«

»Aber doch nicht gleichzeitig.« Maria verdrehte die Augen. »Das schaffe ich locker.« Sie machte eine Pause. »Außerdem soll der Tag für unsere Braut unvergesslich werden.«

»Willst du dich in der Kirche umziehen oder gleich hier?« Mrs. Potter sah, dass Maria nur ihren Morgenmantel trug. »Du bist vorher noch zum Frühstück eingeladen.«

»Ich wollte mich zusammen mit Anna umziehen.« Maria blickte ihre Erzieherin etwas verunsichert an. »Das müsste doch gehen, oder?«

»Ja, das sollte gehen.« Sie nahm sich Marias Tasche von der Garderobe. »Ich werde schon mal deine Tasche packen, damit du alles dabei hast.«

»Notenständer, Noten, die Flöte und ein Monohandschuh.« Maria grinste. »Seltsame Zusammenstellung für eine junge Dame.«

Mrs. Potter lächelte ebenfalls.

* * *

Paul und Leonie waren schon sehr früh aufgestanden und hatten Pauls Oma beim Herrichten des Frühstücks sowie beim Tischdecken geholfen.

»Hole bitte noch ein paar Blumen für den Tisch, dann kannst du sie wecken.« Selma ließ ihren Blick über den sorgfältig gedeckten Tisch gleiten.

»Ob alles so klappt, wie wir uns das ausgemalt haben?« Paul zeigte eine gewisse Anspannung.

»Das wird sicher ein unvergesslicher Tag für die beiden.« Selma ging zum Tisch und rückte die Bestecke noch mal etwas zurecht.

»Ich gehe dann die Blumen holen.« Paul fragte sich, ob sie an alles gedacht hatten.



Gerade als er wieder hinein gehen wollte, sah er Maria die Straße entlang kommen.

»Blumen für mich?« Maria lächelte, dann gab sie Paul einen Kuss. »Einen wunderschönen guten Morgen.«

»Nein, die sind für den Frühstückstisch.« Paul lächelte ebenfalls, dann erwiderte er den Gruß.

»Sind sie schon wach?« Maria folgte ihm ins Haus.

»Ich wollte gerade nach ihnen sehen.« Paul stellte die Blumen in die Vase, die seine Oma schon bereit gestellt hatte.

»Wir haben die Haustür gehört.« Florian und Anna kamen die Treppe herunter. Es war sofort zu sehen, wie sehr sie diesem für sie so bedeutsamen Tag entgegen fieberten. Sie wünschten allen einen Guten Morgen.

»Nehmt Platz«, Selma zeigte auf den liebevoll gedeckten Tisch. »Und dann lasst es euch schmecken.«

* * *

»Das war sehr lecker.« Anna legte das Besteck weg. »Vielen Dank dafür.«

»Heute ist euer Tag, und er soll unvergesslich werden.« Selma lächelte.

»Wie geht es jetzt weiter?« Florian blickte an sich herunter. Er trug immer noch seine Alltagskleidung.

»Renate öffnet die Kleiderkammer des Festes. Dort werdet ihr sicherlich etwas Feierliches finden.« Selma drehte sich zu ihrem Enkel. »Paul wird dich dann zur Kirche bringen.«

Anna blickte auf, doch sie wagte es nicht, eine Frage zu stellen.

»Simone bringt das Kleid zu Marias Haus.« Selma hatte auch ohne Worte erkannt, was die aufgeregte Braut bewegte. »Wir werden dir beim Umziehen helfen und bringen dich dann zur Kirche.«

»Ich muss mich dann auch noch umziehen.« Maria lächelte ebenfalls. »Wir treten immer in den so schönen Sissi-Kleidern auf. Du wirst es gleich sehen.«

Anna wischte sich eine Träne von der Wange.

Das Telefon klingelte. Selma stand auf und ging dran. »Guten Tag, Frau Reger. Was können wir für sie tun?«

Sie hörte sich an, was die Pfarrerin zu sagen hatte. »Ja, das lässt sich einrichten. Ich sage ihnen Bescheid.« Dann verabschiedete sie sich.

»Leonie?« Selma kam zum Frühstückstisch zurück.

»Ja, Frau Mohr?« Leonie war über den Tonfall etwas verwundert.

»Frau Reger lässt anfragen, ob du und Doris bereit wären, für Anna die Brautjungfern zu geben.« Selma nahm wieder Platz.

»Wir wollten doch die Ketten vorführen.« Leonie fieberte schon lange auf diesen Auftritt hin, und sie war sich sicher, dass es Doris genau so ging.

»Frau Reger meint, dass das nicht stören würde, falls Anna nicht dagegen haben sollte.« Selma übersetzte es für Anna und blickte sie fragend an.

Zur Überraschung aller begann Anna zu weinen. »Ihr seid so gut zu mir.«

Selma übersah Annas Tränen. »Stören dich die Ketten, die sie tragen?«

»Nein, überhaupt nicht.« Anna wischte sich die Tränen weg. »Brautjungfern zu haben war schon immer mein Traum gewesen.«

»Dann sollten wir jetzt aufbrechen.« Selma blickte noch einmal über den Tisch. »Paul, du begleitest Florian zur Kleiderkammer. Frau Bayer wird dort auf euch warten.«

Sie drehte sich zu Leonie. »Du gehst zu Doris und Theo und nimmst sie mit in die Kirche. Doris wird sich bestimmt sehr freuen.«

Leonie lächelte. »Das glaube ich auch.«

»Anna, du wirst mich und Maria begleiten.« Selma stand auf. »Simone wartet bestimmt schon mit dem Kleid.«

* * *

»Herr Wetzler, was wollen sie denn schon hier?« Pfarrerin Reger war überrascht, den sonst so schwer beschäftigten Geschäftsmann jetzt schon in der Kirche anzutreffen. »Der Gottesdienst ist erst in einer Stunde.«

»Ich habe wohl eine große Dummheit gemacht, und ich wollte fragen, ob sie mir einen Rat geben können.« Er war sichtlich verlegen.

»Was ist denn passiert?« Wenn jemand um Hilfe bat, hatte Frau Reger immer Zeit.

Herr Wetzler gab einen Überblick über die Ereignisse, die sich beim Empfang im Rathaus abgespielt hatten. »Wir waren so dumm und haben nur auf den Titel der Baroness geschaut.«

Frau Reger nickte nur, sie spürte, dass er noch weiter reden wollte.

»Wir haben uns noch am Abend für unser Verhalten entschuldigt.« Seine Stimme wurde etwas leiser. »Und ich habe sie auch heute auf unseren Empfang eingeladen, aber ich habe trotzdem noch ein schlechtes Gewissen.«

»Und das wollen sie los werden?« Frau Reger hatte auf einmal eine Idee. Aus dem Traugespräch wusste sie, dass Anna und Florian für den Nachmittag bisher nicht geplant hatten. »Ich hätte da eine Idee.« Sie lächelte.

»Was ist es? Es darf auch gern etwas kosten.« Eigentlich war er es gewohnt, Probleme immer mit Geld zu lösen, nur in diesem Fall kam er damit nicht weiter.

»Heute heiratet ein ganz mittelloses Flüchtlingspaar bei mir im Gottesdienst.« Pfarrerin Reger hoffte, dass sie den Bogen nicht überspannte. »Sie könnten ihnen etwas Gutes tun und sie heute auch auf ihren Empfang einladen. Sie würden sich sicher freuen.«

»Und was soll ich meinen anderen Gästen sagen?« Er hatte noch Schwierigkeiten, sich mit der Idee anzufreunden.

»Sagen sie ihnen, sie wären Freunde ihrer Familie.« Die Pfarrerin blickte ihm tief in die Augen.

»Aber das ist doch nicht die Wahrheit...« Der Widerspruch kam etwas schwach von ihm.

»Sie können es zur Wahrheit machen.« Frau Reger hoffte, dass sie damit nicht nur Annas und Florians Hochzeitstag gerettet hatte, sondern ihnen auch einen guten Weg in die Zukunft gesichert hatte.

»Sie haben Recht.« Er gab ihr die Hand. »Vielen Dank für ihre Hilfe.«

* * *

Es kam Leonie schon etwas seltsam vor, mit den Ketten einfach so durch Landsbach zu gehen, wobei es bis zur Schmiede auch nicht weit war. Sie hielt den Blick weitgehend vor sich auf den Boden gesenkt, denn sie wollte nicht wissen, wie die Leute wohl auf sie reagieren würden. Erst als sie vor der Tür der Schmiede stand, wagte sie es, den Kopf zu heben.

Doris sprang sofort auf, als sie die Klingel hörte. Sie lief zur Tür und öffnete. Theo ging langsam hinter ihr her.

»Frau Reger hat angerufen.« Leonie war sehr aufgeregt. »Wir sollen für die Braut die Brautjungfern machen, mit den Ketten.«

Theo musste seine Verlobte auffangen. »Ich habe dir doch gesagt, dass da noch eine Überraschung auf dich wartet.«

»Du wusstest es?« Doris wurde wieder wach. »Und du Schuft hast mir nichts gesagt?« Sie blickte ihn empört an.

»Wenn du nicht gleich ruhig bist, nehme ich dir die Ketten ab.« Theo lächelte.

Es wirkte als Drohung. Doris schmiegte sie an ihn. »Das ist fast so schön, wie selbst mit Ketten vor dem Altar zu stehen.« Sie wusste, dass ihre Verwandtschaft für ihre Leidenschaft kein Verständnis hatte.

»Ähm!« Leonie räusperte sich. »Können wir dann gehen?«

* * *

»Du bist eine wunderschöne Braut.« Selma rollte einen großen Spiegel herein. »Damit du dich mal ganz sehen kannst.«

»Ob ich ihm so gefallen werde?« Anna war etwas zögerlich, als sie sich langsam dem Spiegel näherte. Nur zögerlich wagte sie einen Blick in den Spiegel. »Danke, danke, danke«, schluchzte sie, dann musste sie sich die Tränen wegwischen.

»Da fehlt aber noch etwas.« Selma grinste, während sie ein Kästchen in der Hand hielt.

Anna hatte Schwierigkeiten, durch den Tränenvorhang etwas zu erkennen.

»Das hier ist der Schmuck, den die Katerina nächste Woche auch tragen wird.« Selma klappte das Kästchen auf.

Anna wischte sich die Augen aus. »Ein Diadem und passende Ohrringe?« Wieder schluchzte sie.

»Es ist nur Modeschmuck« Selma lächelte etwas verlegen. »Das Fest hat keinen so großen Etat.«

Anna war nicht in der Lage, sich den Schmuck selbst anzulegen, ihre Hände zitterten zu sehr. Selma kam ihr zu Hilfe.

»Eine wunderschöne Braut.« Maria kam langsam die Treppe herunter.

Anna musste zweimal hinsehen, bevor sie Maria in dem Kleid erkannte. »Du siehst aber auch aus wie eine stolze Prinzessin.« Sie bewunderte vor allem den weiten Reifrock und Marias schmale Taille.

»Das ist unsere Uniform, wenn wir mit der Musik auftreten.« Maria blieb sachlich. »Nächste Woche wirst du etwas Ähnliches tragen.«

Marias Worte holten Anna ein wenig auf die Erde zurück. »Wir müssen dann gehen?«

Selma blickte auf die Uhr. »Maria trifft sich mit ihrer Musikgruppe etwas früher. Wir können uns noch etwas ausruhen.«

* * *

Wegen des Probealarms der Sirenen von gestern wusste Sophie, dass heute Sonntag war. Sie liebte den Sonntag, denn an diesem Tag wurden die Gläubigen mit Glockengeläut in die Kirche gerufen. Jeder einzelne Glockenschlag erinnerte sie an ihr bisheriges Leben und an ihren Vorsatz, von jetzt ab ein besseres Leben führen zu wollen.

Sie hatte schon öfters darüber nachgedacht, bei wem sie sich zu entschuldigen hatte. Diese Entschuldigungen waren Teil ihrer selbst auferlegten Buße. Dabei war es keine Buße im Sinne der Kirche, im Gegenteil, sie wusste, dass sie sich in der Vergangenheit oft danebenbenommen hatte und viele Leute vor den Kopf gestoßen hatte. Sie wollte alle ihre Vergehen dadurch aus der Welt schaffen, dass sie sich bei jedem einzelnen entschuldigte und versicherte, dass sie ab sofort ein besseres Leben führen würde.

Sie hatte sehr viel Zeit zum Nachdenken gehabt, und es war ihr deswegen auch klar, warum ihr Vater sie so aus dem Verkehr ziehen musste. Sie war sich mittlerweile sicher, dass sie ihm ihren Zustand zu verdanken hatte, und wenn sie zu sich selbst ganz ehrlich war, sie hatte es auch verdient.

Nur in einem Punkt war sie sich nicht sicher. Würde sie ihrem Vater vergeben können, wenn sie ihm wieder einmal in die Augen blicken würde?

* * *

Paul steckte seinen Kopf noch einmal kurz aus der Kirchentür. »Sie sind da.« Er drehte sich zu Florian, der einen sehr eleganten schwarzen Anzug trug. »Jetzt darfst du sie sehen.« Er öffnete die Tür und ließ Florian nach draußen treten.

Der Bräutigam hatte sichtlich Mühe, die Fassung zu wahren, als er seine Braut erblickte, die gerade aus der Limousine des Sparkassendirektors ausstieg. Herr Steinhagen war am Samstag Abend verhindert, hatte aber seinen Wagen für die Hochzeit bereitgestellt. »Anna?« Er hatte Schwierigkeiten, Worte zu finden. »Du siehst einfach wunderschön aus.«

Anna strahlte ihn an. Sie fand vor Glück keine Worte.

Pfarrerin Reger trat zusammen mit Doris und Leonie aus der Kirche. Sie wartete höflich, bis die Brautleute sich begrüßt hatten. »Florian sagte mir, dass er dich zum Altar führen möchte.«

Anna blickte die Pfarrerin etwas verlegen an. In ihrer Familie war es Tradition, dass der Vater die Braut zum Altar führt. Doch sie wollte ihm nicht mehr unter die Augen treten, denn er hätte ihr die Verbindung zu Florian nie gestattet. Im Gegenteil, er wollte sie mit Gewalt zu einer anderen Hochzeit zwingen. Anna war unendlich glücklich, dass ihre Flucht geglückt war.

»Anna?« Pfarrerin Reger blickte die Braut aufmunternd an. Sie ahnte, was Anna in diesem Moment bewegte.

»Ja«, langsam fand sie ihre Sinne wieder. »Florian wird mich führen.«

»Doris, Leonie« Frau Reger drehte sich zu den beiden Mädchen um, die zitternd vor Aufregung hinter ihr standen. »Nehmt ihr bitte eure Position ein?«

Simone, die Inhaberin des Brautgeschäfts zeigte ihnen, wie sie die Schleppe zu halten hatten. »Warum tragt ihr denn die Ketten?« Im Gegensatz zu den anderen wusste Simone nicht, welche Aufgaben Doris und Leonie auf dem Fest hatten. Renate Bayer kam ihnen zu Hilfe und erklärte die Rollen, die sie auf dem Fest einnehmen würden.

»Das wird ein ganz außergewöhnlicher Brautzug.« Sie lächelte etwas verlegen. »Entschuldigt bitte meine Unwissenheit.«

Doris und Leonie sahen sich an der Kirchenpforte verwundert an. »Wenn ich nicht ganz genau wüsste, dass ich wach bin, würde ich meinen, ich träume.« Doris war mindestens genauso glücklich wie die Braut. Sie hätte es sich nie träumen lassen, ihre Ketten einmal so außergewöhnlich präsentieren zu dürfen.

»Seit ihr bereit?« Frau Reger ging zurück zur Kirchentür. »Ich muss dem Organisten ein Zeichen geben.«

* * *

In der Gemeinde hatte es sich schnell herumgesprochen, dass neben dem traditionellen Bittgottesdienst heuer auch eine Hochzeit stattfinden würde. Verwundert waren die Leute lediglich darüber, dass die Hochzeit nicht angekündigt war - so etwas war eigentlich nicht üblich. Und so kam es, dass die Kirche wirklich fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Wer nicht wegen des Festes gekommen war, war bestimmt neugierig auf die so spontan angesetzte Hochzeit.

Wie üblich stand die Gemeinde auf, als Braut und Bräutigam langsam unter dem feierlichen Spiel der Orgel langsam nach vorne kamen und kurz vor dem Altar stehen blieben. Erst als sie sich auf die beiden Stühle gesetzt hatten, nahm auch die Gemeinde Platz. Frau Reger gab Fritz ein Zeichen, und gleich nachdem die Orgel verstummt war, begann Marias Musikgruppe mit ihrer vorbereiteten Intrade.



Pfarrerin Reger wartete ab, bis die letzten Töne des Vorspiels verklungen waren, dann begann sie mit der Begrüßung der Gemeinde. »Dies wird ein ganz besonderer Gottesdienst, denn wir wollen nicht nur um einen guten Festverlauf bitten, sondern wir werden auch Zeuge der Hochzeit von Anna und Florian, die sich heute vor Gott die Ehe versprechen wollen.«

Anna legte ihre Hand in die von Florian und lächelte ihn glücklich an.

»Begrüßt wurden wir von den Barock-Pfeifern, die auch nächste Woche auf dem Fest spielen werden.« Sie machte eine kleine Pause. »Sie werden sich vermutlich wundern, dass der Platz, auf dem üblicherweise die Darstellerin der Katerina sitzt, noch leer ist. Es hat einen ganz einfachen Grund. Maria Beller ist bei den Barock-Pfeifern für die Flötistin Frau Bernreu eingesprungen, die sich gestern die linke Hand gebrochen hat.« Sie gab Maria und Paul das verabredete Zeichen.

Paul stand auf und kam zum Altar, wo Maria schon auf ihn wartete. Sie reichte ihm demonstrativ den Handschuh, dann blickten sie kurz zur Pfarrerin.

»Wie sich sicher von den vergangenen Festen wissen, darf die Katerina eine Woche vor dem Fest schon einmal zeigen, dass sie sich gut auf die Rolle vorbereitet hat und den Handschuh, der fest zu der Rolle gehört, tragen kann.« Sie gab Paul den verabredeten Wink.



»Du zitterst ja?« Maria flüsterte leise, als sie Pauls Unsicherheit bemerkte.

»Nun ja, ich habe das ja auch noch nicht in solch großer Öffentlichkeit gemacht.« Er flüsterte ebenfalls. Trotzdem gewann er nach kurzer Zeit seine Selbstsicherheit zurück und konnte Maria den Handschuh für sie bequem anlegen. Als sich Maria daraufhin einmal um sich selbst drehte, war einen Raunen in der Kirche zu hören, denn so eng wie Maria hatte bisher keine Darstellerin den Handschuh tragen können.

»Ich möchte ihnen zwei weitere sehr engagierte Darstellerinnen vorstellen.« Sie bat Doris und Leonie nach vorn. »Frau Schwerterle und Frau Wolkenberg werden die Dienerinnen spielen, die die Katerina bei der Heimkehr von der Schlacht begleiten werden.« Sie machte wieder eine Pause. »Auch sie haben sich intensiv auf ihre Rolle vorbereitet.« Sie bat die Mädchen, einmal ihre Ketten zu zeigen.

»Ich glaube, ich träume.« Doris flüsterte leise.

Leonie war nicht minder fasziniert.

»Frau Wolkenberg wird jetzt auch noch eine weitere Aufgabe übernehmen. Unsere Brautleute sprechen nur Englisch, sie wird ihnen wichtige Teile des Gottesdienstes übersetzen.«

Leonie griff sich den bereitgestellten Stuhl und setzte sich wie abgesprochen hinter die Brautleute, so konnte sie unauffällig übersetzen und erklären, was gerade passierte.
641. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 27.02.17 18:35

hallo gag_coll,

mach bitte weiter, ich warte sehnsüchtig auf jede Fortsetzung - Deine Geschichte ist einfach großartig (auch wenn ich wirklich gespannt darauf bin, wie Du am Ende - welches hoffentlich noch in einiger Ferne ist - die ganzen "Knoten" entwirren wirst.
Danke für Deine Geschichte.

Gruß
Machtdom
642. Großartig!

geschrieben von Pocytac am 28.02.17 15:40

Hallo gag_col,

eine großartige Geschichte. Bitte, bitte, erzähle sie zu Ende. Zumindest bis nach dem Fest. Oder ein paar Jahre länger.

Ich freue mich über jede neue Folge. Und das Warten hat sich wirklich gelohnt. Vielen, vielen Dank!

Viele Grüße,
Philipp
643. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwölf

geschrieben von gag_coll am 01.03.17 05:30

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwölf
Autor: Karl Kollar

(noch Sonntag, 19. September 1984)

Der Gottesdienst verlief zunächst ab wie gewohnt. Es wurde aus der Bibel gelesen, und Lieder wurden gesungen. Doch mit Beginn der Predigt wich die Pfarrerin von dem üblichen Schema ab.

Sie verwies zunächst auf die lange Tradition des Festes, welches in einer Woche stattfinden würde. Bedingt dadurch, dass es nur alle sieben Jahre stattfand, würden alle darauf hin fiebern, und es war für alle jungen Mädchen erstrebenswert, für die Rolle der Katerina ausgesucht zu werden.

»Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch an die Baroness erinnern, die ursprünglich für die Rolle ausgewählt war, und die jetzt wegen eines schweren Unfalls im Krankenhaus liegt. Sie wäre sicher eine gute Darstellerin geworden, doch der Tod ihrer Mutter vor fünf Jahren hatte sie etwas aus der Bahn geworfen. Wir hoffen für sie, dass sie wieder gesund wird, ihren weiteren Weg finden wird und stets erkennt, was richtig und erstrebenswert ist.«

Maria war erstaunt, wie gut sie hier einen Bogen geschlagen hatte, ohne die Baroness unnötig bloßzustellen.

»Maria Beller ist für sie eingesprungen und wir sind sicher, dass sie auch eine gute Katerina geben wird. Den folgenden Teil der Predigt möchte ich auf Englisch halten, denn er betrifft die Brautleute, die sich heute vor Gott die Ehe versprechen wollen.«

Als sie dann auf Englisch weiter sprach, blickten Anna und Florian erstaunt auf. Sie berichtete, dass Anna und Florian sich schon einige Zeit lang kannten und zusammen ein paar sehr schmerzhafte Abenteuer bestanden hatten.

»Dunkle Mächte haben ihr Glück bedroht und nur durch den selbstlosen Einsatz einer wichtigen Persönlichkeit ist es ihnen heute möglich, zusammen vor den Altar zu treten.« Sie blickte kurz zu Maria, ohne sie jedoch genauer zu erwähnen. Maria fiel zudem auf, dass sie es geschickt vermied, die Eltern von Anna und Florian zu erwähnen.

»In dem Gespräch mit ihnen haben sie mir auch anvertraut, dass sie sich gern für die viele Hilfe bedanken wollen, die sie bisher erfahren haben.« Dann gab sie eine Zusammenfassung ihrer Worte auf Deutsch.

»Möge Gott euch auf eurem weiterem Weg begleiten.«

* * *

Die eigentliche Trauzeremonie hielt Frau Reger komplett auf Englisch und verzichtete auch auf eine deutsche Übersetzung. Zum einen war es eine Sache der künftigen Eheleute, und zum anderen wussten die Kirchgänger ja, was der Inhalt der Zeremonie war. Und das ´Ja´ auf Englisch ´Yes´ hießt, bedurfte keiner weiteren Erklärung.

Auch Maria und Paul beantworteten die Frage an die Trauzeugen auf Englisch. Es ergab sich einfach aus dem Zusammenhang.

* * *

In dem Fürbittengebet wurde neben den üblichen Bitten auch für einen guten Verlauf des Festes gebetet. Traditionsgemäß trug die Katerina eine der Bitten vor, wobei ihr von ihrem Prinzen der Zettel gehalten wurde, von dem sie ablesen konnte.

Pfarrerin Reger hatte veranlasst, dass auch Doris und Leonie jeweils eine Bitte vorlesen durften. Sie hatte erkannt, wie viel es den beiden Mädchen bedeutete, in ihren Ketten so in die Öffentlichkeit gerückt zu werden. Dabei übersah sie gern, dass diese Beweggründe mit dem Fest überhaupt nichts zu tun hatten, und auch das ließ sich die Pfarrerin gar nicht anmerken.

* * *

»Traditionsgemäß findet nach diesem Gottesdienst auch wieder das gemeinsame Mittagessen im benachbarten Wirtshaus statt. Dort gibt es auch noch Gelegenheit, dem Brautpaar Glückwünsche auszusprechen.«

Sie machte eine bedeutsame Pause. »Wir haben dieses Jahr das Glück, eine besonders engagierte Katerina-Darstellerin zu haben. Maria steht nicht nur für ihre Rolle und machte zu dem noch die Trauzeugin für unser Brautpaar, sie spielt auch noch in der Musikgruppe mit, die diesen Gottesdienst so schön umrahmt hat.« Frau Reger gab Paul das verabredete Zeichen, dann wartete sie.

Paul und Maria standen auf, dann nahm Paul seiner Freundin den Handschuh ab. Dann nahm er wieder Platz.

Maria verzichtete auf die sonst übliche Gymnastik nach dem Abnehmen des Handschuhs, sie befürchtete, dass dies der Veranstaltung die Würde nehmen würde. Sie bewegte nur ihre Finger ein wenig, aber das versuchte sie zu verbergen, als sie langsam und würdevoll zu ihrem Stuhl bei den Barock-Pfeifern ging und dort Platz nahm.

Erst als Maria sich gesetzt hatte, sprach die Pfarrerin den Segen. Wieder sprach sie auch einen kleinen Teil auf Englisch.

Gleich nach dem Segen gab Fritz den Einsatz und die kleine Gruppe spielte das Schlussstück.

* * *

Unter dem feierlichen Klang der Orgel zog die Pfarrerin zusammen mit dem Brautpaar, den Trauzeugen und Brautjungfern aus der Kirche.

Als Anna und Florian durch das Kirchportal traten, wartete die nächste Überraschung auf sie. Die Tanzgruppe von Carlos, die auf dem Fest die Wachmannschaft stellte, hatte sich vor der Kirche im Spalier aufgestellt und sie bejubelten das Brautpaar.

Zahlreiche Leute kamen auf das Brautpaar zu, um ihnen zu gratulieren. Anna und Florian waren völlig perplex, weil sich wildfremde Leute um sie kümmerten. Mit so viel Freundlichkeit hatten sie wirklich nicht gerechnet. Frau Reger hatte die Gottesdienstbesucher im deutschen Teil der Predigt gebeten, sie nach der Kirche zu beglückwünschen, auch wenn sie sie nicht kennen würden. »Wir wollen ihnen einen unvergesslichen Tag bereiten.«

Frau Bayer bat dann die Festmannschaft zum gemeinsamen Gruppenfoto, und natürlich musste sich das Brautpaar vorn in die Mitte stellen. Das Foto war zwar eigentlich als Abschluss einer langen Vorbereitung gedacht, doch genauso gut konnte es dem Brautpaar als schöne Erinnerung an diesen Tag dienen.

Hans und Andrea sorgten dafür, dass sich die Anwesenden richtig zum Foto aufstellten, dann machte Hans die vom Vorstand bestellten Aufnahmen. Florian und Anna kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Nachdem die Fotos erstellt waren, trat Renate auf das Brautpaar zu und bat sie, mit ins Gasthaus zu kommen. »Bitte macht euch keine Gedanken, dieses Essen hätte auch ohne euch so stattgefunden. Wir würden uns aber sehr freuen, wenn ihr unsere Gäste wärt.«

Anna und Florian nahmen sich bei der Hand. Es war beiden anzumerken, wie sehr sie sehr die Freundlichkeit berührte. Florian schaffte es schließlich, sich mit belegter Stimme für die Fürsorge zu bedanken. »Danke, dass wir nicht allein sein müssen an diesem Tag.« Florian streichelte Anna über das Gesicht. »Es bedeutet uns sehr viel.«

Anna hingegen war ein wenig wehmütig, weil ihr ´schönster Tag´ doch ganz anders verlaufen war, als sie es sich immer erträumt hatte. Ihren Vater vermisste sie gar nicht, aber ihre Mutter und deren Mutter hätte sie gern an ihrer Seite gewusst.

* * *

Die zweite Dose ließ sich schon viel leichter öffnen, weil Sophie jetzt die richtigen Handgriffe kannte. Dadurch konnte sie sich ihre Kraft jetzt auch ein wenig besser einteilen. Ihr Blick fiel auf die kleine Herdplatte. Ermutigt durch ihre bisherigen Erfolge machte sie sich auf die Suche nach einem Topf. Es störte sie auch nicht, dass sie immer noch auf dem Boden herumkriechen musste. Vielleicht schaffte sie es ja heute schon, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten.

Sie hatte vom Kochen genauso wenig Ahnung wie von Bettwäsche. Bisher hatte sie immer nur das Personal zusammengeschissen, wenn ihr etwas nicht geschmeckt hatte. Und zwar unabhängig davon, ob sie daheim war oder in irgendeinem Restaurant.

Auf der Dose stand eine Anleitung, und Sophie dachte sich sofort »Das werde sogar ich schaffen.« Sie hatte schon eine gewisse Selbstironie entwickelt.

Bei der Suche nach einem Topf hatte sie auch das für Ravioli passende Geschirr gefunden, so dass sie sich sogar den kleinen Tisch decken konnte. Sie wusste zwar, dass sie sich ihre Kraft immer noch einteilen musste, doch das Mittagsmahl am Sonntag war ihr etwas wert.

Während sie auf die Ravioli wartete, ließ sie ihren Blick über die Dosen schweifen, und sie überlegte sich schon, welche Dose sie als nächstes öffnen würde. Von Ravioli hatte sie jetzt genug.

* * *

Das Essen verlief weitgehend so, wie es vom Festvorstand geplant war. Nur die Platzverteilung war ein klein wenig anders als in den Jahren zuvor. Auf den Plätzen, auf denen sonst die Katerina mit ihrem Prinz gesessen hätte, saßen jetzt die Brautleute und neben ihnen hatte das Prinzenpaar Platz genommen.

Nachdem sich alle gesetzt hatten, wurden zunächst ein paar kurze Reden gehalten, die sich mit dem Fest befassten. Unter anderem bedankte sich Fritz im Namen seiner Barock-Pfeiffer für Marias spontanes Einspringen und lobte sie für ihr ausgezeichnetes Flötenspiel.

Auch Frau Reger ergriff die Gelegenheit, sich für die Einladung zu bedanken und erinnerte die Anwesenden noch einmal an die Bitte, die sie im Gottesdienst geäußert hatte.

Schließlich ergriff auch Florian das Wort. Das Sprechen fiel ihm schwer, denn er war wie seine Braut noch sehr ergriffen von der Freundlichkeit, mit der sie hier bei ganz wildfremden Leuten empfangen wurden. »Besonders möchten wir uns bei Frau Reger bedanken für diese wunderschöne Zeremonie.«



Als Vorspeise wurde Melone mit Schinken gereicht und es kehrte das erste Mal so etwas wie Stille ein. Nur ab und zu war so etwas wie ein Schluchzen von Anna zu hören, die Schwierigkeiten hatte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Natürlich hatte sie sich ihre Hochzeit anders vorgestellt, doch sie spürte, dass wirklich jeder im Saal bemüht war, sie als Freunde zu behandeln.

Nach der Vorspeise erhob sich Herr Greinert. »Nachdem der erste Hunger gestillt ist, möchte ich sie alle hier beim traditionellen Essen nach dem Bittgottesdienst willkommen heißen.« Er begrüßte diverse Personen mit ihrem Namen und dankte auch der Pfarrerin für die Ausgestaltung des Gottesdienstes. »Wir haben dieses Jahr die Ehre, auch ein echtes Brautpaar unter uns zu haben. Wir freuen uns, dass wir diesen Tag mit ihnen feiern dürfen.«



Nach der Hauptspeise erhob sich Herr Wetzler und bat um Aufmerksamkeit.

Maria blickte zu Boden, als sie sah, wer aufgestanden war.

»Ich glaube, ich habe da noch etwas gut zu machen.« Er blickte kurz zu Frau Reger, die ihm aufmunternd zu nickte. »Ich möchte sie zu diesem Festmahl einladen. Ich werde alle Kosten übernehmen.« Eigentlich hätte jeder sein Essen selbst bezahlen sollen.

Er wartete, bis der Applaus verklungen war. »Und dann wäre da noch etwas.« Er sprach plötzlich auf Englisch weiter. »Ich gebe heute Nachmittag einen Empfang für wichtige Geschäftsleute. Ich möchte sowohl das Prinzenpaar als auch das Brautpaar recht herzlich dazu einladen.« Er trat vor den Tisch des Brautpaares. »Bitte machen sie mir die Freude und seien sie heute meine Gäste.«

Florian stand auf und reichte ihm die Hand. Er war nicht zu einer Antwort fähig.



Bald nach der Nachspeise kamen Andrea und Hans herein, nachdem sie sich überzeugt hatte, dass der Moment passend war. »Wir wollten das Brautpaar abholen zum Fototermin.«

Andrea hatte sich wieder den Redaktionsbus ausgeliehen, und so konnten sie bequem zum Schloss fahren. Dort gab es die besten Motive für Hochzeitsfotos. Und der Bus bot auch für Paul und Maria noch genug Platz.



Andrea und Hans waren ein eingespieltes Paar, was Hochzeitsfotos betraf. Andrea kümmerte sich um das Licht und Hans bediente die Kamera. Die Routine der beiden war deutlich zu spüren.

Doch je weiter die Zeit fortschritt, desto nervöser wurde Anna. Es lag nicht daran, dass sie den Monohandschuh tragen sollte, viel mehr sorgte sie sich um ihren Mann. Was würde er davon halten und vor allem, wie würde er reagieren, wenn er bemerkte, dass es ihr Spaß machte?



»So, das waren die normalen Fotos.« Hans legte die Kamera weg und ging auf Anna zu. »Du hattest mir etwas versprochen?«

Anna schluckte einmal heftig, dann blickte sie zu Paul und Maria, mit denen sie im Gegensatz zu Florian schon gesprochen hatte.

Maria nahm den Handschuh aus ihrer Tasche und reichte ihn wortlos ihrem Freund.

Paul begann sofort, Anna den Handschuh anzulegen.

»Was passiert jetzt?« Florian hatte Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Anna schien damit gerechnet zu haben, sie ging kurz auf Maria zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

»Mache ich.« Maria grinste, dann wandte sie sich an Florian. »Hilfst du mir bei den Getränken? Die sind noch im Bus.«

Es brauchte erst noch einen auffordernden Blick von Anna, bis ihr Mann bereit war, Maria zu folgen.

»Paul braucht deine Hilfe nicht, er kann mit dem Handschuh sehr gut umgehen.« Maria war in diesem Moment froh, über ihre Arme zu verfügen. So konnte sie Florian etwas bewusster von Anna wegführen.

»Aber Anna braucht mich doch.« Florian blickte noch einmal in die Richtung seiner Frau.

»Den Handschuh tragen ist ganz normal, wenn man es gewöhnt ist.« Maria schob ihn weiter. »Und wir wissen beide, dass sie es ebenfalls gewöhnt ist.« Auf einmal hatte sie eine Idee. »Lass ihr bitte diese kleine Freude.«

»Wieso Freude?« Florian stutzte. »Willst du damit sagen, sie würde das gern machen?« Er war in diesem Moment fassungslos.

»Hast du ihre Augen gesehen, als Paul mit dem Handschuh anfing?« Maria wusste, dass es eine rhetorische Frage war, denn sie hatte gesehen, dass Florian nur Augen für Annas Arme hatte.

Florian zögerte. »Du meinst, es gefällt ihr?« Er wurde nachdenklich.

»Es wäre gut, wenn du es akzeptierst.« Sie holte tief Luft. »Und es wäre auch gut, wenn du endlich auch zu deinen Wünschen stehst.« Sie blickte ihm in die Augen.

Florian wollte etwas antworten, doch als er Marias energischen Blick sah, schluckte er seine Worte ungesagt herunter.

»Bondage ist natürlich nicht jedermanns Sache.« Maria ahnte, was er antworten wollte. »Und es erwartet auch keiner von dir, dass du Spaß daran hast.« Sie wusste im Moment nicht, wo die Worte herkamen. »Aber jetzt ist es wichtig, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es spricht nichts dagegen, Sachen jetzt neu zu entdecken, die früher einmal einen ganz anderen Zweck hatten.«

Florian ergriff Marias Hand.

»Es ist nicht gut, wenn du dir bei jedem Wunsch erst überlegst, ob es Anna an die Vergangenheit erinnern könnte.«

Anna war ein klein wenig empört, als sie sah, dass Florian Marias Hand hielt. Doch dann sah sie sein nachdenkliches Gesicht, und sie erkannte, dass Maria gerade dabei war, ihm ins Gewissen zu reden. Sie blickte zu Maria und flüsterte ihr ein ´Danke´ zu, dann warf sie ihrem Mann aus der Ferne einen Kuss zu. »Darf ich so auch aufs Foto?«



»Was macht ihr denn hier?« Leonie platzte geradezu vor Stolz und Glück. »Ich habe euch gesucht, denn ich wollte...«

»Wir machen Hochzeitsfotos.« Florian blickte Leonie glücklich an.

»Mit dem Handschuh?« Leonie schüttelte den Kopf.

»Weißt du, dass ist folgendermaßen...« Florian wollte es erklären, doch er wurde von Maria unterbrochen.

»Leonie, du störst.« Sie zeigte auf das Tor zum Schlosspark.

Leonie zog eine Schnute, dann trollte sie sich.

»Ich mag sie ja ganz gern, aber im Moment stört sie uns.« Maria lächelte.



Hans hatte mittlerweile einen neuen Film eingelegt. Auf dem alten wären zwar noch Bilder gewesen, doch die Bondage-Fotos wollte er selbst entwickeln und nicht ins Labor geben. Das gab sonst nur unnötige Fragen. »Du siehst echt toll aus«, lobte er Anna, als sie sich mit ihrem Kleid einmal drehte.

»Ich will doch gut aussehen, wenn ich so bezahle.« Sie lächelte.

Andrea kam dazu und auch sie kam nicht umhin, Annas sehr anmutigen Auftritt zu loben. »Es sieht wirklich toll aus.«

»Ist das jetzt so schwer?« Hans blickte seine Freundin vorwurfsvoll an.

Die Reporterin versuchte dem Blick ihres Freundes auszuweichen. Natürlich hätte sie den Handschuh auch gern getragen, vielleicht aber nicht so streng angelegt wie bei Anna und Maria.

Aber sie fürchtete sich vor dem Moment, wenn Hans die Kamera aus der Hand legen würde. In diesen Momenten behielt sie gern die Kontrolle und mit den Armen in der Lederhülle war das gar nicht möglich. »Jetzt mache deine Fotos.« Insgeheim versuchte sie zu verbergen, dass sie den Handschuh auch gern trug, doch nicht in Gegenwart ihres Freundes. Allerdings hatte sie sonst keinen, dem sie sich anvertrauen konnte, von ihrer besten Freundin einmal abgesehen.

* * *

Anna hatte ihre Umgebung nach kurzer Zeit völlig verdrängt. Sie konzentrierte sich nur noch auf das Arbeiten für die Kamera. Sie wollte, dass der Freund der Reporterin die Bilder bekommen konnte, die er sich wünschte.

Sie hatte keine Probleme, glücklich zu lächeln, obwohl sie durch den Handschuh relativ hilflos war. Sie wusste Maria und Paul in ihrer Nähe und natürlich auch ihren Mann. Außerdem war sie das Tragen eines solchen Handschuhs durchaus gewöhnt, wenn auch aus ganz anderen Gründen.

Sie befolgte brav alle Anweisungen, die Hans äußerte, und war trotzdem bemüht, immer ihr schönstes Lächeln zu zeigen. Und immer wieder sah sie zu Florian und versuchte, auch ihm ihr Glück zu zeigen.

Nur einmal wollte Hans einen traurigen Gesichtsausdruck haben, und obwohl Anna sich redlich bemühte, schaffte sie es nicht, ihr Strahlen zu verbergen.

Zu ihrer Erleichterung winkte Hans bald ab. »So wichtig ist es auch nicht.« Doch dann zögerte er. Er trat auf Anna zu und war etwas verlegen. »Andrea sollte dich noch etwas fragen. Hat sie?« Er war auf einmal wie verwandelt und seine Hände zitterten.

»Sie sagte etwas von einem Ball im Mund.« Anna blickte etwas unsicher zu Andrea, sie hatte Hans´ Stimmungswechsel auch bemerkt.

»Und wärst du dazu bereit?« Hans Stimme war etwas leiser geworden, im Gegensatz zu seiner Nervosität.

»Warum nicht?« Anna war so glücklich, dass sie alles zugesagt hätte. Doch dann blickte sie zu Florian. »Ich soll jetzt den Ball im Mund tragen. Hilfst du mir?«

»Was muss ich tun?« Florian blickte etwas verunsichert auf seine Braut. Immer wieder gingen ihm die Worte durch den Kopf, die Maria ihm gesagt hatte.

»Andrea, bringst du mir bitte mal einen Ball für Anna?« Er vermied es, das Wort ´Knebel´ zu benutzen, da er nicht wusste, ob Anna in dieser Richtung eventuell vorbelastet war.

»Du willst sie wirklich so fotografieren?« Andrea blickte mit gemischten Gefühlen auf die so glückliche Braut. Ob es wirklich gut war, ihr den schönsten Tag so zu verderben?
644. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreizehn

geschrieben von gag_coll am 03.03.17 07:44

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreizehn
Autor: Karl Kollar

(noch Sonntag, 19. September 1984)

Doch als sie mit dem Ball zurückkam, sah sie, dass ihre Bedenken unnötig waren. Anna strahlte über das ganze Gesicht und blickte fast verlangend auf den Ball in ihrer Hand. Sie war fast etwas ungeduldig, als Andrea den Ball erst einmal mit einem Handtuch abwischte.

Es brauchte nur einen kurzen Blickwechsel zwischen ihr und Florian, dann legte die Reporterin Anna den Knebel an und verschloss die Schnalle im Rücken. »Achte bitte darauf, dass du die Lippen immer fest um den Ball legst, du tropft sonst auf das schöne Kleid.«

»Warum denn das?« Florian hatte der Knebelung seiner Braut eher misstrauisch zugesehen, jetzt wollte er es hinterfragen. Es ging ihm dabei aber weniger um Annas Gefühle, er hatte eher Angst, dass der Fotograf oder seine Freundin etwas Falsches antun konnten.

»Mit dem Ball im Mund kann man nicht schlucken.« Andrea lächelte etwas verlegen. »Und dann läuft der Speichel aus dem Mund, wenn man nicht aufpasst.«

Hans ließ die Kamera sinken, die er gerade wieder in die Hand genommen hatte. »Woher weißt du denn das?«

Andrea lächelte etwas verlegen. »Jetzt mach hin, das Modell wartet.«

Hans kam der Aufforderung nach, doch nicht ohne vor her ein »Komm du mir nach Hause« zu murmeln.

»Du kannst ihr ab und zu ein Taschentuch an die Lippen halten, dann muss sie nicht ganz konzentriert aufpassen.« Andrea hatte sich gut auf das Fotoshooting vorbereitet, sie ahnte, dass Hans wieder einmal sehr extravagante Wünsche haben würde, sobald das erste Eis gebrochen war.



Anna musste nur einmal kurz in Florians Richtung schauen und schon befreite er sie von dem überflüssigen Speichel in ihrem Mund. Dabei fragte sie sich, wie es wohl sein würde, wenn er nicht da wäre, und sie nicht so ein kostbares Kleid tragen würde.

Florian war wesentlich nervöser als seine Frau und manchmal musste Hans Maria bitten, ihn noch mal ein wenig abzulenken.



»Darf ich mir auch noch ein Motiv wünschen?« Florian blickte zwischen Anna und Hans hin und her.

»Sehr gern« Hans war so glücklich, dass Anna auf alle seine Wünsche eingegangen war. »Was ist es denn?«

»Ich möchte Anna so, wie sie gerade ist, in meinen Armen halten.« Florian lächelte. »Das wäre noch einmal eine schöne Erinnerung an dieses außergewöhnliche Fotoshooting.«

Anna blickte ihren Mann kurz, aber sehr verwundert an, dann senkte sie ihren Kopf und blickte zu Boden.

»Ich glaube, sie wartet auf sie.« Andrea war von der Atmosphäre mehr als gefangen. »Sie mag halt nichts sagen mit dem Ball im Mund.«

»Natürlich« Florian lächelte verlegen, dann trat er auf seine Frau zu. »Entschuldige, mein Schatz.« Er fasste sie unter das Kinn und küsste sie auf die Lippen und auf den Ball, den sie ihm strahlend entgegenstreckte.

»Bitte so bleiben.« Hans war begeistert. »Ich hatte mich nur nicht getraut, danach zu fragen.«

Sie nahmen noch ein paar andere Posen ein, die Florian vorher jeweils kurz erklärte. Er fand es sehr faszinierend, seine so schutzbedürftige Frau in den Armen zu halten.

»Jetzt solltet ihr den Ball wieder aus dem Mund nehmen.« Andrea mischte sich ein. »Nach einer gewissen Zeit wird es unangenehm und dann werden es auch keine schönen Bilder mehr.«

Hans blickte Andrea verwundert an. »Komm du mir nach Hause.« Dieses Mal sprach er es laut aus.

Florian hatte keine Mühe, die Schnalle zu öffnen.

»Halte dein Taschentuch bereit« Andrea erinnerte ihn an die Auswirkungen des Balles, den Anna im Mund trug.

Anna musste kurz ihren Kiefer etwas bewegen, dann war sie wieder in der Lage zu sprechen. »Von den Fotos würde ich gern eines meinem Vater schicken.« In diesem Moment sah sie grimmig aus. »Ich glaube, das würde ihn umbringen.«

Florian streichelte ihr vorsichtig über den Kopf. »Willst du den Handschuh dann auch ablegen?«

Anna seufzte nur, dann fühlte sie, wie ihr Mann sie aus dem Armgefängnis befreite. Wie sie es aus der Klinik gewöhnt war, machte sie ein paar Gymnastik-Bewegungen.

»Warum hast du dich überhaupt darauf eingelassen?« Florian machte sich immer noch Sorgen um seine Frau.

»Zum einen, damit wir Erinnerungsfotos haben.« Anna war sehr verträumt, doch auf einmal wandelte sie ihr Blick. »Es würde meine Familie rasend machen, wenn sie wüssten, auf was ich mich da einlasse.« Sie lächelte grimmig. »Und es macht mir Spaß, solange du dabei bist und mir zusiehst.« Sie gab ihm einen Kuss.

»Besser wäre es noch, wenn er dir die auch noch selbst Fesseln anlegt.« Maria klang auf einmal sehr verträumt. »Das liebe ich so an Paul. Es ist wie eine große Umarmung von ihm.« Sie warf ihm einen Kuss zu. »Ihr hättet mit Hans reden sollen, er wäre da sicher darauf eingehen.«

»Was ist so schön daran, gefesselt zu sein?« Florian gab sich alle Mühe, den sich neu auftuenden Welten offen aufgeschlossen gegenüber zu treten.

»Mir gibt es Geborgenheit und das Gefühl, dass ich aufgefangen werde.« Dass es außerdem noch einen ganz anderen Hintergrund hatte, behielt sie erst mal für sich.

»Du warst toll als Pony.« Anna lächelte etwas verlegen. »Von all den Lederriemen festgehalten zu werden muss schön sein.«

»Es ist aber noch mehr.« Marias Stimme schwärmte. »Du gibst für einen kleinen Zeitraum deine Persönlichkeit auf und bist nur noch ein Tier.«

»Und so etwas ist schön?« Florian war verwundert.

»Geschmackssache.« Maria lächelte. »Ich habe es in einer sehr vertrauensvollen Umgebung kennengelernt.« Fast etwas verliebt dachte sie an die Abenteuer auf Sebastians Hütte zurück.

»Ich glaube, ich möchte das später auch mal probieren.« Anna lächelte verlegen. »Wenn der ganze Trubel vorüber ist.«

* * *

»Anna, darf ich dich einmal etwas fragen?« Hans zitterte vor Aufregung. Er hasste sich dafür, dass er seine Nervosität nicht verbergen konnte.

»Ja gern.« Anna ahnte nicht, was kommen würde, obwohl sie seine Erregung bemerkte.

»Hättest du vielleicht Lust, dich öfters mal in Fesseln zu zeigen?« Er war froh, es ausgesprochen zu haben. »Du würdest dafür auch ein Honorar bekommen.«

Anna muss nicht lange überlegen. »Das mache ich sehr gern« Sie lächelte. »Solange es keine Nacktfotos sind.« Sie spürte, dass sie es so auch ein wenig ihrer Familie heimzahlen konnte, wenn sie sich zu solch provokanten Fotos hingeben würde. Doch dann glitt ein Schatten über ihr Gesicht. »Florian, was denkst du?«

»Werden sie sie anfassen?« Annas Mann war unsicher, was er von der Situation halten sollte.

»Komisch, Andrea hat mich das auch gefragt.« Hans grinste. »Es gibt da wohl einige Befindlichkeiten.«

Es entstand eine kleine Pause.

Schließlich räusperte sich Anna. »Würde es gehen, wenn Florian mir die Fesseln anlegt?«

»Das wäre eine gute Lösung.« Hans war erleichtert. Doch dann zögerte er. »Wenn ich ihm sagen darf, was er machen soll...«

»Warum sollte ich Anna das antun?« Florian war empört.

»Jetzt mache aber einmal einen Punkt.« Anna drehte sich mit funkelnden Augen zu ihrem Mann. Es war ihr anzusehen, dass sie mehr oder weniger explodieren wollte. Doch dann wurden ihre Züge weich. »Maria sagt, dass es ganz toll ist, wenn der Partner das mit einem macht.« Sie ergriff die Hand ihres Mannes. »Bitte lasse es uns ausprobieren.«

»Wie wäre es, wenn ihr nächsten Mittwoch zu mir kommt?« Hans spürte, dass eine Entscheidungshilfe gefragt war. »An dem Abend machen wir erst mal einen Trockenlauf, damit ihr euch daran gewöhnen könnt.«

»Was ist ein Trockenlauf?« Florian hatte immer noch Schwierigkeiten, sich an den Gedanken zu gewöhnen. »Werden die Knoten und Schnallen nicht geschlossen?«

»Doch schon.« Der Fotograf ahnte, dass er schon so gut wie gewonnen hatte. »Wir machen alles wie bei einem echten Foto-Termin, nur dass kein Film in der Kamera liegt.«

»Eigentlich schade.« Anna dachte laut. »Ich würde daran auch gern Erinnerungen haben.«

»Wie ihr wollt.« Hans war mehr als erleichtert. »Ihr könnt es euch bis Mittwoch überlegen.«

Andrea hatte den Dialogen schweigend zugehört. Er hatte sich selbst in diese Situation gebracht, jetzt sollte er auch sehen, wie er da wieder heraus kam. Und doch war Andrea unterschwellig eifersüchtig. Bisher hatte Hans sie immer mit seinem Wunschmotiv genervt. Jetzt erfüllte jemand anders seinen Wunsch. Auf der einen Seite war sie froh darüber, andererseits ärgerte sie sich ein wenig. Irgendwie kam es ihr nun wie eine verpasste Gelegenheit vor.

»Ich würde gern noch wissen, wofür die Bilder sind. Wer bekommt sie zu Gesicht?« Florian versuchte, ein wenig weiter zu denken.

»Ich plane da schon länger ein Kunstprojekt.« Er seufzte. »Alles andere würde die Öffentlichkeit nicht akzeptieren.« Er deutete an, dass er Anna wie ein echtes Modell bezahlen würde, allerdings nur, wenn er mit seinem Projekt Erfolg haben sollte.

»Wie hoch wäre das?« Florian spürte, dass er für Anna handeln konnte.

»Das Honorar liegt bei 100 DM pro Stunde.« Hans war etwas verlegen. »Ich kann das aber erst zahlen, wenn ich mit dem Projekt erfolgreich bin.«

»Das machen wir.« Anna hatte auf einmal einen sehr energischen Blick. »Was können wir schon verlieren?«

* * *

»Ich habe etwas Angst vor Claudia Wetzler.« Es kostete Maria einige Mühe, ihre Gedanken ihrer Erzieherin gegenüber auszusprechen. »Sie macht mir immer das Leben so schwer.«

»Ich glaube, es gibt da etwas, mit dem du sie sehr beeindrucken kannst.« Mrs. Potter lächelte.

»Und was wäre das?« Es war Maria anzusehen, dass sie nur sehr ungern zu dem Empfang der Familie gehen wollte.

»Herr Wetzler wird dich sicher bitten, das Gebet noch einmal zu zeigen.« Die Erzieherin machte eine bedeutsame Pause. »Wir wäre es, wenn du dazu die Ballettstiefel tragen würdest?«

»Aber...« Maria stutzte. »Wird das keine Fragen geben?«

»Dann sagst du ihnen einfach die Wahrheit.« Mrs. Potter gab sich zuversichtlich. »Die Stiefel helfen dir, das Gebet zu tragen.«

Maria war verwundert, doch zu einer Antwort war sie noch nicht fähig.

»Dir wird es nichts ausmachen...« Sie zögerte einen Moment. »Und die anderen werden sehr über dich staunen.«

Maria blickte immer noch sehr skeptisch. Eine Antwort blieb sie nach wie vor schuldig.

»Überlege doch mal.« Mrs. Potter hoffte, sich die richtigen Argumente bereitgelegt zu haben. »Herr Wetzler fühlt sich dir gegenüber verpflichtet. Und wenn du jetzt die Stiefel anziehst, wird er es akzeptieren müssen, und du kannst sie später auch noch tragen.« Wieder machte sie eine Pause. »Und glaub mir, die Frauen werden dich beneiden.«

»Claudia auch?« Maria hob ihren Kopf.

»Gerade die.« Mrs. Potter schmunzelte. »Aber sie wird vermutlich alles versuchen, damit man es ihr nicht ansieht.«

Maria hatte noch eine andere Sorge. »Könnten sie das Paul beibringen? Ich glaube, ich schaffe es nicht, ihm das zu vermitteln.«

»Das machst du schon selbst.« Mrs. Potter gab sich zunächst resolut, doch dann wandelte sich ihre Stimme. »Aber wenn es dir hilft, will ich gern dabei sein und dir beistehen.«

Maria war insgeheim fasziniert davon, wie schnell sich Mrs. Potter von der strengen Erzieherin zu verschworenen Freundin wandeln konnte.



»Maria, was ist mit dir?« Paul kannte seine Freundin schon lange genug um zu erkennen, dass sie etwas bedrückte.

Sie hielt den Kopf gesenkt, während sie antwortete. »Ich muss bei Wetzlers die Ballettstiefel tragen.«

Mrs. Potter räusperte sich.

»Ich möchte sie tragen.« Maria verbesserte sich.

Paul spürte die Spannung, die in diesem Moment herrschte. »Warum denn?« Dabei blickte er aber in Richtung der Erzieherin.

»Du kennst doch ihre Mitschülerin Claudia Wetzler?« fragte Mrs. Potter.

Paul stutzte für einen Moment, dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht. »Das ist natürlich ein guter Grund.« Er blickte auf die Uhr. »Willst du sie sofort anlegen? Wir hätten noch etwas Zeit.«

»Gern.« Maria nahm erleichtert Platz.

»Wie wäre es, wenn du dazu den langen Rock trägst? Dann fällt es nicht sofort auf.« Mrs. Potter mischte sich ein. »Du solltest aber den Gehschlitz offen lassen, damit man es sehen kann, wenn man genauer hinschaut.«

Als Antwort machte Maria ein enttäuschtes Gesicht.

»Auf dem Rückweg kann Paul dir den Rock ja zu machen.« Mrs. Potter schmunzelte.

Maria wurde rot. »Natürlich.« Sie fühlte sich ertappt, denn insgeheim mochte sie es, wenn der Rock ihr die Beinfreiheit einschränkte. Und der Gedanke, dass Paul dafür verantwortlich sein würde, spornte sie zusätzlich an.



»Soll ich sie abschließen?« fragte Paul, nach dem er Maria die Stiefel angezogen hatte. Er blickte dabei zwischen Mrs. Potter und Maria hin und her.

»Nein«, antwortete Maria schnell. »Sie soll sehen, dass ich sie freiwillig trage.« Sie wusste außerdem, dass es ihr zusätzlichen Spott einbringen würde, wenn Claudia die Schlösser zu Gesicht bekommen würde.

* * *

Auf dem Empfang bei Wetzlers waren wirklich viele wichtige Leute geladen, unter anderem der Bürgermeister und diverse Chefs der hiesigen Firmen. Maria und Paul erfuhren erst durch die Begrüßung des Gastgebers, wer tatsächlich alles anwesend war.

»Anna und Florian haben heute geheiratet und ich freue mich sehr, dass sie als langjährige Freunde des Hauses ihren schönsten Tag trotzdem mit uns verbringen wollen.« Er wartete den Applaus ab, dann wiederholte er den Satz auf Englisch, um ihnen gleich darauf zuzuzwinkern.

»Und zum Schluss möchte ich ihnen meine Ehrengäste vorstellen.« Er gab Paul und Maria ein Zeichen. »Ich freue mich sehr, dass wir heute das Prinzenpaar des Katerinenfestes unter uns begrüßen dürfen.«

Paul und Maria deuteten eine Verbeugung an.

»Frau Beller beherrscht ein ganz außerordentliches Kunststück.« Er drehte sich kurz zu Maria. »Wir wären sehr stolz, wenn sie es uns nach dem Essen vorführen würden.«



Paul hielt Maria im Arm, als er auf einmal bemerkte, dass sie sich verspannte. »Was ist denn los?«

»Da drüben, Claudia.« Maria seufzte und blickte in Richtung der Treppe, auf der gerade die Tochter des Gastgebers theatralisch den Empfangsraum betrat. Sie war unauffällig, aber trotzdem elegant angezogen und trug den Kopf stolz erhoben. Sie wusste, wie sie als ´Tochter des Hauses´ aufzutreten hatte.

Paul folgte dem Blick und sofort stieg auch seine Anspannung. Er wusste, dass er Maria beistehen musste, so wie damals schon.

Claudia begrüßte einige der Gäste und holte sich einige Komplimente ab. Dann trat sie auf Maria zu. »Hallo Maria.« Sie lächelte hintergründig. »Hübsch siehst du aus.«

Maria wurde sofort an die vielen Situationen auf dem Schulhof erinnert, bei denen sie den Spott ihrer Mitschülerinnen ertragen musste. Sie blieb trotz des Lobes misstrauisch.

Paul bemerkte, dass Maria ein sehr verkrampftes Lächeln zeigte, während Funken zwischen den Augen der beiden Mädchen zu sprühen schienen.

Claudia musterte ihr Gegenüber von oben bis unten. »Sind dir die Schuhe der Baroness nicht zu groß?«

Maria biss zunächst die Zähne zusammen. Claudia war sehr intelligent und gerade deswegen sie schaffte es, mit spitzen Bemerkungen ihre Gegenüber besonders schwer zu verletzen. Sie hatte sich auf den Empfang gefreut, doch jetzt wollte sie ihn am liebsten wieder verlassen.

Paul musste sie erst mit einem auffordernden Blick daran erinnern, dass ihre Erzieherin sie genau auf diesen Moment vorbereitet hatte.

Maria blickte Claudia kurz an, dann griff sie sich mit der Hand an den Rock und machte damit den Blick auf ihre Ballettstiefel frei. »Oh, ich trage meine eigenen Schuhe, und die passen mir besser.« Sie stellte ein Bein nach vorn. »Möchtest du sie einmal probieren?«

Claudia hatte sichtlich Mühe, die Contenance zu wahren. Ihre Miene zeigte deutlich, dass Maria ´gewonnen´ hatte. Sie schluckte heftig und stotterte ein wenig.

Ihr Vater kam dazwischen, so dass ihr die Antwort erspart blieb. »Claudia, was machst du denn hier?« Herr Wetzler war ein wenig verwundert, seine Tochter auf seinem Empfang zu sehen. Normalerweise interessierte sich Claudia überhaupt nicht für die Belange der Familie.

»Ich wohne hier«, antwortete sie etwas schnippisch. »Hast du das schon vergessen?«

»Müsstest du nicht schon lange mit deinen Freundinnen auf der Piste sein?« Herr Wetzler blickte auf die Uhr.

»Ich wollte unbedingt deinen ´Ehrengast´ sehen.« Claudia gab sich unbeeindruckt.

»Ich dachte, du kennst Maria aus der Schule?« Herr Wetzler streichelte seiner Tochter scheinbar liebevoll über den Kopf. »Hattest du denn eine so große Sehnsucht nach ihr?«

Maria grinste innerlich. Claudia konnte sehr verletzend sein, doch ihr Vater stand ihr in nichts nach.

Claudia verzog das Gesicht, dann ging sie demonstrativ wieder zurück zur Treppe. Sie blickte zu Boden, denn sie wollte nicht zeigen, dass sie gleich zweimal heftig getroffen war.



Paul blickte ihr nachdenklich nach. »Was war das jetzt?«

»Ein rotes Kreuz im Kalender.« Maria war seltsam erleichtert. »Wenigstens einmal habe ich ´gewonnen´.«

Mit seiner freien Hand streichelte er ihr über die Wange. Er sage nichts, doch er fühlte, wie sehr Maria ihren Triumph im Stillen genoss. Und doch kamen ihm die Mittel, mit denen Maria ´gesiegt´ hatte, ein wenig seltsam vor. Seine Oma hatte ihm etwas über die Auswirkungen von hohen Absätzen auf die Körperhaltung erzählt, und seitdem war seine Achtung gegenüber seiner Freundin noch gestiegen, weil sie eine ungeheure Sicherheit auf diesen mörderischen Stiefeln zeigte.

»Schade, dass sie schon weg ist.« Maria flüsterte. »Ich hätte ihr gern noch das Gebet gezeigt.«

Paul blickte sich um. »Sie wird sicher auch beim Fest anwesend sein.« Er ahnte, wie wichtig Maria dieser Sieg war.

* * *

»Nachdem wir uns nun gestärkt haben, möchte ich zum Höhepunkt dieses Abends kommen.« Herr Wetzler wartete, bis Stille eingekehrt war. »Maria Beller wird uns nun ihr besonders Kunststück vorführen.« Er bat Paul und Maria, nach vorn zu kommen.

Maria ergriff Pauls Hand und zog ihn mit auf die kleine improvisierte Bühne.

»Wie sie ja wissen, ist in einer Woche das Katerinenfest, welches nur alle sieben Jahre stattfindet. Maria wird die erste Darstellerin sein, die die Originalhaltung trägt.« Es war deutlich zu spüren, dass er die Demütigung aus dem Rathaus vergessen machen wollte. Der Baron hatte sie zwar gebeten, Marias Gebet nicht zu erwähnen, doch er hielt seit einiger Zeit nicht mehr viel von dieser Familie, insbesondere seit die Reporterin ihnen so sehr den Kopf gewaschen und ihre Ansichten zurecht gerückt hatte.



Wieder gab sich Paul große Mühe, das Gebet besonders schön anzulegen. Er achtete auf den symmetrischen Verlauf der Riemen und war auch bemüht, sie genau so fest anzuziehen, dass Maria fast keinen Bewegungsspielraum mehr hatte, es ihr aber trotzdem nicht weh tat.

»Du bist aber gut geworden.« Maria keuchte ein wenig. Sie hatte seine Bemühungen sofort bemerkt.

»Ist es zu fest?« Paul hielt kurz inne.

»Nein, es sitzt sehr gut.« Maria versuchte, ein wenig mit den Armen zu wackeln. »Ich kann mich gar nicht mehr bewegen, doch es schneidet nicht ein.« Sie gab ihm einen Kuss. »So möchte ich es auch auf dem Fest tragen.«

Paul rückte die einzelnen Riemen noch etwas zurecht, dann zog er sich zurück. Doch er blieb gleich neben der Bühne stehen, weil er wusste, was für Maria wichtig war. Er wollte ihr den Auftritt gönnen und doch dicht an ihrer Seite sein.

Wie schon im Rathaus drehte sich Maria langsam um, um ihre Arme zu zeigen. Es war still im Raum, und nur langsam setzte ein Geflüster ein. Es schien, als traute sich keiner mehr laut zu sprechen. Maria war diesmal etwas gefasster, ein unhöflicher oder abwertender Kommentar würde sie heute nicht so schwer treffen. Doch zu ihrer Erleichterung es blieb ruhig.

Herr Wetzler musste sich erst räuspern. »So wird Frau Beller auch auf dem Fest auftreten, und wir freuen uns, das Fest und damit vor allem die Hauptdarstellerin unterstützen zu dürfen.«

Erst jetzt setzte begeisterter Applaus ein.

* * *

»Ich will jetzt endlich wissen, was für ein seltsames Spiel ihr mit Sophie spielt.« Michael hatte Franz-Ferdinand in seiner bevorzugten Studentenkneipe angetroffen.

»Was meinst du?« Der Cousin von Sophie wusste natürlich genau, was deren heimlicher Verehrer meinte, doch noch versuchte er, den Ahnungslosen zu spielen.

»Sophie ist nicht mehr in der Klinik.« Er rückte näher und Franz-Ferdinand spürte seinen Atem auf der Wange. »Und im Bernward-Krankenhaus ist sie nicht angekommen.« Er holte tief Luft. »Wo habt ihr sie hingebracht?«

»Ich weiß nicht, was du meinst.« Der Neffe begann zu schwitzen.

»Ich weiß, was der Doktor und ihr Vater gemacht haben.« Michael rückte noch näher, weil er leiser sprechen wollte. »Bringe mich zu ihr oder ich gehe zur Polizei.«

»Das geht jetzt nicht.« Franz-Ferdinand versuchte Zeit zu gewinnen. »Im Moment schläft sie.« Er holte tief Luft, denn er hatte eine Idee, wie er das Unvermeidliche noch etwas hinauszögern konnte. »Außerdem möchte sie sich bestimmt erst schön machen für dich. Morgen bringe ich dich zu ihr.«

Zu seiner Erleichterung zeigte Michael sich damit einverstanden.

* * *

Franz-Ferdinand blickte noch einmal etwas angewidert auf die beiden Kartons, die er seiner Cousine bringen wollte. Einer enthielt noch einige Konservendose und in den anderen hatte er einige Gegenstände gepackt, die ihr den Aufenthalt in dem Kellerraum erträglich machen sollten. Unter anderem hatte er ein Radio eingepackt, damit sie sich etwas Ablenkung verschaffen konnte. Immerhin musste sie noch mindestens eine Woche dort bleiben. Erst nach dem Fest würde ihr Vater ihr sicher erlauben, den Keller wieder zu verlassen.

Natürlich war er von den vielen Männerbekanntschaften von Sophie mehr als angewidert, aber dennoch war sie seine Cousine und stand im Rang sogar etwas über ihm, so dass er eine gewisse Verpflichtung sah, sich um sie zu kümmern.

Den Besuch von Michael konnte er bis jetzt zwar um einen Tag hinauszögern, doch er musste der Erpressung nachgeben, da sonst alles aufzufliegen drohte.

Sophie würde sich sicher versuchen, sich zu befreien, doch er war sich sicher, dass er sie unter Kontrolle halten konnte. Wenn er ihr plausibel machen konnte, dass sie nur noch wenige Tage auszuhalten hatte, würde sie sicher nachgeben. Außerdem, so grinste er hinterhältig, würden die Gedanken an Michael sie erst einmal ablenken und sie würde ihre Gedanken an ihn erst einmal nach hinten schieben.

* * *

Sophie lag wieder auf dem Bett und war gerade aus ihrem Nachmittagsschläfchen erwacht. Sie genoss den Duft des frischen Kopfkissens und blickte fast verliebt auf die kleine Spüle, wo sie ihr Mittagsgeschirr zum Abtropfen hingestellt hatte. Nach dem sie ihre erste warme Mahlzeit mehr als genossen hatte, war ihr noch in den Sinn gekommen, den Teller und den Löffel gleich abzuwaschen.

Sie war ein wenig über sich selbst verwundert. Sie hatte heute mehr gearbeitet als sonst in einer ganzen Woche.

Auf einmal hielt sie den Atem an. Da waren Schritte zu hören.

Sophies Herz klopfte lauter. Würde er kommen, um sie zu befreien? Doch schnell verwarf sie den Gedanken wieder. Sie wusste mittlerweile, dass sie wegen des Festes aus dem Verkehr gezogen worden war, und das war erst in einer Woche.

Stolz blickte sie auf den kleinen Kalender, den sie sich gebastelt hatte. Aus dem kleinen Spielekarton hatte sie sich ein paar Figuren herausgeholt und eine für jeden Tag auf das kleine Brett gestellt. Jetzt stand die erste rote Figur dabei, und sie hoffte insgeheim, dass sie nur noch eine weitere rote Figur brauchen würde.

* * *

Sophie versuchte erst gar nicht, zu flüchten, als ihr Cousin den Raum betrat. Obwohl sie wusste, dass er die Tür offen lassen musste, verzichtete sie darauf, den Raum zu verlassen. Er würde sie schnell wieder einholen und sie zurückbringen, und sie hätte ihre wenigen Kräfte ganz umsonst geopfert. Im Gegenteil, sie war über den Besuch eher froh, denn es tat ihr gut, endlich einmal mit einem anderen Menschen reden zu können.

Doch sie erkannte sofort, dass ihn etwas bedrückte, als er mit zwei Kartons beladen in den Raum kam.

»Du erinnerst dich an Michael?« fragte er unvermittelt mit belegter Stimme.

»Wie könnte ich den vergessen.« Sophie verdrehte die Augen.

»Er wird dich besuchen.« Franz-Ferdinand war froh, es ausgesprochen zu haben. »Ich werde ihn morgen Abend zu dir bringen.«

Sophie hatte bisher angenommen, dass es würde nichts geben, was ihre Lage noch verschlechtern könne, doch jetzt wurde sie diesbezüglich eines besseren belehrt. Sie sank in sich zusammen. Zu einer Antwort war sie nicht fähig.

»Mache dich hübsch für ihn.« Er blickte zweifelnd auf das Bett, dann zeigte er auf die Kartons. »Ich habe dir etwas mitgebracht.«

»Warum?« Sophie schluchzte. »Warum tust du mir das auch noch an?«

»Er erpresst mich.« Franz-Ferdinand spürte die Verzweiflung seiner Cousine, doch er war noch nicht in der Lage, Mitleid zu empfinden. »Er will über Nacht bleiben. Wenn er dich nicht besuchen darf, geht er zur Polizei und lässt uns auffliegen.«

Dass diese Drohung für Sophie eigentlich eine frühe Befreiung darstellen würde, das erkannte sie in diesem Moment nicht.

»Ich habe dir ein Radio mitgebracht, damit kannst du dich etwas ablenken.« Er öffnete den einen Karton und nahm das Gerät heraus. »Soll ich es dir gleich anschließen?«

Sophie zeigte keine Reaktion, sie war noch dabei zu verarbeiten, was sie über den Besuch ihres so aufdringlichen Verehrers erfahren hatte.

»Dann bis morgen.« Franz-Ferdinand stellte die beiden Kartons auf den Tisch, während er mit dem Fuß die Tür aufhielt. Dann ließ er Sophie allein.

* * *

Es dauerte lange, bis Sophie wieder zu einer Regung fähig war. All ihre Euphorie über ihre Erfolge war verschwunden, und jetzt drehten sich ihre Gedanken nur noch um den Besuch von Michael, den sie so überhaupt nicht verhindern konnte.

Sie konnte sich gegen ihn noch weniger wehren als gegen ihren Cousin. Wenn er sie bisher bedrängte hatte, war stets jemand aus ihrem Bekanntenkreis bereit gewesen, ihn abzuwehren. Jetzt war sie allein und ihm ausgeliefert.

Immer wieder ging ihr das Wort ´Vergewaltigung´ durch den Kopf und sie fragte sich, ob er wirklich so weit gehen würde. Immerhin hatte er ihr gegenüber schon oft entsprechende Andeutungen gemacht.

Sie dachte immer wieder an die Möglichkeiten, die ihr vielleicht noch blieben würden, um sich gegen Michael zu wehren. Doch zu ihrer Enttäuschung blieb nichts übrig. Sie würde den Besuch über sich ergehen lassen müssen. Verführung und Ablenkung, das waren die Taktiken, mit denen sie früher unliebsame Partner losgeworden war, doch dann verwarf sie es. Das hätte sie früher gemacht. Jetzt musste sie zu ihren Taten stehen.
645. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 03.03.17 14:08

Wieder einige tolle Fortsetzungen gelesen.

Mein Kompliment, wie Du nach all den Folgen, den Spannungsbogen noch SO WEIT ÖFFNEN kannst.


Zitat

Der Baron hatte sie zwar gebeten, Marias Gebet nicht zu erwähnen, doch er hielt seit einiger Zeit nicht mehr viel von dieser Familie, insbesondere seit die Reporterin ihnen so sehr den Kopf gewaschen und ihre Ansichten zurecht gerückt hatte.


Damit wird es sich mit dem Fototermin des Barons auf dem Schloss erledigt haben, denn die Presse wird sich auch nicht abschütteln lassen.

Vor allem wird es nicht so leicht sein, Maria einfach verschwinden zu lassen, um mit dem Preisgeld zu verschwinden, so wie sich der Baron das vorgestellt hat.
Denn Paul wird auch dabei sein und auf sie Aufpassen.

Aber vielleicht wird der Baron auch, vor dem Fest noch, von der Polizei abgeholt.
Da gegen Ihn ja Anzeige wegen Entführung erstattet wurde.

Bin jetzt gespannt ob Sophie noch vor dem Fest befreit wird.

Danke gag_coll

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Gruß vom Zwerglein
646. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzehn

geschrieben von gag_coll am 06.03.17 05:57

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzehn
Autor: Karl Kollar

Montag, 20. September 1984

Sophie hatte sehr unruhig geschlafen, weil sie wusste, was heute im Laufe des Tages passieren würde. In ihren Träumen hatte sie versucht, sich gegen seine Berührungen zu wehren, doch immer wieder spürte sie seine klebrige Haut auf ihr. Überall versuchte er sie zu berühren. Erst nach dem Aufwachen stellte sie fest, dass ihre Gefühle echt waren, denn sie hatte jeden Kontakt mit der Bettwäsche für Berührungen von ihm gehalten.

Sie war sich sicher, dass sie noch so eine Nacht nicht mehr erleben wollte. Lieber würde sie auf dem Boden vor dem Bett übernachten, ihren Kopf dabei in das saubere Kissen gebettet.

In den wachen Momenten und insbesondere vor dem Einschlafen hatte sie immer wieder über die Situation nachdenken müssen, in der sie sich befand. Sie würde ihm hilflos ausgeliefert sein. Sie wusste, dass er stark war, das hatte er schon öfters gegenüber ihren angeblichen Freunden bewiesen. Sie wäre selbst in gesunden Zustand nicht stark genug gewesen, um sich gegen ihn zu wehren.

Sie hatte immer auf ihn herab geblickt, weil sein Vater nur ein einfacher Maurer war. Und sie hatte es ihn auch bei jeder Begegnung spüren lassen. Doch er war sehr anhänglich und ließ sich durch nichts vertreiben.

Er würde sie vergewaltigen, das war ihr klar. Jede einzelne Demütigung würde er ihr zurückzahlen, und es würde nur gerecht sein. Sophie war es grausam klar, dass er sie bestrafen würde. Noch schlimmer war allerdings die Erkenntnis, dass sie es auch nicht besser verdient hatte.

* * *

»Was liegt heute an?«, fragte Selma ihren Enkel nach der Morgenbegrüßung.

»Maria hat heute noch mal einen Termin in der Schmiede«, antwortete Paul nach kurzem Nachdenken.

»Nehmt Leonie mit.« Selma grinste. »Ich habe weitere Ketten für sie bestellt.«

»Warum machst du das?« Paul war ehrlich verwundert. »Warum muss sie so leiden?«

Selma sah ihren Enkel lange an. Schließlich antwortete sie ihm. »Weil sie es so will.«

Paul musste nur einen Moment über Leonie nachdenken, dann fiel ihm ein, wie viel Mühen Leonie auf sich genommen hatte, um auf der Hütte dabei sein zu können. »Sie hat immer noch keinen Partner, der auf ihre Wünsche eingehen kann?«

»Genauso ist es.« Selma seufzte. »Das Problem kann ich noch nicht lösen.«

»Und deswegen hältst du sie hier gefangen?« Paul blickte auf.

»So würde ich das nicht formulieren.« Selma richtete sich auf, um ihrer Stimme mehr Bedeutung zu verliehen. »Ich nehme ihr sofort alle Fesseln ab, wenn sie danach fragt.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Aber dann muss sofort sie unser Haus verlassen.«

»Ein hoher Preis.« Paul war zunächst etwas nachdenklich, doch dann grinste er. »Ein wirklich hoher Preis.«

* * *

Sophie war aufgestanden, doch heute hatte sie überhaupt keinen Appetit auf ein Frühstück. Es wäre sowieso nur ein Ravioli-Frühstück geworden, und heute war sie wirklich nicht in der Stimmung dazu. Sie war gestern so euphorisch gewesen nach ihren Erfolgen, und dann kam ihr Cousin und hatte sie mit der Ankündigung des Besuches so heruntergerissen.

Traurig fiel ihr Blick auf das Bett. Jetzt war zwar das Kissen neu bezogen, aber die restliche Bettwäsche stank geradezu nach all den Jahren, die sie schon aufgezogen war. Vermutlich war sie zuletzt noch in Benutzung gewesen. Sophie erinnerte sich dunkel an die Dienerin, die als Letzte in dem Zimmer gewohnt hatte. Auch sie hatte sie nicht geschont mit ihren Eskapaden.

Sie fragte sich, wie viel sie wirklich von Michael wusste, und sie kam zu dem erschreckenden Ergebnis, dass es sehr wenig war. Für sie war er immer nur der Sohn des Maurers gewesen, und egal was er auch versuchte, er schaffte es nie, von ihr anerkannt zu werden.

Sophie hatte immer auf ihn herab geblickt und hatte ihn auch oft von ihren Bekannten demütigen lassen. Ja, ihre Bekannte. Dass sie nicht ihre Freunde gewesen waren, das hatte Sophie während der Zeit in der Klinik schmerzlich feststellen müssen. Sie wurde nur von zwei Leuten beachtet. Die eine war Maria, die jetzt die Rolle für sie spielen würde, und der andere war Michael, der fast täglich frischen Blumen ins Krankenhaus liefern ließ. Die Schwestern hatten schon mit dem Tuscheln angefangen, dass Sophie wohl einen heimlichen Verehrer haben müsse, doch sie bekam ihn nie zu Gesicht.

Sophie wusste, dass sie von Michael waren, und er musste ein Vermögen dafür bezahlt haben. Sie war sich nicht sicher, ob er sie nicht auch mal im Krankenhaus besucht hat. Sie konnte immer nur an die Decke starren, und seine Stimme hatte sie nie gehört.

Zum ersten Mal blickte sie an sich herunter, bisher hatte sie diesen Blick vermieden. Sie trug noch die Wäsche aus der Klinik in Form eines völlig unförmigen Nachthemdes. In einem der Kartons, die ihr Cousin mitgebracht hatte, wäre auch ein Spiegel gewesen, doch obwohl er sie aufgefordert hatte, sich für ihn hübsch zu machen, vermied sie es, sich im Spiegel anzusehen. Sie wollte von ihrem alten Leben gar nichts mehr sehen.

Sie hätte sich am liebsten auch ihre Haare abgeschnitten, doch sie hatte bisher weder eine Schere gefunden, noch hätte sie die Kraft gehabt, die Arme so lange nach oben zu halten.

Sie begann ein wenig Hoffnung zu schöpfen. Wenn sie so hässlich blieb, dann würde er vielleicht nicht mehr an ihr interessiert sein.

* * *

Etwas nachdenklich fuhr Andrea zum Haus von Frau Mohr. Sie hatte einen Plan für die Zukunft des frisch vermählten Paares und wollte sich jetzt dafür Rückendeckung holen. Sie sah, dass Pauls Oma gerade im Garten beschäftigt war. Sie parkte das Auto und stieg aus. »Guten Morgen, Frau Mohr.«

Selma erwiderte den Gruß. »Was wünscht die Presse von uns?«

Andrea hatte es sich schon lange abgewöhnt, sich von solchen Bemerkungen provoziert zu fühlen. Außerdem verfolgte sie heute ein Ziel, welches zunächst mit ihrem Job nichts zu tun hat. Sie berichtete von ihrer Idee.

»Das wäre aber sehr selbstlos von ihnen.« Selma blickte auf. »Warum machen sie das?«

»Ich habe meine Gründe.« Andrea wollte ihre Pläne nicht verraten. Das, was bisher von Anna bekannt war, erinnerte die Reporterin sehr an einen anderen Fall, bei dem es um eine Person im Zeugenschutzprogramm ging. Vielleicht gab es in Annas Vergangenheit ähnliches zu erfahren.

»Ich habe sie schlafen lassen.« Selma deutete mit der Hand auf das Haus. »Ich denke, sie werden beim Frühstück sitzen.«

»Können wir sie stören?« Andrea trippelte etwas ungeduldig.

»Ich denke schon.« Selma grinste. »Außerdem ist es mein Esszimmer.«

Andrea folgte ihr ins Haus.



Das Paar saß wie erwartet beim Frühstück. Florian stand auf und deutete eine Verbeugung an, als Selma mit Andrea den Raum betrat. »Vielen Dank für das wundervolle Frühstück.«

»Ich wollte euch eigentlich nicht stören, doch Frau Baseling hat ein für euch sehr wichtiges Anliegen.« Sie bat Andrea, Platz zu nehmen. »Ich hole ihnen noch einen Kaffee.«

Andrea wandte sich direkt an Florian. »Ich könnte dir einen Job besorgen, aber ich müsste vorher wissen, ob du dazu auch bereit bist.« Sie wusste, dass sie sich mit ihrem Plan weit aus dem Fenster lehnen würde, und deswegen wollte sie wenigstens sicher sein, dass Florian nicht noch abspringen würde.

»Ich wollte mich heute auf dem Arbeitsamt vorstellen.« Florian blickte kurz zu seiner Frau. »Um was handelt es sich denn?«

»So genau kann ich es dir noch nicht sagen.« Andrea wollte ihre Quellen nicht unbedingt offenlegen. »Ich weiß nur, dass sie einen akuten Personalmangel haben.«

»Um welche Branche geht es denn?« Anna mischte sich ein. Sie hatte im Gegensatz zu ihren Freund schon begriffen, dass die Reporterin hier ein wenig vom üblichen ´Dienstweg´ abweichen würde. »Können wir wenigstens die Richtung erfahren?«

»Es handelt sich um das Hausmeister-Team im Krankenhaus.« Andrea lächelte verlegen. »Ich weiß, dass sie gerade große Personalprobleme haben. Sie wären dort für jede helfende Hand dankbar.«

»Hausmeister.« Florian wiederholte es ohne eine Regung in der Stimme.

»So heißt es offiziell.« Andrea hoffte, dass ihre kargen Recherchen ausreichen würden. »Sie haben vor allem die Aufgabe, sich um die vielen Maschinen der Klinik zu kümmern. Eigentlich ist das mehr eine Ingenieurstätigkeit. Es heißt nur noch nicht so.«

»Das klingt doch gut.« Anna ergriff Florians Hand, denn sie spürte, dass sie ihn noch überreden musste.

»Na gut, probieren wir es.« Florian war bewusst, dass er so gut wie keine Alternative hatte.

»Bist du mobil?« Andrea hatte sich vorab noch ein paar Fragen zurecht gelegt.

»In der Garage stehen ein paar Fahrräder.« Selma trug ein kleines Tablett herein und stellte es vor Andrea ab. »Davon könntest du dir erst einmal eines ausleihen.«

Anna streichelte nachdenklich Florians Arm. Sie blickte aus dem Fenster und fragte sich, ob sie wirklich das Richtige gemacht hatte. Sie hatten beide eine viel versprechende Zukunft in den Staaten ausgeschlagen, aber eine Zukunft, in der sie getrennte Wege hätten gehen müssen. »Aller Anfang ist schwer.«

Selma blickte Anna und Florian eindringlich an. »Ihr solltet das Angebot annehmen.«

* * *

Leonie hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass sie bedingt durch die Ketten nur noch bestimmte Kleidungsstücke anziehen konnte. Doch es gefiel ihr, dass so stark in ihren Alltag eingriffen wurde.

Für den Besuch heute in der Schmiede sollte sie ihre Oberarme freilassen und einen Minirock tragen, da für ihre Ellenbogen und ihre Knie jetzt jeweils ein Kettenpaar angefertigt werden würde.

Leonie hatte sich schon mehrmals vor den Spiegel gestellt und ausprobiert, wie sie dann wohl aussehen würde und vor allem, wie viel Freiraum ihr dann überhaupt noch bleiben würde. Sie wusste nicht genau, ob sie sich vor den zusätzlichen Restriktionen fürchten oder sich darauf freuen sollte.

Wieder drehte sie sich vor dem Spiegel und fragte sich, ob ihr gewähltes Outfit wohl geeignet war, die Arbeiten in der Schmiede zu ermöglichen.

»Leonie, bist du fertig?« Die Stimme von Frau Mohr hallte durchs Haus.

Ein wenig seufzend setzte Leonie sich in Bewegung. Sie hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass bei jedem Schritt von ihr die Ketten klirrten und ihren Aufenthaltsort verrieten. Auf eine Antwort verzichtete sie.

Doch als sie Frau Mohr zusammen mit Paul unten an der Treppe stehen sah, musste sie doch schlucken, und eine Träne lief ihre Wange herunter. Sie sah ein Hundehalsband mit einer dazu passenden Leine in der Hand ihrer Gastgeberin. Und Leonie wusste nur zu gut, dass Mohrs keinen Hund hatten. Das Halsband war für sie selbst.

»Leonie, freust du dich auf den Spaziergang?« Selma lächelte, doch dann wurde ihre Stimme unerwartet ernst. »Ich erwarte eine ehrliche Antwort.«

»Ich weiß nicht...« Leonie geriet ins Stocken. Doch auf einmal sah sie die Antwort direkt vor sich. »Ich wollte schon immer mal so präsentiert werden, das ist mir jetzt klar. Danke, dass sie es möglich machen.«

* * *

»Danke, ein guter Kaffee.« Der Chef der Zeitung stellte die Tasse weg, die ihm Anna gebracht hatte.

Anna lächelte verlegen. Eine Antwort blieb sie schuldig.

»Es war ein Test.« Er lächelte. »Andrea hat sicher schon davon erzählt?«

Anna verneinte.

»Bei uns ist jeder mit Kaffee kochen dran. Die Regel ist einfach: ´Wer den letzten Kaffee nimmt, muss die nächste Kanne kochen. Und deswegen testen wir unsere neuen Mitarbeiter.« Er blickte Anna an. »Nicht das sie denken, sie müssten hier nur Kaffee kochen.«

Annas Blick zeigte ihre Verblüffung. Die Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, behielt sie lieber für sich. Denn sie ertappte sich selbst, wie sie dabei war, in die alten Erziehungsmuster ihrer Familie zurückzufallen. Eine Frau ihrer Familie musste nicht arbeiten, darum würden sich die zukünftigen Ehemänner kümmern. Sie als Tochter ihres Vaters hatte nur schön auszusehen.

Daraus zog Anna nun eine gewisse Motivation. Sie würde selbst arbeiten und sich so gegen den Willen ihres so übermächtigen Vaters stellen.

Doch dann seufzte sie. In einer deutschen Zeitungsredaktion gab es für eine Frau, die der Landessprache nicht mächtig war, nur wenige Arbeiten, die sie selbst ausführen konnte. Und Kaffee kochen gehörte leider dazu. Auch wenn der Chef ihr versicherte, dass er dies anders sehen würde.

»Andrea hat mich gebeten, ein wenig auf sie aufzupassen, bis sie von ihrer Mission zurückkommt.« Er lehnte sich zurück.

»Was muss ich denn so alles machen?« Anna war ein wenig nervös.

»Sie könnte mein bestes Pferd im Stall werden.« Der Redakteur spielte ein wenig mit einem Bleistift. Die Frage überhörte er bewusst.

Anna blickte ihn verständnislos an.

»Das ist eine deutsche Redewendung.« Er lächelte verlegen. »Alles, was sie anfasst, wird zu Gold.«

Wieder runzelte Anna die Stirn.

Er bemerkte, dass er nicht jede deutsche Redewendung ins Englische übersetzen konnte. »Sie hat mich um eine Assistentin gebeten, die für sie die Büroarbeit erledigen könnte.« Er seufzte. »Doch eine weitere Stelle ist einfach nicht drin.«

»Büroarbeit?« Anna sprach das Wort bewusst langsam aus.

»Es wäre gut, wenn sie schnell Deutsch lernen könnten.« Ihm war bewusst, dass dies sehr wichtigste Punkt für Annas Zukunft sein würde.

»Ich habe Französisch gelernt.« Auch wenn sie nicht hätte arbeiten sollen, war der Familie doch eine gute Ausbildung wichtig. »Aber Deutsch ist eine ganz andere Sprache.«

Der Chef machte sich eine Notiz. »Andrea ist gerade eine ganz heißen Sache auf der Spur.«»Seit ich sie auf das Fest angesetzt habe, leistet sie wirklich gute Arbeit.« Er lächelte und reichte ihr die Hand. »Ich hoffe, dass sie sie gut unterstützen können.«

* * *

»Hallo Maria, schön dass ihr da seid.« Theo und seine Verlobte begrüßten die kleine Gruppe in der Schmiede. »Paul, Leonie.«

»Danke, dass ihr euch für mich Zeit nehmt.« Maria war ein wenig verlegen.

Selma hatte die Schmiede darum gebeten, Leonie nicht unbedingt den Mechanismus zum Öffnen der Ketten zu zeigen. Entsprechend hatten Theo und seine Verlobte sich vorbereitet.

»Leonie, kommst du bitte zu mir?« Doris hatte sich mit ihrem kleinen Tischchen in die Nische verkrochen, so dass ihre Kundin der Schmiede den Rücken zukehren musste, wenn sie ihre neuen Ketten angemessen bekommen würde. »Bist du sicher, dass du das richtige tust?« Doris blickte Leonie verwundert an.

Leonie zögerte, denn sie wusste nicht, was sie antworten sollte.

»Wir hatten das auch ausprobiert, doch es hat mich zu sehr eingeschränkt.« Doris blickte verliebt zu Theo. »Ich war ihm gar keine Hilfe mehr.«

»Und zu langsam warst du auch.« Theo grinste.

»Ich hätte die nötigen Handgriffe alle neu lernen müssen«, seufzte Doris. »Und vieles wäre deutlich umständlicher geworden.« Wieder blickte sie Leonie ins Gesicht. »Bist du wirklich sicher, dass du das so haben willst?«

Leonie war deutlich verunsichert. »Frau Mohr hat es für mich ausgesucht.«

»Für mich wäre das zu heftig.« Doris schüttelte den Kopf.

Leonie kam ins Grübeln. Bisher war Doris ihr Vorbild gewesen, die so einen traumhaften Alltag in Ketten leben durfte. Doch das Ensemble, welches jetzt für sie ausgesucht war, war der Schmiedetochter zu streng. Leonie fragte sich, was für ein Weg wohl vor ihr liegen würde.

Natürlich wusste sie, dass ihr ein sehr bequemer Ausstieg zur Verfügung stand. Aber der Preis dafür war hoch, verdammt hoch. Leonie wollte ihr gerade entdecktes Paradies so schnell nicht aufgeben. Und bis zum Beginn des nächsten Semesters war noch so viel Zeit.

»Wo ist das Problem?« Theo begriff, dass er einschreiten musste. »Die Sachen sind bestellt, und eine Anzahlung wurde geleistet, also werden wir sie anfertigen. Doris, mache deine Arbeit.«

Er klappte eine schwarze Eisenleiste herunter, die Maria bisher für eine Zierleiste gehalten hatte, dann zog er an Leonies Halsband und bat sie, ganz dicht an die Stange heran zu treten. Gleich darauf wurde das Halsband an der Stange eingeklinkt. Leonie war auf einmal wie hypnotisiert. Sie ließ danach alles mit sich machen.

»Maria, wie geht es dir mit den Ketten?« Theo kam wieder zum eigentlichen Anlass des Besuches. »Gibt es bisher Probleme?«

Maria verneinte. »Alles bestens.« Mrs. Potter hatte ihr die Ketten wie von der Schmiede gewünscht am frühen Morgen angelegt, damit sie in der Schmiede eventuelle Probleme mit der Passform erkennen konnten.

»Zeig mir bitte zunächst mal den rechten Arm.« Theo öffnete die Schelle, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Leonie nicht zuschauen konnte.

Maria bemühte sich, ihren Arm still zu halten, während Theo damit beschäftigt war ihn zu inspizieren. Dankbar spürte sie, wie Paul ihr die Hand auf die Schulter legte.

Theo nahm Marias befreites Handgelenk in die Hand und betrachtete es ausführlich. »Doris, du hattest Recht. Am Scharnier müssen wir noch nacharbeiten.«

Maria war verwundert. »Ich spüre da doch gar nichts?«

Theo drehte ihren Arm ein wenig und zeigte ihr eine ein wenig gerötete Stelle. »Siehst du das hier? Wenn du es lange trägst, wird es weh tun.«

Maria wollte erst widersprechen, doch dann fiel ihr Blick auf Doris und ihre von Eisen umspannten Handgelenke. Sie erkannte, dass Theo und seine Verlobte ihre Arbeit anscheinend mit großem Ernst betrieben.

Er kontrollierte auch die anderen drei Schellen und ging dann schließlich mit den Ketten zu seiner Werkbank.

Leonie verfolgte die Unterhaltung mit großer Aufmerksamkeit. Theo schien ganz genau zu wissen, was er tat und wie er die Ketten anzufertigen hatte, damit sie die Trägerin wirklich lange tragen konnte. Leonie fühlte es an ihrem eigenen Körper, die Ketten hatten nirgends Spiel und saßen doch fest und sicher.
647. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfzehn

geschrieben von gag_coll am 08.03.17 05:18

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfzehn
Autor: Karl Kollar

(noch Montag, 20. September 1984)

»Und was wollen sie nun von mir?« Der Chefarzt Albert Vogel wischte sich den Schweiß von der Stirn. Andrea Baseling hatte ihn gerade mit ihrem Wissen konfrontiert, dass Sophies Krankenakten offensichtlich manipuliert waren. »Wollen sie Geld?«

»Meine Güte, nein.« Andrea versuchte ein wenig zu schauspielern. »Ich möchte sie nicht erpressen.« Innerlich lächelte sie, denn genau das tat sie gerade. »Aber sie könnten einem jungen Mann etwas helfen.«

»Um was geht es?« Albert Vogel hatte in Gedanken schon mal sein Barvermögen abgeschätzt, zumindest den Anteil, an den er kurzfristig herankommen würde.

»Ein ausgebildeter Maschinenschlosser sucht eine Arbeit.« Sie wusste von der Aussichtslosigkeit von Florians Jobsuche. »Er hat es allerdings in Amerika gelernt und spricht kein Deutsch.«

Langsam dämmerte es Herrn Vogel, was Andrea tatsächlich vor hatte. Sie benutzte ihr Wissen über Manipulationen an seiner Klinik, um jemand anders Arbeit zu verschaffen. Er war von ihrem selbstlosen Einsatz beeindruckt. Auf einmal hatte er eine Idee. »Wenn sie einen Moment warten, dann habe ich vielleicht sogar etwas für sie.« Er telefonierte kurz.



Ein paar Minuten später betrat ein älterer Herr das Zimmer. »Herr Meyer, sie hatten doch geklagt, dass die Personalsituation in ihrer Mannschaft etwas angespannt ist.«

»Das ist noch höflich formuliert.« Er hatte bemerkt, dass eine Dame im Zimmer war, sonst hätte er es anders gesagt. »Einer ist im Urlaub und zwei Leute sind krank geworden.«

»Ich hätte einen gelernten Maschinenschlosser für sie.« Er blickte kurz zu Andrea. »Er spricht aber nur Englisch.«

»Und den soll ich einstellen?« Herr Meyer war nicht begeistert.

»Sehen sie es als erweiterte Probezeit.« Albert Vogel war jetzt von seiner Idee schon angetan. »Erst mal drei Monate Probe wie üblich, und wenn er sich ein Jahr lang bewährt, dann bieten wir ihm die Übernahme an.«

»Na gut, probieren wir es.« Herr Meyer hatte wenig Lust, mit seinem Chef zu diskutieren.

Albert Vogel wandte sich an Andrea. »Sagen sie ihm, dass er sofort anfangen kann.«

Andrea hätte zwar gern noch dafür gesorgt, dass er auch ein vernünftiges Gehalt bekommen würde, doch sie fühlte, dass sie den Bogen nicht überspannen durfte. »Ich danke ihnen für ihre Hilfe.« Sie verabschiedete sich.

* * *

Sophie hatte in dem Karton, den ihr Cousin vorbeigebracht hatte, auch etwas zu schreiben gefunden, und so machte sie sich nun daran, die Liste mit den Leuten niederzuschreiben, bei denen sie sich entschuldigen wollte. Bisher hatte sie die Liste nur im Kopf erstellt.

Ganz nach oben setzte sie den Butler ihres Vaters, denn er hatte wohl am Meisten und auch am Längsten unter ihren Launen zu leiden gehabt.

Sie musste zu ihrer eigenen Enttäuschung nicht lange nachdenken, und die Liste füllte sich rasch. Zumindest solange sie den Stift halten konnte. Sie musste immer wieder kleine Pausen machen, weil ihre Finger- und Handmuskeln die Belastung noch nicht gewohnt waren.

Während einer dieser Pausen überlegte sie, ob sie ihren Vater auch mit auf die Liste setzen sollte, schließlich hatte sie ihm den ganzen Schlamassel zu verdanken. Doch dann kam sie zu der Einsicht, dass es wohl von ihr selbst ausgegangen war und sie mehr oder weniger selbst ihren Vater mit ihrem Verhalten zu dieser Handlungsweise gezwungen hatte.

Sie machte sich auch noch eine zweite Liste mit den Sachen, die sie, falls sie jemals aus diesem Keller befreit wurde, anders machen wollte. Ganz oben stand der sonntägliche Gottesdienst, den sie ab sofort immer besuchen wollte.

Die Arbeit mit den beiden Liste hatte noch einen anderen Zweck, sie diente Sophie dazu, sich abzulenken. Abzulenken von dem Schicksal, welches heute Abend in Gestalt ihres Michaels auf sie warten würde. Obwohl sie es eigentlich verhindern wollte, ging ihr doch fast jede einzelne Demütigung durch den Kopf, die sie ihm angetan hatte. Er würde sie lange quälen, lange und grausam.

* * *

»Na, wie war es in der Schmiede?« Selma saß auf der Bank neben der Haustür und musterte Leonie, die etwas nachdenklich das Gartentor öffnete.

»Donnerstag wird es fertig sein.« Sie berichtete, dass bei ihr nach Marias Inspektion wieder die Gipsbinden zum Einsatz kamen. »Sie haben einen Abdruck von meinen Armen und Beinen gemacht.«

Selma nickte wissend. »So können sie ganz genau arbeiten, damit es gut passt und lange tragbar ist.« Unterschwellig klang etwas Sehnsucht in ihren Worten mit, die Leonie allerdings nicht bemerkte.

»Es wird wohl sehr streng werden.« Sie war etwas nachdenklich. »Doris hat gesagt, dass ihr diese zusätzlichen Fesseln zu streng wären, sie könnte dann nicht mehr arbeiten.«

»Das hat sie gesagt?« Selma hatte Probleme, ihre neutrale Miene zu bewahren. Insgeheim war sie fasziniert davon, wie sehr Leonie sich mit den Gedanken an ihre mögliche Zukunft zu befassen schien. Sie fühlte, dass sie darauf aufsetzen konnte. »Bis Donnerstag ist es noch lange hin, bis dahin hätte ich noch etwas anderes Gemeines, um dir den Alltag schwerer zu machen. Möchtest du es ausprobieren?«

Leonie seufzte. Schon wieder musste sie eine Entscheidung für ihren Alltag treffen, ohne dass sie konkret wusste, auf was sie sich einlassen würde. Sie äußerte ihre diesbezüglichen Bedenken.

»So sind die Spielregeln.« Selma lächelte in sich hinein. Sie liebte es, so mit den Gefühlen junger Mädchen zu spielen. »Du weißt, dass du jederzeit Nein sagen kannst und es damit beenden kannst.«

»Aber zu welchem Preis?« Leonie stöhnte. Sie wusste, dass sie dann das Haus verlassen musste und das wollte sie auf gar keinen Fall. »Okay, ich bin einverstanden.«

»Sie liegen auf dem Küchentisch.« Selma zeigte zur Haustür. »Magst du sie holen?«

Leonie seufzte noch einmal, dann ging sie ins Haus. Oberflächlich fürchtete sie sich vor dem Kommenden, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie es genau so haben wollte.

Auf dem Küchentisch lag ein Gewirr von Metallstangen, Lederriemen und kleinen runden Scheiben. Auf den zweiten Blick erkannte Leonie, dass es sich um Beinschienen handelte. Sie hatte so etwas schon einmal auf Fotos gesehen, und sie hatte sich damals schon gefragt, wie es wohl sein würde, wenn sie diese Geräte einmal tragen würde. Natürlich kannte sie den Zweck dieser Schienen, sie dienten dazu, das Kniegelenk zu entlasten und nur kleine Bewegungen zu erlauben. Sie war damals ins Träumen geraten, wie es wohl wäre, wenn die Schienen ganz fest eingestellt wären, und jetzt ahnte sie, dass sie es gleich erfahren würde.

Mit zitternden Händen griff sie auf den Tisch und nahm sich die Foltergeräte in die Hand. Sie wusste, dass sie sie gleich an ihren Beinen tragen würde, und sie war sich nicht sicher, ob sie sich wirklich darauf freuen sollte.



Selma erwartete sie schon. »Es ist am besten, wenn du sie dir selbst anlegst. Ich passe nur auf, dass du es auch richtig machst.«

Leonie wusste, dass jeglicher Widerspruch zwecklos war. Seufzend setzte sie sich auf die Bank neben Frau Mohr und nahm eine der Schienen zur Hand. Sie blickte sie nur kurz an, dann begann sie sie um ihren Oberschenkel zu legen. »So ist es richtig?« Schließlich hatte sie ja schon auf dem Foto damals gesehen, wie es zu tragen war.

Selma sah sehr fasziniert zu, wie Leonie sich selbst die Beinschienen anlegte. »Du kennst dich damit aus?« Sie war ein wenig überrascht.

»Ich habe sie mal auf einem Foto gesehen.« Leonie wusste, dass sie Farbe bekennen musste. »Und sie haben mich schon damals fasziniert. Ich habe immer schon davon geträumt, einmal solche Schienen tragen zu dürfen.« Sehr schnell legte sie sich auch die zweite Schiene an.

Selma reichte Leonie wortlos zwei offene Schlösser. Die Schienen waren eine Spezialanfertigung, die man an einer Stelle so verschließen konnte, dass sie ohne entsprechenden Schlüssel nicht mehr abnehmbar waren.

Leonie verkniff sich jede Regung, als sie die Schlösser entgegen nahm. Doch innerlich war sie wild aufgewühlt. Wieder ging ein von ihr lange gehegter Traum in Erfüllung. Mit ruhiger Hand verschloss sie beide Beinschienen.

»Magst du mal etwas umher gehen?« Selma wollte einfach sehen, wie gut Leonie damit klar kommen würde.

Leonie stand auf und stellte fest, dass sie ihre Beine noch ganz normal bewegen konnte. Fast wäre sie enttäuscht gewesen, doch sie ahnte, dass Selma noch einen Trumpf im Ärmel haben würde.

»Jetzt komme mal her und zeige mir deine Knie.« Selma hatte Mühe, ihre Erregung zu verbergen. Sie hatte eigentlich schon nicht mehr damit gerechnet, noch einmal so ein Vergnügen genießen zu dürfen.

Leonie kam langsam näher. Sie ahnte noch nicht, was kommen würde.

»Stehst du bequem?« Fragte Selma noch einmal, dann griff sie nacheinander an die beiden Scheiben an den Kniegelenken.

Leonie hörte zweimal ein leises Klick. Noch begriff sie nicht, was gerade passierte. Oder sie wollte es nicht erkennen. Doch als sie dann wieder ein paar Schritte machen wollte, stellte sie zu ihrem Erstaunen fest, dass sie ihre Knie nicht mehr beugen konnte. Sie begann leise zu stöhnen.

»Siehst du den schwarzen Knopf an der Seite? Ich erlaube dir, ihn zu benutzen, wann immer du es brauchst.« Selma blickte zu Boden, um ihre tatsächlichen Gefühle zu verbergen.

Doch Leonie war ohnehin viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um darauf zu achten. Mit zitternder Hand drückte sie auf den Knopf und stellte fest, dass sie jetzt ihr Bein bewegen konnte.

»So kannst du es in einer anderen Haltung fixieren, wenn du dich zum Beispiel mal setzen möchtest.« Selmas Stimme wurde ernst. »Aber vor einem möchte ich dich ausdrücklich warnen. Wenn ich dich auch nur einmal dabei erwische, wie du die Sperre ganz heraus nimmst, dann setzte ich das mit dem Wusch nach Befreiung gleich und du wirst uns verlassen.«

Leonie begriff auf einmal den Ernst der Lage. Sie richtete sich auf und wurde fast so etwas wie feierlich. »Ich werde brav sein.« Sie drückte die beiden schwarzen Knöpfe, um sich setzen zu können.

Selma wartete ab, bis sie wieder neben ihr saß. »Du hast gemerkt, dass du dafür deine Hände gebraucht hast.« Sie wartete einen Moment, bis Leonie die ganze Tragweise des Satzes begriffen hatte.

»Das erfordert ja noch viel mehr Planung.« Leonie stöhnte.

»Du möchtest dich sicher dafür bedanken.« Selma hatte Mühe, ihr Gesichtsausdruck nicht zu verändern.

»Danke Frau Mohr, dass ich diese tollen Beinschienen tragen darf.« Sie schluckte. »Und auch dafür, dass sie mir meinen Alltag so mühsam machen.« Es kostete sie zwar Mühe, doch sie wollte einmal ihre Gedanken aussprechen, denn immerhin war es ein schon lange gehegter Wunsch von ihr.

* * *

Kommissar Klüver wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Reporterin Andrea Baseling hatte Anzeige erstattet gegen den Baron von Harsumstal wegen Freiheitsberaubung an seiner Tochter. Sie hatte viele Indizien und Vermutungen zusammengetragen, doch stichhaltige Beweise hatte sie bisher nicht geliefert.

Schließlich wäre es Aufgabe der Polizei, solchen Anfangsverdachten nachzugehen und sie auf Stichhaltigkeit zu überprüfen, hatte sie noch hinzugefügt.

Doch wie sollte Klüver ihm gegenübertreten? Der Baron war in der Gemeinde hoch angesehen, und ein formelles Ermittlungsverfahren gegen ihn würde viel Staub aufwirbeln, insbesondere so kurz vor dem Fest. Schließlich wusste er, wie er es machen würde.

Er ging zu seinem Chef. »Ich habe ein großes Problem.« Er holte tief Luft, dann schilderte er den Fall. »Ich möchte, dass sie mir einen Fall entziehen, weil ich befangen bin. Ich kenne den Baron schon seit der Schule, und ich denke, dass ich das nicht neutral bearbeiten könnte.«

»Ich bin froh, dass sie gleich zu mir gekommen sind.« Der weißhaarige Chef gab sich verständnisvoll. »Ich werde den Fall an die Nachbarstadt übertragen. Dort sind sie neutral.«

Klüver war sichtlich erleichtert.

»Machen sie jetzt aber bloß nicht den Fehler, den Baron zu warnen.« Der Chef blickte ihn mahnend an.

»Natürlich nicht.« Klüver hatte Probleme zu verbergen, dass er genau das vorgehabt hatte. Er verabschiedete sich.

Der Chef griff zum Telefon und wählte eine Nummer. »Grüß dich, Fritz«, sagte er zur Begrüßung, doch dann zeigte seine Stimme etwas Nervosität. »Wir haben da einen ganz heiklen Fall.«



Fritz Baseler hatte die Ermittlungen persönlich übernommen, nachdem ihm die Beamten vom Nachbarrevier die Unterlagen hatten zukommen lassen. Für ihn war die Beweislage ausreichend, und er hatte auch schon den Haftbefehl vom Staatsanwalt bekommen. Jetzt waren er, sein Kollege und ein Streifenwagen auf dem Weg zum Schloss.

Baron von Harsumstal saß in seinem Arbeitszimmer und sah die beiden Wagen in den Schlosshof fahren. Er wusste, dass der Besuch der Polizei nichts Gutes bedeuten konnte, doch er hoffte, dass sie nur ein paar neue Fragen haben würden. Er musste nur noch drei Tage durchhalten. Für Donnerstag hatte er den Notar zur Generalprobe eingeladen, damit dieser sich von den Talenten von Maria Beller überzeugen konnte. Er hatte keine Zweifel, dass er dann gleich über das Geld verfügen durfte.

»Da sind zwei Herren von der Polizei.« Der Butler meldete die Beamten wie üblich an, ohne das Gesicht zu verziehen.

»Bitten sie sie herein.« Es ärgerte ihn, dass er nie erkennen konnte, was sein Butler wirklich dachte.

»Danke, wir kommen schon zurecht.« Kommissar Baseler drängte den Butler beiseite. Kommissar Klüver vom Nachbarrevier hatte ihn diesbezüglich gewarnt.

»Baron Harsumstal, wir verhaften sie wegen des Verdachtes, einen Unfall vorgetäuscht und ihre Tochter entführt zu haben. Sie ist spurlos verschwunden.« Er zeigte den Haftbefehl vor. »Kommen sie freiwillig mit?«

Der Baron war bemüht, trotz der Umstände Würde zu zeigen. Langsam stand er auf. Insgeheim hatte er damit gerechnet, auf diese Weise aus dem Verkehr gezogen zu werden. »Bitte sagen sie meinem Anwalt Bescheid.« Er war sich sicher, dass sie keine stichhaltigen Beweise gegen ihn haben konnten. Sein Anwalt würde ihn sicher sofort wieder da herausholen. Es waren nur noch drei Tage, die er warten musste. »Wir können gehen.«

Kommissar Baseler war verblüfft. Er hatte mit etwas Widerstand gerechnet. »Dann gehen wir.«

Auf einmal fiel dem Baron siedend heiß ein, dass der Wagen, mit dem Sophie angeblich den Unfall hatte, noch völlig unbeschädigt in der Garage stand.. Er hatte es nicht übers Herz gebracht, sich von dem Wagen zu trennen. Zu Geld machen wollte er ihn aber auch nicht, das hatte er für zu auffällig gehalten. Er würde einfach die Zeugenaussagen in Frage stellen, falls es die überhaupt geben sollte.

Er war sich trotzdem ziemlich sicher, dass sie ihm nichts nachweisen konnten, vorausgesetzt, sein Neffe würde seine Rolle spielen. Er hatte ihm diesbezüglich Anweisungen zukommen lassen.

* * *

Leonie und Anna mussten nicht lange warten, dann kam auch Florian von seinem ersten Arbeitstag nach Hause.

»Wie war es?«, wollte Anna sofort wissen. Sie erkannte, dass ihr Mann einerseits genervt, andererseits aber auch ziemlich zufrieden war.

»Es hat ewig gedauert, bis wir die Maschine wieder ans Laufen gebracht haben.« Er stöhnte ziemlich. »Die Klinik ist sehr primitiv ausgerüstet. Mit dem richtigen Werkzeug hätten wir das auch in Minuten geschafft.«

Anna war erleichtert. »Du konntest also helfen?«

»Entschuldige, mein Schatz.« Florian kam langsam wieder zu sich und begriff, was seine Frau wirklich hören wollte. »Sie haben mich mit offenen Armen aufgenommen, und ich konnte mich sofort sehr nützlich machen. Die Maschine war schon seit Wochen kaputt, und sie haben es bisher nicht geschafft, sie wieder zu reparieren.«

»Und du hast es geschafft?« Anna war aufgeregt.

»Sie waren so dankbar, dass sie mich gleich beim Chef vorgestellt haben.« Florian grinste ein wenig. »Wenn ich weiterhin so erfolgreich bin, dann will er die Probezeit auf ein halbes Jahr verkürzen.«

Anna fiel ihm um den Hals. »Ich bin so froh.«

»Und wie war dein Tag bei der Zeitung?« Florian erinnerte sich daran, dass auch seine Frau jetzt so etwas wie einen Job hatte.

»Sehr spannend.« Sie wurde etwas leiser. »Heute wurde der Baron verhaftet. Er soll seine Tochter aus dem Weg geräumt haben.«

»Ich störe die Wiedersehensfreude nur sehr ungern, doch wir sollten gehen, wenn wir noch rechtzeitig auf dem Amt sein wollen.« Leonie drängte zum Aufbruch. »Habt ihr die Papiere?«

»Hier ist alles drin.« Anna zog eine dicke Mappe aus ihrer Tasche und hielt sie kurz hoch.

»Dann lasst uns gehen.« Leonie ging zur Tür.

»Und du willst wirklich mit den Ketten und den Beinschienen durch die Stadt und aufs Amt?« Florian war sehr verwundert.

»Das erkläre ich euch unterwegs.« Leonie verdrehte die Augen. »Wir verpassen sonst den Bus.«



»Wir waren extra auf der Polizeistation und ich habe eine Bescheinigung, dass ich bis zum Fest die Ketten tragen darf.« Leonie hatte sich an die seltsamen Blicke und das Getuschel der Leute im Bus gewöhnt. Die Freude darüber, in aller Öffentlichkeit die Ketten tragen zu dürfen, war größer. Außerdem hatte sie außer Paul und Maria keine Bekannten in dieser Stadt, so dass sie sich auch nicht hätte verraten können. Und ihr näheres Umfeld war die fesselnden Aspekte ihrer Ketten sowieso gewöhnt. Nur an die Beinschienen hatte sie sich noch nicht so richtig gewöhnt. Sie fluchte mehrmals, als sie versuchte, ihre Beine wie bisher zu benutzten. Lediglich die HighHeels, die Maria ihr geliehen hatte, brachten ihr etwas Erleichterung beim Gehen.

»Was machst du, wenn das Fest vorbei ist?« Anna klammerte sich wegen einer Kurve an der Haltestange fest.

»Dann werde ich mich wieder meinem Studium widmen.« Sie verdrehte die Augen. »Psychologie.« Sie lachte. »Ich werde mal mein bester Kunde.«

Florian blickte Leonie verwundert an, doch eine Frage stellte er nicht.

»Nun ja, es muss ja einen Grund haben, warum wir Wolkenberg-Frauen so fesselverrückt sind.« Sie zeigte an sich herunter und lachte. »Nächste Station müssen wir aussteigen.«



Auf dem Rathaus mussten sie zu ihrer Überraschung gar nicht lange warten. Kurz nachdem sie sich angemeldet hatten, wurden sie auch schon hereingebeten.

Leonie zeigte zunächst ihre Bescheinigung vor und erklärte, dass sie für Anna und Florian übersetzen würde, weil diese kein Deutsch konnten.

»Welche Sprachen sprechen sie denn?« Die Angestellte warf einen Blick in die Papiere, die Anna und Florian vorgelegt hatten. »Englisch vermute ich?«

Leonie bestätigte es.

Zur allgemeinen Überraschung sprach die Sachbearbeiterin dann auf Englisch weiter. »Ich freue mich, dass ich meine Sprachkenntnisse mal wieder einsetzen kann. Das kommt hier auf dem Rathaus eher selten vor.«

Insgeheim war Leonie erleichtert, dass sie nicht übersetzen musste. So konnte sie ihren Auftritt in Ketten noch besser genießen und musste sich nicht auf ihre Sprachkenntnisse konzentrieren.



Es waren zwar viele Formulare auszufüllen, und Anna und Florian mussten diverse Unterschriften leisten, doch ansonsten verlief der Aufenthalt auf dem Amt ohne weitere Schwierigkeiten. Anscheinend hatte Marias Mutter die Papiere, die sie dem Paar mitgegeben hatte, gut vorbereitet. Nach einer halben Stunde standen sie wieder auf der Straße und warteten auf den Bus.

»Schade, dass es so schnell vorbei war.« Leonie wackelte etwas mit den Ketten.

»Mir hat es gelangt.« Anna stöhnte. »Ich hatte immer Angst, sie würden etwas merken.«

»Ich denke, wir sind hier in Sicherheit.« Florian legte den Arm um seine Frau. »Und jetzt wurde auch unsere Trauung anerkannt.«

»Wir sollten uns beeilen.« Leonie sah auf die Rathausuhr. »Ich glaube, Frau Mohr erwartet uns zum Kaffee.«

»Na, Leonie?« Selma begrüßte sie schon an der Haustür. »Hast du deinen Auftritt genossen?«

»Sehr, Frau Mohr!« Leonie war begeistert. »Sehr.«

* * *

Auf der Kommode lag etwas, und es war mit einem weißen Tuch abgedeckt. Leonie hatte es sofort bemerkt und war deswegen während der gemeinsamen Kaffeetafel mit ihren Gästen sichtlich nervös.

Anna und Florian hatten Leonies Unruhe durchaus bemerkt, doch sie wussten nicht, wodurch sie verursacht wurde. Auf jeden Fall wollten sie sich für die Hilfe auf dem Amt und vor allem auf dem Weg dahin bedanken. »Allein hätten wir da nie hingefunden.«

Leonie gab sich bescheiden. »Habe ich doch gern gemacht.« Dass sie ihren Auftritt mehr als genossen hatte, wollte sie in diesem Moment nicht zugeben.

Selma beobachtete sie heimlich und ergötze sich an der wachsenden Anspannung des Mädchens. Schließlich gab sie sich einen Ruck. »Leonie, du darfst nachsehen, was sich unter dem Tuch befindet.«

Leonie war so aufgebracht, dass sie fast hingefallen wäre, als sie ihre Beinschienen realisierte. Sie brachte ihre Beine in Gehposition, dann ging sie mit zitternden Händen zu der Kommode und hielt den Atem an, als sie langsam das Tuch hoch hob.

Sie wäre fast umgefallen, als sie erkannte, dass es zu den Beinschienen passende Armschienen waren. Sie erkannte sofort, dass auch ihre Armgelenke in Zukunft fixiert sein würden. »Aber das ist unfair«, entfuhr es ihr ganz gegen ihren Willen.

»Jetzt probiere sie doch erst einmal aus.« Selma genoss den Moment sehr. »Außerdem funktionieren sie anders.« Sie wartete, bis Leonie die Schienen in die Hand genommen hatte. »Das sind Federn drin, die deine Arme immer wieder zurückziehen werden. Wenn du eine andere Haltung einnehmen willst, musst du etwas Kraft aufbringen.« Sie beugte sich etwas vor. »Komm, lass sie dir anlegen.«

Leonie seufzte, dann reichte sie Selma die Gerätschaften und streckte ihre Arme aus. In ihr loderte wildes Feuer, denn ihr gefiel der Gedanken, dass fast jedes Gelenk von ihr unter fremder Kontrolle stand. Sie stöhnte, als sie spürte, wie sich das Leder um ihre Arme legte.

»So, das war es schon.« Selma lehnte sich zurück. »Wie gefällt es dir?«

Etwas misstrauisch begann Leonie ihre Arme zu bewegen. Nach und nach hellte sich ihre Miene auf. »Das wird mühsam.« Sie keuchte, doch gleichzeitig leuchteten ihre Augen.
648. RE: Maria

geschrieben von fiasko am 08.03.17 14:36

Schöne Idee mit den Armschienen!

Kleiner Verbesserungsvorschlag damit´s nicht zu langweilig wird:

Alle Woche wird die Position, in der die Arme zur Ruhe kommen verändert, damit immer wieder andere Muskeln belastet werden.
Richtig schwierig wird´s wenn irgendwann die Arme "schief" eingestellt werden, z.B. eine Hand an der Nase und die andere an der Hüfte......

Von daher hoffe ich auf noch viele Fortsetzungen!

649. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 08.03.17 21:18

Zitat
Alle Woche wird die Position, in der die Arme zur Ruhe kommen verändert, damit immer wieder andere Muskeln belastet werden.
Richtig schwierig wird´s wenn irgendwann die Arme \"schief\" eingestellt werden, z.B. eine Hand an der Nase und die andere an der Hüfte...
Also dazu sage ich nur: Sei vorsichtig mit dem was du dir wünscht, es könnte wahr werden...
650. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechzehn

geschrieben von gag_coll am 10.03.17 05:35

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechzehn
Autor: Karl Kollar

(noch Montag, 20. September 1984)

Je weiter die Zeit fortschritt, desto nervöser und angespannter wurde Sophie. Ihre Verzweiflung über ihre Situation wuchs genauso, wie ihre Kraft abnahm.

Sie hätte auch gern ihre Gedanken abgeschaltet, doch ihr Gewissen erinnerte sie immer wieder an das, was sie heute Abend erwarten würde. Und sie wusste trotz ihrer Verzweiflung, dass es nur gerecht sein würde.

Sie hatte ihn immer zurückgewiesen, weil sein Vater nur ein einfacher Maurer war. Obwohl sie wusste, wie vernarrt er in sie war.

Das rächte sich jetzt. Sie wusste, dass sie sich jetzt nicht mehr gegen ihn würde wehren können. Das war ein Teil der Strafe, die sie jetzt über sich ergehen lassen müsse.

Sophie hatte erst daran gedacht, ein Schlafmittel zu benutzten, doch dann verwarf sie den Gedanken wieder. Erstens hatte sie keines, und zweitens würde sie es nur noch weiter hinauszögern. Besser jetzt ein Ende mit Schrecken als ein fortwährendes Leben in Angst.

Und es gab auch noch weitere Demütigungen, die auf sie warteten. Er würde sehen, dass sie sich von Dosenravioli ernährte. Früher konnte es nicht anspruchsvoll genug sein, und jetzt aß sie Nudeln in Tomatensoße aus einer Dose.

Mit etwas Wehmut dachte sie an die schöne Stimmung von Sonntag Mittag, wie sie sich selbst den Tisch gedeckte hatte und dann eine warme Mahlzeit genießen durfte. Sie war so stolz auf sich gewesen. Bis ihr Cousin vorbei kam und ihr die niederschmetternde Nachricht überbrachte.

Um ihr Leben fürchtete sie nicht, doch viel tiefer als jetzt konnte sie auch nicht mehr sinken.

* * *

Franz-Ferdinand ging gut gelaunt zum Schloss seines Onkels. In wenigen Tagen würden die im Moment sehr drückenden Probleme gelöst sein. Doch dann sah er die Miene des Butlers, und sofort wusste er, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste. Es wunderte ihn ein wenig, denn sonst zeigte der Butler so gut wie nie irgendwelche Gefühlsregungen. »Was ist passiert?«

»Die Polizei hat gerade ihren Onkel verhaftet.« Die Stimme des Butlers zeigte, wie sehr er davon betroffen war.

Franz-Ferdinand verzichtete auf die Frage nach dem Warum. Er konnte es sich denken. »Hat er etwas für mich hinterlassen?«

»Ah, gut dass sie fragen.« Der Butler drehte sich um und griff zu einem Umschlag, welcher auf der Kommode lag. »Das hier soll ich ihnen geben, falls ihm etwas zustoßen würde.«

Der Neffe bedankte sich, dann ging er in die Wohnung, die er im Schloss nutzen durfte. Er ließ sich in den Sessel fallen, dann riss er den Umschlag auf und begann zu lesen.

* * *

»Ich habe keinen Termin, aber ich müsste den Notar dringend sprechen.« Franz-Ferdinand stand im Vorzimmer des kleinen Notariats und versuchte, mit seiner Miene die Dringlichkeit zu unterstreichen.

»Ich werde mal sehen, ob er da ist.« Die Vorzimmerdame stand auf und ging zu einer imposant aussehenden Tür. »Um was handelt es sich?«

»Es geht um die Vorgänge des Katerinenfestes.« Der Neffe war sich unsicher, wie viel er überhaupt erzählen durfte.

»Einen kleinen Moment.« Sie trat ein und schloss die Tür hinter sich.

Erst jetzt fiel Franz-Ferdinand auf, dass die Dame einen für ein Notariatssekretariat sehr kurzen Rock trug. Außerdem schätzte er sie noch sehr jung ein. Er fragte sich, ob sie wirklich schon zwanzig war.

Die Antwort bekam er ein paar Momente später, als sich die Tür wieder öffnete. »Mein Vater lässt bitten.«

Franz- Ferdinand blickte so verwundert auf die Notarstochter, dass diese sich zu einer Erklärung genötigt sah. »Ich mache hier nur eine Urlaubsvertretung. Ich studiere Jura.«



»Was kann ich für sie tun, Herr Schleithal?« Der Notar zeigte auf zwei gemütlich aussehende Sessel. »Ich habe gehört, ihr Onkel wurde verhaftet.«

Ein weibliches Räuspern unterbrach ihn. »Entschuldigen sie bitte.« Er blickte zu seiner Tochter, die immer noch in der Tür stand. »Bringst du uns bitte einen Kaffee, Sonja?«

»Gern.« Sonja deutete einen Knicks an, dann schloss sie die Tür.

»Meine Tochter.« Der Notar lächelte. »Manchmal übertreibt sie.«

Der Neffe des Barons wartete einen Moment, dann trug er sein Anliegen vor. »Ich wollte mich vergewissern, dass es bei der Auszahlung des Geldes bleibt oder ob die Verhaftung meines Onkels einen Einfluss darauf hat.«

»Ich dachte mir schon, dass solche Fragen kommen.« Der Notar lächelte professionell, ohne seine wahren Gefühle zu zeigen. »Ich habe mich daher noch einmal intensiv mit dem Testament befasst.«

Es klopfte und Sonja servierte den Kaffee.

Franz-Ferdinand nahm einen Schluck. »Es bleibt doch bei der Auszahlung des Geldes?« Er wiederholte seine Frage.

»Das Testament ist in dieser Beziehung eindeutig. Das Geld wird an die Darstellerin der Katerina ausgezahlt, wenn diese auf dem Ball das Gebet auf dem Rücken getragen hat.«

Der Neffe war mit der Antwort nicht zufrieden. »War da nicht noch etwas mit 25 und Heirat?«

»Das Geld wird auf jeden Fall ausgezahlt, aber nur, wenn die Darstellerin verheiratet ist, darf sie sofort darüber verfügen. Bis dahin verwaltet es der Vorsitzende des Festvorstandes.« Er machte eine deutlich Pause. »Formal ist das immer noch ihr Onkel, auch wenn die Baroness die Rolle nicht spielt.«

Franz-Ferdinand begriff, dass er hier beim Notar nichts weiter erreichen konnte. Außerdem war ihm bei der Nennung des Namens seiner Cousine ein fast unprofessioneller Unterton aufgefallen. »Ich danke ihnen, dass sie sich für mich Zeit genommen haben.« Er verabschiedete sich.

Beim Verlassen des Büros konnte er nicht umhin, noch einmal einen Blick auf die Tochter des Notars zu werfen. Mit dem schwarzen Rock, der ziemlich weit über dem Knie endete, der dunklen Strumpfhose und der weißen Bluse strahlte sie eine unschuldige Erotik aus, die atemberaubend war. Die langen blonden Haare taten ihr Übriges, um seinen Blick noch ein paar Sekunden gefangen zu halten.

* * *

Franz-Ferdinand war erstaunt, als er Michael am verabredeten Treffpunkt abholte. Er trug ein braunes Jackett zu einer schwarzen Anzughose, eine unmögliche Krawatte, und er hielt neben einer Tasche einen winzigen Blumenstrauß in der Hand. Es war gut zu erkennen, dass er in dieser Kleidung nicht zu Hause war. Der Neffe hatte Mühe, nicht zu lachen, denn sein Gegenüber sah fast wie ein Clown aus. Es fehlten nur noch die zu großen Schuhe.

»Endlich.« Michael war geradezu euphorisch, als er zu Franz-Ferdinand ins Auto stieg. »Ich habe mir all die Jahre ausgemalt, was ich tun werde, wenn ich ihr allein gegenüberstehe. Jetzt werde ich es genießen.«

Der Neffe wartete, bis sein Gegenüber sich angeschnallt hatte, dann fuhr er los. Eine Antwort gab er nicht.

Immer wieder warf Franz-Ferdinand einen Blick auf den Nachbarsitz. Wieso brachte jemand zu einer geplanten Vergewaltigung Blumen mit? Er fragte sich, was Sophie wohl von diesem Anblick halten würde. Auf den zweiten Blick sah er ja sogar recht ansprechend aus, doch so wie er seine Cousine einschätzte, würde es unter normalen Umständen keinen zweiten Blick geben. Sophie war in dieser Beziehung gnadenlos.

Insofern hatte er nicht einmal ein schlechtes Gewissen, denn Sophie hatte ihn und vor allem seinen Onkel ziemlich viel Mühe gemacht. Von ihrem völlig überheblichen Benehmen einmal abgesehen.

Natürlich interessierten sich viele Männer für Sophie, und alle, die Geld oder einen Titel vorzuweisen hatten, wurden in ihren Dunstkreis aufgenommen. Wem sie allerdings eine Nacht schenkte, entschied sie recht spontan. Doch Michael war nur der Sohn eines Maurers und damit weit weg von Sophies Niveau.

Franz-Ferdinand war durchaus bewusst, was dieser Besuch für seine Cousine bedeuten würde, doch er war der Meinung, dass sie für ihre Arroganz durchaus einmal zu bezahlen hatte.

Nur für einen Moment ging ihm durch den Kopf, dass mit der Verhaftung seines Onkels der Erpressungsversuch durch Michael eigentlich ins Leere lief, doch er verdrängte dies schnell wieder. Außerdem hatte seine Cousine ihren so aufdringlichen Verehrer schon so oft abgewiesen, es war einfach nur gerecht, wenn er jetzt doch noch eine Chance bekommen würde.

Je näher sie dem Schloss kamen, desto nervöser wurde Michael, und der Blumenstrauß, an dem er sich fast krampfhaft festzuhalten versuchte, wackelte immer stärker. Manchmal glaubte Franz-Ferdinand so etwas wie Sabbern bei Michael zu bemerken. Nur für einen kurzen Moment bedauerte er seine Cousine.



Erst als Franz-Ferdinand auf den Schlosshof fuhr, ergriff er wieder das Wort. »Ich muss dich aber mit ihr einschließen.«

Michael wurde deutlich sichtbar aus seinen Gedanken gerissen. »Es reicht, wenn du mich am nächsten Morgen abholst.« Er hob die mitgebrachte Tasche hoch. »Ich will mit ihr frühstücken.«

Franz-Ferdinand war in diesem Moment fassungslos und wieder fragte er sich, ob das, was er vor hatte, wirklich richtig war.

* * *

Karin brachte die Neuigkeit mit zur extra für Anna angesetzten Probe. »Heute wurde der Baron verhaftet!«

»Weswegen?« Fritz war erstaunt. »Was wird ihm denn vorgeworfen?«

»Er soll seine Tochter entführt haben.« Es war Karin anzuhören, dass sie es noch für ein Gerücht hielt.

»Aber die war doch im Krankenhaus.« Fritz sprach seine Gedanken aus.

»Aber da ist sie jetzt nicht mehr«, Karin gab wieder, was sie von der Reporterin gehört hatte. »Sie sollte verlegt werden, doch im neuen Krankenhaus ist sie nicht angekommen. Es ist nicht bekannt, wo sie sich jetzt aufhält.«

»Jetzt lasst uns proben.« Fritz nahm sein Instrument zur Hand.



Anna erwies sich als sehr talentiert. Sie hatte den Geist der Stücke nach kurzer Zeit begriffen und übernahm stellenweise sogar die Führung.

Maria hatte Anna begleitet, damit sie ihr zu den einzelnen Stücken vielleicht noch den einen oder anderen Tipp geben könne, doch sie stellte erstaunt und mit einem leichten Anflug von Eifersucht fest, dass Anna sogar sehr viel besser Flöte spielte als sie selbst.

»Du rettest uns.« Karin saß neben ihr und beglückwünschte sie zu ihrem Talent.

Auch Fritz war sehr angetan. »Du rettest uns wirklich das Fest. Wir hätten unseren Auftritt sonst absagen müssen.«

»Habt ihr schon wegen des Kleides geschaut?« Fritz wandte sich an Karin. »Das Korsett muss ja nicht sein, aber ein passender Reifrock wäre schon schön.«

»Worum geht es?« fragte Anna auf Englisch. »Ich habe ´Korsett´ verstanden.«

Karin nahm Anna beiseite. »Damit es gut aussieht, tragen wir Frauen ein Korsett unter dem Kostüm, weil es eine schlanke Taille macht und auch der Mode von damals entspricht. Aber damit ist es noch schwieriger, Flöte zu spielen, weil die Bauchatmung wegfällt.«

Anna hatte sich ein weites T-Shirt angezogen. Doch jetzt nahm sie die Hand von Karin und legte sie auf ihren Bauch. Sie schämte sich zwar, dass sie immer noch Kleidung der Familie trug, und nur, weil Marias Mutter sie darum gebeten hatten, trug sie weiterhin die Korsetts.

»Lass uns kurz mal nach den Röcken schauen.« Karin war auf einmal sehr zuversichtlich.

* * *

»Ah, hier seid ihr.« Robert Greinert hatte ein besorgtes Gesicht, als er den Probenraum betrat. Er wandte sich an Maria. »Deine Erzieherin wusste nicht genau, was ihr vorhattet.«

Maria übersah den unterschwelligen Vorwurf. »Wir begleiten Anna zu ihrer Probe mit der Barock-Pfeifern.« Doch dann bemerkte sie seinen Gesichtsausdruck. »Was ist passiert?«

»Wie ihr sicher schon wisst, wurde der Baron verhaftet.« Er warf seiner Frau einen kurzen Blick zu. »Es ist sehr wahrscheinlich, dass er deswegen für das Fest ausfällt.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Morgen möchte ich eine große Versammlung abhalten, um zu besprechen, wie es weitergehen soll. Und heute wollte ich mit euch und Renate besprechen, an was wir alles zu denken haben.«

»Ah, hier seid ihr.« Renate Bayer steckte den Kopf zur Tür herein. »Wie soll es jetzt weitergehen?«

»Was gibt es eigentlich zu besprechen?« Maria drängte sich ein wenig vor. »Das Fest wird doch stattfinden, oder?«

»Ich hatte kurz einmal über eine Absage nachgedacht.« Robert Greinert gab sich etwas resigniert. »Erst die Hauptdarstellerin, und jetzt auch noch der Vorsitzende.«

»Das darfst du aber nicht machen.« Renate war enttäuscht. »Denk doch nur, wie ganz Landsbach darauf hin fiebert.«

»Lasst uns nach nebenan gehen, dann stören wir die Musiker nicht.« Robert öffnete die Tür zum Nachbarzimmer.

* * *

Sophie hatte das Auto in den Hof rollen hören, und gleich darauf nahm sie die Schritte von zwei Männern wahr, die immer näher kamen. Sie hatte oft nachgedacht, wie sie Michael empfangen sollte. Sie könnte sich wehren und dabei ihre so mühsam zurückerlangten Kräfte vergeuden. Oder sie würde einfach alles über sich ergehen lassen, dann würden ihre Kräfte vielleicht noch reichen, sich danach zu waschen.

Ihr Cousin hatte ihr einige Kosmetika mitgebracht und sie aufgefordert, sich hübsch für ihn zu machen, doch das hatte sie völlig ignoriert. Es war nur ein ganz kleiner Strohhalm zum daran Festklammern, doch vielleicht war er von ihrem Äußeren so abgestoßen, wenn sie ihm so wie sie war unter die Augen treten würde.

Sie hatte nur einmal in den Spiegel geschaut und ihn sofort voller Abscheu wieder beiseite gelegt. So wie sie war, hätte sie keinem mehr unter die Augen treten können. Natürlich hätte sie sich zumindest ihre zerzausten Haare bürsten können, doch tief in ihrem Inneren spürte sie, dass sie das Recht auf Schönheit mit ihrem bisherigen Verhalten verspielt hatte.

Sie hatte sich schon bald nach dem Mittagessen auf das Bett gelegt, und hatte immer wieder darüber gegrübelt, dass sie diese offensichtliche Strafe verdient hatte. Umso mehr, als sie Michael nicht einmal auf die Liste der Leute gesetzt hatte, bei denen sie sich entschuldigen wollte.

Als sie die Geräusche der Tür hörte, schloss sie die Augen. Vielleicht würde es wenigstens schnell gehen, dachte sie noch, doch dann verwarf sie den Gedanken. Er würde sie lange leiden lassen, und Michael würde sein Werkzeug sein. Trotzdem wusste sie, dass sie sich auch für diese Strafe bei ihm mit einem Gebet bedanken würde. Denn er war gerecht.
651. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.03.17 14:34

Um das noch einmal klar zu stellen... Es gibt keinen Automatismus, bei dem ich alle oder zwei Tage einfach einen neuen Teil poste...

Ich erwarte ein wenig Feedback und wenn nichts kommt, dann werde ich auch nicht weiter posten...

Der Lesecounter allein ist mir nicht genug...

Viele Grüße
gag_coll
652. RE: Maria

geschrieben von Rubberpaar am 13.03.17 15:01

Hallo gag_doll
Einen Automatismus bei einer solch komplex geschriebenen Geschichte kann man nicht erwarten.
Den Feedback bekommst du doch auch über den Lesecounter, es wäre doch auch nicht so prickelnd wenn jeder nur schreiben würde "Tolle Geschichte".
Die Geschichte, wir verfolgen sie seid der ersten Zeile, ist sehr gut, von der Handlung und den verschiedenen Charakteren. Die Verflechtungen der einzelnen Personen ist dir sehr gut gelungen.
Es wäre eine Schande, wenn sie wie so viele Geschichten hier, ohne Ende sein würde.
653. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 13.03.17 18:10

Hallo gag_coll,
ich kann mich nur Rubberpaar anschließen. Auch ich gehöre zu denen, die deine Geschichte(n) von Anfang fast verschlingen. Ich glaube, das die Leser schon aufgrund der wirklich guten Story zum einen darauf fiebern, die Fortsetzung lesen zu können, zum anderen, wenn du alle 2 Tage (ja, ich bin auch aufgeregt, wenn nicht .) das Ende DIESER tollen Geschichte in absehbarer Zeit erreicht sein wird. Laß dich bitte nicht unterkriegen, auch wenn nicht nach jeder Fortsetzung 10 - 15 Leser einen Kommentar abgeben. Und vor allem DANKE für deine Geschichte (n).
654. RE: Maria

geschrieben von Voidhawk am 13.03.17 18:11

Hallo gag-coll,

Deine Geschichte ist super. Mein erster Blick wenn ich den Computer fahre ist immer in dieses Forum ob "Maria" weitergeführt wurde.
Ein Feedback wie ich erwarten würde dass die Geschichte weitergehen sollte traue ich mir nicht zu schreiben da Du mich immer wieder mit Wendungen positiv überraschst und hoffe auf weitere Überraschungen.

Bitte, bitte, bitte nicht aufhören sondern genau so weiter machen.

Viele Grüße

Richard
655. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 13.03.17 18:23

Hallo gag-coll,
Deine Geschichte ist wirklich gut ,
habe ich dir aber auch schon drunter geschrieben
ich bitte dich auch weiter zu schreiben , doch da
ich Wiederholungen nicht mag werde ich dies nicht
unter jeden Beitrag von dir schreiben .

jetzt noch eine Frage an dich schreibst du unter
jede Geschichte die du hier liest einen Komentar ?
.
656. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 13.03.17 19:51

Hallo gag_coll,

wie Du sicher bemerkt hast, bin ich auch einer der Fans Deiner Geschichte und ich habe schon einiges an Kommentar geschrieben.
Aber auch wenn ich nicht jeden Teil kommentiere, sei sicher, dass ich auf jedes Kapitel ungeduldig warte.

Ich verstehe, dass Du etwas enttäuscht bist, wenn wenige oder niemand kommentieren, da es mir bei meiner Geschichte hier genauso geht.
Feedback ist das Brot des Schreibers, deshalb meine herzliche Bitte an die Leser: Kommentiert die Geschichten, zeigt, dass ihr nicht nur Konsumenten seid.

Und bitte gag_coll schreib weiter, neben vielen anderen verfolge auch ich Deine tolle Geschichte mit fühlendem Herz.

Gruß
Machtdom
657. RE: Maria

geschrieben von Pocytac am 13.03.17 19:54

Hallo gag_coll,

auch ich kann mich nur anschließen. Die Geschichte ist großartig. Ich freue mich über jede neue Folge und bin jedes Mal enttäuscht, dass sie nicht länger ist.

Allerdings, dir das nach jeder Folge zu sagen, würde die Geschichte nicht besser machen, und du würdest irgendwann denken, "sind ja immer die Gleichen, die loben und sich freuen". Ich verstehe, dass dir Lob wichtig ist, aber ich hoffe, dass du es aushälst, nur hin und wieder gelobt zu werden.

Wie gesagt, die Geschichte ist großartig. Würdest du sie am Ende als Buch veröffentlichen, ich würde das Buch kaufen.
658. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebzehn

geschrieben von gag_coll am 13.03.17 20:10

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebzehn
Autor: Karl Kollar

(noch Montag, 20. September 1984)

Robert Greinert wartete, bis alle im Raum waren, dann schloss er die Tür. »Was müsste denn alles geändert werden?« Die Frage stellte er kurz in den Raum.

»Eigentlich hat er ja keine Rolle im Spiel.« Maria dachte laut, nachdem sie sich gesetzt hatten.

»Ja, er macht jeweils die Begrüßung, hält eine kurze Rede und begrüßt die Ehrengäste.« Robert Greinert griff zu den Unterlagen, die er mitgenommen hatte. »Das würde ich auch noch hinkriegen.«

»Du willst seine Aufgaben mit übernehmen?« Renate war im ersten Moment verwundert.

»Für morgen habe ich die außerordentliche Versammlung einberufen.« Robert Greinert wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich würde da gern mit einer Lösung hinein gehen und nicht mit Problemen.«

»Lasst uns noch einmal den Anlauf des Festes durchgehen.« schlug Renate vor. »Damit wir nichts vergessen.«

* * *

Michael hatte sich diesen Moment seit langen immer wieder ausgemalt. Er hatte wiederholt davon geträumt, wie es wohl sein würde, wenn er ihr frei begegnen durfte und was er dann mit ihr machen würde. Doch jetzt, als er an das Bett trat, erkannte er sofort, dass er ihre Situation einfach nicht ausnutzen durfte. Er sah, wie verletzlich und hilfsbedürftig sie auf einmal war, und er warf alle seine Pläne über den Haufen. Dieses Mädchen brauchte vor allem Hilfe. »Kann ich etwas für dich tun?« fragte er mit leiser Stimme.



Sophie lag auf dem Bett und hatte die Augen geschlossen. Sie hatte gehört, wie sich die Tür öffnete und wie jemand eingetreten war. Gleich darauf hörte sie das Schließen der Tür.

Deutlich war seine Anwesenheit zu spüren. Er benutzte immer noch dieses billige Deo, und er hatte anscheinend auch Rasierwasser aufgetragen. Innerlich grinste sie verzweifelt, er hatte sich auch noch für sie schön gemacht. Deutlich hörte sie seinen Atem und erkannte die Schritte, die langsam näher kamen.

»Kann ich etwas für dich tun?« hörte sie seine Stimme, und voller Verwunderung schlug sie die Augen auf. Zu einer Antwort war sie nicht fähig.

»Soll ich dir das Bett fertig beziehen?« Er hatte gesehen, dass ein Bettlaken und ein Bettbezug bereit lagen in der gleichen Farbe, die das Kissen schon hatte. »Die alte Bettwäsche stinkt ja geradezu.«

»Dass würdest du tun?« Sophie richtete sich auf und begann auf einmal zu weinen. »Das ist alles so demütigend. Ich spüre jetzt, was ich dir alles angetan habe und du hältst trotzdem zu mir.« Woher ihre Worte kamen, wusste sie in dem Moment allerdings nicht.

»Was hast du denn erwartet? Dass ich über dich herfalle?« Er verschwieg ihr, dass er genau das vorgehabt hatte. Doch in dem Zustand, in dem sich Sophie jetzt befand, war zunächst einmal Hilfe wichtig.

Als Antwort konnte sie nur weinen, geradezu schluchzen.

»Darf ich dich in den Arm nehmen?« Michael spürte, dass sie Trost brauchen konnte.

Sophie hob den Kopf und nickte. Zu klaren Gedanken war sie in diesem Moment nicht mehr fähig.

»Ich glaube, du möchtest auch duschen.« Michael setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. Dabei übersah er bewusst, dass Sophies Haut schon seit Wochen nicht mehr in Berührung mit Wasser gekommen war.

»Ich würde sehr gern duschen.« Sophie schluchzte wieder. »Aber mir fehlt die Kraft.« Der Wunsch nach Reinlichkeit war größer als die Abscheu vor der Nähe von Michael. »Ich kriege die Tür nicht auf.« Sie hatte kein Problem damit, ihre Schwäche zu offenbaren. Sehr viel tiefer konnte sie ohnehin nicht mehr sinken.

Michael reichte ihr die Hand und half ihr aufzustehen. »Du stellst dich jetzt erst mal unter die Dusche, und ich kümmere mich um das Bett.«

Schließlich hielt es Sophie vor Spannung nicht mehr aus. »Warum fällst du nicht einfach über mich her und wir bringen es hinter uns? Das möchtest du doch, und ich habe es mehr als verdient.«

Michael wartete, bis sie sicher auf ihren Beinen stand. »Ja, verdient hättest du es.« Er reichte ihr die Hand und zog sie zur Duschkabine. »Aber jetzt sind erst mal andere Sachen wichtig.«



»Michael?« Sophies Stimme war leise. »Kannst du mir das Nachthemd aufmachen? Ich komme da nicht dran.«

Er kam der Bitte nach und nur ganz nebenbei fiel ihm auf, dass sie endlich einmal seinen Namen ausgesprochen hatte. »Machst du Gymnastik?«

»Spinnst du?« Sophie drehte sich zu ihm um. »Warum fragst du jetzt so einen Schrott?« Dass sie ihm ihren nackten Körper präsentierte, hätte sie damals nicht gestört, und jetzt war es ihr egal.

»Es wäre aber wichtig.« Er holte tief Luft. »Du lagst jetzt fast zwei Monate im Gips, und warst danach noch einige Tage fixiert. Dabei bilden sich die Muskeln zurück und die müssen langsam wieder aufgebaut werden. Gymnastik wäre da optimal.«

»Woher weißt du das?« Sophie vermutete, dass er ihr immer Blumen gebracht hatte, während sie im Krankenhaus gewesen war, doch sie war sich nicht sicher.

»Ich studiere Medizin.« Er versuchte, möglichst beiläufig zu klingen. »Und ich habe ein Praktikum in der Klinik gemacht, während du da warst.«

Sophie gab es einen großen Stich ins Herz. Sie erkannte, dass sie ihn bedingt durch ihre Vorurteile völlig falsch eingeschätzt hatte. »Von dir waren die Blumen?«

»Ich habe auf dich aufgepasst, während du in der Klinik warst.« Er berichtete davon, dass er täglich nach ihr gesehen hatte. »Ich wusste von Anfang an, was sie mit dir gemacht hatten.«

»Warum hast du mich nicht befreit, wenn du es wusstest?« Sophie war kurz davor, in ihr altes Weltbild zurückzufallen.

»Es hätte mir keiner geglaubt.« Er versuchte sich etwas verlegen zu rechtfertigen. »Und außerdem konnte ich so oft in deiner Nähe sein.«

»Du bist verrückt.« Sophie konnte nicht verhindern, dass es wie ein Vorwurf klang.

»Jetzt dusche dich erst mal.« Er zog die klemmende Tür der Dusche mit viel Mühe auf und legte noch ein Handtuch bereit. »Ich mache dir inzwischen das Bett.«

In Sophie gingen die Gefühle völlig wild durcheinander. Er studierte Medizin und war gerade dabei, ihr Bett zu beziehen. Sie hatte sich die Begegnung mit ihm viel schlimmer vorgestellt. Doch sie wusste auch, dass ihr noch die ganze Nacht zusammen mit ihm bevorstand.

Sie war sich nicht sicher, ob seine Ritterlichkeit vielleicht nur Fassade war. Doch im Moment genoss sie das Wasser auf ihrer Haut.

Schließlich stellte sie die Dusche ab. Sofort bekam sie von ihm ein Handtuch hereingereicht.



Als sie die Dusche verließ, blickte sie sich verwundert um. Der Dreck auf dem Fußboden war weg und es lag auch kaum mehr Staub herum. »Was ist denn hier los?«

Ich dachte, ich machte mich etwas nützlich.« Michael lächelte etwas verlegen. »Dann kannst du dir die Kraft für die Gymnastik sparen.«

»Ich habe nichts zum Anziehen.« Sie war ehrlich etwas verlegen. Sie hatte sich nur das Handtuch um den Körper gewickelt. Und im Gegensatz zu früher stand sie bei diesem Satz dieses Mal nicht vor einem vollen Kleiderschrank.

»Ich schaue mich mal um.« Er öffnete ein paar der Schranktüren, doch die meisten der Schränke waren leer. »Hier wären ein paar Arbeitskittel.«

Sophie erinnerte sich daran, dass ihr Kerker früher die Wohnung eines der Dienstmädchen gewesen war. »Besser als gar nichts« Sie seufzte, dann griff sie sich einen der Kittel, den Michael ihr entgegen hielt. »Neue und schöne Kleider muss ich mir erst wieder verdienen.«

Bei dem Ton wurde Michael hellhörig. »Du hast dich aber verändert.« Es war fast so etwas wie Bewunderung in seinen Worten zu hören.

»Ich hatte in dem Gipspanzer auch viel Zeit zum Nachdenken.« Sophie seufzte. »Ich habe wohl in der Vergangenheit viel falsch gemacht.«

Michael blickte sie nur an. Jede Antwort von ihm hätte sie noch weiter verletzt, und das wollte er in diesem Moment vermeiden.

Als sie das Bett sah, brach sie in Tränen aus. »Es war so ekelhaft mit der Bettwäsche, aber ich hatte es wohl auch nicht besser verdient.«

»Jetzt ist sie ja gewechselt.« Michael grinste ein wenig. »Freust du dich schon auf die Nacht?«

Sophie blickte ihn verwundert an, doch in diesem Moment konnte sie nicht erkennen, was er wirklich dachte. Außerdem hatte sie sich bisher völlig in ihm getäuscht. »Ich weiß nicht.« Sie wollte ehrlich sein. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es nach Essen duftete und dass der kleine Tisch für zwei Personen gedeckt war. Es brannte sogar eine Kerze.

»Ich habe ein paar Dosen geöffnet, erwarte also nichts Großartiges.« Michael war etwas verlegen. Er hatte zwar Sachen für das Frühstück dabei, doch auf ein Abendessen war er nicht eingerichtet.

»Arroganz ist eine schlechte Eigenschaft. Das haben ich nach einigen Dosen Ravioli gelernt.« Sophie blickte immer noch fast hypnotisiert auf den Tisch. »Wo hast du denn all die Sachen her?«

»Die waren im Kühlschrank.« Michael war etwas zunächst etwas verwundert. Doch dann begriff er die Zusammenhänge. »Ich habe ihn beim Saubermachen entdeckt. Er war etwas versteckt und die Tür ging sehr schwer auf.«

Sophie verschwieg, dass sie den Kühlschrank noch gar nicht entdeckt hatte. Es war ihr recht, dass er ihre fehlende Kraft dafür verantwortlich machte. »Was musst du bloß von mir denken, wenn ich dir so im Kittel gegenüber sitze.«

Michael verkniff sich den Vergleich zu dem sprichwörtlichen Mehlsack, weil zwischen ihm und ihrem jetzigen Äußeren kein so großer Unterschied war. »Es kommt nicht auf das Äußere an. Die inneren Werte zählen.« Er hatte es nur beiläufig geäußert, doch es hatte bei Sophie große Wirkung.

»Ich habe wirklich alles falsch gemacht.« Sie schluchzte wieder. »Mein ganzes Leben ist ein einziger Fehler.«

»Jetzt lass uns erst mal das Essen genießen.« Michael nahm ihren letzten Satz mit großer Genugtuung auf, doch er stellte seine Gefühle wieder einmal hinten an.

* * *

Anna hatte Marias Flöte geputzt und legte sie wieder zurück in den Koffer. Ihre Augen strahlten. Bei den Stücken, die sie geprobt hatten, war keines dabei gewesen, was ihr auch nur im Ansatz Sorgen gemacht hatte. Sie war sehr erleichtert und zugleich glücklich, weil es eine weitere wenn auch indirekte Gelegenheit war, sich zu bedanken.

»Du strahlst ja so?« Florian hatte die ganze Zeit in der Ecke gesessen und zugehört, jetzt war er aufgestanden und stand neben ihr.

»Ich kann ihnen helfen.« Sie war sehr glücklich. »Ohne mich müssten sie die Auftritte absagen.«

Fritz kam auf das Paar zu. »Wir gehen jetzt noch eine Runde etwas trinken, und ich möchte euch dazu einladen.«

Anna und Florian versuchten eine ablehnende Handbewegung, doch Fritz blieb dabei. »Bitte, ihr müsst mitkommen. So eine talentierte Musikerin.«

»Wir haben aber kein Geld.« Florian war es unangenehm, es ansprechen zu müssen.

»Ich sagte doch schon, ihr seid eingeladen.« Er ahnte, was die beiden bewegte. »Die Getränke zahlt der Verein.«

»Lass uns mit gehen.« Anna blickte ihren Mann verliebt an.

»Robert und die anderen werden sicher auch mitkommen« Karin hatte die kleine Diskussion verfolgt. »Ich bin gespannt, wie es weiter gehen wird.«

* * *

Michael blickte sehr zufrieden auf den Körper von Sophie, die in seinen Armen eingeschlafen war. Sie hatten sich lange unterhalten, über die Vergangenheit, über falsche Freunde und über die wirklich wichtigen Sachen im Leben. Sophie erzählte von den Erlebnissen in der Klinik und Michael berichtete von seinem Medizinstudium.

Er hatte nicht das bekommen, was er sich von dem Abend erhofft hatte. Doch er fühlte, dass er etwas anderes viel Wichtigeres bekommen hatte, nämlich einen Schlüssel zu Sophies Herz. Dabei war es weniger Liebe in sexueller Hinsicht, sondern eine tiefergehende Liebe, so wie zwischen Bruder und Schwester.

Er wusste, dass sie ihn nie mehr abweisen würde, nicht weil er sie erpresste, sondern weil sie nun Vertrauen zu ihm hatte und ihn schon jetzt als einen echten Freund bezeichnete. Und die Freundschaft und das damit verbundene Vertrauen war ihm wichtiger als ein kurzes Sex-Abenteuer.

Sophie hatte auch von Maria erzählt, der einzigen Besucherin im Krankenhaus. Dass sie ihr die Rolle weggenommen hatte, spielte dabei keine Rolle mehr. Sie hätte es nicht besser verdient, hatte sie mehrmals betont.

Lange nach dem gemeinsamen Abendessen hatte er ihr die Hand gereicht, um ihr beim Aufstehen zu helfen, dann hatte er sie zum Bett gebracht. Sie kuschelt sich sofort in seine Arme, was er sehr positiv bemerkte.

Es tat ihr gut, seine Berührungen zu spüren. Er war geradezu zärtlich und er genoss ihre Nähe und ihre Verletztlichkeit. Und sie fühlte sich bei ihm immer geborgener.



»Warum hast du mir jeden Tag neue Blumen gebracht und vor allem immer andere Arten?« Sie blickte ihn dankbar an.

»Ich wusste, dass du sie riechen kannst.« Michael dachte jetzt zwar anders über die Vergangenheit, dennoch sagte er hier die Wahrheit.

»Es war eine sehr angenehme Abwechslung.« Sie blickte ihn verträumt an.

»Ich habe nie an den Unfall geglaubt.« Michael sprach endlich aus, was ihn schon so lange bewegte.

»Und warum hast du nichts unternommen?« Sophie stellte diese Frage noch einmal.

»Ich konnte nichts beweisen, und ich hätte mich gegen den Chef der Klinik stellen müssen. Wer glaubt schon einem Praktikanten im achten Semester.« Michael seufzte. »Außerdem war ich von der Strenge des Verbandes fasziniert. Es war irgendwie ein Gänsehautgefühl, dich darin zu wissen.

»Oh, das wird überschätzt. Es ist hauptsächlich langweilig.« Sie lachte über ihre Selbstironie. »Anfangs glaubte ich, verrückt zu werden. Die Worte aus der Bibel haben mir Trost gegeben.«

»Serina hat dir vorgelesen.« Michael hatte sich mit der Schwester ab und zu über ihre Motivation dazu unterhalten.

»Ich kannte ihren Namen nicht, nur den Dienstplan kannte ich auswendig.« Sie lächelte. »Ich wusste immer schon vorher, wer zur Tür herein kommen wird. Und ihre Schritte konnte ich auch unterscheiden.«

Michael streichelte ihr vorsichtig über den Kopf, doch zu einer Antwort war er in diesem Moment nicht in der Lage.

»Der Himmel ist schön. Du glaubst ja gar nicht, wie viel verschiedene Wolkenarten es gibt.« Sie geriet in Schwärmen. »Ich konnte den Regen riechen. Ich wusste immer, wann es zum Regnen anfangen wird.«

»Zum Glück ist der Gips wasserfest.« Die Worte kamen fast automatisch aus seinem Mund.

»Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich so enthaltsam sein kann.« Wieder lachte sie. »Seit zwei Monaten hatte ich keinen einzigen Orgasmus.«

»Das heißt, eine Berührung von mir müsste reichen.« Michaels Stimme war leise, dann begann er sie vorsichtig zu streicheln. Er rechnete immer noch mit einer Ablehnung.

»Hör bitte nicht auf.« Ihre Worte waren zwischen ihrem Stöhnen fast nicht zu hören.

Seine Finger mussten nicht einmal in die Nähe ihrer erogenen Zonen kommen, schon explodierte sie geradezu.

»Das war schön, Michael. Danke schön.« Sie schioss die Augen und war gleich darauf eingeschlafen.

Michael blickte etwas verblüfft auf den Körper, der sich ihm so hilfebedürftig anvertraute. Natürlich wäre er auch gern auf seine Kosten gekommen, doch er wusste tief in seinem Inneren, dass das eben Erlebte sehr viel wertvoller für die Zukunft sein würde.

Außerdem hatte sie ihn schon wieder bei seinem Namen genannt. Das war etwas, dass ihm sehr viel bedeutete. Er blickte sich noch etwas im Raum um, dann fielen auch ihm die Augen zu.

* * *

»Hat dir der Tag gefallen?« Selma hatte große Mühe, ein ernstes Gesicht zu machen, während sie Leonie in ihrem Zimmer aufsuchte.

»Ja, Frau Mohr.« Leonie musste erst schlucken, bevor sie antworten konnte.

»Ich wollte dir die Kette an den Ellenbogen abnehmen, damit du gut schlafen kannst.« Selma bereitete den nächsten Köder vor. »Du musst morgen ausgeschlafen war.«

Leonie war ein gewisser Unterton aufgefallen, der sie aufblicken ließ. Sie schaute ihre Gastgeberin neugierig an, doch sie traute sich nicht, diese Andeutung zu hinterfragen.

Doch Selma wusste, wie sie Leonie besonders subtil quälen konnte. »Ich habe ein hübsches Paar Handschuh für dich, du wirst sie sicher gern tragen.« Sie beugte sich hinunter zum Bett und löste die Befestigung der Ellenbogenkette.

»Danke, Frau Mohr.« Leonie war zunächst erleichtert, ihre Arme wieder etwas freier bewegen zu können. »Ich freue mich auf die Handschuhe.« Sie hörte ihre Worte und fragte sich, wer ihr die Worte in den Mund gelegt hatte.
659. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.03.17 20:13

Ich hatte nach Teil 16 den einen oder anderen Kommentar zu Sophie erwartet... Aber gut, dann ist das eben so...
660. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 13.03.17 20:53

Sorry.

Das ich mich erst jetz melde.Hatte eine menge um die Ohren.

Zu erst mal vielen Dank für deine Mühe.Ich hatte so viel zum nach holen das ich nicht weis wo ich anfangen soll.
Da du aber wegen Sophie angefragt hast.JA es ist interessant zu lesen,wie sie langsam selbstständig wird und sich ihr Character verändert.Wie heist es doch so schön selbsterkenntniss ist der erste Schritt zur Veränderung.Vieleicht findet sie ja neues Glück mit Michael.

Hm Leonie.Irgendwie tut sie mir echt Leid.Aber anderseits es ist echt interessant zu lesen,was ihr noch so alles passiert.Hoffendlich übertreibt Selma es nicht.Da sie damit auch einen jungen Geist dauerhaften Schaden zu fügen kann.

Es freut mich das es Anna und Frederik besser geht und sie langsam in ihr Glück reinfinden.Und anfangen zu leben.

Tja und Maria.Tja so langsam wird es ernst für sie.MAl schaun wie es auf den Fest für sie ergeht.

Und der Baron und sein Neffe.Hoffe der neue Polizist findet es schnell genug heraus.Zwar so das der Baron Maria noch in die Finger kriegt aber jedoch es nicht mehr schaft mit den Gold zu entkommen.

Tja mal schaun wie es weiter geht.

mfg Wölchen
661. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 13.03.17 20:59

Hallo gag_coll

Ich bin Romantiker und daher hoffe FÜR Sophie und Michael.
Genau so wie ich hoffe das Anna und Florian NICHT von ihrer Vergangenheit eingeholt werden.
Aber wie das im Leben so ist (und bei Dir erst recht), kommt es erstens anders, als man zweitens denkt.
Ich hab mal so vor mich hin gesponnen und könnte mir, die drei Pärchen durchaus auf der Berghütte vorstellen.
"Wunschdenken"
Lass uns bis zum nächsten Teil/Kapitel/Abschnitt, wie auch immer, nicht so lange schmoren.
Je feiner die Kleinigkeiten desto feiner das Kopfkino!!!
Und das läuft bei Dir auf Großbildleinwand!

Gruß Gozar
662. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 13.03.17 21:12

nochmal Hallo gag_coll,

ich hatte ja schon vorher mal etwas zu Sophie kommentiert, dass ich schon da gesehen habe, wie Du sie sich verändern lässt.

Aber natürlich ist es jetzt mehr sichtbar, in welche Richtung Du sie führen willst - auch wenn dies eigentlich schon vorher spürbar war. Dabei finde ich die Art, wie Michael auf sie reagiert, sehr gut.

Es ist doch immer wieder schön, wenn man Personen im Lauf der Geschichte so ändern lassen kann, dass aus Ablehnung Sympathie für sie wird.

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel!!!

Gruß
Machtdom
663. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 14.03.17 06:34

Hallo gag_coll,
einfach Klasse, wie du beschreibst, das sich Sophie, bedingt durch ihre erzwungene Einsamkeit, tatsächlich Gedanken über ihr bisheriges Verhalten macht und auch Michael sein eigentliches Vorhaben nicht ausführt. Passenderweise könnten sie ja den Neffen überwältigen und den mal eine Zeitlang dort einsperren und ihm für sein Verhalten auch noch Strom und Heißwasser sperren. Aber du wirst deine Leserschaft, so wie wir dich kennen, bestimmt nicht darüber im unklaren lassen. Nur bitte nicht zu lange.
664. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 14.03.17 20:05

Hallo gag_coll,
habe hier auch mal wieder weiter gelesen, und war über Sophies Wandlung erstaunt.
Aber was geht einem nicht alles durch den Kopf, wenn man bewegungsunfähig lange Zeit im Bett liegt.

Michael hat es verstanden sie aufzuheitern, und hat sich dadurch Ihre Sympathie erworben.

Das er Ihr das Bett frisch bezog, und sie (wenn auch mit Hilfe) Duschen konnte, brachten neben dem Essen, zusätzliche Bonuspunkte.

Aber allein schon, das er seine Stärke nicht ausgenutzt hat, hat ihm schon mehr als nur Sympathie eingebracht.

Zitat

Passenderweise könnten sie ja den Neffen überwältigen und den mal eine Zeitlang dort einsperren und ihm für sein Verhalten auch noch Strom und Heißwasser sperren.


---ggg---
gute Idee, und da der Baron aus dem Verkehr gezogen wurde, würde es nicht mal auffallen.


Zitat

„War da nicht noch etwas mit 25 und Heirat?“

„Das Geld wird auf jeden Fall ausgezahlt, aber nur, wenn die Darstellerin verheiratet ist, darf sie sofort darüber verfügen. Bis dahin verwaltet es der Vorsitzende des Festvorstandes.“ Er machte eine deutliche Pause. „Formal ist das immer noch ihr Onkel, auch wenn die Baroness die Rolle nicht spielt.“


Da der Baron ja im Moment ausfällt, wir vermutlich Robert Greinert, auf der -außerordentlichen Versammlung- zum Vorsitzenden des Festvorstandes gewählt werden.

Somit würde das Kalkül des Barons nicht aufgehen.
Denn dann würde Robert Greinert das Preisgeld von 2 Millionen verwalten.

Aber ich lasse mich gerne überraschen.

Danke gag_coll

-----

Gruß vom Zwerglein
665. RE: Maria

geschrieben von kaes am 14.03.17 20:52

Hallo gag_coll,

auch von mir ein dickes Lob für die Gschichte.

Wenn ich die Situation bei Sophie betrachte frage ich mich, kann Michael überhaupt wieder aus dem Gefängnis frei kommen? Er könnte doch alles weiter erzählen und den Baron und seinen Neffen belasten.

Zu einer anderen Figur, der Leonie, was passiert mit ihn noch alles oder wandelt sich ihre Situation und kann sie bleiben auch wenn es weniger steng zugeht.

Auf jeden Fall freue ich mich auf den Rest der Geschichte.

Gruß Klaus
666. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 14.03.17 21:58

Wundersame Wendung von Sophie aber bitte lasse sie nicht zu einem
" Gutmenschen " werden der sagt " ich will meinen Onkel und den
Doktor nicht anzeigen , denn das war eine gewollte therapeutische
Massnahme um meinen fehl geleitetes Leben zu ändern .

An sonsten schreibe bitte so weiter denn es ist gut so !

MfG
.
667. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtzehn

geschrieben von gag_coll am 15.03.17 05:51

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtzehn
Autor: Karl Kollar

Dienstag, 21. September 1984

Sophie wurde wach, weil sie ungewohnte Geräusche hörte. Sie passten so gar nicht zu der Klinik, in der sie schon so viel Zeit verbringen musste. Doch schon bald erkannte sie, dass sie gar nicht mehr in ihrem Krankenzimmer war, sondern im Keller des väterlichen Schlosses. Das war auch der Grund, warum sie die Mücke an der Decke nicht mehr sah. Dieses Motiv hatte sie in den letzten Monaten fast ständig vor den Augen.

Sie verzichtete darauf, sich zu räkeln, denn dabei hätte sie Teile der ekelhaften Bettwäsche berühren müssen. Sophie hielt innerlich die Luft an, um den Geruch nicht einatmen zu müssen. Doch dann stutzte sie. Der Geruch war weg. Vorsichtig begann sie sich zu bewegen.

Sie hatte wunderbar geträumt. Ein Prinz war zu ihr gekommen und hatte für sie gekocht und ihr auch die Bettwäsche gewechselt. Wieder hielt sie inne. Die Bettwäsche war gewechselt und es roch nach leckerem Frühstück, nach Rührei und Speck.

»Ah, die Prinzessin ist wach.« Michael stand auf einmal vor ihr. »Einen wunderschönen Guten Morgen wünsche ich dir, liebe Sophie.«

Schlagartig war Sophie wach, und sofort war auch die Erinnerung an den gestrigen Abend wieder da. Sie erwiderte den Gruß vorsichtig.

»Ich wollte gern mit dir frühstücken, darum habe ich mir erlaubt, dafür einiges mitzubringen.« Er zeigte auf den kleinen liebevoll gedeckten Tisch.

Sophie hielt ihren Blick noch ein wenig gesenkt. Sie vermied es, ihn nach den Ereignissen des vergangenen Abends zu fragen. Sie erinnerte sich eigentlich nur noch an den so schönen Höhepunkt, den sie gestern in seinen Armen gehabt hatte. »Das sieht lecker aus.« Sie gab sich trotzdem Mühe, etwas Nettes zu sagen.

»Dann komm.« Er reichte ihr die Hand. »Es ist alles fertig.«

Doch auf einmal entzog sie ihm ihre Hand und begann zu weinen. »Warum tust du das?« Sie schluchzte. »Warum bist du so nett zu mir?« Sie wischte sich durch das Gesicht. »Ich habe dich doch so schlecht behandelt.«

»Das warst nicht du.« Michael wurde auf einmal ebenfalls sehr nachdenklich. »Ich habe dich schon bewundert, als deine Mutter noch lebte. Es war mir klar, dass es dich aus der Bahn geworfen hat.« Er spürte, dass sie jetzt etwas Halt gebrauchen konnte. Er setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. »Lass die Vergangenheit hinter dir.« Er hoffte, dass es die richtigen Worte waren.

Sophie wischte sich die Tränen weg. »Du hast recht.« Irgendwie gaben ihr seine Worte Mut. »Was hast du denn Leckeres vorbereitet? Seit drei Tagen esse ich nur Ravioli.«

»Genau so etwas habe ich mir gedacht.« Michael versuchte sie erneut, sie zum Aufstehen zu bewegen. »Ich habe einiges mitgebracht.«

Sophie blickte auf den Tisch und war verzaubert. »Ein Sektfrühstück?«

»Ich hoffe, es wird dir schmecken.« Michael reichte ihr wieder die Hand.

Sophie ergriff die Hand und ließ sie auch nicht los, als sie schon sicher auf ihren noch etwas wackeligen Beinen stand.

* * *

Leonie sah ein wenig unglücklich an sich herunter. Es gab jetzt nur noch einen etwas unförmigen Kittel, den sie sich allein anziehen konnte. Für jedes andere Kleidungsstück hätte sie Hilfe gebraucht, und noch sie war zu stolz, um darum zu bitten.

Sie hatte sich auch gar nicht für die Nacht umgezogen. Sie hatte es gestern Abend probiert, musste aber bald einsehen, dass es mit den neuen Restriktionen viel zu anstrengend werden würde.

Um ihre Unterwäsche aus Stahl musste sie sich zum Glück auch keine Sorgen machen. Denn die war pflegeleicht und ließ sich problemlos mit der Dusche reinigen, selbst wenn sie sie am Körper trug.

Sie stöhnte ein wenig, denn es lag ein Alltag vor ihr, der anstrengender war als alles, was sie sich bisher zu träumen gewagt hatte. Dennoch sie war in die Restriktionen, die Pauls Oma ihr auferlegt hatte, geradezu verliebt. Deutlich spürte sie den Muskelkater in den Armen und sie nahm sich für heute vor, nur noch die notwendigsten Bewegungen auszuführen.

Sie war jetzt schon zwei Mal der Meinung gewesen, dass es nicht mehr strenger oder gemeiner werden konnte, doch stets hatte Frau Mohr eine diesbezügliche Überraschung für sie bereit gehabt.

Und ihre Gastgeberin war unerbittlich, denn sie bestand darauf, dass Leonie sie stets weiter bedienen und vor allem im Haushalt helfen sollte. Immerhin zeigte sie aber Verständnis dafür, dass jetzt alles etwas länger dauerte. Sie gab so Leonie keinen wirklichen Anlass zur Klage.

Leonie wollte sich auch deswegen nicht beschweren, weil sie Angst hatte, sich wieder so einen Knebel einzuhandeln. Es war ihr sehr unangenehm, wenn sie damit sabbern musste, und vor allem, weil man diese Spuren noch lange danach auf ihrer Kleidung sehen konnte.

An sich gefielen ihr die Knebel, vor allem die mit dem strengen Kopfgeschirr. Es war schön, überall am Kopf die Riemen zu spüren, doch für den Alltag war es nicht brauchbar. Sie fragte sich, ob es noch andere Möglichkeiten gäbe, sie sprachlos zu machen.

Sie musste streng genommen nur wenig machen im Haushalt, aber bedingt durch ihre Fesseln war es genau soviel, wie sie auch schaffen konnte.

Doch einmal hörte sie Selma sich beklagen. »Du bist zu langsam, Leonie. Was würde dein Mann sagen, wenn du ihn so langsam bedienst.«

Der Satz war beiläufig geäußert, doch er bewirkte einen wahren Sturm in Leonies Gedanken. Sie hatte sich schon immer eine Beziehung erträumt, in der sie eine Gefangene war. Und Selma zeigte ihr, wie schön es werden könnte.

Gestern hatte Frau Mohr ihr angekündigt, dass sie heute eine besondere Art von Handschuhen tragen müsse. Leonie fragte sich immer wieder, was wohl die besonderen Eigenschaften dieser Handschuhe sein würde. Dabei war sie sich sicher, dass sie es lieber nicht wissen wollte.

* * *

Maria hatte schon lange auf diesen Tag hingefiebert. Heute würde sie zum ersten Mal das Katerinenkleid anprobieren. Entgegen ihrer Gewohnheiten stieg sie heute sehr früh aus dem Bett und war sogar noch vor ihrer Erzieherin wach, was sonst nur äußerst selten passierte.

»Ich habe schon Kaffee gekocht.« Maria saß etwas verlegen am Küchentisch, als sie Mrs. Potter noch etwas verschlafen in der Küchentür stehen sah. Dann schob sie noch ein »Guten Morgen« hinterher.

Mrs. Potter erwiderte den Gruß, dann wurde ihre Stimme ungewöhnlich ernst. »Du hast schon mitbekommen, dass gestern der Baron verhaftet wurde.«

»Ja, Karin hat gestern nach der Probe schon berichtet.« Maria hatte dieses Mal einen Wissensvorsprung. »Ihr Mann wird wieder den Vorsitz übernehmen wie beim letzten Fest.«

Mrs. Potter stutzte für einen Moment, doch dann lächelte sie. »Ihr wart gestern nach der Probe noch zusammen und habt Informationen ausgetauscht?«

»Stellen sie sich vor, Robert hatte schon darüber nachgedacht, dass Fest abzusagen.« Marias Stimme zeigte, wie entsetzt sie über die Idee war.

»Ich entnehme deinem Tonfall, dass das Fest also trotzdem stattfinden wird.« Die Erzieherin begann den Tisch zu decken.

»Sie wollen es heute auf einer Sitzung offiziell machen.« Maria stand auf und half beim Tisch decken. Trotzdem war ihre Nervosität deutlich zu spüren.

* * *

Selma musste nicht lange warten, bis Marias Erzieherin am Telefon war. »Ich hätte da ein kleines, aber wichtiges Anliegen«, erklärte sie gleich nach der Begrüßung.

»Kein Problem.« Mrs. Potter blickte auf die Uhr. »Um was geht es denn?«

»Doro, kannst du Maria auf etwas vorbereiten?« Selma hatte sich lange überlegt, wie sie es zu formulieren hatte, damit ihre Freundin es richtig aufgenommen würde.

»Mache ich.« Ihre Stimme wurde etwas leiser, fast verschwörerisch. »Um was geht es denn?

»Sie hat das letzte Mal ein wenig unpassend reagiert, als sie Leonie gesehen hat.« Selma erzählte kurz, was sich zugetragen hatte.

»Was ist denn mit Leonie?« Mrs. Potter wusste natürlich, dass ihre Freundin früher einmal eine strenge Erzieherin gewesen war.

Doch Selma war zunächst mal etwas verlegen. Sie blieb die Antwort zunächst schuldig.

»Mit mir kannst du frei sprechen.« Dorothea ahnte, was ihre Freundin bewegte.

Trotzdem dauerte es noch einen Moment, bis Pauls Oma sprechen konnte. »Leonie hat alte Sehnsüchte in mir geweckt.«

»Du magst es, wenn die Mädchen so hilflos sind.« Mrs. Potter sprach ihre Vermutung aus.

»Du verstehst mich.« Das Grinsen war durch das Telefon zu hören. »Leonie ist so leidensfähig, und ich glaube, sie hat sogar Spaß daran. Auch wenn sie das gar nicht wahrhaben möchte.«

»Was hast du denn mit ihr vor?« Mrs. Potter konnte ihre Neugier nicht verbergen.

»Ich will ihr heute nach und nach die Finger und dann die Handgelenke fixieren.« Sie berichtete von ihrer Idee. »Es wäre gut, wenn Maria davon wüsste und Leonie nicht danach fragt.«

»Wie viel darf ich ihr denn erzählen?« Dorothea hatte die Idee verstanden und war durchaus bereit, das Spiel mitzuspielen.

»Was du willst.« Selma hatte diesbezüglich keine Vorbehalte. »Vielleicht kommt sie selbst ja auch auf den Geschmack.« Sie lachte kurz. »Nach der Hütte halte ich das sogar für wahrscheinlich. Ich werde auch Paul mit einbeziehen. Ich hoffe, ihm wird es auch gefallen.«

»Aber Maria macht das erst nach dem Fest.« Die Erzieherin wusste, dass sie ihren Schützling vor allzuviel Stress bewahren musste, selbst wenn er von so vertrauter Seite kam. »Ich hoffe nur, dass Paul damit Maria keinen Grund zur Eifersucht geben wird.«

»Darüber musst du dir keine Gedanken machen. Ich passe schon auf.« Sie lachte wieder. »Außerdem möchte ich Leonie verkuppeln.« Sie berichtete kurz von ihren Plänen.

Doch Mrs. Potter musste sie unterbrechen »Ich glaube, Maria kommt.« Sie verabschiedeten sich.

* * *

»So, das ist für Leonie.« Selma legte ein Lederbündel und einige glänzende Stangen auf Leonies Platz am Frühstückstisch, nachdem sie deren Teller beiseite gestellt hatte.

Paul stellte den Kaffee auf den Tisch und setzte sich neben seine Oma. Leonies Platz war noch leer.

Paul hob das Lederbündel hoch und betrachtete es. »Was ist das?« fragte er, obwohl er die Form eines Handschuhs erkannte.

»Das sind spezielle Handschuhe. Die habe ich früher einmal in verschiedenen Größen anfertigen lassen.« Selma klang dabei etwas wehmütig. »Leonie soll sie heute kennenlernen und tragen.«

»Und was ist das Besondere daran?« Paul hielt einen der oberarmlangen Handschuhe hoch, so dass er ihn in voller Länge betrachten konnte.

»Damit lassen sich Leonies Finger einzeln versteifen.« Selma zeigte auf die glänzenden Stangen, die noch auf dem Tisch lagen.

Paul betrachtete sich den Handschuh genauer. Auf einmal glitt ein Lächeln über sein Gesicht. »Man schiebt die Stangen hier in diese kleinen aufgenähten Hüllen?« Er blickte seine Oma neugierig an.

»So ist es.« Selma grinste. »Und bis sie merkt, was es mit den Handschuhen genau auf sich hat, ist es schon zu spät für sie.«

»Kann sie sie nicht mehr selbst ausziehen?« Paul war etwas verwundert.

»Um das Handgelenk können sie verschlossen werden.« Seine Oma zeigte die Stelle an ihrem Arm. »Aber das ist gar nicht nötig. Sie wird es nicht schaffen, die Schnürung am Oberarm zu öffnen.«

Paul wollte gerade fragen, welche Schnürung gemeint war, als wieder ein Lächeln über sein Gesicht glitt. »Der Handschuh ist über den ganzen Arm zu schnüren.«

»Genau« Selma bestätigte seine Vermutung. »Ansonsten müssten wir ihr die Ketten abnehmen, um ihr den Handschuh anzulegen.«

Paul legte den Handschuh wieder auf Leonies Platz auf dem Tisch. »Warum quälst du Leonie so sehr?«, fragte er etwas nachdenklich. Die Frage wollte er schon lange stellen.

Die Antwort seiner Oma war kurz. »Weil sie es so will.« Doch dann lächelte sie. »Und außerdem erinnert es mich an alte Zeiten.«

»Aber sie kann sich doch jetzt schon kaum noch bewegen.« Paul warf noch einmal einen Blick auf den Handschuh. »Damit kann sie ihre Gelenke nicht mehr selbst öffnen«, sagte er mehr zu sich selbst.

»Ich freue mich schon auf den Moment, wenn sie es realisiert.« Selma grinste wieder.

»Maria ist da anders.« Paul blickte auf. »Ob ich es bei Leonie auch mal probieren dürfte?«

»Vor allem darfst du kein Mitleid zeigen, auch wenn sie dir noch so leid tut.« Die Stimme seine Oma war auf einmal recht ernst. »Sie mag es, wenn sie deutlich, aber ganz sanft gedemütigt wird, sozusagen mit Niveau. Es ist eine Gratwanderung.«

Paul blickte seine Oma verwundert an.

»Mache es bitte nicht zu offensichtlich. Sie ist nicht deine Dienerin.« Das Wort ´deine´ hatte sie besonders betont.

Paul verzichtete auf eine Antwort, denn Leonies langsam näherkommende Schritte waren zu hören.

* * *

»Ich wusste gar nicht mehr, wie gut so ein einfaches Brötchen mit Butter und Marmelade schmecken kann.« Sophie wischte sich mit der Servierte den Mund ab und blickte auf den immer noch sehr liebevoll aussehenden Frühstückstisch.

Michael streichelte ihr nur einmal kurz über die Hand. Eine Antwort gab er nicht.

»Ich war eine furchtbar verzogene Göre, der nichts heilig war.« Sophie seufzte.

»Möchtest du, dass ich widerspreche?« Michael blickte ihr ins Gesicht.

»Nein.« Sophie lachte. Doch dann wurde sie nachdenklich. »Ich habe so viel wieder gut zu machen.« Sie blickte auf die Liste, die sie gestern beiseite gelegt hatte. »Ich hatte dich nicht einmal auf die Liste gesetzt. Ich habe deine Fürsorge einfach nicht verdient.« Ihre Stimme wurde bei dem letzten Satz etwas traurig.

»Ich denke, du hast jetzt genug gebüßt.« Michael lehnte sich zurück. »Jetzt wird es Zeit, nach vorne zu blicken.«

»Du und Maria, ihr wart die einzigen, die sich um mich gekümmert haben.« Sophie erinnerte sich an die traurige Zeit im Krankenhaus.

Michael verzichtete darauf zu fragen, wer Maria war. Außerdem hatte er eine Ahnung, wer damit gemeint sein könnte. »Franz-Ferdinand wird mich um neun Uhr abholen, so hatten wir das ausgemacht.«

Sophie begriff sofort, dass er sie im Keller zurücklassen würde. »Ich weiß nicht, ob ich es mir wirklich schon verdient habe, doch ich hätte einen Wunsch.«

»Und der wäre?« Michael stand auf und begann, das Geschirr zusammenzustellen.

»Könntest du mir wohl eine Bibel kaufen? Ich zahl dir das Geld auch später einmal zurück.« Es war Sophie wichtig, nicht mehr so auf Pump zu leben und ihre angeblichen Freunde immer nur auszunutzen.

»Aber natürlich mache ich das.« Er strich ihr einmal über den Kopf. »Ich hebe auch die Quittung auf.« Er hatte erkannt, wie wichtig ihr das war.

Sophie lächelte verlegen. »Ich möchte darin lesen.«

Das Geräusch eines Autos auf dem Kiesweg war zu hören. Michael erkannte sofort, dass er abgeholt werden würde.

Sophie hatte das Geräusch auch gehört. Sie war auf einmal traurig. »Könntest du mir noch einen Gefallen tun?« Das Sprechen fiel ihr schwer.

»Und der wäre?« Michael hielt in seiner Bewegung inne.

»Was für Gymnastikübungen müsste ich denn machen?« Sie hatte ein gewisses Leuchten in den Augen, als sie dies fragte.

»Ich führe sie dir einfach vor. Pass gut auf.« Er sprach hastig, denn die Schritte von Franz-Ferdinand waren schon zu hören.

* * *

Leonie betrat das Esszimmer und wünschte Selma und Paul einen guten Morgen, dann ging sie langsam auf ihren Platz. Sie musste sich erst zu ihren Knien herunterbeugen und die Gelenke öffnen, bevor sie sich setzen konnte. Sie hatte Mühe, ihre Verlegenheit zu verbergen, denn sie zeigte nicht gern, wie sehr sie durch die Schienen schon in ihren Bewegungen gehemmt war. »Ist das für mich?«

»Das sind die Handschuhe, die du ab heute tragen wirst.« Selma hatte ein leichtes Leuchten in den Augen.

Leonie war viel zu neugierig, um an das Kräfteschonen zu denken, was sie sich selbst auferlegt hatte. Sie bog ihren Arm mit einiger Kraft nach oben, griff sich einen der Handschuhe und hielt ihn in die Höhe. »Oh, ein Opernhandschuh zum Schnüren.« Sie lächelte verlegen. »Spannend.«

»Dürfen wir sie dir gleich anlegen?« Selma hatte Mühe, ihr Grinsen zu verbergen.

Leonie war viel zu neugierig, um hier eine Falle zu vermuten. »Gern.«

»Paul, hilfst du mir?« Selma gab ihrem Neffen einen Wink, dann stand sie auf. »Jeder schnürt einen Arm.«

Leonie wollte wegen Paul erst protestieren, doch dann ließ sie es geschehen. Warum sollte Selmas Enkel sie nicht auch berühren dürfen. Außerdem hatte sie Hunger und hoffte, dass es so schneller gehen würde.

»Strecke bitte deine Arme aus, dann können wir dir die Handschuhe am besten anziehen.« Selma hatte große Mühe, sachlich zu bleiben.

»Die Armschienen nehmen sie mir nicht ab?« Leonie war etwas verwundert.

»Nein, warum denn?« Selma zeigte eine Öffnung der Handschuhe in der Höhe des Ellenbogengelenks. »Die Schienen sollten auch so bedienbar sein.«

Für einen kurzen Moment hatte Leonie gehofft, diese mehr als lästigen Armschienen loszuwerden, doch jetzt musste sie einsehen, dass Selma und Paul ihr die Handschuhe einfach darüber ziehen würden.

»Wir machen nur die Schlösser ab, weil die etwas auftragen würde.« Selma nahm ihren Schlüsselbund zur Hand und nahm Leonie die Schlösser ab. Dann nahm sie sich die Handschuhe vom Tisch und reichte Paul den für den einen Arm, den anderen nahm sie selbst zur Hand und erklärte kurz, wie er anzulegen war.

Paul hatte keine große Mühe, die Handschuhe um Leonies Arm zu schnüren.

»Es muss vor allem gleichmäßig fest angezogen werden, da sich sonst Druckstellen bilden könnten«, sagte sie mehr zu sich selbst.

Leonie sah fasziniert zu, wie ihre Arme zuerst in der schwarzen Lederhülle verschwanden. Dabei fühlte dann, wie sie das Material immer enger um ihre Arme legte.



»In die Schleife bringen wir ein kleines Schloss an, dann kommt Leonie nicht in Versuchung.« Es machte Selma deutlich sichtbar Spaß, das arme Mädchen so hinzuhalten und ihr so etwas wie Hoffnung auf eine Befreiung zu machen, obwohl sie doch wusste, wie sicher diese Handschuhe waren. Sie zeigte Paul, wie das Schloss anzubringen war, so dass die Schleife nicht mehr aufziehbar war.

Nachdem Paul sein Schloss auch angebracht hatte, wurde gefrühstückt und obwohl es Leonie sehr schwer fiel, langte sie doch auch kräftig zu. Allerdings verzichtete sie auf die Butter und bestrich sich das Brötchen nur mit der Marmelade. Das war etwas, was sie bisher so nicht gemacht hatte.

Selma sprach sie darauf an.

»Butter ist zu fett.« Leonie gab sich ein wenig bockig.

»Gut, dass es nicht an den Armschienen liegt.« Paul hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.

Leonie wurde rot und senkte den Kopf. Natürlich lag es an den Restriktionen, die sie an den Ellenbogen trug und die ihr jede Bewegung ihrer Arme erschwerte, doch das wollte sie nicht zugeben.

* * *

Mrs. Potter lehnte sich zurück und ließ den Blick noch einmal über die leeren Frühstücksteller gleiten. Sie spürte, dass der Moment gut war. »Selma hat mir aufgetragen, dich um etwas zu bitten.«

»Und was wäre das?« Maria blickte auf.

»Es geht um Leonie.« Die Erzieherin hoffte, die richtige Wortwahl zu finden. »Selma hält sie ja mehr oder weniger gefangen, weil sie sich das so wünscht.«

»Und was habe ich damit zu tun?« Maria fragte sich, was Pauls Oma von ihr erwarten würde.

»Sie bittet dich, Leonies Fesseln und ihren Zustand nicht zu bemerken oder so zu tun, als wäre es ganz selbstverständlich, solche Fesseln zu tragen.« Die Erzieherin hoffte, die richtigen Worte gefunden zu haben.

»Hinterhältig.« Maria musste grinsen. »Darf ich erfahren, um was es geht? Ihre Ketten kenne ich doch schon.«

»Sie wird ihr heute ein paar besondere Handschuhe anziehen, und damit kann Selma ihre Finger einzeln versteifen.« Dorothea war sich nicht sicher, ob sie es schon richtig beschreiben hatte. »Genaueres hat sie mir aber nicht gesagt.«

»Ich würde ja schon gern wissen, wie es genau funktioniert.« Marias Augen leuchteten.

»Sie bittet uns ausdrücklich, dass wir uns nichts anmerken lassen sollen.« Mrs. Potters Stimme klang ernst, doch ihre Miene zeigte ein Grinsen.

»Schade, ich hätte gern die Details gewusst.« Maria lächelte etwas verlegen.

»Du kannst dich mit Paul beraten. Er hat die Handschuhe auch gesehen.« Sie hielt einen Moment inne. »Und vielleicht hat Selma ja auch ein paar Handschuhe in deiner Größe.«

»Aber bitte erst nach dem Fest.« Maria verdrehte die Augen, doch dann wurde sie nachdenklich. »Neugierig wäre ich schon.« Sie hatte auf einmal einen fast verträumten Blick. »Ich habe mich schon immer mal gefragt, wie das wohl sein würde, wenn man gefesselt ist und es sieht keiner.«

»Ihr macht das schon. Und es ist auch richtig, dass erst nach dem Fest angehen zu wollen.« Mrs. Potter stand auf. »Was stand denn in dem Artikel?«

»Haben sie ihn noch nicht gelesen?« Maria war erstaunt. Doch dann fiel ihr ein, dass ihre Erzieherin dafür morgens meistens keine Ruhe fand. »Der Baron wurde verhaftet und man hat seine Tochter noch nicht gefunden.«

»Er hat sie bestimmt ins Schloss gebracht.« Mrs. Potter dachte an das Naheliegende.

»Das wurde durchsucht und sie haben keine Spur von ihr gefunden.« Maria blickte noch einmal auf die Zeitung. »Nur das angebliche Unfallauto wurde in der Garage vorgefunden.«

»War es repariert?« Ihr Tonfall zeigte, dass sie davon auch überrascht war.

»Das hat die Reporterin Andrea auch gefragt.« Maria gab wieder, was sie aus dem Artikel erfahren hatte. »Doch bei der Schwere der Verletzungen von Sophie hätte das Auto einen Totalschaden haben müssen. Es ist komisch.«

»Ich lese mir den Artikel später durch.« Mrs. Potter blickte kurz auf den Kalender. »Was liegt heute an?«

»Ich bin heute Vormittag auf die Vorstandssitzung eingeladen.« Marias Seufzer zeigte, dass sie davon wenig begeistert war, doch dann hellte sich ihre Stimme auf. »Und heute Nachmittag darf ich das erste Mal das Kleid anprobieren.«

»Das echte?« Mrs. Potter wusste auch, dass zwei Kleider angefertigt wurden. Es war bisher nur nicht klar, warum der Baron das so in Auftrag gegeben hatte.

»Das echte.« Maria lächelte. »Darauf freue ich mich.«

»Das glaube ich dir.« Mrs. Potter strich ihr über den Arm.

Maria war erneut verwundert, wie schnell Mrs. Potter von der strengen Erzieherin zu ihrer vertrauten Freundin wechseln konnte. Sie empfand ein dankbares warmes Gefühl und realisierte, dass Mrs. Potter bei aller Strenge eigentlich immer ihre Freundin gewesen war. »Und heute Abend wollte ich Anna auf die Probe begleiten.«

Die Erzieherin runzelte ihre Stirn. »Nimmst du dir nicht etwas zu viel vor?«

»Ja schon.« Maria seufzte. »Aber das bringt die Rolle wohl so mit sich.«

»Dass du das Gebet tragen kannst, wird sich schnell herumsprechen.« Es lag etwas Bewunderung in ihrer Stimme.

»Es war eine blöde Idee, es bei der Landung tragen zu wollen.« Maria hatte es bisher nicht geschafft, die Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis zu verdrängen.

»Das denke ich nicht.« Mrs. Potter musste ihr widersprechen. »Du konntest das nicht wissen und außerdem ist Rudolf sehr verschwiegen.«

Maria seufzte. »Andrea hat angerufen, sie fragt, ob sie bei der Anprobe heute dabei sein kann. Sie möchte vielleicht ein paar Fotos machen lassen.« Sie verdrehte die Augen.

»Das soll sie ruhig machen. Du wirst berühmt, und das hast du dir mehr als verdient.« Wieder streichelte die Erzieherin Maria über den Kopf.

»Meinen sie?« Maria war noch etwas skeptisch.

* * *

»Leonie, möchtest du erst den Tisch abräumen oder soll ich dir erst wieder die Ellenbogen-Kette anbringen?« Selma wischte sich den Mund ab und legte ihre Serviette weg, dann nahm sie noch einen Schluck Kaffee. Gestern Abend hatte Selma ihr die Kette abgenommen, weil es sich ohne leichter schlafen ließ. Doch jetzt sollte sie wieder angebracht werden.

»Ich könnte dir helfen.« Paul war fasziniert von dem Mädchen, welches sich von seiner Oma immer strenger fesseln ließ, sich darüber trotzdem nicht beklagte und außerdem noch versuchte, sich nützlich zu machen.

Leonie war dies gar nicht recht. Es reichte eigentlich schon, dass sie sich für solche banalen Tätigkeiten so abmühen musste, auf Zuschauer wollte sie gern verzichten.

»Lass dir ruhig von Paul helfen.« Selma wusste natürlich, was ihren Schützling bewegte. »Es wäre falscher Stolz, solche Angebote nicht anzunehmen.«

Paul stand auf und reichte ihr das Tablett.

Leonie lehnte es ab. »Danke, aber mit der Ellenbogenkette kann ich das nicht tragen.« Es kostete sie sehr viel Kraft, es auszusprechen.

Selma trat hinter sie und brachte die Kette an einem der Ellenbogen an. »Leonie?« fragte sie nur.

Leise seufzend drückte Leonie ihre Arme nach hinten und wartete, bis Selma die so gemeine Kette angebracht hatte.

Doch Paul wollte dabei bleiben. »Wenn du es voll stellst, dann trage ich es für dich.«

Leonie suchte bei Selma eine Antwort, doch diese hatte ihren Blick abgewandt. »Meinetwegen.« Ihr wäre es lieber gewesen, Paul wäre verschwunden und sie hätte sich allein abmühen müssen.

»Wenn ihr in der Küche fertig seid, kommt bitte noch einmal zu mir.« Selma ging zu Leonies Platz und sortierte die unterschiedlich langen dünnen Stangen, die noch auf dem Tisch lagen.



Paul hatte nicht nur bei Tragen des Tabletts geholfen, sondern auch beim Beladen und beim Wegräumen in der Küche geholfen. Er war sehr neugierig darauf, wie Leonie auf die Versteifung ihrer Finger reagieren würde. Jetzt ging er voran ins Wohnzimmer, schaute jedoch ab und zu nach hinten, um sich zu vergewissern, dass Leonie ihm auch wirklich folgte.

»Oh, ihr seid schon fertig?« Selma war ehrlich erstaunt.

»Paul hat mir etwas geholfen.« Sie war sichtlich verlegen, denn es war ausgemacht, dass sie sich um die Küchenarbeiten kümmern sollte.

Selma übersah es bewusst. Auch sie war viel zu gespannt auf Leonies Reaktionen. »Leonie, komm bitte zu mir und reiche mir deine Hand.« In ihrer Hand hielt sie einige der kleinen Stangen.

Leonie kam der Aufforderung nach und streckte ihre Arme aus.

»Hast du dir die Handschuhe schon etwas genauer angesehen?« Selma hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. Es war schon so ewig lange her, dass sie zuletzt einem Mädchen diese Handschuhe anlegen durfte.

Leonie verneinte. »Wäre das wichtig?« Sie hätte dazu ihre Arme beugen müssen und das kostete Kraft, doch das wollte sie nicht zugeben.

»Dir wäre sonst vielleicht aufgefallen, dass die Handschuhe teilweise doppellagig gearbeitet sind.« Selma zeigte auf die vielen Nähte, die auf dem Handschuh aufgenäht waren. »Dies ist nicht nur zur Zierde.«

Leonie hielt den Atem an. Den Gedanken wollte sie nicht weiter denken.

»Wir beginnen jetzt mal mit den kleinen Fingern.« Sie nahm die kürzeste der Stangen und schob sie in die schmale Hülle auf Leonies Handschuh. Die Stange bewirkte, dass Leonie ihren kleinen Finger jetzt nicht mehr beugen konnte. Gleich darauf behandelte Selma die andere Hand auf die gleiche Weise. »In einer Stunde kommt die nächsten beiden Finger dran. Du kannst dir schon mal überlegen, welche das sein sollen.«

Leonie war fassungslos. Ihre schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf die Handschuhe waren wahr geworden. Und sie hatte deutlich erkannt, dass noch genügend Stangen zur Verfügung standen, um alle ihre Finger zu fixieren. Eine Träne lief ihr die Wange herunter, doch sie verzichtete darauf, sie wegzuwischen.

»Du möchtest dich vielleicht für die neuen Handschuhe bedanken?« Selma liebte diesen Moment, wenn die Mädchen die wahre Strenge ihrer Fesselung erkannten.

Leonie schluckte heftig, doch dann regte sich wieder dieses Gefühl tief in ihrem Inneren. »Danke für diese schönen Handschuhe.«
668. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 15.03.17 18:27

Hallo gag_coll,

schon wieder - wie gewohnt - eine tolle Fortsetzung.

Ich finde es wirklich interessant, wie Du es schaffst, die verschiedenen Erzählstränge neben- und miteinander laufen zu lassen:
- Maria in ihrer Vorbereitung auf das Fest
- Leonie in der immer stärkeren, aber geliebten Fesselung (wann wird sie total unbeweglich sein? und mit wem soll sie verkuppelt werden?)
- Anna, die endlich so leben kann, wie sie will
- Sophie, die durch dieses negative Erfahren von Nicht-Liebe zur Liebe und Verständnis für die anderen findet

Jede für sich wäre eine tolle Geschichte, aber alle in einer macht diese Story zu meiner Lieblingsgeschichte.

Ich warte auf das nächste Kapitel!

Gruß
Machtdom
669. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.03.17 00:43

Hallo cag_coll!

Ich weis ja, das man es nie richtig macht, aber.

Ich will jetzt malwas an Kritik los werden.

Im vorherigen Teil hast meistens die angefangen Sachen nicht fertig erzählt, sondern mittendrin aufgehört. Was ich sehr schade fand. Und wenn du es nur kurz in 1 Satz als Unterhaltung gebracht hättest.

Jetzt hast du den Spies umgedreht. Jetzt verrennst du dich in in deiner Geschcihte in vielen kleinen Teilen, wo zwischen viel zu vielen Personen hin und herspringst. Hier wäre jetzt etwas weniger mehr gewesen.

Du erzählst zwar viel uns sehr ausfürhlich, aber irgendwie kommen Maria und Paul zu kurz. Das mit Leonie geht ja noch in Ordnung und das mit Anna und Florian in den meisten Fällen auch. Aber die Baroness hat in meinen Augen hier eher weniger zu tun und hätte daher eigentlich nur in 2 -3 Nebensätzen erwähnt werden können. Den Sinneswandel von ihr finde ich ja in Ordnung.

Aber mehr von Maria und Paul wäre in meinen Augen besser gewesen.


MfG Rainman
670. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunzehn

geschrieben von gag_coll am 19.03.17 07:12

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunzehn
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, 21. September 1984)

Franz-Ferdinand wartete, bis Michael sich angeschnallt hatte, dann fuhr er los. Er war über die Stimmung, die im Keller geherrscht hatte, etwas verwundert. Er hatte bei Michael eher so etwas wie Triumph erwartet und bei Sophie eher Niedergeschlagenheit, doch es war zu seiner Überraschung ganz anders gewesen. Er wagte nicht, eine Frage zu stellen, doch ihm fiel auf, dass der Beutel, den Michael gestern dabei gehabt hatte, jetzt leer war.

»Wann kannst du mich wieder zu ihr bringen?« Michael war der Erste, der wieder zu Reden begann.

»Warum?« Der Neffe des Barons war über den Tonfall verwundert. Jetzt hatte er fast etwas Verliebtes. »Hattest du nicht deinen Spaß?«

»Sie tut mir so leid.« Er ignorierte seine Frage. »Sie hat mich gebeten, ihr eine Bibel zu besorgen.«

Franz-Ferdinand hatte sich schon lange abgewöhnt, sich über die Eskapaden seiner Cousine zu wundern. »Also heute Abend wieder?«

»Heute Abend geht es nicht, weil ich mich in der Burschenschaft sehen lassen muss.« Michael winkte ab. »Aber morgen.«

»Gleicher Ort, gleiche Zeit?« Franz-Ferdinand hoffte, dass Michael sich damit begnügen würde.

»Gern.« Michael hatte sich schon überlegt, was er Sophie kochen konnte in dem kleinen Verließ. Er überlegte lange, ob er die Frage stellen durfte. Schließlich rang er sich durch. »Wie lange muss sie denn in dem Keller bleiben?«

Franz-Ferdinand begriff sofort, dass er Michael bei Laune halten musste, wenn er nicht riskieren wollte, dass sie auffliegen würden. »Bis nach dem Fest. So hatte es mein Onkel wohl geplant.« Er seufzte etwas. »Ich kann ihn jetzt ja nicht mehr fragen.«

»Verständlich.« Michael grinste. Natürlich hätte er auch auf die sofortige Befreiung von Sophie bestehen können. Doch dann riskierte er, dass sie eventuell in ihr altes Verhaltensmuster zurückfallen würde. Doch so lange er sie in dem kleinen Kellerraum wusste, konnte er sie ganz sicher für sich allein haben.

* * *

Leonie stand vor dem Spiegel in ihrem Zimmer und blickte mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Faszination auf ihre Arme. Jetzt war ihr erst aufgefallen, dass es neben den Nähten auf ihren Fingern noch mehr dieser Nähte gab und alle hatten ungefähr den gleichen Abstand zueinander. Mit den Augen fuhr Leonie die Nähte entlang. Drei davon verliefen vom Handteller bis zur Mitte ihres Unterarms und ebenso gab es drei Doppel-Nähte von der Mitte ihres Unterarms zu ihrem Oberarm.

Obwohl sie sich dagegen zu wehren versuchte, malte sie sich doch aus, was es mit diesen Nähten auf sich haben könnte. Es war deutlich, dass auch hier diese Stangen hinein gesteckt werden könnten, und dann wäre ihr gesamter Arm unbeweglich. Sie seufzte, denn sie wusste, dass ihre Hausherrin weiterhin auf die Erledigung ihrer Arbeiten bestehen würde. Doch wie sollte das gehen, wenn sie ihre Hände nicht mehr benutzen konnte.

»Leonie, die Stunde ist um.« Selma stand im Treppenhaus und rief nach oben.

Leonie setzte sich seufzend in Bewegung. Natürlich war ihr klar, dass ein einziges Wort genügend würde und sie würde ihr alle Fesseln abnehmen. Doch der Preis dafür war zu hoch. Sie nahm sich vor, es durchzustehen. Sie hatte mittlerweile ein wenig Übung darin, auch mit fixierten Kniegelenken Treppe zu steigen. Denn für jede Stufe die Gelenke öffnen, war ihr zu anstrengend, weil sie dafür ihre Arme ein wenig strecken musste.



Selma wartete schon im Wohnzimmer und hatte auf dem Wohnzimmertisch die Stangen der Länge nach sortiert. »Nun, welche Finger sollen es sein?«

»Bitte die Ringfinger.« Leonie fiel das Sprechen schwer.

»Links und Rechts?« Selma blickte Leonie ins Gesicht. »Wir können aber auch erst eine Hand fertig machen.«

In Leonie arbeitete es heftig. »Dann bitte erst die linke Hand. Ring- und Mittelfinger bitte.« Sie versuchte, ruhig zu bleiben, doch innerlich tobte es in ihr. Langsam hob sie ihren linken Arm, dann sah sie zu, wie Selma die nächsten beiden Stangen an ihre Plätze schon und ihr so zwei weitere Finger wegnahm.

»Frau Mohr, darf ich eine Frage stellen?« Das Sprechen fiel ihr sehr schwer in dieser Situation.

»Gern, Leonie.« Selma genoss die Situation sehr. »Was möchtest du wissen?«

»Da sind ja noch mehr dieser Nähte auf dem Handschuh. Damit könnten sie mir beide Arme komplett fixieren, wenn ich das richtig sehe.« Sie schaffte es allerdings nicht, am Schluss des Satzes die Stimme zu heben.

»Das hast du richtig erkannt.« Selma lächelte. »Das ist mit diesen Handschuhen möglich.«

»Und werden sie das auch tun?« Leonie war sich nicht sicher, ob ihr so eine Frage überhaupt zustand, doch sie war von dem Gedanken, so streng fixiert zu werden, sehr fasziniert.

Doch zu ihrer Überraschung antwortete Selma mit einer Gegenfrage. »Möchtest du es denn?« Insgeheim ahnte sie schon, wie Leonie antworten würde.

»Ich würde schon gern wissen, wie es sich anfühlt, sich gar nicht mehr bewegen zu können.« Leonie seufzte. »Aber werde ich die Fesseln auch wieder loswerden?«

»Du weißt, dass du jederzeit um deine Freilassung bitten kannst, und ich werde ich sofort von allem Fesseln befreien.« Selma liebte es, auf diesem Register zu spielen.

Leonie seufzte, doch eine Antwort gab sie nicht. Immer wenn sie glaubte, dass es nicht mehr strenger gehen könnte, kam die nächste Überraschung in Form von noch strengeren Fesseln.

»Wenn du dich an die Handschuhe gewöhnt hast, dann könntest du mir beim Hausputz helfen.« Selma hatte sich schon überlegt, wie sie Leonie besonders subtil quälen konnte.

* * *

Erleichterung, Wehmut und Dankbarkeit, das waren die Gefühle, die Sophie jetzt empfand. Der Besuch von Michael war ganz anders verlaufen, als sie es für sich sich erwartet hatte. Sie mochte gar nicht mehr an die Sachen denken, die sie ihm zugetraut hatte, denn er war ganz anders gewesen.

Natürlich war er immer noch der Sohn eines Maurers, doch er studierte Medizin und hatte sich immer um sie gekümmert, als sie in der Klinik war.

Sophie schämte sie sehr dafür, wie sie ihn in der Vergangenheit behandelt hatte. Obwohl sie ihn nach allen Regeln der Kunst gedemütigt und ignoriert hatte, hielt er trotzdem zu ihr.

Was hatte er gesagt? Sie wäre nicht sie selbst gewesen, sondern durch den Tod der Mutter aus der Bahn geworfen worden. Sie wollte es nur zu gern glauben, dennoch hatte sie ein Leben gelebt, dessen sie sich jetzt schämte. Und die Liste mit ihren Entschuldigungsvorhaben war sehr lang.

Sie hatte sich auf das Bett gesetzt und blickte sich im Raum um. Es sah alles so verändert aus, seit er da gewesen war. Er hatte ausgefegt und Staub gewischt. Er hatte für sie gekocht und sie hatten gemeinsam gefrühstückt.

Und ... er hatte ihr einen Orgasmus beschert, fast ohne sie berühren. Und es hatte so gut getan, sich danach in seine Arme zu kuscheln.

Ob er ihr den Wunsch nach einer Bibel erfüllen würde? Sophie war schon lange klar, dass sie ein besseres Leben führen wollte, sobald sie die Gelegenheit dazu hatte. Und Lesen in der Bibel war ein guter Anfang, wie sie fand.

Ganz spontan falteten sich ihre Hände und ohne dass sie es geplant hatte, begann sie ein kleines improvisiertes Dankgebet zu sprechen. Sie wusste, dass er sie hören würde.

* * *

»Ah, sehr schön, dass ihr gekommen seid, Maria.« Robert Greinert sah etwas bedrückt aus, als er Paul und Maria im Rathaus begrüßte. »Nehmt bitte Platz.«

Maria blickte sich um. Fast alle der Gesichter erkannte sie, wenn sie auch bei einigen der anwesenden Herren die Namen nicht parat hatte. Auch Herr Wetzler war anwesend.

Eigentlich war Werktag und fast jeder hätte an seinem Arbeitsplatz sein müssen. Doch das Fest war für Landsbach so wichtig, dass diese außerordentliche Vorstandsitzung hohe Priorität hatte. Es standen neben dem Prestige auch diverse finanzielle Gründe dafür, dass Fest nicht abzusagen. Ein Stuhl war demonstrativ leer gelassen. Es war der, auf dem die letzten Male immer der Baron gesessen hatte.

Robert erhob sich und bat um Gehör. Er gab noch einmal einen kurzen Überblick über die bisherigen Ereignisse, betonte dabei die Verhaftung des Barons und machte auch darauf aufmerksam, dass dessen Tochter noch nicht wieder gefunden war. Er hatte es nicht ausgesprochen, doch es war im Saal zu spüren, dass bisher keiner die Baroness vermisst hatte.

»Ich habe mich daher entschlossen, kommissarisch den Vorsitz zu übernehmen und wollte hier fragen, ob alle mit meinen Vorschlag einverstanden sind.« Er nahm wieder Platz.

Es gab die eine oder andere Wortmeldung, doch sie drehten sich meist nur um irgendwelche unwichtigen Details. Nur ein Notar bat Herrn Greinert um einen Termin, nachdem die Versammlung beendet sein würde.

Herr Greinert hatte alle Wortmeldungen abgewartet, dann erhob er sich noch einmal. »Ich würde über mein Vorhaben gern abstimmen lassen.« Er blickte in die Runde. »Ist jemand gegen meinen Vorschlag?«

Ein etwas nervöser Blick in den Saal erfolgte, doch kein Arm erhob sich. Es gab nur eine Enthaltung.

»Gut, nachdem dies geklärt ist, möchte ich den Festvorstand zu einer Besprechung einladen.« Er blickte zu Renate und auf das Prinzenpaar. »Wir möchten den Ablauf noch einmal im Detail durchgehen und prüfen, ob wir etwas ändern müssen.«

Einige Herren erhoben sich und verließen den Raum.



»Und wir müssen uns überlegen, was wir der Presse erzählen.« Herr Greinert hatte es mehr zu sich selbst gesagt.

»Wie wäre es mit der Wahrheit?« Andrea war aufgestanden und trat nach vorn an den Tisch.

»Wer hat denn die Presse eingeladen?« Im ersten Moment war der neue Vorstand etwas konsterniert.

»Ich möchte auch, dass es ein schönes Fest wird.« Die Reporterin machte sich ein paar Notizen. »Warum sollten wir das Fest mit einer Lüge beginnen?«

Robert wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Was wollen sie also schreiben?«

»Heute habe ich berichtet, dass er verhaftet wurde, morgen werden sie lesen können, warum.« Andrea hatte sich auf die Ereignisse gut vorbereitet. »Und auch, was mit seiner Tochter passiert ist.«

»Sie werden nicht dazu aufrufen, dass Fest abzusagen oder zu boykottieren?« Aus Sicht des Vorstandes war es das Naheliegende.

»Warum sollte ich?« Andrea war verblüfft, wie genau sie die Reaktionen vorhergesehen hatte. »Ich möchte Maria den Triumph nicht verderben.«

»Darf ich sie zu unserer Sitzung einladen?« Robert Greinert spürte, dass die Flucht nach vorn wohl die beste Taktik war. »Dann können sie ihre Leser auch gleich über die anstehenden Änderungen informieren.«

»Sehr gern.« Andrea grinste innerlich. Das war mehr, als sie sich erhofft hatte. »Ich danke sehr für die Einladung.«

* * *

Immer nervöser blickte Leonie auf die Uhr, während sie im Wohnzimmer Staub wischte. Eigentlich hatte sie großen Spaß daran, in ihren Fesseln zu arbeiten, und sie mochte es, wenn bei jeder Bewegung, die sie machte, die Ketten und Lederriemen sie darauf aufmerksam machten, dass ihr Freiraum sehr begrenzt war.

Und jetzt trug sie auch noch diese so seltsam faszinierenden Handschuhe. Sie waren über die gesamte Länge bis zur Achselhöhle geschnürt und selbst, wenn sie ihre Arme und Hände noch hätte frei bewegen können, war doch die Schnürung auch noch mit einem Schloss abgeschlossen. Und wo der Schlüssel dazu war, wusste Leonie nicht.

Natürlich wusste sie, dass ein Wort von ihr sie sofort befreien würde, doch sie war von ihrer Hilflosigkeit viel zu fasziniert, um sie aufzugeben. Außerdem hielt Frau Mohr immer wieder eine Überraschung für sie bereit. Immer wenn Leonie glaubte, es könne nicht mehr strenger werden, wurde sie von ihr vom Gegenteil überzeugt.

»Nun Leonie, hast du dich schon entschieden, welche Finger ich dir jetzt nehmen darf?« Selma genoss den Umgang mit der immer hilfloser werdenden Leonie sehr. »Denke daran, dass heute der Hausputz ansteht.« Sie hatte gerade erst geputzt, doch das wollte sie ihrem Schützling nicht anvertrauen. Es sah einfach so süß aus, wenn sie sich so sehr mit den Fesseln abmühte und bei fast jeder Bewegung leise stöhnte.

»Ist die Stunde schon um?« Leonie tat, als würde sie erschrocken auf die Uhr sehen. Tatsächlich hatte sie die Zeit die ganze Zeit im Blick gehabt und teilweise sogar die Minuten mitgezählt.

Das Schlagen der alten Pendeluhr beantwortete die Frage.

Seufzend hielt Leonie Frau Mohr ihre linke Hand entgegen. »Bitte Zeigefinger und Daumen.« Bisher hatten die fixierten Finger nicht wirklich gestört, weil sie mit den verbliebenen Finger die abzustaubenden Gegenstände meistens noch gut bewegen konnte.

Selma griff sich die nötigen Stangen und schon sie langsam in die kleinen Hüllen auf Leonies Hand.

Leonie betrachtete es mit einem Gemisch aus Furcht und Faszination. Doch erst als Frau Mohr ihre Hand wieder los ließ, wagte Leonie es, ihre Finger zu bewegen. Und wie schon bei den bisherigen Fingern war ein Beugen der Finger nicht mehr möglich. Selbst der Daumen wurde durch den Handschuh etwas abgespreizt festgehalten. Ihre linke Hand war jetzt vollkommen nutzlos.

Ein seltsames Gefühl durchfuhr ihren Körper. Nur mühsam fand sie die Worte, um sie bei Selma zu bedanken. »Vielen Dank für die strengen Fesseln.« Leonie wusste schon gar nicht mehr, was sie sagen sollte. Sie hatte sich bestimmt schon das eine oder andere Mal wiederholt. Und doch war es die schönste Zeit ihres bisherigen Lebens, weil sie in einer sehr vertrauenswürdigen Umgebung immer strenger gefesselt wurde und dabei trotzdem noch zu arbeiten hatte.

Leonie war dabei aber viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, sonst hätte sie sicher gemerkt, dass Selma sie oft beobachtete und sich an ihren Mühen sehr ergötzte. Genauso liebte Frau Mohr es, die nächsten Fesseln schon mal bereitzulegen und dann zu sehen, wie sehr ihr Schützling sich davon beeinflussen ließ.



Bisher hatte Leonie mit einem Staubtuch gearbeitet, doch dann sah sie, was Selma schon bereitgelegt hatte. Es war ein Staubwedel an einer kurzen Stange. Und am anderen Ende sah Leonie zwei Lederriemen. Einer davon hatte am Ende eine Schnalle. Sie stöhnte sofort, denn sie hatte erkannt, was dieser Gegenstand bedeutete. Sie hatte es oft genug auf Fotos gesehen. Sie würde das Ende der Stange in den Mund nehmen und die Riemen würden die Stange wie ein Knebel an ihrem Kopf festhalten.

Es würde sehr demütigend werden. Doch dann hielt sie in ihren Gedanken inne. Es war ja nur konsequent. Wenn sie zu Putzen hatte und dabei ihre Hände nicht mehr benutzen konnte, dann musste der Staubwedel anders festgehalten werden. Und ihr Mund war dazu sehr gut geeignet.

»Was ist los, Leonie?« fragte Selma fast etwas scheinheilig. »Ich an deiner Stelle würde mich jetzt beeilen, bevor es so richtig mühsam und anstrengend wird.« Sie liebte es, die Mädchen auf so eine ganz gemeine Weise weich zu kochen.

Leonie seufzte noch einmal. Sie verzichtete auf Widerspruch, obwohl sie gern gesagt hätte, wie gemein sie das alles fand. Doch sie hielt ihren Mund, denn zum einen bestand immer die Gefahr, weggeschickt zu werden, und zum anderen fühlte sich Leonie immer mehr in einem Paradies, welches sie zuvor nie gekannt hatte. Es hatte auch nichts mit Erregung zu tun, es war einfach nur schön.

* * *

Sophie war überrascht. Ihr Cousin hatte ihr ein tatsächlich ein neues Radio mitgebracht, inklusive Verpackung und Anleitung. So hatte sie keine Problem, es auszupacken und auch gleich in Betrieb zu nehmen. Irgendwie war sie gespannt, wieder etwas Kontakt zur Außenwelt zu bekommen. Sie wollte erfahren, was sich mittlerweile alles in der Welt zugetragen hatte.

Doch in dem Zimmer hatte sie nur Empfang von einem kleinen Privatsender. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Vater den Schlossturm für eine Sendeanlage zur Verfügung gestellt hatte. Es kam vor allem Werbung und für die volle Stunde waren Nachrichten angekündigt. Sophie war von der Werbung genervt, doch sie wollte die Nachrichten nicht verpassen, so zwang sie sich dazu, die Spots zu ertragen.

Es war gleich die erste Meldung, die sie elektrisierte. Ihr Vater war verhaftet worden, weil er seine Tochter entführt haben soll. Sophie seufzte. Von ihr gäbe es keine Spur, obwohl das Schloss durchsucht worden war.



Sophie war die Lust auf weitere Neuigkeiten vergangen. Sie schaltete das Radio wieder aus und legte sich auf das Bett, um zu Grübeln.

Sie fragte sich, ob sie wirklich befreit werden wollte. Vor ihr auf dem Tisch lag die lange Namensliste der Personen, die sie verletzt zu haben glaubte. Und obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, sich bei jedem einzelnen ernst- und glaubhaft zu entschuldigen, war sie doch froh, wenn sie dies noch etwas hinauszögern konnte.

Außerdem, dass wurde ihr nach einiger Zeit immer deutlicher klar, hatte sie Angst vor der Welt da draußen. Es würde nicht mehr die Welt sein, in der sie bisher gelebt hatte, und sie wollte diese alte Welt auch nicht mehr zurück bekommen. Sie wusste, dass sie sich ihr Leben neu aufzubauen hatte.

Hier war sie im Moment glücklich. Sie hatte ein Bett, zu Essen und jetzt sogar noch ein Radio für die Unterhaltung. Eigentlich hatte sie alles, was sie brauchte. Sie machte jetzt auch fleißig die Gymnastikübungen, die Michael ihr empfohlen hatte. Und sie freute sich sehr auf die Rückkehr von ihm. Er würde ihr eine Bibel besorgen und vorbei bringen. Vielleicht würde er wieder über Nacht bleiben.

* * *

Immer wieder hatte Leonie auf den Staubwedel geschaut, den Selma so demonstrativ auf die Kommode gelegt hatte. Sie war sich über ihre Gefühle völlig im Unklaren. Sie hatte einerseits Angst vor dieser offensichtlichen Demütigung, andererseits hatte sie schon oft davon geträumt, so ein Ding im Mund führen zu müssen.

»Ich nehme an, jetzt machen wir mit Ring- und Mittelfinger der rechten Hand weiter.« Selma hatte die entsprechenden Stangen schon in der Hand.

Leonie wusste, dass sie es nicht weiter hinauszögern konnte. Sie seufzte und streckte ihre Hand aus. Bisher war das Arbeiten mit dem Staubtuch gerade noch möglich, auch wenn sie es immer mal wieder ablegen musste, um Gegenstände beiseite zu stellen. Doch wenn das mit ihren Fingern so weiterging, wäre auch diese Freiheit bald weg.

»Als nächstes könntest du den Tisch decken.« Selma war noch dabei, die Stangen in die Hüllen der Handschuhe einzufädeln.

Leonie blickte ein wenig verzweifelt auf die Stangen, die noch übrig waren und schielte ein wenig auf die Nähte auf ihren Handschuhen. Wenn alle Finger fixiert waren, würden die mittellangen Stangen zum Einsatz kommen und ihr die Handgelenke fixieren. Und die ganz langen Stangen würde ihre Ellenbogen versteifen. Sie seufzte ganz leise. Es war ja nicht so, dass sie nicht schon öfters die Arme in irgendeiner Weise gefesselt hatte, doch so subtil wie jetzt war es noch nie gewesen. Sie trug nur ein paar Handschuhe und doch war sie hilfloser, als in jeder anderen Fesselung.

Doch dann erkannte sie, was den Aufenthalt bei Frau Mohr so außergewöhnlich machte. Sie trug die Fesseln in ihrem Alltag und Selma zwang sie mehr oder weniger dazu, trotz ihren Restriktionen zu arbeiten. Und das machte sie sehr an.

»So, das war es schon.« Selma ließ Leonies Hand wieder los.

»Danke, Frau Mohr, dass ich für sie so arbeiten darf.« Leonie wusste nicht, wer ihr den Satz auf die Zunge gelegt hatte, doch im Moment waren es die Gedanken, die sie gerade beschäftigten. Sie blickte auf die verbliebenen Stangen, aber sie sagte nichts dazu.

Selma war diesem Blick gefolgt. Natürlich ahnte sie, was Leonie bewegte. »Die kurzen Stangen sind für die Handgelenke und die langen für die Ellenbogen.« Sie blickte Leonie ins Gesicht. »Ich sehe, dass du dich schon darauf freust.«

Leonie verzichtete auf eine Antwort. Leicht grimmig griff sie sich das Staubtuch und machte dort weiter, wo sie aufgehört hatte.

* * *

Michael gingen immer wieder die traurigen Augen von Sophie durch den Kopf, während er sich in dem kleinen Büchergeschäft umsah. Er hatte bewusst die ´evangelische Buchhandlung´ aufgesucht, weil er hoffte, dass sie hier ein gewisse Auswahl an Bibeln haben würden.

»Kann ich ihnen helfen?« Eine junge etwas pummelige Frau kam auf ihn zu.

Michael trug seinen Wunsch vor.

»Haben sie bestimmte Vorstellungen?« Die Verkäuferin führte ihn zu einem Regel.

»Eine schöne Bibel. Es soll ein Geschenk sein.« Natürlich wusste er, dass er versprochen hatte, die Quittung aufzuheben, doch er hatte sich auch vorgenommen, ihr die Bibel zu schenken.

»Was machst du denn hier?« Franz-Ferdinand war überrascht, Michael in der evangelischen Buchhandlung anzutreffen.

»Sie wünscht sich eine Bibel.« Michaels Stimme zeigte seine Verlegenheit.

»Lässt sie sich schon wieder von vorn bis hinten bedienen?« Er war verärgert.

»Wie soll sie es denn anders machen?« Michael merkte, dass er Sophie verteidigen musste.

»Und du springst sofort, wenn sie pfeift?« Franz-Ferdinand hatte die Zusammenhänge noch nicht erkannt.

»Sie tut mir leid.« Es war Michael nicht recht, dass er sich an dieser Stelle rechtfertigen musste. Er wandte sich wieder der Verkäuferin zu und wählte das Exemplar aus, welches etwas edler aussah, ohne das es übertrieben wirkte. »Die hier nehme ich.«

»Soll ich sie als Geschenk einpacken?« Die Verkäuferin versuchte zu verbergen, dass sie das Gespräch mitangehört hatte.

»Oh ja, bitte.« Michael gefiel die Idee.

Franz-Ferdinand schüttelte den Kopf. »Sie hat dich ganz schön um den Finger gewickelt.«

Michael wollte erst widersprechen, doch dann begriff er, dass er die Vorurteile von Sophies Cousin nicht so einfach ausräumen konnte. Außerdem war er sich sicher, dass Sophie sich ehrlich geändert hatte und ihre neue Linie weiter durchziehen wollte. »Bis Morgen Abend.« Er hatte keine Lust, weiter mit Franz-Ferdinand zu diskutieren.

* * *

»Ist die Stunde wirklich schon um?« Leonie sah verblüfft zur Uhr. Sie war gerade erst mit dem Tischabräumen fertig geworden. Es war aber auch sehr mühsam, jeden Teller einzeln tragen zu müssen und dabei auch nur noch Trippelschritte machen zu können.

»Du kommst mit den Handschuhen ja gut zurecht, wie ich sehe.« Selma hielt die letzten der kurzen Stangen in der Hand.

»Bitte hören sie auf, mich zu quälen.« Leonie blickte erschreckt auf, als sie realisierte, was sie gerade gesagt hatte. Denn erst nachdem sie es ausgesprochen hatte, fiel ihr auf, dass es auch als eine Bitte um Befreiung interpretiert werden konnte. Doch zu ihrer Erleichterung ging Selma nicht darauf ein.

»Aber ich quäle dich doch nicht.« Sie begann, die Stangen in die Hüllen zu schieben. »Ich erwarte lediglich, dass du mir etwas bei der Hausarbeit hilfst.«

»Aber ich kann doch nichts mehr anfassen.« Obwohl sie die Antwort kannte, versuchte sie so etwas wie leichten Widerstand. »Wie soll ich denn so abstauben?«

»Fragst du das wirklich ernsthaft.« Selma blickte auf die Kommode.

»Ich will das Ding nicht in meinem Mund haben.« Obwohl Leonie wusste, dass sie einen aussichtslosen Kampf kämpfte, versuchte sie sich zu sträuben.

»Aber wie willst du es denn sonst festhalten?« Selma genoss den Moment sehr. Es war schöner als sie es sich erträumt hatte. »Mach mir einen Vorschlag, wie du sonst arbeiten möchtest.«

Es war ein Kampf, den Leonie mit sich selbst ausfochte. Schließlich begriff sie, dass sie nachgeben musste. »Ich möchte den Staubwedel benutzen.«

»Eine gute Entscheidung.« Selma lächelte. »Eine sehr gute Wahl.«

Leonie seufzte tief, dann schloss sie die Augen und öffnete sie ihren Mund.



»Jetzt kannst du den Mund langsam zumachen.« Selma hatte die Riemen hinter Leonies Kopf verschlossen.

Als Leonie langsam der Aufforderung nachkam, war sie überrascht. Ihre Zähne füllten so etwas wie Gummi.

Auf diesen Moment hatte Selma gewartet. »Das ist eine Spezialanfertigung. Durch das Gummi kannst du den Staubwedel einfach festhalten und sicher führen.« Sie streichelte Leonie über den Kopf. »Ich möchte doch nicht, dass du mir etwas kaputt machst.«

Leonie blickte Selma an und hatte dabei Tränen in den Augen.

»Du darfst dich auch gern bei mir bedanken.« Selma setzte sich in den Sessel, der hinter Leonie stand.

Leonie versuchte einen Knicks, doch ihre Beinschienen erlaubte ihr die nötige Bewegung nicht.

»Du kannst mit dem Regal weiter machen.« Selma nahm sie die Zeitung zur Hand und tat, als würde sie lesen. In Wirklichkeit freute sie sich sehr auf den Moment, wenn Leonie erkennen würde, dass sie mit ihren Finger nun nicht mehr in der Lage sein würde, die Beinschienen zu öffnen. Denn dazu müsste sie ihre Zeigefinger anwinkeln und das war nun nicht mehr möglich.
671. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwanzig

geschrieben von gag_coll am 20.03.17 05:42

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, 21. September 1984)

Die Schneiderin Roswita Bartels schaute auf die Uhr, als es klingelte. Es hatten sich einige Leute angesagt, die bei Marias Kostümprobe dabei sein wollten. Sie war gespannt, wer als erstes eintreffen würde.

Roswita wusste ungefähr, was Maria Beller vorhatte und wie sie auf dem Fest auftreten wollte, doch so richtig glauben konnte sie es noch nicht. Gut, das Kleid war so gut wie fertig, obwohl sie mit dieser außergewöhnlichen Armhaltung überhaupt keine Erfahrung hatte. Sie warf noch einmal einen Blick auf die Schneiderpuppe, auf der ihre Arbeit für die Anprobe bereit stand.

Es sah schon sehr seltsam aus, eine schmale Taille und keine Öffnungen für die Arme. Wenn man nur von vorn schaute, sah es wirklich aus, als hätte die Trägerin keine Arme. Erst wenn sie von hinten betrachtet, war zu sehen, wo die Arme versteckt waren. Aber das so ein junges Mädchen zu so einer Haltung in der Lage war, das erstaunte sie doch sehr.

Sie ging zur Haustür und öffnete sie. Eine junge Frau stellte sich vor. »Guten Tag, ich bin Sonja Schrumm, mein Vater hatte einen Termin für mich ausgemacht.«

Roswita erwiderte den Gruß und bat ihren Gast herein. »Ich erinnere mich. Sie sollen sich das Kleid und die Armhaltung darunter genau ansehen. So hatte er es gesagt.«

»Ja«, Sonja bestätigte es. »Das hat er mir auch gesagt.«

»Wissen sie warum?« Die Schneiderin fand das Kleid zwar auch faszinierend, ihr kam es aber komisch vor, dass sich ein Notar dafür interessierte.

»Das habe ich ihn auch gefragt, doch er hat mir keine Antwort gegeben.« Dass sie heimlich die Unterlagen zum Fall ´Katerinenfest´ gelesen hatte, behielt sie lieber für sich.

»Maria müsste gleich kommen, nehmen sie doch bitte solange Platz« Roswita zeigte auf die bereitgestellten Stühle. »Darf ich ihnen in der Zwischenzeit etwas anbieten? Vielleicht einen Kaffee?«

»Ja gern«, Sonja folgte der Bitte und setzte sich auf einen der Stühle. Sie trug noch ihre Bürokleidung, den etwas zu kurzen knielanger Rock und eine weiße Bluse. Ihre langen blonden Haare trug sie offen.

Frau Bartels steckte kurz den Kopf aus der Tür. »Judith?« Dann wandte sie sich wieder ihrer Besucherin zu. »Arbeiten sie für ihren Vater?«

»Im Moment mache ich eine Urlaubsvertretung.« Sonja lächelte etwas verlegen. »Ich bin Jura-Studentin und stehe kurz vor dem zweiten Staatsexamen.«

»Dann werden sie sicher einmal die Kanzlei ihres Vaters übernehmen?« Roswita blieb an der Tür stehen.

»Er hat es mir schon angeboten.« Sonja lächelte. »Aber ich weiß es noch nicht. Und jetzt muss ich mich auch noch nicht entscheiden.«



»Du hast gerufen, Mama?« Judith, die Tochter der Schneiderin kam in den Raum. Sonja schätzte sie 13 oder 14.

»Machst du bitte Kaffee für meine Gäste?« Es wurde deutlich, dass die Schneiderin nicht oft solchen Besuch hatte.

Judith bestätigte es etwas missmutig.

»Bitte mache gleich die große Kanne, Maria wird auch gleich kommen.« Roswita sah ihre Tochter ermutigend an. »Ich habe das Geschirr schon bereitgestellt.«

»Wegen dieses blöden Festes wird so ein Aufwand getrieben.« Judith verzog das Gesicht. »Extra deswegen ein neues Kleid.«

»Sie kann halt etwas, was du nicht kannst.« Roswita Bartels wurde etwas ungeduldig. »Jetzt mach, um was ich dich gebeten hatte.«

»In den Ferien arbeiten.« Judith schmollte etwas, doch dann verließ sie das Schneiderzimmer.

* * *

Paul und Maria waren auf dem Weg zur Schneiderin, wo sie das Kleid probieren sollten. »Ich bin schon sehr auf ihre Arbeit gespannt.« Marias Stimme zeigte ihre große Nervosität.

»Du hast es noch gar nicht gesehen?« Paul war erstaunt.

»Nein«, bestätigte Maria. »Sie hat nur einmal bei mir maßgenommen.«

»Ein maßgeschneidertes Kleid für meine Prinzessin.« Paul grinste. Ein wenig Stolz schimmerte in seinen Worten durch.

»Naja, von der Stange wird es das ja wohl kaum geben.« Maria lächelte. »Wie wird es wohl aussehen?«

»Naja, bestimmt so ähnlich wie das bei Grünbergs.« Paul erinnerte sich gern an den damaligen Moment, als seine Freundin das kostbare Kleid anprobieren durfte.

»Das hatte den Reißverschluss aber auf dem Rücken.« Maria hatte ein Schmunzeln in der Stimme. »Da hätte ich vielleicht mit den Fingern dran kommen können.«

Paul war über seine Freundin erstaunt, eine Antwort gab er nicht.

»Ich hatte mir gewünscht, dass das Kleid hochgeschlossen ist und keinen Ausschnitt hat.« Maria gab wieder, was sie damals mit der Schneiderin und Frau Bayer ausgemacht hatte.

»Dann könnte sie den Reißverschluss ja vorn anbringen.« Paul legte den Arm um seine Freundin. »Dann wäre er vor deinen Fingern geschützt.«

Maria stupste Paul in die Seite. »Du Schuft.« Doch dann blieb sie kurz stehen und blickte ihn verlangend an.

Paul nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss. »Lass uns weiter gehen, sie wartet bestimmt schon auf uns.«

»Gefällt dir so etwas?« Marias Stimme klang etwas verträumt. »Das mit dem Reißverschluss meine ich.«

Jetzt war es an Paul, stehen zu bleiben. »Du bist mir auch nicht böse?«

Maria verneinte. Irgendwie spürte sie die Wichtigkeit dieses Moments.

»Ich finde es sehr faszinierend, wenn du so in dem Kleid eingesperrt bist.« Seine Stimme zitterte leicht. Es fiel ihm nicht leicht, seine innersten Gedanken auszusprechen. »Aber natürlich würde ich dich sofort wieder herauslassen.«

»Schade.« Maria sagte nur diese eine Wort und das auch nur sehr leise.

»Was sagtest du?« Paul war sicher, sich verhört zu haben.

»Ich träume schon lange davon, dass ich gefangen bin.« Marias Stimme hatte etwas sehr schwärmerisches. »Und der Prinz, der kommt, umsorgt mich, aber er lässt mich weiter die Fesseln tragen. Er würde mich nur befreien, wenn mir echte Gefahr droht.«

»Wie meinst du das?« Nur in seinem Unterbewusstsein begriff er, welche Wünsche mit Maria in Erfüllung gehen könnten. Wünsche von denen er nicht einmal selbst wusste, dass er sie hatte.

»Ich möchte mich auch gegen die Fesseln wehren dürfen und dagegen kämpfen, ohne dass es etwas nutzt.« Maria blickte zu Boden.

»Wie wäre es, wenn ich dich nach den Anprobe nicht aus dem Gebet heraus lassen?« Paul wusste nicht, woher die Worte kamen.

»Du darfst es mir aber nicht vorher ankündigen.« Maria war amüsiert.

»Natürlich, du hast ja recht.« Paul grinste. »Und außerdem: Was hatten wir auf der Hütte gelernt? ´Topping from the Bottom´ ist böse.«

Maria lachte. »Es erfordert sehr viel Vertrauen.«

»Natürlich.« Paul hatte auf einmal einen Kloß im Hals. »Jetzt lass uns weiter gehen.«

Maria seufzte.

* * *

Judith hatte sich mit dem Kaffeekochen extra etwas Zeit gelassen. Sie wollte ihn servieren, wenn diese Maria da war. Es gab diverse Gerüchte in der Stadt, dass Maria für das Fest etwas Außergewöhnliches vorführen wollte, und die Schülerin hatte erkannt, dass sie zumindest in diesem Moment dicht an der Quelle saß. Wenn sie es nur geschickt genug anstellte, dann würde sie das Geheimnis jetzt schon sehen können.

Es klingelte.

»Ich gehe hin.« Judith sah eine gute Gelegenheit, Maria schon einmal zu Gesicht zu bekommen.

Frau Bartels war zwar erleichtert, dass Judith ihr ab und zu Haushaltsarbeiten abnahm, weil sie sich dann besser ihrer Arbeit widmen konnte, doch jetzt hatte ihre Tochter ganz offenbar andere Motive. Sie ging ebenfalls zur Haustür und schickte ihre Tochter zurück in die Küche. »Was macht der Kaffee?«

»Och menno!« Judith schmollte ein wenig, doch dann ging sie zurück zur Küche.

Frau Bartels öffnete die Haustür und bat das Paar herein. Sie hatte gehofft, Maria würde vielleicht schon dieses ominöse Gebet tragen, doch die beiden sahen aus wie ein ganz normales Paar.

»Ich bin schon sehr gespannt.« Maria wollte etwas Nettes sagen, auch um ihre Nerven etwas zu beruhigen.

»Ich auch.« Die Schneiderin sagte, dass sie etwas Ungewöhnliches wirklich zum ersten Mal machen musste. »Ich bin sehr gespannt, ob es passen wird. Kommt bitte herein.«

Auf dem Weg ins Schneiderzimmer begegneten sie Judith, die das Kaffeetablett vor sich trug.

Judith stellte das Tablett auf den Tisch und wollte sich schon wieder etwas missmutig zurück ziehen, als sie von ihrer Mutter aufgehalten wurde. »Bleib hier, Judith, du musst mir bei der Anprobe helfen.« Sie sagte es in einem Ton, der vermuten ließ, dass Judith dies wohl nur sehr ungern tat. Doch dann zwinkerte sie ihrer Tochter dabei kurz und heimlich zu.

»Ja Mama«, antwortete Judith etwas betrübt, doch dann realisierte sie erst, was ihre Mutter gerade gesagt hatte. Es war sonst nämlich nicht üblich, dass Judith bei den Schneiderarbeiten helfen musste. Sie blickte ihre Mutter erstaunt an. »Danke Mama.« Langsam erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

* * *

»Das ist Sonja Schrumm.« Die Schneiderin stellte die Tochter des Notars vor. »Ihr Vater hat darum gebeten, dass sie bei der Anprobe dabei sein darf. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen.«

»Nein, natürlich nicht.« Maria seufzte ein wenig. »Es werden noch mehr Leute kommen.« Sie hatte Andrea versprochen, dass sie bei der Anprobe dabei sein durfte. Sie hatten der Reporterin viel zu verdanken.

»Wollen wir gleich anfangen?« Frau Bartels zeigte auf die bereitgestellten Stühle. »Habt ihr das Korsett dabei? Wie war doch gleich der Name? Irgendetwas mit Aphrodite?«

»Es nennt sich ´Venus-Korsett´.« Paul versuchte, seiner Stimme einen nüchternen Klang zu geben. Er wollte verheimlichen, dass er sehr aufgeregt war.

»Dann war meine Eselsbrücke mit den Griechen doch nicht passend.« Roswita lachte.

Maria war Pauls Nervosität natürlich nicht entgangen. Dafür kannten sie sich schon zu gut. »Was ist denn los?« fragte sie ihn leise, als er mit den Riemen näherkam.

»Ach nichts.« Paul schwieg. Er wollte nicht zugeben, dass Marias Wunsch nach echter Fesselung ihn etwas aus der Bahn geworfen hatte. Bisher hatte er es immer mit dem Programm für ihre Mutter in Verbindung gebracht. Doch jetzt begriff er, dass es auch Marias eigener Wunsch war. Und noch viel wichtiger, Maria setzte großes Vertrauen in ihn. Er versuchte, sich ein wenig zu beruhigen.

Sonja war näher getreten. »Das ist also das berühmte Venuskorsett?« Sie bat Paul, es ihr einmal zu zeigen.

Paul blickte etwas irritiert zu Frau Bartels. Er war über die Störung etwas verwundert.

»Das geht schon in Ordnung.« Die Schneiderin nickte ihm freundlich zu. »Frau Schrumm soll sich im Auftrag ihres Vaters das Kleid und das Anlegen ganz genau ansehen.«

»Hier ist das Korsett.« Paul reichte es Sonja. »Ich muss ihr ohnehin erst das Gebet anlegen.«

Sonja nahm das Korsett entgegen und betrachtete es ausführlich.

»Judith, schau dir genau an, was Paul macht. Vielleicht musst du mir später mal dabei helfen.« Sie sagte es im gleichen Ton wie vorhin schon.

Judith hatte Mühe, ihre Freude nicht zu zeigen. Das »Ja, Mama« kam deswegen etwas gequält, doch es bewirkte das Richtige.

Paul fühlte sich durch die Schneiderstochter ermutigt, zu erklären was er gerade im Begriff war zu tun. »Zuerst muss Maria die Arme auf den Rücken legen, dann kann ich mit den Handgelenken beginnen.«

Maria kam der indirekten Aufforderung nach. Ihr war im Gegensatz zu ihrem Freund das Spiel zwischen Mutter und Tochter nicht entgangen, doch sie hatte kein Problem, ihr Können zur Schau zu stellen. Sie ahnte, dass es in Zukunft diese Situation noch öfters geben würde.

* * *

»Jetzt komm endlich.« Andrea war aufgebracht. Wie fast jedes Mal trödelte ihr Freund und deswegen musste sie schon oft auf Bilder zu ihren Reportagen verzichten. Diesmal hatte sie ihn gerade aus dem Haus und ins Auto prügeln müssen.

Etwas missmutig stieg Hans aus und nahm sich die kleine Kamera aus dem Handschuhfach.

»Wo ist deine Ausrüstung.« Andrea war empört.

»Eine Kleideranprobe.« Hans Stimme zeigte, was er von Andreas Vorhaben hielt.

»Ich hatte dir doch gesagt, dass es etwas Großartiges zu Knipsen gibt.« Andrea wurde wütend. »Warum glaubst du mir nicht?«

»Ich habe sie doch dabei.« Hans hielt die kleine Pocketkamera hoch.

Direkt vor dem Haus der Schneiderei gab es keinen Parkplatz, so dass sie ein paar Schritte gehen mussten. Andrea stand schon an der Haustür, während Hans ihr langsam hinterher kam. Es war deutlich zusehen, wie wenig Lust er hatte, seine Freundin zu begleiten. Als er endlich neben ihr stand, drückte Andrea auf den Klingelknopf.



Judith ging zur Tür und öffnete. »Kommen sie herein. Sie sind in der Schneiderei.« Sie bemerkte, dass Andrea etwas zögerte. »Die erste Tür links. Folgen sie mir einfach.«

Das Paar kam der Aufforderung nach und zusammen betraten sie die Schneiderwerkstatt.

Andrea blickte sich sofort mit berufsmäßigen Instinkt um, während Hans noch etwas missmutig auf den Boden schaute. Er hatte zunächst nur gesehen, dass Maria in Unterwäsche da stand und deswegen hatte er höflich weggesehen. Doch es arbeitete in ihm, denn etwas war seltsam. Er riskierte einen zweiten vorsichtigen Blick und erkannte, was Maria gerade machte oder besser, er bemerkte die außergewöhnliche Armhaltung, die der junge Mann ihr anscheinend gerade anlegte.

Auf einmal ergriff ihn Hektik. »Andrea, ich muss noch mal kurz weg.« Er streckte die Hand aus. »Bitte gib mir den Wagenschlüssel.«

Andrea griff in ihre Handtasche und reichte ihm die Schlüssel. Sie sagte nichts, doch ihr Blick zu ihm brachte deutlich zum Ausdruck, was sie gerade dachte. ´Ich hatte es dir doch gesagt, du Trottel.´

Kaum hatte er sich den Schlüssel gegriffen, als er schon aus dem Raum stürmte.

Andrea blickte sich etwas verlegen um. »Er holt die große Ausrüstung.« Sie seufzte laut und sprach dann mehr zu sich selbst. »Ich hatte ihm gleich gesagt, dass es hier eine Sensation zu knipsen gibt, doch er wollte es mir nicht glauben.«

Frau Bartels räusperte sich. »Judith, wenn Herr Mohr mit dem Gebet fertig ist, kannst du noch etwas Kaffee kochen gehen.«

»Ja, Mama.« Die Stimme der Schneiderstochter zeigte, wie sehr angespannt sie war.

Nur ganz nebenbei erkannte Maria, dass Andrea bisher wirklich dicht gehalten und das kleine Geheimnis noch nicht verraten hatte. Sie fühlte sich genötigt, kurz ´Danke´ zu sagen.

Andrea verstand natürlich sofort, was Maria bewegte. »Ich möchte es ganz spannend machen.«

* * *

Selma hatte genüsslich zugesehen, wie sehr sich Leonie mit dem Staubwedel an ihrem Mund abgemüht hatte. Jetzt war es Zeit, einzugreifen und ihren eigentlichen Plan weiter zu verfolgen. »Leonie, ich denke, jetzt hast du genug gearbeitet.« Sie trat auf ihren Schützling zu und nahm ihr den Staubwedel ab.

Leonie bedankte sich wieder. »Danke, dass ich einmal so arbeiten durfte.«

»Oh, nicht der Rede wert.« Selma sog die Gefühle des Mädchens geradezu auf. »Das können wir gern noch öfters machen. Ich habe noch mehr Zimmer, die geputzt werden müssen.«

Leonie sah Frau Mohr ein wenig erschrocken an. Sie hatte eigentlich mit einer anderen Antwort gerechnet.

Selma legte den Staubwedel wieder auf die Kommode und trat an Leonie heran.

Wieder liefen ein paar Tränen über Leonies Wangen, denn sie sah, dass Frau Mohr jetzt vier der etwas längeren Stangen in der Hand hatte.

»Für jede Hand zwei.« Selma versuchte sachlich zu bleiben, doch innerlich war sie auch wild aufgewühlt.

»Jetzt werden sie mir die Handgelenke nehmen?« Irgendetwas in Leonie zwang sie dazu, dies zu fragen.

»So ist es, mein Liebes.« Selma hatte große Mühe, ein neutrales Gesicht zu zeigen. »Darf ich dann bitten?«

Seufzend strecke Leonie ihren Arm nach vorn und schloss die Augen. Trotzdem fühlte sie, wie sich nacheinander die zwei Stangen ihren Weg in den Hand bahnten und ihre Hand völlig unbeweglich machte. Sie begann zu keuchen, denn obwohl ihr die Nähe von Frau Mohr bewusst war, fühlte sie doch eine immer stärker werdende Erregung.

»Ist es denn so schlimm?« Selma hatte das Keuchen natürlich bemerkt, und sie glaubte, auch die wahre Ursache zu kennen. Trotzdem wollte sie ihre Vermutung von Leonie bestätigen lassen.

Leonie war sich nicht sicher ob es richtig war, das Thema anzusprechen, doch sie wusste sich sonst keinen Rat. »Ach Frau Mohr, ich kann mich sonst erleichtern, in dem ich mich berühre. Doch das geht jetzt nicht.« Sie seufzte ein wenig erleichtert, weil sie ihre Sorgen ausgesprochen hatte und Frau Mohr dabei ruhig geblieben war. »Die ganzen Fesseln törnen mich so sehr an.« Sie blickte bei dem Satz zu Boden, denn sie schämte sich und versuchte, ihre Röte ein wenig zu verstecken.

»Ich verstehe dich sehr gut, Leonie.« Selma war fasziniert von dem Mädchen. Sie schien wirklich gerade zu platzen. Pauls Oma war erstaunt, dass sie den Mut aufgebracht hatte, ihre intimsten Gedanken mit ihr zu teilen. »Ich werde darüber nachdenken und ich glaube, ich kenne ein Mittel, mit dem ich dir deine Situation etwas erleichtern kann.«

Leonie blickte langsam auf. Ein wenig Hoffnung keimte in ihr auf. Doch sie traute sich nicht zu fragen, wann oder was dies sein würde.

»Morgen früh wirst du sehen, was ich für dich gefunden habe.« Selma ahnte, dass Leonie genau das hätte fragen wollten.

»Danke, Frau Mohr.« Leonie senkte wieder ihren Kopf und blickte sich um.

»Lass uns ein wenig fernsehen.« Selma schaltete den Apparat an. »Magst du dich nicht setzen?« Sie verfolgte damit aber eigentlich einen ganz anderen Plan.

Leonie hatte es sich angewöhnt, ihre Kniegelenke nur noch dann zu öffnen, wenn es gar nicht anders ging, denn es kostete sie viel Kraft in den Oberarmen. »Danke, ich bleibe lieber stehen.«

»Ich finde es ungemütlich, wenn du die ganze Zeit stehst.« Sie gab ihrer Stimme einen etwas eindringlicheren Klang. »Setze dich bitte.«

Leonie seufzte, dann streckte sie ihren Arm und versuchte, an ihr Kniegelenk zu fassen. Auf einmal entfuhr ihr ein Fluch.

»Leonie, was ist los?« Selma hatte Mühe, ihr Grinsen zu verbergen.

»Ich kann die Gelenke nicht mehr bedienen.« Auf einmal hob sie ihren Kopf. »Sie haben das gewusst und wollen mich jetzt demütigen.«

»Wo denkst du hin.« Selma genoss die Situation in vollen Zügen. Natürlich hatte Leonie Recht, doch dass musste das Mädchen nicht erfahren. »Wenn du mich fragst, mache ich dir die Gelenke mal kurz auf.« Ohne eine Antwort abzuwarten, griff sie an Leonies Knieschienen und öffnete die Riegel. Leonie konnte sich in den Sessel setzen.

Selma nahm dann ebenfalls Platz, nachdem sie die Knie in der sitzenden Stellung wieder fixiert hatte. »Jetzt lass uns mal sehen, was das Fernsehen bringt.« Das Ganze war natürlich nur ein Vorwand, denn es warteten noch zwei weitere einschneidende Erlebnisse auf Leonie. Und Selma wollte sie im Moment erst einmal ein wenig ablenken.

Leonie war viel zu aufgewühlt, um dem Geschehen auf dem Bildschirm zu folgen. Sie dachte immer wieder über ihre Lage nach und blickte sehr fasziniert auf die vielen Einschränkungen, die sie mittlerweile an ihrem Körper trug. Alle waren genauso unauffällig wie effektiv. Leonie fühlte fast so etwas wie Geborgenheit.
672. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 21.03.17 23:43

Hi!

Hat mir gut gefallen, der letzte Teil.

Aber gibt es eigentlich noch einen Teil, wo die Reporterin nicht irgendwie die Hände im spiel hat?

Das dauert ja wohl nicht mehr lange, bis die auch den Vorstand zum Fest übernimmt.


LG Rainman
673. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 22.03.17 06:05

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, 21. September 1984)

Es klingelte wieder. Judith legte die Kaffeedose beiseite und ging zur Haustür. Auf Höhe des Arbeitszimmers rief sie ein ´Ich gehe schon´.

Als sie die Haustür geöffnet hatte, wurde sie von Hans fast umgerannt, so eilig hatte er es. Er trug zwei große Umhängetaschen und rollte eine große Kiste vor sich her. Er stürmte gleich in die Werkstatt und scheuchte seine Freundin auf. »Los, helfe mir, die Scheinwerfer aufzubauen.«

Andrea verdrehte die Augen, dann griff sie zu. Es wurde deutlich, dass sie ihrem Freund schon öfters geholfen hatte, denn sie musste nichts fragen und die kannte alle Handgriffe.

»Jetzt kann es losgehen.« Hans fummelte noch etwas an der Kamera herum, dann blickte er auf und suchte das Motiv, welches ihn so erregt hatte.

Paul war gerade dabei, die Schnürung vom Venus-Korsett noch einmal nachzuziehen. Es war eine Maßanfertigung und war so gearbeitet, dass es über Marias Armen in der Gebetshaltung gezogen vollständig geschlossen werden konnte, ohne das es auf ihre Arme Druck ausübte.



»Moment mal bitte, was wird das hier?« Roswita Bartels war sehr erbost über das, was die Presse in Person von Andrea und Hans gerade in ihrer Werkstatt veranstaltete. »Packen sie das sofort wieder ein.«

Andrea und Hans hielten in ihren Bewegungen inne und blickten sich verunsichert an. »Aber sie hatten doch gesagt, dass ich bei der Anprobe dabei sein darf.«

»Ja, sie dürfen dabei sein, aber nicht ein ganzes Photostudio.« Frau Bartels war sehr aufgebracht. »Sie ruinieren mir meine ganze Werkstatt.«

Maria erkannte, dass sie vermitteln musste. Sie war der Reporterin immer noch sehr dankbar, auch dafür, dass sie bisher das kleine Geheimnis bewahrt hatte. »Frau Bartels, darf ich sie mal kurz allein sprechen?« Sie wandte sich an Paul. »Bist du fertig?«

Paul nickte, er war gerade mit dem Anlegen des Vernuskorsetts fertig geworden.

»Kommen sie mit in meine Küche.« Frau Bartels ging voraus, nicht ohne noch einmal darauf zu bestehen, dass Andrea und Hans ihre Sachen sofort wieder einzupacken hatten.



Maria wartete, bis die Küchentür geschlossen war. »Frau Bartels, wir haben Frau Baseling sehr viel zu verdanken. Wir wollten ihr so etwas Dankbarkeit zeigen.«

»Aber deswegen dürfen sie mir doch nicht die ganze Werkstatt durcheinander bringen.« Die Schneiderin war noch sehr aufgebracht.

»Bitte erlauben sie ihnen ein paar Fotos.« Maria gab wieder, wie sehr sich die Reporterin auf diesen Moment gefreut hatte.

»Ich habe ja nichts dagegen, wenn sie das eine oder andere Fotos macht, meinetwegen auch mit Blitzlicht.« Frau Bartels Stimme zeigte, dass sie sich schon ein wenig beruhigt hatte. »Aber bitte ohne diese monströsen Scheinwerfer.«

»Ich werde es ihr erklären.« Maria ging wieder in Richtung der Tür. »Könnten sie mir bitte die Tür aufmachen. Mir fehlen da gerade ein wenig die Möglichkeiten.«

Jetzt war es an der Schneiderin, etwas verlegen zu sein. »Ach Kind, ihre Arme.« Erst jetzt hatte sie wirklich realisiert, in welchem Zustand Maria sich im Moment befand. »Natürlich, warten sie bitte.«

Als Maria vor der Werkstatttür wieder warten musste, streichelte ihr die Schneiderin kurz über den Kopf. »Sie sind ein tapferes Mädchen.« Dann öffnete sie die Tür.

Maria ging auf die Reporterin zu. »Andrea, darf ich dich mal kurz sprechen?«

Die Reporterin war gerade dabei, einen Ständer für den Scheinwerfer einzupacken. »Was ist denn, Maria?« Ihre Stimme zeigte, dass sie ein wenig eingeschnappt war.

»Frau Bartels hat ja nichts dagegen, dass ihr ganz normale Fotos macht.« Sie blickte auf die Kiste mit den beiden Scheinwerfern, die noch offen stand. »Einfach mit der Kamera und einem Blitzlicht. Würde das gehen?«

Ein Lächeln glitt über das Gesicht der Reporterin. Natürlich wusste sie, dass ihr Freund seine Bilder, wenn er sich dann mal dazu entschlossen, stets gut ausgeleuchtet machen wollte, doch sie spürte auch, dass Maria ihnen hier eine Brücke bauen wollte. Sie drehte sich zu ihrem Freund. »Bitte nur mit der Kamera und dem Blitzlicht.« Dabei setzte sie eine Miene auf, von der sie wusste, dass Hans sie respektieren würde.

Doch der war in Gedanken schon ganz woanders. Er war langsam auf Maria zugekommen und stand jetzt hinter ihr. Es war deutlich, wie sehr er von dem Venuskorsett fasziniert war. »Ich dachte immer, das wäre eine Legende.«

»Hans, hast du mich verstanden?« Andrea war verwundert darüber, dass er gar nicht auf ihren so energischen Blick eingegangen war.

»Was hast du gesagt, Liebes?« Er blickte erschrocken auf.

»Nenne mich in der Öffentlichkeit nicht ´Liebes´«, zischte sie ihm leise zu. »Nur die Kamera mit Blitzlicht. Mach was daraus.« Sie wusste durchaus, dass er auch in einer dunklen Umgebung noch brauchbare Bilder zaubern konnte.

Hans klappte die Kiste zu und murmelte sich etwas in den nicht vorhandenen Bart. Dann griff er zu seiner Kamera, nicht ohne immer wieder auf das Venuskorsett zu schauen. Er nahm die Kamera hoch und wollte schon das erste Bild machen, als Andrea sich vor die Kamera stellte.

»Was soll das, Liebes?« Er war verärgert.

»Wir sind hier, um uns das Kleid anzuschauen. Davon brauche ich Bilder für meinen morgigen Artikel.« Ihre Stimme war auf einmal sehr energisch. »Maria in Unterwäsche will keiner sehen.«

»Aber das ist doch die eigentliche Sensation.« Hans ließ die Kamera sinken. Er wusste, dass seine Freundin entsprechende Fotos wirklich verhindern würde. Wenn er sich gegen sie stellen würde, riskierte er es, dass sie den ganzen Film aus der Kamera riss. »Ein Venuskorsett und ich darf keine Bilder davon machen.« Er war sichtlich betrübt.

»Können wir dann mit der Anprobe beginnen?« Frau Bartels hatte die Schneiderpuppe herangeholt und nahm das Kleid vorsichtig herunter. »Maria, kommen sie bitte?« Sie sah den verzweifelten Blick von Hans. »Ich sage, wenn sie knipsen dürfen.

* * *

Wieder klingelte es, und Judith machte sich seufzend auf den Weg. Kurz darauf kam sie mit dem Neffen des Barons zurück. »Ein Herr Franz-Ferdinand Freiherr von Schleihtal.« Sie lass es von einer kleinen Karte ab.

Maria verdrehte die Augen. »Was will der denn hier?«, flüsterte sie leise, so dass es nur die direkt um sich herumstehenden Personen hören konnten.

»Keine Ahnung.« Paul flüsterte ebenfalls.

»Können wir ihn irgendwie ablenken?« Maria war seine Gegenwart unangenehm.

Franz-Ferdinand räusperte sich. »Guten meine Damen, meine Herren.« Er deutete etwas übertrieben eine kleine Verbeugung an. »Mein Onkel schickt mich.«

»Ihr Onkel sitzt im Gefängnis«, fuhr Andrea dazwischen. »Falls sie das noch nicht mitbekommen haben.«

Doch den Einwand übersah er. »Ich soll hier die Kleideranprobe beaufsichtigen.«

»Was machen sie denn hier?« Sonja hatte den Mann wiedererkannt, der gestern erst bei ihr im Büro war.

»Das könnte ich sie auch fragen.« Franz-Ferdinand war erfreut, die Vorzimmerdame des Notars hier wieder zu treffen. Und er sah auch sofort, dass sie immer noch ihre so unschuldig erotischen Sachen trug.

Frau Bartels sah den beiden einen Moment zu, dann ging sie kurz zu Sonja und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Sonja lächelte. »Mache ich«, antwortete sie, dann ging sie langsam zum Fenster.

Maria sah erstaunt, dass der Neffe ihr hinterher ging. »Was haben sie ihr gesagt?« fragte Maria leise, als die Schneiderin sich wieder mit ihrem Kleid befasste.

»Ich glaube gesehen zu haben, dass es zwischen den beiden gefunkt hat, zumindest von Seiten des Herrn. Und Ich habe Frau Schrumm gebeten, ihn ein wenig abzulenken.«

Maria entglitt ein erleichtertes ´Danke´.



»Jetzt wäre ein guter Moment für ein Foto.« Frau Bartels war ein paar Schritte zurückgetreten.

Maria sah atemberaubend aus. Über einem weit schwingenden Reifrock kam ihre schmale Taille sehr gut zur Geltung, die durch ihr Korsett und den breiten Rock noch schmaler wirkte. Oben war das Kleid wie von Maria gewünscht hochgeschlossen und von vorn sah es wirklich aus, als hätte sie keine Arme. Erst von hinten erkannte man, wo ihre Arme versteckt waren. Venuskorsett und Kleid ergänzten sich hier hervorragend und gaben Maria eine Gestalt, die wirklich als außerordentlich schön zu bezeichnen war.

Hans zückte sofort den Photoapparat und knipste ein paar Bilder. Man merkte es ihm deutlich an, dass er viel lieber das Venuskorsett abgelichtet hätte, doch da waren ihm das Kleid und vor allem seine Freundin im Weg.



»Das war es?« Maria war immer noch sehr nervös. Immerhin bestand jetzt die Möglichkeit, dass Paul sie nicht aus dem Gebet befreien würde. Sie hatte sich schon öfters so etwas gewünscht, hatte sie aber nie getraut, den Wunsch zu äußern. Vor allem war ihr wichtig, dass er es einmal gegen ihren Willen machen würde. Sie hatte mittlerweile so viel Vertrauen zu ihm, dass sie bereit war, sich ihm so weit auszuliefern, denn sie wusste, dass er trotz allem auf sie aufpassen würde und sie vor jedem wirklichem Schaden bewahren würde.

»Nein, bei weitem nicht.« Frau Bartels war verwundert. »Für sie sind zehn Kleider bestellt, die müssen wir alle noch anprobieren.«

»Zehn Kleider?« Maria war verwundert.

»Bestellt wurden sie von Rudulf Steinhagen.« Roswita schmunzelte. »Sie haben einen offensichtlich einen Verehrer.«

»Das heißt, mit dem Kleid für das Fest sind sie fertig?« Andrea sah ihre Chance. »Dann hätten wir es.« Sie ging zu Hans und nahm ihm die Kamera weg. »Wir gehen jetzt.«

Jetzt fiel es Maria auch wieder ein. Der Chef der Sparkasse hatte die Kleider in Auftrag gegeben mit dem Wunsch, dass Maria sie bei den diversen Auftritten im Katerinenjahr tragen sollte. Das war aber schon vor ihrem Aufenthalt in den Staaten gewesen. Jetzt musste sie sich erst einmal setzen.

Andrea ging zu Frau Bartels und flüsterte ihr kurz etwas zu.

Die Schneiderin lächelte. »Machen wir.« Dann wandte sie sich an Paul und Maria. »Ihr könnt euch kurz etwas ausruhen.«

Paul wollte erst widersprechen, doch dann sah er, wie die Schneiderin ihm kurz zu zwinkerte und dabei kurz in Richtung des Fotografen blickte.

Paul begriff sofort. »Maria, wir machen noch eine Pause.« Er legte den Arm um sie.

Maria zuckte ein wenig zusammen, denn er hatte sie noch nicht in den Arm genommen, wenn sie das Gebet trug.

Paul spürte sofort, dass etwas anders war als sonst. »Entschuldige bitte, ich hatte nicht daran gedacht.«

Doch Maria schüttelte kurz den Kopf. »Das kannst du ruhig öfters machen. Es fühlt sich gut an, deine Arme zu spüren.« Sie gab ihm einen Kuss.

Andrea musste ihren Freund fast aus dem Raum schieben. Sie wollte verhindern, dass er das sogenannte Venuskorsett noch einmal zu Gesicht und vor allem vor die Kamera bekam.

Erst als sie das Auto weg fahren hörten, meldete sich Frau Bartels wieder. »Jetzt können wir weiter machen.« Sie trat an den Vorhang an der Wand und öffnete ihn.

Maria verschlug es den Atem, als sie sah, was dort an den Kleiderbügel und teilweise auch auf Schneiderpuppen auf sie wartete. »Die sind alle für mich?«

»Es wäre gut, wenn sie ihrer Freundin jetzt das Venuskorsett wieder ausziehen und die Arme frei machen.« Die Schneiderin blickte sie beide aufmunternd an.

»Natürlich.« Paul fragte sich, ob er sein Vorhaben wirklich durchgezogen hätte. Es war einfach eine unpassende Gelegenheit gewesen. Aber er fühlte sich durch ihre Reaktion ermutigt und in seinen Gefühlen bestätigt.

* * *

Das Konsortium hatte ihr als Teil der Anerkennung einen erste Klasse-Flug spendiert. Eigentlich legte Frederike darauf überhaupt keinen Wert, doch jetzt genoss sie es, dass sie viel Platz hatte und vor allem, dass es ruhig war. Kurz nachdem der Flieger die Reiseflughöhe erreicht hatte, kippte sie die Rückenlehne nach hinten und lehnte sich zurück. Sie freute sich darauf, nach viel zu langer Zeit endlich wieder einmal in ihre alte Heimat zu kommen.

Zumal es einen wunderschönen Anlass gab. Ihre Tochter würde auf dem Katerinenfest die Hauptdarstellerin sein. Ihren Freund hatte sie schon kennengelernt und war sehr von ihm angetan.

Sie war schon lange nicht mehr in Landsbach gewesen. Sie war gespannt, was sich so alles verändert hatte. Und sie war auch sehr neugierig, ob Anna und Florian wirklich sicher angekommen waren. Um sie nicht versehentlich verraten zu können, hatte sie jeglichen Kontakt zu ihnen vermieden, und auch Frau Mohr hatte sie entsprechende Anweisungen gegeben.

Immer wieder musste sie an die turbulenten Wochen denken, als Maria wieder einmal in der Klinik war. Kurz zuvor hatte ein Investor die Klinik übernommen und sie durfte das Krankenhaus nur noch unter ihm leiten, und das auch nur, weil sie durch ihre Kompetenz beeindruckt hatte.

Es war ein Glücksfall, dass sich gerade zu dem Zeitpunkt der Herzog Breganza aus Brasilien in der Klinik einquartiert hatte. Die Klinik hatte häufig prominenten Besuch, doch so gravierende Folgen hatte so ein Prominenten-Besuch nur selten.

Er war so mächtig und reich gewesen, dass er dem Investor einfach die Anteile an ihrer Klinik abkaufen konnte und ihr geschenkt hatte. Als Geschenk. Frederike war darüber immer noch sprachlos. Natürlich wusste sie, dass sie sich dies mit ihrer Arbeit auch verdient hatte. Denn sie hatte der zukünftigen Schwiegertochter vom Herzog zusammen mit ihrer Tochter beigebracht, wie man das berühmte Gebet auf dem Rücken trainieren und damit erlernen konnte.

Maria würde dieses Gebet auch auf dem Katerinenfest tragen und damit die erste Darstellerin überhaupt sein, die dieses Kunststück zustande brachte. Natürlich war dies nur möglich, weil Marias Körper seit Jahren an Korsetts und Monohandschuhe gewöhnt war.

»Was wünschen sie zu Trinken?« Die Stimme der Stewardess riss sie aus ihren Gedanken.

»Bitte ein Glas Sekt.« Frederike wollte noch auf ihren Erfolg beim Konsortium anstoßen, doch sie hatte dazu bisher einfach keine Zeit gefunden. Die ehrwürdigen Herren hatten ihren vorläufigen Bericht anerkannt und warteten jetzt nur noch auf einen guten Verlauf des Festes.

Sie dachte noch einmal an den Moment, als sie wirklich leibhaftig vor ihnen stand.

Ein Mitglied hat ihr heimlich signalisiert, dass sie schon mal den Sekt kaltstellen könne. Natürlich nur, wenn Maria dieses Fest wirklich so spielen würde, wie es geplant war.

Und sie solle in ihrer Klinik schon mal ein paar Zimmer frei machen für die ersten Probantinnen. Ein paar Mädchen kämen für eine erste echte Anwendung ihres Programms durchaus in Frage.

Frederike seufzte innerlich. Sie wollte die Fälle der ihr vorgeschlagenen Mädchen auf jeden Fall noch prüfen und sich mit den Mädchen persönlich auch unterhalten, um sich selbst ein Bild zu machen. Diese Klausel hat sie noch in ihr Programm aufgenommen, bevor sich es dem Konsortium vorgelegt hatte. Sie wollte solche Fälle wie Anna Kennedy unbedingt vermeiden.

Es war richtig, die Mädchen auf der richtigen Bahn zu halten, notfalls sogar unter Zwang, aber es war nicht Aufgabe des Programms, ihr Herz zu brechen und sie mit Gewalt zu einer Hochzeit zu zwingen, die sie nicht wollten.



Die Stewardess brachte den Sekt.

Frederike hielt das Glas hoch und stieß in Gedanken mit ihrer Tochter an. Letztendlich hatte sie ihr es zu verdanken, dass sie jetzt wirklich eine eigene Klinik besaß.

Doch dann musste sie schmunzeln. Ihrer Tochter hatte sie auch ein ganz anderes Erlebnis zu verdanken. Immer wieder musste sie an das Kleid denken, dass sie auf der Geburtstagsfeier des Herzogs getragen hatte. Sie hatte sich dem Dresscode des brasilianischen Hochadels anpassen wollen und hatte ein Kleid gewählt, dass das Verstecken der Arme ermöglichte.

Sie hatte Maria gebeten, ihr das Kleid zu schließen, und diese hatte es sehr wörtlich genommen. Sie hatte nicht nur den Reißverschluss im Rücken zugemacht, sondern sie hatte auch die Armfixierung geschlossen, so dass sie in dem Kleid tatsächlich gefangen war.



Es waren neue Erfahrungen für sie. Und sie stellte fest, dass sie diese Art von Gefühlen gar nicht mochte.

Die Leute auf der Feier waren alle sehr freundlich zu ihr, und ein hübscher und sehr zuvorkommender junger Mann in einer Livre hatte sich um ihr persönliches Wohl gekümmert. Er war unaufdringlich und doch sehr aufmerksam. Letztendlich reichte es, ihn kurz anzusehen oder die Augenbrauen anzuheben, schon war er an ihrer Seite.

Und er schien auch immer gleich zu wissen, was sie bedurfte.

Sie hatte erst Skrupel, sich von ihm füttern zu lassen, doch er machte es mit einer solchen Ruhe und Würde, dass sie glaube, sie wäre schon immer eine brasilianische Prinzessin gewesen.

Am Abend hatte er sie sogar auf ihr Zimmer gebracht und ihr die Fesseln gelöst, dann hatte er sich sehr unauffällig entfernt.

Wenn sie ehrlich zu sich war, dann hatte sie es schon genossen, dass er sich so aufmerksam um sie gekümmert hatte und sie wirklich wie eine Prinzessin von vorn bis hinten bedient hatte. Es gab keinen einzigen Moment, in dem sie ihre Arme wirklich vermisst hatte.

Und doch konnte sie jetzt auch etwas besser nachempfinden, was sie ihrer Tochter über all die Jahre abverlangt hatte und ihr Respekt vor ihren Leistungen stieg noch einmal.

Es war Weihnachten vor fünf oder sechs Jahren und sie saßen zusammen vor dem Fernseher, um die jährliche Ausstrahlung der Sissi-Filme zu genießen.



»Ach Mama, ist Sissi nicht wunderschön in ihren Kleidern? Und was für eine tolle Figur sie hat!« Maria schwärmte deutlich für das, was sie auf dem Bildschirm zu sehen bekamen. »So schön möchte ich auch sein. Heute sieht ja niemand mehr so toll aus. Was würde ich darum geben, auch so ein Kleid tragen zu dürfen!«

»Das ist kein Wunder, Kind. Sie trug ein ganz enges Korsett, ließ sich jeden Tag so eng schnüren, dass sie kaum noch atmen konnte. Und sie ließ sich sogar in ihre Kleider einnähen, damit sie gut saßen!« Auch ihre Mutter war von den Leben der berühmten Prinzessin fasziniert. »Alleine kam sie da nicht mehr heraus, sie war auf Hilfe angewiesen.« Sie seufzte. »Solche Einschränkungen nimmt heute natürlich keiner mehr auf sich. Und außerdem verformt sich dadurch ihr Brustkorb dauerhaft.« Sie blickte ihre Tochter warnend an.

»Was bedeutet das?« Maria ließ sich von den vorsichtigen Warnungen nicht beeindrucken.

»Sie bleib zwar so schön, bekam aber zeitlebens nicht so viel Luft wie die Leute ohne Korsett.« Frederike erklärte die Zusammenhänge.

»Und du meinst, sie war wirklich eingeschlossen in ihren schönen Kleidern?« Die Faszination war Maria deutlich anzusehen. »Warum hat sie das nur auf sich genommen?«

»Naja, sie war eine Kaiserin. Und die Kaiserin opferte sich für ihr Volk auf.« Ihre Mutter gab wieder, was sie aus der Historie wusste.

»Sie hat Ungarn erobert und die Italiener besänftigt.« Maria gab den Inhalt der Filme kurz wieder. »Und sie wurde vom Volk bewundert, weil sie so viel auf sich nahm.«

»Naja, der Film übertreibt aber auch an der einen oder anderen Stelle.« Sie musste etwas Wasser in den Wein genießen.

»Mama, ich möchte auch so schön wie Sissi werden.« Maria hatte auf einmal dieses Leuchten in den Augen, welches ihre Mutter fürchtete. »Du machst doch in der Klinik immer Korsetts für deine Patienten mit krummem Rücken! Kannst du nicht ein Sissi-Korsett für mich zu Weihnachten machen lassen?«

»Ich weiß nicht, mein Schatz.« Frederike hatte den Gedanken bisher noch nicht erwogen. »Das wäre zwar schon möglich, wenn ich darüber nachdenke... aber das sind alles Maßanfertigungen, die einen Haufen Geld kosten, und sehr viel Arbeit machen.« Sie machte eine Pause, um ihre Worte zu betonen. »Du wirst das ausprobieren, es wird Dir zu eng und unbequem sein, und dann ist das teure Ding umsonst gemacht worden und liegt in der Ecke, nur für eine Laune.«

»Nein Mama, das will ich wirklich!« Maria wusste schon immer, wann es sich zu kämpfen lohnt. »Es ist mein Herzenswunsch. Und damit ich es mir nicht anders überlegen kann, musst du das Korsett abschließbar machen, damit ich darin eingeschlossen bin wie Sissi, und nur mit deiner Hilfe wieder herauskomme!« Sie holte tief Luft. »Wenn ich bald mit dem Tragen anfange, solange ich noch wachse, dann kann ich auch noch so eine wunderschöne Figur bekommen!« ihre Augen leuchteten.

»Na, ich weiß nicht... und was willst du in der Schule machen?« Frederike suchte fast verzweifelt nach Argumenten, um ihrer Tochter die Idee noch ausreden zu können. »Du könntest keinen Sport mehr machen, und du müsstest das Korsett unter normaler weiter Kleidung verstecken.« Sie holte tief Luft. »Und wenn es dir wirklich ernst ist mit dauerhaftem Figurtraining, dann müsstest du auch nachts ein Korsett im Bett tragen.«

»O ja Mama, das will ich alles tun!« Maria war nicht zu bremsen. »Du musst mir eben ein Attest schreiben, dass ich wegen meines Kreislaufes nicht am Sport teilnehmen kann, wenn ich weniger Luft bekomme! Machst du mir bitte mein Korsett? Bitte bitte bitte!«



Frederike nahm wieder einen Schluck Sekt und lächelte. So hatte es angefangen, mit Sissi, der berühmten österreichischen Kaiserin. Und wenn sie heute den Film schaute, musste sie immer wieder an die Ereignisse von damals denken.



Zwei Monate waren vergangen. Maria kam von der Schule nach Hause, ihre weite Bluse verdeckte das Korsett ganz gut. Sie lief zu schnell die Treppe hinaus, und aus Sauerstoffmangel wurde ihr schwarz vor Augen. Frederike konnte sie gerade noch auffangen, als sie zusammen sackte. Sie legte sie auf das Sofa, öffnete ihr die Bluse und wollte ihr das Korsett öffnen.

»Nein Mama, nicht das Korsett öffnen!« Maria war wieder zu sich gekommen und wehrte sich. »Es geht schon wieder!«

»Ich war von Anfang an dagegen. Sieh nur, was passiert ist!« Frederike wusste, dass sie einschreiten musste. »Du bekommst einfach keine Luft in diesem engen Korsett, das kann ich nicht verantworten!«

Doch Maria widersprach. »Aber ich will es so! Bitte lass mich weitermachen!«

»Aber Kind, so geht es einfach nicht weiter!« Frederike kämpfte um ihre Tochter. »Was ist, wenn du auf der Straße ohnmächtig wirst?«

»Dann müssen wir eine andere Lösung finden.« Maria wurde auf einmal etwas nachdenklich. »Mir ist aufgefallen - wenn ich die Arme ganz zurücknehme, dann weitet sich mein Brustkorb, und ich bekomme mehr Luft. Aber das ist zu anstrengend, ich kann meine Arme nicht so halten. Kann man nicht was an dem Korsett machen?«

»Naja, man könnte natürlich Schulterriemen anbringen, einen Geradehalter, der dir die Schultern zurückzieht, dann weitet sich der Brustkorb, wie Du sagst.« Frederike fühlte, dass die Diskussion eine Richtung nahm, die ihr überhaupt nicht gefiel. »Du müsstest auch täglich Übungen machen, bei denen du die Ellbogen zusammenbringst. Dabei müsste dir jemand helfen, und sie zusammendrücken.« Sie seufzte. »Aber das schaffe ich mit der Arbeit nicht! Und außerdem wird das ganze noch unbequemer für Dich, das kann ich Dir nicht zumuten!«

»Aber ich will es unbedingt!« Maria war in ihrer Begeisterung nicht zu bremsen. Bitte mach mir solche Schulterriemen. Und wenn ich diese Übungen nicht alleine machen kann - kannst Du mir nicht einfach täglich für zwei Stunden die Arme hinter dem Rücken zusammenbinden? Dann dehne ich meinen Brustkorb die ganze Zeit!«

»Maria, willst Du das wirklich?« Als Mutter war sie entsetzt über so einen Vorschlag. »Ich soll dich fesseln? Das darf aber nie jemand erfahren!«

»Ja bitte, Mama« Maria blickte sie mit großen Augen an. »Ich will das wirklich!«

»Nun, erzähle es bitte niemandem, aber ich werde dir einen großen weichen Handschuh machen, der beide Arme umschließt und der eng geschnürt werden kann.« Wieder holte sie tief Luft. »Den musst Du dann aber wirklich täglich tragen, wenn er etwas nützen soll!«

Maria fiel ihrer Mutter um den Hals »Mama, Du bist die beste Mama der Welt!«



Etwas wehmütig blickte Frederike aus dem Flugzeugfenster und nahm wieder einen Schluck Sekt. Der Pilot hatte gerade durchgegeben, dass sie jetzt den Atlantik erreicht hatten.

Die Stewardess hatte ein neues Glas Sekt gebracht, wieder nahm Frederike einen Schluck. Das neue Glas hatte eine angenehmere Temperatur, weil er kalt war. Das bisherige Glas war warm geworden. Deutlich erinnerte sie sich an das nächste so einschneidende Ereignis.



Frederike kam sichtlich bewegt nach Hause. Natürlich hatte Maria sofort gefragt, was passiert wäre, doch ihre Mutter hatte sie auf das Abendessen vertröstet.

Maria wusste, dass es nicht bringen würde, wenn sie vorher drängelt, so bezwang sie ihre Neugier und wartete geduldig auf das Abendessen.

Schließlich begann Frederike zu erzählen. »Maria, erinnerst Du Dich - ich hatte Dir erzählt, dass ich ein paar Patienten habe, die incognito ins Krankenhaus kommen, weil sie zu alten Fürstenhäusern gehören und nicht von der Klatschpresse verfolgt werden wollen. Einer davon, ein älterer Herr, ist sehr nett, wir verstehen uns sehr gut und sprechen auch privat über unsere Familien.«

Maria lehnte sich zurück und lauschte gespannt.

»Ich habe ihm vor einem Monat von Dir erzählt. Dass Du so leben möchtest wie Kaiserin Sissi, und was Du alles auf Dich nimmst - das Korsett, die Geradehalter, den Monohandschuh, das Nachtkorsett, und die Bettfesseln, damit Du Dich im Korsett nicht herum wälzt - und das alles ganz freiwillig, ja eigentlich gegen meinen Willen!« Sie machte eine kurze Pause. »Erst wollte er mir das alles überhaupt nicht glauben, aber nun bewundert er Dich sehr!«

Maria lächelte ein wenig.

»Er sagte, dass die jungen Damen in seiner Familie überhaupt nicht prinzessinnenhaft leben, und er macht sich große Sorgen um ihre Zukunft.« Frederike zögerte ein wenig. »Heute habe ich ihn wieder getroffen, und er machte mir ein Angebot, das ich sofort abgelehnt habe. Er insistierte aber, und ich musste ihm versprechen, Dir zumindest davon zu erzählen!«

Frederike zögerte ein wenig. Nicht alles, was ihr der Herr erzählt hatte, wollte sie ihrer Tochter weiter geben. Viele von seinen Freunden hatten ähnliche Probleme mit ihren Töchtern, und alle hatten Angst, dass sie sich zu vulgären Flittchen wie Paris Holton oder ähnlich entwickeln könnten, und damit die Familien zugrunde richten würden.

»Und was war das Angebot?« Noch war Maria neugierig.

Frederike blickte etwas unglücklich auf ihre Tochter. »Eine echte Prinzessin, so sagt er, muss für das Volk beziehungsweise für ihre Familie leben und dafür täglich Opfer bringen und Verzicht üben, ja sich vielfältigen Einschränkungen unterwerfen und Selbstbeherrschung üben.« Sie holte tief Luft. »Er möchte seine Töchter gerne wieder zu Prinzessinnen erziehen, wusste aber nicht, wie das in der heutigen Zeit gehen soll, bis ich ihm von Dir erzählte.«

»Aber was hat er dir angeboten?« Maria hatte bemerkt, dass ihre Mutter auf die eigentliche Frage noch nicht geantwortet hatte.

»Es ist nicht so einfach zu erklären.« Frederike begriff, dass ihre Tochter nicht locker ließ.

Maria zwang sich, den Ausführungen ihrer Mutter zuzuhören.

»Ganz eindeutig müssen potentielle Erbinnen streng und konservativ erzogen werden, dabei ihre Charakter zu Verzicht und Selbstaufopferung geformt werden. Sie sollten natürlich gesellschaftlich gut aussehen und sich von innen heraus entsprechend benehmen, nicht nur angelernte Verhaltensmuster vorschieben und bei der ersten Gelegenheit wieder abwerfen.« Frederike nahm einen Schluck Tee. »Körperlich sollen sie natürlich auch einigen Idealen entsprechen, und hierbei sollten viktorianische Erziehungsmethoden eine große Rolle spielen.«

»Komm zum Punkt.« Maria wurde ungeduldig.

»Er möchte, dass Du und ich helfen, ein Erziehungsprogramm für Prinzessinnen zu entwickeln. Du bist dabei die erste Prinzessin, die alles ausprobieren soll.« Frederike blickte auf den Tisch, während sie weiter sprach. »Die Einzelheiten sind allerdings sehr hart, dafür ist auch die Belohnung großzügig. Er und seine Freunde bezahlen jegliche Kleidung, Einrichtung, Korsetts und Apparaturen, die Du dafür benötigst, dazu Deine Ausbildung inklusive einem erstklassigem Studium, wenn du lange genug durchhältst.«

Maria hielt die Luft an.

»Aber wie gesagt, die Bedingungen sind sehr hart. Du müsstest weiterhin dein Korsett und dazu täglich für einige Zeit den Monohandschuh tragen.« Frederike hatte vor innerer Anspannung Mühe zu sprechen. »Du musst weiterhin ganz normal in die Schule gehen und alle besondere Kleidung verbergen. Ein wesentlicher Teil der Prinzessinnenausbildung soll sein, dass du ständig Verzicht und Selbstbeherrschung üben sollst. Du wirst daher in Deiner Kleidung eingeschlossen, und du musst dir wann immer möglich zusätzliche Fesseln und Einschränkungen selbst anlegen, von denen du nur mit fremder Hilfe wieder befreit werden kannst, um deine Hingabe zu beweisen.«

Maria schloss die Augen.

»Den ganzen Tag über wirst du restriktive Kleidung tragen und leichte Fesseln. Freie Zeit kannst du dir nur verdienen über Extra-Zeit in strengen Fesseln, damit du dich für alles anstrengen musst und nichts als selbstverständlich bekommst.« Frederike vermied es, ihrer Tochter ins Gesicht zu blicken. »Das schlimmste dabei ist aber, dass sie, um eine objektive Forschung durchführen zu können, nicht wollen, dass wir nach einer Eingewöhnungszeit noch ständig zusammen sind, damit ich nicht weich werde.«

Frederike kam zu dem Punkt, der ihr am meisten Sorgen bereitete. »Du würdest in einem halben Jahr dann von einer Gouvernante betreut werden, und ich - na ja, sie bieten mir die Leitung einer kompletten Klinik in den USA an. Dort könnte ich meine normale Arbeit tun, soll aber gleichzeitig weitere Korsetts, figurbildende Apparate, restriktive Kleidung und versteckte Fesseln entwickeln, die du dann in den Ferien, wenn du mich besuchst, ausprobieren sollst.« Jetzt hatte sie es ausgesprochen und war damit erleichtert, dass sie das Versprechen, dass sie dem alten Herrn gegeben hatte, auch eingehalten hatte.

»Ich habe natürlich gleich gesagt, dass das überhaupt nicht in Frage kommt, aber er wollte nicht hören...« Erste jetzt bemerkte sie, dass Marias Wangen gerötet waren und das sie heftig zu atmen begann. »Was hast du, Kind? Ist dir nicht gut?«

Maria zitterte, bis sie bei den letzten Worten ihrer Mutter ins Keuchen kam, und ein Schauer ihren Körper durchlief....



Frederike war auch jetzt noch beeindruckt davon, welchen Eindruck ihre Worte auf ihre Tochter hatten. Es war ihr erst später klar geworden, dass sie allein wegen ihrer Worte einen Orgasmus gehabt hatte. Als Wissenschaftlerin war sie natürlich begeistert, doch als Mutter brach es ihr fast das Herz, wenn sie daran dachte, was sie damals ihrer Tochter zumuten wollte.

Das Forschungsprojekt und die Klinik reizte sie gewaltig, und Maria war ebenfalls fasziniert von dem Projekt der Prinzessinenausbildung. Warum auch nicht - welches Mädchen sieht sich nicht im Turm eingesperrt, vom Drachen bewacht und auf den Prinz wartend, wobei der für sie anfangs in weiter Ferne liegt.

Natürlich verlangte sie von ihrer Tochter die Zustimmung zu ihrem Vorschlag, und sie hätte auch ein ´Nein´ sofort akzeptiert, doch sie wusste auch, welcher Druck allein durch die Frage auf Maria lastete. Einerseits wusste sie, dass die Existenz und Klinik ihrer Mutter daran hing, andererseits wurde ihr die Finanzierung einer Spitzen-Ausbildung oder eines Studiums versprochen, wenn sie nur lange genug an dem Programm teilnehmen würde.

Vor ihr lag auch der Brief eines Konsortiumsmitglied, der alles ins Rollen gebracht hatte. Sie nahm ihn zur Hand und lass ihn noch einmal.

Zitat
[...] Ihre Planung, ihre Zöglinge werden für das Mittagsschläfchen irgendwie festgeschnallt, hat bei mir einige Gedanken ausgelöst, die ich mit ihnen teilen möchte.

Nach meinem Verständnis ist das Ziel der Prinzessinnen-Ausbildung für das Mädchen eine tadellose perfekte Figur, stets tadellose Haltung sowie eine gewisse Eigeninitiative, ihr Leben auf diese Weise zu führen, sich selbst stets tadellos zu halten und sich selbst ständig Einschränkungen aufzuerlegen, um selbst perfekt zu sein. Daraus folgt dann auch die notwendige Geisteshaltung und Charakterformung.

Das Ziel soll NICHT sein, die Mädchen ständig in Bondage zu halten, um sie zu kontrollieren und zu brechen. Damit werden sie nur rebellisch. Nein, sie brauchen diese vordergründige Begründung, um sich (ggf. widerwillig) dem Programm zu fügen...

Ich denke, unsere Vorbilder sollten hier Tara sowie die Geschichte \"And so to Bed\" sein. Bei beiden kommen jede Menge Fesseln und Fesselgeräte vor, die aber vordergründig als Schönheits- und Haltungstraining dienen und zumindest in der zweiten Geschichte \"ausschließlich\" so gerechtfertigt werden. Alle Fesselungen und Fesselgeräte sollten also so begründet werden. Wichtig ist, daß ihre Zöglinge sich viele kleine Dinge selbst anlegen können (siehe Handschuhe, Cape) und dies auch tut, von denen sie sich selbst aber nicht befreien können.

Weiterhin können sie ja auch noch an größeren Geräten arbeiten, bei denen genau kontrollierbare Versuchsbedingungen wichtig sind, daher werden die Damen überall exakt und reproduzierbar fixiert. Vieles können sie sich selbst anlegen (oder einsteigen), können sich selbst aber nicht mehr befreien.

Ein wichtiger Effekt dieser Richtung ist, daß vordergründig jeder Aspekt von \"Bondage\", und Gefangenschaft, damit Unfreiwilligkeit in diesem Sinne wegfällt. Das viktorianische Haltungs- und Korsettraining ist ja ab frühem Mädchenalter verbürgt und hat vordergründig keinen sexuellen Aspekt im Training selbst, soll heißen, obwohl es natürlich jede Menge Effekte bei den Mädchen hatte, wurden diese offiziell totgeschwiegen und unterdrückt.

Alle Fesseln, die sie tragen werden, sollen also einen angeblichen \"therapeutischen Nutzen\" haben. Wir hatten das Cape, Hut und Handschuhe zum Sonnenschutz, enger Unterrock und Kniefesseln dienen der damenhaften Schrittlänge. Das Korsett ist eh klar, Schulterriemen dienen der korrekten Haltung, das Training im Monohandschuh der Weitung des Brustkorbes und Figurbildung.

Das Halskorsett soll sie nicht einfach immobilisieren, sondern ihre Hals strecken und die Muskeln dehnen, einmal in die Länge, ein anderes streckt ihr den Kopf nach hinten, sodaß sie nur direkt nach oben schauen kann - auch diese viktorianische Methode taucht auf, um an eine aufrechte Haltung zu gewöhnen. Idee hinter all den viktorianischen Erfindungen war, den Körper in eine übertriebene Version der gewünschten Haltung zu zwingen, damit er sich nach Abnehmen der Geräte etwa in die gewünschte Haltung \"entspannt\", ohne in die ursprüngliche schlampige Haltung zurückzukehren - sozusagen wird damit die \"Ruhelage\" verschoben.

Das Mittgasschläfchen dient tatsächlich der Entspannung, sie sollen es daher gemütlich haben. Nur sollen sie wirklich schlafen und ruhig sein, daher dürfen sie eine gepolsterte gemütliche schwarzlederne Zwangsjacke tragen und in einen Beinsack schlüpfen. Dazu bekommen sie eine einfache gepolsterte lederne Schlafhaube aufgesetzt mit dicken Ohrpolstern, die die Augen bedeckt, Mund und Nase aber frei lässt.

Strenger sieht es dann nachts aus - sie bekommen wie in \"and so to bed\" eng geschnürte Arm- und Beinkorsetts angelegt, dazu die Bettstiefel, die den Fuß strecken. Darüber dann das Nachtkorsett, welches bis zu den Knien geht. Damit können sie die Beine in den Beinkorsetts noch ein Bißchen bewegen - wie schon besprochen ist ein bisschen Restbeweglichkeit viel reizvoller als völlige Immobilisierung!

Eine Stoffmaske mit Nachtcreme auf dem Gesicht, bekommen sie dann eine gepolsterte Lederhaube, die den ganzen Kopf umschließt, eng auf den Kopf geschnürt. Ob sie dazu ein Halskorsett tragen möchte, entscheideen sie täglich selbst.

(Man beachte: hier kommt nirgends ein Knebel als eindeutiges Bondage-Instrument vor - in der Mittagsschlaf-Haube kann sie noch küssen und sprechen (aber nicht hören), nur die Nachthaube umschließt den ganzen Kopf und macht auch das Sprechen unmöglich.)

In manchen Nächten sollten sie vielleicht noch gestreckt werden - dazu wird sie an Armen und Beinen wie auf einer Steckbank gezogen (sonst liegen die Arme parallel zum Körper, werden vielleicht mit einfachen Hüftriemen noch gesichert). Dann liegt auch der Kopf in einer Glisson-Schlinge und wird gestreckt. Alle Streckfesseln haben dann eine Federwaage und einen kleinen Flaschenzug eingearbeitet, und die jeweilige Betreuerin stellt jede Spannung genau nach Vorschrift des Trainingsplans ein.

Tagsüber mag es weitere Geräte zum Haltungs- und Figurtraining geben, die alle mal drankommen müssen, aber nicht täglich. Besonders gut gefällt mir das Foto des Haltungstrainingsgestells, das ich ihnen geschickt hatte. Es ist eine erweiterte Version des Monohandschuhs, da die Arme noch weiter nach hinten gestreckt werden. Das mögen sie auch öfters benutzen. Übrigens kommen hier aus ganz praktischen Gründe doch HighHeels ins Spiel, seien sie gemäßigt, denn sie erleichtern das Geschnürtsein sowie den Monohandschuh oder das Gestell erheblich, denn der Körper streckt sich in eine Haltung, in der die Schultern und Arme besser zusammengenommern werden können, und auch die Taille wird duch die gestreckte Haltung schmaler, das Korsett darurch besser zu tragen. Ohne darauf groß herumzureiten, sollte sie ganz selbstverständlich ein unauffälliges Paar Trainings-HHs haben .

Aus Tara können wir die Badewanne mit dem Deckel und Kopfbrett übernehmen, eine Sitzsaune (diese schönen Schwitzkästen mit Kopfbrett) ist sicher auch vorhanden. Bei beiden können sie die Zeit und Temperatur selbst einstellen, können sie dann vor Ablauf der Zeit aber nicht mehr öffnen. Im Falle der Sitz-Sauna stellen sie beim Hinsetzen ihre Füße in Fußringe und führt die Arme wie bei dem o.g. Gestell in zwei Ringe ein, ggf. hinter dem Rücken. Sobald die Sauna geschlossen ist, gibt es keinen Platz mehr, sich herauszuwinden, obwohl die Ringe als solche nicht gespannt/abgeschlossen sind. [...]

674. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 22.03.17 18:09

Und wieder ein großen Dank und Lob,für deine Geschichte.MAl schaun wie es weiter geht.Und was MAria sagt das ihre Mutter dabei ist.Außerdem bin ich gespannt,wie sich das Projekt der Klinik und des Konsortiums entwickelt und ob Frederike,den Mißbrauch jetz und in Zukunft verhindern kann.

Freu mich schon.

mfg Wölchen
675. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 22.03.17 23:37

Hallo cag_coll!

Jetzt mal auf die schnelle ganz unverblümt:

Das war seit langem der beste Teil, den du zu dem letzten Teil veröffentlicht hast.

Der Anfang war gut gemacht, dann kam eine ganze Weile viel "gelaber".

Aber der letzte teil ist endlich mal wieder eine toll Geschriebene Fortsetzung.

Vieln Dank.

LG Rainman
676. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 24.03.17 07:06

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Dienstag, 21. September 1984)

»Ich bin fassungslos.« Hans war aufgebracht. »Da trägt das Mädchen die Sensation schlechthin und ich darf es nicht fotografieren, weil meine Freundin es mir verbietet. Was ist dir los?«

Andrea blieb ihm Gegensatz zu ihrem Freund ganz ruhig. »Maria ist etwas Besonderes und darüber wache ich.«

»Nur ein Foto hätte ich gebraucht.« Er stöhnte. »Ein Venuskorsett! Das wäre die Sensation!«

»Für wen?« Andrea ahnte, dass sie gerade eine neue Seite ihres Freundes kennenlernte.

Auf einmal war Hans etwas ruhiger und murmelte etwas vor sich hin, was Andrea nicht verstand. Erst nach einiger Zeit rang er sich zu einer Antwort durch. »Du hast die Zusammenhänge nicht verstanden.«

»Dann erkläre es mir.« Andrea ahnte, in welche Richtung das Gespräch gehen würde. »Was ist so wichtig an der Unterwäsche einer 18-Jährigen.« Natürlich wusste sie schon, was ihn wirklich bewegte, doch das wollte sie zunächst nicht zugeben. »Zumal man kaum etwas von ihrer Haut gesehen hat.«

»Du hast gar keine Ahnung.« Hans setzte ein Schmollgesicht auf.

»Hängt es vielleicht mit den speziellen Fotos zusammen, die du von der kleinen Amerikanerin machen willst?« Andrea hatte Probleme, ihre latente Eifersucht unter Kontrolle zu halten. Sie wusste, dass Hans Spaß an Fesselungen hatte, doch sie selbst war nicht bereit, sich ihm auf diese Weise auszuliefern.

Wenn er sich dann andere Modelle suchte, gab es ihr natürlich Grund, eifersüchtig zu sein. Es war eine Gradwanderung. Sie würde sich ja vielleicht sogar einmal in Fesseln präsentieren, aber sie hatte Angst vor dem, was passierte, wenn er die Kamera weglegen würde. Dann war sie nicht bereit, die Kontrolle abzugeben.

»Das ist rein beruflich.« Hans wollte sich und seine Pläne verteidigen. »Wenn ich die Fotos verkaufen kann, dann bekommt sie ihren Anteil.«

»Und das hast du ihr auch schon gesagt.« Andrea schien einen Haken gefunden zu haben.

»Nicht direkt.« Hans war etwas verlegen. »Ich habe ihr nur angedeutet, dass sie damit Geld verdienen kann.«

»Ich werde bei eurem ersten Fotoshooting dabei sein.« Andrea hatte spontan einen Plan ausgearbeitet. »Und ich stelle mich solange zwischen sie und die Kamera, bis du ihr die volle Wahrheit gesagt hast. An wen willst du die Fotos überhaupt verkaufen?«

»Verrätst du deine Informanten?« Hans glaubte, ein Mittel zur Gegenwehr gefunden zu haben.

»Natürlich nicht.« Andrea verdrängte den Gedanken daran, dass sie es schon mehrmals aus Versehen fast getan hätte.

»Siehst du«, Hans fühlte Oberwasser, »ich kann meine Auftraggeber auch nicht verraten.«

»Du wirst es Anna sagen und ich bin bei dem Gespräch dabei.« Andrea wollte sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. »Und ich gehe erst, wenn Anna mit der Wahrheit einverstanden ist.« Sie nahm sich vor, mit Anna vorher noch ein Gespräch zu führen.

Hans seufzte nur.

»Und was Maria betrifft, du kannst sie sicher nach dem Fest fragen, ob sie dir einmal dieses besondere Korsett vorführt. Und wenn du Glück hast, ist sie vielleicht sogar zu Fotos bereit.« Andrea wollte ihm eine Brücke bauen, denn sie brauchte ihn natürlich für ihre Reportagen.

Wieder seufzte Hans als Antwort.

»Das sind nur fünf Tage«, rechnete Andrea ihm vor. »Das ist nicht mal eine Woche.«

»Na gut.« Hans schien besänftigt. »Frieden?« Er reichte ihr die Hand.

Andrea nahm kurz die Hand vom Lenkrad und schlug ein. »Frieden!«

* * *

»Leonie, kommst du bitte?« Selma stand in der Wohnzimmer und hielt die letzten vier Stangen für die Handschuhe in der Hand. »Drehe dich bitte mit dem Rücken zu mir und strecke deine Arme aus.«

Leonie wirkte ein wenig traurig, als sie der Bitte nachkam. Jetzt würde sie das letzte Gelenk an ihren Armen fixiert bekommen. Doch innerlich tobten wilde Gefühle, die sie so bisher nicht kannte.

Sie schloss die Augen, denn sie wollte nicht sehen, wie jetzt auch ihren Ellenbogen fixiert wurde. Dennoch spürte sie deutlich, wie die Stange durch den langen Handschuh geschoben wurde.

Nur einmal machte sie kurz die Augen auf, als sie fühlte, wie Selma die Verriegelung ihrer Armschienen löste. »Die brauchen wir ja nun nicht mehr.«

Leonie seufzte leise und wartete, bis Selma mit den Armen fertig war.

»Das war es schon.« Selma war froh, dass Leonie sie in diesem Moment nicht angesehen hatte, denn sonst hätte sie gesehen, wie aufgewühlt sie in diesem Moment war. Es war schon sehr lange her, dass sie einem Mädchen zum letzten Mal diese Handschuh vollständig angelegt hatte. »Du möchtest dich sicher wieder bedanken.«

Tief seufzend drehte Leonie sich um und sagte den Satz, den sie zu hassen begann. »Danke, Frau Mohr für die neuen Fesseln.« Es liefen ein paar Tränen über ihr Gesicht, die sie laufen lassen musste.

»Wenn du möchtest, kannst du dich auf den Zimmer zurückziehen und dich etwas ausruhen.« Selma hatte große Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten, denn sie wusste, was gleich passieren würde.

Sie tat so, als wolle sie zurück ins Wohnzimmer, doch sie blieb gleich nach der Tür so stehen. Leonie konnte sie nicht mehr sehen.

Gleich darauf hörte sie einen heftigen Fluch und noch bevor sie auf den Flur treten konnte, hörte sie Anna Stimme von oben.

»Leonie, was ist denn?« Anna sah nur, dass Leonie vor der ersten Treppenstufe stand und sich mit einem seltsam ausgestreckten Arm an der Wand abstützte.

»Ich komme die Treppe nicht mehr hoch.« Sie sagte es aber mehr zu sich selbst. Es war genügend demütigend. Annas Mitleid wollte sie nicht sehen.

»Warum denn das?« Florian kam hinter Anna her.

»Leonie braucht keine Hilfe.« Selma blickte zu dem Paar, dass langsam die Treppe herunter kam. »Noch mal etwas ausgehen?« Sie versuchte, die Situation als ganz normal erscheinen zu lassen.

»Wir haben heute unseren ersten Deutschkurs.« Annas Stimme zeigte, dass sie sich darauf freute.

»Na dann viel Spaß dabei.« Selma wartete, bis die Haustür hinter dem Paar wieder geschlossen war. »Leonie, beeile dich. In einer Stunde gibt es Abendessen.«

»Frau Mohr, das ist so gemein?« Leonie hielt es für den Moment nicht mehr aus.

»Was meinst du?« Selma war neugierig, über was sich das Mädchen wohl als erstes beklagen würde.

»Ich kann doch meine Beinschienen nicht mehr öffnen.« Wieder lief eine Träne über ihre Wange.

»Ach ja?« Selma versuchte ganz belanglos zu klingen. »Nun, vielleicht kommst du ja auch so die Treppe hoch?«



Leonie nahm sich der Aufgabe mit dem Mut der Verzweiflung an, doch nach zehn Minuten gab sie erschöpft auf. »Es geht nicht.« Auf einmal erkannte sie ihre wahre Lage. Sie war jetzt wirklich im Haus gefangen, denn sowohl an der Haustür als auch an der Terrassentür waren ein oder zwei Stufen. Die beiden Treppen nach oben und nach unten in den Keller waren jetzt ein unüberwindbares Hindernis.

»Ja, du hast recht.« Selma kam wieder aus dem Wohnzimmer zurück. »Treppensteigen geht jetzt nicht mehr.«

»Wo soll ich denn jetzt schlafen?« Leonie blickte Selma unsicher an.

»Ich glaube...« Selma musste sich räuspern, weil sie in diesem Moment so angespannt war. »Ich glaube, Schlafen ist jetzt noch dein geringstes Problem.«

»Wie meinen sie das?« Leonie ahnte noch nicht, welcher Tiefschlag gleich kommen würde.

»Wie willst du denn jetzt essen?« Selma genoss es sehr, das arme Mädchen so subtil zu quälen.

Leonie versuchte ihre Hand zum Mund zu führen, doch sie musste erkennen, dass die Benutzung ihrer Hände nicht mehr möglich war. »Frau Mohr, ich kann so nicht essen.« Sie blickte auf ihre Arme, die sie beide demonstrativ nach vorn streckte.

»Ja und?« Selma zuckte demonstrativ mit den Schultern.

»Wollen sie mich verhungern lassen?« Aus Leonie begann leichte Verzweiflung zu sprechen.

»Du hast doch noch deinen Mund?« Selma legte ihren Köder aus.

»Wie soll ich denn so essen?« Leonie erkannte noch nicht, was kommen würde.

»Wie essen denn die Tiere?« Selma musste kurz den Kopf wegdrehen, sonst hätte ihr Grinsen sie verraten.

Leonie brauchte einen Moment, dann erstarrte sie. »Nein, Nein. Das können sie nicht von mir verlangen.«

»Das mache ich ja auch gar nicht« Selma sog den Moment mit voller Lust auf. »Aber wenn du etwas essen möchtest, dann weißt du jetzt, wie es noch möglich ist.«

»Das mache ich nicht. Nie!« Leonie war empört. »Lieber gehe ich hungrig ins Bett.«

»Das ist deine Entscheidung.« Selma lächelte insgeheim. Ihr Schützling reagierte genauso, wie sie es für ihre nächsten Schritte brauchte.

* * *

Es gab nur eine Stelle im Raum, wo das Radio schwachen Empfang hatte. Sophie bekam auch nur einen Sender herein, den des neu gegründeten Lokalradios wegen der Antenne auf dem Schlossturm. Die Verhaftung war natürlich Tagesgespräch.

Sie war zunächst erleichtert, doch dann kam sie ins Grübeln. Sie war immer noch hier gefangen und sie wusste nicht, wann sie befreit wurde. Sie hoffte nur, dass es nach dem Fest sein würde. Denn dessen war sie sich sicher, sie war wegen des Festes aus dem Verkehr gezogen.

Anfangs hatte sie Angst, dass sie gar nicht mehr befreit wurde, doch dann wurde ihr bewusst, dass mindestens noch zwei Personen wussten, wo sie war. Und da sie wusste, wie anhänglich Michael war, war sie sich sicher, dass er bestimmt keine Ruhe geben würde, bis sie gefunden beziehungsweise befreit war.

Sie begriff so langsam, dass im Moment ihr Leben von fremden Personen abhängig war. Und sie war sich nicht sicher, ob sie jemals das Tageslicht wieder sehen würde. Doch sie war zuversichtlich. Irgendwann würde er der Meinung sein, dass sie genug gelitten hatte und dann würde er für ihre Befreiung sorgen. Doch dann seufzte sie. Bei dem Blick auf ihr Sündenregister würde es sicher noch lange dauern.

Gestern um diese Zeit war Michael gekommen. Ihr Engel, der so viel für sie getan hatte, und zum ersten Mal seit langen Jahren fragte sie sich, ob sie sich auch genügend für seine Hilfe bedankt hatte. Sie wusste, dass sie in der Vergangenheit solche Hilfe immer als eine Selbstverständlichkeit angesehen hatte, die sie oft genug sogar eingefordert hatte. Was war sie doch für ein arrogantes Biest gewesen.

Ihr Blick fiel auf den Schreibblock. Sie riss sich ein neues Blatt ab und schrieb langsam eine Überschrift darauf. »Meine schlechten Eigenschaften« war auf dem Zettel zu lesen und gleich darunter schrieb sie zwei Worte: ´Arrogant´ und ´Undankbar´.

* * *

»Jetzt weißt Du, was ich mit Leonie vorhabe.« Selma lehnte sich zurück. »Aber dazu brauche ich eure Hilfe.«

»Das ist aber sehr gemein. Sie kann sich ja überhaupt nicht mehr dagegen wehren.« Paul grinste hinterhältig. »Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Mit Fernsteuerung.«

Selma lächelte nur. »Ich habe eben meine Kontakte.«

Paul war erstaunt. Eigentlich dachte er, dass er seine Oma kennen würde, doch seit Leonie im Haus war, entdeckte er immer neue Seiten an ihr.

»Und warum soll Maria dabei sein?« Er hatte angenommen, das wäre nur eine Sache zwischen Leonie und seiner Oma.

»Nun, ich dachte, dass sie vielleicht auch auf den Geschmack kommen könnte.« Selma hatte auf einmal ein seltsames Lächeln im Gesicht.

Natürlich hatte Paul seiner Oma erzählt, was sich in der Klinik ungefähr abgespielt hatte, auch wenn er bei gewissen Details doch oberflächlich geblieben war. »Und du meinst, Maria könnte das gefallen?«

»Deswegen soll sie ja dabei sein.« Selma strich ihrem Enkel über den Kopf. »Es wäre mal ein Test, um zu sehen, auf welcher Seite sie wirklich steht.«

»Wie meinst du das?« Paul wusste nicht, an was seine Oma dachte.

»Nun, es wäre interessant zu erfahren, wie sie reagieren wird.« Selma lächelte. »Wird sie mit Leonie leiden oder sich eher an ihrem Leid ergötzen?« Sie machte eine Pause. »Du hast sie auf der Hütte erlebt. Was meinst du?«

Paul zuckte mit den Schultern. Maria hatte ihn schon so oft überrascht, dass er wirklich nicht sagen konnte.

»Ich werde dann Leonies Schlaftrunk zubereiten.« Selma stand auf. »Ich bin mir sicher, dass sie darauf eingehen wird, wenn ich ihr einen Strohhalm hinein steckte.«

»Und du bist sicher, das sie es trinken wird?« Paul war etwas skeptisch.

»Wenn nicht, dann kannst du sie etwas zum Trinken animieren.« Selma dachte laut. »Sie wird zumindest ein wenig hungrig sein. Darauf können wir aufbauen.«

Paul gefiel der Gedanke, an dieser Gemeinheit aktiv mitzuarbeiten. »Wo ist sie denn im Moment?«

»Sie ist im anderen Gästezimmer.« Selma grinste. »Ich habe ihr beim Hinlegen auf das Bett geholfen. Sie weiß, dass sie rufen soll, wenn sie etwas braucht.«

»Nanu?« Paul wunderte sich.

»Sie wird sicher bald merken, dass sie nicht mehr allein aufstehen kann.« Selma spitzte kurz die Ohren. »Ich habe die Tür nur angelehnt, damit wir sie rufen hören können.«

Paul grinste. »Soll ich ihr den Schlaftrunk nicht sofort bringen?«

»Nein, das wäre nicht gut.« Selma blickte auf die Uhr. »Der Trank wirkt nur eine knappe halbe Stunde. Wir müssen warten, bis Maria hier ist, bevor wir anfangen.«

»Könnte Maria ihr nicht den Trunk geben?« Paul dachte laut.

Doch Selma wiegelte ab. »Ich möchte Maria da nicht mit hinein ziehen. Leonie soll ihr weiter vertrauen dürfen.« Sie blickte kurz aus dem Fenster. »Wann wollte sie kommen?«

»Sie wollte Anna auf die Probe begleiten und wollte sie hier abholen.« Paul gab wieder, was er wusste.

»Ich rufe Doro an und sage ihr, dass sie sie ein wenig früher vorbei schicken soll.« Selma grinste.

* * *

Sophie zählte die Glockenschläge, und je weiter die Zeit fortschritt, desto klarer wurde es ihr, dass Michael heute wohl nicht mehr kommen würde. Trotzdem nahm sie sich vor, wach zu bleiben, um für ihn auf alle Fälle bereit zu sein.

Sie blickte wieder auf ihre mittlerweile zwei Listen, die sie pflegte. Die Personenliste war mittlerweile ziemlich vollgeschrieben und Leonie ahnte, dass es lange dauern würde, bis sie diese abgearbeitet hatte.

Auf der zweiten Liste standen bisher ihre schlechten Eigenschaften. Doch dann hörte sie in sich hinein. Gab es auch gute Eigenschaften, die sie schon notieren durfte? Geduld gehörte mittlerweile dazu. Die Wochen im Gipspanzer hatten ihr ein ganz anderes Zeitgefühl vermittelt. Sie nahm sich den Zettel zur Hand und schrieb im unteren Sechstel mit etwas kleinerer Schrift ´Meine guten Eigenschaften´, darunter setzte sie das Wort Geduld.

Im Krankenhaus hatte immer wieder gewartet, ob nicht doch einer ihre angeblichen Freunde sie besuchen würde, doch keiner von ihnen hatte sich blicken lassen. Mittlerweile wusste sie, dass sich neben den Schwestern und Ärzten nur zwei Personen sich um sie gekümmert hatten. Maria hatte sie einmal besucht und Michael war bedingt durch sein Praktikum ständig in ihrer Nähe gewesen. Und er hatte sogar jeden Tag für frische Blumen gesorgt.

Auf einmal wurde Sophie bewusst, dass sie sich noch gar nicht bei ihm für all das bedankt hatte. Sie ärgerte sich, dass sie schon wieder dabei war, in ihr altes Leben zurück zu kehren. Dabei hatte sie sich vorgenommen, alles bisherige hinter sich zu lassen und von jetzt ab ein besseres Leben anzufangen.

Sie würde ihm einen Brief schreiben. Und es gab viel, was sie ihm sagen wollte und für das sich sich bedanken wollte. Sie riss sich den nächsten Zettel vom Block herunter und begann zu schreiben. »Lieber Michael...«

* * *

Paul hatte sich einen Plan überlegt, wie er es anstellen konnte, dass er Leonie den Schlaftrunk geben konnte, ohne dass sie Verdacht schöpfen würde. Er wusste, dass sie jetzt im alten Gästezimmer lag, doch sie wusste nicht, dass er es wusste. Es würde also möglich sein, aus irgendeinem Vorwand in das Zimmer zu platzen und sie dann zu ´entdecken´. Dann würde er mit ihr ins Gespräch kommen und alles weitere würde sich ergeben.

Also stolperte er in das Zimmer und tat ein wenig erschrocken, als er Leonie auf dem Bett liegen sah. »Was machst du denn hier?« Er trat an das Bett heran. »Warum bist du denn nicht in deinem Zimmer?« Es fiel ihm auf, dass sie ein total verweintes Gesicht hatte. »Du hast geweint?«

»Ach Paul.« Sie seufzte tief. »Ich habe immer davon geträumt, einmal überall gefesselt zu sein und mich gar nicht mehr bewegen zu können.«

»Ja und?« Paul tat ein wenig ahnungslos, doch er war über Leonies aktuellen Zustand informiert.

»Es ist nicht nur schön.« Leonies Stimme wurde leiser. »Anfangs war ich begeistert von deiner Oma, doch jetzt habe ich Angst.«

»Angst wovor?« Paul war neugierig, was jetzt kommen würde.

»Angst, dass sie mich verhungern lässt« Leonie schluchzte wieder. »Ich müsste mit dem Mund essen, weil ich meine Arme nicht mehr benutzen kann.«

Auf einmal hatte Paul eine Eingebung. »Maria und ich haben in der Klinik etwas Tolles kennengelernt.« Er hoffte, so das Thema in die Richtung auf den Schlummertrunk lenken zu können. »Man tut das Essen in den Mixer, tut noch etwas Flüssigkeit hinzu und mixt alles durch. Das lässt sich dann mit einem breiten Strohhalm trinken.«

Leonies Augen begannen zu leuchten. »So etwas geht?« Sie schien wieder Hoffnung zu fassen. »Ich wollte nicht wie ein Schwein essen müssen, aber mit dem Strohhalm könnte das wirklich gehen.«

Paul fühlte, dass er sie so gut wie am Haken hatte. »Hattest du schon Abendbrot?«

Leonie schüttelte den Kopf und hob ihre Arme hoch. »Hier, fühlte mal.«

Paul war insgeheim von den Handschuhen sehr fasziniert gewesen. Er nahm Leonies Angebot gern an. »Das ist ja alles total steif.«

»Am Anfang hatte ich mich noch gefreut, weil es etwas dickeres Leder war.« Leonie schluchzte wieder. »Aber jetzt merkte ich, wie gemein es ist.«

Auch Paul wollte noch einmal sicher gehen. »Du weißt aber, dass nur ein Wort von dir reicht und sie lässt dich gehen.« Immerhin hatte ihm seine Oma dazu geraten, es zu erwähnen.

»Ich weiß« Leonie gab sich trotzig. »Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, aber noch möchte ich es durchhalten.«

»Soll ich dir etwas zu essen machen?« Paul grinste. »Ich meine etwas zu trinken.«

»Das wäre sehr nett.« Leonie blickte ihn bittend an. »Und vielleicht kannst du mir hoch helfen. Ich kann nicht mehr alleine aufstehen.«

Paul ergriff den Arm, den Leonie ihm entgegen streckte und zog daran, bis Leonie aufrecht saß und sich abstützen konnte. »Danke. Ich will mal sehen, ob ich den Rest allein schaffe.«

»Ich suche mal den Mixer.« Paul blickte noch einmal auf Leonie, dann verließ er das Zimmer.



Einen Moment später hörte Leonie ein leise Surren aus Richtung der Küche und fast zufrieden rutschte sie langsam zur Bettkante vor. Es war für sie sehr ungewohnt, so gut wie alle Gelenke versteift zu haben, doch jetzt, wo ihre Ernährungsprobleme gelöst waren und sie nicht aus einem Napf essen musste wie ein Schwein, da fand sie auch wieder Gefallen an ihrer Situation.

Zwei Mal ertönte der Mixer noch, dann nach einer kurzen Pause hörte sie seine Schritte und gleich darauf öffnete sich die Zimmertür.

»Ihr Abendessen, Madame.« Paul versuchte einen Scherz, allerdings nur um seine Nervosität zu überspielen. Er trug ein kleines Tablett vor sich, auf dem ein großes Glas mit einer milchigen Flüssigkeit stand, und darin steckte ein Strohhalm.

»Wir haben so große Strohhalme noch nicht, ich muss morgen mal zum Einkaufen.« Er hielt ihr das Glas so vor den Körper, dass sie den Strohhalm leicht mit dem Mund erreichen konnte.

Eine Falle vermutete Leonie nicht. Sie ergriff sich den Strohhalm mit den Lippen und trank es in einem Rutsch aus. »Danke, das war gut«, antwortete sie, als sie den Halm wieder losgelassen hatte.

»Was hast du heute noch vor?« Paul versuchte ein wenig Smalltalk, denn er wollte erreichen, dass Leonie sich wieder auf das Bett legen wollte.

»Oh ich wollte noch eine kleine Wanderung machen und an meinem Pullover weiter stricken.« Sie blickte ihn energisch an.

Paul war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. »Du machst was?« In diesem Moment hatte sie ihn wirklich verblüfft.

Doch dann grinste sie. »Das war Sarkasmus.« Sie wackelte mit den Armen. »Meinst du, ich kann so irgendwas machen?«

»Soll ich dir beim Hinlegen helfen?« Paul hoffte, mit dieser Suggestivfrage Erfolg zu haben.

Es wirkte wie gewünscht. »Ich glaube, ich werde müde.« Leonie blickte ihn dankbar an, als er sie wieder auf dem Bett zurecht rückte.

»Einen schönen Abend noch.« Paul lächelte, als er mit dem Glas und dem Tablett zur Tür ging.

»Vielen Dank für alles.« Leonie war hörbar erleichtert.

»Jederzeit wieder.« Paul schloss die Tür und grinste. Wenn Leonie wüsste, für was sie sich gerade bedankt hatte.

* * *

»Na, hat sie getrunken?« Selma war sehr gespannt, ob ihr Enkel mit der kleinen List Erfolg gehabt hatte. Doch dann fiel ihr Blick auf das leere Glas und sie grinste nur noch.

Paul stellte das Tablett auf die Spüle. »Und jetzt?«

»Wir müssen noch ein wenig warten, dann kann es losgehen.« Sie blickte zu Maria, die sich etwas unsicher umsah.

»Was habt ihr denn vor?« Pauls Freundin ahnte, das Paul und seine Oma irgend etwas im Schilde führten.

»Ich habe schon alles, was wir brauchen bereitgelegt.« Selma zeigte auf den Küchentisch. Marias Frage überging sie.

Maria sah einen seltsamen flachen Kasten, einen Plastik-Schmetterling und zwei seltsame schwarze stachlige aussehende Gummiteile. »Und was ist das?«

»Ich habe euch hergeben, weil ich ein paar helfende Hände gut gebrauchen kann.« Selma übersah Marias Frage zunächst, doch dann stutzte sie. »Willst du es erklären?« Sie blickte ihren Enkel an und zwinkerte ihm dabei zu.

Paul keuchte zunächst ein wenig, dann trat er an den Tisch heran. »Diese schwarzen Igel kommen von innen in den Metall-BH.« Er vermied es, Maria dabei anzusehen.

Maria nahm einen davon in die Hand und ließ ihn zwischen ihren Fingern wandern. Sie spielte etwas mit den kleinen Gumminoppen, dann nahm sie ihre zweite Hand zu Hilfe und strich mit den Noppen über die Handinnenfläche. »Hinterhältig« war ihr Kommentar.

Dann blickte sie auf den Schmetterling. »Leonie trägt doch auch einen Gürtel.« Sie nahm ihn in die Hand. »Was soll sie denn dann damit?« Es schimmerte durch, dass Maria im Gegensatz zu den Gumminoppen wusste, was es mit dem Schmetterling auf sich hatte.

»Ich denke, jetzt können wir anfangen.« Selma kam zum Tisch, nahm die Gegenstände in die Hand und reichte sie Paul. »Kommt ihr?«

Maria verzichtete auf die Frage, was sie denn vor hatten. Zum einen würde sie es gleich sehen, und zum anderen waren die Gegenstände mehr als eindeutig. Sie bedauerte Leonie ein wenig, denn diese Sachen waren durchaus geeignet, eine junge Frau in den Wahnsinn zu treiben.



Leonie lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett und lächelte friedlich.

»Was hast du ihr denn gegeben.« Paul hatte einen Anflug von schlechtem Gewissen.

»Ein altes Hausmittel, diesmal nur ein wenig in der Dosis verstärkt.« Selma versuchte belanglos zu klingen, dann griff sie ihr Schlüsselbund und öffnete zunächst den Metall-BH. Nebenbei achtete sie darauf, dass Maria alles gut verfolgen konnte. Sie war einfach gespannt, wie das Mädchen wohl reagieren würde. »Gib mir bitte mal die Gumminoppen.« Sie streckte ihre Hand aus.

Pauls Hand zitterte leicht, als er erst den einen und dann den anderen Gegenstand an seine Oma weiter reichte.

»Hier innen sind kleine Halterungen, man muss die Dinger nur hinein schieben und sichern.« Selma zeigte kurz das Innere der Halbkugel.

Maria begann kurz zu husten.

»Was ist denn?« Selma hatte mit so einer Reaktion gerechnet.

»In meinem BH sind auch solche Halterungen.« Maria sprach leise. »Ich habe mich immer gefragt, wofür die wohl sind.«

»Willst es mal ausprobieren?« Selma versuchte, ganz belanglos zu klingen. »Ich habe noch mehr von den Gummidingern.« Sie klappte den BH von Leonie zu und brachte das Schloss wieder an. »Auch in verschiedenen Größen.«

»Nach dem Fest.« Paul strich Maria über das Gesicht.

»Die hätte ich gern bei Wetzlers getragen oder auf der langweiligen Sitzung.« Maria lächelte verträumt. »Dann hätte ich etwas Abwechslung gehabt.«

Selma blickte Paul kurz, aber eindringlich an, dann machte sie sich daran, Leonies Keuschheitsgürtel zu öffnen.

Maria ergriff Pauls freie Hand und drückte sie. Was gerade mit Leonie passierte, schien sie doch sehr zu bewegen.

»Hier wird der Schmetterling einfach eingeklipst.« Selma drückte den Vibrator auf das Schrittblech. »Und frau merkt ihn beim Tragen kaum.« Gleich darauf schloss Selma den Gürtel wieder.

Maria drückte Pauls Hand etwas fester. Nur ein dünnes Kabel verriet jetzt, dass Leonie jetzt noch ein Spielzeug mehr am Körper trug.

»Man sollte ihn aber zwei Mal am Tag reinigen, sonst wird es schnell ungemütlich.« Selma bemühte sich, sachlich zu bleiben. »Aber das erkläre ich ihr morgen.«

»Zwei Mal pro Tag.« Maria wiederholte es fast mechanisch. In ihr schien es heftig zu arbeiten.

»Jetzt brauche ich eure Hilfe.« Selma sah zu ihrer Zufriedenheit, dass Maria Pauls Hand fest hielt. »ihr müsst sie auf die Seite drehen, damit ich den Batteriekasten und den Empfänger für die Fernbedienung anbringen kann.«

Von Maria war wieder ein Keuchen zu hören, doch dann ließ sie Pauls Hand los und half ihm dabei, Leonies Körper in die gewünschte Position zu bringen.

Selma hatte die beiden Kästen hinten auf dem Gürtel befestigt und steckte das Kabel vom Schmetterling in die entsprechende Buchse an dem Empfänger. Auch zwischen ihm und dem Batteriekasten wurde noch ein Kabel gelegt. »Das ist die Schwachstelle an dem System. Wenn man genug hat, braucht man sich nur die Kabel abziehen und es ist Ruhe.«

»Du musst mir dazu den Handschuh anlegen.« Maria war auf einmal sehr verträumt. »Oder noch besser das Gebet.« Sie gab Paul einen Kuss.

Paul war ehrlich erstaunt. »Du magst so etwas?«

»Wenn es von dir kommt, schon.« Maria wurde auf einmal etwas rot. »Und natürlich darfst nur du die Fernbedienung benutzen.«

Selma tat, als hätte sie den kleinen Dialog überhört. »Die Kombination kann einen fertig machen.« Sie lächelte ein wenig nachdenklich. »Ich wette, dass Leonie spätestens morgen Mittag nach einem Knebel fragt.«

Aus dem Treppenhaus waren Geräusche zu hören.

»Ach, ich muss Anna auf die Probe begleiten, das hatte ich ihr versprochen.« Es tat Maria etwas weh, aus dieser schönen Stimmung gerissen zu werden. »Kommst du mit?« Sie blickte Paul verlangend an.

»Gern.« Paul hatte einiges Interesse daran, mit Maria ein Gespräch zu führen, ohne das seine Oma dabei war. Marias Reaktionen hatten ihn sehr ermutigt. Doch dann erkannte er, dass Anna immer in Marias Nähe sein würde und das war ihm auch nicht recht.

* * *

Anna hatte Paul und Maria gefragt, ob sie sie wieder zur Probe begleiten könnten. »Florian hat zu tun.«

Paul blickte etwas verlegen auf. Er konnte mit dieser Art von Musik wenig anfangen.

Maria stand auf. »Das mache ich gern.« Nach einem kurzen Blick erlöste sie ihn. »Du kannst hier bleiben.«

Paul lächelte sie mit einem Gemisch aus Dankbarkeit und Verlegenheit an.



»Nanu?« Karin war erstaunt. »Wo habt ihr denn eure Männer gelassen?« Sie begrüßte die beiden Mädchen herzlich.

»Florian studiert die Pläne des Krankenhauses.« Anna erklärte, dass er dort jetzt im Hausmeisterteam mitarbeitete.

»Und Paul?« Fritz kam eben zur Begrüßung.

»Der hatte keine Lust, mit zu kommen.« Maria lächelte. »Ich glaube, ihm bedeutet diese Musik nicht so viel.«

»Naja, dann können wir ja anfangen.« Fritz deutete auf die bereitgestellten Stühle. »Nehmt Platz.«



Heute gab es in der Probe zwei Zuhörer: Maria und Karin, die es sich hatte nicht nehmen lassen, mit ihrer verletzten Hand in die Probe zu kommen. Wie üblich hielt Fritz seine übliche Motivationsrede, doch diesmal begrüßte er noch einmal ausdrücklich Anna, die so kurzfristig eingesprungen war.

Anna war glücklich. Sie hatte mit den zu probenden Stücken überhaupt keine Probleme. Sie verstand sich auch musikalisch sofort mit den anderen und man konnte meinen, sie hätten schon immer so zusammen gespielt. Selbst als sie an einigen Stellen den Einsatz für die anderen Musiker geben musste, tat sie das mit einer Selbstverständlichkeit, die atemberaubend war. Und nebenbei konnte sie einen Teil ihrer so empfundenen Schuld abarbeiten.

Maria war begeistert. Sie war richtig stolz darauf, dass sie und ihre Mutter sich so für Anna eingesetzt hatten.
677. RE: Maria

geschrieben von kaes am 24.03.17 07:40

Hallo gag_coll

Ich bin mit dem lesen etwas im Verzug, aber ich will mich ganz herzlich bedanken, dass du uns mit Lesestoff versorgst.
Ich bin gespannt wie sich die Sache entwickelt und freue mich auf die nächsten Folgen.
678. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 24.03.17 19:30

Hallo gag_coll

konnte bis jetzt noch nicht alles lesen, aber von dem bereits gelesen bin ich restlos begeistert.

Bin jetzt gespannt wie lange Sophies Läuterung anhält.

Danke gag_coll

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Gruß vom Zwerglein
679. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 27.03.17 07:01

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundzwanzig
Autor: Karl Kollar

Mittwoch, 22. September 1984

»Leonie, bist du schon wach?« Selma äußerte die Frage, nachdem sie auf ihr Klopfen an der Zimmertür ihrer ´Gefangenen´ ein leises Brummen gehört hatte.

»Guten Morgen, Frau Mohr.« Leonie blinzelte noch etwas verschlafen und versuchte sich etwas zu räkeln, doch sofort bemerkte sie, wie wenig sie sich nur noch bewegen konnte. »Ich dachte, es wäre ein Traum gewesen.« Sie war etwas verlegen.

»Ich dachte mir, dass du vielleicht Hilfe beim Aufstehen gebrauchen könntest?« Selma hatte Mühe, ihr Grinsen zu unterdrücken, denn in Wirklichkeit wollte sie natürlich dabei sein, wenn Leonie ihre neuen Quälgeister entdeckte. Sie ergriff Leonies Arm und zog sie hoch.

»Danke Frau Mohr.« Leonie war ehrlich dankbar. Doch dann stutzte sie und blickte erstaunt an sich herunter. Sie trug noch die Kleidung vom Vortag, die nur aus dem hässlichen Kittel bestand. Als sie versuchte, ihren Arm nach vorn zu bringen, bemerkte sie sofort die Wirkung der Handschuhe, die sie auch noch trug.

»Was ist denn, Leonie?« Selma hatte die Verwunderung in ihrem Blick durchaus bemerkt.

»Da hat mich eben etwas am Busen berührt.« Sie blickte verwundert an sich herunter. »Ich trage doch diese Metalldinger. Wie geht das?«

Selma fand, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war. »Du hast gestern einen Schlaftrunk bekommen.« Sie machte eine deutliche Pause. »Und dann haben wir deine Rüstung geöffnet und etwas hinein getan.« Sie griff in ihre Tasche und holte ein weiteres dieser schwarzen Gummiteile heraus, um es Leonie kurz zu tragen. »Dies sind ab sofort deine neuen Begleiter.«

Leonie keuchte, als sie realisierte, was die Worte ihrer Gastgeberin für sie und ihren bisher schon so mühevollen Alltag bedeuteten. Eine Antwort gab sie nicht.

»Und einen Schmetterling hast du auch bekommen.« Selma schaffte es nicht mehr, ihr Grinsen zu verbergen. »Er wird mit einer Fernbedienung gesteuert.« Sie holte den zweiten Gegenstand aus ihrer Tasche und drückte auf einen Knopf.

Sofort stöhnte Leonie auf und gleichzeitig flossen ein paar Tränen über ihr Gesicht. »Danke Frau Mohr.« Ihre Stimme wurde leiser. »So etwas habe ich mir immer schon gewünscht.«

Selma glaubte sich verhört zu haben. »Was sagtest du?«

Leonie fand jetzt etwas mehr Mut zum Reden. »Das war mein innigster Wunsch, aber ich habe mich nie getraut, es zu äußern.«

Selma war in diesem Moment ehrlich sprachlos. Erst nach einiger Zeit schaltete sie den Schmetterling wieder aus und zog Leonie vom Bett hoch. »Soll ich dir im Bad helfen?«

Für Leonie war es der nächste Tiefschlag. Sie wollte zunächst widersprechen, doch dann realisierte sie ihren Zustand. Dadurch, dass ihre Arme und Hände fixiert waren, war sie vollkommen hilflos. Sie seufzte leise ein ´Ja´.

* * *

Sophie erwachte und warf sofort einen sehnsüchtigen Blick auf die Tür. Seit Michael da gewesen war, erwachte langsam in ihr der Wunsch, die Welt draußen wieder betreten zu dürfen. Auch wenn ihr klar war, dass es nicht mehr die Welt sein würde, die sie gewohnt war. Und sie hatte Angst, den Leuten wieder zu begegnen, denen sie in der Vergangenheit so oft weh getan hatte.

Den weißen Umschlag, der vor der Tür lag entdeckte sie erst, als sie sich im Bett aufsetzte. Sofort stand sie auf, und als sie näher kam, erkannte sie ihren Namen auf dem Umschlag. Sie hob den Umschlag auf und öffnete ihn mit zitternden Händen.

Liebe Sophie,

ich schreibe dir heute Abend noch einen Brief, denn heute konnte ich dich nicht besuchen. Während ich ihn schreibe, weiß ich noch gar nicht, wie ich ihn dir überhaupt überreichen soll. Franz-Ferdinand hatte mir gestern die Augen verbunden, bevor er mich zu dir brachte. Ich hoffe, dass er ihn dir bringen kann.

Die Bibel für dich habe ich gekauft, aber ich möchte sie dir persönlich überreichen.

Ich hoffe, du konntest mit meinen etwas hastigen Gymnastik-Tipps etwas anfangen, zur Sicherheit lege ich noch eine Broschüre bei, auf der gute Übungen abgebildet sind.

Sophie hatte sich erst über den großen Umschlag gewundert, jetzt sah sie die in Hochglanz gedruckten Seiten und seinen mit der Hand geschriebenen Brief. Er hatte eine angenehme und leicht lesbare Schrift, die gar nicht vermuten ließ, dass sie zu einem angehenden Mediziner gehörte. Sophie las weiter.

Ich möchte mich noch einmal für die schöne Zeit mit dir bedanken, auch wenn die Nacht etwas anders verlaufen ist, als ich es mir erträumt hatte.

Sophie lies den Brief wieder sinken. Die Nacht war wirklich ganz anders verlaufen, als sie es erwartet oder besser befürchtet hatte. Immer wieder musste sie an das sehr leckere Essen denken, mit dem er sie verwöhnt hatte. Und dann hatte er sie auf dem Bett in den Arm genommen und einfach nur gestreichelt. Es hatte so gut getan, endlich wieder einmal Berührungen auf ihrem Körper zu spüren. Und sie fühlte auch keinerlei Scham, als sie in seinen Armen gekommen war, sondern nur Glück, welches aber bald danach von der aufsteigenden Müdigkeit verdrängt wurde.

Als sie die weiteren Zeilen des Briefes las, fiel ihr ein, dass sie ihm auch noch für so Vieles danken wollte. Und dabei spielten die beiden gemeinsamen Mahlzeiten überhaupt keine Rolle. Es hatte so gut getan, endlich wieder mit einem Menschen reden zu können und vor allem verstanden zu werden.

Er schrieb von der baldigen Prüfung, die er machen musste, und dass für ihn dann ein Jahr im Ausland an stand. Sophie fühlte etwas, dass sie seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr erlebt hatte, dass Gefühl von echter Freundschaft. Sie war sich sicher, dass sie mit ihm in Kontakt bleiben würde, falls sie jemals wieder aus diesem Keller befreit werden würde.

Am Ende des Briefes kündigte er wieder einen Besuch für den heutigen Abend an. Sophie war sofort elektrisiert, als sie die Zeilen las. Sie suchte den kleinen Spiegel und seit langer Zeit blickte sie wieder hinein.

Sie erschrak fast, denn es blickte sie ein Gesicht an, das sie fast nicht mehr als ihr eigenes erkannt hätte. Es war nicht in Schminke ertränkt, sondern zeigte eine natürliche Schönheit, derer sie sich lange Zeit geschämt hatte. Auch ihre Haare lagen wild durcheinander. Sie griff zu der Bürste, die als einziges auf der winzigen Konsole unterhalb des Spiegels lag. Wenigstens die Haare wollte sie schön tragen, auch wenn sie ab jetzt auf Haarspray und dergleichen verzichten wollte.

Sie blickte an sich herunter und wieder realisierte sie, dass sie nur die Wahl hatte zwischen einem altem Arbeitskittel oder dem Nachthemd aus der Klinik. Und beides war selbst für ihre aktuellen Verhältnisse hässlich und unansehnlich. »Ich habe es noch nicht besser verdient.« Und dabei verdrängte sie den Gedanken an die vollen Kleiderschränke, die lediglich zwei Stockwerke über ihr standen.

Ihr Blick fiel auf ihren jetzigen Luxus in Form des Radios, doch sie hatte wenig Lust auf den einzig erreichbaren Sender, bei dem die Werbung nur ab und zu einmal durch etwas Musik unterbrochen wurde. Während sie sich langsam die Haare bürstete, dachte sie darüber nach, wie sie Michael heute Abend empfangen sollte. Sie hatte mittlerweile keine Scheu mehr zu zeigen, dass sie sich auf seinen Besuch freute und wie gut ihr seine Nähe tat. Sie war ihm unendlich dankbar, dass er sich so viel Zeit für sie nahm.

* * *

»Ich habe Paul bewusst ausschlafen lassen, das habe ich gestern noch mit Doro so ausgemacht.« Selma erklärte Leonie ihre Beweggründe. »Maria und er sollen sich noch einmal ausschlafen dürfen, bevor morgen der ganze Trubel losgeht.«

Leonie blickte etwas sehnsüchtig durch die Küchentür auf den so liebevoll gedeckten Frühstückstisch, doch sie schwieg.

»Ich denke, wir warten, bis Paul so weit ist, oder?« Selma blickte ihren Schützling fragend an.

Leonie zuckte mit den Achseln, eine der wenigen Bewegungen, die sie noch zustande brachte. »Von mir aus.«

Es war ihr ganz recht, wenn das Thema Nahrungsaufnahme noch etwas hinausgezögert wurde. Es hatte ihr schon mehr als gereicht, dass sie ihm Bad von Frau Mohr wortwörtlich von vorn bis hinten bedient werden musste.

Sie musste alles mit sich geschehen lassen, sowohl das Reinigen nach dem großen Geschäft als auch das Putzen der Zähne. Jede einzelne Handlung machten Leonie immer wieder schmerzlich bewusst, dass sie über ihre Arme und Hände selbst nicht mehr verfügen konnte. Und das Gefühl der Demütigung war groß.

Doch noch war sie zu stolz, um um ihre Befreiung zu bitten. Denn immerhin lebte sie im Moment ihren Traum, von dem sie lange nicht geglaubt hatte, dass man ihn je verwirklichen konnte.

* * *

Paul saß schon am Frühstückstisch und hatte große Mühe, sich ein Grinsen zu verkneifen, als er sah, wie sehr Leonie sich bemühte, trotz der vielen Restriktionen, die sie überall an ihrem Körper trug, einigermaßen würdevoll von der Küche zum Frühstückstisch zu gehen.

Als sie Paul am Tisch bemerkte, war sie etwas verlegen. »Wehe, wenn du lachst«, fauchte sie ihn an.

Selma betrat hinter ihr das Esszimmer. »Leonie, in deinem Zustand wirken solche Drohungen äußerst lächerlich.« Sie genoss es sehr, das Mädchen auch mit Worten zu quälen.

Noch bevor Leonie an ihrem Platz angekommen war, blieb sie stehen und begann auf einmal zu stöhnen.

Paul war schon sehr gespannt, wie sich der ständige Kontakt mit dem Vibrator an so prominenter Stelle auswirken würde, und jetzt konnte er es live erleben. Und er war mehr als fasziniert davon.

Doch viel zu schnell war von Leonie ein enttäuschter Seufzer zu hören, der anzeigte, dass die Vibrationen an so prominenter Stelle schon wieder aufgehört hatten.

Selma trat auf Leonie zu, um ihr die Kniegelenke kurz zu öffnen, damit sie sich an den Tisch setzen konnte.

»Danke.« Leonie sprach leise, denn sie fürchtete sich sehr vor dem, was als nächstes kommen würde, die Nahrungsaufnahme. Würden sie einfach zusehen, wie Leonie wie ein Tier würdelos mit dem Mund essen würde oder würden sie etwas Mitleid haben und ihr beim Essen helfen?

Zu ihrer Erleichterung stand auf ihrem Platz schon ein Glas mit weißem Inhalt und einem Strohhalm.

»Diesmal ist es kein Schlaftrunk.« Paul grinste etwas, als er sah, wie Leonie das Glas ein wenig argwöhnisch beäugte.

»Wir besorgen noch größere Strohhalme, dann kannst du auch dein Mittagessen auf diese Weise zu dir nehmen.« Selma sah interessiert zu, wie Leonie vorsichtig den ersten Schluck aus dem Glas sog.

»Das schmeckt gut.« Sie blickte ihre Gastgeber etwas verlegen an. »Vielen Dank.«



Selma war der Meinung, dass es Zeit war für den nächsten Tiefschlag. »Hier ist die Verschärfung für den heutigen Tag.« Sie stellte ein breites Halskorsett auf die Kommode. »Schaue es dir an, solange du deinen Hals noch drehen kannst.« Selma liebte es, so mit den Gefühlen der Mädchen zu spielen.

Leonie blickte zur Konsole und erkannte auf den ersten Blick, dass es ein sehr strenges Halskorsett war. Es würde von ihrer Kinnspitze bis hinunter auf ihre Brust reichen und sie erkannte jetzt schon, dass sie dann ihren Kopf auch nicht mehr bewegen konnte. Wieder stöhnte sie, denn auch der Vibrator war kurz angegangen.

»Sobald das Glas leer ist, werde ich es dir anlegen.« Selma wusste, was ihre Worte bewirkten.

Leonie stutzte erst ein wenig, dann beugte sie sich zu ihrem Strohhalm und begann wieder zu saugen. Diesmal hörte sie erst auf, als das Glas leer war. Dann blickte sie wieder zur Kommode.



»Paul, hilft du mir?« Selma ging zur Kommode und nahm sich das Halskorsett, um es dann Paul zu reichen. »Du kennst dich ja auch damit aus.« Sie zwinkerte ihm zu.

Paul nahm das Halskorsett und legte es um Leonies Hals, während das Mädchen das eine oder andere Mal leicht aufstöhnte.

»Sie freut sich über die nächste Verschärfung.« Selma wunderte sich etwas über das viele Stöhnen, denn sie hatte den Vibrator abgeschaltet.

Es war Leonie doch wichtig, es richtig zu stellen. »Nein, dieser kleine Eindringling quält mich.«

Selma nahm die Fernbedienung zur Hand und zeigte sie Leonie, wie sie ein und aus schaltete.

»Sind sie sicher, dass es funktioniert?« Leonie hatte sich überzeugt, dass der Vibrator eigentlich abgeschaltet sein müsste. »Jetzt geht es schon wieder los.« Sie stöhnte jetzt etwas heftiger. »Schade, es hat schon wieder aufgehört.« Sie sank ein wenig in sich zusammen.

»Ich werde mir noch einmal die Bedienungsanleitung durchsehen.« Selma gab zu, dass sie das Gerät neu gekauft hatte und es bisher noch nicht ausprobiert hatte. »Jetzt machen wir erst mal das Halskorsett fertig.« Sie griff sich die Schnur und begann, sie in die Löcher am Korsettrand einzufädeln.

Leonie stöhnte wieder, als sie die zunehmende Enge um ihren Hals spürte. Immer wieder versuchte sie auf die Fernbedienung zu sehen, wenn sie wieder einen Impuls an ihrer so empfindlichen Stelle spürte.

»Es wäre etwas leichter für uns, wenn du nicht ständig wackeln würdest.« Selma versuchte es mit neutraler Stimme zu sagen.

»Entschuldigung, aber dieses Ding spinnt immer zu.« Leonie stöhnte noch einmal, doch dann versuchte sie ihren Kopf still zu halten.



»Okay, das war es.« Selma setzte sich an den Frühstückstisch und griff sich ein Brötchen, um es aufzuschneiden.

Auch Paul hatte wieder Platz genommen und tat es seiner Oma gleich.

Das weitere Frühstück verlief in Schweigen, nur gelegentlich unterbrochen von Leonies entweder lustvollem oder enttäuschten Stöhnen, wenn der Vibrator wieder nur für ein paar Sekunden lief.

Paul nahm sich noch einmal die Anleitung zur Hand und kontrollierte auch die Einstellungen auf dem Steuergerät. »Wenn ich das richtig sehe, dann hast du das Zufallsprogramm aktiviert.« Er blickte von seiner Oma kurz zu Leonie, die gerade dabei war, etwas bleich zu werden.

»Oh, das war keine Absicht.« Selmas Stimme zeigte ehrliches Bedauern. »So sehr wollte ich dich am Anfang noch nicht quälen.«

Wieder stöhnte Leonie.

»Das Programm hat eine Laufzeit von acht Stunden und kann vorher nicht unterbrochen werden.« Dass ein Herausnehmen der Batterien noch eine Option war, behielt Paul allerdings für sich.

Leonie war erregt und entsetzt zugleich. Insgeheim hatte sie sich so etwas immer schon gewünscht, doch zum einen hatte sie nie den Mut gehabt, danach zu fragen, und zum anderen war sie sich auch nicht sicher, ob sie es wirklich so lange durchhalten würde.

Wieder stöhnte sie leicht. »Das werde ich ...« Sie konnte nicht weiter sprechen, stattdessen musste sie kurz aufstöhnen. »Das werde ich aushalten.« Sie gab sich sehr zuversichtlich. »Ich habe schon Schlimmeres ertragen.«

Paul blickte sie etwas verwundert an.

»Allerdings war ich dabei nicht so völlig hilflos.« Wieder stöhnte sie auf, dieses Mal etwas lauter.

* * *

Schon beim Anflug auf München hatte Frederike wehmütig aus dem kleinen Fenster des Fliegers geschaut und verträumt über ihre Zeit in der Landeshauptstadt nachgedacht. Später hatte sie die Liebe in das beschauliche Landsbach geführt, und dort besaß sie immer noch das Haus, in dem jetzt ihre Tochter zusammen mit der Erzieherin wohnte. Sie freute sich schon sehr darauf, die Gefilde ihrer Jugend und ihrer Studentenzeit wieder zu sehen.

Gleich nach der Landung durfte sie aussteigen und musste dabei etwas vergnügt an Ereignis ihrer Tochter denken, die direkt aus dem Flieger heraus von der Polizei nach Landsbach gebracht wurde. Frederike hatte arge Bedenken wegen des Gebets während der Landung gehabt, doch sie hatte es nicht gewagt, ihrer Tochter davon abzuraten. Dazu verdankte sie ihrer Tochter zu viel. Doch diesmal wartete kein Polizeiwagen und Frederike konnte nach den üblichen Formalitäten sofort ihre Koffer abholen.

Das Konsortium hatte ihr den Flug erster Klasse bezahlt, und sie hatte auch eine unterschriebene Kostenübernahmeerklärung für sämtliche Fahrtkosten bekommen. Sie war kurz in Versuchung, zunächst einen Abstecher nach München in die Innenstadt zu machen, doch ihre Liebe zu der alten Kleinstadt war doch größer. München konnte sie sich auch noch später ansehen.

So schob sie ihren Kofferwagen zum Taxistand und nahm das erste Taxi, das sich bereit erklärte, sie bis Landsbach zu fahren.



Der Fahrer war nett und begann sofort ein Gespräch, als er den leichten amerikanischen Einschlag bemerkte. »Mal wieder in der alten Heimat?«

»Sie haben recht.« Frederike war verblüfft über die Menschenkenntnis. »Es ist schon lange her, dass ich weggegangen bin.«

»Dem Gepäck nach ist es aber nur ein kurzer Urlaub.« Der Fahrer startete den Motor und fuhr los.

»In Landsbach findet das Katerinenfest statt.« Frederike machte es sich in dem Sitz bequem.

»Und deswegen kommen sie extra aus den Staaten?« Der Fahrer war etwas verblüfft.

»Hört man das?« Frederike lächelte. »Meine Tochter spielt die Hauptrolle.«

»Das ist natürlich ein Grund.« Der Fahrer lächelte zurück. »Da sind sie bestimmt sehr stolz.«

»Oh ja.« Frederike lehnte sich zurück.



In Landsbach ließ sie das Taxi kurz am Friedhof warten, denn als erstes wollte sie das Grab ihres Mannes besuchen, der schon so früh verstorben war. Es war damals ein Schock für sie gewesen, dass sie und die anderen Ärzte ihm bei dieser tückischen Krankheit nicht helfen konnten. Maria war noch sehr jung, als es passierte, und deswegen wuchs sie fast ganz ohne Vater auf.

Dann brachte das Taxi sie zu ihrer alten Freundin, die sie besuchen wollte, weil sie zusammen mit ihr und Marias Erzieherin einen kleinen Streich ausgeheckt hatten.

* * *

Sophie wusste noch ungefähr, wohin Michael gezeigt hatte, als er den Kühlschrank erwähnt hatte. Sie machte sie auf die Suche. Er war tatsächlich etwas versteckt unter dem Waschbecken gleich neben dem Boiler für das warme Wasser.

Seufzend erinnerte sie sich an die Worte von Michael, als er sagte, dass die Tür nur schwer zu öffnen war. Sophie hoffte sehr, dass ihre Kraft dafür schon ausreichend sein würde. Auf noch einmal Ravioli zu Frühstück hatte sie nun wirklich keine Lust.

Sie kniete sich vor das Gerät, holte tief Luft und zog mit aller Kraft an dem Türgriff. Zu ihrer großen Erleichterung ging Tür nach wenigen Augenblicken tatsächlich auf, und Sophie konnte das Innere des Kühlschranks bestaunen.

Ihr Cousin hatte sie doch besser versorgt, als es ursprünglich den Anschein hatte. Allerdings, dass musste Sophie sich schmerzlich eingestehen, wusste sie nicht, was in den jeweiligen Verpackungen drin war. Sie verfluchte ihre Arroganz, mit der sie sich immer von vorn bis hinten bedienen ließ und selten Lebensmittel in ihren Verpackungen gesehen hatte. Doch Butter und Marmelade hatte sie nach einigem Nachdenken identifiziert.

Von Michaels Frühstück war noch ein Brötchen übrig, das jetzt allerdings etwas hart war. Es schmerzte Sophie, dass sie so wenig Haushaltserfahrung hatte beziehungsweise sich immer nur an den gedeckten Tisch gesetzt hatte. Sie erinnerte sich dunkel an Zeiten, wo es auch Brötchen vom Vortag gab, und die waren trotzdem weicher als das Exemplar, welches jetzt vor ihr lag.

Sie suchte sich das Messer und schnitt sich das Brötchen auf. Währenddessen versuchte sie sich daran zu erinnern, was ihre Mutter damals, als sie noch lebte und sich um den Haushalt gekümmert hatte, mit den Brötchen gemacht hatte, doch im Moment wollte ihr nichts dazu einfallen.

Auch die Butter war steinhart, als sie sie auf das Brötchen streichen wollte und so langsam kam die Erinnerung wieder. Früher mussten die Sachen immer ein wenig früher aus dem Kühlschrank genommen werden.

Doch Sophie hatte Hunger und beschloss, auf die Butter zu verzichten. Sie strich sich etwas Marmelade auf die beiden Hälften, goss sich etwas Milch ein und begann mit ihrem Frühstück.
680. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 27.03.17 08:28

Und wieder ein recht interessanter und toller Teil.

Die arme Leonie.So langsam übertreibt es Selma.Und das Paul da noch mitmacht.Bzw das mit den Batterien verschweigt.Also wirklick.TsTs er had doch schon Maria.Aber egal was Selma mit der Leonie noch vor had.Sie sollte folgenden Spruch nicht vergessen.Der Krug geht so lange zum Brunnen bis er zerbricht.

Sie sollte aufpassen,das sie Leonie nicht zerbricht oder sie dazu bringt doch lieber zu gehen.
MAl schaun was für eine Überraschung Frederike had und wie es mit Sophia weiter geht.Achja weis Michael nicht das er sich der Mittäterschaft schuldig macht?Und er dan auch in den Knast gehen wird?

mfg Wölchen
681. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 28.03.17 05:37

Zitat
Und wieder ein recht interessanter und toller Teil.
Danke
Zitat
Aber egal was Selma mit der Leonie noch vor hat. Sie sollte folgenden Spruch nicht vergessen.Der Krug geht so lange zum Brunnen bis er zerbricht. Sie sollte aufpassen,das sie Leonie nicht zerbricht oder sie dazu bringt doch lieber zu gehen.
Das ist im Prinzip schon richtig. Aber noch ist Leonie von der immer noch steigerbaren Hilflosigkeit fasziniert.
Zitat
Ach ja weiß Michael nicht das er sich der Mittäterschaft schuldig macht?Und er dann auch in den Knast gehen wird?
Guter Hinweis. Das hatte ich bisher gar nicht auf dem Schirm.
682. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 28.03.17 19:58

hallo gag_coll,

leider bin ich erst jetzt dazu gekommen, den letzten Teil zu lesen, aber wie immer bin ich begeistert von Deiner Geschichte.
Ich bewundere, wie Du es schaffst, verschiedene Stränge zu ziehen, die aber doch zusammengehören und bestimmt im - hoffentlich sehr fernen - letzten Teil zusammengebracht werden.
Das erinnert mich an die nicht so bekannten historischen Romane von Karl May, der dies dort meisterhaft erledigte.

Danke und Gruß

Machtdom
683. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 28.03.17 20:11


Zitat

Das erinnert mich an die nicht so bekannten historischen Romane von Karl May, der dies dort meisterhaft erledigte.


---ggg--- ein treffender Vergleich.
Auch ich habe in meiner Jugend, fast alle Bücher von Karl May gelesen, ja geradezu verschlungen.

Zitat

Ach ja weiß Michael nicht das er sich der Mittäterschaft schuldig macht?Und er dann auch in den Knast gehen wird?


So weit wird es wahrscheinlich nicht kommen, da Sie ja alles noch freiwillig mitmacht.
Und bis jetzt gefällt es ihr ja.
Aber im Grunde genommen, also im schlimmsten Fall bei einer Anzeige, hätte er dann wohl einige Probleme.

Danke gag_coll

-----
Gruß vom zwerglein
684. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 28.03.17 21:03

Zwerglein.

So weit wird es wahrscheinlich nicht kommen, da Sie ja alles noch freiwillig mitmacht.
Und bis jetzt gefällt es ihr ja.
Aber im Grunde genommen, also im schlimmsten Fall bei einer Anzeige, hätte er dann wohl einige Probleme.


Macht sie es dan freiwillig?Woll eher nicht.Sie ist gefangen und kann nicht raus.Dan kommt noch alles andere dazu.Der fingierte Unfall,der Krankenhaus aufenhalt und all so was.

Jeder Staatsanwalt und Anwalt würde in Sophoas Fall sagen das ist ein Stockholmsyndrom.Sie versucht nur zu überleben.Vor allen,da sie sie ohne hilfe und der gleichen zurück gelassen haben.Sogar ihren Tod in Kauf genommen haben.Vor allen da ja weder der Herzog noch der Neffe sich um sie gekümmert haben.Aufgrund der verkümmerten Muskel hätte sie genauso gut verhungern und verdursten können.

Nein,wenn das raus kommt geht ein Aufschrei durch die Medienwelt.Mann wird Blut sehen wollen.Und es wird eine menge Experten und co auftreten die ihre Meinung sagen werden.Keine Chance,das wird dan heis her gehen.Und Michael ist dan auch mit dran.Besonders weil er davon wußte das der HErzog sie entführt had.Das sie sich kaum rühren konnte.Und sowoll der Herzog als auch der Neffe sich hilflos zurück gelassenhad.Sie konnte sich ja kaum selbst ernähren.Dazu kommt ja noch das er sie da behalten wollte um sie an sich zu binden.

Nein er ist auch mit drann.

P.S. weis jemand wie man das mit den Zitaten macht,wie ihr es immer macht?Ich weis es nicht.Könnt ihr mir das mal bitte erklähren.
685. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 28.03.17 23:28

Zitat

Zwerglein.
So weit wird es wahrscheinlich nicht kommen, da Sie ja alles noch freiwillig mitmacht. Und bis jetzt gefällt es ihr ja. Aber im Grunde genommen, also im schlimmsten Fall bei einer Anzeige, hätte er dann wohl einige Probleme.

Macht sie es dan freiwillig?Woll eher nicht.Sie ist gefangen und kann nicht raus.Dan kommt noch alles andere dazu.Der fingierte Unfall,der Krankenhaus aufenhalt und all so was.


hallo Wölfchen,
natürlich hast Du recht. Mir ist der Fehler unterlaufen, ich habe in dem Moment Michael mit Paul verwechselt. Also meine Schuld. Danke für die Richtigstellung.
Zitat

P.S. weis jemand wie man das mit den Zitaten macht,wie ihr es immer macht?Ich weis es nicht.Könnt ihr mir das mal bitte erklähren.


Über dem Schriftfeld hast Du eine Fläche mit einer Seite und einem roten Pfeil nach rechts.
Drücke die und Füge dein Zitat ein. Fertig!!

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Gruß vom Zwerglein

686. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 29.03.17 05:47

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Mittwoch, 22. September 1984)

Es klingelte. Maria sprang sofort auf. »Das wird Paul sein.« Sie lief zur Tür und begrüßte ihn herzlich, nachdem sie ihm geöffnet hatte. »Jetzt probieren wir das Korsett aus.« Ihre Augen leuchteten.

Doch ein Räuspern von ihrer Erzieherin ließ sie zusammenzucken. Vorsichtig drehte sie sich zu ihr um.

»Ihr werdet heute Vormittag noch einmal etwas das Gebet trainieren.« Mrs. Potter gab sich unerwartet streng.

Maria wollte sofort widersprechen, doch dann sah sie die Miene ihrer Erzieherin und sank etwas in sich zusammen. »Jawohl.« Ihr Blick zeigte ihre große Enttäuschung. »Das war die letzte Gelegenheit vor dem Fest.« Letzteres sagte sie mehr zu sich selbst.

Paul fühlte sofort, was seine Freundin bewegte. »Es sind ja nur fünf Tage, die wir noch warten müssen.«

»Ich hatte mich so sehr darauf gefreut.« Marias Stimme war traurig. Doch dann schien sie über die Situation nachzudenken. »Das Gebet ist sicher wichtiger.« Sie seufzte tief.

»Das denke ich auch.« Mrs. Potter legte die nötigen Riemen bereit.

Paul griff sich den ersten der Riemen, und mit sehr viel Bedauern in der Stimme wandte er sich an Maria. »Wenn ich die Prinzessin dann um ihre Mithilfe bitten dürfte.« Er hoffte insgeheim, dass er es ihr durch das Prinzessinnenspiel etwas leichter machen konnte.

»Jawohl, mein Prinz.« Mit einem tiefen Seufzer legte Maria ihre Arme auf den Rücken und nahm die Gebetshaltung ein. Ihr Tonfall zeigte, wie sehr sie es bedauerte, nicht das Korsett ausprobieren zu können.

Unter normalen Umständen wäre es Paul bestimmt aufgefallen, dass Maria ihre Arme schon so weit in die nötige Haltung bringen konnte, dass nur noch wenig Zwang durch die Riemen nötig war. Doch jetzt teilte er Marias Traurigkeit, denn auch er war sehr gespannt auf dieses Monster von einem Ganzkörperkorsett.



»So, das war es.« Paul gab Maria das Signal, dass ihre Armfesselung jetzt belastbar war.

»Es kommt gleich ein wichtiger Besuch.« Mrs. Potter räumte den Tisch ab. »Sie möchte euch begutachten.« Es kostete sie einige Mühe, dabei nicht zu grinsen.

Paul und Maria blickten sich verwundert an. Maria zuckte wortlos mit den Schultern.

»Ich hatte mich eben räuspern müssen.« Mrs. Potters Stimme war ungewohnt ernst.

Maria ließ ihren Kopf enttäuscht sinken. Sie wusste, was dies bedeutete, und vor allem, dass es auch keinen Sinn machte, sich dagegen aufzulehnen.

Doch erst als die Erzieherin aus einer der Schubladen einen Ballknebel herausnahm und ihn wortlos in seine Hand legte, erkannte auch Paul, was gemeint war. »Warum?« Er platzte gerade zu mit der Frage heraus, weil er es für sehr ungerecht hielt. »Warum das?«

Maria hielt ihn zurück. »Das ist schon in Ordnung.« Sie blickte ihn traurig an. »Hilf mir, die Strafe zu ertragen.«

Waren seine Hände beim Anlegen des Gebets noch ruhig gewesen, so zitterten sie jetzt, als er Maria die rote Kugel in den Mund schieben und die Riemen hinter ihrem Kopf schließen musste. »Es tut mir leid.« flüsterte er leise.

Maria brummte nur etwas, denn sie hatte kurzerhand beschlossen, die Strafe hinzunehmen.

»Ich kümmere mich dann mal um den Abwasch.« Mrs. Potter blickte noch einmal mit einem sehr strengen Gesichtsausdruck zu dem Paar, dann verließ sie das Esszimmer.

Maria hielt ihren Kopf gesenkt, denn sie war sehr traurig. Sie hätte gern ihre Wut hinaus geschrienen, doch sowohl ihre Stimme als auch ihre Arme waren ihr genommen.

Paul versuchte seinen Arm um sie zu legen, doch er spürte ihre Ablehnung schon, noch bevor sie noch zu Brummen begonnen hatte. So zog er seinen Arm zurück und blickte ebenfalls zu Boden. So blieben sie einige Zeit lang sitzen.



Es klingelte.

»Könnt ihr bitte aufmachen?« Mrs. Potter rief es aus der Küche.

Paul und Maria gingen zusammen zur Tür. Ohne dass Maria es verhindern konnte, lief gerade ein Speichelfaden über ihr Kinn.

»Du sabberst.« Das waren die ersten Worte der ihnen unbekannten Dame, die als der angekündigte Besuch zu ihnen kam.

Maria traf es schon wieder wie einen Faustschlag.

»Hallo Doro. Das ist also dein Schützling?« Die fremde Frau sprach mit strenger Stimme und blickte Maria dabei mit einem zweifelnden Blick an. »War sie nicht artig?«

»Sie war zu ungeduldig.« Mrs. Potter erklärte es, ohne Maria auch nur einmal kurz anzusehen. »Da musste ich sie etwas bremsen.«

»Es fehlt ihr noch etwas an Selbstkontrolle.« Die fremde Frau zog sich die Strickjacke aus und reichte sie wortlos an Paul. Maria war den Tränen nahe.

Paul hängte die Jacke auf, dann legte er den Arm um seine Freundin. Das sie ihre Arme im Gebet trug, schien die Fremde überhaupt nicht zu bemerken.

»Jetzt komm erst mal herein, Alex.« Mrs. Potter machte keine Anstalten, ihren Besuch vorzustellen. »Magst du einen Kaffee?«

»Sehr gern.« Alex folgte der kleinen Gruppe ins Esszimmer.

»Nimm Platz.« Mrs. Potter zeigte auf einen der Stühle. »Ich bin kurz in der Küche.«

Paul musste nur einen kurzen Moment überlegen, dann ging er hinterher. »Darf ich sie mal einen Moment sprechen?« Er hatte sich allen Mut zusammengenommen und folgte Marias Erzieherin in die Küche. »Warum quälen sie Maria so?« Er bemerkte nur nebenbei, dass seine Stimme dabei nicht zitterte.

»Ich möchte sie auf schwierige Momente auf dem Fest vorbereiten.« Mrs. Potter blickte ihm in die Augen. »Nicht jeder wird verstehen, was sie mit ihren Armen macht.« Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Und ich möchte, dass sie gelernt hat, verletzende oder demütigende Äußerungen wegzustecken.«

Paul verstand die Motivation sofort, doch dann wurde er nachdenklich. »Wie soll ich mich dabei verhalten?«

»Ich bin froh, dass du das fragst.« Mrs. Potter war sichtbar erleichtert über den Verlauf des Gespräches. »Du solltest stets an ihrer Seite sein und ihr beistehen, vor allem körperlich.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Und es ist wichtig, dass du dich auf keinen Fall provozieren lässt«

»Und warum der Knebel?« Paul fand es ungerecht und äußerte dies.

»Um ihre Ungeduld etwas zu bremsen.« Mrs. Potter legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das neue Korsett ist bestimmt sehr verlockend, doch jetzt ist dafür einfach keine Zeit. Und daran soll der Ball sie erinnern. Aber das ist nur ein Vorwand, wie du sicher bemerkt hast.« Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

»Das ist natürlich ein guter Grund.« Paul war auf einmal verändert, er begann zu grinsen. »Ich gehe dann wieder zu ihr.«



Maria blickte Paul sehnsüchtig und verzweifelt zugleich an.

Er wusste natürlich, was sie von ihm wollte, doch jetzt, da er den wahren Grund erfahren hatte, musste er sie trösten. »Es dauert nicht mehr lange«, sagte er etwas rätselhaft, dann nahm er sie in den Arm und tröstete sie.

»Maria, kommst du bitte einmal zu mir?« Die fremde Frau, die sich als Frau Dortmund anreden ließ, stand auf und wartete, bis Maria vor ihr stand.

Maria hatte Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Sie erwartete jeden Moment den nächsten Tiefschlag. Sie trug ihre Lippen sehr konzentriert um den Ball, denn sie wollte auf keinen Fall, dass ihr noch einmal Speichel aus dem Mund lief.

»Drehe dich bitte einmal um.« Frau Dortmund hatte große Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.

Gerade als Maria sich umgedreht hatte, klingelte es wieder.

»Paul, kannst du bitte öffnen.« Mrs. Potter hatte ein gewisses Interesse daran, dass Maria nicht zur Tür gehen sollte.

Paul kam der Aufforderung nach und bat eine weitere ihm unbekannte Frau herein. Sie trug eine fast übertrieben große Sonnenbrille, so dass von ihrem Gesicht fast nichts zu erkennen war. Er führte sie ebenfalls ins Wohnzimmer. Die fremde Frau nahm auf einem der Stühle neben Frau Dortmund Platz.

Frau Dortmund war unterdessen dabei, Marias Arme abzutasten. Dabei murmelte sie einige, was aber nicht zu verstehen war.

Die fremde Frau schwieg zunächst, schaute der Untersuchung aber sehr interessiert zu.

Mrs. Potter servierte den beiden Frauen etwas Kaffee, dann setzte sie sich dazu.

»Wie lange trainiert Maria jetzt schon?« Frau Dortmund war offensichtlich von deren Fähigkeiten sehr angetan.

»Angefangen hat es vor ungefähr fünf Jahren.« Mrs. Potter gab einen kurzen Überblick über Marias Fortschritte.

»Eine beachtliche Leistung.« Aus ihrer Stimme war plötzlich Bewunderung zu hören. »Deine Mutter kann sehr stolz auf dich sein.«

Maria hob kurz ihren Kopf. Doch sie war so konzentriert auf ihre Lippen, dass sie sonst keine Reaktion zeigte.

»Ich kann nicht mehr« Frederike riss sich die Perücke vom Kopf und nahm sich die Sonnenbrille ab. Dann begann sie zu lachen.

Frau Dortmund war erleichtert. »Ich hätte auch nicht mehr lange durchgehalten.«

Paul und Maria waren erstarrt vor Verblüffung.

»Ich denke, jetzt kannst du Maria den Ball wieder abnehmen.« Mrs. Potter gab das erlösende Signal.



»Na, ist meine kleine Überraschung gelungen?« Frederike nahm kurz einen Schluck Kaffee.

»Mama!« Maria war überwältigt. »Warum das alles?«

»Es sollte dich vorbereiten.« Frederike warf der Erzieherin einen kurzen Blick zu. »Es wird auf dem Fest sicher nicht nur Bewunderer geben, sondern du wirst auch auf Ablehnung stoßen.«

»Und damit du damit umgehen kannst, dafür war heute diese kleine Lehrstunde«, ergänzte Mrs. Potter.

Maria blickte verwundert zu Paul. »Und du hast das gewusst?« Ihr Blick war dabei, sich zu trüben.

Mrs. Potter musste Paul in Schutz nehmen. »Er wusste nur das Notwendigste.«

Frederike nahm ihre Tochter in den Arm. »Natürlich bin ich sehr stolz auf dich.«

Maria lag noch eine Frage auf der Zunge, doch sie traute sich nicht, sie auszusprechen.

»Alexandra Dortmund ist eine alte Studienkollegin von mir.« Sie warf der anderen Frau ein Lächeln zu. »Sie wollte dich unbedingt kennenlernen. Und deswegen haben wir uns diese kleine Komödie ausgedacht.«

»Wieso bist du eigentlich hier und nicht in der Klinik?« Maria fragte das Naheliegende.

»Ich muss doch dabei sein, wenn meine Tochter das Fest spielt. Das konnte ich mir wirklich nicht entgehen lassen.« Sie strich Maria über den Kopf. »Und ich soll auch Grüße von meinen Auftraggebern ausrichten, sie wünschen dir ebenfalls viel Erfolg bei dem Fest.«

»Sind sie zufrieden mit mir?« Maria hatte auf einmal etwas Besorgnis in ihrer Stimme.

»Sie sind sehr zufrieden.« Frederike streichelte ihrer Tochter durch das Gesicht. »Es tut mir sehr leid, dass du das Korsett jetzt nicht mehr ausprobieren konntest. Es ist einfach nicht früher fertig geworden.«

»Das Gebet zu trainieren, ist wichtiger.« Maria gab sich ein wenig trotzig.

»Sie sind mir zu sauer, sagte der Fuchs zu den Trauben, an die er nicht heran kam.« Paul grinste.

»Du Schuft, du!« Maria drehte sich erbost zu ihm. »Wir zwei rechnen noch gesondert ab.« Doch dann lächelte sie. »Ich freue mich schon sehr auf das Fest.«

* * *

»Leonie, wie wäre es, wenn du beim Tischabräumen hilfst?« Selma hatte Mühe, ein Grinsen zu verbergen, als sie ihr die Kniegelenke öffnete, damit ihr Schützling aufstehen konnte.

Leonie seufzte zunächst, als sie sich langsam aufrichtete. Sie war in Versuchung, ihre Beine etwas angewinkelt zu halten, so dass der Verschluss nicht automatisch einrasten würde. Doch ein strenger Blick von Selma ließ Leonie leise stöhnen, dann streckte sie ihre Beine, bis das leise Klicken zu hören war. »So kann ich aber nicht mehr helfen.« Sie versuchte einen leisen aber auch erleichterten Protest.

»Du hast recht, so geht das nicht.« Selma ging an die bewusste Kommode und zog die oberste Schublade heraus. Sie nahm etwas heraus, was Leonie im weiteren Sinn als ein Tablett identifizierte. Doch an dem Tablett hingen noch diverse Riemen herab. »Bitte halte einmal still.«

Leonie erkannte die nächste Gemeinheit erst, als Selma schon dabei war, das Tablett um ihren Bauch zu schnallen. Es hing allerdings noch etwas nach vorn herunter. »Ich verstehe noch nicht, wie das gehen soll?« Leonie war etwas verwundert.

»Warte ab.« Selma griff noch einmal in die Schublade und holte zwei glänzende Ketten heraus. »An deinem Halskorsett sind seitlich zwei Ösen, dort werden ich jetzt die Ketten einhängen.« Sie beschrieb, was sie tat, weil sie wusste, dass Leonie es nicht sehen konnte.

»Und dann?« Leonie fragte es noch mit etwas naiver Stimme, doch dann erkannte sie, was ihre Gastgeberin vorhatte. »Nein, das können sie nicht von mir verlangen.«

»Du kannst ja ruhig versuchen, dich zu wehren oder wegzulaufen.« Selma zeigte ihr Grinsen jetzt ganz offen. »Aber es wäre besser, wenn du dir deine Kraft aufhebst für das, was dann kommt.«

Als Antwort seufzte Leonie, um gleich darauf auch noch heftig zu stöhnen. »Dieses Teufelsding kennt auch unterschiedliche Intensitäten. Stark und kurz oder sanft und lange.«

»Mir scheint, du magst es.« Selma sprach etwas leiser, als sie die Ketten in der richtigen Länge an das Tablett anbrachte. »Jetzt nur noch verriegeln und du bist fertig für den Tag.«

»Es war immer schon mein Traum.« Leonie wurde etwas rot, weil gerade ihre geheimsten Träume offenbart wurden.

»Es ist allerdings etwas problematisch wegen der nötigen Hygiene.« Selma wurde auf einmal ernst. »Zweimal pro Tag müsste ich dich sauber machen.«

»Sie haben damit Erfahrung.« Leonie war erstaunt und verzückt zugleich. »Ein Traum.«

»Dann macht es dir sicher nichts aus, wenn du mir jetzt als Tablett hilfst.« Selma wollte sie bewusst aus ihrem Traum erwecken. »Und die acht Stunden Zufallsprogramm überstehst du bestimmt ganz locker.« Sie blickte demonstrativ zur Uhr. »Eine halbe Stunde hast du ja jetzt schon geschafft.« Sie wusste, wie sie in Leonie ganze Gedankenstürme auslösen konnte. »Und jetzt halte bitte still, damit ich den Tisch abräumen kann.«

Leonie seufzte, dann kam sie der Aufforderung und versuchte, still zu halten, während Selma das Frühstücksgeschirr auf das Tablett stellte. Nur ab und zu entglitt ihr ein Stöhnen, weil der Vibrator sie kurz gequält hatte.

»Jetzt trage es bitte vorsichtig in die Küche.« Selma drehte sich einfach um und ging voran. »Wie kommst du eigentlich mit den Einsätzen im BH zurecht?«

»Oh!« Leonie keuchte. »Die sind ja so gemein.« Wieder zwang sie der Vibrator zu einem Stöhnen.

* * *

»Danke für die Einladung, wir nehmen gern an.« Mrs. Potter legte auf. »Selma hat uns zum Mittagessen eingeladen. Ich habe zugesagt, ihr Einverständnis voraussetzend.« Sie blickte Frederike fragend an.

»Gern, ich bin sehr gespannt, Pauls Oma kennenzulernen.« Marias Mutter blickte kurz zu ihrer Tochter.

»Frau Mohr ist total nett.« Marias Stimme hatte etwas Schwärmerisches. »Sie ist auch eine sehr erfahrene Erzieherin.« Sie gab einen kurzen Überblick über ihre bisherigen Begegnungen mit Pauls Oma.

»Wie geht es Anna und Florian?« Frederike war sehr neugierig, ob ihre so hastig geschmiedeten Pläne letztendlich auch von Erfolg gekrönt waren.

»Ich glaube, sie sind sehr glücklich.« Maria berichtete von Annas bisherigen Aktionen. »Im Moment ist sie bei der Reporterin.«

»Was macht sie denn da?« Frederike war sichtlich überrascht.

»Frau Baseling hat ihr so etwas wie einen Praktikumsplatz angeboten, damit sie beschäftigt ist und auf andere Gedanken kommt.« Mrs. Potter legte den Landsbacher Boten auf den Tisch. Es war die Ausgabe, die Maria im Katerinenkleid auf der Titelseite zeigte.

»Das sieht ja wunderbar aus.« Frederike war sichtlich angetan. »Ich merke, ich muss mich hier um nichts kümmern.« Doch dann wurde ihr Gesicht ernst. »Ich würde mich gern noch einmal mit Anna unterhalten. Ich muss sie zu etwas Rudern nötigen.«

Maria begriff die Zusammenhänge sofort. Durch das lange Korsetttragen drohten die Rückenmuskeln abzubauen, mit dem Rudertraining konnte frau dem entgegenwirken. Und natürlich hatte es noch einen anderen Aspekt. Wenn Anna die Ruderanlage belegte, blieb ihr selbst das sonst so lästige Rudern erspart. Sie lächelte ein wenig. »Wir könnten bei der Zeitung anrufen und fragen, wo sie sind.«

»Frau Baseling wird sich sicher die Gelegenheit nicht entgehen lassen, deine Mutter zu interviewen.« Mrs. Potter schmunzelte. »Ich werde Selma fragen, ob sie auch kommen können.« Sie griff noch einmal zum Telefon.

Kurz darauf trug sie ihr Anliegen vor. »Sie ist einverstanden«, sagte sie, nachdem sie wieder aufgelegt hatte.

»Dann sollten wir noch diese Reporterin anrufen, damit wir sie und Anna auch einladen können.« Frederike war sehr gespannt auf die ehemals so prominente Tochter.

»Ich kümmere mich darum.« Mrs. Potter bot sich an und griff ein drittes Mal zum Telefon.

* * *

»Frau Mohr, darf ich sie einmal sprechen.« Leonie hatte sich unter häufigem Stöhnen mühsam in die Küche gequält, wo Selma mit einigen Kochtöpfen beschäftigt war.

»Was gibt es denn, Leonie?« Selma hatte Mühe zu verbergen, wie sehr sie sich an Leonies süßen Qualen ergötzte.

»Das mit diesem Vibrator ist so grausam.« Leonie stöhnte wieder.

»Warum ist es grausam?« Selma wollte es hören, obwohl sie die Antwort natürlich schon lange kannte.

»Er hört immer viel zu früh auf.« Leonie versuchte, viel Leid in ihre Stimme zu legen, doch innerlich fühlte sie sich rattenscharf. Wenn sie nur diese verteufelten Handschuhe nicht tragen würde, dann hätte sie sich schon lange gestreichelt. Sie war so geladen, dass der Keuschheitsgürtel fast wirkungslos war. Ein zärtliches Streicheln über die Haut und sie wäre geplatzt. Doch mit diesen Handschuhen war ihr Körper sicher vor ihr.

»So so.« Selma sog die Leiden des Mädchens geradezu auf.

»Und immer, wenn ich mich bewege, kitzeln mich diese verfluchten Dinger in dem BH.« Leonie war die Verzweiflung deutlich anzuhören.

»Ich könnte dir deine Situation etwas erleichtern.« Selma legte den nächsten Köder aus. »Aber du solltest es dir gut überlegen, weil es heftige Konsequenzen hat.«

Sie zeigte Leonie den nächsten Gegenstand, den sie bereit gelegt hatte. Es war ein Halskorsett, welches bis unter ihre Nase reichen würde. Deutlich war der Penisknebel zu sehen, der innen in dem Korsett angebracht war. »Ich kann es dir anlegen, dann ist dein Stöhnen nicht mehr zu hören.« Sie machte eine deutliche Pause, um das Folgende extra betonen zu können. »Aber du kannst dann auch nicht mehr um deine Freilassung bitten.«

Leonie lautes Keuchen zeigte ihre wachsende Verzweiflung darüber, schon so lange kurz vor der Erlösung gehalten zu werden.

»Du musst dich nicht sofort entscheiden.« Selma grinste jetzt offen. »Nach dem Mittagessen möchte ich deine Entscheidung wissen.«

Leonie keuchte erneut. Ihre Gedanken tobten wild. Sollte sie das Angebot annehmen. Der Gedanke völliger Hilflosigkeit reizte sie, auch wenn nicht sie wusste, was wirklich auf sie warten würde. Sollte sie wirklich auf ihre Stimme verzichten und damit auch auf das Recht auf Befreiung?
687. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 30.03.17 00:08

Leonis Einschränkungen werden immer restriktiver.

Entschuldige bitte auch Du, das ich im letzten Kapitel, Michael mit Paul verwechselt habe.
Ich weiß nicht warum, aber als ich das schrieb, hatte ich nur Paul im Kopf, wie er Leonie mit dem Schlaftrunk linkte. Da habe ich einfach die beiden Namen verwechselt.

Danke für den neuen Teil.

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Gruß vom Zwerglein
688. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 31.03.17 06:26

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Mittwoch, 22. September 1984)

»Baseling.« Andrea meldete sich wie gewohnt etwas einsilbig. Mit dem Telefon als Medium hatte sie so ihre Probleme, sie blickte den Leuten beim Reden lieber in die Augen, auch weil sie sehr viel aus deren Mimik ablesen konnte.

Mrs. Potter trug das Anliegen vor. »Bitte bringen sie auch Anna mit. Maria und ihre Mutter möchten sie gern wiedersehen.«

»Sie sitzt neben mir.« Andrea warf Anna einen bedeutsamen Blick zu. »Dann bis gleich.« Sie legte auf. »Frau Beller ist in Landsbach.« Sie griff sich ihre Arbeitssachen, doch als sie sah, dass Anna noch zögerte, fügte sie ein ´Das ist Marias Mutter.´ hinzu.

Für einen kurzen Moment hatte Anna Angst im Gesicht, denn sie wurde an die Vergangenheit erinnert.

Andrea hatte den Blick durchaus bemerkt, doch sie tat, als hätte sie es nicht gesehen.

* * *

Nach der herzlichen Begrüßung bat Selma zu Tisch. »Endlich kann ich mal wieder die großen Töpfe nutzen.«

»Es duftet phantastisch.« Frederike war über die Gastfreundschaft sehr überrascht. »Vielen Dank noch einmal für die Einladung.«

»Nehmt reichlich.« Selma sprach ein kurzes Tischgebet, dann rief sie in Richtung der Küche »Leonie, Liebes, bringst du bitte die Getränke?«

Aus der Küche war zunächst nur ein Stöhnen zu hören, dann hörte man leise Trippelschritte. Doch in der Küchentür blieb Leonie vor Schreck stehen. Es war deutlich zu sehen, dass sie sich in Grund und Boden schämte, als sie die Fremden am Tisch bemerkte.

Doch auch bei Frederike und bei Andrea war Erstaunen im Gesicht zu lesen.

»Wer ist das denn?« Andrea fand sich schnell mit ungewohnten Situationen zurecht.

»Leonie ist eine Freundin von Paul und Maria.« Selma antwortete, als sei es das Selbstverständlichste, das ein so streng gefesseltes Mädchen in ihrem Haus die Getränke servierte. »Sie hat mit ihren Wünschen alte Sehnsüchte in mir geweckt.«

»Leonie, ist alles in Ordnung mit ihnen?« Andrea wusste noch nicht, wie sie die seltsame Gestalt des Mädchens einzuordnen hatte.

»Ich wusste nicht, dass sie Besuch haben.« Leonie war sehr verlegen.

»Geht es ihnen gut?« Andrea blickte zweifelnd zwischen Selma und Leonie hin und her.

»Es geht mir gut.« Leonie realisierte, dass sie über ihre wahren Gefühle Auskunft geben musste. »Ich habe einen ganz gewissen Traum.« Sie stöhnte kurz auf. »Und Frau Mohr hilft mir, ihn zu verwirklichen.«

»Ich würde dich gern einmal interviewen.« In Andrea kam die Professionalität an die Oberfläche. Leonie versprach eine ganz heiße Story zu werden für die Zeit nach dem Fest.

»Das müsste aber gleich nach dem Mittagessen geschehen.« Leonie war einen besorgten Blick auf Selma.

»Natürlich darfst du erst dein Interview geben.« Selma gab sich verständnisvoll. »Ich warte einfach solange.« Ihr Blick fiel auf das Tablett. »Jetzt solltet ihr euch bedienen. Und falls es nicht reicht, Leonie geht gern noch einmal, nicht war, Leonie?«

»Jawohl, Madame.« Leonie stöhnte leise. Die unerwarteten Besucher an der Tafel hatten sie doch ein wenig von ihren Folterwerkzeugen abgelenkt, deren süße Quälereien sie langsam wieder zu spüren begann. Sie schämte sich, weil sie ihr Stöhnen nicht unterdrücken konnte.

Frederike blickte das Mädchen aufmerksam an, dann setzt sie ein Lächeln auf und wandte den Blick zu Selma. »Das Zufallsprogramm?«

Selma bestätigte es. »Und die Gummifinger im BH.«

»Faszinierend.« Unwillkürlich warf Frederike einen Blick auf ihre Tochter.

Maria ihrerseits suchte den Blick von Paul, dann schluckte sie ein wenig. »Wenn es sein muss, ja.« Wieder blickte sie zu Paul. »Wenn er es anschaltet.« Es fiel ihr schwer, es auszusprechen.

»Aber bitte erst nach dem Fest.« Pauls trockene Stimme zerriss die Spannung und brachte alle zum Lachen.

»Jetzt lasst es euch erst einmal schmecken.« Selma wünschte allen einen guten Appetit.

* * *

»Anna, dürfte ich dich einmal allein sprechen?« Frederike blickte das Mädchen mit ernstem Blick an.

»Ja, Frau Belller?« Anna hatte ein wenig Respekt vor der Frau, die es gewagt hatte, sich mit ihrer Familie anzulegen und dabei auch noch Erfolg hatte.

»Selma, haben sie ein Zimmer, in dem ich mit Anna allein reden kann?« Was sie Anna zeigen wollte, sollten die anderen nicht sehen.

»Wir können nach oben gehen«, schlug Anna vor. »Da dürfen wir wohnen, bis wir etwas eigenes gefunden haben.«



»Anna, was ich dir nun zeige, wird dich ein wenig erschrecken.« Frederike ahnte, dass sie das Mädchen etwas vorbereiten musste.

»Was ist es denn?« Anna schloss die Tür hinter sich.

»Die Familie hat die Suche nach dir aufgegeben.« Frederike nahm einen Briefumschlag aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tisch. Der schwarze Rand fiel Anna sofort auf.

Annas Hände zitterten, als sie den Umschlag öffnete. Doch als sie den Inhalt in den Händen hielt, erkannte sie ihre eigene Todesanzeige. »Unsere geliebte Tochter und meine geliebte Verlobte ist bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen.« Darunter waren diverse Namen gelistet. »Er steht auch darauf.« Anna hielt die Karte lange in der Hand, während ihr Blick in Leere starrte.

»Du bist frei.« Frederikes Stimme war ganz leise. »Sie suchen nicht mehr nach dir.« Sie selbst war auch erleichtert, dass das Autowrack endlich gefunden war und es damit für Annas Verschwinden eine plausible Erklärung gab.

»Frei...« Anna wiederholte die Worte mit einem immer noch sehr glasigen Blick. Eine Träne lief ihr über das Gesicht. Jetzt gab es endgültig kein Zurück mehr, jetzt war sie ganz auf sich allein gestellt.

»Ich hätte noch ein anderes Anliegen.« Frederike fühlte, dass Anna jetzt etwas Ablenkung gebrauchen konnte.

»Und das wäre?« fragte Anna mit etwas weinerlicher Stimme, nachdem sie sich ihre Augen ausgewischt hatte.

»Du wurdest gezwungen, Korsetts zu tragen.« Frederike erkannte, dass sie Annas volle Aufmerksamkeit hatte. »Dabei bilden sich die Rückenmuskeln zurück, es sei denn, man tut etwas dagegen.«

»Und was wäre das?« Anna fühlte, dass sie Marias Mutter vertrauen konnte, auch wenn sie nicht unbedingt überblickte, was diese in Wirklichkeit alles für sie riskiert hatte.

»Meine Tochter hat eine Ruderanlage, auf der sie regelmäßig trainiert.« Es fiel Frederike auf, dass sie die Anlage bisher noch nicht gesehen hatte.

»Auf dem Wasser?« Anna sah sich schon in einem Ruderboot auf irgendeinem Fluss, wobei ihr die Vorstellung aber durchaus gefiel. Sie würde dann Florian auf dem See oder Fluss spazieren rudern.

»Nein«, Frederike lachte. »Obwohl dass den gleichen Zweck hätte.« Sie grinste. »Maria hat eine Rudermaschine im Keller und sie lässt dich bestimmt auch mal rudern.«

»Ich werde sie fragen.« Anna gab sich zuversichtlich.

»Aber das Rudern auf dem See würde den gleichen Zweck erfüllen.« Frederike strich ihr vorsichtig über das Gesicht. »Und du könntest mit Florian zusammen sein.«

»Das wäre schön.« Annas Augen begannen zu leuchten.

»Wenn du möchtest, kann ich mich auch mal beim hiesigen Sportverein umhören.« Frederike ahnte, dass das Rudern im Keller für Anna wenig attraktiv sein würde.

»Danke, das wäre sehr nett.« Anna war etwas verlegen. »Wir verdanken ihnen so viel.«

Doch Frederike winkte ab. »Jetzt sehen wir erstmal zu, dass ihr glücklich werdet. Alles andere kommt später.« Sie lehnte sich entspannt zurück, denn sie hatte alle ihre heiklen Punkt angesprochen. »Was macht der Deutsch-Unterricht?«

Anna blickte kurz auf, dann antwortete sie etwas stockend und sagte die erste Sätze auf, die sie schon gelernt hatte.

»Ein guter Anfang.« Frederike spürte, dass ihre beiden Sorgenkinder auf dem richtigen Weg waren. »Wie geht es Florian?«

»Er arbeitet am Krankenhaus.« Sie war wieder ins Englische übergegangen. »Andrea...« Sie zögerte ein wenig. »Ich meine Frau Baseling hat ihm dort einen Job besorgt. Ich glaube, sie sind ganz zufrieden mit ihm.«

»Und was machst du?« Es freute Frederike, so gute Nachrichten zu hören.

»Ich bin die Assistentin von ihr.« Anna zögerte ein wenig mit der Antwort.

»Du bist damit nicht zufrieden, höre ich heraus.« Frederike fragte sich, in wie weit sie Anna noch helfen konnte.

Doch auf einmal begann Anna zu weinen. »Ich möchte mich für die große Hilfe erkenntlich zeigen. Ich bin nicht undankbar, aber ich habe nichts und kann nichts.«

»Ich werde mich einmal umhören, ob ich etwas für dich finden kann.« Frederike hatte schon einen gewissen Plan. »Aber versprechen kann ich nichts.«

»Ich schulde ihnen schon so viel.« Anna schluchzte noch einmal, dann wischte sie sich die Tränen weg. »Darf ich sie noch etwas anderes fragen?«

Frederike war gespannt, was kommen würde. »Ja, bitte.«

»Der Freund von Andrea hat mir ein verlockendes Angebot gemacht.« Es fiel Anna schwer, darüber zu reden. »Aber ich weiß nicht, ob es richtig ist, darauf einzugehen.«

»Um was handelt es sich denn?« Marias Mutter war auf die Presse auch nicht unbedingt gut zu sprechen.

»Er möchte mich fotografieren, während ich Fesseln trage.« Jetzt war es heraus. »Er sagt, dass er mich dafür auch bezahlen würde. Aber ist es richtig, sein Geld auf diese Weise zu verdienen, und was wird meine Familie dazu sagen?«

»Du solltest ein wenig dein Äußeres verändern, zumindest eine andere Frisur.« Frederike war von Annas Unschuld nicht weniger fasziniert als Hans.

»Aber ich habe doch kein Geld.« Anna hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass im Gegensatz zu früher alles etwas kostete.

»Wie wäre es, wenn er dich zunächst in Naturalien bezahlt?« Frederike hoffte, dass ihre Idee gefallen würde. »Er zahlt dir als Erstes den Friseur und dann geht ihr zusammen zum Einkaufen. Er hat bestimmt gewisse Kleiderwünsche.«

»Und meine Familie?« Anna hatte immer noch einen sorgenvollen Blick.

»Sie suchen nicht mehr nach dir.« Frederike zeigte auf die Todesanzeige. »Und wenn du dein Äußeres ein wenig veränderst, sollten eigentlich keine Risiken bestehen.« Sie zögerte einen Moment. »Und du bist dir wirklich sicher, dass du dich ihm so ausliefern willst?«

»Florian wird mir die Fesseln anlegen und er wird auch dabei sein.« Anna gab das wieder, was sie schon mit Hans besprochen hatte. »Aber das weiß er noch nicht.«

Frederike war der Seufzer in ihren Worten aufgefallen. »Du weißt noch nicht, wie du es ihm beibringen sollst?«

Anna schaute Frederike nur an.

»Ich hole euch ab und dann rede ich mit ihm. Ich werde es ihm erklären und ihm deutlich machen, dass es sogar etwas Ehrenwertes ist. Du solltest dir für alle Fälle den Keuschheitsgürtel anlegen lassen.«

»Den trage ich sowieso.« Anna wurde ein wenig rot. »Wenn ich allein bin, gibt er mir Sicherheit und er hat den Schlüssel.« Sie lächelte.

Frederike hatte gehört, was sie erwartet hatte. Sie stand auf. »Laß uns wieder hinunter gehen.« Ihr Blick fiel noch einmal auf die Anzeige. »Die solltest du gut verstecken oder noch besser vernichten.«

Anna stand ebenfalls auf und griff sich die Karte und den Umschlag, um beide in kleine Fetzen zu zerreißen. »Das war es.«

* * *

»Bis auf die Ketten sieht es eigentlich gar nicht so streng aus?« Andrea war immer noch überrascht über Leonies seltsame Kleidung.

»Ja, es ist ganz faszinierende Kleidung, die Frau Mohr besitzt.« Leonie streckte ihren Arm aus. »Es sieht aus, wie ein ganz eleganter Handschuh, doch tatsächlich ist es das gemeinste, was ich je getragen habe.«

»Was ist denn das Besondere an diesen Handschuhen?« Andrea war sichtich interessiert. »Ich sehe bisher nur, dass sie abgeschlossen sind.«

»Sehen sie die vielen Extranähte auf dem Leder?« Leonie versuchte, darauf zu zeigen, doch ihre mangelnde Bewegungsfreiheit verhinderte dies. »Es sind überall dünne Stahlstangen darin, die meine Gelenke und vor allem die Finger versteifen.«

Andrea hielt die Luft an. Das war allerdings etwas heftig. »Darf ich das mal anfassen?«

»Gern.« Leonie drehte sich ganz zu Andrea hin. »Ich kann sie ohnehin nicht daran hindern.«

Andrea nahm einen der Arme in die Hand und ließ ihre Finger darüber gleiten. »Das ist ja alles ganz hart«, sagte sie mehr zu sich selbst.

Es klopfte.

Nach Leonies ´Herein´ trat Selma herein und trug einen Berg Wäsche, offensichtlich zum Bügeln. »Leonie, ich brauche jetzt dieses Zimmer für einige Zeit.« Sie ging zu dem kleinen Tisch und legte die Wäsche dort ab. »Wie wäre es, wenn ihr solange in das Café geht?«

Leonie war sprachlos. Sie blickte nur etwas fassungslos an sich herunter.

»Das geht sicher.« Selma wartete gar nicht erst auf Leonies Antwort. »Ich zeige Frau Baseling, wie die Schienen funktionieren, und dann kann sie dir helfen.«

»Aber was werden die Leute sagen?« Leonie war zum ersten Mal über ihr Ansehen besorgt.

»Die Leute werden denken, dass du für deine Rolle übst.« Selma zog an Leonies Armketten. »Die meisten werden sowieso nur auf die Ketten schauen.« Natürlich wusste Pauls Oma, dass Leonie durch die unerwartete Öffentlichkeit noch viel mehr leiden würde.

»Und das Halskorsett?« Leonie suchte verzweifelt nach Argumenten, nicht nach draußen zu müssen.

»Wenn die Leute fragen, sagst du einfach, dass dein Kopf gestützt werden muss.« Selma wischte Leonies Einwand einfach weg. »Ich ziehe dir noch etwas über, bevor ihr geht.« Dann wandte sie sich an Andrea. »Ich müßte sie noch einen Moment allein sprechen. Kommen sie bitte mit in die Küche.«

* * *

»Warum machen sie so etwas?« Andrea hatte zwar schon verstanden, dass hier kein Zwang vorlag, doch die Beweggründe hatte sie noch nicht verstanden.

»Ich war früher in meinen jungen Jahren Erzieherin.« Selma klang auf einmal etwas wehmütig. »Damals ging es noch sehr streng zu.«

»Und welche Rolle spielt Leonie dabei?« Andrea begriff, dass sie hier vielleicht Stoff für eine spannende Geschichte bekam.

»Sie kam zu uns, weil sie auf Fessel-Abenteuer aus war.« Selma berichtete, wie es zu Leonies Gefangenschaft gekommen war. »Sie darf jederzeit gehen, wenn sie darum bittet.«

»Und das hat sie bisher nicht gemacht?« Andrea war von dem Arrangement mehr als fasziniert.

»Nein, und das, obwohl jeden Tag neue Fesseln hinzukommen.« Selmas Stimme zeigte, wie sehr sie diese Zeit genoss.

»Und wie lange wird das so noch weiter gehen?« Andrea hatte erkannt, dass Leonie schon sehr viele Freiheiten aufgegeben hatte.

»Sie müssen mir versprechen, ihr nichts davon zu sagen.« Selma nahm Andrea das Versprechen ab, dann erzählte sie von ihren Plänen.

»Und sie meinen, das funktioniert.« Andrea war fasziniert.

»Ich müßte mich schon sehr täuschen, wenn es nicht klappen würde.« Selma lächelte geheimnisvoll. »Ich zeige ihnen jetzt noch alles, was sie über die Beinschienen wissen müssen.« Sie nahm eine weitere der Beinschienen aus der Kommode und erklärte Andrea die Handhabung.

»Was soll ich tun, wenn sie mich um Hilfe oder Befreiung bittet?« Andrea wollte sich abgesichert haben.

»Das wird sie nicht machen.« Selma war sich ihrer Sache sehr sicher. »Außerdem habe ich noch alle Schlüssel.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Wichtig ist, dass sie Leonie keine Sekunde aus den Augen lassen, in ihrem Zustand ist sie sehr hilflos.«

Andrea blickte ehrfürchtig auf Selma.

»Sie ist mit einem Keuschheitsgürtel geschützt, es kann ihr also nicht wirklich etwas passieren.« Selma war sich ihrer Sache recht sicher. »Sie wird nur gelegenlich aufstöhnen.« Sie flüsterte Andrea etwas ins Ohr.

»Das ist aber gemein.« Andrea wurde etwas rot. »Da könnte man fast Mitleid bekommen.«

»Übrigens, sie steht direkt vor einer schweren Entscheidung.« Selma grinste. »Wenn sie zurück kommt, möchte ich von ihr wissen, ob sie das Halskorsett auf dem Tisch tragen möchte.«

»Das reicht ja bis zur Nase.« Andrea nahm es in die Hand. »Aber warum ist es eine ´schwere´ Entscheidung?«

»Nun ja, wie sie sicher gesehen haben, hat es einen integrierten Knebel.« Selma zeigte auf das Gummiteil, über dessen Form Andrea gar nicht weiter nachdenken wollte. »Wenn sie den im Mund hat, kann sie nicht mehr um ihre Befreiung bitten.«

»Welche Möglichkeiten hat sie dann noch?« Andrea war über das Halskorsett in all seiner Strenge sehr fasziniert, sie nahm es in die Hand.

»Sie hat die Wahl, sofort ohne alle Fesseln unser Haus zu verlassen oder sie ...« Selma sprach nicht weiter.

»Eine teuflische Situation.« Andrea legte das Korsett wieder auf den Tisch. »Ich möchte nicht an ihrer Stelle sein.«

* * *

»Diese Stellung der Verriegelung darf ich sonst nicht benutzen.« Leonie war verwundert, als Andrea ihr die Kniegelenke ganz frei gab.

»Frau Mohr hat mir das so geraten.« Andrea war insgeheim sehr fasziniert von den vielen Einschränkungen, die Leonie an ihrem Körper trug. »Ich soll dich nicht unnötig quälen.«

»Das ist aber nett von ihr.« Leonie schaffte es nicht, nicht sarkastisch zu klingen. »Mich hat sie gewarnt, wenn ich diese Einstellung benutzen sollte, dann würde sie mich sofort hinaus werfen.« Doch dann stutzte sie. »Das galt für die Zeit, in denen ich meine Arme und Hände noch benutzen konnte.«

»Man sieht von den Fesseln fast überhaupt nichts.« Andrea war fasziniert. »Nur die Arme wirken etwas steif.«

»Es ist ein Traum.« Leonie war mehr als erfreut. »So etwas hatte ich mir immer schon gewünscht, doch ich wusste nicht, dass man es auch umsetzen kann.«

»Darf ich dich im Auto mitnehmen oder gehen wir zu Fuß?« Andrea wollte Leonie die Wahl lassen.

»Auto wäre mir schon lieber.« Leonie war erleichtert. Es würde reichen, wenn die Leute im Kaffee sie anstarren würden. »Sie müssen mich nur anschnallen, dass kann ich nicht mehr selbst.«



Das Cafe war fast leer, nur ein Pärchen saß am Fenster. Andrea führte ihre Interviewpartnerin zu einem Tisch, der von außen nicht gesehen werden konnte.

Leonie war erleichtert. »Vielen Dank dafür.«

Die Bedienung kam an den Tisch und bemerkte die Ketten, die Leonie trug. Doch noch bevor sie eine Frage stellen konnte, erklärte Andrea, dass Leonie auf dem Fest mitspielte und sich deswegen an die Ketten gewöhnen musste. »Ich hoffe, es stört nicht weiter.«

»Nein, natürlich nicht.« Die Bedienung war sichtlich verlegen. »Was kann ich ihnen bringen?«

»Zwei Kaffee bitte.« Andrea gab die Bestellung auf und wartete, bis das Mädchen verschwunden war.

»Jetzt möchte ich aber wissen, wie es dazu gekommen ist.« Andrea strich noch einmal über Leonies Arm. »Das ist ja schon etwas Außergewöhnliches.«

»Das sind die schönsten Semesterferien meines Lebens.« Leonie strahlte bis über beide Ohren. Doch dann wurde sie nachdenklich. »Ich weiß es nicht. Gefesselt zu sein war schon immer mein Wunsch. Erst wenn ich eingeschränkt bin, fühlte ich mich frei.« Sie machte eine nachdenkliche Pause. »Ich glaube, unsere Eltern haben uns viel vererbt.«

»Erlauben sie bitte?« Die Bedienung brachte den Kaffee und stellte zwei Tassen auf den Tisch.

»Du hast noch eine Schwester?« Andrea hatte die Formulierung bemerkt.

»Christine ist ein paar Jahre älter als ich.« Leonies Stimme klang sehnsüchtig. »Und Fritz geht sehr auf ihre Wünsche ein.«

Andrea spürte, dass sie dieses Thema nicht vertiefen durfte. Dass Leonie keinen Partner hatte, war mehr als offensichtlich. »Frau Mohr ist ja sehr streng zu dir.«

»Das möchte ich nicht unbedingt sagen.« Leonie wusste in diesem Moment nicht, wo ihre Worte herkamen. »Sie hilft mir oft bei den Aufgaben, die sie mir gibt, und sie ist auch sehr fair.«

Andrea bemerkte nur am Rande, dass Leonie die Frau, die sie so quälte, auch noch verteidigte. »Du stehst ja jetzt vor einer wichtigen Entscheidung, sozusagen der ´Point of no return´.«

»Den Begriff habe ich noch nie gehört.« Sie war nachdenklich. »Was bedeutet das?«

»Wenn du diesen Punkt überschritten hat, dann gibt es kein Zurück mehr.« Andrea hoffte, es einigermaßen treffend erklärt zu haben.

»Ja, das ist wohl wahr.« Leonie seufzte. »Ich weiß einfach nicht, was noch kommen wird. Ich bin doch jetzt schon mehr als hilflos.«

Andrea schwieg.

»Immer wenn ich glaubte, es könne nicht mehr strenger werden, hat sie mich vom Gegenteil überzeugt.« Leonies Stimme zitterte. »Wenn ich erst mal dieses strenge Halskorsett tragen und dieses Ding in den Mund nehmen muss, ist es aus. Dann kann ich nicht mehr um meine Freilassung bitten.«

»So ein Schritt will gut überlegt sein.« Andrea wollte vermitteln, dass sie sich der Tragweite der Entscheidung durchaus bewusst war. »Es war sehr nett von Frau Mohr, dass sie dir dieses Interview noch erlaubt hat.«

»Es ist noch nicht so schlimm, dass ich es wirklich abbrechen möchte.« Leonies Stimme war sehr leise. »Ich habe nur etwas Angst vor dem, was noch kommen könnte.«

»Sie könnte dir auch noch die Ohren verstopfen.« Andrea dachte an das Naheliegende. Dass sie damit bei Leonie offene Türen einrannte, ahnte sie nicht.

»Das wäre möglich.« Auf einmal begann Leonie zu schwärmen. »Eigentlich habe ich immer schon davon geträumt. Und dann auch noch die Augen verbunden.«

»Sinnesentzug.« Andrea sprach jetzt auch etwas leiser. »Ein spannendes Thema.«

»Ich habe es ja schon mal probiert.« Leonie wurde nachdenklich. »Aber da hatte ich meine Arme frei. Und wenn man sich selbst befreien kann, ist es nicht so prickelnd.«

Andrea strich ihr wortlos über den Kopf. Die Geste vermittelte sowohl Mitgefühl als auch Bewunderung.

»Es mag ja jugendlicher Leichtsinn sein.« Leonie seufzte. »Aber ich träume immer davon, eine Gefangene rund um die Uhr zu sein. Also 24 Stunden sieben Tage die Woche.«

»So wie jetzt?« Andrea wiederholte ihr Streicheln »Ich glaube, dass verstehe ich sehr gut.«

»Frau Mohr gibt mir genau das, was ich mir immer schon gewünscht habe.« Leonie stöhnte leise. »Ich habe mich mittlerweile sogar an die Vibrationen gewöhnt. Es macht mich nicht mehr so heiß.«

»Vibrationen?« Obwohl Andrea von Leonies Zustand wusste, wollte sie es doch noch einmal von ihr persönlich hören.

»Ich trage im Keuschheitsgürtel einen ferngesteuerten Vibrator.« Es kostete sie einige Mühe, es auszusprechen. »Und der läuft im Moment im Zufallsmodus. Entweder kurz und heftig oder etwas länger, aber dafür schwächer.«

»Das ist ja Folter pur!« Andrea war fasziniert.

»Und in meinem BH sind noch ein paar gemeine Gummifinger.« Sie sah an Andreas Reaktion, dass sie es erklären musste. »Bitte fassen sie mir einmal an die Brust.« Sie war überrascht über sich selbst, sich mitten in einem Cafe so einen Satz sagen zu hören.

Andrea kam der Aufforderung zögernd nach, doch erst als sie die harte Schale fühlte, begriff sie. »Sie tragen ein komplettes Geschirr?«

»Mit allem, was es an Zubehör gibt.« Leonie seufzte, doch in ihren Worten schimmerte auch ein klein wenig Stolz durch.

Andrea war von diesem Mädchen immer faszinierter. Doch gleichzeitig war sie sich sicher, dass Hans davon nichts erfahren durfte. Sie sah sich schon mit einer ähnlichen Ausrüstung da sitzen, und das war etwas, was sie auf keinen Fall erleben wollte.

»Ob ich ihr wirklich vertrauen kann?« Leonie sagte es mehr zu sich selbst.

»Du möchtest es doch, oder?« Andrea spürte, dass ihr Gegenüber etwas Ermutigung gebrauchen konnte. »Höre nicht auf deinen Kopf, sondern folge einfach deinem Herzen, dann wirst du die richtige Entscheidung treffen.«
689. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 31.03.17 07:09

Hallo gag_coll,

das ist wieder eine spannende Fortsetzung.
Du schaffst es immer wieder, noch mehr zu zeigen und noch tiefer zu gehen.
Mit Leonie ist es wirklich extrem, aber solange sie es will und nicht Stop sagt, ist es sehr erregend, zu lesen, wie sie mehr und mehr eingeschränkt wird.

Und hoffentlich kann Anna mit ihrem Florian endlich so "frei" sein, wie sie will (nur noch von Florian gefesselt).

Ich vermisse in diesem Teil Sophie, ich mag die Entwicklung, die sie jetzt erleben darf oder muss.

Aber ich bin auch gespannt darauf, wie es mit Maria und Paul weitergeht, schließlich ist sie ja die Hauptperson Deiner Geschichte.

Ich freue mich schon auf den nächsten Teil.

Gruß
Machtdom
690. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 31.03.17 21:27

Hallo gag_coll

Ich muß es einfach noch mal los werden, dass ist mit das beste was ich hier bisher gelesen habe!

*RESPECKT*

Mach schnell weiter mit den postings und spann uns nicht so doll auf die Folter.

Kompli und Gruß

Gozar
691. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 03.04.17 06:03

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Mittwoch, 22. September 1984)

Selma erwartete Leonie und Andrea schon an der Haustür, und obwohl sie es eigentlich noch etwas hinauszögern wollte, stellte sie sofort die entscheidende Frage. »Hast du dich schon entschieden?«

Leonie blickte noch einmal kurz zu Andrea, und erst als diese ihr aufmunternd zunickte, rang sie sich zu einer Antwort durch. »Ich nehme ihren Vorschlag an. Bitte legen sie mir das strenge Halskorsett an.«

»Jetzt komm erst einmal herein.« Selma reichte Andrea kurz die Hand. »Vielen Dank für´s Aufpassen.«

»Ich habe zu danken.« Andrea war ein wenig erleichtert, die Verantwortung für dieses faszinierende Mädchen wieder abgeben zu können. Sie verabschiedete sich.



Selma wartete, bis Leonie im Flur stand, dann beugte sie sich zu ihren Beinen herunter und verriegelte sie wieder.

»Danke, Frau Mohr.« Es war Leonie selbst nicht ganz klar, wofür sie sich eigentlich bedankte.

»Komme bitte mit ins Esszimmer, ich habe schon alles vorbereitet.« Selma ging voraus, nicht ohne sich unauffällig davon zu überzeugen, dass Leonie ihr sofort folgte.

»Ich frage dich jetzt ein letztes Mal.« Sie gab ihrer Stimme einen feierlichen Klang. »Bist du bereit, dich mir völlig auszuliefern und absofort auch einen Knebel zu tragen?« Sie machte eine kleine Pause. »Bitte denke noch einmal nach, bevor du antwortest, denn es wird kein Zurück mehr geben.«

Leonie senkte ihren Kopf und blickte zu Boden. Mit lauter Stimme sagte sie: »Ich möchte ab sofort auch auf meine Stimme verzichten und damit auf mein Recht auf Befreiung. Bitte legen sie mir das Halskorsett mit dem Knebel an.« Ihr Herz pochte laut, und sie zitterte am ganzen Körper.

»Eine gute Wahl, mein Schatz.« Selma trat an sie heran, öffnete zunächst das alte Halskorsett und nahm es Leonie ab. Dann ging sie mit bewusst langsamen Schritten zur Kommode, legte es dort ab und griff sich das neue Halskorsett.

Leonie realisierte erst jetzt, dass das neue Halskorsett-Ensemble noch wesentlich strenger war, als sie es ursprünglich angenommen hatte. Außerdem hatte es auch noch einige Riemen angebracht hatte, deren Funktion sie noch nicht erkannte.

»Bitte mache als erstes den Mund auf.« Selma hatte das Korsett in der Hand und hielt es so, dass sich der Knebel in seiner sehr eindeutigen Form vor Leonies Lippen befand.

Leonie kam der Aufforderung nach und nahm den Knebel in den Mund. Sie hatte sich schon oft ausgemalt, wie es wohl sein würde, wenn »er« echt war, doch bisher hatte es dafür noch nie die Gelegenheit gegeben. Erleichtert stellte sie fest, dass es ein sehr weicher Knebel war, sie konnte ihn noch mit der Zunge bewegen und ihn in ihrem Mundraum hin und her schieben.

Selma legte nun das Halskorsett um Leonies Kopf und begann, die Schnürung auf der Rückseite zu schließen. »Sitzt es gut?«, fragte sie geradezu beiläufig, denn sie wollte Leonie zunächst auf eine falsche Fährte locken.

»Ef sitft gut.« Leonie stellte erleichtert fest, dass sie trotz dem Ding in ihrem Mund noch gut Reden konnte, es war nur etwas undeutlich.

»Dann werde ich es jetzt zuschnüren.« Selma begann, die Schnürung ganz zu schließen.

Leonie keuchte und stöhnte leise, als sie die zunehmende Enge spürte.

»Alles in Ordnung, mein Schatz?« Selma fragte es fast scheinheilig.

»Ja.« Noch war Leonie gut zu verstehen.

»Ich werde dir jetzt noch die Riemen über den Kopf spannen.« Selma tat, was sie angekündigt hatte.

Von Leonie war ein überraschtes und erregtes Stöhnen zu hören. Die Riemen lagen um ihren Kopf wie sonst die Riemen ihres strengen Kopfgeschirr-Knebels. Doch genau dieses Gefühl liebte sie über alles. Und in Kombination mit dem Halskorsett war es besonders subtil, sie konnte ihren Kopf jetzt gar nicht mehr bewegen.

»Wie du dir sicher denken kannst, lässt sich der Knebel noch aufblasen.« Selma zeigte ihr den kleinen Pumpball, den sie jetzt in der Hand hatte. »Vor deinem Mund ist ein Ventil, wo sich die Pumpe anschrauben lässt.«

Leonie riss die Augen weit auf, als sie die Berührungen am Halskorsett spürte. Damit hatte sie nicht gerechnet.

»Wir fangen erst mal ganz leicht an.« Selma drückte nur zwei Mal aus den Pumpball.

Von Leonie war jetzt nur noch ein leises Stöhnen zu hören, fast ein Jammern. Der Knebel dehnte sich unerbittlich in ihrem Mund aus, und ihre Zunge wurde von ihm nach unten gepresst.

»Durch das Halskorsett können sich die Wangen nicht mehr ausdehnen, das macht diesen Knebel besonders effektiv.« Letzteres sagte sie mehr zu sich selbst. »Nun komm, die anderen sind schon sehr gespannt auf deine Entscheidung.« Sie zog Leonie in Richtung Esszimmer, ohne dass sie sich wehren konnte.

* * *

»Wollt ihr schon gehen?« Selma war etwas überrascht, als sie sah, dass ihre Gäste schon aufgestanden waren.

»Um 15 Uhr hat sich ein Notar angesagt«, berichtete Mrs. Potter. »Und Paul und Maria wollen das neue Ganzkörperkorsett ausprobieren.« Sie blickte kurz zu Maria. »Das ist die letzte Gelegenheit vor dem Fest.«

Selma war ein wenig über Marias Projekt informiert. »Es ist noch strenger in der Taille, nehme ich an?«

»Das auch.« Frederike hatte etwas Stolz in der Stimme. »Es ist eine Neuentwicklung meiner Techniker. Es erlaubt eine vollständige Unbeweglichkeit.«

»Stiefel und Arme werden fest mit dem Korsett verbunden, ganz starr.« Paul gab wieder, was er zusammen mit Maria schon in Erfahrung gebracht hatte.

»Das klingt ja sehr interessant.« Selma blickte deutlich sichtbar zu Leonie. »Was würde so etwas kosten?«

»Oh, das ist noch in der Entwicklung.« Frederike musste Pauls Oma enttäuschen. »Aber ich bitte meine Techniker, ihnen die Pläne zukommen zu lassen.« Sie folgte Selmas Blick zu Leonie. »Ich glaube, ich weiß schon, für wen sie das brauchen.«

Leonies aufgerissene Augen und ein leises Stöhnen zeigten, was sie von diesen Plänen hielt.

»Vielen Dank für das schöne Essen.« Frederike leitete die Verabschiedung ein.

* * *

»Ich bin gespannt, wie das Korsett im Ganzen aussieht.« Frederike blickte etwas verträumt auf ihre Tochter, als sie vom Mittagessen bei Pauls Oma zurück zu ihrem Haus gingen. »Hoffentlich schaffen wir das noch bis der Notar kommt.«

»Wenn alle mit anfassen, sollte es schnell gehen.« Mrs. Potter gab sich pragmatisch.

»Aber...«, Maria war etwas verlegen.

»Du hättest es lieber, wenn es Paul alleine macht.« Frederike streichelte ihrer Tochter über den Kopf.

»Ja.« Maria war etwas beschämt.

»Ich glaube, das Problem stellt sich gar nicht.« Mrs. Potter stellte es nüchtern fest, als sie die Schritte über den Kiesweg zu ihrem Haus gingen. »Wir haben Besuch.«

»Wir probieren jetzt das Korsett.« Maria gab sich ein wenig trotzig.

Doch als sie näher kamen, blieb Paul auf einmal stehen. »Schau mal, wer das ist!«

Maria blieb ebenfalls stehen. »Na, das ist aber eine Überraschung. Sarah! Betty! Wie kommt ihr denn hier her?«

»Zu Fuss.« Betty lächelte. »Wir haben uns deine Adresse geben lassen. Wir wollten unbedingt bei deinem Fest dabei sein.«

»Wir freuen uns sehr.« Maria lächelte, dann stupse sie Paul in die Seite. »Wir können das Korsett wieder nicht probieren.«

»Scheint so.« Auch Paul war sehr erfreut, die Prinzessin und deren Geliebte wieder zu sehen.

Sarah wurde auf einmal hellhörig. Sie nahm Betty am Arm und zeigte auf Maria, dann formte sie mit ihren Händen eine Körperform.

»Sie trägt den Mundverschluss.« Betty lächelte etwas verlegen. »Den Handschuh konnte ich ihr gerade noch ausreden.«

Als Antwort bekam sie von Sarah einen zärtlichen Stoß in die Seite.

»Darf ich sie und ihre Freundin zu uns einladen, Hoheit?« Frederike räusperte sich.

Sarah drückte Bettys Hand einmal.

»Wir nehmen die Einladung gern an.« Als sie die verwunderten Blicke der anderen sah, musste sie lächeln. »Wenn Sarah den Mundverschluß trägt, muss ich für sie reden.«

Wieder deutete die Prinzessin mit ihren Händen eine Körperform an, dabei blickte sie fragend zu Maria.

»Wenn sie nicht mit dem Mund reden kann, spricht sie mit den Händen.« Sie gab ihrer Geliebten einen Kuss. »Ich hätte dich doch den Handschuh tragen lassen sollen. Erst dann bist du richtig stumm.«

Als Antwort legte Sarah den Arm um Betty und küsste sie zärtlich auf den Mund. Doch als sie voneinander abließen, formte Sarah noch einmal ein Korsett mit den Händen.

»Sie möchte wissen, was es mit dem Korsett auf sich hat?« Betty blickte Sarah kurz an; diese bestätigte die Vermutung.

»Wie wäre es, wenn wir uns das neue Korsett zumindest einmal gemeinsam ansehen würden?« Frederike hatte auch etwas Interesse daran zu erfahren, wie ihr neuer Entwurf wohl ausgefallen war. In den Staaten musste es gleich in den Versand, damit es noch rechtzeitig von dem Fest ankommen konnte. »Dann kannst du schon mal davon träumen.«

»Das steigert die Vorfreude.« Auch Mrs. Potter konnte Einfühlungsvermögen zeigen, wenn es angebracht war.

»Was ist das besondere an dem Korsett?« Betty hatte erkannt, dass sich wohl nicht um etwas Alltägliches handelte.

»Es ist noch etwas strenger als das, was in deinem Zimmer stand.« Marias Stimme strahlte Begeisterung aus. »Die Armkorsetts können fest mit dem Körper verbunden werden, genauso die Stiefel.«

»Es macht einen sehr strengen Eindruck.« Paul gab seine Beobachtung wieder. »Maria kann darin vermutlich nur die Augen bewegen.«

»Und weil das Anlegen so mühsam ist, muss es sich auch lohnen. Ich werde es lange tragen müssen.« Sie blickte etwas sehnsüchtig zu Paul. »Ich hoffe, du unterhältst mich dann.«

»Entschuldigt bitte, dass ich mich einmische, aber es sind auch ein paar wenige Extras gegen die Langeweile vorgesehen.« Frederike war von dem Kommenden ebenfalls sehr berührt. »Meine Techniker hatten da ein paar faszinierende Ideen.«

Maria drehte nur den Kopf zu ihrer Mutter und blickte sie neugierig an.

»Nein, das werde ich dir nicht verraten.« Frederike lächelte. »Aber ich glaube, du wirst dich trotzdem nicht langweilen.«

Maria keuchte.

Mrs. Potter schloss die Tür auf. »Jetzt kommt erst mal alle herein.«

* * *

Selma hatte sich erst davon überzeugt, dass Leonie in ihrem Zimmer war, dann ging sie zum Telefon und schlug das Nummernverzeichnis auf. Sie suchte eine bestimmte Nummer, wählte sie und wartete, bis sich ihr Gegenüber meldete.

»Hallo Alberta, hier ist Selma. Ich habe da einen Plan.« Sie berichtete von ihrer Idee.

»Gefällt mir gut.« Alberta grinste. »Ich werde ihn mitbringen. Wer kommt noch alles?«

Selma zählte die Namen auf. »Es wird quasi ein Erzieherinnenstammtisch.«

»Meinst du?« Alberta war überrascht. »Ich bin doch Lehrerin.«

»Naja, im weiteren Sinne schon.« Selma wollte sich nicht von ihrer Idee abbringen lassen.

»Na, wenn du meinst.« Alberta lachte. »Ich bin schon sehr gespannt, wie Holger reagieren wird.« Sie hatte Selma einmal ihr Leid geklagt, weil sie bei ihrem Sohn Magazine mit gefesselten Frauen bei ihm gefunden hatte. »Und du meinst, dass sie ihm gefallen wird?«

»Mache dir keine Sorgen.« Selma versuchte ihre Freundin zu beruhigen. »Das wird ganz sicher klappen.« Sie kannte Holger schon lange. Er war zwar ein wenig älter als Paul, trotzdem hatten sie schon im Sandkasten zusammen gespielt.

»Ich würde alles dafür geben, wenn er endlich eine Frau findet.« Alberta stöhnte etwas.

»Wenn du ihm einen großen Gefallen tun willst, dann nimm beide so wie sie sind.« Selma hoffte, dass sie es richtig erklären konnte. »Sie werden glücklich werden, wenn sie weiter seine Gefangene bleiben kann.«

»Was meinst du damit?« Alberta begriff noch nicht, was ihre Freundin meinte.

»Du müsstest Fesseln und Knebel in deinem Haus akzeptieren.« Selma hoffte, dass es nicht zu direkt war.

»Habe ich das nicht schon?« Sie dachte an die gefundenen Magazine.

»Du würdest sie sehr glücklich machen, wenn du ihren Lebensstil aktiv unterstützen würdest.« Selma beschrieb die Ideen, die sie hatte.

»Du verlangst aber viel von mir.« Alberta keuchte. »Aber wenn das der Preis ist...«

»Du wirst das schon schaffen.« Selma versuchte, ihrer Freundin Mut zu machen.

»Ich nehme dein Angebot mit den praktischen Tipps gern an.« Alberta bedankte sich für die Unterstützung.

»Du wirst Leonie nachher ja kennenlernen.« Selma lachte. »Dann kannst du dir schon mal ein Bild von ihr machen.«

* * *

»Wenn du meinst.« Betty blickte ihre Geliebte verwundert an, denn sie hatte ihr signalisiert, dass sie etwas sagen wollte. Sie holte das Werkzeug und eine kleine Box aus ihrer Tasche, dann schob sie Sarah zur Tür. Doch dort stutzte sie. »Entschuldigung, wir würden kurz das Bad benutzen.«

»Zweite Tür links.« Mrs. Potter begann den Tisch im Esszimmer abzuräumen. »Ich nehme an, wir schauen uns hier das Korsett an.«

Maria erkannte erst nach einem kleinen Moment, dass sie eigentlich eine Frage gestellt hatte. »Ja, das können wir machen.« Sie war immer noch etwas enttäuscht, denn es war ihr klar, dass dies die letzte Gelegenheit vor dem Fest war, wo sie vielleicht noch genügend Zeit gehabt hätten. Doch jetzt musste sie sich um ihre Überraschungsgäste kümmern.

»Paul, magst du mir helfen, den großen Karton zu holen?« Mrs. Potter selbst war auch neugierig auf die Neuentwicklungen aus der Klinik.

Marias Freund kam der Aufforderung gern nach, denn auch er war von der Strenge von Marias Korsett mehr als fasziniert.



»Danke.« Sarah gab ihrer Geliebten einen Kuss. »Bitte stecke ihn nicht zu weit weg, du darfst mir den Mund gleich wieder versiegeln.«

Betty war etwas verwundert. »Wie ihre Hoheit wünschen.«

»Du weißt genau, um was es mir geht.« Sarah war etwas gereizt. »Wir hatten das doch schon besprochen.«

Es war Betty trotzdem nicht klar, warum es ihrer Freundin so wichtig war. Schließlich hatte sich der Herzog schon sehr großzügig bei Marias Mutter bedankt.

»Lass uns gehen.« Sarah drängte zurück ins Esszimmer.



»Frau Beller, ich möchte mich noch einmal in aller Form bei ihnen bedanken.« Sarah hatte vor Marias Mutters einen eindrucksvollen Hofknicks gemacht. »Ihnen haben wir unser Glück zu verdanken.«

»Ich habe ihnen aber auch viel zu verdanken, Hoheit.« Frederike war die Situation ein wenig unangenehm.

»Bitte sagen sie doch einfach Sarah.« Die Prinzessin wurde etwas leiser. »Es muss hier nicht unbedingt jeder wissen, wer ich in Wirklichkeit bin.«

»Dann bin ich aber Frederike für euch.« Sie blickte Betty und Sarah liebevoll an.

»Gern.« Sarah lächelte. »Ich wollte aber noch etwas los werden.« Auf einmal hatte sie einen etwas besorgten Blick. »Ich möchte da noch etwas richtig stellen.«

»Es geht um deinen Vater?« Maria hatte da so ein Gefühl.

»Woher weißt du das?« Sarah blickte Maria verblüfft an. »Ich habe meinem Schwiegervater Unrecht getan und ich möchte, dass ihr das wisst.« Sie berichtete, dass der Herzog sie zu später Stunde auf dem letzten Familienfest noch zu einem Gespräch gebeten hatte.



»Ich hoffe, dass sie mir jetzt zuhören, Sarah.« Herzog Breganza hatte bewusst das kleine Kabinettzimmer für dieses wichtige Gespräch gewählt.

Sarah ahnte, dass der Herzog ihr etwas Wichtiges zu sagen hatte, denn sie spürte die ernste Stimmung. »Was gibt es denn?« Sie war entsprechend unsicher.

»Sie geben mir die Schuld am Tod ihres Vaters.« Der Herzog legte einen Finger auf Sarahs Lippen. »Bitte geben sie mir einmal Gelegenheit, meine Sicht der Dinge zu schildern. Das sind sie ihrem Vater schuldig.«

Sarah erstarrte. Eine Träne rollte über ihre Wange.

»Es ist richtig, ich habe ihren Vater dazu gebracht, an der Börse zu spekulieren.« Er gab sich Mühe, mit ganz ruhiger Stimme zu sprechen. »Es lief anfangs sehr gut für uns beide, und wir haben viel Geld verdient.«

Sarah wischte sich die nächste Träne weg.

»Doch dann habe ich ihm zum Aufhören geraten, aber er wollte nicht auf mich hören.« Er seufzte. »Aus seiner Sicht schien es verkehrt, denn die Kurse stiegen ja immer noch. Doch dann war es zu spät.«

Sarah blickte ihn mit verweinten Augen an.

»Er hat jedes Hilfsangebot von mir abgelehnt, dazu war er wohl zu stolz.« Der Herzog reichte Sarah ein Taschentuch. »Er hatte auf einmal nichts mehr als sie als seine Tochter. Er war der Meinung, dass er sie dann als Preis zahlen müsste, und weil er die doppelte Schande nicht ertragen konnte, hat den diesen Weg gewählt.« Er holte tief Luft. »Das können sie glauben oder nicht, auf jeden Fall ist es die Wahrheit.«



»Und was war dann?« Maria konnte sich gut vorstellen, wie viel Kraft Sarah das Gespräch gekostet haben musste.

»Er hat mich in den Arm genommen, und ich habe nur noch geweint.« Sarah schluchzte etwas. »Am nächsten Tag sind wir alle zusammen zu seinem Grab gegangen. Ich wollte meinem Vater zeigen, dass ich mich mit dem Herzog ausgesöhnt hatte.«

»Und bald wirst du heiraten.« Betty legte den Arm um die Prinzessin. »Und ich bin auch nur ganz wenig eifersüchtig.« Sie gab ihrer Geliebten einen Kuss.

»Juan und Bertram sind übrigens auch mitgekommen.« Sarah wischte sich die Augen aus. »Sie schauen sich in München noch das Deutsche Museum an. Zum Fest werden sie auch hier sein.«



»Das hier ist das Korsett.« Paul hatte gewartet, bis Sarah mit ihrer Erzählung fertig war, jetzt wuchtete er den großen Karton auf einen Stuhl vor dem Tisch. Er nahm die Teile heraus und beschrieb die jeweiligen Funktionen, soweit er es richtig verstanden hatte. Nur gelegentlich mussten Maria oder ihre Mutter etwas ergänzen. Besonderen Wert legte er dabei auf die möglichen Verbindungen zwischen den Armen und dem Rumpf sowie auf die Verbindung zwischen dem Beinteil und den verschiedenen Stiefeln.

»Das ist wirklich beeindruckend.« Sarah strahlte. »So eines möchte ich auch gern haben.«

»Es ist bisher nur ein Prototyp.« Frederike lächelte. »Aber ich lasse ihnen die Pläne zukommen.« Sie korrigierte sich. »Ich lasse sie dir zukommen.«

»Das wirst du in der Hochzeitsnacht tragen.« Betty strahlte. »Und ich werde dich lange quälen.«

»Ich bitte darum.« Sarah strahlte.

* * *

Es klingelte. »Das wird der Notar sein.« Mrs. Potter ging zur Tür. »Er hatte gesagt, dass er sie auf jeden Fall allein sprechen muss. Es wäre sehr wichtig, hatte er gesagt.«

Frederike blickte umher. »Wie wäre es, wenn ihr einen Spaziergang macht und dabei Anna und Florian mitnehmt. Anna fällt es bestimmt leichter, den Mono zu tragen, wenn sie in Gesellschaft ist.«

Betty wurde hellhörig. »Wir gehen mit dem Handschuh spazieren?« Es war zu hören, wie sehr sie darüber erstaunt war.

»Vor dem Fest geht das.« Marias Stimme war sehr stolz. »Jeder glaubt, dass wir für das Fest üben und hält uns für sehr ehrgeizig.«

Frederike lächelte. »Wenn das die Verantwortlichen wüssten.«

»Dann können wir ja auch die Mundverschlüsse tragen.« Maria war zunächst begeistert, doch dann wurde sie nachdenklich. »Ob Anna so begeistert davon ist?«

»Du solltest sie auf jeden Fall fragen.« Mrs. Potter ermutigte Maria. »Vielleicht macht sie es ja Florian zuliebe.«

»Ich glaube es nicht.« Paul war skeptisch. »Für sie hatte es ja eine ganz andere und viel schlimmere Bedeutung.«

»Du hast recht.« Maria blickte zu Boden. »Nur Sarah und ich werden schweigen.« Sie blickte ihren Freund verlangend an.

* * *

»So, die Kinder sind aus dem Haus, wir können reden.« Frederike kam zu Herrn Schrumm ins Wohnzimmer, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die vier draußen waren. Sie lächelte ein wenig über die Untertreibung.

»Danke.« Notar Schrumm öffnete seinen Aktenkoffer. »Ich habe ein Problem.«

»Um was geht es?« Frederike lehnte sich zurück.

»Maria kann das Gebet, meine Tochter hat sich davon überzeugt.« Er blätterte etwas in seinen Unterlagen. »Ich gehe davon aus, dass der Tanz auf dem Ball nur noch eine Formsache ist. Doch wie soll ich jetzt die Auszahlung regeln? Immerhin wurde Baron Harsumstal verhaftet.«

»Ich verstehe die Zusammenhänge noch nicht.« Frederike war etwas ratlos. »Wieso Auszahlung?«

Der Notar hatte die Seite gefunden, die er gesucht hatte. »Anfang des Jahrhunderts hat ein Adeliger eine gewisse Summe hinterlegt, die dann zur Auszahlung kommen soll, wenn es eine Darstellerin es schafft, in der Originalhaltung den Verlobungstanz zu tanzen.« Er blickte kurz auf. »Die Originalhaltung ist das Gebet auf dem Rücken, ich glaube, das wissen sie.«

»So ein Halunke...« Frederike fiel sofort wieder das Gespräch ein, das sie mit dem Baron geführt hatte und in dem er sie dazu gebracht hatte, Maria diese unmenschliche Haltung anzutrainieren.

»Was meinen sie?« Herr Schrumm war irritiert.

»Entschuldigen sie bitte. Ich war in Gedanken.« Frederike schüttelte den Kopf. »Um wie viel Geld handelt es sich denn?«

»Wir reden über zirka vier Millionen D-Mark.« Er nahm ein Schreiben aus der Mappe und zeigte es Frederike.

Frederike hustete. »Und wem steht das Geld zu? Maria?«

»Das Testament ist an dieser Stelle etwas ungenau formuliert.« Er schlug eine andere Seite auf. »Das Geld kommt zur Auszahlung, wenn die Darstellerin entweder verheiratet ist oder das 25igste Lebenjahr vollendet hat.« Der Notar machte eine Pause. »Jetzt kommt der Punkt, der mir Sorgen macht.« Er las weiter. »Bis dahin soll es der Vorsitzende des Festausschusses das Geld verwalten.«

Frederike runzelte die Stirn.

»Bei den bisherigen Festen war das immer der Vater der Darstellerin.« Er sprach nicht weiter.

Frederike verstand auf einmal die Zusammenhänge. »Und was werden sie jetzt machen?«

»Wenn ich das richtig verfolgt habe, dann ist Robert Greinert jetzt der Vorsitzende für das Fest.« Er blickte Frederike an. »Aber trotzdem ich wollte sie als die Mutter der Darstellerin zuerst über die Sachverhalte informieren.«

»Vier Millionen.« Frederike wiederholte es langsam. »Dann sollte sie heiraten.« Doch dann hielt sie inne. Sie hatte sie schon sehr in das Leben ihrer Tochter eingemischt, wenigstens diese Entscheidung wollte sie ihr selbst überlassen. Sie begann zu ahnen, wie groß der Druck auf ihre Tochter werden würde. Sie durfte vorher davon nichts erfahren. »Können wir das mit dem Geld vor Maria geheim halten?«

»Das lässt sich sicher einrichten. Da wäre aber noch etwas.« Herr Schrumm wurde etwas rot. »Es ist leider etwas pikant.«

»Um was geht es?« Frederike war noch dabei, die Nachrichten zu verarbeiten.

»Es betrifft die sogenannten Ballettstiefel.« Er zog ein Foto aus einem Umschlag, der in der Mappe eingeheftet war. Es zeigte Stiefel, die bis über die Knöchel ragten.

»Ja und?« Frederike wusste, dass Marias Stiefel noch länger waren, weil sie dann besseren Halt boten.

»Ein sehr vermögender Herr, der nicht weiter genannt werden möchte, hat sich an mich gewandt.« Der Notar holte tief Luft. »Er würde das Preisgeld verdoppeln, wenn Maria auf dem Ball die eben genannten Stiefel tragen würde.«

»Das wären ja...« Frederike musste sich setzen. »Das wären ja über acht Millionen.« Doch dann wurde sie nachdenklich. »Wie soll ich ihr das bloß beibringen und vor allem dem Festvorstand?«

»Es würde mir genügen, wenn ich die Stiefel gesehen habe.« Herr Schrumm hatte sich auch schon mit eventuellen Einwänden befasst. »Sie kann sie also durchaus unter einem langen Rock verstecken.«

»Müssen es unbedingt diese Stiefel sein?« Frederike war sich nicht sicher, wie ernst der Notar seine Aufgabe nahm. »Maria hat solche Stiefel, die aber länger sind. Sie reichen bis unter die Knie.«

»Ich werde es klären.« Herr Schrumm machte sich eine Notiz. »Aber so wie ich den Herrn einschätze, wird er damit auch einverstanden sein.«

»Wie schon gesagt, es würde mir reichen, dass Maria mir vor und nach dem Ball ihre Beine zeigt.« Herr Schrumm lächelte. »Die Stiefel müssen beim Tanz nicht unbedingt sichtbar sein.«

»Danke.« Frederike wusste nicht, wie die Landsbacher auf so ungewöhnliche und extreme Stiefel reagieren würden.

»Der Herr verlangte ursprünglich auch noch, dass die Stiefel abgeschlossen sein müssen.« Herr Schrumm war über den bisherigen Verlauf des Gesprächs sehr erleichtert. »Aber ich konnte ihn schon überzeugen, dass allein die Festumgebung schon genügend Druck verursacht, so dass Maria sich nicht einfach so die Stiefel ausziehen kann.«

»Außerdem trägt sie die Arme im Gebet.« Frederike war über die Arroganz dieses unbekannten Herrn etwas empört.

»Das habe ich ihm auch gesagt.« Der Notar lächelte. »Doch seine Antwort war, dass sie ja ihren Freund fragen könnte, ob er ihr die Stiefel auszieht.«

Jetzt war es an Frederike zu lachen. »Er kennt meine Tochter anscheinend recht gut. So etwas würde ich ihr wirklich zutrauen.«
692. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 03.04.17 11:40

Hallo gag_coll, das sind ja spannende Entwicklungen, die du da ins Spiel bringst. Eine schöne Überraschung sind ebenfalls die Brasilianer. Und wer mag der geheimnisvolle Mann im Hintergrund sein. Da wird die Wartezeit wieder zur Folter. . Danke fürs Schreib.en
693. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 03.04.17 17:16

Zitat

»Das habe ich ihm auch gesagt.« Der Notar lächelte. »Doch seine Antwort war, dass sie ja ihren Freund fragen könnte, ob er ihr die Stiefel auszieht.«

Jetzt war es an Frederike zu lachen. »Er kennt meine Tochter anscheinend recht gut. So etwas würde ich ihr wirklich zutrauen.«


Ja, wer wird der geheimnisvolle Herr sein

Wer hat so viel Geld übrig??
Ich kann mir nur vorstellen, das der brasilianische Hochadel, also der Herzog von Breganza aus Brasilien, dem Fest beiwohnen will.

Er kennt Maria ja auch.

Da er ja schon so viel über das Fest gehört hat, will er vielleicht sehen wie Maria das Kreuz trägt.

Das allerdings wäre nicht gut für die Prinzessin. Auch für Frederike wäre es nicht gut wenn er auf dem Fest auftauchen würde.
Denn sollte er seine Tochter erkennen, kann er sich vorstellen wer ihr bei der Flucht geholfen hat.

Aber ich lasse mich überraschen.
Vielleicht liege ich auch vollkommen falsch.

Danke gag_coll

-----

Gruß vom Zwerglein

694. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundzwanzig

geschrieben von kamikazekifferin am 03.04.17 18:48

Hallo Gag_Coll
Zitat

»Aber...«, Maria war etwas verlegen.

»Du hättest es lieber, wenn es Paul alleine macht.« Frederike streichelte ihrer Tochter über den Kopf.

»Ja.« Maria war etwas beschämt.

»Ich glaube, das Problem stellt sich gar nicht.« Mrs. Potter stellte es nüchtern fest, als sie die Schritte über den Kiesweg zu ihrem Haus gingen. »Wir haben Besuch.«

»Wir probieren jetzt das Korsett.« Maria gab sich ein wenig trotzig.




Werden Paul und Maria jemals dazu kommen, das Korsett auszuprobieren?



Das wird wohl eine andere Geschichte werden...

Mit fesselnden Grüßen

Eure Kami
695. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 04.04.17 00:12

Zitat
Das allerdings wäre nicht gut für die Prinzessin. Auch für Frederike wäre es nicht gut wenn er auf dem Fest auftauchen würde.
Denn sollte er seine Tochter erkennen, kann er sich vorstellen wer ihr bei der Flucht geholfen hat.


Da verwechelst du bestimmt was.
Anna ist nicht die Tochter vom Herzog Breganza, sondern vom Kennedy-Clan.

Shara gehört doch schon zum Brasilianischen Adel. Und soll "offiziel" den Sohn vom Herzog heiraten, und inoffiziel halt Betty.


LG Rainman
696. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 04.04.17 00:26

Hallo cag_coll!

Schöne Fortsetzung. Wunderbar!!

Jetzt ist jedenfalls die Luft raus und der Falschspieler von Baron von Harumstal kann sich jetzt nicht mehr das Vermögen von Maria und vielleicht Paul unter den Nagel reissen.
Bin ja mal gespannt, ob es doch noch eine richtige Hochzeit auf dem Fest gibt. Das wäre mit Sicherheit das Gesprächsthema für das Katarinenjahr.

Naja, mal schauen was noch kommt.

Auserdem habe ich jetzt Sarah und Betty, sowie Juan und Co nicht gerechnet. Tolle Überraschung.
Jetzt fehlen nur noch Amelie mit Leonhard und dem Rest der Hütte.

Auf jedenfall wird die Hütte jetzt defenitiv für alle erheblich zu klein sein. Die Gruppe ist ja deutlich größer geworden.

Ich hoffe ja auch, das Leonie jetzt ihr Glück findet und demnächst auch mit darf, wenn die andern wieder mal ihr Wochenende abhalten.

Das mit den Balletstiefeln ist ja noch mal wieder ein Überraschung. Der verdacht fiel bei mir sofort auf die Familie Wetzler. Vielleicht hat ja die Tochter wieder mal was böses im Sinn und hat ihren Vater bekniet da was Geld locker zu machen.

Aber das sind ja nicht die einzigsten die Vermögen haben. Der Sparkassendirektor könnte ja auch seine Finger im Spiel haben, sowie der Brasiliansche Hochadel.

Mal schauen was am Ende rauskommt! (gespannt bin ich jedenfalls)

LG Rainman
697. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 04.04.17 05:21

Zitat
Und wer mag der geheimnisvolle Mann im Hintergrund sein?
Also bevor ich da falsche Hoffnungen wecke: Der Notar hat mir auch nicht gesagt, wer der vermögende Mann im Hintergrund ist...
698. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 04.04.17 05:24

Zitat
Zitat
Das allerdings wäre nicht gut für die Prinzessin. Auch für Frederike wäre es nicht gut wenn er auf dem Fest auftauchen würde.
Denn sollte er seine Tochter erkennen, kann er sich vorstellen wer ihr bei der Flucht geholfen hat.
Da verwechelst du bestimmt was.
Anna ist nicht die Tochter vom Herzog Breganza, sondern vom Kennedy-Clan.
Sarah gehört doch schon zum Brasilianischen Adel. Und soll "offiziel" den Sohn vom Herzog heiraten, und inoffiziel halt Betty.
Danke für die Richtigstellung...
699. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 04.04.17 05:34

Zitat
Werden Paul und Maria jemals dazu kommen, das Korsett auszuprobieren?
Ja, das ist einer kleiner "running gag" in dieser Geschichte... "Heute" ist der letzte Tag vor der Generalprobe und dem Festwochenende...
Zitat
Das wird wohl eine andere Geschichte werden...
An letzterem ist etwas Wahrheit dran...
700. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 04.04.17 05:47

Zitat
Schöne Fortsetzung. Wunderbar!!
Danke...
Zitat
Jetzt ist jedenfalls die Luft raus und der Falschspieler von Baron von Harumstal kann sich jetzt nicht mehr das Vermögen von Maria und vielleicht Paul unter den Nagel reissen.
Da wäre ich mir nicht so sicher... Der Baron hat seinen Neffen ja gut über seine Ziele und das Fest informiert...
Zitat
Auserdem habe ich jetzt Sarah und Betty, sowie Juan und Co nicht gerechnet. Tolle Überraschung.
Danke
Zitat
Jetzt fehlen nur noch Amelie mit Leonhard
Du glaubst doch nicht etwa, dass Amelie sich so eine Gelegenheit entgehen lässt.
701. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 04.04.17 21:08

Huhu Gag_Coll
Zitat
Zitat
Werden Paul und Maria jemals dazu kommen, das Korsett auszuprobieren?
Ja, das ist einer kleiner "running gag" in dieser Geschichte... "Heute" ist der letzte Tag vor der Generalprobe und dem Festwochenende...
Zitat
Das wird wohl eine andere Geschichte werden...
An letzterem ist etwas Wahrheit dran...



Ich hoffe es für dich
Sonst wird es eine lange Spanking Session für dich
Ich denke, es werden sich einige deiner Leser dem gerne anschließen *g*

Mit fesselnden Grüßen

Eure Kami
702. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 05.04.17 05:31

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Mittwoch, 22. September 1984)

»Also wenn das nicht ein Rausschmiss war.« Maria blickte sich verwundert um, als sie mit ihrem Handschuh in der Hand vor ihrem Haus stand.

Paul blickte sie an. »Es scheint etwas sehr Wichtiges zu sein.«

»Hast du alles dabei?« Betty blickte Paul fragend an. »Wir müssten noch einmal zum Hotel, um den Handschuh zu holen.« Sie lachte. »Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet.«

Paul zeigte die Sachen vor, die er für Maria dabei hatte. »Der Mundverschluß und das Werkzeug.«

»Liebst du es auch so, wenn du ihr die Stimme nehmen kannst?« Betty strahlte über beide Ohren.

Paul war etwas verlegen. »Jetzt kommt erst mal das Fest.«

»Er passt gut auf mich auf.« Maria blickte Betty und Sarah lächelnd an. »So richtig losgehen wird es erst nach dem Fest.« Sie warf Paul einen kurzen Blick zu. »Ich freue mich schon.«

»Hast du schon Pläne, was du alles mit ihr machen möchtest?« Betty trat auf Paul zu.

Paul fand die ehemalige Krankenschwester sehr aufdringlich. »Wir sollten uns dann für den Spaziergang fertig machen.« Er griff zu der kleinen Schachtel und holte den Mundverschluß heraus, dann wandte er sich seiner Freundin zu. »Wenn ich Madame dann bitten dürfte, den Mund zu öffnen?«

»Aber mein Herr, wie könnte ich ihnen widerstehen?« Maria gab ihm noch einmal einen kurzen Kuss, dann öffnete sie ihren Mund und schloss die Augen.



»Sarah redet ja gern auch mit Händen und Füßen.« Betty lachte, während sie ihrer Freundin ihrerseits den Mundverschluss einsetzte. »Erst wenn sie auch den Handschuh trägt, habe ich wirklich Ruhe.«

Als Antwort trat Sarah spielerisch gegen Bettys Beine.

»War bei dem Korsett nicht auch ein Monostiefel dabei?« Betty blickte ihre Geliebte verliebt an. »Ich könnte ihn jetzt gut gebrauchen.«

»Dann können wir aber keinen Spaziergang mehr machen.« Paul waren diese Dialoge noch nicht ganz geheuer. »Und wir sind doch bei meiner Oma angemeldet.« Er nahm den Handschon entgegen, den Maria ihm jetzt wortlos reichte.

»Warum das?« Betty war verwundert. »Wollten wir nicht spazieren gehen?«

»Wir holen noch jemand ab.« Paul musste kurz an die Zeit in Amerika denken. »Du wirst überrascht sein.« Er schloß die letzten Riemen an Marias Handschuh, dann gab er ihr den obligatorischen leichten Klaps, um ihr zu signalisieren, dass ihre Fesseln jetzt belastbar waren.

»Wackelt sie auch so, wenn du mit dem Handschuh beschäftigt bist?« Betty hatte dem Anlegen fasziniert zugesehen.

»Nein, Maria wartet geduldig.« Paul lächelte.

»Sarah ist da etwas rebellischer.« Betty verdrehte die Augen. »Es ist ein richtiger Kampf, bis ich sie endlich unter Kontrolle habe.«

Sarah gab ihr einen Kuss mit ihren versiegeltem Mund.

»Tja, falsch erzogen.« Paul grinste. Wo die Worte herkamen, wusste er allerdings nicht, doch die Antwort brachte ihm auch einen Kuss von Maria ein.

* * *

»Wie war dein Tag, Liebes?« Florian ließ sich etwas geschafft in den Sessel fallen.

»Heute habe ich etwas ganz Wichtiges erfahren.« Anna blickte ihn geheimnisvoll an. »Und ich habe die Frau wiedergetroffen, der wir alles zu verdanken haben.«

Florian richtete sich wieder auf. Da war ein besonderer Unterton in den Worten seiner Frau. »Wen meinst du?«

»Wem haben wir beide denn so viel zu verdanken?« Anna grinste bis über beide Ohren.

»Natürlich Marias Mutter.« Florian war sichtlich irritiert über die Fröhlichkeit von Anna. »Aber die ist doch in ihrer Klinik.«

»Ja, die meiste Zeit schon.« Anna grinste noch viel mehr.

»Jetzt mache es bitte nicht so spannend.« Florian stöhnte ein wenig.

»Sie ist hier, weil sie Maria besucht und sie auf dem Fest sehen möchte.« Anna strahlte. »Und sie hat mir etwas gezeigt. Eine kleine Karte mit schwarzem Rand, auf der mein Name steht.«

»Eine kleine Karte, auf der dein Name steht.« Florian wiederholte langsam die Worte seiner Frau.

»Mit schwarzem Rand.« Anna blieb rätselhaft.

»Das könnte eine Todesanzeige sein.« Es arbeitete heftig in Florian. »Aber du lebst und sitzt neben mir.«

»Ich bin frei.« Anna hielt es vor Anspannung nicht mehr aus. »Meine Familie hat mich für tot erklärt.«

»Mein Beileid«, murmelte Florian ein wenig betroffen, dann erst realisierte er, was Anna wirklich gesagt hatte. »Du meinst, die haben dich für tot erklärt?«

»Das sagte ich gerade.« Anna fiel ihm um den Hals. »Es ist endlich vorbei, sie suchen mich nicht mehr.«

Florian war sprachlos.

»Gleich kommen Maria und Paul sowie Betty und Sarah.« Anna blickte ihn etwas besorgt an. »Sie holen uns zu einem Spaziergang ab.«

»Deinem Blick entnehme ich, dass da noch was kommt.« Florian gab seiner Frau einen Kuss.

»Frau Beller hat mir geraten, auf dem Spaziergang den Handschuh zu tragen.« Sarah strahlte. »Erstens ist es gut für meine Gesundheit, und zweitens tragen Maria und Sarah die ihren auch.«

»Da kommt aber noch etwas.« So gut kannte Florian seine Frau mittlerweile.

»Maria und Sarah tragen auch den Mundverschluß aus der Klinik.« Anna wurde auf einmal ernst. »Ich soll mir überlegen, ob ich den meinen auch tragen möchte.«

»Dann wärst du stumm wie ein Fisch und ich muss dir die Wünsche von den Augen ablesen.« Florian sprach seine Gedanken aus.

»Du wärst einverstanden?« Anna war erleichtert. »Dann komm, wir machen uns schon fertig für den Spaziergang.«

»Wir müssen Frau Mohr fragen, ob sie ein passendes Werkzeug hat.« Florian versuchte sich an das zu erinnern, was Paul in der Klinik gesagt hatte. »Torks oder so ähnlich.«

* * *

Selma war der Meinung, dass Leonie sich nun lange genug an das neue Halskorsett und den Knebel in ihrem Mund gewöhnt hatte. Sie ging in das Zimmer, in dem sie auf dem Sofa saß und bat sie, ihr in das Esszimmer zu folgen. Sie griff wortlos an ihren Arm und zog sie hoch, dann entriegelte sie ihr die Beine.

»Ich erwarte heute einige meiner Freundinnen zum Kaffee. Ich erwarte, dass du dabei bist und mir hilfst.« erklärte sie, während sie voran ging.

Als Antwort blieb Leonie stehen und blickte ihre Gastgeberin fassungslos an. Sie versuchte etwas zu sagen, doch der Knebel in Verbindung mit dem Halskorsett unterdrückte jede vernünftige Lautäußerung.

»Ich werde dir wieder das Tablett umbinden und immer wenn meine Freundinnen etwas davon brauchen, kommst du an den Tisch.« Sie drehte sich zu Leonie um. »Und jetzt trödel nicht so.«

Von Leonie waren nur mehr oder weniger gedämpfte Stöhngeräusche zu hören. Dennoch sie gab sich Mühe, näher zu kommen. Sie wusste, dass sie jetzt wirklich keine Wahl mehr hatte.



Selma war gerade dabei das Tablett wieder an Leonies Körper zu befestigen, als sie auf einmal von Florian unterbrochen wurde. »Was gibt es denn?« Sie blickte ihn an, ohne irgendwie auf Leonie oder ihren Zustand einzugehen.

»Könnten sie uns ein ganz bestimmtes Werkzeug leihen?« Florian hoffte, dass er sich den Namen richtig gemerkt hatte. »Ich brauche einen Torks-Schraubenzieher Größe Eins. Anna möchte ihren Mundverschluss tragen.«

»Ihren was?« Selma war überrascht. »Aber in der Garage solltest du finden, was du suchst.«

»Danke. Ihren Mundverschluss.« Florian wollte schon hinaus gehen, als er noch einmal aufgehalten wurde.

»Was ist denn ein Mundverschluß?« Selma klang auf einmal sehr interessiert.

»Ein Zahnarzt hat das für Maria und Sarah angefertigt, und für Anna wurde auch einer gemacht.« Er beschrieb kurz das Prinzip.

Selma erkannte sofort, welche zusätzlichen Möglichkeiten ihr dieser Mundverschluss für Leonie bot. »Ich hätte eine Bitte.«

»Und die wäre?« Florian blickte kurz auf die Uhr. »Gleich werden wir abgeholt.« Er wollte aber nicht undankbar sein.

»Es wäre gut, wenn Leonie sehen kann, wie du Anna den Mundverschluss anlegst.« Selma hoffte, dass sie zuviel von Anna verlangte.

»Dazu ist sie sicher bereit.« Florian grinste, denn er ahnte, was Selma damit bezweckte. »Ich suche das Werkzeug und dann komme ich mit Anna ins Esszimmer.«



»Jetzt erklärt mir bitte noch einmal, wie dieses Gerät genau funktioniert.« Selma blickte auf die zwei Teile, die vor Leonie auf dem Tisch lagen.

»Ich nehme die beiden Teile in den Mund und Florian wird sie dann mit Schrauben bei mir im Mund fixieren.« Anna hatte sofort begriffen, um was es ihrer Gastgeberin in Wirklichkeit ging und sie hatte sich deswegen auch schon so hingestellt, dass Leonie es ganz genau verfolgen konnte.

»Hier ist noch Platz für die Zunge.« ergänzte Florian. »Es ist eine Maßanfertigung vom Zahnarzt aus Frau Bellers Klinik.« Er gab seiner Frau noch einmal einen langen Kuss. »Wenn sie die Teile in den Mund genommen hat und ich sie dann zuschraube, kann sie ihren Kiefer nicht mehr bewegen, sie ist dann ganz sprachlos.«

Selma war sichtlich fasziniert, genauso wie Leonie. Doch diese konnte keine Fragen mehr stellen. »Was ist mit Ernährung und Zahnpflege?«

»Es ist alles vorgesehen.« Florian berichtete, dass dieser Verschluß in der Klinik noch in Kombination mit einer Magensonde getragen wurde. »Maria und Sarah haben es auch tragen dürfen.«

»Das mit der Magensonde ist wirklich gruselig.« Anna begriff, dass jetzt ihre Erfahrungen gefragt waren. »Es kommt nur ein Schlauch aus der Nase, und damit wirst du gefüttert. Es gibt eigentlich keinen Grund, dir den Mundverschluss jemals wieder zu entfernen.« Sie hatte verstanden, welches Spiel Leonie und ihre Gastgeberin miteinander spielten.

Von Leonie war so etwas wie ein gedämpfter Schrei zu hören, der jedoch sehr leise war.

»Bist du bereit?« Florian hatte vor dem Mut seiner Frau doch noch etwas Respekt.

Als Antwort nahm sich Anna die zwei Teil des Mundverschlusses in die Hand und setzte sie sich nacheinander in den Mund. Sie achtete dabei darauf, dass Leonie alles gut sehen konnte. Zum Schluss gab sie Florian ein Zeichen, dass er ihren Mund zuschrauben konnte.

Ganz zum Schluss kniff Florian seiner Frau in den Arm. Sie zuckte heftig und gab ihm als Antwort eine Ohrfeige, doch von ihr war nur ein ganz leichtes Brummen zu hören. Dass dies vorher abgesprochen war, wusste Leonie allerdings nicht.

»Ich werde Frau Beller bitten, mir die Pläne dafür zu geben, dann lasse ich so einen Verschluss auch für Leonie anfertigen.« Sie blickte zu ihrem Schützling. »Du freust dich bestimmt schon.«

Wie erwartet, löste das Schauspiel in Leonie den nächsten wilden Gedankensturm aus. Gewiss hatte sie bei ihrer Schwester schon Ähnliches gesehen, doch in dieser Konsequenz, in der sie sich im Moment befand, hatte die Aussicht etwas erschreckendes.

* * *

»Ich bin echt verblüfft, dass man hier mit einem Monohandschuh auf der Strasse spazierengehen darf.« Betty blickte verblüfft auf die drei Mädchen, die alle ihre Arme in der Lederhülle auf dem Rücken trugen.

»Das geht auch nur, weil wir kurz vor dem Fest stehen und jeder glaubt, dass ihr für eure Rollen übt.« Paul öffnete die Haustür und geleitete Florian und die Mädchen nach draußen.

»Das mit dem Mundverschluß ist wirklich faszinierend.« Betty hielt ihre Freundin im Arm. »Man sieht nur einen geschlossenen Mund und kann doch sicher sein, dass sie ganz sicher geknebelt sind.«

»Es könnte ein wirklich ruhiger Spaziergang werden, wenn alle Frauen so etwas tragen würden.« Florian versuchte, ernst zu klingen.

Betty brauchte einen Moment, bis sie erkannte, auf was er eigentlich anspielte. »Soweit kommt es noch.«

»Wie kommst du mit Juan und Bertram zurecht?« Paul hatte sich ein paar mögliche Themen für den Spaziergang überlegt, die auch in Marias Interesse lagen. Er hatte sich klar gemacht, dass er auch für Maria sprechen musste.

»Sie sind total nett.« Betty schien ähnlich zu denken. »Manchmal helfen sie mir sogar bei Sarahs Fesselungen.«

Paul sah, dass Anna und Florian an wenig zurück blieben, was daran lag, dass sie oft kurz stehen blieben und sich küssten. Sie machten einen sehr glücklichen und verliebten Eindruck und das, obwohl Anna sowohl den Mundverschluss als auch den Monohandschuh trug. »Ihr seid sehr glücklich miteinander?« fragte er Betty.

»Ich habe es nie bereut, dass ich meinen Job aufgegeben habe.« Betty gab Sarah einen Kuss auf die versiegelten Lippen. »Fühlt sich immer wieder seltsam an«, grinste sie.

»Und wie kommt ihr mit dem Herzog zurecht?« Paul dachte daran, dass sie mit ihrem Schwiegervater zunächst noch größere Schwierigkeiten gehabt hatten.

»Er behandelt mich und auch Bertram fast wie eigene Kinder. Stellenweise kriegen wir sogar noch Unterricht, damit wir uns gut um die beiden kümmern können.« Betty strahlte. »Nur bei offiziellen Anlässen müssen wir natürlich zurücktreten.«

Paul dachte an die Fragen, die er sich für Maria und sich überlegt hatte. »Dann ist also alles bereit für die Hochzeit? Gibt es schon einen Termin?«

»Oh, eine brasilianische Hochzeit braucht viel Vorlauf.« Betty wurde auf einmal etwas traurig. »Sarahs Mutter hat sich leider völlig zurückgezogen. Sie lebt in einer kleinen Stadtwohnung und will von der Vergangenheit und Sarah nichts mehr wissen.«

»Aber bei der Hochzeit wird sie doch dabei sein?« Paul versuchte sich in Marias Gedanken zu versetzen.

»Ich fürchte nein.« Auch Betty war in diesem Moment sehr nahe bei Sarahs Gedanken.

»Das wird bestimmt traurig für sie.« Paul verdrängte den Gedanken an seine eigenen Eltern.

* * *

Leonie war erleichtert, dass der Knebel nur ein wenig aufgeblasen war. Sie hatte es früher einmal in Selbstversuchen ausprobiert, wie stark man solche Knebel aufblasen konnte, ohne dass es wirklich unangenehm wurde.

Sie blickte auf den Tisch des Esszimmers, um den herum sich einige Frauen zu einem gemütlichen Kaffeekränzchen versammelt hatten. Zuvor hatte Selma sie aufgefordert, mit Sektgläsern auf dem Tablett zu ihnen zu gehen und den Sekt anzubieten.

Was sie am meisten verwundert war, dass keiner von ihr weiter Notiz nahm. Es kam Leonie wirklich vor, als wäre sie nur ein Gegenstand, ein Tablett auf Beinen.

Und sie musste sehr vorsichtig gehen, denn sonst riskierte sie, dass die kleine Blase, die von ihrem Mund herunter baumelte, die Gläser umwarf. Sie war sichtlich erleichtert, als sie alle Gläser verteilt hatte.

Die Blase vor ihrem Mund hatte etwas Faszinierendes. Es brauchte nur einige kleiner Handgriffe und schon wäre der Knebel in ihrem Mund richtig heftig aufgeblasen. Und sie konnte sich nicht dagegen wehren.

Einige der Frauen, die neben Selma am Tisch saßen, glaubte Leonie vom Sehen her zu kennen. Eine davon war Marias Erzieherin, und die anderen glaubte sie schon mehrmals in der Nachbarschaft gesehen zu haben.

»Wo bleibt denn Holger?« Selma blickte auf die Uhr. »Hast du ihm nicht gesagt, dass hier eine Überraschung auf ihn wartet?«

»Das habe ich natürlich gemacht.« Alberta lächelte und blickte kurz zu Leonie. »Wenn er wüsste, was ihn erwartet, dann wäre schon lange hier.«

»Naja, so ein Kaffeekränzchen ist eben nicht besonders attraktiv für so einen jungen Mann.« Mrs. Potter lächelte. »Es war eine gute Idee, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Es ist schon länger her, dass wir uns zuletzt so gesehen haben«

Leonie begriff erst, was es bedeutete, als es an der Tür klingelte.

Selma stand auf. »Na, dann werde ich unseren Prinzen hereinlassen.« Mit einem breiten Grinsen verließ sie den Raum.



Holger stand etwas genervt in der Tür. Wegen dieses blöden Kaffeekränzchen verpasste er das Fußballspiel im Fernsehen. »Hier bin ich, wie bestellt.« Er gab sich keine große Mühe, seine schlechte Laune zu verbergen. Er reichte Selma die Flasche Wein, die seine Mutter ihm als Mitbringsel aufgedrängt hatte.

»Stell sie bitte auf das Tablett.« Selma bat ihn ins Esszimmer.

Doch als Holger den Raum betreten hatte, wäre ihm fast die Flasche aus der Hand gefallen. Dort stand sie, seine Traumfrau. Er erkannte auf den ersten Blick fast alle der Restriktionen, denen sie unterworfen war.

Besonders fiel ihm aber das Halskorsett auf mit den erschrockenen, aber glücklichen Augen darüber. Das Haar wurde etwas durch die Riemen gebändigt, die den Kopf zusätzlich fixierten. Er wurde geradezu magnetisch von ihr angezogen. Schritt für Schritt kam er näher, bis er ganz nah vor ihr stand.

Ganz langsam näherte sich seine Hand der Pumpe, die vor Leonies Mund herab baumelte.

Leonie keuchte, als sie begriff, was passieren würde. Bedingt durch das Halskorsett würde sich die Blase nur in ihrem Mund ausdehnen und konnte nicht in ihre Wangen ausweichen. Sie vermied es zu stöhnen, denn sie wollte ihm nicht zeigen, wie sehr sie die Situation erregte.

Dass noch weitere Personen im Raum waren und das Spiel mit ansehen konnten, war ihr herzlich egal. Doch dann fragte sie sich, ob es wirklich noch ein Spiel war. Ein Spiel konnte man jederzeit unterbrechen, doch für Leonie war es jetzt ernst geworden. Sie fragte sich, welchen Status sie im Moment hatte. Sie war eigentlich nur ein lebendes Tablett, unfähig sich zu bewegen. Und diesem gutaussehenden jungen Mann völlig ausgeliefert.

Als Holger die Blase in der Hand hatte, ließ er seinen Blick langsam nach oben gleiten, bis er Leonie tief in die immer noch strahlenden Augen blickte. Er hob die Hand mit der Blase ganz langsam hoch, bis sie in beider Blickfeld war. Erst jetzt drückte er bewusst langsam auf die Blase. Deutlich war das Zischen zu hören, welches anzeigte, dass etwas Luft in den Knebel geblasen wurde.

Leonie hielt die Luft an, um nicht vor Erregung aufzustöhnen. Sie wollte ihm, einem wildfremden Mann, nicht zeigen, wie sehr sie sein Handeln berührte.

Holger drückte noch zwei Mal, bis es Leonie nicht mehr aushielt. Die Blase war jetzt deutlich in ihrem Mund zu spüren und drückte ihre Zunge fast schmerzhaft nach unten. Sie verdrehte die Augen und ließ einen leisen Protestschrei hören. Stärker durfte er den Knebel nicht mehr aufblasen.

»Holger, ich denke, es reicht jetzt.« Selma stand auf einmal neben ihm und nahm ihm die Pumpe aus der Hand. Sie ließ ein winziges bisschen Luft aus dem Knebel und ließ die Blase dann los.

Holger blieb noch lange vor Leonie stehen und blickte ihr in die Augen. Erst als seine Mutter ihn aufforderte zu gehen, konnte er sich losreißen. »Danke Holger, du kannst jetzt gehen, sonst verpasst du dein Fußballspiel.«

Holger hatte sichtlich Mühe, sich von Leonie und ihrem Anblick zu verabschieden. Selbst an der Tür schaute er noch einmal zurück und suchte ihren Blick.



Leonie war von ihm, seinen Handlungen und seinem Blick nicht minder fasziniert. So hatte sie sich ihren Traummann vorgestellt. Auch wenn er nur kurz da gewesen war, wusste sie doch, dass er der richtige war. Jetzt verfluchte sie ihre Fesselung, und sie zerrte wild an den Fesseln. Sie bedauerte es sehr, dass sie gerade erst auf ihr Recht auf Freiheit verzichtet hatte. Wenn er doch eine Stunde früher gekommen wäre. Immer wieder sah sie seine Augen, als er ihr den Knebel weiter aufblies.

»Ich glaube, der wird euch noch öfters besuchen.« Seine Mutter lächelte. Ihr Sohn hatte genauso reagiert, wie Selma es ihr versprochen hatte. Sie blickte noch einmal kurz zu Leonie, die aus ganz freien Stücken das Leben einer Gefangenen gewählt hatte, auch wenn es nur in den Semesterferien andauern würde. »Danke für deine Hilfe.«

Selma lächelte. »Immer wieder gern.«
703. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 05.04.17 07:01

Hallo gag_coll,

.... und wieder eine tolle Fortsetzung.
Mir gefällt, wie Du für jeden Topf den richtigen Deckel dazuschreibst, Maria und Paul, Sarah und Betty, Anna und Florian, und jetzt noch Leonie und ihr Traummann Holger, fehlt also nur noch Sophie und ihre Liebe ... ich hoffe, da auch bald mehr dazu zu lesen.

Danke für Deine Geschichte, ich freue mich jedes Mal, wenn ich vor Arbeitsbeginn einen Teil lesen kann.

Gruß
Machtdom
704. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 05.04.17 23:34

Servus gag_coll

Zu erst mal,vielen Dank für deine Geschichte.Ich lese sie immer noch sehr gerne und freue mich über jeden Teil.

Leider gibt es heute ein großes aber.

Was für ein völlig idiotisches Kind Namens Holger hast du da heute reingesetz.Das ist der große Plan von Selma die beiden zu verkuppeln?Zu erst mal was denkt der sich.Er kommt rein und sieht eine gefesselte Frau.Und was macht er,er geht hin und bläst den Knebel weiter auf.Ohne zu fragen zu sagen oder sonst was.Ohne Rückseicht zu nehmen auf Leonie.
Da ging sein Verstand nach unten zwieschen seinen Beinen.Er had was gesehen und wollte sich weiter daran ergötzen.
UND SEIN FETISH ausleben.
Er had nicht gewußt bzw. es war ihn egal ob er ihr schmerzen zu fügt.Es ging nur um sein genuß.Währe er damals auf die Hütte gekommen,hätten die anderen ihn sicher Hochkant rausgeworfen,wenn er da so was gemacht hätte.Die anderen Protakonisten versuchen die Bondagetten eher zu bremsen und sind auf ihre Sicherheit bedacht.Ihn geht das alles am Arsch vorbei.Sonst hätte er anders reagiert.Ich fürchte das die beiden es irgendwann übertreiben werden,wenn sie niemand stopt.Vor allen had er keine richtige Erfahrung,was zum Bsp. auch die Sicherheit an geht.

Und Selma,was macht die?Die greift nicht richtig ein.Die hätte sofort energisch eingreifen müssen.Weil er sich einfach an ihre Schutzbefohlele vergreift.Selbst wenn sie beide verkuppeln möchte.

Also wirklich.Die beiden gehören unter strenger aufsicht das sie sich nicht verletzen.Weder körperlich noch emozional.

Anderseits ist das ja auch Selmas Plan.Das sie ihn klar macht das er um jemand zu fesseln selbst wissen muß wie es ist gefesselt zu sein.So das sie ihn nacvh und nach zeigt wie er Leonie fesselt und auf ihre Sicherheit achted aber ihn auch immer wieder fesselt um ihn zu zeigen wie es ist,so gefesselt zu sein.Damit er die Risiken einschätzen zu lehrnt.

Naja mal schaun was wird und wie es allgemein weiter geht.Freu michs chon aufs Fest.

mfg Wölchen
705. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 06.04.17 19:41

Hallo Wölchen,

so schlimm finde ich das Verhalten aber nicht... und zwar aus drei Gründen:

1. Seine Mutter ist mit im Raum.
2. Selma hat das alles so geplant und bewusst so arrangiert.
3. Selma passt doch gut auf Leonie auf.

Zitat
Da ging sein Verstand nach unten zwischen seinen Beinen.Er had was gesehen und wollte sich weiter daran ergötzen. UND SEIN FETISH ausleben.
Ich muss zugeben, dass ich diese Szene auch nicht mit dem Kopf geschrieben habe...
Zitat
Er had nicht gewußt bzw. es war ihn egal ob er ihr schmerzen zu fügt.Es ging nur um sein genuß.Währe er damals auf die Hütte gekommen,hätten die anderen ihn sicher Hochkant rausgeworfen,wenn er da so was gemacht hätte.Die anderen Protakonisten versuchen die Bondagetten eher zu bremsen und sind auf ihre Sicherheit bedacht.Ihn geht das alles am Arsch vorbei.Sonst hätte er anders reagiert.Ich fürchte das die beiden es irgendwann übertreiben werden,wenn sie niemand stopt.Vor allen had er keine richtige Erfahrung,was zum Bsp. auch die Sicherheit an geht.
Wenn man ihm auf der Hütte so eine absichtliche "Falle" gestellt hätte, hätte er sicher ähnlich reagiert.
Ich würde wenn überhaupt eher Selma einen Vorwurf machen, weil sie Leonie so einer "Gefahr" aussetzt.
Zitat
Die beiden gehören unter strenger aufsicht das sie sich nicht verletzen.Weder körperlich noch emozional.
Du erlaubst aber schon, dass sie sich erst einmal kennenlernen? Selma hat schließlich schon weiter gedacht...
Viele Grüße
gag_coll
706. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 07.04.17 06:52

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtundzwanzig
Autor: Karl Kollar

(noch Mittwoch, 22. September 1984)

Leonie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie ihren Namen hörte.

»Du hattest mich um die Pläne für Marias Mundverschluss gebeten.« Mrs. Potter nahm eine Mappe aus ihrer Tasche und legte sie vor sich auf den Tisch. »Frederike war so nett, sie mitzubringen.«

»Gibt es mal bitte her.« Alexandra Dortmund blätterte durch die Mappe. »Die Kasse zahlt das natürlich nicht. Aber ich denke, mein Mann macht dir einen Sonderpreis.«

»Das ist nett.« Selma blickte kurz zu Leonie. »Sie freut sich schon.«

»Das ist ja faszinierend.« Alexandra war begeistert. »Es ist ein Schlauch für die Ernährung und einer für sicheres Atmen vorgesehen. Der Mund wird damit vollständig versiegelt.«

»Ja, so etwas Ähnliches hat Paul mir auch erzählt.« Selma blickte wieder kurz zu Leonie. »Maria soll das eine Woche lang getragen haben. Und für die Mundhyginie ist auch gesorgt.«

»Und wie lange lässt sich das tragen?« Eine andere Frau schien ebenfalls sehr interessiert zu sein.

»Es gibt damit noch wenig Erfahrungen.« Mrs. Potter gab wieder, was sie von Maria und ihrer Mutter dazu erfahren hatte. »Bisher hat es nur eine Versuchsperson über zwei Monate lang getragen.«

»Zwei Monate vollständiges Schweigen.« Frau Dortmund war tief beeindruckt.

Leonie hatte bisher atemlos zugehört, doch jetzt entglitt ihr ein leises, aber trotzdem deutliches Keuchen.

»Oh Verzeichnung.« Selma stand auf. »Das hättest du noch gar nicht hören sollen.« Sie griff zu kleinen Wachsstöpseln, die sie bereit gelegt hatte, und wärmte sie ein wenig an. Dann trat sie vor Leonie. »Ich werde dir jetzt auch noch die Ohren verstopfen. Damit kann dich nichts mehr ablenken.« Sehr langsam und vorsichtig steckte sie die beiden Wachspropfen nacheinander in Leonies Ohren.



In Leonie tobten die Gedanken wild durcheinander. Sie konnte jetzt auch nichts mehr hören. Nur noch ganz leise gelang der eine oder andere Geräuschfetzen noch an ihr Ohr, doch nichts davon konnte sie identifizieren.

Ob sie ihn wieder sehen würde? Jetzt, wo sie auch keine Geräusche mehr ablenkten, waren ihren Gedanken nur noch bei ihm. Was würde sie jetzt geben, wenn sie sich jetzt noch befreien könnte. Sie würde ihm überall hin folgen.

Immer wieder gingen ihr seine leuchtenden Augen durch den Kopf, als er ihr den Knebel aufgeblasen hatte.



Jetzt hatte ihre Gastgeberin auch noch angekündigt, dass ihr Mund vollständig versiegelt werden sollte. Was würde bloß noch alles mit ihr passieren. Leonie fürchtete sich ein wenig vor dem Gedanken, denn es wäre nur konsequent, wenn sie ihr jetzt auch noch die Augen nehmen würde. Und dafür bräuchte es nicht einmal etwas Kompliziertes wie den Mundverschluß. Nein, eine einfache Augenbinde wäre genug.

Und was würde dann noch kommen? Ob er kommen würde, um sie zu retten? Oder würde er sie zu seiner Sklavin machen? Leonie war sich nicht sicher, welches ihre wahren Wünsche waren.

* * *

Franz-Ferdinand betrat die Apotheke und sah sich um. Nur noch eine Kundin war außer ihm im Laden. Geduldig wartete er, bis er an die Reihe kam. In der Zwischenzeit dachte er noch einmal darüber nach, welches Schlafmittel er genau für seinen Plan brauchte. Er wollte es über den Sekt verabreichen, deswegen sollte es geschmacklos sein. Es musste nicht lange wirken, eine halbe Stunde würde reichen, um Maria zu entführen und zu seiner Cousine in den Keller zu bringen.

Er machte sich gedanklich eine Notiz, dass er die Lebensmittel im Keller noch einmal aufstocken musste. Schließlich wollte er der Polizei erst dann den Tipp geben, wo Maria gefangen war, wenn er sich mit dem Geld erfolgreich abgesetzt hatte.

Dass sein Onkel im Moment in Untersuchungshaft saß, änderte an seinen Plänen nur ein winziges Detail. Er würde dafür sorgen, dass das Geld nicht dazu diente, die Schulden seines Onkels zu bezahlen, er würde das Geld für sich selbst verwenden. Pläne hatte er dafür schon.

»Guten Tag, Herr von Schleihthal, was können wir für sie tun?« Die Apothekenhelferin blickte ihn aufmerksam an.

Franz-Ferdinand blickte sich verschlagen um. »Ich möchte den Chef sprechen.«

»Jawohl.« Es kostete die Angestellte viel Kraft, sich nichts anmerken zu lassen. »Ich werde ihn holen.« Sie verschwand nach hinten.

Mit dem Notar hatte Franz-Ferdinand schon gesprochen, es sollten eigentlich bei der Auszahlung des Geldes keine Probleme zu erwarten sein. Während er auf den Chef wartete, fiel ihm seine nichtsnutzige Cousine wieder ein. Er hatte Michael versprochen, ihn heute wieder zu ihr zulassen. Was die beiden bloß aneinander fanden? Der Maurerssohn und die Baroness, sie passten so gar nicht zusammen.

»Franz-Ferdinand, was kann ich für dich tun?« Der Apotheker kannte den Neffen des Barons schon seit der Kindheit, da er und der Baron befreundet waren.

»Ich brauche ein Schlafmittel für einen kleinen Scherz.« Er trug sein Anliegen vor. Natürlich hatte er sich eine Geschichte ausgedacht, wofür er das Mittel brauchen würde. Die Wahrheit verschwieg er lieber.

Der Apotheker sah Franz-Ferdinand einen Moment kurz an, dann lächelte er. »Ich habe da etwas für dich. Ich muss es nur aus dem Giftschrank holen.«

Franz-Ferdinand runzelte die Stirn.

»So nennen wir hier den Schrank, wo die verschlusspflichtigen Mittel untergebracht sind.« Er drehte sich um und ging nach hinten. An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Wie viel brauchst du denn?«

»Es muss für sechs bis acht Personen reichen.« Er hatte keine Ahnung, wer noch alles zu dem Fototermin kommen würde. Er wollte auf alles vorbereitet sein.



»Hier ist es.« Der Apotheker reichte ihm ein kleines Fläschchen. »Macht Dreizehn Mark und Sechzig.«

Franz-Ferdinand bezahlte und packte sich das Mittel in seine Jackettasche, dann verließ er die Apotheke.

Der Apotheker blickte ihm nach. Er überlegte, ob er die Polizei verständigen sollte. Dass jemand so ein Mittel kaufte, war höchst ungewöhnlich.

Doch dann verwarf er den Gedanken. Zum einen kannte er den Baron und seinen Neffen schon eine halbe Ewigkeit, und außerdem hatte Franz-Ferdinand ihm versichert, dass es nur für einen Party-Scherz sein. Er wandte sich der nächsten Kundin zu, die eben die Apotheke betreten hatte.

* * *

Frederike hatte sich erst überlegt, sich ein Taxi zu nehmen und sich zum Schloß bringen zu lassen, doch dann hatte sie den Gedanken wieder verworfen. Wenn sie den Weg zu Fuß ging, konnte sie über die Punkte, die sie mit dem Baron besprechen wollte, noch einmal in aller Ruhe nachdenken.

Vom Notar hatte sie den wahren Grund erfahren, warum Maria unbedingt das Gebet auf dem Rücken lernen musste. Es ging gar nicht um das Ansehen bei den Sponsoren, stattdessen war er hinter dem Geld her, dass irgendjemand als Preisgeld für diese außergewöhnliches Haltung ausgesetzt hatte.

Es ärgerte sie sehr, dass sie ihm schon wieder auf den Leim gegangen war. Natürlich fühlte sie sich in ihrer Ehre getroffen, und sie hatte einigen Ehrgeiz entwickelt, um ihrer Tochter diese Haltung anzutrainieren. Und das er auch noch das Konsortium mit hineingezogen hatte, nahm sie ihm gleich doppelt übel.

Und dann war da auch die alte Geschichte, die sie bisher nicht aufgeklärt hatte. Sie wusste nicht mehr, was damals auf dem Fest passiert war.

Bedingt durch ihre Mitarbeit nach dem letzten Fest war es zu einem engen Kontakt zwischen ihr und der Familie des Barons gekommen. Natürlich ging es primär um die Tochter, die Baroness, die auf dem heurigen Fest ursprünglich die Katerina spielen sollte. Was genau in jener Nacht passiert war, hoffte sie jetzt zu erfahren. Sie wusste nur noch, dass sie am nächsten Morgen mit einem gewaltigen Kater aufgewacht war.

Ein Jahr später starb die Baronin, und die Polizei sagte damals, es wäre ein Unfall gewesen. Doch Frederike hatte diese Aussage immer in Zweifel gezogen - sie glaubte, am Freitod der Baronin schuld zu sein, und das wollte sie heute ein für allemal klären. Er würde ihr hoffentlich versichern können, dass in jener Nacht nichts passiert war, und dass sie nur zu viel getrunken hatte. Der Gedanken quälte sie immer, wenn sie einmal Zeit zum Grübeln hatte. Zum Glück kam das nicht allzu oft vor.

Der Butler schien neben der Tür zu sitzen und zu warten, denn er hatte sofort nach ihrem Klingeln geöffnet. »Sie wünschen?«

»Ich möchte den Baron sprechen.« Frederike hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.

»Er wurde verhaftet.« Der Butler informierte Marias Mutter über die neuesten Vorkommnisse. »Seine Tochter ist auch spurlos verschwunden.«

Ingeheim war Frederike erleichtert, weil sie das sicher für sie schwere Gespräch so noch etwas aufschieben konnte. Sie bedankte sich für die Auskunft, dann verließ sie das Schloßgelände wieder.

Doch dann kam sie ins Grübeln. Was genau bedeutet die Verhaftung jetzt für sie und ihre Tochter? Hatte Maria vielleicht sogar Gefahr gedroht? Jetzt war sie auf jeden Fall erleichtert, denn mit diesen Ereignissen ging vom Baron keine Gefahr mehr aus.

Ihren Verdacht konnte sie so allerdings nicht aufklären. Sie wollte es sich irgendwann von der Seele reden. In den Staaten hatte sie es weitgehend geschafft, die Gedanken daran zu verdrängen, doch hier in der Heimat wurde sie ständig an ihre eventuelle Schuld erinnert.

Ob sie mit ihrer Tochter darüber reden konnte? Frederike zog es in Betracht. Oder sie suchte den Baron im Gefängnis auf. Doch damit würde sie seine Wichtigkeit enorm hervorheben, und das war er wirklich nicht wert.

* * *

Mit dem Schlafmittel in der Tasche als einem wichtigen Teil seines Planes machte Franz-Ferdinand sich nun auf den Weg, um das nächste Detail abzusichern. Seine Idee war, sich in die Wachmannschaft für die Katerina einzuschleusen. Er rechnete sich gute Erfolgschancen aus, denn es war bekannt geworden, dass dieses Mal auf vier Mädchen aufzupassen war.

Bei den früheren Festen wurde die Katerina von den Damen des Tanzvereines begleitet, die nur Spielzeugfesseln trugen und sich derer schnell entledigen konnten. Doch dieses Mal galt es auf vier Mädchen auszupassen, die alle mit echten Ketten gefesselt und entsprechend hilflos waren. Herr Schwertele hatte aufgrund seiner Schmeicheleien darüber bereitwillig Auskunft gegeben.

Er hoffte, dass er das Vertrauen von Carlos gewinnen könnte und im Idealfall allein auf Maria aufpassen dürfte nach der Kutschfahrt am Sonntag. Er hatte schon dafür gesorgt, dass der Fototermin bei ihm daheim im Schloß stattfinden würde, und wenn er es geschickt genug anstellen würde, dann würde Carlos ihm vertrauen, und dann hätte er sehr leichtes Spiel.

Er fand den Chef der Tanz- und Wachgruppe an seinem Schreibtisch sitzend. Es war deutlich zu sehen, dass sich dieser gerade Sorgen machte, denn er seufzte.

»Du hast Sorgen?« Franz-Ferdinand kannte Carlos zwar kaum, doch da sie gemeinsam studiert hatten, war das ´Du´ durchaus angebracht.

»Ich habe zu wenig Personal, um auf vier Mädchen auszupassen.« Er sagte es mehr zu sich selbst als auf die gestellte Frage.

»Das trifft sich gut.« Franz-Ferdinand erkannte, dass sein Plan aufgehen könnte, wenn er sich jetzt nicht zu ungeschickt anstellen würde. »Ich wollte dich gerade fragen, ob du noch Hilfe gebrauchen kannst?«

»Du?« Carlos schaute ihn zweifelnd an. Sofort fiel ihm wieder der sehr unqualifizierte Auftritt während der Vorbereitung des Festes ein.

»Okay, ich habe mich damals daneben benommen.« Auch ihm war der eher peinliche Auftritt wieder eingefallen. »Aber jetzt muss ich auch nicht mit ihr tanzen.«

»Gott sei Dank nicht.« Carlos seufzte. »Aber mir fehlt noch Wachpersonal.« Er griff zu einer Liste. »Wir haben diesmal vier Mädchen, die zudem auch alle echte Ketten tragen.«

»Was wäre denn da zu tun?« Franz-Ferdinand gab sich interessiert.

»Es geht eigentlich hauptsächlich um den Freitag, wenn die vier Mädchen durch die Stadt geführt werden.« Carlos studierte seine Liste. »Da sind wir bisher definitiv zu wenig.«

»Da könnte ich doch...« Franz-Ferdinand versuchte sich vorsichtig einzubringen, doch Carlos hielt seinen Blick immer noch auf die Liste gesenkt. »Und für den Sonntag habe ich zwei Quasi-Absagen.«

»Was sind denn Quasi-Absagen?« Er hoffte auf seine Chance.

»Naja, sie würden schon kommen, wenn ich sie wirklich brauche.« Er seufzte wieder. »Aber sie hätten auch einen anderen wichtigen Termin. Ausgerechnet an dem Wochenende.«

»Ich hätte Zeit.« Franz-Ferdinand fühlte, dass er sein Ziel so gut wie erreicht hatte.

»Komm doch bitte heute Abend zur Abschluß-Probe.« Carlos reichte ihm die Hand. »Dann kann ich dir zeigen, was alles wichtig ist.«

»Aber tanzen muss ich nicht, oder?« Franz-Ferdinand versuchte so etwas wie einen Scherz.

»Nein.« Carlos grinste. »Es reicht mir, wenn du mir beim Aufpassen hilfst.«

* * *

Frederike hatte seltsam wehmütige Gefühle, als sie nach langer Zeit wieder einmal durch das Rathaus ging. Während des letzten Festes hatte hier öfters zu tun gehabt, und sie stellte erfreut fest, dass sich in den letzten Jahren nur wenig verändert hatte. Von einigen Angestellten, die sie noch von früher kannten, wurde sie sogar mit einigen Fragen aufgehalten. Doch schließlich hatte sie das in der Einladung angegebene Besprechungszimmer erreicht.

Sie wurde herzlich begrüßt und ihr wurde ein Sitzplatz am Tisch angeboten.

Nachdem sie sich gesetzt hatte, begann Robert Greinert sofort mit der Besprechung. »Frau Beller hat um diesen Termin gebeten, weil sie eine für uns sehr wichtige Nachricht hat. Bitte sagen sie uns, was sie bewegt.«

»Gestern hat mich unser Notar Herr Schrumm aufgesucht.« Frederike berichtete von dem Treffen und den Neuigkeiten, die sie von ihm erfahren hatte. »Damit wissen sie, welche zusätzliche Last meine Tochter zu tragen hat.«

»Davon wussten wir überhaupt nichts.« Robert Greinert war wie die anderen Personen am Tisch auch relativ sprachlos. »Und die zusätzliche Bedingung ist, dass sie diese ...« Er stockte etwas. »Wie heißen die Stiefel, die sie tragen muss?«

»Man nennt sie Ballettstiefel, weil sie mit der Fußhaltung beim Spitzentanzes vergleichbar sind.« Frederike hatte sich einige Argumente zurechtgelegt, mit denen sie hoffte, die Damen und Herren überzeugen zu können. Sie hatte sogar ein Foto mitgebracht, welche sie herumgehen ließ.

»Sie bewirken eine maximale Streckung des Fußes, haben eine verstärkte Zehenbox wie echte Ballettschuhe, und der Boden wird nur noch mit den Spitzen der Zehen berührt, eben wie beim Ballett.« Sie ließ ihre Worte ein wenig wirken.

»Aber das können wir doch nicht von ihrer Tochter verlangen.« Robert Greinert war sichtlich beeindruckt. »Das wäre doch eine einzige Qual.«

»Ich kann sie ein wenig beruhigen.« Frederike hoffte, es so darzustellen zu können, dass sie eben nicht nur auf das Geld aus waren. »Maria hatte lange Ballettunterricht, und sie ist das Gehen auf Zehenspitzen wirklich gewohnt.«

»Ich kann ja verstehen, dass sie bei soviel Geld ihrer Tochter etwas abverlangen wollen. Aber reicht es nicht, dass sie schon das Gebet tragen muss? Das allein ist doch eine einzige Qual, ich bin dagegen.« Er griff sich das Foto, welche Renate Bayer ihm reichte. »Außerdem, wo sollen wir auf die Schnelle noch solche Schuhe her bekommen?« Er blickte zu seiner Nachbarin. »Ich kenne mich ja mit der weiblichen Schuhmode nicht aus, aber ich glaube, in einem normalen Schuhgeschäft gibt es die nicht.«

»Ich habe solche Schuhe noch nie gesehen.« Frau Bayer lächelte. »Aber meine Cousine war früher einmal beim Ballett, ich halte die Haltung für nicht so grausam, wie sie sie gerade dargestellt haben.«

»Danke, Frau Bayer.« Frederike war über diesen Einwand sehr erleichtert. »Maria besitzt so ein Paar Stiefel und sie ist es auch gewöhnt, darin zu gehen. Verlangt ist, dass sie den Verlobungstanz in Ballettstiefeln tanzt, und das sind weniger als zehn Minuten. Ich denke, das können wir ihr wirklich zumuten.«

»Ich werde meine Cousine auch noch einmal um ihre Meinung fragen, aber so schlimm kann es wirklich nicht sein. Schließlich stehen echte Ballerinas ganze Abendvorstellungen durch.« Frau Bayer machte sich eine Notiz.

»Da wäre noch etwas.« Frederike hoffte, dass sie den Bogen nicht überspannte. »Es wäre gut, wenn Maria zunächst nichts von allem erfährt, nichts von dem Geld und auch nicht, dass ich sie da etwas hineingedrängt habe.«

Robert Greinert blickte immer noch sehr besorgt in die Runde, doch schließlich gab er sich einen Ruck und wandte sich an Renate. »Können sie mit morgen mit Maria reden, wenn sie sie abholen?«

»Ich versuche es.« Frau Bayer seufzte. »Ich weiß aber noch nicht, wie ich ihr das beibringen soll.«

»Sagen sie ihr einfach, dass ein Sponsor sich das gewünscht hat.« Frederike hatte sich schon diverse Argumente zurecht gelegt. »Das ist letztendlich ja sogar die Wahrheit. Außerdem wird Maria sich darüber eher freuen.«

»Warum denn das?« Renate war ein wenig verwundert.

»In diesen Stiefeln wird der Körper maximal gestreckt und vor allem der Brustkorb weitet sich.« Frederike versuchte ihre Stimme neutral klingen zu lassen, obwohl es um ihre Tochter ging. »Damit lässt sich das Gebet sehr viel leichter tragen.«

»Na gut, hoffen wir, dass es so einfach wird.« Robert war noch etwas skeptisch.

* * *

Hans war sehr nervös. Bei den Motiven, die Frau Beller ihm genannt hatte, war auch ein Venuskorsett gewesen. Er war bei der Nennung dieses so faszinierenden Kleidungsstück geradezu elektrisiert, und deswegen war er auch bemüht, das Probeshooting von seiner Seite aus möglichst gut zu unterstützen. Denn er wusste, dass nicht jedes Mädchen auch das Talent hatte, sich der Kamera hinzugeben, wenn sie mehr oder weniger streng gefesselt war.

Sehr gern hätte er auch seine Freundin abgelichtet, doch er wusste von ihren Vorbehalten, und wenn er tief in sich hineinschaute, dann musste er ihr sogar recht geben. Er ahnte, dass er vermutlich zum Tier werden würde, wenn er sich nicht mehr auf die Kamera konzentrieren musste.

Als Anna und Florian auf das kleine Podest traten, wo sich normalerweise seine Kunden für Passfotos und ähnliches aufstellten, wurde er noch nervöser. Er zeigte auf den Haufen Seile, den er bereit gelegt hatte. »Ich dachte, dass wir es langsam angehen.«

Anna blickte verwundert auf den großen Haufen. »So viele Seile?«

»Das täuscht.« Hans lächelte etwas verlegen. »Allein für die Hände braucht man schon zwei Meter Seil.«

»Ist das nicht etwas übertrieben?« Florian runzelte die Stirn.

»Wartet es ab.« Hans erlebte es immer wieder, dass die Mädchen von der Menge Seil etwas eingeschüchtert waren. Doch es war ein Spleen von ihm, immer gleich alles bereit zu haben. »Ich dachte, wir fangen erst einmal mit den Händen an.« Er griff zu einer Mappe, in der er einige Skizzen eingeheftet hatte und reichte sie dem Paar. »Diese Motive hatte ich mir für heute vorgestellt.«

Anna nahm die Mappe mit zitternden Händen entgegen und blätterte sie langsam durch. Nach und nach entspannte sich ihre Miene. »Das ist ja alles harmlos«, war ihr abschließender Kommentar. Sie lächelte Florian an.

»Brauchen wir unbedingt die Kulissen?« Andrea hielt ein sehr großes Stück weißen Stoff in der Hand. »Es sind doch nur Probeaufnahmen.«

»Probeaufnahmen?« Florian war verwundert. »Ich dachte, es liegt kein Film in der Kamera?«

»So ist es auch.« Hans ärgerte sich ein wenig über seine offenbar faule Freundin. »Es soll für Anna alles so sein, wie bei einem richtigen Shooting, also bitte auch mit Kulisse.«

Andrea seufzte, dann legte sie das große Laken auf den Boden. »Na gut, dann hole ich mal die Leiter.« Sie grummelte noch etwas.

»Da wäre noch etwas, zu dem ich gern das Einverständnis aller Anwesenden hätte.« Dabei blickte er zwischen dem Paar und seiner Freundin hin und her.

»Und was wäre das?« Florian hatte erkannt, dass er für Anna handeln musste. Er blickte etwas unsicher zu Andrea, die mit der Leiter zurück kam und sich daran machte, die Wand mit dem Laken zu behängen.

»Wenn ich Anna die Fesseln anlege, muss ich sie zwangsläufig berühren.« Er wusste, dass insbesondere seine Freundin in dieser Beziehung sehr eifersüchtig werden konnte. »Ich würde gern vorher klären, dass das in Ordnung geht.«

Es brauchte er noch einen eindringlichen Blickwechsel zwischen Anna und Florian, bevor sie ihre Zustimmung gaben.

»Ich würde gern zusehen, damit ich es lernen kann.« Florian legte den Arm um seine Frau.

Anna blickte ihn verwundert an. Auf einmal wurden ihre Augen ein wenig glasig.

Es fiel ihnen gar nicht auf, dass Hans seine Freundin fragend ansah. Erst als diese auch ihre Zustimmung gab, machte er weiter. Er griff sich das erste, im Vergleich zu den anderen relativ kleine Seilbündel. »Anna, lege bitte deine Hände aneinander.«

»Ich stelle mir einfach vor, du würdest es machen.« Sie blickte Florian an und lächelte. Es diente allerdings nur dazu, ihre wachsende Nervosität zu überspielen. In der Klinik hatte sie unter den verschiedensten Restriktionen leiden müssen, hier war es freiwillig, und es fühlte sich auch ganz anders an. Sie stöhnte, als sie spürte, wie sich die Seile langsam um ihre Arme legten.

»Ist es zu fest?« Hans war hochkonzentriert, denn er wusste, dass wenn er Anna jetzt nicht verschreckte, dann würde sie ihm vielleicht einen lange gehegten Traum erfüllen können.

»Nein, es ist sehr angenehm.« Anna lächelte verlegen. »Das sind sehr weiche Seile.«

»Ja, die lasse ich mir bei einer Seilerei extra anfertigen.« Hans war froh, dass er so ein wenig ablenken konnte. »Sie sind sehr weich, aber trotzdem sehr robust.«

Florian ging zu dem Haufen mit Seilen und nahm ein Bündel in die Hand. »Oh ja, die sind wirklich weich.«

Während er die Knoten festzog, blickte Hans, mit einem leicht vorwurfsvollen Blick zu seiner Freundin, die schwer mit ihrer Eifersucht zu kämpfen hatte. »So, das war es schon.«

Er griff zu seiner Kamera. Doch schon nach wenigen Klicks legte er sie wieder beiseite. »So geht das nicht.«

»Was geht nicht?« Andrea kam sofort näher.

»Anna ist viel zu abgelenkt.« Hans hatte Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. »Und du störst mich auch.« Er blickte seine Freundin genervt an. »Könnt ihr nicht einen Kaffee trinken gehen?«

»Nein«, Anna hatte auf einmal Angst. »Florian darf nicht weggehen.«

»Aber er lenkt dich ab.« Hans zeigte auf die Kamera. »Dorthin sollst du schauen und nicht zu ihm.« Er spürte, dass Anna trotz allem ein gewisses Talent mitbrachte.

»Und wenn wir den Paravent aufstellen?« Auch Andrea hatte ebenfalls keine Interesse daran, ihren Freund mit Anna ganz allein zu lassen.

»Würde das gehen, Anna?« Hans war über den Vorschlag seiner Freundin sehr dankbar. »Er wäre noch da, und du könntest ihn auch noch hören.«

Anna nickte vorsichtig. »Probieren wir es.«

Florian war ebenfalls einverstanden, nachdem er gesehen hatte, was passieren würde, und dass er jederzeit eingreifen konnte, falls er von Anna verdächtige Geräusche hören sollte.

* * *

Selma kam mit einem Tablett zurück, auf dem zwei Gläser mit einem milchigen Inhalt standen. In beiden steckte je ein Strohhalm.

»Ich bin mir nicht sicher, ob es so geht, Leonie«, sagte sie, doch dann grinste sie. »Du kannst ja noch gar nichts hören.«

Sie griff an ein Ohr und zog den Wachsstöpsel heraus, dann trat sie wieder vor ihre Gefangene. »In dem Knebel, den du trägst, ist ein Loch. Rein theoretisch müsstest du in der Lage sein, daran zu saugen.«

Sie blickte in Leonies Gesicht. »Aber du wirst nicht schlucken können, deswegen möchte ich dir das Halskorsett kurz abnehmen, aber nur unter der Bedingung, dass du es dir danach wieder anlegen lässt.«

Leonie hatte schon immer den Traum von einer dauerhaften Knebelung gehabt, doch stets waren da die Probleme mit der Nahrungsaufnahme und der Zahnpflege gewesen. Sie hätte auch gern das Saugen probiert, doch der Effekt wäre der gleiche gewesen wie bei einem normalen Knebel, sie hätte es nicht herunterschlucken können.

Sie erinnerte sich an die Worte, die sie vorhin gehört hatte. Mit dem Mundverschluß und einer Magensonde könnte sie sich ihren Traum erfüllen. Außerdem wusste sie, dass ihre Schwester auf der Hütte schon Ähnliches gemacht hatte.

»Bitte zwinkere einmal für ´Ja´ und zweimal für ´Nein´.« Selma fand die Situation nicht minder aufregend als Leonie, auch wenn sie versuchte, sich ihre Erregung nicht anmerken zu lassen.

Leonie signalisierte ein ´Ja´.

»Und ich möchte kein Wort von dir hören, verstehst du?« Selma fühlte, dass Leonie auch ohne ihre Worte nichts gesagt hätte.

Wieder zwinkerte Leonie genau einmal.

Selma trat hinter Leonie und öffnete die Schnürung des Halskorsetts so weit, dass sie Leonie den Knebel aus dem Mund ziehen konnte. Trotz Leonies Versprechens legte sie ihr den Finger auf die Lippen.

Leonie zuckte kurz zusammen, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Dankbar nahm sie den Strohhalm in den Mund und begann daran zu saugen.

* * *

Andrea hatte etwas zu trinken organisiert und stellte vier Gläser auf den kleinen Tisch, an dem sie bisher mit Florian allein gesessen hatte. Sie hatten bisher die meiste Zeit schweigend dagesessen und den Geräuschen gelauscht, die von Hans und Anna herüber kamen.

»Jetzt machen wir erst einmal Pause.« Hans legte die Kamera weg. »Kommt ihr bitte? Und bringt bitte die Stühle mit. Anna ist im Moment schlecht zu Fuß.«

Ein leises Kichern von Anna war zu hören.

Andrea und Florian staunten nicht schlecht, als sie Hans und Anna wieder zu Gesicht bekamen. Anna trug jetzt auch am Oberkörper und an Knien und Füßen jeweils eine Seilfesselung und saß auf ihrem Stuhl. Doch in ihrem Gesicht war ein einziges Strahlen zu sehen.

»Und ich soll dich wirklich nicht los machen?« Hans war ehrlich besorgt.

»Nein.« Anna lächelte. »Das kostet doch nur Zeit.« Sie blickte zu Florian. »Gibst du mir bitte mein Glas?«

Florians Hand zitterte ein wenig, als er Anna das Getränk reichte.

Anna öffnete ihre Hände und umschloss das Glas. Dass ihre Hände noch aneinander gefesselt waren, schien sie überhaupt nicht zu stören.

»Und es macht dir wirklich nichts aus?« Florian war ebenfalls sehr besorgt um seine Frau.

»Ich sage sofort, wenn es anfängt, weh zu tun.« Anna versprach es. »Aber die Seile sind so schön weich, dass es überhaupt nicht stört.«

»Du überrascht mich immer wieder.« Florian gab seiner Frau einen Kuss.

Hans hatte sich noch einmal seine Mappe zur Hand genommen und blätterte sie scheinbar suchend durch. Tatsächlich wusste er aber genau, welches Motiv er noch ablichten wollte. Schließlich legte er die Mappe beiseite. »Ein Motiv würde ich auf jeden Fall noch machen, doch das ist etwas sehr Gewagtes.« Er wurde ein wenig rot dabei.

Andrea wurde misstrauisch, denn sie kannte diese Seite von ihm nur in einem anderen nicht minder intimen Zusammenhang. »Was möchtest du denn machen? Wir hatten Nacktfotos ausdrücklich ausgeschlossen.«

Bei dem Wort ´Nacktfotos´ blickte Anna erschrocken auf.

Hans hoffte, seine Freundin beruhigen zu können und gleichzeitig Anna nicht zu sehr zu verschrecken. »Es ist ein Hogtie mit einem Schrittseil an die Hände gebunden.«

»Was ist denn ein Hogtie?« Anna schaute zunächst etwas zweifend.

»Beim Hogtie liegst du auf dem Bauch und die Hände werden mit den Füßen verbunden.« Hans versuchte, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Wenn Anna bei diesem Motiv auch so leidenschaftlich reagieren würde wie bisher, dann könnten es tolle Fotos werden. »Dann wird ein Seil um deinen Bauch gebunden und von vorn durch deine Beine hindurch nach hinten gezogen und dann an den Händen festgebunden.«

Florian hatte die Wirkung sofort begriffen. »Du musst deine Hände dann ganz still halten.« Er war sichtlich fasziniert. »Das ist ja eine ganz gemeine Position.«

Anna war fasziniert. »Das möchte ich auf jeden Fall probieren.« Sie blickte Florian bestimmend und verlangend zugleich an. »Du musste es mir anlegen.« Doch zugleich schien sie zu ahnen, was dieses Seil mit ihr machen würde. »Es könnte sein, dass ich vielleicht etwas stöhnen muss.«

Florian wunderte sich ein wenig, denn noch trug seine Frau noch ihren Keuschheitsgürtel. Sie schien schon etwas weiter zu denken. Er lächelte ein wenig verlegen.

»Gegen das Stöhnen hätte ich etwas.« Hans versuchte ein vorsichtiges Lächeln.

»Nein, nicht schon wieder.« Andrea wusste sofort, auf was ihr Freund anspielte. Sie widersprach sofort. »Hat dir das bei dem Kleid nicht gereicht?«

Es war Anna anzusehen, dass sie im Gegensatz zu Andrea noch nicht erkannt hatte, was kommen würde.

»Es gibt doch nichts schöneres als ein roter Ball zwischen den Lippen einer schönen Frau.« Hans lächelte verträumt. Ob er an einen Erfolg seines Vorschlages glaubte, war in diesem Moment nicht zu erkennen.

»So etwas wie beim Hochzeitskleid?« Florian zeigte sich interessiert.

Andrea erkannte, dass sie es nicht mehr verhindern konnte. »Anna muss ein Notsignal haben, mit dem sie signalisieren kann, dass sie eine Pause braucht oder es abbrechen möchte.« Sie wusste, dass sie in diesem Moment den Spielverderber machte, doch Aufbau von Vertrauen war ihr wichtiger. »Einmal kurz heißt ´Ja´, zweimal kurz heiß ´Nein´ und dreimal heißt, ´Ich brauche eine Pause.´«

Klingt gut.« Anna war einverstanden.

»Wir werden dir den Ball auch erst ganz zum Schluß anlegen, damit du sagen kannst, ob es irgendwo zwickt oder kneift.« Hans spürte die zunehmende Nervosität von Anna.

»Klingt fair und sicher.« Anna versuchte ihre Aufgeregtheit zu verbergen. Sie blickte Florian ermunternd an und lächelte geheimnisvoll. »Wir sollten das auch mal ohne Kamera probieren.«

* * *

Geradezu gierig hatte Leonie die beiden Gläser leer getrunken und danach still gehalten, als Selma ihr das Halskorsett wieder angelegt und die Ohrstöpsel wieder eingesetzt hatte.

Jetzt wartete sie etwas nervös auf das Ende des Tages, der bisher der aufregendste ihre Abenteuers war. Sie war vollkommen hilflos und völlig auf ihre Gastgeberin angewiesen. Zuletzt hatte sie ihr auch noch einen Knebel angelegt und die Ohren verstopft, sodass Leonie nur noch ihre Nase und ihre Augen hatte.

Immer wieder musste sie an den jungen Mann denken, der seiner Mutter gebracht hatte und der ihr den Knebel weiter aufgeblasen hatte. Es kam ihr vor, als hätte er sie persönlich im Mund berührt. Zugleich hatte sie erfahren, dass Selma für sie einen Mundverschluß bestellt hatte, und soweit sie es verstanden hatte, wäre es damit möglich, lange Zeit den Mund verschlossen zu halten, ohne sich um Essen oder Zahnpflege kümmern zu müssen.

Ein wenig Angst hatte sie vor der Zukunft schon, denn sie hatte schon lange den ´Point of no return´ überschritten, und jetzt musste sie sich ihren geheimsten Wünschen stellen. Denn geträumt hatte sie immer schon von so einer strengen Gefangenschaft, ohne jedoch zu ahnen, dass man es tatsächlich möglich machen konnte.

Selma trat wieder in ihr Blickfeld und dieses Mal trug sie eine Hundeleine in der Hand. Sie klinkte sie in das Halskorsett ein und zog langsam daran. Leonie blieb nichts anderes übrig, als ihr langsam und sehr wackelig zu folgen.

Der Weg ins Wohnzimmer dauerte lang, doch Selma schien alle Zeit der Welt zu haben.

Leonie stockte der Atem, als sie sah, dass neben dem bequemen Fernsehsessel ein Kissen auf dem Boden lag - und auf dem Kissen lag deutlich sichtbar eine breite Augenbinde. Der Fernseher war schon angeschaltet, und auf dem Couchtisch entdeckte sie neben der Fernbedenung für den Fernseher auch die Fernbedienung für ihre Vibratoren. Sie begann leise zu stöhnen, denn so langsam begann sie zu ahnen, wie der Abend ausklingen würde.

Selma wartete, bis Leonie passend vor dem Kissen stand, dann öffnete sie ihr die Kniegelenke und half ihr, sich auf das Kissen zu knien. Sie griff zur Augenbinde und legte sie Leonie zunächst so um den Kopf, dass sie oberhalb der Augen war. Dann ging sie noch einmal in die Küche.

Leonie blickte an sich herunter. Sie trug immer noch das Tablett und sie ahnte, dass dieses noch einmal in Benutzung kommen würde. Es war offensichtlich alles für einen unterhaltsamen Fernsehabend vorbereitet, und obwohl der Fernseher lief, hatte Leonie dafür keine Augen.

Ihr Blick war fixiert auf die Fernbedienung, die auf dem Tisch lag. Leonie war so erregt, dass mittlerweile die kleinste Berührung an der richtigen Stelle gereicht hätte und sie würde geradezu explodieren. Doch sie selbst war zu hilflos, um sich zu erleichtern.

Immer einmal wieder hatte sie sich gewünscht, diesen Zustand einmal erleben zu können, und in diesem Moment ging ihr so lang schon gehegter Traum in Erfüllung. Sie war so scharf wie noch nie und mindestens genauso hilflos. Und es war genauso schön, wie sie es sich erträumt hatte.

Selma kam mit einem Glas Rotwein zurück, welches sie demonstrativ auf Leonies Tablett abstellte, dann erst setzte sie sich in den Sessel und machte es sich gemütlich.

Leonie keuchte heftig, denn wieder hatte Selma ihr eine Möglichkeit gezeigt, wie sich ihre Hilflosigkeit noch einmal steigern konnte. Jetzt, mit dem Glas Rotwein auf dem Tablett vor ihr durfte sie sich gar nicht mehr bewegen, sonst riskierte sie, dass das Glas herunterfiel. Auch bestand die Möglichkeit, dass sie es mit der kleinen Blase, die immer noch vor ihrer Brust baumelte, umwerfen konnte.

Ganz langsam, fast schon wie in Zeitlupe, nahm Selma zuerst Leonies Fernbedienung in die Hand, dann zog sie ihr die Augenbinde vor die Augen und nahm ihr damit auch noch die Sicht.

Damit war Leonie bis auf ihren Geruchssinn vollkommen isoliert. Sie nahm das Aroma des Weines sofort war, es erinnerte sie daran, sich weiterhin nicht zu bewegen.

Selma drückte ein paar Knöpfe, dann legte die Fernbedienung wieder auf den Tisch und nahm das Weinglas vom Tablett. Sie wusste was kommen würde, und sie hatte wenig Lust, morgen die Rotweinflecken vom Teppich zu entfernen. Sie erhob das Glas und stieß auf das Wohl ihrer Gefangen an, die so schön neben ihr stöhnte und zitterte.

Auf einmal setzte sich der Vibrator heftig in Bewegung und Leonie war schon nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage, sich zu beherrschen. Sie war durch ihre Fesseln und die Erlebnisse des Tages so erregt, dass sie sofort explodierte.

Selma sah nur die Bilder vom Fernseher,den Ton hatte sie abgestellt. Vielmehr genoss sie die Geräusche, die Leonie in ihrer Ekstase von sich gab. Sie war gespannt, wie lange die Batterien noch halten würden.

707. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 07.04.17 23:02

Hi gag_coll

Ganz großes Kino.....

und noch größeres Kopfkino bei mir!
Lob in allen Bereichen.

Gruß
Gozar
708. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunundzwanzig

geschrieben von gag_coll am 10.04.17 05:40

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunundzwanzig
Autor: Karl Kollar

Donnerstag, 23. September 1984

Selma war mit dem Verlauf des gestrigen Tages sehr zufrieden. Zwischen dem Nachbarssohn Holger und ihrem Schützling hatte es sichtbar gefunkt, obwohl sie sich nur kurz sehen konnten. Es war deutlich zu sehen, wie sehr sie voneinander fasziniert waren.

Sie war ein wenig wehmütig, weil sie ihre ´Gefangene´ jetzt in andere Hände geben würde. Früher musste sie die Mädchen so streng behandeln, weil ihre Arbeitgeber es so erwarteten. Erst nachdem sie ihre Arbeit aufgegeben hatte, wurde ihr die Faszination bewusst, die die Mädchen in ihren Strafuniformen oft ausstrahlten.

Früher wurden die Mädchen oft gegen ihren Willen von ihr gemaßregelt, doch Leonie war zu ihrer Faszination aus ganz freien Stücken zu ihr gekommen. Sie kam aus einer sehr extrem veranlagten Familie und litt sehr darunter, dass sie keinen Partner hatte, der auf ihre besonderen Wünsche eingehen konnte.

Selma war extra auf den Dachboden gestiegen, um ein paar Sachen von ihren Erinnerungsstücken herunter zu holen. Vor allem die oberarmlangen Handschuhe hatten sie schon damals fasziniert, weil sie dazu dienten, ein Mädchen trotz einer Strafe noch in der Öffentlichkeit vorführen zu können.

Sie hätte Leonie gern noch länger damit gequält, doch heute schon war die Generalprobe für das Fest, und dort würde Leonie ihren ersten großen Auftritt haben. Sie spielte nur eine Nebenrolle, doch genau diese brachte es mit sich, dass sie die Ketten tragen konnte, die Selma für sie hatte anfertigen lassen.

Heute würde Theo noch die nachbestellten Oberarmschellen vorbeibringen, so dass Leonie auf dem Gang durch die Stadt unauffällig so streng gefesselt war, wie es gerade noch zu vertreten war.

Sie hatte ihren Schützling nach der kleinen Folter gestern abend ins Bett getragen, wobei sie dafür extra auf Paul gewartet hatte. Leonie hatte lange gegen den Vibrator gekämpft, immer im Glauben, auf dem Tablett vor ihrem Bauch würde der Rotwein stehen. Doch Selma hatte sich an Leonies Qualen ergötzt, während sie das Weinglas in der Hand hielt. Schon nach dem zweiten Orgasmus war das Mädchen so müde, dass sie einfach im Knien einschlief.

* * *

»Du bist aber früh aufgestanden.« Alberta Künzle, die Nachbarin von Pauls Oma, blickte verwundert auf ihren Sohn Holger, der sich gerade an den Frühstückstisch setzte.

»Ich habe gestern etwas sehr schönes erfahren.« Er lächelte.

»Du wirst sie wieder sehen?« Alberta grinste.

»Ich darf sie auf dem Festzug begleiten und muss auf sie aufpassen.« Er strahlte.

»Du warst gestern ja sehr beeindruckt von ihr.« Alberta wollte ihrem Sohn noch etwas für sie sehr Schwieriges beichten.

»Ja, schon.« Holger war etwas verlegen.

»Ein Mädchen nach deinem Geschmack.« Albertas Stimme zeigte auf einmal ihre Anspanung. Sie war sich immer noch nicht sicher, wie ihr Sohn auf ihre Mitteilung reagieren würde.

»Was willst du damit sagen?« Holger blickte auf.

Alberta setzte sich auf die Bank neben ihm und strich ihm über den Kopf. »Ich habe beim Saubermachen einige deiner Magazine gefunden.« Sie erzählte ihm, was sie Staubsaugen entdeckt hatte.

Er hielt unwillkürlich die Luft an.

»Ich glaube, du könntest mit Leonie glücklich werden.« Alberta erinnerte sich an die Worte, die Selma ihr eingebläut hatte.

»Du wärst damit einverstanden?« Holger riss seine Augen weit auf.

»Naja, besonders glücklich bin ich nicht darüber.« Sie strich ihm durch das Gesicht. »Aber ich möchte eurem Glück nicht im Weg stehen.«

* * *

»Leonie, wach auf.« Selma war an ihr Bett getreten und strich ihr geradezu zärtlich durch das Gesicht. »Heute ist ein wichtiger Tag.«

»Ich hatte einen wunderbaren Traum.« Leonie schlug die Augen auf und strahlte. »Ich trug seltsame Handschuhe, war völlig hilflos, und dann kam der Prinz.« Sie versuchte eine Zusammenfassung ihres Traumes zu geben. Doch dann sah sie die Handschuhe, die auf dem Nachttisch lagen.

»Das war die Wirklichkeit.« Selma war immer noch erstaunt über die Leidenschaft, mit der Leonie sich den Fesseln ausliefern konnte. »Doch jetzt solltest du dich beeilen, die Generalprobe beginnt bald.«

War sie bisher noch etwas verschlafen gewesen, so bewirkten Selmas Worte, dass Leonie jetzt aufrecht im Bett saß und sofort ihre Beine aus dem Bett schwang. Erst jetzt realisierte sie, dass sie jetzt wieder ´frei´ war.

»Frau Bayer hat deine Kostüme schon vorbei gebracht.« Selma erzählte, dass die Dienerinnen auf dem Fest ein einfaches Kleid in der damaligen Mode tragen würden. »Weil du nicht zur Anprobe kommen konntest, hat sie für dich drei unterschiedliche Größen vorgesehen.«

Leonie blickte ihre Gastgeberein verwundert an.

»Das Fest hat eine gut sortierte Kleiderkammer, die sich über die Jahrzehnte gefüllt hat.« Sie lächelte. »Wie haben dir die Handschuhe gefallen?« Selma hatte etwas Sehnsucht in ihrer Stimme.

»Aufregend.« Leonie keuchte ein wenig. »So wenig Stoff, und doch machen sie so ganz hilflos.«

»Wenn du willst, würde ich sie dir gern schenken.« Selma wusste, dass sie ihre für sie so kostbaren Erinnerungsstücke in gute Hände abgeben würde.

»Das wäre sehr schön.« Doch dann stutzte Leonie. »Ich kann sie mir aber nicht allein anlegen.« Sie seufzte.

»Ja, da hast du recht.« Es lag ein besonderer Tonfall in ihrer Stimme, der Leonie aufhorchen ließ. »Wie hat dir Holger gefallen?« Selma ahnte, dass Leonie zu stolz war, um von sich aus zu fragen.

»Wer ist Holger?« Der Name war zwar gefallen, doch Leonie hatte ihn bisher nicht gehört.

»Der junge Mann, der gestern deinen Knebel bewundert hat.« Selma hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.

Als Antwort keuchte Leonie. Erst dann erkannte sie, dass Selma noch auf eine Antwort von ihr wartete. »Er hat weder gelacht noch war er abgestoßen.« Leonie erzählte, dass sie sofort fasziniert gewesen war von diesem Mann, der so ganz andere Reaktionen gezeigt hatte, als sie es sonst gewöhnt war.

Selma verstand sofort, was Leonie eigentlich gesagt hatte, und deswegen war es jetzt Zeit für die nächste Überraschung. »Er wird dich heute abholen.« Sie versuchte, es möglichst beiläufig zu sagen.

»Wieso abholen?« Leonie glaubte sich verhört zu haben. »Ich bin doch auf der Generalprobe.«

»Er wird dich als eine der gefangene Dienerinnen durch die Stadt führen, wenn du die Katerina begleitest.« Sie strich Leonie über den Kopf. »Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich das über deinen Kopf hinweg einfach entschieden habe.«

Auf einmal begriff Leonie, welch außergewöhnliche Chance sich für sie bot.

»Er freut sich ebenfalls auf dich.« Selma war ein wenig wehmütig.

Auf einmal brach Leonie in Hektik aus. »Wann kommt er, wie sehe ich aus?«

»Jetzt bleib mal ruhig, ich sorge schon für alles.« Selma hatte geahnt, wie Leonie reagieren würde. »Die Probe beginnt gegen halb elf, er wird dich um 10 Uhr abholen.«

* * *

Wieder wurde Sophie wach, weil sie Geräusche hörte. Noch etwas verschlafen machte sie ihre Augen auf. Wie schon vorgestern stand Michael an dem winzigen Herd und war mit dem Frühstück beschäftigt. Der Tisch war fast noch schöner gedeckt, und Sophie lächelte, als sie sah, dass er sogar die Blumen von gestern neu arrangiert hatte.

»Franz-Ferdinand kommt heute schon etwas früher, wir müssen uns beeilen.« Er lächelte etwas verlegen, als er sah, dass Sophie erwacht war. »Einen wunderschönen guten Morgen, Prinzessin.«

»Bitte sage nicht Prinzessin.« Sophie war ein wenig verlegen. »Das erinnert mich zu sehr an die Vergangenheit.« Doch dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Dir auch einen guten Morgen.« Eine Frage lag ihr auf den Lippen, doch noch traute sie sich nicht, sie auszusprechen.

»Schon wieder so herrisch.« Michael lächelte, als er ihre Verlegenheit erkannte.

Sophie erschrak ein wenig, dann wurde sie etwas traurig. »Es ist nicht so einfach, die alten Gewohnheiten loszuwerden.« Sie seufzte.

»Heute ist die Generalprobe für das Fest morgen, und er nimmt daran teil.« Michael gab wieder, was er gestern vom Neffen des Barons erfahren hatte. »Er hat dafür noch einiges zu erledigen, und deswegen kommt er heute früher.«

Sophie grübelte, ob sie ihn nicht einfach um ihre Befreiung bitten konnte. Doch sie hatte Angst vor der Welt da draußen, und hier in diesem kleinen Raum war sie geschützt. Natürlich wusste sie, dass sie sich eines Tages ihrer jüngeren Vergangenheit stellen musste, aber im Moment war es ihr mehr als recht, dass sie es noch etwas hinauszögern konnte. Sie erhob sich seufzend. »Ich mache mich kurz frisch.« Sie hatte genügend Respekt vor Michael, um sich nicht ungepflegt an den Tisch zu setzen.

* * *

»Ich kann mich gar nicht bewegen?« Doris war sehr verwundert, als sie erwachte. Normalerweise trug sie im Bett neben ihrem Nachthemd nur das leichte und kurze Kettengeschirr. Sie blickte sich um und sah, dass sie in der ganz strengen Weise auf ihr gemeinsames Bett gekettet war.

»Dir auch einen guten Morgen.« Theo stand vor dem Kleiderschrank und blickte ein wenig besorgt auf seine Verlobte. »Wie hast du geschlafen?« Er trat auf sie zu und begann, die Ketten zu lösen, die sie auf das Bett fixierten.

»Gut.« Doris war noch dabei, wach zu werden. Fasziniert sah sie zu, wie ihr Verlobter sie langsam von dem Bett befreite.

Das Bett hatten sie sich bald nach ihrer Verlobung angeschafft und dabei darauf geachtet, dass es leicht um diverse Fesselmöglichkeiten erweitert werden konnte. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein normales Bett aus Holz, doch wenn man genauer hinsah, entdeckte man die vielen zusätzlich eingeschraubten Metallösen auf der Seite von Doris, die es erlaubten, sie fast völlig unbeweglich auf dem Bett zu fixieren. Trotzdem nutzen sie diese Spielmöglichkeit eher selten. Meistens landeten sie wegen Müdigkeit im Bett und blieben einfach so liegen.

»Du warst so unruhig, dass ich dich einfach fixieren musste, sonst hätte ich kein Auge zu bekommen.« Theo lächelte etwas verlegen.

»Wir sollten uns öfters Zeit dafür nehmen.« Doris lächelte. »Ich habe wunderbar geträumt.«

»Das könnte aber auch mit dem Tag heute zu tun haben.« Theo schmunzelte. »Die Dienerin der Katerina wird in Ketten durch die Stadt geführt.«

Doris wartete, bis die Fixierungsketten gelöst waren, dann erhob sie sich und fiel ihrem Verlobten um die Hals. »Ich bin ja so glücklich. Alle werden meine Ketten sehen und es wird keinen stören.«

»Vergiss aber nicht, dass es nur für das Fest ist.« Es tat Theo etwas weh, dass er Wasser in den Wein gießen musste. Doch er wusste, dass die Leute die Ketten seiner Verlobten sonst sehr ablehnend betrachteten würden und für ihre Leidenschaft kein Verständnis zeigten.

»Ich weiß doch, mein Schatz.« Doris seufzte. »Trotzdem ist heute mein großer Tag.«

»Meine kleine süße Dienerin.« Er streichelte ihr liebevoll durchs Gesicht. »Jetzt lass uns frühstücken.« Er zog sie vom Bett hoch. »Ich muss die Armreife für Leonie noch fertig machen.«

* * *

»Frau Baseling macht es wirklich sehr spannend.« Frederike legte die Zeitung auf den Frühstückstisch und blickte stolz auf ihre Tochter. »Man sieht viel, und doch hat sie noch nichts verraten.«

»Es ist nur zu erkennen, dass das Kleid keine Arme hat.« Selbst Mrs. Potter hatte sich entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten schon mit der Zeitung befasst. Das Foto von Maria im Katerinenkleid prangte dort auf der Titelseite.

»Ich bin schon sehr gespannt.« Maria lächelte. »Aber erst muss ich die Ketten tragen.«

»Wann beginnt heute die Probe?« Frederike war über die Detailplanung noch nicht informiert.

Mrs. Potter nannte die Uhrzeit. »Eine halbe Stunde vorher werden sie abgeholt.«

»Warum muss der Umzug eigentlich geprobt werden?« Frederike war ein wenig verwundert. »War das beim letzten Mal auch?«

»Vor sieben Jahren gab es Probleme mit den Ketten.« Mrs. Potter gab wieder, was sie von Frau Bayer erfahren hatte. »Dieses Mal wollen sie auf Nummer sicher gehen.«

»Aber der Umzug findet doch nicht zweimal statt?« Der Tonfall von Marias Mutter hatte sich noch nicht geändert.

»Nein.« Mrs. Potter lächelte. »Nur die Wachmannschaft und die Katerina mit ihren Dienerinnen gehen die Route ab. Es ist quasi nur ein Spaziergang.«

»Ein Spaziergang in Ketten sozusagen.« Maria ergänzte es mit wichtiger Stimme. »Und es wird noch mal besprochen, was auf dem Marktplatz zu tun ist.«

Das Telefon klingelte.

Mrs. Potter stand gewohnheitsmäßig auf, doch dann blickte sie etwas verlegen zu Marias Mutter. Erst als diese eine Handbewegung machte, ging sie auf den Flur zum Telefon.

Doch gleich darauf war ihre Stimme zu hören. »Frau Beller, es ist für sie.«

»Nanu, woher wissen die, dass ich hier bin?« Frederike erhob sich etwas verwundert und ging zum Telefon.



Gleich darauf kam sie zurück und setzte sich wieder an den Tisch. Sie blickte Maria einige Zeit an. »Es war die Reporterin, die den schönen Artikel geschrieben hat.« Sie lächelte. »Ich habe mich schon einmal bei ihr dafür bedankt.«

»Und was wollte sie?« Maria blickte ihre Mutter neugierig an.

»Der Fotograf lässt anfragen, ob er ein Foto vom Venuskorsett machen darf.« Frederike griff noch einmal zu ihrer Kaffeetasse und nahm einen Schluck.

»Und was hast du geantwortet?« Maria war noch dabei zu verarbeiten, dass sie ein ganz außergewöhnliches Kunststück beherrschte.

»Er soll uns ein Angebot machen.« Frederike war gegenüber der Presse immer etwas misstrauisch, auch wenn die bisherige Arbeit von Frau Baseling keinen Anlass zur Klage bot. »Wenn es dir zusagt, dann soll er das Foto meinetwegen machen.«

* * *

»Ich brauche eure Hilfe und eure Verschwiegenheit.« Franz-Ferdinand hatte sich mit zwei seiner Freunde aus der Burschenschaft im Schloßpark getroffen. Hier war er sicher, ungestört zu sein und auch nicht einmal aus Versehen gehört zu werden. Er erklärte seinen Freunden den Plan, den er sich ausgedacht hatte.

»Also noch einmal im Klartext.« Fritz blickte ihn verwundert an. »Wir sollen jeder eines der Mädchen belästigen und bedrängen, so dass du dich als Retter aufspielen kannst.«

»Aber bitte nacheinander.« Franz-Ferdinand präzisierte seinen Plan. »Am besten einer beim Bäcker und einer vielleicht bei der Sparkasse.«

»Und unsere Rolle sind also die Bösewichte.« Klaus war verwundert. »Was sollen wir denn machen?«

»Es sollte reichen, ihnen etwas zu nahe zu kommen und sie vielleicht anzufassen.« Er war etwas verlegen. »Spätestens dann werde ich eingreifen.« Er berichtete von den Aufgaben, die der Wachmannschaft angedacht waren.

»Und du möchtest, dass es echt aussieht?« Klaus gab wieder, was es verstanden hatte.

»Das wäre schon gut.« Franz-Ferdinand hatte sich darüber schon einige Gedanken gemacht. »Es muss zumindest glaubhaft sein, sonst wird mein Plan nicht aufgehen.«

»Das wird wieder ein paar blaue Flecken geben.« Fritz stöhnte ein wenig. »Wofür brauchst du das eigentlich?«

»Ich muss mir das Vertrauen von Carlos verdienen.« Franz-Ferdinand hoffte, dass er den Chef der Wachmannschaft richtig einschätzte.

»Und was hast du vor?« Klaus hatte begriffen, dass sie nur der erste Teil des Planes waren.

»Je weniger ihr wisst, desto weniger könnt ihr ausplaudern.« Er senkte den Kopf, um zu bekräftigen, dass seine Freunde nicht nachhaken sollten.

»Also gut. Wir machen es.« Fritz und Klaus blickten sich kurz an. »Aber dann haben wir etwas gut bei dir.«

»Aber sicher.« Franz-Ferdinand war erleichtert. »Großes Ehrenwort.«

* * *

»Jetzt sei doch nicht so nervös.« Paul blickte etwas genervt auf seine Freundin, die ständig zum Fenster lief und hinausschaute. Sie hatte sich schon umgezogen und trug die Ketten, die beim Gehen leise klirrten.

»Ich bin so aufgeregt.« Maria drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an. »Der Prinz ist ja noch nicht dran.«

Dass das Abholen der Katerina durch den Prinzen heute nicht mehr geprobt wurde, wusste Paul. Er war erst am Nachmittag dran. Trotzdem war auch er sehr gespannt auf den heutigen Tag, an dem alle drei Tage des Festes noch einmal durchgespielt wurden, um eventuelle Probleme erkennen zu können, bevor sie das Fest stören konnten.

»Soll ich mich räuspern?« Mrs. Potter versuchte streng zu klingen, doch in Anwesenheit von Marias Mutter und den anstehenden Ereignissen gelang es ihr nicht.

»Schon gut, ich werde mich hinsetzen.« Maria hatte natürlich sofort erkannt, in welcher Stimmung ihre Erzieherin wirklich war, trotzdem nahm sie es zum Anlass, um sich etwas zu beruhigen.

Es klingelte. Wie gewohnt ging Mrs. Potter zur Tür. »Guten Tag, Frau Bayer.« Sie reichte Marias Betreuerin auf dem Fest die Hand. »Sie sind etwas früh dran.«

»Ich habe noch ein Anliegen.« Zunächst war es etwas verlegen, doch dann hatte sie eine Idee. »Vielleicht können sie mir einen Rat geben, wie ich es Maria am Schonendsten beibringen kann.« Sie trug ihr Anliegen vor.

»Ich werde ihnen helfen.« Mrs. Potter lächelte. »Im Grunde ist es ganz einfach. Folgen sie mir.«

Renate betrat hinter der Erzieherin das Esszimmer. »Guten Morgen allerseits.« Sie gab allen Anwesenden die Hand. Marias Mutter blickte sie etwas länger an.

Frederike erhob sich. »Ich muss noch etwas vorbereiten.« Sie verließ das Zimmer, gleich darauf hörte man ihre Schritte auf der Treppe.

»Was führt sie schon so früh zu uns?« Mrs. Potter zwinkerte ihr zu.

»Maria, wir haben dich verkauft.« Renate war mehr als verlegen.

Maria lächelte. »Das kommt mir doch bekannt vor.« Sie griff sich Pauls Hand und drückte sie. »Was ist es denn dieses Mal?«

»Du musst...« Es fiel Renate sehr schwer, ihr Anliegen vorzutragen. Sie zögerte etwas.

»Ein Sponsor verlangt, dass du die Ballettstiefel trägst.« Mrs. Potter erkannte, dass sie Renate bei ihrem Anliegen helfen konnte. Sie versuchte dabei keine Gefühlsregung zu zeigen.

»Und wann?« Auch Paul blieb eher nüchtern. Schließlich kannte er die Fähigkeiten seiner Freundin, auch wenn er deswegen großen Respekt vor ihr hatte. »Doch nicht bei der Heimkehr?«

»Nein, meine Güte.« Renate war erleichtert, dass es ausgesprochen war. »Gewünscht ist, dass der Verlobungstanz mit den Stiefeln getanzt wird.«

»Mehr nicht?« Maria blickte Paul verliebt an. »Weißt du noch... In der Klinik, wo wir auch dazu gesungen haben?«

»Du hast..« Renate war noch sehr verwundert. »Du hast das schon mal gemacht?«

»Naja, es war mehr aus Verlegenheit, weil ich die Stiefel sowieso gerade trug.« Maria fiel der verwunderte Gesichtsausdruck auf. »Wir sollten die Festinhalte etwas auffrischen.«

Renate war sprachlos. Dass es so einfach sein würde, hatte sie bei weitem nicht erwartet.

»Wenn ich die Stiefel trage, wird mein Körper so weit wie möglich gestreckt, und dadurch weitet sich auch der Brustkorb.« Sie gab wieder, was sie über die Haltung gelernt hatte. »Damit ist das Tragen des Gebets sogar etwas einfacher.«

»Du willst damit sagen, dass es dir überhaupt nichts ausmacht, die Stiefel zu tragen?« Renate war verwundert.

»Ich hatte schon darüber nachgedacht, die Stiefel heimlich unter das Kleid zu schmuggeln.« Sie wurde ein wenig rot dabei. Sie hätte es nicht gesagt, wenn ihre Mutter im Raum gewesen wäre.

Renate hatte ursprünglich geplant, die Schlösser, die ihr der Notar gegeben hatte, nicht zum Einsatz zu bringen, doch jetzt erkannte sie, dass sie den Wunsch des Sponsors doch eher unbesorgt äußern konnte. »Die Stiefel müssten auch verschlossen werden.« Sie legte die beiden offenen Schlösser auf den Tisch. Schlüssel waren keine dabei.

»Wer hat die Schlüssel?« Mrs. Potter spürte, dass sie sich einmischen musste.

»Die Schlüssel sind bei einem Notar hinterlegt.« Renates Stimme zeigte, wie sehr sie sich über die Absurdität dieser Forderung wunderte.

»Wieso ein Notar?« Paul war ebenfalls verwundert.

»Der Sponsor möchte sicher gehen, dass sein Wunsch auch respektiert wird.« Renate hatte sich auf einige Fragen sicherheitshalber schon Antworten zurecht gelegt.

»Die Schlüssel haben auch den Vorteil, dass mir auch sonst keiner die Stiefel ausziehen kann.« Maria blickte Paul ein wenig rätselhaft an. »Wer weiss, wer mich noch alles retten möchte.«

Paul lächelte hintergründig.

»Was ist genau verlangt?« Mrs. Potter wollte möglichst den genauen Umfang dieser besonderen Wünsche kennenlernen.

»Die Schlösser müssen vor dem Verlobungstanz angelegt werden, und danach müssen die Stiefel vorgeführt werden.« Renate berichtete, dass sie das mit dem Notar ausgehandelt hatte. »Das passiert natürlich in einem extra Raum und nicht vor allen Leuten.«

»Schade.« Maria lächelte. »Ich trage die Stiefel eigentlich gern.« Maria spürte, dass sie so Renate ein wenig die Sorgen mindern konnte. »Ich hätte nichts dagegen, sie jedermann zu zeigen.«

»Ich werde es ansprechen.« Renate kramte sich ihren Block heraus und machte sich eine Notiz. Sie wollte aber auch etwas Zeit gewinnen, um über das nachzudenken, was sie gerade erfahren hatte. Bestimmt hatte sie sich verhört. Welchen Sinn sollte es machen, ein junges Mädchen in diese Stiefel zu zwängen und sie dann auch noch darin einzuschließen? Sie nahm sich vor, Maria auf dem Ball sofort zur Seite zu sein und die Schlösser wieder zu öffnen, wenn der Notar mit ihr fertig war.
709. RE: Maria

geschrieben von Voidhawk am 11.04.17 10:09

Hallo gag-coll,

immer wenn ich das neue Kapital von Maria gelesen habe fällt mir als erste ein - gut, besser, gag-colls-Geschichten.

Ich bin schon gespannt auf die nächsten Teile. Ich hoffe auf ein Happy End aber der Neffe des Barons macht mir sorgen.

Ob die Baroness doch wieder in Ihre alten Verhaltensmuster zurückfällt. Fragen ober Fragen auf deren Lösung ich mehr als bespannt bin.

Viele Grüße

Voidhawk
710. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 12.04.17 21:12

Hallo gag-coll

Wieder einmal eine hinreißende Fortsetzung.

Wenn du mein Wunschdenken erfahren möchtest.....

Wie wäre es mit einer Mehrfachhochzeit der Prinzessin mit IHREM Prinzen und der Kettenmädchen
mit ihren "Aufpassern" direkt während des Katerinenfestes. Dann würde das Fest wieder einmal in die Geschichte eingehen, Maria wäre "berechtigt" das Geld zu bekommen, Leonie und Holger......, Doris und ihr Schmied sind eh schon verlobt, wenn ich mich richtig erinnere.
Anna und ihr Flo.., Sofie und Michael und Andrea und Hans währen doch wunderbare Trauzeugen.
Ja ja ja ich weiß ich bin hoffnungsloser Romantiker. Aber die Realität ist gnadenlos genug da lese ich halt gerne was von "Friede, Freude, Eierkuchen" und goldenem happyend.
Wenn es dann noch zur Hochzeitsreise, für alle Mann, in die "Hütte" geht, würde sich für mich ein Traum erfüllen.
Leonie könnte dauerhaft Kommplettversiegelt werden. Paul könnte Maria mal morgens das Venuskorsett NICHT öffnen.
Tschuldigung ich gerate ins Schwärmen...

Danke und....Mach einfach schnell weiter und versorge mich *UNS* mit Lesestoff.

Gruß Gozar
711. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreißig - und ein Ostergruß

geschrieben von gag_coll am 12.04.17 22:22

(Da ich über Ostern komplett offline bin, gibt es heute drei Teile... und den nächsten Teil gibt es dann vorraussichtlich wieder am Mittwoch. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern und Fans von Maria ein frohes und gesegnetes Osterfest)

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

Holger war sehr nervös, als er mit einem großen Blumenstrauß vor dem Haus von Selma stand. Seine Mutter hatte ihm gesagt, welche Rolle ihm auf dem Fest zugedacht war, und jetzt klopfte sein Herz sehr laut, weil er diese sehr faszinierende Frau wiedersehen durfte. Fast etwas schüchtern drückte er auf die Klingel.

»Leonie, machst du bitte auf? Das wird Theo sein.« Selma hatte natürlich schon gesehen, wer vor der Tür stand, doch sie wollte Leonie etwas die Befangenheit nehmen.

Leonie ging seufzend zur Tür. Jetzt würde sie auch noch diese so gemeinen Armreifen bekommen, die ihren Bewegungsfreiraum so drastisch einschränkten.

Langsam öffnete sie die Tür... und erstarrte. Vor ihr stand der junge Mann, der ihr gestern den Knebel weiter aufgeblasen hatte.

»Guten Tag, Frau Wolkenberg.« Holger reichte ihr die Hand. »Ich wollte sie für den Umzug abholen.« Er gab wieder, was ihm gesagt worden war. »Ich soll auf sie aufpassen.«

Leonie war nicht zu einer Antwort fähig. Sie starrte ihn an und zitterte.

»Leonie, du bist unhöflich.« Selma stand in der Esszimmertür und hatte Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. »Willst du unseren Gast nicht herein bitten?«

»Entschuldigen sie bitte.« Leonie hatte Mühe, ihre Fassung zu bewahren. »Kommen sie bitte herein.«

»Führst du ihn bitte ins Esszimmer?« Selma kam näher. »Theo hat angerufen, er lässt ausrichten, dass es noch ein wenig dauert.« Letzteres war so nicht geplant gewesen, aber es kam Selma und ihrem Plan zugute. »Holger ist der Sohn der Nachbarin, ich glaube, ihr solltet euch duzen.« Sie wusste, dass sie ihnen ein wenig die Scheu nehmen musste.

Leonie reichte ihm noch einmal die Hand. »Ich bin Leonie.«

»Es freut mich sehr, dich kennenzulernen.« Holger war sehr aufgeregt. »Ich bin Holger Künzle vom Nachbargrundstück.«

»Das gestern war...« Leonie wollte sich entschuldigen. Es störte sie gewaltig, dass ihr Traummann sie in diesem Zustand gesehen hatte.

»Sehr faszinierend.« Holger setzte den Satz fort, als er bemerkte, dass Leonie zögerte.

Leonie hob ihren Kopf. »Es hat ihnen gefallen?« Sie bemerkte ihren Fehler. »Es hat dir gefallen?«

»Ketten mag ich ja weniger.« Holger wusste aus einigen Fehlversuchen, dass es gerade in diesem Umfeld wichtig war, gleich die Fronten abzuprüfen. »Ich mag lieber die Lederfesseln, Monohandschuh, Zwangsjacke und so weiter.«

Leonie war zunächst sprachlos. Nur langsam hob sich ihr Kopf. »Ich würde dir gern mal meine Kleidersammlung zeigen.« Sie wusste nicht, woher ihre Worte kamen.

»Leichte Demütigungen mag ich auch, wie zum Beispiel das Sabbern wegen eines Knebels.« Holger erging es ähnlich.

»Wir reden, als ob wir uns schon ein Leben lang kennen.« Leonie war fasziniert.

»Vielleicht ist es ja sogar so.« Holger blickte Leonie lange ins Gesicht. »Seelenverwandtschaft oder so.«

Leonie war sprachlos.

»Du magst die Ketten?« Holger glaubte immer noch zu träumen.

»Eigentlich nicht, aber sie vermitteln mir das Gefühl des Gefangenseins sehr deutlich, weil sie mich durch das Geräusch ständig dran erinnern« Leonie lächelte verlegen. »Ich habe mich einfach auf ein Abenteuer eingelassen, von dem ich nicht wusste, was es bringen würde.«

»Ich habe dich hier noch nie gesehen, obwohl wir hier schon lange wohnen.« Holger schaute immer noch sehr fasziniert auf die Frau in Ketten, die vor ihm stand.

»Das ist eine lange Geschichte.« Sie lachte nervös. »Eigentlich ist Maria schuld.«

»Die Freundin von Paul?« Holger sagte, dass er sie vom Sehen her kannte.

»Ja, genau die.« Leonie blickte kurz aus dem Fenster. »Es hängt mit einer Berghütte zusammen, aber das ist eine lange Geschichte.«

»Leonie, du wiederholst dich.« Selma stand auf einmal neben ihr und blickte das Paar ein wenig verlegen an. »Ich störe euch ja nur ungern, aber ihr müsste euch noch eine Leine aussuchen, mit der ihr am Fest teilnehmen wollt.«

Pauls Oma trat auf die Beiden zu und legte drei Hundeleinen vor ihnen auf den Tisch. Eine bestand nur aus Leder, eine war fast nur aus Ketten und bei der dritten hielten sie die Materialien die Waage. »Sucht euch eine aus.« Selma trat zurück.

»An der Leine?« Holger hatte die diesbezüglichen Äußerungen bisher für einen Scherz gehalten. Er äußerte dies.

»Das ist das Symbol für die Geisel.« Leonie strahlte. »Schließlich stellen wir Gefangene dar.«

»Das ist mit dem Festvorstand so abgesprochen.« Selma gab wieder, was sie von der letzten Versammlung wusste. »Die Katerina und ihre Dienerinnen tragen Ketten und werden an einer Leine geführt.«

»Es ist wie ein Traum.« Leonies Stimme war leise.

»Sucht euch die Leine aus, die euch am besten gefällt.« Selma zeigte noch einmal auf den Tisch, auf den sie die drei Leinen gelegt hatte.

»Das ist hochwertiges Material.« Holger streckte seine Hand aus, um die Leine komplett aus Ketten in die Hand zu nehmen.

Leonie hatte die selbe Idee, und so kam es, dass sich ihre Hände trafen und sie deswegen in der Bewegung innehielten.



»Ich unterbreche das junge Glück ja nur ungern, aber ich müsste Leonie jetzt die bestellten Fesseln anpassen.« Theo stand auf einmal im Raum, und hinter ihm wartete seine Verlobte Doris.

»Entschuldigung, dass wir so spät sind.« Doris war ein wenig verlegen. »Wir mussten uns noch umziehen, weil wir gleich zum Festplatz wollen.«

»Aber bis zum Beginn der Probe ist doch noch Zeit?« Selma blickte auf die Uhr.

»Wir haben dort vorher noch etwas zu tun.« Theo legte die neuen Ringe für Leonie auf den Tisch. »Kommst du bitte?«

»Noch strenger?« Holger war erstaunt. »Du trägst doch schon überall Ketten.«

»Aber nicht auf dem Rücken zwischen den Ellenbogen.« Theo trat vor und bat Leonie, ihre Arme auf den Rücken zu legen.

Leonie blickte einmal kurz zu Holger. »Ich hoffe, es stößt dich nicht ab.« Sie blickte verschämt zu Boden. »Ich mag es, wenn es so streng ist.«

»Aber dann kannst du die Arme kaum noch bewegen.« Holgers Stimme zeigte deutlich seine Faszination.

Leonie war verlegen. »Ich mag es, wenn ich gefangen bin.« Sie versuchte still zu halten, während Theo mit den Ringen beschäftigt war.

Nur Selma fiel es auf, dass auch Doris neben ihren Ketten auch schon eine Leine trug, die im Moment vor ihrem Körper baumelte.

* * *

»Was wirst du ihr anbieten?« Andrea und Hans waren mit dem Auto unterwegs zu Frederike Beller. Der Fotograf hatte um diesen Termin gebeten, um die Erlaubnis für einige ganz spezielle Fotos zu bekommen.

»Ich weiß es nicht.« Hans war etwas resigniert.

»Du weißt es nicht?« Andrea trat in die Bremsen. »Ich habe dir extra den Termin bei ihnen besorgt, und du hast dir nichts überlegt?« Ihre Stimme zeigte, wie wütend sie war.

»Mir ist nichts eingefallen.« Er war etwas kleinlaut. »Geld wird sie nicht haben wollen. Ich kann ihr höchstens anbieten, dass ich sie bei dem Katalog unterstütze, den sie machen möchte.«

»Sonst hast du nichts anzubieten?« Andrea war noch nicht besänftigt. Andererseits wusste sie, wie wenig sein Fotostudio abwarf. »Was willst du überhaupt mit den Fotos machen?«

»Ich kenne ein paar Leute, die für so ein Foto viel Geld zahlen würden.« Hans sprach leise.

»Und wenn du ihnen eine Beteiligung anbietest?« Andrea hatte kein Gefühl dafür, was so ein Foto einbringen konnte. »Zwanzig Prozent von deinen Einnahmen wäre doch fair, oder?«

»Meinst du?« Hans war erleichtert.

»Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass jemand für Unterwäsche-Fotos so viel Geld zahlt, aber eine Erfolgsbeteiligung ist doch fair.« Dass er auf diese Weise nicht in Verlegenheit kam, sich zu verschulden, behielt sie lieber für sich.

»Das ist nicht nur Unterwäsche.« Hans brauste auf. »Das Venuskorsett ist eine Legende. Maria kann das Gebet, und das ist eigentlich eine Sensation.«

»Wir sind da.« Andrea hielt an. Sie war froh, dass sie so vom Thema ablenken konnte. »Lass besser mich reden.« Sie seufzte. Ihr Freund war zwar ein begnadeter Fotograf, doch ein schlechter Geschäftsmann. Und verhandeln konnte er erst recht nicht.



Gleich nach der Begrüßung bedankte sich Frederike noch einmal für die vielen schönen Artikel, die Andrea bisher geschrieben hatte. »Eine schöne Arbeit.«

»Danke.« Andrea war ein wenig verlegen.

»Sie benutzen nicht alles Wissen, dass sie haben?« Frederike hatte gelernt, auch zwischen den Zeilen zu lesen. »Sie haben das geschickt aufgebaut.«

»Ja, ich brauchte einen Spannungsbogen, der für sechzehn Artikel reichte.« Andrea fühlte sich geehrt. »Und der eine oder andere besondere Artikel kam dann auch noch dazu.«

»Und jetzt möchten sie Bilder von meiner Tochter machen.« Frederike hatte sich schon mit dem Anliegen des Fotografen beschäftigt. Seit dem Gespräch mit dem Notar wusste sie, dass Maria in Zukunft keine Geldsorgen mehr haben würde. »Was haben sie anzubieten?«

»Uns ist nichts eingefallen.« Andrea blickte mit etwas Bedauern auf ihren Freund. »Wir könnten ihnen höchstens eine Beteilung an den Erlösen anbieten.«

»Geld interessiert uns nicht.« Frederike war ein wenig enttäuscht. »Warum wollen sie das Foto überhaupt machen?«

»Ihre Tochter ist in der Lage, ein Venuskorsett zu tragen.« Hans war auf einmal aufgeregt. »Das ist etwas ganz Außergewöhnliches. Geradezu legendär.«

»Das weiß ich.« Frederike ließ sich nicht beeindrucken. »Aber warum müssen sie es unbedingt ablichten?«

»Ich habe Kontakte zu gewissen Leuten, die diese Kunst schätzen.« Hans begriff, dass er ehrlich sein musste. »Sie würden sehr viel Geld für so ein Bild zahlen.«

»Wie wäre es, wenn wir ein Kunstprojekt daraus machen?« Frederike hatte schon eine Ahnung. »Wir machen einen Fotoband mit Hochglanzfotos, der pro Band 200 DM kostet.«

»Davon habe ich schon oft geträumt.« Hans war fast sprachlos. »Aber ich kann das nicht finanzieren.«

Andrea war über die plötzliche Wendung sehr erstaunt. »Wer würde das Risiko tragen?«

»Ich kümmere mich um alles.« Frederike wusste, dass das Konsortium ihr die Bücher sicher aus der Hand reißen würde. »Und die Erlöse teilen wir uns.«

»Das ist mehr als fair.« Andrea reichte Marias Mutter die Hand.

* * *

»Frau Bayer hat gesagt, dass ihr einfach mit gehen sollt.« Selma berichtete von dem Telefonat, das sie gerade geführt hatte. Anna und Florian hatten den Wunsch geäußert, beim Fest zu helfen, und Carlos hatte sie sofort als weiteres Wachpersonal gebrauchen können. »Die Kostüme bekommt ihr morgen Vormittag.«

»Und du mutest dir nicht zuviel zu?« Florian war wie üblich etwas besorgt um seine Frau. »Du musst doch auch noch Flöte spielen.«

»Aber das mache ich doch erst am Nachmittag.« Anna war ein wenig genervt wegen seinen übergroßen Besorgnis. »Wir müssen uns für die viele Hilfe bedanken, die wir bekommen haben.«

»Du hast ja recht.« Florian nahm seine Frau in den Arm. »Dann spielen wir also die Wächter.«

»Das hast du aber nicht richtig verstanden.« Selma war den Worten gefolgt. »Die Wächter haben auf dem Fest eine wichtige Aufgabe.«

»Und zwar?« Florian hob den Kopf.

»Sie müssen auf die hilflosen Mädchen aufpassen.« Selma blickte kurz zu Leonie. »Die Katerina und ihre Dienerinnen tragen Ketten und sind damit nicht nur optisch hilflos.« Sie gab einen Überblick über die historischen Ereignisse, die zu dem Fest geführt hatten.

»Ich bin so aufgeregt.« Leonie strahlte und versuchte, Holger zu umarmen. Doch sofort zeigten ihr die neuen Ketten ihre geringe Bewegungsfreiheit auf.

»Ihr geht auch mit?« Florian war etwas verwundert.

»Ja«, bestätigte Holger. »Frau Mohr hat dafür gesorgt.« Er streichelte Leonie über den Kopf.

»Der Bus müsste gleich da sein.« Selma erzählte von dem Kleinbus, der diesmal auch schon für die Generalprobe bestellt worden war. »Damit ihr nicht schon am Sportplatz erschöpft seid.«

* * *

»Schau mal, wer da ist.« Paul zeigte aus dem Fenster des Kleinbusses, als dieser am Sportplatz angekommen war. Als Darsteller des Prinzen hatte er bei der ´Heimkehr´ keine Rolle, doch er hatte es sich nicht nehmen lassen, trotzdem zur Probe mitzukommen.

»Wen meinst du?« Maria sah, dass schon einige Personen auf dem Sportplatz versammelt waren.

»Das sind doch Amelie und Leonhard.« Paul zeigte in die entsprechende Richtung. »Und sogar mit Kostümen.«

»Davon wusste ich gar nichts.« Maria war überrascht. »Aber es wundert mich nicht, dass sie sich so eine Gelegenheit nicht entgehen lässt.«

»Wie sie strahlt.« Paul lächelte. »Ob sie weiß, dass eigentlich ein trauriges Gesicht gefragt ist?«

Maria lachte.

»Frau von Grünberg hatte uns angeschrieben, ob es möglich wäre, auch an dem Fest teilzunehmen.« Renate berichtete von den etwas hektischen Vorbereitungen für die noch so spät dazugestoßenen Gäste. »Jetzt steigt erst einmal aus.«



»Diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen.« Amelie strahlte, als die freudige Begrüßung vorbei war. »Wir sind sehr gespannt auf das Fest.«

»Kostüme habt ihr auch schon bekommen?« Maria war beeindruckt.

»Ja, wir haben wohl für etwas Wirbel gesorgt.« Leonhard war ein wenig verlegen.

»Das kann man wohl sagen.« Renate machte zunächst ein genervtes Gesicht, doch dann lachte sie. »Ihr habt mich ganz schön auf Trab gehalten.«

»Und ich habe Teile meines Sonntagsgeschirrs geopfert.« Doris trat hinzu. »In so kurzer Zeit wäre eine komplette Neuanfertigung nicht möglich gewesen.« Sie blickte verliebt zu Theo. »Er macht mir ein neues.«

»Auch von unserer Seite noch einmal recht herzlichen Dank für die so schnelle und doch auch sehr präzise Arbeit.« Amelie war auf einmal die vornehme Dame. »Es sitzt sehr gut.«

Theo verbeugte sich.

»Wir haben ihnen viel Unannehmlichkeiten bereitet. Wir möchten uns dafür bedanken und sie auch zu unserer Hochzeit einladen.« Er reichte Theo und Renate jeweils einen Umschlag. »Wir würden uns über euer Kommen sehr freuen.«

»Hast du die Einladung für Paul und Maria auch dabei?« Amelie blickte ihren Verlobten verliebt an.

»Ich füchte, die habe ich im Hotel vergessen.« Leonhard wurde auf einmal etwas rot. »Das holen wir noch nach. Aber ihr seid auf jeden Fall auch eingeladen.«

»Und, habt ihr euch schon über den Handschuh zum Kleid einigen können?« Paul erinnerte sich an das Gespräch auf dem Schloß der Grünbergs.

»Sehr viel besser.« Amelie strahlte. »Es ist ein Kleid, bei dem der Monohandschuh im Kleid integriert ist.«

»Es geht auf den Entwurf eines Holländers zurück.« Leonhard berichtete, dass sie durch Zufall auf den Korsettschneider gestoßen waren. »Herr van der Klis hat uns sogar bei der Anfertigung des Kleides unterstützt.«

»Und die Verwandtschaft ist damit einverstanden?« Maria hatte ein gewisses Leuchten in den Augen.

»Danke, dass du sie überzeugen konntest.« Amelie gab ihrem Verlobten einen Kuss.

»Das Kleid ist im Rücken quasi doppelt gearbeitet.« Leonhard versuchte das Konzept zu erklären. »Zunächst mal kann sie es anziehen und ihre Arme sind noch frei.«

»Schließlich müssen wir in der Kirche ja die Ringe tauschen.« Amelie strahlte bis über beide Ohren. »Und ich möchte auch mit dir tanzen und natürlich auch würdevoll essen.«

»Aber in der Zeit dazwischen trägt sie die Arme auf dem Rücken in der Monohandschuh-Haltung.« Leonhard erklärte fasziniert, dass die zweite Rückenlage dann einfach mit einem Reißverschluß geschlossen werden konnte. »Es ist aus Seide und sieht sehr elegant aus.«

»Und der Brautstrauß steckt vorn in einer extra Tasche dafür.« Sie gab ihrem Verlobten wieder einen Kuss.

»Ich bin sehr gespannt.« Maria warf einen kurzen Blick zu Paul.

»Ich glaube, es geht los.« Renate sah, dass Carlos mit dem Rest der Wachmannschaft auf sie zu kam. Anna und Florian waren in der Gruppe dabei und stachen ein wenig hervor, weil sie noch kein Kostüm trugen. In ihrer Mitte waren Leonie und Holger, die sichtlich voneinander fasziniert waren.

»Ich möchte euch noch einmal daran erinnern, dass ihr die Geiseln darstellt und deswegen ein trauriges Gesicht zu machen habt.« Renate war es natürlich bewusst, was dieser Auftriutt den Mädchen wirklich bedeutete. »Und nun viel Spaß auf dem Weg.«

* * *

»Ich denke, wir waren erfolgreich.« Selma lächelte, als sie ihrer Nachbarin Aberta Künzle von ihrer Verkuppelungsaktion berichtete.

»Jetzt komme erst einmal herein.« Alberta bat die Freundin in ihr Wohnzimmer. »Und du meinst, es hat bei den beiden gefunkt?«

»Ich bin mir ziemlich sicher.« Selma gab sich zuversichtlich. »Im Moment sind sie auf der Generalprobe für das Fest, und Holger muss Leonie an der Leine führen.« Sie beschrieb, wie Leonie und die andere Dienerinnen zurecht gemacht waren.

»Ich wusste gar nicht, dass Holger auch auf Metall steht.« Alberta war verwundert.

»Tut er auch nicht.« Selma lächelte. »Aber dass er ein gefesseltes Mädchen an der Leine führen darf, gefällt ihm trotzdem.«

»Das Fest ist ein außerordentlicher Glücksfall.« Die Nachbarin blickte etwas nachdenklich aus dem Fenster. »Schade, dass es schon bald wieder vorbei ist.«

»Sie werden zusammen bleiben.« Selma gab wieder, wie sie die beiden Akteure einschätzte. »Außerdem habe ich noch eine Überraschung für die beiden.«

»Was ist es denn?« Alberta war verwundert.

»Ich habe ein altes Ballkleid von früher reinigen und überarbeiten lassen. Das wird Leonie auf dem Ball tragen.« Selma erzählte ein wenig aus ihrer Vergangenheit als Erzieherin. »Es war eines der Strafkleider für die Töchter von Baron Grünberg. Sie mussten es immer dann tragen, wenn sie eine Strafe abzuleisten hatte und doch aus gesellschaftlichen Gründen anwesend zu sein hatten.«

»Das klingt spannend.« Alberta schmunzelte neugierig.

»Die Arme werden mit in das Kleid eingeschlossen und zur Tarnung kommen zwei Arm-Atrappen dazu, deren Hände vorn in einem Muff stecken.« Selma berichtete von früher. »Aber ich habe es etwas umarbeiten lassen. Ein Arm wird mit einem Reißverschluß längs am Körper befestigt und den kann Holger ihr dann bei Bedarf frei machen, dann können sie zum Beispiel miteinander tanzen.«

»Das klingt echt spannend.« Alberta war begeistert.

»Und sie wird von mir in das Kleid eingenäht.« Selma beschrieb, wie das Kleid zu schließen war. »Damit war es nicht möglich, dass die junge Dame einfach einem Diener befahl, sie aus dem Kleid heraus zu lassen.«

»Von der Kaiserin Sissi hat man ja ähnliches berichtet.« Alberta schmunzelte. »Ich glaube, das wird ihnen gefallen.«

»Auf alle Fälle.« Selma war zuversichtlich. »Ich bin sicher, dass du schon die Ringe aussuchen kannst.« Sie lächelte.

»Es wäre so schön.« Die Nachbarin schwärmte.

»Wärst du auch bereit, dass Spiel mitzuspielen?« Selma wurde auf einmal etwas ernster.

»Was meinst du?« Alberta hatte den leichten Stimmungswechsel bemerkt.

»Leonie träumt davon, immer gefangen zu sein.« Selma blickte kurz aus dem Fenster. »Irgendwann wird der Traum mal vergehen, aber bis dahin könnte es vorkommen, dass du dich auch mal um sie kümmern musst.«

»Daran habe ich noch gar nicht gedacht.« Die Nachbarin begann die Konsequenzen zu begreifen. »Wird sie das überhaupt zulassen?«

»Es wäre ein großer Vertrauensbeweis, und du solltest dich verständnisvoll zeigen.« Selma erzählte ein wenig aus Leonies aktuellem Alltag. »Sie mag es besonders, wenn man ihren hilflosen Zustand gar nicht bemerkt und ganz normal mit ihr umgeht.«

»Oh je, auf was habe ich mich da eingelassen.« Alberta keuchte. »Ich als die böse Schwiegermutter.«

»Ihr werdet euch gut verstehen, da bin ich ganz sicher.« Selma lehnte sich zurück. »Und beim Umgang mit den Fesseln kannst du dir von mir Tipps holen.«

»Danke.« Albertas Stimme zitterte leicht.
712. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einunddreißig

geschrieben von gag_coll am 12.04.17 22:24

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

»Bitte immer schön traurig schauen.« Renate wurde nicht müde, die Dienerinnen und die Katerina an ihre Rolle zu erinnern.

Sie waren auf dem Weg durch die Stadt auf der Strecke, die sie morgen am Freitag bei der Heimkehr von der Schlacht auch gehen würden. Beim letzten Fest hatte es eine unschöne Szene gegeben, weil die Ketten einer Dienerin zu scheuern begonnen hatten, deswegen wollte man dieses Jahr auf Nummer sicher gehen und eventuelle Probleme schon vorher feststellen.

Vorweg fuhr ein Streifenwagen, und eine Beamtin ging in der kleinen Gruppe mit. Maria hatte mit etwas Wehmut erkannt, dass es genau das Auto war, das sie auch in München vom Flughafen abgeholt hatte.

Die Tänzer bildeten einen Rahmen um die vier Mädchen, die mit ihren Aufpassern in der Mitte gingen. Es war ursprünglich so nicht geplant gewesen, doch da drei Herren die Dienerinnen an der Kette führten, wurde kurzerhand beschlossen, dass Paul als Prinz seine Geisel auch an der Kette zu führen hatte.

»Es ist zwar historisch nicht ganz korrekt, aber so sieht es besser aus.« Renate hatte es kurzerhand beim Festvorstand vorgeschlagen. Doch nach einigen kritischen Blicken fügte sie hinzu: »Wir besprechen das heute Abend noch einmal.«

Die Damen aus der Tanzgruppe waren erleichtert, denn in den Jahren zuvor hatten sie immer die Dienerinnen darstellen müssen. Jetzt liefen sie in den Kostümen der Wachmannschaft mit und waren darüber auch eher erleichtert. Alle trugen schon das Kostüm von Morgen, nur Anna und Florian trugen noch ihre Zivilkleidung. Sie hatten morgen früh einen Termin in der Kleiderkammer.



»Und ihr lebt das wirklich im Alltag aus?« Holger sprach leise, damit es nur die Umstehenden hören konnten.

»Ja, das machen wir.« Theo antwortete mit der gleichen Lautstärke. »Es ist schon sehr praktisch, wenn das eigene Haus auch gleich der Arbeitsplatz ist.«

»Und was sagen Vater und Mutter dazu?« Holger war von dem außergewöhnlichen Leben sehr fasziniert.

»Rainer ist es egal.« Theo berichtete aus dem Alltag in der Schmiede. »Ihm ist nur wichtig, dass die Arbeit gemacht wird.«

»Und die Mutter?« Holger dachte an seine eigene Lage. »Ich könnte mir vorstellen, dass sie damit etwas Probleme hat.«

»Hatte sie anfangs auch.« Doris hatte bisher der Unterhaltung nur zugehört, jetzt mischte sich ein. »Aber nachdem sie erkannt hatte, wie viel es mir bedeutete, hat sie sich damit abgefunden.«

»Es gab ein langes und ernsthaftes Gespräch mit ihr.« Theo erzählte aus der Vergangenheit. »Sie hat mir deutlich gemacht, dass sie sich zwar um ihre Tochter sorgt, doch dass sie deren Glück auch nicht im Weg stehen wolle.«

»Davon weiß ich ja gar nichts.« Doris spielte die Empörte. »Wann war das denn?«

»Du darfst zwar alles essen, aber nicht alles wissen.« Theo zog kurz an der Kette, die er in der Hand hielt. »Es war am Vorabend unserer Verlobungsfeier.«

»Ich mag das Eisen ja weniger.« Holger war etwas nachdenklich. »Ich mag lieber die Lederfesseln.«

Leonie stöhnte bei den Worten auf, doch sie vermied es, sich zu ihm umzudrehen.

»Oh, ich kann dir die Adresse eines Kunstsattlers geben.« Theo blickte kurz zu Leonie, dann wandte er sich wieder Holger zu. »Er kennt sich mit sehr gut mit Kleidungsstücken für junge ungehorsame Damen aus und ist sehr kreativ. Ich glaube, erstellt hier auf dem Markt sogar aus.«

Leonie begann auf einmal zu stöhnen, und es war sogar so laut, dass Carlos aufmerksam wurde. Sofort kam er auf die Dienerin zu und fragte sie nach ihrem Wohlergehen. Leonie blickte ihn erschrocken an. »Nein, es ist alles in Ordnung.«

»Aber du hast laut gestöhnt.« Carlos nahm seine Aufgabe sehr ernst. »Ich will wissen, warum.« Er warf einen kritischen Blick auf Holger.

»Ich war sehr in Gedanken und habe mich etwas gehen lassen, weil ich geträumt habe.« Leonie wurde dabei sehr rot. »Es ist wirklich alles in Ordnung.«

»Ach so!« Auf einmal erkannte Carlos die Zusammenhänge. »Na dann will ich das junge Glück nicht länger stören.« Er lächelte. »Aber bitte immer an das traurige Gesicht denken.«

»Mach dass du weg kommst, du Scheusal.« Plötzlich war die sehr energische Stimme von Franz-Ferdinand zu hören. Carlos drehte sich um und konnte gerade noch erkennen, dass der Neffe des Barons einen anderen Mann grob zur Seite schubste.

Sofort eilte er dazu. »Was ist passiert?«

»Der Kerl wollte die Mädchen belästigen.« Franz-Ferdinand berichtete, dass der Fremde auf einmal in die kleine Gruppe gestürmt war und begonnen hatte, die Mädchen zu betatschen. »Ich bin sofort dazwischen gegangen und habe ihn zurecht gewiesen.«

Carlos blickte kurz zu dem Mann, der jetzt auf dem Boden lag und sich die Hand vor das Schienenbein hielt. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Dann drehte er sich wieder zum Neffen. »Gute Arbeit.«

Er wollte ihn eigentlich erst noch darüber belehren, dass sie eigentlich nicht sofort zu körperlicher Gewalt greifen würden, doch dann besann er sich. Er musste froh sein, dass er überhaupt genügend Wachpersonal bekommen hatte, und dass sogar der Neffe des Barons ihm helfen wollte, hatte ihm insgeheim imponiert.

* * *

»Ihr seid schon hier?« Andrea war überrascht, die kleine Gruppe schon auf dem Marktplatz anzutreffen. Sie wollte eigentlich nur einen Platz für das Gruppenfoto suchen. »Ich dachte, es geht um elf Uhr los?«

»Die Aufstellung zur Probe war um 10 Uhr.« Renate zeigte einen Zettel vor.

Andrea drehte sich wütend zu ihrem Freund um. »Warum sagst du mir, wir hätten noch Zeit?«

»Damit ich ausschlafen kann.« Hans grinste seine Freundin an. Ihm waren ihre Sorgen weniger wichtig.

»Und deswegen ruinierst du mir meine Story?« Andrea hätte ihren Freund am liebsten in der Luft zerrissen.

»Rege dich ab, sie sind doch gerade erst angekommen.« Hans packte langsam seine Ausrüstung aus. Bestellt waren nur ein paar wenige Erinnerungsfotos, doch er machte auch solche kleinen Aufträge am liebsten mit der großen Kamera.

»Wir haben nicht mehr so viel Zeit, weil wir die Kutschenszene auch noch einmal proben wollen.« Renate war ein wenig verlegen, als sie ihr Anliegen vortrug. »Können sie die Bilder auch spontan machen, ohne dass wir uns aufstellen müssen?«

»Ja, das kann ich machen.« Hans war wenig begeistert, doch er wollte gute Miene zum bösen Spiel machen. Heute nachmittag zur Ballprobe würde es das Motiv geben, auf das er es eigentlich abgesehen hatte. Maria würde mit dem Gebet tanzen, und er fieberte schon darauf, es wieder ablichten zu dürfen.

Renate ging zu der kleinen Gruppe, die jetzt ein wenig verloren auf dem sonst sehr belebten Marktplatz stand. »Wollen wir gleich die Sachen durchsprechen?« Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern griff gleich zu ihrer Liste und bat die Mädchen, mit ihr zu kommen. Die Wächter blieben in kurzer Entfernung stehen, so dass sie notfalls noch gut eingreifen konnten.

Auf dem Boden waren im einem großen Halbkreis nur mehr oder weniger große Rechtecke aufgezeichnet, die zeigten, wo morgen die Stände der Handwerker und Händler stehen würden. Vor dem Rechteck mit der Nummer Eins blieb Renate stehen und wartete, bis die Katerina und ihre Dienerinnen neben ihr standen. »Dies ist der Stand der Bäckerei Friedrich.« Sie blickte kurz in ihre Unterlagen. »Hier musst du ein Brot aus dem Ofen holen.«

»Wie passend.« Maria lachte.

* * *

»Sind sie nicht toll, unsere Mädchen?« Leonhard strahlte eine gewisse Begeisterung aus.

»Es bedeutet Doris sehr viel, einmal so in ihren Ketten auftreten zu dürfen.« Auch Theo zeigte, wie sehr ihn das Glück seiner Verlobten berührte.

»Amelie hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um hier mitlaufen zu dürfen.« Mit viel Schmunzeln in der Stimme berichtete ihr Verlobter von den vielen Telefonaten und einem persönlichen Vorstellungsgespräch. »Sie hat gekämpft wie ein Löwin um ihre Jungen.«

»Ich weiß.« Theo grinste. »Wir sind mit eurer Bestellung gerade so noch fertig geworden.«

»Ich habe Leonie gestern erst kennengelernt.« Holger gab sich ein wenig kleinlaut. »Aber ich glaube, sie mag die Fesseln auch.«

»Wir sollten auf jeden Fall die Adressen austauschen, damit wir uns später mal wieder treffen können.« Leonhard war immer bemüht, seinen diesbezüglichen Bekanntenkreis weiter auszubauen.

»Das könnten sehr interessante Treffen werden.« Theos Stimme hatte etwas Schwärmerisches.

»Wie bist du eigentlich auf Leonie gestoßen?« Leonhard wollte noch nicht zugeben, dass er dieses Mädchen schon kannte.

»Sie war bei meiner Nachbarin.« Holger blickte zu der kleinen Gruppe, die jetzt vor dem dritten Rechteck stand. Mitlerweile hatten sich einige Passanten angesammelt, die dem seltsamen Treiben zuschauten. Leonie stand bei den anderen Mädchen und schien es mehr als zu genießen, ihre Eisen-Fesseln zeigen zu dürfen. »Paul wohnt dort mit seiner Oma.«

»Wo ist eigentlich der Prinz?« Leonhard hatte sich ein wenig über den Inhalt des Festes informiert.

»Der wartet auf seinen Auftritt.« Theo wusste es, weil er vor kurzem noch auf Wunsch des Festvorstandes die Kutsche untersucht hatte und entgegen den Erwartungen geraten hatte, an den Manschettenattrappen nichts zu ändern. Alles andere wäre den Aufwand nicht wert gewesen. »Er kommt mit der Kutsche.«

* * *

Paul drehte sich in die Richtung, aus der er das Geklapper der Hufe hörte. Sofort sah er das beeindruckende Pferdepaar, das vor der Kutsche eingespannt war. Dahinter auf dem Kutschbock sah er auch Kerstin Richards, die Darstellerin der Katerina vom letzten Fest.

»Du hier«, fragte er erstaunt, als die Kutsche näher gekommen war.

»Ja, wie du siehst.« Kerstin lachte. »Das wusste ich gestern auch noch nicht.« Sie berichtete, dass sie für den ursprünglichen Kutscher eingesprungen war. »Er hatte kurzfristig absagen müssen.« Sie brachte die Pferde zum Stehen und zog an der Kutsche die Bremse an. »Du siehst schick aus in deiner Uniform.«

Paul blickte etwas verlegen an sich herunter. Er trug eine rote Hose zu schwarzen Stiefeln, dazu eine blaue Jacke und einen Zweispitz. »Danke, du aber auch.« Er hatte natürlich auch ihre schicke Reituniform bemerkt.

»Das ist die Kleidung, die ich gleich für das Tunier brauche.« Sie lächelte. »Ist das Preußisch?«

Paul blickte noch einmal an sich herunter. »Das hatte ich auch erst gedacht. Aber die Preußen trugen weiße Hosen.«

»Die Österreicher trugen rote Hosen, aber dazu weiße Jacken.« Kerstin stieg vom Kutschbock herab.

»Ich glaube, es geht auf eine französische Uniform zurück.« Paul strich sich über die Jacke.

»Willst du dir den Thron schon mal ansehen?« Kerstin öffnete die Tür der Kutsche und klappte die Stufen aus.

Paul war dankbar über die Ablenkung, deswegen verzichtete er darauf zu sagen, dass er ihn eigentlich schon kannte. Er stieg in die Kutsche und ging zu dem Platz hinter dem Thron, auf dem er auch später stehen würde, wenn sie die Katerina abholen würden.

In Gedanken ging er noch einmal den Text durch, den er zu sagen hatte. Es waren heute nur wenige Sätze, doch da es ihm um die Ehre ging, wollte er es auch gut machen.

Er nutzte die Wartezeit, um sich noch einmal die Fesselattrappen auf dem Thron anzusehen. Aus der Nähe sah man sofort, dass sie zwar aus Eisen waren, aber es fehlte der Verschluss. Wenn Maria ihre Arme hinein legen würde, könnte sie sie einfach durch ein heben der Arme wieder öffnen. Und doch hatten sie auf diese Weise etwas Faszinierendes, denn bedingt durch das Spiel würde Maria gezwungen sein, ihre Arme ganz still zu halten, da sie sonst die Illusion zerstören würde. Es waren auf diese Weise eine ganz andere Art von Fesseln, aber nicht minder faszinierend.

Zum Glück würde der Auftritt nur kurz sein, da er als Prinz die hochherrschaftliche Geisel nur auf dem Marktplatz abholen und zu sich nach Hause holen würde.

Dabei wurde in der Darstellung allerdings bewusst etwas geschummelt, denn die Kutsche nahm nicht den Weg zum Schloß, wie es korrekt gewesen wäre, sondern fuhr direkt ins Rathaus. Und wenn sich die Flügel des Rathausportals hinter ihnen schlossen, war der erste Teil des Spieles vorbei.

»Halte dich fest, es geht los.« Kerstins Stimme riss ihn aus den Gedanken. Sie wartete noch einen Moment, dann gab sie den Pferden die Zügel und die Kutsche setzte sich in Bewegung.

* * *

»Wir haben noch ein kleines Problem.« Renate bat die drei Dienerinnen zu sich, nachdem alle Aufgaben an den Stände besprochen waren. Sie wartete, bis die drei Mädchen neben ihr standen. »Früher hatte die Katerina nur eine Dienerin, die ihr in die Kutsche geholfen hat. Wer wird das jetzt machen?«

Amelie erkannte die Lage als Erste. »Ich bin hier nur zu Gast, ich kann gern zurücktreten.«

Auch Doris zierte sich ein wenig. »Ich kenne Maria ja kaum. Ich möchte mich da auch nicht unbedingt vordrängeln.«

»Leonie, was ist mit dir?« Renate blickte zu der dritten Dienerin, die sich bisher noch nicht geäußert hatte. »Würdest du es machen?«

»Ich möchte mich aber nicht aufdrängen.« Ihr Blick wechselte zwischen Renate und den anderen Dienerinnen hin und her.

»Du machst das.« Amelie legte ihr die Hand auf die Schulter. »Schließlich kennst du Maria am besten.« Dabei zwinkerte sie kurz.

Erst als Leonie den Wink bemerkte, willigte sie ein. »Gut, dann werde ich den Part übernehmen.« Sie blickte auf die Kutsche, die gerade auf den Marktplatz rollte. »Was habe ich denn genau zu tun?«

Renate hatte in ihrer Mappe die entsprechende Seite schon heraus gesucht. »Du musst nur die Tür der Kutsche öffnen und die Stufen herausklappen. Kerstin wird es dir einmal zeigen.« Sie bat Leonie, ihr zur Kutsche zu folgen. »Geht das denn mit deinen Ketten?«

Leonie lächelte etwas verlegen. »Ich bin das gewöhnt.« Sie hoffte sehr, dass Renate ihre Antwort nicht hinterfragen würde.

* * *

Maria war sehr erfreut, als sie Paul auf der Kutsche stehen sah. In der Uniform sah er wirklich aus wie ein Prinz, und sie fühlte sich ein wenig in die Zeit von Sissi zurückversetzt. Natürlich wusste sie, dass es nicht zu ihrer Rolle passte, doch sie winkte ihm kurz zu, was Paul auf die gleiche Weise beantwortete.

Doch Renate intervenierte sofort. »Bitte morgen keine Begrüßung durch Winken. Das passt nicht zum Spiel.«

Leonie trat auf Maria zu. »Darf ich die Prinzessin dann zur Kutsche bringen?« Das war der einzige Satz, den sie als die ´erste´ Dienerin zu sagen hatte und doch strahlte sie dabei neben einer gewissen Unterwürfigkeit auch eine Menge Stolz aus.

Maria reichte Leonie ihre Hand, und gemeinsam schritten sie den kurzen Weg zur Kutsche. Zusammen blieben sie vor der Kutsche stehen und blickten zu Boden, so wie es die Rolle vorsah.

»Ich erlaube der Prinzessin, die Kutsche zu besteigen.« Paul sagte den Text auf, den er gelernt hatte. Das die Katerina eigentlich eine Gräfin war und deswegen der Titel eigentlich Comtesse gewesen wäre, hatte sich im Laufe der Jahre etwas verwässert.

»Danke, eure Hoheit.« Erst jetzt durfte Maria den Kopf heben.

Leonie ging zur Kutsche, um die Tür zu öffnen und die Stufen herauszuklappen. Eigentlich hätte Kerstin ihr das erst zeigen sollen, doch Leonie kannte sich mit dieser Art von Kutschen aus. So konnte Kerstin gleich auf dem Kutschbock sitzen bleiben, was ihr wegen ihres baldigen Turniers auch ganz recht war.

Der Prinz reichte der Katerina die Hand und half ihr zunächst in die Kutsche, dann bat er sie, auf dem für sie hergerichteten Thron Platz zu nehmen.

Nachdem Maria sich gesetzt hatte, griff Paul zu den Manschetten und klappte sie nacheinander auf. »Sei ganz vorsichtig. Sie sind können nicht verriegelt werden«, flüsterte er leise, so dass es selbst die Umstehenden nicht hören konnten.

»Ich weiß.« Maria lächelte kurz, dann setzte sie wieder die Miene auf, die zu ihrer Rolle gehörte. Sie legte ihre Arme in die beiden Eisenhüllen und klammerte sich an der Armlehne fest. Sie wusste, dass die Kutsche etwas wackeln würde, und so konnte sie am besten den Schein waren, an den Thron gefesselt zu sein. Der Thron mit den Fesseln stand symbolisch für die Rolle, die sie im Spiel verkörperte. Sie war einerseits die hochherrschaftliche Prinzessin, andererseits aber auch die Geisel, die als Friedensgarant dienen sollte.

Paul klappte die Manschetten vorsichtig zu, dann stellte er sich hinter den Thron und gab der Kutscherin das Zeichen. Gleich darauf setzte sich die Kutsche in Bewegung und fuhr nach einer Extrarunde über den Marktplatz in das Rathaus.

* * *

»Danke, dass sie doch noch so kurzfristig einspringen konnten.« Renate bedankte sich bei Kerstin, dann verabschiedete sie die Kutscherin.

Auch von Paul, Maria und den anderen erhielt sie noch viele gute Wünsche für das Turnier, das sie heute noch zu reiten hatte.

Im Innenhof des Rathauses wendete sie die Kutsche und mit einem kurzen Winken fuhr sie die Kutsche wieder hinaus zu der Stelle, wo der Pferde-Transporter schon wartete.

»Wir gehen dann noch einmal vor das Rathaus und verbeugen uns.« Renate erklärte den letzten Teil des heutigen Teiles. »Aber das müssen wir jetzt nicht üben oder?« Sie bekam allgemeines Kopfschütteln. »Dann folgt mir bitte, ich habe etwas zu Essen organisiert.«

* * *

Judith, die Tochter der Schneiderin saß im Wohnzimmersessel und blätterte in einem Buch.

»Mein Schatz, bist du fertig?« Ihre Mutter Roswita Bartels stand mit einem großen Korb und zwei ebenso großen Taschen in der Tür und schaute zu ihrer Tochter.

»Was ist denn?« Judith ließ ihr Buch langsam und etwas gelangweilt sinken.

»Ich bin auf dem Weg in die Stadthalle, um Maria das Kleid zu bringen.« Roswita hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.

»Viel Spaß.« Die Tochter nahm das Buch wieder hoch, um zumindest so zu tun, als würde sie interessiert lesen.

»Willst du nicht mitkommen?« Sie lächelte. »Vielleicht brauche ich deine Hilfe.«

Judith ließ das Buch wieder sinken. »Du macht Witze.«

»Nein, ernsthaft. Ich möchte dich mitnehmen.« Sie wusste natürlich, was diese Gelegenheit ihrer Tochter bedeutete.

»Ich bin sofort bei dir.« Judith schmiss das Buch auf den Tisch und rannte in ihr Zimmer, um sich ihre Jacke zu holen.

Roswita war noch nicht an der Haustür, als ihre Tochter neben ihr stand und sie anstrahlte. »Kann ich dir beim Tragen helfen?« Sie griff sich den Korb, damit ihre Mutter eine Hand für den Schlüssel frei hatte.

* * *

»Seid ihr fertig mit dem Essen?« Renate fragte es höflich, obwohl sie sah, dass alle Teller leer waren und keiner mehr kaute. »Wir gehen dann in die Stadthalle.« Sie versuchte zu verbergen, dass das erst vor drei Jahren neu eröffnete Haus ihr jetzt die meisten Sorgen bereitete.

Bisher hatte das Fest immer im eigentlich viel zu kleinen Festsaal des Schlosses stattgefunden und alle nötigen Handgriffe waren darauf abgestimmt. In den Vorbesprechungen zu dem Fest war die Vorbereitung der Stadthalle, die wesentlich mehr Platz für Akteure und Besucher bot, als eines der größten Risiken eingestuft worden. Allerdings hatte sie auch die Anweisung, davon den Hauptdarstellern nicht zu sagen.

»Du bist bestimmt schon aufgeregt.« Amelie lächelte zu Maria.

»Es geht eigentlich.« Pauls Freundin gab sich bewusst gelassen. »Ich hatte in den Staaten schon so eine ähnliche Veranstaltung.«

»Aber doch nicht mit den Armen im Gebet, oder?« Leonhard war ebenfalls sehr verwundert.

»Doch.« Paul mischte sich ein. »Es war die Abschlussprüfung nach Marias Intensivtraining.«

»Erzählt doch bitte.« Amelie war begierig darauf, von Marias neuesten Abenteuer zu hören.

Doch Maria winkte ab. »Vielleicht auf dem Weg zur Halle.« Sie zeigte kurz auf Renate, die schon etwas nervös an der Tür stand.

»Na meinetwegen.« Amelie gab sich damit zufrieden. »Aber ich will später jedes Detail wissen.«

Leonhard griff in die Tasche und zeigte kurz einen schwarzen Gegenstand vor, dann steckte er ihn wieder ein.

Amelie hatte den Gegenstand natürlich sofort erkannt. Es war der Knebel, den sie für Aussenstehende unsichtbar im Mund tragen konnte und der sie sehr konsequent zum Schweigen verurteilte. »Ich bin ja schon ruhig.« Sie lächelte etwas verlegen.

Leonhard drehte sich kurz zu Paul. »Manchmal reicht es, damit zu drohen, dann wirkt es auch so.« Er grinste.

Paul grinste zurück, doch dann legte er den Arm um Maria und zog sie zu sich heran. »Sind wir bereit für den Aufbruch?«

Doch Maria befreite sich aus der Umarmung und stand langsam auf. »Lasst uns Renate nicht unnötig warten.«

* * *

Die kleine Gruppe von Frauen befand sich vor dem Künstlereingang der Stadthalle und wartete auf die Darstellerinnen, die auf dem kurzen Weg vom Rathaus zur Ballprobe zu Fuß unterwegs waren. Selma hatte die Idee gehabt, ins Freie zu gehen. »Es ist so schönes Wetter, da müssen wir nicht in diesen stinkigen Garderoben warten.«

»Das war eine gute Idee, zumal sie hier auch ein paar Bänke aufgestellt haben.« Frederike hatte die Damen hergefahren und hatte sich auf eine der sehr einladend aussehende Bänke gesetzt.

Die Schneiderin, die Marias Kleid für den Ball angefertigt hatte, war mit ihrer Tochter gekommen und hatte sich dazu gesellt. Gemeinsam warteten sie auf die Ankunft der Darstellerinnen.

Frederike blickte unauffällig auf Judith, die schon jetzt hoch konzentriert neben ihrer Mutter stand. Marias Mutter war ein wenig wehmütig zumute. Die Tochter war jetzt in dem Alter, in dem es mit ihrer Tochter und dem so strengen und einschneidenden Programm losgegangen war. »Ich bin schon sehr auf das Kleid gespannt.« Frederike blickte die Schneiderin mit einem gewissen Stolz an.

»Ich wusste nicht, dass sie in Europa sind, sonst hätte ich sie natürlich auch zur Anprobe eingeladen.« Frau Bartels war ein wenig verlegen.

»Das ist schon in Ordnung.« Frederike winkte ab. »So ist die Überraschung um so größer.«



»Ich habe für Leonie ein altes Erziehungskleid umgearbeitet.« Selma unterhielt sich mit ihrer Nachbarin Frau Alberta Künzle, die mitgekommen war, weil ihr Sohn Holger überraschend noch eine kleine Rolle auf dem Fest bekommen hatte.

»Und du meinst wirklich, es hat schon gefunkt zwischen den Beiden?« Alberta hatte bisher noch wenig von ihrem Sohn erfahren.

»Sie sind ja heute und Morgen auch noch zusammen.« Selma gab sich zuversichtlich. »Das wird ganz sicher klappen.«

»Verkuppelt ihr hier jemanden?« Frederike stand wieder auf. »Es hört sich zumindest so an.«

Selma lächelte. »Wir glauben, dass Leonie und Holger sehr gut zueinander passende Interessen haben.« Sie gab einen kurzen Überblick über die bisherigen Ereignisse.

»Na dann viel Erfolg.« Marias Mutter lachte, doch dann stutzte sie. »Was ist ein Erziehungskleid?« Insgeheim hoffte sie, noch einige Ideen für ihr Programm in Erfahrung zu bringen.

Pauls Oma beschrieb die Eigenschaften des Kleides. »Heute werde ich das Kleid nur mit Sicherheitsnadeln verschließen.« Sie war wegen des Interesses ein wenig geschmeichelt. »Aber morgen wird sie von mir in das Kleid eingenäht, und ein Arm wird ganz mit eingeschlossen.«



»Sie warten auch auf die Probe?« Eine fremdes Ehepaar kam auf sie zu. »Wir sind Schwerterles, die Eltern von Doris.« Ruth Schwerterle trug einen Kleidersack über den Arm. »Wir bringen das Kleid für unsere Tochter.«

»Sie ist ja schon so aufgeregt.« Rainer Schwerterle freute sich sichtlich über das Glück seiner Tochter. »Es bedeutet ihr sehr viel.«

Frederike seufzte mit einem Lächeln in der Stimme. »Das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
713. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiunddreißig

geschrieben von gag_coll am 12.04.17 22:27

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

»Hier ist dein Platz.« Fritz, der Leiter der kleinen Musikgruppe, zeigte den Stuhl, auf dem Anna sitzen sollte. »Wir sollten uns beeilen, die Probe fängt gleich an.« Er hielt einen Zettel in der Hand. »Morgen haben wir etwas mehr Zeit.«

»Kannst du gut sitzen?« Karin, seine Frau, kümmerte sich sehr um Anna, die so kurzfristig eingesprungen war. Sie baute ihr sogar den Notenständer auf, soweit das mit ihrer verletzten Hand ging.

»Ein wenig nervös bin ich schon.« Anna lächelte verlegen, dann erst erkannte sie, dass sie noch eine Frage zu beantworten hatte. »Danke, es geht gut so.«

»Ich gebe noch einmal die Reihenfolge der Stücke bekannt.« Fritz nahm einen anderen Zettel zur Hand. »Bitte prüft noch einmal, ob ihr die Stücke in der richtigen Reihenfolge in der Mappe habt.«

Anna hatte kaum Zeit, mit ihrem Blick Florian zu suchen. Er hatte sich unter die Handwerker gemischt, die noch dabei waren, die Dekoration aufzubauen, um die doch recht moderne Stadthalle ein wenig in ein Barockschloß umzubauen.



Auf der anderen Seite hatte das örtliche Blasorchester Platz genommen und bereitete sich ebenso auf die Probe vor.

Gemeinsam würden sie den Ball auf dem Fest am Samstag bestreiten. Das Fest bildete für beide Gruppen einen Höhepunkt, zudem ergänzten sie sich gut. Fritz´ kleine Gruppe beherrschte die alten Tänze fast im Originalklang und das Orchester konnte mit Trompeten und Pauken für die festlichen Stimmung sorgen. Doch eine gewisse Nervosität war in beiden Gruppen zu spüren.



»Warum machst du denn jetzt Fotos?« Andrea war etwas verwundert über ihren Freund. »Es gehört nicht zum Fest, und die Mädchen tragen auch nicht das richtige Kostüm.« Sie verdrehte sie Augen. Wenn sie Fotos von etwas brauchte, dann war ihr Freund selten zur Mitarbeit zu bewegen, dafür knipste er manchmal ganz verrückte Sachen.

»Ich möchte für schöne Erinnerungen sorgen.« Hans hatte insgeheim die Idee, sich mit einem kleinen Album mit Fest-Erinnerungen für die Arbeit mit dem Venuskorsett zu bedanken, doch das wollte er seiner Freundin noch nicht sagen.

»Aber sie gehen nur vom Rathaus zur Stadthalle.« Andrea war fassungslos. »Auf der Generalprobe.«

Hans lächelte nur kurz.

»Aber wenn ich einmal Fotos brauche, hast du immer eine Ausrede.« Andrea war ein wenig angesäuert.

* * *

»Hier hinten war ich noch nie.« Paul sprach aus, was viele der Laien-Schauspieler dachten. »In den Künstlergarderoben.«

»Maria, für dich ist die Solisten-Garderobe.« Renate hielt ihre Mappe in der Hand und las daraus vor. Dann wandte sie sich an die drei Mädchen, die die Dienerinnen darstellten. »Ihr geht bitte hier hinein.« Sie zeigte auf eine Tür, die mit ´Garderobe I´ beschriftet war. »Die anderen beiden Garderoben sind für die Tänzer und Tänzerinnen.«

»Normalerweise darf mir beim Umziehen keiner zusehen.« Amelie lächelte etwas verlegen. »Ich habe immer Angst, dass jemand meine Fesseln zu Gesicht bekommen könnte und dann dumme Fragen stellt.« Sie war im ersten Moment etwas irritiert, weil sich die drei Dienerinnen in der zugegeben geräumigen Garderobe zusammen umzuziehen hatten.

»Wir schauen weg und helfen euch dann nur beim Schließen der Fesseln.« Leonhard sprach für die drei Herren, die auf Wunsch von Renate ihre Damen zu begleiten hatten und deswegen den Raum ebenfalls betreten hatten.

»Außerdem geht es ja um ganz was anderes.« Selma war mit einer großen Tüte herein gekommen und bat Leonie sofort, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen. »Holger, hilfst du mir bitte?« Sie griff in die Tüte und zog das Kleid heraus, welches sie für Leonie mitgebracht hatte.

»Das ist ja toll.« Leonie war überrascht über den Berg von Seide, der jetzt vor ihr auf der Bank lag. Sofort begann sie, sich zu entkleiden.

»Langsam, mein Kind.« Selma lächelte. »Das Kleid ist strenger als es auf den ersten Blick aussieht.« Sie drehte sich zu Theo und Doris um. »Könntest du Leonie bitte die Ketten öffnen?«

»Das geht nicht.« Der Schmiedegeselle drehte sich langsam zu Leonie um. »Die sind doch verschweißt.«

Leonie wurde es auf einmal schwarz vor den Augen. Langsam sank sie zu Boden.

Sofort erkannte Theo, dass er etwas zu weit gegangen war. »Das sollte doch nur ein Scherz sein.« Er kniete sich neben Leonie und begann, sich um sie zu kümmern. »Ich war einmal ein paar Jahre beim Roten Kreuz und kenne mich aus.«

»Es ist vielleicht sogar besser so.« Selma lächelte. »Dann können wir ihr das Kleid leichter anziehen.« Sie drehte sich zu Holger. »Fasst du bitte mit an?«

* * *

Frederike begann in der Garderobe sofort, ihre Tasche auszupacken, nachdem sie ihre Tochter gebeten hatte, sich in der Toilette noch etwas frisch zu machen. Eigentlich waren nur Marias Ballettstiefel in der Tasche, doch letztere waren so sperrig, dass die große Tasche gut gefüllt aussah.

»Was sind denn das für Stiefel?« Die Stimme von Frau Bartels zitterte, als sie die Stiefel entdeckte.

»Das sind Marias Schuhe.« Frederike hatte sich schon einige Erklärungen zurecht gelegt, wie sie die ungewöhnlichen Stiefel erklären konnte. »Es ist der Wunsch eines Sponsors.«

»Affengeil.« Judith hatte die Stiefel ebenfalls entdeckt. »Wie beim Ballett.«

»Judith, bitte.« Frau Bartels ermahnte ihre Tochter, dann wandte sie sich wieder Frederike zu. »Ich wusste nicht, dass Maria so hohe Absätze tragen würde. Ich hätte dann das Kleid etwas länger gemacht.«

»Oh je.« Auch Frederike erkannte erst jetzt die Zusammenhänge. Bisher hatte sie insgeheim gehofft, die Ballettstiefel ließen sich unter dem langen Rock verstecken. Es war dieses Mal ganz anders als die Jahre zuvor. Vom Zuschauerraum, der etwas tiefer lag als die Bühne, würde jeder die Stiefel sehen können. Sie sah sich jetzt schon mit Fragen bombardiert und fragte sich, ob es nicht besser wäre, einfach die Flucht nach vorn zu ergreifen und selbst auf Marias besondere Stiefel hinzuweisen.

Sie würde sich zwar trotzdem Anfeindungen und Vorwürfen ausgesetzt fühlen, weil sie ihrer Tochter so etwas zumutete, doch das Opfer war es wert, denn wenn Maria es gut machen würde, dann lag eine glänzende Zukunft vor ihr.

»Können wir dann anfangen?« Maria stand auf einmal im Raum und blickte verträumt auf die Stiefel, ein wenig in der Sonne glänzten.



»Sind sie sicher, dass wir da hinein dürfen?« Notar Schrumm stand mit seiner Tochter Sonja neben der Tür der Solistengarderobe und blickte Renate Bayer unsicher an.

»Aber Vater, das hatten wir doch schon diskutiert.« Sonja verdrehte die Augen. »Außerdem wissen sie, dass ein Notar bei der Anprobe dabei sein wird.«

»Ja, morgen.« Dem Notar war seine stürmische Tochter etwas unheimlich. »Aber heute, bei der Generalprobe?«

»Du musst es einfach gesehen haben.« Sonja drückte einfach auf die Klinke und steckte den Kopf in den Raum. »Dürfen wir hereinkommen?«

Frederike hatte bisher zugesehen, wie Frau Bartels dabei war, Maria das leichte Unterkleid überzuziehen. Erst als sie sich überzeugt hatte, dass von Marias stählerner Unterwäsche und dem Taillenkorsett nichts mehr zu sehen war, gab sie ihre Zustimmung.

»Was machen sie denn hier, Herr Schrumm?« Rudolf Steinhagen, der Direktor der Sparkasse kam in den Gardrobengang und war über die Anwesenheit des Notars sehr verwundert.

»Ich habe einen dienstlichen Auftrag.« Es kam dem Notar selbst schon sehr verwunderlich vor, dass er jetzt zu prüfen hatte, ob ein junges Mädchen ein ganz bestimmtes Kleidungsstück mit einer ebenso außergewöhnlichen Armhaltung trug. Dieser Auftrag war gemessen am Alltagsgeschäft sehr außergewöhnlich, wenn nicht sogar etwas verrückt. Doch da es um eine Menge Geld ging, wusste er, dass professionelle Nüchternheit mehr als angebracht war.

»Und was wollen sie bei Maria?« Herr Steinhagen war über die geplanten Abläufe des Festes bestens informiert und wusste, dass jetzt die Anprobe des Kleides an der Reihe war. »Sie erlauben, dass ich mitgehe?«

»Wie schon gesagt, es ist rein dienstlich.« Er schob die Tür auf und trat ein.

Maria schlug sich reflexartig die Hände vor die Brust und drehte sich weg.

Doch ihre Mutter beruhigte sie. »Entschuldige, mein Schatz. Ich habe es dir nicht gesagt, aber Herr Schrumm möchte dabei sein, wenn du das Korsett und das Kleid angezogen bekommst.« Dann sah sie, dass noch ein Herr hinter dem Notar die Garderobe betreten hatte. »Und was wünschen sie?« Sie kannte den Herrn nicht, doch sein Äußeres erheischte ein wenig Respekt.

Maria drehte sich bei den Worten ihrer Mutter wieder um und blickte zur Tür. Sofort erkannte sie den Direktor der Sparkasse, der ihr schon mehrmals so deutlich geholfen hatte. »Bleiben sie bitte auch.« Sie wandte sich kurz an ihre Mutter. »Das ist Herr Steinhagen. Er hat mich bei der Polizei befreit.« Sie drehte sich wieder zur Tür. »Sie möchten bestimmt auch sehen, wie es darunter aussieht.« Sie lächelte dankbar.

»Aber mein Kind?« Frederike war empört über den plötzlichen Ansturm in der Garderobe.

»Darf ich dich kurz einmal allein sprechen, Mama?« Maria deutete auf die Tür zu dem kleinen Bad. »Wir haben doch noch Zeit?« Die Antwort von Renate wartete sie allerdings nicht ab.

* * *

»Wo bin ich?« Leonie schlug die Augen auf. Sofort bemerkte sie, dass sie von vielen Augen sorgenvoll beobachtet wurde. »Was ist passiert?«

»Du bist kurz ohnmächtig geworden.« Selma strich ihr über das Gesicht.

»Und wo bin ich?« Leonie wiederholte ihre Frage, während sie sich ängstlich umsah.

»Wir sind in der Stadthalle in der Künstlergarderobe.« Selma wollte ihrem Schützling etwas Orientierung geben. »Gleich beginnt die Probe zum Ball der Katerina.«

»Und warum kann ich meine Arme nicht bewegen?« Leonie war immer noch etwas verwundert. »Was ist mit den Ketten, die verschweißt sind?«

Theo trat hervor. »Das war ein schlechter Scherz von mir.« Er kniete vor ihr nieder. »Ich bitte dich um Entschuldigung.«

»Vor mir hast du aber noch nicht gekniet?« Doris war ein klein wenig eifersüchtig.

»Natürlich habe ich das, mein Schatz - als ich um Deine Hand angehalten habe«, korrigierte Theo seine Verlobte. »Aber du bist jetzt gerade nicht dran«, wischte er ihren Einwand beseite und wandte sich an Selma. »Möchten sie es erklären?«

»Wir haben dir das Kleid angezogen, welches du auf dem Ball tragen wirst.« Selma streichelte ihr zärtlich über die Wange.

»Ein sehr faszinierendes Kleid.« Amelie von Grünberg drängte sich an ihrem Verlobten vorbei. »Dein linker Arm ist in das Kleid mit eingeschlossen, ein innerer Ärmel sozusagen.«

»Und der rechte Arm ist mit einem Reißverschluß längs am Körper befestigt, so dass ich ihn dir losmachen kann, wenn wir tanzen müssen.« Holger blickte verliebt auf die jetzt sehr verwunderte Leonie.

»Aber wie, aber was?« Leonie war immer noch sehr verwirrt.

»Wir haben dir die Ketten abgenommen.« Selma zeigte auf die Ablage vor dem großen Spiegel, wo jetzt ein Haufen Ketten und Manschetten lag. »Und ich habe mir erlaubt, dir ein Kleid anzuziehen, das früher die ungehorsamen Töchter anziehen mussten, wenn sie trotz einer Strafe in der Öffentlichkeit zu erscheinen hatten.«

Leonie blickte an sich herunter. »Und was sollen die vielen Sicherheitsnadeln?«

»Morgen werde ich dich in das Kleid einnähen.« Selma blickte fasziniert auf Leonies Gestalt. »Heute reicht die Zeit dafür nicht.«

»Eingenäht?« Leonie wiederholte, was sie gerade gehört hatte. »Warum denn das?«

»Zum einen gab es damals noch keine Reißverschlüsse.« Selma lächelte Leonie an. »Vor allem aber sollte so verhindert werden, dass die ungehorsamen Dame einfach einer Dienerin befehlen konnte, sie aus dem Kleid zu befreien.«

»Faszinierend.« Leonie versuchte aufzustehen, doch sie musste erkennen, dass sie sich nicht mehr abstützen konnte. »Ich komme nicht hoch.«

»Holger, hilf ihr bitte.« Selma wurde auf einmal etwas wehmütig.

Der Nachbarssohn kam der Aufforderung nach und ermöglichte Leonie so, sich in dem großen Spiegel zu betrachten.

»Ich sehe zwar zwei Arme.« Leonie war verwundert. »Aber es fühlt sich ganz anders an.«

»Der eine Arm ist eine Attrappe.« Selma lächelte leicht. »Die Leute stellen dann weniger Fragen.«

»Und der andere Arm?« Leonie wackelte ein wenig mit der Hand, die etwas nutzlos neben ihrer Hüfte baumelte.

Selma lächelte. »Zwischen deinem Arm und deinem Körper habe ich einen Reißverschluss eingearbeitet, er kann dir den Arm frei machen, wenn ihr miteinander tanzen wollt.« Doch dann wurde sie auf einmal sehr nachdenklich. »Meine liebe Leonie, du bist mit ganz außergewöhnlichen Wünschen zu mir gekommen und ich habe versucht, sie dir so gut wie möglich zu erfüllen.«

Leonie hatte den Stimmungswechsel sofort bemerkt. »Es geht zu Ende?« Sie hatte sich immer schon gefragt, wie lange dieser so schöne Traum noch anhalten würde.

»Du hast alte Sehnsüchte in mir geweckt, und es war schön, alles noch einmal erleben zu dürfen.« Selma konnte es nicht verhindern, dass eine Träne über ihre Wange lief. »Aber jetzt ist ein Wechsel vonnöten.«

»Ein Wechsel?« Leonies Blick zeigte, dass sie noch nicht ahnte, was gleich passieren würde.

»Holger, magst du dich in Zukunft um diese so ehrgeizige Gefangene kümmern und ihr eine fesselnde Zukunft bereiten?« Selma ergriff seine Hand und legte sie auf Leonies Schulter.

Leonie drehte sich langsam zu Holger hin, bis sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Nur ganz am Rande bemerkte sie, dass in dem Kleid unauffällig auch ein sehr strenges Halskorsett eingearbeitet war, das sie zu dieser Bewegung zwang. Zu Worten war sie nicht fähig.

Zwischen Selma und Holger war nichts abgesprochen, trotzdem fand er genau die richtigen Worte, und seine Stimme zitterte nicht. »Meine liebe Leonie, möchtest du auch nach dem Fest meine Gefangene bleiben, egal was passiert, und egal wie lange?«

Wieder wurde es Leonie schwarz vor Augen und sie sank in seine Arme.

Langsam legte Holger ihren Körper auf die Bank. »Ich hoffe, dass das ein ´Ja´ war.« Er beugte sich zu ihr herunter und fühlte ihren Puls.

* * *

»Ich danke ihnen sehr für alles.« Frederike reichte Herrn Steinhagen die Hand. »Für alles, was sie für meine Tochter getan haben. Natürlich dürfen sie auch sehen, wie das Gebet angelegt wird.« Sie gab Paul ein Zeichen.

Paul war zu seiner eigenen Verwunderung eher ruhig, als er die bereitgelegten Riemen ergriff und auf Maria zuging. Doch dann fiel sein Blick auf die Stiefel und er hielt inne. »Sollten wir nicht besser mit den Stiefeln anfangen?«

Marias Mutter lächelte, dann ging sie auf die Spiegelwand zu und nahm die Stiefel in die Hand. Sie reichte sie Paul und blickte sich um. »Ein Sponsor besteht darauf, dass Maria in diesen Stiefeln tanzt.«

Es war dem Sparkassendirektor anzusehen, wie sehr er über diese Forderung empört war. »Wer ist dieser Sponsor, und warum weiß ich davon nichts?«

»Darf ich ihnen das später erläutern?« Mit einer weiteren Störung hatte Frederike nicht gerechnet. »Wir haben nicht mehr so viel Zeit.« Sie sah, dass Paul inne hielt, daher gab sie ihm ein ermutigendes Zeichen zum Anziehen der Stiefel.

Die Stiefel hatten eine Schnürung und einen Reissverschluß, doch für einen optimalen Sitz war es nötig, erst den Reissverschluss zu schließen und dann die Schnürung fest zu ziehen. Das hatten sie zu Hause schon probiert. Allerdings dauerte es so etwas länger.

Renate wurde auf einmal etwas nervös. »Ich habe nur die zwei offenen Schlösser bekommen. Soll ich die heute schon anlegen?« Sie blickte den Notar verlegen an.

»Ich denke, heute geht es auch ohne. Von einer Probe steht nichts in den Unterlagen.«

* * *

Robert Greinert, der erst am Dienstag den Posten des Vorsitzenden übernommen hatte, öffnete mit zitternden Händen die Tür zur Bühne. Genau wie er es befürchtet hatte, waren die Handwerker noch fleißig dabei, die Dekoration für das Schloss aufzubauen. Er hatte gehofft, dass sie wenigstens bis zur Probe fertig werden würde, doch zu seiner Enttäuschung musste er erkennen, dass dieses Ziel beim besten Willen nicht zu erreichen war.

Mit besorgter Miene suchte er den Handwerksmeister auf. »Werden sie bis Morgen noch fertig?«

Der Meister stöhnte, als er den nicht ausgesprochenen Vorwurf in der Frage bemerkte. »Gestern war hier noch eine Veranstaltung.« Er machte mit der Hand einen großen Bogen. »Wir konnten erst heute morgen hier herein.«

Es war heuer das erste Mal, dass der Ball in der neuen Stadthalle stattfand. Bisher musste dafür immer der kleine Saal im Schloss herhalten. Und die für das Schloss passende Dekoration musste hier noch angepasst und teilweise sogar umgearbeitet werden. In den Vorbereitungen zum Fest war dieses als ein ganz kritischer Punkt angesehen worden.

»Besonders der Höhenunterschied zwischen Bühne und Zuschauerraum machen uns Sorgen.« Der Handwerker zeigte auf die fast einen Meter hohe Stufe. »Die Tänzer müssen aufpassen, dass es hier keine Unfälle gibt.«

Robert Greinert bemerkte, dass zwei Meter vor dem Bühnenrand eine rote Linie aufgemalt war. Er zeigte darauf.

»Eine Hilfe für die Tänzer«, erklärte der Handwerker. »Damit sie wissen, dass sie nicht weiter hinaus tanzen dürfen.«

* * *

»Und in diesen Mörderstiefeln können sie wirklich gehen und vor allem tanzen?« Beide Herren hatten interessiert zugesehen, wie Marias Beine langsam in den Lederschäften der Stiefeln verschwunden waren.

Maria überlegte fieberhaft, welches die bessere Reaktion war. Sollte sie Unsicherheit vorspielen oder sich ganz sicher auf den Stiefeln bewegen? Sie war sich überhaupt nicht sicher, inwiefern sich das Programm von ihrer Mutter auf die Wirklichkeit übertragen ließ.

»Steh auf, Liebes.« Frederike hatte die Unentschlossenheit ihrer Tochter bemerkt und hoffte, ihr die richtigen Hinweise zu geben. »Zeige bitte den Herren, dass die Stiefel für dich kein Problem sind.«

Maria erkannte sofort, welche Variante ihr ihre Mutter vorgegeben hatte. Sie stand auf und nahm dabei bewusst ihre Hände nicht zur Hilfe, dann ging sie ein paar Runden in dem kleinen Raum hin und her, bis sich die Mienen der Herren entspannten.

»Sie sind eine faszinierende junge Frau.« Der Notar war sehr beeindruckt von Marias Fähigkeiten.

»Ich denke, wir machen jetzt mit dem Gebet weiter, sonst reicht die Zeit nicht.« Frederike gab Paul das Zeichen, Maria das Gebet anzulegen.

Paul griff sich die Riemen, dann drehte er sich zu seiner Freundin. »Wenn ich die Prinzessin dann bitten dürfte, sich bereit zu machen.« Er grinste ein wenig, um seine Nervosität zu überspielen.

Maria drehte sich überrascht zu ihm um. »Aber gern mein Prinz.« Sie brachte ihre Arme in Position und blickte fasziniert in den Spiegel. »Von vorn sieht man sie gar nicht.« Doch dann ließ sie die Arme wieder sinken und blickte ihre Mutter fragend an. »Ich habe das Gebet noch nie gesehen. Ob es wohl möglich wäre, dass ich mir das mal ansehe?«

Frederike wollte ihr Tochter nicht mit den Herren allein lassen. Sie blickte etwas verlegen zur Schneiderin.

Frau Bartels erkannte sofort, was nötig war. »Man braucht noch einen zweiten Spiegel, am besten einen auf Rollen.«

»Ich weiß, wo einer ist.« Judith stürmte aus der Garderobe, noch bevor ihre Mutter etwas antworten konnte.



Paul stand etwas unsicher hinter Maria und zögerte noch. Doch Frederike gab ihm das Signal, mit dem Gebet anzufangen.

Gleich darauf war ein Rollen zu hören und ein Angestellter der Stadthalle stecke nach einem Klopfen den Kopf zur Tür herein. »Sie brauchen einen Ganzkörperspiegel?« Ohne die im Raum befindlichen Personen auch nur zu bemerken, schob der Angestellte den Spiegel herein.

Hinter ihm betrat Judith wieder die Garderobe. »Vielen Dank für die Hilfe.« Sie machte gegenüber dem Herrn einen Knicks.

»Woher kennst du dich denn hier aus?« Frau Bartels war über ihre Tochter verwundert.

»Wir waren neulich mit der Schulklasse hier wegen der Theateraufführung.« Judiths Gesicht zeigte ihren Stolz, so helfen zu können. »Und der Mann hat mir beim Schieben geholfen.« Sie blickte sich im Raum um. Sofort erkannte sie, was gewünscht war. Sie rollte den Spiegel schräg hinter Maria. »Geht es so?«

»Ein Stückchen noch.« Maria war etwas angespannt. Das Gebet hatte sie bis jetzt zwar schon oft getragen, aber sie hatte es bisher noch nie ansehen können.

Judith drehte ein wenig am Spiegel.

»Nein, die andere Richtung.« Ihre Atem ging ungewöhnlich hastig.

Judith drehte wieder an dem Spiegelgestell.

»Jetzt steht Paul im Weg.« Marias Stimme zeigte neben ihrer Ungeduld eine gewisse Anspannung.

»Ich bin ja gleich fertig.« Paul war über die große Zahl wichtiger Zuschauer sehr irritiert. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn er mit Maria allein gewesen wäre. »Und bitte wackel nicht so.«

»Entschuldige bitte.« Maria erkannte, dass sie sich beherrschen musste.

»Sonst müsste ich mich räuspern.« Paul wusste nicht, voher die Worte kamen, die er gerade aussprach.

Doch bei Maria hatten sie die richtige Wirkung. Sie bekam einen etwas glasigen Blick und blickte etwas verlegen zu ihrer Mutter. Es war so zwar überhaupt nicht abgesprochen, doch sie realisierte, dass Paul dabei war, einige Aufgaben ihrer Erzieherin zu übernehmen. Würde sie sich ihm genauso unterwerfen wollen, wie sie es mit der Erzieherin so widerspruchslos gemacht hatte?

»Du musst dich nicht räuspern.« Ihre Stimme war auf einmal sehr leise. »Ich halte auch so still.«

Paul war erleichtert über Marias Reaktion. Er hatte es eigentlich als Scherz gemeint, doch er spürte sofort, was es bei Maria bewirkt hatte. Sie war bereit, sich ihm wirklich unterzuordnen, und er begriff, dass er dieses große Geschenk anzunehmen hatte. Genauso erkannte er aber auch die große Verantwortung, die es mit sich brachte.



»Das ist wirklich faszinierend.« Der Notar war ein paar Schritte näher gekommen.

»Habe ich dir zuviel versprochen?« Seine Tochter lächelte ihn an. »Maria ist etwas Außergewöhnliches.«

»Ja, du hast recht.« Der Notar blickte sehr gebannt auf die Arme von Maria, die mit jeder Bewegung von Paul etwas fester in die eigentlich so grausame Haltung gezwungen wurden. Und doch war ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen.

»Das Korsett ist eigentlich stark genug gemacht, um es auch ohne vorhergehende Fixierung der Arme tragen zu können.« Frederike versuchte, möglichst neutral zu sprechen, doch ein leises Zittern zeigte, wie sehr sie die Leistung ihrer Tochter beeindruckte. Das Venuskorsett hielt sie bereits in den Händen.

»Aber dann ist es viel schwerer anzulegen.« Paul gab Maria das übliche Zeichen, dass er fertig war und trat einen Schritt zurück.

Maria nutzte den Moment, um sich ausgiebig im Spiegel zu betrachten. »Es sieht sehr elegant aus.« Ihre Stimme war sehr leise.

Paul nahm das Korsett entgegen, welches Frederike ihm gereicht hatte. Er trat wieder an Maria heran, doch dann zögerte er ein wenig. Er hatte bemerkt, dass Maria immer noch dabei war, sich im Spiegel zu betrachten und Bewegungen ihrer Muskeln im Spiegel zu verfolgen.

»Es sieht sehr beeindruckend aus.« Maria war von ihrem Spiegelbild noch sehr verzaubert, doch dann realisierte sie, dass Paul und die anderen Personen im Raum auf sie warteten. »Du kannst weitermachen.« Sie lächelte Paul verlegen an.

»Nach dem Fest probieren wir das mal ohne Riemen.« Paul flüsterte es, während er das besondere Korsett um Marias Oberkörper legte und mit der Schnürung begann.

»Ich habe genug gesehen.« Notar Schrumm drehte sich bewusst von Maria weg. »Ich möchte sie zu ihrer Tochter beglückwünschen. Eine wirklich außergewöhnliche Frau.« Er reichte Frederike die Hand.

Auch Herr Steinhagen wollte nicht länger stören. »Ich freue mich sehr auf das Wochenende.« Er verabschiedete sich ebenfalls.



»Jetzt möchte ich aber trotzdem gern wissen, was es mit diesen Mörderstiefeln auf sich hat. Warum ist es so wichtig, dass Maria sie tragen muss?« Herr Steinhagen war anzusehen, dass er Maria sehr bedauerte.

»Darf ich ihnen das kurz erklären?« Notar Schrumm führte den Sparkassendirektor aus dem Raum. »Es ist Folgendes...« Danach schloss sich die Tür.



»Das war nur der Anfang.« Maria seufzte ein wenig. Es wurde deutlich, dass sie eine klare Vorstellung davon hatte, wie ihre ersten Tage als Katerina mit dem Gebet wohl ablaufen würden. »Bitte bleib immer an meiner Seite.« Sie blickte Paul mit einer Mischung aus Liebe und Sorge zugleich an.

Paul war noch dabei, dass Korsett weiter zuzuschnüren. Er wollte eine passende Antwort geben, doch ihm fiel nichts Passendes ein. Schließ rang er sich zu einem ´Du kannst dich immer auf mich verlassen.´ durch.

Frederike stand schweigend dabei und hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Natürlich waren in dem Venuskorsett innen noch einige Riemen angebracht, um den Armen der Trägerin etwas Halt zu bieten, doch sie verzichtete darauf, ihre Tochter und deren Freund jetzt darauf aufmerksam zu machen. Zum einen würde es die Stimmung trüben, und außerdem traute sie es den Beiden durchaus zu, dass sie diese Details auch selbst finden und ausprobieren würden.
714. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 12.04.17 23:45

Hallo gag_coll, Danke für die tollen Fortsetzungen; auch dir ein frohes Osterfest und danke fürs Schreiben.
715. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 15.04.17 07:33

hallo gag_coll,

Danke für die tollen Kapitel.

Schöne Feiertage.
Gruß
Machtdom
716. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 15.04.17 07:48

Hi gag.

Ich zerfließe gerade in deinen Zeilen.
"Ganz ganz großes Kino"
Mach weiter so.

Dir und den Deinen auch ein schönes Osterfest
und viele dicke *hüstel* B U N T E Eier

Liebe Grüße

Gozar
717. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiunddreißig

geschrieben von gag_coll am 19.04.17 18:17

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

»Du must mir die Frage noch beantworten.« Holger kniete vor Leonies Liege und blickte sie erleichtert an.

»Welche Frage?« Leonie war noch dabei, nach der erneuten Ohnmacht wieder in die Realität zurück zu finden.

»Ich hatte dich gefragt, ob du meine Gefangene werden möchtest?« Holger setzte alles auf eine Karte, weil er wusste, dass er die Gelegenheit nutzen musste. Außerdem hatten ihn seine Mutter und die Nachbarin entsprechend ermutigt.

»Der Traum wird weiter gehen?« Leonie liefen ein paar Tränen über das Gesicht. Dann erst bemerkte sie, dass ER vor der Liege kniete und auf eine Antwort wartete. »Sehr gern, Holger, sehr gern.«

Er griff ihr an die Schulter und half ihr, sich hinzusetzen. »Wenn das Fest vorbei ist, dann besuchen wir diesen Kunstsattler. Ich habe schon ein paar sehr schöne Ideen für dich.« Sein Gesicht näherte sich, doch er achtete darauf, dass er ihr noch genügend Raum zum Ausweichen bot. Auch das hatte ihm Frau Mohr angeraten. Doch Leonie war von seiner Nähe fasziniert und auch sie beugte sie zu ihm hin. Schließlich trafen sich ihre Lippen und sie versanken in den ersten langen Kuss.

* * *

»Passt es soweit?« Frederike blickte genau so stolz wie aufmerksam auf ihre Tochter. »Können wir mit dem Kleid weitermachen?«

Maria blickte noch sehr verträumt in die beiden Spiegel und bewunderte ihre Arme, die jetzt vollständig vom Korsett umhüllt waren. Nur am Hals schauten noch ein wenig die Finger heraus. »Ja, es kann weitergehen.«

»Ich hoffe, es wird passen.« Frau Bartels war sichtlich nervös. »So etwas habe ich noch nie gemacht.« Sie ging zu der Schneiderpuppe und nahm das Kleid herunter. »Es ist in einem Stück gearbeitet, ich werde es dir über den Kopf ziehen.«

Maria blickte die Schneiderin sehr fasziniert an. Auf diesen Moment hatte sie schon lange hingefiebert.

Es zeichnete sich sofort ab, dass der Rock etwas kurz war. Wer sich auch nur ein wenig hinab beugte, konnte sehen, welch merkwürdige Stiefel Maria trug. Und wenn sie auf der Bühne tanzen würde, war es für alle im Zuschauerraum zu sehen. Doch alle wussten, dass es jetzt für Änderungen zu spät war. Maria hatte sich den Stiefeln zu stellen.

»Ich habe das Kleid so gearbeitet, dass sie nur vorn den einen Reißverschluss schließen müssen.« Frau Bartels zeigte Paul und Frederike die Bedienung dieses außergewöhnlichen Kleides. »Das geht natürlich nur, weil sie ausdrücklich keinen Ausschnitt gewünscht hatten.«

Paul grinste. »Und der Verschluß ist vor deinen Fingern sicher.«

»Komm du mir nach Hause.« Maria gab sich zunächst etwas empört, doch dann lächelte sie und drehte sich zur Schneiderin. »Vielen Dank für dieses tolle Kleid. Wie kann ich ihnen danken?«

»Es gäbe schon etwas, was sie für uns tun könnten.« Frau Bartels war auf einmal etwas verlegen.

»Was ist es denn?« Maria wollte sich für die viele Arbeit erkenntlich zeigen.

»Meine Tochter hat gerade einen Tanzkurs gemacht.« Die Schneiderin lächelte stolz zu ihrer Tochter. »Und sie wünscht sich sehr, einmal mit dem Prinzen tanzen zu dürfen.«

»Aber Mama...« Judith wurde auf einmal knall rot.

»Den Wunsch erfüllen wir sehr gern.« Maria drehte sich zu Paul und gab ihm einen Kuss.

»Vielen Dank.« Judith strahlte auf einmal bis über beide Ohren.

* * *

»Seid ihr soweit?« Renate blickte fasziniert auf Marias Kleid. »Wir müssten dann zur Aufstellung.« Es war ihr anzusehen, wie sehr sie von Marias Erschienung fasziniert war.

»Von mir aus kann es losgehen.« Die Schneiderin trat zurück und umarmte ihre Tochter. »Danke für deine Hilfe.«

Judith lächelte verträumt und schmiegte sich stolz an ihre Mutter. Auch sie war von Maria und dem Gebet sehr beeindruckt, und sie rechnete es ihrer Mutter auch genauso hoch an, dass sie sie zur Anprobe mitgenommen hatte. Denn natürlich war ihr klar, dass ihre Mutter es auch allein geschafft hätte.

»Der Prinz bitte noch nicht.« Renate hatte noch einmal in ihre Unterlagen gesehen, jetzt ging sie auf Paul zu. »Du kommst später auf mein Zeichen, wenn die Mädchen verhüllt sind.«

»Alles Gute, mein Liebling.« Paul streichelte Maria noch einmal durch das Gesicht. »Ich warte auf dein Zeichen.« Er war in seinen Gedanken auch schon tief in dem Spiel, so wie es heute gespielt wurde.

Wie viel von dem in der Vergangenheit tatsächlich passiert war, war nicht mehr so genau bekannt. Langsam ging er zum Fenster und blickte hinaus.

»Dann kommt.« Renate öffnete die Tür und stellte sich daneben.

Marias Herz klopfte laut. Sie hatte die Entwürfe für das Kleid schon öfters gesehen, doch erst jetzt war es ernst. Wie würden die anderen auf ihre so außergewöhnliche Armhaltung reagieren?

Sie blickte noch einmal zurück zu ihrer Mutter und lächelte ihr zu. Sie hätte gern gewinkt, doch sie hatte sich schon lange daran gewöhnt, von Zeit zu Zeit auf ihre Arme verzichten zu müssen. Ihr letzter Blick ging zu Paul, der in seiner schicken Uniform am Fenster stand und auf seinen Auftritt wartete.

Was ihre Dienerinnen tragen würde, wusste Maria gar nicht. Das wurde ihr aber erst bewusst, als sie sie auf dem langen Korridor erblickte.

Doris trug ein schickes Kleid und dazu die Ketten, die sie seit längerem immer trug. Renate hatte sich dafür extra eine Begründung einfallen lassen, die nicht allzu sehr an den Haaren herbei gezogen war. Die Betreuerin ahnte, wie viel es der Schmiedetochter bedeutete, hier einmal ihre Ketten zeigen zu dürfen.

Amelie trug ein Kleid aus rotem Samt, bei dem die Arme nicht sichtbar waren. Sofort fiel Maria ein, was sie über den Entwurf für ihr Brautkleid gesagt hatte. Dieses Kleid schien der gleiche Grundentwurf zu sein.

Doch am interessantesten sah Leonie aus. Auf den ersten Blick sah es aus, wie ein altmodisches Tanzkleid, doch als Maria genauer hinschaute, erkannte sie, dass Leonie ihren rechten Arm sehr steif am Körper trug. Und auch der linke Arme wirkte seltsam steif. Auch der hohe Spitzenkragen fiel Maria auf, weil er fast bis ihr Kinn reichte. Doch am meisten war Maria fasziniert von Leonies glücklichen Augen.

»Du strahlst, als wenn du einen Heiratsantrag bekommen hättest.« Maria war von ihrem glücklichen Blick geradezu angezogen.

»So etwas ähnliches ist auch passiert.« Leonie drehte sich mit dem ganzen Körper zu Holger um. »Er hat mich etwas ganz Schönes gefragt.«

»Na dann herzlichen Glückwunsch.« Maria hatte eine Ahnung, welches Band die beiden Verliebten ab sofort verband. Sie äußerte ihre Vermutung. »Du bist ab sofort seine Gefangene?«

»Ja, genau das hat er mich gefragt«, wiederholte sie und strahlte dabei bis über beiden Ohren. »Und ich habe ja gesagt.«

»Was trägst du denn für ein tolles Kleid?« Maria wollte weiter ihre Neugier stillen.

»Seit ihr bereit für euren Auftritt?« Renates Stimme schallte durch den Korridor und erinnerte die Mädchen an ihre eigentliche Aufgabe.

»Ein ganz strenges.« Leonie kam nicht umhin, Maria noch eine kurze Antwort zu zuflüstern, dann setzten sich die Mädchen langsam in Bewegung.

»Jeder bitte auf seinen Platz.« Renate sah, dass Maria sich etwas unsicher umblickte. »Die Katerina kommt gleich nach mir.« In dem Spiel hatte Renate außerdem die Rolle als Zeremonienmeisterin. Früher wurde dieses Amt natürlich immer von einem Mann besetzt, doch in der jüngeren Zeit sah man das nicht mehr so genau.

Maria ging die wenigen Schritte zu der Stelle hinter Renate, dann stellte sie sich erwartungsvoll auf.

»Doris, du stellst dich bitte gleich hinter Maria.« Sie blickte zu der Schmiedstochter. »Du wirst Maria mit den Türen helfen. Du hast wenigstens noch die Arme frei.«

Doris blickte sich verwundert um. Nachdem sie die Kleider der anderen Dienerinnen gemustert hatte, lächelte sie ein wenig verlegen. »Das werde ich machen.« Sie war sich immer noch sehr unsicher, wie die Leute auf ihre Ketten reagieren würden, doch zumindest Renate tat so, als wären sie etwas ganz Selbstverständliches.

* * *

»Ah, sie kommen.« Hans packte die kleine Kamera weg. »Warum wolltest du denn Fotos von der leeren Stadthalle haben?« Er blickte etwas verwundert auf seine Freundin.

»Das hatte einen ganz banalen Gund.« Andrea lächelte ein wenig verlegen. »So bist du nicht auf den Gedanken gekommen, dich heimlich in Marias Garderobe zu schleichen.«

»Du bist ein Biest.« Hans stand der Mund auf. »Wir rechnen zu Hause ab.« Es war ihm deutlich anzusehen, dass er diese Möglichkeit, an Fotos für sein Venuskorsett zu kommen, übersehen hatte. Und jetzt ärgerte er sich doppelt über die verpasste Gelegenheit.

»Jetzt sieh zu, dass wir schöne Fotos von den Tänzen bekommen.« Andrea blickte sich in der jetzt etwas umgestalteten Stadthalle um. Ein paar Elemente der Dekoration vermittelten wirklich den Eindruck, als würden sie sich in einem Barockschloss befinden. Doch es war auch deutlich zu sehen, dass die Handwerker bei weitem noch nicht fertig waren. Doch letzteres war für die Generalprobe nicht ganz so wichtig.

* * *

Robert Greinert kam in den Garderobengang und bat um etwas Ruhe. »Wir werden jetzt den Beginn des Balles proben.« erklärte er nach der Begrüßung der Teilnehmer. »Es geht nur darum zu klären, ob Morgen alles glatt gehen wird. Gibt es soweit noch Fragen?«

Jemand fragte nach dem konkreten Ablauf.

Robert Greinert wandte sich an Renate. »Wollen sie es noch einmal erklären? Ich glaube, sie haben den besseren Überblick.«

»Sobald die Musik ertönt, werden wir einziehen. Zunächst Herzog und Herzogin, dann das Gefolge. Wenn alle auf ihren Plätzen sind, wird die Katerina mit ihren Damen hereingeführt.« Renate blätterte in ihren Unterlagen. »Und dann wird der Prinz hereinkommen, die Katerina auswählen und dann den Verlobungsball tanzen.«

Maria suchte den Blick von Paul. Er lächelte zurück.

»Danach proben wir noch die anderen Tänze.« Auf einmal wurde Renate rot und ließ die Mappe sinken. »Scheibenkleister. Ich habe die Tanzproben für die Dienerinnen vergessen.«

Robert spürte, dass er helfen musste. »Können wir das morgen früh noch nachholen?« Er blickte fragend in die Runde.

Die drei Mädchen realisierten erst nach einiger Zeit, dass er auf eine Antwort von ihnen wartete. »Von mir aus gern.« Doris war die Erste, die antwortete. Danach stimmten auch die anderen zu.

»Die genaue Uhrzeit gebe ich noch bekannt.« Renate blätterte immer noch in ihrer Mappe. »Wie konnte ich das nur übersehen.« Sie war sichtlich verlegen.

»Was müssten wir denn machen?« Doris war im Moment noch am Wenigsten abgelenkt.

»Es geht eigentlich nur darum festzustellen, ob die Kostüme in Ordnung sind und ob es sich damit tanzen lässt.« Er blickte etwas skeptisch zu Leonie. »Ich denke, es reicht, wenn sie heute etwas Walzerähnliches zeigen.« Er räusperte sich kurz.

»Ich bitte noch mal um Aufmerksamkeit.« Er sprach jetzt deutlich lauter. »Auf der Bühne ist eine rote Linie aufgemalt. Bitte achten sie alle darauf, dass sie diesen Strich beim Tanzen nicht überschreiten. Es soll sie immer daran erinnern, dass gleich danach der Zuschauerraum kommt und sie sonst hinab fallen würden.«

»Sind alle bereit?« Renate war erleichtert, dass sich ihr Fehler noch so einfach korrigieren liess. »Ich würde dann der Musik das Zeichen geben, dass es losgehen kann.«



Herzog und Herzogin betraten als erste den Saal, nachdem ihnen die Türen geöffnet wurde. Unter den sehr feierlichen Klängen des Orchesters gingen sie zielstrebig auf die beiden Stühle zu, die vor Jahren schon von einem sehr detailverliebten Handwerker in den Thron für das Herrscherpaar verwandelt wurden und nahmen darauf Platz.

Unter den Klängen eines alten Triumpfmarsches nahm danach auch das Gefolge Platz und gemeinsam warteten sie auf das Ende des Musikstücks.

Wieder trat Robert Greinert vor an die Bühne, doch dieses Mal drehte er sich zu den Schauspielern auf der Bühne. »Der Moderator musste heute kurzfristig absagen, weil er seine Frau ins Krankenhaus bringen musste.« Er warf Renate einen besorgten Blick zu. »Morgen wird er wie in den Jahren zuvor durch das Schauspiel führen und die einzelnen Teile erläutern.«

»Hier wären die Texte, die er vortragen wird.« Sie reichte Robert ein paar Blätter. »Ich hatte ihn gebeten, seine Moderation zumindest stichwortartig aufzuschreiben.«

Der Vorsitzende war einen kurzen Blick darauf. »Als nächstes kommt die Begrüßung der Ehrengäste.« Er blickte zum Bühneneingang, neben dem ein paar Stühle aufgebaut waren. »Wir werden heute ein paar Zuschauer haben, die sich vom Verlauf der Proben ein Bild machen wollen.« Er stellte den Notar und seine Tochter sowie den Sparkassendirektor vor.

Renate machte ihn darauf aufmerksam, dass auch Pauls Oma und Marias Erzieherin im Zuschauerraum anwesend waren.



»Das fängt ja gut an.« Selma lächelte ihre Freundin Mrs. Potter an. »Hoffentlich tanzen sie wenigstens ordentlich.«

Dorothea lächelte nur. »Maria wird das schon gut machen.«



Maria zitterte ein wenig, denn in wenigen Momenten würde sie sehr vielen Leuten ihr Kunststück zeigen. Sie empfand es überhaupt nicht mehr als eine Fesselung, sondern eher wie eine besondere Gymnastikübung. Sie wusste, dass Paul dann, wenn sie das Gebet trug, nicht von ihrer Seite weichen würde und sie notfalls sogar auf die Toilette begleiten würde, um ihr dort zu helfen. Er erst gab ihr die Kraft, trotz dieser so grausam aussehenden Armhaltung selbstbewusst und glücklich aufzutreten.

Doch jetzt war er noch nicht da. Sie stand allein mit ihren Dienerinnen in der noch leeren Stadthalle am Bühneneingang und wartete auf ihren Auftritt. Natürlich standen die Mitglieder der Wachmannschaft um sie herum und vermittelten ihr die nötige Sicherheit, doch sie sehnte sich nach der Nähe von Paul, ihrem Prinzen; nicht nur im Spiel, sondern auch im richtigen Leben.

Neben sich sah sie den Neffen des Barons stehen und mit Schaudern dachte sie daran, dass sie ursprünglich mit ihm das Fest hätte spielen sollen. Ein wenig verwunderlich war es schon mit ihm. Als er für die Rolle nominiert war, interessierte es sich überhaupt nicht dafür, doch seit Paul die Rolle bekommen hatte, wich er quasi nicht von ihrer Seite.

Beim vorvorletzen Spiel war es einmal vorgekommen war, dass der Prinz die falsche Dame ausgewählt hatte, da ja für seine Wahl alle Damen mit weiten Umhängen bis über den Kopf verhüllt waren, so dass nicht einmal ihre Kleider sichtbar waren. Seitdem war ausgemacht worden, dass jede der Damen, wenn der Prinz vor ihnen stand, kurz ihren Namen zu flüstern hatte, damit eine solche Verwechslung ausgeschlossen war. Doch Maria war sich sehr sicher, dass Paul sie auch so erkennen würde.



Die Musik der Barock-Pfeiffer setzte ein und auf ein Zeichen von Renate setze sich die Katerina mit ihren drei Dienerinnen in Bewegung in Richtung auf das kleine Podest, auf dem sie dann mit dem Gesicht zum Publikum hinstellten. Sofort kamen einige der Damen aus der Wachmannschaft und verhüllten sie über den Kopf bis zum Boden mit weiten Tüchern.

Renate trat vor das noch nicht vorhandene Publikum und las aus den Moderationsnotizen vor. Es waren nur Stichworte, aus denen der Moderator erst die richtigen Texte machte. Inhaltlich ging es darum, dass sich als nächstes der Prinz seine Braut auszusuchen hatte und gemäß der Überlieferung wollte der Vater verhindern, dass er sich die Katerina aussuchen und mit ihr tanzen konnte, um so die Verlobung rechtsgültig zu machen.



Paul hatte ein wenig Lampenfieber, als er jetzt als letzter an dem Bühneneingang stand und auf seinen Auftritt wartete. Es war für den Prinzen die wichtigste Stelle im ganzen Spiel und er war entschlossen, sie auch mit Bravour hinter sich zu bringen. Er fragte sich, wie wohl dem echten Prinzen zumute war, als er kurz davor war, sich seine Katerina aussuchen zu müssen.

Die Überlieferung besagte, dass eine mitleidige Dienerin das Liebespaar die Intrigen des Herzogs verraten hatte und das Liebespaar ein Erkennungszeichen ausgemacht hatte.

Auf einmal wurde Paul siedendheiß bewusst, dass er und Maria eben noch kein Zeichen ausgemacht hatten. Die Sage berichtete von einer Dreiecksbewegung mit dem Kopf, doch er war sich nicht sicher, ob Maria sich daran noch erinnern würde, was ihnen seine Oma vor einigen Wochen über das Spiel erzählt hatte.



Das Blasorchester spielte eine kurze Fanfare, welche im Spiel den Prinzen ankündigte.

Paul bekam von Renate noch schnell ein ´toi-toi-toi´ zugeflüstert, dann setzte er sich in Bewegung.

Schon auf den ersten Blick sah er, dass Maria auf dem Podest die zweite von links war. Erst konnte er gar nicht so genau sagen, woran er sie erkannte, doch obwohl alle vier Mädchen durch die Seidentücher verhüllt waren, war ihm sofort klar, wer wo stand.

Doch dann wurde ihm klar, dass nur ein einziges Mädchen selbst unter den Tüchern so aufrecht und gerade stand, wie es nur die Balletstiefel bewirken konnten. Und als er genauer hinsah, konnte er auch die Spitzen vom Marias Stiefeln unter den Tüchern erkennen.



Gemäß der Rolle hatte er sich zunächst vor dem Herzog zu verbeugen, dann auf eine Handbewegung des Herzogs hin, trat er auf die vier verhüllten Gestalten zu und schritt an ihnen vorbei. Es diente natürlich auch dazu, um sie gegebenenfalls noch an ihrem Flüstern zu erkennen. Doch für Paul bedeutete es nur, dass seine Wahrnehmung richtig war. So blieb er schließlich vor Maria stehen.

Die Diener nahmen jetzt die Hülle von Maria herunter und Paul führte sie auf die Tanzfläche, nachdem er ihr von dem Podest herunter geholfen hatte.

Nach einem gemeinsamen Blick zu den Barock-Pfeiffern setzte die Musik ein und das Paar begann mit dem so lange erwarteten Tanz.



Nach ungefähr einer Minute unterbrach Renate den Tanz. »Ich muss ein wenig auf die Zeit achten.« Sie gab der Musik das Zeichen für den nächsten Tanz. »Wir müssen die anderen Tänze auch noch proben, und es ist gleich vier Uhr.«

Paul und Maria blickten gespannt auf die drei Mädchen, die sich jetzt mit Herzklopfen auf ihren großen Auftritt vorbereiteten. Obwohl es dafür nicht unbedingt ein historisches Vorbild gab, wurde es doch schon seit vielen Jahren so gehandhabt, dass der zweite Tanz der Katerina und ihrer Dienerin gehörte. Dieses Mal tanzten vier Paare diesen Tanz, und alle acht Darsteller strahlten vor Freude.

Renate stand an der Seite und war sichtlich erleichtert, dass alles so gut verlaufen war. Bis auf die vergessene Tanzprobe gab es keine weiteren Pannen, und alle Mädchen hatten gezeigt, dass sie in ihren Kleidern in der Lage waren, die Tänze aufzuführen, auch wenn der Tanz der Dienerinnen mit der historischen Vorlage wenig gemeinsam hatte.



Franz-Ferdinand stand die ganze Probe über am Rand der Bühne und schaute dem Historienspiel gebannt zu. Auch er war von Marias Fähigkeiten mehr als begeistert, und vor allem deswegen hatte er Bedenken, ob sein Plan oder besser der Plan seines Onkels mit der Entführung von Maria wirklich richtig war.

Es war zwar alles vorbereitet, der Sekt und das Schlafmittel standen bereit, und er war sich auch sicher, dass Maria ihm in diesen Mörderstiefeln auch nicht weglaufen konnte. Er wäre sicher in der Lage, sie einzuholen. Aber ob es wirklich richtig war?

Es war ein gefährliches Spiel, das er vorhatte, doch er musste es riskieren, um das Schloss seines Onkels zu retten. Er konnte als Mitglied der Wachmannschaft immer in Marias Nähe sein und er hatte auch den Eindruck, als würde sie ihm zumindest in diesem Aspekt vertrauen. Er hatte schon mit dem Notar gesprochen, doch die Bedingungen des Testaments waren erst erfüllt, wenn Maria auf dem Fest getanzt hatte und nicht nur auf der Generalprobe. Dass hatte Herr Schrumm ihm auf seine Nachfragen hin mehrmals deutlich mitgeteilt.



»Herr Steinhagen bittet um Gehör.« Renate hatte die vier Paare nach einer kurzen Verschnaufpause zu sich gebeten und übergab das Wort jetzt an den Sparkassendirektor.

»Ich möchte ihnen zunächst für ihre gute Leistung danken.« Er blickte vor allem auf die vier Darstellerinnen. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht einfach ist, sich mit diesen Einschränkungen so elegant zu bewegen.«

Er applaudierte und die anwesenden Herren setzen ein.

»Meine Frau und ich möchten sie, die vier Paare heute Abend zum Essen in die goldene Traube einladen.« Er blickte in die Runde. »Und natürlich haben wir Verständnis dafür, wenn sie weiterhin für ihre Rolle üben möchten.« Er blickte sowohl Maria als auch Doris deutlich an.

Doris war kurz davor, in Ohnmacht zufallen. Theo musste sie festhalten. »Wir bedanken uns sehr für die Einladung.«

Auch die anderen Paare bedankten sie sehr für die Ehre, schon wieder in das teuerste Restaurant der Stadt eingeladen zu werden.

»Meine Frau ist auch sehr gespannt auf das Gebet.« Er wandte sich direkt an Paul und Maria. »Sie würden uns eine große Freude machen, wenn sie es noch einmal vorführen würden.«

»Aber nicht zu lang.« Paul fühlte sich dazu berufen, Maria zu verteidigen. »Erst einmal braucht sie eine Pause.«

Maria wollte widersprechen, doch dann sah sie den strengen Blick von Paul und schluckte ihre Worte ungesagt herunter. Sie war ein wenig genervt von seiner übertriebenen Fürsorge, doch natürlich wusste sie auch, dass er es gut mit ihr meinte und nur das Beste für sie wollte.

»Jetzt gibt es erst mal Kaffee und dann gehen wir hinüber zur Kirche.« Renate hatte wieder ihre Mappe in der Hand. »Die Pfarrerin erwartet uns um fünf.«

* * *

Andrea und Hans waren auf dem Weg zur Redaktion. Die Reporterin hatte es eilig, weil sie vor Redaktionsschluss ihren Artikel noch fertig haben wollte.

»Warum musste ich mit dir kommen?« Hans keuchte fast ein wenig, als er versuchte, mit seiner Freundin Schritt zu halten. »Die Fotos sind doch etwas später dran.«

»Ich wollte dich dort nicht allein lassen.« Andrea kannte ihren Freund nur zu gut. »Damit du nicht noch auf dumme Gedanken kommst.«

»Du verstehst das nicht.« Hans war empört.

»Aber du hast doch sogar einen Termin bekommen.« Andrea schüttelte den Kopf.

Hans schwieg einen Moment. »Es ist das Jagdfieber, verstehst du?«

»Und dafür ruinierst du das Leben eines Mädchens.« Andrea blieb kurz stehen. »Lass ihr doch den Triumph.«

»Das verstehst du nicht.« Hans wiederholte seine Worte.

»Ich verstehe, dass du exklusive Fotos möchtest.« Andrea blickte ihn ernst an. »Aber dafür machst du den Traum eines jungen Mädchens kaputt. Lass ihr doch die Freude, das Gebet zu zeigen.« Sie ging weiter.

»Ich glaube, du hast Recht.« Hans tiefer Seufzer zeigte, wie sehr er innerlich zerrissen war.

* * *

Robert Greinert trat an Renate heran. »Was meinen sie, sollten wir von den Musikern Stillschweigen verlangen? Es haben jetzt ja doch viele das Gebet gesehen.«

»Meinen sie?« Renate war skeptisch. »Die meisten von ihnen haben doch nur in die Noten geschaut.«

»Sie meinen, sie hätten das gar nicht mitbekommen?« Der Vorsitzende war verwundert.

»Es war ohnehin nicht viel zu sehen.« Renate versuchte ihn zu beruhigen. »Ich denke, wenn wir von ihnen Verschwiegenheit verlangen, machen wir sie erst recht darauf aufmerksam. Landsbach ist in der Beziehung ein Dorf.«

»Na gut.« Robert sah es ein. »Wir werden also keine schlafenden Hunde wecken.« Er blickte kurz auf seinen Notizzettel. »Weiß die Schmiedetochter schon von ihrer großen Aufgabe?« Es war nicht herauszuhören, ob er das ´groß´ ironisch meinte oder nicht.

»Ich wollte als nächstes mit ihr sprechen.« Renate blickte suchend durch den Saal. »Da drüben stehen sie.«

* * *

»Doris, hättest du einen Moment Zeit?« Renate hielt ihre Mappe in der Hand und war auf die Schmiedetochter zugekommen. »Auf dich kommt in der Kirche noch eine ganz besondere Aufgabe zu.«

Theos Verlobte war erstaunt. »Was ist es denn?«

»Die Katerina wird in der Kirche die ganze Zeit das Gebet tragen.« Renate holte tief Luft.

»Dann kann sie ihre Arme nicht benutzen.« Doris setzte den Gedanken fort.

»Richtig«, bestätigte Renate. »Und deswegen sollst du dem Prinzen den Ring an den Finger stecken.«

Jetzt war es an Doris, tief Luft zu holen. »Dazu würden die Ketten ja gar nicht passen.« Sie war ein wenig verlegen. »Aber das wird Theo nie erlauben.«

»Ich werde mit ihm reden«, bot Renate an.

»Ich habe meinen Namen gehört?« Theo stand nur ein wenig abseits und kam jetzt näher.

»Doris soll am Sonntag als Dienerin der Katerina dem Prinzen den Ring an den Finger stecken.« Renate bemühte sich um einen sachlichen Tonfall.

Theo lächelte. »Und dafür soll ich dir die Ketten abnehmen.« Er streichelte ihr zärtlich über den Kopf.

Doris hielt den Blick zu Boden gesenkt. Zu einer Antwort war sie nicht fähig.

»Das machen wir schon.« Theo ahnte, in welcher Zwangslage sich seine Verlobte gerade befand. Er wollte sie nicht unnötig demütigen, stattdessen legte er den Arm um sie. »Du wirst eine gute Dienerin sein.«

Doris blickte ihn verliebt an. Sie war erleichtert, dass sie nicht von sich aus um ihre Freilassung bitten musste. Sie rang sich ein schüchternes ´Danke´ heraus.
718. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 19.04.17 20:53

Hi gag

Ich bedanke mich bei Dir für die nächste tolle Fortsetzung.
Kopfkino auf vollen Touren. Und zwar ganz ganz großes Kino.
Ich warte gespannt auf die nächsten Teile.

Gruß
Gozar
719. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierunddreißig

geschrieben von gag_coll am 21.04.17 06:58

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

»Wo kommen sie denn her?« Mrs. Potter war erstaunt, als sich auf einmal Marias Mutter neben sie und Frau Mohr setzte.

»Ich war oben auf der Empore«, erklärte Frederike mit sehr bewegter Stimme. »Ich wollte die Probe verfolgen können, ohne dass sie mich sieht.«

»Warum muss Maria gerade diese Stiefel tragen?« Selma war ein wenig aufgebracht. »Ich weiß zwar, dass sie es kann, aber ist das Gebet nicht schon Anstrengung genug? Außerdem ist das Kleid viel zu kurz.«

»Sie haben Recht, es sieht sehr nach Schikane aus.« Frederike machte eine Pause, weil sie ihre Argumentation überdenken wollte. Doch dann verwarf sie ihren Plan. »Wenn sie mir versprechen, Maria und Paul nichts davon zu sagen, sage ich ihnen den wahren Grund.«

Selma und Dorothea blickten Marias Mutter nur mit großen Augen an.

»Es handelt sich um Folgendes.« Frederike machte noch einmal eine Pause, dann erläuterte sie mit bewusst leiser Stimme die wahren Hintergründe des diesjährigen Festes.

»Das ist allerdings ein sehr guter Grund.« Selmas Stimme zeigte, wie beeindruckt sie war.

»Aber was sollen wir den Leuten erzählen, wenn sie Fragen stellen?« Mrs. Potter war von der Nachricht ebenfalls tief bewegt. »Und was wissen Paul und Maria darüber?«

Frederike hatte sich mit dieser Fragestellung schon länger befasst. »Den Leuten sagen sie einfach, dass die Stiefel Maria bei dem Gebet helfen. Das ist ja schließlich auch die Wahrheit.« Sie gab noch einmal die Argumente wieder.

»Und für unsere zwei Verliebten?« Selma blieb zunächst skeptisch.

»Sie wissen, dass ein Sponsor sich das so gewünscht hat.« Frederike lächelte ein wenig verlegen. »Das ist ja nicht einmal gelogen.«

»Dünnes Eis.« Mrs. Potter gab wieder, was sie dachte. »Das ist aber ganz dünnes Eis.«

»Ich möchte einfach, dass sie das Fest ganz unbeschwert hinter sich bringen können.« Frederike erläuterte ihre Linie. »Sonst haben sie die ganze Zeit nur das Geld im Kopf und verderben womöglich noch das Spiel.«

»Und wann werden sie es erfahren?« Selma war mit der Argumentation einverstanden.

»Gleich Sonntag Nachmittag, wenn alles vorbei ist, wird Notar Schrumm es ihnen bekannt geben.« Marias Mutter berichtete von dem Besuch des Notars bei ihr. »Ich habe ihm diesen Termin vorgeschlagen, weil sie vorher noch mit dem Fest beschäftigt sind.«

»Das ist ein guter Plan.« Mrs. Potter revidierte ihre vorhin geäußerte Meinung.

»Jetzt lassen sie uns in die Kirche gehen.« Frederike stand auf. »Ich bin schon sehr gespannt, wie Maria vor dem Altar aussehen wird.« Sie lächelte verträumt.

* * *

»Nettes Outfit, so mit den Ketten.« Christine Wolkenberg war sehr erstaunt, als sie ihrer Schwester Leonie über den Weg lief. »Hast du endlich jemand gefunden, der dich gefangen hält?« Der Spott war deutlich in ihren Worten zu hören.

Leonie blieb der Mund offenstehen. »Wo kommt ihr denn auf einmal her?« Sie stand auf einmal ihrer Schwester mit ihrem Freund sowie ihren Eltern gegenüber.

»Du siehst gut aus, mein Schatz.« Leonies Mutter Anna Wolkenberg begrüßte ihre Tochter. »Du machst einen sehr glücklichen Eindruck.«

Leonie war immer noch sehr verwundert. »Was wollt ihr denn hier?«

»Wir freuen uns auch, dich wieder zu sehen.« Franz, der Mann von Anna, war ebenfalls recht erfreut, seine zweite Tochter gesund wieder zu sehen. »Frau Mohr hat uns von dir berichtet und dass du bei diesem Historienspiel mitmachen wirst. Deswegen sind wir hier.«

»Wir haben uns Hotelzimmer genommen und wollten dich besuchen.« Christine berichtete, dass Pauls Oma sie für den Abend eingeladen hatte. »Aber möchtest du uns nicht deinen Begleiter vorstellen?« Sie grinste wissend.

Leonie war auf einmal sehr verlegen. Sie blickte mit hochrotem Kopf zwischen ihrer Familie und Holger hin und her.

»Ich passe auf die Dienerin der Prinzessin Katerina auf.« Holger war ebenfalls etwas verlegen, trotzdem ließ er die Leine, an der er Leonie führte, nicht los.

»Das sind echte Ketten, wo sind die her?« Franz begutachtete Leonies Fesseln mit einem gewissen Kennerblick.

»Frau Mohr hat die für mich machen lassen.« Leonie berichtete mit leiser Stimme von ihrer so außergewöhnlichen Gastgeberin.

»Ja, sie hat uns berichtet, dass du bei ihr gefangen sein wolltest.« Anna strich ihrer Tochter über den Kopf. »War es schön?«

»Es ist schön.« Leonie blickte etwas schüchtern zu Holger, doch etwas Weitergehendes traute sie sich nicht zu sagen.

»Ich glaube, wir müssen weiter gehen.« Holger wollte nicht unhöflich sein, aber er sah, dass fast alle anderen Beteiligten des Festes schon am Kirchenportal waren.

»Wir sehen uns ja heute Abend bei Frau Mohr.« Franz blickte zu Holger. »Werden sie auch kommen?«

Holger zuckte mit den Achseln. »Sie hat mich nicht eingeladen.«

Leonie ahnte, dass sie jetzt ihre Chance nutzen musste. »Du kommst mit.« Sie blickte ihn bestimmt an.

»´Topping from the bottom´ ist böse.« Christine lachte. »Du bist immer noch die Alte.«

* * *

Die Pfarrerin Tanja Reger öffnete das große Kirchenportal und bat die Anwesenden in die Kirche. »Bitte kommen sie herein.«

Renate hatte wieder ihre Mappe in der Hand, als sie mit den Anderen vorn am Altar angekommen war. »Wir müssen vor allem besprechen, was wir dieses Jahr anders machen müssen.«

Doch die Pfarrerin musste passen. »Es ist mein erstes Katerinenfest.«

»Aber sie kannten sich doch aus.« Renate erinnerte sich an die Szenen vom Probenwochenende.

»Meine Vorgänger haben alles gut notiert.« Frau Reger berichtete, dass sie sich über die bisherigen Feste in den Archiven der Kirche informiert hatte.

»Es ist eigentlich wie eine normale Trauung.« Renate gab wieder, was sie aus ihren Unterlagen entnehmen konnte. »Nur dass die Braut nicht über ihre Arme verfügt.«

»Also ein normaler Gottesdienst mit einer Trauung. Ich habe mich schon etwas mit dem Fest befasst.« Die Pfarrerin lächelte. »Was müssen wir denn alles proben?«

»Die Ringszene sollten wir auf jeden Fall einmal durchspielen.« Renate blickte in ihre Unterlagen. »Es sollte jeder wissen, wo er sitzt und den Auszug aus der Kirche sollten wir auch noch proben.«

»Dann besprechen wir als erste die Sitzverteilung und machen dann den Auszug.« Pfarrerin Reger verfolgte einen bestimmten Plan. »Dann können wir die anderen schon nach Hause schicken.«



Die Verteilung der Plätze in der Kirche war schnell erledigt, und so konnte Renate vor die Gruppe treten und das weitere Programm bekannt geben. »Wir stellen uns jetzt für den Auszug auf und gehen mit Musik hinaus. Alle bis auf das Prinzenpaar und Doris sind dann fertig.«

Sie warf einen Blick auf die Barock-Pfeiffer, die sich ihren Platz gesucht hatten und jetzt auf ihren Einsatz warteten. Fritz signalisierte, dass die Musiker bereit waren.

Renate las aus ihrer Mappe die Reihenfolge des feierlichen Auszugs vor und bat die Anwesenden, sich entsprechend aufzustellen.

Als alle auf ihren Plätzen standen, gab sie der Musik das Zeichen. Unter feierlichen Klängen schritten die Schauspieler auf das Portal zu. Zwei Mitglieder aus der Wachmannschaft öffneten die Tore und die Gruppe betrat den Platz vor der Kirche.

Es hatte sich schon ein wenig herumgesprochen, dass Maria das Gebet tragen würde und so wurden sie jetzt schon von einigen Schaulustigen begrüßt, die bei Marias Erscheinen sofort in Applaus und Jubel ausbrachen.

»Ein kleiner Vorgeschmack auf Sonntag«, flüsterte Paul leise.

Maria seufzte leise.

Vor der Kirche würde am Sonntag die Kutsche stehen, mit der sie durch die Stadt fahren würden. Heute standen auf dem Vorplatz nur zwei Stühle auf einem Podest.

»Die Pferde fehlen.« Maria hatte ein Lächeln in der Stimme. »Soll ich Wildfire rufen?«

»Das wäre eine tolle Idee.« Paul musste ebenfalls schmunzeln. »Das würde einen gewaltigen Aufruhr geben.«

»Schau mal, wer das ist.« Maria blickte auf die Zuschauer, während sie sich auf ihren Stuhl setzte. »Winkst du mal für mich?«

Paul war Marias Blick gefolgt und hatte die Familie Wolkenberg ebenfalls entdeckt. Doch bevor er Marias Bitte nach kam, vergewisserte er sich, dass Renate gerade wegschaute. Das Winken gehörte an dieser Stelle nicht zum Spiel.



»Wir müssen jetzt nur noch die Ringszene proben.« Pfarrerin Reger blickte sich um, als die verbliebenen Darsteller wieder in der Kirche versammelt waren. »Wie habt ihr euch das gedacht?«

Renate legte ihre Mappe beiseite. »Doris steckt der Prinzessin den Ring zwischen ihre Finger, und Maria steckt ihn dann dem Prinzen an den Finger. So hatten wir uns das überlegt.«

Frau Reger blickte etwas unsicher zwischen Maria und Doris hin und her. »Mit den Ketten?« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie über Doris´ Erscheinung irritiert war.

»Am Sonntag wird sie keine Ketten tragen.« Theo antwortete schnell auf die gestellte Frage. Er wollte Nachfragen nach den Ketten vermeiden.

»Hier sind die Ringe.« Renate holte sie aus ihrer Jackentasche und reichte sie Doris und Paul.

»Wartet einmal.« Pfarrerin Reger hatte sich hinter Maria gestellt und brachtete ihre Arme. »Das geht doch so gar nicht.«

»Was geht nicht?« Renate schreckte auf. Hatte sie schon wieder etwas übersehen?

»Marias Hände sind doch gar nicht sichtbar.« Frau Reger blickte fasziniert auf die Ausbuchtung des Kleides. Von Marias Händen war wirklich nicht viel zu sehen.

»Doch, das geht.« Frederike kam hinter eine Säule hervor und ging zu ihrer Tochter.

»Mama, wo kommst du denn jetzt her?« Maria war mehr als verwundert.

»Aus dem Hintergrund.« Frederike lächelte geheimnisvoll. »Ich habe mit deiner Schneiderin noch ein paar Details ausgemacht, und ich bin sehr gespannt, ob sie es umsetzten konnte.« Sie griff am Halsansatz an das Kleid. »Hier sollte ein kurzer Reißverschluss eingearbeitet sein.« Sie wartete, bis auch Paul neben sie getreten war.

»Davon wussten wir nichts.« Er war ein wenig verlegen.

»Hier lässt sich das Kleid soweit öffnen, dass man an das Korsett heran kommt.« Sie ignorierte Pauls Einwand und öffnete das Kleid an der entsprechenden Stelle. »Und dort ist der gleiche Verschluss eingearbeitet.«

»Das hatten wir noch gar nicht entdeckt.« Das Paar war verwundert.

»Sonst würde das mit den Ringen doch gar nicht gehen.« Frederike öffnete auch das Korsett, dann strich sie ihrer Tochter über die Wange. »Jetzt probiert es einmal.«

Für Paul war es ein leichtes, den Ring über den Finger seiner Freundin zu streifen. Auch Doris hatte wenig Probleme, Maria den Ring zwischen die Finger zu stecken. Doch dann wurden sie von Renate unterbrochen. »So geht das nicht. Maria kann doch überhaupt nicht sehen, was sie macht.«

»Außerdem verliert es sehr an Würde.« Pfarrein Reger stimmte Renate zu. »Können wir dafür nicht eine andere Lösung finden?«

Maria hatte sich insgeheim über diesen Punkt auch schon ihre Gedanken gemacht. »Wie wäre es, wenn Doris den Ring gleich an Pauls Finger steckt?« Nachdem es nur ein Spiel war, bedeutete es ihr ohnehin nicht so viel.

»Man müsste das natürlich vorher erklären, aber es könnte gehen.« Die Pfarrerin war von Marias Idee angetan. »Wärst du damit einverstanden, Doris?«

»Dann müsste ich ja mit vor dem Altar stehen.« Doris dachte laut. »Wenn das in Ordnung wäre?«

»Ich denke, das ist eine gute Lösung.« Renate war erleichtert.

»Erst muss ich dir die Ketten abnehmen und dann steckst du einem fremden Mann den Ring an den Finger?« Theo war neben seine Verlobte getreten und hatte Mühe, sein ernstes Gesicht zu halten.

Doris blickte ihn verschrocken an. Sie wurde auf einmal sehr klein.

»Es sollte ein Scherz sein.« Theo nahm sie in den Arm. »Du wirst das ganz toll machen.«

»Du bist einverstanden?« Doris hatte den Einwand ihres Verlobten zunächst ernst genommen, doch jetzt war sie erleichtert. »Ich freue mich so.«

* * *

»Ich möchte mich auf jeden Fall noch einmal mit den beiden Brautleuten unterhalten.« Die Pfarrerin blickte kurz zu Paul und Maria. »Ich möchte wissen, was sie über das Historienspiel denken und ob sie die Realität vom Spiel unterscheiden können. Das wäre mir sehr wichtig.«

»Also so eine Art Traugespräch?« Paul erinnerte sich daran, dass Anna so etwas ähnliches erzählt hatte.

»Nicht direkt.« Pfarrerin Reger schien kurz nachzudenken. »Aber das möchte ich euch erklären, wenn wir allein sind.«

»Gern.« Maria ahnte auch, worum es gehen würde.

»Außerdem hätte ich noch eine ganz andere Bitte, aber die wäre ganz privat.« Ohne dass sie es wollte, wurde sie ein wenig rot dabei.



»Was wird sie wohl wollen?« Paul flüsterte, als er zusammen mit Maria auf dem Weg zum Pfarrhaus war.

»Na was wohl.« Maria gab sich gelassen. »Sie wird das Gebet sehen wollen.«

Insgeheim dachte er darüber nach, dass es ja immerhin das ´Gebet´ auf dem Rücken genannt wurde, und damit war ein gewisser religiöser Bezug gegeben. Doch er wagte nicht, dass zu äußern. »Du hältst es noch so lange aus?« Ausnahmsweise sorgte er sich mal nicht um Maria, sondern wollte nur vom Thema ablenken.

»Du nervst.« Maria äußerte ihre Meinung. »So lange trage ich es doch noch gar nicht.«

Die Bitte der Pfarrerin, dass sie das vermeintliche Traugespräch mit dem angelegten Gebet führen wollte, weil es für das Spiel wichtig wäre, war leicht zu durchschauen. Und doch hatte Maria kein Problem damit, Frau Reger diesen Wunsch zu erfüllen. Doch einen anderen Gedanken versuchte sie weit von sich weg zu schieben. Wie würde es wohl sein, wenn sie zu ihrem echten Traugespräch gehen würden?

* * *

»Weißt du, wo wir hingehen müssen zu dieser Nachbesprechung?« Maria ließ die Kirchentür los und ging neben Paul her.

»In den Ratskeller, so war es angesagt.« Paul war froh, dass er Maria endlich das Gebet hatte abnehmen dürfen. Sie hatte zwar keinerlei Anzeichen von Unbehagen gezeigt, doch sein Gefühl sagte ihm, dass es jetzt genug war.

»Weißt du, wo der ist?« Maria blickte sich um. So oft war sie noch nicht in dieser zentralen Gegend gewesen.

»Ich war mit meiner Oma ab und zu mal dort.« Paul zeigte in die Richtung. »Er ist im Keller vom Rathaus.«

»Wie der Name schon sagt.« Maria lächelte.

»Hast du gesehen, was das für ein billiger Schmuck war? Nur Plastik und nicht mal besonders hübsch.« Paul gab seine Gefühle wieder, während sie auf dem Weg zur Nachbesprechung waren.

»Du hast recht.« Maria stimmte ihm zu. »Das hat mir auch überhaupt nicht gefallen.«

»Ich habe eine Idee.« Paul war etwas zurückhaltend.. »Wenn du nichts dagegen hast, den Schmuck meiner Mutter zu tragen.«

»Das würdest du tun?« Maria war sehr gerührt. Bisher hatte sie noch nie nach den Eltern von Paul gefragt, und sie spürte, dass auch jetzt nicht die richtige Gelegenheit war. Das Angebot, den Schmuck der Mutter zu tragen, ließ vermuten, dass etwas Schmerzhaftes zutage treten würde. Und darauf konnte sie im Moment gut verzichten. Sie würde ihn später einmal zu seinen Eltern befragen.

»Sie hätte bestimmt nichts dagegen.« Paul ergriff Marias Hand. Den Rest des Weges bis zum Rathaus gingen sie schweigend.

Maria hätte liebend gern tausende von Fragen gestellt, doch sie ahnte, dass mit den Antworten bestimmt einige traurige Erinnerungen verbunden waren, und die wollte sie ihrem Freund jetzt ersparen. Später würde dafür sicher auch noch Zeit sein.

Denn natürlich wollte sie auch etwas über seine Eltern erfahren. In gewisser Weise waren sie auch darüber verbunden, denn auch Maria hatte ihren Vater kaum kennengelernt und war allein bei ihrer Mutter aufwachsen.
720. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 21.04.17 08:34

Hallo gag_coll, vielen Dank für die wie immer klasse Fortsetzung. Ich bin schon auf die weitere Entwicklung gespannt. Noch ein schönes, erholsames Wochenende.
721. RE: Maria

geschrieben von AK am 21.04.17 13:25

Super Geschichte. Freue mich schon auf den nächsten Teil.

Vielen Dank
722. RE: Maria

geschrieben von carpegenk am 22.04.17 08:44

Hallo,
auch ich möchte Dir ein Lob aussprechen: Seit Ende 2013 darf man sich auf die Fortsetzungen von "Maria" freuen, die, teilweise in Schüben, aber immer spannend von Dir kommen.
Vielen Dank für diese Ausdauer.
Dein CarpeGenk
723. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 22.04.17 22:23

Zitat
Hallo,
auch ich möchte Dir ein Lob aussprechen: Seit Ende 2013 darf man sich auf die Fortsetzungen von \"Maria\" freuen, die, teilweise in Schüben, aber immer spannend von Dir kommen.
Vielen Dank für diese Ausdauer.
Dein CarpeGenk


Hallo Carpe Genk

da hast du recht.... nur je weiter wir Fortschreiten, um so näher kommt das Ende der Geschichte Davor graut es mir irgendwie am meisten.

Mit fesselnden Grüßen
Kami
724. RE: Maria

geschrieben von frtsm am 23.04.17 00:25

Danke für die immer wieder guten Fortsetzungen der Storry.
725. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 24.04.17 00:45

Hallo cag_coll!

Da hast ja wirklich mal wieder tolle Fortsetzungen geschrieben.

Vilen Dank für diese Arbeit.

LG Rainman
726. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfunddreißig

geschrieben von gag_coll am 24.04.17 05:53

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Donnerstag, 23. September 1984)

»Hier war ich glaube ich noch nie.« Maria war ein wenig beeindruckt, als Paul die große schwere Tür am Eingang des Ratskellers öffnete.

»Es ist etwas teuerer hier, aber dafür ist das Essen sehr gut.« Er erzählte kurz von den bisherigen Besuchen.

»Wir sind hier.« Renate stand an einer Tür und bat das Paar zu sich. Es war ein kleiner Raum, in dem nur drei Tische standen. An der Tür stand das Schild ´Clubzimmer´. »Hier können wir uns gut besprechen«, erklärte Renate. »Im Restaurant ist es zu laut.«

»Und außerdem wäre es unhöflich.« Robert Greinert betrat hinter ihnen den Raum. »Nehmt bitte Platz.«

»Wer kommt denn noch alles?« Renate fragte es, als sie das Zögern des Prinzenpaares bemerkte.

Robert ging zu seinem Platz, und aus der Tasche, die er dort abgestellt hatte, zog er einen Block heraus. Mit ruhiger Stimme las er die Namen vor.

»Dann sind wir also zu zehnt.« Renate blickte sich kurz im Raum um. »Wenn wir die zwei Tische aneinander stellen, haben alle Platz.«

»Gute Idee.« Robert warf Paul einen kurzen Blick zu. Gemeinsam stellten sie das Möbilar des Raumes so um, dass alle Anwesenden einen Platz am Tisch hatten.

»Wünschen sie schon etwas zu trinken?« Eine Bedienung stand auf einmal im Raum und zückte ihren Block.

Der Reihe nach gaben sie ihre Getränkewünsche an, dann nahmen sie Platz und warteten, bis alle, die sich angesagt hatten, anwesend waren.



Robert erhob sich und begrüßte alle Anwesenden. Besonders hob er Marias Mutter hervor, mit deren Anwesenheit beim Fest eigentlich keiner gerechnet hatte.

Paul blickte sich unauffällig etwas um. Er kannte fast alle Anwesenden, nur ein Herr war ihm bisher unbekannt gewesen. Herr Greinert hatte Hans Schulte als Kassierer des Festes vorgestellt.

»Wir haben uns hier versammelt, um den Ablauf der Festes noch einmal zu besprechen und auch, um einen kritischen Blick auf die Generalprobe zu werfen, die jetzt hinter uns liegt.« Er blickte kurz zu Maria. »Wir haben dieses Jahr ein ganz außergewöhnliches Glück, denn Maria Beller wird zum ersten Mal überhaupt die Originalhaltung der Katerina vorführen, und wir freuen uns alle sehr, dass wir dabei Zeuge sein dürfen.«

Er wartete den leichten Applaus ab, dann sprach er weiter. »Es gibt ein paar wenige Aspekte, ich noch durchsprechen möchte, ansonsten bin ich mit dem heutigen Tag sehr zufrieden.« Er wandte sich an den Kassierer. »Wie sieht es dieses Mal von der finanziellen Seite aus?« In den Jahren zuvor musste die Stadt immer einen mehr oder weniger hohen Betrag aufbringen, um die Verluste des Festes auszugleichen.

Der Kassierer nahm seine vorbereiteten Zettel zur Hand und warf noch einmal einen Blick darauf. »Wir sind ausverkauft.« Seiner Stimme war zu entnehmen, dass dies etwas sehr Außergewöhnliches war. »Es wollen alle die Katerina sehen.«

Paul ergriff Marias Hand und hielt sie fest.

»Aber die Stadthalle fasst zweitausend Personen.« Robert war ehrlich erstaunt über diese Aussage.

»Ich war eben noch einmal bei der Vorverkaufsstelle.« Hans Schulte war selbst sehr beeindruckt von den Zahlen, die er verkünden durfte. »Es gibt keine Karten mehr für den Ball.« Er lies seine Zettel sinken. »Ich hatte schon so viele Anfragen, dass ich noch etwas vorschlagen möchte, wenn es erlaubt ist.«

»Bitte.« Robert war von den Nachrichten überwältigt.

»Wenn wir bekannt geben, dass die Katerina sich mit ihrem Prinzen nach dem Verlobungsball einmal vor der Stadthalle zeigt, dann könnten noch viel mehr Leute dieses unglaubliche Kunststück sehen.« Es kostete ihn einige Kraft, seinen Vorschlag auszusprechen.

Renate sah es etwas nüchterner. »Aber nach dem Verlobungsball wird es schon langsam dunkel sein.«

»Die Verwaltung sagt, dass der Platz vor der Halle ausgeleuchtet werden kann.« Er wollte seine Idee verteidigen.

»Wie wäre es, wenn wir erst einmal die Hauptdarstellerin fragen würden, ob sie dazu überhaupt bereit ist.« Frederike blickte mit etwas Sorge auf ihre Tochter.

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Das können wir gern machen.« Sie lächelte Paul zu.

»Entschuldigen sie, dass ich mich einmische.« Herr Steinhagen ergriff das Wort. »Die Sponsoren wünschen sich ebenfalls, dass die Katerina bei ihnen das Gebet vorführt, und ich frage mich, ob wir Maria damit nicht zuviel abverlangen.«

Maria hatte sich über den Verlauf des Wochenendes auch schon ihre Gedanken gemacht. Jetzt blickte sie ihre Mutter etwas unsicher an. In den Staaten hatte sie gegen Ende der Behandlungszeit auch noch über den Verlauf des Festes gesprochen, doch von so einer langen Tragedauer des Gebets war bisher nicht die Rede gewesen.

»Sie verlangen viel, meine Damen und Herren.« Frederike richtete sich auf. »Wann sind die Sponsorentermine?«

Renate griff zu ihrer Mappe und las die Termine daraus vor. »Wenn ich es richtig sehe, dann ist jeweils eine Stunde pro Sponsor vorgesehen.« Sie blickte Frederike ruhig an. »Und es sind vier Termine.«

»Paul, wie lange brauchst du, um Maria das Gebet ordentlich und bequem anzulegen?« Frederike blickte Marias Freund mit einer sehr ernsten Miene an.

»Ungefähr zehn Minuten.« Paul war überrascht, so plötzlich im Mittelpunkt zu stehen.

»Sagen wir eine viertel Stunde.« Marias Mutter wandte sich wieder an Renate. »Können sie es so arrangieren, dass meine Tochter zwischen den Terminen immer eine Stunde Pause hat?«

Renate blickte noch einmal in ihre Mappe. »Ich muss dafür noch ein paar Telefonate führen, aber ich denke, das lässt sich einrichten.«

»Gut, wenn das Thema soweit geklärt ist, würde ich gern zur Auswertung der Probe kommen.« Robert machte eine Pause. »Ich würde gern drei Dinge ansprechen.«

Er wartete kurz einen Moment, dann fuhr er fort. »Bei der ´Heimkehr von der Schlacht´ wurde die Katerina schon von ihrem Prinzen begleitet. Das ist so eigentlich nicht richtig.«

»Warum ist es denn falsch?« Renate war ein wenig verwundert.

»Gemäß der Tradition hat der Prinz seinen ersten Auftritt erst, wenn er die Katerina am Marktplatz abholt.« Robert lächelte. »Bei der Heimkehr geht der Prinz immer bei der Herzogsgruppe mit, denn da ist die Katerina ja nur die Geisel.«

»Ich bin ja nur eingesprungen, weil die drei Dienerinnen auch von Bewachern geführt wurden.« Paul verzichtete darauf, auf die besonderen Verhältnisse aufmerksam zu machen.

»Das war ja auch gut so.« Robert blickte zu Carlos. »Aber die Geisel verdient eine besondere Behandlung. Wenn sie an der Leine geführt wird, dann sollte dies durch eine wichtige Persönlichkeit passieren - zumindest durch Chef der Wachmannschaft. Wäre das machbar?«

»Darum werde ich mich kümmern.« Carlos nickte ruhig, doch dann blickte er zu Paul und Maria. »Wenn es gestattet ist.«

Es fiel Paul schwer, sich unter Kontrolle zu halten und seine latente Eifersucht nicht zu zeigen, denn natürlich hätte er gern Maria durch die Stadt geführt. Doch zugunsten des Spiels gab er seine Zustimmung.

Robert erkannte, dass dieser Punkt geregelt war. »Dann wäre als nächstes der Tanz der Dienerinnen. Warum ist das dieses Jahr überhaupt ein Problem.« Es war ihm anzusehen, dass er die Zusammenhänge noch nicht verstanden hatte.

»In den vergangenen Jahren wurden die Dienerinnen immer von der Tanzgruppe gestellt, und die kannten die Tänze natürlich.« Renate konnte es nicht verhindern, dass sie ein wenig rot wurde. »Doch dieses Mal haben wir drei fremde Darstellerinnen.«

»Ach so.« Roberts Miene zeigte, dass er es jetzt verstanden hatte. »Und was machen wir jetzt damit?«

»Ich habe die drei Mädchen schon verständigt.« Renate hatte großes Interesse daran, ihren Fehler wieder gut zu machen. »Morgen vormittag und Samstag vormittag ist jeweils eine Probe angesetzt, und die Damen der Tanzgruppe kümmern sich um die Tänzerinnen.«

»Gut, dann wäre das auch geregelt.« Robert blickte auf seine Notizen. »Mir ist in der Kirche noch etwas aufgefallen.«

»Und zwar?« Renate war etwas verwundert.

»Wir spielen es dieses Jahr ja ein wenig anders.« Er holte tief Luft. »Die Katerina ist dieses Jahr auch nach dem Ja-Wort noch gefangen.«

»Du meinst, weil sie das Gebet noch trägt.« Renate versuchte, den Gedanken zu folgen.

»Richtig.« Robert zögerte ein wenig. »Aber es geht mir eigentlich gar nicht um Maria, sondern um die Schmiedetochter.«

»Sie darf nicht frei sein, wenn ihre Herrin noch gefangen ist?« Renate sprach ihre Gedanken aus.

»Genau das meinte ist.« Robert war ein wenig verlegen. »Frau Schwerterle müsste in der Kirche ebenfalls noch ihre Ketten tragen. Meinen sie, sie können ihr das schonend beibringen?«

»Das wird aber Wellen werfen.« Renate antwortete bewusst zweideutig, denn sie hatte die wahren Zusammenhänge längst begriffen. »Ich werde mein Bestes versuchen.«

Paul und Maria waren der Diskussion schweigend gefolgt, jetzt hatten sie große Mühe, ihre Mienen nicht zu verziehen. Sie waren Zeuge des Dialogs zwischen Doris und Theo gewesen, und sie ahnten, was diese Nachricht für Doris wirklich bedeuten würde.

»Und dann wäre da noch ein letzter Punkt, und deswegen habe ich Frau Reger dazu gebeten.« Er blickte kurz auf die Pfarrerin, die bisher geschwiegen hatte. »Bekommen wir Schwierigkeiten, wenn wir in der Kirche eine falsche Trauung durchführen?«

»Mit dieser Fragestellung habe ich mich auch schon befasst, weil es mein erstes Katerinenfest ist.« Sie legte die Arme auf den Tisch. »Wir müssen uns in dieser Richtung keine Sorgen machen. Im Gegensatz zum Katholizismus ist die evangelische Trauung streng genommen nur ein Gottesdienst anlässlich einer standesamtlichen Eheschließung, bei der das Paar sich vor Gott und der Gemeinde zueinander bekennt und verspricht, die bereits geschlossene Ehe nach dem Willen Gottes zu führen, so wie es die Bibel beschreibt.«

Sie holte tief Luft. »Ich habe mich gestern bereits mit Herrn Mohr und Frau Beller getroffen, und wir haben diese Aspekte auch in einem persönlichen Gespräch geklärt.«

»Inwiefern?« Renate wusste zwar, dass es so etwas wie eine kirchliche Schweigepflicht gab, doch hier ging es schließlich nur um ein Historienspiel.

Frau Reger lächelte. »Es handelt sich ja nur um ein Schauspiel, und ich wollte mich vergewissern, dass dies dem Paar auch bewusst ist.«

»Und das war erfolgreich?« Renate hatte erkannt, dass sie gerade auf einem schmalen Grat wanderte.

»Ich werde sie als ´Prinz Anselm´ und ´Prinzessin´ Katerina anreden.« Die Pfarrerin blickte kurz zu dem Paar. »Und sie haben mir versichert, dass sie sich ihrer Rollen bewusst sind.«

* * *

»Für wann hast du sie bestellt?« Andrea war in Anbetracht der kommenden Fotosession ein wenig nervös.

»Sie sollen gegen sieben Uhr hier aufkreuzen.« Hans blickte auf die Uhr. »Hast du alles vorbereitet?«

»Wieso ich?« Andrea war etwas genervt. Trotzdem hatte sie etwas zu Trinken bereit gestellt. Sie wusste, dass ihr Freund es aus dem gegebenen Anlass sicher vergessen würde. »Und was willst du alles machen?«

Hans ignorierte ihre erste Frage. Er zeigte auf den kleinen Haufen Seile, den er bereitgelegt hatte. »Und ich habe sie gebeten, doch ihren Monohandschuh mitzubringen.«

Andrea sah auf den kleinen Haufen und erkannte, dass er auch das Kopfgeschirr dazugelegt hatte. Jenes Geschirr, welches sie selbst schon länger einmal hätte tragen sollen. Doch sie hatte sich stets dagegen gesträubt. Jetzt entdeckte sie, dass sie unterschwellig eifersüchtig wurde.

Sie hasste sich dafür.

Einerseits brachte sie nicht den Mut auf, sich ihrem Freund auszuliefern, andererseits war sie eifersüchtig, wenn er seine Bedürfnisse anderswo stillte. Sie blickte ihren Freund etwas verärgert an.

Erst jetzt bemerkte sie, dass er sich umgezogen hatte. Er trug eine schwarze Lederhose und ein Netzshirt, dass sie zu einer besser passenden Gelegenheit als sexy bezeichnet hatte. Doch jetzt war es einfach nicht angebracht.

»Du siehst lächerlich aus.« Andrea sprach ihre Gedanken aus. »Willst du sie verschrecken?«

»Aber so macht man das.« Er war ein wenig beleidigt.

»Du ziehst dich wieder um, oder ich schicke sie wieder nach Hause.« Andrea war bewusst etwas wütender, als es der Anlass geboten hätte. Sie wusste, wie sie ihren Freund zu nehmen hatte.

* * *

Vom Ratskeller bis zur Goldenen Traube war es nicht weit, und der Weg führte Paul und Maria auch noch an dem Hotel vorbei, in dem sich Amelie und Leonhard einquartiert hatten. Herr Steinhagen hatte sie eingeladen und dabei angemerkt, dass jeder Verständnis haben würde, wenn sie noch etwas für ihre Rolle üben wollten.

Maria war sich sicher, dass Amelie mit dieser Formulierung nichts anzufangen wusste, deswegen suchten sie sie im Hotel auf, um ihnen die »Übersetzung« dieses Satzes mitzuteilen.

Sie fanden sie in der Bar, und wie Maria es erwartet hatte, waren bei Amelie keinerlei Fesseln zu sehen. Deswegen platzte Maria auch gleich nach der Begrüßung mit ihrer Mitteilung heraus.

»Bist du sicher?« Leonhard war verwundert. »Wir können doch nicht mit den Ketten in das beste Haus am Platz gehen.« Er verwies auf die Prospekte, die das Restaurant im Hotel hatte auslegen lassen.

»Doch.« Maria versuchte, besonders überzeugend zu sein. »Genau das meint er.« Sie blickte zwischen Amelie und Leonhard hin und her. »Paul wird mir später noch das Gebet anlegen.« Sie hoffte, dass ihre Argumente ausreichend waren.

»Wenn man uns so bedrängt, dann müssen wir dem wohl nachgeben.« Amelie lächelte ihren Verlobten an. »Komm, wir gehen noch einmal kurz auf unser Zimmer.«

* * *

»Renate wird dich morgen um einen großen Gefallen bitten.« Maria war auf Doris zugetreten, als diese ebenfalls im Restaurant erscheinen waren. Pauls Freundin hatte Mühe, ein ernstes Gesicht zu machen.

»Um was geht es denn?« Doris war von der Generalprobe und ihren Auftritten noch sehr beeindruckt.

»Die Katerina steht ja mit dem Gebet vor dem Altar.« Maria begann mit ihrer Ankündigung vorsichtig.

»Und ich muss dem Prinzen den Ring an den Finger stecken.« Doris gab wieder, was sie schon wusste und geübt hatte.

»Naja, die Sache ist die.« Maria druckste absichtlich etwas übertrieben herum. »Die Katerina trägt ja auch nach der Kirche noch das Gebet.«

»Das habe ich jetzt verstanden.« Doris war etwas ungeduldig. »Komm zur Sache.«

»Dann darf die Dienerin nicht schon frei sein, habe ich recht?« Theo hielt seine Verlobte im Arm und blickte sie verliebt an.

»Das ist klar.« Doris blickte etwas verwundert, doch dann glitt auf einmal ein Erstaunen in ihr Gesicht. »Ich bin in der Kirche auch noch gefangen und muss die Ketten tragen?«

Maria lächelte. »Das wird dir Renate morgen noch beibringen wollen, und es wäre gut, wenn du etwas betrübt wärst.«

Doris strahlte. »Das wird aber nicht einfach werden.« Sie legte ihren Arm um Theo. »Das ist wirklich ein Traum.« Und sie war auch erleichtert, weil sie Theo nicht um ihre Befreiung bitten musste.

Natürlich wusste sie, dass er nie zulassen würde, dass ihr Leid geschah, ansonsten aber bestand er darauf, dass sie immer seine Gefangene zu sein hatte und die Ketten zu tragen hatte. Doris war erleichtert, weil sie das Ausnahmekonto nicht mit dem Fest belasten musste.

* * *

»Ich wollte Leonie abholen.« Holger stand wieder mit einem Blumenstrauß vor Selmas Haus und lächelte, als Selma ihm die Tür öffnete.

»Sie wartet schon auf dich.« Selma deutete mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung des oberen Stockwerks an. »Bevor ihr geht, kommt bitte noch einmal zu mir, ich möchte euch etwas mitgeben.«

Leonie stand schon an der Treppe und kam jetzt übertrieben langsam die Treppe herunter. Als sie sah, dass Holger Blumen in der Hand hatte, wurde sie ein wenig verlegen. »Die sind für mich?«

»Schöne Blumen für eine faszinierende Frau.« Holger hatte sich ein paar Sätze bereitgelegt. Er reichte ihr die Blumen.

»Kommt bitte kurz mit.« Selma sah eine gute Gelegenheit, ihr Geschenk für das Paar gleich zu überreichen. »Ich möchte euch noch etwas schenken.« Doch zunächst ging sie zur Anrichte und nahm eine Vase heraus. Sie nahm Leonie die Blumen ab und stellte sie in die Vase. »Ich bringe sie dann auf dein Zimmer.«

Leonie bedankte sich etwas unsicher.

»Schaut mal, was dort auf dem Tisch liegt.« Sie zeigte auf das Lederbündel, welches auf der Tischplatte lag, während sie mit der anderen Hand die Vase weg stellte. »Das müsste euch eigentlich gefallen.«

Leonie ging zum Tisch und inspizierte das Lederbündel, als sie sah, dass Holger etwas zögerte. Doch erst als sie es in die Hand nahm, erkannte sie, dass es sich dabei um einen Monohandschuh handelte.

Jetzt kam auch Holger etwas näher, und er sprach aus, was beide dachten. »Das ist ein Monohandschuh und zwar ein Profi-Modell.« Er zeigte Leonie, was er sofort entdeckt hatte. »Überall sind es Dreifach-Nähte, und an allen wichtigen Stellen ist das Leder doppelt gearbeitet.«

Leonie folgte atemlos seinen Ausführungen.

»Gefällt er euch?« Selma lächelte ein wenig. »Ich glaube, ihr mögt Leder lieber als Metall.« Sie machte eine kurze Pause. »Das könnt ihr heute Abend gleich tragen, schließlich erwartet euch der Sparkassendirektor, und er möchte, dass ihr Mädchen für eure Rollen trainiert.« Sie zwinkerte ihnen zu.

Sowohl Holger als auch Leonie bekamen beide glasige Augen. »Ein tolles Stück.« Leonie war begeistert.

»Was meinst du, wie lange wirst du das aushalten?« Holger hatte auf einmal einen sehr ernsten Blick.

»Zwei Stunden schaffe ich locker.« Leonie strahlte. »Dann wird es unangenehm.«

Als Antwort blickte Holger noch eine Spur ernster, doch er schwieg.

»Ich habe ein langes Training hinter mir, so ähnlich wie Maria.« Leonie erkannte, dass sie Holger von ihren Fähigkeiten überzeugen musste. »Früher habe ich viel Ballett gemacht, und ich bin entsprechend gelenkig.«

»Bitte sage mir auf jeden Fall Bescheid.« Holger blickte seine Freundin sehr streng an. »Du musst ehrlich zu mir sein.«

Leonie versprach es sehr feierlich. Sie fühlte, dass Holger gespieltes Unbehagen und echte Schmerzen auseinander halten konnte. Es war etwas komisch. Sie kannte Holger erst zwei Tage, und doch kam es ihr so vor, als währen sie schon ein Leben lang zusammen gewesen.

Holger drehte den Handschuh noch einmal in seinen Händen, dann blickte er Leonie lächelnd an. »Wenn ich Madame behilflich sein dürfte?« Er hielt ihr den Handschuh mit der Öffnung nach oben hin.

»Danke, mein Herr, sie sind zu gütig.« Leonies Stimme zitterte deutlich hörbar. Sie war sehr aufgeregt.

Es war eben nicht nur der Monohandschuh, der sie so sehr erregte, es war die Gesamtsituation. Sie hatte ihren Traummann gefunden, sie hatte einen Traum von Handschuh, und sie waren in das teuerste Restaurant der Stadt eingeladen. Und der Gastgeber bestand darauf, dass sie den Handschuh tragen sollte. Sie hatte schon lange beschlossen, jede Sekunde dieses so tollen und aufregenden Abenteuers zu genießen. Es war einfach zu unwahrscheinlich, dass sich so etwas in der näheren Zukunft noch einmal ereignen sollte.

* * *

»Über was grübelst du?« Florian hielt seine Frau im Arm und führte sie zu dem kleinen Fotostudio.

»Ich frage mich, ob es richtig ist, was ich vorhabe.« Sie holte tief Luft. »Und ich frage mich, warum es mir gefällt.«

»Es ist richtig.« Florian wusste, dass er seine Frau in ihrem Vorhaben bestärken musste. Und über die zweite Frage wagte er selbst nicht nachzudenken.

Er hatte nur gesehen, was die Familie ihrer Tochter angetan hatte, um sie zur Hochzeit zu zwingen. Welche körperlichen und auch geistigen Schmerzen sie deswegen aushalten musste, dass wagte er nicht einmal zu ahnen. Insgeheim nahm er an, dass es für Anna auch so eine Art Therapie war, wenn sie jetzt ähnliche ´Qualen´ aus reiner Lust erleiden wollte.

Doch dann erinnerte er sich an die Worte, die er von Maria zu dem Thema gehört hatte, und dass es eben sehr wichtig war, wer jeweils die Fesseln anlegte. Es war eine Frage des Vertrauens, und er spürte, wie sehr Anna ihn liebte und ihm vertraute. Und er war ernsthaft bemüht, dieses Vertrauen nie zu enttäuschen, auch wenn es ihn einige Überwindung kostete, ihr die Fesseln festzuziehen.

Andrea öffnete und bat ihre Besucher herein. »Ihr kennt euch hier ja aus.« Sie zeigte nur der Form halber auf die entsprechenden Räume. »Hans wartet schon ganz aufgeregt.«



»Was ist denn gewünscht?« Florian fragte es beim Eintreten in das kleine Studio, obwohl der Haufen Seile und der rote Ball mit den schwarzen Riemen daran eine deutliche Sprache sprachen.

»Eigentlich das gleiche wie gestern auch.« Hans war noch von dem Einlauf, den er von seiner Freundin bekommen hatte, sehr eingeschüchtert. Er hatte sich auch wieder umgezogen und trug fast die gleichen Sachen wie am Vortag. »Haben sie den Handschuh mitgebracht?«

Florian legte den Beutel, den er in der Hand trug, neben das Seilbündel und packte das Verlangte aus. »Was ist eigentlich das Faszinierende daran?«

»Das fragen sie noch?« Hans lies die Kamera sinken, die er in der Hand hielt. »Haben sie ihre Frau einmal beobachtet, wenn sie den Handschuh trägt? Die veränderte Haltung müsste ihnen doch aufgefallen sein.«

Florian musste eingestehen, dass er bisher immer um Anna Angst hatte, wenn sie wegen der Forderungen der Familie mit diesem Monster unterwegs war. Auf ihren Körper hatte er bisher wenig geachtet. Doch wegen der Warnungen von Marias Mutter behielt er die Gedanken lieber für sich. Er zuckte nur mit den Achseln.

»Na dann achten sie mal darauf, wie sich ihr Körper verändert, wenn sie ihn anlegen.« Hans gab sich euphorisch.

»Sprecht ihr von mir?« Anna kam etwas schüchtern aus dem Umkleideraum. Wie gestern trug sie einen engen Gymnastikanzug und hatte sich die Perücke aufgesetzt.

»Wir überlegen gerade, was der Monohandschuh mit dir macht.« Florian war ein wenig nervös.

Anna verdrehte nur die Augen, sie wollte nicht darüber nachdenken. »Können wir anfangen?« Sie blickte ebenfalls etwas nervös auf den Haufen mit Seilen und dem deutlich sichtbaren Ball.

»Wo hast du denn das schöne Kleid von gestern?« Hans versuchte ein wenig Smalltalk, während er sich das erste Seilbündel griff.

Anna legte nach einem auffordernden Blick ihre Arme auf den Rücken. »Das gehört mir nicht. Das ist die Uniform für die Auftritte mit der Musikgruppe.«

Hans bat Florian zu sich. »Willst du es einmal probieren?« Er reichte ihm das erste Seil.

Anna stöhnte ein wenig, dann legte sie ihre Arme so, wie sie es gestern auch gemacht hatte.

»Könntest du einmal fragen, ob du es auch privat nutzen darfst?« Andrea hatte schon erkannt, was ihren Freund bewegte, und die Idee, Anna in dem Barockkleid gefesselt zu sehen, faszinierte sie auch.

Anna stöhnte ein wenig, weil sie fühlte, wie sich das Seil aus Florians Händen um ihre Handgelenke. »Ich kann einmal fragen.«

* * *

»Leonie ist aber schon weg«, erklärte Selma, nachdem sie die Familie Wolkenberg begrüßt hatte.

»Das ist schade.« Christine, ihre Schwester lächelte. »Aber sie war ja schon immer recht sprunghaft und spontan.«

»Jetzt kommen sie erst einmal herein.« Sie bat ihre Gäste ins Wohnzimmer. »Ich war schon sehr gespannt auf die Familie von Leonie.«

»Wo ist sie denn?« Anna, ihre Mutter, machte es sich in einem der Sessel gemütlich.

»Sie hat eine Einladung bekommen, und Holger begleitet sie.« Selma setzte sich, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alle einen Platz gefunden hatten.

Christine war hellhörig geworden. »Wer ist Holger?« Den Namen betonte sie besonders.

Selma wurde eine Spur rot. »Ihre Tochter kam zu mir, weil sie hoffte, Paul und Maria zu treffen. Sie sagte, sie hätte sie auf der Hütte kennengelernt.«

»Das wundert mich gar nicht.« Ihre Schwester lächelte. »Sie war ja geradezu vernarrt in die Beiden.«

»Sie hat mir unfreiwillig anvertraut, dass sie es mag, gefesselt zu sein.« Selma war immer noch etwas verlegen. »Und damit hat sie bei mir offene Türen eingerannt.« Sie erzählte von ihrer Zeit als Erzieherin. »Und dann habe ich sie gefragt, ob sie auch vorstellen könnte, meine Gefangene zu sein.«

»Das hat sie sicher sofort zugesagt.« Christine lachte. »So eine Gelegenheit lässt sie sich nie entgehen. Aber wer ist Holger?«

»Christine, du bist ungeduldig.« Ihre Mutter ermahnte sie. »Lass doch Frau Mohr erzählen.«

»Holger ist der Sohn der Nachbarin, und ich habe sie mehr oder weniger verkuppelt.« Selma lächelte. »Aber das soll sie ihnen besser selbst erzählen.«

* * *

»Sie sind also Maria?« Sybille Steinhagen, die Frau des Sparkassendirektors, begrüßte ihren Ehrengast. »Ich freue mich, dass sie der Einladung trotz ihrer knappen Zeit noch gefolgt sind.«

Maria machte nur stumm einen Knicks. Sie war von der Ausstrahlung der Ehefrau nicht minder beeindruckt als von Herrn Steinhagen. Das Ehepaar gab sich bescheiden, war sich aber trotzdem seiner Bedeutung für Landsbach bewusst.

»Ich bin schon sehr auf ihr Kunststück gespannt.« Sie blickte kurz zu ihrem Mann. »Rodulf schwärmt sehr von ihnen.«

Maria lächelte verlegen. Sie suchte Pauls Hand.

»Nehmen sie doch bitte Platz.« Herr Steinhagen bat zu Tisch. »Die Anderen werden auch gleich kommen.«



Doris rieb sich die Augen. »Ich glaube, ich träume.« Sie ging zusammen mit Theo auf den Tisch zu.

»Genießen sie diese einzigartige Gelegenheit.« Herr Steinhagen lächelte. »So etwas wird so bald nicht wieder passieren.« Er machte deutlich, dass nur das morgige Fest es erlaubte, so in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Theo drehte sich noch einmal um. »Wir danken sehr für diese Einladung.« Er strich seiner Frau kurz über den Kopf. »Sie glauben ja gar nicht, was es Doris bedeutet.«



Ein Ober stand bereit, und als sich alle Personen an den Tisch gesetzt hatten, kam er an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen.

Maria fiel auf, dass es der gleiche Ober war, der sie vor einer Woche gar nicht erst herein lassen wollte. Sie lächelte ein wenig. Anscheinend hatte er von seinem Chef eine ordentliche Zurechtweisung bekommen, denn er hatte sich diesmal überhaupt nichts anmerken lassen. Und das obwohl Doris ihre Ketten trug und Leonie mit einem Monohandschuh am Tisch saß und ein Getränk mit Strohhalm verlangte.

Auf einmal zuckte Maria zusammen.

»Was ist los?« Paul war die Regung seiner Freundin nicht entgangen.

»Schau mal, wer dort drüben sitzt.« Marias Stimme war leise.

Paul folgte ihrem Blick, und sofort erkannte er das Mädchen, unter dem Maria so sehr zu leiden hatte, Claudia Wetzler. »Sie ist anscheinend mit ihren Eltern hier.« Paul flüsterte ebenfalls.



Als letztes erschienen Amelie und Leonhard. »Wo sind ihre Ketten?« fragte Herr Steinhagen gleich nach der Begrüßung.

»Siehst du, ich habe es dir doch gesagt.« Amelie blickte ihren Verlobten etwas angesäuert an, dann wandte sie sich wieder an ihren Gastgeber. »Entschuldigen sie bitte, mein Verlobter wollte mir nicht glauben, dass die Ketten wirklich gewünscht waren.« Sie griff in ihre große Handtasche und holte ihren ´Schmuck´ heraus. Fast vorwurfsvoll drehte sie sich zu Leonhard und funkelte ihn an. »Jetzt mach hin.«



Sybille Steinhagen stieß ihren Mann an. »Können wir nicht gleich Maria bitten, uns das Kunststück vorzuführen?« Im Gegensatz zu allen anderen hatte sie Marias Stimmungswechsel bemerkt und glaubte auch den Grund dafür erkannt zu haben. Die Tochter von Wetzlers war für ihre Arroganz bekannt, und ein kleiner Denkzettel würde ihr ganz gut tun.

Herr Steinhagen blickte seine Frau ein wenig verwundert an, doch dann bemerkte er ihren kurzen Blick auf den Tisch von Wetzlers, und sofort grinste er. »Das können wir machen.« Er wandte sich an Paul. »Herr Mohr, ich hatte sie gebeten, die Sachen, die sie für das Gebet brauchen, mitzubringen.«

Paul musste erst einmal schlucken, bevor er antworten konnte. »Ich habe die Sachen wie gewünscht dabei.« Er blickte fragend zu Maria. Einer weiterer Aufforderung bedurfte er nicht.

Maria hatte weiche Knie, als sie sich jetzt erhob und auf die Frau des Direktors zu ging. Sie stellte sich so hin, dass die Frau es gut sehen konnte und legte ihre Arme auf den Rücken, dann gab sie Paul das Zeichen, mit dem Gebet anzufangen.

Maria stand so, dass sie direkt auf den Tisch von Wetzlers blicken konnte, und als sie einmal ihren Blick hob, musste sie lächeln. Claudia Wetzler saß mit hochrotem Kopf am Tisch und starrte zu ihr herüber. Es war deutlich zu sehen, dass sie dabei war, vor Neid zu zerplatzen.
727. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 24.04.17 21:22

Hallo gag_coll

Ich bin kein Mensch großer Worte, deswegen sage ich einfach nur....

T O L L

Ich hab deine Fortsetzung gerade erst gelesen und warte schon ungeduldig auf die nächste. Mach bitte weiter so !!!

und wenn´s ein wenig schneller ginge, wäre das auch nicht schlimm *zwinkerzwinker*

Respektvoll grüßend
Gozar
728. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsunddreißig

geschrieben von gag_coll am 26.04.17 05:41

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsunddreißig
Autor: Karl Kollar

Freitag, 24. September 1984 - Festwochenende

Maria schlug die Augen auf, als sie ihren Wecker hörte. Sofort schwang sie sich aus dem Bett, denn heute begann ihr lang ersehntes Wochenende. Drei Tage waren es nur, und doch fieberte Maria seit Wochen daraufhin, und sie hatte sich oft mehr als geschunden, um sich diesen so außergewöhnlichen Auftritt zu ermöglichen.

Sehr gern hätte sie sich in dieser Nacht Paul hingegeben, doch sowohl Selma als auch ihre Mutter hatten ihnen nach dem Essen mit dem Sparkassendirektor geraten, die Nacht jeweils im eigenen Bett zu verbringen. »Ihr müsst morgen ausgeschlafen sein.« Das war die einhellige Meinung, und es war ihnen auch leicht gefallen, das Argument einzusehen.

Der Abend war toll gewesen. Maria dachte noch einmal über das ganz außergewöhnliche Abendessen nach, während sie sich zügig anzog.

Paul hatte ihr bald nach der Begrüßung das Gebet angelegt, weil die sehr nette Frau des Sparkassendirektors sie darum gebeten hatte. Auch ihre drei Dienerinnen auf dem Fest trugen Teile ihres Kostüms, zumindest wurde es vom Gastgeber so dargestellt.

Natürlich wusste auch Maria, dass es eine wirklich einmalige Gelegenheit war, sich so präsentieren zu dürfen, und immer wieder rief sie sich das Gesicht der sehr eifersüchtigen Claudia Wetzler in Erinnerung, die am Nebentisch saß und geradezu zu platzen drohte.

Anfangs hatte sie noch damit gerechnet, dass Paul ihr die Arme beim Essen wieder befreien würde, doch stattdessen wurde sie von ihm genauso wie Doris von Theo gefüttert. Und es war so würdevoll, dass es überhaupt nicht auffiel.

Natürlich war es auch den Leuten an den Nachbartischen aufgefallen, doch als Frau Steinhagen ihren Mann darauf ansprach, lächelte dieser nur. »Ich möchte eben zeigen, dass diese jungen Damen sich selbst unter erschwerten Bedingungen weitaus besser benehmen können als die Baroness.«

»Da hast du allerdings recht«, hatte seine Frau geantwortet und den vier Mädchen noch einmal ihre Bewunderung ausgesprochen.

Maria dachte über die leuchtenden Augen nach, die ihr an diesem Abend aufgefallen waren. Bei Amelie wusste sie, dass sie bestimmt schon einmal in dieser Situation gewesen war, doch für Doris und Leonie mussten es ganz neue und aufregende Momente sein.

* * *

Doris war sofort wach, als sie im Halbschlaf das liebliche Klirren ihrer Ketten hörte. Sie wusste sofort, welches wichtige Ereignis heute auf sie wartete.

Theo hatte sie auf ihren Wunsch hin gestern Nacht noch mit ihrem ganz strengen Kettenensemble an das Bett gefesselt. Sie hatte sich das Geschirr vor einiger Zeit selbst ausgedacht, es kam aber nur selten zum Einsatz, auch weil es sehr aufwendig anzulegen war. Doch nach den Erfahrungen der letzten Nacht war Theo sofort damit einverstanden gewesen, als Doris ihn gestern Abend darum gebeten hatte.

An jedem Arm und an jedem Bein waren vier Schellen angelegt. Zusätzlich trug sie auch noch einen Ring um ihre Taille und um den Oberkörper ein weiches Ledergeschirr. Theo hatte bei der Umsetzung extra seine Cousine um Rat gefragt, die Ärztin war, und die hatte ihnen zu dieser Kombination geraten. Es galt, eine optimale Fixierung zu erreichen, die aber gleichzeitig noch so flexibel war, dass keine gesundheitlichen Schäden auftreten konnten.

Die Ketten waren deswegen auch nicht fest am Bett befestigt, sondern über Ösen untereinander verbunden, so dass sie nachgeben konnten, wenn Doris sich im Schlaf bewegen sollte. Aus dem gleichen Grund gab es für ihren Oberkörper nur das Ledergeschirr, welches an strategischen Stellen auch noch mit breiten Gummibändern ausgestattet war. So war sichergestellt, dass Doris´ Atmung auf keinen Fall behindert wurde, es ihr aber trotzdem das schöne Gefühl des Gefangenseins vermitteln konnte.



Doris musste immer wieder an die Frage von Renate denken, die für heute angekündigt war. Sie wusste immer noch nicht, wie sie genau reagieren sollte, wenn sie erfuhr, dass sie die Ketten in der Kirche zu tragen hatte.

Sie hatte sich eigentlich schon mit dem Gedanken abgefunden, dass sie Theo dafür um Befreiung bitten musste. Für gewisse Ausnahmefälle war das tatsächlich möglich. Doch sie versuchte gern, diese Gelegenheiten auf das Äußerste zu reduzieren.

Es wäre bei Weitem ja nicht das erste Mal, dass sie das ganze Wochenende in ihren Ketten herumlaufen würde, es war im Gegenteil sogar die Regel. Doch dieses Mal würde sie es in der Öffentlichkeit machen, und es würde hoffentlich von keiner Seite fragende Blicke oder gar abfällige Äußerungen geben.

Sonst musste sie peinlichst darauf achten, das Haus entweder in Freiheit oder mit versteckten Ketten zu verlassen, doch diese drei Tage über wurde es geradezu von ihr erwartet, ihre Ketten zu präsentieren.

Tief in ihr reifte die Hoffnung, dass es für sie nach dem Fest vielleicht doch noch die eine oder andere Gelegenheit geben würde, wo sie die Ketten wieder zeigen könnte.



Immer wieder musste Doris an das außergewöhnliche Abendessen von gestern Abend denken. Sie durfte ihre Ketten im besten Haus am Platz zeigen, und keiner nahm auch nur eine Notiz davon. Im Gegenteil, sie hatte die ganze Zeit über das Gefühl, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass ihre Arme und Beine in Ketten lagen. Natürlich hing es nur mit dem Fest zusammen, das war Doris schon bewusst, und vor allem deswegen war sie wild entschlossen, jede Sekunde des Festes besonders zu genießen.

Gestern hatte Maria ihr schon verraten, dass sie wegen des Gebets auch in der Kirche noch den Status einer gefangenen Dienerin darstellen musste und deswegen auch dort die Ketten zu tragen hatte. Es war ein einzigartiger Glücksfall und Doris war es bewusst, dass es so nie wieder passieren würde.

* * *

Es war das erste Mal, dass Leonie wirklich die ganze Nacht in ihrem Käfig verbringen musste. Natürlich hätte sie das Siegel erbrechen können und sich dann gemütlich in ihr Bett kuscheln. Selma würde sie nicht dafür nicht bestrafen, dessen war sie sich sicher.

Doch Holger hatte sie gestern Abend in den Käfig eingesperrt und persönlich das Siegel angebracht. Und deswegen war es für sie Ehrensache, sich seinem Willen zu fügen. Zumal Selma angekündigt hatte, dass er heute morgen vorbeikommen dürfe, um sich von der Unversehrtheit des Siegels zu überzeugen. Und sie wusste, dass sie die Liebe ihres Lebens nicht enttäuschen durfte, auch wenn der Käfig alles andere als bequem war.

Dabei hatte der Abend schon so aufregend begonnen, als Holger sie mit zugegeben zitternden Händen in den Handschuh eingeschnürt hatte, obwohl sie im teuersten Restaurant der Stadt eingeladen waren. Es kam Leonie immer noch wie ein Traum vor. Doch auf dem Tisch standen noch die Blumen, die Holger mitgebracht hatte, als er sie dafür abgeholt hatte. Und dann hatte er sie auch noch gefüttert, so als ob sie das schon Ewigkeiten lang gemacht hätten. Sie war von dieser Selbstverständlichkeit geradezu verzaubert, und es kam ihr vor, als würden sie sich schon seit dem Sandkasten kennen.

Immer wieder hatte er sich nach ihren Armen erkundigt und stets hatte sie ihm versichtert, dass sie es noch aushalten könne. Doch im weiteren Verlauf des Abends hatte er sie dann aus dem Handschuh herausgelassen, obwohl Leonie noch überhaupt nichts gesagt hatte. »Ich glaube, es ist genug«, sprach er mit bewusst fester Stimme. »Und Widerspruch ist nicht erlaubt.«

Erst später wurde ihr klar, dass er auf ihr leises Stöhnen reagiert hatte, dessen Tonfall sich ein wenig geändert hatte. Und von so viel Sensibilität war sie sehr beeindruckt.



Und das Abenteuer ging weiter. Selma hatte auf der Bank vor der Haustür auf sie gewartet. Als sie Arm in Arm das Grundstück betreten hatten, stand Selma auf und ging ihnen langsam entgegen. »Hattet ihr einen schönen Abend?«

Leonie blickte ihre Gastgeberin sprachlos an, sie war nicht zu einer Antwort fähig.

»Wir möchten uns noch einmal dafür bedanken.« Holger reichte Selma den Handschuh.

»Was ist damit? Passt er nicht?« Selma nahm ihn entgegen, doch gab sich ein wenig naiv.

»Doch, es war alles bestens.« Er blickte Leonie verliebt an.

»Ich möchte ihn euch schenken.« Sie gab den Handschuh zurück.

»Wir danken sehr.« Holger verbeugte sich ein wenig und bezog Leonie in die Geste mit ein.

Selma zögerte noch einen Moment. Sie war sich unsicher, ob ihr Vorhaben wirklich das Richtige war, doch dann entschloss sie sich, ihrem Instinkt zu folgen. Sie gab vor, etwas nachzudenken. »Holger, du könntest mir helfen, Leonie in ihren Käfig zu sperren, falls du noch Zeit hast.«

Holger hatte es die Sprache verschlagen, er war nur zu einem schüchternen Nicken in der Lage.

»Dann lasst uns nach oben gehen.« Selma bat das Paar ins Haus.



»Leonie, du gehst ins Bad, wir bereiten derweil alles vor.« Sie nahm die letzten Treppenstufen, dann winkte sie Holger, ihr zu folgen.

In Leonies Zimmer setzte sich Selma zunächst in den Sessel und wartete, bis Holger ihr in das Zimmer gefolgt war. »Du kannst schon mal den Käfig öffnen und das Siegel vorbereiten.« Sie zeigte auf die kleine Kommode, wo sie am Nachmittag schon alles bereit gelegt hatte.

Holger schaffte es nicht, sein Zittern zu verbergen. Er trat auf den Käfig zu und kniete sich davor hin. »Das ist ja ein echter Käfig«, sprach er mehr zu sich selbst. »Sehr robust und trotzdem schön.«

Er klappte die Tür auf und griff auf den Boden. »Gut gepolstert«, stellte er fasziniert fest, und mit einer Gänsehaut registrierte er, dass schon Bettzeug im Käfig lag. Doch dann erhob er sich, ging zur Kommode und inspizierte die Sachen, die Selma bereitgelegt hatte.

Die Funktion des Siegels war offensichtlich. Die etwas dickere Schnurr wurde erst durch den Riegel des Käfigs geführt und dann zwischen die zwei Wachsplatten gelegt. Mittels der Wärme einer Kerze konnten dann die beiden Plättchen zu einer Plakette zusammengedrückt werden. Nachdem er alles inspiziert hatte, blickte er sich etwas unsicher um.

»Komm, setze dich neben mich.« Selma wusste jetzt, dass sie auf dem richtigen Weg war. »Wir warten auf sie.«



Leonies Herz klopfte laut, als sie ihr Zimmer betrat. Wie sie es erwartet hatte, stand die Käfigtür auf, und sowohl eine Decke als auch ein Kissen lagen im Käfig für sie bereit. Sie wagte es nicht, sich im Zimmer umzublicken, sie ging mit starrem Blick auf den Käfig zu, kniete sich davor nieder und kroch hinein.

Dass sie dabei von Holger und Selma beobachtet wurde, war ihr gleichgültig, sie griff einfach hinter sich und zog die Tür hinter sich zu. Der Riegel fiel zu, und weil es sehr leise im Raum war, erschien dieses Geräusch recht laut. Sie hatte schwer damit zu kämpfen, keine Regung zu zeigen, denn innerlich war sie wild aufgewühlt.

»Jetzt kannst du das Siegel anbringen, Holger.« Sie zeigte noch einmal auf die Stelle, wo sie die Utensilien dafür abgelegt hatte.

Bis jetzt hatte Leonie noch angenommen, es wäre nur eine Show und sie könne sich in ihr Bett kuscheln, wenn Holger gegangen war, doch jetzt wurde ihr klar, dass sie die Nacht tatsächlich in ihrem Käfig zu verbringen hatte.

»Warum eigentlich kein Schloss?« Holger fand endlich den Mut, Fragen zu stellen, während er die Siegelschnur durch die Löcher im Riegel führte und anschließend das Wachsplätzchen anbrachte.

»Es ist zu gefährlich.« Selmas Stimme war auf einmal sehr ernst. »Für einen echten Notfall muss Leonie in der Lage sein, sich zu befreien und damit ihr Leben zu retten.«

Holger schluckte, als er die Strenge dieses Arrangements erkannte. Er vermied es, in diesem Moment Leonie anzuschauen.

»Du möchtest dich bestimmt von ihr verabschieden.« Selma war aufgestanden und gab ihm die Fernbedienung so in die Hand, dass Leonie es sehen konnte, dann ging sie zur Tür. »Lass die Tür einfach ins Schloss fallen, wenn du gehst.« Dann verließ sie das Zimmer, denn sie wusste, dass es jetzt besser war, das verliebte Paar allein zu lassen.

Jetzt erst wagte Holger es, Leonie wieder anzusehen.

Leonie rutschte an die Käfigtür und blickte wie hypnotisiert auf die Fernbedienung.

»Du bist eine sehr faszinierende Frau.« Holgers Stimme war sehr leise, als er durch die Käfigstangen griff und ihr über das Gesicht streichelte. Dann blickte er ebenfalls auf die Fernbedienung und drückte auf den Knopf, den er für richtig hielt.



Sie hörte Schritte im Treppenhaus, fremde Schritte. Sie hielt den Atem an. Ob es er war? Leonie war immer noch verzaubert von dem Moment, als er vor dem Käfig saß und zusah, wie ihr der Vibrator langsam aber unerbittlich einen Orgasmus aufzwang. Und trotzdem war er so ritterlich gewesen und hatte sie erst noch gefragt, ob er sie durch die Gitterstäbe streicheln dürfte.

* * *

»Das war toll gestern.« Amelie schwärmte, kaum dass sie die Augen aufgemacht hatte. »Lässt du mich bitte heraus?« Sie blickte sehr verliebt auf den erst vor kurzem angeschafften Reiseschlafsack, in dem sie diese Nacht verbracht hatte.

»Aber sicher.« Leonhard beugte sich zu ihr hinüber und zog den langen Reißverschluss auf. Der Schlafsack hatte innen Ärmel, die seitlich am Schlafsack befestigt waren. Selbst mit geöffnetem Reißverschluss war Amelie noch nicht in der Lage, sich selbst aus ihrem Nachtgefängnis zu befreien. Erst als Leonhard ihr die Schultern frei gemacht hatte, konnte sie langsam ihre Arme aus den so strengen Hüllen ziehen.

Der Schlafsack hatte den Vorteil, Amelie in einen Zustand völliger Hilflosigkeit zu versetzen, ohne dass sie weitere Hilfsmittel brauchten oder spezielle Vorrichtungen am Bett. Natürlich gab es an den strategischen Stellen noch extra Öffnungen für ausgiebige Spiele in der Nacht.

Amelie liebte den neuen Schlafsack, denn er erlaubte es ihr, sich Leonhard vollkommen auszuliefern. Natürlich gab es auch noch die Möglichkeit, den Schlafsack auf dem Bett zu fixieren, doch Amelie bevorzugte die Variante ohne weitere Riemen. Sie empfand es so noch gemeiner. Sie war nur durch eine Lage Leder, die an wenigen Stellen doppelt gearbeitet war, vollkommen hilflos.

»Du solltest dich beeilen, wir sind zum Frühstück eingeladen.« Leonhard bemerkte, dass seine Verlobte schon wieder ins Träumen geraten war.

* * *

Etwas wehmütig blickte Sophie auf den kleinen Kalender, den sie selbst sich gebastelt hatte. Jetzt begann das Wochenende, wegen dem sie aus dem Verkehr gezogen worden war.

Sie war sich dessen mittlerweile sicher, weil sie diese Aussage mehrmals in der Klinik gehört hatte, wenn ihr Vater und der Chefarzt sich über die Mindestdauer ihres Aufenthaltes unterhielten. Sie fragte sich, was Montag sein würde. Ob sie dann befreit werden würde?

Heute dachte sie anders über das Fest, und sie war sich sicher, dass sie es jetzt bestimmt mit Würde hätte spielen können. Doch die Gelegenheit war vorbei, und sie würde lange brauchen, um ihre Umgebung davon zu überzeugen, dass sie sich geändert hatte. Sie stutzte. Nein, sie wollte sich ändern, wenn sie wieder draußen sein dürfte.

Ihrem Vater gab sie nur einen geringen Anteil an der Schuld. Das Einzige, was sie ihm vorwerfen wollte, war, dass er ihr nach dem Tod der Mutter alle Freiheiten gelassen hatte. Wäre er etwas strenger gewesen, dann hätte sich ihre Entwicklung vielleicht in eine andere Richtung führen lassen.

Erst aus dem Radio hatte sie von den eigentlichen Festinhalten erfahren. Bis zu ihrem angeblichen Unfall hatte sie sich dafür überhaupt nicht interessiert. Doch der kleine Privatsender hatte es sich nicht nehmen lassen, zwischen der vielen Werbung ein wenig über den Ablauf des Festes und auch über die Hintergründe zu informieren.

Gegenüber Maria verspürte sie weder Neid noch Missgunst. Dieses Mädchen hatte es einfach verdient, die Rolle zu spielen. Immerhin war sie die Einzige, die sie jemals im Krankenhaus besucht hatte, und deswegen stand sie bei Sophie auch ganz oben auf ihrer Liste.

* * *

Wieder wählte Maria die lange Nummer, um ihre Freundin in Australien anzurufen, wie sie es fast jeden Freitag tat. Doch diesmal war zu ihrer Enttäuschung nur ihre Mutter Frau Dörtling am Telefon. »Rosalie ist nicht da«, erfuhr Maria von ihr. »Aber sie lässt schön grüßen.«

Maria war ein wenig verwundert. Ihre Freundin hatte ihr diesbezüglich gar nichts gesagt. »Wo ist sie denn?« fragte Maria, obwohl sie insgeheim schon wusste, dass sie darauf keine Antwort bekommen würde.

»Sie hat gesagt, das würdest du schon wissen«, antwortete die Mutter etwas rätselhaft.

Maria versuchte, sich die vergangenen Gespräche ins Gedächtnis zu rufen, doch sie fand keinen Anhaltspunkt dafür, was ihre beste Freundin vor haben könnte. »Hat sie noch Nachrichten für mich hinterlassen?«

Es kam schon mal vor, dass Rosalies Mutter oder auch Mrs. Potter Notizen auf einem Zettel bekamen, den sie dann vorlasen. Doch diesmal musste sie Frau Dörtling auch diese Frage verneinen. »Sie hat nichts für dich dagelassen.«

»Schade.« Maria bedankte sich für das Telefonat und verabschiedete sich, dann legte sie auf und ging zurück ins Esszimmer, wo Paul bereits dabei war, den großen Frühstückstisch zu decken.

Als er die Miene seiner Freundin sah, wusste er sofort, dass etwas nicht stimmte. »Was ist denn los? Schlechte Nachrichten?«

»Nein, nicht wirklich.« Maria schien sich ihre Gedanken aus dem Kopf zu schütteln. »Sie war nicht da, und sie hat ihrer Mutter auch nichts für mich hinterlassen.« Sie blickte etwas verwirrt aus dem Fenster. »Sie lässt ausrichten, ich würde schon wissen, wo sie wäre.« Es war Maria anzuhören, wie sehr sie dieses Telefonat getroffen hatte.

»Vielleicht kommt sie dich ja besuchen?« Paul versuchte einen Scherz, um seine Freundin aufzumuntern.

»Aber dann hätte sie mir doch etwas gesagt.« Maria schüttelte wieder den Kopf, dann ging sie zum Tisch, um ihm beim Tischdecken zu helfen. »Wer kommt denn alles?«

Paul dachte kurz nach. »Deine drei Dienerinnen mit Begleitung, und Frau Bayer wollte kommen.«

»Gut, dass ihr so ein großes Esszimmer habt.« Maria verteilte Servietten auf die Teller.

»Anna und Florian haben sich bereit erklärt, bei der Bedienung zu helfen.« Paul blickte zur Anrichte, auf der einige große weiße Papiertüten lagen. »Ich habe mit ihm schon Brötchen und Weißbrot geholt. Und Anna hilft meiner Oma beim Kaffee kochen.«

* * *

»Leonie wartet schon auf dich.« Mit diesen Worten hatte Frau Mohr Holger nach oben geschickt. Mit Herzklopfen betrat er das Zimmer seiner Traumfrau. »Guten Morgen, Leonie. Wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?« Er kniete sich vor den Käfig und entfernte das Siegel.

Leonie stöhnte leicht. »Das Bett wäre bequemer gewesen«, antwortete sie ihm, nachdem sie ihm auch einen guten Morgen gewünscht hatte.

»Das ist ein schöner Käfig.« Holger hatte sich nichts überlegt, er wollte einfach sein Herz sprechen lassen. Trotzdem war er von ihrer Antwort überrascht gewesen.

»Finde ich auch.« Leonie blickte ihn verliebt an. »Frau Mohr hat ihn extra für mich anfertigen lassen.«

»Bist du oft darin?« Holgers Stimme zeigte seine Faszination.

»Bisher noch nicht so oft.« Leonie flüsterte. »Aber so lange bin ich ja auch noch nicht bei ihr.«

»Kommt ihr zurecht?«, war die Stimme von Pauls Oma zu hören.

»Wir müssen uns beeilen.« Holger öffnete den Käfig und reichte Leonie die Hand. »Heute ist dein großer Tag.«

»Ja, du hast recht.« Leonie ließ sich von ihm aus dem Käfig helfen. Nur nebenbei bemerkte sie, dass seine Berührung sie geradezu elektrisierte.

»Sie hat gesagt, ich soll dir im Bad helfen.« Es war Holger anzusehen, dass es ihm sehr unangenehm war. Doch mit Leonies Antwort hatte er doch nicht gerechnet.

»Lieber du als sie.« Leonie stöhnte. »Als ich die Handschuhe trug, musste ich alles von ihr machen lassen, wirklich alles.«

Holger war verblüfft. »Aber jetzt trägst du ja nur die Ketten.« Er drehte sich weg. »Sag mir einfach, wenn du Hilfe brauchst.«



»Danke für die Einladung.« Theo reichte Selma einen Blumenstrauß. Mit der anderen Hand hielt er Doris im Arm.

»Kommt herein.« Selma trat zur Seite und bat ihre Gäste herein. »Wie war die Nacht?«

»Ruhig.« Theo lächelte geheimnisvoll, während mit seiner Verlobten ins Wohnzimmer ging.

Selma lächelte wissend, dann wandte sie sich wieder der Haustür zu. Sie hatte gesehen, dass auch Renate Bayer auf dem Weg zu ihr war, und sie hatte Amelie und Leonhard im Schlepptau.

»Dann sind wir ja vollständig.« sagte sie, als sie hinter ihnen die Haustür schloß. Sie ging ins Esszimmer und wartete, bis sich alle ihre Gäste einen Platz gesucht hatten, dann setzte sich sich ebenfalls. »Greift zu und lasst es euch schmecken.«



»Ihr glaubt ja gar nicht, was in der Stadt los ist«, berichtete Renate, nachdem sie mit ihrem Frühstück fertig war. »Es hat sich herum gesprochen, dass du das Gebet tragen wirst, und alle wollen es sehen.«

Maria lächelte bescheiden. »Ich hoffe, ich werde keinen enttäuschen.«

»Aber sie müssen sich noch bis Samstag gedulden.« Paul wischte sich den Mund ab. »Heute gibt es nur die Ketten zu sehen.«

Renates Blick wurde auf einmal ernst. Sie blickte zu Doris. »Du hast sicher schon von der traurigen Nachricht gehört?«

Doris zögerte erst ein wenig. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich gut schauspielern konnte. »Die Ketten in der Kirche?« fragte sie vorsichtig.

»Es tut mir sehr leid, dass wir dir das antun müssen« Renate holte tief Luft. »Aber da die Katerina das Gebet noch trägt, musst du als ihre Dienerin ebenfalls noch die Ketten tragen.«

»Es gibt Schlimmeres.« Doris hatte im Vorhinein lange über ihre Antwort gegrübelt.



Es klingelte. Selma stand auf und ging zur Tür. Nach wenigen Augenblicken kam sie zurück. »Maria, es ist für dich.« Aus ihrer Miene war nichts zu lesen.

Maria ging verwundert zur Tür. Draußen standen zwei Personen. Eine hochgewachsene schlanke Blondine mit schulterlangen Haaren, die sehr geschmackvoll gekleidet war, und neben ihr stand ein etwas fülliger Mann.

»Ja bitte?« Maria blickte das Paar verwundert an.

»Maria, erkennst du mich nicht mehr?« Die Blondine blickte verwundert auf ihr Gegenüber. »Ich bin es, Rosalie.«

»Rosalie? Was machst du denn hier?« Maria rieb sich die Augen. »Ich habe dich echt nicht erkannt, du hast dich sehr verändert.«

Marias beste Freundin blickte kurz zu ihrem Begleiter. »Ich bin vor einigen Jahren von hier weggegangen.« Sie drehte sich wieder zu Maria. »Ich muss doch dabei sein, wenn meine beste Freundin vor dem Altar steht. Außerdem möchte ich ihn unbedingt kennenlernen. Und das Gebet möchte ich auch sehen.«

»Ich hatte dich ganz anders in Erinnerung.« Maria war immer noch überwältigt. Ihre Freundin war früher immer etwas pummelig gewesen, und so war sie auch nach DownUnder gegangen.

»Willst du deinen Besuch nicht herein bitten?« Selma erkannte, dass sie Maria ein wenig Hilfestellung geben musste, schließlich war sie auch nur ein Gast bei Pauls Oma.

»Ja, bitte kommt herein.« Als Rosalie neben ihr stand, flüsterte sie ein ´Wer ist das?´ zu ihr, in der Hoffnung, dass es der Begleiter ihrer Freundin nicht hören konnte.

»Das ist Karl Kollar.« Rosalie lächelte ein wenig verlegen. »Wir saßen im Flugzeug nebeneinander.«

»Jetzt kommt erstmal herein.« Selma bat ins Esszimmer und zeigte auf das kleine Sofa. »Nehmt Platz. Wollt ihr noch etwas essen?«

»Vielen Dank, nein.« Rosalie und ihr Begleiter setzen sich. »Wer ist jetzt Paul?« Rosalie blickte sich neugierig im Zimmer um.

Maria stutze einen Moment, dann lächelte sie und stellte die Teilnehmer des Frühstücks vor. Erst ganz zum Schluß stellte sie sich hinter ihren Freund und legte ihm die Arme von hinten um den Hals. »Und das ist Paul.« Sie strahlte sehr, doch dann erst bemerkte sie, dass es jetzt an ihr war, eine wichtige Frage zu stellen.

Obwohl sie räumlich so weit getrennt waren, wussten die beiden Freundinnen immer noch, was die andere jeweils dachte. »Das ist Herr Kollar.« Rosalie stellte ihren Begleiter vor. »Wir saßen im Flugzeug nebeneinander und sind so ins Gespräch gekommen.«

»Ich bin Geschichtsstudent und habe meinen Urlaub in Australien verbracht. Ich schreibe über die Historienspiele in Deutschland meine Doktorarbeit.« Er zählte auf, was er bisher kannte, unter anderem nannte er die Landshuter Hochzeit, den Rothenburger Meistertrunk und die Dinkelsbühler Kinderzeche. »Und dann hat Frau Dörtling mir erzählt, dass sie auch zu einem Historienspiel unterwegs ist, welches nur alle sieben Jahres stattfindet und bei dem ihre beste Freundin zudem die Hauptrolle spielen würde. Diese Gelegenheit konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.«

»Oh Rosalie!« Maria explodierte geradezu vor Freude. »Das ist so schön, das du da bist.«

»Ich sehe, meine Mutter hat dicht gehalten.« Rosalie lächelte.

»Ja, das hat sie.« Maria lachte jetzt auch. »Von wegen, ich wüsste, was du vorhast.«

»Haben sie schon eine Unterkunft?« Selma spürte, dass noch ein paar Fragen zu klären waren.

»Ich bin bei meiner Tante.« Rosalie blickte zu Karl. »Und ich habe ihm das Gästezimmer vermittelt.«

»Es war kein Hotel- oder Pensionszimmer mehr zu bekommen, alles ausgebucht.« Karl lächelte. »Das liegt vermutlich an dem Fest. Darf ich fragen, um was es bei dem Fest geht?«

Rosalie blickte zu Paul und Maria. »Das lassen sie sich am besten von den beiden Hauptdarstellern berichten.« Sie lächelte.

Maria wollte gerade mit der Erzählung beginnen, als sie von Renate unterbrochen wurde. »Ich bitte um Entschuldigung, aber es stehen jetzt noch einige wichtige Termine an.« Aus ihrer Tasche holte sie die vertraute Mappe. »Für die drei Dienerinnen ist ein Tanzunterricht vorgesehen, und Anna und Florian haben einen Termin in der Kleiderkammer.« Sie steckte die Mappe wieder ein und stand auf.
729. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 26.04.17 06:47

Hallo gag_coll,

danke für die nächste tolle Fortsetzung, die mir den Start meines Arbeitstages versüßt.

So langsam geht es ja zum Höhepunkt und alle freuen sich auf das Spiel.
Schön finde ich, dass Du Dich selbst auch in der Person von Karl einbringst.

Ich erwarte die nächsten Fortsetzungen.

Gruß
Machtdom
730. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 26.04.17 10:08

Hallo gag_coll, wie immer eine klasse Fortsetzung. Auch fand es toll, dich auf einmal auftauchen zu sehen. Jetzt weiß ich auch, warum zwischen Teil 13 und 14 sooo lange Pause war, (wenn du auch Urlaub in Australien machst.) ).
Jedenfalls nochmals danke für´s Schreiben.
731. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenunddreißig

geschrieben von gag_coll am 28.04.17 05:26

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Freitag, 24. September 1984 - Festwochenende)

»Ich bin gespannt, was Rosalie zu den Ketten sagt.« Maria blickte lächelnd zu Paul, als sie die Treppe herunter gingen. Selma hatte sie vor kurzem daran erinnert, dass sie sich für das Fest umziehen mussten. Natürlich hatte Maria ihrer Freundin schon am Telefon von ihren kommenden Auftritten berichtet, doch die Ketten in echt zu sehen, würde sicher noch etwas anderes sein.

»Warte, ich mache dir die Tür auf.« Paul ging mit schnellen Schritten zur Esszimmertür, öffnete sie und trat zur Seite. »Meine Damen und Herren, die Comtess Katerina.« Er deutete eine Verbeugung an, dann gab er Maria ein Zeichen.

»Vielen Dank, mein werter Prinz.« Maria machte einen Knicks, dann betrat sie das Esszimmer. Sie trug das einfache Leinenkleid, das sie als Geisel kennzeichnen würde und dazu das Kettengeschirr in der einfachen Ausführung.

Es lag eine gewisse Spannung im Raum, die unter anderem bewirkte, dass Rosalie und Karl aufgestanden waren. Sofort kamen sie auf sie zu und bestaunten die Ketten.

»Das ist aber kein Spielzeug.« Karl blickte fasziniert auf die Ketten. »Darf ich das mal anfassen?«

Maria gab ihm gern die Erlaubnis. Sie streckte ihre Arme aus.

»Ist das eine Maßanfertigung?« Karl war mehr als begeistert. »So etwas Präzises habe ich noch nie gesehen.« Er griff an die Handmanschette. »Die sitzt ja ganz ohne Spiel.«

»Die wurden extra von einem Kunstschmied angefertigt.« Paul war die Aufmerksamkeit des fremden Herrn nicht ganz geheuer.

»Sie haben sogar Gipsabdrücke genommen.« Maria berichtete ein wenig von den Abläufen in der Schmiede.

»Ich bin nur etwas von dem Kleid enttäuscht.« Rosalies Stimme zeigte, was sie von Marias Äußerem hielt. Die Ketten waren ihr gleichgültig.

»Am Freitag stellt die Katerina ja erst einmal die Geisel dar, die der Herzog damals genommen hat, um den Frieden abzusichern.« Paul berichtete ein wenig von der Geschichte, die mit dem Fest verbunden war. Zu seiner Freude hatte sich Karl schon wieder seinen Schreibblock zur Hand genommen und machte sich eifrig Notizen.

* * *

»Grüß dich, Renate.« Robert Greinert saß in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch. Die Nervosität war ihm deutlich anzusehen. »Wie geht es unseren vielen Darstellern?«

»Ich denke, sie fiebern alle darauf hin.« Renate Bayer setzte sich. »Was machst du noch?«

»Ich gehe gerade die Liste der Ehrengäste durch, die wir eingeladen haben, und streiche diejenigen durch, die abgesagt haben.« Robert hob kurz einen Zettel hoch. »Ich möchte nicht wieder jemanden vergessen.«

»Du kannst noch einige Namen auf die Liste setzen.« Renate nahm den kleinen Zettel zur Hand, den sie sich heute Morgen angefertigt hatte. »Wir haben zwei Gäste aus Australien und vier aus Brasilien.«

»Du machst Witze.« Robert blickte Renate ungläubig an. »Australien und Brasilien? Wieso kommen die zu unserem kleinen Fest?«

»Marias Freundin ist vor einigen Jahren nach Australien gezogen.« Sie gab wieder, was sie über Rosalie und Karl erfahren hatte. »Und die Brasilianer hat Maria in den Staaten kennengelernt.« Renate hatte zwar erfahren, dass es sich um Mitglieder des dortigen Hochadels handelte, doch sie hatte versprochen, es für sich zu behalten.

»Ich bin beeindruckt.« Robert machte sich einige Notizen. »Gibst du mir die Namen, damit wir sie begrüßen können? Ich habe gleich noch einen Termin beim Bürgermeister.«

Renate blickte auf ihren Zettel und las die Namen vor, die sie sich aufgeschrieben hatte. Die Titel von Sarah und Juan hatte sie bewusst gar nicht erst aufgeschrieben, obwohl sie davon sehr beeindruckt war.

»Unser kleines Landsbach bekommt internationalen Besuch.« Robert legte seinen Stift weg. »Ich bin begeistert.«

»Marias Mutter hast du auf deiner Liste?« Renate lächelte. »Immerhin lebt sie auch schon ein paar Jahre in Amerika.«

Robert blickte noch einmal auf seine Liste. »Sie steht drauf.« Er machte noch eine Notiz hinter ihren Namen. »Gibt es sonst noch etwas zu klären?«

»Doris hat die Nachricht wegen den Ketten in der Kirche zu meiner großen Erleichterung sehr gefasst aufgenommen.« Renate wollte nicht zugeben, dass sie den Eindruck hatte, die Schmiedetochter hätte sich über die Nachricht sogar gefreut.

Robert war erleichtert. »Dann können wir den Punkt auch abhaken.« Er blickte auf die Uhr. »Ich glaube, ich muss los.«

Renate stand auf. »Wir sehen uns.«

* * *

»Und sie spielen den Prinzen?« Karl hatte sich seinen Notizblock auf die Knie gelegt und machte sich Notizen.

»Ja«, bestätigte Paul und blickte zu Maria, die sich intensiv mit Rosalie unterhielt. »Dabei sollte ursprünglich die Rolle jemand anders spielen.« Er erzählte von seiner etwas überraschenden Auswahl.

»Ich störe euch ja nur sehr ungern, aber ich wollte euch zum Mittagessen abholen.« Frederike stand auf einmal im Raum. Sie blickte sich etwas verwirrt um. »Wo sind denn die anderen?«

»Die Dienerinnen sind beim Tanzunterricht.« Paul berichtete über Renates Aufgabenverteilung. »Und Anna und Florian sind in der Kleiderkammer.«

»Mama, was machst du denn hier?« Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie jetzt von ihrer Mutter nur sehr ungern gestört wurde.

»Ich wollte euch zum Essen abholen.« Sie blickte ihre Tochter fragend an. »Wenn es erlaubt ist.«

Maria bemerkte die nicht ausgesprochene Frage ihrer Mutter sofort, doch sie war in Gedanken noch bei dem, was sie Rosalie erzählt hatte. Erst nach einiger Zeit wurde ihr klar, dass sie besser antworten sollte. »Du kennst Rosalie?«

Frederike kam näher und reichte Marias Freundin die Hand. »Ich freue mich, dich wiederzusehen. Du hast dich wirklich zu deinem Vorteil verändert« Sie blickte kurz zu Karl.

»Das ist Herr Kollar.« Rosalie erkannte, dass sie ihren Begleiter vorstellen musste. Sie erklärte kurz, warum sie ihn mitgebracht hatte.

Marias Mutter gab auch ihm die Hand.

»Von dem Katerinenfest hatte ich bisher noch nichts gewusst.« Karl blickte sich um. »Als Frau Dörtling mir erzählt hatte, dass es dieses Wochenende stattfindet, empfand ich das als einen ungeheuren Glücksfall.«

»Jetzt gibt es erst einmal etwas zu essen.« Maria stand energisch auf. Damit wollte sie allerdings nur ihre immer größer werdende Nervosität überspielen. »Rosalie, du kommst natürlich mit.«

»Und sie sind auch eingeladen, Herr Kollar, falls sie nichts anderes vorhaben.« Frederike drängte zum Aufbruch. »Wir sollten nicht trödeln.«

* * *

»Ah, die Schauspieler kommen.« Der Chef der goldenen Traube hielt die Tür auf und bat seine Gäste einzutreten. »Ich habe euch den kleinen Saal reserviert.«

»Danke Herbert.« Frederike lächelte, dann wandte sie sich ihren Begleitern zu. »Tretet ein.«

»Du kennst den Chef?« Maria war mehr als verwundert.

»Wir sind früher zusammen in die gleiche Klasse gegangen.« Marias Mutter hielt die Tür auf. »Nehmt bitte Platz.«

»Danke, Mama, dass du uns eingeladen hast.« Maria blickte sich um. Die drei Dienerinnen mit ihren Begleitern saßen schon am Tisch, ebenso Anna und Florian. Alle trugen schon das Kostüm, das sie auch auf dem Umzug tragen würden. Leises Klirren der Ketten war deutlich zu hören.

Doch dann stutzte sie. Neben Anna saßen auch vier Personen, die alle die gleiche historische Militäruniform trugen. Erst auf den zweiten Blick erkannte Maria ihren brasilianischen Besuch. »Ich hätte euch fast nicht erkannt.« Sie lachte.

Wie üblich gab Betty die Wortführerin. »Wir dachten, dass das bestimmt zum historischen Charakter passt.«

»Eine sehr gute Idee.« Renate lächelte ebenfalls. »Ich habe euch schon beim Bürgermeister angemeldet. Er ist sehr stolz, dass sogar Besucher aus Brasilien und Australien zu seinem Fest kommen.«

Sarah blickte Renate verschreckt an, doch eine Frage stellte sie nicht.

Renate erkannte trotzdem, was die Prinzessin bewegte. »Ich habe ihm gesagt, dass ihr Freunde von Maria seit und euch in Amerika kennengelernt habt. Mehr weiß er nicht.«

»Danke.« Sarahs Stimme war leise.



»Es gibt Schnitzel, Käsespätzle oder einen Salatteller. Bitte sagt der Bedienung, was ihr haben wollt.« Frederike wartete, bis sich alle gesetzt hatten, dann setzte sie sich ebenfalls.

»Es sieht aus wie in einem Heerlager.« Karl war begeistert. »Die Ketten sehen so echt aus.« Er saß neben Doris und betrachtete seine Nachbarin sehr intensiv.

»Mein Verlobter ist Kunstschmied.« Doris hatte sich schon ein paar Sätze zurechtgelegt, die sie bei solchen Fragen antworten konnte. Sie legte ihre Hand auf Theos Hand, um ihre Verbundenheit zu zeigen.

»Sie haben die Ketten angefertigt?« Karl erinnerte sich an das, was er gerade erfahren hatte. »Das ist wirklich Präzisionsarbeit.«

»Danke, mein Herr.« Theo, der neben Doris saß, war sehr erfreut über das Kompliment.

»Wie war es beim Tanzen?« Maria war neugierig.

»Aufregend.« Doris lächelte. »Wegen des Umzugs heute haben wir das mit den Ketten gemacht.« Sie strahlte. »Ein Traum.«

Maria lächelte ebenfalls. Sie konnte ein wenig erahnen, wie viel der heutige Tag der Schmiedetochter bedeuten musste.

»Was hat es eigentlich mit der Originalhaltung auf sich?« Karl fühlte sich in der Gemeinschaft der Darsteller sehr wohl. »Das Rückengebet oder so ähnlich?«

Renate, die neben ihm saß, nahm sich der Frage an. »Es heißt ´das Gebet auf dem Rücken´.« Sie legte ihre Arme vor ihrem Oberkörper so zusammen, dass ihre Handflächen aufeinander lagen. »So wäre die Armhaltung, aber auf dem Rücken.« Sie blickte kurz zu Maria. »Sie könnte es vorführen, aber wegen den Ketten geht es im Moment nicht.«

»Oh, das eilt nicht.« Karl gab sich geduldig. »Ich kann auch sehr gern bis Morgen warten.« Doch dann stutzte er. »Das ist doch eine sehr ungesunde Haltung. Kommt es dabei nicht zu Schäden?«

»Nicht wenn man es lange und intensiv trainiert.« Frederike erzählte ein wenig von Marias langem Training.

»Ich bin überrascht, was für ein Aufwand für das Fest betrieben wird.« Karl blickte zu Maria.

Maria wollte seine falsche Vermutung richtig stellen, doch ein warnender Blick ihrer Mutter ließ sie inne halten. So begnügte sie sich mit einem höflichen Lächeln.

* * *

Renate stand auf. »Ich möchte mich im Namen aller Teilnehmer noch einmal für die Einladung zum Mittagessen bedanken.« Sie verbeugte sich vor Frederike, die lediglich eine Bewegung mit der Hand machte.

»Wie geht es jetzt weiter?« Marias Stimme zeigte ihre wachsende Nervosität.

»Draußen wartet hoffentlich der Bus, der uns zur Kleiderkammer bringen wird.« Renate griff zu ihrer Mappe. »Wir machen dort noch einen Kostüm-Check, und dann fährt uns der Bus zum Sportplatz.«

Und tatsächlich, als die Darsteller aus dem Restaurant traten, wartete draußen schon ein Kleinbus. Doch der Fahrer war ein wenig verlegen. »So viele Sitzplätze habe ich nicht.«

Erst jetzt realisierte Renate, dass weder Rosalie und ihr Begleiter noch die vier Brasilianer von ihr eingeplant waren. »Was machen wir denn da bloß?« Sie war ebenfalls ein wenig verlegen.

»Wenn sie uns sagen, wo wir hingehen müssen, können wir auch gern zu Fuß gehen.« Betty lächelte. »Unsere Uniform muss ja nicht mehr geprüft werden.«

»Sie würden mir einen sehr großen Gefallen tun.« Renate wurde rot. »Wir hatten einfach nicht mit so viel Hauptdarstellern gerechnet.«

Auch Rosalie wurde hellhörig. »Wir können auch zu Fuß gehen.« Sie blickte ihren Begleiter fragend an.

»Natürlich.« Trotzdem war Karl ein wenig enttäuscht, das war ihm deutlich anzusehen. »Ich hatte nur gehofft, auch einen Blick in die Kleiderkammer werfen zu können.«

»Dafür ergibt sich sicher noch eine Gelegenheit.« Rosalie fühlte sich ein wenig für den fremden Herrn verantwortlich, denn schließlich hatte sie ihn ungefragt mitgebracht. »Wo geht es denn los?« Sie wandte sich an Renate. »Immer noch am alten Sportplatz?«

Renate bestätigte es. »Du kennst dich noch aus?« Sie war erleichtert. »Du könntest die Gruppe dorthin führen.«

»Das mache ich doch gern.« Rosalie drehte sich zu Maria. »Wir sehen uns am Sportplatz.«

* * *

»Und es macht ihnen wirklich nichts aus, die Ketten am Sonntag noch tragen zu müssen?« Robert Greinert hatte Doris mehr oder weniger direkt aus dem Bus heraus abgefangen. »Es tut uns sehr leid, dass wir sie damit belasten müssen.«

»Es ist einfacher, als es aussieht.« Doris gab eine ihrer mittlerweile bereitgelegten Antworten, die sie äußern konnte, ohne zu viel von sich zu verraten.

»Ich bin sehr erleichtert.« Robert blickte zu Boden. »Wir haben diesen Punkt in den Vorbereitungen wirklich übersehen.«

Doris lächelte. »Es ist in Ordnung.«

»Und, sind alle versorgt?« Renate blickte den Vorsitzenden fragend an.

»Die Kammer ist so gut wie leer.« Robert wies auf die offene Tür. »Sie sind alle unterwegs zum Sportplatz.«

»Gut, kommt bitte alle herein und stellt euch nebeneinander auf.« Renate bat die Darsteller in die Kleiderkammer, trat selbst auch ein und machte das Licht an. Zusammen mit Robert betrachtete sie die kleine Gruppe.

»Beim Prinzen fehlt noch das Schwert.« Robert rief sich die vergangenen Feste ins Gedächtnis. »Und das Wachpersonal darf bitte etwas grimmiger schauen. Immerhin kommen sie gerade von einer Schacht zurück.«

Renate musterte die vor Anspannung zitternden Darsteller ebenfalls. Sie ging auf Maria zu und zupfte ihr das einfache Leinenkleid zurecht, bei Doris und Leonie fingerte sie noch etwas an den Haaren. »Jetzt noch die Bewaffnung, und dann passt es.«

»Bewaffnung?« Die Herren wunderten sich, vor allem Leonhard.

»Naja, wir spielen ja die ´Heimkehr von der Schlacht´. Natürlich haben die Herren auch Waffen dabei.« Renate erkannte, dass sie den ortsfremden Personen etwas Hilfestellung geben musste.

»Es sind natürlich nur Holzwaffen, die bemalt sind.« Robert öffnete einen großen Schrank. »Bitte zuerst den Prinzen.«

Paul trat vor und blickte gespannt auf das Schwert, das Robert in der Hand hielt.

Robert trat einen Schritt näher und hängte das Schwert mit seiner Scheide um Pauls Hals, dann bat er auch die anderen Herren zu sich.

* * *

»Was meinst du damit, du willst den Stand nicht machen?« Herr Wetzler stellte den Motor ab und blickte seine Tochter fassungslos an.

»Das kann doch jemand anderes machen.« Claudia ließ ihren Kopf sinken.

»Jetzt platzt mir aber der Kragen, meine liebe Tochter.« Herr Wetzler schnallte sich los. »Ich habe wegen dir Herrn Bräuer abgesagt, weil du den Stand machen wolltest. Weißt du, wie geknickt er war? Das wäre sein letztes Fest gewesen und du hast es ihm kaputt gemacht.« Herr Bräuer war der alte sehr erfahrene Braumeister in der Brauerei von Herrn Wetzler. »Wie stehe ich denn jetzt da?«

»Das ist mir egal, ich mache es nicht.« Claudia hoffte, dass sie vielleicht doch noch um das sehr demütigende Ereignis herum kommen konnte, Maria als die Katerina bedienen zu müssen. Schließlich hatte sie ihre ganze Clique zu dem Fest eingeladen, weil sie ja ursprünglich die Baroness bedienen sollte.

»Nein, ich lasse mir deine Launen nicht mehr länger gefallen.« Herrn Wetzlers Stimme wurde auf einmal bedrohlich leise. »Entweder du machst den Stand, oder ich setzte dich vor die Tür und enterbe dich.«

Claudia blickte ihren Vater erschrocken an.

»Das ist mein voller Ernst.« Er sprach weiter in diesem so bedrohlich ruhigen Tonfall, von dem seine Tochter wusste, dass sie unbedingt ihn ernst zu nehmen hatte.

Claudia kam ins Grübeln. So aufgebracht und ernst hatte sie ihren Vater noch nie erlebt. Sie spürte, dass er es wirklich sehr ernst meinte, und sie erkannte, dass sie anscheinend den Bogen deutlich überspannt hatte. Natürlich hatte sie vor der riesigen Blamage gegenüber ihren Freundinnen Angst, weil sie ausgerechnet diese Maria würde bedienen müssen. Doch wenn ihr Vater seine Drohung wahr machen würde und sie sogar enterben würde, dann war ersteres wirklich das geringere Übel.

»Jetzt hilf mir, den Stand aufzubauen.« Er blickte seine Tochter noch einmal sehr böse an, dann stieg er aus.

Claudia blieb noch ein paar Sekunden auf dem Beifahrersitz sitzen, doch als sie die nächste Ermahnung ihres Vaters hörte, gab sie sich einen Ruck und öffnete die Tür.

* * *

»Es ist eigentlich gar nicht zu verfehlen.« Karl war amüsiert. »Einfach den vielen Leuten nachgehen.«

Rosalie gab ihm recht. »Es laufen ja auch viele Leute auf dem Umzug mit.« Sie versuchte, sich ein wenig an ihr letztes Fest zu erinnern, als sie noch in Landsbach gewohnt hatte. »Damals waren es, glaube ich, über vierzig Vereine. Ich durfte damals das Schild mit der Nummer 39 tragen. Und ich war irre stolz darauf.« Sie lächelte.

»Das glaube ich sofort. Für ein junges Mädchen muss das etwas sehr Schönes sein.« Karl lächelte. »Das war vor sieben Jahren?«

»Und natürlich wollten wir alle die Katerina spielen.« Rosalies Stimme war auf einmal sehr verträumt. »Jetzt hat es Maria getroffen.«

»War da nicht noch irgendwas mit einer Baroness?« Karl versuchte seine bisher erworbenen Kenntnisse zu vervollständigen.

»Ja, natürlich.« Rosalie lächelte, dann gab sie wieder, was sie schon von ihrer Freundin am Telefon erfahren hatte. »Schon vor sieben Jahren wurde die Tochter des Barons ausgewählt, auf diesem Fest die Katerina zu spielen. Aber dann hatte sie den seltsamen Unfall, und Maria musste einspringen.«

Sie gingen einige Zeit schweigend weiter.

»Aber es ist doch ein eher größerer Umzug, wenn ich die vielen verschiedenen Uniformen so sehe.« Karl blickte sich sehr interessiert um.

»Ihr passt mit den Uniformen wirklich gut dazu.« Rosalie blickte zu den vier ´Offizieren´ und lächelte.

»Es sind sehr interessante Uniformen.« Karl bestätigte es. »Es passt gut in diesen historischen Kontext.«

* * *

»Und was muss die Katerina an unserem Stand machen?« Claudia wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Du hast dich ja sehr gut auf das Fest vorbereitet, wie ich sehe.« Herr Wetzler stellte den Tisch auf, den er zusammen mit seiner Tochter aus dem Auto geholt hatte. »Was haben wir denn für ein Geschäft, falls die gnädige Dame das überhaupt weiß?«

Claudia zuckte zusammen. Die Worte ihres Vaters stachen ihr direkt ins Herz. So kalt wie jetzt war er noch nie gewesen. »Wir haben eine Brauerei.«

»Ich bin erstaunt, dass du das überhaupt weißt«, sprach er weiter im gleichen Tonfall. »Und dass du ´wir´ sagst.«

Claudia zuckte wieder zusammen. Sie fühlte sehr deutlich, dass sie den Bogen ordentlich überspannt hatte, und ihr tat der alte Braumeister jetzt schon leid. »Kannst du ihm nicht sagen, dass er es doch machen kann?« Ihre Stimme war sehr leise.

»Und damit blamieren wir uns noch viel mehr?« Herr Wetzler war fassungslos. »Warum haben wir dich überhaupt geboren?«

Claudia schluchzte auf. Ohne dass sie es verhindern konnte, liefen Tränen über ihr Gesicht. Tränen waren normalerweise das allerletzte Mittel, um Aufmerksamkeit von ihrem Vater zu bekommen, und sie setzte dieses Mittel nur äußerst selten ein.

»Wenn du fertig bist mit Weinen, kannst du mir bei den Fässern helfen.« Seine Stimme zeigte, dass er sich diesmal nicht von ihren Tränen beeindrucken ließ. »Schau dich nur um, alle anderen Stände sind schon fertig.«

Claudia richtete sich auf und wischte sich die Augen aus. Erst jetzt hatte sie Augen für ihre Umgebung. Zehn Tische waren in einem Halbkreis von ungefähr zehn Meter Durchmesser auf dem Marktplatz aufgebaut, und bei einigen war auch sofort zu sehen, zu welchem Handwerker oder Geschäft sie gehörten. Außerdem hing an jedem Stand ein Wappentuch, welches ein für den Standinhaber typisches Symbol zeigte. Unter anderem erkannte sie die Logos der Sparkasse, von der Bäckerei und weiteren Handwerkern. Hinter den Ständen war noch ein kleines auf historisch geschmücktes Partyzelt aufgebaut, dessen Funktion sie allerdings nicht kannte.

Auf der anderen Seite des Marktplatzes waren auch noch diverse Stände aufgebaut, die Getränke und Essen sowie Bastelarbeiten und Souvenirs verkauften. Aber es war Tradition, dass diese Stände erst nach dem Historienspiel öffneten.

Sie seufzte noch einmal, dann ging zu zum Auto, um ihrem Vater beim Ausladen zu helfen. Und sie wünschte sich sehr, eine kleine Maus zu sein und sich in ein Loch verkriechen zu können.
732. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 28.04.17 07:17

Wieder eine klasse Fortsetzung. Zu Claudia kann ich nur sagen: Hochmut kommt doch vor dem Fall.
Ich warte schon mit Spannung auf den nächsten Teil.
Schönes Wochenende an alle.
733. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtunddreißig

geschrieben von gag_coll am 01.05.17 06:58

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtunddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Freitag, 24. September 1984 - Festwochenende)

Franz-Ferdinand blickte sich unauffällig um. Er suchte die richtige Position, um den vermeintlichen Angriff seines Freundes auf die Dienerinnen so gut wie möglich abwehren zu können. Sie hatten ausgemacht, dass er vor der alten Bäckerei auf den Zug warten und dann die Mädchen belästigen würde. Das Geschäft war auf der rechten Straßenseite und so positionierte sich Franz-Ferdinand entsprechend neben Doris, die auf dieser Seite ihre ´Herrin´ begleiten würde.

Es ging dem Neffen allerdings nur darum, bei Carlos, dem Chef der Tanzgruppe einen guten Eindruck zu erwecken und möglichst viel Vertrauen aufzubauen. Letzteres brauchte er unbedingt für seinen Plan am Sonntag. Es war wichtig, dass bei dem Fototermin möglichst keine anderen Wächter mehr anwesend waren. Nur dann hatte sein Plan eine Chance, auch zu funktionieren.

Relativ zügig begab er sich auf seinen Platz, bevor noch jemand anders aus der Wachmannschaft diese Position besetzen würde. Der Umzug würde bald los gehen.

* * *

Am Sportplatz wurden Rosalie und ihre Begleiter sofort von einem freundlichen Herrn in einem historischen Gewand empfangen, der sich als Bürgermeister Heinrich vorstellte. »Ich freue mich sehr, so weit gereiste Gäste auf unserem Fest begrüßen zu dürfen.« Er führte seine Gäste ganz nach links auf dem Sportplatz, wo ein Schild mit der Nummer Zwei aufgestellt war.

Karl blickte sich sehr interessiert um. Auf dem Platz Nummer eins nahmen die Mitglieder eines Fanfarenzuges Ausstellung, er konnte es an dem Aufkleber auf der großen Trommel ablesen. Er blickte über den Platz und erblickte neben einigen Musikkapellen, Feuerwehren und Sportvereinen auch Vereine, die in historischen Kostümen an dem Umzug teilnahmen. Auch einige Fahnenträger und Artisten waren zu sehen.

Insgesamt waren es 45 Schilder, die aufgestellt waren. »Das ist aber etwas mehr als die reine ´Heimkehr von der Schlacht´.« Er lächelte.

»Für viele ist es der Höhepunkt des Festes, weil sie hier mitmarschieren können.« Bürgermeister Heinrich blickte auf seine Uhr und sein Blick entspannte sich ein wenig. »Ich habe gehört, dass sie sich für unser Historienspiel interessieren im Rahmen ihrer Doktorarbeit?«

»Nicht ganz.« Karl wollte es richtig stellen. »Ich schreibe über die Historienspiele in Deutschland an sich und stelle Vergleiche an. Von ihrem Fest hatte ich bisher allerdings noch nichts gehört.«

»Es findet ja auch nur alle sieben Jahre statt, und wir sind nur eine Kleinstadt.« Herr Heinrich fühlte sich wegen des Interesses geschmeichelt. »Wir sind hier halt keine Touristengegend. Außerdem ist es ein Fest eher für uns selbst und die Nachbargemeinden.«

»Ich bin auch nur darauf gestoßen, weil Frau Dörtling mir im Flieger davon erzählt hat.« Karl berichtete kurz von dem langen Flug, während dem er mit seiner Sitznachbarin ins Gespräch gekommen waren.

»Aber wir haben immerhin ein kleines Museum über unser Fest.« Der Bürgermeister lächelte. »Wenn sie möchten, kann ich es ihnen zeigen.«

»Das würde mich sehr freuen.« Karl lächelte. »Vielleicht ergibt sich auch eine Möglichkeit, einen Blick in die Kleiderkammer zu werfen. Die würde mich wegen meiner Arbeit besonders interessieren.«

»Das werde ich veranlassen.« Er wandte sich an die Frau, die ebenfalls in einem Kleid aus der Vergangenheit neben ihm stand. »Können sie das alles organisieren, Frau Bauer?«

Die Sekretärin des Bürgermeisters nahm aus ihrem Gewand einen Notizblock und schrieb ein paar Worte darauf. »Wie war ihr Name, und wie kann ich sie erreichen?«

Karl beantwortete die Frage, dann wandte er sich wieder dem Bürgermeister zu. »Und wie lange gibt es das Fest schon?«



Zu einer Antwort kam der Bürgermeister nicht mehr, denn genau in dem Augenblick traf der Kleinbus ein und in dem Moment, als sich die Türen des Busses öffneten, ertönte von dem Fanfarenzug eine festliche Fanfare zur Begrüßung des Prinzenpaares.

Maria und Paul begriffen sofort, dass die Musiker dies extra für sie machten, und ihre Mienen zeigten, dass sie davon sehr beeindruckt waren.

Als die kurze Fanfare verklungen war, trat Renate zu ihnen und führte die Katerina zusammen mit ihren Dienerinnen auf den für die Hauptdarsteller vorgesehenen Platz, dann ging sie zu Rosalie und ihrem Begleiter. »Schön, dass sie da sind. Ich hoffe, unser kleiner Umzug wird ihnen gefallen.«

Karl lächelte. »Ich bin sehr gespannt, aber auch auf morgen und das Gebet.«

»Ja, das ist schon etwas Besonderes.« Renate blickte verträumt auf Maria. »So etwas in der Art hatten wir noch nie.«



Betty musste sich nur umdrehen, dann stand sie direkt vor der Katerina. Sie grinste. »Es ist schon etwas komisch.«

»Was ist komisch?« Maria wunderte sich.

»Naja, du gibst vor, eine Prinzessin zu sein.« Sie blickte sich kurz zu ihrer Geliebten um. »Und Sarah gibt vor, keine Prinzessin zu sein.«

Trotz ihrer Anspannung musste Maria lachen. »Ja, das ist tatsächlich witzig.« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Wir müssen eben beide unsere Rollen gut spielen.«

Sie blickte sich noch einmal um. In der Wachmannschaft entdeckte sie Florian, doch sie sah seine Frau nicht. Auf einen fragenden Blick hin drehte Florian den Kopf und blickte auf die Gruppe mit der Nummer Vier.

Maria folgte dem Blick und sah, dass Anna sich mit dem Kleid, das ihr sehr gut stand, bei den Barock-Pfeiffern aufgestellt hatte. Sie winkte ihr kurz zu.



»Nehmt bitte eure Plätze ein.« Renate wuselte wie gewohnt herum. »Es geht gleich los.« Sie blickte sich um. »Und denkt bitte daran, ihr seid Geiseln und solltest ein trauriges Gesicht machen.«

Mit viel Getöse begann der Fanfarenzug seinen ersten Marsch, und damit setzte sich der Zug in Bewegung.

Kaum hatten sie den Sportplatz verlassen und links und rechts waren die ersten Wohnhäuser zu sehen, da fiel es ihnen auf, wie viele Zuschauer sich schon an den Straßenrändern tummelten.

»Erstaunlich für so eine kleine Stadt.« Karl wunderte sich ein wenig.

»Naja, es kommt der gesamte Landkreis zum Zuschauen.« Der Bürgermeister war sichtlich stolz.

»Warum findet das Fest eigentlich nicht öfters statt?« Karl wunderte sich ein wenig.

»Wir haben das nie in Frage gestellt.« Herr Heinrich zuckte mit den Schultern. »Außerdem ist es eine Menge Aufwand.«

* * *

Claudia sah voller Verzweiflung, dass die Mädchen ihrer Clique so nach und nach eintrafen. Sie hätte sich gern in eine Maus verwandelt, doch das musste ein hehrer Wunsch bleiben. Sie erkannte nach und nach, dass sie sich der befürchteten Demütigung wirklich stellen musste.

Ausgerechnet diese Maria. Bisher war sie ein dankbares Mobbingopfer, doch durch ihre Hauptrolle im Katerinenspiel hatte sie nun das Ansehen und den Respekt des ganzen Städtchens gewonnen, weit mehr noch als die Baroness.

Claudia war sich bewusst, dass sie ihr altes Spiel nicht mehr spielen konnte, schon gar nicht, ohne im Ansehen der Stadt selbst abzustürzen. Das war auch nicht das eigentlich Ärgerliche, sondern, dass sie durch ihre Rolle quasi dazu bestimmt war, die neue Rangordnung als erste zu akzeptieren.

Mit viel Verzweiflung blickte sie zu ihrem Vater, doch sie entnahm seiner Miene, dass sie sich alle Möglichkeiten verspielt hatte, mit denen sich die Demütigung vielleicht noch abwenden lassen konnte.

Jetzt erkannte sie ihren übergroßen Egoismus. Sie hatte dem alten Braumeister mehr als nur vor den Kopf gestoßen. Sie würde jetzt gern die Zeit zurück drehen, doch sie wusste, dass so etwas nicht möglich war.

Sie begann, ihre bisherige Arroganz zu überdenken. War es das wirklich wert?

* * *

Etwas Konkretes hatte Franz-Ferdinand mit seinen Freunden gar nicht abgesprochen, nur der Ort, an dem der ´Überfall´ stattfinden sollte, war ausgemacht. Und tatsächlich, gerade als der Zug an der alten Bäckerei vorbei kam, löste sich plötzlich eine vermummte Gestalt aus der Zuschauermenge und torkelte auf die Gruppe der Hauptdarstellerinnen zu.

Die offensichtlich männliche Gestalt breite die Arme aus und stellte sich Doris in den Weg, als ob sie ein heimkehrendes Liebchen in ihre Arme nehmen wollte, und schien zu erwarten, dass Doris sich der angebotenen Umarmung hingab.

Dadurch, dass Carlos als Chef der Wachmannschaft jetzt auch auf die Prinzessin Katerina achten musste, bemerkte er die Attacke erst, als Franz-Ferdinand sich zwischen ihn und die verwirrte Doris stellte und mit ebenfalls ausgebreiteten Armen den vermeintlichen Verehrer von seinem Ziel abbrachte.

Dieser ließ unwillig seine Arme fallen und versuchte, an Franz-Ferdinand vorbei zu kommen, doch dieser versperrte ihm mit seinen Armen den Weg und drängte ihn mit sanfter Gewalt und energischen Flüchen zur Seite und danach in eine Gasse. Gleich darauf nahm der Neffe des Barons wieder seine Posiiton im Zug ein und tat, als wäre nichts gewesen.

»Gute Arbeit.« Carlos nickte ihm leise zu.

Franz-Ferdinand war erleichtert. Der falsche Überfall war geglückt und Carlos schien die Sache geglaubt zu haben. Der Neffe fühlte, dass sein Plan doch noch Chancen hatte aufzugehen.

* * *

Als die Spitze des Umzugs den Marktplatz erreichte, stellte sich der Fanfarenzug neben die Tribüne und spielte, während die nachfolgenden Gruppe der Ehrengäste sofort auf der Tribüne Platz nahm. In der ersten Reihen saßen natürlich die Darsteller der herzöglichen Familie, Paul als Darsteller des Herzogssohnes natürlich auch. In der zweiten Reihe nahmen der Bürgermeister und die ausländischen Gäste Platz, dahinter plazierten sich die Sponsoren und der restliche Vorstand des Festes.

Die Katerina wurde mit ihren Dienerinnen zu einem kleinen historischen Zelt geführt, um sich dort kurz ein wenig frisch machen zu können. Als Maria sich vor dem Zelt noch einmal zu der Tribüne drehte, entdeckte sie auch ihre Mutter, die zusammen mit einigen älteren Herren auf der letzten Reihe des mehrstufigen Podestes saß.

Während die anderen Vereine an der Tribüne vorbei zogen, machte sich Karl eifrig Notizen. Als der Bürgermeister ihn darauf ansprach, lächelte der Student. »Von ihrem Fest gibt es wenig in der Literatur, also muss ich hier fleißig mitschreiben.«

Auf einmal war die etwas atemlose Stimme eines Mannes zu hören, der sich als Moderator vorstellte und die auf den Marktplatz einmarschierenden Vereine und Gruppen vorstellte.



»Unser kleines Museum hatte ich ja schon erwähnt.« Herr Heinrich lächelte ein wenig stolz. »Das wird sie bestimmt interessieren.«

»Ich bin schon sehr gespannt.« Karl schrieb wieder etwas in seinen Block. Doch dann blickte er erstaunt auf. »Sie haben sogar Moriskentänzer?« Er schaute verwundert auf die Gruppe von Artisten, die gerade vor der Tribüne ihre Kunststücke vorführte.

»Ja und nein.« Herr Heinrich lächelte ein wenig verlegen. »Das ist die berühmte Gruppe aus München. Wir sind sehr stolz, dass sie unser kleines Fest mit ihren Künsten bereichern.«

»Und was passiert hier noch, wenn die Vereine durch sind?« Karl blickte sich um. »Sie haben die Tribüne sicher nicht nur wegen des Umzugs hier aufgestellt?«

Der Bürgermeister wartete die nächste Ankündigung des nächsten Vereins ab, dann zeigte er auf den Marktplatz. »Sehen sie dort die zehn Tische?«

Karl bestätigte es.

»Gemäß der Überlieferung wurde die Katerina, um sie als Geisel in der Stadt bekannt zu machen, bei den Handwerkern und Kaufleuten vorgestellt und musste dort immer ein wenig mitarbeiten.« Der Bürgermeister blickte sich suchend um. »Frau Bayer könnte ihnen mehr erzählen, sie kennt sich mit den Hintergründen zum Fest besser aus.« Er zeigte auf das Zelt, in dem vorhin die Hauptdarstellerinnen verschwunden waren. »Sie kümmert sich jetzt aber um die Darsteller.«

»Und der Prinz?« Karl äußerte, dass er den Freund von Maria kennengelernt hatte und dass dieser auch noch eine Rolle spielen würde.

»Das ist im Prinzip richtig.« Herr Heinrich drehte sich kurz zur Seite und zeigte auf den Prinzen. »Dort sitzt Paul Mohr, der später noch wichtig wird.«

»Ich bin fasziniert.« Karl blickte auf die verschiedenen Gruppen, die nach und nach einmarschierten. »Interessant, was es so alles an Vereinen gibt.«

»Naja, Landsbach ist immer noch ein Dorf, wenn auch etwas größer.« Der Bürgermeister richtete sich auf. »Jeder kennt jeden, und natürlich wollen alle beim Fest mitmachen. Für viele ist heutige Tag der Höhepunkt.«

»Aber der eigentliche Höhepunkt ist morgen, wenn die Comtess das Gebet zeigt, wenn ich das richtig verstanden habe?« Karl griff die nicht ausgesprochene Frage auf.

»Oh, sie kennen sich schon besser aus als viele meiner Bürger.« Herr Heinrich war begeistert. »Für die meisten Leute ist es einfach die Prinzessin, aber sie haben den historisch korrekten Titel benutzt. Schließlich war sie nur eine Grafentochter.«

»Was ist das denn Seltsames?« Karl blickte auf die Gruppe, die gerade vor der Tribüne entlang marschierte. »So etwas habe ich ja noch nie gesehen.«

»Das ist eine alte Feuerwehrspritze.« Herr Heinrich blickte der Gruppe hinterher. »Die Kameraden aus dem Nachbarort holen sie jedes Mal extra für unser Fest wieder von Dachboden herunter.«

»Beeindruckend.« Karl notierte sich wieder etwas. »Die Leute sind wirklich mit Herzblut dabei.« Er hob den Kopf und blickte sich um. »Die Vereine stellen sich alle um die Tische herum?«

»Ja, das sehen sie richtig.« Der Bürgermeister schaute kurz auf die Nummer des aktuellen Vereins. »Das war jetzt die Nummer 30. Wenn alle einmarschiert sind, wird es auf dem Marktplatz kaum noch Platz geben.«

* * *

»Leonie, du könntest jetzt schon einmal zur Kutsche gehen.« Renate blickte in ihre Liste. »Keine Angst, von dort hast du einen guten Blick auf den Marktplatz und die Stände. Kerstin sollte da schon auf dich warten.« Sie stand an der Zelttür und hielt die Tür von innen auf.

Doch Leonie zögerte ein wenig und blickte dabei auf ihre Ketten.

»Du hast recht, das solltest du lieber doch nicht allein machen.« Renate blickte sich verlegen um.

»Ich könnte mitgehen und auf sie aufpassen.« Holger hatte eine kleine Chance gesehen, sich nützlich zu machen.

»Das wäre gut, falls es ihnen nichts ausmacht.« Renates Blick zeigte ihre Erleichterung. »Dieses Jahr ist so viel anders, es ist nicht einfach, immer an alles zu denken.« Sie sah zu Amelie. »Für sie habe ich jetzt keine Aufgabe mehr.

»Das macht gar nichts.« Amelie winkte freudig ab. »Es war bis hierher schon sehr toll.«

»Würde es ihnen sehr viel ausmachen, wenn sie die Ketten noch bis zum Abschluß des Spieles tragen würden?« Renate gab sich verlegen. »Den Punkt haben wir auch übersehen.«

»Auch das macht gar nichts.« Amelie lächelte großmütig. »Sie lassen sich ja ganz bequem tragen.«

»Maria, hast du dich genügend erholt?« Renate wandte sich der Hauptdatstellerin zu. »Gerade läuft der vorletzte Verein ein.«

Als Antwort stand Maria auf. »Von mir aus kann es los gehen.«

* * *

Als sie aus dem Zelt trat, war der Moderator gerade dabei, die Ehrengäste zu begrüßen. Viele der Namen sagten ihr nur am Rande etwas, doch gegen Schluß wurden dann Rosalie und Karl sowie die vier Brasilianer noch einmal ausdrücklich begrüßt. Maria drehte ihren Kopf zur Tribüne, wo die sechs gerade aufgestanden waren und ihren Applaus genossen.

Doch dann fiel ihr Blick auf die zehn Tische, an denen sie gleich arbeiten würde und ihr Blick verfinsterte sich. Auf dem vorletzten Platz am Stand der Brauerer Wetzler entdeckte sie ihre Rivalin Claudia.

Renate war der Wechsel ihrer Miene nicht entgangen, doch noch hatte sie nicht erkannt, was die Ursache dafür war. Sie ging auf Maria zu und nahm sie kurz in den Arm. »Lampenfieber ist kein Grund, um Angst zu haben.« Sie strich Maria über das Gesicht. »Als Katerina solltest du jetzt ein stolzes Gesicht machen.«

Maria blickte kurz zu Paul und sein Blick zeigte ihr, dass auch er ihre Rivalin schon entdeckt hatte. Doch dann musste sie lächeln, denn Paul hatte das Zeichen benutzt, was eigentlich erst morgen für den Ball ausgemacht war und das so etwas wie ´Es wird alles gut´ signalisieren sollte. Wie es überliefert war, hatte sich der Sohn des Herzogs und die Grafentochter auch einige Zeichen ausgedacht, um sich verständigen zu können. Pauls Geste gab ihr Mut.

»Und nun wird die Katerina an die Stände treten und an jedem Stand eine symbolische Arbeit machen.« Der Moderator erläuterte, wie es zu diesem Teil des Festes gekommen war. »Der erste Stand stellt die Bäckerinnung dar.« Es war etwas Papiergeraschel durch die Lautsprecher zu hören. »Hier wird die Katerina ein Brot aus dem Ofen holen.« Nach einer Pause sprach der Moderator weiter. »Entschuldigen sie bitte, das hätte ich jetzt fast vergessen. Der Stand gehört der Großbäckerei Friedrich.«

Renate legte Maria kurz die Hand auf die Schulter. »Es geht los.«

Maria blickte noch einmal kurz auf die Tribüne, dann holte sie tief Luft und setzte sich in Richtung des ersten Standes in Bewegung.

* * *

Es war den Standinhabern freigestellt, ob sie selbst auch etwas sagen wollten oder ob sie es bei der Ankündigung des Moderators belassen wollten. Für erstere Fälle hatte Renate ein Mikrofon dabei.

»Herzlich willkommen am Stand der Großbäckerei Friedrich.« Der Inhaber hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst den Stand vorzuführen. »Ich freue mich sehr, die Comtess Katerina von Greifenklau bei uns begrüßen zu dürfen.« Er hatte sich anscheinend sogar die Mühe gemacht und den vollständigen historischen Titel herausgesucht.

Er griff zum Brotschieber, einer langen und flachen Holzschaufel, und reichte sie Maria. Doch dann bemerkte er ihr Zittern. »Kein Grund, Lampenfieber zu haben«, sagte er leise und ohne Mikro, so dass es nicht einmal die Umstehenden hören konnten.

Maria hob ihren Kopf. Auf dem Tisch stand etwas, dass mit einiger Phantasie Ähnlichkeit mit einem alten Dorfbackofen hatte, nur dass dieses Modell viel kleiner war.

Sie nahm sich die Schaufel entgegen und blickte sie etwas verwundert an, so als wisse sie nicht, was sie damit zu tun hatte. Doch tatsächlich waren ihre Gedanken fast ausschließlich beim Stand der Familie Wetzler.

Nachdem der erste Schreck vorüber war, begann Maria ihre Gedanken zu ordnen. Sie erkannte sofort, dass sie viel Kraft sammeln musste für die Begegnung mit Claudia. Kraft, die sie vor allem dafür brauchte, trotz der drohenden Demütigungen der Brauerstochter noch ein freundliches Gesicht machen zu können und vor allem ihre Rolle spielen zu können.

»Comtess?« Die Stimme von Herrn Friedrich riss Maria aus ihren Gedanken. »Bitte seid vorsichtig mit der Schaufel, das Modell ist nur aus Pappe und wir haben es schon mehrmals geflickt.«

Er hielt sich das Mikro wieder vor den Mund. »Die Comtess wird nun etwas tun, was früher sehr kennzeichnend für unseren Beruf war. Heute haben das alles Maschinen übernommen.« Er ließ kurz das Mikro sinken. »Warten sie bitte, bis ich das Modell hinten festhalte, sonst schieben sie es womöglich vom Tisch.« Dann nahm er das Mikro wieder hoch. »Bitte sehr, holen sie das Brot aus dem Ofen.« Er trat hinter das Pappmodell und hielt seine Hand darauf, dann nickte er Maria ermutigend zu.

Maria erkannte sofort, dass sie sich konzentieren musste, um die Illusion nicht zu zerstören. So schob sie den Brotschieber langsam in den Ofen. Sie konnte das Brot sehen, dass sie herausholen sollte. Zu ihrer Erleichterung liess sich das Brett leicht unter den Laib schieben und so konnte sie unter dem langsam einsetzenden Applaus das Brot auf dem Ofen holen und es auf dem Tisch ablegen.

»Das war doch sehr gut.« Renate war ebenfalls etwas erleichtert. Eigentlich hätte es im Rahmen der Festvorbereitung einen Probelauf bei den jeweiligen Standinhabern geben sollen, doch darauf hatten sie wegen Marias Amerika-Aufenthalt verzichtet.

* * *

Beim zweiten Stand musste sie sofort an den Besuch des Architektenbüros denken, bei dem die Inhaberin mit ihrem Vater über den Inhalt ihres Standes gestritten hatte. Maria erkannte sofort, dass sich die Tradition durchgesetzt hatte.

Der Moderator stellte den zweiten Inhaber vor und erklärte, dass die Katerina hier mit Bauklötzchen ein Haus zu bauen hatte. »Lachen sie nicht«, sprach er gleich weiter. »Es ist eine lange Tradition bei den Architekten, dass sie die meisten ihren ersten Entwürfe immer mit Hilfe solcher Bausteine machen. Die Tätigkeit der Katerina hier hat also durchaus einen realen Bezug zur Architektur.«

Maria trat heran und warf zunächst einen Blick auf den kleinen Baukasten, der sie trotzdem zunächst ein wenig an ihre frühe Kindheit erinnert. Sie nahm die ersten Klötzchen heraus und stellte sie vor sich auf den Tisch. Doch schon als sie sie aufeinanderstellen wollte, zitterte ihre Hand so sehr, dass die Steine daneben fielen.

Renate trat hinzu und schaute Maria kurz zu, dann ergriff sie ihre Hand und führte sie. »Warum zitterst den denn so? Hast du soviel Lampenfieber?«

Maria schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht.« Doch noch wollte sie nicht sagen, was sie wirklich bewegte.

Schließlich schaffte sie es doch noch, die Klötzchen so aufzustellen, dass es wenigstens ein wenig Ähnlichkeit mit einem Hausmodell hatte. Doch im Gesicht waren erste Schweißtropfen zu sehen. Und ihre Hände zitterten deutlich.

* * *

Während die Katerina noch damit beschäftigt war, das Haus zu bauen, trat der Metzger Sauer, der Inhaber des nächsten Standes, an Renate heran. »Ich wusste nicht, dass sie so viel Lampenfieber haben würde.« Er blickte besorgt auf den Nachbarstand. »Bei mir soll sie Fleisch schneiden, aber in ihrem Zustand möchte ich ihr das sehr scharfe Messer nur höchst ungern in die Hand geben.«

»Ich werde einmal mit ihr reden.« Renate war sichtlich betroffen. »Aber was könnte sie sonst machen? Haben sie eine Idee?«

»Wir haben sonst nichts vorbereitet.« Herr Sauer war sichtlich verlegen. »Wenn sie wenigstens einen Schutzhandschuh tragen würde.«

»Hätten sie so einen Handschuh griffbereit?« Renate blickte noch einmal auf Maria.

»Im Auto hätte ich einen.« Herr Sauer blickte zu dem weißen Lieferwagen, der am Rand des Marktplatzes geparkt war.

»Bitte holen sie ihn.« Renate gab dem Moderator eines der verabredeten Zeichen. »Wir warten so lange.«



»Was ist denn das?« Maria blickte etwas verwirrt auf den seltsamen Handschuh, den ihr Renate entgegen hielt.

»Das ist ein Kettenhandschuh.« Renate blickte Maria besorgt an. »Bei Herrn Sauer muss die Katerina Fleisch schneiden mit einem sehr scharfen Messer.«

»Ich verstehe.« Trotz ihrer Sorgen erkannte Maria die Zusammenhänge sofort. Sie streckte ihre Hand aus und blickte Renate verunsichert an.

»Warum bist du so nervös?« Renate wollte die Ursache für Marias fehlende Aufmerksamkeit ergründen. »Was lenkt dich denn so sehr ab?«

Maria blickte kurz auf den neunten Stand, an dem Claudia Wetzler gerade etwas Wasser in einen Topf schüttete. Ihre Stimme war auf einmal leise und etwas weinerlich. »Sie ist immer so gemein zu mir.« Natürlich wusste Maria, dass sie sich in diesem Moment wie ein kleines Kind anhörte, doch genauso fühlte sie sich auch. »Ich habe Angst vor ihr.« Jetzt war ihre Stimme noch leiser.

»Ah, ich verstehe.« Renate war dem Blick von Maria gefolgt. Bei allen anderen Ständen stand der Inhaber oder der Chef persönlich an dem Tisch, nur bei der Brauerei Wetzler hatte sich die Tochter des Hauses vorgedrängelt. Doch wirklich helfen konnte Renate ihrem Schützling auch nicht. »Ich bin immer an deiner Seite. Denk einfach daran, dass DU heute die Hauptperson bist, nicht sie!« Sie versuchte ihr etwas Mut zu machen.



Claudia hoffte immer noch, dass sich vielleicht die Erde auftun würde und sie oder Maria verschlucken würde. Mittlerweile hatte sich wirklich ihre gesamte Clique versammelt, und alle blickten entweder auf die Katerina oder auf ihren Stand. Claudia hatte sie eingeladen, damit sie alle sehen konnten, wie sie die Baroness bedienen würde. Und jetzt würde sie sich bis auf die Knochen blamieren, weil es nur Maria war, die sie sonst immer wegen ihrer seltsamen Kleidung so oft gehänselt hatte .

Weglaufen war auch keine Option, denn die Worte ihres Vaters klangen ihr noch in den Ohren. Sie kannte ihn gut und wusste, wann er etwas wirklich ernst meinte. Und sie wollte es auch nicht ausprobieren, um zu erfahren, ob er seine Drohung mit der Enterbung wirklich umsetzen wollte. Doch an seinem Gesichtsausdruck hatte sie erkannt, dass er außerordentlich wütend war. So wütend, wie sie ihn noch nie erlebt hatte.

Sie hatte den Bogen überspannt, und jetzt musste sie sich den Konsequenzen stellen. Sie würde sich noch monatelang den Spott ihrer Freundinnen anhören, und in ihrer selbst festgelegten Hackordnung würde sie sehr weit nach hinten rutschen.

734. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 01.05.17 07:57

Hi gag_

Ich hab´s noch nicht gelesen aber ich liebe Dich jetzt schon für dein frühes Aufstehen und die Versorgung mit Lesestoff ;-X *knuutsch*

Verschlafene Grüße

Gozar
735. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 01.05.17 08:27

Nachtrag

Jetzt hab ich´s gelesen und wie fast immer bei Dir...

T O L L

nur wie immer bei Dir...
"zu wenig, zu kurz, zu schnell zu Ende, zu..."
...und wieder weiß Du was ich meine denke ich!
Mach bald weiter... :-X

Kaffeegrüße

Gozar
736. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 01.05.17 10:13

Hallo gag_coll.

hast dich mal wieder selbst übertroffen.
Tolle Fortsetzung.

Aber eins war ja wohl auch unumgägnglich. Karl Kollar mußstest du natürlich auch hier unterbringen.
Hast du nur diesen einen Charakter?

Naja, ansosnten warte ich sehnsüchtig auf den nächsten Teil.


LG Rainman
737. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neununddreißig

geschrieben von gag_coll am 03.05.17 05:43

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neununddreißig
Autor: Karl Kollar

(noch Freitag, 24. September 1984 - Festwochenende)

Paul hatte sich kurz mit dem Darsteller des Herzogs beraten, ob er seinen Platz verlassen dürfe, weil er sich um Maria kümmern müsse. Beiden war aufgefallen, wie schlecht es Maria ging und Paul glaubte auch die Ursache für das Unbehagen zu kennen. Er ging zu Rosalie, weil ihm aufgefallen war, dass sie sich ebenfalls um ihre Freundin Sorgen machte.

Nach einem kurzen Gespräch mit Marias Freund erkannte Rosalie, dass sie handeln musste, und sie hatte auch schon eine Idee, was sie machen konnte. Sie ging zu den vier ´Offizieren´ und erläuterte ihren Plan, nicht ohne immer wieder zu Maria zu blicken, die den Metzgerstand ohne Blssuren überstanden hatte und jetzt am Stand der Sparkasse Geld zählte.

»Machen wir doch gern.« Betty grinste. Sie drehte sich zu den anderen ´Offizieren´. »Immer hübsch grimmig schauen.« Sie hatte Marias sorgenvolle Blicke auch bemerkt und erläuterte kurz den Plan, den Rosalie vorgeschlagen hatte. Es waren alle einverstanden.

Zu fünft gingen sie zu Renate und Rosalie beschrieb kurz, was sie sich ausgedacht hatte.

Renate runzelte zunächst die Stirn, doch nach einem Blick auf Maria, die immer nervöser wurde, besprach sie sich kurz mit Robert Greinert, den sie kurz heran gewinkt hatte. Als auch er sein Einverständnis gab, gingen sie zum fünften Stand, an dem die Schneiderin Roswita Bartels zusammen mit ihrer Tochter eine Schneiderpuppe aufgebaut hatte. »Hoheit?«

Maria brauchte erst einen Moment, bis sie erkannte, dass sie gemeint war. Sie ließ das Kleid los, dass sie gerade in der Hand hatte und drehte sich um.

»Hier sind vier Offiziere ihres Leibregiments, die zusätzlich für ihren Schutz sorgen möchten.« Dabei blickte sie deutlich zum neunten Stand. »Ihre Freundin Rosalie Baronin von Canberra hat dafür gesorgt.«

Maria erkannte sofort, was der eigentliche Plan war, und darüber war sie sehr erleichtert. Sie nahm sich das Mikro, räusperte sich kurz und sprach dann mit klarer Stimme. »Ich danke sehr für die Unterstützung, meine Herren Offiziere.« Das es überhaupt nicht zum eigentlichen Inhalt des Historienspiels passte, war zwar allen bewusst, aber es störte auch nicht.

Danach wandte sie sich wieder ihrer Aufgabe zu, das Kleid der Schneiderpuppe überzustreifen. Dabei ließ sie sich gern von Judith, der Tochter der Schneiderin helfen.



An den folgenden Ständen war Maria wesentlich gefasster. Bei der Schusterei kam sie mit der gestellten Aufgabe, Nägel in die Sohlen zu stecken, gut zurecht und sie zitterte auch nicht dabei.

Auf den nächsten Stand hatte sie sich schon lange gefreut, denn es war der Stand von Theo, und wieder hatte er es sich nicht nehmen lassen, die kleine Reiseschmiede in Betrieb zu nehmen. Hier musste die Katerina nur mit dem Hammer auf das Stück Eisen schlagen, welches Theo dazu aus dem Feuer geholt hatte. Maria hatte sich schon im Vorfeld extra für den schweren Hammer entschieden, weil es damit besser aussah und sich auch besser anhörte, als mit dem Spielzeughammer, der auch zur Verfügung gestanden hätte.

»Danke für alles«, flüsterte Theo, als Maria den Hammer wieder weglegte. »Doris ist so was von glücklich.«

Maria nickte ihm nur zu. Wieder blickte sie zu dem Stand der Familie Wetzler und diesmal wagte sie es sogar Claudia ins Gesicht zu blicken. Sie hatte in ihrer Miene eigentlich Hohn und Spott erwartet, doch stattdessen war ein eher sorgenvolles Gesicht zu sehen. Maria erkannte die Zusammenhänge noch nicht, aber der unerwartete Blick ihrer Rivalin gab ihr Mut für die weiteren Stände.



»Schade, dass ihr das Gebet tragt.« Der Inhaber des nächsten Standes, der Kunstsattler Klaus Hörmann, begrüßte Maria, noch bevor Renate mit dem Mikro da war.

»Warum denn das?« Maria war etwas verwundert, weil sie sonst andere Reaktionen bekam.

»Ich hätte gern den Handschuh für die Katerina gefertigt.« Er blickte kurz zu Theo, der freundlich zurück lächelte.

Maria lächelte. »Ich hätte da schon ein paar Ideen für...« Doch sie konnte nicht weiter sprechen, weil Renate mit dem Mikrofon kam und den Standinhaber die Aufgabe erläutern ließ.

Maria blickte währenddessen heimlich zu Claudia, die immer nervöser wurde und ihrerseits immer in eine bestimmte Richtung blickte. Maria folgte schließlich dem Blick und entdeckte die anderen Mädchen von Claudias Clique. Ihr bisher aufgebauter Mut fiel auf einmal wieder zusammen.

»Maria?« Renate riss Maria aus ihren Gedanken. »Hier ist die Nadel, die ihr hier durch das Leder stehen müsst.«

* * *

Die Aufgabe für die Katerina am Stand der Brauerei war eine der einfachsten der zehn Stände. Sie würde einfach nur die Schale mit dem Hopfen in den Topf mit dem Sud schütten müssen.

Eigentlich war es nur eine einfache Handbewegung, doch durch die Anwesenheit von Claudia empfand es Maria eher wie einen Spießrutenlauf. Gerade erst hatte auch sie die Freundinnen von Claudia entdeckt, die am Rand standen und ihnen zusahen.

Doch dann stutzte Maria. Die Freundinnen, unter denen sie ebenfalls schon so oft schon leiden musste, blickten nicht zu ihr, sondern zu Claudia und lachten dabei. Auf einmal begriff sie die wahren Zusammenhänge. Claudia hatte ihre Mädchen bestimmt herbei geordert, weil sie ihr zeigen wollte, wie sie die Baroness bedienen würde. Und jetzt kam nur die kleine und unbedeutende Maria.

Maria blickte sich um. Betty und Sarah standen mit ihren Männern bereit, um ihr jegliche Unterstützung zukommen zu lassen. Sie fühlte so etwas wie Erleichterung. Dadurch, dass Juan und Bertram eher hochgewachsen waren, wirkten sie in der Uniform zudem sehr respekteinflössend.

Sie hatte ihrer Rivalin zwar nichts entgegen zu setzen, doch sie fühlte, dass die Brauerstochter gerade dabei war, sich gründlich zu blamieren. Maria erkannte, dass sie eigentlich gar nichts tun musste, und trotzdem würde Claudia eine schwere Niederlage einstecken. Der Spott ihrer Freundinnen würde ihr noch lange erhalten bleiben. Im Rücken spürte sie die Anwesendheit ihrer vier brasilianischen Freunde und so trat sie schließlich an den Stand der Familie Wetzler und holte tief Luft.

Claudia erkannte, dass sie keine andere Wahl hatte, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Maria so zu bedienen, wie sie es eigentlich für die Baroness vorgehabt hatte. Die Brauerstochter hielt den Blick gesenkt, sie wagte es nicht, Maria anzusehen. Wortlos reichte sie ihr die Schale mit den Hopfendolden und nahm den Deckel vom Sudtopf.

Maria wartete wie auch an den anderen Ständen die Rede des Moderators ab, dann erst nahm sie die Schale in die Hand und schüttete den Hopfen in den Sud. Dass die Rede des Moderators besonders lang war im Vergleich zu den anderen Ständen, dafür konnte sie nichts, doch es bewirkte, dass Claudia die Schale besonders lange halten musste.

Am Schluß kam der Teil, vor dem sie sich bisher am meisten fürchtete. Sie musste dem Standinhaber die Hand reichen, um sich zu verabschieden. So wurde es seit Jahren gespielt, und an allen anderen Ständen hatte sie damit auch kein Problem gehabt, doch dies war Claudia Wetzler. Maria hatte eigentlich keinen besonders festen Händedruck, doch als sie Claudias Hand ergriff, kam es ihr doch vor, als würde sie einen nassen Lappen in der Hand halten. Claudia schwitze geradezu und setzte ihrem leichten Druck überhaupt nichts entgegen. Auch hielt sie ihren Kopf immer noch gesenkt und vermied es, Maria anzusehen.

Maria war in Gedanken schon beim letzten Stand. Hier hatte sie etwas Text und den rief sie sich noch einmal ins Gedächtnis. Traditionsgemäß bekam die Katerina hier am Stand des Juweliers eine Schmuckkette umgehängt, um sie damit symbolisch bei den Handwerkern und Gewerbetreibenden der Stadt willkommen zu heißen. Dafür musste sie sich mit einem Satz bedanken. Sie wusste, dass Renate in ihrer Nähe war und ihr nötigenfalls sogar soufflieren würde, doch sie war sich sicher, es auch ohne die Hilfe ihrer Betreuerin zu schaffen.



Claudia war gedanklich völlig am Boden zerstört, und sie konnte nur noch deswegen aufrecht stehen, weil sie sich am Tisch festhielt. Sie blickte Maria traurig hinterher, weil sie wusste, dass sich mit diesem Moment sehr viel in ihrem Leben ändern würde. Trotzdem war sie froh, dass es jetzt vorbei war. Doch dann hörte sie in der Ansage des Moderators ihren Namen. »Claudia Wetzler hat uns schon vor einiger Zeit gebeten, dass sie der Katerina die Kette umhängen darf, und der Festausschuss hat dem zugestimmt.«

Als Claudia diese Worte hörte und sie die ganze Tragweite erkannte, schossen ihr Tränen in die Augen, und ihr fielen wieder ihre Träume und Wünsche von damals wieder ein. Sie wollte der Baroness die Kette umhängen dürfen, und sie hatte auch sehr früh schon den Juwelier davon überzeugt, dass sie das machen dürfe.

Sie wollte sich nicht die Blöße geben, sich jetzt die Augen auswischen zu müssen, und so ging sie mehr oder weniger blind auf die Position, die Renate ihr gezeigt hatte. Doch auf dem Weg dahin übersah sie eine Unebenheit im Pflaster, stolperte direkt vor Maria und fiel auf den Boden.



Maria hatte das Mikro schon in der Hand, als Claudia vor ihr zu Boden ging. Viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf, die sich so gut wie alle damit befassten, wie sie die Situation im Sinne des Spieles retten konnte. Sie wollte Lacher vermeiden, weil es dem Spiel die Würde nehmen würde, und sie wollte auch Claudia nicht vor den Kopf stoßen, obwohl sie wusste, dass diese ihr gegenüber das ganz sicher gemacht hätte.

Doch sie war nicht Claudia. Sie reichte ihr eine Hand, während sie sich mit der anderen das Mikro vor den Mund führte. »Steht auf, junge Maid. Ich bin nur eine Geisel, es gibt also keinen Grund, vor mir niederzuknien.«

Das Blut schoß ihr in den Kopf, doch die entgegengestreckte Hand sah Claudia trotz ihrer Tränen und so ließ sie sich langsam wieder hoch ziehen. Als sie wieder auf ihren Beinen stand, machte Maria mit ihrem eigentlichen Text weiter.

»Danke«, Renate flüsterte ihr leise zu. »Das hat die Situation gerettet.«

Der Juwelier gab Claudia die Ketten in die Hände, und obwohl die Brauerstochter direkt vor der Katerina stand, war sie doch nicht in der Lage, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Schließlich musste Renate ihre Hände führen, damit sie der Katerina die Kette umhängen konnte.

Maria sprach die vorgesehenen Dankesworte, dann drehte sich zum Bürgermeister und reichte ihm das Mikro. Jetzt kam seine Rede und damit das Ende der Vorführungen auf dem Marktplatz.

Maria war sichtlich erleichtert, und sie freute sich, denn jetzt kam der erste Auftritt des Prinzen. Sie bemerkte nicht, das Claudia ihr lange nachschaute.

* * *

Nach dem Stand des Sattlers hatte Paul von Renate das verabredete Zeichen bekommen. Er war aufgestanden, hatte sich kurz vor dem Herzog verbeugt, dann verließ er die Tribüne und ging zügig, aber dennoch würdevoll zu dem Platz, an der die Kutsche wartete. Die Stelle war so gewählt, dass die Kutsche vom Marktplatz noch nicht gesehen werden konnte.

Paul drehte sich sofort um, als er von Maria den seltsamen Text hörte, doch er sah nur noch, wie Claudia neben Maria stand und die Kette in den Händen hielt. »Hast du gesehen, was passiert ist?« fragte er Kerstin, die vorn an der Ecke zum Marktplatz stand und so einen guten Blick auf den Marktplatz hatte.

Kerstin hatte das Geschehen verfolgt, und deswegen konnte sie Paul erklären, was gerade ereignet hatte. »Ich denke, Claudia ist gestolpert und Maria hat die Situation elegant gerettet.« Sie beschrieb, was sie gerade beobachtet hatte.

»Dann dürfte sie Maria hoffentlich dankbar sein.« Pauls Stimme zeigte eine geweisse Hoffnung.

»Meinst du wirklich?« Kerstin gab wieder, was sie über die Brauerstochter wusste. »Ich denke nicht, dass sie sich allein deswegen ändern wird.« Sie blickte kurz zu ihrer Kutsche. »Wir sind gleich dran.« Sie drehte sich um und ging die wenigen Schritte bis zur Kutsche. »Na, schon aufgeregt?« Sie lächelte, während sie sich auf den Kutschbock setzte zu die Zügel ergriff.

»Es geht so.« Paul lächelte. »Der Prinz hat heute zum Glück nur wenig Text.«

* * *

Wie schon am Tag zuvor klopfte Marias Herz etwas lauter, als sie das erste Hufgetrappel hörte, welches die Kutsche mit dem Prinzen, ihrem Prinzen, ankündigte. Natürlich hatte der Fanfarenzug wieder mit einer festlichen Fanfare die Ankunft des Prinzen angekündigt, doch für Maria waren die Geräusche der Pferde wichtiger. ER würde kommen und sie mit der Kutsche ins Schloß bringen. Natürlich würde die Kutsche nur ins Rathaus fahren, doch über diese kleine historische Ungenauigkeit wurde schon lange hinweg gesehen.

Sie nutzte die kleine Pause, um sich ein unauffällig ein wenig umzusehen. Neben ihr stand der Bürgermeister, ebenfalls in einem historischen Kostüm und wartete mit ihr auf den Prinzen. Hier ihr standen ihre vier ´Offiziere´, und sie hatten große Mühe, ein ernstes Gesicht zu machen. Auch sie hatten das ´Duell´ zwischen Maria und Claudia verfolgt, und obwohl sie nur wenig über die Brauerstochter wussten, hatten sie doch erkannt, wie viel Kraft Maria diese Begegnung gekostet hatte. Und auch sie freuten sich, dass Maria als die moralische Siegerin vom Platz gegangen war.

Ein Blick von ihr zum Stand der Brauerei zeigte ihr nur noch ein Häufchen Elend mit Namen Claudia Wetzler. Von der ehemals so stolzen und hochmütigen Brauereistochter war nichts mehr zu sehen. Stattdessen stand Claudia regungslos da und blickte Maria nach. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war schwer zu deuten. Obwohl Maria noch nicht viel Zeit gehabt hatte, über die Begegnung nachzudenken, fühlte sie doch, dass sie dieses Mal anders verlaufen war, als die Begegnungen zuvor.



Der Moderator erläuterte wieder die historischen Zusammenhänge, und auf das passende Stichwort führte der Bürgermeister die Katerina zu der Stelle, wo die Kutsche wartete. Ohne dass es abgesprochen war, gingen die vier ´Offiziere´ hinter der Katerina her und nahmen hinter der Kutsche Aufstellung.

Auf Renates Zeichen hin ging Leonie zur Kutsche und klappte die Stufen herunter, dann sprach sie ihren Satz in das Mikro. Obwohl sie sich sehr bemühte, konnte sie nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht zitterte. Natürlich genoss sie ihren Auftritt, und sie freute sich auch sehr über den Applaus, als der Moderator sie extra namentlich erwähnte als die erste Dienerin ihrer Prinzessin. Sie hatte sich viel Mühe gegeben, damit es trotz ihrer vielen Ketten noch sehr würdevolll aussah, und der nochmalige Applaus zeigte ihr, dass es ihr gut gelungen war.

Maria musste warten, bis sie vom Prinzen die Erlaubnis bekommen hatte, die Kutsche zu besteigen. Es wirkte ein wenig spröde, weil für jeden Satz das Mikrofon herum gereicht werden musste. Aus diesem Grund beschränkten sich die Texte der Darsteller auf das Wesentliche, während der Moderator alles erzählte, was für die Zuschauer wichtig war.

Zwei ihrer Offiziere halfen ihr, die Kutsche zu besteigen. Sie trat vor den angedeuteten Thron, und auf ein Zeichen des Prinzens hin nahm sie darauf Platz.

»Ich glaube, das Duell hast du gewonnen.« Paul flüsterte, damit es auch die Umstehenden nicht hören konnten.

»Meinst du?«, fragte Maria im gleichen Tonfall.

»Schau doch nur, wie geknickt sie da jetzt steht.« Paul blickte einmal kurz auf den Marktplatz.

Doch Maria war nicht besonders glücklich darüber. »Sie wird sich bestimmt rächen wollen.« Aber dann blickte auch sie kurz auf den Marktplatz und sah, wie Claudia von ihrem Vater ordentlich ausgeschimpft wurde wegen ihres schlechten Benehmens, und weil sie die Brauerei in so ein schlechtes Licht gerückt hatte.

In diesem Moment hatte Maria fast so etwas wie Mitleid mit ihrer Rivalin. Doch dann fiel ihr wieder ein, wie sehr sie bisher unter Claudia gelitten hatte und ein erstes, leises Siegesgefühl machte sich in ihr breit.

Der Moderator unterbrach ihre Gedanken, in dem er ankündigte, dass die Katerina ja immer noch eine Geisel sei, und um dies zu verdeutlichen, würde der Prinz sie jetzt auf dem Thron in Eisen legen.

Auf das Stichwort hin hob Paul das Oberteil der einen Schelle hoch, und blickte die Katerina aufforderend an.

Maria legte ihren Arm würdevoll in den Metallring und sah, wie der Prinz danach die Schelle wieder schloss. »Wie gesagt, nicht bewegen, sie sitzen ganz locker.«, flüsterte er dazu.

Maria lächelte kurz. »Eine ganz andere Art von Fesselung.« Dann setzte sie wieder die Miene auf, die für die Szene abgesprochen war und klammerte sich an den Lehnen fest. Sie wusste, dass die Kutsche auf dem Kopfsteinpflaster ziemlich durchgeschüttelt wurde, und sie wollte verhindern, dass dadurch die Illusion zerstört wurde, sie wäre tatsächlich an den Thron gekettet.

Paul stellte sich hinter den Thron und signalisierte so, dass diese Szene vorbei war.

Wieder erläuterte der Moderator den weiteren Ablauf, dann setzte sich die Kutsche unter den festlichen Klängen des Fanfarenzuges langsam in Bewegung. Paul blickte sich kurz um und sah, dass die vier ´Offiziere´ hinter der Kutsche her marschierten. Es verlieh dem Moment noch zusätzlich etwas Glanz. Bei den Proben bisher war es einfach nur eine kurze Kutschfahrt, doch jetzt mit der Musik und den jubelnden Zuschauern hatte es etwas Großes und sehr Feierliches.

Gleich darauf fuhr die Kutsche durch das Rathausportal, und unter dem tosenden Applaus des Publikums schlossen sich die beiden großen Türflügel des Rathauses.

»Oh, ich bin froh, dass es vorbei ist.« Maria flüsterte, obwohl sie sicher war, dass sie keiner außer Paul hören konnte.

»Du warst sehr gut.« Paul wusste natürlich, was die eigentlichen Sorgen seiner Freundin waren. »Ihr Vater hat sie eben auch noch mal ausgeschimpft.«

Maria lächelte. »Danke für die Unterstützung.«

»Das war wunderbar.« Renate kam auf die Kutsche zu. »Jetzt kommt bitte für das Schlussbild.«



Es dauerte noch einige Zeit, bis alle auf der breiten Rathaustreppe ihren Platz für das Erinnerungsfoto gefunden hatten. Doch dann stutzte der Bürgermeister und bat Hans, den Fotografen, noch ein wenig zu warten. Er ging zum Stand der Brauerei. »Wo ist ihre Tochter?«

»Sie sitzt im Auto.« Herr Wetzler schaffte es nicht, seinen Ärger zu verbergen.

»Holen sie sie bitte. Sie hat so sehr darauf gedrängelt, auf dem Abschlussfoto neben der Katerina stehen zu dürfen.« Es war nicht zu erkennen, ob der Bürgermeister die wahren Zusammenhänge erkannt hatte.

Normalerweise hätte der Vater widersprochen, doch jetzt erkannte er eine gute Gelegenheit, seiner sonst so aufmüpfigen und arroganten Tochter einen weiteren Denkzettel zu verpassen.

Er musste Claudia fast aus dem Auto ziehen. »Der Bürgermeister wartet auf dich. Jetzt mach hin, oder willst du uns noch mehr blamieren?«



Maria musste lächeln, als sie sah, wie betrübt Claudia aus der Wäsche schaute, doch noch erkannte sie noch nicht, warum.

»Fräulein Wetzler hat mich gebeten, auf dem Foto neben der Katerina stehen zu dürfen.« Er bat, Leonie einen Schritt nach rechts zu gehen.

Maria blieb zunächst fast das Herz stehen, doch dann erkannte langsam sie die ganzen Zusammenhänge. Claudia hätte neben der Baroness auf dem Foto stehen sollen. Jetzt grinste Maria. Bestimmt hatte sie auch allen ihren Freundinnen ein Bild versprochen, ein Bild, dass sie ab jetzt immer an diese große Blamage erinnern würde.

»Kannst du mir verzeihen?« Claudia wagte es nicht, Maria anzusehen. Sie sprach auch sehr leise.

Maria hielt den Atem an. So einfach wollte sie es der immer so gemeinen und arroganten Brauerstochter dann doch nicht machen. »Wir müssen lächeln für das Foto.« Auf die Frage ging sie bewusst nicht ein.

»Ich wäre gern an deiner Stelle, aber ich könnte die Ketten nicht tragen.« Claudia war auf einmal unerwartet freundlich.

»Und das Gebet?« Maria hatte bisher darauf verzichtet, mit ihrer besonderen Fähigkeit in irgendeiner Weise anzugeben, doch jetzt gegenüber Claudia flossen ihr die Worte direkt aus dem Herzen. Trotzdem kamen sie bewusst kalt aus ihrem Mund.

»Das erst recht nicht.« Claudia seufzte. »Wollen wir Freunde werden?«

Im ersten Moment glaubte Maria, sich verhört zu haben, doch dann war sie sich über ihre Antwort im Klaren. Sie wusste, dass sie auf diese mehr oder weniger falsche Freundschaft mit Claudia gern verzichten konnte. Außerdem ahnte sie, dass sie in Zukunft ganz andere Kontakte haben würde.

Je länger Maria darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich, dass sie das Freundschaftsangebot von Claudia wirklich ausschlagen konnte. »Wir müssen lächeln«, war schließlich ihre nichtssagende Antwort.

* * *

Maria sehnte sich nicht nach einer Freundschaft mit Claudia. Sie war sich sicher, dass sich die Brauerstochter so schnell nicht ändern wurde. Doch die Aussicht, in der Schule nicht mehr gehänselt zu werden, hatte etwas Verlockendes. Maria fühlte, dass sie eine gute Position hatte, doch diese wollte sie auch nicht leichtfertig verspielen. Sie nahm sich vor, erst mit Rosalie und Paul darüber zu reden. Beim Essen im Rathaus würde sich sicher eine Gelegenheit ergeben.



Gleich nach den Fotos bat Renate die Teilnehmer ins Rathaus, wo die Metzgerei ein sehr leckeres kaltes Buffet aufgefahren hatte. Als Hauptdarstellerin durfte sie sich zusammen mit dem Prinzen als erste am Buffet bedienen. Gleich nach ihr durften sich ihre drei Dienerinnen anschließen und so saßen sie schließlich auch gemeinsam am Tisch. Lediglich der Platz neben Doris war noch frei, weil ihr Verlobter sich noch um den Abbau der Schmiede kümmern wollte.

Anfangs war die Schmiedstochter noch etwas nervös, weil sie das erste Mal mit den Ketten allein war. Doch schnell begann sie sich in der Gemeinschaft der anderen Mädchen wohl zu fühlen und die Ketten störten sie auch in der Öffentlichkeit nicht mehr.

Sowohl der Bürgermeister als auch Robert Greinert kam nach den Dankesworten an ihren Tisch und fragten, ob die Mädchen die Ketten nicht ablegen wollten. Das Spiel wäre doch jetzt vorbei.

Doch die Katerina und die drei Dienerinnen waren sich einig. »Sie stören ja nicht.« Ein etwas nervöses Kichern war dabei zu hören.

»Ich bin schon sehr gespannt auf das Gebet.« Der Bürgermeister deutete gegenüber Maria eine Verbeugung an. »Meine Leute schwärmen von ihnen.«

Maria lächelte ein wenig verlegen. »Ich hoffe, ich werde sie nicht enttäuschen.«

»Da bin ich mir sicher.« Herr Heinrich verbeugte sich noch einmal. »Ganz sicher.«

* * *

Nach einiger Zeit, als die meisten schon ihren ersten Hunger gestillt hatten, kam auch Theo an den Tisch, und er war in Begleitung eines Paares, welches er sofort als den Kunstsattler und dessen Schwester vorstellte. Er erläuterte sofort die Gründe dafür. »Wir haben uns über unsere Frauen unterhalten, und dann habe ich erkannt, dass ich etwas vermitteln kann.« Er blickte zu Leonie, die jedoch mit Turteln mit Holger beschäftigt war.

Erst ein Anstupser von Doris bewirkte, dass Leonie aufblickte. »Entschuldigung, ich war etwas abgelenkt.«

Theo grinste, dann übergab er an den Sattler. »Schildere bitte dein Anliegen. Ich denke, Leonie wird begeistert sein.«

Der Sattler zögerte noch einen Moment, dann räusperte er sich. »Ich bin Kunstsattler und suche ein Modell, das sich mir zur Verfügung stellt.« Seine Stimme wurde leiser. »Es sind allerdings Entwürfe von ziemlich restriktiver Kleidung.«

Leonie horchte auf. »Inwiefern restriktiv?« ihre Augen leuchteten verräterisch.

»Sagen ihnen Zwangsjacken etwas?« Die Schwester des Sattlers mischte sich ein. »Ich wäre froh, wenn ich sie nicht länger ausprobieren müsste.« Sie blickte ebenfalls sehr ermutigend zu Leonie.

»Ich habe hier meine Entwurfsmappe dabei mit den Sachen, die ich in der nächsten Zeit angehen möchte.« Er legte eine Mappe auf den Tisch. »Wenn ich das vielleicht mal erläutern dürfte.«

»Jetzt setzten sie sich erst einmal.« Holger drehte sich um. »Könnt ihr noch etwas zusammenrutschen?«



Leonie keuchte, als der Sattler seine Mappe aufgeschlagen hatte. »Sie suchen ein Modell?« Ihre Stimme war sehr leise.

»Ja, ich plane eine Ausstellung.« Er seufzte ein wenig. »Man muss es als Kunstprojekt tarnen, sonst wird es die Öffentlichkeit nicht akzeptieren.«

»Was wird die Öffentlichkeit nicht akzeptieren?« Leonie hatte beim Blättern in der Mappe nur mit einem Ohr zugehört.

»Naja, es ist Fesselkleidung.« Der Sattler war ein wenig verlegen. »Bestens dafür geeignet, junge und hübsche Frauen unter stremger Kontrolle zu halten.«

»Ich bin ihr Mann.« Leonie keuchte, dann erst bemerkte sie ihren Fehler und lachte. »Ich will das gern alles vorführen.«

»Vielleicht können sie auch etwas für uns anfertigen?« Holger blickte ebenfalls recht fasziniert in die Mappe. »Mich würde diese Kombination hier zum Beispiel sehr interessieren.«

»Ja, ein sehr schönes Stück.« Der Sattler lächelte. »Wenn sie zusagen, würde ich es ihnen sogar zum Selbstkostenpreis anfertigen.«

Leonie blickte etwas verwirrt auf das Stück, welches auf der Seite skizziert war. Es bestand aus einem langen Leder-Rock mit einem verschließbaren Gehschlitz und einem Oberteil, bei dem die Arme der Trägerin nicht zu sehen war. »Das sieht toll aus.« Doch dann fiel ihr Blick auf Holger und sie zögerte ein wenig. »Darin wäre ich ja völlig hilflos.«

»Ja, das dachte ich auch.« Holger war von dem Entwurf ebenfalls sehr beeindruckt. »Dafür würde ich sogar mein Sparbuch plündern.«

»Was habt ihr denn da Feines?« Maria war auf das Musterbuch aufmerksam geworden.

»Kleidung für ungehorsame junge Damen.« Paul war der Unterhaltung ein wenig gefolgt. Jetzt legte er den Arm um seine Freundin. »Du brauchst so etwas ja nicht.« Er gab sich Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.

»So meinst du?« Maria sah ihn mit feurigen Augen an, dann blickte sie auf die Zeichnung, die Leonie ihr reichte.

»Außerdem ist es viel zu teuer.« Er versuchte, von dem ihm etwas unangenehmen Thema abzulenken. »Vielleicht interessiert sich deine Mutter dafür?«

»Ich mag sie aber nicht anpumpen.« Maria wusste natürlich, dass ihre Mutter im Moment keinerlei Geldsorgen hatte. Es war viel mehr das sehr restriktive Aussehen der Kleider, welches sie etwas abschreckte.

Der Sattler griff in seine Jackentasche, holte ein paar Visitenkarten heraus und verteilte sie.

Auch Leonhard griff zu, doch dann stutzte er. »Wir sollten unsere Adressen auch austauschen.« Er blickte am Tisch umher. »Es könnte von sehr interessant sein, uns auch mal ohne das Fest zu treffen.« Er sprach nicht weiter.

»Und zusehen, wie wir uns mit den Fesseln abmühen?« Amelie setzte den Satz fort.

Ein Lächeln ging um den Tisch.

»Das ist eine sehr gute Idee.« Doris war begeistert und ihre leuchtenden Augen steckten die anderen an.

»Ich übernehme das.« Leonhard wusste natürlich, was mit solchen Freundschaften verbunden war, doch er wollt das kleine zarte Pflänzchen nicht gleich wieder zertreten.

* * *

»Ich muss etwas mit euch besprechen.« Maria griff Rosalie und Paul jeweils an einer Hand und zog sie von den Anderen weg.

»Was gibt es denn?« fragten ihre beiden Begleiter fast gleichzeitig, während sie mit den anderen Darstellern noch etwas über den jetzt etwas ruhigeren Marktplatz bummelten.

»Claudia Wetzler hat mir ihre Freundschaft angeboten.« Obwohl sie ein paar Schritte von den anderen entfernt war, sprach Maria doch mit leiser Stimme.

»DIE Claudia?« Paul fielen sofort die Szenen vom Schulhof wieder ein.

»Ja, genau die.« In Marias Stimme war ihre Empörung zu hören. »Sie hatte wohl auf die Baroness gesetzt und ist deswegen jetzt bei ihren Freundinnen unten durch.«

»Und auf dem Foto steht sie neben dir.« Paul begriff langsam die wahren Zusammenhänge. »Was hast du denn geantwortet?«

»Ich bin noch nicht darauf eingegangen.« Sie schilderte kurz die Szene beim Abschlussfoto.

»Ist sie immer noch so hochnäsig wie früher?« Rosalie legte den Arm um ihre Freundin.

»Schlimmer denn je.« Maria seufzte.

»Jemand, der auf dem Boden liegt zu treten ist leicht.« Paul war sehr nachdenklich. »Sie würde das wahrscheinlich machen.«

»Du solltest ihr die Hand reichen und ihr aufhelfen. Gerade weil du nicht sie bist.« Rosalie griff das Bild auf, was Paul benutzt hatte. »Sie war zwar arrogant, aber ich bin mir sicher, dass sie nicht undankbar ist. Und vielleicht lernt sie dabei ja etwas?«

* * *

Je näher sie zum Haus von Selma kamen, desto nervöser wurde Leonie. Holger bemerkte es sofort, doch er konnte den Grund dafür nicht erkennen. Schließlich fragte er, was sie denn bewegte.

Leonie blieb stehen und blickte Holger lange an. Schließlich senkte sie ihren Blick und mit ganz leiser Stimme flüsterte sie: »Ich möchte nicht wieder in den Käfig. Ich habe kaum geschlafen und es ist so unbequem.«

»Möchtest du für die Nacht überhaupt fixiert werden?« Holger gab sich sehr sensibel.

Leonie blickte überrascht wieder hoch. Mit so einer Frage hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Sie zögerte lange mit ihrer Antwort. »Es mag komisch klingen, aber ich habe schon seit langem einen sehr ungewöhnlichen Wunsch.« Sie blickte sich um, als fürchte sie, sie könnten belauscht werden.

»Nun sag es schon.« Holger spürte durchaus den besonderen Moment.

»Ich möchte gefesselt einschlafen, aber ohne die Fesseln aufwachen.« Trotz der Nähe von Holger kostete es Leonie viel Kraft, ihre innigsten Wünsche auszusprechen.

»Und einen Knebel möchtest du auch tragen.« Holger kam ihrem Gesicht näher.

Leonie blickte ihn verwundert an, dann kam auch sie mit ihrem Gesicht näher. Langsam versanken sie in einen langen Kuss.

* * *

»Das war ein toller Tag.« Amelie schloss die Tür des Hotelzimmers hinter sich und ließ sich gleich darauf auf das große Bett fallen.

»Wie möchten Madame die Nacht verbringen?« Leonhard lächelte, während er sich seine Kleidung öffnete.

Amelie stutzte einen Moment. »Ich glaube, ich wähle den Schlafsack.« Sie grinste, denn es war auch die einzige Möglichkeit, die Nacht gefesselt zu verbringen. Weitere Sachen hatten sie nicht mitgebracht.

Leonhard schmunzelte. »Es hätte ja auch sein können, dass Madame die Nacht in Freiheit verbringen möchte.« Er holte tief Luft. »Nach so einem schönen Tag.«

Amelie blickte ihren Verlobten lächelnd an. »Ja, es war ein Traum.« Sie legte sich auf das Bett und ließ den Tag mit leisen Worten noch einmal an sich vorbei ziehen.

* * *

»Ich werde Frau Mohr fragen, was sie uns rät.« Holger blickte Leonie sehr verliebt an. »Ich glaube, sie hat eine Menge Erfahrung.«

Pauls Oma erwartete sie schon an der Haustür. »Na, wie war der erste Tag des Festes? Hat es euch gefallen?«

Holger beantwortete die Frage ausgiebig, dann holte er noch einmal tief Luft, und trug dann Leonies Wunsch vor. »Was würden sie uns raten?«

Selma blickte Leonie mit strenger Miene an. »So so, du möchtest heute nicht in den Käfig.« Es fiel auf, dass sie das ´heute´ besonders betont hatte.

Leonie fühlte sich gedrängt, ihre Beweggründe zu erläutern. »Es war so unbequem. Mir tat heute Morgen alles weh.«

»Weil du es nicht gewohnt bist.« Selma hatte Mühe, ihr ernstes Gesicht zu halten. »Wenn du das häufiger machst, dann wird es dir eines Tages auch nichts mehr ausmachen.«

Leonie stöhnte laut, als sie die Trageweite der Antwort erkannte. Doch sie erwiderte nichts.

»Ich würde euch zu einer Spreizfesselung raten.« Selma sprach im gleichen ernsten Tonfall weiter. »Damit lässt es sich gut einschlafen und die Fesseln können geradezu unbemerkt entfernt werden.« Sie ahnte die Frage, die kommen würde. »Nach ungefähr einer halben Stunde setzt die erste Tiefschlafphase ein, und solange solltest du auf jeden Fall bei ihr sein.«

Leonie blickte etwas erschrocken auf, doch wieder stellte sie keine Frage.

»Wenn du morgen etwas früher kommst, kannst du Leonie sogar wecken.« Selma blickte dabei aber nicht zu Holger, sondern zu Leonie.

»Das wäre sehr schön.« Leonie blickte etwas verlegen zu Boden.

»Und jetzt ist genug geredet.« Selma griff in ihre Tasche und holte einen Ball auf einem Stoffriemen heraus. »Dieser Knebel hat einen Klettverschluss auf der Wange und lässt sich fast unbemerkt entfernen.«

»Du hast gehört, was sie gesagt hat?« Holger nahm den Knebel in die Hand und näherte sich Leonies Gesicht. Es wunderte sie in dem Moment überhaupt nicht, dass Selma den Knebel schon in der Tasche hatte.



Als sie das Zimmer betraten, sahen sie, dass der Käfig mit einer Decke abgedeckt war. Und am Bett waren an den Kopf und Fußenden jeweils Ledermanschetten angebracht.
738. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 03.05.17 06:39

Danke , deine Geschichte , 0,5 L Kaffee und

Eine Pfeife , wie soll ein Tag besser beginnen .

.
739. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 03.05.17 20:42

Hallo gag_coll

Wenn man nach der Arbeit nach Hause kommt und sieht das Du gepostet hast ist der Feierabend doppelt so schön!

!!! Feinster Lesestoff !!!

Ich brenne auf die nächste Fortsetzung!
Gruß

Gozar
740. RE: Maria

geschrieben von kaes am 04.05.17 21:23

Hallo gag_coll

Ich kann nur sagen eine suuuper Geschichte. Ich erwarte mit Sehnsucht den nächsten Teil.
Ich bin auch gespannt wie es mit Leonie weiter geht.

Gruß Klaus
741. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzig

geschrieben von gag_coll am 05.05.17 06:22

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzig
Autor: Karl Kollar

Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende

Maria hatte sich extra den Wecker gestellt, denn sie wollte beim Vorbereiten des Frühstück helfen. Im Gegensatz zu Pauls Oma war ihre Erzieherin es nicht gewohnt, viele Personen zu Gast zu haben, außerdem hatte Maria doch recht spontan eingeladen. Sie hätte sich an diesem so wichtigen Tag zwar gern von Paul wecken lassen, doch auch ihn wollte sie damit nicht extra belasten.

Doch als sie nach dem Bad herunter kam, sah sie, dass er schon dabei war, den Tisch zu decken. »Was machst du denn schon hier?« Sie war erstaunt.

»Dir auch einen guten Morgen.« Er lächelte etwas verlegen. »Ich wollte dich eigentlich wecken, aber deine Erzieherin meinte, dass ich lieber besser ausschlafen lassen soll. Ich habe dann gefragt, ob ich mich etwas nützlich machen kann.«

Maria musste lachen. »Und ich habe mir extra einen Wecker gestellt, damit ich beim Vorbereiten helfen kann. Ich habe das Klingeln gar nicht gehört.«

»Ich habe nur geklopft, weil ich dich nicht stören wollte.« Letzteres hatte er allerdings nur gemacht, weil er von außen Schritte gehört hatte.

»Ich wollte dich an diesem wichtigen Tag ausschlafen lassen.« Mrs. Potter trug eine Warmhaltekanne herein. »Wer kommt noch mal alles?«

Maria zählte auf. »Meine Mutter natürlich, Rosalie und Herr Kollar kommen zum Frühstück. Und später kommen auch Sarah und Betty mit ihren Männern.«

Die Erzieherin schaute etwas verschreckt.

»Die Vier kommen aber nicht zum Frühstück.« Maria erkannte die Besorgnis von Mrs. Potter sofort. »Wir treffen uns hier, weil wir gemeinsam zur Sparkasse gehen wollen.«

»Wollte Frau Bayer nicht auch kommen?« Paul erinnerte sich an den gestrigen Abend.

»Ja, das hatte sie gesagt. Doch dann hat Herr Greinert sie doch noch zu einer sehr frühen Besprechung eingeladen.« Maria gab wieder, was sie zuletzt von ihr erfahren hatte.

»Naja, du bringst mit deinen vielen Besuchern das Fest aber auch ganz schön durcheinander.« Mrs. Potter lächelte und ihre Miene zeigte, dass sie trotz allem sehr stolz war auf ihren Schützling.

»Das Gebet ist eben auch etwas besonderes.« Paul gab seiner Freundin einen Kuss.

* * *

»Das war toll gestern.« Doris schwärmte schon wieder vom vorhergehenden Tag, während sie sich auf dem Bett räkelte und darauf wartete, dass sie von ihren Nachtfesseln befreit wurde. »So ein Tag wird so bald nicht wieder kommen.« Sie blickte zu Theo, der schon das Werkzeug in der Hand hatte, mit dem er ihre Ketten öffnen konnte. Sie war etwas nervös, weil dies in der neueren Zeit nur äußert selten passiert war.

»Ich habe eine Überraschung für dich. Also beeile dich.« Er beugte sich zu ihr herunter und öffnete die sonst immer verschlossenen Eisenmanschetten.

Doris wägte kurz ab, ob sie sich auf eine Diskussion bezüglich der angekündigten Neuigkeit einlassen sollte, doch dann entschied sie sich dafür, sich lieber im Bad zu beeilen. Er würde vorher doch nichts verraten, und sie würde damit nur Zeit verlieren.



Als sie aus dem Bad zurück kam, musste sie schmunzeln. »Die Ketten fehlen mir richtig. Ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass ich mich ohne sie richtig unwohl fühle.« Erst jetzt fiel ihr Blick auf die Kommode, auf der Theo die Überraschung offenbar schon ausgebreitet hatte. Sie erkannte einige goldfarbene Schmuckketten, die mit kleinen roten und blauen Steinen besetzt waren.

»Du hast extra Schmuck für mich machen lassen?« Doris war sehr erfreut.

»Besonderer Schmuck!« Theo grinste bis über beide Ohren. »Ich war extra bei einem Goldschmied.«

»Du bist ein Schatz.« Doris nahm eine der Ketten in die Hand.

»Für meine Beste nur das Beste.« Theo lächelte stolz.

»Wie macht man das denn auf?« Doris hatte eines der offensichtlichen Armbänder in der Hand und suchte den Verschluss. »Ich sehe da überhaupt nichts.«

»Es ist aus Titanstahl gearbeitet, welcher ganz dünn vergoldet wurde. Sehr robust« Theo ging noch nicht auf die Frage ein. »Die Steine sind allerdings nur gefärbtes Glas.«

»Das macht ja nichts.« Doris war davon nicht enttäuscht. »Aber jetzt möchte ich ihn anlegen.«

»Willst du dich nicht erst mal anziehen?« Theo hatte immer noch dieses leicht angespannte Lächeln im Gesicht.



Doris war mit dem Ankleiden nicht minder schnell als zuvor im Bad. Gleich darauf stand sie wieder erwartungsvoll vor der Kommode und nahm das Armband erneut in die Hand. »Und wie öffnet man das jetzt?«

»Man braucht einen Schlüssel.« Theo griff sich an den Hals, zog an seiner Halskette und holte ein Medallion hervor. Er klappte es auf und holte einen geradezu winzigen Stift hervor. »Damit kann man es aufschließen.«

»Das war doch bestimmt sehr teuer?« Noch hatte Doris die Zusammenhänge nicht vollständig erkannt.

»Er hat mir nur die Materialkosten berechnet, weil ich ihm dafür sein Gartentor repariert habe.« Theo kam mit dem Schlüssel näher.

Doris streckte fast automatisch den Arm aus und sah zu, wie ihr Verlobter mit Hilfe des winzigen Schlüssels den Schmuck um ihr Handgelenk legte. »Warum aus Titan? Es gibt doch billigeres Material.«

Theo grinste. »Weil es sehr robust ist und mit normalen Mittel nicht zu beschädigen ist.«

Langsam dämmerte es seiner Freundin. »Du schließt mich in den Schmuck ein?«

»Könnte man so sagen.« Theo grinste noch mehr. »Und jetzt gib mir bitte deinen anderen Arm.«

Wie hypnotisiert streckte Doris auch ihren anderen Arm vor, und noch bevor sie ihre Gedanken alle sortiert hatte, sah sie, das Theo auch ihr zweites Handgelenk mit einem Schmuckarmband versehen hatte. An diesem Armband baumelte eine kurze Kette herunter. Sie stutzte etwas und blickte zu ihrem anderen Arm. Auch dort baumelte ein kurzes Stück Kette herunter.

»Wofür sind die kurzen Ketten?« Doris´ Stimme zitterte ein wenig.

»Jetzt lass uns erst einmal frühstücken.« Theo hatte noch immer das Grinsen im Gesicht.

* * *

Leonie erwachte, als sie eine Berührung im Gesicht spürte.

»Aufwachen, meine Liebe.« Holger streichelte ihr zärtlich über die Wange. »Heute ist ein wichtiger Tag.«

Leonie schlug die Augen auf. Sie spürte sofort, dass sie noch die Ledermanschetten und Hand- und Fußgelenke trug, doch sie waren nicht mehr mit dem Bett verbunden. Sie richtete sich auf und wischte sich den Schlaf aus den Augen. Erst jetzt realisierte sie, dass Holger neben ihr auf ihrem Bett saß.

»Ich wollte dir auf jeden Fall einen guten Morgen wünschen und fragen, ob du die Nacht genossen hast.« Wie sie es sich gestern Abend noch gewünscht hatte, war Holger heute schon sehr früh zu Selma gekommen, um auf jeden Fall bei ihrem Erwachen dabei zu sein.

»Ich hatte einen tollen und zugleich sehr seltsamen Traum.« Leonie dachte nicht darüber nach, dass sie ihre Gedanken einem fast noch Fremden anvertraute. Sie fühlte seit ihrer erste Begegnung mit ihm fast so etwas wie ein Urvertrauen.

»Inwiefern seltsam?« Holger gab sich ehrlich interessiert.

»Es war wie vorgestern, als ich die gemeinen Armschienen tragen musste.« Sie blickte fasziniert auf die Kommode, wo die angesprochenen Foltergegenstände immer noch lagen. »Nur das diesmal die Schienen fest in die Ärmel mit eingebaut waren.«

»Wie ging dann das Anziehen?« Holger hatte schon eine Idee, von was Leonie geträumt haben könnte.

»Es wurde einfach ein langer Reißverschluss geschlossen.« Leonies Stimme wurde leiser. »Und dann konnte ich meine Arme nicht mehr beugen, wie bei den Handschuhen auch.« Sie blickte wieder zur Kommode.

»Und mit einem zweiten Reißverschluss wurden die Arme dann längs am Körper fixiert.« Holger lächelte. »Und es war ein Kleid aus Leder.«

»Ja. Woher weißt du das?« Leonie wurde es auf einmal unheimlich.

»Ich habe dir doch gestern die Broschüre von Klaus Hörmann gezeigt.« Holger grinste.

»Dem Kunstsattler?« Leonie erinnerte sich nach einem kurzen Moment.

»Ja.« Holger bestätigte es. »Genau der.«

»Und?« Leonie begriff die Zusammenhänge noch nicht.

»Das war einer seiner Entwürfe.« Holger streichelte ihr vorsichtig über den Kopf. »Ich habe für das nächste Wochenende einen Besuchstermin ausgemacht, damit du dich mit seinen Entwürfen vertraut machen kannst.«

Leonie wischte sich noch einmal die Augen aus. Zu einer Antwort war sie in diesem Augenblick nicht fähig.

»Du sollst dich doch mit den Kostümen vertraut machen, die du vorführen sollst.« Holger lächelte stolz. »Und eines seiner Modelle darfst du behalten. Quasi als Lohn.«

Leonie hob erstaunt den Kopf. Doch zu einer Antwort war sie immer noch nicht in der Lage.

»Komm bitte nach unten, wenn du fertig bist.« Holger stand auf. »Sie wartet mit dem Frühstück auf uns.«

* * *

Amelie von Grünberg blinzelte, als ein Sonnenstrahl in ihre Augen fiel. Verträumt blickte sie zu ihrem Verlobten, der neben ihr noch zu schlafen schien.

Sie verzichtete darauf, ihn zu wecken, denn dazu hätte sie sich sehr mühsam in ihrem engen Leder-Schlafsack zu ihm hinüber robben müssen, und sie wusste, wie anstrengend das werden konnte. Ihre Arme waren längs am Körper in den inneren Ärmeln fixiert, und sie konnte sie und ihre Finger nur millimeterweise bewegen.

Stattdessen genoss sie die Ruhe des Morgens und den Blick aus dem Fenster und ließ sich dabei von der Sonne kitzeln.

Sehr gern dachte sie zurück an den vergangenen Abend, an dem sie mit den anderen Darstellern im Rathaus noch zusammen gesessen und nach dem Buffet die gereichten Getränke genossen hatte.

Es hatte sich keiner daran gestört, dass die vier Mädchen im Rathaus noch bis tief in die Nacht mit ihren Ketten am Tisch saßen. Im Gegenteil, sie hatten teilweise sogar Komplimente dafür bekommen, weil ihre Fesseln so echt ausgesehen hatten. Dass die Ketten echt waren, war nicht zu erkennen.

Unter dem Tisch, wo es die anderen nicht sehen konnte, tauschte sie mit Leonhard intime Zärtlichkeiten aus, während sie ihre Ketten klirren hörte. Es war ein Traum gewesen.

»Guten Morgen mein Schatz.« Leonhard schlug die Augen auf.

Amelie erwiderte den Gruß. »Das war ein schöner Tag gestern.« Sie drehte den Kopf zur Decke. »Lässt du mich bitte heraus? Ich müsste dringend ins Bad.«

»Aber gern, mein Schatz.« Er beugte sich zu seiner Verlobten und zog den langen Reißverschluss auf. Doch wie sonst auch musste er auch ihre Arme aus den Ärmeln ziehen, erst dann war Amelie in der Lage, sich weiter aus dem Schlafsack zu befreien. Sofort sprang sie aus dem Bett und lief ins Bad.



»Ein teures Vergnügen.« Leonhard sprach mehr zu sich selbst, als er den Schlafsack zum Lüften umdrehte und über das Bettgestell am Fußende hängte.

»Aber er ist jede einzelne Mark wert...«, ergänzte Amelie durch die offene Badezimmertür.

* * *

»Danke, das war sehr lecker.« Rosalie legte ihr Besteck beiseite und wischte sich mit der Servierte den Mund ab.

»Ich möchte mich ebenfalls noch einmal herzlich für die Einladung bedanken.« Herr Kollar nahm einen Schluck Kaffee. »Ich bin schon sehr auf das Gebet gespannt.«

Maria verdrehte die Augen und stöhnte ein wenig. »Den Satz habe ich in den letzten Tagen schon so oft gehört.« Doch dann lächelte sie.

»Es ist aber auch etwas Besonderes.« Es war Marias Mutter anzuhören, wie stolz sie auf ihre Tochter war. Zwar hatte das Gebet nichts mit ihrem Programm zu tun, doch letzteres war eine wichtige Grundlage für Marias jetzige Fähigkeiten. »Wie geht es heute los?«

»Renate holt die Katerina für die Sponsorenbesuche ab.« Paul gab wieder, was er über den Ablauf des Festes wusste.

»Wir gehen zunächst alle zur Sparkasse für den offiziellen Emfang«, ergänzte Rosalie. »Der Bürgermeister will uns dann das Museum zeigen.« Sie blickte kurz zu ihrer Flugbekanntschaft.

»Und die Kleiderkammer möchte er uns auch zeigen.« Herr Kollar berichtete, dass er sich das gewünscht hatte. »Ihr Fest findet zwar nur alle sieben Jahre statt, aber es kann sich mit den anderen Festen durchaus messen.«

»Sie können vergleichen.« Rosalie hatte ein wenig von dem behalten, was sie im Flieger über die anderen Feste erfahren hatte. »Aber der Höhepunkt kommt morgen, wenn die Katerina vor dem Altar steht.« Sie blickte ein wenig neckisch zu ihrer Freundin.

Maria nahm den Blick auf. »Wir haben das schon mit der Pfarrerin besprochen. Morgen heiratet die Comtess Katerina den Prinzen Anselm.« Sie stoppte ihre Gedanken und vermied es in diesem Moment zu Paul zu blicken.

Frederike hatte den Wink zwar auch bemerkt, doch auch sie vermied es, das Thema zu vertiefen. »Wann kommt Frau Bayer?«

Maria blickte auf die Uhr. »Sie wollte gleich nach der Besprechung vorbei kommen.«

* * *

»Das war ein sehr schöner Tag gestern.« Leonie blickte Holger verliebt an.

»Möchte noch jemand Kaffee?« Selma hielt die Kaffeekanne hoch.

»Wenn noch welcher da ist, gern.« Florian reichte seine Tasse hin.

»Ja, das ist wohl war.« Holger erwiderte den Blick von Leonie. »Das Fest bietet außergewöhnliche Möglichkeiten.«

Anna erkannte die Zusammenhänge sofort. »Was ist so schön daran, gefangen zu sein?«

»Ich weiß es nicht.« Leonie zuckte mit den Schultern. »Meine Schwester und ich befassen uns damit, seid wir denken können.«

»Wie das?« Florian nahm einen Schluck Kaffee.

»Wir haben immer schon die Gefangenen gespielt, sei es als Indianermädchen oder als die Prinzessin, die vom bösen Ritter entführt wurde.« Leonies Stimme hatte etwas Wehmütiges, als sie von ihrer Jugend erzählte. »Und die Fesseln wurden dabei immer professioneller.« Sie blickte etwas verlegen zu Holger.

»Wie war es denn bei deiner Fotosession?« Selma erinnerte sich daran, dass Anna diesen Termin ausgemacht hatte, bei dem sie der Freund der Reporterin in Fesseln ablichten wollte.

Anna stammelte kurz, dann räusperte sie sich. »Ich mache das, weil er mir dafür Geld zahlt.« Es war ihr wichtig, ihre Beweggründe zu erläutern. »Aber es war schön.«

»Siehst du?« Leonie wurde aufmerksam. »Es hat dir auch gefallen.«

»Nein, so war es nicht gemeint.« Anna lächelte verlegen. »Ich meinte nur, dass ich die Kamera schon nach kurzer Zeit völlig vergessen hatte.«

»Ich bin sehr auf die Bilder gespannt.« Florian berichtete, dass sie von jedem gelungenen Bild einen Abzug bekommen sollten. »Du hast teilweise recht heftig mit der Kamera geflirtet.« Er hatte Mühe, keine Eifersucht zu zeigen.

»Ich habe mir einfach vorgestellt, du wärst die Kamera gewesen.« Anna wurde rot. »Sein Gesicht habe ich ja kaum gesehen.«

»Wie bist du mit den Seilen zurecht gekommen?« Florian hatte seine Frau bisher noch nicht danach gefragt.

»Es war genau so, wie Maria es mir gesagt hat.« Anna fühlte sich erleichtert. »Ich habe mir vorgestellt, du würdest mich festhalten.«

»Habt ihr schon Seile gekauft?« Holger fragte das Naheliegende.

»Nein!« Anna gab sich empört. »Es reicht mir, dass ich damit Geld verdienen kann. In meiner Freizeit will ich frei sein.«

»Das verstehe ich überhaupt nicht.« Leonie lachte.

»Es ist eben nicht jeder so veranlagt wie du.« Selma griff den Gedanken auf. »Wichtig ist vor allem, dass es in beiderseitgem Einverständnis stattfindet.« Sie blickte übertrieben deutlich zu Leonie und Holger.

»Wir haben schon Kontakt zu dem Sattler aufgenommen.« Holger erzählte, dass Herr Hörmann ihnen schon einige seiner Entwürfe gezeigt hatte.

»Ich habe sogar schon davon geträumt.« Leonie hatte etwas schwärmerisches in der Stimme. »Ich freue mich schon sehr.«

»Worauf freust du dich?« Florian hatte den Zusammenhang noch nicht erkannt.

»Er ist ein Künstler, ein Kunstsattler.« Selma versuchte, die Wissenslücken zu stopfen. »Er ist berühmt für seine restriktive Kleidung, die er im Rahmen von Kunstausstellungen präsentiert.

»Und ich darf für ihn modellen.« Leonie strahlte über das ganze Gesicht. »Und ein Stück darf ich sogar behalten.«

»Ich glaube, du hast dich sogar schon entschieden.« Holger lächelte. »Zumindest, wenn ich an deinen Traum denke.«

»Ein Lederkleid mit Ärmeln, die versteift und fixiert werden können.« Leonies Stimme war leise. »Und einem sehr engen Rock.«

»Mit einem verschließbaren Gehschlitz.« Holger blickte Leonie sehr verliebt an.

»Er hat aber auch Entwürfe, bei denen ein Monohandschuh integriert ist.« Selma berichtete, dass sie sich alle seine Ausstellungen angesehen hatte. »Schade, dass es früher so etwas noch nicht gegeben hat.«

»Es gab früher keine Fesselkleidung?« Leonie war etwas erstaunt.

»Nein, ich meinte die Ausstellungen.« Selma lachte über das Missverständnis. »Es gab schon immer geeignete Kleidung, um junge ungehorsame Damen unauffällig unter strenger Disziplin zu halten.« Sie seufzte. »Doch mit der heutigen Mode geht das leider nicht mehr.«

»Eigentlich schade.« Leonie seufzte ebenfalls. »Heute fallen ja schon Hosen mit zusammengenähten Beinen unangenehm auf.«

Es brachte ihr einen sehr verwunderten Blick von Holger ein.
742. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundvierzig

geschrieben von gag_coll am 08.05.17 05:36

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

Danke, dass ihr euch schon so früh die Zeit genommen habt.« Robert Greinert bat seine Gäste, die Betreuerin des Prinzenpaares, den Kassierer und den Chef der Wachmannschaft zu sich herein. »Ich möchte auch gleich zur Sache kommen.«

»Was ist denn dieses Mal so anders?« Herr Schulte, der schon das vierte Fest als Kassierer erlebte, war ein wenig verwundert.

»Sag bloß, das hast du noch nicht mitbekommen?« Renate war verblüfft. »Maria trägt das Gebet und wir haben viele prominente Besucher.«

Robert Greinert griff zu der Liste, die er bereit gelegt hatte. »Zunächst ist in der Sparkasse der offizielle Empfang durch den Direktor und den Bürgermeister.«

»Dort sind noch alle zusammen.« Renate gab wieder, was sie schon über den Vormittag wusste.

»Genau.« Robert blickte auf seine Liste. »Die drei Freundinnen der Katerina bekommen dann noch einmal Tanzunterricht.«

»Warum braucht es das?« Herr Schulte erinnerte an die vergangenen Feste, bei denen diese Tänze nicht extra geübt werden mussten.

»Es sind alles Freundinnen von Maria, die unbedingt bei dem Fest mitmachen wollten.« Renate gab wieder, was sie wusste.

»Meinen Mädchen war es mehr als recht.« Carlos, der den Tanzverein leitete und auf dem Fest auch die Wachmannschaft stellte, lächelte. »Soviel fadenscheinige Ausreden wie dieses Mal hatte ich noch nie.«

»Und dann sind da ja auch noch die Ehrengäste aus Brasilien und Australien.« Es fiel Robert schwer, seinen Stolz nicht zu zeigen. »Der Bürgermeister hat sich bereit erklärt, sich um sie zu kümmern. Er wird ihnen das Museum und die Kleiderkammer zeigen.«

»Das Prinzenpaar hat nach dem Empfang erst den Fototermin mit den Sponsoren und ist dann beim Archtekturbüro Walter vorstellig.« Renate gab ihre Aufgaben wieder.

»Walter? Das ist doch so weit draußen, fast im Nachbarort.« Herr Schulte war verwundert.

»Sie haben sich bereit erklärt, ins Rathaus zu kommen.« Robert konnte den Einwand entkräften. »Das ist ja einfach für sie.«

»Um zwölf Uhr treffen wir uns alle wieder im Rathaus, die Metzgerei Sauer richtet das Mittagessen aus.« Robert drehte sich zu Herrn Schulte. »Kannst du dich um die drei Mädchen kümmern und sie zum Unterricht begleiten?«

Herr Schulte war etwas nachdenklich. »Das müsste sich einrichten lassen.« Normalerweise hatte er sich auf dem Fest nur um die Finanzen zu kümmern.

* * *

»Jetzt sehen wir aus, wie ganz normale Europäer.« Betty strahlte über beide Ohren.

»Und es ist schön, einmal nicht der Etikette unterworfen zu sein.« Sarah beschrieb, dass sie sich gerade sehr frei fühlte.

Zu viert gingen sie die wenigen Straßen zu Marias Haus. Lediglich ihre persönlichen Neigungen wollten sie hier auch etwas verstecken. Sie wussten nicht, wie die Bewohner einer kleinen Bayerischen Stadt auf zwei gleichgeschlechtiliche Paare reagieren würden.

Durch die Zwänge ihrer Heimat machte es ihnen auch hier nichts aus, zwei normale Paare vorzuspielen. Selbst Betty hatte kein Problem damit, Hand in Hand mit Bertram durch die Straßen zu schlendern. Auch im Hotel traten sie als zwei normale Paare auf, und sie hatten sogar Spaß dabei, weil ihnen allen bewusst war, dass es alles nur Fassade war. Nur eines war ihnen wichtig: Zwischen ihren Hotelzimmern sollte es nach Möglichkeit eine Verbindungstür geben.



»Ah, der Besuch aus Brasilien.« Andrea sah eine gute Möglichkeit, ihre Artikel über das Fest zusätzlich noch mit etwas Glamour auszustatten. Aus den Gesprächen mit Maria hatte sie schon erfahren, dass es Vertreter des dortigen Hochadels waren.

Maria erkannte die Zusammenhänge sofort. Sie ging auf Andrea zu und bat sie um ihr Stillschweigen. »Reicht es nicht, dass sie aus Brasilien sind?«

»Ich hatte die Schlagzeile schon vor mir gesehen.« Andrea war etwas geknickt. »Warum wollen sie denn unerkannt bleiben?«

»Wir sind in unserer Heimat einer strengen Etikette unterworfen.« Zur Überraschung aller meldete sich Sarah zu Wort. »Hier sind wir frei und können endlich einmal wir selbst sein.« Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Bitte machen sie uns diese Gelegenheit nicht kaputt.«

»Darf ich dann wenigstens ein Märchen erzählen?« Andrea klopfte ihre Ideen ab. »Das Märchen von den Königskindern, die zusammen kommen sollten, dies aber gar nicht wollten?«

»Wenn keiner erfährt, dass wir damit gemeint sind, dann gern.« Sarah blickte sich um, so als wolle sie das Einverständnis der anderen Personen einholen.

»Darf ich noch einige Fragen stellen?« Andrea gab sich bewusst zurückhaltend. »Wie war das mit ihrem Vater und dem Börsencrash?«

Sarah blickte sich verwundert zu Maria um.

»Ich wusste nicht, dass ihr kommen würdet.« Maria war sichtlich verlegen. »Ich habe keine Namen genannt.«

»Komm, so schlimm ist es nicht.« Betty schaltete sich ein. »Hier kennt uns nur eine einzige Person.«

»Nein, zwei Personen.« Frederike mischte sich an. »Frau Baseling, wir haben sie bisher als sehr vertrauenswürdig kennenlernen dürfen. Bitte enttäuschen sie uns jetzt nicht.« Sie hatte weder das Gesicht verzogen, noch ihren Tonfall geändert. Dennoch war der Druck deutlich im Raum zu spüren, der ab sofort auf Andrea lastete.

»Ich muss aber auch an meine Zukunft denken.« Andrea fühlte sich etwas bedrängt.

»Ich hätte etwas für sie.« Frederike hatte ihre Idee blitzschnell abgewogen. Sie würde Andrea ihre Sorgen anvertrauen und wenn die Reporterin es aufgeklärt hatte, würde sie schon wieder in den Staaten sein. Sie bat Andrea, ihr auf den Flur zu folgen, dann berichtete sie von ihrem Verdacht. »Bitte finden sie heraus, was damals wirklich passiert ist.« Immer, wenn der Alltagsstress etwas nachließ, kamen in ihr wieder die Gedanken an damals hoch. Sie brauchte Klarheit über die wenigen Stunden, an die sie überhaupt keine Erinnerung hatte.

»Und wenn sich ihr Verdacht bewahrtheitet?« Andrea hatte angebissen.

»Das Risiko muss ich eingehen.« Frederike seufzte. »Ich brauche endlich Gewissheit.« Der Gedanke, direkt oder indirekt am Tod der Baronin schuld zu sein, quälte sie schon lange. »Aber bitte sagen sie meiner Tochter nichts davon.«

Andrea war nicht die Reporterin, die mit jeder Kleinigkeit an die Öffentlsichkeit musste. Sie hatte Geduld und konnte auf die große Story warten. Außerdem spürte sie, dass hier eventuell ein schmerzhaftes Geheimnis verborgen war, und sie war sich im Moment überhaupt nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte.

* * *

Claudia hielt den Blumenstrauß in ihrer Hand und hatte ihren Blick zu Boden gesenkt. Seit ihrer großen Blamage von gestern hatte sie nur noch einen Gedanken. Sie wollte sich bei Maria entschuldigen und sich zugleich auch dafür bedanken, dass sie ihren Sturz gestern am Stand ihres Vaters als einen Kniefall gedeutet hatte und so die sonst sehr peinliches Situation auf diese sehr elegante Weise gerettet hatte.

Claudia hatte sehr hoch gepokert und sprichwörtlich alles verloren. Ihren Vater hatte sie gegen sich aufgebracht, in der Brauerei konnte sie sich auf absehbare Zeit nicht mehr blicken lassen und ihre angeblichen Freundinnen würden noch lange über ihre Blamage spotten.

Sie fühlte sich auf einmal deutlich auf der Seite, auf der sie bisher immer Maria gesehen hatte, und sie begriff so langsam, was sie dem armen Mädchen angetan hatte und wie grausam es gewesen war.

Nur gelegentlich blickte Claudia auf, um die Richtung ihres Weges zu kontrollieren, ansonsten hielt sie ihren Bick zu Boden gesenkt. Sie kannte den Weg zu Marias Haus, und sie betete, dass ihre Freundinnen um diese Zeit das taten, was sie sonst immer taten, nämlich lange ausschlafen.

Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht und drückte sehr verschüchtert auf den Klingelknopf. Sie erwartete nicht, hereingebeten zu werden, doch sie wollte Maria zumindest den Blumenstrauß persönlich überreichen.

Wie üblich hatte ihre Erzieherin die Tür geöffnet, und Claudia fragte mit sehr leiser Stimme nach Maria.

»Maria, da ist jemand für dich.« Die Stimme von Mrs. Potter schallte und sehr enerigisch laut durch das Haus.

Claudia war durch die laute Stimme noch eingeschüchterter, sie versuchte sich geradezu hinter den Blumen zu verstecken.

Maria kam an die Tür und war sichtlich erstaunt, die Brauerstochter an der Tür stehen zu sehen.

Claudia schluckte noch einmal, dann streckte sie den Arm mit den Blumen aus. »Ich erwarte nicht, dass wir Freundinnen werden, aber ich möchte dich bitten, meine Entschuldigung zu akzeptieren.«

Maria war nur im ersten Moment sprachlos, dann nahm sie die Blumen entgegen. »Komm doch bitte herein.« Sie machte eine einladende Handbewegung.

* * *

»Wie sieht es aus? Seit ihr startklar?« Renate hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich ihre Jacke auszuziehen. Sie blickte sich um und ihr Blick blieb auf Maria hängen. »Nach den Berichten in der Zeitung wollen die Sponsoren, dass sie von der Katerina mit dem Gebet besucht wird.« Sie seufzte. »Es sind viele Sponsoren.« Sie sprach nicht weiter.

Frederike begriff sofort, was Frau Bayer eigentlich sagen wollte. »Wie lange wird es dauern?«

»Wir konnten es schon etwas komprimieren.« Renate holte tief Luft. »Aber es werden wohl zwei Stunden am Vormittag und zweieinhalb am Nachmittag werden.«

»Und dann noch mal drei Stunden für den Ball« Marias Mutter hatte ein sogenvolles Gesicht. »Das wird heftig.«

»Es wäre sehr wichtig.« Renates Blick reichte Frederike ihre Liste und zeigte ihre Verlegenheit.

»Maria, Paul, kommt bitte einmal mit?« Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich muss einmal mit euch reden.«

Die Beiden kamen der Aufforderung nach und verließen den Raum.



»Ganz Landsbach ist in Aufruhr?« Herr Kollar gab sich sehr interessiert.

»Kann man wohl sagen.« Renate keuchte ein wenig. »Ich bin echt froh, dass das Fest nur alle sieben Jahre stattfindet.«

»Es besteht also nur aus diesem Wochenende?« Karl hatte wieder seinen Notizblock gezückt und begann, sich Notizen zu machen.

»Nein, das ist so nicht richtig.« Renate lehnte sich an den Türrahmen. »Wir beginnen ja schon ein Jahr vorher mit den Vorbereitungen.«

»Und das Katerinenjahr gibt es doch auch noch.« Rosalie ergänzte das, was sie schon von Maria erfahren hatte.

»Um was handelt es sich dabei?« Herr Kollar gab sich sehr interessiert.

»Es ist so ähnlich wie bei einer Weinkönigin.« Renate erklärte die Hintergründe. »Die Katerina hat in dem Jahr noch viele Auftritte bei allen möglichen Gelegenheiten.«

»Und dabei trägt sie immer das Gebet?« Rosalies Gesicht zeigte, dass sie sich ebenfalls Sorgen um ihre Freundin machte.

»Naja, bisher haben die Mädchen immer nur einen Handschuh getragen.« Renate holte tief Luft. »Und je nach dem, wie gut sie damit klar gekommen sind, haben sie den auch noch in dem Katerinanjahr getragen.« Renate überlegte, ob sie auch noch die Baroness erwähnen sollte, die ursprünglich für die Rolle ausgewählt wurde, doch dann behielt sie das für sich. Mit Maria war es sehr viel einfacher.



»Hier ist die Liste von Renate mit den Sachen, die ihr alle dabei haben solltet.« Frederike reichte Paul das Papier, welches sie gerade bekommen hatte. »Ich habe euch schon eine Tasche gepackt.« Sie reichte Paul die Tasche. »Müsst ihr euch noch umziehen?«

»Herr Steinhagen hat sich das Kleid mit den Spaghetti-Trägern gewünscht.« Maria blickte ein wenig verlegen an sich herunter.

»Spaghetti-Träger? Kleid?« Frederike trug wegen ihres Berufes wegen schon seit Ewigkeiten keine Kleider mehr.

»Er hat für Maria zehn Kleider bei der Schneiderin bestellt.« Paul gab wieder, was er bei Frau Bartels erfahren hatte.

»So so, du hast einen heimlichen Verehrer?« Frederike musste schmunzeln. »Dann solltet ihr ihn aber auch nicht enttäuschen.«

»Wollten sie uns nicht noch etwas sagen wegen der Tragedauer des Gebetes?« Paul war etwas verwundert.

»Ich denke, ihr wisst sehr gut, was wann wichtig ist.« Sie blickte Paul und Maria gespielt streng an.

Innerlich atmete Maria tief durch, als sie erkannte, welche Freiheit sie von von ihrer Mutter erhielt und welches Vertrauen sie in sie setzte. »Danke, Mama.« Ihre Stimme zitterte ein wenig.

* * *

»Schön, dass ihr alle pünktlich seit.« Fritz, der Leiter der Barock-Pfeiffer, betrat als erster die kleine Bühne mitten auf dem Marktplatz und begann sofort, die bereitgestellten Stühle zu verteilen. »Macht euch bitte spielfertig, dann gehen wir zu dem Empfang in die Sparkasse.«

Immer wieder blickte Florian geradezu verzaubert auf seine Frau, die in dem Barock-Kleid sehr anmutig aussah und sich auch ein wenig anders als sonst bewegte. Der Rock hatte fast eineinhalb Meter Durchmesser und ließ allein schon deswegen die Taille der Trägerin sehr gut zur Geltung. Sie trug heute nur ein geliehenes Korsett unter dem Kleid, und obwohl es ganz geschlossen war, saß es doch sehr locker.

Anna war darüber allerdings eher erleichtert, weil sie beim Flöte spielen lieber auf ein Korsett verzichtete, auch wenn ihre Familie früher darauf bestanden hatte.

»Hier ist dein Notenständer.« Florians Worte rissen sie aus ihren Gedanken. Sie nahm den Ständer entgegen und baute ihn auf, um dann gleich danach auch ihre Notenmappe darauf zu legen. Sie nutzte die kleine Atempause, um sich ein wenig auf dem Marktplatz umzusehen. Es sah letztendlich genauso aus wie gestern, nur die zehn Stände, an denen die Katerina gearbeitet hatte, fehlten jetzt. An dieser Stelle wurde im Moment eine zweite Bühne aufgebaut, so dass der Platz von zwei Seiten bespielt werden konnte und so die Umbaupausen der Musiker und Tanzgruppen geschickt überspielt werden konnten.

»Spielt ihr sofort?« Florian blickte auf die Uhr.

»Nein.« Fritz schüttelte den Kopf. »Unser Auftritt beginnt erst um zehn Uhr.« Der Chef der Musikgruppe blickte hoch und drehte den Kopf in Richtung der Sparkasse. »Wir sind vorher beim Empfang eingelden.«

»Wie kommst du mit dem Korsett klar?« Karin stellte ihre Flöte auf den Ständer und wandte sich an Anna. »Passt es dir?«

»Es ist mir etwas zu groß.« Anna war ein wenig verlegen.

»Schade.« Karin lächelte. »Ich hätte es dir gern geschenkt.«

»Seit ihr fertig?« Fritz blickte sich um. »Dann lasst uns gehen.«

* * *

Immer wieder blickte Maria sich unauffällig zu der traurigen Gestalt um, die auf dem Weg in die Sparkasse hinter ihnen her schlich. Von der einst so stolzen Brauerstochter war so gut wie nichts mehr zu sehen, und Maria war kurz davor, sogar Mitleid mit ihr zu empfinden. Doch dann gingen ihre Gedanken in die Vergangenheit, und sofort fiel ihr wieder ein, wie gemein Claudia bisher zu ihr gewesen war und wie wenig sie dem entgegensetzen konnte.

»Du siehst echt toll aus in dem Kleid.« Pauls Kompliment riss sie aus ihren Gedanken.

Maria lächelte verlegen. »Ich musste gerade nachdenken.«

»Über Claudia?« Paul ahnte, was seine Freundin beschäftigte. »Ich kann ja kaum glauben, dass sie das ist.« Er blickte ebenfalls kurz einmal nach hinten.

»Wer bist du und was hast du mit Claudia gemacht?« Maria lachte. »Der Witz ist zwar alt, aber hier passt er wirklich.«

»Total ausgewechselt.« Paul erinnerte sich an das Ende des Frühstück von eben. »Sie hat dir sogar Blumen gebracht. Was hat sie denn gesagt?«

»Sie hat mich um Entschuldigung gebeten.« Marias Stimme zeigte, wie wenig sie von dem Verhalten hielt. »Einfach so. Sie macht es sich sehr einfach.«

»Du lässt sie zappeln?« Paul war ein wenig verwundert.

»Ich habe die Blumen entgegengenommen und habe sie auch kurz ins Haus gebeten, weil ich ein höflicher Mensch bin.« Maria versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Ich bin bestimmt nicht nachtragend, aber ich musste so oft unter ihr leiden.«

»Du meinst, sie muss sich deine Freundschaft erst verdienen.« Paul öffnete die Tür des großen Sparkassenportals.

»Ich hätte es nicht ´Freundschaft´ genannt.« Maria seufzte. »Aber ich möchte sicher sein, dass sie auch so bleibt.« Sie betrat hinter ihrem Freund das Rathaus.

»Ah, schön, dass ihr schon da seit.« Renate Bayer empfing das Prinzenpaar noch vor der Treppe, die zum großen Saal hinauf führte. »Ich habe extra noch dafür gesorgt, dass für euch immer Organgensaft bereit steht.«

Beide blickten ihre Betreuerin ein wenig verwundert an.

»Natürlich dürftet ihr auch Sekt trinken.« Renate bemerkte die Fragen den Blicke sofort. »Aber wenn ihr bei jedem Empfang Sekt trinkt, dürftet ihr heute Abend nicht mehr tanzen können.«

»Okay, das ist einzusehen.« Paul nickte. »Wir sollten heute wirklich auf Alkohol verzichten.«

Maria lächelte ebenfalls.

»Jetzt kommt nach oben.« Renate schritt die Stufen voran. »Die meisten anderen Gäste sind schon da.«

Maria blickte auf die Uhr, die an der Wand hingt. »Wir sind aber pünktlich.« In iher Stimme schwang ein wenig Empörung mit.

Renate drehte sich um und lachte. »Die Ehrengäste und Hauptdarstellerin dürfen natürlich auf die Minute kommen. Alle anderen waren schon etwas früher geladen.«

Das die Brauerstochter hinter ihnen die Treppe empor stieg, schien Renate gar nicht zu bemerken. Doch Herr Wetzler stand oben an der Treppe und blickte sehr ungeduldig auf seine Tochter. »Da bist du ja endlich. Hast du ihr die Blumen überreicht?« Eine Antwort wartete er allerdings nicht ab. »Jetzt komm, es geht gleich los.« Dass Claudia bei den Worten ihres Vaters zusammenzuckte ließ darauf schließen, dass er sie zu der Entschuldigung gedrängt hatte.
743. RE: Maria

geschrieben von Ladysupergeil am 11.05.17 08:15

Sehr geehrter gag-coll!

Schon lange verfolge ich Ihre Geschichte. Irgendwann habe ich begonnen Maria zu lesen, zu dieser Zeit begann grade die Reise in die USA.

Danke für diese wunderbare Geschichte. Ich selber finde die Hilflosigkeit in Fesseln sehr anregend.

Bitte setzen Sie Ihre Geschichte fort! Ich warte sehnsücktig auf die weiteren Teile!

Um Ihnen dieses Kompliment zu machen habe ich mich extra angemeldet. Ich sehe jeden Tag nach ob ich weitere Kapitel lesen darf.

Hochachtungsvoll
Die Lady
744. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundvierzig

geschrieben von gag_coll am 11.05.17 12:16

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Ich danke ihnen, dass sie sich kurz für mich Zeit genommen haben.« Frederike schloss die Tür des kleinen Besprechungsraums neben dem Sparkassensaal, nachdem sie es mit dem Bürgermeister und dem Sparkassendirektor betreten hatte.

»Sie sagten, es sei wichtig.« Auf Herrn Steinhagens Stirn zeigten sich ein paar Sorgenfalten. »Ist mit ihrer Tochter alles in Ordnung?«

»Ja und nein.« Frederike hatte um diese Besprechung gebeten, weil sie sich ernsthaft um die Gesundheit ihrer Tochter Sorgen machte. Sie äußerte dies. »Wie sie wissen, hat die Katerina heute einen durchgeplanten Tagesablauf mit vielen Auftritten.« Sie war ein wenig verlegen, weil sie nicht wusste, wie die beiden wichtigen Herren auf ihr Anliegen reagieren würden. »Wir müssen dabei aber auch auf Marias Gesundheit achten.«

»Natürlich.« Der Bürgermeister Herr Heinrich schien noch nicht zu wissen, was Marias Mutter bewegte. »Was ist denn das Problem?«

»Meine Tochter soll ja das Gebet zeigen.« Frederike holte tief Luft. »Und zwar bei allen Sponsoren und dann heute Abend auch auf dem Ball.«

»So war es vereinbahrt, und ihre Tochter hat dafür ja auch trainiert.« Herr Steinhagen stutzte. »Sie meinen, dass es ihr trotzdem noch zuviel werden könnte?«

»Genau das meine ich.« Marias Mutter spürte, dass sie ihren Vorschlag jetzt unterbreiten konnte. »Wie wäre es, wenn die Katerina jetzt nicht gleich mit dem Gebet auftritt, sondern wenn es ihr erst nach den Reden angelegt wird, dann aber vor alller Augen.«

Die beiden Herren mussten sich nur kurz gegenseitig ansehen. »Das ist ein sehr guter Vorschlag.« Der Bürgermeister reichte Frederike die Hand. »So machen wir es.«

»Sie haben recht.« Herr Steinhagen war in diesem Moment auch ein wenig verlegen. »Ich hatte immer nur diesen Auftritt hier im Sinn, aber ihre Tochter hat ja auch noch drei andere Termine.«

»Ich gehe zu ihnen und werde es ihnen sagen.« Frederike ging zur Tür.

»Sagen sie es bitte auch Frau Bayer.« Herr Steinhagen hielt die Tür auf. »Sie muss darüber informiert sein.«

* * *

Mit ein wenig Erleichterung betrat Frederike den kleinen Raum, der dem Prinzenpaar zur Vorbereitung zur Verfügung gestellt wurde. Paul war gerade dabei, die Riemen auszupacken, mit denen er Marias Arme fixieren würde. Maria stand vor dem Spiegel und machte ein paar der Lockerungsübungen, die sie in der Klinik gelernt hatte.

»Ich habe es abgeklärt.« Frederikes Stimme zeigte, dass sie über ihr Verhandlungsergebnis sehr erfreut war. »Die Katerina muss nicht mit dem Gebet den Saal betreten.«

Paul und Maria blickten Frederike verwundert an.

»Wieso denn das?« Paul war verwundert. »Sie waren doch alle so heiß darauf.«

»Das sind sie auch.« Frederike lächelte, dann wandte sie sich an ihre Tochter. »Aber ich möchte nicht, dass du den ganzen Tag und auch noch den Abend damit herumläufst.«

»Was wurde vereinbart?« Maria erkannte sofort, dass sich ihre Mutter sehr um ihre Gesundheit sorgte.

»Es werden erst die Reden gehalten und dann bekommt die Katerina das Gebet angelegt.« Frederike erzählte kurz von der kleinen Unterredung, die sie gerade erfolgreich hinter sich gebracht hatte. »Ich werde Frau Bayer noch darüber informieren. Wisst ihr, wo die sich gerade aufhält?«

»Ich glaube, die kümmert sich um die Getränke.« Maria berichtete davon, dass ihre Betreuerin um nicht alkoholische Getränke bemüht war.

»Ich gehe sie mal suchen.« Frederike ging zur Tür. »Bitte nehmt alles mit, was ihr für das Gebet braucht.«

»Du weißt, was du zu tun hast?« Maria blickte ihren Freund sehr ernst an.

Paul wollte erst ein wenig leichtfertig antworten, doch dann erkannte er die Wichtigkeit des Augenblicks und schluckte kurz. »Ich denke, ich kann alle Handgriffe, und ich werde nicht zittern.«

»Wie viel Riemen brauchst du eigentlich dafür?« Maria blickte auf den kleinen Haufen mit Lederriemen, die ein wenig im hereinfallenden Sonnenschein glänzten.

Paul trat an den Tisch heran, auf dem die Riemen lagen. »Ich brauche einen kurzen für deine Hände und drei für die Ellenbogen.« Er sortierte den kleinen Haufen und legte die Riemen der Länge nach nebeneinander.

Maria blickte wortlos auf seine Hände, die fast ein wenig mit dem Leder spielten.

»Es würde vielleicht auch nur mit einem Riemen für die Ellenbogen gehen, aber die könnten leicht herunter rutschen.« Paul lächelte verlegen. »Mit drei Riemen sieht es einfach schöner aus.«

»Es fühlt sich auch schöner an.« Maria gab ihm einen kurzen Kuss. »Wenn du es machst.«

»Na, ihr Turteltäubchen.« Renate stand auf einmal im Raum. »Seid ihr bereit?«



Aus dem Saal war lautes Stimmengewirr zu hören, bis auf einmal ein Gong ertönte. Augenblicklich setzte Ruhe ein.

In die einsetzende Stille war die Stimme von dem Sparkassendirektor Herrn Steinhagen zu hören. »Meine Damen und Herren, begrüßen sie bitte zusammen mit mir die diesjährige Katerina mit ihrem Prinzen.«

Sofort setzte Applaus ein und Paul und Maria betraten zusammen den Sparkassensaal. Hinter ihnen trug Frau Bayer die Riemen, die Paul später für das Gebet brauchen würde.

»Sie werden sich vielleicht wundern, warum die Katerina dieses Jahr nicht mit dem traditionellen Handschuh auftritt.« Der Direktor blickte kurz in die Runde, so als würde er eine Antwort erwarten. »Maria Beller wird dieses Jahr als erste Darstellerin der Katerina überhaupt die Originalhaltung tragen.«

Er machte eine Pause, und als der einsetzende Applaus abebbte, fuhr er fort. »Diese Haltung, die damals der Herzog seiner so wichtigen Geisel aufzwang, um sie für die Verlobung unmöglich zu machen, ist sehr anstrengend, und deswegen wollen wir erst unsere Reden halten, und dann werden wir das besondere Kunststück bestaunen.«

Er ging zu dem Rednerpult und holte einen Zettel aus seiner Jackettasche. »Doch zuvor möchte ich einige Ehrengäste begrüßen.«



»Sie trägt es ja gar nicht.« Hans stand mit seinem gezückten Fotoapparat neben Andrea und machte ein paar Bilder.

»Was trägt sie nicht?« Andrea hatte mit einer anderen Reaktion ihres Freundes gerechnet.

»Na das Korsett.« Hans gab sich verwundert. »Das Venuskorsett.« Er machte wieder ein paar Bilder. »Deswegen sind wir doch hier.«

»Du bist unmöglich.« Andrea gab ihm einen Stoß in die Seite. »Du kannst wieder die Zeit nicht abwarten.« Sie blickte nach vorn auf die kleine Bühne, wo sich das Prinzenpaar neben das Rednerpult gestellt hatte. »Du weißt doch, dass wir dafür einen Termin bekommen haben. Und jetzt sei bitte ruhig und mache schöne Bilder.«



»Besonders begrüßen möchte ich auch Marias beste Freundin, Frau Dörtling, die extra wegen dem Fest aus Australien angereist ist.« Er wartete den Applaus ab.

»Ebenso bin ich auch sehr stolz darauf, dass wir auch vier Gäste aus Brasilien hier begrüßen dürfen. Maria hat sie während ihres Klinikaufenthaltes in den Staaten kennengelernt, und jetzt beehren sie unser kleines Landbach mit ihrem Besuch. Ich freue mich sehr, dass sie unser Fest gestern mit ihren so schicken Uniformen bereichert haben.«

Maria suchte unwillkürlich den Blick von Sarah, denn sie wusste, dass die echte Prinzessin sehr viel Wert darauf legte, dass man ihren wahren Status als Mitglied des brasilianischen Hochadels nicht kannte. Als der Direktor gleich danach auf den gestrigen Tag zu sprechen kam, entspannte sich Sarahs Miene deutlich.

»Gestern gab es schon den traditionellen Festzug und das Arbeiten der Katerina auf dem Marktplatz.« Der Direktor machte eine Pause. »Ich möchte der Rede des Bürgermeisters nicht vorgreifen, doch auch dieses Mal war die Liebe stärker als die äußeren Zwänge.«

Er blickte noch einmal neben sich. »Wie sie mir verraten haben, haben sich die beiden Darsteller Maria Beller und Paul Mohr auch privat gefunden und sind bereit, gemeinsam ins Leben zu treten.«

Während des anschließenden Applauses blickte er kurz zu Marias Mutter, die gerade dabei war, sich eine Träne aus dem Gesicht zu wischen.

»Wir wollen aber auch an die Baroness denken, die ursprünglich für diese Rolle vorgesehen war, die jedoch durch ihren so schweren Unfall aus dem Verkehr gezogen wurde.« Er deutete eine kleine Verbeugung an. Dabei verschwieg er allerdings, dass im Moment keiner wusste, wo sich die Baroness gerade aufhielt. Doch da man in der Vergangenheit diverse Eskapaden von ihr gewöhnt war, nahm man es nicht weiter zur Kenntnis.

»Und nun wollen wir das Glas erheben auf ein weiterhin so schönes und friedliches Fest.« Er griff zu seinem Glas und brachte einen Toast aus.

* * *

Als nächster trat der Bürgermeister ans Pult. Auch er begrüßte die Anwesenden, dann verkündete er. »Ich möchte ihnen einen Überblick über die damaligen Geschehnisse geben, soweit sie uns überliefert sind.«

Er sprach zunächst über die zeitliche Einordnung der Ereignisse, die zu dem Fest geführt hatten. »Das genaue Datum ist nicht überliefert, aber alle Quellen sind sich einig, dass es im 13. Jahrhundert passiert sein muss.«

»Wie es damals nach einem Krieg üblich war, nahm der Herzog als Gewinner die Tochter des verfeindeten Grafen als Geisel mit zu sich ins Reich.« Er beschrieb, dass das am Vortag mit der Heimkehr von der Schlacht dargestellt wurde. »Der Herzog befahl dann seinem Sohn, sich persönlich um die Geisel zu kümmern. Die Comtess wurde vom Prinzen bei allen wichtigen Leuten vorgestellt, und wie das Leben auch damals schon spielte, haben sie die beiden ineinander verliebt.«

Er machte eine bedeutsame Pause, während der Maria die Hand von Paul ergriff und sie festhielt.

»Natürlich ging das damals über eine längere Zeit.« Er berichtete davon, dass die Katerina als Geisel in der Stadt bekannt gemacht wurde und dass sie deswegen bei den Zünften jeweils ein wenig mitzuarbeiten hatte. »Dabei wurde sie immer von dem Sohn des Herzogs begleitet, und wegen der Folgen davon feiern wir heute das rauschende Fest.«

Er machte wieder eine kleine Pause.

»Das Fest wäre bestimmt in Vergessenheit geraten, wenn sich der Herzog nicht eine besondere Grausamkeit ausgedacht hatte, um die Verbindung zwischen seinem Sohn und der Comtess zu verhindern.«

Er informierte über die Intrige des Herzogs, die darin bestand, der Comtess die Arme sehr grausam auf den Rücken zu fesseln. »Doch die Liebe zwischen den beiden war stärker, und was sich auf dem Verlobungsball zugetragen hat, das werden uns Paul und Maria zusammen mit der Theatergruppe heute Abend vorführen.«

Mit einem Zuklappen seiner Mappe deutete er das Ende seiner Rede an. Wieder kam Applaus auf.

* * *

Herr Wetzler trat als nächster an das Pult, denn er hatte als Vertreter der Sponsoren um diesen Termin gebeten. Auch er begrüßte mit fröhlicher Stimme die Ehrengäste, doch dann wurde seine Stimme auf einmal sehr ernst. »Wir möchten uns noch einmal bei der Katerina für unseren Fehler entschuldigen.« Er verbeugte sich symbolisch vor Maria, die mit einer Handbewegung ihre Dankbarkeit ausdrückte.

»Die inneren Werte sind das allein Wichtige. Titel zählen nicht, auch nicht das Aussehen, sondern nur das, was man aus seinen Fähigkeiten macht.« Er machte eine bedeutsame Pause.

»Natürlich, ein Adelstitel verlangt ein wenig Respekt. Aber erst, wenn dahinter auch eine anerkennenswerte Leistung steht, ist dieser Respekt auch gerechtfertigt. Wenn das Leben nur darin besteht, schnelle Autos zu fahren und sich auf Partys zu amüsieren, dann ist das kein Leben, welches diesen Respekt rechtfertigt.« Es war deutlich zu spüren, wer mit der Rede gemeint war, obwohl er keinen Namen genannte hatte.

»Aber auch die andere Seite sollte man betrachten. Wer eine Person einfach nur wegen des Titels und nicht wegen der Leistung bewundert, sollte sein eigenes Weltbild überprüfen.« Sein Blick fiel überdeutlich auf seine Tochter, die neben ganz nah an der kleinen Bühne stand. »Ich nehme mich da selbst nicht aus. Auch ich und meine Kollegen haben nur auf den Titel geschaut, und obwohl Frau Beller uns ein atemberaubendes Kunststück vorgeführt hat, waren wir geradezu verblendet.«

Maria hatte die Ablehnung damals sehr getroffen, und noch immer gab es ihr einen kleinen Stich ins Herz, als sie durch die Worte von Herrn Wetzler daran erinnert wurde.

»Worte können sehr verletzen, und sie sind schnell gesagt.« Er machte eine deutlich Pause. »Wir tun alle gut daran, unsere Werte und unser Weltbild zu überdenken, und unsere Worte immer wieder auf Korrektheit und Fairness zu überprüfen, bevor wir sie äußern.« Wieder machte er einedeutliche Pause.

»Umso mehr freue ich mich darüber, dass wir nicht nur alle daraus gelernt haben, sondern dass wir in Frau Beller ein außergewöhnlich schöne, charmante und überaus fähige Katerina gefunden haben, die alle bisherigen Feste in den Schatten stellen wird. Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit.« Er verließ den Platz vor dem Pult und ging wieder an seinen Platz.

* * *

Als nächster Redner trat Robert Greinert an das Mikrofon. »Danke, Herr Wetzler, für diese mahnenden Worte, die leider viel zu selten wirklich berücksichtigt werden.« Erst jetzt zog er sein Manuskript aus dem Jackett und auch er begann seine Rede zunächst mit der Begrüßung der Ehrengäste.

»Mir wurde die Rolle des Vorsitzenden erst sehr spät angetragen in Folge der turbulenten Ereignisse um die überraschende Verhaftung des Barons. Deswegen möchte ich auch gar nicht viel sagen, sondern uns nur ein weiterhin so harmonisches Fest wünschen. Und natürlich sind wir alle sehr gespannt auf das Kunststück, welches uns Maria Beller vorführen wird. Ich danke ihnen.« Er blickte zu Frederike, die sich ebenfalls als Rednerin gemeldet hatte.

* * *

Marias Mutter begann ihre Rede anders als alle ihre Vorredner. Sie sprach als erstes ihre Tochter an und äußerte ihren Stolz als Mutter darüber, welche Ehre Maria hier zugedacht wurde. Erst danach begrüßte auch sie die Ehrengäste.

Sarah zitterte innerlich ein wenig, denn Marias Mutter kannte ihre wahre Herkunft. Doch zu ihrer Erleichterung erwähnte auch Frederike Sarah nur als eine Freundin von Maria. »Ich freue mich sehr, einmal wieder in der alten Heimat zu sein und sogar das Katerinenfest mitfeiern zu dürfen, auf dem meine Tochter die Hauptrolle spielen darf.«

Leichter Applaus kam auf. Frederike blickte sich derweil im Saal um, weil sie ein paar ganz bestimmte Herren suchte. Sie entdeckte sie schließlich ganz am Rande des Saales, wo diese ihrerseits aufmerksam ihre Tochter vorn auf der Bühne musterten.

Sie dankte Herrn Wetzler für seine weisen Worte und fügte den Wunsch hinzu, dass viel mehr Wert gelegt werden sollte auf die inneren Werte, und dass es nicht nur nach dem Äußeren gehen sollte. »Wahre Schönheit kommt von Innen.« Wieder machte sie eine Pause.

»Natürlich weiß ich am besten, dass meine Tochter gut für das ´Gebet auf dem Rücken´ vorbereitet ist, und ich bin selbstverständlich sehr stolz auf sie. Auch ich habe früher davon geträumt, einmal die Katerina darstellen zu dürfen.« Frederike machte eine kleine Pause. »Doch als Mutter habe ich auch den Wunsch, sie sofort aus dem Gebet zu befreien, weil es eben eine sehr grausame Haltung darstellt.«

Wieder hielt sie kurz inne. »Aber lassen sie sich versichern, dass Maria wirklich in der Lage ist, diese Haltung auch für längere Zeit einzunehmen. In der Klinik, die ich in den Staaten leite, hat sie das trainiert und wurde dabei von den besten Ärzten und Orthopäden betreut. Es gab auch schon mal eine Gelegenheit, wo sie ihre Fähigkeiten in seinem sehr feierlichen Rahmen sehr würdevoll vorführen konnte. Das wird sie auch hier tun, und ich freue mich darauf! Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit.« Sie verließ die Bühne und setzte sich auf ihren Platz.

* * *

Herr Steinhagen trat wieder an das Mikrofon. »Wir kommen jetzt zum ersten Höhepunkt des Tages. Der Katerina wird das Gebet angelegt. Ich möchte sie aber bitten, eine kleine Ungenauigkeit in unserer Darstellung zu übersehen.« Er blickte kurz zum Prinzenpaar und lächelte sie an. »Natürlich war es der Herzog selbst oder noch eher eine ihm gehorsame Dienerin, die der Katerina das Gebet angelegt hat.«

Er gab Paul und Maria das Zeichen, mit dem Anlegen des Gebetes zu beginnen.

»Dass es hier der Prinz selbst tut, ist natürlich falsch, aber da Paul und Maria sehr gut aufeinander eingespielt sind und weil es sich um eine sehr gefährliche, weil ungesunde Aktion handelt, wenn man es falsch macht, wollen wir heute darüber hinweg sehen.«

Der Direktor musste dem Paar allerdings noch ein zweites Zeichen geben, erst dann setzte sich das Paar in Bewegung und trat vor an den Bühnenrand.

Zunächst stand Maria mit dem Gesicht zum Publikum, doch sie erkannte sofort, dass Paul so arbeiten müsste, ohne dass es das Publikum sehen konnte. »Ich werde mich besser umdrehen, dann können sie es sehen.« Es hatte noch einen anderen Grund, warum sie dies Variante bevorzugte. Bei der Vorstellung im Rathaus stand sie erst mit dem Gesicht zum Publikum und musste in die Gesichter sehen. So konnte sie diesen Blick vermeiden und würde eventuell eine erneute Ablehnung leichter ertragen.

Sie war sich immer noch nicht sicher, wie Leute, die mit dem Thema nicht vertraut waren, auf ihre seltsame Haltung reagieren würden.



Maria hatte die Augen geschlossen und versuchte auf die Geräusche zu hören, doch letztendlich hörte sie nur Pauls Atmen. Er ging ruhig, doch sie spürte allein an seinen Berührungen, wie angespannt er innerlich war.

Nach dem vierten Riemen hörte sie sein leises ´Fertig´ und sie öffnete die Augen. Auf die bisher atemlose Stille folgte auf einmal ein tosender Applaus, und als Maria sich langsam zum Publikum drehte, sah sie, dass jeder von seinem Platz aufgestanden war und im Stehen applaudierte.

»Bitte drehen sie sich noch einmal.« Der Direktor konnte den Applaus kaum übertönen, Maria verstand ihn nur, weil er dazu eine kreisende Handbewegung machte.

Er trat wieder ans Mikrofon und bat um Ruhe. »Ich freue mich, dass ihnen die Darbietung von unserer so ehrgeizigen Darstellerin gefällt.«

Wieder brauste der Applaus auf.

»Wir können dann mit den Erinnerungsfotos für die Sponsoren beginnen.« Er griff zu einer Liste und las die Reihenfolge vor, dann gab er Hans und seiner Freundin ein Zeichen.



»Sie trägt das Korsett ja immer noch nicht.« Hans war sichtlich enttäuscht.

»Du verdienst echt eine Ohrfeige.« Andreas Stimme zeigte, wie aufgebracht sie war. »Da führt Maria ein echtes atemberaubendes Kunststück vor, und du kannst nur an deine Unterwäsche denken.«

»Es ist nicht nur Unterwäsche.« Hans blickte noch einmal zur Bühne und wollte erst weitersprechen, doch dann besann er sich. »Wir müssen jetzt die Fotos machen.«

»Wir?« Andrea wollte zwar keinen Streit mit ihrem Freund vor Fremden, doch sie hasste es, wenn er einfach so über sie verfügte.

»Jetzt sei nicht so empfindlich.« Hans verdrehte die Augen. »Würdest du mir bitte helfen, das Stativ aufzubauen?«

Andrea schluckte ihre Wut herunter, weil sie wusste, dass eine weitere Diskussion nichts bringen würde. Außerdem hatte sie in der Vergangenheit schon oft solche Dispute führen müssen, doch geändert hatten sie nie etwas.

* * *

»Und was passiert jetzt?« Karl Kollar blickte noch einmal in den Saal, als er dem Bürgermeister aus dem Saal folgte.

»Den Sponsoren wurden jeweils einige Fotos mit der Katerina versprochen, mit denen sie später Werbung machen dürfen.« Der Bürgermeister hielt die Tür auf und wartete, bis Karl, Rosalie und die vier Brasilianer den Saal verlassen hatten.

»Das liebe Geld.« Karl lächelte. »Die anderen Feste haben ähnliche Finanzierungsmodelle.«

»Naja, die Sponsorengelder erlauben es uns, keinen Eintritt zu nehmen.« Herr Heinrich ging zum Treppenhaus. »Nur heute Abend in der Stadthalle kostet es Eintritt.« Er stutzte kurz. »Sie sind natürlich alle eingeladen.«

Rosalie und die Anderen bedankten sich.

»Erwarten sie bitte nicht zu viel von unserem kleinen Museum. Es sind nur ein paar Vitrinen mit Informationen über die vergangenen Feste.« Er ging zur Außentür und hielt sie ebenfalls auf. »Einfach gerade über den Marktplatz. Aber vorher sind sie noch bei mir zu einem kleinen Empfang eingeladen.«

»Wir sagen dankeschön.« Sarah hatte sich zur inoffiziellen Sprecherin der Brasilianer gemacht, seit sie erkannt hatte, wie gut ihr Inkognito hier gewahrt wurde.

* * *

Zehn Sponsoren hatten sich gemeldet, weil sie ein Erinnerungsfoto mit der Katerina haben wollen und dafür hatten sie auch einen Extra-Betrag gezahlt.

Wegen des knappen Terminplan, und weil alle dafür Verständnis hatten, Maria nicht über Gebühr zu belasten, waren sie damit einverstanden, dass es quasi im Fließbandverfahren gemacht wurde.

Meistens stellte sich Maria zu dem entsprechenden Ehepaar in die Mitte und zeigte im Halbprofil sowohl ihre Arme als auch ihr Gesicht mit einem strahlenden Lächeln. Nur Claudia hatte sich ein Foto allein mit der Katerina bestellt. Doch während Hans wie bei den anderen auch die Fotos machte, musste er Claudia mehrmals zum Lächeln nötigen.

Maria nutzte die kurzen Wartezeiten, um sich etwas im Saal umzublicken. Auch ihr waren die älteren Herren aufgefallen, die am Rande des Saales standen und sie doch die ganze Zeit mit deutlichem Interesse musterten. Sie vermied es, sie direkt anzusehen.

Erst gegen Ende, als die meisten Sponsoren nach ihrem Foto schon gegangen waren, kamen auch sie näher und musterten Maria aus der Nähe. Interessanterweise waren ihnen die Arme in ihrer so außergewöhnlichen Haltung aber gar nicht so wichtig, hatte Maria den Eindruck. Sie schienen mehr auf ihre Gesamterscheinung zu achten.

Maria war sich ziemlich sicher, dass es sich bei ihnen um die Auftraggeber ihrer Mutter handelte, denn sie waren nicht aus Landsbach und machten teilweise auch einen etwas exotischen Eindruck, obwohl sie alle den üblichen schwarzen Anzug trugen.

Zur ihrer eigenen Überraschung war sie aber nicht nervös, als sie glaubte, vom ihnen gemustert zu werden. Sie hatte mittlerweile, auch wegen der Unterstützung, die sie durch Paul bekam, genügend Selbstbewusstsein, um sich dieser Musterung zu stellen. Außerdem gab ihr der zumindest nach außen offensichtliche Sieg über Claudia zusätzlich Mut und Kraft.

Noch spürte sie in ihren Arme nicht ein einziges Anzeichen von Unbehagen, und so konnte sie die ganze Zeit das ehrlichste Lächeln zeigen, zu dem sie in der Lage war.

Nur einmal traten kurz Sorgenfalten auf ihre Stirn, als sie Franz-Ferdinand, den Neffen des Barons, bei den Zuschauern entdeckte. Er hatte sich bisher zwar immer vorbildlich benommen und sogar zweimal irgendwelche Rüpel abgewehrt, doch Maria blieb skeptisch. Obwohl er sich seit dem immer wie ein Gentleman benommen hatte, fühlte Maria dennoch, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung war. Doch sie behielt ihren Verdacht für sich, denn selbst Paul teilte ihre diesbezügliche Meinung nicht, als sie ihn vor kurzem darauf angesprochen hatte.

* * *

»Der Empfang war schön.« Anna lächelte, während sie mit Florian und den anderen Musikern zurück auf den Marktplatz unterwegs war.

»Nehmt bitte gleich Platz.« Fritz zeigte auf die Bühne, dann trat er an Anna heran. »Mein Großvater ist heute anwesend, und er hat sich ein Stück gewünscht, welches wir zwar im Repertoire haben, aber wir haben es bisher nicht angespielt.«

Anna spürte die nicht ausgesprochene Frage. »Was ist es denn?«

»Es handelt sich um die Badinerie von Bach.« Fritz lächelte etwas verlegen. »Du kennst es bestimmt.«

Anna stöhnte laut auf. Es war das Lieblingsstück ihres Vaters, und sie hasste das Stück, weil sie es in der Vergangenheit so oft für ihn spielen musste.

Florian, der noch in der Nähe war, kam sofort auf sie zu, und an ihrer Miene erkannte er sofort, dass sie etwas an ihre Familie erinnert hatte. »Was ist denn los, mein Schatz?«

»Ich soll die Badinerie spielen.« Anna blickte recht traurig.

Jetzt war auch Fritz aufmerksam geworden. »Was ist Anna, ist sie dir zu schwer?«

»Nein, das ist es nicht.« Anna wischte sich ein paar Tränen weg.

»Was ist es dann?« Fritz wunderte sich sehr über Annas so heftige Reaktion.

»Gibt es Probleme?« Auch Karin hatte Annas Miene bemerkt.

Anna wischte sich die Augen aus, dann suchte ihre Hand die Hand von Florian. »Es war das Lieblingsstück von meinem Vater.« Sie schluchzte.



»Darf ich euch kurz einmal allein sprechen?« Florian spürte, dass er hier helfen musste. Er bat das Paar ihm kurz hinter die Bühne zu folgen. Dort berichtete er, warum Anna so auf heftig das Stück reagierte.

»Warum willst du das Stück überhaupt spielen?« Karin schaute ihren Mann fragen an.

»Gustav ist da, und er hat es sich gewünscht.« Fritz war ein wenig verlegen.

»Es ist also ein Stück Vergangenheitsbewältigung.« Karin drehte sich zur Bühne um. »Ich rede mit Anna. Ich habe schon eine Idee, was ich ihr sagen kann.«
745. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundvierzig

geschrieben von gag_coll am 12.05.17 05:41

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Nehmt bitte Platz.« Theo hatte sich extra einen Tisch ausgesucht, der im Ratskeller etwas abseits gelegen war, weil ihre Gesprächsthemen sicherlich nicht für Jedermanns Ohren gedacht waren. Er wartete, bis Holger und Leonhard sich gesetzt hatten, dann nahm er auch Platz.

»Was machen unsere Damen jetzt?« Leonhard lehnte sich zurück.

»Die haben doch Tanzunterricht.« Holger erinnerte ihn daran, dass sie vom Kassierer abgeholt wurden. »Wir sehen sie gegen Mittag im Rathaus wieder.«

»Und wir warten auf sie?« Leonhard war ein wenig irritiert. »Es stört mich etwas, dass ich nicht auf Amelie aufpassen kann.«

»Mir geht es mit meiner Doris auch so.« Theo lächelte. »Aber ich weiß, dass sie in guten Händen sind.«

»Du hast echt Glück mit Leonie.« Leonhard lächelte zu Holger. »So fesselverrückt wie sie habe ich selten eine Frau erlebt.«

»So?« Holger sah noch etwas unsicher aus. »Du meinst, das macht sie nicht nur wegen des Festes?«

»Ich kenne sie und ihre Familie schon länger.« Leonhard blickte fast etwas verschwörerisch um. »Und glaube mir, sie ist praktisch in Fesseln aufgewachsen.«

»Von so einer Frau habe ich immer schon geträumt.« Holgers Stimme zitterte.

»Ich denke, sie ist verliebt in dich.« Er blickte Holger kurz an. »Und du auch, oder?«

»Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dem Ganzen trauen darf.« Holger lächelte verlegen. »Bisher hat Frau Mohr viel für uns getan.«

Die Bedienung kam an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen.

»Drei Bier, oder?« Theo blickte sich kurz um, und als kein Widerspruch kam, wiederholte er es. »Drei Bier.«

»Auf Frau Mohr kannst du dich verlassen.« Leonhard konnte Holger ermutigen. »Sie hat viel Erfahrung in solchen Sachen.«

Holger blickte etwas verwundert auf.

»Sie war früher Erzieherin in einem ganz strengen Haus.« Er gab ein wenig von dem wieder, was er aus dem Leben seiner zukünftigen Schwiegermutter erfahren hatte.

* * *

Florian kam mit besorgter Miene von der Bühne und blieb kurz vor den wenigen Stuhlreihen stehen, die vor der Bühne für die Zuhörer aufgebaut waren.

Selma winkte ihm kurz zu und zeigte auf den Stuhl neben sich.

Florian blickte noch einmal zur Bühne, dann ging er zu Pauls Oma und nahm neben ihr Platz. »Schön, dass sie zum Zuhören gekommen sind.«

Selma blickte kurz zur anderen Seite, wo sich Mrs. Potter ebenfalls zum Zuhören hingesetzt hatte. »Wir dachten, dass wenigstens wir kommen, wenn die anderen alle mit dem Fest beschäftigt sind.«

»Ist mit Anna alles in Ordnung?« Mrs. Potter beschrieb, dass sie sowohl Annas trauriges Gesicht als auch Florians Besorgnis aufgefallen war.

Florian beugte sich ein wenig vor und erklärte die Zusammenhänge.

»Oh ja, so etwas kann durchaus schwer sein.« Selma blickte ebenfalls zur Bühne. »Was wird sie jetzt machen?«

»Die Frau vom Leiter hat mir ihr gesprochen.« Florian hatte immer noch den besorgten Blick. »Mal sehen, was passieren wird.«

»Die Badinerie ist eigentlich ein sehr schönes Stück.« Selma lächelte ein wenig. »Wir werden ja sehen, ob sie es spielen wird.«

Immer wieder blickte Florian vor zur Bühne, und die angespannte Erscheinung von Anna bewirkte, dass auch er sich noch nicht zurücklehnen konnte.

* * *

»Nach dem Sektempfang und dem Austausch der Gastgeschenke möchte ich ihnen nun unser kleines Museum zeigen.« Bürgermeister Heinrich öffnete die Tür. »Wie schon gesagt, es ist nur ein Raum mit ein paar Vitrinen und einigen Fotowänden.«

Karl, Rosalie und die Brasilianer traten ehrfürchtig ein und blickten sich um.

»Frau Bayer könnte die Führung besser halten, sie kennt sich mit den Ausstellungsstücken besser aus, und sie selbst war auch einmal eine Katerina.« Herr Heinrich schloß die Tür. »Wie sie sehen können, ist das Fest immer auch einem gewissen Zeitgeschmack unterworfen.«

Er ging zur ersten großen Vitrine. »Hier sind verschieden Kleider, die die Katerina getragen hat. Eigentlich dürfen die Darstellerinnen das Ballkleid und die Ketten als Erinnerungsstücke behalten, doch manche von ihnen haben sie uns dann für das Museum gegeben.«

»Die Katerina musste immer so einen Handschuh tragen?« Karl blickte auf die kleinen Fotos, die auch in der Vitrine ausgestellt waren und die die jeweilige Katerina mit dem Kleid zeigten.

»Das ist ja der Kern unseres Festes.« Er zeigte auf das zweite Kleid, das in der Vitrine ausgestellt war. »Bei diesem Kleid wurde der Handschuh unter dem Kleid getragen. Deswegen hat es keine Arme.«

Betty trat näher an die Vitrine heran. »Das sieht sehr faszinierend aus.« Sie blickte sehr verliebt zu Sarah.

Herr Heinrich ließ seine Besucher noch ein wenig die Kleider bestaunen, dann trat er an die nächste Vitrine. »Früher gab es nur einen einzigen Satz von Ketten, der auch schon damals etwas verrostet war.« Er wartete, bis seine Besucher näher gekommen waren.

»Ist das Blut?« Rosalie zeigte auf die rostigen Schellen.

»Das ist natürlich nur rote Farbe.« Herr Heinrich lächelte. »Aber es gab eine Zeit, wo so etwas in Mode war.«

Er zeigte auf die glänzenden Ketten, die daneben lagen. »Seit wir die Kunstschmiede bei uns im Ort haben, sind die Ketten geradezu luxuriös geworden. Die Darstellerinnen sind sich einig, dass sie sich sehr gut tragen lassen. Auch der Geschmack hat sich gewandelt. Heute sind saubere glänzende Ketten gefragt.«

»Welch ein Unterschied.« Sarah staunte.

»Wobei Schwerteles auch Ketten herstellen könnten, die alt und verrostet aussehen würden.« Herr Heinrich ging zu der kleinen Fotowand. »Hier sehen sie Fotos von den bisherigen Festen.«

Karl sah sich die Bilder sehr interessiert an. Es waren Aufnahmen aus allen Epochen seit die Fotografie erfunden wurde, beginnend mit der Prinzregentenzeit. Auch einige Fotos mit Hakenkreuzfahnen waren zu sehen. »1942 gab es kein Fest«, stellte er fest. »Das ist bei den anderen Festen auch so. Die beiden Kriege waren immer ein deutlicher Einschnitt.«

»Unser Fest ist, solange wir es feiern, nur ein einziges Mal ausgefallen und das war während des zweiten Weltkriegs.« In der Stimme des Bürgermeisters war ein gewisser Stolz zu hören.

Karl rechnete kurz nach. »Dann war es 1914 aber kurz vor Beginn des Krieges.«

»Damals, so erzählt man sich, war es vor Beginn des Krieges noch eine andere Stimmung.« Der Bürgermeister ging langsam weiter zur dritten Vitrine. »Und hier sind einige der Handschuhe, die von den jeweiligen Darstellerinnen getragen wurden. Je nach ihren Fähigkeiten und ihrer Gelenkigkeit waren die Handschuhe mal weiter und mal enger.«

»Das ist schon etwas komisch.« Karl wunderte sich. »Eigentlich sind das ja Fesselungsgegenstände.«

»Das ist das Besondere an unserem Fest, weil die Katerina laut der Überlieferung ja ohne ihre Arme tanzen musste. Es war immer schon so ein Handschuh, seit es Bilder von dem Fest gibt.«

Er zeigte auf einen kleinen unscheinbaren Zettel, der in der Mitte der Vitrine ausgestellt war. »Hier ist der älteste Hinweis auf unser Fest.« Es war eine Rechnung eines Sattlers, der für die Arbeit an einem Handschuh einen Gulden und fünf Kreuzer verlangte. »Sie ist datiert auf Juni 1865.«

Karl nickte. »Die meisten dieser Feste scheinen zwar eine lange Tradition zu haben, doch tatsächlich sind sehr viele erst in der Zeit des Historismus entstanden.«

Herr Heinrich blickte auf die Uhr. »Schauen sie sich noch etwas hier um. In Kürze werde ich sie dann noch zur Kleiderkammer führen.«

* * *

»Du warst gut.« Paul schloß die Tür ihrer kleinen Raumes und machte sich daran, die Riemen von Marias Gebet wieder zu öffnen.

»Was machst du da?« Marias Tonfall zeigte, dass sie natürlich wusste, was ihren Freund bewegte, und dass sie sich nur spielerisch ein wenig sträuben wollte. »Es ist doch nur eine kurze Strecke.«

Paul stutzte einen Moment, denn er hatte bemerkt, dass Maria gerade versuchte ein Spiel zu spielen. »Die Prinzessin ist schon etwas komisch.« Er öffnete den nächsten Riemen. »Sie möchte von ihrem Prinzen anscheinend gar nicht befreit werden.«

Jetzt war es an Maria zu lächeln. »Ich wollte dem Prinzen doch bloß Arbeit ersparen.«

»Das ist sehr lieb von euch, meine Liebe, aber die Königin hat mir gewisse Vorschriften mit auf den Weg gegeben.« Paul lächelte ebenfalls. »Außerdem soll das Gebet doch geheim bleiben.« Seine Stimme wurde verschwörerisch. »Nur ausgewählte Personen dürfen es überhaupt zu Gesicht bekommen.«

Maria griff den Gedanken auf. »Wer ist der nächste Audienzbesucher?« Erst nachdem sie die Frage ausgesprochen hatte, fiel ihr auf, dass dieser Satz zu ihren Lieblingszitaten aus den Sissi-Filmen gehörte, und sofort sah sie sich wieder in der Rolle der Prinzessin, die ihre Besucher erwartete.

»Unser Gesandter in Paris«, antwortete Paul gemäß der Stelle aus dem Film, den er sich in den Tagen ohne Maria mehrmals angesehen hatte. Doch dann lachte er. »Das Architekturbüro Walter wartet im Rathaus auf uns.«

»Dann haben wir ja noch ein paar Minuten Zeit«, antwortete Maria in Bezug auf den Film, in dem Sissi sich eine Pause von zwei Minuten ausgebeten hatte. Gleich nachdem Paul ihr die Arme befreit hatte, umarmte Maria ihren Freund und gab ihm einen langen Kuss. »Danke für diesen tollen Auftritt.«



Es klopfte, und gleich danach steckte Renate ihren Kopf zur Tür herein. »Seid ihr fertig?«

Maria entließ Paul aus ihrer Umarmung. »Es kann weitergehen.« Sie seufzte ein wenig.

»Ich soll euch an die Gymnastik erinnern.« Renate war es ein wenig unangenehm, doch es war im Rahmen des Festes auch ihre Aufgabe, auf die Gesundheit des Paares und vor allem der Katerina zu achten.

Maria verdrehte die Augen. »Die haben wir schon gemacht.«

Paul blickte sie verwundert an, sagte aber nichts.

»Ja, ja, ist ja schon gut.« Maria schluckte noch einmal, dann begann sie mit ihren kleinen Übungen.



Erst nach einiger Zeit erkannte sie, wie Paul sie nur mit einem Blick und ganz ohne Worte dazu gebracht hatte, zu gehorchen und die von ihr so wenig geliebten Übungen zu absolvieren. Ein seltsames Gefühl regte sich in ihr.

Renate sah sich die Übungen einige Zeit lang an, dann blickte sie wieder auf ihre Uhr. »Ich denke, wir sollten dann gehen.«

Maria ließ erleichtert die Arme sinken, doch dann erschrak sie innerlich und blickte verlegen zu Paul. Aber er war zu ihrer Erleichterung schon dabei, die leichten Sommerjacken vom Ständer zu nehmen.

* * *

»Ich weiß nicht, was die Frau mit ihr gemacht hat, aber jetzt spielt sie wie verwandelt.« Florian war sichtlich erleichtert.

»Und sie hat die Badinerie wirklich schön gespielt.« Selma äußerte ihre Bewunderung.

»Das Stück war schon dran?« Florian war überrascht. »Ich kenne mich mit dieser Musik überhaupt nicht aus.«

»Aber sie scheint ihnen trotzdem gefallen zu haben.« Selma lächelte verschmitzt.

»Ich kannte Musik dieser Art bisher überhaupt nicht.« Florian war etwas verlegen. »Aber ich muss sagen, dass sie trotz allem sehr zu Herzen gehen kann.«

»Das liegt aber auch an der Musikerin.« Mrs. Potter beugte sich vor und schmunzelte. »Ich glaube, sie spielt nur für sie.«

»Meinen sie wirklich?« Florian blickte kurz zur Seite.

»Ich denke, jetzt wo sie die Badinerie gespielt hat, kann sie auch nichts mehr durcheinander bringen.« Selma lächelte. »Schauen sie doch, wie sehr sie strahlt.«

»Sie lässt sich nicht einmal durch das Korsett stören.« Mrs. Potter blickte auf die prachtvollen Kostüme der Damen.

»Was hat es eigentlich mit diesen Korsetts auf sich?« Florian gestand gern ein, dass er über diesen Aspekt seiner Beziehung zu Anna so gut wie gar nichts wusste. »Frau Beller hat gesagt, dass Anna mit dem Tragen des Korsetts nur langsam aufhören darf. Ich weiß aber nichts über die Hintergründe.«

»Es hat zwei Aspekte.« Selma sprach etwas leiser. »Zum einen unterbindet das Korsett die Bauch- oder besser Zwerchfell-Atmung, die beim Musizieren eigentlich recht wichtig ist. Deswegen ist es um so beeindruckender, wie gut Anna mit dem Korsett klar kommt.« Sie blickte kurz zur Bühne. »Und was die Tragedauer betrifft: Wenn sie das Korsett lange trägt, bildet sich die Rückenmuskulatur zurück. Dagegensteuern kann man mit Sport, zum Beispiel Rudern.«

»Deswegen hat mich Anna schon nach einem Sportverein gefragt und hat davon geschwärmt, sie wollte mich auf den See hinaus rudern.« Florian winkte seiner Frau zu. »Das hat mich sehr überrascht, denn eigentlich soll doch der Kavalier seine Dame romantisch rudern. Aber jetzt verstehe ich die Zusammenhänge.«

»Sie sollten sie in dieser Hinsicht unterstützen und hinter ihr stehen.« Selma lehnte sich zurück.

* * *

Die Familie Walter als einer der vier Hauptsponsoren war auf den Vorschlag eingegangen, den Besuch der Katerina im Rathaus stattfinden zu lassen. So konnten Maria unnötig lange Wege erspart werden. Auf drei kleinen Tischen hatten sie einige ihrer Projekte in Form von kleinen Modellen ausgestellt.

Neben Frau Walter als Chefin waren auch ihr Vater und ihr Mann sowie ihre Tochter Paula anwesend. Gemeinsam hatten sie die kleinen Modellhäuser aufgebaut, und dabei war deutlich zu sehen, wie stolz der Vater auf seine Tochter war, die sich schon sehr für den Beruf ihres Vaters interessierte. Beim Aufbau der Modelle hatte sie begeistert mitgeholfen.

Doch über Marias Armhaltung war die Architektentochter etwas enttäuscht. »Damit ist man ja völlig hilflos.« Sie seufzte. »Mir hat der Handschuh wirklich besser gefallen.«

»Du meinst den Monohandschuh?« Paul fand die Tochter ebenfalls sehr sympathisch. Er griff in die Tasche, die er für Maria trug und holte die weisse Lederhülle heraus.

»Papa?« Die Tochter blickte ihren Vater mit großen Augen an. »Kannst du nicht fragen, ob die Katerina nicht lieber den Handschuh tragen kann?«

»Aber das mache ich doch gern.« Maria antwortete sofort.

Es waren zwei Gründe, die sie dazu bewegten. Zum einen war der Handschuh tatsächlich wesentlich bequemer als das Gebet, und zum anderen wusste sie, dass sie das Gebet heute noch sehr oft tragen musste und jede Minute, in der sie jetzt ihre Muskeln schonte, kam dem Abend zugute, wo sie das Gebet lange zu tragen hatte.

Sie selbst hätte es nie gewagt, einfach so um ihre Befreiung zu bitten, doch der süßen Architektentochter konnte sie den Wunsch einfach nicht abschlagen.

Sie wartete, bis Paul die Riemen des Gebetes gelöst hatte, dann nahm sie den Handschuh und reichte ihn Paula. »Möchtest du ihn schließen?«

»Gern.« Paula nahm den Handschuh entgegen und strahlte, doch dann stutzte sie. »Ich weiß aber nicht, wie das geht.«

»Mein Freund wird es dir zeigen und dir helfen.« Sie blickte kurz zu ihrem Freund und lächelte ihn ermutigend an.

Paul erklärte kurz den Umgang mit dem Handschuh, dann trat er auf Paula zu und führte ihre Hände.

»Aber das hält man doch nicht lange aus, oder?« Paula gab sich sehr aufmerksam.

»Ich trainiere das schon mehrere Jahre.« Maria war es mittlerweile egal, was die Leute darüber dachten. »Es ist nur wichtig, dass sich die Muskeln langsam daran gewöhnen können.«

»Und wofür haben sie das trainiert?« Der alte Herr Walter war hellhörig geworden.

Maria machte unauffällig das Zeichen, mit dem sie gegenüber Paul andeutete, dass sie diesen Dialog nicht weiterführen wollte. Renate hatte ihnen den Tipp gegeben, ein paar solcher Zeichen zu vereinbaren.

Das Vorbild dafür war die englische Königin, die ihrer Dienerin allein mit dem Tragen der Handtasche gewisse Botschaften übermitteln konnte. Auf diese Weise konnte die Katerina Unwohlsein signalisieren, ohne die Sponsoren unnötig zu verärgern.

Es war jetzt an Paul, passend das Thema zu wechseln. Er räusperte sich etwas übertrieben, dann ließ er kurz den Handschuh los und zeigte er wahllos auf eines der Modell und fragte, wo dieses Gebäude stand.

Die Ablenkung funktionierte. Herr Walter berichtete stolz und ausführlich, wo sich dieses Gebäude befand und was sich während des Baues so alles Interessantes zugetragen hatte, und die Frage seines Schwiegervaters war damit vergessen.



Nach einiger Zeit fragte Herr Walter, ob seine Tochter Maria den Handschuh wieder abnehmen wolle. Doch zur Überraschung aller antwortete Paula, dass Maria den Handschuh weiter tragen solle.

Ihre Mutter Frau Walter war entsetzt. »Aber mein Schatz.«

»Ich glaube, es gefällt ihr gut.« Paula lächelte. »Und es ist bestimmt leichter zu tragen als das komische Gebet.«

Maria konnte es nicht verhindern, dass sie etwas rot wurde, weil ihr das Ansinnen der Tochter gefiel und weil Paula natürlich auch recht hatte. Der Handschuh war wesentlich leichter zu tragen als das Gebet.

Mittlerweile waren auch Andrea und Hans eingetroffen, und der Fotograf begann sofort, Maria mit dem Handschuh neben den Architekturmodellen abzulichten, so wie die Familie es bestellt hatte.

»Warum trägt Maria eigentlich nicht das Gebet?« Hans wunderte sich ein wenig.

»Es war der Wunsch meiner Tochter.« Frau Walter seufzte ein wenig. »Sie meint, dass das für Maria einfacher ist.«

»Der Handschuh kann wirklich bequem sein.« Andrea nickte. »Ich habe das kürzlich einmal ausprobiert.«

Hans ließ vor Verblüffung die Kamera sinken. »Warum hast du davon nichts gesagt?«

Auf einmal realisierte Andrea, was sie gerade gesagt hatte. Sie war sichtlich verlegen.

Hans war etwas verärgert. »Komm du mir nach Hause.«

Andrea seufzte. Insgeheim sah sie sich schon so hilflos, wie sie es kürzlich bei Leonie erlebt hatte, und sie wusste, dass sie sich Hans so nicht ausliefern wollte.

Maria glaubte, die Sorgen der Reporterin erkannt zu haben. Sie ging zu ihr, um ihr einige ihrer Verteidigungsübungen vorzuführen.

»So wehrlos wie es aussieht, ist man mit dem Handschuh gar nicht.« Sie spürte, dass sie Andrea Mut machen musste. »Im Notfall kannst du ihnen immer in die Eier treten. Das kühlt sie ab.«

Natürlich waren das nicht Marias eigene Worte, sie gab nur wieder, was sie beim Selbstverteidigungskurs gelernt hatte. Und sie spürte, dass Andrea und vor allem Hans eine klare Ansage gebrauchen konnten.

Paul schluckte, obwohl er überhaupt nicht gemeint war. Zugleich war er aber auch ein wenig stolz auf das Selbstbewusstsein seiner Freundin.

Frau Walter nahm ihre Tochter in den Arm. »Aber jetzt hätte ich gern noch ein paar Aufnahmen mit dem Gebet.« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Wir machen es auch ganz schnell.«
746. RE: Maria

geschrieben von Ladysupergeil am 12.05.17 19:41

Hochverehrter gag-coll!

Vielen Dank für die zwei wundervollen, inspirierenden Vortsetzungen der bezaubernden Geschichte um Maria.

Gleich heute früh kam eine neue und gestern kurz nach meinem Kommentar. Danke für dieses Geschenk!

Es ist für mich immer ein Moment zum träumen. Ich bin schon sehr gespannt darauf wie es weiter geht und was es neues von der eingeschlossenen reuigen Adeligen gibt!

Mit den besten Wünschen für ein schönes Wocgenende,
hochachtungsvoll

Ihre Lady
747. RE: Maria

geschrieben von kaes am 12.05.17 21:01

Hallo gag-coll

Ich will nicht viele Worte machen, ich finde deine Geschichte einfach klasse und sage Danke für die Fortsetzungen.

Ich wünsche dir ein schönes entspanntes Wochenende
748. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 12.05.17 22:55

Hi gag_coll

Ich schließe mich meinen Vorrednern an.
Als Kommentar von mir sage ich nur.....

T O P P

Auch von mir ein schönes Wochenende!

Gruß
Gozar
749. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundvierzig

geschrieben von gag_coll am 15.05.17 06:15

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Wie sie es gesagt hatten, es war nur ein kleines Stück.« Karl war erleichtert, als der Bürgermeister ihm die Tür zur Kleiderkammer aufhielt. Er keuchte ein wenig. Hinter ihm betraten Rosalie und die vier Brasilianer die alte historische Kornkammer in ihrer neuen Verwendung.

»Die Leute haben die Anweisung, nach dem Umzug die Sachen gleich zurück zu bringen.« Herr Heinrich seufzte. »Aber nicht alle halten sich daran.« Er lächelte ein wenig verlegen.

»Sie ist ja trotzdem gut gefüllt.« Karl schaute sich um. »Das erste Fest war Anfang des 19. Jahrhunderts.«

»Das können sie erkennen?« Der Bürgermeister war beeindruckt.

»Man sieht deutlich den jeweiligen Modegeschmack und das historische Verständnis. Und da das Fest nur alle sieben Jahre stattfindet, dürften viele Kostüme gleich neu angefertigt worden sein.« Karl lächelte. »Und außerdem haben fast alle Historienspiele in der Zeit des Historismus begonnen.«

»Sie können das ja gut vergleichen.« Der Bürgermeister machte eine entsprechende Handbewegung. »Schauen sie sich ruhig um.«



»Was ist das hier?« Karl zeigte auf einen einzelnen Kleiderständer, an dem neben altmodischer Kleidung sowohl Bärenfellen als auch diverse Ketten hingen. »An so etwas kann ich mich gar nicht erinnern.«

»Sie haben recht.« Bürgermeister Heinrich lächelte. »Die ´geraubten Jungfrauen´ sind dieses Jahr ausgefallen. Es gab sowohl eine Schwangerschaft als auch einen Todesfall.«

»Das ist schade.« Karl lächelte. »Ich hätte die Gruppe gern gesehen.«

»Dabei hat das gar nichts mit unserem Fest zu tun.« Herr Heinrich dachte kurz nach. »Es geht auf eine alte Sage zurück, die in dieser Gegend passiert sein soll. Aber da fragen sie lieber Herrn Schulte. Er kennt sich damit besser aus.«

»Das werde ich machen.« Karl bedankte sich für die kleine Führung.

* * *

»Wie war es beim Tanzen?« Leonhard war sichtlich erleichtert, als er seine Verlobte wieder in die Arme schließen konnte. Er hatte etwas Unruhe in seiner Stimme.

»Das war ein sehr fesselnder Tanzunterricht.« Amelie lächelte geheimnisvoll. »Aber auch berührend.«

»Bitte?« Leonhard hatte eigentlich eine andere Antwort erwartet.

»Herr Schulte hat uns begleitet.« Sie lächelte und blickte zu dem älteren Herrn mit den weißen Haaren, der sich im Moment allerdings außerhalb ihrer Hörweite befand. »Er war so verlegen.«

»Warum das?« Leonhard spürte, dass ein wirklich bewegender Moment hinter seiner Verlobten lag.

»Er sollte uns Fesseln anlegen.« Amelies Miene zeigte ein breites Lächeln. »Aber er scheute sich sehr davor, uns zu berühren.«

»Ich dachte, ihr wart beim Tanzen?« Leohard war etwas verwundert. »Hätte ich dich doch begleiten sollen?«

»Nein, es war alles in Ordnung.« Amelie lachte. »Wir waren beim Tanzunterricht, aber heute Abend müssen wir gemäß der Tradition einen Tanz ohne unsere Arme tanzen.«

»Wieso denn das?« Leonhard war etwas verwundert.

»Heute Abend werden wir Kleider tragen, in denen unsere Arme versteckt sind, aber jetzt musste sicher gestellt sein, dass wir die Arme nicht benutzen können.« Sie hielt kurz inne. »Es war ein Traum.«



Es war ihm furchtbar unangenehm, doch der Kassierer Herr Schulte musste den Damen, die er zum Tanzunterricht begleitete, die vorbereiteten Fesseln anlegen. Der Tanz war bewusst ohne Arme zu tanzen.

»Heute Abend werden sie entsprechende Kleider tragen, doch jetzt müssen wir etwas improvisieren.« Er schluckte deutlich sichtbar. »Es tut mir sehr leid, und ich habe so etwas auch noch nie gemacht, aber ich muss sicherstellen, dass sie jetzt so tanzen, wie es heute Abend sein wird.«

»Gestern brauchten wir das aber nicht.« Amelie hinterfragte die Anweisung.

»Das wurde in der Nachbesprechung gestern extra noch mal angesprochen.« Herr Schulte hatte eine deutlich Rötung im Gesicht. »Heute Abend werden sie entsprechende Kleider tragen, bei denen die Arme nicht sichtbar sind, und wir sollen heute genau das schon einmal proben.«

»Dann machen wir es doch einfach.« Amelie begriff sofort, was den alten Herrn bewegte. »Wenn es ihnen hilft, kann ich mich um die beiden Mädchen kümmern und sie müssen nur mich anfassen.«

Herr Schulte hatte Schwierigkeiten, seine Erleichterung zu verbergen. »Das würde mir sehr entgegenkommen.«

»Was für Fesseln sind denn vorgesehen?« Amelie war begeistert. Sie hatte ursprünglich erwartet, nur am Freitag die Fesseln tragen zu dürfen, jetzt ergaben sich zwei weitere tolle Gelegenheiten.



»Er hat euch drei gefesselt?« Leonhard war verwundert.

»Nein, das haben wir ihm erspart. Ich habe mich um Doris und Leonie gekümmert und dann habe ich mir selbst die Fesseln angelegt. Er musst mir dann nur noch bei dem rechten Arm helfen.« Sie lachte. »Ich glaube, er war sehr erleichtert darüber.«

Leonhard nahm sie in den Arm. »Meine Prinzessin.« Er gab ihr einen langen Kuss.

* * *

Die Pause nach Mittagesssen wurde genutzt, um sich über die Ereignisse des Vormittags auszutauschen. Karl hielt sich mit seinen Berichten zunächst etwas zurück, erst als er von Sarah aufgefordert wurde, von den Kettenkostümen zu berichten, taute er ein wenig auf. »Es gibt hier eine Sage von verschleppten Frauen.« Er beschrieb die Kostüme, die dazu gehörten und die sie in der Kleiderkammer gesehen hatten.

»Ja«, bestätigte Renate. »Die Sage wird gern auf dem Fest thematisiert, weil sie so schön in die historischen Ereignisse passt.«

»Nur gestern ist mir gar nichts Diesbezügliches aufgefallen.« Leonhard wunderte sich ein wenig.

»Das kommt, weil die Gruppe, die es sonst darstellt, wegen Schwangerschaft und einem Trauerfall absagen musste.« Karl gab wieder, was er darüber schon erfahren hatte. »Es soll auf eine alte Sage zurückgehen, aber so genau wusste es der Bürgermeister nicht.«

»Die Geschichte der entführten Jungfrauen?« Herr Schulte war hellhörig geworden.

»Sie kennen die Sage?« Karl wurde aufmerksam.

Herr Schulte nickte zurückhaltend.

»Können sie uns darüber etwas erzählen?« Rosalie war neugierig.

Der Kassierer lehnte sich zurück und wartete auf einen angenehmen Lautstärkepegel, dann begann er mit leiser Stimme zu erzählen.



»Es geht auf eine alte Sage zurück. Wandergesellen waren in die Stadt gekommen, und obwohl sie sehr wüst und wild aussahen, hatten sie doch sehr ordentlich und zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber gearbeitet.

Doch als es um das Bezahlen ging, waren die Bürger nicht mehr bereit, den versprochenen Lohn zu zahlen und die Gesellen zogen enttäuscht ab. Aber in der Nacht kamen sie wieder, lockten die Töchter der Auftraggeber nach draußen und entführten sie.

Immer wieder kam einer der Gesellen in die Stadt, um den versprochenen Lohn abzuholen, doch erst nach einem Jahr waren die Stadtbewohner endlich bereit, den ausgemachten Lohn zu zahlen.

Als die Mädchen nach einem Jahr zurück in die Stadt kamen, berichteten sie davon, dass sie von den Gesellen zwar gut behandelt, doch stets in Ketten gehalten worden waren.«



»Leute, denkt ihr auch, was ich denke?« Amelie grinste bis über beide Ohren. »Dann könnten wir doch...? Doris, Leonie, seid ihr dabei?«

Leonie grinste. »Du führst doch etwas im Schilde.«

Auch Leonard war von der Idee angetan. »Es wäre doch schön, wenn wir auch noch einen Betrag zum Fest leisten könnten.«

Theo hatte die besondere Gelegenheit ebenfalls sofort erkannt. »Wir spielen die wilden Wandergesellen aus der alten Sage..«

»Naheliegend.« Leonhard lachte. »Also dann, auf in die Kleiderkammer.«

Doch Doris bremste ihren Verlobten. »Sollten wir das nicht erst mit dem Vorstand besprechen?«



»Das wäre schön, wenn sie das machen würden.« Herr Schulte lächelte. »Die Gruppe hat sich immer mitten auf dem Marktplatz versammelt und die Mädchen in Ketten vorgeführt. Dabei wurden sie oft von den Geschäftsleuten unterstützt, denn unterschwellig war die Botschaft klar. ´Leute, zahlt eure Rechnungen, sonst geht es euren Töchtern schlecht.´«

Alle am Tisch lachten.

»Braucht ihr Unterstützung?« Renate keuchte, denn langsam wurde es ihr zuviel.

»Nein, das schaffen wir allein.« Leonhard lächelte. »Aber es wäre sehr nett, wenn wir uns aus der Kleiderkammer bedienen könnten.«

Renate war ein wenig erleichtert. »Herrn Schulte wird sich um euch kümmern.«

* * *

»Ich wusste nicht, dass dir die Badinerie so zu schaffen macht. Du hast es toll gespielt.« Fritz hielt eine Hand hinter dem Rücken versteckt.

»Es war ein Stück Vergangenheitsbewältigung.« Anna lächelte etwas verlegen. »Das Stück hat mir letztendlich geholfen, mich weiter von meinem Vater zu lösen.«

»Du hast wunderbar gespielt.« Fritz hielt auf dem Rücken einen kleinen, aber prächtigen Blumenstrauß, den er jetzt hervorholte und Anna überreichte. »Ein kleines Dankeschön, dass du für Maria eingesprungen bist.«

Anna wurde etwas rot. »Das habe ich doch gern gemacht.«

* * *

»Was hast du denn mit Claudia gemacht?« Rosalie legte ihr Besteck beiseite, dann wischte sie sich mit der Serviette den Mund ab. »Sie ist ja völlig verändert.«

Maria blickte ihre Freundin verwundert an. »Ich habe gar nichts gemacht.«

Paul saß neben ihnen. »Ich glaube, Claudia hatte die Baroness als Katerina erwartet und wollte ein wenig vom Ruhm abbekommen.« Er zählte die einzelnen Ereignisse auf. »Ich denke, sie hatte sich das ganz anders vorgestellt.«

»Das geschieht ihr recht.« Rosalie lachte. »Sie war schon immer so hochnäsig.«

»Dabei hat ihr Vater nur eine Brauerei.« Paul griff die Stimmung auf. »Sie hat jetzt sogar schon zwei Erinnerungsfotos mit der Katerina.«

»Deine Reaktion mit der Geisel war echt toll.« Rosalies Stimme zeigte ihre Bewunderung. »Damit hast du das Spiel gerettet und hast sie auch noch das Gesicht wahren lassen.«

»Sie an deiner Stelle hatte wahrscheinlich nur gelacht.« Paul war ebenfalls sehr stolz auf seine Freundin. »Wo ist sie jetzt eigentlich?«

»Ich glaube, sie hat die Nase voll.« Maria berichtete, dass sie gleich nach dem gewünschten Foto wieder zum Firmenwagen zurück gegangen war. »Ich hoffe, wir sehen sie so bald nicht wieder.«

Sie hatte auf die Freundschaftsanfrage von Claudia bisher nur ausweichend geantwortet. Sie wollte Claudia nicht zur Freundin haben, doch sie ahnte, dass sie schlecht beraten war, wenn sie das Angebot direkt ausschlagen würde. Es war sicher besser, sie weiterhin etwas zappeln zu lassen. Insofern war sie froh, Claudia erst einmal nicht mehr sehen zu müssen.

* * *

»Es war schön im Museum und in der Kleiderkammer.« Sarah ließ sich auf das Bett im Hotel fallen.

»Maria sah wirklich schön aus mit dem Gebet.« Betty schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf das Bett neben ihre Geliebte, dann gab sie ihr einen Kuss. »Ich habe eine tolle Idee.«

Sarah rollte sich über ihre Geliebte. »Was hast du denn vor?«

»Wie wäre es, wenn du gleich mit dem Gebet zur Bäckerei gehst?« Betty strahlte bis über beide Ohren.

»Meinst du, das wäre geschickt?« Sarah ließ sich von der Begeisterung nicht anstecken. »Es ist doch schließlich Marias Fest.«

»Aber wenn sie das Gebet so lieben, dann wäre es doch gut, wenn es von zwei Mädchen getragen wird.« Betty befreite sich von der auf ihr liegenden Sarah. »Außerdem musst du trainieren. Du hast es jetzt schon zwei Tage lang gar nicht getragen.« Ihre Stimme hatte dabei etwas sinnliches.

»Meinst du, wir könnten es wagen?« Sarah blickte verliebt auf ihre Freundin.

Es klopfte, und nach dem ´Herein´ streckte Juan seinen Kopf zur Tür herein.

»Was meinst du, Juan?« Betty überfiel ihn sofort. »Sollte Sarah es wagen?«

»Wir müssen gleich wieder los.« Juan blickte bewusst aus dem Fenster »Um was geht es?« Er vermied es, auf das Bett zu sehen.

»Wir überlegen, ob Sarah bei dem nächsten Termin das Gebet tragen sollte.« Sie wiederholte die Argumente von ihr und von Sarah.

»Und ich soll jetzt entscheiden?« Juan zuckte zunächst mit den Schultern, doch dann lächelte er. »Warum nicht. Wenn ihr meint, dass Sarah mal wieder üben müsste.« Die besondere Leidenschaft seiner Frau war ihm eigentlich gleichgültig, trotzdem achtete er darauf, dass sie glücklich war.

* * *

Maria erkannte auf den ersten Blick, dass auch Sarah ihr ´Gebet auf dem Rücken´ angelegt hatte, als sie mit ihr und den anderen Brasilianern auf dem Weg zur Bäckerei-Filiale am Marktplatz zusammentraf. Doch als Gastgeberin war sie höflich genug, um es einfach zu übersehen.

Auch Paul hatte das Gebet bemerkt, und obwohl Maria nichts gesagt hatte, war ihm doch ihre Reaktion aufgefallen, als sie die Armhaltung bei der Prinzessin bemerkt hatte. Er fasste sich ein Herz und sprach Sarah darauf an. »Ich finde es etwas unpassend, weil du Maria damit ein wenig die Show stiehlst.«

»Oh, das war überhaupt nicht meine Absicht.« Sarah wurde auf einmal ganz rot im Gesicht. »Ich habe eigentlich nur Betty nachgegeben, weil sie mich dazu gedrängt hat.« Sie blickte ihre Geliebte mit funkelnden Augen an.

»Ich war ein wenig eifersüchtig.« Betty versuchte so etwas wie eine Trotzmiene aufzusetzen. »Warum sollte Sarah nicht zeigen dürfen, dass sie es auch kann.«

»Es ist unsensibel, denn damit stiehlt Sarah Maria die Show. Sie ist die erste Darstellerin in der Geschichte des Festes, die das Gebet tragen kann, und wenn Sarah es nun auch zeigt, dann schmälert es ihre Leistung, und verdirbt auch die Sensation. Bitte bleibe etwas im Hintergrund damit.« Paul gab sich vorsichtig, denn er war zwar auch mit Betty und Sarah befreundet, doch hier waren klare Worte gefragt. »An einem anderen Wochenende wäre es kein Problem, aber heute ist es wirklich ungeschickt.«

* * *

Gabi, eine der Verkäuferinnen in der Bäckereifiliale, rückte noch einmal alle Brote zurecht und wischte die wenigen Krümel weg, die noch auf dem Arbeitsfläche lagen. Für den Auftritt der Katerina hatte die Fabrik extra noch einmal frische Backwaren geliefert, obwohl die Filiale schon geschlossen hatte.

Ihre Kollegin Anja sah sie verwundert an. »Was bist du denn heute so pingelig? Wir haben doch schon zu.«

»´Sie´ kommt.« Mehr sagte Gabi nicht.

Sofort brach auch bei Anja so etwas wie Hektik aus. »Ich bin mir sicher, sie wird wieder etwas finden.« Sie seufzte, während sie die Stehtische zurechtrückte. »Man kann es ihr einfach nicht recht machen.«

»Wenn sie nur nicht so eine strenge Art hätte.« Auch Gabi stöhnte. »Ein Blick von ihr und man fürchtet die Kündigung.«

»Zum Glück kommt sie nur selten in den Laden.« Anja seufzte tief.

Herr Friedrich betrat den Verkaufsraum. Normalerweise trug er als Chef der Großbäckerei den üblichen Anzug, doch heute hatte er sich extra für den Besuch der Katerina wieder in seine alte Bäcker-Kluft geworfen und hatte sich auch die entsprechende Kopfbedeckung aufgesetzt.

»Ist alles bereit? ´Sie´ wird gleich kommen.« Es war seiner Stimme anzuhören, dass er nicht minder Respekt vor seiner älteren Schwester hatte. Auch er blickte sich um und zeigte eine gewisse Nervosität, als er auf die langsamen Schritte auf der Treppe hörte.

»Eigentlich geht es ja heute um ganz etwas Anderes.« Gabi stöhnte.

»Das ist schon richtig, aber der Laden muss in Ordnung sein.« Die laute Stimme von Emilie Friedrich war schon zu hören, bevor sie den Laden betreten hatte.

Karl Friedrich hatte schon lange aufgegeben, mit seiner Schwester zu diskutieren. Er blickte kurz zu seinen Verkäuferinnen, um sie wenigstens ein bisschen zu beruhigen.

Wie üblich sah sich Frau Friedrich im Verkaufsraum um, scheuchte Gabi und Anja herum und ließ sie lauter Nichtigkeiten korrigieren. »Heute kommt ein Mädchen, das vorgibt, das ´Gebet auf dem Rücken´ zu beherschen.« Ihre Stimme wurde noch energischer. »So ein Blödsinn, das schafft heute doch heute keine mehr. Diese Gören sind doch alle so verzogen.«

Gabi blickte aus dem Schaufenster. »Ich glaube, sie kommen.« Ihre Stimme zeigte, wie sehr sie durch die Schwester des Chefs eingeschüchtert war.

* * *

Herr Friedrich empfing seine Gäste persönlich an der Ladentür. »Ich freue mich, dass sie trotz ihrer knappen Zeit den Besuch möglich machen konnten.« Er blickte kurz in den Laden. »Meine Schwester und ich sind sehr gespannt auf das Gebet.«

Sarah trat zwar mit den anderen ein, doch sie hielt sie bewusst im Hintergrund. Es war wirklich nicht ihre Absicht gewesen, Maria die zu Show stehlen, deswegen versuchte sie ihre Arme zu verstecken. Sie lächelte etwas verlegen.

»Ich habe ein paar Häppchen vorbereiten lassen.« Der Bäckermeister gab seinen Angestellten ein Zeichen. »Ich denke, Sekt hatten sie schon genug.«



»Und nun möchte Maria uns etwas vorführen.« Herr Friedrich gab das Signal für Paul.

Sofort machte Marias Freund sich ans Werk. Er hatte mittlerweile eine gewisse Routine entwickelt und entsprechend bereitete ihm auch die Aufmerksamkeit der anderen Leute keine Probleme mehr.

Frau Friedrich hatte sich bisher mit kritischer Miene im Hintergrund gehalten, doch jetzt kam sie etwas näher. Sie blickte mit aufmerksamer Miene auf Maria und hob nur kurz ihren Kopf, um ihre Angestellten herbei zu holen. »Sehen sie sich das an, meine Damen.«

Einmal fiel ihr Blick auf die anderen Zuschauer, und als sie Sarah erblickte, stutzte sie. Die Prinzessin stand zwischen Juan und Betty und trug die Arme auf dem Rücken versteckt, so gut es eben in der Situation ging. Doch natürlich fiel sie durch ihre Körperhaltung auf.

»Du Mädchen, komm doch mal nach vorn.« Sie blickte Sarah auffordernd an.

Bettys Geliebte blickte sich unsicher um, dann trat sie einen Schritt nach vorn.

»Dreh dich einmal um!« Noch war die Stimme von Emilie Friedrich unverändert hart und herrisch.

Sarah blickte Maria entschuldigend an, dann kam sie der Aufforderung nach.

»Karl, bring zwei Stühle für diese außergewöhnlichen jungen Damen, die sich noch zu benehmen wissen.« Eine gewisse Faszination hatte sich in ihre Stimme geschlichen. »Und ihr, bringt etwas Sekt.« Sie wandte ihren Blick nicht von den Armen ab.

»Verzeihung, aber ich trinke keinen Sekt.« Maria hatte erkannt, dass sie selbst sprechen musste. Von einer Anderen hätte es Frau Friedrich nicht akzeptiert. »Ich brauche heute Abend einen klaren Kopf.«

»Ein vernünftiges Mädchen.« Sie rief ihrem Bruder hinterher. »Bring auch etwas Orangensaft mit.« Sie blickte zu Sarah. »Aber du darfst doch, oder?«

Sarah nickte. Sie war immer noch sehr verlegen.



Betty nahm das Glas entgegen und reichte es Sarah zum Trinken.

»Sollte das nicht lieber dein Mann machen?« Emilie blickte streng auf Betty.

Juan zuckte kurz zusammen, auch Betty zeigte sich erschrocken.

Emilie blickte noch einmal sehr aufmerksam auf Sarah und Betty. Dann wurde ihre Stimme auf einmal sehr weich. »Das ist auch eine schöne Lösung.« Sie blickte zu Juan und Bertram. »Und ihr seid auch ein Paar?«

Es war sehr still in der Filiale.

Sehr verlegen nickten Juan und Bertram. Der Respekt vor der hochgewachsenen älteren Frau brachte es einfach mit sich.

»Ich wünschte, uns wäre so etwas eingefallen.« Emilie war sehr wehmütig. »Doch dazu ist es leider nicht mehr gekommen.«

Anja keuchte auf einmal. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Mutter, als sie noch lebte, eigentlich sehr viel Zeit in der Bäckerei verbracht hatte. Sie wurde rot.

Herr Friedrich brachte die zwei Stühle und stellte sie bereit. Trotzdem nahmen Maria und Sarah erst nach erneuter Aufforderung auf ihnen Platz.

»Karl, ich hatte dich immer kritisiert, als du diese jungen Gören mit deinem Geld versorgt hast.« Emilie wandte sich an ihren Bruder. »Jetzt sehe ich, dass es doch nicht zum Fenster hinaus geschmissen ist.«

Sie blickte wieder zu Sarah und Maria. »Wenn das Fest vorbei ist, kommt ihr mich einmal besuchen und dann werde ich euch von den alten Zeiten erzählen.« Sie holte tief Luft. »Ich hätte damals sehr gern die Katerina gespielt, doch so kurz nach dem Krieg hatten wir wirklich andere Sorgen. Und mein Vater hätte es auch nie erlaubt.«

»Vater hat damals die Bäckerei wieder aufgebaut.« Karl ergänzte die Worte seiner Schwester.

»Ich konnte auch das Gebet, wenigstens für ein paar Minuten, doch es war einfach nicht die richtige Zeit.« Das Bedauern in Emilies Stimme war deutlich zu hören. »Die Leute hatten andere Sorgen.«

»Du konntest das Gebet?« Karl war verwundert. »Davon wusste ich nichts.«

»Es wusste nur eine andere Person.« Emilie blickte kurz zu Anja. »Und sie hat nie etwas verraten.« Ihr Blick fiel wieder auf die beiden Gebetsträgerinnen. »Ich bin sehr stolz, dass wir das Fest und diese sehr talentierte Darstellerin unterstützen dürfen.«
750. RE: Maria

geschrieben von Ladysupergeil am 16.05.17 14:39

Sehr geehrter gag-coll!

Vielen Dank für eine weitere Folge von Maria.

Wie jedesmal. Da gibt es ja ganz neue Entwicklungen....eine ganze Stadt tief in die Sehnsucht nach Fesseln und restricktive Erziehung verwickelt. Was ist da nur un der Bäckerei los?

Ich denke Maria könnte nich unendlich viel länger werden wenn Sie in dieTiefe gehen wollen!

Danke, ich hoffe es geht bald weiter.

Hochachtungsvoll

Die Lady
751. RE: Maria

geschrieben von Bondage_Frau am 16.05.17 17:40

Vielen Dank für diese tolle Geschichte!

Beste Grüße
BF
752. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 16.05.17 21:07

Zitat
Sehr geehrter gag-coll!

Vielen Dank für eine weitere Folge von Maria.

Wie jedesmal. Da gibt es ja ganz neue Entwicklungen....eine ganze Stadt tief in die Sehnsucht nach Fesseln und restricktive Erziehung verwickelt. Was ist da nur un der Bäckerei los?

Ich denke Maria könnte nich unendlich viel länger werden wenn Sie in dieTiefe gehen wollen!

Danke, ich hoffe es geht bald weiter.

Hochachtungsvoll

Die Lady


Ich habs immer Gewusst.... Landsbach ist ein Sündenpfuhl

Gruß

Kami
753. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundvierzig

geschrieben von gag_coll am 17.05.17 06:35

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Ich finde es echt toll, dass wir jetzt schon wieder die Ketten zeigen dürfen.« Doris stand mit den anderen vor der Kleiderkammer. Gemeinsam warteten sie auf Herrn Schulte, der ihnen beim Umkleiden helfen sollte.

»Ich hoffe, sie warten nicht schon zu lange?« Der Kassierer kam um die Ecke und hielt in seiner Hand ein großes Schlüsselbund. »Ich freue mich, dass sie für ausgefallene Gruppe einspringen wollen.«

»Das machen wir doch gern.« Amelie stürmte geradezu in die Kleiderkammer, als Herr Schulte die Tür geöffnet hatte.

Leonhard ging langsam hinter ihr her und schüttelte den Kopf dabei. Manchmal war ihm die Leidenschaft seiner Verlobten etwas unheimlich.

»Nun musst du mich schon wieder in Ketten legen.« Leonie blickte Holger verliebt an.

»Ja, so sieht es aus.« Es war Holger anzusehen, dass er wie Leonhard auch mit der heftigen Leidenschaft seiner neuen Freundin noch so seine Probleme hatte.

Nur Doris und Theo genossen den Augenblick ohne weitere Kommentare.



Kurz darauf waren die drei Paare umgezogen, und die Mädchen schauten interessiert zu, wie sie von ihren Männern wieder in die Ketten gelegt wurden.

Herr Schulte war ein wenig irritiert. »Sie haben eigene Ketten?«

»Schwerterles haben sie für den Festumzug gefertigt.« Amelie hatte sich schon auf solche Fragen eingestellt. »Sie sind eine Maßanfertigung.«

»Das hier gehört auch noch zu dem Kostüm.« Herr Schulte holte drei weitere Ketten aus dem Schrank. An den Enden war jeweils ein breiterer Ring angebracht. »Die Frauen wurden an Ketten durch die Stadt geführt.« Er war sichtlich verlegen.

Doris ging auf ihn zu, nahm sich eine der Ketten in die Hand und legte sich das Halsband um den Hals, dann reichte sie Theo die Kette und blickte ihn verliebt an.

Leonhard nahm sich die zweite Kette und legte sie seiner Verlobten ebenfalls um. »Das Fest ist ein ungeheurer Glücksfall für uns.«

Nur Leonie und Holger zögerten noch ein wenig. Amelie sprach sie schließlich an. »Was ist mit euch, wollt ihr nicht?«

Holger seufzte ein wenig, und es war ihm anzumerken, dass diese Äußerung nicht gespielt war. »Ich kenne dich gerade mal ein, zwei Tage und muss dich schon wieder in aller Öffentlichkeit als meine Gefangene präsentieren.«

»So kann jeder gleich sehen, dass wir zusammengehören.« Leonie nahm sich das Halsband und legte es sich um den Hals. »Würdest du es bitte zumachen?« sagte sie in einem Tonfall, als ginge es darum, den Reißverschluss eines Abendkleides zu schließen.

»Du bist eine sehr faszinierende Frau.« Holger kam der Bitte nach und nahm so auch Leonie an die Kette.



»Was müssen wir auf dem Marktplatz eigentlich machen?« Leonhard fragte Herrn Schulte, als sie die Kleiderkammer verlassen hatten und auf dem Weg zum Auftrittsort waren.

»Eigentlich gar nichts.« Herr Schulte versuchte sich an die vorangegangenen Feste zu erinnern. »Die Gruppe saß einfach nur zusammen an einem kleinen Lagerfeuer und hielt dabei die Frauen deutlich an den Ketten.«

Leonhard blickte sich um. Er und die anderen beiden Herren waren nicht wieder zu erkennnen. Jetzt trugen sie mittelalterliche Arbeitskleidung und trugen dazu noch ein paar symbolische Werkzeuge mit sich herum, weil sie ja Wandergesellen darstellten. Auch die Frauen trugen ein einfach Kleid aus Leinen und darüber ihre in der Sonne glänzenden Ketten.

»Manchmal bringen die Geschäftsleute von sich aus etwas zu essen oder zu trinken vorbei. Aber abgesprochen ist nichts.« Herr Schulte verwies noch einmal auf den ursprünglichen Sinn des Auftritts.

Amelie lachte. »Ja, die Mahnverfahren damals waren etwas rabiater als heute.«

* * *

Es war nur ein kurzer Weg quer über den Marktplatz, bis sie bei dem Geschäft der Familie Sauer waren. Auf dem Weg dahin wurden sie von wilden bärtigen Gesellen aufgehalten, die ihre Frauen in Ketten hinter ihnen herzogen. Doch erst als Amelie lachte, erkannten Paul, Maria und die anderen, wer sich ihnen gerade in den Weg gestellt hatte. »Was macht ihr denn hier?«

»Wir spielen die gefangenen Jungfrauen aus der alten Sage.« Amelie strahlte kurz über das ganze Gesicht, dann nahm sie wieder die Trauermiene an, die die anderen beiden Kettenmädchen auch zeigten.

»Wir dachten, dass wir so auch noch einen Beitrag zum Fest leisten könnten.« Leonhard sprach für die Gruppe, denn die anderen beiden Paare waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

»Eine schöne Idee.« Maria erkannte sofort, was es den Mädchen bedeutete, sich so in den Ketten zeigen zu dürfen. »Wir zeigen jetzt noch einmal das Gebet, diesmal bei Sauers.«

»Na dann viel Spaß.« Leonhard blickte noch einmal auf Marias Arme, auf denen noch ein paar Abdrücke der Riemen zu sehen war. »Übernimm dich bitte nicht.«

»Er passt auf mich auf.« Maria legte den Arm um Paul. »Mehr als mir lieb ist.« Sie lachte, dann gab sie ihm einen Kuss.

* * *

»Wo sind denn die Brasilianer?« fragte Maria leise, als sie die Metzgerei betraten.

»Sarah wollte sich wieder umziehen, und die anderen begleiten sie.« Pauls Erleichterung war deutlich zu hören. »Hoffentlich ist sie mir nicht böse?«

»Ich glaube, sie wird es richtig verstehen.« Maria lächelte, dann wandte sie sich Herrn Sauer zu, der sie schon erwartungsvoll ansah.

»Meine Mutter fühlte sich heute nicht so gut, doch sie möchte sie auf jeden Fall sehen.« Er machte eine deutliche Pause. »Nach dem kleinen Umtrunk wird meine Tochter Anna sie und ihren Mann zu ihr bringen.«

Maria hatte noch nicht Luft geholt, als Anna Sauer schon neben ihr stand und ihr das Tablett mit Gläsern entgegen hielt. »Links ist O-Saft pur und in der Mitte ist es gemischt.«

Maria nahm sich ein Glas Orangensaft vom Tablett, dann lauschte sie der Rede, die Herr Sauer hielt.



»Mein Vater hat euch schon informiert?« Anna trat an das Paar heran. »Ich führe euch nach oben.«

»Wollen sie das Gebet nicht sehen?« Paul war etwas verwundert.

»Doch schon.« Annas Augen leuchteten. »Ich bin sogar sehr darauf gespannt.« Sie führte das Paar zu einer Treppe. »Doch erst ist Oma dran.« Es war Annas Stimme deutlich anzuhören, dass sie vor ihrer Großmutter sehr viel Ehrfurcht hatte.

Maria ließ sich davon anstecken, denn auch sie wusste, dass sie in wenigen Augenblicken der ältesten noch lebenden Darstellerin der Katerina gegenüberstehen würde. Zudem hatte Frau Sauer das Fest auch noch zu politisch äußerst schwierigen Zeiten erlebt.

Nach Annas Anklopfen traten sie ein. Paul war erstaunt. Es sah aus wie in einem Biedermeier-Zimmer, so wie er es im Museum kennengelernt hatte. Und mittendrin saß Frau Sauer am Tisch und legte die Zeitung beiseite.

»Kommt herein und nehmt Platz«, begrüßte sie ihre Gäste mit leiser Stimme.

Anna drehte sich wieder zur Tür, doch sie wurde von ihrer Oma aufgehalten. »Du bleibst.« Sie lächelte. »Du möchtest das Gebet doch sicher auch sehen.«

Anna lächelte etwas verlegen.

Maria blickte Paul auffordernd an. Insgeheim hoffte sie, dass Frau Sauer nicht auf dem Versprechen bestehen würde, das sie ihr gegeben hatte, denn entgegen aller Planungen wusste Maria jetzt schon, dass sie in der Kutsche das Gebet tragen würde.

Sofort holte Paul die Riemen aus der Jackentasche und blickte Frau Sauer erwartungsvoll an.

»Ich habe es ja zuerst nur für ein Gerücht gehalten.« Frau Sauer streichelte Maria leicht über den Kopf. »Aber ich bin mir mittlerweile sicher, dass du es wirklich kannst.« Sie gab Paul ein Zeichen.

Paul brauchte für die vier Riemen diesmal wirklich nicht lange, und sogar Maria war überrascht, als sie von ihm das übliche Signal bekam.



»Komm einmal näher, mein Kind.« Frau Sauer war sichtlich gerührt, als Maria an sie heran trat und sich vor dem Stuhl niederkniete. »Von uns hat das keine geschafft.« Sie strich Maria zärtlich über die Arme. »Sag mir, wie lange hast du dafür trainiert?«

Maria brachte nur ein ´sehr lange´ über die Lippen, so sehr war sie von der Situation in den Bann gezogen.

»Wir haben damals alle davon geträumt.« In diesem Moment hatte sie einen sehr sehnsüchtigen Blick. »Aber es war immer außerhalb unserer Fähigkeiten. Früher wussten noch mehr Leute von dem Gebet, doch heute ist es so gut wie in Vergessenheit geraten.«

Maria sah mit Erstaunen, dass eine Träne über das Gesicht der alten Frau lief.

»Dass ist das noch erleben darf.« Frau Sauer wischte sich die Tränen weg. »Du bist die Beste von uns allen.« Sie strich ihr über das Gesicht.

Als Maria den ganzen Inhalt dieses Satzes begriff, musste sie weinen, so ergriffen war sie.

Paul war wie immer sehr aufmerksam und wischte ihr die Tränen weg.

»Das machst du gut, mein Junge.« Frau Sauer blickte ihn an. »Passe nur immer gut auf deine Frau auf. Sie ist etwas sehr Kostbares.«

In diesem besonderen Moment wollte Paul nicht widersprechen. »Das mache ich.« Er legte einen Arm um Maria, um seine Worte zu bekräftigen.

* * *

Auf dem Weg von der Metzgerei zum Rathaus gingen Paul und Maria schweigend nebeneinander her. Sie waren noch sehr ergriffen von der Begegnung mit der alten Frau Sauer und sie ließen sich auch nicht von der Anwesenheit der Anderen ablenken.

Renate erkannte sofort, wie beschäftigt das Paar noch mit dem Besuch war, deswegen verzichtete sie darauf, sie in ihrer Stimmung zu stören. Sie hatte schon in der Metzgerei erkannt, dass die Begegnung mit der alten Frau Sauer für Maria etwas Besonderes gewesen sein musste. Als sie danach in der Metzgerei wunschgemäß das Gebet präsentierte, war sie seltsam abwesend und ließ sich auch durch die vielen Bewunderer nicht aus der Ruhe bringen.

So sorgte sie nur dafür, dass sie den Weg ins Rathaus fanden, wo zunächst eine kleine Kaffeepause und noch eine kurze Auffrischung der Tänze angesetzt war. Danach war bis halb sieben für alle eine Pause vorgesehen.

* * *

»Und was passiert jetzt?« Karl war an allen Vorgängen, die das Fest betrafen, sehr interessiert.

»Nach der Kaffeepause sollen jetzt die Tänze noch einmal aufgefrischt werden.« Rosalie gab wieder, was sie schon von Maria erfahren hatte.

»Der Verlobungstanz...« Karl kratzte sich am Kopf.

»Und der Tanz der Dienerinnen«, ergänzte Rosalie. »Da hat es ja noch einige Überraschungen gegeben.«

»Und was passiert dann?« Karl lächelte verlegen. »Falls ich sie nicht nerve.«

»Kein Problem.« Rosalie lachte. »Ich müßte ohnehin auf Maria warten.« Sie machte eine kleine Pause. »Weiter geht es dann um acht mit dem Ball, dazwischen ist Pause.«

»Was kann man bis dahin unternehmen?« Karl begriff, dass er die Zeit allein verbringen musste.

»So gut wie alle fiebern auf den Abend hin.« Rosalie war ein wenig verlegen. »Vielleicht gibt es in der Stadthalle so etwas wie ein Café oder so etwas ähnliches.« Sie spürte die nicht ausgesprochene Frage. »Ich werde Maria begleiten.«

»Okay, dann mache ich mich mal auf die Suche.« Karl reichte ihr die Hand. »Ich muss ohnehin noch meine Notizen vervollständigen.«

* * *

»Wieso Theaterstück?« Maria blickte Renate verwundert an. »Davon wussten wir nichts.«

Renate war für einen Moment irritiert. »Eure Texte habt ihr doch bekommen und sie auch gelernt, oder?«

»Ja schon.« Maria war ein wenig verärgert. »Aber wir wussten doch nicht, dass wir Theater spielen müssen.«

»Warum erfahren wir das erst jetzt?« Auch Paul war von den Neuigkeiten deutlich irritiert.

»Damit ihr euch nicht so viel Sorgen macht.« Die Betreuerin des Paares war sichtlich bemüht, ihre Sorgen zu zerstreuen. »Das sind alles sehr nette Schauspieler, und sie machen es euch ganz leicht.« Sie griff zu einer Mappe, die sie bisher verdeckt gehalten hatte. »Das Stück wurde extra so geschrieben, dass ihr ganz leicht erkennen könnt, wann welcher Satz an der Reihe ist.«

»Deswegen mussten wir also diese komischen Texte lernen.« Maria lächelte. »Jetzt ergibt das Ganze Sinn.«

»Ich freue mich, dass ihr es auch gemacht habt.« Renate war erleichtert. »Wir machen jetzt einen Probelauf, damit ihr erkennt, was ihr zu tun habt und wann welcher Text an der Reihe ist.«

»Unser Prinzessinnenspiel...« Maria lächelte.

»Eure Hoheit haben Recht.« Paul deutete eine Verbeugung an und lächelte. »Darf ich die Prinzessin ins Theater führen?«

Renate blickte dem Paar verblüfft hinterher.

* * *

»Was machen wir jetzt?« Sarah blickte sich um, als sie und die anderen Brasilianer das Rathaus verlassen hatten.

»Wir gehen ins Hotel.« Betty hatte ein verdächtiges Leuchten in den Augen. »Wir machen uns etwas frisch. Und dann sollten wir uns langsam umziehen. Es wartet ein schönes Kleid auf dich.«

»Ich dachte, wir treten wieder in Uniform auf?« Sarah war ein wenig irritiert.

»Die Herren schon.« Betty grinste breit. »Doch für dich wird es wieder Zeit für das schöne Ballkleid.«

»Oh je, das wird ein strenger und hilfloser Abend.« Sie verdrehte die Augen.

Betty küsste sie zur Antwort.

»Die Bäckersfrau war wirklich unheimlich.« Sarah war immer noch beeindruckt. »Sie hat uns sofort durchschaut.«

»Naja, immerhin war sie in der gleichen Situation wie wir.« Juan mischte sich ein. »Und sie musste sich verstecken.«

»Das hatte sie gesagt?« Betty war erstaunt.

»Nein, natürlich nicht.« Juan ergriff die Hand seines Freundes. »Aber zwischen den Zeilen hat sie es geradezu herausgeschrieen.«

»Die eine Verkäuferin war sichtlich getroffen.« Bertram ergänzte seine Beobachtungen. »Sie schien davon nichts gewusst zu haben.«

* * *

»Hier werden sie morgen stehen.« Andrea blickte sich in der Kirche um. »Kannst du mir Fotos von vorn und von hinten machen?«

»Meinetwegen.« Hans brummte ein wenig. »Was wird sie denn tragen?« Insgeheim hoffte er noch auf ein paar spannende Fotos.

»Das Fest sieht ein Brautkleid vor.« Andrea ging in Richtung des Altars. »Was dachtest du denn?«

Hans lächelte verlegen. Die Antwort verkniff er sich.

Trotzdem verdrehte Andrea die Augen. »Du bist geradezu versessen. Gibt es irgendwas, mit dem ich dich ablenken könnte?« Sie war sich sicher, dass die Antwort ´nein´ war.

»Wenn du einen Handschuh trägst.« Hans grinste. Auch er wusste, wie ungern sich seine Freundin ihm auslieferte, auch wenn sie es selbst nicht zugeben würde.

Andrea blickte ihn nur verwundert an. Doch tief in ihrem Inneren arbeitete es heftig. War sie bereit, dieses Opfer zu bringen? Und für wen würde sie dieses Opfer bringen? Für ihn oder für sich selbst? Wäre es das wirklich wert?

* * *

»Danke schön, das war es.« Der Spielleiter der kleinen Laienspielgruppe war sehr zufrieden. »Ich denke, so können wir das Fest spielen.«

»Warum habt ihr uns nicht früher etwas davon gesagt, dass wir Theater spielen müssen?« Maria war immer noch sichtlich bewegt.

»Wir wollten euch nicht zusätzlich belasten.« Mrs. Potter lächelte verlegen. »Außerdem bist du das Prinzessinnenspiel doch auch gewöhnt.«

»Und natürlich wisst ihr auch, welche Geschichte ihr erzählen sollt«, ergänzte Selma. »Aber habt keine Sorgen, die anderen Schauspieler und der Moderator werden euch beistehen und euch auch mit dem Text helfen.«

Paul legte die Hand um Maria. »Es lief doch eben schon sehr gut.« Im Gegensatz zu seiner Freundin war er recht zuversichtlich.

»Wir haben die Szene eben aus Zeitgründen übersprungen.« Maria blickte etwas abwesend zu Boden, während sie sprach. »Aber das Gebet legt die Dienerin an, nicht der Prinz.« Ihre Stimme blieb dabei völlig ruhig.

Paul erkannte sofort, was Maria bewegte und er wusste auch sofort, dass er dies sehr ernst zu nehmen hatte. »Claudia spielt die Dienerin.« Er sagte nur diesen einen Satz, und doch erkannte jeder sofort, welcher Konflikt sich damit auftat.

»Du musst mir zeigen, wie das Gebet anzulegen ist.« Claudia war etwas forsch an Paul herangetreten, doch dann bemerkte sie die Blicke, das Paar austauschte, und sie trat wieder zurück.

Paul war alamiert, denn er wusste, wie angespannt das Verhältnis zwischen seiner Freundin und der Brauerstochter war. Ihrer Miene nach zu urteilen, war Maria drauf und dran, alles hinzuwerfen. Denn sonst hätte sie sich die Demütigung gefallen lassen müssen, von Claudia gefesselt zu werden. Von dem Mädchen, dass sie seit langem immer wieder quälte, ohne dass es dafür einen Grund gegeben hätte.

Paul überlegte fieberhaft, doch ihm fiel nichts ein, mit dem er die Situation hätte retten können.

Doch auch Claudia hatte Marias Zögern und ihre Miene bemerkt und sie blickte sehr besorgt zu ihrem Vater, der ebenfalls bei der Laienspielgruppe mitspielte.

Auch Frederike war aufgebracht. Sie ahnte, wie viel Kraft es ihrer Tochter an kostete, sich ihrer Peinigerin auszuliefern, doch auf der anderen Seite wartet ein großes Vermögen auf sie, wenn sie dieses Opfer bringen würde. Doch dazu durfte sie ihr jetzt noch nichts sagen.

Es zerriss sie geradezu, doch es gab nichts, was sie tun konnte, um ihrer Tochter die Situation zu erleichtern.



»Das Spiel ist wichtiger.« Herr Wetzler hatte die angespannte Situation natürlich auch bemerkt. »Lasst eure Differenzen außen vor.« Dabei blickte er allerdings sehr intensiv auf seine Tochter.

Schließlich erkannte Claudia, dass sie den nächsten Schritt machen musste. »Maria?« Sie wartete, bis Pauls Freundin sie anblickte. »Ich weiß, dass ich dich oft gequält habe. Doch lass uns das vergessen und das Fest gemeinsam gut spielen.«

Schließlich richten sich alle Blicke auf Maria. Es war sehr still im Raum, während Maria immer deutlicher klar wurde, dass sie die Entscheidung dieses Mal selbst treffen musste. Doch noch schwieg sie.

»Du liebst ihn sehr.« Es war ungewohnt für Claudia, sich so intensiv mit den Gefühlen anderer Leute zu befassen. Dennoch horchte sie auf, als sie den tiefen Seufzer von Maria hörte.

Es irritierte Maria sehr, wie tief Claudia in ihre Gedanken eindringen konnte. Doch eine Antwort blieb sie immer noch schuldig.

»Ich wollte der Baroness den Handschuh anlegen.« Claudia erkannte, dass sie sich offenbahren musste. »Das sollte für mich der Höhepunkt des Festes werden, für das ich solche Opfer gebracht habe.«

»Und jetzt musst du mir das Gebet anlegen.« Maria versuchte den Gedanken zu folgen.

»Das Gebet ist die Sensation schlechthin.« Claudia war auf einmal sehr nachdenklich. »Ich weiß nicht, ob ich die Ehre wirklich verdient habe.« Sie machte eine Pause. »Du hättest es sicher sehr gern gesehen, wenn Paul dir das Gebet angelegt hätte.«

»Mit dem Theaterstück ist alles anders.« Maria seufzte. »Wenn ich das nur vorher gewusst hätte.«

»Wem sagst du das.« Claudia suefzte ebenfalls. »Die Baroness hätte das doch bestimmt verbockt und er hätte es ebenfalls kaputt gemacht.«

Maria war erstaunt.

»Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, und ich glaube, ich habe sehr viel falsch gemacht.« Claudia suchte Marias Blick. »Kannst du mir eines Tages einmal verzeihen?«

»Habt ihr euch nun wegen der Armhaltung geeinigt?« Der Spielleiter war hinzugetreten, und sofort hatte er die Anspannung bemerkt. Von Herrn Wetzler ließ er sich über die Probleme informieren.

Er erkannte die Dimensionen sofort. »Wie wäre es, wenn die Dienerin in der Szene von einem Mönch begleitet wird, der sich um das Gebet kümmern wird? Schließlich geht es ja um ein Gebet.« Es war ihm anzuhören, dass er noch nicht erkannt hatte, was es mit dem Gebet wirklich auf sich hatte.

»Wenn das gehen würde?« Claudia hatte mittlerweile auch erkannt, was der Kern des Konfliktes war. »Aber wieso ein Mönch?«

»Weil wir noch ein Mönchskostüm haben. Darunter lässt sich viel verstecken, zum Beispiel die Uniform des Prinzen.« Er grinste breit.

»Wenn das gehen würde?« Maria hob langsam den Kopf und suchte Pauls Blick. »Ehrwürdiger Bruder Paul, euch werde ich gern meine Arme für das Gebet anvertrauen.« Ihr Gesicht wandelte sich dabei zusehens zu einem Strahlen.
754. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 17.05.17 21:33

Meine Güte gag....

jetzt hast Du es schon wieder geschafft mich zum heulen zu bringen.

Ich denke "Bruder Paul" wird ein sehr guter Mönch sein und sein Werk in Ehren ausführen.

PS. Etwas Wunschdenken... Lass Maria und Paul vor aller Augen "wirklich" den Bund des Lebens beschließen. Das würde doch dem Fest die Krone aufsetzen.

Mach bitte gaaanz schnell weiter !

Gruß Gozar
755. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundvierzig

geschrieben von gag_coll am 19.05.17 06:24

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Und du träumst wirklich von einem Leben in Fesseln?« Holger hatte einige Probleme, diese Frage auszusprechen. Erst als Selma ihm mehrfach zugewunken hatte, fasste er sich ein Herz und sprach Leonie auf ihren Traum an.

Leonie ging verträumt neben Holger her auf dem Weg zu Selmas Haus. »Im Prinzip schon.« Ihre Stimme war auf einmal sehr nachdenklich. »Aber im realen Leben lässt sich so etwas natürlich nicht umsetzen.«

»Was gefällt dir so daran?« Selma wusste, dass sie ein paar strategische Fragen zu stellen hatte.

»Ich mag es, wenn ich so gefesselt bin, dass ich mich noch mühsam bewegen kann, wenn ich gegen die Fesseln kämpfen kann und mich gleichzeitig aber darauf verlassen kann, dass sie nicht nachgeben werden.« Sie stutzte. »Das klingt bestimmt paradox.«

»Ich verstehe dich sehr gut.« Holger ergriff ihre Hand. »Und ich bin fest entschlossen, dir deinen Traum so nahe wie möglich zu bringen.«

»Aber ich muss doch zur Uni in die Stadt.« Leonies Seufzer zeigte, dass sie sich schon oft über das Thema den Kopf zerbrochen hatte.

»Naja, es gebe da schon einige Möglichkeiten.« Selma lächelte. »Was meint ihr, warum die jungen Mädchen früher immer so ruhig und artig waren?«

Leonie seufzte. »Sie waren gut erzogen.«

»Das auch.« Selma grinste. »Aber hauptsächlich, weil sie sich in ihren Kleidern so gut wie nicht mehr bewegen konnten.«

»Das war aber auch eine andere Mode damals«, gab Holger zu bedenken.

»Unter einem Rock lässt sich viel verstecken.« Selma blickte zu Leonie. »Und ich denke, du bist nicht der Typ Frau, der unbedingt Hosen tragen muss.«

Als Antwort stöhnte Leonie leicht auf.

»Die Handschuhe waren doch auch sehr unauffällig.« Holger hatte sich damit schon vertraut gemacht. »Im Winter kannst du die außerdem problemlos unter einem Pullover verstecken.«

»Ich habe auch noch ein Paar, die nur bis zur Mitte des Unterarms reichen. Die sind unauffälliger als die oberarmlangen Handschuhe.«

»Beinschienen, die Handschuhe.« Leonies Blick ging ins Leere. »Damit wäre ich sehr hilflos und keiner könnte es sehen.«

»Du brauchst natürlich etwas Ausgleichssport wegen der mangelnden Bewegung.« Holgers nebenbei geäußerten Worte zeigten, dass auch er sich schon mit dem Thema beschäftigt hatte. »Sonst wäre es sehr ungesund.«

Leonie blieb auf einmal stehen und blickte Holger verwundert an. »Du hast dir darüber schon Gedanken gemacht?«

»Ich habe mich schon mit dem Sattler verständigt. Er hat tolle Ideen.« Holger blieb ebenfalls stehen und legte den Arm um Leonie. »Und alles, was du auf seinen Ausstellungen vorgeführt hast, darfst du behalten.« Er holte tief Luft. »Einiges davon ist durchaus alltagstauglich.«

»Und von mir könnt ihr auch noch Sachen haben.« Selma wusste, dass ihre Anwesenheit nicht störte. »Ihr müsst euch nur mit Paul und Maria einigen.«

»Holger, ich liebe dich.« Leonie blickte ihr Gegenüber lange an. Die Worte kamen direkt aus ihrem Herzen. »Nimm mich bitte gefangen, für immer.«

Holger legte jetzt beide Arme um seine Freundin und blickte ihr lange in die Augen. »Ich habe noch nie ein Mädchen kennengelernt, dass mich so sehr in den Bann gezogen hat wie du. Du sollst für immer meine Gefangene sein, wenn du es möchtest.«

»Sehr gern, Holger. Sehr gern.« Leonie kam mit ihrem Gesicht näher. Gemeinsam versanken sie in einen langen Kuss.

* * *

»Das war doch bisher ein sehr erfolgreicher Tag.« Mrs. Potter schloss die Haustür, nach dem Paul, Maria und ihre Mutter eingetreten waren.

»Das finde ich auch.« Frederike ließ sich auf das im Flur stehende Sofa fallen.

»Maria, Paul?« Mrs. Potter hatte auf einmal einen sehr strengen Tonfall. »Ihr geht jetzt auf euer Zimmer und ruht euch aus.«

Maria blickte sich verschüchtert um. So sprach ihre Erzieherin nur, wenn sie sich über ein grobes Fehlverhalten ärgerte. Doch Pauls Freundin empfand es diesmal als ungerecht. »Was haben wir denn falsch gemacht?« Sie ergriff Pauls Hand.

»Gar nichts.« Die Stimme von Mrs. Potter wurde wieder etwas weicher. »Aber es tut euch gut, wenn ihr jetzt etwas Pause macht.«

»Und ein paar Gymnastikübungen würden auch nicht schaden«, ergänzte Marias Mutter.

»Aber natürlich.« Maria war sichtlich erleichtert. »Komm, Paul! Wir gehen nach oben.« Sie zog ihn in Richtung der Treppe.



»Halten sie es für richtig, sie jetzt allein zu lassen?« Frederike blickte etwas nachdenklich zur Treppe.

»Ich halte sie für vernünftig genug.« Mrs. Potter verteidigte ihre Entscheidung. »Außerdem hängt das Schlüsselbund immer noch dort am Haken.«

Frederike blickte kurz in die Richtung, die Marias Erzieherin angedeutet hatte. Eine Frage formte sich in ihrem Gesicht.

»Ich habe Paul geraten, den Schlüssel hier zu lassen, wenn sie wegen des Festes unterwegs sind.« Mrs. Potter blickte ebenfalls kurz nach oben.

»Ein guter Rat.« Frederike lächelte.

* * *

»Die Festleitung hat mich davon überzeugt, dass du im Theaterstück auch noch Ketten tragen musst, denn du stellst immer noch eine Geisel dar.« Theo lächelte, als er sah, wie Doris in Unterwäsche vor dem Schlafzimmerspiegel stand und den Schmuck begutachtete, den er ihr heute Morgen schon angelegt hatte. »Ich habe sie dir in die Tasche gepackt.«

»Er sieht wirklich schön aus.« Doris lächelte verträumt. »Jetzt sag mir, was ist die Überraschung?«

Theo ging zu seinem Teil der Schrankwand und öffnete sie. Er holte ein Ballkleid heraus, dass er Doris präsentierte. »Das hier ist Teil eins der Überraschung.«

»Wo hast du denn das her?« Doris war sofort verzaubert.

»Die Schneiderin hat es für uns angefertigt als Dank dafür, dass wir so viel für das Fest getan haben.« Er zupfte ein wenig an dem Kleid herum. »Wenn du es angezogen hast, kann ich dir den zweiten Teil der Überraschung zeigen.«



»Und was ist jetzt die Überraschung?« Doris drehte sich mit dem Ballkleid vor dem Spiegel und bewunderte die Arbeit der Schneiderin.

»Du hast doch heute morgen schon bemerkt, dass an deinen Armbändern kleine Ketten herunterhängen.« Theo liebte es, seine Verlobte ein wenig hinzuhalten.

»Ja, habe ich.« Doris schmollte ein wenig. »Und jetzt will ich endlich wissen warum.«

»In deinem Kleid ist eine ähnliche Kette eingearbeitet.« Theo lächelte. »Ich werde dir jetzt die Arme damit verbinden.« Er griff an das Medallion und holte den winzigen Schlüssel hervor.

Doris sah atemlos zu, wie Theo erst den linken, dann den rechten Arm mit der Kette verband, die im Kleid an der Taille heraus kam. »Du sperrst mich in das Kleid ein?« Ihre Stimme war sehr leise.

»Nicht nur das.« Theo trat hinter Doris. »Mal sehen, ob das hier genauso gut klappt.«

Auf einmal spürte Doris einen Zug an ihren Armen, dem sie sofort nachgab, bis ihre Arme nur noch eine Handbreit von ihrer Taille entfernt waren. Gleich darauf spürte sie, wie Theo etwas auf ihrem Rücken machte. Sie war sprachlos.

»Ich habe ihr gesagt, dass ich später auch mit dir tanzen möchte.« Theo trat wieder in ihr Blickfeld. »Dafür kann ich dir die Arme wieder freigeben.«

Doris war total verzaubert. Sie blickte ihren Verlobten wortlos an. Langsam näherten sich ihre Lippen.

* * *

»Zum Glück gelten unsere Regeln hier nicht.« Amelie ließ sich in ihrem Hotelzimmer sofort auf das Bett fallen. Doch dann sah sie, dass ihr Verlobter zum Schrank ging.

»Das sehe ich nicht so.« Leonhard sprach in einem bewusst ganz ruhigen Ton. Er öffnete die Schranktüren und nahm den zusammengerollten Schlafsack heraus.

Amelie war alamiert. Wenn er diesem ruhigen Ton benutzte, wurde es stets ungemütlich für sie. »Bitte Leonhard, ich bin auch ganz ruhig.«

Seelenruhig breitete Leonhard den Schlafsack neben Amelie aus. »Wenn ich Madame dann bitten dürfte.«

Amelie hatte schon mehrfach versucht, sich gegen ihn zu wehren, doch er war einfach viel stärker als sie. Sie wusste, dass sie einen eventuellen Kampf gegen ihn verlieren würde. »Aber nur unter Protest.« Sie begann sich auszuziehen.

»Protestieren darfst du.« Leonhard griff kurz in seine Tasche. Er wollte sich überzeugen, das er einen ganz bestimmten Gegenstand eingesteckt hatte. ´Noch´ fügte er in Gedanken hinzu.



Eigentlich liebte Amelie den Schlafsack, weil er sie mit wenigen Handgriffen völlig hilflos machte. Besonders faszinierend fand sie die Ärmel, die innen in der Lederhülle angebracht waren, und die ihre Arme so wundervoll aufnahmen und fixierten. Und wenn Leonhard dann auch noch den langen Reißverschluss zu machte, hatte sie fast immer die Augen geschlossen, um die zunehmende Enge in Verbindung mit dem Geräusch des Reißverschlusses zu genießen.

Doch es gab auch Momente, wo sie ihre Freiheit nur ungern aufgab. »Warum?« Amelie versuchte einen schwachen Widerstand, während sie sich in die Lederhülle legte.

»Du sollst dich entspannen.« Leonhard nahm ihren linken Arm und führte ihn langsam, aber unnachgiebig in die davor vorgesehene Öffnung.

»Aber das kann ich doch auch so.« Amelie versuchte, sich zumindest mit Worten gegen ihr drohendes Schicksal zu wehren, obwohl sie wusste, dass dies aussichtslos war. Insgeheim liebte sie diese Situationen, doch das hätte sie nie zugegeben.

»Jetzt rede nicht, sondern mache es dir gemütlich.« Er griff zum rechten Arm und schob ihn in die andere Armhülle.

»Der Herr haben Humor.« Amelie setzte ihre Schmollmiene auf. Doch innerlich war sie angespannt. Gleich würde er den Reißverschluss zumachen, und dann wäre ihr Schicksal für die nächsten Stunden besiegelt. Dann war sie wieder vollständig auf ihn angewiesen und nur durch Worte konnte sie ihn ein wenig beeinflussen. Doch natürlich wusste sie auch, dass es sinnlos war, um ihre Befreiung zu bitten, wenn er dazu noch nicht bereit war.

Als sie fühlte, dass ihr rechter Arm auch korrekt in dem Ärmel angekommen war, schloss sie die Augen. Jetzt gab es nichts mehr, was sie noch tun konnte, um ihre drohende Gefangenschaft anzuwenden.

Leonhard kannte seine Verlobte sehr gut, und als er ihre geschlossenen Augen sah, wusste er, dass trotz ihres Protestes alles in Ordnung war.

Natürlich wusste er von seiner körperlichen Überlegenheit, trotzdem liebte er es auch, wenn Amelie sich mit aller Kraft gegen eine Fesselung wehrte. Er griff zum Reißverschluss und zog ihn langsam zu.

Der Schlafsack war eine Maßanfertigung, und stellenweise musste er die beiden Lederhälften erst aneinander ziehen, bevor er den sehr robusten Reißverschluss weiter schließen konnte.

Das letzte Stück oberhalb ihrer Brüste konnte er mit einer Hand zuziehen, und das nutzte er aus, um unbemerkt von Amelie in seine Tasche zu greifen. Er wollte den Knebel bereit haben, bevor Amelie etwas davon bemerkten konnte. Denn das Gummiteil zum Aufblasen ließ sich dann am leichtesten in ihren Mund einsetzen, wenn sie es gar nicht erwartete.

Wie sonst auch gab er ihr einen Kuss auf die Lippen, und als Amelie den Mund öffnete, um den Kuss zu erwidern, schob er den Knebel in ihren Mund und drückte ihren Mund wieder zu. Sofort pumpte er das Gummiteil auf und erreichte so, dass sich der Knebel an ihren Zahnreihen festklemmte, so dass sie ihren Mund auch nicht mehr öffnen konnte.

Jetzt hatte Amelie nur noch ihren Augen, um ihren erneuten und jetzt sogar heftigeren Protest auszudrücken. Sie funkelte ihn mit einem bösen Blick an, denn mit diesem so perfiden Knebel hatte sie in dem Moment überhaupt nicht gerechnet.

Doch Leonhard hatte ein ebenso perfides Mittel, um sich gegen ihren sonst so unwiderstehlichen Blick zu wehren. Er nahm einfach die Augenbinde vom Nachttisch und streifte sie seiner Verlobten über den Kopf.

Ein heftiges Zucken im Schlafsack war die Antwort, und erst als er seine Hand auf ihren so streng verpackten Körper legte und sie streichelte, ließen die Zuckungen nach. Er wusste, dass Amelie dabei war, sich mit ihrer Hilflosigkeit und Isolation abzufinden.

Er griff zum Telefon. »Zimmerservice? Bringen sie mir bitte einen Kaffee auf mein Zimmer.«

Nach einer kurzen Pause nannte er noch seine Zimmernummer. Er legte auf und grinste. Natürlich hatte er sich schon beim Beziehen des Zimmers davon überzeugt, dass das Bett von der Zimmertür her nicht einsehbar war.

Amelie achtete nicht auf solche Details, das wusste er. Und richtig, es kam sofort wieder etwas Leben in den Schlafsack, kaum dass er den Hörer aufgelegt hatte.

»Ich werde dir jetzt auch noch die Ohren verstopfen.« Er hatte sich zu ihrem Kopf herunter gebeugt und sprach leise, aber noch so laut, dass Amelie es unbedingt hören musste. Gleich darauf schob er die Ohrenstöpsel, die ebenfalls auf dem Nachttisch bereit lagen, in ihre Ohren.

Wieder kam etwas Leben in Amelies Körper. So wie er ihre Zuckungen beobachtete, schien sie sich wirklich sehr wild gegen ihre Fesselung zu wehren, obwohl sie wissen musste, dass es ein aussichtsloser Kampf war.

Wieder streichelte er mit seinen Händen über ihren Körper, bis sie sich beruhigt hatte. Schließlich zeigten ihre ruhigen Atemzüge, dass sie sich auf einer sicher sehr schönen Traumreise befand.

* * *

Sarah klopfte kurz an der Tür zum benachbarten Hotelzimmer, dann trat sie in das Zimmer ihres Mannes und des Geliebten ein. Bevor sie sprach, vergewisserte sie sich, dass die Tür geschlossen war. »Ich habe einen Plan, um Betty eine kleine Lehre zu erteilen, doch dazu brauche ich eure Hilfe.«

»Was möchtest du denn machen?« Juan hatte ein ganz bestimmtes Lächeln im Gesicht seiner zukünftigen Frau bemerkt.

»Ich möchte Betty eine perfide Lektion erteilen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Als kleine Rache für das Gebet in der Bäckerei.«

»Und wie stellst du dir das vor?« Juan war durchaus bereit, seiner Frau einen solchen Gefallen zu tun.

»Ihr müsst sie in das Ballkleid stecken.« Obwohl sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprach sie sehr leise. »Mit drei Leute sollte das zu schaffen sein.«

»Wir sind aber nur zu zweit.« Auch Bertram war von dem Plan angetan.

»Stimmt.« Sarah erkannte den Fehler in ihrem Plan. »Und ich werde zu dem Zeitpunkt schon in dem Kleid stecken, werde also völlig hilflos sein.« Sie gab sich nachdenklich. »Ich glaube, ich werde Paul einweihen, er wird uns bestimmt helfen.« Diesen Punkt hatte sie übersehen, sie war sich jedoch sicher, dass Marias Freund ihnen gern helfen würde.

»Aber wie soll das genau gehen?« Bertram wiederholte die Frage seines Freundes.

»Ich habe folgendes Plan.« Sarahs Stimme wurde verschwörerisch leise. »Ich werde Betty bitten, euch zu zeigen, wie sie mir das Ballkleid anzieht. Als mein künftiger Ehemann solltest du das wissen.«

»Und das wird funktionieren?« Juan war noch etwas skeptisch.

»Ich kenne Betty gut, sie wird mir sicher auf den Leim gehen.« Sarah grinste.

* * *

»Leonie, ziehe dich bitte gleich aus.« Selma schloss die Haustür hinter sich und führte das Paar ins Wohnzimmer. »Holger kann dir helfen, ich habe alle nötigen Schlüssel bereitgelegt.«

Holger betrat nach Leonie das Zimmer und blickte sich um. Auf dem Tisch lag ein kleiner Schlüsselbund, und an der Schrankwand hing deutlich sichtbar das Kleid, welches Leonie auf der Generalprobe schon getragen hatte.

Selma sah, dass ihr Schützling etwas zögerte. »Nun mach schon, wir haben nicht so viel Zeit.«

Es störte sie ein wenig, dass Holger sie jetzt schon in ihrer Unterwäsche sehen sollte, doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie eigentlich immer noch in das Keuschheitsensemble eingeschlossen war, mit dem sie sich auf der Hütte so gern präsentiert hatte. Trotzdem betete sie, dass Holger bleiben würde, wenn er es sehen würde. Sie war sich immer noch nicht sicher, wie er reagieren würde.

Seufzend kam sie der Aufforderung nach, und nachdem Holger ihr bei den Ketten geholfen hatte, stand sie gleich darauf in ihrer Stahlunterwäsche im Raum. Sie hielt innerlich die Luft an.

Holger hatte zunächst höflich weggeschaut, doch als Selma erneut drängelte, gab er seine Zurückhaltung auf und war einigermaßen erstaunt, als er Leonie mit dem Keuschheitsensemble vor sich stehen sah. »Das ist etwas Hochwertiges. Wer hat den Schlüssel?« fragte er nach einer Schrecksekunde mit fachkundiger Miene.

»Die Schlüssel verwalte im Moment ich«, antwortete Selma. Diesen Moment hatte sie schon länger geplant und erwartet.

Holger blickte zwischen Leonie und Selma hin und her. Es war deutlich, das er etwas fragen wollte, sich aber nicht so recht traute.

Selma lächelte. »Nach dem Fest kannst du die Schlüssel bekommen.« Sie blickte zu Leonie. »Falls du damit einverstanden bist.«

Leonie seufzte. »Ich hatte mich eigentlich schon darauf gefreut, den Gürtel endlich wieder loszuwerden.« Sie berichtete kurz, wie es dazu gekommen war, dass sie ihn trug.

Holger hörte fasziniert zu. »Du magst es, so eingeschlossen zu sein?« Er war sehr verwundert.

Leonie war verlegen. »Ich finde es schön, wenn ich da nicht dran kann, weil jemand anders die Kontrolle darüber hat.« Sie hatte in diesem Moment einen knallroten Kopf.

»Das würde sich machen lassen.« Holger lächelte. »Du bist voller Überraschungen. Ich mag dich.«

Leonie wurde etwas rot. »Ich freue mich, dass es dir gefällt.« Sie seufzte laut. »Du bist der Allererste, der sich davon nicht abstoßen lässt.«

Selma räusperte sich. »Wir müssten dann mit dem Kleid anfangen, sonst reicht die Zeit nicht.«

»Ich bin schon sehr auf das Kleid gespannt.« Leonie lächelte. »Vorgestern habt ihr mich ja ziemlich überrumpelt.«

»Aber es hat dir gefallen?« Selma wollte es noch einmal hören. »Du bist ja ganz gut damit zurecht gekommen.«

»Es war ein klein wenig zu groß.« Leonie trat näher an das Kleid heran, um es zu begutachten. »Das sind ja alles Dreifach-Nähte.« Sie blickte abwechseln zu Selma und zu Holger.

»Damit du dich in dem Kleid auch sicher fühlen kannst.« Selma lächelte erwartungsvoll. »Du würdest es also tragen, wenn es dir passen würde?«

Leonies Stimme klang verträumt. »Das wäre ein Traum.«

»Dann nehmt bitte das Kleid und folgt mir.« Selma ging in den Nebenraum.

Leonie blickte noch einmal auffordernd zu Holger, dann ergriff sie das Kleid und kam der Bitte nach.



Sie stellte fest, dass sie in diesem Zimmer des Hauses bisher noch nicht gewesen war. Es sah aus wie in einem Schneideratelier.

»Ich habe früher viele Kleider selbst genäht«, erklärte Selma stolz.

»Es sieht aus wie ein ganz normales Kleid.« Holger war ebenfalls fasziniert. »Sehr elegant mit den oberarmlangen Handschuhen.«

»Natürlich sieht so ein Fesselkleid äußerlich wie ein normales Kleid aus.« Selma lächelte, nachdem sie ein Maßband zur Hand genommen hatte. »Es sind die Details, die im Inneren versteckt sind.«

»Welche sind das?« Holger war sichtbar interessiert.

»Leonie, strecke bitte deine Arme zur Seite aus.« Selma gab zunächst ihrem Schützling die Anweisung und nahm diverse Maße, dabei ging sie auf Holgers Frage ein. »Ein Arm wird mit in das Kleid eingeschlossen, der anderen ist mit einem Reißverschluss längs am Körper befestigt.«

Leonie blickte Selma erstaunt an.

»Den Reißverschluss kannst du öffnen, wenn ihr tanzen wollt.« Pauls Oma blickte zu Holger. »Hier ist außerdem eine Extra-Lasche in das Kleid eingenäht, damit du sie besser festhalten kannst.«

Leonies Freund war sichtlich beeindruckt.

»Des Weiteren gibt es einen Unterrock, der zum Tanzen ebenfalls mit einem Reißverschluss geöffnet werden kann.« Selma legte das Kleid auf den Tisch und machte sich daran, ein paar Nähte abzustecken. »Und die oberarmlangen Handschuhe haben eine Doppelfunktion. Zum einen lässt sich damit die Arm-Attrappe besser tarnen, und zum anderen sind bei dem freien Arm die Finger aneinander genäht.«

Leonie stöhnte leise.

»Eigentlich gehört auch noch ein strenges Korsett unter das Kleid, aber das verträgt sich nicht mit deiner hübschen Unterwäsche.« Selma lächelte. »Es gibt allerdings auch Gürtel, die sich trotz eines Korsetts tragen lassen. Wenn ihr wollt, kann ich euch ein paar Propekte überlassen.«

»Sehr gern, danke.« Für einen kurzen Moment wurde Leonie bewusst, dass sie außer dem Keuschheitsgürtel, den Schrittbändern und dem Metall-BH keine weitere Kleidung trug. Doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Kleid gerichtet.

Selma setzte sich jetzt an die Maschine und nähte die vorbereiteten Stellen etwas enger. »Wegen der Dreifach-Nähte dauert es etwas, aber das muss sein. Es soll ja sicher sein.« Sie blickte zu Holger.

Wieder stöhnte Leonie leise.

»Ich habe dir deine Schuhe bereit gestellt.« Selma zeigte darauf. »Ziehe sie bitte gleich an. Wenn wir mit dem Kleid fertig sind und ich dich darin eingenäht habe, würde es sonst sehr mühsam für dich werden.«

Holger blickte interessiert auf die Stiefelletten, auf die Selma gedeutet hatte. Sie hatten einen sehr hohen Absatz und wurden mit einer kurzen Schnürung geschlossen.

Leonie zitterte sehr, als sie der Bitte nachkam. Neben den Stiefelletten lagen zwei kleine offene Vorhängeschlösser. Leonie nahm sie wortlos und ohne Zögern, und verschloss sich die Stiefel, nachdem sie die Schnürung festgezogen hatte. »Sie werden mich in das Kleid einnähen?« Natürlich hatte sie diesen Satz gestern schon gehört, doch sie hatte es für einen Scherz gehalten.

»Genau das werden ich machen.« Sie sah von der Maschine auf und blickte etwas verträumt aus dem Fenster. »So war das früher.«

»Ich kann also auch keinen anderen bitten, mir das Kleid zu öffnen?« Sie dachte mehr laut, als dass sie eine Frage stellte.

»So ist es.« Selma zeigte auf eine Stoffbahn. »Hiermit wird die Schnürung verdeckt. Ich muss die Naht erst wieder auftrennen, um dich aus dem Kleid heraus zu lassen.«

Leonie begann etwas zu schwanken. Sofort trat Holger zu ihr und hielt sie fest.

»Es gäbe natürlich auch noch die Variante des Kleides, bei der beide Arme im Kleid eingeschlossen sind.« Selma sprach etwas lauter, um die Maschine zu übertönen. »Aber ich denke, dass ihr miteinander tanzen wollt.«
756. RE: Maria

geschrieben von kaes am 19.05.17 07:49

Mal wieder eine ganz tolle Fortsetzung und ich kann nur Danke sagen.

Ich bin gespann wohin sich die Sache bei leonie entwicket, permanentes Leben in Fesseln, bin echt gespannt.

Noch etwas, wir haben lange nichts von Sophie gehört, wann taucht sie denn wieder in der Geschichte auf?

Freue mich auf die nächste Fortsetzung und wünsche ein schönes Wochenende
757. RE: Maria

geschrieben von Kugelfisch am 19.05.17 10:00

Ich finde es schade, dass die Dienerin "ungestraft" davonkommt, nachdem sie der Prinzessin das Gebet angelegt hat. Vielleicht findet sich noch ein alter Text, in dem ihr dafür eine Schandgeige angelegt wird.
758. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundvierzig

geschrieben von gag_coll am 22.05.17 05:21

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

Uschi, die Freundin der Reporterin war etwas genervt, als sie bei Andrea klingelte. »Was ist denn so wichtig, dass du mich am Samstag Abend noch sprechen willst?« fragte sie gleich nach der Begrüßung.

»Jetzt komm erst einmal herein.« Andrea schloss die Tür hinter ihrer Freundin. »Ich brauche deine Hilfe.«

»Für was?« Uschi stöhnte ein wenig.

»Ich muss ihn ablenken.« Andrea gab sich etwas kurz angebunden.

»Wen?« Die Freundin war ungeduldig. »Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.

»Na wen schon?« Andrea verdrehte die Augen. »Hans!«

»Und womit willst du das machen?« Uschi kannte das manchmal etwas angespannte Verhältnis ihrer Freundin zu dem Fotografen.

Andrea holte tief Luft. »Du sollst mir den Handschuh anlegen.« Sie zeigte auf den Tisch, wo sie den Monohandschuh schon bereit gelegt hatte.

»Bist du dir wirklich sicher?« Uschi wurde nachdenklich. »Für wen bringst du so ein großes Opfer?«

»Für Maria.« Andrea erläuterte ihren Plan. »Ich will verhindern, dass er sich in die Garderobe schleicht und sie heimlich fotografiert.«

»Und du meinst, mit dem Handschuh geht das?« Ihre Freundin hatte einen sehr zweifelnden Blick.

»Es wird ihn zumindest ablenken und sicher auf andere Gedanken bringen.« Andrea zögerte. »Du müsstest mich allerdings begleiten. Allein traue ich mich das nicht.«

»Ich hätte dich damit auch nicht mit ihm allein gelassen.« Uschi blickte noch einmal auf den Tisch. »Du bist doch heute auch auf dem Ball, oder?«

Andrea bestätigte es. »Ich gehe nur etwas früher hin.«

»Dann passt es ja.« Uschi blickte noch einmal zum Handschuh. »Und du bist sicher, dass du ihn den ganzen Abend tragen willst?«

»Nein, bei Weitem nicht.« Andrea war entsetzt. »Ich muss nur die Zeit überbrücken, wenn Maria in der Garderobe ist.« Sie zeigte den Zeitplan, den sie heimlich bei Renate abgeschrieben hatte.

»Und du bist wirklich sicher, dass dein Plan funktioniert?« Die Freundin war etwas verwundert. »Ich dachte, er soll nichts davon wissen.«

»Ich habe mich neulich verplappert.« Andrea war sehr verlegen. »Und auf dem Fest bin ich unter Leuten.«

»Du meinst, er wird sich dann zurück halten?« Uschi runzelte die Stirn.

»Ich hoffe es zumindest. Und wenn du ihn mir wieder abgenommen hast, musst du ihn versehentlich einstecken.« Sie grinste. »Dann hätte ich etwas Zeit gewonnen.«

»Ich bin nach dem Fest eine Woche im Urlaub.« Uschi griff den Gedanken auf.

»Super, dann habe ich noch eine Gnadenfrist.« Andrea seufzte leicht. »Natürlich weiß ich nicht, wo du den Handschuh gelassen hast.«

»Ich hoffe wirklich für dich, dass dein Plan wirklich aufgeht.« Es war Uschi anzuhören, dass sie sich Sorgen um ihre Freundin machte.

»Das hoffe ich auch.« Andrea seufzte wieder.

»Und du willst wirklich mit dem Handschuh durch die Stadthalle laufen?« Uschi erinnerte sich daran, dass Andrea sich in der Beziehung bisher eher öffentlichkeitsscheu gegeben hatte.

»Ich ziehe mir einen Poncho darüber.« Andrea hatte diesen Aspekt schon berücksichtigt. »Oder ich hänge mir ein Tuch um.«

Uschi runzelt die Stirn.

Andrea lachte nervös. »Du musst es mir über die Schultern legen.«

»Aber dann ist der Handschuh nicht zu sehen.« Uschi blieb weiter skeptisch.

»Stimmt.« Andrea war etwas nachdenklich. »Aber die gekreuzten Riemen vor der Brust wird er erkennen. Er soll ruhig etwas spekulieren. Hauptsache, er ist von Maria abgelenkt.«

»Aber das wird doch nicht lange reichen.« Uschi war immer noch nicht von dem Plan ihrer Freundin überzeugt.

»Wir haben bald einen offiziellen Termin bei ihnen. Dort bekommt er das Foto, das er haben möchte.« Andrea begann, ihre Tasche zu packen. »Ich möchte heute nur dafür sorgen, dass er Maria in der Garderobe nicht stört.«

»Sie wird es dir hoffentlich danken.« Uschi ging zum Tisch und nahm den Handschuh in die Hand.

»Das wäre mir gar nicht so wichtig.« Andrea nahm den Handschuh aus Uschis Händen und packte ihn ganz oben in ihre Tasche. »Ich denke, ich habe alles. Lass uns gehen.«

* * *

»Na, seid ihr ausgeruht?« Frederike blickte zur Treppe, als sie die Schritte von Paul und Maria hörte.

Eigentlich erübrigte sich die Fragen, denn als sie die Treppe herunter kamen, hielten sie sich an der Hand und strahlten erwartungsvoll.

Paul trug die Uniform für das Fest, während Maria noch in ihrer Alltagskleidung unterwegs war. Mit der Schneiderei war ausgemacht, dass sie die Kleider für die Katerina gleich in die Stadthalle bringen würde und Maria sich erst vor Ort umziehen sollte.

Trotzdem hätte Maria ihre Ballettstiefel gern sofort angezogen, doch ihre Mutter konnte sie davon überzeugen, es erst in der Stadthalle zu machen. »Damit hat es etwas mehr Dramatik« hatte sie argumentiert und ihre Tochter war einverstanden.

Frederike ging zu dem kleinen Schlüsselbrett, wo im Moment als einziges Schlüsselbund das von Paul für Maria hing. Sie nahm es in die Hand und suchte einen bestimmten Schlüssel. »Dieser hier?« Sie hielt einen davon hoch und blickte dabei zu Marias Erzieherin.

»Nein, der kleine daneben.« Mrs. Potter korrigierte Marias Mutter.

Paul fiel sofort auf, dass sie ihr den Schlüssel für Marias Keuschheitsgürtel gezeigt hatte, einen Schlüssel, den er selbst bisher nur in Notfällen benutzt hatte.

»Maria, kommst du bitte?« Sie bat ihr Tochter, ihr ins Gästebad zu folgen. In der Hand hielt sie dabei einen kleinen rosa Gegenstand. An der Tür drehte sie sich noch einmal zu Marias Freund um. »Paul, du könntest bitte schon mal die Tasche packen. Ich habe alles auf dem Tisch bereit gelegt.«



Paul war ziemlich in Gedanken, als er der Bitte nachkam. Er fragte sich, was mit Maria im Bad passierte. Er hatte einen ganz bestimmten Verdacht.

Seine Hände zitterten, als er die bereitgelegten Gegenstände einpackte. Dabei waren unteranderem Marias knielange Ballettstiefel, das Venuskorsett, aber auch der Monohandschuh und die Riemen für das Gebet sowie noch eine extra Tasche. Paul vermutete, dass sie noch ein paar Toilettenartikel oder Schminksachen enthielt.

Kaum war er damit fertig, als sich die Tür des Badezimmers schon wieder öffnete. Maria kam als erstes heraus und nach einem nur ganz kurzen Blick erkannte Paul sofort, was passiert war. Maria hatte ein sehr gerötetes Gesicht, und das ließ nur einen einzigen Schluss zu. Bestimmt hatte ihre Mutter einen Vibrator in den Keuschheitsgürtel eingesetzt, denn es gab sonst keinen Grund, den Gürtel zu öffnen.

Doch er traute sich nicht, danach zu fragen.

Auch Maria machte einen etwas konsternierten Eindruck, weil ihre Mutter sich so sehr eingemischt hatte, doch auch sie traute sich nicht, etwas zu sagen.

Frederike ging wortlos zum Schüsselbrett und hängte das kleine Bund wieder an seinen Platz.



»Welche Jacke möchtest du tragen?« Mrs. Potter stand an der Garderobe und blickte zu Maria.

Maria blickte kurz zwischen der Garderobe und ihrer Mutter hin und her, dann senkte sie den Kopf. »Ich träume schon lange davon, auf diesem Weg das Cape tragen zu dürfen. Und Paul hat es abgeschlossen.« Den letzten Satz hatte sie besonders leise gesagt.

»Warum nicht?« Frederike gab Mrs. Potter ein Zeichen.

Diese nahm das Cape vom Haken und reichte es Paul. »Die Prinzessin bittet um ihre Hilfe.«

Zu seiner eigenen Überraschung zitterten seine Hände nicht, als er das Cape entgegen nahm. Er klappte es auf und trat auf Maria zu.

Maria blickte noch einmal fragend zu Mrs. Potter, und erst als diese freundlich nickte, hob sie ihre Arme und steckte sie in die Ärmel des Capes, die sie vor allem in Pauls Gegenwart zu gern benutzte. »Danke mein Prinz, ihr seid so hilfsbereit.« Sie lächelte ihrem Freund zu.

Gleich darauf hatte Paul das Cape bis über die Schultern hochgezogen und war dabei, es am Kragen zu verriegeln.

»Stecke bitte die Schlüssel ein, sonst wird es peinlich«, flüsterte Maria recht leise.

Paul lächte verlegen. »Mache ich sofort.« Gleich nach dem der Riegel zugeschnappt war, holte er sich das Schlüsselbund, kontrollierte noch einmal die Anzahl der Schlüssel und steckte es dann ein.

»Ich glaube, es ist Wind angesagt.« Marias Stimme war leise, aber dennoch gut im Raum zu verstehen.

Paul wusste sofort, was sie damit wirklich sagen wollte. Er sollte das Cape richtig verschließen, also auch die Bänder am unteren Saum an ihren Beinen befestigen. Er kniete sich vor sie hin und band das Cape an ihren Beinen fest.

Natürlich wussten alle, dass letzteres völlig überflüssig war, denn mit den gefangenen Armen und dem Kragenriegel war es Maria auch ohne die Bänder nicht mehr möglich, sich aus dem Cape zu befreien. Doch sie liebte den Gedanken, dem Cape ganz ausgeliefert zu sein. Und sie hoffte darauf, dass Paul sie auf dem Weg zur Stadthalle wieder in den Arm zu nehmen.

»Wo hast du denn die Fernbedienung?« Frederikes Stimme riss Maria aus ihren Gedanken.

»Die liegt auf meinem Nachttisch.« Sie wurde etwas rot dabei, denn sie fühlte sich ertappt.

»Kannst du die noch holen?« Frederike blickte aus dem Fenster, so dass ihre Miene nicht sichtbar war, als sie es aussprach.

Maria schluckte. »Nein, ich kann sie so nicht mehr festhalten.«

»Das ist richtig.« Frederike hatte Mühe, das Grinsen in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Paul, kannst du sie holen und mir geben?«

Paul zögerte deutlich sichtbar. Nur langsam ging er auf die Treppe zu, um der Bitte nachzukommen.



Erst als Frederike mit sehr trockener Stimme über die Funktion des Orgasmus als Schmerzmittel dozierte, erkannte Paul, warum das Vorhaben von Marias Mutter auch auch seiner Sicht richtig und vernüftig war.

Trotzdem hatte er ein mulmiges Gefühl, als er ihr die Fernbedienung überreichte. Es störte ihn, dass Maria so ihrer Mutter ein wenig ausgeliefert war. Doch als er bemerkte, dass er so etwas wie Eifersucht gegenüber Marias Mutter bemerkte, musste er doch schmunzeln. Dazu gab es bisher keinen vernüftigen Grund.

»Lasst uns gehen.« Mrs. Potter hatte dem Vorgang wortlos zugesehen. »Frau Bartels soll nicht unseretwegen warten müssen.« Sie ging zur Tür und öffnete sie.

»Außerdem freue ich sehr auf das Kleid.« Maria hatte ein Strahlen in der Stimme, als sie ihrer Erzieherin folgte.

Paul griff sich wortlos die Tasche vom Tisch und verließ ebenfalls das Haus.

Frederike zog hinter sich die Tür ins Schloß, dann trat auch sie auf den Kiesweg vor dem Haus.

* * *

»Morgen in der Kirche muss ich noch einmal die schweren Ketten tragen.« Doris war auf dem Weg in die Stadthalle und sie wurde begleitet von Theo sowie ihren Eltern. »Frau Bayer hat es mir gebeichtet.«

»Das war aber eine schlechte Nachricht.« Ruth Schwerterle, ihre Mutter, seufzte ein wenig.

Doris war zunächst etwas verwundert, doch als sie ihre Mutter ansah, erkannte sie, dass diese einen Scherz gemacht hatte.

Obwohl Ruth ihre Tochter in Ketten vor sich sah, war sie doch sehr stolz auf sie, weil sie bei ihrem selbstgewählten Alltag sehr glücklich war. Wehmütig blickte sie auf Theo und Doris, denn sie wusste, dass sie ihre Tochter bald in seine Hände geben würde.

Natürlich war sie zuerst sehr verschreckt gewesen, als sie von der Ketten erfahren hatte, doch als sie sah, wie glücklich ihre Tochter damit war, wurde ihr klar, dass sie trotz der erschreckenden Aussichten zu der Verbindung ihren Segen geben musste.

»Ich weiß, dass es eine besondere Gelegenheit ist.« Doris gab sich sehr vernünftig. »Und deswegen bin ich fest entschlossen, jede Sekunde zu genießen.«

»Solange du nicht in Ketten heiraten willst...« Ruth lächelte etwas gequält.

»Wie gefällt ihnen das heutige Geschirr?« Theo mischte sich ein. »Es sieht doch sehr unauffällig aus.«

»Es sieht wirklich schön aus, und es ist wirklich unauffällig.« Ruth musterte den Schmuck ihrer Tochter. »Aber das ist doch bestimmt nur Spielzeug, oder?«

»Glauben sie mir, das ist aus Titanstahl gearbeitet und sehr robust.« Theo erzählte, wie er zu dem Schmuck gekommen war. »Obwohl es sehr filigran aussiehst, hält es genauso wie die großen Ketten.«

»Es sieht gar nicht aus wie Ketten, sondern nur wie außergewöhnlicher Schmuck.« Ruths Stimme wurde auf einmal weich.

»Willst du damit sagen, dass ich den Schmuck zum Brautkleid tragen dürfte?« Doris war stehen geblieben und blickte ihre Mutter verwundert an.

Ruth erkannte auf einmal, auf welch dünnes Eis sie gerade gelockt wurde. »Ich möchte mich jetzt noch nicht festlegen.« Sie seufzte. »Unsere Verwandtschaft möchte da sicher auch mit reden.«

Doris seufzte nur, dann ging sie weiter.

* * *

»Warum habt ihr denn den großen Kleiderbeutel mitgeschleppt?« Betty war etwas verwundert, als sie gemeinsam mit den anderen Brasilianern die Garderobe in der Stadthalle betrat.

Sarah grinste. »Da ist das Ballkleid für dich drin.«

»Da will ich mal sehen, wie ihr das schaffen wollt.« Betty setzte zunächst eine Spottmiene auf. »Schließlich seit ihr nur zu zweit.« Sie blickte triumphierend auf Sarah, die schon seit dem Hotel sehr hilflos in ihrem Ballkleid steckte und sich fast gar nicht mehr bewegen konnte.

In diesem Moment klopfte es.

»Zu dritt.« Jetzt triumphierte Sarah. »Ich war gerade bei Paul und Maria und habe gefragt, ob Paul mithelfen kann, dich in das Kleid zu stecken.«

»Ihr kennt euch doch damit überhaupt nicht aus.« Betty fühlte sich in die Enge getrieben, denn sie wusste, dass sie sich gegen die drei Herren nicht hätte wehren konnte.

»Doch, wir kennen uns aus.« Juan grinste. »Du hast es uns doch gerade erst so schön erklärt.«

Auf einmal realisierte Betty, wie sie von ihrer Geliebten in die Falle gelockt wurde.

»Wir sind zu dritt, und wir werden dir das Kleid anziehen, notfalls mit Gewalt.« Sarah lächelte süffisant. »Aber du würdest es uns einfacher machen, wenn du es freiwillig anziehst.«

Betty blickte entsetzt auf ihre Geliebte, die sie gerade eben noch mit sehr viel Lust in ihr Fesselkleid gesteckt hatte. »Aber warum?«

»Ich sage nur ´Gebet in der Bäckerei´.« Juan lächelte ebenfalls. »Das ist Sarahs Antwort.«

»Von dir geht das alles aus?« Betty war empört, denn von ihrer Geliebten hatte sie so etwas nicht erwartet.

»Komm, das Opfer kannst du schon mal bringen.« Sarah lächelte süffisant. »Ich mache es doch auch.«

Betty blickte sich um. Sie sah in vier entschlossene Gesichter. »Ich fürchte, da habe ich wohl keine Wahl.« Bisher wusste sie aber nur aus den Erzählungen von Sarah, wie streng diese Kleider in Wirklichkeit sein würden. »Ich mache freiwillig mit.« Doch dann fiel ihr Blick zu Sarah. »Das gibt Rache. Ich werde ich lange und grausam quälen.«

»Ich bitte darum.« Sarah lächelte nur. »Aber es ist doch nur ein Ballkleid.« Sie trat auf Betty zu und küsste sie auf den Mund. »Ich liebe dich.«

* * *

»Was machen wir jetzt?« Theo blickte sich um, als sie im Eingangsbereich der Stadthalle standen. »Bis zum Ball ist ja noch etwas Zeit.«

»Wir könnten ins Café gehen.« Doris zeigte auf die Glastür auf der linken Seite, die deutlich sichtbar mit »Moni´s Café« beschriftet war.

»Na gut.« Herr Schwerterle war einverstanden. »Gehen wir zu Moni.«



»Hallo Reiner, schön, dass du dich mal wieder sehen lässt« Die Inhaberin Monika reichte der Familie die Hand. »Ich habe einen schönen Tisch für euch am Fenster.«

»Gern.« Herr Schwerterle war ein wenig verlegen. »Ich war schon lange nicht mehr hier.«

»Das kann man wohl sagen.« Moni lächelte. »Deine Familie?«

Reiner stellte seine Begleitung vor. »Und das ist Theo, mein zukünftiger Schwiegersohn.«

Moni blickte Doris verwundert an. »Ich kenne dich noch als das kleine Mädchen.« Sie strich ihr über den Kopf. »An den Kindern merkt man, dass man älter wird.« Sie lachte. »Was darf ich euch bringen?«



»Ich habe noch eine Überraschung für dich.« Ruth stellte ihre Tasse ab und blickte etwas wehmütig auf ihre Tochter. Dann griff sie in ihre Jackentasche. »Ich habe Theo gebeten, dir auch ein schönes Halsband anzufertigen.« Sie reichte ihrer Tochter eine kleine Schachtel.

Doris´ Hände zitterten ein wenig, als sie die Schachtel öffnete. »Eine lange Halskette.« Es fiel ihr sofort auf, dass sie genauso gearbeitet war, wie die Schmuckfesseln, die sie schon trug. Sie blickte sehr glücklich zwischen ihrer Mutter und ihrem Verlobten hin und her. »Vielen Dank.« Sie strahlte.

»Magst du sie ihr gleich anlegen?« Ruth blickte zu ihrem zukünftigen Schwiegersohn.

Theo zögerte etwas. »Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sich diese Kette tragen lässt.« Er nahm die Kette in die Hand. »Man kann dieses Ende an das andere Ende der Ketten befestigen.« Er deutete an, was er mit Worten beschrieben hatte. »Oder man befestigt das Ende hier und erhält ein enges Halsband mit einer Art Leine.«

Doris war verzaubert. Sie blickte ihre Mutter verlegen an, und als diese nickte, lächelte sie. »Bitte die Halsband-Variante.«

»Heute wird jeder glauben, dass es zum Kostüm gehört.« Theo kam dem Wunsch nach und legte seiner Verlobten die Kette um den Hals.
759. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 22.05.17 23:11

Hallo gag_coll


Wieder einmal eine wunderbare Fortsetzung. Aber auch wieder einmal viiiieeeelll zu kurz
Mach schnell weiter! Ich verzehre mich nach dem nächsten Teil der Geschichte!!!

Gruß Gozar
760. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 23.05.17 05:31

Hallo gag_coll,

ich schließe mich Gozar an.

Schreib schnell das nächste Kapitel. Deine Geschichte ist wirklich toll!

Gruß
Machtdom
761. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtundvierzig

geschrieben von gag_coll am 24.05.17 06:15

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Achtundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Wie geht es dir jetzt?« Florian hatte den Arm um Anna gelegt, gemeinsam waren sie auf dem Weg in die Stadthalle. »Konntest du dich etwas ausruhen?«

»Oh ja, der Schlaf hat gut getan.« Anna seufzte etwas. »Ich habe doch tatsächlich von meinem Vater geträumt.«

»Oh, das tut mir leid.« Florian zog Anna noch etwas zu sich heran.

Doch zu seiner Überraschung lachte Anna. »Das war ein lustiger Traum.«

»Magst du mir etwas darüber erzählen?« Florian hoffte, dass seine Nachfrage richtig war.

»Ich weiß ja, wie er das Stück haben wollte.« Anna grinste. »Ich habe die Badinerie in einem anderen Tempo und in einer anderen Tonart gespielt. Und dazu auch noch in Moll.«

»Es hat ihn geärgert?« Florian versuchte, sich in die Gedanken seiner Frau zu versetzen.

»Und wie!« Anna lachte. »Aber er konnte nichts machen, weil ich auf der Bühne stand, und er saß im Rollstuhl.«

»Das ist auch eine Art Vergangenheitsbewältigung.« Er kicherte. »Wird das Stück auf dem Ball eigentlich auch gespielt?«

»Es stand nicht auf der Liste.« Annas Stimme zeigte eine gewisse Erleichterung. »Aber ich glaube, jetzt würde es mir auch nicht mehr so viel ausmachen.«

Sie gingen eine Zeitlang schweigend nebeneinander her.

»Heute Nacht musst du mich noch in den Handschuh einschnüren. Ich habe heute gar nicht trainiert.« Anna lächelte.

»Nanu? Du willst ihn sogar freiwillig tragen?« Florian war verwundert.

»Es ist auch ein Stück Vergangenheitsbewältigung.« Anna war auf einmal sehr nachdenklich. »Wenn ich ihn bei etwas sehr Angenehmem trage, könnte mir das helfen.« Sie machte eine Pause. »Der Traum hat mir das gesagt.«

»Na dann.« Florian seufzte. »Ich mache alles, wenn es dich nur glücklich macht.«

Anna blieb auf einmal stehen. »Gib es bitte zu, es gefällt dir, wenn ich den Handschuh trage.«

Doch Florian blieb die Antwort schuldig. »Laß uns weiter gehen, sonst kommen wir zu spät.«

* * *

»Was machen wir jetzt?« Juan blickte auf die Uhr. »Bis zum Ball ist es noch eine Stunde.

»Vorne am Eingang habe ich das Café Moni gesehen.« Sarah lächelte. »Wie wäre es, wenn wir noch etwas trinken gehen?«

Bertram wunderte sich. »Geht das denn mit den Ballkleidern?«

»Wir haben die Beinkorsetts nicht ganz geschlossen.« Juan erinnerte seinen Freund an die beiden Ankleideprozeduren. »Schließlich wollen unsere Damen auch tanzen.«

»Mit diesem Kleid in die Öffentlichkeit?« Betty war erbost. »Nie im Leben.«

»Meine Liebe, du hast keine Wahl.« Sarah gab Juan und Bertram erneut ein Zeichen.

Die beiden Herren traten neben Betty und hoben sie leicht hoch.

»Schon gut, ich komme freiwillig mit.« Betty begriff, dass sie keine Option zum Handeln mehr hatte. »Das kommt alles mit auf die Rechnung.« Sie funkelte Sarah böse an.

Im Cafe nahm zu Bettys Erleichterung keiner eine Notiz von ihnen. Lediglich die Bedienung hatte kurz die Stirn gerunzelt, als sie zwei der Getränke mit Stohhalm bestellten.

* * *

»Es kommt mir vor wie in einem Traum.« Leonie blickte sich verzückt um, als sie mit Holger und Frau Mohr das Haus verließ. »Einerseits bin ich streng gefesselt, andererseits sind wir unterwegs zu einem Ball.«

»Das geht mir aber auch so.« Holger war nicht minder begeistert von dem Gang zur Stadthalle. »Ich finde es unglaublich, dass man so durch die Stadt gehen kann.«

Selma fühlte sich verpflichtet, auf die besondere Situation aufmerksam zu machen. »Das geht aber nur wegen des Festwochenendes.« Sie lächelte verträumt. »Sonst wäre das hier auch nicht möglich.«

»Ich hoffe, du wirst mit mir tanzen?« Holger war von seiner Freundin nicht minder begeistert. »Vielen Dank schon einmal für das schöne Kleid.« Er drehte sich kurz zu Selma um, die langsam hinter ihnen her ging.

»Das ist ein wirklich schönes Kleid.« Leonie hatte gerade atemlos verfolgt, wie Pauls Oma sie doch tatsächlich in das Kleid eingenäht hatte. Ein Arm war mit in das Korsett eingeschlossen, das zu diesem Kleid gehörte, und der andere Arm war mit einem Reißverschluss längs am Körper befestigt. Holger hatte die Erlaubnis, ihr den Arm frei zu machen, wenn sie tanzen wollten. Und natürlich hatte sie versprochen, sich den Arm danach gleich wieder fixieren zu lassen.

In das Kleid war außerdem recht unauffällig auch noch ein strenges Halskorsett eingearbeitet, und immer, wenn Leonie den Kopf drehen wollte, musste sie ihren ganzen Körper bewegen, um ihr Ziel erreichen zu können.

Und dann waren da noch ihre Stiefel, die sie tragen durfte. Leonie war es zwar gewöhnt, manchmal auf hohen Absätzen unterwegs zu sein, doch dieses Mal war es etwas anders. Sie war in die Stiefel eingesperrt, und selbst wenn sie über ihre Arme verfügen würde, könnte sie sich die Schuhe nicht ausziehen, weil sie beide jeweils mit einem Schloss verschlossen waren. Und die Schlüssel hingen bei Frau Mohr am Schlüsselbrett.

»Es freut mich, dass dir das Kleid gefällt und dass es so schön passt.« Selma war von dieser Frau mit ihren außergewöhnlichen Leidenschaften ebenfalls sehr fasziniert. »Wenn du einverstanden bist, dann würde ich es dir gern schenken. Ich kann auch einen Reißverschluss zum Schließen einnähen.«

Leonie war hin und weg. »Sehr gern.« Sie blickte zu Holger. »Aber du musst mir beim Anziehen helfen. Das kann ich nicht allein.« Sie grinste.

»Stets zu ihren Diensten, Madame.« Holger lächelte ebenfalls.

»Wenn das Fest vorbei ist, gehen wir noch einmal zusammen auf den Dachboden.« Selma lächelte verträumt. »Ich habe da noch eine große Kiste mit Erinnerungsstücken an meine Zeit als Erzieherin. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr davon das eine oder andere gebrauchen könntet.«

Leonie keuchte ein wenig. »Wir sagen jetzt schon danke schön.«

* * *

»Was ist nun, wird es zu der Auszahlung kommen?« Franz-Ferdinand hatte den Notar abgepasst, gerade als er zusammen mit seiner Tochter die Garderobe von Maria verlassen hatte.

»Nun machen sie mal langsam, mein junger Freund.« Herr Schrumm war der aufdringliche Verwandte des Barons sehr unangenehm. »Erst einmal muss Frau Beller noch tanzen.«

»Das ist doch sicher nur noch eine Formsache, oder?« Franz-Ferdinand verdrehte die Augen. »Oh, Frau Schrumm.« Er begrüßte die Tochter des Notars. »Wo haben sie denn heute ihren schicken Rock gelassen?«

Sonja vermied es, an sich herunter zu blicken. Den Minirock mit der dunklen Strumpfhose trug sie nur im Büro, wenn sie wieder einmal die Urlaubsvertretung machte. Ihr Vater hatte sie dazu aber nicht aufgefordert, stattdessen hatte sie es im Fernsehen bei einer dieser amerikanischen Anwaltsserien gesehen, und sie liebte es, auf diese Weise ihre Wirkung auf Männer auszutesten. In ihrer Freizeit lief sie viel lieber in bequemen Jeans herum, und dazu trug sie auch viel lieber ihre Turnschuhe statt der High Heels.

Schließlich realisierte sie, dass der Neffe des Barons noch auf eine Antwort wartete. Sie beschloss, auf die Frage überhaupt nicht einzugehen. Stattdessen zuckte sie nur kurz mit den Schultern.

»Würden sie ihn anziehen, wenn ich sie in die goldene Traube einlade?« Wieder versuchte Franz-Ferdinand, mit ihr anzubandeln.

»Vielleicht.« Sonja war die Nähe wirklich unangenehm. »Ich muss den Bericht noch schreiben.« Sie tat so, als würde sie sich von ihrem Vater verabschieden.

´Dann eben nicht´, murmelte Franz-Ferdinand und gab sich Mühe, keine Anzeichen von Enttäuschung zu zeigen. Denn eigentlich verfolgte er einen viel wichtigeren Plan, mit dem er sich und vor allem seinen Onkel retten konnte. Er blickte dem Notar und seiner Tochter hinterher.

Er fragte sich, ob es nicht sinnvoller war, Maria gleich nach dem Tanz zu entführen. Doch er verwarf den Gedanken sofort wieder. Auf dem Ball würde es viel zu viele Zeugen geben, und bei dem Fototermin am Sonntag hätte er viel bessere Möglichkeiten. Außerdem waren er und Maria dann schon im Schloss, und die geplante Entführung würde er schnell hinter sich bringen können.

* * *

»So, hier ist es.« Andrea war mit ihrer Freundin in den Garderobengang gegangen und stand jetzt vor der Tür der Solistengarderobe.

»Willst du den Handschuh nicht wieder ablegen?« Uschi war verwundert. »Du trägst ihn doch schon ziemlich lange.«

»Dieses Interview noch.« Andrea schüttelte den Kopf. »Noch hat er nicht gemerkt, dass ich ihn damit nur ablenken wollte. Kannst du mir bei dem Interview helfen?«

»Was soll ich denn machen?« Uschi war es nicht gewöhnt, ihre Freundin auf diese Weise begleiten zu müssen.

»Du musst mir nur das Diktiergerät anschalten, wenn wir in der Garderobe sind und sie es erlaubt haben.« Andrea wollte ihr mühsam aufgebautes Vertrauen nicht unnötig verspielen.

»Und was erhoffst du dir davon?« Uschi war sich nicht sicher, was sie von dem Plan ihrer Freundin halten sollte.

»Ich möchte einfach die Stimmung aufnehmen.« Andrea hat sich wieder auf ihre Absicht besonnen. »Ich möchte noch einen Bericht über das Fest schreiben. Jetzt klopfe bitte.« Es war sehr ungewohnt für sie, auf ihre Arme verzichten zu müssen.

Ihre Freundin kam der Bitte nach. Gleich darauf wurden sie von Marias Mutter herein gebeten.

»Ich wollte fragen, ob Maria noch Zeit für ein kurzes Interview hat.« Andrea trug ihr Anliegen vor.

Frederike blickte auf die Uhr. »Aber nur noch zehn Minuten, dann müssen wir uns fertig machen.«

Maria drehte sich um. Sofort erkannte sie Andreas besondere Haltung. »Warum tragen sie einen Monohandschuh?«

Andrea war sichtlich verlegen. »Sieht man das sofort?« Sie lachte verlegen. »Ich dachte, mit dem Tuch kann ich das tarnen.«

»Ich erkenne es auch nur an den gekreuzten Riemen über der Brust.« Maria lächelte. »Und an der veränderten Haltung.«

»Schade.« Andrea lachte wieder. »Echt schade.«

»Warum tragen sie ihn?« Frederike wiederholte die Frage ihrer Tochter.

Andrea spürte sofort, dass sie die Wahrheit sagen musste. »Ich wollte Hans ablenken, damit er sich nicht heimlich in eure Garderobe schleicht, um Fotos von dem Venuskorsett zu machen.«

»Warum denn das?« Frederike war mehr als verwundert.

»Er ist sehr heiß darauf, davon ein Foto machen zu dürfen und es zu verwerten.« Andrea war es sichtlich unangenehm, dieses Thema zu erörtern.

»Wir haben doch schon einen Termin vereinbart.« Frederike war verwundert.

»Er ist aber sehr ungeduldig.« Andrea wurde rot. »Und damit er nichts davon merkt, trage ich ihn noch. Ich will es mir nicht mit ihm verderben.«

»Hat es denn funktioniert?« Frederike begriff, welches Opfer die Reporterin für sie erbracht hatte.

»Ja.« Andrea war zumindest in dieser Hinsicht erleichtert. »Er hing an mir wie eine Klette und wurde fast zudringlich. Das Korsett war vergessen.«

Maria erkannte jetzt auch, welches Opfer Andrea ganz selbstlos für sie gebracht hatte. Sie äußerte dies.

»Naja, ganz selbstlos war es nicht.« Andrea lächelte. »Ich wollte schon immer mal so einen Handschuh tragen.« Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Und es ist sehr aufregend.«

»Sie sollten sich einen Keuschheitsgürtel dazu besorgen.« Mrs. Potter mischte sich ein. »Der erlaubt ein sehr viel sichereres Auftreten.«

Maria erkannte auf einmal, dass ihre Erfahrung gefragt war. »Nehmen sie ruhig ein teures Modell. Und es muss unbedingt eine Maßanfertigung sein. Nur dann lässt sich der Gürtel wirklich lange tragen.«

»Und sie müssen sich natürlich überlegen, wem sie den Schlüssel anvertrauen wollen«, ergänzte Frederike.

Andrea blickte zu Uschi. »Hans ganz bestimmt nicht.«

Uschi musste lachen. »Wir wird er wohl reagieren, wenn er es feststellt?«

Andrea verzog das Gesicht.

»Wie lange tragen sie den Handschuh jetzt?« Mrs. Potter war sehr aufmerksam.

»Ich glaube, eine halbe Stunde.« Andrea gab zu, dass sie nicht auf die Uhr gesehen hatte.

»Dann sollten sie in ihrem eigenen Interesse jetzt damit aufhören oder zumindest eine Gymnastikpause machen.« Mrs. Potter gab sich sehr viel Mühe, trotz der Ermahnung positiv zu klingen. »Es kann sonst zu Muskelzerrungen kommen.«

Andrea schluckte einmal, dann blickte sie sich zu Uschi um. »Läßt du mich bitte heraus?« Sie drehte sich mit dem Rücken zu ihrer Freundin. »Ich bin eigentlich wegen eines Interviews gekommen. Aber das mit dem Handschuh und der Gesundheit ist auch wichtig.«

Ein Gong ermahnte die Teilnehmer an den baldigen Beginn des Balles.

* * *

»Gibt es noch irgendetwas zu besprechen, bevor das Spiel beginnt?« Robert Greinert hatte die anderen Vorstandsmitglieder und den Bürgermeister zu sich gebeten.

Renate blickte in ihre Unterlegen. »Doris, die Schmiedstochter.« Ihre Stimme zitterte.

»Sie spielt die erste Dienerin.« Robert blickte Renate an. »Was ist mit ihr?«

»Es ist etwas seltsam.« Renate holte tief Luft. »Auf dem Ball trägt die Dienerin der Katerina keine Fesseln, am Sonntag in der Kirche schon.« Der Schmuck von Doris war Renate zwar aufgefallen, aber sie hatte seine fesselnden Eigenschaften nicht erkannt.

»Es reicht, wenn sie in der Kirche gefangen ist. Das entscheide ich jetzt einfach so.« Er seufzte. »Dieses Mal ist soo anders als das letzte Mal. Ein ganz neues Fest.«

Renate lächelte. »Naja, es ist aber auch eine Sensation, dass Maria in der Lage ist, die Originalhaltung zu tragen.«

»Schon.« Robert gab ihr recht. »Und ihre vielen Gästen bringen das Fest auch ordentlich durcheinander.« Er seufzte erneut.

»Auf jeden Fall waren die Sponsoren zufrieden und von Maria und ihrem Gebet sehr angetan.« Herr Schulte berichtete von den Nachbesprechungen, die er jeweils geführt hatte. »Von zweien haben wir sogar noch einen extra Betrag bekommen. Wir können dieses Mal etwas großzügiger sein.«

»Na immerhin.« Robert überreichte dem Bürgermeister die Liste mit den Ehrengästen. »Vor allem die Fünf hier solltest du noch einmal begrüßen.«

* * *

Schon den ganzen Tag war Sophie in Gedanken bei dem Ball, der heute über ihr im Schloss stattfinden würde. Von der Verlegung des Balles in die Stadthalle wusste sie nichts, auch weil der kleine Privatsender, den sie als einziges empfangen konnte, darüber nichts berichtet hatte. Im Gegenteil, sie wunderte sich eher, dass von den vielen Leuten, die jetzt sicher im Schloss waren, keine Geräusche zu ihr in den Keller kamen.

Hatte sie vorher noch erwogen, sich bemerkbar zu machen, war sie diesbezüglich jetzt entmutigt. Wenn sie die Leute nicht hörte, dann würden diese sie auch nicht hören.

Außerdem, so musste sie es sich eingestehen, hatte sie Angst vor der Welt da draussen. Ob sie ihr ihre Wandlung schon abnehmen würden, daran hatte sie große Zweifel. Die Schmach und die Demütigungen, die sicher auf sie warten würden, wollte sie sich noch ersparen.

Vor allem ihrem Vater wollte sie nicht begegnen, aber auch auf eine Begegnung mit Franz-Ferdinand oder Michael konnte sie verzichten. Sie beschloss, ihre wenigen Kräfte für andere wichtigere Sachen aufzuheben.

Vor sieben Jahren war die Welt noch in Ordnung gewesen. Damals hatte auch sie der Katerina zugejubelt, und wie jedes Mädchen in ihrem Alter hatte sie sich danach gesehnt, einmal selbst die Katerina spielen zu dürfen.

Sie war damals in dem Alter, welches für die Auswahl der Katerina in Frage kam, und es war für sie noch eine Überraschung, für die Rolle ausgewählt zu werden. Erst später kam ihre Arroganz dazu und ihre Meinung, dass sie als Baroness ein Anrecht auf diese Rolle hatte und dass sie nur zu Recht ausgewählt wurde. Heute konnte sie über ihre Anmaßung nur noch lachen.

Sie hätte liebend gern mit dem Handschuhtraining angefangen, doch ihre Mutter hatte ihr davon abgeraten, weil sie sich noch in der Phase der körperlichen Entwicklung befand. Aus diesem Grund wurde in der Regel erst ein Jahr vor dem Fest damit begonnen.

Doch das Problem stellte sich jetzt nicht mehr, Maria würde die Rolle spielen, und obwohl Sophie sie nur einmal erlebt hatte, war sie sich sicher, dass sie die Rolle mit Bravour spielen würde. Und Sophie empfand auch keinerlei Neid.

Immer wieder blickte sie zu dem Buch, welches ihr in der letzten Zeit so viel Trost gespendet hatte, sie gleichzeitig aber auch daran erinnerte, dass sie für ihre vielen Sünden zu büßen hatte.

Sie grübelte auch oft über die Gründe nach, die ihr Vater wohl gehabt haben musste, um sie auf so drastische Weise aus dem Verkehr zu ziehen. Natürlich war ihr klar, dass er damit das Fest retten musste, und sie musste sich eingestehen, dass dies auch wirklich nötig war.

Sie hatte jetzt lange genug darüber nachdenken können. Ohne ihren Unfall, oder was auch immer es gewesen war, wäre sie bei ihrer arroganten, ignoranten, selbstverliebten und verwöhnten Art geblieben. Sie war sogar kurz davor gewesen, mit Drogen anzufangen. Sie hätte das Fest ruiniert, darüber war sie sich jetzt sicher.

Vor ihr lagen die beiden Briefe, die sie schreiben wollte und zu denen sie sich immer wieder Notizen machte. Einer der Briefe war für Michael, bei dem sie sich vor allem dafür bedanken wollte, dass er ihr ihre Würde wiedergegeben hatte. Ohne ihn würde sie vermutlich immer noch auf der stickigen Bettwäsche liegen und mit verfilzten Haaren auf das Nichts warten, das sie erwartete.

Der andere Brief war für Maria. Es sollte ein besonderer Brief werden, deswegen wollte sie ihn morgen Vormittag schreiben, wenn die Katerina vor dem Altar stand. Darüber hatte der kleine Privatsender sie informiert. Natürlich hatte Maria ihr die Rolle weggenommen, aber andererseits war sie die Einzige, die sie jemals im Krankenhaus besucht hatte, und dafür wollte sie sich bedanken.
762. RE: Maria

geschrieben von ronn2321 am 25.05.17 14:42

Eine sehr interessante Geschichte die man immer weiter lesen kannst.

Bin auf die Fortsetzung gespannt.

763. RE: Maria

geschrieben von kurtbauer am 25.05.17 17:50

ich bin zwar erst bei Kapitel 6 Teil 5, trotzdem muss ich schon mal ausdrücken, wie mich diese Geschichte fasziniert.
Das ist so toll geschrieben und spannend und erotisch und ... ich weiß gar nicht was ich alles sagen soll!
fantastisch!
764. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunundvierzig

geschrieben von gag_coll am 26.05.17 07:29

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Neunundvierzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Bitte nehmen sie hier Platz.« Robert Greinert hatte Karl, Rosalie und die vier Brasilianer in die Ehrenloge gebracht und ihnen dort die Plätze angeboten. »Von hier hat man den besten Blick auf die Bühne.«

»Wir sagen ´Dankeschön´.« Karl wartete, bis Rosalie sich gesetzt hatte, dann nahm er ebenfalls Platz. Er blickte sich um. Neben ihnen hatten die vier Gäste auf Südamerika Platz genommen und der Zuschauerraum unter ihnen füllte sich zusehends. Doch der Bühnenvorhang war noch zugezogen.

»Ihre Freundin ist bestimmt aufgeregt.« Karl versuchte ein wenig Smalltalk.

»Oh ja«, Rosalie nickte. »Immerhin fiebert sie schon seit einigen Monaten auf diesen Tag hin.«

»Wenn ich richtig informiert bin, dann sollte ja eigentlich jemand anders die Rolle spielen?« Karl nutzte die Zeit, um noch ein paar Wissenslücken aufzufüllen.

»Ja, die Baroness von Harsumstal.« Rosalie lächelte. »Sie wurde bald nach dem letzten Fest ausgewählt.«

»Aber dann hatte sie den Unfall?« Karl gab wieder, was er schon wusste.

»Ja, und man weiß im Moment auch nicht, wo sie sich befindet.« Rosalie berichtete davon, dass ihr Vater der Baron verhaftet wurde.

»Damit war das Spiel ja ziemlich in Gefahr.« Karl lehnte sich zurück.

»Ja, so könnte man das sehen.« Rosalie lächelte wieder. »Aber Maria ist ja eingesprungen.« Sie blickte noch einmal zur Bühne, doch noch tat sich dort nichts.

* * *

»Warum hast du denn den Handschuh schon wieder abgelegt?« Hans war über seine Freundin sowohl erfreut als auch enttäuscht.

»Marias Mutter hat mir dazu geraten.« Andrea wusste, dass sie an dieser Stelle sogar die Wahrheit sagen konnte.

»Warum denn dass?« Hans war seine Stimmung anzuhören.

»Es kann leicht zu Muskelzerrungen kommen, wenn man ihn am Beginn gleich zu lange trägt.« Andrea erkannte immer mehr, wie groß das Opfer war, welches sie für Maria gebracht hatte. Und sie wusste auch, dass es genauso ungeschickt wäre, sie hierfür um Dankbarkeit zu bitten.

»Du denkst darüber nach, den Handschuh öfters zu tragen?« Hans glaubte, bei seiner Freundin zwischen den Zeilen etwas Atemberaubendes gelesen zu haben.

»Jetzt mache uns schöne Fotos vom Theater.« Andrea vermied es, auf diese spezielle Fragen zu antworten. Doch als sie erkannte, dass Hans nicht locker lassen würde, fügte sie ein leises ´Ja, es ist sehr aufregend´ hinzu.

* * *

Kaum war der Klang des Gongs verklungen, als sich der Vorhang öffnete und das Orchester mit der feierlichen Fanfare begann.

Dominiert wurde das Bühnenbild durch den großen Baldachin, der den Thron symbolisierte und dessen zwei reichlich verzierte Stühle sofort erkennen ließen, dass dort der Herzog mit seiner Frau sitzen würde.

Auf der bemalten Leinwand hinter dem Thron waren neben diversen Barock-Schmuckelementen auch ein paar Fenster aufgemalt und ließen scheinbar einen Blick in die Ferne zu.

Auf der vom Zuschauerraum aus gesehen auf der rechten Seite saßen die Musiker des Blasorchesters, die mit der sehr feierlichen Fanfare für die richtige Stimmung sorgten. Zu sehen war zwar nur die erste Reihe der Musiker, trotzdem passten die historischen Uniformen der Musiker sehr gut in das Bühnenbild.

Auf der gegenüberliegenden Seite hatten die Barock-Pfeiffer Platz genommen und warteten auf ihren Auftritt. Fritz hatte sich gerade noch mit dem Dirigenten des Orchesters über einige Details ausgetauscht.

Anna vermied es, ins Publikum zu blicken. Sie hielt ihren Blick fest auf die Noten des ersten Stückes gerichtet, und genauso widerstand sie der Versuchung, den Blick von Florian zu suchen, der einer der vorderen Reihen saß.

Von Links betrat nun das Herzogspaar mit seinem Gefolge die Bühne. Sie gingen erst vor zum Bühnenrand, um sich zu verbeugen, um sich dann unter dem Applaus des Publikums um den Thron zu versammeln. Erst als die Musik verklungen war, nahmen Herzog und Herzogin auf den beiden Stühlen Platz. Paul stand gleich neben dem Herzog und blickte tief beeindruckt auf den vollen Saal.

Maria und Doris saßen noch außer Sichtweite des Publikums neben dem Bühneneingang und warteten auf ihren Auftritt. Sie trugen die gleichen Ketten wie gestern bei der ´Heimkehr von der Schlacht´ und blickten fasziniert auf die Dekoration, die von der Seite gesehen gar nicht wie ein Thronsaal aussah.

Doris strahlte bis über beide Ohren, weil sie unerwartet noch einmal ihre Ketten vorführen durfte. Sie hatte dies erst vor kurzem erfahren, und Theo war extra noch einmal zur Schmiede gegangen, um sie zu holen.

Und ihre Rolle war einfach. Sie musste nur im ersten Bild neben der Katerina vor dem Thron stehen. Einen Text hatte sie nicht. Trotzdem war sie sehr glücklich, und Renate musste sie immer wieder an das traurige Gesicht erinnern, dass die Rolle eigentlich verlangte.

* * *

Als erstes trat der Bürgermeister an das Rednerpult, welches vorn links auf der Bühne aufgestellt war. Er wartete ab, bis der Applaus verklungen war, dann begann er mit seiner Rede.

»Ich freue mich außerordentlich, dass wir dieses Fest in der neuen Stadthalle feiern können. Dafür schon einmal ein herzliches Dankeschön an Alle, die das möglich gemacht haben.« Er blickte sich um. »Es sieht wirklich aus, wie in einem Thronsaal.« Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen.

»Des Weiteren möchte ich der ebenfalls neu gegründeten Theatergruppe danken, die den Ball dieses Jahr in etwas ganz besonders Festliches verwandeln. Und natürlich sind wir auch sehr dankbar, dass unsere beiden Musikgruppen sich bereit erklärt haben, das Fest wieder mit ihrer feierlichen Musik zu unterstützen, um ihm so den richtigen Rahmen zu geben.«

Wieder wartete er den Applaus ab. »Im Umgang mit Superlativen sollte man vorsichtig sein, denn sie nutzen sich schnell ab. Doch ich glaube, diesen Abend werden wir wirklich etwas ganz Außergewöhnliches zu sehen bekommen. Es hat sich schnell herum gesprochen, dass Maria Beller dieses Jahr die Originalhaltung tragen wird, und dafür wollen wir ihr vorab schon recht herzlich danken.«

Tosender Applaus brannte auf. Es war so stark, dass Renate sich genötigt sah, Maria einmal vor zum Bühnenrand zu schicken.

Erst jetzt, als Maria sah, dass das Publikum sogar aufgestanden war, begann sie zu ahnen, wie außergewöhnlich das Kunststück war, dass sie nun beherrschte, und es entschädigte für die Qualen, die sie auf dem Weg dahin in all den Jahren erlitten hatte.



»Es ist schon bekannt?« Karl Kollar war verwundert. »Ich dachte, das sollte geheim bleiben.«

»Seit der Generalprobe weiß es jeder. Landsbach ist in der Beziehung nur ein Dorf.« Rosalie lächelte. »So etwas geht rum wie nix.«

* * *

Nach dem Bürgermeister trat Robert Greinert an das Pult und begrüßte die Ehrengäste, die zahlreich erschienen waren.

Als sie ihren Namen hörte, zwang sich Maria, der Rede zuzuhören. Er begrüßte gerade ihre persönlichen Gäste, die eine außergewöhnlich weite Anreise hinter sich hatten. »Rosalie Dörtling ist mit ihren Eltern vor einiger Zeit nach Australien ausgewandert, trotzdem hat sie es nicht nehmen lassen, ihre beste Freundin bei ihrem Fest zu besuchen.«

Applaus setzte ein und Rosalie stand auf, als Herr Greinert deutlich sichtbar auf die Ehrentribüne blickte.

»Während ihres Aufenthaltes in Amerika hat Maria vier Brasilianer kennengelernt, und auch sie wollten bei unserem Fest unbedingt dabei sein.«

Betty sah, wie Sarah mit Hilfe von Juan aufstand, um sich ein wenig zu verbeugen, zumindest so weit, wie es das strenge Kleid erlaubte. Noch bevor sie sich zu Bertram umdrehen konnte, hatte sie dieser genauso angefasst und ihr beim Aufstehen geholfen. Sie war eigentlich noch dabei, sich über die Überrumpelung zu ärgern, doch dann erkannte sie, wie gut die Herren auf sie als hilflose Frauen aufpassten und sich um sie kümmerten.

Rosalie wandte sich an ihren Nachbarn. »Und sie, Herr Kollar?«

»Ich habe darum gebeten, nicht erwähnt zu werden.« Karl lächelte. »Schließlich habe ich keine solche Beziehung zu der Hauptdarstellerin.«

»Ich freue mich auch sehr, dass wir dieses Fest in der neuen Stadthalle feiern dürfen und möchte auch noch allen danken, die mitgeholfen haben, die Bühne in einen Thronsaal zu verwandeln.« Robert Greinert faltete seinen Zettel zusammen. »Und nun möchte ich an Herrn Kleinert übergeben, der als Moderator durch den weiteren Abend führen wird.«

* * *

Nachdem Herr Kleinert sich vorgestellt hatte, gab er einen kurzen Überblick über die historischen Ereignisse, die zu dem Fest geführt hatten. »Über die Wurzeln unseres Festes gibt es verschiedene Meinungen. Fest steht, dass es irgendwann im dreizehnten Jahrhundert eine Auseinandersetzung zwischen dem Herzog Franz von Schönborn und dem Grafen von Greiffenclau gegeben hatte, bei der der Graf verloren hatte.«

Er drehte sich zur Bühe und gab dem Bühnenpersonal das verabredete Zeichen, gleich darauf schloss sich der Vorhang.

»Was sich damals ereignet haben könnte, dass möchte ihnen jetzt unsere engagierte Theatergruppe vorführen.« Er ging zu dem Stuhl, der rechts vor dem Vorhang aufgestellt war und mit einem Scheinwerfer beleuchtet war und nahm darauf Platz. Es entstand der durchaus gewollte Eindruck einer Märchenstunde mit Erzähler.

* * *

»Ah, hier sind sie.« Robert Greinert war sichtlich nervös, als er Andrea und Hans gegenüber trat. »Es tut mir leid, dass ich sie so überrumpeln muss, aber wir haben einen ganz wichtigen Punkt in unseren Vorbereitungen übersehen.«

»Und der wäre?« Wie üblich übernahm Andrea das Reden. Sie war schon froh, dass ihr Freund, der Fotograf überhaupt mitgekommen war. Er würde wesentlich mehr Erfolg haben, wenn er an seiner Umwelt und den Mitmenschen etwas mehr Interesse zeigen würde.

»Wir haben uns überlegt, dass wir über Maria und ihren besonderen Auftritt einen Bildband in Auftrag geben möchten.« Robert holte tief Luft. »Und dafür brauchen wir viele Fotos vom Fest, von Maria und besonders natürlich von dem Gebet, und wenn sie es uns erlaubt, auch von dem besonderen Korsett, welches sie trägt.«

»Sie meinen von dem Venuskorsett?« Andrea hatte natürlich sofort die Möglichkeiten erkannt, die sich damit boten, und sie stellte die Frage nur, um unauffällig auch den Ehrgeiz ihres Freundes zu wecken.

»Ja, genau das.« Robert lächelte verlegen. »Viel dafür zahlen können wir aber nicht.« Robert hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als Hans schon seine Kamera zur Hand genommen hatte und sich nach einem guten Platz für die Aufnahmen umblickte.

»Was bedeutet ´nicht viel´? Andrea musste sich wie üblich um die finanziellen Aspekte kümmern.

Robert nannte die Summe, die sie im Vorstand gerade noch verabredet hatten.

Andrea reichte ihm die Hand. »Damit sind wir einverstanden.« Es waren immerhin gut drei Monatsgehälter, wenn man ihre beiden Einkünfte zusammenrechnete.

* * *

»Wir befinden uns im Thronsaal der herzöglichen Burg. Der Herzog berät sich mit seinen Ministern über die zurückliegende Schlacht. Wie es damals üblich war, wurde die Tochter des Grafen, die Comtess Katerina von Greiffenclau als Geisel mit in die herzögliche Burg geholt, um so den Frieden abzusichern.« Herr Kleinert ließ das dicke Buch, das er in den Händen hielt, auf seinen Schloß liegen hatte sinken und gab das Zeichen. Der Vorhang öffnete sich.

»Nun, mein lieber Kriegsminister? Seid ihr mit dem Ausgang der Schlacht zufrieden?« Der Herzog blickte den uniformierten Herrn zu seiner Rechten an.

»Ja, Hoheit.« Der Minister verbeugte sich. »Die neuen Waffen haben sich bewährt.«

»Sie waren auch teuer genug.« Der Herr zu seiner Linken meldete sich zu Wort. »Verzeiht Hoheit, aber das Geld hätte man auch sinnvoller ausgeben können.«

»Das ist halt Politik, mein lieber Finanzminister.« Der Herzog ließ den Einwand nicht gelten. »Ich konnte mir die Eskapaden diees Grafen nicht mehr länger gefallen lassen.«

»Und wer soll sich jetzt um die Geisel kümmern?« Der Kriegsminister blickte aus dem Fenster auf den Hof. »Meine Truppen warten auf mich. Wohin sollen wir die Geisel bringen?«

»Ich werde sie meinem Sohn übergeben. Dann kann er auch mal etwas Nützliches tun.« Er wandte sich an den dritten Herrn, der etwas abseits stand und durch seine einfach Kleidung als Diener zu erkennen war. »Holen sie bitte meinen Sohn. Er ist sicher auf dem neuen Armbrustschießstand.«

Der Diener verbeugte sich, dann verließ er den Raum.



Kurz darauf kam der Prinz mit zackigen Schritten in den Saal. Er verbeugte sich kurz vor dem Herzog, dann lächelte er. »Vater, ihr habt mich rufen lassen?«

Der Herzog schien noch einmal kurz zu überlegen. »Ich muss das Reich verlassen, um mit dem Grafen einen guten Frieden auszuhandeln. Du wirst dich um die Geisel, die Comtess Katerina kümmern, ich vertraue sie dir an.«

Der Prinz verdrehte die Augen.

»Ich weiß schon, ihr wollt lieber mit der Armbrust herumtollen und auf die Jagd gehen. Aber jetzt werdet ihr die Geisel in der Stadt bekannt machen. Je mehr Leute sie kennen und davon wissen, desto besser ist das für unsere Zukunft.«

Der Prinz wollte etwas antworten, doch der Herzog schnitt ihm das Wort ab. »Bringt die Comtess herein.«

Gleich darauf betrat die Comtess Katerina zusammen mit ihrer Dienerin den Thronsaal. Beide trugen die Ketten, die sie deutlich als Gefangene kennzeichneten. Sie machten trotzdem einen stolzen und selbstbewussten Eindruck.

Der Herzog wandte sich an die Geisel. »Meine liebe Comtess Katerina von Greiffenclau. Ich werde jetzt euren Vater aufsuchen, um ihm den Frieden zu diktieren. Ich hoffe, ihr werdet euch bei uns wohlfühlen.«

Die Comtess hob einmal ihre Ketten und sagte stolz »So wohl man sich als Gefangene in Ketten fühlen kann. Wollt ihr mir nicht den Respekt erweisen, mir und meiner Dienerin die Ketten abzunehmen?«

»Das kann ich leider nicht tun, werte Comtess, denn um das Ende der Feindseligkeiten und unseren Sieg zu proklamieren, muss ich euch als Unterworfene zeigen.« Der Herzog machte eine Handbewegung in Richtung des Prinzen. »Mein Sohn wird sich um euch kümmern und euch bei uns im Reich vorstellen. Er wird versuchen, euch eure Rolle so wenig unangenehm wie möglich zu machen.«

Der Vorhang schloss sich und die Musik der Barock-Pfeiffer ertönte.

* * *

»Die Comtess wurde zunächst bei den Zünften vorgestellt.« Herr Kleinert las aus dem Buch vor. »Das haben wir gestern auf dem Marktplatz gesehen.«

Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. »Nach den Handwerkern wurde die Katerina auch bei den Honoratioren der Stadt vorgestellt. Schauen wir nun, was sich damals bei den reichen Kaufleuten abgespielt haben könnte.«

Wieder öffnete sich der Vorhang und zeigte einen Herrn, der an einem großen Schreibtisch saß und der offensichtlich mit dem Zählen von Geld beschäftigt war.

Es klopfte.

»Tretet ein.« Der Herr blickte auf. »Was gibt es, Johann?«

»Der Herzog schickt seinen Sohn herum und lässt überall die neue Geisel bekannt machen.« Der Diener blickte kurz aus dem Fenster.

»Geisel?« Der Kaufmann wunderte sich.

»Er hat doch den Krieg geführt gegen den Grafen von Greiffenclau geführt, und dessen Tochter ist jetzt bei uns.« Der Diener informierte über den unfreiwilligen Gast des Herrschers.

»Ach ja, der Graf.« Der Kaufmann nickte verständnig. »Er hat einmal auch einen Handelszug von mir überfallen. Es ist gut, dass er jetzt zur Ordnung gerufen wurde.«

»Der Krieg ist beendet und der Sieger hat sich zur Absicherung des Friedens die Tochter als Geisel mit in die Stadt genommen.« Der Diener zeigte auf die Tür. »Jetzt möchte er sie überall bekannt machen.«

»Dann lasst sie eintreten.« Der Herzog stand auf.

Der Diener drehte sich zur Tür und ging hinaus. Gleich war seine Stimme zu hören. »Der Herzog bittet in Gestalt seines Sohnes um eure Aufmerksamkeit.« Er ließ den Prinz und Comtess eintreten.

»Nun, Hoheit, was führt euch zu mir?« Der Kaufmann blickte gespannt auf den Vertreter des Herzogs.

»Darf ich euch die Comtess Katerina von Greiffenclau vorstelllen? Sie ist für einige Zeit Gast bei uns.«

»Eine sehr reizende Begleitung habt ihr.« Er kam von seinem Schreibtisch nach vorn und gab der Comtess einen Handkuss.

Wieder schloss sich der Vorhang und die Musik ertönte.

* * *

»Die ständige Nähe zwischen Prinz und Comtess bewirkte, dass sie sich immer näher kamen, und der Herzog war zunächst auch von der Entwicklung sehr positiv angetan, denn die Armbrust und die wilden Freunde des Prinzen waren vergessen.« Herr Kleinert las vor. »Doch Tratsch und Gerüchte gab es damals schon.« Er ließ das Buch sinken und blickte auf die Bühne, wo sich der Vorhang wieder öffnete.

»Nun, mein lieber Minister, ihr habt um eine Audienz gebeten?« Der Herzog saß mit zufriedener Miene auf dem Thron und empfing seinen Haushofmeister.

»Hoheit, seit einigen Tagen gibt es gewisse Gerüchte in der Stadt.« Er war deutlich zu sehen, dass der Haushofmeister verlegen war.

»Die Friedensverhandlungen laufen gut. Die Comtess wird doch hoffentlich gut behandelt?« Der Herzog blickte auf. »Welche Gerüchte?«

»Euer Sohn kümmert sich sehr gut um die Geisel, doch die ständige Nähe tut ihnen nicht gut.« Der Minister druckste etwas herum.

»Redet bitte Klartext.« Der Herzog horchte auf. »Was ist los mit den beiden?«

»Man hat sie schon mehrfach Hand in Hand spazieren gehen sehen.« Der Minister begann zu schwitzten. »Eine Dienerin behauptet, sie hätte sogar schon einen Kuss beobachtet.«

»Ich möchte keine familiäre Verbindung zu den Greiffenclaus.« Die Miene des Herzogs verdunkelte sich. »Habt ihr einen Vorschlag, was man machen könnte, um das zu unterbinden?«

»In zwei Wochen ist der Ball, auf den ohnehin alle hinfiebern.« Er machte eine bewusste Pause. »Wie wäre es, wenn euer Sohn auf diesem Ball seine Verlobung bekannt gibt?«

»Und wie wollt ihr verhindern, dass er sich die Geisel als Braut aussucht?« Dem Herzog schien der Vorschlag mit der Verlobung zu gefallen. »Wegen ihres Ranges kann ich sie nicht vom Ball ausschließen.«

»Aber ihr könntet verhindern, dass sie in der Lage ist, den Verlobungstanz zu tanzen.« Ein vorsichtiges Lächeln erschien auf dem Gesicht des Ministers.

»Wie wollt ihr das erreichen?« Der Herzog klang interessiert.

»Ich habe eine mir sehr ergebene Schneiderin, die mir entsprechende Vorschläge unterbreitet hat. Einer davon ist das ´Gebet auf dem Rücken´.« Er grinste. »Den Tanz ohne die Arme tanzen zu müssen, dürfte so gut wie unmöglich sein.«

»Ich verlasse mich auf euch. Macht bitte alles, was ihr für richtig haltet.« Er machte eine winkende Handbewegung. »Ich möchte meinen Sohn sprechen.« sagte er zu der Dienerin, die näher gekommen war.



»Vater, ihr wolltet mich sprechen?« Der Prinz trat vor den Thron.

»Mein Sohn, ich habe gewisse Gerüchte über euch und die Katerina gehört.« Er holte tief Luft. »Sie ist unsere Geisel und muss entsprechend behandelt werden.«

»Jawohl, Vater.« Der Prinz verbeugte sich.

»Versprecht ihr mir, dass ihr keine Gefühle für sie hegt?« Der Herzog gab sich energisch.

Doch der Sohn blieb das Versprechen schuldig. »Verzeiht Vater, aber die Pflicht ruft mich.« Mit stolzer Miene verließ er die Bühne.

»Der Herzog war gegen die Verbindung, und so mussten die beiden Verliebten eine Lösung finden, mit der sie glücklich werden und sich vor allem gegen die bösen Intrigen des Vaters stellen konnten.« Herr Kleinert ließ sein Buch sinken, der Vorhang schloss sich und wieder ertönte die Musik.

* * *

»Es war ein grausames Schicksal, welches auf die Comtess in Form der besonderen Armhaltung wartete.« Herr Kleinert blickte wieder in sein Buch. »Doch eine Dienerin hatte Mitleid mit der Geisel.«

Der Vorhang öffnete sich und zeigte ein kleines rundes Zimmer, in dem nur ein Sofa stand. Der Blick aus dem Fenster ließ vermuten, dass es das oberste Zimmer eines Turmes war. Der Prinz saß auf dem Sofa und hielt die Comtess im Arm. Sie schwiegen.

Es waren Schritte auf einer Treppe zu hören, dann ein Klopfen. Nach dem Herein betrat eine etwas atemlose Dienerin das kleine Turmzimmer. »Verzeiht Hoheit, wenn ich euch störe, aber ich habe euch etwas Wichtiges mitzuteilen.« Die Dienerin keuchte deutich hörbar.

Der Prinz blickte sich etwas missmutig um. Es war sehr ungebührlich vom Personal, die Herrschaften zu stören. Seine Miene zeigte dies deutlich. »Was gibt es denn?«

»Der Ball in zwei Wochen.« Die Dienerin keuchte immer noch. »Euer Vater möchte, dass ihr euch verlobt.«

»Das wissen wir.« Der Prinz war genervt. »Deswegen seid ihr doch nicht heraufgekommen, oder?«

»Er hat mich ausgewählt, der Comtess das Gebet auf dem Rücken anzulegen.« Ihre Stimme wurde lauter. »Und eine Schneiderin wird ein dazu passende Kleid nähen.« Sie drehte sich um und versuchte, mit ihren Armen die Haltung anzudeuten, die der Herzog ausgewählt hatte. Doch gerademal ihre Handflächen berührten sich.

Es war für einige Zeit still im Zimmer.

»Danke für die Botschaft.« Der Prinz machte eine Handbewegung. »Ihr könnt dann gehen.«

Die Dienerin machte einen Knicks, dann verließ sie das Zimmer. Gleich darauf waren ihre Schritte auf der Treppe des Turmes zu hören.

Die Comtess blickte den Prinzen mit Tränen in den Augen an. »Was machen wir jetzt?«

Der Vorhang schloß sich.
765. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 26.05.17 08:35

" * NN EE II NN * *kreisch*

Du kannst doch nicht mittendrin aufhören.......

Was sollen denn meine Fingernägel bis zur nächsten Fortsetzung aushalten "

Zeige Gnade und setze schnell den nächsten Teil ein!
Bitte bitte bitte *dackelblick*

Ein schönes MLWE
Gruß Gozar
766. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 26.05.17 14:02

Das ist gag-coll´s Art der psychischen Folter. Immerhin dauert es halt so noch eine gewisse Zeit bis zum Ende: Vielen Dank für´s Schreiben und euch allen ein schönes Wochenende.
767. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfzig

geschrieben von gag_coll am 29.05.17 05:52

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

»Dank der Dienerin konnte sich das Paar auf die Intrige vorbereiten. Sie haben jede freie Minute genutzt, um sich auf die so grausame Armhaltung vorzubereiten und den Verlobungstanz ohne Arme zu üben.« Herr Kleinert ließ sein Buch kurz sinken und blickte ins Publikum. »In der damaligen Zeit gab es noch nicht viel Schriftverkehr und nur ganz wenige Sachen wurden mit einer Urkunde fixiert. So ein Verlobungstanz hatte damals etwas sehr Verbindliches. Es wurde wie ein Vertrag angesehen und durch die anderen anwesenden Adeligen bezeugt.«

Der Vorhang öffnete sich und gab den Blick frei auf die Gemächer der Comtess. Neben dem Bett stand eine Puppe und trug ein ärmelloses Kleid.

»Das ist also das Kleid, das die Katerina tragen wird?« Der Herzog stand neben der Puppe und begutachtete das Kleid.

»So ist es, Hoheit.« Die Schneiderin trat hinzu und erläuterte ihre Arbeit. »Man wird die Arme überhaupt nicht mehr sehen können, und sie hat trotzdem die von euch so gern gesehene schmale Taille.«

»Eine sehr gute Arbeit.« Der Herzog war beeindruckt. »Ich werde mich bei euch erkenntlich zeigen.«

Gemeinsam verließen sie das Zimmer.



»Kommt herein und bringt die Geisel mit, Ehrwürdiger Vater.« Die Dienerin betrat das Zimmer der Katerina und blickte sich um.

Ein Mönch kam herein, und hinter ihm betrat die Katerina den Raum. Es war deutlich zu sehen, dass sie geweint hatte.

»Ich danke euch, Vater, dass ihr mir die traurige Pflicht abnehmen wollt.« Die Dienerin blickte zu dem kleinen Kreuz, welches an der Wand hing.

»Es war richtig von euch, mit euren Sorgen zu mir zu kommen.« Der Mönch blickte zwischen der Comtess und der Dienerin hin und her.

Die Comtess schluchzte.

»Es ist eine grausame Haltung, zu der ihr gezwungen werdet.« Die Dienerin blickte die Comtess mitleidig an.

»Macht sie bitte bereit.« Der Mönch griff in die Tasche seiner Kutte und holte einige Riemen heraus.

Die Dienerin trat an die Katerina heran und nahm ihr das Tuch von den Schultern.

Der Mönch trat zu ihr und ergriff ihre Arme.

Die Comtess ließ kleine Schmerzensschreie von sich hören, als der Mönch ihre Arme langsam auf dem Rücken nach oben zog.



Maria stand mit dem Rücken zum Zuschauerraum, so dass das Publikum freien Blick auf ihre Arme hatte. Je näher sich ihre Ellenbogen auf dem Rücken näherten, desto leiser wurde es im Publikum. Alle starrten wie gebannt auf die grausame Prozedur, und Maria konnte sich darauf konzentrieren, möglichst glaubwürdig zu jammern.

Erst als Paul alle Riemen befestigt hatte und gemäß seiner Rolle zurücktrat, brannte auf einmal tosender Applaus auf und der Vorhang schloss sich.

Der Applaus war so stark, dass sich der Vorhang gleich darauf noch einmal öffnete, und eine diesmal strahlende Maria trat vor das Publikum. Sie drehte sich noch einmal um ihre eigene Achse und genoss dabei die vielen Jubelrufe.

Beim zweiten Vorhang traten auch die anderen Schauspieler dazu und Herr Kleinert kündigte die Pause an.

* * *

Nach der fulminanten Schlussszene war Maria zusammen mit den anderen Darstellern gleich wieder auf dem Weg in die Garderobe. Renate hatte dazu geraten, sich nicht unter das Publikum zu mischen, um die Spannung des Stückes halten zu können.

»Da wären wir.« Paul hielt die Tür zum Garderobengang der Stadthalle auf. »Wir werden schon erwartet.«

Notar Schrumm stand im Gang und blätterte in einer Mappe. Neben ihm stand seine Tochter Sonja und blickte fast etwas gelangweilt auf die Gruppe, die sich auf dem Weg in die Solistengarderobe befand.

»Sonja Schrumm? Was machst du denn hier?« Rosalie blieb vor Erstaunen stehen.

»Rosalie? Rosalie Dörtling?« Sonjas Miene wandelte sich zunächst in Erstaunen. »Wir haben uns ja eine Ewigkeit lang nicht gesehen. Was machst du hier?«

»Ich begleite Maria bei ihrem Fest.« Rosalie war sehr erfreut, ihre alte Schulfreundin wiederzusehen.

»Ich störe die Wiedersehensfreude ja nur sehr ungern, aber wir haben einen wichtigen Auftrag zu erledigen.« Notar Schrumm begrüßte die Anwesenden. »Könnt ihr euch bitte nach dem Fest verabreden?«

Sonja wurde etwas rot. »Das machen wir.«



Gemeinsam betraten sie die Garderobe. Dort wartete schon die Schneiderin zusammen mit ihrer Tochter. Das Ballkleid war auf einer Schneiderpuppe drapiert, und sowohl Judith als auch Frau Bartels blickten sehr erwartungsvoll auf Maria.

Maria wartete, bis Paul sie von den Riemen befreit hatte, dann begann sie sich ihr Kostüm auszuziehen.

»Aber das ist ja ein Keuschheitsgürtel.« Judith war sehr verwundert, als Marias stählerne Unterwäsche zum Vorschein kam. »Warum musst du so etwas tragen?«

Maria erkannte sofort, das sie direkt antworten musste. Sie legte ihre Bluse beiseite und ging auf Judith zu. »Das ist sogar ein Keuschheitsensemble.« Sie legte ihren Hände demonstrativ auf die beiden Halbkugeln, die ihre Brüste abschirmten. »Das gibt mir Schutz.«

Judith war immer noch sprachlos. »Warum... Und wer?«

»Maria ist mit dem Gebet sehr hilflos.« Paul hatte das Gefühl, dass er eingreifen beziehungsweise seiner Freundin helfen musste. »So sind wir sicher, dass sie keiner ungebührlich berühren kann.«

»Und die Schlüssel?« Judith hatte die verschiedenen kleinen Vorhängeschlösser entdeckt. »Wer hat die?«

»Es wäre ja nicht gut, wenn Maria die selbst bei sich tragen würde.« Paul hatte sich schon ein paar Antworten bereit gelegt. »Die Schlüssel habe ich.«

»Und du bist ihr Freund.« Judith war immer noch sehr verwundert.

»Können wir dann weitermachen?« Roswita ließ ihre Tochter zwar gern ihre Entdeckungen machen, doch jetzt galt es noch einen anderen Auftrag zu verfolgen.



Auch Notar Schrumm hatte sich zunächst höflich weggedreht, doch jetzt hatte er das Gefühl, dass es nicht weiter verletzend sein würde, wenn er Maria in der Stahlunterwäsche zu Gesicht bekam. »Es sieht aus wie ein etwas größerer Bikini«, flüsterte er zu seiner Tochter, die ihrerseits Marias Dessous sehr interessiert musterte.

»Wie lange tragen sie das?« Sonja war sichtlich fasziniert.

»In den letzten Tagen eigentlich rund um die Uhr.« Es war Marias etwas unangenehm, wegen ihrer Unterwäsche so im Mittelpunkt zu stehen. Sie selbst hatte den Stahl schon lange als etwas ganz Normales akzeptiert, auch weil er sie nur geringfügig behinderte und vor allem, weil er sich sehr gut tragen ließ. »Können wir dann mit den Stiefeln weiter machen?« Sie klang ein wenig genervt.

»Natürlich.« Sonja trat wieder zurück und blickte zu Paul, der die Stiefel schon in die Hand genommen hatte.

»Das sind also Marias Ballettstiefel?« Herr Schrumm trat hervor und sah sehr interessiert zu, wie Paul Maria langsam und sorgfältig die Stiefel anzog.

Paul schluckte ein wenig, als er sah, dass Sonja ihm jeweils ein Schloss reichte. »Wo sind die Schlüssel?«

»Die liegen bei mir im Tresor.« Herr Schrumm lächelte ein wenig verlegen.

»Aber Maria ist doch ohnehin völlig hilflos. Sie kann sich die Stiefel doch gar nicht ausziehen.« Es war Paul anzuhören, dass er über das Anliegen leicht empört war.

»Aber sie könnte dich bitten, ihr die Stiefel auszuziehen.« Frederike lächelte. »Und du würdest es auch machen.«

»Ja, das stimmt.« Paul schluckte einmal, dann lächelte er verlegen. »Aber warum ist es denn so wichtig?«

»Darf ich euch das später erklären?« Frederike wartete ab, bis Paul die beiden Stiefel verschlossen hatte, dann reichte sie ihm die Riemen für das Gebet.

»Ich finde es erstaunlich, dass man die Stiefel überhaupt absperren kann.« Judith war verwundert. »Warum eigentlich?«

»Es geht um eine juristisch sichere Nachweisbarkeit.« Die Tochter des Notars klang auf einmal sehr wichtig. »Es geht um viel...« Sie hielt inne, denn sie merkte, dass sie fast etwas verraten hätte, was noch geheim bleiben sollte. »Es geht um eine ganz wichtige Sache.« Sie lächelte etwas verlegen.



»Obwohl ich es schon einmal gesehen habe, bin ich doch sehr erstaunt.« Notar Schrumm war näher getreten und bestaunte Marias Armhaltung, als Paul mit den vier Riemen für das Gebet fertig war. »Sie sind eine außergewöhnliche Frau.«

»Danke.« Maria bedankte sich höflich. »Ich habe es auch lange geübt.«

Frederike reichte Paul das Venuskorsett. »Bitte mach weiter.«

»Also schummeln ist damit nicht mehr möglich.« Rosalie war näher getreten und sah zu, wie Marias Arme nach und nach unter dem Korsettstoff verschwanden. »Was ist, wenn du dich jetzt kratzen musst, weil es juckt?«

»Dann bitte ich Paul, mich dort zu kratzen.« Maria lächelte verträumt. »Manchmal muss ich ihn nur ansehen und er weiß, was mich gerade bewegt.«

»Ich habe einen Kurs ´Von den Augen ablesen´ belegt.« Paul lachte. »Das Geld war es wirklich wert.«



»Das ist das Kleid, welches Frau Beller gleich tragen wird?« Herr Schrumm war an die Schneiderpuppe herangetreten und hatte die Arbeit der Schneiderin begutachtet.

»So ist es.« Roswita trat hinzu. »Es ist eine Maßanfertigung.«

»Verständlich.« Herr Schrumm ließ ein kurzes Lächeln sehen, dann wurde er wieder ernst. »Wie wird das Kleid geschlossen?«

»Maria hat sich vorn einen Reißverschluss gewünscht. Dafür ist das Kleid hochgeschlossen gearbeitet.« Roswita führte den Verschluss vor.

Herr Schrumm begutachtete den Verschluss so genau, dass seine Tochter aufmerksam wurde. »Was schaust du denn da so aufmerksam?«

»Das mit dem Versiegeln wird aber schwierig.« Herr Schrumm zeigte auf die Mappe, die er auf den Schminktisch gelegt hatte.

Sonja sah ihn verwundert an. »Ist das wirklich notwendig?«

»Es gibt einen geheimen Zusatz zu dem Testament, und in dem werden ganz genaue Vorgaben gemacht.« Herr Schrumm sprach leise.

»Meinst du nicht, dass du ihrem Wort vertrauen kannst?« Sonja fühlte, dass sie Maria diese Demütigung ersparen musste. »Notfalls begleite ich sie auf die Toilette.«

Der Notar blickte seine Tochter lange an. Schließlich gab er der Schneiderin ein Zeichen. »Beginnen sie mit dem Kleid.«

Sonja war sichtlich erleichtert.



»Warum soll das Kleid denn versiegelt werden? Und was hat es mit diesem Testament auf sich?« Mrs. Potter hatte bisher nur zugesehen, wie Maria langsam in das Kleid gesteckt wurde. Sie stand neben Frederike und hatte nur geflüstert.

Marias Mutter lächelte, dann beugte sie sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr ebenfalls etwas ins Ohr.

»Das ist natürlich ein guter Grund für alles.« Es war Marias Erzieherin anzusehen, wie sehr sie von der Information beeindruckt war.

»Bist du fertig, mein Schatz?« Frederike blickte zu ihrer Tochter. Zu ihrer Erleichterung schien sie von der Erwähnung des Testaments nichts mitbekommen zu haben. Zumindest hatte sie diesbezüglich keine Regung gezeigt.

»Von mir aus kann der Ball jetzt los gehen.« Maria blickte in den großen Spiegel über dem Schminktisch. »Es sieht toll aus.« Sie drehte sich ein wenig.

»Warte einen Moment.« Paul erkannte sofort, dass der Standspiegel auf Rollen jetzt wieder gute Dienste leisten konnte.

Doch Julia war schon dabei, den Spiegel hinter Maria zu rollen. »Bitte schön.«

»Danke.« Paul und Maria bedankten sich bei der so aufmerksamen Schneiderstochter.

* * *

Gerade hatte der Gong zum zweiten Mal geläutet. Damit wurden alle Darsteller daran erinnert, dass es nur noch fünf Minuten waren, bis der zweite Teil und damit der Ball beginnen würde.

Renate ging zu den einzelnen Garderoben, klopfte an und bat die Beteiligten, sich bereit zu machen.

Die Katerina und die Darstellerinnen der anderen Edeldamen führte sie an den Bühnenrand, wo einige vom Publikum aus nicht sichtbare Stühle standen. »Es dauert noch einen Moment, bis ihr dran seid, und so lange könnt ihr euch hier noch setzen, wenn ihr möchtet.« Dabei blieb ihr Blick immer wieder an Maria hängen. »Ich bewundere dich, dass du in solchen Stiefeln laufen kannst.«

Maria lächelte ihre Betreuerin an. »Es ist einfacher als es aussieht.«

»Ich finde diese Stiefel auch sehr faszinierend.« Amelie saß neben ihr und blickte gebannt auf Marias Stiefel, von denen jetzt etwas mehr zu sehen war. »Wenn ich sie trage, bin ich sehr unbeholfen.«

»Alles eine Frage der Übung.« Maria lächelte ein wenig verlegen, weil sie nicht wusste, wie viel sie von sich erzählen konnte.

Auch Sonja, die Tochter des Notars, stand mit ihrem Vater hinter der Bühne. Sie sagte zwar nichts, doch ihrem Blick war zu entnehmen, wie sehr sie von Marias Leistungen beeindruckt war.



»War es schwer, dich von den Ketten zu trennen?« Maria blickte auf Doris, die gerade neben ihr Platz genommen hatte. »Du trägst jetzt ja nur normalen Schmuck.«

»Er hat ihn mir geschenkt.« Doris lächelte sehr glücklich, doch auf einmal stutzte sie. »Wenn es nicht einmal dir auffällt?«

»Was sollte mir auffallen?« Maria blickte auf die Armbänder, die Doris´ Handgelenke schmückten.

»Ich bin genauso gefesselt wie sonst auch.« Ihre Stimme wurde leiser. »Schau mal.« Sie hob ihren rechten Arm. »Es gibt keinen Verschluß, den ich bedienen könnte. Er hat den Schmuck abgeschlossen.«

Jetzt erkannte Maria, dass von dem Armreif eine gleich aussehende Kette von ihrem Handgelenk zu ihrer Taille führte. Jetzt erkannte sie den Sinn des besonderen Schmuckes. »Aber das ist doch nur Spielzeug, oder?«

»Das habe ich auch erst gedacht.« Doris blickte verträumt in Richtung des Publikumsraum. »Aber er hat es aus vergoldetem Titanstahl machen lassen. Sehr robust.«

»Faszinierend.« Maria lächelte.

»Das ist noch nicht das Schönste.« Doris´ Augen leuchteten.

Maria blickte die Schmiedetochter nur an.

»Meine Mutter hat nichts dagegen, dass ich dieses Schmuckensemble auch während meiner Hochzeit trage.« Sie strahlte über das ganze Gesicht.

* * *

Claudia Wetzler stand während der Pause bei ihren Eltern. Auch sie hatte trotz ihrer eigenen Leistung als Darstellerin der Dienerin Maria begeistert applaudiert, denn sie war von ihrer Leistung ehrlich beeindruckt.

Außerdem ahnte sie, dass sie seit den ursprünglich so demütigenden Ereignissen vom Vortag auf ihre bisherigen Freundinnen keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen hatte.

Denn jetzt fühlte sie sich seltsam befreit, und sie war fest entschlossen, Maria gegenüber wie eine Freundin aufzutreten, auch wenn diese ihr Angebot bisher nicht angenommen hatte.

Sie hatte in der Nacht lange wach gelegen und es war ihr klar geworden, dass sich mehrere Jahre der Demütigung nicht einfach durch eine Entschuldigung wegwischen lassen würden.

Der Auftritt auf dem Marktplatz hatte auch bewirkt, dass Claudia über ihre eigene Zukunft nachgedacht hatte, und es war ihr klar, dass sie sich ändern musste, wenn sie eines Tages einmal die Brauerei ihres Vater wirklich übernehmen sollte.

Der Gong ertönte zum dritten Mal.

* * *

»Der große Tag war gekommen. Heute fand der seit langem angekündigte Ball statt, auf dem der Prinz sich seine Braut aussuchen sollte. Von überall her waren die adeligen Familien eingeladen, die eine oder mehrere Töchter im heiratsfähigen Alter hatten.« Herr Kleinert ließ kurz sein Buch sinken. »Doch der Herzog hatte ein Problem. Er konnte seine Geisel wegen ihre Ranges nicht von dem Ball ausschließen, doch er wollte verhindern, dass sie als Braut in Frage kam.« Er blickte zum Vorhang, der gleich danach aufgezogen wurde.



»Nun, mein lieber Zeremonienmeister, ist alles bereit für den Ball?« Der Herzog blickte von seinem Thron in den noch leeren Saal.

»Es ist alles so vorbereitet, wie Hoheit es sich gewünscht haben.« Er griff zu einer Schriftrolle und schien darin zu lesen. »Die Comtess trägt das Kleid, welches ihre Arme verbirgt, und sie wird auch verschleiert sein. Aber sind Hoheit sicher, dass das ausreicht?«

»Ich kann sie von dem Ball nicht ausschließen.« Der Herzog wirkte nachdenklich. »Außerdem hat mir der Tanzmeister versichert, dass die Tänze ohne Arme nicht zu tanzen sind.«

»Ich habe mir erlaubt, mein Mündel genauso zu kleiden wie die Comtess.« Der Zeremonienmeister grinste verwegen. »Dann besteht auch noch Verwechslungsgefahr.«

»Wenn es hilft, die Verbindung zu verhindern...« Der Herzog zog seine Stirn in Falten. »Ich musste auch ihren Vater eingeladen, und ich möchte auf keinen Fall mit ihm verwandt werden.«

»Das wird nicht passieren, Hoheit. Ganz sicher nicht.« der Zeremonienmeister rollte seine Schriftrolle zusammen und verließ den Thronsaal.

Der Herzog stand vom Thron auf und ging langsam hinter. »Euer Wort in Gottes Ohr.« Er seufzte.

Der Vorhang schloß sich.
768. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 29.05.17 21:04

Hallo cag_coll.

Tolle Fortsetzungen. Machen immer wieder Spaß beim lesen.

Auch finde ich es toll, das du dir 2-3 Tage Zeit läst, bevor du einen Teil veröffentlichst. So hat man doch länger was von Maria & Co. Auch wenn ich gerne jeden Tag einen neuen Teil lesen würde.

Aber es gibt da doch ein paar Dinge die ich seltsam finde, weil mir auch irgendwie die nötigen ERklärungen nicht einleuchten.


1.
Du hast den Baron verhaften lassen, aber warum erzählst du nichts mehr von ihm? Mich würde ja mal interessieren, wie es ihm geht und ob er und wenn ja, unter den verhören leidet.

2.
Wie kommt dieser Knilch Franz-Ferdinant darauf, das ihm das Geld ausgezahlt wird. Da die Festleitung doch jetzt, wenn auch nur Komissarisch, von einem andern gemacht wird. Er müßte doch jetzt eigentlich aussen vorstehen. Wie soll das funktionieren?

3.
Naja, Claudia ist auch noch so ein Fall wo ich noch nicht wirklich durchblicke. Die hjat in den letzten 3 Folgen eine 180 Grad wendung gemacht und irgendwie kann ich das noch nicht wirklich nachvollziehen. So hoch wie die ihre Nase getragen hat, kann man die im realen leben bestimmt nicht umpolen. Und ihr Vater hat hat da zwar gute Ansätze gezeigt/gemacht, aber ob das wirklich schon ausreicht, das due sich so wandel wage ich doch zu bezweifeln.


Wie immer auf einen neuen Teil wartend,

LG Rainman
769. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 29.05.17 21:39

Wieder einmal wunderbar cag_coll.

Lass mich nicht so lange warten bis zum nächsten Teil.

@Rainman
Las Gnade vor recht ergehen Rainman! Menschen ändern sich. Warum nicht auch Claudia
Ich glaube immer an das gute im Menschen

Grüße an alle die welche möchten
Gozar
770. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 30.05.17 06:03

hallo gag_coll,

ich kann mich nur wiederholen.
Deine Geschichte ist wirklich toll und macht süchtig auf den jeweils nächsten Teil.

@ Rainman
Gestehe gag_coll die schriftstellerische Freiheit zu, auch mal bei einigen Nebendarstellern nicht alles so genau zu erzählen

Gruß
Machtdom
771. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundfünfzig

geschrieben von gag_coll am 31.05.17 05:46

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundfünfzig
Autor: Karl Kollar

(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)

Herr Kleinert wartete den Applaus ab, dann hob er sein Buch wieder hoch. »Alle waren dem Ruf des Herzogs gefolgt, die Töchter waren sehr gespannt auf den Prinzen, und die Eltern hofften, für ihre Töchter eine sehr gute Partie zu bekommen.«

Die Fanfare ertönte und der Vorhang öffnete sich. Mit viel Getöse und Pomp betrat das herzogliche Paar mit seinem Gefolge den Thronsaal, und der Herzog ließ sich auf dem Thron nieder. Als die Musik verklungen war, stand der Herzog auf und hielt seine Rede. Nach der Begrüßung der Gäste gab er bekannt, dass sich sein Sohn heute seine Braut aussuchen würde.

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Damen bereit waren, trat der Zeremonienmeister neben den Thron. »Wenn Hoheit es erlauben, möchte ich nun die geladenen Damen vorstellen.« Er wartete die Antwort des Herzogs ab, dann griff er zu einer Papierrolle und begann, daraus vorzulesen.

Nach jedem Namen machte er eine Pause und wartete, bis die entsprechende Edeldame vor den Thron getreten war und einen Knicks gemacht hatte.



»Das sind aber prachtvolle Kleider.« Karl lächelte zu Rosalie. »Ich bin erstaunt über den Aufwand, der hier getrieben wird.«

»Soweit ich weiß, sind es die Mitglieder einer Barock-Tanzgruppe. Die Kostüme sind sozusagen ihre Uniform.« Rosalie gab wieder, was sie wusste. »Ich bin sehr auf Marias Kleid gespannt.«

»Ich auch.« Karl blickte zur Bühne. »Ich bin sehr auf das Gebet gespannt.«



Die Comtess Katerina von Greiffenclau wurde vom Zeremonienmeister als letzte vorgestellt. Kaum hatte sie ihren Knicks beendet, als auf einmal alle Schauspieler innehielten.

Herr Kleinert wartete den Applaus ab, dann las er wieder aus seinem Buch vor. »Die ersten Tänze dienten dem Kennenlernen. Es waren deswegen auch keine Paartänze, sondern eher Formationstänze und Reigen - Frauen und Männer machten Bewegungen und Schritte als Gruppe, und umtanzten sich paarweise, ohne sich zu berühren, oder maximal an ausgestreckten Händen. Nach ein, zwei Drehungen fand immer ein Partnerwechsel zu neuen Gegenübern statt.«

Er machte eine kurze Pause.

»Im Verlauf des Tanzes konnte der Prinz so mit den einzelnen Damen ein paar Worte wechseln und sie so näher kennenlernen. Man erzählte sich allerdings, dass der Herzog die Comtess unter dem Schleier sogar knebeln ließ, damit sie mit dem Prinzen nicht reden konnte.« Er ließ das Buch sinken. »Doch zuvor möchte ich die Comtess einmal bitten, vorn an die Bühne zu kommen und ihr Kleid zu zeigen.«

Maria kam der Bitte nach, und gleich darauf hielt es keinen im Saal mehr auf seinem Sitz. Der Saal tobte, und alle applaudierten im Stehen.

Bedingt dadurch, dass das der Zuschauerraum zirka einen Meter tiefer lag als die Bühne, konnte jeder, der darauf achtete, sehen, dass Maria in ihren Stiefeln auf Zehenspitzen stand. Doch fast alle Blicke richteten sich auf Marias Oberkörper, wo keine Arme zu sehen waren, aber eine sehr schlanke Taille.

Paul stand mit Tränen in den Augen am Rand der Bühne. Er freute sich sehr über Marias Triumph, denn kaum einer wusste so gut wie er, wie sehr sich Maria bisher für diese Leistung geschunden und gequält hatte.

Der Moderator bedankte sich noch einmal für diesen so beeindruckenden Auftritt. »Wir werden dann im Spiel weiter machen.«



»Warum trägst sie eigentlich diese merkwürdigen Stiefel?« Auch Karl war Marias seltsame Haltung aufgefallen.

»Sie hat mir dazu nichts gesagt.« Rosalie zuckte mit den Schultern. »Aber ich weiß, dass sie es durchaus gewohnt ist, auf diesen Ballett-Stiefeln zu laufen.« Rosalie berichtete, was sie von den Telefonaten mit ihrer Freundin erfahren hatte.

»Das ist aber schon heftig.« Karl kratze sich am Kopf. »Die Arme in dieser seltsamen Haltung und die Stiefel. Kann sie denn damit überhaupt tanzen?«

»Sie kann.« Rosalie grinste. »Sie kann es.«



Nach dem letzten der Kennenlerntänze erhob sich der Herzog und wartete, bis Ruhe eingekehrt war. »Nun, mein Sohn, wer soll denn nun eure Braut werden? Wen werdet ihr zum Tanz bitten?« Er blickte auffordernd zu seinem Sohn.

Der Prinz schritt langsam, aber sehr würdevoll durch den Thronsaal, vorbei an fast allen Damen, bis er vor einer verschleierten Dame stand. Er verbeugte sich tief, dann sprach er mit ruhiger Stimme. »Holde Dame, darf ich euch um diesen Tanz bitten?«

Die Katerina machte einen Knicks, dann hielt sie und mit ihr auch alle anderen Darsteller in ihrer Bewegung inne.



»Jetzt wird es spannend.« Herr Schrumm blickte abwechselnd zu Maria und zu seiner Tochter, die neben ihm stand.

»Hast du etwa Zweifel?« Sonja grinste.

»Nein, natürlich nicht.« Der Notar lächelte ebenfalls. »Aber es geht immerhin um acht Millionen D-Mark, die zur Auszahlung kommen könnten.«

»Stimmt, da wäre ich auch nervös.« Sonja lächelte und blickte zu Maria. »Ich bin überrascht, dass sie so ruhig ist.«

»Sie weiß noch nichts von dem Geld.« Herr Schrumm blickte kurz in seiner Unterlagen, die er dabei hatte. »Frau Beller hat mich darum gebeten, ihrer Tochter noch nichts zu sagen.«



»In der damaligen Zeit war so ein Verlobungstanz durchaus verbindlich.« Herr Kleinert las wieder aus seinem Buch vor. »Es waren genügend adlige Zeugen anwesend, auf die sich die Familie im Zweifel berufen konnte. Es gab damals noch nicht so viel Schriftliches.«

Er machte eine Pause.

»In diesem Moment zeigte sich aber auch ein Fehler in den Plänen des Herzogs. Dadurch, dass die ausgewählte Dame verschleiert war, konnte keiner sehen, wen der Prinz sich wirklich ausgesucht hatte. Und wenn der Herzog dazwischen gegangen wäre, hätte er sein Gesicht verloren.« Er blickte wieder auf die Bühne.



Die Musik setzte ein und der Prinz begann mit seiner Dame zu tanzen. Es sah wunderschön aus, und dass die Katerina keine Arme hatte, fiel überhaupt nicht auf.

Der Herzog und auch der Zeremonienmeister standen mit versteinerter Miene am Thron und mussten zusehen, wie der Prinz diesen so wichtigen Tanz tanzte, ohne das sie es verhindern konnten.



»Schade, das es heute so viel strenger geregelt ist.« Rosalie seufzte, als sie ihre Freundin mit dem Prinzen tanzen sah.

»Was meinen sie mit strenger?« Karl war nicht ganz klar, was Rosalie gerade bewegte.

»Es wäre doch schön, wenn sie mit dem Tanz auch gleich juristisch verbunden wären.« Rosalie hatte ein Strahlen im Gesicht. »Heute muss man ja erst auf das Standesamt.«

»Ach ja, die beiden Darsteller sind ja auch im echten Leben ein Paar.« Karl war sich bei seinen bisherigen Beobachtungen nicht so ganz sicher gewesen.

»Morgen stehen sie ja sogar vor dem Altar.« Rosalie grinste. »Deswegen bin ich eigentlich gekommen.«



Mit einem triumphierenden Lächeln trat der Prinz nach dem Tanz vor den Thron. Neben ihm stand die Comtess, die immer noch den Schleier trug.

»Nein, ihr werdet diese Dame nicht heiraten.« Der Herzog war aufgebracht.

»Vater, darf ich euch an eure eigenen Worte erinnern?« Der Prinz blieb bewusst ruhig. »Ich sollte mir meine Braut aussuchen, und das habe ich gemacht.« Er blickte sich um. »Und es gibt genügend Zeugen für beides.«

Der Herzog erkannte, dass er gute Miene zum bösen Spiel machen musste. »Nehmt eurer Braut den Schleier ab.«

Hilflos musste der Herzog mitansehen, wie sein Sohn der Comtess Katerina von Greiffenclau den Verlobungskuss gab.

Der Vorhang schloss sich und es setzte tosender Applaus ein.



»Kommst du kurz mit?« Herr Schrumm blickte seine Tochter verzückt an.

»Was ist denn?« Es war Sonja anzumerken, dass sie ihrem Vater nur ungern folgte.

»Ich möchte Marias Leistung beglaubigen, und du musst als Zeugin mit unterschreiben.« Er zeigte seine Papiere vor.

»Ja, das ist wichtig.« Sonja seufzte.

* * *

»Nach dieser wundervollen Darbietung möchten wir uns bei ihnen bedanken.« Der Bürgermeister persönlich hatte wieder zum Mikrofon gegriffen und bat das Prinzenpaar zu sich. »Sie haben unser Fest mit einem ganz besonderen Glanz versehen, der sicher noch lange durch unser kleines Städtchen strahlen wird.«

Maria und Paul waren immer noch überwältigt von dem jubelnden Applaus, der gleich nach ihrem Tanz ertönt war. Etwas verlegen traten sie dem Bürgermeister gegenüber.

»Die Sponsoren haben zusammengelegt und möchten ihnen für die kommende Zeit als Katerinenpaar ein kleines Auto ihrer Wahl schenken.« Herr Heinrich überreichte ihnen einen symbolischen Umschlag. »Und falls sie noch keinen Führerschein haben sollten - dieser ist im Geschenk mit inbegriffen.«

»Das ist sehr freundlich.« Paul stotterte ein wenig vor Überraschung. Er legte seinen Arm um Maria. »Wir bedanken uns recht herzlich.«

»Kein Grund zur Bescheidenheit.« Herr Steinhagen trat hinzu und reichte Paul die Hand, dann legte er Maria die Hand auf die Schulter. »So eine außergewöhnliche Leistung muss belohnt werden.«



Ursprünglich war die Idee mit dem Auto von Herrn Wetzler gekommen, und Claudia hatte die Idee zum Führerschein noch mit eingebracht. Dies ging ihr durch den Kopf, als Paul und Maria von dem besonderen Geschenk erfuhren. Doch Claudia war nicht mutig genug, um deswegen in den Vordergrund zu treten. Dazu war ihr schlechtes Gewissen noch zu groß.



»Auch die Stadt möchte sich bei ihnen bedanken.« Der Bürgermeister blickte kurz zur Ehrenloge. »Herr Kollar hat mich auf den Gedanken gebracht. Wir möchten vor dem Rathaus ein Katerinen-Denkmal errichten, und wir würden uns sehr freuen, wenn sie dafür mit dem Gebet Modell stehen würden.«

Maria begann kurz zu taumeln, bis sie Pauls festen Griff spürte.

»Meine Tochter bedankt sich für die große Ehre.« Frederike war ebenfalls auf die Bühne gekommen. »Als Mutter bin ich sehr stolz auf Maria, und ich habe auch ein kleines Geschenk für sie.«

Maria hatte sich wieder in der Gewalt. Sie blickte neugierig zu ihrer Mutter.

»Im Nachbarort hat eine langjährige Freundin von mir eine Reithalle und viele Pferde. Ihr dürft sie jederzeit besuchen, und wenn Pferde frei sind, auch reiten.« Frederike hatte auch einen Briefumschlag in der Hand, den sie jetzt überreichte. »Es wartet dort aber auch ein kleines Pony namens Wildfire auf euch, wenn euch das gefallen sollte.« Frederike zwinkerte kurz, als sie Marias erschrockenen Blick bemerkte.

»Danke Mama.« Maria war den Tränen nahe.

Paul zog seine Freundin zu sich heran. Er spürte, wie sehr sie von den Geschenken überwältigt war.

»Meine Tochter ist erschöpft und möchte sich kurz zurückziehen.« Frederike wartete die Antwort nicht ab, sie führte Paul und Maria hinter die Bühne und bot Maria einen Stuhl an.

»Danke, das tut gut.« Maria war immer noch überwältigt.

»Ich möchte ihnen die Stiefel ausziehen.« Sonja stand auf einmal vor ihnen und hielt einen Schlüssel in der Hand.

»Oh, die wollte ich aber noch weiter tragen!« Maria blickte auf und erkannte die Tochter des Notars. Sie lächelte verlegen. »Aber es wäre nett, wenn sie mir die Schlösser öffnen könnten.«

»Ich bin überrascht.« Sonja kniete sich vor Maria. »Ich bin immer froh, wenn ich endlich meine High Heels ausziehen kann.«

Maria blickte sich verlegen um. Sie wollte sich erst vergewissern, wer in Hörweite stand. »Ich freue mich seit einem Vierteljahr auf diesen Abend und habe mir vorgenommen, das Gebet so lange wie möglich zu tragen.«

»Aber diese Mörderstiefel?« Sonja öffnete die Schlösser und nahm sie ab.

»Auch die bin ich seit Jahren gewöhnt.« Sie wurde etwas rot bei dem Satz. »Es macht mir wirklich nichts aus.«

»Sie sind eine faszinierende Frau.« Sonja erhob sich wieder.



»Ich bitte um Erlaubnis, die Comtess Katerina von Greifenklau um einen Tanz bitten zu dürfen.« Paul verbeugte sich sehr formvollendet vor Maria. Er mochte diese recht gestelzt wirkenden Formulierungen aus den Sissi-Filmen, und jetzt fand er die Gelegenheit sehr passend. Es gehörte zwar nicht zum Spiel, aber in diesem Moment konnten sie auch nicht gehört werden.

»Eure Bitte sei gewährt.« Maria lächelte.
772. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 31.05.17 20:58

*schnüff schnüff*

"Taschentücher Bitte, meine Tränen tropfen alles voll"

"! Superschön !"

gag heute hast du dich selber übertroffen. Ich flehe dich an um ein happyend für Maria und Paul.

Gruß Gozar
773. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundfünfzig

geschrieben von gag_coll am 02.06.17 06:26

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundfünfzig
Autor: Karl Kollar

Sonntag, 26. September 1984 - Festwochenende


»War es schön gestern?« Selma lächelte, als Leonie und Holger pünktlich um sieben Uhr die Treppe herunter kamen. »Dorothea und ich sind ja gleich nach dem Ball nach Hause gegangen.«

»Ein Traum«, schwärmte Leonie. »Vielen Dank, dass sie uns das ermöglicht haben.«

»Immer wieder gern.« Selma lächelte. »Aber jetzt müssen wir uns beeilen. Soviel Zeit ist nicht mehr bis zum Gottesdienst. Ich freue mich, dass ihr helfen wollt.«

Den letzten Teil ihrer Gedanken hatte sie nicht ausgesprochen. Holger erkannte trotzdem, was ihre Gastgeberin bewegte. »Wir waren uns einig, dass wir zu müde waren, um noch etwas zu unternehmen. Wir haben uns nur noch erzählt, wie wir uns diese Nacht vorgestellt hatten.« Er folgte Selma in die Küche.

»Wir haben uns bei den Ideen gut ergänzt.« Leonie ging zum Schrank mit dem Geschirr und öffnete ihn. »Den Käfig wollen wir nur für kurze Zeiträume einsetzen, weil er sonst eher unbequem ist.«

»Unbequem ist aber kein Kriterium.« Selma öffnete den Kühlschrank und holte die vorgesehenen Lebensmittel heraus. »Aber ich glaube, ich weiß, was ihr meint. Körperliche Unversehrtheit ist wichtig. Es darf nicht zu Schäden kommen, erst recht nicht zu dauerhaften..«

Holger kümmerte sich um das Besteck. »Ich hatte die Idee eines längeren Käfigs, der vor dem Bett stehen würde.«

»Und ich träume von einem Käfig, der von oben auf mein Bett herabgelassen werden kann.« Leonie lächelte verträumt. »Dann kannst du mich noch streicheln, wenn ich im Käfig bin.«

»Ja, das könnte schön werden.« Holger legte das Besteck auf das das Tablett mit dem Geschirr und trug es ins Esszimmer.

»Wie seid ihr mit dem Kleid zurecht gekommen?« Selma war ehrlich neugierig.

»Es war wunderschön.« Leonie bedankte sich überschwänglich für das Kleid. »Es ist ein Traum, so hilflos zu sein.«

»Viele haben mir dir getanzt und nur wenige haben wirklich gemerkt, was wirklich mit dir los war.« Holgers Stimme zeigte, wie fasziniert er von dem Abend war.

»Meinst du?« Leonie blickte ihn verwundert an. »Dass mein einer Arm nicht beweglich war, war doch ziemlich offensichtlich.«

»Naja, wie auch immer.« Holger lächelte. »Es war ein sehr schöner Abend. Vielen Dank dafür.«

* * *

Auf Anraten der ´Erwachsenen´ hatte Paul und Maria die Nacht jeweils in ihrem eigenen Bett verbracht. Um so mehr freuten sie sich, als sie sich am Morgen wiedersahen, als Maria zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Erzieherin zu Pauls Oma zum gemeinsamen Frühstück kam.

»Es war wirklich schön gestern.« Maria schwärmte. »Wie bei Sissi auf ihren ersten Ball.«

»Du warst wirklich toll.« Paul schwärmte. »Alle haben dich bewundert.«

»Jetzt kommt erst einmal herein.« Selma bat ihren Besuch ins Haus. »Schön, dass ihr gekommen seid.«



Der Tisch im Esszimmer war schon festlich gedeckt. »Anna und Leonie haben mir geholfen.« Selma bat ihre Gäste, sich einen Platz zu suchen. »Und die Männer holen frische Brötchen und Brot.«

Paul setzte sich neben Maria und blickte sie verliebt an. »Ich wusste erst nicht, was mit dir los war, als wir tanzten, doch dann hatte ich es begriffen.«

»Ja, es hat gut getan.« Maria lächelte. »Es fing an, weh zu tun, und damit hat Mama es so schön verlängert. Danach habe ich es noch jeweils eine Stunde länger ausgehalten.«

»Du warst auch sehr tapfer.« Frederike lächelte ihre Tochter an.

»Es hat aber auch Spaß gemacht. Alle haben mich bewundert und angestarrt.« Doch dann seufzte sie. »Und heute noch mal.«

»Das Gebet wollen alle sehen.« Selma lächelte ebenfalls. »Du wirst noch für Jahre das Stadtgespräch sein.«

»Meint ihr?« Maria wurde auf einmal etwas nachdenklich. »Das wäre mir eigentlich gar nicht recht.«

»Du stehst jetzt vor Claudia Wetzler und auch vor der Baroness.« Selma erinnerte Maria an die Personen, die in der Vergangenheit für Maria eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielten.

»Meinst du wirklich?« Maria gab sich bescheiden. »Das wäre mir gar nicht so wichtig.«

»Komm, die Früchte darfst du wirklich ernten und genießen.« Paul verschluckte den Rest seiner Gedanken. Er wollte Maria jetzt nicht an die endlosen Qualen erinnern, die sie sich angetan hatte, um dieses Ziel erreichen zu können.

»Judith war glücklich, dass du soviel mit ihr getanzt hast.« Maria versuchte vorsichtig einen Themenwechsel.

»Sie war ja so süß.« Paul lächelte verträumt. »Sie träumt davon, beim nächsten Fest die Katerina spielen zu dürfen.«

»Welches Mädchen träumt nicht davon?« Selma seufzte. »Im richtigen Alter wäre sie ja, um ausgewählt zu werden.«

Es klingelte. Paul ging zur Haustür und ließ Rosalie sowie die Brötchenholer herein und führte alle ins Esszimmer. Selma reichte Paul die beiden Brotkörbe und wartete, bis die Herren nach dem Füllen der Körbe sich gesetzt hatten. »Jetzt greift zu. Es ist genug von allem da.«



Rosalie blickte Maria verwundert an. »Du bist so ruhig. Schließlich heiratest du heute.«

»Es ist ja nicht die richtige Hochzeit.« Maria zuckte nur mit den Schultern. »Wo ist eigentlich dein Freund Karl?«

»Er ist lediglich meine Flugbekanntschaft.« Rosalie verdrehte die Augen. »Er kommt direkt zum Gottesdienst. Er sagte, er müsse seine Notizen sichten.«

Ich habe ihn gestern auf dem Ball auch nicht gesehen.« Maria war ein wenig verwundert.

»Er hat sich bald nach dem Theaterspiel verabschiedet.« Rosalie lächelte. »Er sagte, dass er die Tänze nicht so mag.«

* * *

»Das war ein schönes Wochenende.« Leonhard öffnete den Koffer und begann, ihre Habseligkeiten wieder hinein zu packen.

Amelie ließ es sich nicht nehmen, ihren Schlafsack selbst einzurollen, nachdem sie ihn von innen mit einem Handtuch ausgewischt hatte. »Es war wundervoll, darin zu schlafen.«

»Du siehst damit auch sehr schön aus.« Leonhard lächelte. »Und so wunderschön hilflos.«

»Das bin ich auch.« Sie lächelte. »Und ich liebe es.« Doch dann verzog sie das Gesicht. »Nur den Knebel hätte es nicht gebraucht. Ich hätte gern noch etwas mit dir gesprochen.«

»Ich war hundemüde... und wollte meine Ruhe haben.« Er lächelte verlegen. »Ich habe ihn dir auch gleich heraus genommen, nachdem du eingeschlafen warst.«

»Du bist extra noch wach geblieben deswegen?« Amelie war verwundert.

»Es ist schön, dich dann zu beobachten.« Seine Stimme klang ein wenig verliebt.

»Ich bin ja heute auf die Hochzeit gespannt.« Amelie blickte verträumt aus dem Fenster. »Bleiben wir noch bis zum Mittagessen?«

Leonhard blickte auf die Uhr. »Können wir schon machen.«

* * *

Doris war es gewöhnt, jede Nacht an das Bett gekettet zu werden, und die vorgesehene Befreiung für den Notfall hatte sie noch nie benutzen müssen. Sie liebte es, bei jeder Bewegung durch das Rasseln der Ketten an ihren Zustand erinnert zu werden. Und natürlich beschränkten die Ketten auch ihre Bewegungsfreiheit und erinnerten sie jederzeit daran, dass sie seit einiger Zeit Theos Gefangene war.

»Guten Morgen, mein Schatz.« Sie blinzelte, als sie das Geräusch der Schlüssel hörte.

Theo erwiderte den Gruß und befreite seine Verlobte vom Bett, um ihr gleich danach das Kettengeschirr anzulegen, welches Doris in der Kirche tragen musste. »Die Pflicht ruft.«

Doch Doris protestierte. »Darf ich mich vorher noch etwas frisch machen und mich anziehen?«

Theo bemerkte seinen Fehler und war etwas verlegen. »Entschuldige, natürlich.«

»Stell dir vor, meiner Mutter hat der Schmuck gefallen, und sie hat nichts dagegen, wenn ich ihn zum Brautkleid trage.« Doris strahlte sehr.

»Das freut mich sehr.« Doch dann verdunkelte sich Theos Gesicht. »Und die Verwandtschaft?«

»Sie sagt, das will sie ihnen beibringen.« Doris lächelte. »Gestern hat es ja auch kaum jemand bemerkt.«

»Stimmt, selbst als ich die Ketten etwas verkürzt hatte, kamen keine Reaktionen.« Theos Stimme zeigte, dass auch er von dem gestrigen Abend sehr beeindruckt war. »Das wird eine schöne Hochzeit.«

»Ja, das wird es.« Doris verschwand ins Bad. Doch dann steckte sie noch einmal kurz den Kopf zur Tür heraus. »Ich liebe dich.«

Theo warf ihr einen Handkuss zu.

* * *

»Da bist du ja endlich, du Schlafmütze.« Sarah saß an Bettys Bett und blickte verliebt auf ihre Partnerin, die sich gerade den Schlaf aus den Augen rieb. »Guten Morgen.«

»Dir auch einen guten Morgen.« Betty blickte sich um und entdeckte die zwei Ballkleider, die am Schrank hingen. »Ich bin gestern wohl gleich eingeschlafen.«

»Das kann man wohl sagen.« Sarah verdrehte die Augen. »Wir hatten ganz schön Mühe, dich aus dem Kleid herauszubekommen.«

»Das Kleid ist aber auch anstrengend.« Betty stöhnte. »Man kann sich darin so gut wie überhaupt nicht mehr bewegen.«

»Wem sagst du das?« Sarah lächelte ein wenig verlegen. »Ich bin halt von klein auf daran gewöhnt.« Sie zögerte. »Vergiss nicht, dass du mir Rache versprochen hast.« Sie blickte die ehemalige Krankenschwester mit einem Schlafzimmerblick an.

»Oh, die Liste ist lang.« Betty richtete sich auf. »Und ich werde dir jeden einzelnen Schritt vergelten.«

Es klopfte. Nach dem ´Herein´ ließ Juan seinen Kopf sehen. »Seid ihr bereit für den Gottesdienst?«

»Wir müssen uns noch anziehen.« Sarah stand vom Bett auf und ging zum Schrank. »Ist für heute etwas Besonderes gefordert?«

»Ich dachte, wir ziehen heute alle vier die Uniformen an.« Juan blickte zum Fenster. »Dann fällt es nicht so auf, wenn wir ´richtig´ zusammen sitzen.« Unter ´richtig´ und ´falsch´ verstanden sie schon seid einiger Zeit, ob sie mit ihren echten Partner zusammen waren oder schauspielern mussten. »Wir treffen uns dann beim Frühstück.«

»Ich bin ja schon sehr auf die Braut gespannt«, schwärmte Sarah, als die Tür von Juan wieder geschlossen wurde.

»Ich auch.« Betty seufzte. »Ich auch.«

»Und jetzt raus mit dir aus dem Bett.« Sarah zog ihrer Geliebten die Bettdecke weg.

* * *

»Und was hat sich alles auf dem Ball ereignet?« Selma legte ihr Besteck weg und wischte sich den Mund ab.

»Es waren letztendlich so viele Mädchen, die ohne ihre Arme getanzt haben, dass es fast schon normal wirkte.« Paul gab wieder, was er beobachtet hatte.

»Stimmt, jeder dritte Tanz wurde von den Barock-Pfeiffern begleitet, und somit waren alle genötigt, sich mit den historischen Tänzen auseinanderzusetzen«, ergänzte Rosalie. »Und bei denen spielten die Arme eine nicht so große Rolle.«

»Du hast toll gespielt, Anna.« Maria blickte zu Florians Frau.

»Naja, die meisten der Stücke kannte ich ja.« Anna winkte bescheiden ab. »Und die anderen haben es mir auch leicht gemacht.«

»Ich wusste gar nicht, dass wir so viel Stücke im Repertoire haben.« Maria lachte.

»Habt ihr auch nicht.« Anna erwiderte das Lachen. »Wir haben vieles mehr als einmal gespielt.«

»Es hat sich kaum jemand getraut, Maria aufzufordern.« Paul grinste. »Ich hatte dich fast für mich allein.«

»Das dürfte auch an diesen mörderischen Stiefeln gelegen haben.« Rosalie lachte. »Ich glaube, die haben sehr abschreckend gewirkt.«

»Herr Steinhagen hat sich getraut.« Maria berichtete, wie vorsichtig der Sparkassendirektor zunächst mit ihr umgegangen war. »Erst als er erkannt hatte, dass ich auf den Stiefeln sicher gehen kann und auch meine Arme zum Balancieren nicht gebraucht habe, ist er etwas mutiger geworden.«

»Ich war gestern sehr stolz auf dich.« Frederike wischte sich ein paar Tränen weg.

»Diese älteren Herren, die mich so aufmerksam beobachtet haben.« Maria blickte ihre Mutter fragend an. »Waren das...« Sie zögerte.

»Ja, mein Schatz, das waren meine Auftraggeber.« Frederike blickte kurz aus dem Fenster. »Sie waren sehr zufrieden mit dir.«

»Amelies Kleid war toll.« Es war Rosalie anzuhören, wie sehr sie von dem Kleid fasziniert war.

»Was war das eigentlich für ein Kleid?« Florian zeigte unerwartet ebenfalls Interesse.

»Es geht auf den Entwurf eines Holländers zurück.« Maria lächelte. »Im Prinzip ist der Rücken des Kleides doppelt gearbeitet und in dem Zwischenraum können die Arme wie in einem Handschuh fixiert werden.«

Anna lächelte. »Ihr habt euch sicher schon die Adresse geben lassen.«

»Das nicht.« Paul lachte. »Aber der Schneider war so nett, ihnen eine Kopie der Entwürfe zukommen zu lassen, und wir haben schon einen Termin mit Frau Bartels ausgemacht.«

»Das dachte ich mir schon, dass ihr euch so eine Gelegenheit nicht entgehen lasst.« Rosalie lachte.

»Franz-Ferdinand hat auch mit mir getanzt.« Maria versuchte einen Themenwechsel. »Er war seltsam gelöst, so als wäre er von eine großen Last befreit.« Sie seufzte. »Mir war irgendwie komisch zumute.«

»Das war aber erst zu vorgerückter Stunde«, ergänzte Paul. »Juan und Sarah hatten sich dann auch getraut, mit ihren Liebsten zu tanzen.«

Rosalie wunderte sich. »Wie das?«

»Ich hatte dir doch davon erzählt. Sarah und Betty als Paar und Juan ebenfalls mit seinem Diener.« Maria wunderte sich ein wenig über ihre Freundin.

»Ach die unglücklichen Königskinder.« Rosalie lächelte. »Stimmt, davon hattest du erzählt.« Dann wurde sie nachdenklich. »Das haben sie aber geschickt verborgen.«

»In ihrer Heimat müssen sie sich verstecken.« Maria gab wieder, was sie von dem Leben der Brasilianer wusste. »Sie sind mittlerweile gut aufeinander eingespielt.«

»Sie sind manchmal sogar Hand in Hand gegangen, ich dachte es, es wären zwei normale Paare.« Aus Rosalie sprach die Bewunderung.

* * *

Es klingelte. Selma stand auf und ging zur Tür. Nach einem kurzen Moment kam sie zurück. »Frau Schrumm ist da und bittet sie, Frau Beller, um ein Gespräch.«

Frederike stand auf und blickte sich fragend um.

»Ich habe sie ins Wohnzimmer geführt.« Selma zeigte auf die entsprechende Tür.



»Frau Schrumm, was kann ich für sie tun?« Frederike ahnte natürlich, was das Anliegen der Notarstochter sein könnte.

»Mein Vater schickt mich, damit ich einen Termin mit ihnen ausmachen kann, an dem wir es bekannt geben.« Sonja holte tief Luft. »Nach dem Mittagessen muss er noch einen dringenden Termin vor Gericht am Montag Morgen vorbereiten.«

»Heute ist Sonntag.« Frederike war ein wenig erstaunt.

»Ein Klient hat eine Frist versäumt und jetzt versucht mein Vater zu retten, was zu retten ist.« Sonja nahm einen Zettel zur Hand. »Er sagt, dass er spätestens gegen sechzehn Uhr hier sein könnte.«

»Okay, das ist in Ordnung.« Frederike lächelte. »Das Geld läuft ja nicht weg.«

»Ach, noch etwas.« Sonja packte den Zettel wieder ein. »Gestern auf dem Ball wollte der Herr von Schleihtal mit mir tanzen. Erst dachte ich, dass er mich anbaggern wollte, doch dann hat er sich auffällig oft nach dem Testament erkundigt und wollte wissen, ob es jetzt zur Auszahlung kommen würde.«

Frederike blickte auf.

»Ich habe ihn nur auf meine Verschwiegenheitspflicht verwiesen und dass er sich direkt an meinen Vater wenden soll.« Es war Sonja anzumerken, wie unangenehm ihr der Kontakt zu dem Neffen des Barons war.

»Komisch.« Frederike war verwundert. »Was geht ihn das an?« Doch dann zögerte sie. »Ich hätte aber auch noch eine Bitte.«

»Und zwar?« Sonja blickte kurz auf ihre Uhr.

»Bitte sagen sie vorher nichts zu meiner Tochter.« Frederike sprach etwas leiser. »Sie soll das Fest ganz unbeschwert zu Ende spielen können.«

»Ja, das würde mich auch belasten. Sie können sich auf uns verlassen.« Sonja reichte Frederike die Hand. »Dann bis heute Nachmittag.«

* * *

Kaum hatte sich Frederike wieder an den Tisch gesetzt, als es erneut klingelte.

Selma ging wieder an die Tür und führte kurz darauf Fritz, den Leiter der Barock-Pfeiffer herein.

»Ich wollte Anna sprechen.« Er hielt einen großen Blumenstrauß in der Hand, den er Anna überreichte. »Als kleines Dankeschön für deinen so guten Einsatz gestern.«

Anna stand recht verlegen auf und bedankte sich.

»Ich hätte noch ein Anliegen.« Fritz reichte Anna eine Broschüre. »Meine Firma möchte ihr internationales Geschäft ausbauen und sucht jemand mit sehr guten englischen Sprachkenntnissen.«

Anna senkte betrübt den Kopf. »Ich habe aber nichts gelernt und kann auch nichts.«

»Das wissen meine Chefs, aber sie möchten dich trotzdem kennenlernen.« Fritz hatte sich ein paar Argumente zurecht gelegt. »Sie würden dich einarbeiten und du würdest nach einer verlängerten Probezeit vielleicht sogar eine Festanstellung bekommen.«

Anna hob langsam ihren Kopf. »Das wäre sehr schön.« Eine Träne lief über ihre Wange.

»Und jetzt muss ich mich noch entschuldigen. Ich habe gestern vergessen zu sagen, dass wir uns heute schon eine Stunde vorher treffen, damit wir uns die Choräle noch einmal in Ruhe ansehen können.« Fritz blickte etwas verlegen auf den gedeckten Frühstückstisch.

»Ich bin ohnehin schon fertig.« Anna blickte kurz in die Runde, dann stand sie auf und bedankte sich bei Selma für die Gastfreundschaft. »Ich hole nur schnell die Flöte.«

Gleich darauf hörte man sie auf der Treppe.

»Wie geht es Karin?« Selma blickte Fritz fragend an.

»Ein paar Wochen wird sie den Gips noch tragen müssen.« Fritz war das Bedauern deutlich anzuhören. »Und dann wird sie ihre Hand noch einige Zeit lang nicht belasten dürfen.«

»Ja, so etwas dauert lange.« Selma seufzte.

Anna kam etwas atemlos die Treppe herunter. »Wir können los.« Gemeinsam verabschiedeten sie sich.

* * *

Kaum war der Tisch abgeräumt, als es zum dritten Mal klingelte. Diesmal war es die Schneiderin, die zusammen mit ihrer Tochter das Brautkleid für Maria vorbeibrachte.

»Ich weiß nicht, ob es nicht ein großer Fehler war, aber das Kleid hat vorn einen Ausschnitt, der ein Stück oberhalb der Brust frei lässt.« Frau Bartels war sichtlich verlegen. »Ich fand es für ein Brautkleid einfach schöner, auch weil sie dann noch Schmuck tragen kann.«

»Wie haben sie es dann mit dem Reißverschluss gemacht?« Frederike erkannte die Zusammenhänge als Erste.

»Es gibt keinen Reißverschluss«, platzte Judith voller Faszination heraus. »Maria muss in das Kleid eingenäht werden.«

»Es lässt sich jetzt leider nicht mehr ändern.« Frau Bartels war sichtlich verlegen.

»Damit kannst du das Kleid nicht mehr ausziehen.« Paul hatte ebenfalls etwas Besorgnis in der Stimme. »Du musst das Gebet die ganze Zeit tragen, und ich kann es dir auch nicht erleichtern.«

»Doch, kannst du.« Maria fragte sich, wo sie gerade die Coolness hernahm. »Packe bitte die Fernbedienung ein.«

»Gestern hat es sehr gut funktioniert.« Frederike blickte aus dem Fenster.

»Du hast... Du bist...« Rosalie war fassungslos. »Vor allen Leuten?«

»Wenn es nicht einmal dir aufgefallen ist...« Maria grinste, dann wandte sie sich an die Schneiderin. »Also dann, nähen sie mich bitte in das Kleid ein.«

»Man erzählt sich ja, dass Sissi sich auch in ihre Kleider einnähen ließ.« Selma streichelte Maria kurz über den Kopf. »Und die ist ja dein großes Vorbild.«

»Ob ich auch wieder die Stiefel tragen kann?« Maria war etwas nachdenklich. »Gestern ging das ja ganz gut.«

»Aber die schwarzen Stiefel würden unter dem weißen Rock noch mehr auffallen.« Roswita erklärte, dass beide Röcke gleich lang gearbeitet waren. »Wenn sie wenigstens in Weiß wären.«

»Ich glaube, da kann ich helfen. Ich hatte so eine Ahnung.« Frederike griff hinter sich, und mit einem breiten Grinsen stellte sie einen sehr großen Schuhkarton auf den Tisch. »Jetzt mach ihn schon auf.« Sie blickte ihre Tochter ermutigend an.

Marias Hände zitterten ein wenig, als sie den Deckel des Kartons und die erste Lage Seidenpapier entfernte. »Die sind wunderschön.« Sie stand ehrfürchtig vor dem Karton und blickte hinein. Dort lag ein Paar schneeweiße knielange Ballettstiefel aus glänzendem Leder.

»Wir sollten dann mit dem Umziehen beginnen, sonst wird die Zeit knapp.« Die Stimme der Schneiderin zeriss die feierliche Stimmung.

»Rattenscharf.« Judith war hellauf begeistert. »Was müsste ich denn tun, wenn ich solche Stiefel auch tragen möchte?«

»Judith, bitte.« Frau Bartels war ihre eifrige Tochter etwas unangenehm.

»Ballettunterricht ist sehr hilfreich.« Pauls Stimme war ungewohnt trocken.

»Ja, das ist einzusehen.« Judith seufzte. »Dann wird es wohl ein Traum bleiben.«

* * *

»Die Pfarrerin hat bekannt gegeben, dass sie eine der alten Traditionen wieder aufgreifen möchte.« Selma reichte Leonie und Holger eine gepackte Tasche. »Je nachdem, wie mutig ihr seid, könnt ihr das eine oder andere aus der Tasche dafür nutzen.«

»Um welche Tradition geht es?« Holger gab Leonie einen Kuss.

»Bei den früheren Festen war es üblich, dass die jungen Mädchen, die für das nächste Fest als Darstellerin in Frage kommen würden, in diesem Gottesdienst ihre Arme versteckten.« Selma lächelte. »So als wollten sie sich für die nächste Katerina empfehlen.«

»Aber dafür bin ich doch zu alt.« Leonie ahnte noch nicht, was kommen würde.

»Aber auch die Mädchen, die im gleichen Alter wie die Katerina waren, versuchten, in gleicher Weise aufzutreten, so als wollten sie sagen ´Seht her, ich hätte die Katerina auch spielen können´.«

»Das wäre schon eher was.« Holger blickte in die Tasche hinein. »Sie meinen, wir sollten... Im Gottesdienst?«

»Wie ich es schon sagte, es kommt auf euren Mut an.« Selma lächelte. »Die ersten beiden Reihen sind für die jungen Mädchen reserviert, damit sie die Katerina gut sehen können, aber auch, damit sie von der Gemeinde gut gesehen werden können.«

Jetzt riskierte auch Leonie einen Blick in die Tasche. »Das wäre allerdings eine sehr interessante Geschichte.«

»Ich habe euch einen Handschuh mit Reißverschluss eingepackt.« Selma grinste. »Dann fällt es nicht so auf, wenn ihr euch erst in der Kirche entscheidet.«
774. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 02.06.17 17:37

Wieder eine klasse Fortsetzung. Danke und ein schönes Wochenende.
775. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 03.06.17 17:51

Einfach nur großartig! Ich warte sehnsüchtig auf jede neue Folge - Danke!
776. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 04.06.17 20:23

Hi cag_coll.

Maria ist ja schon einen ausergewöhnlichse Katerina. Aber jetzt bekommt sie auch noch ein Auto und den Führerschein bezahlt.

Jetzt fehlt nur noch die gemeinsame Wohnung. Bin ja mal gespannt, ob die auch noch kommt.

Lass uns bitte auf den nächsten Teil nicht so lange warten.


MfG Rainman
777. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundfünfzig - Vorvorletzter Teil

geschrieben von gag_coll am 05.06.17 06:12

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundfünfzig - Vorvorletzter Teil
Autor: Karl Kollar

(noch Sonntag, 26. September 1984 - Festwochenende)

Auf einmal war Hufgetrappel vor dem Haus zu hören. Paul blickte aus dem Fenster. »Wir werden anscheinend mit einer Kutsche abgeholt.« Er war beim Ankleiden der Braut dabei gewesen, was ihm zunächst ein Stirnrunzeln von Frau Bartels eingebracht hatte.

Maria und Frederike hatten der Schneiderin sofort erklärt, dass nur Paul das Gebet anlegen durfte, und auch nur er kannte sich mit dem Venuskorsett aus, das Maria wieder über den Armen trug.

Doch dieses Mal war es ein anderes Korsett als gestern, denn es hatte vorn den gleichen Ausschnitt wie das Kleid. Außerdem musste Paul wissen, welche Naht er an dem Kleid zu öffnen hatte, falls er Maria im Notfall zu befreien hatte. Dafür hatte er extra ein kleines Messer eingesteckt. Doch er hoffte, es nicht benutzten zu müssen.

»Maria, ich weiß, wie stolz du auf deine Leistungen und auf das Gebet bist, und das auch zu Recht.« Frederike blickte ihre Tochter ernst an. »Doch heute solltest du dir helfen lassen. Du hast gestern sehr ausführlich gezeigt, wie gut du mit dem Gebet und den Stiefeln zurechtkommst. Heute solltest du eine helfende Hand nicht ablehnen.«

Es war der besondere Tonfall, der Maria den Kopf heben ließ. Ihr Blick wechselte zwischen ihrer Mutter, Paul und ihrer Erzieherin hin und her. Doch noch sagte sie nichts.

»Das Historienspiel erfordert heute eine sehr würdevolle Hochzeit, und eine stolpernde Braut würde den bisher so tollen Gesamteindruck kaputt machen.« Frederike blickte kurz zu Paul. »Also lass dir bitte helfen.«

Marias Blick wandelte sich von Ehrfurcht zu fröhlichem Lächeln. Die kleine Rede ihrer Mutter hatte sie wieder an ihre Pflichten erinnert, und hatte sie auch ein wenig aus dem Himmel wieder zurück auf die Erde geholt. »Danke, Mama.« Dann blickte sie zu Paul. »Mein Prinz, würdet ihr mir auf dem Weg zur Kutsche eure Hand reichen?«

»Der Wunsch der Prinzessin ist mir Befehl.« Paul ging bewusst langsam zu dem Stuhl, auf dem Maria noch saß, dann streckte er den Arm aus. »Meine liebe Prinzessin, darf ich euch zur Kutsche bringen?«

»Wartet einen Moment.« Frau Bartels unterbrach die Zeremonie. »Ich möchte euch noch etwas zu dem Kleid sagen.« Sie trat ebenfalls an den Stuhl heran. »Ich habe Teile der Rückenpartie doppelt gearbeitet.« Sie blickte zu Paul. »Du kannst diese Lagen nutzen, um Maria damit leichter festzuhalten. Probiere es einmal aus.«

»Oh ja, ich sehe, was sie meinen.« Paul begutachtete die Rückseite des Kleides. Er griff in die entsprechenden Öffnungen und konnte Maria so leicht beim Aufstehen unterstützen.

»Moment!« Judith sprang auf einmal recht hektisch auf. »Das Wichtigste fehlt doch noch.«

Frau Bartels lächelte, als sie sah, dass ihre Tochter den Schleier in der Hand hatte. »Maria, setzte dich bitte noch mal.«

»Darf ich, Mama?« Judith blickte ihre Mutter fragend an.

Die leuchtende Augen ihrer Tochter machten es der Schneiderin schwer, jetzt ´Nein´ zu sagen. »Das musst du die Braut fragen.«

Judith stutzte einen Moment, denn sie hatte eigentlich eine Ablehnung erwartet. Sie räusperte sich. »Comtess Katerina, darf ich euch den Schleier anlegen?«

»Sehr gern, Jungfer Judith.« Maria lächelte.



»Überraschung.« Kerstin saß auf dem Kutschbock und grinste. »Wir wussten nicht, ob es mit der Kutsche und den vier Pferden klappen würde, deswegen haben wir euch vorher nichts gesagt. Aber jetzt nehmt bitte Platz.« Doch dann stutzte sie. »Bringt es nicht Unglück, wenn der Bräutigam das Kleid der Braut vor der Hochzeit sieht?«

»Also erstens ist das nicht meine Hochzeit, sondern die der Comtess.« Maria grinste, nachdem sie in der Kutsche Platz genommen hatte. »Und außerdem muss Paul heute besonders auf mich aufpassen.«

»Damit ist die Latte aber ganz schön hochgelegt.« Kerstin lachte.

»Wie meinst du das?« Paul hatte den Zusammenhang noch nicht erkannt.

»Naja, bei eurer eigenen Hochzeit wollt ihr das vielleicht noch steigern.« Kerstin wartete, bis auch Paul sich gesetzt hatte, dann ließ sie die Pferde losgehen.

Maria verdrehte die Augen.



»Eine schöne Braut.« Frau Bartels hielt ihre Tochter im Arm. Gemeinsam blickte sie der Kutsche hinterher. »Jetzt sollten wir uns beeilen, damit wir auch rechtzeitig in die Kirche kommen.«

»Ja, Mama.« Judith wurde auf einmal etwas wehmütig.

»Hast du dein Armversteck dabei?« Frau Bartels blickte auf ihre Tochter herunter, die ihr schon bis zur Schulter reichte.

»Nein, das ist noch daheim.« Doch dann stutzte Judith. »Woher weißt du das?«

»Ich war auch einmal jung.« Die Schneiderin lächelte. »Und nachdem Frau Reger angekündigt hatte, dass sie die alte Tradition mit den versteckten Arme wieder aufleben lassen wollte, habe ich mich gefragt, ob du dir etwas Entsprechendes basteln würdest.«

Judith blickte ihre Mutter verwundert an.

»Und als du dann gefragt hast, ob du an die alte Maschine darfst, war mir klar, was du vor hast.« Frau Bartels strich ihrer Tochter über den Kopf. »Jetzt müssen wir aber los.«

* * *

Als der Klang der Kirchenglocken zu ihr in ihr kleines Gefängnis drang, wurde Sophie auf einmal sehr wehmütig. Heute würde die Katerina vor dem Altar stehen, und zusammen mit ihrem Prinzen würde sie dann in ihr zukünftiges Leben schreiten.

Sophie seufzte. Sie hatte sich zwar in ihrer Jugend zwar auch nach einem Prinzen gesehnt, doch spätestens nach dem Tod der Mutter hatte sie sich in dieser Beziehung sehr hemmungslos gegeben. Ihr war immer nur der schnelle Sex wichtig, ohne dass sie irgendwelche Konsequenzen zu fürchten hatte. Eine feste Bindung hatte sie nie eingehen wollen.

Erst seit Michael sie in ihrem Gefängnis besucht hatte, glaubte sie, wieder so etwas wie Gefühle entwickelt zu haben. Doch sie wusste auch, wie sehr sie Michael bisher gedemütigt und missachtet hatte, und dass es noch lange dauern würde, bis er ihr vielleicht verzeihen konnte.

Den Brief für ihn hatte sie gestern geschrieben, heute wollte sie sich bei der Person bedanken, die sie als Einzige im Krankenhaus besucht hatte.

Sophie setzte sich an ihren Tisch und lauschte dem Läuten der Glocken. Vor ihr lag der Block mit Briefpapier, und daneben lag ihr Schreibgerät. Wenn der Gottesdienst begann, wollte sie auch mit dem Dankesbrief an Maria beginnen. Und sie wollte ihr auch mitteilen, dass sie wegen des Festes nicht böse war, bei dem sie ihr die Rolle weggenommen hatte.

* * *

»Hier ist ja schon alles voll.« Karl war sehr verwundert, als er die Kirche betrat. Er blickte zu seiner Begleiterin.

»Ja, das wundert mich auch. So voll ist es sonst nicht einmal zu Weihnachten.« Rosalie blickte sich in der Kirche um. »Seltsam, ich hatte die Kirche größer in Erinnerung.«

»Ich glaube, den Effekt kenne ich.« Karl lächelte. »Es gibt in Hildesheim eine Kirche, Sankt Andreas. Wir waren dort öfters mit der Schule, und ich war damals beeindruckt über die Größe des Innenraums und vor allem von der Orgel.«

Rosalie blickte ihren Begleiter schweigend an.

»Später kam ich wieder einmal in diese Kirche und war regelrecht enttäuscht, als ich erkannte, dass es eigentlich eine kleine Kirche ist.«

»So geht es mir im Moment auch.« Rosalie lächelte. »Schauen wir mal, ob wir auf der Empore noch einen Sitzplatz bekommen. Von da sieht man die Braut auch besser.«

Karl war einverstanden.

Doch auch auf der Empore waren schon viele Plätze belegt. Neben Florian fanden sie schließlich noch Platz.

* * *

»Wartet noch mit dem Aufstehen, bis ich die Bremse angezogen habe.« Kerstin blickte kurz nach hinten zu dem Brautpaar, das sie mit ihrer Kutsche vor das Kirchenportal gefahren hatte. Sie hielt die Pferde an und hantierte danach an der Kutsche. »Jetzt könnt ihr.« Sie sprang vom Kutschbock, öffnete die Tür der Kutsche und klappte die Stufen aus.

Paul ging voran und half dann Maria beim Aussteigen. Im ersten Moment wollte Maria seine Hand noch mit einer Kopfbewegung zurückweisen, doch dann erinnerte sie sich an die Worte ihrer Mutter und befahl ihrem Ehrgeiz, sich heute der Sicherheit wegen zurückzuhalten.

Vor dem Kirchenportal wurden sie schon von der Pfarrerin erwartet. »Es ist alles bereit.« Frau Reger lächelte. »Kein Grund nervös zu werden.« Sie gab den Musikern, die nahe am Eingang standen, ein Zeichen.

Eine sehr feierliche Trompetenfanfare ertönte und gab der Gemeinde damit bekannt, dass das Brautpaar eingetroffen war.

Paul und Maria nahmen hinter der Pfarrerin Ausstellung, und gemeinsam warteten sie ab, bis die Trompeter mit ihrer Fanfare fertig waren. Gleich darauf ertönte der sehr eindrucksvolle festliche und laute Klang der Orgel, und unter den Blicken aller versammelten Gemeindeglieder schritten Maria und Paul langsam vor zum Altar.

Maria war geradezu überwältigt, als sie erkannte, wie voll die Kirche war. Sie strauchelte ein wenig, und Paul musste sie kurz fest festhalten.

Die Pfarrerin hielt ebenfalls sofort inne und drehte sich zu Maria um. »Ist alles in Ordnung?«

»Es ist nichts.« Maria versuchte zu lächeln. »Ich bin nur etwas überwältigt von den vielen Leuten.«

»Ja, die sind alle wegen dir gekommen.« Frau Reger war es klar, dass es falsch wäre, Maria in dieser Richtung zu schonen. »Alle wollen dein Kunststück sehen.«

»Wir können weiter gehen.« Maria hatte gesehen, dass auch ihre Mutter mit sorgenvoller Miene zu ihr herüber geblickt, und sie wusste, dass sie sich beherrschen musste.

Vor dem Altar standen zwei Stühle, und erst als das Brautpaar sich gesetzt hatte, nahm auch die Gemeinde Platz.



»Hätte nicht der Vater seine Tochter um Altar bringen müssen?« Rosalie war ein wenig verwundert.

»Das ist im deutschsprachigem Raum nicht üblich.« Karl gab sein Wissen wieder. »Das kommt eher aus dem englischen oder amerikanischen Raum.«

»Ich bin doch schon zu lange in Australien.« Rosalie berichtete mit leiser Stimme, dass sie vor kurzem erst der Hochzeit ihrer Schwester beigewohnt hatte.



Nach der Begrüßung der Gemeinde erinnerte die Pfarrerin noch einmal daran, dass heute eine Hochzeit von vor gut achthundert Jahren nachgespielt wurde. »Heute stehen der Prinz Anselm von Schönborn und die Comtess Katerina von Greiffenclau vor dem Altar, die von Paul Mohr und Maria Beller lediglich verkörpert werden.«

»Das Besondere an dieser Hochzeit ist das Gebet auf dem Rücken, welches uns Maria Beller heute so wunderschön präsentiert.« Sie deutete Maria an, einmal aufzustehen. »Ich denke, das ist einen Applaus wert.«

Der sehr stürmische Beifall verebbte nur langsam. Schließlich nahm Maria wieder Platz. »Wie ich es schon angekündigt habe, möchte ich gemäß der alten Tradition alle jungen Mädchen ermutigen, während des ersten Liedes mit ihren versteckten Armen nach vorn zu kommen und sich in die erste Reihe zu setzen.« Sie zeigte auf die beiden freigehaltenen Reihen.

»Und nun lasst uns den Gottesdienst beginnen im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.« Sie begab sich wieder auf ihren Platz in der ersten Reihe.



Die Barock-Pfeiffer begannen mit dem Vorspiel für das erste Lied. Wie es zu erwarten war, traute sich zunächst keines der jungen Mädchen nach vorn. Erst als die Pfarrerin direkt auf die Damen zuging, fassten sich einige der Mädchen ein Herz, kamen tatsächlich nach vorn und setzten sich in die ersten beiden Reihen, die extra zu diesem Zweck freigehalten worden waren.

Bei den früheren Festen empfahlen sich so die jungen Mädchen für die Auswahl der nächsten Katerina, und das eine oder andere Mal hatte eine besondere Anmut eines Mädchen durchaus einen großen Einfluß auf die spätere Entscheidung. Aber auch Mädchen im gleichen Alter wie die Katerina kamen jeweils nach vorn, um ihre versteckten Arme zu präsentieren. Ihre Botschaft war ähnlich: ´Seht her, ich hätte die Katerina auch spielen können.´



»Jetzt verstehe ich, was Frau Mohr meinte.« Leonie strahlte Holger an. »Hilfst du mir bitte in den Handschuh?«

»Aber sehr gern.« Holger grinste bis über beide Ohren. Er fühlte mit Leonie und hatte wie sie begriffen, dass so eine tolle Gelegenheit so bald nicht wieder kommen würde. Er holte den Handschuh aus der Tasche und seine Hände zitterten nicht, als er ihn seiner Freundin anlegte.

Als Leonie dann langsam nach vorn ging, hielt sie trotzdem ihren Blick gesenkt, denn sie traute dem Frieden noch nicht. Doch zu ihrer Überraschung wurde ihr Auftritt zusammen mit allen anderen jungen Mädchen sogar von leichtem Applaus begleitet.



»Die Lesung für den heutigen Tag findet sich im ersten Brief an die Korinther Kapitel 13, Vers 1-13, das sogenannte Hohe Lied der Liebe.« Frederike hatte darum gebeten, diesen Text lesen zu dürfen.

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Wenn einer alle Sprachen der Menschen und sogar der Engel spricht, aber keine Liebe hat, ist er doch nur ein dröhnender Gong oder eine lärmende Pauke.

Wenn einer göttliche Eingebungen hat und alle Geheimnisse Gottes kennt, wenn er den Glauben hat, der Berge versetzt, aber ohne Liebe ist, hat das alles keinen Wert.

Wenn einer seinen ganzen Besitz verteilt und den Feuertod auf sich nimmt, aber die Liebe nicht hat, ist alles umsonst.

Wer liebt, hat Geduld. Er ist gütig und ereifert sich nicht; er prahlt nicht und spielt sich nicht auf.

Wer liebt, ist nicht taktlos, selbstsüchtig und reizbar. Er trägt keinem etwas nach.

Wer liebt, freut sich nicht, wenn der andere Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut.

Wer liebt, gibt niemals jemanden auf. In jeder Lage vertraut und hofft er für ihn. Alles nimmt er geduldig auf sich.

Liebe behält ihren Wert. Die Weisheit der Propheten wird ein Ende haben. Das Wissen um die göttlichen Geheimnisse wird ein Ende haben.

Denn unser Wissen und Reden erfasst von der Wahrheit nur einen kleinen Teil.

Wir werden einmal die ganze Wahrheit sehen.

Wir sehen jetzt nur ein Bild wie in einem Spiegel und können es nicht deutlich erkennen. Dann aber stehen wir Gott selbst gegenüber. Dann werden wir ihn erkennen, wie er uns schon jetzt kennt.

Alles wird aufhören; nur Glaube, Hoffnung und die Liebe nicht. Diese drei bleiben; aber die Liebe steht am höchsten.

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Nach dem Glaubensbekenntnis und einem weiteren gemeinsamen Lied begann die Pfarrerin mit der Predigt. »Als Text für die Predigt habe ich einen Text ausgewählt, der nicht aus der Bibel stammt. Er heißt ´Die Insel der Gefühle´ und ist von ´Le Poete Mos´:

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Vor langer Zeit existierte einmal eine wunderschöne kleine Insel. Auf dieser Insel waren alle Gefühle der Menschen zuhause: Der Humor und die gute Laune, die Traurigkeit und die Einsamkeit, das Glück und das Wissen und all die vielen anderen Gefühle. Natürlich lebte auch die Liebe dort.

Eines Tages wurde den Gefühlen jedoch überraschend mitgeteilt, dass die Insel sinken würde. Also machten alle ihre Schiffe seeklar um die Insel zu verlassen. Nur die Liebe wollte bis zum letzten Augenblick warten, denn sie hing sehr an ihrer Insel.

Bevor die Insel sank, bat die Liebe die anderen um Hilfe.


Als der Reichtum auf einem sehr schönen luxuriösen Schiff die Insel verließ, fragte die Liebe: »Reichtum, kannst du mich mitnehmen?«

»Nein, ich kann nicht. Auf meinem Schiff habe ich sehr viel Gold, Silber und Edelsteine. Da ist kein Platz mehr für dich.«


Also fragte die Liebe den Stolz, der auf einem wunderbaren Schiff vorbeikam. »Stolz, bitte, kannst du mich mitnehmen?«

»Liebe, ich kann dich nicht mitnehmen«, antwortete der Stolz, »hier ist alles perfekt und du könntest mein schönes Schiff beschädigen.«


Als nächstes fragte die Liebe die Traurigkeit: »Traurigkeit, bitte, nimm du mich mit.«

»Oh Liebe«, sagte die Traurigkeit, »ich bin so traurig, dass ich allein bleiben muss.«


Als die gute Laune losfuhr, war sie so zufrieden und ausgelassen, dass sie nicht einmal hörte, dass die Liebe sie rief.


Plötzlich aber rief eine Stimme: »Komm Liebe, ich nehme dich mit.«

Die Liebe war so dankbar und so glücklich, dass sie ganz und gar vergaß, ihren Retter nach seinem Namen zu fragen.


Später fragte die Liebe das Wissen: »Wissen, kannst du mir vielleicht sagen, wer es war, der mir geholfen hat?«

»Ja sicher«, antwortete das Wissen, »das war die Zeit.«

»Die Zeit?« fragte die Liebe erstaunt, »warum hat mir denn die Zeit geholfen?«

Und das Wissen antwortete: »Weil nur die Zeit versteht, wie wichtig die Liebe im Leben ist.«

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»Ein schöner Text«, flüsterte Karl leise zu Rosalie.

»Ja.« Rosalie wischte sich eine Träne weg. »Eine sehr moderne Pfarrerin.«



Nach der Predigt spielten die Barock-Pfeiffer das Largo von Händel, und es war deutlich zu hören, dass Anna an der ersten Flöte all ihre Gefühle in ihr Spiel legte, um den Augenblick so feierlich wie möglich zu gestalten.



Auf ein Zeichen von Frau Reger traten der Prinz und die Comtess an den Altar.

»So frage ich euch vor Gott und dieser Gemeinde: Prinz Anselm von Schönborn, wollt ihr die Comtess Katerina von Greiffenclau, die Gott euch anvertraut, als eure Ehefrau lieben, achten und ehren und die Ehe mit ihr nach Gottes Gebot und Verheißung führen - in guten und schlechten Tagen -, bis dass der Tod euch scheidet, so antwortet: ´Ja, mit Gottes Hilfe´.«

Prinz Anselm antwortete. »Ja, mit Gottes Hilfe.«



»Comtess Katerina von Greiffenclau, wollt ihr den Prinzen Anselm von Schönborn, den Gott euch anvertraut, als euren Ehemann lieben, achten und ehren und die Ehe mit ihm nach Gottes Gebot und Verheißung führen - in guten und schlechten Tagen -, bis dass der Tod euch scheidet, so antwortet: ´Ja, mit Gottes Hilfe´.«

Auch die Comtess Katerina beantwortete die Frage klar und deutlich.



Dann wandte sich die Pfarrerin an die Gemeinde. »Wollt ihr dies Paar nach Kräften begleiten mit der Liebe und Phantasie, die Christus uns gezeigt hat, so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.«

Alle in der Kirche antworteten: » Alle: Ja, mit Gottes Hilfe.«



Für die gegenseitigen Versprechen hatte die Pfarrerin kleine Texttafeln vorbereitet, so dass Paul und Maria nur ablesen mussten. Trotzdem waren sie bemüht, in der feierlichen Stimmung zu bleiben.

»Katerina, ich nehme dich als meine Ehefrau aus Gottes Hand. Ich will dich lieben und ehren, dir vertrauen und treu sein. Ich will dir helfen und für dich sorgen, will dir vergeben, wie Gott uns vergibt. Ich will zusammen mit dir Gott und den Menschen dienen, solange wir leben. Dazu helfe mir Gott.«

»Anselm, ich will dich als meinen Ehemann von Gott annehmen. Ich will mein Leben mit dir teilen. Ich will mit dir lachen und weinen. Ich will mit dir reden und schweigen. Ich will immer bei dir bleiben. Dazu helfe mir Gott.«



»Jetzt müssen sie die Ringe tauschen.« Rosalie war sehr angespannt, obwohl sie wusste, dass die Hochzeit von Maria nicht echt war.

»Aber wie kann das gehen?« Karl war etwas verwundert. »Sie trägt doch die Arme im Gebet.«

Erst jetzt kam Rosalie ins Grübeln. »Stimmt, gute Frage. Keine Ahnung, wie sie das machen wollen.«



Das Herz von Doris schlug und sowohl Theo als auch ihre Mutter mussten sie beruhigen. Gleich würde ihr kleiner und für sie doch so großer Auftritt kommen. Noch nie hatte sie ihre Ketten vor so viel Leuten gleichzeitig gezeigt.

»Jetzt müssten die Brautleute die Ringe tauschen.« Die Pfarrerin gab Doris das verabredete Zeichen. »Da die Katerina aus offensichtlichen Gründen ihre Finger nur sehr eingeschränkt benutzen kann, wird ihre Dienerin ihr bei diesem Teil der Zeremonie helfen. Kommen sie bitte nach vorn.« Frau Reger blickte Theos Verlobte ermunternd an.

Doris fühlte Pudding in den Knien, als sie jetzt aus der Reihe trat und mit dem deutlich hörbaren Klirren ihrer Ketten langsam vor zum Altar trat.

»Ein Applaus für diese engagierte Schauspielerin.« Die Pfarrerin zwinkerte Doris kurz zu.

Nachdem der Beifall verebbt war, reichte Frau Reger dem Prinzen ein kleines mit Samt bezogenes Kissen, auf dem die zwei Ringe lagen.

Als Paul die Ringe sah, fiel ihm ein, dass er sich extra den Verlobungsring seiner Mutter eingesteckt hatte, weil er die Plastikringe so billig fand. Doch es war jetzt zu spät, etwas zu ändern.

Doris trat an Maria heran und öffnete den kurzen Reißverschluss im Nacken, der ihre Finger verbarg. Paul trat zu ihr und konnte so Maria den Ring an den Finger stecken.

Ursprünglich hätte Doris den Ring für Paul zwischen Marias Finger stecken sollen und Maria hätte ihn dann an Pauls Finger stecken sollen. Doch es war ihnen recht bald klar geworden, dass Maria gar nicht sehen konnte, was sie mit ihren Armen machen würde.

Doch die Lösung war einfach. Doris hielt Maria den Ring so hin, dass sie ihn mit der befreiten Hand zwischen Daumen und Zeigefinger halten konnte. Dann führte Doris Pauls Hand mit dem ausgestreckten Ringfinger direkt in den bereitgehaltenen Ring.

Danach ging sie bewusst würdevoll wieder auf ihren Platz zurück und setzte sich. Theo ergrff ihre Hand und drückte sie.



Mit dem abschließenden Trausegen beendete die Pfarrerin diesen Teil der Zeremonie:

Der gütige und menschenfreundliche Gott segne euch und euer gemeinsames Leben, das ihr im Vertrauen aufeinander und auf Ihn begonnen habt.

Er schenke euch Freude aneinander und Geduld miteinander. Er lasse eure Liebe wachsen und befähige euch zur Treue. Er schenke euch viele gute Tage und stärke euch in den bösen Zeiten.

Er segne euch in euren Kindern und helfe euch, gute Eltern zu sein. Er segne Eure Wohnung, damit ihr gern und gastfreundlich darin wohnt. Er segne eure Arbeit, damit sie euch nicht nur Last, sondern auch Freude sei.

Er schenke euch ein langes, zufriedenes und erfülltes Leben. Er umgebe euch mit Freunden und euch wohlgesinnten Menschen. Er lasse euch das Ziel eures Lebens nie aus den Augen verlieren.

Ein geglücktes Leben hier und die ewige Freude dort schenke euch der allmächtige Gott: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

Als Lied nach der Trauung war ´Nun danket alle Gott´ vorgesehen, und als die Orgel mit dem Vorspiel einsetzte, blickten sich Paul und Maria erleichtert an.



Nach dem Lied wurden die Fürbitten vorgetragen, und nach der letzten Bitte trat Herr Greinert vor die Gemeinde. »Bei den bisherigen Aufführungen wurde spätestens nach dem Ja-Wort der Katerina der Handschuh abgenommen. Doch wir alle möchten sie, Frau Beller, bitte, uns das Gebet auch auf der Kutschfahrt zu zeigen. Ich denke, dass ist der allgemeine Wunsch.«

Der sofort einsetzende tosende Applaus bewirkte, dass Paul und Maria aufstanden, sich gemeinsam zum Publikum drehten und mehrmals verbeugten. Erst als der Beifall langsam abebbte, räusperte sich Maria und mit klarer Stimme gab sie ihre Antwort. »Ich erfülle ihnen diesen Wunsch sehr gern.«



»Sie hat auch gar keine Wahl.« Rosalie blickte zu Karl. »Soweit ich das mitbekommen habe, ist sie in das Kleid eingenäht.«

»Trotzdem, ein toller Gottesdienst.« Karl ignorierte Rosalies leichten Spott.



Nach dem obligatorischen Vaterunser erteilte die Pfarrerin noch den Abschluss-Segen und gleich darauf ertönte das Vorspiel zu ´Großer Gott, wir loben dich´.

Nach den drei Strophen, die von den Barock-Pfeiffern begleitet wurde, war es für einen kurzen Moment ruhig in der Kirche, und dann begann die Orgel mit ´Toccata und Fuge´ von Bach, deren sehr prägnanter Anfang dem Auszug noch einmal etwas sehr Feierliches gab.

Nach einigen Minuten stand die Pfarrerin auf und der Auszug des Brautpaares begann.

* * *

Als sie die Kirche verließen, hatte Paul eigentlich erwartet, die Kutsche vor der Kirche zu sehen. Nach einigem Umherschauen entdeckte er sie auch, doch sie stand noch etwas abseits, und Kerstin war gerade dabei, die Pferde mit etwas Wasser zu versorgen. Auf dem Platz vor der Kirche hingegen waren einige Stehtische aufgebaut und mit weißen Decken gedeckt. An der Seite stand ein Tisch mit gefüllten Sektgläsern.

»Wir geben noch einen kleinen Empfang, um die besondere Leistung zu würdigen.« Frau Reger hatte die Verwunderung bemerkt. »Hat euch Frau Bayer darüber nicht informiert?«

»Nein, das war uns nicht bekannt.« Paul schüttelte den Kopf. »Aber das gehört jetzt nicht mehr zum Katerinenfest, oder?«

»Nein! Das Fest ist vorbei. Oder eigentlich erst nach eurer Kutschfahrt nachher.« Die Pfarrerin lachte. »Aber es gibt viele, die euch und vor allem dir gratulieren und die Hand schütteln möchten.«

Maria erkannte sofort, dass die von ihrer Mutter angeregte Zurückhaltung immer noch galt. »Ich muss sie leider enttäuschen, aber das mit dem Händeschütteln wird schwierig.«

»Ach Gott, was rede ich da.« Frau Reger war etwas verlegen, als sie ihren Fehler bemerkte. »Aber ihr wisst doch sicherlich, wie es gemeint ist.

»Natürlich.« Paul lächelte.

»Aber auf ein Gläschen Sekt darf ich euch doch einladen.« Doch dann fiel der Blick der Pfarrerin auf Marias nicht mehr sichtbare Arme. »Ach wie ungeschickt von mir, Sekt geht ja auch nicht.«

»Sekt geht.« Maria erkannte, dass sie Farbe bekennen musste. »Paul wird mir das Glas halten.«

»Ich bin erleichtert.« Frau Reger blickte nach oben. »Und der Wettergott hatte auch ein Einsehen mit uns.« Sie lächelte. »Ich habe heute eigentlich schon genug geredet«, meinte sie etwas selbstironisch. »Aber so eine tolle Leistung muss einfach belohnt werden.«

Wieder hatten sich ein paar Redner gemeldet, die Maria wegen der außerordentlichen Leistung beglückwünschten und ihr auch Umschläge überreichten. Meistens bemerkten die Redner erst, dass Maria den Umschlag nicht entgegennehmen konnte, als sie etwas verlegen mit den Schultern zuckte. Paul nahm dann jeweils den Umschlag entgegen.



»Frau Beller, dies ist der Künstler, der die Statue von ihnen anfertigen wird.« Der Bürgermeister stellte einen Mann vor, dessen dichter Bart sein Alter schwer schätzen ließ. »Herr Rudolfo bittet sie um einen Besuch, damit sie die Statue gemeinsam entwerfen können.«

Maria bewegte schon lange etwas, jetzt erkannte sie, dass sich eine passende Gelegenheit bot. »Darf die Statue auch ein Paar darstellen?«

Der Bürgermeister und der Künstler blickten sich an. »Warum denn das?« fragte Herr Heinrich schließlich.

»Ich verdanke Paul so viel.« Maria blickte ihrem Freund ins Gesicht, während sie weiter sprach. »Er ist immer für mich da, verzichtet selbstlos auf eigene Wünsche und liest mir hingegen jeden Wunsch von den Augen ab. Er beschützt mich rund um die Uhr und gibt mir immer die Kraft für das Gebet.«

Während sie sprach, hatte Paul Mühe, die Fassung zu wahren und seine Tränen zurückzuhalten. Zu einer Antwort war er in diesem Moment nicht fähig.

Doch die spontane Liebeserklärung wirkte auch beim Bürgermeister und dem Künstler. Auch sie mussten erst einmal schlucken, bevor sie weitersprechen konnten.

»Das geht sicherlich.« Herr Heinrich versuchte zu verdrängen, dass der Preis für die Statue schon ausgehandelt war und eigentlich für Änderungen kein Geld mehr verfügbar war.

Frederike hatte das Zögern ebenfalls bemerkt. Sie trat an den Künstler heran und fragte unauffällig nach den Problemen.

»Es geht um die Materialkosten.« Er war bemüht, leise zu sprechen. »Ich müsste billigeres Material nehmen.«

Frederike war sehr stolz auf ihre Tochter. »Machen sie es wie von meiner Tochter gewünscht, und alle anfallenden Mehrkosten werde ich übernehmen.« Sie reichte ihm die Hand.

Auf einmal war Hufgeklapper zu hören. Kerstin näherte sich mit der Kutsche, nachdem Renate ihr diesbezüglich ein Zeichen gegeben hatte.
778. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 06.06.17 18:06

Hallo gag_coll

Und wieder einmal kein Grund zur Beanstandung. Im Gegenteil, wieder einmal eine wunderschöne Fortsetzung!
Ich selber hatte ja ein wenig die Hoffnung, das Maria und Paul wirklich in den Hafen der Ehe fahren auf dem Fest aber das war wieder mal "wünschdirwas" von mir. Ich bin halt ein Träumer in der Beziehung.
Ich warte gespannt auf DIE nächsteN TeilE. Und vielleicht klappt das, mit Maria und Paul, ja noch mit dem Eheversprechen, in Ketten und Korsett.

Gruß Gozar
779. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundfünfzig - Vorletzter Teil

geschrieben von gag_coll am 07.06.17 06:28

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundfünfzig - Vorletzter Teil
Autor: Karl Kollar

(noch Sonntag, 26. September 1984 - Festwochenende)

»Wie kann ich mich dafür bedanken?« Paul sprach leise, als sie in der Kutsche Platz genommen hatten.

»Bleib einfach so, wie du bist.« Maria gab ihm einen Kuss. »Und jetzt lege bitte den Arm um mich. Die Leute wollen ein glückliches Brautpaar sehen.«

»Das sind wir doch, oder?« Paul achtete peinlichst genau darauf, Marias Hilflosigkeit nicht zu missbrauchen, vor allem da er wusste, dass Maria seinen Berührungen nicht ausweichen konnte. Doch dieser so netten Aufforderung kam er gern nach.

»Ihr seid ein wirklich tolles Brautpaar.« Eine bekannte Stimme erklang hinter ihnen.

Paul drehte sich um und sah, dass sich die vier Brasilianer in ihren schicken Uniformen wieder hinter der Kutsche aufgestellt hatten.

»Das Leibregiment ihrer Hoheit meldet sich zum Dienst.« Sarah hatte ein breites Lächeln auf den Lippen.

»Die Prinzessin lässt ihren Dank ausrichten.« Paul lächelte ebenfalls.



»Da drüben sind Wolkenbergs.« Maria blickte in eine bestimmte Richtung. »Winkst du mal?«

Paul kam der Bitte nach. Dieses Mal standen drei Paare beieinander. Leonie mit ihrem Freund, ihre Schwester mit deren Freund sowie die Eltern. Es war deutlich zu erkennen, dass Leonie ihren Handschuh noch trug.

»Leonie ist sehr glücklich.« Maria seufzte. »Jetzt hat sie endlich einen Freund, der sie versteht.«

»Ja, da hatte meine Oma ein sehr geschicktes Händchen bewiesen.« Paul winkte erneut. »Es war sehr faszinierend, Leonie in ihrer selbstgewählten Hilflosigkeit zu beobachten.«

»Habe ich Grund zur Eifersucht?« Maria hatte ein Lächeln in der Stimme.

Paul erkannte sofort, wie Maria es gemeint hatte. »Naja, solche Handschuhe hast du halt nicht.« Er grinste.

»Vielleicht hat deine Oma noch ein Exemplar.« Maria blickte verträumt in die Ferne. »Oder wir fragen Frau Bartels, ob sie uns so welche nähen kann.«



»Bis zur Bäckerei könnten wir auch zu Fuß gehen.« Renate lächelte. »Aber mit der Kutsche ist es viel romantischer.«

»Sie bietet auch einen gewissen Schutz vor ungewollten Berührungen.« Kerstin war hochkonzentriert, denn sie musste ihre Pferde unter Kontrolle halten. »Wo kommen bloß all die Leute her?«

Renate war ebenfalls ein wenig besorgt. »Es scheint, ganz Landsbach ist auf den Beinen. Hoffentlich kommen wir da überhaupt durch.« Sie blickte nach vorn zu den Pferden. »Schaffen sie es wirklich, alle vier Pferde unter Kontrolle zu halten?«

»Ich hoffe es.« Kerstin war ein wenig verlegen. »Es bedarf hoher Aufmerksamkeit. Aber wir werden begleitet.«

»Begleitet von wem?« Renate war wegen der Massen von Menschen, die sich mittlerweile um die Kutsche geschart hatten, nichts aufgefallen.

»Wir sind eigentlich zu fünft.« Sie machte darauf aufmerksam, dass jeweils einer von ihrem Reitverein sich um jeweils ein Pferd kümmern wird. »Sie gehen direkt neben ihnen und können sofort eingreifen. Es ist auch wichtig für das Pferd, dass jemand Vertrautes in nächster Nähe ist.«

»Ich verstehe.« Renate war beeindruckt.

»Und wir werden auch noch von der berittenen Polizei begleitet.« Kerstin blickte sich um. »Sobald sie da sind, geht es los.«

»Ich wusste gar nicht, dass Landsbach eine berittene Polizei hat.« Renate wunderte sich.

»Haben sie auch nicht.« Kerstin berichtete, dass der hiesige Polizeichef extra zwei Reiter aus München angefordert hatte. »Wir haben die Route schon abgesprochen.«

In diesem Moment war weiteres Hufgetrappel zu hören, und gleich darauf erschienen zwei berittene Polizeibeamtinnen neben der Kutsche. »Alles klar?«

»Seid ihr bereit?« Kerstin hatte sich vom Kutschbock her zu dem Brautpaar hin umgedreht.

»Es kann losgehen.« Paul gab Maria noch einen Kuss.

Kerstin stimmte sich noch kurz mit der Beamtin ab, dann hob sie die Zügel hoch. »Sobald sie vor der Kutsche sind, geht es los.«



Die Größe der Polizeipferde bewirkte, dass die Leute, die am Straßenrand und teilweise auch auf der Straße standen, respektvoll zurückwichen und so auch Kerstin mit der Kutsche Platz machten.

Vor der Bäckerei blieb Kerstin stehen. Herr Friedrich selbst kam in Begleitung seiner Schwester an die Kutsche und beglückwünschte das Paar. »Eine tolle Leistung.«

Auch Frau Friedrich war von Marias Haltung und vor allem von ihrer Erscheinung tief beeindruckt.



Ähnlich verlief der Empfang bei der Metzgerei, doch als Maria sah, dass sogar die alte Frau Sauer in ihrem Rollstuhl vor dem Haus stand, sagte sie Kerstin, dass sie kurz aussteigen wollte.

»Das ist eigentlich nicht vorgesehen.« Sie wandte sich an Carlos, der mit seinen Leuten die Kutsche ebenfalls begleitete.

»Wenn Maria kurz aussteigen möchte, dann machen wir das möglich.« Der Chef der Wachmannschaft trat an die Kutsche heran und öffnete selbst die Tür.

Paul hatte sofort erkannt, was Maria bewegte. Sie wollte der ältesten noch lebenden Darstellerin der Katerina die Ehre erweisen, und er wusste, dass er sie dabei zu unterstützen hatte.



Frau Sauer war zu Tränen gerührt, als Maria vor ihr in die Hocke ging. »Dass ist das noch erleben darf.« wiederholte sie mehrfach, dabei strich sie ihr zärtlich über den Kopf.

Maria schluckte nur, sie war nicht zu einer Antwort fähig.

»Die Comtess muss jetzt weiter.« Es war ihre Enkelin Anna Sauer, die ihre Oma schließlich darauf aufmerksam machte, dass Maria noch weitere Termine hatte.

»Es ist gut, mein Kind.« Frau Sauer lehnte sich in ihrem Rollstuhl wieder zurück. »Ihr seid ein schönes Paar.«

Paul hatte einen Kloß im Hals, als er ihr die Hand reichte. Nur mühsam fand er ein paar Dankesworte.



Als sie wieder in der Kutsche saßen, schwiegen sie einige Zeit, so ergriffen waren sie von der Begegnung.

»Danke, dass du mich festgehalten hast.« Maria lächelte. »Ich habe erst an die Stiefel gedacht, als ich schon in der Hocke war.«

»Es war eine Schrecksekunde.« Paul lächelte ebenfalls. »Mir war sofort klar, dass du umfallen würdest, und das musste ich verhindern.«

»Ihr seid wirklich gut aufeinander eingespielt.« Renate drehte sich bewundernd nach hinten. »Es ist überhaupt nicht aufgefallen.«

Maria gab Paul einen Kuss. »Was ist die nächste Station?«

»Es kommen noch die Sparkasse und auf euren persönlichen Wunsch hin noch Herr Weiterer.« Renate blickte noch einmal kurz in die kleine Mappe, die sie fast immer bei sich trug. »Und dann kommt noch das Abschlussessen im Rathaus.«

»Dann haben wir es ja bald geschafft.« Paul drehte sich zu Maria. »Wie geht es dir?«

»Naja, das sind jetzt schon fast drei Stunden.« Maria drehte ihren Kopf langsam zu Paul und blickte ihn eindringlich an.

Paul erkannte sofort, was Maria bewegte, und er war bemüht, ihrer nicht ausgesprochenen Aufforderung nachzukommen. Er griff zu der Fernbedienung in seiner Tasche und drückte den entsprechenden Knopf. Gleichzeitig legte er den Arm um seine Freundin.

Maria gab ihm einen Kuss, dann schloss sie die Augen und ließ sich in seine Arme fallen. Das sanfte Schaukeln der Kutsche mischte sich mit den Vibrationen, die sie an so prominenter Stelle spürte, und schon bald hatte sie ihre Umgebung vergessen und gab sich ganz ihren Gefühlen hin. Sie achtete lediglich darauf, nicht zu auffällig zu stöhnen.

Paul erkannte ihren Höhepunkt sofort und er streichelte sie an den Stellen, von denen er wusste, dass Maria es mochte und jetzt auch noch spüren konnte.



Kerstin war extra etwas langsamer gefahren, und als Maria ihre Augen wieder öffnete, sah sie das Gebäude der Sparkasse gerade näher kommen, und jetzt realisierte sie auch, dass ihr schon die ganze Zeit zugejubelt wurde.

»War das die ganze Zeit schon?« fragte sie sehr verlegen.

»Keine Sorge, ich habe Kerstin gesagt, dass wir etwas Zeit brauchen, und ich habe für dich gewinkt.« Paul hatte erkannt, worum sich seine Freundin sorgte. »Es hat keiner gemerkt, und du hattest die ganze Zeit ein Lächeln im Gesicht.«

»Na dann.« Maria gab Paul wieder einen Kuss. »Jetzt werde ich es noch einige Zeit aushalten.«

»Es kommen ja nur noch das Mittagessen und der Fototermin.« Paul klang erleichtert. »Dann haben wir es geschafft.«

Maria seufzte, und es war nicht zu erkennen, ob sie es bedauerte oder ob sie erleichtert war.



Vor der Sparkasse wurden sie von Herrn Steinhagen persönlich begrüßt, und auch er überreichte ihnen einen Umschlag. »Für ihre ganz außergewöhnlichen Leistungen.«

»Wir sagen danke.« Paul deutete eine Verbeugung an.

Dieses Mal mussten sie zwar nicht aussteigen, aber dafür wurde wieder Sekt gereicht. »Jetzt habt ihr es doch fast überstanden.«



»Wir müssen dann weiter.« Kerstin fühlte, dass sie nun etwas auf das Tempo drücken durfte, ohne dass die Sparkasse in Gestalt von Herrn Steinhagen beleidigt sein würde.

»Natürlich.« Der Sparkassendirektor selbst nahm die Gläser entgegen und gab dann Kerstin das Signal zum Weiterfahren.



Der Besuch bei dem alten Monohandschuhlehrer war für Maria eine Herzensangelegenheit. Natürlich wusste sie, dass sie ihre ´Qual´ damit deutlich verlängerte, weil er etwas abseits wohnte, doch der Besuch war ihr sehr wichtig. Sie hatte einfach eine zu große Achtung vor dem Herrn.

Er saß wie üblich vor dem Haus, doch als er die ersten Geräusche der Kutsche hörte, wurde er neugierig. Er stand auf und trat an vor an seinen Gartenzaun. Doch erst, als er sah, wer in der Kutsche saß, glitt auf einmal ein Lächeln in sein Gesicht.

Die Kutsche blieb vor seinem Haus stehen, und Carlos öffnete wieder die Tür der Kutsche.

Mit Hilfe von Paul stieg Maria aus der Kutsche aus und machte vor Herrn Weiterer einen tiefen Knicks.

»Ich wusste es«, Herr Weiterer war sichtlich fasziniert von Maria und ihrem Gebet. »Ich wusste es die ganze Zeit, dass du das kannst und machen wirst. Und du warst toll in der Kirche.«

Maria brachte kein Wort heraus. Sie wiederholte ihren Knicks.

»Das ich das noch erleben darf.« Tränen liefen über seine Wangen. »Und dass ihr an mich gedacht habt.«

Auch Paul war sehr ergriffen von der Szene. Er legte die Hand auf Marias Schulter.

»Wenn alles vorbei ist, dann kommt ihr noch einmal zu mir zum Kaffee.« Herr Weiterer blickte zu der Kutsche. Erst jetzt realisierte er auch die beiden Polizistinnen, die der Szene etwas unsicher zusahen. »Ich glaube, ihr müsst dann weiter.« Er verbeugte sich vor Maria. »Danke für den Besuch. Es war für mich eine große Ehre, und ich habe mich sehr gefreut.«

Mit einem Kloß im Hals bestieg das Paar wieder die Kutsche. Die Fahrt bis zum Rathaus verlief schweigend.

* * *

»Ich denke, es wurden genug Reden gehalten.« Robert Greinert war aufgestanden und hatte sein Glas gehoben. »Mit diesem Essen möchte ich mich bei ihnen allen für das rundum gelungene Fest bedanken.«

Alle, die irgendwie mit dem Fest zu tun hatten, waren an der großen Tafel im Rathaussaal versammelt. Sofort wurde applaudiert.

»Sieben Jahre Vorbereitung und nun ist es wieder vorbei.« In diesem Moment klang er etwas wehmütig. »Aber ich bin mehr als erleichtert, dass alles so gut gelaufen ist.« Er erhob sein Glas. »Lassen sie uns auf das wunderschöne Fest anstoßen.« Ein Meer von Glasklirren durchflutete den Saal. »Und nun wünsche ich ihnen allen einen guten Appetit.«



»Wollt ihr das Kleid nicht lieber ausziehen?« Robert lächelte. »Jetzt ist das Fest doch vorbei.«

Paul und Maria blickten sich kurz an. Schließlich rang sich Maria zu einer Antwort durch. »Das geht nicht. Ich bin in das Kleid eingenäht.«

»Und wie macht ihr das mit dem Essen?« Der Vorsitzende war etwas verlegen.

»Wir sind das gewöhnt.« Maria lächelte stolz. »Er wird mich füttern.«

Auch Leonie trug noch ihren Handschuh, und auch sie wurde von Holger gefüttert, doch es war deutlich zu sehen, dass sie bei weitem noch nicht so gut aufeinander eingespielt waren.

* * *

»Wollt ihr das Kleid nicht langsam mal ausziehen?« Amelie lachte. »Man könnte ja meinen, es wäre eure echte Hochzeit.«

»Wir üben schon dafür.« Maria lächelte kurz. »Ich bin in das Kleid eingenäht.«

»Ein anderes Kleid haben wir auch nicht dabei«, ergänzte Paul.

»Wir wollten uns verabschieden.« Leonhard reichte Paul die Hand und verbeugte sich vor Maria.

»Vielen Dank, dass wir bei diesem außergewöhnlichen Fest dabei sein durften.« Amelie lächelte verträumt. »Wir sehen uns bei meiner Hochzeit.«



»Wir fahren jetzt noch einmal zum Schloss, weil dort die offiziellen Fotos gemacht werden.« Carlos war zu Maria an den Tisch gekommen. »Ich habe meinen Leuten frei gegeben, es reicht, wenn ich und Franz-Ferdinand auf dich aufpassen.«

Maria hatte auf einmal ein seltsames Gefühl, doch sie wagte nicht, dem Chef der Wachmannschaft zu widersprechen.
780. RE: Maria

geschrieben von kaes am 07.06.17 13:09

Hallo gag_coll

das sind ja schlimme Neuigkeiten. Da fährt man mal in den Urlaub und wenn man wieder kommt dann steht da plötzlich Vorletzte Teil.

Ok, alles hat einmal ein Ende und so ist es wohl auch bei dieser Geschichte.

Für den leten Teil hast du dir ja einiges dann vorgenommen, bin echt gespannt.

Für die andern Teile sage ich Danke und hoffe darauf, das dir etwas Neues einfällt und du es hier veröfentlichst.

Gruß klaus
781. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 07.06.17 17:04

Himmel Arsch und Zwirn, gag_coll was Du mit uns machst ist Folter pur.
Wenn nicht binnen kürzester Zeit der nächste und leider letzte Teil hier zu lesen ist dann......

dann müssen wir warten

Lass uns nicht zu lange warten BITTE!

Gruß Gozar
782. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 08.06.17 20:07

Huhu Gag_coll

Da kommt es nun also.... Das Ende.

Ich danke dir für eine echt tolle Zeit beim Lesen deiner Geschichte.

Ich hoffe, dass es mit Maria und Paul gibt.

Mit fesselnden Grüßen

Kami
783. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundfünfzig - Letzter Teil

geschrieben von gag_coll am 09.06.17 06:27

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundfünfzig - Letzter Teil
Autor: Karl Kollar

(noch Sonntag, 26. September 1984 - Festwochenende)


»Wo wollt ihr die Fotos machen?« Franz-Ferdinand stieg aus dem Auto aus. »Wie wäre es auf der Terrasse? Dort gibt es entweder den Blick in den Schlosspark oder die schöne Mauer mit den alten Fenstern.« Es lag in seinem ureigensten Interesse, dass sie nicht zu weit vom Schloss entfernt waren.

Hans blickte sich um. »Ja, die Terrasse ist gut geeignet.« Er machte sich daran, seine Ausrüstung auszupacken.

»Ich habe noch einen kleinen Umtrunk vorbereitet.« Franz-Ferdinand trug ein Tablett mit Sektgläsern vor sich. »Bitte greift zu.« Er nahm sich als erster ein Glas herunter. »Auf das gelungene Fest.«

Die anderen ließen sich nicht lange bitten, gemeinsam tranken sie auf die hinter ihnen liegenden Stunden.

* * *

Maria schlug die Augen auf und blickte sich verwirt um. In ihrem Mund spürte sie einen Ball, wie sie ihn in der Vergangenheit schon so oft getragen hatte. Doch wo waren die anderen und vor allem, wo war sie?

»Hallo Maria!« Sophie saß auf dem Stuhl vor dem Bett und lächelte verlegen. »Schön, dich zu sehen.«

Maria wollte fragen, wo sie sei, doch durch den Ball kam nichts verständliches heraus. Sie verdrehte die Augen. Paul hätte sie bestimmt verstanden. Auf einmal erschrak sie fürchterlich. Wo war Paul? Sie blickte hektisch umher.

»Warte, ich nehme dir den Knebel aus dem Mund.« Sophie kniete sich vor den Stuhl und öffnete die Schnalle des Knebels.

»Danke.« Maria blickte sich verwundert und ängstlich um. »Wo bin ich hier?«

»Im Schloss meines Vaters.« Die Baroness hatte etwas Resignation in der Stimme. »Er hält mich hier gefangen.«

»Er wurde doch verhaftet.« Maria war verwundert.

»Und ich bin schuld daran.« Sophie schlug sich die Hände vor das Gesicht und begann zu weinen. »Ich habe ihn dazu gezwungen.«

»Das ist doch Quatsch.« Maria drängte sich an Sophie. Sie hätte sie gern gestreichelt und getröstet, doch sie trug die Arme immer noch im Gebet auf dem Rücken.

»Wo sind denn deine Arme?« Sophie erinnerte sich an den Besuch im Krankenhaus. »Oder hast du gar keine?«

»Doch, natürlich.« Maria lachte trotz der angespannten Situation. »Die sind unter dem Kleid verborgen.«

Sophie ging einmal um Maria herum. »Ich sehe nichts.«

»Könntest du mir das Kleid aufmachen?« Marias Stimme war leise. »Auf dem Rücken müsste ein Reißverschluss sein.«

Sophie sah sich die Rückseite des Kleides an. »Da ist keiner.«

»Dann hatte die Schneiderin recht.« Maria seufzte. »Ich wollte es nicht glauben, als sie sagte, dass sie mich in das Brautkleid einnäht. Ich hatte bisher es für einen Scherz gehalten.«

»Du siehst toll aus.« Sophie bewunderte das Kleid.

»Ja.« Maria seufzte. »Nur langsam würde ich gern meine Arme wieder bewegen.«

»Du bist ja vollkommen hilflos.« Sophie war erstaunt. »Fast so wie ich im Gipspanzer.«

Maria blickte Sophie verwundert an. »Was für ein Gipspanzer?«

»Na der im Krankenhaus. Als du mich besucht hast.« Sophie lächelte. »Ich glaube, wir haben uns viel zu erzählen.«



»Wo bin ich, und was ist passiert?« Paul lag auf der Terrasse und blickte sich um. Carlos war gerade dabei, Andrea aufzuwecken.

»Er hat uns ein Schlafmittel gegeben und Maria entführt.« Hans stand neben Paul und rieb sich die Augen.

»Wer?«, fragte Paul, obwohl er wusste, dass er die Antwort nicht hören wollte.

»Franz-Ferdinand ist zusammen mit Maria verschwunden.« Carlos´ Stimme zeigte, wie verärgert er war.

Jetzt erkannte Paul das ganze Bild. »Maria! Das Gebet! Sie trägt es jetzt schon fast sechs Stunden.« Er keuchte. »Wir müssen sie unbedingt finden!«

Auf einmal kamen Leonie und Holger um die Ecke. Es war sofort zu sehen, dass Leonie ihren Handschuh trug. »Wir wollten fragen, ob wir auch ein paar Fotos bekommen könnten.«

»Maria wurde entführt!« Paul schrie geradezu. »Wir wissen nicht, wo sie ist, und sie trägt immer noch das Gebet!«

»Wir müssen die Polizei einschalten.« Andrea stand auf. »Vor dem Schloss ist eine Telefonzelle.«

»Soll ich dir den Handschuh abnehmen?« Holger blickte Leonie besorgt an.

»Das kostet zuviel Zeit.« Leonie war ehrlich besorgt. »Wir müssen Maria finden.«



»Es tut mir leid, aber ich müsste dir das Kleid zerreissen, um es zu öffnen.« Sophie seufzte. »Aber dafür reicht meine Kraft nicht.«

»Nun ja, einen Versuch war es wert.« Maria verdrehte die Augen. »Wieso bist du eigentlich hier?«

Die Baroness holte sehr tief Luft. »Du weißt doch sicher noch, was für einen miserablen Ruf ich hatte. ´Das Partyluder´ war noch die höflichste Bezeichnung.«

Maria hielt sich mit ihrer Antwort noch zurück.

»Ich hätte das Fest sicher ruiniert, und deswegen hat mein Vater mich aus dem Verkehr gezogen.« Sophie erzählte mit ruhiger Stimme. »Ich wünschte nur, er hätte es vielleicht auf eine weniger brutale Art gemacht.«

»Der scheinbare Autounfall?« Maria gab wieder, was sie wusste. »Die Reporterin ist deinem Vater ja auf die Schliche gekommen.«

»Und deswegen wurde er verhaftet.« Sophie erklärte, dass sie es im Radio gehört hatte.

»Und warum bin ich jetzt hier?« Maria blickte sich um und runzelte die Stirn.

»Das ist eine der alten Dienstboten-Wohnungen.« Sophie zeigte auf die Tür. »Mein Vater hat sie zu einem Gefängnis ausbauen lassen.« Sie schluckte. »Zu meinem Gefängnis.«

Maria schluckte ebenfalls heftig.

»Sein Neffe, dieser schleimige Franz-Ferdinand hat dich gerade herein getragen und gesagt, ich solle mich um dich kümmern.« Der Ekel war deutlich in ihrer Stimme zu hören.

»Warum nur?« Maria war entsetzt über die Neuigkeiten.

»Er sagte, er müsse noch etwas erledigen, und wenn er dann in Sicherheit wäre, würde er einen Tipp geben, wo man uns finden könne.« Sophie seufzte. »Ich glaube, er hat dann noch etwas vor die Tür geschoben.«

»Das kann aber noch lange dauern.« Maria kam ins Grübeln. »Wie spät mag es jetzt sein?«

»Ich habe keine Uhr hier.« Sophie lächelte verlegen. »Aber als du kamst, hatte es gerade drei Uhr geschlagen.«

Maria blickte Sophie verwundet an.

»Ich höre die Glocke vom Schlossturm.« Sophie blieb verlegen. »Das ist meine Uhr...« Sie zögerte ein wenig. »Und das dort ist mein Kalender.« Sie zeigte auf das kleine Brett, auf dem die Spielfiguren aufgestellt waren.

Maria zählte elf Figuren, und zwei davon waren Rot. In ihr arbeitete es heftig. Schließlich hatte sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen. »Hast du eine Schere oder ein Messer?«

Mehr als einmal hatte Sophie ihr kleines Reich durchsucht, ob es nicht vielleicht etwas gebe, mit dem sie sich den Weg in die Freiheit bahnen konnte. Doch nichts von allem was sie gefunden hatte, kam dafür in Frage. »Ich habe eine Schere. Aber wofür brauchst du die?« Sophie blickte etwas verwirrt auf Maria und deren immer noch verpackte Arme.

»Ich muss unbedingt meine Arme wieder bewegen, sonst wird es gefährlich.« Es kostete sie einige Kraft, weiter zu sprechen. »Es tut mir zwar sehr weh, das schöne Kleid zu opfern, aber du musst mir die Arme befreien.«

»Ich weiß aber nicht, ob ich die Schere schon so lange halten kann.« Sophie schämte sich wegen ihrer Schwäche. »Ich habe über zwei Monate vollständig im Gips gelegen und meine Muskeln haben sich zurück gebildet.«

»Bitte lass es uns versuchen.« Maria hatte erkannt, dass sie selbst sich um ihre Gesundheit und ihre Freiheit kümmern musste, auch wenn sie dafür das traumhafte Kleid opfern musste.



»Danke, dass sie mich sofort informiert haben.« Frederike legte den Hörer auf und sah Mrs. Potter mit versteinerter Miene an. »Maria wurde entführt.«

»Sie wollten doch nur noch Fotos am Schloss machen?« Die Erzieherin war nicht minder entsetzt.

»Gleich kommt ein Streifenwagen und holt uns ab.« Frederike packte hektisch ein paar Sachen in ihre Tasche. Doch dann zögerte sie. »Bleiben sie bitte hier. Gleich hat sich der Notar angesagt. Informieren sie ihn über die aktuellen Entwicklungen«

»Ich sage auch Selma Bescheid.« Mrs. Potter griff zum Telefon.



»Das ist ja echt krass.« Sophie war mehr als beeindruckt, als sie schließlich das Venus-Korsett geöffnet hatte. Natürlich wäre es einfacher gewesen, die Schnürung durchzuschneiden, doch dafür fehlte ihr mittlerweile die Kraft. So musste sie die Schnürung nach und nach öffnen, und Marias Arme kamen langsam zum Vorschein. »Wieso kannst du so etwas? Tut das nicht weh?«

»Nein, tut es nicht. Aber das ist eine ganz lange Geschichte.« Maria fühlte, wie sich das Korsett langsam von ihren Armen löste. »Aber ich glaube, wir haben auch genug Zeit dafür.«

»Hier sind ja auch noch Riemen, die deine Arme fesseln.« Sophie war empört. »Wer hat dir denn das angetan?«

Maria antwortete nur mit einem Wort. »Paul!«

Doch es lag so viel Liebe in dem Wort, dass Sophie innehielt und aufhorchte. »Du liebst ihn sehr. Aber warum tut er dir so etwas an, und warum hältst du es so lange aus?« Sie öffnete den ersten der Riemen.

Maria lächelte verträumt. »Angefangen hat es mit Sissi.«



»Wir haben das Schloss durchsucht, aber wir haben von ihrer Tochter noch keine Spur.« Kommissar Klüver informierte Frederike über den aktuellen Stand der Ermittlungen.

»Irgendwelche Geheimzimmer?« Marias Mutter sah auf die Uhr. »Sie trägt das Gebet jetzt schon über sechs Stunden. Wir müssen sie unbedingt finden.«

»Das Schloss ist groß. Ich habe schon versucht, auf dem Amt die Pläne für das Schloss zu bekommen, aber heute ist Sonntag.« Der Kommissar seufzte. »Verdammte Bürokratie.«

»Verzeihen sie, Herr Klüver, aber mir ist da gerade etwas eingefallen.« Andrea trat an den Kommissar heran. Erst im letzten Moment fiel ihr auf, dass es genau der Kommissar war, der Maria verhaften ließ und den sie deswegen in ihren Artikeln so sehr beschuldigt hatte.

»Ja?« brummte Klüver. Auch er schien sich an den Vorfall zu erinnern.

»Ich hatte neulich zufällig einem Handwerker zugehört, der sich darüber gewundert hatte, warum in so einem noblen Schloss ein so düsterer und dreckiger Kellerraum zu einer Wohnung umgebaut werden sollte.« Andrea sah eine Gelegenheit zur Versöhnung. »´Wir mussten höllisch aufpassen, weil die Tür nicht von innen zu öffnen war und man sich auch sonst nicht bemerkbar machen konnte.´« Andrea gab wieder, was sie damals gehört hatte. »Ich habe dem nicht so viel Bedeutung beigemessen, doch jetzt mit dem Verschwinden von Maria bekommt das eine ganz anderes Gewicht.«

»Los, sofort noch einmal den Keller durchsuchen.« Klüver scheuchte seine Beamten auf. »Jede Tür wird aufgebrochen, auch wenn sie verschlossen ist. Das nehme ich auf meine Kappe.«



»Und dann bekam meine Mutter das Angebot, ein Erziehungsprogramm zu entwickeln, und ich sollte ihre Testkandidatin sein.« Maria hörte auf, ihre Arme zu bewegen. »Das muss als Gymnastik erst einmal reichen.«

»Und was musstest du so alles machen?« Sophie war sichtlich interessiert.

»Bislang war es mit dem Korsett und den nach hinten gebundenen Armen nur ein Spiel, doch dann wurde es auf einmal ernst.« Maria klang sentimental.

»Du hast also rund um die Uhr ...?« Sophie stand der Mund offen.

»Mit ausgiebigen Schönheitsmaßnahmen am Wochenende.« Maria lächelte. »Es hieß ´die schöne Nacht´, doch es war zumindest am Anfang alles andere als schön.«

»Was musstest du da alles machen?« In Sophie begannen sich gewisse Gefühle zu regen. »Erzähle doch bitte.«

»Am schlimmsten war der Mundverschluss.« Maria lächelte. »Doch ich sollte von vorn erzählen.«



»Nichts.« Klüver war verzweifelt. »Wir haben alle Türen geöffnet, doch wir haben nichts gefunden.«

»Er hat den Raum bestimmt versteckt«, meinte einer seiner Kollegen.

»Wissen sie noch, wie der Handwerker hieß?« Klüver blickte Andrea ungeduldig an.

»Nein.« Andrea schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur noch, dass vor dem Haus ein Wagen einer Tischlerei parkte. Aber den Namen weiß ich nicht mehr.«

»Naja, so viel Tischler gibt es in Landsbach nicht. Geben sie mir mal das Branchenbuch.« Klüver wartete, bis er das Verlangte in den Händen hielt, dann schlug er die entsprechende Seite auf.

»Wollen sie ihn jetzt anrufen?« Andrea war erstaunt. »Am Sonntag?«

»Haben sie eine bessere Idee?« Klüver blickte sie verwundert an, dann begann er die erste Nummer zu wählen.

Doch schon beim zweiten Anruf hatten sie Glück. »Doch, ich erinnere mich sehr gut an den Auftrag. Ich wollte morgen zum Baron, weil ich noch auf meine Bezahlung warte. Er hatte mich auf die Zeit nach dem Fest vertröstet.« Es war dem Handwerker anzuhören, dass er auf den Baron nicht gut zu sprechen war.

Klüver war erleichtert. »Können sie schnell einmal zum Schloss kommen?«

Der Handwerker verneinte es. »Ich habe heute kein Auto.«

»Dann wird sie ein Streifenwagen abholen.« Klüver fragte nach der Adresse.

»Gern, das können wir so machen.« Der Handwerker nannte seinen Wohnort. »Bis gleich.«



»Und dann haben wir von deinem Unfall erfahren.« Maria blickte sich um. »Nur ganz langsam wurde mir dann klar, dass ich die Katerina zu spielen hatte.«

»Ich hätte das Fest ruiniert, darüber bin ich mir jetzt ziemlich sicher.« Nur ungern erinnerte sich Sophie an ihre Einstellung kurz vor dem Unfall.

Maria schwieg.

»Du warst die Einzige, die mich im Krankenhaus besucht hat.« Sophie war den Tränen nahe. »Erst da habe ich erkannt, was wahre Freunde sind.« Sie blickte zum Tisch. »Mit dem Brief da wollte ich mich bei dir bedanken, doch das Schreiben fällt mir noch sehr schwer.«

Maria blickte zum Tisch und sah, dass bisher erst wenige Zeilen geschrieben waren.

»Einmal habe ich meinen Vater im Krankenhaus gehört, und er sagte, dass für dich das gleiche Programm vorgesehen wäre wie für mich. Das hat mich sehr traurig gemacht.« Sie schluchzte. »Ich habe es ja verdient, aber du bist doch ganz unschuldig. Ich hatte mir ganz fest vorgenommen, dass ich darum kämpfen wollte, falls ich jemals aus dem Gipspanzer heraus käme. Verstehst du, es war so eine Art Strohhalm.«

»Weißt Du, warum dein Vater das gemacht hat?« Maria war noch dabei, die Ungeheuerlichkeit dieses Planes zu begreifen.

»Er sagte mal etwas von einem geheimen Testament, aber ich weiß nicht, was das mit dir zu tun haben soll.« Sophie strich Maria über den Kopf. »Du musst mir verzeihen, aber ich konnte dich nicht warnen. Als ich dann hörte, dass mein Vater verhaftet wurde, dachte ich, du wärest in Sicherheit.« Die Verzweiflung war immer noch deutlich in ihren Worten zu hören.



Als der Streifenwagen vor dem Schloss hielt, riss Klüver sofort die Tür auf und half dem Herrn beim Aussteigen. »Meinen sie, dass sie den Raum wiederfinden?«

»Den Weg dahin habe ich mir nicht gemerkt, aber ich würde ihn sofort wiedererkennen.« So langsam begann der Handwerker den Ernst der Situation zu begreifen.

»Dann lassen sie uns gehen.« Klüver drängte zurück ins Schloss.



Mittlerweile war auch Robert Greinert am Schloss eingetroffen und wurde von Frederike über den Stand der Dinge informiert. Auch zwei Sanitäter waren alarmiert worden.

Im vorletzten Raum zeigte der Handwerker auf ein Regal. »Da war eine Tür, ganz sicher.« Er rannte auf das Regal zu und schob es zusammen mit Paul beiseite. »Hier muss es sein.«

Zum Vorschein kam tatsächlich eine Tür.

»Maria?« rief Paul.

»Frau Beller?« Klüver war nervös. »Sind sie da drin? Hier ist die Polizei!«



Maria hielt in ihrer Erzählung inne. »Da war was!«

»Hier sind wir! Hilfe!« Sophie begann zu rufen.

Sofort standen beide auf und begannen an der Tür zu trommeln.



»Wir haben sie.« Klüver überbrachte Marias Mutter die gute Nachricht.

»Wie geht es ihr?« Frederike war erleichtert.

»Das wissen wir noch nicht. Eine Tür muss noch geöffnet werden.« Klüver fragte nach einem Brecheisen. Ein Kollege brachte ihm das Verlangte.



»Könnt ihr uns hören?« Klüver stand wieder vor der Tür und hielt das Brecheisen in der Hand.

»Ja!«, ertönte es von drinnen.

»Wir brechen jetzt die Tür auf.« Er zitterte vor Erregung. »Geht bitte von der Tür weg.«

Er wartete noch ein paar Sekunden, dann setzte er das Brecheisen an und versuchte mit aller Kraft, die Tür aufzuhebeln. Doch erst als auch Paul und der Handwerker mit anfassten, gab die Tür mit einem heftigen Knall nach.



»Endlich!« Sophie brach zusammen.

»Sanitäter, schnell.« Die Herren traten beiseite, um die Mediziner als Erste in den Raum zu lassen. Paul ging gleich hinter her. »Maria!«

Frederike ging nicht minder besorgt hinterher. Sie war erleichtert, als sie sah, dass Marias Arme befreit waren.

»Sophie hat mich befreit.« Sie blickte etwas verlegen auf das Kleid, welches jetzt aufgeschnitten auf dem Boden lag.

»Gott sei Dank.« Frederike nahm ihre Tochter in den Arm. »Du lässt dich jetzt aber auch von den Sanitätern durchchecken.«

Maria nickte, doch dann blickte sie besorgt zu Sophie, die gerade auf eine Trage gelegt wurde. »Was ist mit ihr?«

»Nur eine kleine Ohnmacht.« Der eine Sanitäter lächelte. »An der frischen Luft sollte sie schnell wieder zu sich kommen.«



Mit etwas wackeligen Knien verließ Maria das Sanitätsfahrzeug. »Sie haben mir verboten, das Gebet heute noch einmal zu tragen.« Sie grinste Paul und ihre Mutter an.

»Du kannst ja schon wieder Witze machen.« Paul war mehr als erleichtert.

»Wie geht es Sophie?« Maria blickte sich um, doch die Baroness war nicht zu sehen.

»Sie ruht sich im Moment in ihrem Zimmer etwas aus. Der Kommissar war bei ihr, weil er ihre Aussage aufnehmen wollte. Er möchte sie zu einer Anzeige gegen ihre Vater ermutigen.« Frederike nahm ihre Tochter in den Arm. »Die Baroness hat mich um ein Gespräch gebeten, wenn hier alles erledigt ist. Hast du eine Ahnung, was sie möchte?«

»Ja, habe ich.« Maria schmunzelte. »Aber das soll sie dir selbst sagen.«

Klüver räusperte sich. »Ich wollte nur mitteilen, dass wir den Neffen des Barons aufgegriffen haben. Er hat alles zugegeben.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Jetzt wird er bald seinen Onkel wiedersehen.«



»Ich wollte mich erkundigen, wie es Maria geht und ob wir die Nachricht verkündigen können.« Der Notar Herr Schrumm in Begleitung seiner Tochter stand in der Schlosstür.

»Ich denke, es kann gleich losgehen.« Frederike hatte eine Idee. Sie ging zu den Sanitätern und bat sie noch einen Moment dazubleiben. »Meine Tochter bekommt gleich eine wichtige Nachricht, und es könnte sein, dass wir dann noch einmal ihre Hilfe brauchen.«



»Meine liebe Frau Beller.« Herr Schrumm sprach Maria direkt an. »Sie haben sich bestimmt gewundert, warum ich bei dem Verlobungstanz so genau zugesehen habe.«

Maria blickte etwas nervös zwischen ihrer Mutter und dem Notar hin und her. Eine Antwort gab sie nicht.

Der Notar blickte zu seiner Tochter. »Lass sie sich bitte setzen.«

Sonja lächelte wissend, dann griff sie sich einen der bereitstehenden Stühle und half Maria auch noch beim Hinsetzen.

»Was ist denn los?« So langsam wurde es Maria unheimlich.

»Im vergangenen Jahrhundert hat ein Kollege von mir ein Testament aufgenommen, aus dem ich jetzt etwas vorlese: ´Gemäß ihren Wünschen haben wir Zweihunderttausend Mark in Gold angelegt. Zur Auszahlung kommt das Geld nur dann, wenn bei dem betreffenden Fest es eine Darstellerin schafft, das »Gebet auf dem Rücken« zu tragen.´« Er ließ das Schriftstück sinken.

Maria stand der Mund offen.

»Die entsprechende Bank hat mir mitgeteilt, dass sich der Wert des Goldes auf mittlerweile vier Millionen Mark vervielfacht hat.«

»Vier Millionen?« Maria hielt den Atem an.

»Sie haben sich bestimmt auch gewundert, warum wir darauf bestanden haben, dass ihre Stiefel versiegelt sein mussten.« Herr Schrumm hatte Mühe, zu verbergen, dass er den Moment auch sehr genoss.

Maria blickte den Notar lediglich fassungslos an.

»Nun, ein sehr reicher Herr, der auf keinen Fall bekannt werden möchte, hat mir gegenüber geäußert, dass er das Preisgeld verdoppeln möchte, wenn der Verlobungstanz auf den sogenannten Ballettstiefeln getanzt wird.« Herr Schrumm machte eine bedeutsame Pause. »Auch davon konnte ich mich überzeugen, und ich kann ihnen damit mitteilen, dass ihnen ab jetzt acht Millionen Mark zustehen.«

Spontaner Applaus kam auf. Doch Herr Schrumm bat um Ruhe. »Ich bin noch nicht fertig«, sagte er freundlich. »Es kommt noch eine Klausel, die zu beachten ist.« Er griff wieder zu einem Papier und las daraus vor. »´Das Vermögen kann nur zur Auszahlung an die Darstellerin kommen, wenn diese ihr fünfundzwanzigstes Lebensjahr vollendet hat oder wenn sie verheiratet ist. Bis dahin soll es der Vorsitzende des Festes zu treuen Händen verwalten.´« Er ließ seine Worte wirken.

»Jetzt wird mir einiges klar.« Maria blickte sich verwirrt um.

»Wenn ich das richtig verfolgt habe, dann sind sie, Herr Greinert, der amtierende Vorsitzende und müssten das Geld verwalten, bis Maria alt genug ist.« Herr Schrumm blickte den Vorsitzenden lange an.

»Es sei denn, Maria heiratet vorher.« Es war ihm deutlich anzusehen, dass er diese Verantwortung nicht übernehmen wollte.

»Das ist richtig. Eine Kopie der Heiratsurkunde würde mir genügen.« Herr Schrumm blickte sich um. »Das war es von meiner Seite.«



Marias Mutter hielt die Luft an und blickte unauffällig zu Boden. Sie wusste, dass sie ihrer Tochter viel zugemutet hatte und sehr in ihr Leben eingegriffen hatte. Wenigstens in diese eine Entscheidung wollte sie sich nicht einmischen.

Paul blickte sich um. Mrs. Potter blickte wie Marias Mutter auf den Boden. Nur seine Oma schaute ihn an und nickte ihm aufmunternd zu.

Zu seinem eigenen Erstaunen waren seine Hände völlig ruhig, als er den wertvollen Verlobungsring seiner Mutter zur Hand nahm. Er kniete sich vor seiner Freundin hin, und zu seinem eigenen Erstaunen war seine Stimme klar und ruhig. »Maria, wir kennen uns nun ein halbes Jahr, doch mir kommt es vor, als es wäre es eine Ewigkeit. Wir sind zusammen durch gute und durch schwere Zeiten gegangen.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Möchtest du mich heiraten?«

Maria schlug die Hände vor das Gesicht und wischte sich die Tränen weg. Sie antwortete nur mit einem Wort. »Ja!«



784. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Epilog

geschrieben von gag_coll am 09.06.17 06:29

Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Epilog
Autor: Karl Kollar


Epilog

»Sehr geehrte Baroness Sophie von Harsumstal,

sie haben mir gegenüber den Wunsch geäußert, eine ähnliche Ausbildung für "Prinzessinnen" zu durchlaufen wie meine Tochter Maria. Wie sie wissen beinhaltet diese Ausbildung eine klassische Schönheits- und Körperformung durch entsprechende Kleidung und Apparate sowie eine streng kontrollierte Lebensweise mit vielfältigen Einschränkungen. Sie haben weiterhin den Wunsch geäußert, die gleichen Ziele zu erreichen, wie sie Maria schon erreicht hat und noch weiter anstrebt.

Schließlich haben Sie mir erklärt, dass sie mit dieser Ausbildung ein neues Leben beginnen möchten, da sie in ihrem bisherigen Leben vielfältige Enttäuschungen und kürzlich gar traumatische Erfahrungen hinnehmen mussten.

Eigentlich müsste ich Ihren Wunsch rund heraus ablehnen, da sie anders als Maria, die diese Ausbildung seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr durchläuft, viel zu spät in ihrem Leben beginnen möchten.

Maria hat sich jedoch sehr für sie eingesetzt, und sie haben mir auch versichert, dass sie bereit sind, größere Mühsal auf sich zu nehmen.

Da sie das Programm so spät beginnen möchten, sind Erfolge nur mit wesentlich drastischeren Maßnahmen als bei Maria möglich. Die Anfertigung der für sie notwendigen Kleidungsstücke und Apparate ist sehr zeit- und geldaufwendig und kann nur innerhalb eines Forschungsprogrammes finanziert werden. Nach eingehender Beratung mit den Orthopäden und Psychologen an meiner Klinik haben wir für sie ein Programm ausgearbeitet. Dieses beinhaltet eine anfängliche Rundum-Betreuung mit teils sehr drastischen Therapiemaßnahmen. Wenn Sie dem zustimmen möchten, dann müssen sie sich für mindestens ein halbes Jahr als Freiwillige für dieses Forschungsprogramm verpflichten. Für diesen Zeitraum müssen sie in der Klinik leben und auf jegliche Selbstbestimmung vertraglich verzichten.

Sie werden in den ersten Wochen einer vollständigen Kontrolle bis hin zu allen Bewegungen und Körperfunktionen unterworfen, was auch Fixierungen und Reizentzug beinhaltet. Nach einer umfassenden physiologischen und psychologischen Neuorientierung werden sie in den von Maria bereits erlernten Haltungstechniken trainiert und schrittweise zu Marias jetziger Lebensweise hingeführt.

Für eine entsprechende Betreuung in ihrem folgenden Leben wird gesorgt sein. Seinen Sie sich bewusst, dass dieses Programm für sie erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich bringen wird, und dass sie darin bewusst an ihre physischen und psychischen Grenzen geführt werden werden. Meine Psychologin, die sie während des Programms auch betreuen wird, versicherte mir jedoch, dass dies ihr ausdrücklicher Wunsch ist und dass dies für sie der richtige Weg sei.

Wenn sie noch immer dieses Programm für sich verwirklichen möchten, dann freue ich mich darauf, sie bald zu Vertragsunterzeichnung und zum Therapiebeginn in meiner Klinik begrüßen zu dürfen!

Mit besten Wünschen

Frederike Beller«

Sophie nahm Papier und Stift zur Hand und begann sofort mit der Antwort. Was sie schreiben wollte, wusste sie schon lange. Nur gelegentlich schaute sie dabei auf das Bild, welches neben ihr stand. Es zeigte Maria im Katerinenkleid.


785. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 09.06.17 07:03

Hallo gag_coll, vielen Dank für diese wirklich tolle Geschichte, die du uns über 3 1/2 Jahre präsentiert hast. Ich hoffe (und wohl nicht als einziger), weitere Geschichten von dir präsentiert zu bekommen. Ich wünsche dir und allen anderen ein schönes Wochenende.
786. RE: Maria

geschrieben von Machtdom am 09.06.17 16:44

Gag_coll,

vielen Dank für Deine Geschichte.

Sie hat mir gezeigt, was Schreiben heißt.

Gruß
Machtdom
787. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 09.06.17 17:25

schade das diese geschichte zu ende ist
sie ist wie aus dem leben von früher gegriffen .

hoffe auf weitere teile aus maria weiterem leben,
wie das wochenende bei wolkenbergs , die ausbildung , der urlaub in brasilien bei sarah und betty und natürlich nicht zu vergessen das pony wildfire möchte ja auch mal wieder aus dem stall geholt werden . sind nurvorschläge .

mit freundlichem gruss

Andrea-su
788. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 09.06.17 18:16

Hallo gag_coll

"R E S P E K T"

Kopfkino "sehr gut"
Romantik "sehr gut"
Erotik "sehr sehr gut"
.......

muß ich weiter machen?

Die Geschichte ist rund um "sehr gut"
Mehr muss, denke ich, nicht gesagt werden. Ich danke Dir für kurzweilige Stunden mit deiner Story, schlage die Hacken zusammen, nicke tief mit dem Kopf und wünsche Dir viel Inspiration für die nächsten Geschichten.

Gruß Gozar

PS. Kündigt sich vielleicht mit dem Epilog eine weitere Geschichte an ?!?
789. RE: Maria

geschrieben von Zwerglein am 09.06.17 20:02

Zitat
Hallo gag_coll

\"R E S P E K T\"

Kopfkino \"sehr gut\"
Romantik \"sehr gut\"
Erotik \"sehr sehr gut\"
.......

muß ich weiter machen?

Die Geschichte ist rund um \"sehr gut\"
Mehr muss, denke ich, nicht gesagt werden. Ich danke Dir für kurzweilige Stunden mit deiner Story, schlage die Hacken zusammen, nicke tief mit dem Kopf und wünsche Dir viel Inspiration für die nächsten Geschichten.

Gruß Gozar

PS. Kündigt sich vielleicht mit dem Epilog eine weitere Geschichte an ?!?


Damit ist bereits alles gesagt.

Nur eines wundert mich schon länger!!!
Wie konnte Franz-Ferdinand nur so blöd sein
Er musste doch damit rechnen, dass das Geld nicht an ihn ausbezahlt wird.
Da der verhaftete Baron als Vorsitzender ausfällt,
bekommt es der Stellvertreter bzw. der neu gewählte Vorsitzende zu treuen Händen.
Jedoch niemals der Neffe des Barons.
Selbst der neue Vorsitzende wird das Geld nicht bar nach hause nehmen, sondern wird es auf der Bank belassen bis es zur Auszahlung kommen kann.
Das kann er noch Notariel absichern, das es erst zur Auszahlung kommen kann, wenn die Bedingungen erfüllt sind und die Bank das zu überprüfen hat.
Somit hätte er alles mögliche getan, selbst wenn ihm vorher etwas zustoßen würde und er die Auszahlung nicht mehr veranlassen könnte.

Zum Schluss sage ich noch ein Großes DANKE

-----
Gruß vom Zwerglein


790. RE: Maria

geschrieben von Chrissi1 am 10.06.17 01:43

Hallo gag_coll,

ich bin eigentlich ein stummer Mitleser und schreib daher eigentlich keine Kommentare.

Die Story war für mich in sich stimmig und immer gut lesbar.
Ich kann mich in der hinsicht auch nur Gozar´s Wertung anschliessen, da ich es genauso sehe.

Ich hoffe du setzt jetzt deine andere Geschichte fort.

Vielen herzlichen Dank

Chrissi
791. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 12.06.17 05:39

Wie ihr euch sicher denken könnt, arbeite ich im Moment unter anderem an einer Fortsetzung von Maria. Allerdings bin ich noch in einer sehr frühen Phase und sammle im Moment erst einmal nur Ideen für die einzelnen Handlungsstränge, wobei sich die großen Linien schon abzeichnen (Maria und Paul im Katerinenjahr, Leonie und Holger suchen das gemeinsame Leben, Sophie und Michael versuchen zueinander zu finden).

Aber es ist wie gesagt noch eine sehr frühe Phase und wenn ihr Ideen habt, was alles passieren soll, teilt mir diese bitte mit. Im Moment bin ich für jeden Gedanken dankbar.

Grüße
gag_coll
792. RE: Maria

geschrieben von HeMaDo am 12.06.17 19:08

- 40 Seiten? So ein Wahnsinn. Sowas kann doch kein Mensch lesen
- Bestimmt noch so eine Geschichte, die nie ein Ende haben wird.
- OK, da steht „letzter Teil“. Mal rein schauen.

Zwei Tage später:
- Mist, schon wieder fast Mitternacht, ach egal, ein Teil geht noch.
- Ich müsste ja eigentlich… Ach, egal, ein Teil geht noch.
- Ich sollte mal ins Bett gehen. Gut, lese ich noch einen Teil auf dem Tablett.

Ich habe diese Geschichte in 4 Tagen von Anfang bis Ende gelesen und ich bin mir sicher, das war nicht das letzte Mal.

Es gab zwischendurch zwar eine Stelle an der ich gedacht habe, „Wenn sie das jetzt tatsächlich macht, dann hör ich hier auf zu lesen“ aber ich konnte dann doch nicht aufhören und so war ich dann am Ende froh, daß es so gut ausgegangen ist.

Diese Geschichte hat mich wirklich gefesselt.
Deinen Stil finde ich klasse und die Handlung war so spannend, das ich einfach nicht aufhören konnte, immer weiter zu lesen. Ein großes Lob und ein ganz ganz großes Dankeschön für diese tolle Geschichte.





Zitat

Aber es ist wie gesagt noch eine sehr frühe Phase und wenn ihr Ideen habt, was alles passieren soll, teilt mir diese bitte mit. Im Moment bin ich für jeden Gedanken dankbar.


Was mich brennend interessieren würde: Bleibt Mrs. Potter bis zur Hochzeit Marias Erzieherin? Oder nimmt sie sich, nach deren Aufenthalt in der Klinik vielleicht sogar Sophies an?
Was hat Marias Mutter mit dem Freitod der Baronin auf sich?
Fragen über Fragen. Ich hoffe ja, balde Antworten auf diese Fragen zu bekommen und werde die Fortsetzung ganz sicher lesen.



Noch mal Danke für diese tolle Geschichte.

HeMaDo


793. RE: Maria - PDF-Datei

geschrieben von gag_coll am 14.06.17 07:13

Wie ich es schon angekündigt hatte, habe ich die Geschichte von Maria auch als eine große PDF-Datei (6 MB) aufbereitet und möchte sie zur Verfügung stellen. Wer Interesse an einem Exemplar hat, schickte mir bitte einfach eine Mail an gag-coll(at)gmx.de, ich lasse euch die Datei dann zukommen. (Eine PM mit Angabe eurer Mailadresse geht natürlich auch).

Bitte erwähnt noch, ob ihr lieber DIN A4 oder DIN A5 haben wollte.

In der PDF-Datei wird sich sicherlich noch der eine oder andere Rechtschreibfehler befinden. Wer einen davon findet, kann mich gern darauf aufmerksam machen, ich werde dann in ca. drei Monaten noch ein korrigiertes Exemplar herausgeben.

Ich freue mich, dass euch die Geschichte gefällt...

Viele Grüße
gag_coll
794. RE: Maria

geschrieben von SteveN am 18.06.17 09:00

Hallo Karl Kollar !
Hallo Gag Coll !

Vielen Dank für deine Sendung mit dem PDF Dokument!

Für das einmal Durchlesen der 1000pdf Seiten werde
einige Zeit brauchen.

Viele Grüße SteveN


795. RE: Maria

geschrieben von colle am 20.06.17 16:28

Danke für diese tolle Geschichte.
Ich hab mich auch mal an einer Story versucht aber bei so einem komplexen Gebilde würde ich gnadenlos scheitern. Da sieht man wer der Meiser ist.

nochmal Danke für dieses Werk
Grüße
colle
796. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Epilog

geschrieben von kamikazekifferin am 20.06.17 20:40

Hallo gag_coll

Zitat

...gelegentlich schaute sie dabei auf das Bild, welches neben ihr stand. Es zeigte Maria im Katerinenkleid.




Haben wir hier etwa schon die Nächste Katerina fürs Fest gefunden?

Mit fesselnden Grüßen

Kami
797. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 20.06.17 21:06

Leider nicht.Es wird doch nur alle paar Jahrzente oder so gefeiert.Abder man kann es ja in kleinen Kreis machen.Oder auf der Hütte.
798. RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Epilog

geschrieben von gag_coll am 21.06.17 06:04

Zitat
Zitat
...gelegentlich schaute sie dabei auf das Bild, welches neben ihr stand. Es zeigte Maria im Katerinenkleid.
Haben wir hier etwa schon die Nächste Katerina fürs Fest gefunden?
Sophie ist definitiv zu alt... Aber... ich habe schon eine Kandidatin, die es vielleicht werden könnte. Gegen Ende des Katerinenjahres wird die Wahl der neuen Katerina durchgeführt... und alle jungen Mädchen fiebern auf diesen Tag hin...
799. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.06.17 06:07

Zitat
Leider nicht.Es wird doch nur alle paar Jahrzente oder so gefeiert.Abder man kann es ja in kleinen Kreis machen.Oder auf der Hütte.
Die "Hüttenleute" treffen sich in der Regel zwei bis drei Mal im Jahr... Die Einladung für Paul und Maria für das nächste Treffen ist schon in der Post... und jetzt hat Leonie auch endlich einen Partner und darf offiziell teilnehmen.
800. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.06.17 22:35

Danke für 1M Zugriffe...
801. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 22.06.17 06:20

Hallo gag_coll, nochmals vielen Dank für knapp 3 1/2 Jahre wirklich tolle Unterhaltung. Mögen dir die Ideen nicht ausgehen.
802. RE: Maria

geschrieben von colle am 12.09.17 15:28

Hallo gag_coll,
habe mir in den letzten Wochen nochmals die komplette Geschichte durchgelesen und bin begeistert wie beim ersten mal. Hast du mal daran gedacht die Story drucken zu lassen, oder macht das keinen Sinn da ja jeder Sie im Netz lesen kann?
Habe eine Frage evt. auch an alle anderen Leser.
Mir sind 2 Dinge aufgefallen die anfangs im Text auftauchen aber später nicht mehr; Die Einsätze für Marias KG und der Aufblasbare Knebel den Paul auf der Hütte geschenkt bekommt.
Hab ich was überlesen oder ist da noch was für eine Art Nachwort übrig geblieben?
Grüße
colle
803. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 14.09.17 19:16

Zitat

habe mir in den letzten Wochen nochmals die komplette Geschichte durchgelesen und bin begeistert wie beim ersten mal.
Danke
Zitat
Hast du mal daran gedacht die Story drucken zu lassen, oder macht das keinen Sinn da ja jeder Sie im Netz lesen kann?
Bisher nicht... auch die PDF-Datei muss ich noch einmal korrekturlesen...
Zitat
Habe eine Frage evt. auch an alle anderen Leser.
Mir sind 2 Dinge aufgefallen die anfangs im Text auftauchen aber später nicht mehr; Die Einsätze für Marias KG und der Aufblasbare Knebel den Paul auf der Hütte geschenkt bekommt. Hab ich was überlesen oder ist da noch was für eine Art Nachwort übrig geblieben?
Das hast du richtig beobachtet, Paul hat einfach keine Gelegenheit mehr gefunden, diese Sachen vor dem Fest noch auszuprobieren... (auch wenn ich das auch als Autor bedaure)
804. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 10.10.17 22:27

So weit unten zu stehen hat dieses Buch nicht verdient!!!

*HOCHHEB*

@ gag_coll

Erkläre doch bitte noch einmal wie man an das
PDF-file von Maria kommt.

Danke

Gruß Gozar
805. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 14.10.17 20:50

Zitat
Erkläre doch bitte noch einmal wie man an das PDF-file von Maria kommt.
Mache ich doch gerne...

Schickt mir einfach eine Mail an gag-coll(at)gmx.de, ich lasse euch die Datei dann zukommen. (Eine PM mit Angabe eurer Mailadresse geht natürlich auch). Bitte erwähnt noch, ob ihr lieber DIN A4 oder DIN A5 haben wollte.

Viele Grüße
gag_coll
806. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 16.10.17 21:23

***Tiefe Verbeugung***

Danke für die prompte Antwort. Sowie die schnelle Erledigung meiner Mailanfrage.
Das ging ja schneller als die Ploppizei erlaubt!

***Hacken zusammenschlag***

Gruß Gozar
807. RE: Maria

geschrieben von *Gozar* am 14.01.18 21:58

Einer besonderen Geschichte gebührt ein besonderer Platz


Gruß Gozar
808. RE: Maria

geschrieben von brummbaer14 am 23.02.18 22:44

Als bisher stiller Leser muss ich jetzt auch mal einen Kommentar absetzen:

Ich muss sagen ich bin tief beeindruckt von Stil, Form, Spannungsboden, Handlungstiefe, der Detailverliebtheit mit der die Personen "erschaffen" und beschrieben wurden und und und...

Daher noch mal in Kurzform
Ich bekunde hiermit meinen tiefsten Respekt für die Leistung des Storywriters - wenn ich doch nur auch so viel Talent hätte... ***seufz***

Als letztes noch:
Ein ganz besonders großer Dank von mir für den der Deutschen Rechtschreibung und Grammatik entgegengebrachten Respekt.
Es hebt das Lesevergnügen geradezu auf ein himmlisches Niveau wenn man nicht bei jedem 3ten Satz überlegen muss, was der Schreiber da eigentlich sagen wollte.


MfG Brummbaer14
809. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.02.18 07:35

Zitat
Als bisher stiller Leser muss ich jetzt auch mal einen Kommentar absetzen:

Ich muss sagen ich bin tief beeindruckt von Stil, Form, Spannungsboden, Handlungstiefe, der Detailverliebtheit mit der die Personen \"erschaffen\" und beschrieben wurden und und und...

Daher noch mal in Kurzform
Ich bekunde hiermit meinen tiefsten Respekt für die Leistung des Storywriters - wenn ich doch nur auch so viel Talent hätte... ***seufz***

Als letztes noch:
Ein ganz besonders großer Dank von mir für den der Deutschen Rechtschreibung und Grammatik entgegengebrachten Respekt.
Es hebt das Lesevergnügen geradezu auf ein himmlisches Niveau wenn man nicht bei jedem 3ten Satz überlegen muss, was der Schreiber da eigentlich sagen wollte.


MfG Brummbaer14

Danke!
810. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.06.18 05:35

Hallo,

es gab ja schon das eine oder andere Stichwort zu einer möglichen Fortsetzung zu Maria. Im Moment mache ich mir erst mal Gedanken darüber, ob es nicht sogar einen größeren Zeitsprung geben sollte. Andererseits gäbe es in der nächsten Zeit bestimmt viele zum Erzählen lohnende Ereignisse.

Wie denkt ihr darüber? Was sollte der Schwerpunkt einer Fortsetzung sein?

Viele Grüße
gag_coll
811. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 18.06.18 09:22

Hallo gag_coll,
zunächst nochmal herzlichen Dank für die Klasse Geschichte. Ich persönlich wäre dafür, keinen größeren Zeitsprung zu machen. Aber egal wie, ich freue mich schon jetzt auf eine Fortsetzung.
Danke für´s Schreiben.
812. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 18.06.18 09:22

Hallo gag_coll,
zunächst nochmal herzlichen Dank für die Klasse Geschichte. Ich persönlich wäre dafür, keinen größeren Zeitsprung zu machen. Aber egal wie, ich freue mich schon jetzt auf eine Fortsetzung.
Danke für´s Schreiben.
813. RE: Maria

geschrieben von Wölchen am 18.06.18 11:29

Servus.

Also ich würde mich sehr über einen neue Geschichte freuen.
Ich denke es dürfte schon einen Zeitsprung geben.Wobei ich mir als Haupt und Angelpunkt Sophia wünschen würde.Laß sie doch einfach wieder zurück sein und mit MAria ihre weitere Ausbildung zusammen machen lassen.In verschiedenen Rüclblenden kannst du sie dann ja von ihren Erlebnissen in der Klinik erzählen lassen.Aber auch die Entwicklung von Leonie,kann ja drin vorkommen.

mfg Wölchen
814. RE: Maria

geschrieben von colle am 18.06.18 14:31

Hi
bei einer Fortsetzung würde ich mich freuen mehr über Marias KG zu lesen. Da wurde ua. Zubehör zum KG erwähnt, taucht aber später nie wieder in der original Story auf.

Des weiteren fand ich den Bondagezirkel auf der Hütte toll. Der Mono darf eh nicht fehlen.
Grüße
colle
815. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 18.06.18 15:58

Uuups, habe grade gesehen, ich hatte heut morgen einen Doppelpost. Sorry, bitte einmal löschen. Danke
816. RE: Maria

geschrieben von HeMaDo am 18.06.18 18:21

Hallo gag_coll,


war da nicht irgend was mit einer Ausbildung beim Diplomatischen Dienst?
Ich bin der Meinung, daß diese Zeit eher uninteressant ist, zumal als Voraussetzung dafür ein Studium wohl gefordert wird und ein Zeitsprung daher sinnvoll erscheint

Andererseits wäre natürlich die Zeit nach dem Fest auch sehr interessant, da ich hier das größte Potential für eine weitere Entwicklung sehe. Diese dürfte nach X Jahren ja schon recht weit fortgeschritten sein, was nur wenig Raum für eine weitere Entwicklung bietet.

Für die Grundlage der Geschichte schließe ich mich Wölchens Meinung an. Sophia und Leonie (War für sie nicht mal sogar eine eigene Geschichte angedacht?) sind sicher gut für das ein oder andere Kapitel.

HeMaDo
817. RE: Maria

geschrieben von Andrea-su am 18.06.18 21:28

Hallo gag_coll

nun ideen gibt es genug , hast selbst welche genannt . die reise zu sara und betty , wildfire,

und natürlich die ausbildung währen zu erwähnen.

wie dem auch sei , du bist der schreiber dieser geschichte


mfg

Andrea-su

818. RE: Maria

geschrieben von Windelfreunds46 am 21.10.18 13:25

Hallo gag_coll,

ich habe ebenfalls deine Geschichte über Maria jetzt komplett gelesen. Und ich muss sagen ich bin begeistert!!

Dein Schreibstil ist wirklich gut und man kann sich in die einzelnen Charaktere sehr gut reinversetzten.


Allerdings gingen mir so manche Fesselungen etwas zu weit. Aber das ist eben Geschmackssache.



Ich würde mich aber über eine Fortsetzung der Geschichte über Maria sehr freuen. Entsprechende Ideen dazu wurden hier ja bereits genannt.


Mich würde aber interessieren, wie Maria und Paul das Katharienjahr verbringen und ob sie heiraten werden. Und ob sie bald zusammenziehen.


Vielleicht wird sich dann auch Mrs Poter nicht mehr so sehr in Beziehung von Maria und Paul einmischen. Auch Marias Mutter hat sich, meiner Meinung nach viel zu sehr eingemischt und Maria bevormundet, obwohl Maria ja bereits 18 Jahre alt ist.

Maria hat doch Paul zu ihrem Schlüsselverwalter ernant. Und Frederike nimmt sich einfach den Schlüssel von Marias Gürtel, um ihr den Vibrator einzusetzen, ohne es vorher mit Paul abzusprechen.


Aber daas sind bloß Kleinigkeiten.


Wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn du Zeit finden würdest, eine Fortsetzung zu schreiben.


Viele Grüße vom

Windelfreund_s46
819. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.10.18 21:13

Hallo Windelfreund,

Danke für das Lob...

Ich habe schon viele Ideen auf meinem Zettel, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nicht gut, wenn ich zwei Geschichten gleichzeitig schreibe...

Im Moment ist erst einmal die Studentin dran... und nebenbei muss ich mich auch noch um meinen Brötchenerwerb kümmern.

Viele Grüße
gag_coll
820. RE: Maria

geschrieben von Windelfreunds46 am 22.10.18 18:46

Zitat
Im Moment ist erst einmal die Studentin dran... und nebenbei muss ich mich auch noch um meinen Brötchenerwerb kümmern.



Hallo gag_coll,

ja, ich weiß, wie das ist, wenn man neben seiner Arbeit noch an Geschichten schreibt. Und die Arbeit geht nun mal vor -- leider!

Ja, deine andere Geschichte ist auch sehr gut. Die habe ich mittlerweile auch gelesen.

Und ja, in so einer hochwertigen Geschichte steckt viel, viel Arbeit drin.

Viele Grüße
Windelfreund
821. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.10.18 05:48

Danke für 1,5M Zugriffe...
822. RE: Maria

geschrieben von DarkMephisto am 04.01.19 07:45

Hallo gag_coll,

Ich möchte dir ganz herzlich für diese geniale Geschichte danken.

Wie du die verschiedenen Charaktere bildlich beschrieben hast, die unterschiedlichen Geschichtsstränge mit großen Spannungsbogen
geführt hast.

RESPEKT

Für den weiteren Verlauf der Geschichte wäre es schön mit dem Katarinenjahr weiter zu machen, da es, wie schon erwähnt, viele Ansatzpunkte gibt.

Danke dafür Darkmephisto
823. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 16.06.19 12:03

Hallo,

weil gelegentlich nachgefragt wird: Das Angebot, diese Geschichte im PDF-Format per Mail zu erhalten, steht noch. Schreibt einfach eine kurze PM oder eine kurze Mail an gag-coll(at)gmx.de
Bitte gebt noch an, ob ihr lieber DIN A4 oder A5 haben wollt.

Viele Grüße
Karl
824. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 17.01.20 11:30

Hallo,

weil es schon einige Zeit her ist... Das Angebot mit der PDF-Datei steht immer noch... und die oben genannte Adresse ist immer noch gültig.

Grüße
gag_coll
825. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 24.05.20 11:05

Vielen Dank für die 2M Aufrufe...
826. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 04.04.22 09:38

EInfach toll, diese Geschichte - immer wieder! Danke, Karl!
827. RE: Maria

geschrieben von BlackCoon am 05.04.22 22:15

Hallo,

auf diese wunderbare Geschichte bin ich erst gerade gestoßen und habe gleich etliche Kapitel gelesen. Sie ist sehr spannend und man will sie nicht beiseite legen, so sehr fiebert man mit mit Maria.

LG und vielen Dank,

Racoon
828. RE: Maria

geschrieben von Ladysupergeil am 16.03.23 03:58

Hallo gag-coll!

Habe nach langer Zeit nochmal Maria gelesen. Bin nach wie vor begeistert! 1000 Dank!
Wie sieht es aus mit einer Fortsetzung? Es gibt ja noch so viele lose Enden die weiter geführt werden sollten. Wie geht es mit Sophie und ihrem Arzt weiter? Wie ist die Hochzeit von Leonie und den Brasilianern? Und auch die Hochzeit unseres Schmiedes und nicht zuletzt von Maria selbst? Wie ist der erste Schultag nach den Ferien? Und wer wird beim nächsten Treffen der Hütten- Fesselgruppe dabei sein und wo werden sie sich treffen?

So viele Fagen...

Hochachtungsvoll
Die Lady
829. RE: Maria - Neuigkeiten

geschrieben von gag_coll am 10.04.23 07:41

Hallo,

ich habe mich jetzt (nach mehreren Querschlägern) dazu entschlossen, eine Fortsetzung zu "Maria" zu schreiben. Wie die Lady es im vorherigen Posting erwähnt hat, sind noch viele lose Enden vorhanden, die eingefangen und verknotet gehören.

Technisch betrachtet möchte ich den jetzt folgenden Abschnitt über die "nächsten" sieben Tage schreiben, also die erste Woche nach dem Fest. Die Grobplanung dazu steht - und natürlich muss ich auch einige Figuren wieder aus der Geschichte hinausschreiben.

Anregungen von euch habe ich ja schon einige bekommen, aber das soll euch nicht davon abhalten, noch Wünsche zu äußern. Immerhin ist durch das Fest ja auch einiges liegengeblieben. Allerdings werden Paul und Maria feststellen, dass ihnen viel weniger freie Zeit bleibt als gedacht.

Viele Grüße
Karl aka gag_coll
830. RE: Maria

geschrieben von DarkMephisto am 10.04.23 09:45

Ich freue mich auf eine Fortsetzung, da fange ich doch gleich an die Geschichte noch einmal zu lesen, damit ich wieder drin bin.
831. RE: Maria

geschrieben von der suchende am 10.04.23 10:05

Da kann ich mich DarkMephisto nur anschließen. Danke fürs weiterschreiben.
832. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 10.04.23 10:41

Schön, dass Du weitermachen willst. Immerhin schon lange nichts von Dir gehört/gelesen - Danke im Voraus!
833. RE: Maria

geschrieben von Ladysupergeil am 17.09.23 02:12

Schon September und leider keine News.
Ich hoffe doch das du noch immer an eine Fortsetzung denkst?!
834. RE: Maria

geschrieben von MartinII am 06.11.23 19:36

Hallo Karl,
ich würde mich auch freuen, wenn Marias Lebensgeschichte weiterentwickelt werden würde.


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