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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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  Nachtgestalt Datum:27.10.03 13:13 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo,
mal wieder habe ich angefangen, eine Geschichte zu schreiben, und mal wieder muß ich zugeben, daß sie leicht nachdenklicher Natur ist. Vielleicht nicht ganz so schwere Kost wie Jessie, aber auch keine "Komödie" wie Einladung.

Ich versuche sie mal in Why-Not s Stil zu charakterisieren, auch wenn das bei einer Geschichte, die ich selbst noch nicht bis zum Ende kenne schwerfällt. Allerdings kann ich einige Grundeinschätzungen abgeben, Änderungen sind aber noch möglich, das hängt auch von eurem Feedback ab.

Kategorien (zur Vorauswahl)
SM-Typ: D/S, Erziehung, Erotik, aber "zartfühlend"
SM-Rollen: M/f
Genre: äh... ernsthafte Realstory mit Fantasy/Horrortouch.
(ich tue mich ziemlich schwer mit den Kategorien... im Zweifel: Lesen )

Disclaimer
Diese Geschichte ist selbstverständlich frei erfunden, und Ähnlichkeiten zu vorhandenen Personen sind rein zufälliger Natur. Sie enthält erotische Phantasien, die teils im Sadomasochistischen Bereich angesiedelt sind.
Personen, die sich davon abgestoßen oder befremdet fühlen, sollten nicht weiterlesen.

Allen anderen viel Spaß.
Butterfly
(Diese Nachricht wurde am 27.10.03 um 13:13 von Butterfly geändert.)
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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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Dieser Satz ist nicht wahr.

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  Re: Nachtgestalt Datum:27.10.03 13:13 IP: gespeichert Moderator melden


Nachtgestalt

Teil 1

Er hatte gespürt, daß diese Nacht etwas passieren würde. Er hatte keine Ahnung, wieso, weshalb, aber es hatte ihn aus dem Haus getrieben, hinein in das Auto und hinaus in den Schneesturm. Er wußte nicht, wo es passieren würde. Ziellos fuhr er durch die weißen Flocken, die im Scheinwerferlicht durch die Dunkelheit stöberten wie ein Schwarm Glühwürmchen.
Beinah hätte er sie nicht gesehen, zu sehr beeinträchtigte der wirbelnde Schnee seine hervorragende Nachtsicht.


Yasmin stand auf der Brücke. Sie war nüchtern, vielleicht nüchterner als je zuvor in ihrem Leben, spürte die ganze Realität ungefiltert. Vielleicht das erste Mal in ihrem Leben nahm sie die Schneeflocken wahr, die auf ihr landeten und langsam schmolzen. Mit einmaliger Klarheit bewunderte sie die Komplexität, die sich langsam in Matsch, dann in Wasser verwandelte, das ihr Gesicht herunterlief. Auch das schien passend, denn Tränen hatte sie schon lange keine mehr.
Die Epiphanie hielt an, aber sie spürte, daß es Zeit wurde, weil sie begann, unkontrolliert vor Kälte zu zittern. Sie stieg auf das Brückengeländer, balancierte. Ihr scharzer Mantel blähte sich im Wind, machte sie beinah unsichtbar in der Nacht. In einem kurzen Anfall von Selbstmitleid dachte sie, daß es schade war, daß niemand ihr Ende sah. Aber es paßte dazu, wie ihr Leben verlaufen war. In den wichtigen Momenten war sie immer alleine gewesen. Und wozu brauchte sie ausgerechnet jetzt Publikum? Blöde Eitelkeit!
Langsam, ganz langsam verlagerte sie ihr Gewicht nach vorne, breitete die gestreckten Arme weit aus, weit genug, die ganze Welt zu umarmen, die nichts von ihr wissen wollte. Dann ließ sie sich fallen.

Sie verstand nicht, was passierte, ihr Verstand war bereits zu sehr darauf fokussiert, daß ihr Leben beendet war, hatte sich abgeschlossen. Starke Hände packten sie, rissen sie zurück, stellten sie auf den Boden. Schemenhaft tauchte ein Gesicht vor ihren Augen auf. Eine Hand schlug ihr ins Gesicht. Sie reagierte nicht.

Erst als sie in eine Wolldecke gewickelt auf dem Rücksitz eines großen Autos lag, verstand sie, daß sie nicht gestorben war. Sie rollte sich zusammen, zog die Beine an und barg ihr Gesicht in den Händen. Plötzlich hatte sie auch wieder Tränen.
Nach einigen Minuten hatte sie sich wieder gefaßt. Sie realisierte, daß das kein Krankenwagen sondern ein ganz normaler PKW war, der langsam über den frisch gefallenen Schnee rollte. Und der Fahrer steckte auch nicht in einem roten Overall sondern trug einen schwarzen Mantel und einen breitkrempigen Hut. Plötzlich drehte er sich herum. "Alles klar, da hinten?"
Sehr leise, immer noch nicht ganz in der Realität antwortete sie: "Ich lebe noch..." Sie war selbst nicht sicher, ob das ein Witz sein sollte, eine Feststellung war, eine Frage oder die Antwort auf seine Frage.
Nach einer Weile fragte der Fahrer: "Ich nehme an, du möchtest nicht in ein Krankenhaus." Yasmin fragte sich, ob er Gedanken lesen konnte. Tatsächlich war ein Krankenhaus das Letzte, wo sie jetzt hin wollte. Vielleicht noch übertroffen von einer Psychiatrie, aber sie wußte, daß es nur eine Frage der Zeit war, bis sie aus dem Krankenhaus dorthin verlegt werden würde.
Er fuhr fort: "Soll ich dich nach hause fahren? Ist da jemand, der sich um dich kümmert?" Sie schüttelte den Kopf, schluchzte dann ein leises "nein". Er nickte. "Das habe ich mir gedacht. Dann fahren wir zu mir. Ein warmes Bad, etwas zu essen, dann wird es dir besser gehen."

Den Rest der Fahrt verbrachten die Beiden schweigend. Schließlich bemerkte Yasmin, daß ihr Retter den Wagen in eine Garage fuhr. Retter... warum hatte sich der Kerl eingemischt? Sie hatte ihn nicht darum gebeten. Sie hatte sich überwunden. Sie war gesprungen. Es war unfair, daß sie noch lebte. Was wollte er von ihr, warum mußte er ihr Leid verlängern?
Er stieg aus, öffnete den Schlag, reichte ihr eine Hand, half ihr beim Aussteigen. Das erste Mal konnte sie ihren Retter mustern. Buschige schwarze Augenbrauen in einem schmalen, bleichen Gesicht, die Augen tief in den Höhlen versteckt, ein gepflegter Schnurrbart über schmalen Lippen, die gewinnend lächelten. Als Yasmin keine Anstalten machte, auszusteigen, nickte er und hob sie mit sicherem Griff hoch, nahm sie auf den Arm und trug sie in das Haus.
Eingewickelt in die Wolldecke konnte sie nicht viel sehen, bis er sie in einem riesigen Badezimmer auf einem flauschigen Teppich absetzte. Sie ließ widerstandslos zu, daß er ihr die Decke abnahm. Warmes Wasser lief in die Badewanne. "Du gehst jetzt baden, um wieder warm zu werden. Ich lege dir einen Bademantel hier auf die Heizung und Pantoffeln auch. Ich werde in der Küche etwas zu essen vorbereiten. Wenn du etwas brauchst, ruf mich einfach, gut?"
Sie reagierte nicht, begann aber, langsam ihr Hemd aufzuknöpfen. Als sie allein war, suchte sie mit den Augen nach dem Spiegel, wollte ihr Gesicht sehen, wie zum Beweis, daß sie noch lebte. Mit leichter Verwunderung stellte sie fest, daß es keinen Spiegel gab. Sie ließ sich in das warme Wasser gleiten. Im ersten Moment schmerzte es, schien sie zu verbrennen, aber das begrüßte sie eher.
Irgendwann gestand sie sich ein, daß sie das duftende, warme Wasser genoß, das ihre Haut umschmeichelte. Langer Gewohnheit gemäß vermied sie den Blick auf die Narben an ihren Handgelenken, während sie sich mit der cremigen Seife wusch. Endlich war ihr durch und durch warm.
Sie stieg aus der Badwanne und zog die weichen Plüschhausschuhe und den Bademantel an, den er auf die Heizung gelegt hatte. Es war das erste Mal, daß sie einen nachtschwarzen Bademantel sah, er war aus einem geradezu unglaublich dicken, samtweichen Frotteestoff, mit einem merkwürdigen dunkelroten Zeichen auf der linken Brust.

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Why-Not Volljährigkeit geprüft
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  Re: Nachtgestalt Datum:27.10.03 21:54 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

ein vielversprechender Anfang.

Story mit Horror-Touch, kein Spiegel im Bad? Na, mal abwarten.

Why-Not

PS: Ich schreibe jetzt besser nicht, daß ich auf die Fortsetzung gespannt bin, sonst läßt Du die armen Mitleser wieder warten.
Buch-Anfang: Dämonen der Leidenschaft (Teaser)

Session: Wir müssen reden, Aus dem Giftschrank, Gefangene Gefühle, Urlaub mal anders

Offtopic-Kurzgeschichten: Gesichter des Todes, Das Interview (mit Dr. Wolfram Schraubner), Die Bahnfahrt


Mehrere Bücher Inhaltsangaben und Leseproben hier auf meiner Homepage
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träumerin




  Re: Nachtgestalt Datum:27.10.03 22:08 IP: gespeichert Moderator melden


hallo butterfly....
die süchtige schreit auf! eine neue story von dir...und zwar eine mit gänsehaut-charakter...
ich freue mich schon sehr darauf, in diese geschichte einzutauchen, mit zu leben, mit zu leiden, mit zu lieben...

ach....ein glücklicher stossseufzer
von deiner
träumerin

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Mithrandir_dg
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Beiträge: 351

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  Re: Nachtgestalt Datum:27.10.03 22:56 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

Eine Horror-Geschichte im SM-Board? Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich bin aber ein großer Fan dieses Genres und bin gespannt wie sich die Geschichte weiter entwickelt. Und wie du SM/Fetisch (ich hoffe doch dass auch davon in der Geschichte vorkommen wird) und Horror miteinander kombinierst. Neugier! Jedenfalls wie schon von dir gewohnt hervorragend geschrieben.

Viele Grüße
Günter

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lionesse
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Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, wähle ich immer den Schmerz.

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slavelless  
  Re: Nachtgestalt Datum:28.10.03 08:14 IP: gespeichert Moderator melden


*anschnurrrrrrrr*
Weiterschreiben!!!
Sofort!!

( Wenn die Mails fertig sind und das Arbeiten auch.)

lu
lionesse
Der Tod ist auch nicht schneller als ein Flügelschlag, doch er trägt dich weiter.
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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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  Re: Nachtgestalt Datum:28.10.03 09:06 IP: gespeichert Moderator melden


@Mithrandir_dg: Horrorstorys im SM-Board? Ist nicht die erste, nicht mal die erste von mir . Wirf mal einen Blick auf Abhängigkeit, wenn du sie noch nicht gelesen hast (hach, schon wieder schamlose Eigenwerbung...).

@Lionesse: Jawohl Herrin, wird sofort erledigt.

@Träumerin, Why-Not: abwarten, Tee trinken, aber die Fortsetzung wird nicht auf sich warten lassen, sondern hängt hier dran


Teil 2

Sie ging den schwach erleuchteten Flur entlang. Aus dem Spalt einer angelehnten Tür tropfte ein träge scheinender Strom von Licht auf den dicken Teppich. Das mußte die Küche sein. Yasmin ging darauf zu, blieb einen Moment davor stehen. Die Taubheit, die sie vorher empfunden hatte, war von ihr abgefallen, hatte einer beinah angenehmen Müdigkeit Platz gemacht. Sie öffnete die Tür und stellte fest, daß sie sich geirrt hatte. Sie blickte nicht in die Küche, sondern in ein Eßzimmer, oder eher in eine Speisesaal. Leise war klassische Musik zu hören, Kerzen erleuchteten den Raum. Der Tisch, der mindestens zwölf Personen Platz geboten hätte, war für nur eine gedeckt.
Sie blieb stehen. Plötzlich, ohne daß sie sein Kommen bemerkt hatte, war ihr Retter im Raum und sprach sie an. Sie schrak zusammen. "Setzen Sie sich. Ich habe eine Kleinigkeit gekocht."
Yasmin folgte der Aufforderung, auch wenn sie sicher war, keinen Hunger zu haben. Er schüttete ihr ein Glas Rotwein ein, ein Glas Wasser und brachte eine Lauchcremesuppe. Als sie ein paar Löffel Suppe gegessen hatte, schaute sie ihn an. "Essen sie nichts?" Er schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe schon gegessen. Ich mache mir nichts daraus."
Dafür, daß er sich nicht viel aus Essen machte, war er ein hervorragender Koch und hatte sich viel Mühe gemacht, denn der Suppe folgten einige Antipasti, dann ein kleines Steak mit Salat und warmem Baguettebrot, schließlich eine Schale Mousse au Chocolat.
Yasmin aß bei weitem nicht auf, aber das schien er auch gar nicht zu erwarten.
Während sie aß, machte er keine Konversation, sondern beobachtete sie schweigend. Halb verwundert stellte sie fest, daß sein Blick sie nicht störte, obwohl seine Augen kaum eine Sekunde von ihr wichen, in sie zu dringen schienen.

Als sie die Schale mit dem hervorragenden Dessert wegschob, fühlte sie sich realer, beinah normal. Plötzlich war sie befangen, wußte nicht, was sie tun sollte. Daß er nichts sagte, verbesserte die Lage für Yasmin nicht. So saßen beide ein paar Minuten lang schweigend da, bis er fragte: "Fühlen Sie sich jetzt besser?"
Sie nickte. Wie verrückt. Zynisch ging ihr durch den Kopf, daß sie schließlich versucht hatte, sich umzubringen, aber natürlich, ein warmes Bad, ein gutes Essen und die Welt ist wieder in Ordnung. Wirklich, ein Allheilmittel...sie unterdrückte ein gequältes Auflachen oder Schluchzen. Sicher war sie sich nicht. Aber wirklich, sie fühlte sich besser....
"Kommen Sie, im Wohnzimmer ist es bequemer, nicht so formell."

Yasmin fragte sich zwar, wo das hinführen sollte, aber sie fand keinen Weg, abzulehnen ohne undankbar zu erscheinen. Sie wußte nicht, ob sie ihm nun dankbar war oder nicht, haderte mit sich selbst. Sie folgte ihm in das Wohnzimmer, wo er einladend mit der Hand auf einen Sessel deutete, direkt vor dem Kamin, in dem ein Feuer loderte.
"Moment, ich hole etwas zu trinken."
Sie zögerte sich hinzusetzen, ging zum Kamin, über dem ein langes, breites Schwert hing. Was für eine merkwürdige Dekoration. Fasziniert hob sie die Hand um es zu berühren und zuckte erschreckt zusammen, als ihr Retter in den Raum zurück kam. Mit Erstaunen betrachtete sie den Schnitt quer über ihre Fnger, der sofort anfing zu bluten. Er nahm seine Hand in ihre, musterte einige Sekunden lang den Schnitt, leckte sich über die Lippen, zog dann ein blütenweißes Leinentaschentuch aus der Tasche und wickelte es um ihre Hand. Dann verschwand er kurz, um mit einem kleinen Verbandskasten wiederzukommen. Während er sie fachmännisch verband, schaute er mehr in Yasmins Augen, als auf ihre Hand.
"Bitte verschwenden Sie ihr kostbares Blut nicht und fassen Sie das Schwert nicht an. Es ist kein Dekorationsartikel, es ist eine Waffe, mit der..." er stockte kurz, dann fuhr er fort: "...mit der meine Vorfahren viele Schlachten geschlagen haben. Es ist scharf genug, im wahrsten Sinne des Wortes Haare zu spalten."
"Wer... wer sind sie?"
Er verbeugte sich, hielt ihre sauber verbundene Hand in seiner, deutete mit einer Verbeugung einen altmodischen Handkuß an. "Verzeihen Sie die Unhöflichkeit, die verspätete Vorstellung. Mein Name ist Jonathan. Jonathan Altmann. Und ihr Name ist...?"
"Yasmin Arnulf."
Er schaute überrascht auf, dann glitt ein breites Lächeln über sein Gesicht, das für einen Moment seine schneeweißen Zähne sichtbar machte. "Die wunderbare, unvergleichliche Madame Mina... ich bin hocherfreut, Sie kennen lernen zu dürfen."
Was für eine merkwürdige Szene, und was für eine ungewöhnliche, altertümliche Variation ihres Namens. Sie hatte gedacht, daß sie in ihrem Leben jeden beliebigen Spitznamen gehört hatte, aber das war neu. Betreten entzog sie ihre Hand seinem Griff, setzte sich in den Sessel, auf den er vorher gedeutet hatte. Jonathan setzte sich auf die andere Seite des Kamins, auf ein schmales Sofa, ließ seine Augen auf ihr ruhen.
Sie hatte das Gefühl in die Tiefe seiner Augen zu fallen. Sein Mund bewegte sich, ohne das sie etwas hörte. Sie starrte wie in Trance in seine Augen...
Plötzlich stand er vor ihr. "Verzeihung, liebste Mina, erst jetzt wird mir bewußt, wie müde Sie sind. Kommen Sie, ich bringe Sie in ihren Raum."
Er bot ihr seinen Arm an und führte sie aus dem Raum, den Flur entlang, eine breite Treppe hinauf in das Obergeschoß. Das Zimmer war nicht groß, ein Tisch, ein Schrank, ein Regal mit Büchern, ein Einzelbett, frisch mit duftender Wäsche bezogen. Schwere Vorhänge vor dem Fenster, die Möbel von altertümlicher Machart, aber stabil und gepflegt. Jonathan zeigte ihr eine schmale Tür, die in ein winziges Badezimmer führte.
Er erklärte ihr, daß sie am nächsten Tag allein sein würde, da er geschäftlich unterwegs wäre und erst gegen Abend zurück käme. Dann wünschte er ihr eine gute Nacht und ließ sie nach einem Handkuß allein.

Yasmin lächelte. Mina. Wie merkwürdig. Irgendwie wirkte sein Benehmen eigenartig, deplatziert, aber es paßte zu der Einrichtung des Hauses, die wirkte, als würde sie aus dem 19. Jahrhundert stammen, wenn sie auch perfekt gepflegt war.
Sie ging in das Badezimmer, putzte ihre Zähne mit einer frischen Zahnbürste, die auf einem Regal lag, ließ den Bademantel auf einen Stuhl gleiten und ging dann in das Bett, nachdem sie mit Befremden eine riesige eiserne Wärmflasche daraus entfernt hatte.
In der kuscheligen Wärme schlief sie schnell ein.

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  Re: Nachtgestalt Datum:28.10.03 16:09 IP: gespeichert Moderator melden


Teil 3

Yasmin schlief bis lange in den nächsten Tag hinein. Als sie aufwachte, war ihr Zeitgefühl völlig aus dem Ruder gelaufen und sie hatte keine Idee, wie spät es war. Sie fühlte sich großartig, ausgeruht. Schwungvoll stand sie auf. Als ihr Blick auf ihre Umgebung fiel, auf ihre Blöße, auf den weißen Verband an ihrer Hand, brach die Erinnerung an die vergangene Nacht über sie herein. Sie ließ sich auf die Bettkante sinken.
Sie lebte und sie war jetzt 33 Jahre alt. Nachdem sie sich beinah einen Monat lang darauf vorbereitet hatte, daß sie in der Nacht zu ihrem Geburtstag sterben würde, war das irgendwie überraschend. Und sie war sich eigentlich sicher gewesen, daß das Leben ein Geburtstagsgeschenk war, daß sie nicht hatte haben wollen.Aber jetzt wußte sie nicht, ob sie froh war, oder nicht.

Sie fröstelte. Ihr Blick fand den Stuhl, auf den sie am vorigen Abend den Bademantel gelegt hatte. Der Bademantel war weg. Sie stand auf und öffnete den großen Schrank, der eine ganze Wand des Raumes einnahm. Sie lächelte, als sie auf eine Ansammlung verschiedenartigster Kleidung stieß, die einen gewissen Theatercharakter hatte. Vorsichtig vermeidend, zuviel Unordnung zu machen wühlte sie, bis sie Unterwäsche und ein Kleid fand, das ihr passen würde. Der Zuschnitt sah altertümlich aus, aber offenbar hatte ihr Retter eine Vorliebe für das viktorianische Zeitalter, was Mobiliar und Kleidung anging. Sie wusch sich, schnürte dann stilecht das Mieder und zog gespannt das Kleid an. Wieder vermißte sie einen Spiegel, aber hatte das Gefühl, daß es ihr stand.

Dann zog sie die Vorhänge zurück. Gleißende Helligkeit erfüllte den Raum. Der Ausblick war hinreißend, die Sonne stand strahlend am stahlblauen Himmel, schien blendend von den schneebedeckten Feldern zurück. Vergeblich versuchte sie sich zu orientieren, aber der Ausblick war ihr zu fremd, als daß sie hätte feststellen können, wo sie war.
Jonathan, er hatte den Namen englisch ausgesprochen, hatte gesagt, er würde erst gegen abend zurückkommen. Yasmin fragte sich, ob sie so lange warten sollte, oder ob sie nicht lieber einfach verschwinden sollte. Nur wohin? Sie hatte nichts, überhaupt nichts. Sie hatte ihre Wohnung aufgelöst, ihre Besitztümer verschenkt und die Überbleibsel in zwei großen Säcken in einen Rotkreuzcontainer geworfen. Ihr Bankkonto war aufgelöst, der spärliche Inhalt an das Kinderhilfswerk überwiesen, das war der erste Überweisungsträger gewesen, der ihr in der Bank unter die Finger gekommen war. Ein Abschiedsbrief mit ihrem Personalausweis, in dem sie sich in sachlichen Worten erklärte, war längst unterwegs zur Polizei. Ihre letzten paar Geldstücke hatte sie am frühen Abend in einen dampfenden Kaffee investiert und das Wechselgeld in die Mütze eines frierenden Bettlers geworfen.
Praktisch existierte sie nicht mehr. Aber sie lebte noch. Die Ironie brannte in ihren Augenwinkeln.

Yasmin quälte sich ein Lächeln ab, stand auf und verließ ihr Zimmer. Zumindest die durchnäßten Kleidungsstücke, die sie gestern getragen hatte, das Letzte, was ihr gehörte, wollte sie aufhängen. Sie ging die Treppe hinab und ging in das große Badezimmer, aber fand nichts.
Sie schaute in die anderen Räume. Neben dem Eßzimmer und dem Wohnzimmer, die sie bereits kannte, entdeckte sie die Küche, eine Bibliothek, die Haustür und eine Tür, die sie nicht öffnen konnte, von der sie aber annahm, daß sie in den Keller führte. Im Obergeschoß war außer dem Zimmer, in dem sie übernachtet hatte, noch ein großes Schlafzimmer zu finden, dessen Bett unberührt aussah.
Im Flur stand eine Pendeluhr, die anzeigte, daß es bereits nach Mittag war. Sie ging in die Küche und holte sich ein Glas Wasser, dann setzte sie sich in die Bibliothek. Sie genoß die Stille des Raumes und grübelte. Vorsichtig und mit lange geübter Präzision hielten ihre Gedanken Abstand von ihren wirklichen Problemen. Es gab kein Telefon, keinen Fernseher, keinen Computer, ein bloßes Schwert über dem Kamin, antiquiierte Einrichtung. Fast hätte sie geglaubt, ein Jahrhundert in die Vergangenheit zurückversetzt worden zu sein, wäre da nicht stimmungsvolle indirekte Beleuchtung gewesen, eine hochmoderne Küche.
Die Küche... der Kühlschrank war mehr als üppig bestückt gewesen, aber Jonathan, der gesagt hatte, er würde alleine leben, hatte kein Interesse am Essen. Das Haus war ein einziger Widerspruch in sich, genau wie sein Bewohner.
Sie übte den Namen, bis er ihr flüssig über die Lippen kam. Das war das Mindeste, was sie tun konnte. "Jonathan... Jonathan..." sie zögerte einen Moment, bevor sie ihn das dritte Mal aussprach und schalt sich eine alberne Gans. "Jonathan", jetzt hatte sie es, die Betonung stimmte, soweit sie es beurteilen konnte.

Yasmin stand auf und betrachtete die Buchrücken. Viele Bücher sahen schon von außen so aus, als seien sie alt und teuer, aber dazwischen reihten sich auch eine Unmenge Sachbücher, auch viele Taschenbuchausgaben. Soweit sie es überblicken konnte, waren die meisten Sachbücher über archäologische, historische und, wie sie mit einem Stirnrunzeln feststellte, esotherische Themengebiete. Die anderen Bücher sahen aus wie eine Sammlung von Horrorliteratur quer durch die letzten Jahrhunderte, soweit ihr die Titel und Namen der Autoren bekannt waren.
Schließlich sah sie davon ab, die Beschriftungen der Buchrücken zu lesen, sondern achtete darauf, wie abgegriffen sie aussahen, um dadurch vielleicht auf eine besondere Vorliebe seitens ihres Retters schließen zu können. Sie entschied sich für ein kleines Buch, das von der Machart her offenbar recht modern war, aber trotzdem sehr abgegriffen aussah. Sie lächelte, als sie den Titel las, nahm das Buch und ließ sich in den bequemen Sessel gleiten, der offenbar genau für diesen Zweck gedacht war.

Sie begann zu lesen, und schon nach wenigen Seiten zog sie die Augenbrauen hoch. Ihr Retter hieß Jonathan, sie Yasmin. Yasmina. Mina. Jetzt wußte sie, warum er gestutzt hatte, woher die altertümliche Abwandlung ihres Namens stammte. Sie war sich alles andere als sicher, ob ihr die Idee gefiel. Natürlich kannte sie die Geschichte in groben Umrissen, aber das Buch fesselte sie, ließ sie zurück in die Welt des 19. Jahrhunderts gleiten, in die Karpaten.
"Ah, ich sehe, daß Sie es sich bequem gemacht haben, Madame Mina."
Mit einem entsetzten Aufschrei fuhr sie aus dem Sessel hoch. Aufgeschreckt versuchte sie das Buch hinter ihrem Rücken zu verbergen, dann erst merkte sie, daß mehr Zeit vergangen war, als sie gedacht hatte, der Himmel vor dem Fenster hatte sich verfinstert. Sie hatte automatisch, ohne daß sie sich erinnern konnte, eine Leseleuchte eingeschaltet, die einen kleinen Lichtkreis in die Dunkelheit warf.
Er trat in den Lichtschein, lächelte gewinnend. "Verzeihen Sie, daß ich sie erschreckte. Das lag nicht in meiner Absicht. Gefällt ihnen mein Buch?"
Yasmin stotterte, verwirrt von der letzten Bemerkung, die merkwürdig klang, aber soweit sie die Betonung interpretieren konnte keinesfalls vorwurfsvoll gemeint war, sondern eher stolz klang. "Mein Buch"... die Bemerkung hatte nicht danach geklungen, als ginge es um die Eigentumsverhältnisse...
"Ich... also... ich habe auf Sie gewartet. Ich wollte mich verabschieden und ihnen danken, bevor ich gehe."
Er nickte, maß sie mit seinen Augen. Sie wurde unruhig von seinem Blick, konnte ihm nicht standhalten.

"Darf ich Sie fragen, ob Sie wissen, wohin sie wollen?"
Sie hatte keine Ahnung, wohin sie wollte. Ein Teil von ihr wollte nur weg, fortrennen, weg von diesem Mann, der sich in ihr Leben eingemischt hatte. Aber da war auch der Teil von ihr, der den Kopf schüttelte, bevor sie sich daran hindern konnte und flüsterte: "Nein. Es gibt nichts, wohin ich gehen könnte."
Er trat einen Schritt auf sie zu. Ein Gedanke zuckte durch ihren Kopf. "Wenn er mich anfaßt, dann schreie ich!" Sie schrie nicht, als er sie vorsichtig am Arm berührte. Der Teil von ihr, der vorher den Kopf geschüttelt hatte, wollte nicht schreien, wollte sich an seine Hand schmiegen.
Ihr lief ein Schauer über den Rücken.
Er flüsterte leise ihren Namen: "Mina," und nahm ihre Hand. Vorsichtig wickelte er den Verband ab, betrachtete den dünnen roten Schnitt. Seine Augen wanderten weiter, auf ihr Handgelenk, auf die wulstige Narbe. Vorsichtig nahm er auch ihre andere Hand, drehte sie mit der Handfläche nach oben, musterte die zweite, die dazugehörte. Sie fühlte sich entblößt, ausgestellt, nackt.
"Warum?"
Mit Verwunderung bemerkte sie, daß die Wut, die sie immer befiel, wenn jemand diese Frage stellte, ausblieb. Sie fühlte sich ruhig, beinah ausgeglichen, konnte direkt in seine Augen schauen. Sie wußte die Antwort selber nicht, aber das wenige, was sie wußte brach aus ihr heraus. "Ich bin falsch hier. Einfach verkehrt. Ich gehöre nicht hierher. Ich bin zu schwach, immer gegen den Strom zu schwimmen. Aber ich muß. Ich kann nicht anders. Und ich habe nicht genug Kraft."
Er hielt ihren Blick in seinem gefangen. Dann nickte er, als hätte er genau das erwartet. "Ich weiß, was Sie meinen."
Jedem anderen wäre sie jetzt ins Gesicht gesprungen, hätte ihn angeschrien, daß er überhaupt nichts wußte, nicht die Spur einer Ahnung hatte, wie sie sich fühlte. Aber seine Worte enthielten kein Mitleid, er hatte sie nicht gesagt, um sie zu beruhigen, sondern sie waren völlig ernst gemeint.

"Haben Sie schon gegessen?"
Stumm und von dem plötzlichen Themenwechsel irritiert schüttelte Mina den Kopf.
Er lächelte mit einem ernsten Ausdruck in den Augen. "Verhungern ist keine Todesart, die Sie sich aussuchen sollten."
Beide gingen in die Küche. Mit wenigen Handgriffen bereitete Jonathan Brote vor. Mina aß ein paar Stücke. Jonathan lehnte wie in der Nacht zuvor ab. "Ich habe bereits gegessen. Arbeitsessen mit Kunden. Kein Genuß, nur Arbeit, aber es muß sein."
"Aber ich schaffe es nicht allein. Es wäre schade, den Rest wegzuwerfen."
Er nickte und nahm ein kleines Stück. Mit widerwillig kaute er.
"Wollen wir reden?"
Mina wußte selbst nicht, warum, aber sie wollte mit ihm reden. Mehr, als sie jemals mit einem Menschen hatte reden wollen.

Jonathan zündete das vorbereitete Feuer im Kamin an. Sie redeten über viele verschiedene Dinge, wichtige, unwichtige, traurige und fröhliche. Als sie anfing schläfrig zu werden, stand sie auf, und ging ein paar Schritte im Raum auf und ab. Schließlich setzte sie sich wieder, neben Jonathan.
"Gefällt Dracula dir?"
"Das Buch hat mich in seinen Bann geschlagen. Aber ich bin noch nicht weit gekommen."
"Möchtest du die wahre Geschichte von Dracula hören?"
Sie nickte und lehnte sich an seinen Arm. Fasziniert hörte sie zu. Er erzählte, wie der Christ Vladimir Tepesz zu Vlad Dracul, dem Pfähler, geworden war. Die Geschichte war mit vielen Details gefüllt, und er erzählte sie aus der Sicht des unglücklichen Helden.
Als er fertig war, kuschelte Mina sich an ihn. "Wie traurig..."
Jonathan legte seinen Arm um sie. "Ja. Das Buch von Bram Stoker fängt dort an, wo ich aufgehört habe. Und es ist aus der Sicht der Jäger geschrieben. Der Sieger schreibt immer die Geschichte."
Sie schwieg, zog die Beine auf das Sofa und genoß seine Nähe, während er ihren Hals streichelte. Nach wenigen Minuten war sie eingeschlafen.

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  Re: Nachtgestalt Datum:28.10.03 16:34 IP: gespeichert Moderator melden


... da die Geschichte fertig ist, sehe ich keinen Grund, euch den Rest vorzuenthalten.

Teil 4

Mina wachte auf. Sie hatte lebhaft geträumt, von Vampiren, Fledermäusen, blauen Lichtern auf offenem Feld. Aber die Träume waren gut gewesen, hatten ihr keine Angst gemacht. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. Das war die absonderlichste Gute-Nacht-Geschichte gewesen, die ihr je jemand erzählt hatte.
Sie stand auf, zog sich eilig an, vielleicht würde sie Jonathan noch sehen können, bevor er das Haus verließ. Aber sie war wieder allein. Sie aß etwas Obst aus der Küche und zog sich dann in die Bibliothek zurück. Schnell versank sie in das Buch und merkte kaum, wie die Stunden verstrichen.
Es war spät in der Nacht, als sie das Buch zuschlug. Mit geschlossenen Augen saß sie da, ließ das Buch in sich nachklingen.

"Hat es dir gefallen?"
Diesmal gelang es ihr knapp, einen Aufschrei zu unterdrücken. Stattdessen fragte sie verwundert: "Stehst du schon lange da?"
"Etwa eine Stunde. Du warst so versunken, daß ich dich nicht stören wollte." Jonathan reichte ihr seine Hand, zog sie hoch, in seine Umarmung, die sie begierig erwiderte. Er hatte Gefühle in ihr geweckt, von denen sie nie geglaubt hatte, sie überhaupt haben zu können. Sie streichelten und liebkosten sich gegenseitig, bis er sie schwer atmend ein Stück von sich wegschob und ihr in die Augen sah.
Nach einigen Momenten nickte er und zog sie hinter sich her, in das warme Badezimmer. Zärtlich und unter Küssen entkleidete er sie, dann eilig sich selbst. "Ich mag es im Regen..."
Sie küßten sich, erkundeten gegenseitig ihre Körper, während das warme Wasser der Dusche auf sie herniederprasselte. Irgendwann ließ sich Mina aus seiner Umarmung auf die Knie gleiten, nahm ihn in den Mund. Sie genoß das Gefühl, wie sein Körper sich spannte, um das Gleichgewicht kämpfte. Kurz bevor er den Höhepunkt erreicht hatte zog er sie hoch. Ihre Beine schlangen sich um seine Taille, als er in sie eindrang. Langsam bewegte er sich in ihr, küßten seine Lippen ihren Hals, bis ihre beiden Körper sich im gemeinsamen Höhepunkt verkrampften.
"Bleib so..." Jonathan hielt sie fest, stieg aus der Dusche und legte ein riesiges, warmes Handtuch um ihre beiden Körper, dann trug er sie die Treppe hinauf in das großes Schlafzimmer. Zärtlich ließ er Mina auf das Bett gleiten, begann sie zu streicheln.
"Was bist du, Jonathan?"
Er antwortete nicht, sondern fuhr fort, sie zu streicheln, strich ihr Haar aus dem Gesicht, legte ihren Hals frei. Seine Lippen glitten über ihre Brüste, kitzelten sie am Hals. Er nahm ihre Hand in seine, streichelte, küßte die Finger, die Handfläche, die breite Narbe. Ein wohliger Schauer durchlief ihren Körper. Dann schlang er ein Seil um ihr Handgelenk, verknotete es mit langsamen Bewegungen.
Mina verschwendete keinen Gedanken daran, sich zu wehren. Wozu? Was hatte sie zu befürchten? Was gab es anderes für sie?
Erneut fragte sie: "Was bist du, Jonathan?" Diesmal antwortete er leise: "Laß mein Tun für mich sprechen, liebste Mina." Er nahm ihre andere Hand, liebkoste sie genauso wie die erste und fesselte auch sie.
Sie ließ es geschehen. Unsicher fragte sie: "Wird... wird es wehtun? Und was werde ich sein?"
Beruhigend streichelte er ihren Kopf, sah ihr lange in die Augen. "Hab keine Angst. Ja, es wird wehtun. Aber es ist nur ein winziger Moment. Du brauchst keine Angst haben."
Sein Blick machte sie sicher, daß er die Wahrheit sagte, oder etwas, das so nah daran war, daß es keinen Unterschied machte. "Gut... komm her. Bitte."
Und er kam zu ihr, küßte und liebte sie. Als sie im Höhepunkt ihren Kopf nach hinten warf, die Muskeln an ihrem Hals hervortraten, biß er zu.
Als dann auch er fertig war, leckte er sich befriedigt über die Lippen, deckte sie zu und streichelte ihren reglosen Körper sanft, bis er befriedigt einschlief.

Die Mittagssonne, die durch das Fenster fiel, kitzelte ihre Nase. Mina nieste, fuhr dann erschreckt auf, soweit es ihre Fesseln und das Gewicht von Jonathans Kopf, der auf ihrem Arm ruhte, zuließen. Wild begann sie sich zu winden, gegen ihn zu treten, um ihn zu wecken. Ihr Schrei war dafür gemacht, Tote aufzuwecken. "Jonathan! Die Sonne! Wir werden verbrennen!"
Träge öffnete er die Augen. Er schien einen Moment zu brauchen, bis er sich orientiert hatte. "Guten Morgen, Mina."
"Die Sonne! Die Sonne!"
"Mina, schrei doch nicht so. Die Sonne tut dir nichts. Komm her, gib mir einen Kuß."
Verwirrt sah sie ihn an. "Aber..."
Er lächelte. "Komm her, meine kleine Vampirbraut. Offenbar lebst du doch ganz gerne, stimmts?"
"Was... was sind wir?"
"Menschen, Mina. Einfach Menschen. Mehr als ein Leben an meiner Seite kann ich dir nicht bieten, so gerne ich dir auch mehr geben würde."
Die Schimpfwörter, mit denen sie ihn bedachte, weigern sich, auf dem Papier Gestalt anzunehmen, aber ihr Lächeln sprach sowieso eine eigene Sprache.

Ende

Nachbemerkung:
Oh Mann, ich werde wohl als die männliche Rosamunde Pilcher des SM-Boards in die Forumsgeschichte eingehen. Aber im Moment kann ich machen, was ich will, es kommt immer eine Liebesgeschichte dabei raus.
Vielleicht sollte ich die Finger von der Tastatur lassen, bis ich wieder mehr Zynismus über habe

Trotzdem hoffe ich, daß die Geschichte dem/der einen oder anderen gefallen hat.
Schönen Abend noch.

Butterfly


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träumerin




  Re: Nachtgestalt Datum:28.10.03 22:54 IP: gespeichert Moderator melden


wunderbar, mein schmetterling,
diese story...nein, diese liebesgeschichte, ist wunderbar geschrieben...
ich danke dir sehr dafür. und lass dein zynismus ruhig noch eine weile ruhen. es ist schön, storys zu lesen, die so voller gefühl sind wie bei dir.
ich bin und bleibe eine süchtige...ich wurde wohl gebissen...
liebe grüsse, sanfte küsse
deine träumerin

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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 02:25 IP: gespeichert Moderator melden


Wieder eine schöne Story - mit einem frechen Schluß.

Why-Not
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 08:26 IP: gespeichert Moderator melden


ja, ja.....
Dieser Butterfly verpuppt sich vom scharfen Zyniker zur romantischen Seele.... harte Schale, weicher Keks......*gg.
Im Ernst: diese Story war mir, wenn sie auch gut geschrieben ist, am Ende etwas zu lieblich. Ich bin halt doch eine finsterböse Domina mit einer ganz eigenen Auffassung von Romantik...the quickest way to a man s heart is with an axe, right through his chest....
hehe
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 08:36 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo ChariSMa

Zitat
...the quickest way to a man s heart is with an axe, right through his chest....
hehe

Grusel ... Da haben wir dann ja Glück, daß Du bereits den Mann Deines Herzen gefunden hast ... ähm ... Ich hoffe, es geht ihm gut ... Vielleicht solltest Du doch lieber den indirekten Weg ...

Why-Not

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nimm das Leben nicht zu ernst, denn Du überlebst es doch nicht

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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 08:48 IP: gespeichert Moderator melden


Hallöle ChariSMa
.....wie Du mit nem Körperspray oder Duschgel oder Rasierwasser der unteren Preisklasse eines Mannes Herz erobern willst
.....mir vöööllig Schleierhaft (nein ich will weder eingesperrt werden, noch mit (Braut)Schleiern gefesselt werden)

......uuuund ich find s schön, daß Butterfly so a weng mit Herzschmerz und Romanze und so behaftet ist, a bisserl Vanilla schadet ja wohl keine(m)(r)

......allerdings, Why Not, schon seltsam, daß ma so gaar nix mehr vom Udo in den letzten Tagen gehört/gelesen haben
suspekt,suspekt

etwas ängstliche um Mitglieder fürchtende Grüße
stephan
Wir haben zwar alle die gleichen Augen, aber das, was wir sehen, ruft sehr verschiedene Gedanken hervor. (Ernst R. Hauschka)
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 08:54 IP: gespeichert Moderator melden


@Why-Not
Ja, was meinst Du denn, warum ich hier meine Stories nie veröffentlichen darf? Uns Kettensägenromantikern begegnet man überall mit kleinlichen Vorbehalten....*seufz.
Na gut, dann beuge ich mich halt wieder einmal dem Diktat der zarten männlichen Seele *grummelt
ChariSMa

(Diese Nachricht wurde am 29.10.03 um 08:54 von ChariSMa geändert.)
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 09:14 IP: gespeichert Moderator melden


Ach, ChariSMa, leider, leider triffst du mit deiner Axt mitten in meine schlimmsten Befürchtungen. Im übrigen bevorzuge ich Kettensägen.

Sag ich ja selber, ich kenne mich im Moment gar nicht und fange wirklich an, mir um meinen Geisteszustand Sorgen zu machen. Ich (sic!) schreibe Geschichten über Selbstmörder und andere merkwürdige Menschen (Jessie) mit dem, was die breite Masse der Bevölkerung ein Happy End nennen würde. Üblicherweise nenne ich eigentlich eher sowas wie bei Brazil, 12 Monkeys oder Dr. Seltsame ein Happy End. Das bringt mein Selbstbild massiv ins Wanken.
Dabei habe ich eigentlich im Moment kaum objektiven Grund, gut drauf zu sein, das ist das, was mich beim Reflektieren darüber am meisten erschüttert.
Realitätsflucht? *schulterzuck*

Das mit dem Keks nehme ich dir aber dennoch ein wenig übel *grrrr*. Getroffene Hunde bellen halt. Normal würde ich Leute, die solche Storys schreiben auch als weichkeksig titulieren...

Ich habe noch ein paar selbstkritische Bemerkungen zu der Story, die vielleicht auch das eine oder andere erklären:

Wie üblich hatte ich zwar die wesentliche Storyline entworfen, aber hatte noch nicht fertig geschrieben, als ich den ersten Teil publiziert habe. Sonst hätte ich die Story wohl eher im Offtopicboard platziert. (Übrigens genauso, wie ich "Eine Entführung" im SM-Board platziert hätte. )

Die GänseblümchenSM-Elemente sind ja nun objektiv betrachtet beim besten Willen... spärlich. *SFZ*, wenn ich auch zugeben muß, daß mich so eine kuschelige Duschszene... *SFZSFZ*. Vielleicht bin ich schon zu lange keusch (ganz ohne KG), vielleicht liegt s daran. Wird man(n) dann so kuschelig in der Vorstellung?
Aber bei dem geplanten Ende wollte es einfach nicht gelingen, es in SM-Sicht spannender zu machen.

Das geplante Ende war unvermeidlich, schon nachdem ich den ersten Teil publiziert habe. Why-Not, der alte Spielverderber, hat ja schon direkt auf den Punkt gehauen, das fehlende Spiegel in Horrorstorys ziemlich verdächtig sind.
Wär der Kerl ein echter Vampir gewesen, wäre ich weniger offensichtlich vorgegangen.
Spiegel, der (offenbar lange geübte) "Versprecher" mit dem Schwert, das Faible für s Viktorianische Zeitalter. Das schreit einem ja geradezu "VAMPIIIIRE!" ins Gesicht.

Selbst die Namen... ich habe lange überlegt, bis mir eine moderne Variante von Mina eingefallen ist. Ist jemandem der Nachname von Jonathan aufgefallen? Altmann -> Oldman. Gary Oldman. Draculadarsteller im Copolla-Film von 1992. (stolz Schulterklopf)


Hoffe, euch dennoch unterhalten zu haben.
Butterfly
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 09:29 IP: gespeichert Moderator melden


Zitat
Ja, was meinst Du denn, warum ich hier meine Stories nie veröffentlichen darf? Uns Kettensägenromantikern begegnet man überall mit kleinlichen Vorbehalten....*seufz.


Ha! Welch schamlose Unwahrheit. Ich habe Johni gefragt (schon wieder eine schamlose Unwahrheit, diesmal von meiner Seite) und du hast nie nicht mal versucht, eine Kettensägenstory zu veröffentlichen!
Welch arglistiger Täuschungsversuch!

So... jetzetle bist du unter Zugzwängle... wo sind die Storys? Her damit! Bin sehr gespannt auf deine Holzfällerromantik (*träller* He s a lumberjack and he s allright...)

Ein kleines Plädoyer für deutsche Plurale: Es ist eine deutsche Unart, bei englischen Wörtern wie Story den englischen korrekten Plural (Stories) zu verwenden (du schreibst das ja auch nicht klein). Die Engländer sagen ja auch nicht "Kindergärten" sondern "Kindergartens". Bei Storys ist das ja noch beinah sinnvoll, völligst daneben allerdings z.B. bei "cell phones". Denn den exklusiv-deutschen Begriff "Handy" kennen die Engländer und Amis gar nicht (jedenfalls nicht für ihr "mobile"), daher ist der leider weithin gebräuchliche Pseudoenglische Plural "Handies" völliger Blödsinn, sondern es muß "Handys" heißen.
(ha! Jetzt hab ich es den sprachignoranten Schwaben wieder mal gegeben!) *stolz guck*.




Schönen Tag auch. Ein (bis auf die Vanillageschichten, die er schreibt) streitbarer

Butterfly

(Diese Nachricht wurde am 29.10.03 um 09:29 von Butterfly geändert.)
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 09:44 IP: gespeichert Moderator melden


@Butterfly,
ja, so ist sie manchmal , die ChariSMa...ein unsensibles Trampeltier.....
Schatzerl, wenn ich gewußt hätte, Dich in einer Sinnkrise anzutreffen, hätte ich natürlich meine Klappe gehalten. War wirklich nicht so ernst gemeint....
Ich packe jetzt meine Kettensäge wieder in lavendelfarbenes Seidenpapier und fasse ein neues Buchprojekt ins Auge: Warum Frauen selten das Richtige sagen und keusche Männer immer kuscheln müssen...
um Verzeihung heischender Gruß
ChariSMa
Anmerkung: die Sprachregelungen dieses Nimmerlandys/Nimmerlandies....die soll mal einer verstehen....

(Diese Nachricht wurde am 29.10.03 um 09:44 von ChariSMa geändert.)
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 21:59 IP: gespeichert Moderator melden


<<--- reicht ChariSMa eine mit kitschigem Blumenmuster bedruckte Schachtel für die Axt, damit nicht nur die Kettensäge gut verpackt ist
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  Re: Nachtgestalt Datum:29.10.03 22:49 IP: gespeichert Moderator melden


So sind Männer: reich Ihnen die kleine Kettensäge....und sie wollen die ganze Axt......
zischt
ChariSMa

(Diese Nachricht wurde am 29.10.03 um 22:49 von ChariSMa geändert.)
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