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Butterfly |
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Dieser Satz ist nicht wahr.
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 09:13 IP: gespeichert
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Teil 2
Es dauerte nicht sehr lange, bis mein Wecker mich aus dem Schlaf riß. Verfluchtes Teil. Ich schlug um mich, warf ihn vom Nachttisch, aber selbst diese rohe Behandlung ließ ihn nicht verstummen. Stattdessen war er unter das Bett gefallen. Just in dem Moment, wo ich ihn endlich in der Hand hatte, hörte er auf zu piepsen und schien mich höhnisch anzugrinsen. Denn jetzt war ich wach. Und ich wußte, daß wohl kaum etwas dagegen zu machen war. Außerdem mußte ich an die Arbeit. Meine Doktorandenstelle hatte zwar im Prinzip keine festen Arbeitszeiten, trotzdem reagierte mein Professor ziemlich allergisch auf Leute, die nach neuen Uhr an ihren Arbeitsplatz kamen. Ich raffte Anziehsachen aus dem Schrank und stolperte in das Badezimmer. Der Geschmack in meinem Mund war unerträglich. Als ich mich im Spiegel betrachtete, stellte ich fest, daß die Kratzer auf der Brust nur noch als schwache Rötungen sichtbar waren. Anders sah mein Hals aus. Definitiv: zwei kleine, dunkelrote Flecken, unterhalb des Ohres. Als ich sie befühlte, rann wieder ein Tropfen Blut aus dem einen. Was zum Teufel... das mußten ja ziemlich merkwürdige Mücken sein, die da unten an dem Fluß grassierten. Üble kleine Blutsauger. Ich suchte auf dem Regal herum und klebte ein Pflaster quer über die beiden Flecken. Noch während ich mir die Zähne putzte, war es durchgeblutet. Ich zog es ab. Kein Blut. Ich klebte ein neues Pflaster. In Rekordzeit zeigten sich zwei größer werdende rote Flecken. Ich zog es wieder ab. Keine Blutung.
So konnte ich mich unmöglich an der Uni sehen lassen. Ich wühlte mich durch meinen Kleiderschrank, bis ich irgendwo weit unten einen Rollkragenpulli fand. Ich sah aus dem Fenster. Es sah so aus, als würde es heute eher warm werden. Seufzend zog ich den Pulli über.
Ich schlich mich um 9:15 in mein Büro. Wo bereits mein Professor saß. "Na, Herr Meier, das ist aber löblich, daß sie sich auch noch einfinden. Ist wohl etwas spät geworden gestern, wenn ich mir die Ringe unter ihren Augen ansehe...." Dann zog er die Augenbrauen hoch. "Ist bei ihnen denn der Winter ausgebrochen? Ist wohl kaum das richtige Wetter zum Skilaufen." Und ich kam nicht mal auf die simpelste Entschuldigung, nämlich, erkältet zu sein. Hätte sicherlich zu meiner übernächtigten Erscheinung und dem Rollkragenpulli gepaßt. "Oder hat sie ein Vampir gebissen? Sie sehen so blaß aus." Ich stotterte irgendetwas davon, daß ich mich beim rasieren geschnitten hätte. Dann kam er zur Sache. Die nächsten 10 Minuten textete er mich gnadenlos zu, bis mir der Schädel dröhnte. Als er ging, fluchte ich leise in meinen nicht vorhandenen Bart. Was er mir aufgetragen hatte, würde mir in den nächsten Tagen übelste Überstunden bereiten, das wußte ich jetzt schon. Natürlich unbezahlte. Wie gesagt. Ich fluchte. Die Tür ging wieder auf. "Was haben sie gerade gesagt?" "Nichts." Vampire. Der hatte sie wohl nicht alle. Trotzdem, irgendwie... irgendwie war ich nicht ganz bei mir. Und die beiden Flecken... irgendwie.... Was für ein Blödsinn.
Völlig abwesend versuchte ich, die Simulation, von der mein Prof mir vorgeschwärmt hatte, zu programmieren. So richtig von der Hand flutschen wollte das Ganze nicht. Und ich war mehr als gar nicht bei der Sache. Sie wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen... Ihre Augen... Ich kam schlagartig wieder zu mir. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich vor dem Computer gesessen hatte, ohne irgendwas zu tun, während ich ihre Augen vor mir gesehen hatte. Ich war jedenfalls nicht Mittagessen gewesen, daß wußte ich. Ich sah auf die Uhr: 16:47. Ich prüfte, wann ich den letzten Sourcecode eingecheckt hatte. 10:30. Und danach hatte ich einfach dagesessen und nichts getan. Ich konnte es nicht glauben. Taumelnd stand ich auf. Verdammt. Was auch immer das für eine Krankheit war, schön war sie nicht. Ich atmete tief durch, während ich mich auf die Ecke meines Schreibtisches stützte.
Im Flur kam mir natürlich mein Prof entgegen. "Na Herr Meier, schon wieder auf dem Weg nach hause? Ordentlich was geschafft heute?" Unsicher stakste ich an ihm vorbei und murmelte etwas unverständliches.
Zuhause legte ich mich auf das Sofa und schlief sofort ein. Das einzige, woraus ich mich aus den Träumen erinnern kann sind die Augen... Als ich aufwachte war es dunkel. Was auch immer mit mir gewesen war, war vorbei. Kraftvoll stand ich auf. Ich fühlte mich erholt und ausgeschlafen. Und ich wußte genau: ich wollte sie finden. Wer auch immer sie war. Aber das wußte ich. Ich brauchte sie. Ich zog meine Lederhose an, fand ein sauberes T-Shirt und verließ die Wohnung. Die Nacht begrüßte mich mir ihrer warmen, freundlichen Umarmung, schmiegte sich wie ein Liebhaber an mich. Ich lachte begeistert auf. Ich war völlig high. Die Welt gehörte mir.
Das es nicht so war, merkte ich einige Stunden später. Ich hatte jede Kneipe, jede Disko in unserer doch recht übersichtlichen Stadt abgegrast. Und ich hatte sie nicht gefunden. Horden von Herdentieren, die ihren kümmerlichen Vergnügungen nachgingen. Frauen en masse, die bereit gewesen wären, sich mir zu Füßen zu werfen. Nur nicht die eine, die ich suchte. Sie war einfach nicht zu finden. Irgendwann blieb ich verzweifelt am Flußufer sitzen, dort, wo sie mich in der Nacht liegengelassen hatte. Nichts war zu hören außer dem leisen Flüstern der Nacht. Ich war alleine. Ich schrie meine Frustration heraus.
Als der Himmel anfing, sich grau zu verfärben wurde es mir kalt. Ich ging nach hause. Auf der Türschwelle drehte ich mich um. Nein, lieber gleich an die Uni. Gegen acht Uhr öffnete sich die Tür meines Büros und mein herzgeliebter Professor begrüßte mich. "Fleissig, fleissig. Der frühe Vogel fängt den Wurm." Sein Standardspruch. Offenbar identifizierte er sich mit dem Vogel. Ich hatte Kopfschmerzen, und seit 48 Stunden nicht besonders viel geschlafen. Vielleicht erklärt das das, was folgte. Ich lächelte ihn kalt an: "Also ich denke, das Vögelchen sollte sich lieber vor der Katze in acht nehmen." Er schreckte zurück. Dann beschloß er in die Offensive zu gehen. "Wie geht denn die Programmiererei an der Simulation voran?" "Ich komme voran." "Wirklich? Sie haben seit gestern 10:30 keinen Sourcecode mehr eingecheckt." Ich konnte es nicht fassen. Dieser Affena"§$"§$ kontrollierte mich. "Kümmern sie sich doch um ihren eigenen Scheiß." Ich stand auf, mußte wenig beeindruckend die Tischkante zu Hilfe nehmen, um stehenzubleiben, drückte mich an dem sprachlosen Professor vorbei und ging den Flur hinunter. Mein Sofa rief nach mir.
Ich schlief ziemlich lange, und so weit ich mich erinnern kann, traumlos. Ich wachte auf, als die Sonne unterging. Wie eine Glühbirne, die angeknipst wird. Und ich wußte genau, was ich tun würde. Ich ging in die Disko, wo ich sie getroffen hatte. Heute war kein Wave-Abend, die Musik wirkte ziemlich 70er Jahre mäßig. Sie war nicht da.
An einem Tisch saß eine Frau. Sie sah mich an, Verlangen im Blick. Offenbar war sie alleine, jedenfalls stand auf ihrem Tisch kein weiteres Glas. Ich ging zu ihrem Tisch. "Bekomme ich einen Schluck ab?" Sie guckte mich fragend an, sie wirkte leicht abwesend. Dann schob sie ihr Glas zu mir herüber. Ich nahm langsam einen Schluck, fixierte ihren Blick mit meinen Augen. Dann stand ich auf und beugte mich zu ihr herab. "Danke." Ich gab ihr einen Kuß. Einen richtigen. Ihr Körper versteifte sich. Und dann empfang ich eine schallende Ohrpfeige, die mich zwei Schritte zurücktaumeln ließ. "Was fällt dir eigentlich ein, du perverses Schwein?" Ich hielt meine schmerzende Wange und trat den Rückzug an.
Als ich die Disko verließ, und wieder von der Nacht umarmt wurde, hörte ich hinter mir ein silberhelles Lachen, das mir einen Schauer den Rücken hinunter laufen ließ. Ich drehte mich um. Niemand war zu sehen. Enttäuscht drehte ich mich erneut herum. Sie stand vor mir. "Hallo." Ich stotterte: "Hallo." Sie hob die Hand und streichelte meine Wange. Mit leiser Stimme fragte sie: "Du Armer. Hast du so sehr nach mir gehungert, daß du versuchst, eine X-beliebige Frau aufzureißen?" Ich schüttelte den Kopf. Zu nicken wäre sicher keine gute Idee gewesen. Dachte ich. Bis zu dem Moment, in dem ihr hochzuckendes Knie wie eine Dampframme zwischen meine Beine fuhr. Zusammengekrümmt, unfähig mich zu rühren, zu atmen oder ein Geräusch zu machen, sackte ich zu Boden. Nach endloser Zeit tauchte ihr Gesicht in meinem Blickfeld auf. "Du Armer. Hast du dir wehgetan?... Kannst du nicht antworten?... Das ist gut so, dann hörst du mir zu. Ich kann es nicht leiden, wenn du mich anlügst. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn du dir Süßigkeiten holst. Aber mach es richtig. Und vor allem: lüg mich nicht an. ... Hast du das verstanden?" Es gelang mir zu nicken. Plötzlich war wieder Luft da. Ich stöhnte auf. Ihr Gesicht war vor meinem. Sie flüsterte: "Gut. Ich denke, du hast die Lektion gelernt." Dann küßte sie mich. Als sie fertig war, waren die Schmerzen fort und ich fühlte mich phantastisch. Wie war ich auf die Idee gekommen, diese andere Frau haben zu wollen? Zärtlich umarmte ich sie, in meinen Armen schmolz sie wie Wachs. Jetzt war ich es, der sie küßte. Blanke Lust leuchtete in ihren Augen, als ich sie zu dem nächsten unbeleuchteten Hauseingang zerrte.
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Story-Writer
Is this the real life - is this just fantasy...?
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 09:32 IP: gespeichert
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Aber hallo!!! Bei dieser Geschichte schnappen ja die Blüten nach dem Schmetterling, um die Fortsetzung der Geschichte aus ihm herauszusaugen... [img]
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Billyboy |
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Wo ist denn das blöde Lichtschwert wieder? Ich verlege das immer und muss dann mit dem Feuerzeug kämpfen!!!
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 10:52 IP: gespeichert
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Da gruselts einem ja richtig!! Schön!! Ich liebe Gruselgeschichten, bin gespannt was das wird ne Horrorbeziehung? nein, dann wären sie ja verheiratet!! *ggg* cu Tom Remember yesterday, think about tomorrow but live today!!!
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Butterfly |
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Dieser Satz ist nicht wahr.
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 12:57 IP: gespeichert
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Danke für die Kritik, verraten wird aber nichts. Selber lesen ist angebracht. Allerdings ist dieser Teil ziemlich Dialoglastig (oder eher Monologlastig?)
Teil 3
Wir küßten und streichelten uns. Meine Hand glitt unter ihren kurzen Rock, kurz drauf fummelte ich nach der Schnürung ihres Korsetts. Gute Güte. Ohne Licht und viel Zeit schien da nichts zu machen zu sein. Plötzlich ließ sie von mir ab, und schob mich ein Stück von ihr weg. Was wollte sie? Ich schaute erstaunt, konnte meine Begierde kaum in Zaum halten. Sie keuchte erregt. "Nein. Nicht so schnell. Ich muß mit dir reden." Reden? Meine Güte. Die hatte sie ja nicht alle. Wer wollte denn jetzt reden? "Ok." "Lass uns zu dir gehen. Da ist es gemütlicher, als dieser kalte Hauseingang." Woher auch immer sie das zu wissen glaubte. Meine kleine Wohnung sah gewohnheitsgemäß aus wie ein Schlachtfeld. "Äh, also..." "Nun komm schon." Ich ertrank in ihren Augen. Mein Widerstand erlosch wie eine Kerze in einem Taifun. "Klar. Gute Idee."
Als wir angekommen waren, wußte ich immer noch nicht, warum ich eingewilligt hatte. In meine Junggesellenbude konnte ich doch unmöglich so eine Frau mitnehmen. Ich schloß die Tür auf, imittierte ein Verbeugung und winkte mit der Hand. "Hereinspaziert." "Dankeschön." Sie ging an mir vorbei, griff gar nicht erst nach dem normalen Lichtschalter (die Birne auszutauschen hatte ich mir schon letzte Woche vorgenommen) und schaltete die kleine Leselampe neben dem Sofa ein. Sie schaffte sich den dafür notwendigen Platz und setzte sich hin. "Gemütlich hast du s, das habe ich mir gleich gedacht." Allerdings glitten ihre Augen kritisch über die Krümelsammlung, unter der man das Teppichmuster nicht mehr so richtig wahrnehmen konnte. "Äh.... ich müßte mal wieder saubermachen." Sie nickte und lachte wieder ihr glockenhelles Lachen. "Ich habe schon schlimmeres gesehen. Komm zu mir." Das klang so, als würde sie es ernst meinen. Ein Monolith fiel mir vom Herzen. Sie klopfte auf das Sofakissen neben ihr.
Ich setzte mich. Als ich sie küssen wollte, wehrte sie ab. "Ich sagte doch, ich will mit dir reden." Was für eine Enttäuschung. Ich seufzte. "Also gut. Was ist?" "Ist dir in den letzten Tagen etwas aufgefallen?" Ups. Das traf den Kern der Dinge. Ja, mir war etwas aufgefallen. Ich hatte sehr plötzlich eine Neigung zum Nachtleben entwickelt, fühlte mich tagsüber ziemlich mies und hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit meine akademische Karriere ruiniert. Aber das würde ich nicht vor ihr ausbreiten wollen. "Ich glaube, ich habe eine Erkältung oder so. Den Tag über ging es mir nicht wirklich gut. Aber sonst..." Dann fragte sie mich: "Was weißt du über Vampire?" Schon wieder Vampire. Das schien mir nachzulaufen. "Alles... schließlich laufe ich grundsätzlich in schwarzen Klamotten rum und höre Gothic-Rock. Bela Lugosi war überhaupt der Größte. Das sardonische Lächeln und die halberotische Darstellung... einfach ein göttlicher Film. Alles was danach kam, war ein schwacher Abklatsch. Und das Buch... Wenn ich schreibe könnte, wie Bram Stoker, dann hätte ich glaube ich keine miese Doktorandenstelle an der Uni." Ich wollte mich in eine ausgiebige Diskussion der unterschiedlichen Dracula-Filme ergehen, aber ihr Blick ließ mich verstummen. Plötzlich trübte ein Schleier von Traurigkeit ihre nachtschwarzen Augen. Nach wenigen Sekunden seufzte sie. "Das stimmt. Bela war ziemlich nah dran..." Ich zog die Augenbrauen hoch. Wie putzig, sie schien wirklich völlig auf die Gruftie-Tour abzufahren. Am Ende glaubte sie wirklich noch, sie wäre ein Vampir. Sie faßte sich, zwinkerte und sah mich an. "Nicht im Film. In der Wirklichkeit. Glaubst du dran?"
Ich sah sie an. "Äh... nein." "Schade." Verflixt. Meine Felle schwammen davon. Das letzte, was ich brauchen konnte, war, daß sie jetzt aufstand und ging. Ich wollte diese Frau haben, sosehr, wie ich nie etwas gewollt hatte. "Warum? Vampirismus kann in der Realität nicht funktionieren. Vampire sind stärker als Menschen. Sie sind unsterblich, jedenfalls so ziemlich. Jeder, der gebissen wird, wird selber zum Vampir. Sie hätten als Jäger binnen Rekordzeit die Menschheit ausgerottet." Sie sah mich ziemlich lange an. Dann: "Du gehst dabei von Annahmen aus.... Was ist, wenn die Vampire das wüßten, und lieber unerkannt unter der Masse ihrer potentiellen Opfer leben? Was ist, wenn sie nur ab und zu ihren Hunger stillen und dafür sorgen, daß die Opfer unauffällig verschwinden? Weißt du, wieviele Menschen jedes Jahr verschwinden?" Ihr schmales Lächeln, das nicht bis zu den Augen reichte, schwächte das, was sie sagte, nicht ab, sondern es belegte, daß sie wirklich überzeugt davon war. "Vlad, Vladimir Tepes, der Pfähler, Vlad Dracul, Dracula war wirklich süß. Etwas zu gierig. Und er ging nicht mit der Zeit. Er war altmodisch, hatte keine Ahnung von dem, was sie Wissenschaft nennen. So wie er war, mußte er in London auffallen. Und dieser Holländer... was für ein fieser Kerl. Ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Er hat geschrien, als er starb." "Seit damals blieb ich allein. Es gibt keine anderen Vampire. Anpassung war gefragt. Aber darin waren wir Frauen wohl schon immer besser. Hier und da mal ein Mensch, der verschwindet, den niemand vermißt... so wie du..." Meine Güte. Das Mädchen war ein Fall für die Psychiatrie. Sie hielt sich für einen Vampir. Und es war ihr todernst damit. Und am Ende würde sie vielleicht versuchen mich umzubringen. "Ich weiß alles über dich. Ich beobachte dich schon seit Wochen." Ich war wie gelähmt und konnte ihrem Blick nicht entkommen. Eine Fliege, gefangen im Spinnennetz. Sie küßte mich, setzte sich breitbeinig auf meinen Schoß und nahm meinen Kopf in ihre Hände. "Schau!" Sie öffnete den Mund. Und ich konnte zusehen, wie die Eckzähne im Oberkiefer ganz langsam wuchsen, bis sie langen Reißzähnen ähnelten, die zwei kleine, blutrote Flecken am Hals des Opfers hinterlassen würden. "...was..." Die Reißzähne verschwanden wieder. "Du wirst jetzt sterben. Keine Sorge, ich werde sicherstellen, daß niemand dich findet. Willst du noch ein paar letzte Worte sagen?" Sie legte eine Pause ein. Ich konnte nicht. Ich konnte mich nicht mal wehren, war wie gelähmt. Mein Mund stand offen. Jetzt hielt ich sie nicht mehr für eine Irre. Ich wußte, daß ich sterben würde. Wie unter einem Zwang legte ich meinen Kopf nach hinten und bot ihr meinen Hals zum Biß an. "Den meisten fällt nichts ein. Und ich habe wohl auch schon alles gehört, was jemand sagen könnte. Schade eigentlich." Sie zögerte. Dann lachte sie wieder ihr glockenhelles Lachen. Und küßte mich. "Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich mit dir ein Problem. Du bist süß. Und auch sehr gut gebaut. Sonst ist das nicht so ein langes Drama..." Ihre Hand verschwand zwischen meinen Beinen. "Weißt du was? Ich lasse dir die Wahl. Such es dir aus. Du wirst einen gewaltsamen Tod sterben, soviel ist beinah sicher. Ich könnte dich jetzt austrinken, du schmeckst geradezu unglaublich gut. Wenn du es willst. Oder ich kann dich mein Blut trinken lassen. Du könntest mein Partner werden. Ich glaube, du hast das Potential in dir, mir Freude zu bereiten." Sie sah mich sehr traurig an. "Oder ich könnte dich gehen lassen. Zurück in dein Leben." Ich holte Luft. Ihr Finger legte sich auf meinen Mund. "Still! Laß mich ausreden. Mach dir die Wahl nicht zu leicht, du kannst nur einmal wählen. Du kannst es nicht unverbindlich 14 Tage lang testen. Wenn ich dich gehen lasse, werde ich dir vorher die Fähigkeit nehmen, mich zu verraten. Du würdest dich an nichts erinnern, aber du würdest dich stets gehetzt fühlen, und der Drang nach Blut, der jetzt schon leise in dir ruft, seit ich von dir gekostet habe, wird sich ganz langsam steigern. Immer weiter. Er wird dich in den Wahnsinn treiben. Ich weiß nicht, wie lange es dauert." "Warum..." Sie streichelte meine Wange. "Es gibt kein Warum. Du wirst keine Antwort erhalten, soviel du auch fragst. Da ist niemand, der sie geben könnte. Es war schon immer so." Sie machte eine Pause. "Ich will, daß du diese Entscheidung aus freiem Willen triffst. Aber hier können wir nicht bleiben. Lange dauert es nicht bis zum Morgen." Sie nahm meine Hand. Ich ließ mich widerstandslos aus meiner Wohnung führen.
Wir tauchten in die Nacht ein und gingen unerkannt durch die Stadt. Unterwegs erzählte sie. "Vergiss die Sache mit den Fledermäusen. Ich kann sie nicht mal besonders gut leiden, lästiges Ungeziefer, wenn du mich fragst. Auch das mit dem Silber, und dem Knoblauch. Oder daß du mich einladen müßtest, damit ich in ein Haus gehen kann. Abergläubischer Unsinn. Auch, daß Vampire in der Sonne verbrennen. Ich bin tagsüber schwach, fühlen mich unwohl und schlafen am liebsten. Die Dunkelheit gibt uns Kraft. Aber ich glaube, davon hast du schon einen schwachen Vorgeschmack gespürt." Ich nickte. Ja. Wenn das ein schwacher Vorgeschmack war... "Ich kann nicht verschwinden, mich unsichtbar machen, oder was auch immer. Aber ich kann bis zu einem gewissen Grad mit der Nacht verschmelzen. Ich kann Menschen hypnotisieren, daß kann aber auch jeder Mensch lernen. Das die meisten Menschen nichts von meiner Existenz wissen wollen, hilft... sie vergessen Dinge, die sie beunruhigen." "Hast... hast du mich beeinflußt? Hypnotisiert? Ohne das ich es weiß?" Ihr Lachen durchbrach die Nacht. "Wenn es so wäre, würde ich es dir dann erzählen?" Sie lachte erneut und blickte mich an. Trotz daß es stockdunkel war, hatte ich wieder den Eindruck, in ihren Augen zu ertrinken. "Ein bisschen, hin und wieder. Ich glaube, sonst hättest du mich wirklich nicht in deine Wohnung mitgenommen. Ich habe ein wenig nachgeholfen, Hemmungen abgebaut. Aber ich habe dich nicht umgemodelt oder was du dir auch immer vorstellst." Ich wußte, daß sie die Wahrheit sagte. Sie erzählte weiter, breitete eine Welt vor meinen Augen auf, die nicht wirklich anders war, aber nicht fremder hätte sein können.
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Gast
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 13:30 IP: gespeichert
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donnerwetter, schmetterling,
jetzt warte ich aber gespannt darauf, dass du auch uns von dieser "bekannten, fremden" welt erzählst. sehr ungwöhnlich vom thema her, aber sehr spannend. liebe grüsse die träumerin
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Butterfly |
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Story-Writer
Dieser Satz ist nicht wahr.
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 15:56 IP: gespeichert
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Teil 4
Sie führte mich durch einen Vorort, den ich bisher noch nie betreten hatte, öffnete schließlich eine schmale Metalltüre in einer hohen Mauer. "Mein Domizil." Das sie nie mehrere Jahre an ein und dem selben Ort bleiben konnte, hatte sie erzählt. Aber das war mir sowieso schon klargewesen. Ich hatte den klaren Verdacht, daß sie dieses Haus nicht bezahlte, und ich war mir alles andere als sicher, ob ich wissen wollte, was mit den Besitzern geschehen war. Ich musterte sie, während sie in einladender Haltung dastand. "Wie alt bist du?" "Vierundzwanzig." "Nein, wirklich." Sie sah mich lange an, ihre Augen verschleierten sich wieder. "Ich war vierundzwanzig, als ich gebissen wurde. Ich kann dir nicht sagen, welches Jahrhundert es war, ich habe nicht gezählt. Viele Jahre später wurde mein Herr meiner überdrüssig und wollte mich töten. Er war nicht schnell genug. Und noch später lernte ich den jungen Vlad Tepes kennen. Er war so ein süßer Dickschädel... Immer mit dem Kopf durch die Wand." Sie machte eine Pause, dann fokussierten ihre Augen mich wieder. "Erwartest du, daß ich ein wandelndes Geschichtsbuch bin? Warum sollte ich mir Jahreszahlen merken, oder Ereignisse? Ich passe mich an. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, ich weiß das, was eine Vierundzwanzigjährige weiß, nicht weniger und einiges mehr. Wozu sollte ich es mir merken?" Ich nickte. Das ergab Sinn. Sie ging vor, ließ die Pforte offenstehen, sicher, daß ich ihr folgen würde. Ich folgte ihr. Ich stand für einen Moment auf der Kippe zu fliehen, aber ich folgte ihr aus freiem Willen. In diesem Moment war mir nicht klar, daß ich keine Wahl hatte. Es hätte so oder so kein Entkommen gegeben. Mit einem lauten Scheppern fiel die Pforte in das Schloß.
Ich hastete hinter ihren schnellen Schritten her. Sie ging auf das Haus, das hinter hohen Bäumen verborgen schien, zu. Sie öffnete die Vordertür, blieb dann stehen, um mir den Vortritt zu lassen. Es war keine wirklich Villa, eher ein modernes Stadthaus, beinah schlicht, aber doch sicherlich nicht billig. Der Flur war von einer schwachen, indirekten Beleuchtung erhellt, und als sie mich in das Obergeschoß führte, fielen mir vor Staunen beinah die Augen aus dem Kopf. Der größte Teil des Daches schien aus Glas zu bestehen. Einige Kerzen, die weit heruntergebrannt waren, erhellten den Raum. Sie stellte leise, für mich nicht identifizierbare Musik an und legte sich mit einer fließenden Bewegung auf das Bett, das mindestens drei Meter lang und breit war. Sie streckte die Hand in meine Richtung, sagte: "Komm." Es gab kein Zögern. Ich brauchte sie. Ich wollte sie. Ich mußte sie haben.
Ich sprang auf das Bett und umarmte sie, bedeckte sie mit Küssen, während ich mit fliegenden Fingern versuchte, die Schnürung ihres Korsetts zu lösen. Als es mir gelungen war, und ich begann, ihre Brüste zu streicheln, glitt sie auf mich. Mühelos, trotz meines Widerstandes führte sie meine Arme nach oben und außen, wo sie von weich gepolsterten, aber unnachgiebigen Fesseln gehalten wurden. Ich versuchte etwas zu sagen, aber mein geöffneter Mund wurde schon im Ansatz von einem langen, leidenschaftlichen Kuß verschlossen. Als ihre Lippen sich von meinen lösten, blieb ich entspannt, mit halb geöffnetem Mund liegen. Mit einer blitzschnellen Bewegung steckte sie etwas hinein, was ihn völlig ausfüllte, und von ihr mit einem dünnen Lederriemen verschnürt wurde. Ich begann mich aus Leibeskräften und in Panik zu wehren, hatte aber keine Chance gegen das zerbrechliche Wesen, daß mich in stahlhartem Griff hielt. Als ich wie ein lebendes X auf das Bett gefesselt dalag, kniete sie sich neben mich, und sah mir wortlos in die Augen, bis ich aufhörte, mich zu winden. Dann küßte sie mich sanft auf die Stirn. "Wir haben so viel Zeit. Alle Zeit der Welt. Aber das kannst du lernen." Mit diesen Worten verband sie meine Augen. Sie berührte mich, streichelte, küßte, biß, leckte, schien gleichzeitig überall und nirgends zu sein bis ich halb wahnsinnig vor Verlangen war und die Muskeln an meinen Gliedmaßen hart hervortraten, von den vergeblichen Versuchen, mich zu befreien, um mir Erleichterung zu verschaffen. Dann bog sie meinen Kopf zur Seite und ihr Mund preßte sich auf meine Halsschlagader. Ich erwartete den tödlichen Biß, wand mich mit letzter Gewalt, aber sie küßte nurdie Spur, die sie hinterlassen hatte, als sie das erste Mal von mir gekostet hatte. Ihr Atem war heiß in meinem Ohr. "Du vertraust mir nicht. Aber das kannst du lernen."
Dann löste sich ihr Körper von meinem. Ich versuchte zu beteuern, daß ich ihr vertraute, daß ich alles tun wollte, daß sie mich jederzeit haben konnte, wozu auch immer. Aber es ging nicht, geknebelt, wie ich dalag. Und wahrscheinlich war es auch gut so, denn es wäre mir nicht wirklich ernst gewesen, es wäre mir nur darum gegangen, meine Gier nach ihrem Körper zu befriedigen. Und das hätte sie gewußt. Sie spannte meine Fesseln weiter an, so daß ich dachte, ich würde zerreißen. Dann ließ sie mich alleine. Ich spürte, wie der Tag kam. Mir wurde hundeelend, ich hätte mich am liebsten zu einer kleinen Kugel zusammengerollt, oder wäre eingeschlafen. Ich dämmerte in gequälter Erschöpfung weg, wachte aber immer und immer wieder auf, weil eine Kaskade von Krämpfen durch meinen Körper lief.
Sie löste meine Augenbinde. Dann flüsterte sie mir in das Ohr: "Mach die Augen auf." Ich gehorchte und sah über mir den freundlichen, samtenen Sternenhimmel. Als sie die Fesseln löste, war ich zu schwach, mich zu bewegen. Sie nahm den Knebel aus meinem Mund. Meine Lippen formten das eine Wort, die Frage, auf die ich keine Antwort erwartete, weil es keine gab. Tonlos: "Warum?" Sie gab mir die Antwort. "Um dir Zeit zum Nachdenken zu geben. Der Tag, dein Leben als Mensch, ist grausam. Der Tod ist grausam. Und ich, ich bin auch grausam. Und du, du kannst wählen." Die Abgründe ihrer Augen waren so unglaublich tief. Tief darin glomm ein winziger Funken Hoffnung.
Als ich nach ihr griff und sie küßte, loderte der Funken auf. "Ich will das Leben." Der Funke erlosch, ihre Augen wurden stumpf. "Mit dir." Die Freude, die sie ausstrahlte, als sie mich umarmte, löschte die Schmerzen, die in meinem Körper bohrten, mit einer unglaublichen Wärme aus. Wir vereinigten uns, so wie es nur Kindern der Nacht gegeben ist. Keine Spiele, kein schlechtes Gewissen, keine Zierrat. Dann gingen wir auf die Jagd und stillten gemeinsam unsere Gier.
Meine Erfahrung mit Computern erleichtert uns das Leben ungemein. Wir wissen immer genau, wenn man anfängt, uns nahezukommen.
Natürlich starb der Mensch in mir in jener Nacht. Na und?
Warum ich die Geschichte erzähle? Warum nicht? Es glaubt sie sowieso niemand. Bis wir über ihm sind.
Finis
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Gast
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 16:17 IP: gespeichert
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puhhh...gruselig, anmachend, mitreissend....
eine tolle story, ein tolles ende.
herzlichen glückwunsch zu dieser tollen geschichte, butterfly!
ein küsschen von der träumerin
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Butterfly |
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Story-Writer
Dieser Satz ist nicht wahr.
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Re: Abhängigkeit
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Datum:11.09.03 16:36 IP: gespeichert
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Ach, Träumerin, ich weiß, das Motiv ist nicht typisch für dieses Board. Ich habe mir auch lange überlegt, ob ich wagen kann, diese Geschichte zu schreiben, sowohl von der Reaktion her, als auch von meinen eigenen Qualitätsmaßstäben.
Vielleicht sollte ich mich mal nach einem Forum für Horrorstorys umsehen. Aber wahrscheinlich würde ich dort ebenfalls mit hochgezogenen Augenbrauen begutachtet.
Wahrscheinlich ist die Geschichte weder eine gute SM-Geschichte, noch eine gute Vampirgeschichte, auch wenn ich es nicht besser kann, und nach meinen eigenen Maßstäben mit der Geschichte zufrieden bin.
Vielleicht liege ich auch etwas jenseits vom allgemeinen Konsens, wenn ich "Dracula" für eine hocherotische Geschichte halte, und zugegebenermaßen eher auf Vlad Draculs als auf van Helsings Seite stehe.
Bei Vampiren, wie auch bei SM geht es um Dominanz, um Unterwerfung, um die Qual und um die Befriedigung "fleischlicher Gelüste".
So groß ist der Unterschied nicht. Finde ich. Butterfly.
PS: Um jetzt nochmal das SSC-Thema und Kannibalismus aufzuwerfen, und keine Unklarheiten zu lassen, möchte ich deutlich betonen, daß ich normalerweise keine Menschen aussauge, töte, kannibalistischen Aktivitäten nachgehe, oder mir wünsche, einer dieser Tätigkeiten nachzugehen. Leute, die fälschlicherweise diesen Eindruck gewonnen haben, oder annehmen, daß ich Gewalt verherrliche, mögen bitte - zur Prime-Time einen beliebigen Privatfernsehsender einschalten und durchschnittlich 15 Minuten bis zum ersten Mord zusehen (Wahlweise auch die Werbung zwischen dem Kinderprogramm, das morgens auf Super RTL läuft, da dauert es keine 15 Minuten) - Sich ein Fremdwörterbuch schnappen und den Begriff Metapher nachschlagen.
VisdP Butterfly
P.P.S.: diese Antwort bezieht sich nicht auf die letzte Antwort der Träumerin, sondern eher auf die, die zwischen Teil 3 und Teil 4 gepostet wurde. Nix für ungut also, die andere Antwort der Träumerin empfinde ich selbstverständlich als angenehmes Lob. (Diese Nachricht wurde am 11.09.03 um 16:36 von Butterfly geändert.)
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Einsteiger
Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, wähle ich immer den Schmerz.
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Re: Abhängigkeit
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Datum:12.09.03 08:53 IP: gespeichert
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@ butterfly
Darf ich Dich behalten?
Der Tod ist auch nicht schneller als ein Flügelschlag, doch er trägt dich weiter.
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Butterfly |
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Re: Abhängigkeit
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Datum:12.09.03 11:26 IP: gespeichert
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@lionesse, auch wenn s die anderen nervt: Du hast mich längst. Wenn du mich physisch behalten willst, ist das alles eine Frage der entsprechenden Maßnahmen. Da könnte man jetzt eine Story von schreiben. (Habe ich das nicht schonmal?)
*Knuddel* Butterfly
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Butterfly |
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Abhängigkeit
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Datum:12.09.03 14:48 IP: gespeichert
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Anmerkung: Weiter unten steht noch einmal eine geschlossene, überarbeitete Fassung der Geschichte. Vielleicht ist es besser, diese zu lesen.
Hallöchen, und nochmal eine Story, mit dem Bettenbauen geht es erst heute abend los Diesmal allerdings wieder eine Fortsetzungsgeschichte, die noch nicht fertig ist.
Disclaimer Diese Geschichte ist selbstverständlich frei erfunden, und Ähnlichkeiten zu vorhandenen Personen sind rein zufälliger Natur. Die enthält erotische Phantasien, die teils im Sadomasochistischen Bereich angesiedelt sind. Personen, die sich davon abgestoßen oder befremdet fühlen, sollten nicht weiterlesen.
Allen anderen viel Spaß. Butterfly
Anmerkung: Nicht wirklich Vanilla-SM, sondern eher im dezenten Gothic-Horror-Bereich.
Abhängigkeit
Teil 1
Ich bekam meine Augen nicht mehr los. Angeblich schauen Männer Frauen als erstes auf die Brüste. Das war in diesem Fall falsch. Es ging nicht nur mein erster Blick in das Decollete, sondern der zweite, dritte und vierte auch noch. Als ob ich das erste Mal eine Frau mit einem schwarzen Schnürkorsett gesehen hätte. Aber das hier... das war etwas ganz besonderes. Ich realisierte noch nicht ganz, daß sie inzwischen vor mir stand. Der fünfte Blick folgte den anderen. Moment. Irgendein Teil meines Gehirns versuchte mir mitzuteilen, daß sie etwas zu mir gesagt hatte. Knirschend versuchte mein Gehirn einen anderen Gang einzulegen, während ich weiter auf ihren Busen starrte. Das ich nicht sabberte, war alles.
Ich machte den dilletantischen Versuch, vorzutäuschen, daß ich sie nicht verstanden hätte. Eigentlich brauchte ich das nicht vortäuschen... "Was hast du gesagt?" Ich Idiot! Ich kann doch nicht einfach... "...ich meine Sie. Sorry, die Musik ist so laut..." "Macht nichts. Kriege ich was von deinem Bier ab?" Während sie einen Stuhl vom Tisch zog und sich darauf fallen ließ, nickte ich langsam, mit offenstehendem Mund. Wieder schlug ich mir in Gedanken vor die Stirn. Die mußte mich ja für völlig debil halten. Oder für besoffen. Oder für beides. Was objektiv betrachtet nicht stimmt. Allerdings schien dennoch mein Gehirn im Moment allenfalls zu sehr grundlegenden Dingen in der Lage. Ich schob das Weizenglas in ihre Richtung. "Klar, kein Problem. Bedien dich." Wieder beschimpfte ich mich in Gedanken. Der Kavallier wäre wohl aufgesprungen und hätte ihr ein Bier geholt. Ich versuchte aufzustehen, aber da hatte sie schon nach dem Glas gegriffen und trank. Sie leckte langsam über ihre Lippen, dann schob sie das Glas in meine Richtung. Schwarzer Lippenstift zeichnete die Stelle, von der sie getrunken hatte. Ich nahm das Glas, drehte es in der Hand, musterte den Abdruck einen Moment und nahm von der gleichen Stelle einen Schluck. Das erste Mal fanden meine Augen ihre. Sie waren groß, dunkel und sahen mich unverwandt an.
Sie stand auf und beugte sich zu mir. "Danke." Dann küßte sie mich. Kein Freundschaftskuß auf die Wange, nein, einen richtigen Zungenkuß. Ausgiebig. Filmreif. Zuerst versteifte ich mich vor Überraschung. Jedenfalls die Teile von mir, die nicht sowieso schon steif waren. Dann erwiderte ich den Kuß. Sie schmeckte phantastisch. Ihre Hand glitt zwischen meine Beine. Meine Sinne schwanden. Nach einer schier endlos erscheinenden Zeit lösten sich ihre Lippen von meinen. Ich war völlig atemlos. Sie griff nach meiner Hand. Beinah unhörbar: "Komm." Ich ließ mein halbvolles Bierglas stehen und folgte ihr.
Sie zog mich auf die Tanzfläche. Ich kannte das Lied nicht. Ich bin kein guter Tänzer. Und zu zweit getanzt hatte ich noch nie, ganz davon abgesehen, daß das auch sonst niemand tat. Sie flüsterte in mein Ohr. "Entspann dich." Dann schmiegte sie sich an mich, fühlte sich an, als wäre sie überhaupt nicht da, und gleichzeitig berührte sie mich am ganzen Körper. Wir glitten in beinah sexueller Ekstase über die Tanzfläche. Ich weiß nicht, was passierte, aber als das Lied vorbei war, wachte ich wie aus einem Traum auf. Nur um eine Menge Gesichter um uns herum zu sehen, die in unsere Richtung starrten. Es war still. Auch der DJ starrte zu uns herüber, eh er sich seines Jobs besann und hektisch eine Platte anstellte. Das Lied begann mittendrin und viel zu laut. Sie lachte in mein Ohr. Dann griff sie wieder nach meiner Hand. Leise: "Komm." Und ich kam.
Als wir die düstere Disko verließen und auf die Straße traten, versuchte ich Smalltalk. "Ich heiße Michael... und du?...Wohin willst du?...Wo wohnst du?...Möchtest du etwas essen?...Ich arbeite drüben, an der Uni..." Ich faselte noch weiter, ohne wirklich zu merken, daß sie nicht antwortete. Erst, als sie stehenblieb und sich zu mir drehte und mir in die Augen blickte, verstummte ich mitten in dem sinnlosen Satz, den ich gerade absonderte. "Pssst." Ich sah ihr weiter in die Augen. Ich konnte gar nicht anders. Die beiden düsteren Abgründe reflektierten den Halbmond, der am Himmel stand. "Hörst du die Nacht?" Ihre Augen bannten mich zur Bewegungslosigkeit. "Leg dich hin." Meine Beine verloren augenblicklich ihre Fähigkeit mich zu tragen. Ich sank auf die Knie. Ihr Kopf zeichnete sich vor dem Sternenhimmel ab. "Fühlst du die Stille?" Sie kniete sich vor mich hin und küßte mich. Als ihre Lippen sich von meinen lösten, ließ sie mich seitlich in das Gras gleiten. Dann war sie über mir.
Die Sonne weckte mich, schmerzte in meinen Augen. Ich war alleine. Unten, im Gras, am Fluß. Nackt. Es dauerte ziemlich lange, bis meine durchgefrohrenen und steifen Glieder mir wieder gehorchten. Langsam realisierte ich, daß ich hier draußen geschlafen hatte. Wo war sie? Ich hatte keine Ahnung. Was hatten wir getan? Meine Erinnerung war irgendwie zerfasert, ausgefranst, verlor sich in bunten Fäden. Ich lächelte in mich hinein. Egal was, ich wußte, es hatte mir gefallen. Meine Güte, soviel hatte ich doch nun wirklich nicht getrunken. Aber ich begann zu ahnen, daß ich von einer Droge gekostet hatte, die viel süßer und gleichzeitig unendlich viel gnadenloser war. Ich sammelte meine Kleidung ein, die über eine nicht gerade kleine Fläche verteilt war, musterte mit hochgezogenen Augenbrauen die Schäden, die das schwarze T-Shirt in etwas verwandelten, das man allenfalls noch als Putzlumpen verwenden konnte. Meine Brust war zerkratzt. Vorsichtig befühlte ich die Kratzer, die plötzlich heftig zu brennen begannen. Gott sei dank war die Lederhose unbeschädigt, die Unterhose und die Socken unauffindbar. Ich zog Schlüssel und Geldbörse aus den Taschen und stellte aufatmend Vollständigkeit fest.
Dann machte ich mich auf den Weg nach hause. Dort angekommen duschte ich mich zunächst ausgiebig, und wusch mich gründlich. Dann stellte ich mich vor den beschlagenen Spiegel und begann mich in dem Dunst zu rasieren. Eine Stelle am Hals fühlte sich komisch an. Ich befühlte sie, dann wischte ich mit der Hand über den Spiegel. Verschwommen erkannte ich zwei kleine runde Male an der Seite meines Halses, dunkelrot. Als ich sie befühlte, rann aus jedem ein kleiner, heller Tropfen Blut. Hatte ich mich beim rasieren verletzt? Sehr merkwürdig. Plötzlich wurde mir schwindelig und ich mußte mich am Waschbecken festhalten. Dann gähnte ich und ging in mein Bett.
(Diese Nachricht wurde am 11.09.03 um 09:14 von Butterfly geändert.) (Diese Nachricht wurde am 12.09.03 um 14:48 von Butterfly geändert.)
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Butterfly |
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Dieser Satz ist nicht wahr.
Beiträge: 756
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Abhängigkeit, überarbeitete Fassung
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Datum:12.09.03 14:49 IP: gespeichert
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Anmerkung Dies ist die überarbeitete "Endfassung" der Geschichte "Abhängigkeit". Ich habe einige kleinere Änderungen gemacht, um die Geschichte runder zu machen. Die Originalversion ist immer noch verfügbar. Wer die Originalversion gelesen hat, sollte nicht mit wirklichen Überraschungen rechnen.
Disclaimer Diese Geschichte ist selbstverständlich frei erfunden, und Ähnlichkeiten zu vorhandenen Personen sind rein zufälliger Natur. Die enthält erotische Phantasien, die teils im Sadomasochistischen Bereich angesiedelt sind. Personen, die sich davon abgestoßen oder befremdet fühlen, sollten nicht weiterlesen.
Allen anderen viel Spaß. Butterfly
Anmerkung: Nicht wirklich Vanilla-SM, sondern eher im dezenten Gothic-Horror-Bereich.
Abhängigkeit
Ich bekam meine Augen nicht mehr los. Angeblich schauen Männer Frauen als erstes auf die Brüste. Das war in diesem Fall falsch. Nicht nur mein erster Blick ging in das Decollete, sondern der zweite, dritte und vierte auch noch. Als ob ich das erste Mal eine Frau mit einem schwarzen Schnürkorsett gesehen hätte. Aber das hier... Sie war etwas ganz besonderes. Ich realisierte noch nicht ganz, daß Sie inzwischen vor mir stand. Der fünfte Blick folgte den vorhergehenden. Moment. Irgendein Teil meines Gehirns versuchte mir mitzuteilen, daß sie etwas zu mir gesagt hatte. Knirschend versuchte mein Gehirn einen anderen Gang einzulegen, während ich weiter auf ihren Busen starrte. Das ich nicht sabberte, war alles.
Ich machte den dilletantischen Versuch, vorzutäuschen, daß ich Sie nicht verstanden hätte. Eigentlich brauchte ich das nicht vortäuschen... "Was hast du gesagt?" Ich Idiot! Ich kann doch nicht einfach... "...ich meine Sie. Sorry, die Musik ist so laut..." "Macht nichts. Darf ich etwas von dir trinken?" Während Sie einen Stuhl vom Tisch zog und sich darauf fallen ließ, nickte ich langsam, mit offenstehendem Mund. Wieder schlug ich mir in Gedanken vor die Stirn. Die mußte mich ja für völlig debil halten. Oder für besoffen. Oder für beides. Was objektiv betrachtet nicht stimmte. Allerdings schien dennoch mein Gehirn im Moment allenfalls zu sehr grundlegenden Aktivitäten in der Lage. Ich schob das Weizenglas in ihre Richtung. "Klar, kein Problem. Bedien dich." Wieder beschimpfte ich mich in Gedanken. Der Kavallier wäre wohl aufgesprungen und hätte Ihr ein Bier geholt. Ich versuchte aufzustehen, aber da hatte Sie schon nach dem Glas gegriffen und trank. Sie leckte langsam über ihre Lippen, dann schob sie das Glas in meine Richtung. Schwarzer Lippenstift zeichnete die Stelle, von der Sie getrunken hatte. Ich nahm das Glas, drehte es in der Hand, musterte den Abdruck einen Moment und nahm von der gleichen Stelle einen Schluck. Das erste Mal fanden meine Augen Ihre. Sie waren groß, dunkel und sahen mich unverwandt an.
Sie stand auf und beugte sich zu mir. "Danke." Dann küßte Sie mich. Kein Freundschaftskuß auf die Wange, nein, einen richtigen Zungenkuß. Ausgiebig. Filmreif. Zuerst versteifte ich mich vor Überraschung. Jedenfalls die Teile von mir, die nicht sowieso schon steif waren. Dann erwiderte ich den Kuß. Sie schmeckte phantastisch. Ihre Hand glitt zwischen meine Beine. Ich begann, bunte Punkte zu sehen. Nach einer schier endlos erscheinenden Zeit lösten sich Ihre Lippen von meinen. Ich war völlig atemlos. Sie griff nach meiner Hand. Beinah unhörbar: "Komm." Ich ließ mein halbvolles Bierglas stehen und folgte Ihr.
Sie zog mich auf die Tanzfläche. Ich kannte das Lied nicht. Ich bin kein guter Tänzer. Und zu zweit getanzt hatte ich noch nie, ganz davon abgesehen, daß das auch sonst niemand tat. Sie flüsterte in mein Ohr. "Entspann dich." Dann schmiegte Sie sich an mich, fühlte sich an, als wäre Sie überhaupt nicht da, und gleichzeitig war Sie unglaublich präsent, berührte mich am ganzen Körper. Wir glitten in beinah sexueller Ekstase über die Tanzfläche. Ich weiß nicht, was passierte, aber als das Lied vorbei war, wachte ich wie aus einem Traum auf. Nur um eine Menge Gesichter um uns herum zu sehen, die in unsere Richtung starrten. Es war still. Auch der DJ starrte zu uns herüber, eh er sich seines Jobs besann und hektisch eine Platte anstellte. Das Lied begann mittendrin und viel zu laut. Sie lachte in mein Ohr. Dann griff Sie wieder nach meiner Hand. Leise: "Komm." Und ich kam.
Als wir die düstere Disko verließen und auf die Straße traten, versuchte ich Smalltalk. "Ich heiße Michael... und du?...Wohin willst du?...Wo wohnst du?...Möchtest du etwas essen?...Ich arbeite drüben, an der Uni..." Ich faselte noch weiter, ohne wirklich zu merken, daß Sie nicht antwortete. Erst, als Sie stehenblieb, sich zu mir drehte und mir in die Augen blickte, verstummte ich mitten in dem sinnlosen Satz, den ich gerade absonderte. "Pssst." Ich sah Ihr weiter in die Augen. Ich konnte gar nicht anders. Die beiden düsteren Abgründe reflektierten den Halbmond, der am Himmel stand. "Hörst du die Nacht?" Ihre Augen bannten mich zur Bewegungslosigkeit. "Leg dich hin." Meine Beine verloren augenblicklich ihre Fähigkeit mich zu tragen. Ich sank auf die Knie. Ihr Kopf zeichnete sich vor dem Sternenhimmel ab. "Fühlst du die Stille?" Sie kniete sich vor mich hin und küßte mich. Als Ihre Lippen sich von meinen lösten, ließ Sie mich seitlich in das Gras gleiten. Dann war Sie über mir.
Die Sonne weckte mich, schmerzte in meinen Augen. Ich war alleine. Unten, im Gras, am Fluß. Nackt. Es dauerte ziemlich lange, bis meine durchgefrorenen und steifen Glieder mir wieder gehorchten. Langsam realisierte ich, daß ich hier draußen geschlafen hatte. Wo war Sie? Ich hatte keine Ahnung. Was hatten wir getan? Meine Erinnerung war irgendwie zerfasert, ausgefranst, verlor sich in bunten Fäden. Ich lächelte in mich hinein. Egal was, ich wußte, es hatte mir gefallen. Meine Güte, soviel hatte ich doch nun wirklich nicht getrunken. Aber ich begann zu ahnen, daß ich von einer Droge gekostet hatte, die viel süßer und gleichzeitig unendlich viel gnadenloser war.
Ich sammelte meine Kleidung ein, die über eine nicht gerade kleine Fläche verteilt war, musterte mit hochgezogenen Augenbrauen die Schäden, die das schwarze T-Shirt in etwas verwandelten, das man allenfalls noch als Putzlumpen verwenden konnte. Meine Brust war zerkratzt. Vorsichtig befühlte ich die Kratzer, die plötzlich heftig zu brennen begannen. Gott sei Dank war die Lederhose unbeschädigt, allerdings waren die Unterhose und die Socken unauffindbar. Ich zog Schlüssel und Geldbörse aus den Taschen und stellte aufatmend Vollständigkeit fest.
Dann machte ich mich auf den Weg nach hause. Dort angekommen duschte ich mich zunächst ausgiebig, und wusch mich gründlich. Dann stellte ich mich vor den beschlagenen Spiegel und begann mich in dem Dunst zu rasieren. Gewohnheit. Eine Stelle am Hals fühlte sich komisch an. Ich befühlte sie, dann wischte ich mit der Hand über den Spiegel. Verschwommen erkannte ich zwei kleine runde Male an der Seite meines Halses, dunkelrot. Als ich sie befühlte, rann aus jedem ein kleiner, heller Tropfen Blut. Hatte ich mich beim Rasieren verletzt? Sehr merkwürdig. Plötzlich wurde mir schwindelig und ich mußte mich am Waschbecken festhalten. Dann gähnte ich und ging in mein Bett.
Es dauerte nicht sehr lange, bis mein Wecker mich aus dem Schlaf riß. Verfluchtes Teil. Ich schlug um mich, warf ihn vom Nachttisch, aber selbst diese rohe Behandlung ließ ihn nicht verstummen. Stattdessen war er unter das Bett gefallen. Ich suchte herum, und just in dem Moment, wo ich ihn endlich in der Hand hatte, hörte er auf zu piepsen und schien mich höhnisch anzugrinsen.
Denn jetzt war ich wach. Und ich wußte, daß wohl kaum etwas dagegen zu machen war. Außerdem mußte ich an die Arbeit. Meine Doktorandenstelle hatte zwar im Prinzip keine festen Arbeitszeiten, trotzdem reagierte mein Professor ziemlich allergisch auf Leute, die nach neuen Uhr an ihren Arbeitsplatz kamen. Ich raffte Anziehsachen aus dem Schrank und stolperte in das Badezimmer. Der Geschmack in meinem Mund war unerträglich. Als ich mich im Spiegel betrachtete, stellte ich fest, daß die Kratzer auf der Brust nur noch als schwache Rötungen sichtbar waren. Anders sah mein Hals aus. Definitiv: zwei kleine, dunkelrote Flecken, unterhalb des Ohres. Als ich sie befühlte, rann wieder ein Tropfen Blut aus dem einen. Was zum Teufel... das mußten ja ziemlich merkwürdige Mücken sein, die da unten an dem Fluß grassierten. Üble kleine Blutsauger. Ich suchte auf dem Regal herum und klebte ein Pflaster quer über die beiden Flecken. Noch während ich mir die Zähne putzte, war es durchgeblutet. Ich zog es ab. Kein Blut. Ich klebte ein neues Pflaster. In Rekordzeit zeigten sich zwei größer werdende rote Flecken. Ich zog es wieder ab. Keine Blutung.
So konnte ich mich unmöglich an der Uni sehen lassen. Das wirkte wie eine Mischung aus Mückenstich, Knutschfleck und Rasierunfall. Ich wühlte mich durch meinen Kleiderschrank, bis ich irgendwo weit unten einen Rollkragenpulli fand. Ich sah aus dem Fenster. Es sah so aus, als würde es heute eher warm werden. Seufzend zog ich den Pulli über.
Ich schlich mich um 9:15 in mein Büro. Wo bereits mein Professor saß. "Na, Herr Meier, das ist aber löblich, daß sie sich auch noch einfinden. Ist wohl etwas spät geworden gestern, wenn ich mir die Ringe unter ihren Augen ansehe...." Dann zog er die Augenbrauen hoch. "Ist bei ihnen denn der Winter ausgebrochen? Ist wohl kaum das richtige Wetter zum Skilaufen." Und ich kam nicht mal auf die simpelste Entschuldigung, nämlich, erkältet zu sein. Hätte sicherlich zu meiner übernächtigten Erscheinung und dem Rollkragenpulli gepaßt. "Oder hat sie ein Vampir gebissen? Sie sehen so blaß aus." Ich stotterte irgendetwas davon, daß ich mich beim rasieren geschnitten hätte. Dann kam er zur Sache. Die nächsten 10 Minuten textete er mich gnadenlos zu, bis mir der Schädel dröhnte. Als er ging, fluchte ich leise in meinen nicht vorhandenen Bart. Was er mir aufgetragen hatte, würde mir in den nächsten Tagen übelste Überstunden bereiten, das wußte ich jetzt schon. Natürlich unbezahlte. Wie gesagt. Ich fluchte. Die Tür ging wieder auf. "Was haben sie gerade gesagt?" "Nichts." Vampire. Der hatte sie wohl nicht alle. Trotzdem, irgendwie... irgendwie war ich nicht ganz bei mir. Und die beiden Flecken... irgendwie.... Was für ein Blödsinn.
Völlig abwesend versuchte ich, die Simulation, von der mein Prof mir vorgeschwärmt hatte, zu programmieren. So richtig von der Hand flutschen wollte das Ganze nicht. Und ich war mehr als gar nicht bei der Sache. Sie wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen... Ihre Augen...
Ich kam schlagartig wieder zu mir. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich vor dem Computer gesessen hatte, ohne irgendwas zu tun, während ich Ihre Augen vor mir gesehen hatte. Ich war jedenfalls nicht Mittagessen gewesen, daß wußte ich. Ich sah auf die Uhr: 16:47. Ich prüfte, wann ich den letzten Sourcecode eingecheckt hatte. 10:30. Und danach hatte ich einfach dagesessen und nichts getan. Ich konnte es nicht glauben. Taumelnd stand ich auf. Verdammt. Was auch immer das für eine Krankheit war, schön war sie nicht. Ich atmete tief durch, während ich mich auf die Ecke meines Schreibtisches stützte.
Im Flur kam mir natürlich mein Prof entgegen. "Na Herr Meier, schon wieder auf dem Weg nach hause? Ordentlich was geschafft heute?" Unsicher stakste ich an ihm vorbei und murmelte etwas unverständliches.
Zuhause legte ich mich auf das Sofa und schlief sofort ein. Das einzige, woraus ich mich aus den Träumen erinnern kann sind die Augen... Ihre Augen. Als ich aufwachte war es dunkel. Was auch immer mit mir gewesen war, war vorbei. Kraftvoll stand ich auf. Ich fühlte mich erholt und ausgeschlafen. Und ich wußte genau: ich wollte Sie finden. Wer auch immer Sie war. Aber das wußte ich. Ich brauchte Sie. Ich zog meine Lederhose an, fand ein sauberes T-Shirt und verließ die Wohnung. Die Nacht begrüßte mich mir ihrer warmen, freundlichen Umarmung, schmiegte sich wie ein Liebhaber an mich. Ich lachte begeistert auf. Ich war völlig high. Die Welt gehörte mir.
Das es nicht so war, merkte ich einige Stunden später. Ich hatte jede Kneipe, jede Disko in unserer doch recht übersichtlichen Stadt abgegrast. Und ich hatte Sie nicht gefunden. Horden von Herdentieren, die ihren kümmerlichen Vergnügungen nachgingen. Frauen en masse, die bereit gewesen wären, sich mir zu Füßen zu werfen. Nur nicht die eine, die ich suchte. Sie war einfach nicht zu finden. Irgendwann blieb ich verzweifelt am Flußufer sitzen, dort, wo Sie mich in der Nacht liegengelassen hatte. Nichts war zu hören außer dem leisen Flüstern der Nacht. Ich war alleine. Ich schrie meine Frustration hinaus.
Als der Himmel anfing, sich grau zu verfärben wurde es mir kalt. Ich ging nach hause. Auf der Türschwelle drehte ich mich um. Nein, lieber gleich an die Uni. Gegen acht Uhr öffnete sich die Tür meines Büros und mein herzgeliebter Professor begrüßte mich. "Fleissig, fleissig. Der frühe Vogel fängt den Wurm." Sein Standardspruch. Offenbar identifizierte er sich mit dem Vogel. Ich hatte Kopfschmerzen, und seit 48 Stunden nicht besonders viel geschlafen. Vielleicht erklärt das das, was folgte. Ich lächelte ihn kalt an: "Also ich denke, das Vögelchen sollte sich lieber vor der späten Katze in acht nehmen." Er schreckte zurück. Dann beschloß er in die Offensive zu gehen. "Wie geht denn die Programmiererei an der Simulation voran?" "Ich komme voran." "Wirklich? Sie haben seit gestern 10:30 keinen Sourcecode mehr eingecheckt." Ich konnte es nicht fassen. Dieser Affena"§$"§$ kontrollierte mich. "Kümmern sie sich doch um ihren eigenen Scheiß." Ich stand auf, mußte wenig beeindruckend die Tischkante zu Hilfe nehmen, um stehenzubleiben, drückte mich an dem sprachlosen Professor vorbei und ging den Flur hinunter. Mein Sofa rief nach mir.
Ich schlief ziemlich lange, und so weit ich mich erinnern kann, traumlos. Ich wachte auf, als die Sonne unterging. Wie eine Glühbirne, die angeknipst wird. Und ich wußte genau, was ich tun würde. Ich ging in die Disko, wo ich sie getroffen hatte. Heute war kein Wave-Abend, die Musik wirkte ziemlich 70er Jahre mäßig. Sie war nicht da.
An einem Tisch saß eine Frau. Sie sah mich an, Verlangen im Blick. Offenbar war sie alleine, jedenfalls stand auf ihrem Tisch kein weiteres Glas. Ich ging zu ihrem Tisch. "Bekomme ich einen Schluck ab?" Sie guckte mich fragend an, sie wirkte leicht abwesend. Dann schob sie ihr Glas zu mir herüber. Ich nahm langsam einen Schluck, fixierte ihren Blick mit meinen Augen. Dann stand ich auf und beugte mich zu ihr herab. "Danke." Ich gab ihr einen Kuß. Einen richtigen. Ihr Körper versteifte sich. Und dann empfang ich eine schallende Ohrpfeige, die mich zwei Schritte zurücktaumeln ließ. "Was fällt dir eigentlich ein, du perverses Schwein?" Ich hielt meine schmerzende Wange und trat den Rückzug an.
Als ich die Disko verließ, und wieder von der Nacht umarmt wurde, hörte ich hinter mir ein silberhelles Lachen, das mir einen Schauer den Rücken hinunter laufen ließ. Ich drehte mich um. Niemand war zu sehen. Enttäuscht drehte ich mich erneut herum. Sie stand vor mir. "Hallo." Ich stotterte: "Hallo." Sie hob die Hand und streichelte meine Wange. Mit leiser Stimme fragte sie: "Du Armer. Hast du so sehr nach mir gehungert, daß du versuchst, eine X-beliebige Frau aufzureißen?" Ich schüttelte den Kopf. Zu nicken wäre sicher keine gute Idee gewesen. Dachte ich. Bis zu dem Moment, in dem Ihr hochzuckendes Knie wie eine Dampframme zwischen meine Beine fuhr. Zusammengekrümmt, unfähig mich zu rühren, zu atmen oder ein Geräusch zu machen, sackte ich zu Boden. Nach endloser Zeit tauchte ihr Gesicht in meinem Blickfeld auf. "Du Armer. Hast du dir wehgetan?... Kannst du nicht antworten?... Das ist gut so, dann hörst du mir zu. Ich kann es nicht leiden, wenn du mich anlügst. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn du dir Süßigkeiten holst. Aber mach es richtig. Und vor allem: lüg mich nicht an. ... Hast du das verstanden?" Es gelang mir zu nicken. Plötzlich war wieder Luft da. Ich stöhnte auf. Ihr Gesicht war vor meinem. Sie flüsterte: "Gut. Ich denke, du hast die Lektion gelernt." Dann küßte Sie mich. Als Sie fertig war, waren die Schmerzen fort und ich fühlte mich phantastisch. Wie war ich auf die Idee gekommen, diese andere Frau haben zu wollen? Zärtlich umarmte ich Sie, in meinen Armen schmolz sie wie Wachs. Jetzt war ich es, der Sie küßte. Blanke Lust leuchtete in Ihren Augen, als ich Sie zu dem nächsten unbeleuchteten Hauseingang zerrte.
Wir küßten und streichelten uns. Meine Hand glitt unter Ihren kurzen Rock, kurz drauf fummelte ich nach der Schnürung Ihres Korsetts. Gute Güte. Ohne Licht und viel Zeit schien da nichts zu machen zu sein. Plötzlich ließ Sie von mir ab, und schob mich ein Stück von Ihr weg. Was wollte Sie? Ich schaute erstaunt, konnte meine Begierde kaum in Zaum halten. Sie keuchte erregt. "Nein. Nicht so schnell. Ich muß mit dir reden." Reden? Meine Güte. Die hatte Sie ja nicht alle. Wer wollte denn jetzt reden? Meine Worte waren diplomatischer als meine Gedanken. "Ok." "Lass uns zu dir gehen. Da ist es gemütlicher, als dieser kalte Hauseingang." Woher auch immer Sie das zu wissen glaubte. Meine kleine Wohnung sah gewohnheitsgemäß aus wie ein Schlachtfeld. "Äh, also..." "Nun komm schon." Ich ertrank in Ihren Augen. Mein Widerstand erlosch wie eine Kerze in einem Taifun. "Klar. Gute Idee."
Als wir angekommen waren, wußte ich immer noch nicht, warum ich eingewilligt hatte. In meine Junggesellenbude konnte ich doch unmöglich so eine Frau mitnehmen. Ich schloß die Tür auf, imittierte ein Verbeugung und winkte mit der Hand. "Hereinspaziert." "Dankeschön." Sie ging an mir vorbei, griff gar nicht erst nach dem normalen Lichtschalter (die Birne auszutauschen hatte ich mir schon letzte Woche vorgenommen) und schaltete die kleine Leselampe neben dem Sofa ein. Sie schaffte sich den dafür notwendigen Platz und setzte sich hin. "Gemütlich hast du s, das habe ich mir gleich gedacht." Allerdings glitten Ihre Augen kritisch über die Krümelsammlung, unter der man das Teppichmuster nicht mehr so richtig wahrnehmen konnte. "Äh.... ich müßte mal wieder saubermachen." Sie nickte und lachte wieder ihr glockenhelles Lachen. "Ich habe schon schlimmeres gesehen. Komm zu mir." Das klang so, als würde Sie es ernst meinen. Ein Monolith fiel mir vom Herzen. Sie klopfte auf das Sofakissen an Ihrer Seite.
Ich setzte mich. Als ich Sie küssen wollte, wehrte Sie ab. "Ich sagte doch, ich will mit dir reden." Was für eine Enttäuschung. Ich seufzte. "Also gut. Was ist?" "Ist dir in den letzten Tagen etwas aufgefallen?" Ups. Das traf den Kern der Dinge. Ja, mir war etwas aufgefallen. Ich hatte sehr plötzlich eine Neigung zum Nachtleben entwickelt, fühlte mich tagsüber ziemlich mies und hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit meine akademische Karriere ruiniert. Außerdem war ich gierig. Ich wollte Sie haben! Aber das würde ich nicht vor Ihr ausbreiten wollen. "Ich glaube, ich habe eine Erkältung oder so. Den Tag über ging es mir nicht wirklich gut. Aber sonst..." Dann fragte Sie mich: "Was weißt du über Vampire?" Schon wieder Vampire. Das schien mir nachzulaufen. "Alles... schließlich laufe ich grundsätzlich in schwarzen Klamotten rum und höre Gothic-Rock. Bela Lugosi war überhaupt der Größte. Das sardonische Lächeln und die halberotische Darstellung... einfach ein göttlicher Film. Alles was danach kam, war ein schwacher Abklatsch. Und das Buch... Wenn ich schreibe könnte wie Bram Stoker, dann hätte ich keine miese Doktorandenstelle an der Uni." Ich wollte mich in eine ausgiebige Diskussion der unterschiedlichen Dracula-Filme ergehen, aber Ihr Blick ließ mich verstummen, denn plötzlich trübte ein Schleier von Traurigkeit ihre nachtschwarzen Augen. Nach wenigen Sekunden seufzte Sie. "Das stimmt. Bela war ziemlich nah dran..." Ich zog die Augenbrauen hoch. Wie putzig, Sie schien wirklich völlig auf die Gruftie-Tour abzufahren. Am Ende glaubte Sie wirklich noch, Sie wäre ein Vampir. Sie faßte sich, zwinkerte und sah mich an. "Nicht im Film. In der Wirklichkeit. Glaubst du dran?"
Ich sah Sie an. "Äh... nein." "Schade." Verflixt. Meine Felle schwammen davon. Das letzte, was ich brauchen konnte, war, daß Sie jetzt aufstand und ging. Ich wollte diese Frau haben, so sehr, wie ich nie etwas gewollt hatte. "Warum sollte ich? Vampirismus kann in der Realität nicht funktionieren. Vampire sind stärker als Menschen. Sie sind unsterblich, jedenfalls so ziemlich. Jeder, der gebissen wird, wird selber zum Vampir. Sie hätten als Jäger binnen Rekordzeit die Menschheit ausgerottet." Sie sah mich ziemlich lange an. Dann: "Du gehst dabei von Annahmen aus.... Was ist, wenn die Vampire das wüßten, und lieber unerkannt unter der Masse ihrer potentiellen Opfer leben? Was ist, wenn sie nur ab und zu ihren Hunger stillen und dafür sorgen, daß die Opfer unauffällig verschwinden? Weißt du, wieviele Menschen jedes Jahr verschwinden?" Ihr schmales Lächeln, das nicht bis zu den Augen reichte, schwächte das, was Sie sagte, nicht ab, sondern es belegte, daß Sie wirklich überzeugt davon war. "Vlad, Vladimir Tepes, der Pfähler, Vlad Dracul, Dracula war wirklich süß. Etwas zu gierig. Und er ging nicht mit der Zeit. Er war altmodisch, hatte keine Ahnung von dem, was sie Wissenschaft nennen. So wie er war, mußte er in London auffallen. Und dieser Holländer... was für ein übler Kerl. Ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Er hat geschrien, als er starb." "Seit damals blieb ich allein. Es gibt keine anderen Vampire. Anpassung war gefragt. Aber darin waren wir Frauen wohl schon immer besser. Hier und da mal ein Mensch, der verschwindet, den niemand vermißt... so wie du..." Meine Güte. Das Mädchen war ein Fall für die Psychiatrie. Sie hielt sich für einen Vampir. Und es war Ihr todernst damit. Und am Ende würde Sie vielleicht versuchen mich umzubringen. "Ich weiß alles über dich. Ich beobachte dich schon seit Wochen." Ich war wie gelähmt und konnte ihrem Blick nicht entkommen. Eine Fliege, gefangen im Spinnennetz. Sie küßte mich, setzte sich breitbeinig auf meinen Schoß und nahm meinen Kopf in ihre Hände. "Schau!" Sie öffnete den Mund. Und ich konnte zusehen, wie die Eckzähne im Oberkiefer ganz langsam wuchsen, bis sie langen Reißzähnen ähnelten, die zwei kleine, blutrote Flecken am Hals des Opfers hinterlassen würden. "...was..." Die Reißzähne verschwanden wieder. "Du wirst jetzt sterben. Keine Sorge, ich werde sicherstellen, daß niemand dich findet. Willst du noch ein paar letzte Worte sagen?" Sie legte eine Pause ein. Ich konnte nicht. Ich konnte mich nicht mal wehren, war wie gelähmt. Mein Mund stand offen. Jetzt hielt ich sie nicht mehr für eine Irre. Ich wußte, daß ich sterben würde. Wie unter einem Zwang legte ich meinen Kopf nach hinten und bot Ihr meinen Hals zum Biß an. "Den meisten fällt nichts ein. Und ich habe wohl auch schon alles gehört, was jemand sagen könnte. Schade eigentlich." Sie zögerte. Dann lachte Sie wieder Ihr glockenhelles Lachen. Und küßte mich. "Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich mit dir ein Problem. Du bist süß. Und auch sehr gut gebaut. Sonst ist das nicht so ein langes Drama..." Ihre Hand verschwand zwischen meinen Beinen. "Weißt du was? Ich lasse dir die Wahl. Such es dir aus. Du wirst einen gewaltsamen Tod sterben, soviel ist beinah sicher. Ich könnte dich jetzt austrinken, du schmeckst geradezu unglaublich gut. Wenn du es willst. Oder ich kann dich mein Blut trinken lassen. Du könntest mein Partner werden. Ich glaube, du hast das Potential in dir, mir Freude zu bereiten." Sie sah mich sehr traurig an. "Oder ich könnte dich gehen lassen. Zurück in dein Leben." Ich holte Luft. Ihr Finger legte sich auf meinen Mund. "Still! Laß mich ausreden. Mach dir die Wahl nicht zu leicht, du kannst nur einmal wählen. Du kannst es nicht unverbindlich 14 Tage lang testen. Wenn ich dich gehen lasse, werde ich dir vorher die Fähigkeit nehmen, mich zu verraten. Du würdest dich an nichts erinnern, aber du würdest dich stets gehetzt fühlen, und der Drang nach Blut, der jetzt schon leise in dir ruft, seit ich von dir gekostet habe, wird sich ganz langsam steigern. Immer weiter. Er wird dich in den Wahnsinn treiben. Ich weiß nicht, wie lange es dauert." "Warum..." Sie streichelte meine Wange. "Es gibt kein Warum. Du wirst keine Antwort erhalten, soviel du auch fragst. Da ist niemand, der sie geben könnte. Es war schon immer so." Sie machte eine Pause. "Ich will, daß du diese Entscheidung aus freiem Willen triffst. Aber hier können wir nicht bleiben. Lange dauert es nicht bis zum Morgen." Sie nahm meine Hand. Ich ließ mich widerstandslos aus meiner Wohnung führen.
Wir tauchten in die Nacht ein und gingen unerkannt durch die Stadt. Unterwegs erzählte Sie. "Vergiss die Sache mit den Fledermäusen. Ich kann sie nicht mal besonders gut leiden, lästiges Ungeziefer, wenn du mich fragst. Auch das mit dem Silber, und dem Knoblauch. Oder daß du mich einladen müßtest, damit ich in ein Haus gehen kann. Abergläubischer Unsinn. Auch, daß Vampire in der Sonne verbrennen. Ich bin tagsüber schwach, fühlen mich unwohl und schlafen am liebsten. Die Dunkelheit gibt uns Kraft. Aber ich glaube, davon hast du schon einen schwachen Vorgeschmack gespürt." Ich nickte. Ja. Wenn das ein schwacher Vorgeschmack war... "Ich kann nicht verschwinden, mich unsichtbar machen, oder was auch immer. Aber ich kann bis zu einem gewissen Grad mit der Nacht verschmelzen. Ich kann Menschen hypnotisieren, daß kann aber auch jeder Mensch lernen. Das die meisten Menschen nichts von meiner Existenz wissen wollen, hilft... sie vergessen Dinge, die sie beunruhigen." "Hast... hast du mich beeinflußt? Hypnotisiert? Ohne das ich es weiß?" Ihr Lachen durchbrach die Nacht. "Wenn es so wäre, würde ich es dir dann erzählen?" Sie lachte erneut und blickte mich an. Trotz daß es stockdunkel war, hatte ich wieder den Eindruck, in ihren Augen zu ertrinken. "Ein bisschen, hin und wieder. Ich glaube, sonst hättest du mich wirklich nicht in deine Wohnung mitgenommen. Ich habe ein wenig nachgeholfen, Hemmungen abgebaut. Aber ich habe dich nicht umgemodelt oder was du dir auch immer vorstellst." Ich wußte, daß Sie die Wahrheit sagte. Sie erzählte weiter, breitete eine Welt vor meinen Augen auf, die nicht wirklich anders war, aber nicht fremder hätte sein können.
Sie führte mich durch einen Vorort, den ich bisher noch nie betreten hatte, öffnete schließlich eine schmale Metalltüre in einer hohen Mauer. "Mein Domizil." Das Sie nie mehrere Jahre an ein und dem selben Ort bleiben konnte, hatte Sie erzählt. Aber das war mir sowieso schon klargewesen. Ich hatte den klaren Verdacht, daß Sie dieses Haus nicht bezahlte, und ich war mir alles andere als sicher, ob ich wissen wollte, was mit den Besitzern geschehen war. Wahrscheinlich ein langer Urlaub. Ein sehr langer. Ich musterte Sie, während Sie in einladender Haltung dastand. "Wie alt bist du?" "Vierundzwanzig." "Nein, wirklich." Sie sah mich lange an, Ihre Augen verschleierten sich wieder. "Ich war vierundzwanzig, als ich gebissen wurde. Ich kann dir nicht sagen, welches Jahrhundert es war, ich habe nicht gezählt. Viele Jahre später wurde mein Herr meiner überdrüssig und wollte mich töten. Er war nicht schnell genug. Und noch später lernte ich den jungen Vlad Tepes kennen. Er war so ein süßer Dickschädel... Immer mit dem Kopf durch die Wand." Sie machte eine Pause, dann fokussierten Ihre Augen mich wieder. "Erwartest du, daß ich ein wandelndes Geschichtsbuch bin? Warum sollte ich mir Jahreszahlen merken, oder Ereignisse? Ich passe mich an. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, ich weiß das, was eine Vierundzwanzigjährige weiß, nicht weniger und einiges mehr. Wozu sollte ich es mir merken?" Ich nickte. Das ergab Sinn. Sie ging vor, ließ die Pforte offenstehen, sicher, daß ich Ihr folgen würde. Ich folgte Ihr tatsächlich. Ich stand für einen Moment auf der Kippe zu fliehen, aber ich folgte Ihr aus freiem Willen. In diesem Moment war mir nicht klar, daß ich keine Wahl hatte. Es hätte so oder so kein Entkommen gegeben. Mit einem lauten Scheppern fiel die Pforte in das Schloß.
Ich hastete hinter Ihren schnellen Schritten her. Sie ging auf das Haus, das hinter hohen Bäumen verborgen schien, zu. Sie öffnete die Vordertür, blieb dann stehen, um mir den Vortritt zu lassen. Es war keine wirklich Villa, eher ein modernes Stadthaus, beinah schlicht, aber doch sicherlich nicht billig. Der Flur war von einer schwachen, indirekten Beleuchtung erhellt, und als Sie mich in das Obergeschoß führte, fielen mir vor Staunen beinah die Augen aus dem Kopf. Der größte Teil des Daches schien aus Glas zu bestehen. Einige Kerzen, die weit heruntergebrannt waren, erhellten den Raum. Sie stellte leise, für mich nicht identifizierbare Musik an und legte sich mit einer fließenden Bewegung auf das Bett, das mindestens drei Meter lang und breit war. Sie streckte die Hand in meine Richtung, sagte: "Komm." Es gab kein Zögern. Ich brauchte Sie. Ich wollte Sie. Ich mußte Sie haben.
Ich sprang auf das Bett und umarmte Sie, bedeckte Sie mit Küssen, während ich mit fliegenden Fingern versuchte, die Schnürung Ihres Korsetts zu lösen. Als es mir gelungen war, und ich begann, Ihre Brüste zu streicheln, glitt Sie auf mich. Mühelos, trotz meines Widerstandes führte Sie meine Arme nach oben und außen, wo sie von weich gepolsterten, aber unnachgiebigen Fesseln gehalten wurden. Ich versuchte etwas zu sagen, aber mein geöffneter Mund wurde schon im Ansatz von einem langen, leidenschaftlichen Kuß verschlossen. Als Ihre Lippen sich von meinen lösten, blieb ich entspannt, mit halb geöffnetem Mund liegen. Mit einer blitzschnellen Bewegung steckte Sie etwas hinein, was ihn völlig ausfüllte, und von Ihr mit einem dünnen Lederriemen verschnürt wurde. Ich begann mich aus Leibeskräften und in Panik zu wehren, hatte aber keine Chance gegen das zerbrechliche Wesen, daß mich in stahlhartem Griff hielt.
Als ich wie ein lebendes X auf das Bett gefesselt dalag, kniete Sie sich neben mich, und sah mir wortlos in die Augen, bis ich aufhörte, mich zu winden. Dann küßte Sie mich sanft auf die Stirn. "Wir haben so viel Zeit. Alle Zeit der Welt. Aber das kannst du lernen." Mit diesen Worten verband Sie meine Augen. Sie berührte mich, streichelte, küßte, biß, leckte, schien gleichzeitig überall und nirgends zu sein bis ich halb wahnsinnig vor Verlangen war und die Muskeln an meinen Gliedmaßen hart hervortraten, von den vergeblichen Versuchen, mich zu befreien, um mir Erleichterung zu verschaffen.
Dann bog Sie meinen Kopf zur Seite und Ihr Mund preßte sich auf meine Halsschlagader. Ich erwartete den tödlichen Biß, diesmal nicht gelähmt, aber dennoch hilflos. Ich wand mich mit letzter Gewalt, aber Sie küßte nur die Spur, die Sie hinterlassen hatte, als Sie das erste Mal von mir gekostet hatte. Ihr Atem war heiß in meinem Ohr. "Du vertraust mir nicht. Aber das kannst du lernen."
Dann löste sich Ihr Körper von meinem. Ich versuchte zu beteuern, daß ich Ihr vertraute, daß ich alles tun wollte, daß Sie mich jederzeit haben konnte, wozu auch immer. Aber es ging nicht, geknebelt, wie ich dalag. Und wahrscheinlich war es auch gut so, denn es wäre mir nicht wirklich ernst gewesen, es wäre mir nur darum gegangen, meine Gier nach Ihrem Körper zu befriedigen. Und das hätte Sie gewußt. Sie spannte meine Fesseln weiter an, so daß ich dachte, ich würde zerreißen. Dann ließ Sie mich alleine. Ich spürte, wie der Tag kam. Mir wurde hundeelend, ich hätte mich am liebsten zu einer kleinen Kugel zusammengerollt, oder wäre eingeschlafen. Ich dämmerte in gequälter Erschöpfung weg, wachte aber immer und immer wieder auf, weil eine Kaskade von Krämpfen durch meinen Körper lief.
Sie löste meine Augenbinde. Dann flüsterte Sie mir in das Ohr: "Mach die Augen auf." Ich gehorchte und sah über mir den freundlichen, samtenen Sternenhimmel. Als Sie die Fesseln löste, war ich zu schwach, mich zu bewegen. Sie nahm den Knebel aus meinem Mund. Meine Lippen formten das eine Wort, die Frage, auf die ich keine Antwort erwartete, weil es keine gab. Tonlos: "Warum?" Sie gab mir die Antwort. "Um dir Zeit zu geben, eine Antwort zu finden. Der Tag, dein Leben als Mensch, ist grausam. Der Tod ist grausam. Und ich, ich bin auch grausam. Und du, du kannst wählen." Die Abgründe Ihrer Augen waren so unglaublich tief. Tief darin glomm ein winziger Funken Hoffnung.
Als ich nach Ihr griff und Sie küßte, loderte der Funken auf. "Ich will das Leben." Der Funke erlosch, Ihre Augen wurden stumpf. "Mit dir." Die Freude, die Sie ausstrahlte, als Sie mich umarmte, löschte die Schmerzen, die in meinem Körper bohrten, mit einer unglaublichen Wärme aus. Wir vereinigten uns, so wie es nur Kindern der Nacht gegeben ist. Keine Spiele, kein schlechtes Gewissen, keine Zierrat. Dann gingen wir auf die Jagd und stillten gemeinsam unsere Gier.
Meine Erfahrung mit Computern erleichtert uns das Leben ungemein. Wir wissen immer genau, wenn man anfängt, uns nahezukommen.
Natürlich starb der Mensch in mir in jener Nacht. Na und?
Warum ich die Geschichte erzähle? Warum nicht? Es glaubt sie sowieso niemand. Bis wir über ihm sind.
Finis (Diese Nachricht wurde am 12.09.03 um 14:49 von Butterfly geändert.)
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Re: Abhängigkeit
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Datum:13.09.03 14:50 IP: gespeichert
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Da nehme ich mir endlich mal die Zeit, eine fremde Geschichte zu lesen und was passiert? Ich erwische gleich eine richtig gute.
Hut ab.
Why-Not Buch-Anfang: Dämonen der Leidenschaft (Teaser)
Session: Wir müssen reden, Aus dem Giftschrank, Gefangene Gefühle, Urlaub mal anders
Offtopic-Kurzgeschichten: Gesichter des Todes, Das Interview (mit Dr. Wolfram Schraubner), Die Bahnfahrt
Mehrere Bücher Inhaltsangaben und Leseproben hier auf meiner Homepage
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KG-Träger
de gustibus non est disputandem
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Geschlecht: User ist offline
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Re: Abhängigkeit
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Datum:13.09.03 15:40 IP: gespeichert
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Hallo Butterfly, ich kann mich Why-Not, dessen Lob angesichts seiner eigenen hervorragenden Stories umso schwerer wiegt, nur anschließen. Von Geschichten wie Deiner kann das Forum nicht genug haben.
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