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prallbeutel |
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Licentia poetica
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RE: Regina
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Datum:05.03.21 18:50 IP: gespeichert
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~ LXXXVIII ~
Die Kommandantin von IPPC-Komplex G-0914/17 hatte noch immer keine Erklärung für das Verschwinden ihres Gefangenen. Es war in der Geschichte von IPPC noch nie vorgekommen, dass ein Insasse nicht mehr auffindbar oder gar geflohen war. Nachdem auch Sektion Black Block garantiert hatte, dass Gravis nicht dort war, musste sie das Thema zu den Akten legen. Sie vermisste den Phallus des Muskelmannes. In einem abgeschirmten Intranet lud sie ein 3-D-Modell eines Silikondildos aus einer Datenbank auf ihr Terminal und ließ den Computer das Exemplar in einem Morphingverfahren zum Liebesstab ihres Custos werden. Anschließend erzeugte sie es mit dem 3-D-Drucker und betrachtete die realistische Silikonversion. Sie druckte ein maßgeschneidertes Geschirr für ihre Hüfte und legte es in ihrer Privatkabine an. Stöhnend schob sie den Phallus an seinen Platz und ließ die Geschirröffnung einklacken, um das gute Stück zu fixieren.
Im Inneren des Stabes war ein Vibromechanismus integriert. 20 Stufen zum Paradies. Sherry Jameson ließ sich auf ihre Gelmatratze fallen und atmete stoßartig. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie der Koloss über ihr thronte und sich seine Muskelberge unter der Haut abzeichneten, wie auch die dicken Venen sich bewegten wie gefangene Schlangen. Sie spürte, wie sich die Ekstase näherte. - Als es so weit war, schrie sie ihre Lust heraus und lag mit kribbelndem Unterleib noch einige Minuten still und unbeweglich da. Schade, dass sie hier am Ende des Universums nicht die Möglichkeit hatte, eine Androidenkopie von Gravis herstellen zu lassen. Zumindest das wichtigste Körperteil, wenn auch in synthetischer Form, war nun in ihrem Besitz.
Der echte Gravis musste tagelang diverse grausamen Späße der Wachleute über sich ergehen lassen. Sein Nackenchip machte ihn quasi zu einer Marionette aus Fleisch und Blut. Er führte jeden Befehl der Uniformierten bedingungslos aus. Der Muskelmutant war zum Spielzeug des Black Block geworden. Vielleicht hatte er sein Schicksal verdient. Als Terrorist auf Beta Patria hatte er Schuld auf sich geladen. So hieß es in seinem Dossier der Corporation. Doch viele Zeilen waren geschwärzt. Er wollte mehr über seine Vergangenheit erfahren, wusste aber nicht, wie er das anstellen sollte. Seine Gedanken waren zwar noch frei, aber sein Körper reagierte nur auf die Instruktionen seiner uniformierten Herren, die ihm nach und nach alle Energie für Grübeleien nahmen.
Auf Atra Mundo ließen Animus und Violetta die Reinigung Stufe III über sich ergehen. Ihre Kleidung erhielten sie nicht zurück; die war in einer speziellen Entsorger-Einheit vernichtet worden. Als Ersatz erhielten sie Overalls aus Polyhexamethylenadipinsäureamid, so transparent wie Violettas Nylonstrümpfe. Sie schämten sich darin beinahe mehr als in völliger Nacktheit. Dazu erhielten sie Füßlinge aus Gummi, eine Mischung aus Stiefel und Socke, die sich eng um ihre Füße und unteren Waden formten. So sollten sie ins Habitat gebracht werden? Violetta hielt sich eine Hand vor die Brüste, die andere vor ihren Schritt, während Animus mit seinen Händen das Genital bedeckte.
Die HSU ignorierte die Beschwerden des Paares und bugsierte es aus dem Duschraum und dann ins Freie vor das kleine Gebäude. Zum Eingang des Star 1 waren noch etwa hundert Meter zurückzulegen. Alle persönlichen Gegenstände hatte der Wachdienst ihnen abgenommen und in einen versiegelten Plastiksack gesteckt. Besonders Violetta fühlte sich erniedrigt. Wie viele Augen wohl auf ihren Leib gerichtet waren? Hier draußen bemerkte sie circa ein Dutzend Leute, aber wer starrte sie aus dem Habitat an? Das konnten hunderte Personen sein. An den Fenstern waren Zoomlinsen angebracht. Interessierte konnten jede Hautpore ihres Körpers erforschen. Auch bei der dämmrigen Sonne, die sich schwächelnd durch die dicken Schwaden am Himmel kämpfte, würde wegen der Restlichtverstärker im Glas die perfekte Sicht auf ihre intimsten Stellen möglich sein.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit erreichten sie den Eingang des gewaltigen Komplexes. In der Halle wurde die unangenehme Wahrnehmung, beobachtet zu werden, nicht geringer. Irgendwoher hörte sie ein Tuscheln. „Geile Titten! Die sind garantiert optimiert worden.‟ - Wenn das Paar gehofft hatte, endlich in ihr Apartment gebracht zu werden, wurden sie enttäuscht. Die HSU führte sie in ein anderes Level des Sky-Habitats. Animus wagte als erster die Frage: „Wo werden wir hingeführt? Was soll das?‟ Einer der Uniformierten antwortete: „Es gibt Probleme mit dem Visum.‟ Animus fragte genauer nach. Der Mann überlegte kurz. „Es ist nur für Atra City gültig. Sie haben die Stadt aber verlassen.‟
Das Paar erreichte ein kleines Dienstzimmer der HSU mit einem Terminal. Dahinter saß ein zivil gekleideter Typ. Er kam gleich zur Sache. „Das Sondervisum ist mit einer Gebühr von 2,5 Dilithiumeinheiten verbunden.‟ Animus hielt seinen Unterarm an einen Accountscanner, der den Betrag überwies. Der Mann ergänzte: „Die Strafe für illegale Reisen beträgt Gefängnis. In Ihrem Fall sind das sechs Jahre.‟ Er lächelte unverbindlich. Als Animus und Violetta erstarrten, hüstelte er. „Im Rahmen der Justizsimplifikationsverordnung wird auf eine Anklage verzichtet, und der Vollzug der Strafe unverzüglich in Kraft gesetzt...‟ Wieder machte er eine kurze Pause und räusperte sich. „Es sei denn... Sie wandeln die Haft in eine Zahlstrafe um. Das wären dann pro Person weitere 14 Dilithiumeinheiten.‟ Er sah sie fragend an. Violetta grinste schief. „Habe gehört, auf Atra Mundo sind die Haftanstalten... unschön.‟ Ein anderes Wort fand sie nicht. Der Uniformierte lachte. „Nur, wenn Sie nicht extrem devot und masochistisch veranlagt sind.‟ Animus seufzte und hielt seinen Unterarm hin. Mr. Carthy würde Fragen stellen. Mittlerweile kostete die Rettung von Gravis ein kleines Vermögen.
Glücklicherweise war der Kurswert von Dilithium auf Atra Mundo wegen des Embargos besonders hoch. Auf dem Weg zu ihrem Apartment schimpfte die Rothaarige. „Diese albernen Overalls haben sie uns nur angezogen, um uns einzuschüchtern. Selbst der Wachdienst hier ist korrupt bis in die Haarspitzen.‟ Animus grummelte: „Vielleicht war die ganze radioaktive Verstrahlung nur Verarsche.‟ Violetta nickte. Wenigstens hatte sie ihr FNS zurückerhalten. Neue Kleidung orderten sie in einer Boutique des Star 1. Als nächstes buchte der Pilot einen Transfer zurück nach Beta Patria. Flüge zum Orbitalhafen waren leicht zu haben, aber die Verbindung zum Sol-System Beta Patria war wegen des Embargos gesperrt. Sie mussten Umwege nehmen und wieder inoffiziell einen Platz auf einem Frachter ordern.
Nach mehreren Bestechungsversuchen kamen sie ihrem Ziel ein wesentliches Stück näher. Ein alter Frachter war bereit, sie mitzunehmen. Es handelte sich um einen alten Transporter namens Eventus, der offiziell für eine Reederei auf Pax Novo unterwegs war. Allerdings hätte er auf Atra Mundo nichts zu suchen gehabt. Der Kapitän musste das Logbuch gefälscht und die Signatur des Schiffes verschleiert haben. Der Wohnbereich direkt am Brückensegment war ein wenig beengt; dafür waren vier gewaltige Containermodule zwischen Brücke und Antrieb angekopppelt, die die Eventus auf 535 Meter streckte.
Der Kapitän war terrestrischer Humanoid von Beta Patria. Die nur sechs Besatzungsmitglieder stammten alle von Nulla Varietas, der Heimatwelt der Corium Bestia. Die lag zwar außerhalb der VA, aber viele der haarigen Humanoiden zog es als Wanderarbeiter auf die Planeten innerhalb der Allianz. Es waren raubeinige Kraftprotze, wie sie typisch für ihre Art waren. Leider ließ auch ihr Benehmen zu wünschen übrig. Gierig starrten sie Violetta wie Frischfleisch an. Die Wesen trugen über ihre haarigen Körper Latzhosen aus verstärktem dicken Kunstfasern. Einer der Kerle hatte offensichtlich einen großen Riss in der Hose, genau am Gesäß. Violetta fantasierte, dass diese Kreaturen womöglich sexuell übereinander herfielen. Sie konnte sich zwar gut verteidigen, aber gegen ein halbes Dutzend zwei Meter große und drei Zentner schwere Kerle war sie machtlos. Zumindest mit Animus an ihrer Seite fühlte sie sich ein wenig sicherer.
Zusätzlich waren mehrere leistungsstarken Industriebots an Bord. Animus und Violetta erhielten eine kleine Kammer mit einer Etagenliege. Es waren eher einfache Pritschen, die übereinander positioniert waren. Violetta hätte die Eventus eher auf einem Raumfriedhof erwartet, als im aktiven Dienst, aber der Ermangelung einer Alternative geschuldet, hatte sie tief durchgeatmet und war mit ihrem Gefährten die Reise in die Tiefen des Raumes angetreten. Sobald Funk funktionierte, kontaktierten Animus und Violetta Mr. Carthy, um ihn zu bitten, mit der IPPC-Zentrale zu sprechen. Gravis musste so schnell wie möglich gerettet werden.
Erst nach dem Start erfuhren sie von der Anomalie, die sich um die gesamte VA gebildet hatte. Sie waren gefangen und zugleich geschützt vor dem Alpha Dominion. Bei dem Blasenphänomen kamen Sensoren und Detektoren an ihre Grenzen. Forschungsexpeditionen - flankiert von militärischen Fregatten - arbeiteten unter Hochdruck an der Lösung dieses Kraftfeldes, aber bisher gab es keine Erklärung für die Entstehung. Die Wissenschaftler von Beta Patria verstanden die Anomalie nicht. Es war lediglich bekannt, dass in der Schicht die Raumzeit verlangsamt und gegen Null ging, je tiefer man eintauchte.
Von militärischen Beratern des Hohen Rates auf Beta Patria war die Idee wieder verworfen worden, dass die Anomalie um die VA eine Waffe des AD wäre. Es musste sich um ein natürliches Phänomen handeln. Glücklicherweise war die Blase weit genug im leeren Raum, so das kein Sol-System der VA davon beeinflusst wurde. Denn die fragilen und komplexen Planetensysteme um ihre Zentralgestirne konnten auf marginale Modifikationen des Raums drastisch mit einer katastrophalen Einflussnahme auf sämtliches Leben reagieren. Vor 170 Jahren war innerhalb des VA-Raums ein ganzes Sonnensystem vernichtet worden, weil Planeten ihre Bahnen verlassen hatten und sich gegenseitig zertrümmert und in ihren Stern gestürzt waren. Und das alle nur wegen eines gewaltigen Asteroiden, der mit seiner großen Gravitation die Bahnen gekreuzt hatte. Es hatten zwar keine Humanoiden in dem System gelebt, aber zig florierende Ökosysteme auf rund 600 Millionen Quadratkilometern wurden in einem Augenblick ausgelöscht. Großteils unerforschte Ökosphären würden nie erkundschaftet werden. Die Auswirkungen dieser gigantischen Reaktionen waren noch heute mit Weitstreckenscannern messbar und durch Teleskoplinsen sichtbar. Die vielen Trümmer, Staub-, Partikelteile und unberechenbaren Sonneneruptionen machten einen Raum von vielen Astronomischen Einheiten zur No-Go-Area für Schiffe.
Auch auf dem Gebiet des AD waren Schiffe unterwegs zur Blasenhaut, die sich um ihren gesamten Raumsektor gelegt hatte. Der Scarabaeus Zark stand in einer virtuellen Kommandozentrale und befehligte das Expeditionsschiff zu den Koordinaten des Phänomens. Der Langstreckenscanner visualisierte die Armeeschiffe, die in der Schicht gefangen waren - zugleich in Raum und Zeit. Der Kaiserliche Diener befahl, die Torpedobänke zu laden. Der Androide am Waffensystemterminal gab Befehle auf seinem Instrumentenbord ein und bestätigte die Ausführung der Order. „Ladung bei 50 Prozent... 75 Prozent... 100 Prozent.‟ Zark sah auf den Großschirm, den auch der Androide zur Verfügung hatte. Wenn man genau auf den Realtimestream sah, bemerkte man die Schicht der Anomalie durch ein leichtes Flackern. Zark schaute noch grimmiger als sonst. „Torpedobank 1: Feuer!‟
Aus dem Bauch des Schiffes, jagte der Flugkörper heraus auf die fremde Wand zu. Der Blaster-Kopf der Interitus-Klasse hatte genügend Energie, einen Planeten aufzusprengen. Die Flugzeit des permanent beschleunigenden Torpedos betrug berechnete sieben Minuten und zwölf Sekunden. Alle Lebensformen an Bord schienen die Luft anzuhalten und starrten auf den Schirm der Brücke. Sie waren womöglich gefährlich nah am Zielobjekt. Wenn der Blaster abprallte, würde sie der Energieausstoß in Atome spalten - egal wie gepanzert ihr Schiff war, und welche Schutzschilde hochgefahren waren.
Die Computersimulation und Wahrscheinlichkeitsberechnung hatte nur Zark zu sehen bekommen. Er wollte keine Panik unter den Placidus provozieren, die an Bord waren. Zwar konnten Placiduswesen kaum Adrenalin ausschütten, aber Zark wollte auf Nummer sicher gehen. Der Interiustorpedo erreichte die Blasenhaut aktivierte sich im letztmöglichen Augenblick, bevor der Kontakt abbrach. Die extreme Detonation breitete sich rasend auf der Oberfläche der Anomalie aus. Ein Teil schoss in Richtung Schiff. Die Schockwelle traf sie mit unglaublicher Gewalt. Dank der leistungsstarken Defensschilder blieb es unversehrt. Zark knirschte mit den Zähnen. „Torpedobank 2: Feuer!‟
Der Androide aktivierte nun das Penetrator-Stinger-Geschoss mit seinem Wolfram-Carbid-Mantel. Die Munition war darauf spezialisiert, mit maximaler Durchschlagskraft durch jede Oberfläche zu bohren und die eigentliche nukleare Ladung im Innern zu zünden. Nach wenigen Sekunden würden sie wissen, ob die Blasenhaut nachgab. Zark starrte gebannt auf das gestreamte Livebild. Der Torpedo traf auf die Haut und versuchte sich durchzustechen und erreichte eine tiefere Schicht dieser Fehlbildung in Raum und Zeit. Doch die Nuklearexplosion fand erneut außerhalb der Haut statt. Der Stachel hatte sich in die Anomalie gebohrt und war dort steckengeblieben. Die Zündung der Hauptladung - offizielle Bezeichnung: Enforcer Pro - jagte nun zu einem Teil wieder auf das Schiff zu.
Dieses Mal war die Reaktion zu übermächtig, so dass die Verteidigungssysteme überlastet wurden. Ein Modul fing Feuer, in mehreren Segmenten fiel die Lebenserhaltung aus und die Atmosphäre verschwand im All. Roter Alarm heulte durch das Schiff. Totales Systemversagen stand unmittelbar bevor. Die Placidus, die sich für einen Außenaufenthalt fertig gemacht hatten, rannten um ihr Leben durch die Korridore. Mehrere Explosionen an Bord erzeugten weitere Lecks und Feuer. Eine synthetische Stimme warnte: „Strukturelles Versagen in Minus 13 Minuten und vier Sekunden. Rettungskapseln sind freigegeben.‟ Um sechs Sekunden zeitversetzt verfolgte auch der Hohe Rat des AD die Aktion. Aranea Regina II. hielt sich die Hand vor den Mund. Und schon geschah es: Das Expeditionsschiff brach zunächst in drei Fragmente, dann in eine Myriade von Kleinstteilen.
Nur zwei Rettungskapseln hatten es geschafft, der neuen Explosion durch einen Notstart an der Shuttle-Rampe zu entkommen. Zark wütete auf der virtuellen Brücke umher, zog seine Fusionsklinge aus dem Brustpanzer und warf sie mit voller Wucht in einen sehr realen Screen, der Funken sprühend zerplatzte. Der Alba Simia Altitudo lächelte ironisch in sich hinein. Immer mit dem Käferschädel durch die Wand wollen. Die Hybris dieser Scarabaeus! Primitivlinge! Da war nun ein offener Meinungsaustausch im Hohen Rat zu erwarten. Nachdem die Scarabaeus krachend versagt hatten, würden Alba Simia das Ruder in die Hand nehmen.
Altitudo plante, ein wertloses Schiff mit Placiduswesen in die Anomalie zu schicken und zu beobachten, wann der Funk abbrach. Vielleicht konnte die Besatzung wertvolle Informationen liefern. Sollte jemand unwahrscheinlicherweise Empathie für ein paar Sklavenkreaturen aufbringen, so würde Altitudo argumentieren, dass der Stoßtrupp „nur‟ in einem Zeitpanzer gefangen war. Es war mit einem Kryo-Schlaf vergleichbar. Wenn sie wieder befreit würden... Falls sie wieder befreit würden... Er musste noch an seinen Formulierungen arbeiten, lud ein Rhetorikprogramm hoch, speiste seine Argumente ein, die adaptiert wurden, um seinem nächsten Auftritt im Hohen Rat mehr Glanz zu verleihen, und perfektionierte seine Gestik und Mimik, um die Anderen in seinem Sinne optimal manipulieren zu können.
Mr. Carthy, CEO von Prospect Enterprises, erwartete bald die Ankunft von seinen Angestellten Animus und Violetta. In einem chiffrierten Datenpaket versteckt, hatten sie ihn über ihre Rückreise nach Beta Patria informiert. Er hatte seinen Einfluss geltend gemacht und bei IPPC nach Komplex G-0914/17 recherchiert. Die Koordinaten der Anstalt blieben zwar geheim, aber der Vorstand wollte sich darum kümmern. - Da kam die Prioritätsmeldung herein, dass die Spezialisten von Colonia Agricultura abgereist waren. Die Mission, jegliche kontaminierte KI zu vernichten, war erfolgreich abgeschlossen. Endlich konnten die Arbeitsbots wieder mit voller Funktion aktiviert werden. Auch Mechs, roboterartige Droiden, waren wieder im Einsatz auf den Plantagen, Feldern, Reifebänken und Aminosäurefabriken mit ihren modernen Resequenzern.
Viele terrestrischen Humanoiden aus dem Sol-System Beta Patria waren auf CA tätig, aber auch Wanderarbeiter der Corium Bestia gehörten zu den Scharen von Arbeitern. Die Kontrolle der Beschäftigten übernahmen die Mechs, die aussahen wie Androiden mit Kampfchassis aus Polycarbon und einer Art Exoskelett mit peripheren Okularen. Bis auf ihre vier Extremitäten und den aufrechten Gang hatten sie nicht viel menschliches an sich. Sie nahmen permanent Video- und Audiodateien auf, prüften sondierend den Ablauf der Produktion und taxierten die Effizienz der Hilfskräfte. Dabei machten sie auch nicht davor halt, gezielt Gespräche abzuhören.
Die Software der Mechs war in der Lage fehlende Informationen zu extrapolieren. Kritik an Prospect Enterprises war nicht erwünscht. Verdächtige Informationen wurden unverzüglich in die Personalakte transferiert. Algorithmen schlugen dann Konsequenzen vor. Perfekt kalibrierte Filter der Audiosensoren qualifizierten die Mechs ausgewählte Bereiche abzuhören, die bis zu 120 Metern entfernt waren. Offiziell waren die Mechs Aufpasser, falls ein Bot ausfiel oder repariert werden musste. Auch für Unfälle waren die Mechs mit Medikits ausgerüstet und feinmotorisch genug gesteuert, um einen Patienten erstzuversorgen. Aber jeder wusste, dass die schweren großen Roboter primär dafür sorgen sollten, dass das Motto der Maxi-Plantage - Schöpfe dein volles Potenzial aus! - realisiert wurde.
Leiter Mr. Khan war sehr pragmatisch. Wer sein Soll nicht erfüllte, der wurde gefeuert. In den Nahrungsfabriken ging es ähnlich zu. Colonia Agricultura war nicht von Natur aus so fruchtbar und reich an Sauerstoff, Mineralien und anderen Nährstoffen. Ein viele Jahrzehnte langes Terraforming hatte den Planeten erst zu dieser Biosphäre geformt. Da musste endlich optimierter Profit an die Investler fließen. Gewerkschaften wie auf Beta Patria gab es auf Colonia Agricultura nicht. Trotzdem erging es den Arbeitern mit festen Verträgen viel besser, als den Slumbewohnern auf dem abgelegenen Planeten Atra Mundo, wo die Unterschicht quasi versklavt war und unter kriminellen Syndikaten und einer korrupten Justiz und Regierung litten. Arbeitsschutz wurde jedoch auch auf CA nicht groß geschrieben. Manchmal verunfallten Arbeiter an den schweren Erntemaschinen oder Transportbots. Auch Infektionen durch entopische Mikroben kamen vor, denn CA hatte bereits vor dem Terraforming eine primitive Biosphäre. Pilze und Bakterien lieferten sich ein progressives Wettrennen mit der Entwicklung von Pestiziden. Noch immer waren längst nicht alle Lebensformen auf dem Planeten entdeckt, geschweige denn erforscht, und so kam es zu Vergiftungen oder allergischen Reaktionen bei den Arbeitern.
Der Leiter der Maxi-Plantage kontrollierte über hunderte Cams in seinem Büro die Tätigkeiten und Abläufe. Auffälligkeiten registrierten die Algorithmen des Programms nach einer Vorselektion der Parameter und meldeten sie auf seinem Screen. Primär ging es ihm dabei um unproduktive Helfer. Mr. Khan schaute von innen auf die gebogene Fensterfront des Raumes, der sich im achten Stock des Verwaltungskomplexes befand und einen Panoramablick auf ein weites Feld mit langen Reihen aus Rebstöcken bot. Hier wurde exklusiver Wein produziert, der ohne synthetische Prozesse und Zutaten auskam.
Obwohl der herrliche Ausblick vor seiner Nase lag, hatte er sich längst daran sattgesehen. Stattdessen setzte er lieber seine VR-Brille auf und stülpte sich den ummantelten Erosrezeptor-Amper über seine Genitalien. Der gummierte Signalgeber saß ähnlich einer Hose um seine Hüften und versprach maximalen Genuss an allen erogenen Zonen. Über die VR-Gläser empfing er Audio- und Videosignale. Der ERA verformte sich passend zum Programm, massierte, vibrierte oder leitete leichte Stromflüsse durch gewisse Teile der Oberfläche, um den Träger prickelnd zu stimulieren.
Gern hätte Mr. Khan real mit einem echten Munus geschlafen, wie er virtuell ein solches Wesen genoss; aber der Phallus wäre ihm in Originalgröße wohl doch zu extrem gewesen. Und in seinem konservativem Umfeld würde eine diverse Sexkreatur niemals akzeptiert werden. Durch seine Simulation ergab er sich gerade den festen Lippen seines Fantasie-Munus, und jetzt würde der ERA einen Stab modulieren und einführen, als würde ihn sein Geliebter aufspießen. Mr. Khan war froh, dass sein Büro schalldicht war, denn seine hohen Schreie voller Lust und zugleich Schmerz waren laut. Fast so laut war sein Stöhnen, als er in Schüben und einem Gefühl einer inneren Supernova gleich zu einem Höhepunkt kulminierte, der ihn fast besinnungslos zurückließ.
Was dort in dem Gebäudekomplex sich hinter den verspiegelten Scheiben abspielte, ahnten die einfachen Arbeiter der Plantage nicht. An einem Ende der Rebstockreihe wies ein 25-Jähriger Pflücker einen Bot an, die inzwischen volle Wanne mit Trauben zum Großcontainer zu bringen. Er schaute auf seine Smartwatch und stoppte seine Arbeitszeit, um eine Pause einzulegen. Als erstes wollte er aus der kräftigen Sonne raus. Unter seinem verschwitzten Workoverall juckte seine Haut. Da die Oberfläche des Planeten für die Agrarproduktion viel zu wertvoll für andere Nutzung war, befanden sich die Unterkünfte der Arbeiter in unterirdischen Wohneinheiten. Überall auf dem großen Plantagengelände existierten Liftkabinen, die mit den Untergeschossen verbunden waren. Der junge Mann trat in eine Kabine und tippte auf einen Sensor die vierte Etage an. Der kleine Fahrgastraum schloss sich und senkte sich zügig in den Boden. Nach nur acht Sekunden öffnete sich die Kammer wieder, der Mann trat in einen kahlen Flur mit Betonwänden. Nur sparsam angebrachte Lichtstreifen erzeugten beinahe ausschließlich in einem 45-Grad-Winkel nach unten reduzierte Helligkeit.
Goran hatte sich schon immer gefragt, warum hier so an Licht gespart wurde. Die Energiespeicher und Sonnenkollektoren der Anlagen verfügten über immense Kapazitäten. So viel er wusste, existierten zusätzlich mehrere Mikro-Reaktoren. - Er lief den endlos erscheinenden Gang weiter bis zu einer Kreuzung, bog links ab, nach weiteren 50 Metern wieder links und blieb dann vor einer Tür mit der Kennzeichnung A4/233 stehen. Mit dem Fingerscanner am Rahmen öffnete er den Eingang und trat in seine Kammer, gerade genug Platz für eine Liege, einen Stuhl und einen kleinen Tisch sowie einige Staufächer und eine Nasszelle. An der Wand hing ein ausrollbarer Schirm.
Er warf sich auf die Liege und schaltete durch einen verbalen Befehl den Newsfeed von Beta Patria an, um Nachrichten aus seiner Heimat zu erfahren: In der Hauptstadt wüteten noch immer gewalttätige Demonstrationen, Angriffe auf Behörden, Plünderungen von Geschäften und Vandalismus an Gebäuden und Fahrzeugen. Die Akteure kamen aus völlig verschiedenen Motivationen zusammen und bildeten einen gefährlichen Mix aus Kriegsgegnern, Kriegsbefürwortern, Verschwörungstheoretikern, Milizen, Sekten und radikalen politischen Kräften. Dazu gesellten sich noch kriminelle Subjekte, die das Durcheinander ausnutzten.
Die Bild zeigte den Zug von religiösen Fanatikern der „Erlösten des Lichtbringers‟, die die Anomalie um die VA als Zeichen ihres Messias sahen, dass das galaktische Ende im Diesseits nahe war. Die laut Betenden marschierten durch brennende Straßen und an Ansammlungen von Demonstranten vorbei. Polizeidroiden versuchten mit einem Großaufgebot und mithilfe von Aufklärungsdrohnen dem Chaos Herr zu werden. Tausende Bürger saßen bereits in Haft. Eine circa 50-köpfige Frauengruppe in Armeekleidung und schwer bewaffnet hatte sich vor dem Regierungssitz des Hohen Rates aufgestellt und mit Megaphonen die Absetzung aller Männer gefordert. Einige leuchteten Holoflächen in die Luft: „Femina - jetzt an die Macht!‟
Goran schaltete ab. Er war noch zwei Monate lang auf Colonia Agricultura. Dann hatte er genug Dilithiumeinheiten zusammen, um zwei Jahre seinen Lebensunterhalt ohne Arbeit bestreiten zu können. Der Vergnügungsplanet Litus Mundus wäre ein Traum, aber wohl zu teuer. Auch Beta Patria bot in abgelegenen Regionen, insbesondere auf einem kleinen Kontinent auf der anderen Hemisphäre eine reiche Auswahl an Hotelanlagen und Urlaubsparks. Dort wollte er eine Zeitlang verbringen. Er schwelgte schon von Gelliege, Cocktails und Pools, da wurde ihm bewusst, wie stickig es in seiner Kammer war. Er schaltete die Klimaanlage höher und zog sich den Overall aus, stieg in die kleine Duscheinheit und genoss die kühle Erfrischung. Die Melange aus den Komponenten H2O und einem hautpflegenden Mikroplastik-Gel fühlte sich fantastisch an.
Nach zwei Minuten stoppte er den Zufluss und ließ sich von einem Luftstrom trocknen. Er holte frische Unterwäsche aus einem Staufach und zog sie an. Mit leichtem Widerwillen nahm er den harten Overall in die Hand, in den er später wieder steigen musste. Da gab seine Tür einen Pington von sich. Jemand stand davor und bat um Einlass. Wer konnte das sein, fragte sich Goran. Er stand auf und linste durch den Türspion. Fast erschrocken zuckte er zurück. Ein Corium Bestia starrte auf das Objektiv. Goran hatte zwar noch nicht von vielen Überfällen unter den Arbeitern gehört, aber diese haarigen Kreaturen gehörten nicht gerade zu den Feingeistern und fielen hin und wieder wegen Prügeleien auf. Hier unten war er ganz allein. Niemand würde hören, wenn er von seinem obskuren zwei Meter großen und drei Zentner schweren Besucher drangsaliert wurde.
Alle Alarmglocken in ihm läuteten. Bloß nicht die Tür entriegeln! Er gab keine Audioanlage. Wie sollte er mit dem Wesen sprechen? Die Tür war schalldicht. Immerhin war sie auch so robust, dass selbst ein tollwütiger Corium Bestia sie nicht eintreten konnte. - Er stellte sich einfach tot beziehungsweise war er gar nicht da. Ganz einfach. Ganz einfach? Ihm fiel ein, dass die Sensorik des Objektivs sich bewegte, wenn er hindurchschaute. Das konnte man von außen sehen. Wieder erklang ein Ping. Goran atmete tief durch, während sein Körper in Alarmbereitschaft Adrenalin ins Blut ausschüttete.
Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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RE: Regina
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Datum:12.03.21 18:40 IP: gespeichert
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~ LXXXIX ~
In den unterirdischen Wohneinheiten funktionierte kein Firmenfunk, sonst hätte er die Security benachrichtigen können. Ein Mech hätte die Sache regeln können. Goran schaute erneut durch den Spion. Der Besucher stand immer noch vor der Tür. Und er sah nicht friedlich aus. Er schien auch zu klopfen. Aggressiv. Er hämmerte förmlich mit seiner ledrigen Pranke dagegen. Typisch, dachte der junge Arbeiter. Diese dümmlichen Kreaturen begriffen nicht, dass die Zugänge schalldicht waren. Noch mal schaute Goran durch das Objektiv. Irgendwie wirkte der Typ seltsam. Das war keine reine Aggressivität. Eher Panik. War er in Not? Warum wendete der sich dann nicht an einen Mech?
Goran seufzte, als er sich die Antwort gleich selbst gab. Wahrscheinlich kam er nicht auf die Idee. Corium Bestias waren eben nicht die hellsten Triebwerke der Raumflotte. Goran haderte mit sich. Helfen? Die Tür öffnen? War es nur ein Trick, um ihn überfallen zu können? Er blickte sich in seiner Kabine um. Konnte er irgendetwas als Waffe verwenden? Noch nie kam ihm seine Bleibe so leer und armselig vor wie in diesem Augenblick. Selbst die Trinkbecher waren aus Polyethylen. Sogar das aus dem gleichen Kunststoff bestehenden Besteck bot keine Klinge sondern nur eine Löffel-Gabel-Kombination. Goran seufzte tief. Im Grunde war er eine gute Seele. Er konnte die Kreatur nicht ignorieren. Er atmete tief durch und deaktivierte mit einem Audiobefehl das Schott. Abrupt wurde es laut.
Der unangemeldete Gast rauschte in die Kammer und gab merkwürdige Laute von sich. Dann bemerkte Goran, wie sich das haarige Wesen fast flehend an ihn wendete. Der junge Arbeiter versuchte den Eindringling zu beruhigen. „Was ist denn los?‟ Der Hüne fiel auf die Knie und jammerte. Goran suchte den massigen Körper nach einer Verletzung ab, fand aber nichts. Goran griff ihn an die Schulter und fragte erneut, was los war. Der Corium Bestia streifte seinen Overall ab und zeigte seinen nackten Schritt. Der junge Arbeiter starrte verdutzt auf die Castitasschelle. So etwas hatte er real noch nie gesehen. Der Koloss jammerte: „Böse Männer. Haben gemacht das dran. Böse Männer.‟
Nach längerem Hin und Her konnte Goran ihm entlocken, dass einige Arbeiter ihm aus einem Spaß heraus die Castitasschelle umgelegt hatten. Ein digitales Schloss mit Display war integriert. Während der Keuschheitsgürtelträger mit der Öffnung völlig überfordert war, aktivierte Goran den kleinen Screen und erkannte schnell, dass ein einfacher IQ-Test das Schloss öffnen würde. Der junge Arbeiter wurde wütend. So eine Gemeinheit! Die Männer wussten genau, dass der Intellekt des Corium Bestias nicht ausreichte, um die Lösung zu finden.
Nach nur drei Minuten konnte Goran die Verriegelung deaktivieren und die Castitasschelle einfach abnehmen. Staunend und sprachlos starrte die zwei Meter große Gestalt, die jetzt wieder aufgestanden war, erst auf sein freies Geschlecht, dann auf ihren Erlöser. Die Kreatur kam auf ihn zu und umarmte ihn. Goran erwiderte die Umarmung etwas unsicher. Dann drückte er sich weg, denn er spürte den lebendig gewordenen Phallus des Gegenübers an seinem Bauch. Der Corium Bestia stammelte ein Danke. Wieder und wieder. Um nicht das Genital anstarren zu müssen, nahm Goran die Castitasschelle zur Hand und betrachtete sie genauer. Es war eine besonders perfide Ausführung, die auch die Hoden des Wesens umschlossen hatte. Allem Anschein nach hatte das semiflexible Material einen fiesen Druck auf die Testikels erzeugt. Goran schluckte bei dem Gedanken daran, wie schmerzhaft die CS gewesen sein musste.
Nach einigen Momenten sah er wieder auf. Sein Besucher hatte noch immer nicht seinen Overall angezogen. Stattdessen fiel er wieder auf die Knie und betete den jungen Mann an wie eine Gottheit. Das Gestammel war kaum zu verstehen. „Immer Danke! Immer Danke! Für immer! Ewig! Mein Herr!‟ Goran winkte ab. Was hatte er schon getan? Ihn von der Schelle befreit. Das hätte jeder Mech auch tun können. Aber der Corium Bestia ließ sich nicht von seiner unbändigen Dankbarkeit abbringen. „Ich in Schuld für immer! Du mein Herr!‟ Langsam verstand Goran, was der Hüne ihm sagen wollte. Wollte er das denn ausnutzen? Eine Art inoffiziellen Leibeigenen haben? Hatte er sich das verdient? Eigentlich nicht. Die Versuchung war allerdings groß...
Er fragte ihn nach seinem Namen. „Mein Name Truncus.‟ Goran stellte sich ebenfalls vor. Dann wurde ihm die bizarre Situation bewusst und er wies seinen Gast an, sich den Overall überzustreifen. Sofort gehorchte Truncus. Goran nickte ihm zu. „Ich muss gleich zu meiner zweiten Schicht. Wenn du willst, kommst du heute Abend zu mir. Dann können wir reden.‟ Truncus grunzte kurz. „Ja, das werde ich. Wann ist die Zeit?‟ Goran schlug 22 Uhr vor. Als sein neuer Freund gegangen war, zog er sich den eigenen Overall an und machte sich bereit, zu den Rebstöcken zurückzukehren.
Goran war erst eine halbe Stunde lang an den Rebstöcken und pflückte die Trauben, da hörte er lautes und aufgeregtes Schreien. Es wirkte geradezu panisch. Er blickte auf und nahm zwischen den Pflanzenreihen einen Corium Bestia wahr, der hektisch auf das Verwaltungsgebäude der Maxi-Plantage zulief. Im ersten Augenblick fürchtete er, es wäre Truncus, aber dann merkte er seinen Trugschluss. Ein Mech stampfte dem Läufer entgegen und klickte ein Medikit von seinem Chassis. Einige Arbeiter, terrestrische Humanoide und andere Corium Bestia, hatten sich zu kleinen Gruppen versammelt und verfolgten das Geschehen. War jemand verunfallt? Die Kreatur riss sich seinen Overall herunter, als würde er brennen, dann zeigte er verzweifelt gestikulierend auf seine Genitalien. Nur die ihm Nahestehenden konnten erkennen, dass die Geschlechtsteile wie mit einer weißlichen Masse eingesponnen waren. Eine skurrile Mischung aus Schleim und Spinnenfäden.
Die Software des Mechs gab nach dem ersten Scan sofort eine Warnung heraus: Unbekannte Lebensform. Potenzielle Gefahr. Quarantäne erforderlich. Der immer panischer agierende Corium Bestia fiel wie vom Blitz getroffen um, als der Mech ihm mit einem Vaporizer ein Nano-Narkotikum verabreichte. Der Roboter orderte einen weiteren Mech herbei. Mit einer Trage brachten die Bots den 150 kg schweren Patienten zum Gebäudekomplex. An der Liege schob sich eine Art Deckel nach oben, um den Patienten hermetisch von seiner Umwelt abzuriegeln.
Während des Transports analysierte die Medi-Einheit der Trage den Fremdkörper, doch ohne Erfolg. Es handelte sich um eine Lebensform, die bisher unbekannt war. Welche Auswirkungen sie auf den Organismus des Corium Bestia hatte, war völlig spekulativ, da die Zusammensetzung und biochemischen Prozesse ebenfalls fremd und exotisch waren. Die Mechs brachten den Patienten in die Krankenstation im dritten Untergeschoss in einen klinisch eingerichteten Raum mit weißen sich selbst sterilisierenden Oberflächen. Der Raum war mit separiertem Luftkreislauf ausgestattet. Filter verhinderten den Austausch zur Außenwelt. Moderne Technologie wie Eindämmungsfelder, wie sie auf Beta Patria in Forschungsinstituten und Hospitälern zum Einsatz kamen, gab es auf CA nicht.
Die Trage öffnete sich. Die Mechs zogen den Patienten auf einen weißen Tisch. Diverse medizinische Geräte zogen sich mit langen Greifarmen von Decke und Wänden, um diagnostische Untersuchungen einzuleiten. Nach einer Kernspinresonanztomographie versuchten die komplexen Zangen, Scheren, Pinzetten, Skalpelle und Saugvorrichtungen der Medi-Unit den fremden Organismus zu erforschen und von den Genitalien zu lösen. Doch jeder Versuch endete sofort damit, dass das Gewebe eine säurehaltige Flüssigkeit absonderte, als handele sich dieses Vorgehen um eine Selbstverteidigungsreaktion.
Weitere Versuche mit Pestiziden und anderen Substanzen bewirkten keinen signifikanten Effekt. Die medizinische Rechnereinheit hatte das fremdartige Wesen nicht mal als Pilz oder Pflanze definieren können. Es handelte sich offenbar um einen parasitären Organismus. Doch er besaß weder Organe noch ein Gehirn. Wie die Nervenbahnen des Gewebes kontrolliert wurden, war unklar. - Inzwischen fuhr ein Bügel über den Liegenden von den Füßen aufwärts bis zum Kopf und spritzte ihn mit einer Enthaarungslösung ein. Ohne seine fellartige Haarschicht war der Corium Bestia kaum wiederzuerkennen. Die dicke Haut hatte nie die Sonne gesehen und war von Natur aus fast weiß.
Inzwischen war Leiter Mr. Khan über den Zwischenfall informiert worden. Während andere Mechs die neugierigen Arbeiter wieder an ihre Aufgaben scheuchten, eilte Khan in die Krankenstation und ließ sich von einem Exobiologen erklären, was geschehen war. Der Experte schaute mit seinem Chef durch eine Sicherheitsscheibe in den Untersuchungsraum. „Zum Schutz befinden sich nur Mechs in der Kammer. Wir wissen nicht, wie gefährlich dieser Organismus ist. Vielleicht kann er auf andere Wirte überspringen.‟ Khan starrte auf die eingepackten Genitalien. Dann japste er, als sich die Lebensform bewegte: Es bildete sich eine Art Tentakel, der sich wie eine Schlange über den Körper des Patienten bewegte und dann in den Anus des Liegenden eindrang.
Mr. Khan war fasziniert. „Wecken Sie ihn auf.‟ Der Exodoc war verwundert. „Jetzt? Es ist vielleicht ein Segen, dass er bewusstlos ist.‟ Mr. Khan wirkte verärgert. „Das war kein Vorschlag sondern ein Befehl! Ich will wissen, wie er auf die Vorgänge reagiert.‟ Der Leiter der Plantage starrte lüstern durch die Glasscheibe. Über ein Display an seinem Headset kontaktierte der Biologe den Mech im Behandlungsraum. Der Medbot fixierte Hand- und Fußgelenke des Patienten. Ein Vaporizer setzte den Corium Bestia einer hochpotenten Stimulanz aus. Wenige Sekunden später bewegte sich der Liegende unruhig. Nach und nach wurde er wacher und riss panisch an den restriktiven Fixierungen. Offenbar hatte er Schmerzen.
Kein Wunder, denn dieser Fangarm des Parasiten war tief in den Anus eingedrungen und pulsierte. Der Durchmesser des Tentakels zeigte das Display des Scanners mit 66 mm an. Doch es schien dicker zu werden und bohrte sich noch tiefer in den Patienten hinein. Simultan dazu zog sich der Rest um die Genitalien fester zusammen wie eine Würgeschlange um sein Opfer. Der Gefesselte bäumte sich hoch und brüllte auf. Mr. Khan verzog das Gesicht. „Kann man dieses Geschrei nicht abstellen? Geben Sie dem Subjekt ein Lokal-Sedativum.‟ Der Exobiologe nickte und gab einige Befehle per Komgerät an den Mech weiter. Das verabreichte Mittel führte innerhalb weniger als zehn Sekunden zu einer Lähmung der Stimmbänder. Derweil bohrte sich der Tentakel tiefer in ihn hinein und der gedehnte Anus des Wesens wurde noch stärker gespreizt.
Mr. Khan las auf dem Info-Board ab, dass der Durchmesser mittlerweile bei 84 mm lag. Was hatte dieser Parasit vor? Wollte er seinen Wirt sprengen? Wie aufs Stichwort explodierte etwas in dem Raum und Fetzen organischen Gewebes schoss durch die Luft. Doch nicht der Schließmuskel war geplatzt, sondern das Wesen hatte sich vom Schritt seines Opfers gelöst und in alle Richtungen zerfasert. Auch der direkt neben ihm stehende Mech war bespritzt worden. Auf seiner metallenen Oberfläche bildete die Säure Blasen, doch der Bot blieb funktionstüchtig. Die Beobachter blickten auf die Genitalien des Corium Bestia: Sie erwarteten verstümmeltes oder zersetztes Gewebe zu sehen, aber Phallus und Testikel waren völlig unversehrt.
Die verspritzten Fragmente des Parasiten verkümmerten wie in Zeitraffer zu einer trockenen und porösen Substanz. Nur das Endstück des sich im Anus windenden Tentakels schlüpfte noch tiefer in seine selbstgewählte Behausung hinein, bis es vollständig verschwunden war. Mr. Khan starrte fasziniert in den Behandlungsraum. „Was geht hier vor sich?‟ - Nach ein paar Augenblicken fasste er sich. „Untersuchen Sie das. Holen Sie das Ding aus ihm raus. Und oberste Priorität: Kein Wort zu irgendwem! Offiziell war das eine Pilzinfektion. Nichts weiter.‟
Er kehrte in sein Büro zurück. Auf seinem Schirm spielte er die Szenerie erneut ab. Er zoomte an den Fangarm heran und betrachtete die glitschige Struktur. Konnte so ein Parasit bisher unbemerkt auf evolutionäre Weise entstanden sein? Oder hatte er aus einem transstellaren Lebensraum heraus als invasive Lebensform den Planeten kontaminiert? Eigentlich hätte er jetzt einen Report an die Konzernleitung schicken müssen. Aber er wollte das Geschehen nicht an die große Glocke hängen. Es hatte schon genug Probleme mit dem KI-Virus gegeben. Jetzt brauchte er keinen zweiten Aufreger, der die Plantage in ein schlechtes Licht rücken würde. Was er brauchte, waren Erfolgsmeldungen an Mr. Carthy.
Aber ihm ließ dieser Parasit keine Ruhe. Über eine Kom-Unit kontaktierte er den Exodoc. „Gibt es schon Ergebnisse? Wo ist der Rest von diesem Vieh?‟ Der Wissenschaftler räusperte sich. „Der Patient zittert und ist in eine Art Trance gefallen. Der Tentakel ist komplett im Verdauungstrakt verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Ein Scan hat ihn geortet. Er pulsiert. Sonst macht er nichts.‟ Mr. Khan kniff die Augen zusammen. „Pulsiert? Holen Sie das Ding da raus!‟ Der Biologe war skeptisch. „Das könnte gefährlich sein. Auch für den Patienten.‟ Mr. Khan wütete: „Holen Sie das beschissene Alienteil da raus! Sofort!‟
Kurz darauf bereitete die Medi-Bot-Einheit den Eingriff vor. Die Liege spreizte sich ab der Hüfte des Patienten und führte ein Spekulum in den Schließmuskel, um ihn zu weiten. Daraufhin bewegten sich mehrere komplexe Arme mit medizinischen Zangen und anderen Gerätschaften auf den Anus zu. Der Mech führte die Apparaturen mit einem Joystick. Zwei Zangen schoben sich in den Corium Bestia vor und lokalisierten das Endstück, packten zu und zogen es Richtung Ausgang. Der Patient wurde noch unruhiger. Aus dem Zittern wurde ein unkontrolliertes Zerren und Ziehen an den Sicherheitsfixierungen. Als würde dieser wurmartige Fremdkörper ein Tauziehen veranstalten, zog er sich mehrmals gegen die Zugkraft der Zangen wieder zurück; doch nach mehreren Versuchen und maximaler Newtonleistung der Gerätschaft flutschte der circa 80 cm lange Fangarm schleimig hervor.
Hätte der Mech Angst verspüren können, wäre er sicherlich zurückgeschreckt, aber er blieb ganz ruhig neben der Liege stehen und wartete auf Anweisungen. Der Exodoc entschied, das Gewebe zu vernichten. Der Mech aktivierte die Fusionsklinge der Medi-Unit und zerteilte das fremdartige Material. Wie zuvor die Spritzer, so trocknete der Stoff in Sekundenschnelle aus und zerfiel. Spezialscans kontrollierten, ob der Parasit Eier abgelegt hatte. Doch es fand sich nichts. Auch eine Schnellanalyse zeigte keine Veränderung der DNA oder einen Virus. Die Laborwerte waren eindeutig: Keine Spuren der Lebensform in dem Patienten. Mr. Khan war erleichtert. Hoffentlich blieb das ein Einzelfall.
Aber sicherheitshalber musste der Arbeiter separiert werden. „Schafft den Corium Bestia in eine Quarantänekammer. Unauffällig.‟ Er rief die Personalakten auf und wählte die Datei des Patienten. Er entfernte ihn aus dem Schichtplan und setzte den temporären Arbeitsvertrag auf „Stand-by‟. Er klickte den Zusatz „Aufenthaltsort unbekannt‟ an. Das kam bei einigen Arbeitern vor, die vertragsbrüchig wurden und frühzeitig CA verließen. Es gab sogar Fälle, in denen Corium Bestia einfach verschwunden waren und sich irgendwo auf dem Planeten illegal außerhalb der Plantagen und Fabrikgelände aufhielten. Das würde man wohl auch bei diesem Ereignis vermuten. Eine Gefahr ging von dem Patienten offensichtlich nicht aus, aber Mr. Khan wollte unbedingt verhindern, dass er von dem Vorgang erzählte. Moderne Technologie wie Neuromanipulation wie Gedächtnisblocker mit überschreibbaren Upload-Projektionen gab es auf CA nicht. Also musste das Subjekt in Isolation bleiben. Bis sich eine andere Lösung anbot.
Seufzend ließ sich Mr. Khan auf eine Memorygel-Liege fallen und durch hunderte Sensoren massieren. - Nachdem der Untersuchungsraum in der Krankenstation samt Mech und Patient sterilisiert worden war, wurde der Liegende erneut sediert. Danach öffnete sich eine Schleuse und zwei weitere Mechs brachten den Corium Bestia auf einer Trage über einen Lift drei Etagen tiefer in einen abgelegenen Sektor des Gebäudes. Hinter einer Sicherheitstür befanden sich mehrere spartanische Einzelzellen in einer Restricted Area. Die Bots legten den nackten Patienten auf die Pritsche und schlossen ihn ein.
Als er wach wurde, konnte er schon wieder krächzend heisere Laute von sich geben. Als er seine nackte haarlose Haut sah, jaulte er entsetzt auf. Was hatte man mit ihm gemacht? Dann fiel ihm dieses Monster ein, das sich in ihn hineingebohrt hatte. Es war weg. Sein Anus brannte noch wie Feuer. Ansonsten spürte er nichts. Wo war er? Er stand wackelig auf und klopfte gegen die Stahltür. Doch es gab keine Reaktion bis auf das permanente statische Rauschen im Hintergrund, das durch eine Luftfilteranlage erzeugt wurde. Er setzte sich auf einen großen Betonquader, der als Stuhl diente. Über ihm strahlte ihn ein kaltes Neonlicht an, als wollte es ihn mit Spott begießen.
Animus und Violetta lagen in ihrer Kabine in dem Frachter und surften in den Datenbanken der VA, die nun über das Schiffsnetz zur Verfügung standen. Die Pilotin durchblätterte auch einige Newsfeeds, um im Konflikt zwischen der VA und dem AD auf dem Laufenden zu bleiben. Animus startete eine Holo-Animation aus einer persönlichen Datencloud. Zu sehen waren drei geringfügig verpixelte Jünglinge, wie sie sich guten Mutes auf den Weg zum Tribuna-Ausschuss machten, um Pugnatoren zu werden. Einige Informationen extrapolierte das Programm, andere Daten adaptierte und ergänzte es aus diversen Quellen wie Cams und Mikrofonen. Teile der Gespräche waren aufgezeichnet worden. Und es gab reichlich Videomaterial von den jungen Männern.
Erst nach dieser Musterung war Animus damals klar geworden, dass seine Kameraden Gravis und Timiditas ihn nicht zur militärischen Ausbildung in Reginas Armee begleiten würden. Für sie hatte das Gesellschaftssystem andere Aufgaben vorgesehen. Gravis war zu einem Rusticus klassifiziert und entsprechend modifiziert worden. Und Timiditas erging es noch viel arger. Er wurde zum Munus verwandelt, um mit seiner Arbeit als Sexdiener den reichen Edeldamen des Regimes zu dienen. Gravis dagegen sollte als Arbeitskraft in den Tretmühlen oder Minen schuften. Später modifizierte man ihn ein zweites Mal, und er erhielt die hypertrophierte Muskulatur eines Custos, um als Haremswächter zu dienen, erinnerte sich Animus. Zumindest die Haifischzähne waren wieder rückgängig gemacht worden. Eine Träne lief dem jungen Piloten über die Wange. Gravis musste gerettet werden. Was aus Timiditas geworden war, würde er vielleicht nie erfahren. Die Galaxis war einfach zu groß.
Violetta, die auf ihrer Pritsche über Animus lag, streckte plötzlich ihren Kopf zu ihm herab. „Was schaust du dir da an?‟ Sie hatte den Lichtschein des Holos gesehen. Der Expugnator schaltete ab. „Ach, nur altes Zeugs aus einer vergangenen Zeit.‟ Die Rothaarige wollte mehr wissen. Animus erzählte ihr von früher. Violetta ließ sich von ihrer Pritsche herab und setzte sich zu ihm. „Und dann bist du irgendwann desertiert und in die VA geflüchtet, um dort in der Flotte zu dienen.‟ Er nickte. „Aber das ist alles vorbei. Jetzt bin ich ziviler Pilot, und das bleibt auch so.‟ Er sah sie merkwürdig an. „Willst du mir etwa vorwerfen, dass ich desertiert bin?‟ Violetta schüttelte ihren roten Schopf. „Nein. Auch als Frau wäre ich niemals Teil dieses Regimes geblieben. Eine Diktatur ist generell inakzeptabel. Ich will, dass jeder frei leben kann.‟
Animus schürzte die Lippen. „Aber hast du nicht für diese Securitas gearbeitet, die Munuswesen einfängt?‟ Violetta berichtigte ihn. „Das waren nur die, die noch loyal zum Regina-Regime standen. Und wir haben auch Jagd auf Edeldamen gemacht, die sich auf Regina versteckt hielten.‟ Animus grinste. „Mit deinem FNS kannst du ja umgehen. Hat dir bestimmt Spaß gemacht, Leute mit einem Netz abzuschießen.‟ Violetta boxte ihm gegen die Brust. „Und ob! Du weiß ja aus eigener Erfahrung, wie schön man im Netz verpackt ist. Soll ich dich noch mal verschnüren?‟ Animus zog sie zu sich und küsste die schöne Pilotin. „Ich weiß was Besseres.‟ Violetta spielte die Empörte. „Männer! Denken immer nur an das Eine.‟ Animus tat unschuldig. „Ich wollte mit dir einen Animationsfilm gucken und kuscheln.‟ Violetta sah ihn an und schien in seinen Blick einzutauchen. „Ach? Das können wir gerne machen. Aber zuerst habe ich etwas anderes mit dir vor.‟
Langsam öffnete sie die Klettverschlüsse seines Oberteils. Und dann streifte der junge Pilot seiner Gefährtin das Textil über den Kopf und legte die knackigen Brüste frei, deren steife Brustwarzen bereits eine heftige Erregung verkündeten. Er vergrub sein Gesicht darin, saugte und roch, suchte ihre heißen Lippen und die Süße ihrer Küsse. Eng umschlungen liebten sie sich auf der unteren Pritsche. Als sie plötzlich in all ihrer Leidenschaft abrutschten und auf dem Boden landeten, lachten sie und machten einfach an Ort und Stelle weiter bis ihre Begierden gestillt waren.
Gravis konnte nichts sehen. Sein intraorbitaler Sehnerv war durch den Chip blockiert. Und seine Muskeln gehorchten dem Wärter. Der Custos stand vorgebeugt an eine Wand gelehnt. Und dann explodierte ein Dehnungsschmerz in seinem Anus. Wie ein phallischer Megalith zwang sich etwas in ihn hinein. Gravis wollte brüllen, konnte aber nicht. Seine Ohren hörten sein Herz schlagen und das maliziöse Gelächter von Männern. Der nackte Koloss schwitzte stark und zitterte leicht, dann immer stärker, so dass er kaum noch das Gleichgewicht halten konnte. - Die Qualen waren so abrupt zu Ende, wie sie angefangen hatten. Gravis konnte immer noch nicht sehen und tastete auf allen Vieren umher.
Er hatte keine Ahnung wo er war, keine Erinnerung, was geschehen war. Doch tief in sein Gedächtnis hatte sich die Information gebrannt, dass er Gefangener im Black Block war, einem Gefängnis, in dem er für seine Sünden Buße tat. - Zu dieser Zeit kontaktierte ein führender Angestellter der IPPC die Leiterin Sherry Jameson. Die Kommandantin wunderte sich, dass jemand aus der Zentrale auf Beta Patria konkret nach Gravis fragte und musste nun notgedrungen zugeben, dass sie über seinen Verbleib nichts wusste.
Über einen codierten Kanal kontaktierte der Konzern nun den semi-autonomen Black Block des Komplexes. Der Abteilungsleiter war Jameson zwar unterstellt, hatte aber Sonderbefugnisse. Vieles im BB blieb der Kommandantin verborgen. Aber auch der Zuständige wusste angeblich nichts über den gesuchten Insassen. Erst nach der Drohung, ein Revisorteam zu schicken, die den Komplex „auf links falten‟ würde, akzeptierte der Leiter einen vollständigen Breitband-Bioscan für den gesamten Black Block, um die Signatur des Gesuchten zu finden beziehungsweise seine dortige Existenz auszuschließen.
So tiefe Einblicke in die geheimen wissenschaftlichen Feldversuche in der Abteilung gefielen dem Leiter überhaupt nicht, aber die gefürchteten Revisoren des Konzerns konnten extrem unangenehm werden und im Extremfall sogar einen kompletten Komplex schließen lassen. IPPC wollte dieses Problem möglichst ohne Öffentlichkeit eliminieren, denn gerade war die PR-Abteilung dabei, eine Imagekampagne durchzuführen. Unfreiwilliges Werbegesicht dabei war die ehemalige hohe Praefecta Misera, berühmteste in Haft sitzende Kriegsverbrecherin von Regina, die in einer Maximum-Security-Anlage von IPPC einsaß. Motto: „IPPC sorgt für Gerechtigkeit. Wir helfen dabei, das Volk der Vereinigten Allianz zu schützen und den Frieden und Wohlstand zu erhalten.‟ Dazu wurde in bunten Grafiken und Animationen dargestellt, wie der Neurohacker und das Disziplinarhalsband der Gefangenen funktionierte, wie ihre Zelle und ihr Tagesablauf strukturiert war. Das kam gut bei der Bevölkerung an. Sie wollte Rache an der feindlichen Regime-Angehörigen. Sollte sie in einem Käfig langsam verrotten!
Eigentlich war irgendein unbedeutender Custos irrelevant und konnte unkompliziert in einer verborgenen Zelle verschimmeln, aber da Mr. Carthy, CEO von Prospect Enterprises, davon Wind bekommen hatte und aus einem unbekannten Grund Druck machte, war die Angelegenheit zu brisant. Als die Wärter des BB von dem geplanten Bioscan erfuhren, wurden sie nervös. Hastig kamen zwei Uniformierte in Gravis Quartier und legten ihm einen Neuro-Anschluss an den Chip, um möglichst viele Daten des Kurzzeitgedächtnisses zu löschen und falsche Erinnerungen einzupflanzen. Sie hatten nur wenige Stunden Zeit, bevor der Gefangene geortet und identifiziert worden sein würde. Bis dahin mussten sie ihre Spuren verwischen.
Der Nackenchip blinkte bläulich, und Gravis spürte ein Kribbeln, dass von seinem Hals bis in seinen Kopf führte. Die Kommandantin Jameson erfuhr erst kurz vor Aktivierung von dem Bioscan. Was ging da nur vor in ihrem Black Block? Diese BBler und ihr arroganter und selbstgefälliger Habitus! Das fiel alles auf sie zurück! Der Vorstand konnte sogar entscheiden, sie von ihrer Position entfernen zu lassen. Aber dann würde sie definitiv kündigen. Sie würde auf ihre Heimatwelt zurückkehren und in einem Marinarium leben. Genügend virtuelles Dilithium hatte sie angespart. Sie war auf den Job nicht angewiesen.
Hätte sie sich nie mit einem Insassen eingelassen! Wie dumm war sie gewesen!? Sie hatte Jahre lang genug Spaß mit Häftlingen gehabt, obwohl diese in ihren versiegelten Zellen blieben. Aber mit diesem Custos musste sie es ja zu weit treiben und ihn frei herumlaufen lassen! Entweder wurde Gravis gefunden - dann musste sie erklären, wie er in den Black Block kam - oder eben nicht - was sie ebenfalls vor Probleme stellte. Jameson ächzte. Wahrscheinlich konnte sie ihre Karriere an den Nagel hängen. - Als sich plötzlich eine helle Lichtschranke bildete und durch ihr Büro fuhr, wusste sie, dass der Bioscan aktiviert war. Die vollständige Raumstation wurde durchleuchtet. Der IPPC-Zentrale würde nichts entgehen. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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Stamm-Gast
um Rochlitz
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, dass mut auch Keinem andern zu.
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RE: Regina
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Datum:13.03.21 08:42 IP: gespeichert
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Eine tolle Geschichte und Respekt für Dein Durchhaltevermögen. otto
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prallbeutel |
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Story-Writer
Licentia poetica
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RE: Regina
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Datum:03.04.21 19:00 IP: gespeichert
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~ XC ~
Der CEO der Prospect Enterprises, Mr. Carthy, signierte gerade mit seinem Daumenabdruck einige Datenfolien, die ihm die Rechtsabteilung der Firma gebracht hatte. Die Informationen waren so top secret, dass sie nur offline und auf externen und quantenverschlüsselten Datenträgern gespeichert waren. Da pingte eine Pushnachricht an seinem Terminal auf: IPPC berichtete, dass die gesuchte Person geortet worden war. Gravis befand sich tatsächlich auf dem abgelegenen Gefängniskomplex des Unternehmens. Ein hoher Angestellter versprach die zügige Überführung unter der Bedingung, dass der Vorgang nicht öffentlich würde.
Als Mr. Carthy eine verifizierte Bestätigung sendete, löschte sich die Nachricht von IPPC ohne Spuren zu hinterlassen. Das hätte die implementierte Sicherheitseinstellung des Systems verhindern müssen, und Mr. Carthy ließ das gesamte Netzwerk von PE samt Zentralrechner rebooten, um eine Virenverseuchung auszuschließen. Zwar war keine Schadsoftware zu identifizieren, aber auch die Nachricht von IPPC blieb verschollen und konnte nicht wiederhergestellt werden.
Der Frachter Eventus mit seiner angeblich legalen Ladung fand eine Parkposition im Orbit um Beta Patria. Mit einem Shuttle flogen ein Teil der Mannschaft und die beiden Passagiere Animus und Violetta im Direktkurs zur nächsten Raumstation, von der ein Transfer auf den Planeten führte. Auf unmittelbarem Weg machten sie sich mit einem Speed-Gleiter auf zur Konzernzentrale von PE. Über einen Lautsprecher war eine geschlechtsneutrale Synthetikstimme zu hören: „Bitte beachten Sie die aktuellen Ausgangsbestimmungen der Sicherheitsbehörden für dieses Areal. Nichtbeachtung kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und einen guten Aufenthalt auf Beta Patria.‟
Im Newsfeed an Bord des Gleiters hatten sie die neuesten Nachrichten verfolgt. Immer noch herrschte Ausnahmezustand in den großen Städten von Beta Patria, teilweise galt das auch für Pax Novo. Die Leute spielten verrückt - erst der Konflikt mit dem Alpha Dominion, nun noch die Anomalie. Das war für einige Bürger zu viel. Tausende Polizisten in Kampfchassis, semi-autonome Mechs, Polizei-Androiden und Schwärme von Drohnen waren im Einsatz und konnten die Lage trotz allem kaum unter Kontrolle halten.
Auf dem Shuttlelandeplatz auf der Basis von Prospect Enterprises in lufter Höhe des Habitats stiegen sie aus. Von den Straßen vor dem Gebäude schallte ein Megafon plärrend hoch bis zu ihnen: „Weitergehen! Dieser Platz ist gesperrt! Verlassen Sie sofort das Areal!‟ Menschenmengen drängten sich zusammen und schoben sich durch die Straße. Sprechchöre brüllten Antikriegsslogans. Eine Gruppe Androiden der Planetenpolizei in Panzerrüstung und Blendvisieren hatte die PE-Basis umringt und abgeriegelt. Einige Demonstranten wollten die Zentrale stürmen, da PE bedeutender Rüstungslieferant der Regierung war.
Animus und Violetta spürten den heftigen Wind, der auf der Landebucht in dieser Höhe wütete und schlüpften schnell durch ein Schott, dass hinter ihnen augenblicklich wieder schloss. Die laute Geräuschkulisse von schreienden Massen, heulendem Wind und fauchendem Triebwerk des Shuttles war abrupt ausgesperrt. Ein Android, der einem terrestrischen Asiaten nachempfunden war, begrüßte sie freundlich und führte sie zum CEO. Mr. Carthy begrüßte sie freundlich und stellte sich den Fragen der beiden Angestellten.
Zum Leidwesen des Paares war die Information, wann Gravis auf Beta Patria eintreffen würde, nicht verfügbar. Er sollte von einem IPPC-Gefangenenschiff abgeholt werden. Ein Funkkontakt war nicht vorgesehen, da der Häftlingstransporter aus Sicherheitsgründen ausschließlich mit einem restriktiven Intranet der Firma kommunizierte. Mr. Carthy ging davon aus, dass der Transfer eine Weile dauern würde, da das Schiff auf dem Weg noch zu einer anderen IPPC-Anlage flog, um Insassen aufzunehmen oder abzuliefern. In der Zwischenzeit sollten Violetta und Animus als Piloten einen modernen Frachter von Prospect Enterprises nach Colonia Agricultura steuern. Das Team würde diverse Hardware abliefern und dann mehrere angekoppelte Containermodule mit Nährgranulat füllen, das für Beta Patrias Nahrungsdrucker bestimmt war.
Und so machte sich das Pilotenduo ohne weitere Crew mit dem PE-Lastschiff auf den Weg zu dem Nahrungsgüterzentrum des Sol-Systems. Noch waren die meisten Frachtmodule, die miteinander durch Dockingmanschetten verbunden waren, leer. Nur einige technische Gerätschaften in wenigen Containern waren an Bord. - Als die Autonavigation aktiviert war, spazierten Animus und Violetta am ersten Abend durch die gespenstisch leeren Modulhallen. Plötzlich sprang die Pilotin katzenhaft hinter ihren Begleiter und hielt ihm die Augen zu. Sie hauchte ihm verführerisch ins Ohr: „Zähl bis 99. Dann suche mich. Wenn du mich innerhalb von 15 Minuten findest, darfst du mit mir machen, was du willst.‟
Als der junge Mann die Augen öffnete und sich im Kreis drehte, stand er allein in dem leeren Modul. Wo hatte der Wildfang sich nur versteckt? Die völlig leeren Frachträume mit ihrem Interieur einer weiten Leere boten keine Möglichkeiten, sich zu tarnen oder zu verschanzen. Also durchquerte Animus im Laufschritt mehrere Hallen, bis er in dem Modul angekommen war, in dem mehrere Container mit ihrer Fracht reihenweise positioniert waren - das reinste Labyrinth. Hier gab es Myriaden von Versteckmöglichkeiten. Lautlos bewegte sich der Expugnator durch die schmalen Gänge und lugte um Ecken, horchte und starrte in dunkle Spalten zwischen den großen Boxen. Hin und wieder zog er sich mit einem Klimmzug an einem Container hoch und suchte dort nach seiner Zielperson. Plötzlich hörte er schwere Schritte hinter einer etwa 20 Meter entfernten Containerwand.
Er wunderte sich. Machte Violetta absichtlich so viel Krach, um ihn auf ihre Spur zu führen? Langsam näherte er sich dem Frachtbehälter. Kurz darauf kam ein Ladebot, einer der semi-autonomen Mechs der jüngsten Generation, um die Ecke gestapft. Ein schweres Hydraulikungetüm auf zwei Füßen von circa zwölf Tonnen Eigengewicht. Wieso war der aktiv? Wer steuerte den? Violetta? Die vier Arme mit den Greifvorrichtungen, die eher überdimensionierten Kombizangen ähnelten, bewegten sich nicht. Dann blieb der Koloss stehen. Animus näherte sich vorsichtig. Er umrundete den Bot und drückte eilig eine Notfallabschaltung auf der Rückseite. Eine Leuchte sprang von Grün auf Rot. Der primäre Stromkreis war unterbrochen.
Der Pilot öffnete eine Klappe unterhalb der Anzeige und zog sicherheitshalber die beiden Batteriekartuschen aus ihren Steckplätzen hervor. Anschließend startete er die Apparatur neu, indem er den Rechnerkern des Roboters rebootete. Danach startete er ein Diagnoseprogramm, um einen primären Systemcheck laufen lassen. Es zeigte jedoch keine Fehlfunktion an. Er ließ die Kartuschen wieder einrasten und aktivierte die Startsequenz. Die Signalleuchte wechselte wieder auf Grün. Aus dem Lautsprechersystem ertönte ein dumpfes: „Bereitschaft hergestellt. Sprachsteuerung aktiviert.‟ Animus befahl: „Geh in den Stand-by-Modus.‟ Der semi-autonome Mech antwortete: „Stand-by-Modus wird ausgeführt.‟ Nun erlosch das grüne Licht und blinkte nur noch sporadisch auf.
Der Pilot sah auf seinen Handgelenks-Kom. Er hatte nur noch vier Minuten und 13 Sekunden Zeit, um die Suche erfolgreich zu beenden. Violetta hatte den Bot als Ablenkung eingeschaltet. Da war er sich jetzt sicher. Er lief weiter in die Richtung, aus der die Apparatur gekommen war. Doch bis auf ein paar weitere Container, die laut des Sicherheitssiegels als Ladung Platinen deklariert waren, herrschte in der Modulhalle gähnende Leere. Das Schiff war einfach zu groß. Keine Spur von der ZIelperson weit und breit.
Er überlegte. Wie sollte er vorgehen? Er marschierte auf dem Weg ins nächste Segment an einem Gitterrost an der Wand vorbei. Er betrachtete es genauer und versuchte, es abzuhängen. Das Paneel bestand aus einem leichten Verbundstoff und ließ sich problemlos aushaken. Dahinter lag ein enger Wartungsschacht mit einem kleinen vertikalen Kontrollterminal an der Wand. Der Weg führte sowohl zu den Seiten an zahlreichen Kabelschlaufen und diversen Verbindungen vorbei, wie auch eine Sprossenleiter nach oben. Animus schaltete an seinem Mobilpad die Scheinwerferfunktion an und leuchtete in die Dunkelheit. Er hatte das Licht gerade wieder deaktiviert, da schloss ihm plötzlich ein schwarzer Schatten entgegen.
Auf Regina gab es noch keine neuen Erkenntnisse über die Anomalie im Raum. Auch die Strategie von Altitudo, dem Alba Simia, ging nicht auf, nachdem schon die Scarabaeus mit grober Gewalt versagt hatten. Die Deviation ließ sich ihr Geheimnis nicht entlocken. Das Schiff, das in die Haut des Raum-Zeit-Phänomens eintauchte, blieb nach einer kurzen Strecke stecken wie in Sirup. Kein Kontakt war möglich. Altitudo war verärgert. Er hätte sich gern mit einem Erfolg gebrüstet. Er strich sich durch sein langes weißes Haar. Er hörte bei der nächsten Sitzung des Hohen Rates schon Zarks raues Gelächter voller Hohn und Häme. Aber wahrscheinlicher war, dass der Scarabaeus sich zusammenreißen würde - wenn sein Temperament ihm keinen Strich durch die Rechnung machte. Denn einen Alba Simia zu diffamieren - und womöglich noch öffentlich - zog obligatorisch ein Ehrenduell nach sich.
Zwar war ein robuster Scarabaeus physisch deutlich den feingliedrigen Hybridwesen überlegen, aber das physische Bild konnte auch täuschen, je nach Duellwaffe. Während ein Scarabaeus gern bei rituellen Kämpfen mit traditionellen Schlagwaffen aus massivem Stahl wie einer Art Morgenstern oder Streitkolben zuschlug, liebte ein Alba Simia seine dünnschneidigen Degen und Florette bei solchen Anlässen und konnte damit blitzschnell agieren. Bei einem Ehrenhändel würde man sich vermutlich auf eine Laserpistole einigen, bei der die Chancen ausgeglichen waren.
Altitudo überlegte noch sein weiteres Vorgehen, da erreichte ihn die Nachricht, dass ein Transporter der Scarabaeus mit einer Ladung Placidus im Orbit um die Heimatwelt der Alba Simia angekommen war. Die Bestellung hatte seine Familie vor Monaten in Auftrag gegeben. Altitudos Verwandtschaft handelte im großen Stil mit den sanften kleinen Kreaturen, die traditionell als Sklaven in den Häusern der Alba Simia Verwendung fanden. Der Sklavenhandel war das einzige Geschäftsfeld, dass die Scarabaeus mit den Alba Simia verband. Eigentlich waren sie so unterschiedlich, wie sie nur sein konnten. Die Scarabaeus waren Krieger, kernig bis grob; die weißhaarigen Feingeister der Alba Simia dagegen sahen sich als intellektuell und in Wertigkeit weit überlegen an. Sie setzten sich selbstbewusst auf die höchste Stufe der Lebensformen und erwarteten, dass sich alle anderen Kulturen ihnen unterordneten.
An Bord des Sklavenhändlers stapelten sich in dem voluminösen Cargodeck hunderte kleine Käfige, in denen jeweils zwei Placidus eingepfercht waren, was ihnen trotz ihrer Körpermaße von nur 130 mm kaum Bewegungsspielraum bot. Einige Scarabaeus marschierten an den Käfigen vorbei und ließen scheppernd ihre Elektrolanzen gegen die Gitter knallen. Die friedliebenden Placidus zuckten ängstlich zusammen. Laut und rau lachten die Männer, die Spaß daran hatten, ihre Ware in Angst und Schrecken zu versetzen.
Ein anderer Scarabaeus näherte sich mit seinen derben Stiefeln und brüllte sie an. „Macht sie nicht noch scheuer, als die Viecher eh schon sind!‟ Er trug einen Trichter mit Schlauch bei sich, dazu einen Kanister mit einer Nährlösung. „Wo ist der mit dem Hungerstreik?‟ Sein Gegenüber grunzte. „Hat sich erledigt. Alles brav aufgefressen. Wollte wohl nicht von dir gefüttert werden. HAHAHA!‟ Dann wurde er wieder ernst. „Aber da hinten ist einer, der ist wohl kaputt.‟ Ein fragender Blick traf ihn. Er erläuterte: „Der hat keine Zähne. Ist das ein Unfall gewesen? So ein Mängelexemplar sollten wir durch die Luftschleuse entsorgen. Der bringt doch keinen Profit mehr.‟ Sein Gegenüber räusperte sich laut und spuckte einen Pfropf auf den Metallboden des Hangars. „Das muss so. Der ist so bestellt. Für ein Bordell.‟
Der Angesprochene starrte zurück in Richtung des Placidus. „Kann ich den mal testen?‟ Doch sein Schiffskamerad verneinte vehement. „Wage es nicht! Du weißt doch genau, dass ein Placidus nicht lange hält bei einem Scarabaeus. Er muss neuwertig sein! Sonst schmälert das den Preis, den wir generieren wollen.‟ Der Insektoid grunzte mürrisch. Aber es war Fakt: Der lange und vor allem sehr dicke Phallus seiner Art hatte eine besonders harte und raue Oberfläche. Voller Frust und Adrenalin aktivierte er seine Elektrolanze und stach dem nächstbesten Placidus die Elektrodenspitzen knisternd ins Fleisch, bis dieser quiekte. Endlich ließ er von seinem Opfer ab. Der Gefangene zuckte und krümmte sich im Käfig. Auch sein Mitinsasse drängte sich gegen die Stäbe. Was waren das nur für grauenvolle Bestien, diese Scarabaeus? Primitive und gewalttätige Kreaturen ohne Moral und Ethik.
Aber das war seit vielen Generationen das Schicksal vieler Placidus. An schicksalshaften Tagen landeten diese gefürchteten Insektoiden auf ihrem Heimatplaneten und raubten Scharen von Unvorsichtigen, um sie, so wusste er aus alten Überlieferungen, in eine andere Welt zu bringen, in der weißhaarige Wesen über die Entführten herrschten. Die Scarabaeus nannten die Jagd „Ernte‟. Fatalistisch nahmen die Placidus ihr Los an. Schon uralte Schriften ihres Volkes hatten von den martialischen Eindringlingen berichtet. Umso dankbarer waren diejenigen, die in ihrer Heimatwelt frei leben durften.
Gravis war das Neurohalsband und der Nackenchip entfernt worden, doch die Castitasschelle trug er immer noch. Er hatte zwar mehrfach betont, wem er sie zu verdanken hatte, aber die Leiterin der IPPC-Anlage bestritt jede Beteiligung. Leider hatte ihr der Vorstand der Firma keine großen Hoffnungen gemacht. Sie war in ihrer Stellung nicht zu halten. Sobald sie eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterzeichnet hatte, würde man sie freistellen und mit einer Abfindung entlassen.
Der Ex-Custos wurde in einer gewöhnlichen Gefangenenzelle auf dem Schiff untergebracht. Mehrere Beschwerden wegen der Castitasschelle ignorierte die Besatzung. Nur ein Wärter flüsterte ihm einmal zu: „Ohne den Code können wir sie hier eh nicht öffnen. Warte bis Beta Patria. Da können dich Spezialisten befreien.‟ Momentan war die Situation für ihn nicht viel besser als in dem Standard-Cube der Raumstation von IPPC. Die Einzelzellen auf dem Gefangenentransporter waren sechs Quadratmeter groß, hell erleuchtet und alle Oberflächen bestanden aus einem weißen, versiegelten und nanoverstärkten Kunststoff. Ihm stand eine schmale Pritsche, ein am Boden befestigter Hocker und ein ebenso verankerter Tisch zur Verfügung. Eine Toilette wurde nur auf ein Signal hin aus- und eingefahren. Ebenso gab es einen von außen ebenfalls gesteuerten Zu- und einen Abfluss für H2O. So viel er gehört hatte, verfügten die Zellen auf neueren IPPC-Schiffen nur noch über Ultraschallreiniger. Da hatte er ja noch Glück echtes Wasser nutzen zu dürfen.
Die schmale Seite der Zelle mit der Tür bestand aus Panzerglas, das auf intransparent geschaltet werden konnte. Bis auf das fehlende Neurohalsband wurde er behandelt wie ein Gefängnisinsasse, und das gefiel ihm nicht. Aber das war seine einzige Option. Die nächste Zeit würde er hier festsitzen. Dazu gehörte neben der Freiheitseinschränkung leider auch die Standardmahlzeit für Gefangene aus dem bordeigenen Aminosäurensynthesizer. Sie enthielt viel zu wenige Kalorien für Gravis, und aromatisch war sie eine Mischung aus geschmacklos und ekelhaft. Da wurde der Gaumenschmaus eher zu einem Gaumenkrampf.
Auf Beta Patria würde er dann endlich wieder frei sein. Doch am nächsten Tag erschien der Kapitän des Schiffes persönlich bei ihm und reichte ihm ein Tablet mit einer Erklärung, die er mit seinem Handabdruck unterzeichnen sollte. Er las sich den Text konzentriert durch. Es handelte sich um eine Verschwiegenheitserklärung, die mehrere Aspekte umfasste. Primär ging es um Informationen über den IPPC-Komplex, dann aber auch über die internen Vorgänge und seine mysteriöse Verbringung dorthin. Als Gegenleistung erhielt er nicht nur seine Freiheit zurück, sondern auch einen respektablen Schadensersatz in virtuellem Dilithium auf ein Konto einer Bank in Beta Patria.
Gravis kooperierte. Es stand in den Sternen, was das Schicksal mit ihm vorhatte, aber er wollte sich zumindest nicht selbst im Wege stehen. Zufrieden nahm der Kapitän das Tablet entgegen. Er trug, wie bei IPPC üblich, schwarze Hose, schwarze Militärstiefel, weißes Hemd, schwarze Uniformjacke mit einem gelben Emblem der Firma. Nur die Schulterklappen ließen ihn als Kapitän erkennen. Er nickte. „Sie haben sich richtig entschieden.‟ Die Glaswand an der Front der Zelle schob sich seitlich in die Wand, und der Mann verließ den kleinen Raum. Als er eine Lichtschranke passiert hatte, schloss sich die Tür wieder. Gravis seufzte. Hoffentlich war er bald auf Beta Patria. Dann konnte er diese Episode seines Lebens endlich hinter sich lassen. Dann würde er frei sein. Und seine Castitasschelle konnte durch einen Experten entfernt werden. Ein erregendes Kribbeln durchfuhr seine Lenden bei dem Gedanken daran. Der ehemalige Custos konnte es kaum erwarten.
Auf Atra Mundo schoss ein Transporter in der unteren Stratosphäre in nördliche Richtung der Polkappe entgegen. Die ausgeprägte große Eiswüste bestand unter ihrem dicken gefrorenen Panzer vollständig aus Landmasse. Langsam näherte sich der Frachter seinem Zielort. Der Navigator gab an der Control-Unit seiner Konsole per Spracherkennung das Landeprotokoll ein und aktivierte den Sinkflug der Uranus II. Diese polarer Region gehörte nicht zur habitablen Zone des Planeten, doch einige Wohnmodule mit hexagonförmigem Grundriss und Kuppeldach tauchten in der endlosen Weiße an einem Gebirgshang auf. Sie bildeten die oberirdischen Gebäude einer Plutoniummine.
Offiziell gehörte diese zu einem Konsortium aus Bergbau-Unternehmen und Nukleartechnikfirmen, ein undurchsichtiges Geflecht, doch wurde sie praktisch von Mitgliedern der Noxiusbruderschaft kontrolliert. Trotz der vielen automatisierten Arbeitsprozesse durch Industrieroboter und schweren Spezialmaschinen waren auch menschliche Arbeiter nötig. Arbeitsschutz vor Unfällen und Gesundheit war zwar nicht existent, doch die arme Slumbevölkerung der Megastädte war bereit, für einen kleinen Lohn ihr Leben zu riskieren und hunderte Meter unter dem Eis zu schuften.
Aufgrund der verseuchten Atmosphäre des Planeten war der ungeschützte Aufenthalt im Freien sowieso ungesund, aber in den Plutoniumminen verzigfachte sich das Risiko Schaden zu nehmen. Die Arbeiter waren wegen des radioaktiven Staubs grundsätzlich nur wenige Wochen im Einsatz, doch die Zeit reichte bereits, um deutlich sichtbare Symptome zu erkennen: Haarausfall und Muskelschwäche waren noch die harmloseren Merkmale. Daher tauschte der Betreiber der Mine regelmäßig ganze Schichten aus.
Der Transporter, der im Anflug war, brachte 80 neue Männer. Nach dem Bremsmanöver durch das Primärtriebwerk verharrte die Uranus II in Position und näherte sich senkrecht dem Bodenkontakt. Sie visierte eine gekennzeichnete Fläche an, schraubte sich langsam tiefer und setzte mit ihren ausgefahrenen Schienen knirschend auf der vereisten Landeplatte auf. Die Klammern der Rampe entriegelten sich, nachdem die Kontrollleuchten auf der Brücke erloschen waren, und öffneten den Hangar.
Vom Parkfeld bis zum Eingang des Komplexes waren es 300 fußläufige Meter, die die Ankömmlinge in ihren Lumpen zurücklegen mussten, obwohl hier ein scharfer Wind und eine Temperatur von Minus 48 Grad Celsius herrschten. - Kaum waren sie hinter dem gewaltigen Schott verschwunden, öffnete sich ein zweiter Zugang und entließ 73 Männer, die zu dem Transporter wankten. Einer zog das Bein hinter sich her, die meisten husteten permanent, und einige Personen zitterten nicht nur aufgrund der Kälte. Erbarmungslos jagte der eisige Wind über sie weg. Die hohen Ozonwerte waren dabei irrelevant. Erst als die Frachtluke sich zischend schloss, war der laute Sturm ausgesperrt.
Der Kapitän des Transporters beobachtete das Boarding auf einem Monitor der Brücke. Ein Multi-Bequerel/Sievert-Scanner für ionisierende Strahlen prüfte die Werte im hermetisch abgeriegelten Frachtraum. Den kontaminierten Werktätigen stand dort jeweils eine kleine Schlafkoje, der Aufenthaltsraum und eine universale Gemeinschaftsnasszelle auf ihrem Deck zur Verfügung. Sie wurden streng von der Besatzung abgeschirmt. Sollte ein ärztlicher Notfall innerhalb der Perimeter eintreten, so würde der Bordmediziner nur in einem Schutzanzug den Passagiertrakt betreten. Ein Safety-Chip würde sofort Alarm schlagen, wenn das Sicherheitstextil mit Strahlenschutz und Luftfilter beschädigt würde.
Der Passagiersektor heizte sich auf 20 Grad Celsius auf, während die Startsequenz des Transporters eingeleitet wurde. - 50 Meter entfernt stand ein weiterer Frachter, der von Industrierobotern beladen wurde. Die Stahlkrallen der Apparaturen trugen zylinderförmige Metallgehäuse mit nuklearem Inhalt in den Schiffsbauch. Die Behälter bestanden aus Sphäroguss, Kupfer und einer Außenschicht Panzercarbon, um eine Perforation auszuschließen. Plötzlich jaulte ein Alarm los und ein rotierendes Licht flammte im Kontrollraum der Mine auf. Ein Angestellter informierte seinen Vorgesetzten: „Es gibt einen Hüllenbruch bei einem der Kanister im Frachtraum der Uranus IV. Es ist signifikante Strahlung ausgetreten. Alle kontaminierten Arbeitsbots müssen im Schiff verbleiben. Wir reden hier von mindestens sechs Sievert.‟
Der Leiter war beunruhigt. „Können die Bots das Leck lokalisieren?‟ Der Angestellte schüttelte den Kopf. „Nein, dafür sind die veralteten Exemplare nicht konzipiert. Zu Reparaturaufgaben bei solch einer Komplikation sind sie erst recht nicht fähig. Da müsste ein manueller Eingriff erfolgen.‟ Sein Chef überlegte kurz. „OK, dann schicken Sie ein paar Leute rein. Zieht euch eure Ganzkörperkondome über und dann los!‟ Der Angestellte riss die Augen auf. „Aber... Die Anzüge sind teilweise defekt.‟ Der Leiter sah ihn durchdringend an. „Das Plutonium muss nach Atra City. Pünktlich!‟ Der Angestellte schlug vor: „Die Besatzung der Uranus IV ist kompetenter ausgerüstet für so einen Notfall. Wir sollten sie unbedingt informieren.‟ Sein Gegenüber nickte.
Der Angestellte gab sofort die Daten an die Crew der Uranus IV weiter und wies sie an, den Cargoraum zu versiegeln. Anschließend sollte ein Spezialteam das Leck ausfindig machen und beheben. - Der Kapitän der Uranus IV wütete. Das Bord-Sicherheitssystem empfahl wegen der Warnmeldung „kritisches Ereignis‟ dringend eine Evakuierung des Schiffes, aber das genehmigte offenbar der Tower der Mine nicht. Er versuchte mit seinem Headset eine Direktverbindung mit dem Leiter der Mine zu öffnen, aber der Versuch wurde abgeblockt. Er schickte sein Ansinnen in Schleife. Das Frachtdeck war auf höchster Sicherheitsstufe abgeschirmt worden: Klackend hatten sich eloxierte Schutzwände hochgezogen und verankerten sich klackend im Rumpf. Dann bildete ein sich aushärtender Nanoschaum die notwendige Dichtigkeit. Die Bots in dem Raum waren längst komplett abgeschaltet. Nur eine Innencam zeigte leicht verpixelt die Ladung auf einem Monitor der Brücke.
Der Captain sah sich ratsuchend bei seinen vier Besatzungsmitgliedern um. „Wenn zwei Personen reingehen, wie lange dauert die Reparatur schätzungsweise?‟ Der Techniker überschlug anhand der Informationen, die er hatte, in etwa die Zeit. „Eine Stunde, wenn es gut läuft und nur ein Kanister undicht ist.‟ Er blickte ernst. „Unsere bleigeschichteten Anzüge kommen aber bei dieser Exposition an ihre Grenzen. Die Sonde misst aktuell sieben Sievert. Der Wert scheint zu steigen.‟ Der Kapitän kratzte sich am Kinn. „Warum fordern wir nicht einfach ein paar von den Minenarbeitern an? Sollen die sich nützlich machen.‟ Der Techniker antwortete: „Negativ. Dazu gehört eine spezifizierte Qualifikation. Es ist ja nicht damit getan, mal eben eine Metalltonne zuzuschweißen.‟ Sein Vorgesetzter räusperte sich. „Dann bleibt die Ehre Ihnen und Ihren Kameraden erhalten, die über das notwendige Know-how verfügen. Wählen Sie die Freiwilligen aus. Sofort!‟
Der Techniker betrachtete die drei Kameraden. Zwei von ihnen würden sich wohl opfern. Sie waren alle der Aufgabe gewachsen. Wen sollte er auswählen? Die Besatzung starrte auf ihre Workstations und wäre am liebsten unsichtbar gewesen. Er musste eine Entscheidung fällen und nickte zweien zu. „Benson und Jones. Macht euch bereit.‟ Die Angesprochenen sahen erschrocken auf. Benson stammelte. „Das... das... Das ist ein Himmelfahrtskommando! Warum öffnen wir nicht nach dem Start die Außenschleuse vom Frachtraum und jagen das ganze Gift ins Vakuum?‟ Der Techniker schüttelte den Kopf. „Das Öffnen würde durch ein Sicherheitsprotokoll blockiert. Folgen Sie meiner Order!‟ Benson schwitzte offensichtlich. „Und wenn... wir das Schott notfalls aufsprengen?‟ Der Kapitän hob als Antwort seine Laserpistole und zielte auf Benson.
Jones war zu einer Salzsäule erstarrt. Doch die Engergiewaffe ließ ihn wieder lebendig werden. Die Männer gingen zu dem Schrank mit den Schutzanzügen und begannen damit, sie anzuziehen. Zuletzt folgten eine Gasmaske und ein kleiner Rucksack mit einer Sauerstoffflasche. Der Techniker brachte ihnen das notwendige Werkzeug, um das Leck zu reparieren, damit nicht noch mehr Radioaktivität austrat. Bei einem einstündigen Einsatz war alles in dem Frachtraum mittlerweile neun Sievert ausgesetzt. Die Spezialschichten der Kleidung waren bis maximal zehn Sievert ausgelegt. Wenn die ionisierende Strahlung weiter zunahm oder die Arbeiten sich verzögerten, waren die Träger nicht mehr ausreichend geschützt.
Der Captain der Uranus IV grinste schmierig. Da musste sich das Duo eben beeilen. Das teure Gut ins All zu schießen war keine Option. Mit der Reststrahlung würden die in Atra City schon klarkommen. Dem Navigator des Transporters nickte er zu. „Starten Sie das Schiff. Wir können uns keine Verspätung erlauben.‟ Der Mann bestätigte den Befehl und bereitete die Aktivierung der Triebwerke vor. - Sobald die Uranus IV die planmäßige Flughöhe im Grenzbereich zwischen Strato- und Troposphäre erreicht hatte, betraten Benson und Jones über zwei Schleusen den kontaminierten Bereich und begannen mit ihrer gefährlichen Aufgabe. Einige Turbulenzen schüttelten das Schiff durch, was die Arbeit des Duos noch erschwerte. Einmal fiel Benson hintenüber und stieß gegen einen Behälter, der mit ihm umkippte. Dabei wäre ihm beinahe der Schlauch von der Maske abgerissen. Panisch untersuchte er jede Stelle nach einem Riss, fand aber nichts.
Nach einer knappen Stunde hatten die Männer ihre Herausforderung gemeistert und betraten zügig die Sicherheitsschleuse. Während die Luft ausgetauscht wurde, spritzten Spezialflüssigkeiten aus Duschdüsen auf sie herab. Danach zogen sie sich in einem Quarantänebereich aus und begaben sich zu den nächsten Duschen, wo ihre nackten Körper erneut eingeseift wurden. Mit Bürsten schrubbten sie sich jeden Quadratzentimeter des Leibes sorgfältig ab bis die Haut überall knallrot gefärbt war. Der Techniker der Uranus IV beobachtete die Besatzungsmitglieder über einen Monitor. Benson und Jones streiften mit einer Sonde über ihren Körper, um die Strahlung zu messen. Die Werte waren akzeptabel - zumindest für alle anderen stellten sie keine Gefahr dar, aber die Betroffenen mussten damit rechnen, dass ihre Lebenserwartung gerade um einige Jahre geschrumpft war. Trotzdem war das besser, als der Noxiusbruderschaft erklären zu müssen, dass eine ganze Plutoniumladung entsorgt werden musste, denn das hätte die Lebenserwartung aller an Bord gleich auf Null reduziert. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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RE: Regina
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Datum:11.01.22 18:34 IP: gespeichert
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~ XCI ~
Animus duckte sich weg, und der Schatten sprang an ihm vorbei. Er drehte sich herum, die Fäuste gehoben, und da stand Violetta vor ihm, grinsend. „Die Zeit ist um. Ich habe gewonnen. Jetzt darf ich mit dir machen, was ich will.‟ Der junge Pilot runzelte die Stirn. „Hey, das war so aber nicht besproch...‟ Und schon warf die rothaarige Frau sich auf ihn und küsste ihn. Nach und nach flog ihre Kleidung zu Boden. Hemmungslos in der Einsamkeit des Alls liebten sie sich temperamentvoll und vergaßen für einen Moment die Sorgen um Gravis. Die Echos ihrer Ekstase brachen sich an den hohen Wänden des Frachtraumes.
Erst eine unbekannte Zeit später liefen sie, Hand in Hand wie ein frisch verliebtes Pärchen, zum Brückenmodul zurück. Im Neonlicht der Navigationsanzeigen überprüfte der Pilot die Koordinaten. Das PE-Schiff näherte sich Colonia Agricultura und tauchte schließlich in den Orbit ein. Alle Kontrollleuchten auf dem Steuerungspult zeigten normale Werte an. An einem Wandsensor aktivierte er die Zoom-Cam auf den Planeten an der Frontkapsel des Transporters. Das Schiff sank in die Atmosphäre ein und startete den Rückstoßkompensator des Primärantriebs. Die Bremsdüsen fauchten laut und brachten sie in die geplante Landeposition.
Der Autopilot wurde von der Bord-KI gesteuert, so dass Animus und Violetta das Landemanöver von überall über eine holografisch animierte Grafik überwachen konnten, die sie durch Gestensteuerung im Raum beliebig platzieren konnten. Nach einer Positionskorrektur setzte das gewaltige Schiff auf der Hafenoberfläche auf seinen schweren Füßen aus Verbundstoff auf. Die technische Fracht hätte auch über ein Shuttle auf den Planeten befördert werden können, doch sollten die riesigen Module des Transporters im Auftrag von Prospect Enterprises für die Rückreise viele Tonnen Nährstoffe laden, so dass eine Landung notwendig gewesen war.
Der Landevorgang war planmäßig verlaufen. Lediglich eine sekundäre Fehlermeldung an den lateralen Deflektoren blinkte rot, und die automatische Reparatur an der Verkleidung wurde bereits ausgeführt. Die Primärsysteme schalteten ab. Die Antriebssektion benötigte noch mehrere Stunden, um abzukühlen, und als die beiden Besatzungsmitglieder von Bord gingen, blies ihnen die heiße Abluft der Düsen entgegen. Jedes Modul öffnete eine Außenluke, und Raupenfahrzeuge transportierten das technische Gerät in Hangars der Plantage.
Eine kleine Landefähre brachte Animus und Violetta zu einem nahen Terminal. Vom Klima der durch Terraforming geschaffenen Biosphäre nahmen sie nichts wahr. Die Fähre führte sie gleich in einen Gebäudekomplex, wo Plantagenleiter Khan sie begrüßte. Auf dem Weg in sein Büro gingen sie einen Korridor entlang, an dessen Wänden aufgereiht inaktive Mechs standen - semi-autonome Roboter mit rudimentärer Optik eines Humanoiden, die mit ihren robusten Chassis speziell für Tätigkeiten auf der Plantage konstruiert worden waren. Khan bot den beiden Gästen einen Platz und etwas zu trinken an. Er benötigte dringend Pluspunkte bei CEO Carthy und vermutete in Animus und Violetta inoffizielle Kontrolleure des Konzerns. Er musste Erfolge vorweisen und die Plantage von ihrer besten Seite zeigen. Die schlechten Bedingungen der Leiharbeiter brauchten nicht erwähnt zu werden.
In dem unterirdischen Labyrinth aus Unterkünften der Angestellten trafen sich der menschliche Goran und Truncus, der Corium Bestia, der dem Humanoiden die Treue geschworen hatte. Nachdem Truncus ihm von dem wild gewordenen Corium Bestia erzählt hatte, der dann verschwundern war, verfestigte sich Gorans Überzeugung nun von einer geheimen Sektion in einem Untergeschoss, denn in seiner Schicht waren Gerüchte darüber in Umlauf geraten. Er war sich sicher, dass irgendetwas auf CA nicht mit rechten Dingen zuging. Wo steckte denn der Arbeiter? Was hatten sie mit ihm angestellt? Und was war mit ihm geschehen?
Goran presste die Lippen zusammen. „Wir müssen herausfinden, was da läuft.‟ Truncus grollte. „Wie sollen wir machen? Wenn wir Spione oder viel fragen, sind die böse mit uns. Das böse Menschen.‟ Goran hatte eine Idee. „Da ist doch dieser Frachter von PE gelandet. Mit zwei Personen. Die haben keine PE-Uniform an. Vielleicht können wir uns denen anvertrauen.‟ Truncus grunzte laut. „Wie soll gehen? Wir dürfen nicht da rein.‟ Goran sah dem Hünen in seine Augen. „Du hast mir Treue geschworen. Du darfst nichts von dem erzählen, was wir vorhaben. Ich habe da einen Plan.‟ Truncus brummte. „Ich schwöre.‟ Er ließ sich mit seinen drei Zentnern auf die Knie fallen. Goran hätte sich nicht gewundert, wenn der Boden vibriert hätte - oder durchgebrochen wäre.
Er kam näher und nahm den großen Kopf der Kreatur in die Hände und lächelte. Goran fragte sich, was er von diesem Geschöpf halten sollte. Truncus war ein Corium Bestia und leider nicht sehr hell in der Birne. Aber er hatte einen guten Charakter. Obwohl sich die zwei noch nicht lange kannten, empfand Goran mehr für den Riesen, als jemals zu einem anderen Wesen. Truncus stand schnaufend wieder auf und grinste. Er umarmte seinen Freund, und Goran ächzte vor Schmerz. „Vorsichtig! Meine Rippen!‟ Truncus ließ los und sah ihn verblüfft an. „Freundschaft besiegelt.‟ Goran hob eine Augenbraue und wollte schon eine Flasche synthetischen Whiskey holen, da hielt ihn sein Gegenüber fest. „Liebe machen?‟ Goran fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er selbst war zwar polysexuell, und er wusste, dass viele Corium Bestia bisexuell waren, aber so war das mit ihrem Pakt und ihrer Freundschaft auch nicht gemeint.
Auf der anderen Seite war ein wenig fleischliche Entspannung durchaus in Gorans Sinne. Aber er glaubte nicht, dass Truncus mit ihm kompatibel war. Sollte heißen... Aber den Gedanken konnte er gar nicht mehr zu Ende spinnen, denn der Hüne entblätterte den Mann vor ihm mit überraschend geschickten Pranken in Windeseile. Goran versuchte die Arme ausgestreckt zwischen sich und dem Ungetüm zu positionieren. „Äh, warte! Das... Wie stellst du dir das vor...?‟ Statt einer Antwort zog sich auch Truncus aus und warf die derben Stoffe seiner Arbeiterkleidung auf den Boden. Goran schluckte, als er das Gemächt sah. „OK, lass es uns langsam angehen. Leg dich aufs Bett.‟ Er bemerkte den ausgeprägten muskelbepackten Hintern seines Gegenübers. Wie sollte er da eindringen?
Vielleicht blieb es heute bei ein paar Zärtlichkeiten, und sein neuer Freund würde sich beim Blowjob geschickt anstellen. Goran durfte nur nicht an die kräftigen Zähne denken. - Allerdings waren alle seine Überlegungen obsolet, als Truncus ihn aufs Bett warf, bäuchlings, und dann über ihn stieg und ihn quasi festnagelte. Goran konnte sich keinen Millimeter mehr bewegen. Nur eine Hand konnte noch zu seinem Nachttisch zeigen. „Da ist... Gleitgel... drin. Menschen sind sehr eng und empfindlich gebaut, weißt du?‟ Truncus zog das Schränkchen auf, hatte gleich die ganze Schublade in der Hand und entnahm ihr eine Dose mit Vaseline. Er nestelte an seinem Monster und dann spürte Goran unter aufsteigender Panik, wie sich die dicke Eichel der Kreatur zwischen seine zarten Hinterbacken schob.
Nicht nur die ungewöhnliche Größe, sondern auch die grobe Lederhaut des Wesens sorgte für einen bleibenden Eindruck. Kurz ging ihm durch den Kopf, dass es ein Fehler gewesen war, Truncus von der Castitasschelle zu befreien. Es hatte sich wohl auch einiges angestaut, denn als Goran die Schmerzen kaum noch aushielt, obwohl die Bewegung ihn irgendwie auch richtig geil machte, entlud sich das Ungetüm. Goran schätzte es auf 250 Milliliter. Truncus zog sich zurück und stöhnte mit seiner tiefen Bassstimme. „Du wirklich eng. Das ist gut. Mensch.‟
Goran hätte am liebsten jetzt einen Blowjob erhalten, um sich von seinem malträtierten Hintern abzulenken, aber Truncus schaute auf seine Lenden, wo der überdimensionale Prügel wippte wie ein Sprungbrett. „Dreh dich wieder um. So gut. Noch mal.‟ Goran verschluckte sich vor Schreck und wurde wie ein Püppchen herumgedreht. „Noch mal? Jetzt sofort?‟ Truncus grunzte. „Für uns normal. Zwei oder drei Mal. Normal.‟ Dieses Mal rammte er sein Teil noch tiefer, aber Gorans Hintertür war bereits so stark gedehnt, dass es ihm nicht mehr so viel ausmachte. Er spürte, wie er selbst bald zu einem Höhepunkt kommen würde, obwohl er seine Genitalien nicht erreichte, die unter ihm eingequetscht waren, aber der Lustschmerz setzte Endorphine frei, die durch seinen Leib schwappten wie gewaltige Wellen.
Violetta und Animus wurden den Verdacht nicht los, dass man ihnen etwas verheimlichen wollte. Mr. Khan war übertrieben freundlich und fragte aber auffällig danach, wann das Schiff mit seiner Fracht wieder startete. Längst hatte Khan Industrie-Mechs und auf Raupen fahrende Ladebots beauftragt, die Module so zügig wie möglich zu befüllen. 60 Prozent der Ladung bestand aus aufbereiteter Nährlösung, der Rest waren geerntete Lebensmittel sowie Aminosäureprodukte.
Als Animus dann um die Logdaten und Geschäftsdateien bat, um eine interne Kontrolle durchführen zu können, für die ihn CEO Carthy autorisiert hatte, entglitten Khan die Gesichtszüge. Animus wollte Stichproben aus allen Bereichen: Umsatzdokumente, Abrechnungen für Ausrüstung und Lohn, Lizenzen, Zugang zu Videodateien, Abteilungsberichte, die Jahresbilanz, Archive des internen Controllings, medizinischer Vorgänge, dem Management und der Personalfiles. Wegen einer Sondergesetzgebung auf Colonia Agricultura gab es auf der Max-Planatage keinen Betriebsrat oder eine sonstige Vertreter der Angestellten, wie es sonst auf Beta Patria zwingend erforderlich war, so dass sich Animus ein Bild aufgrund der Datenlage machen musste.
Khan wirkte dabei sehr nervös und gab nur zögerlich die Zugänge frei. Violetta schreckte ihn hoch: „Ich würde gern mal den Verwaltungskomplex sehen. Ich meine, eine Rundführung. Ist das möglich?‟ Mr. Khan räusperte sich umständlich. „Also, da werden Sie nichts Interessantes sehen, aber...‟ Er tippte an seinem Schreibtisch auf ein Bedienfeld des Intercomsystems und wies einen Angestellten an, in den Besprechungsraum zu kommen. Mr Khan bat Violetta einen Moment zu warten. Dann schritt er schnell hinaus. Animus war bereits in die Datenarchive vertieft, die er an einer Schnittstelle im Büro mit einem eigenen Tisch begutachtete.
Violettas Chronometer zeigte eine Zeitspanne von fünf Minuten und 21 Sekunden an, da kam Mr. Khan mit einem Mann zurück, der mit einem ausgestreckten Arm auf die Pilotin zuging und ein eingemeißeltes Lächeln im Gesicht zu haben schien. „Mein Name ist Webster, Barnabas Webster. Ich führe Sie gern durch das Gebäude und erkläre Ihnen alles.‟ Violetta griff die Hand und schüttelte sie. Sie war sich zum ersten Mal in ihrem Leben nicht sicher, ob sie einen Androiden vor sich hatte. Sie folgte dem Mann aus dem Raum. Mr. Khan meinte zu Animus mit jovialer Stimme: „Ich lasse Sie in Ruhe und alleine arbeiten. Wenn Sie mich kontaktieren möchten... Die Rufnummer 81. Das bin ich.‟ Der Pilot dankte nickend. - Allein? Von wegen! Animus hatte die diversen Überwachungslinsen längst bemerkt. Und mit Sicherheit konnte Khan auch detailliert sehen, welche Files er öffnete.
Violetta war mit Webster im Aufzug auf dem Weg in die oberste Etage. „Kann man auch das Flachdach betreten?‟ Der Angestellte bejahte. Also fuhren sie noch höher, und schon bald stand Violetta mit ihrem Begleiter auf dem Dach an einem Geländer aus pulverbeschichtetem Verbundstahl und blickte über eine weite Ebene. Produktionshallen erstreckten sich über einen Bereich Richtung Norden, endlose Reihen von Pflanzungen der Plantage zogen sich in südlichem Verlauf bis zum Horizont. Zwischen den Gewächsen fuhren Mechs und kleine Botfahrzeuge herum, ernteten oder sprühten Düngemittel und Pestizide. In kleinen Gruppen arbeiteten an den Pflanzen auch Angestellte, teils Menschen, viele Corium Bestia und manche andere humanoide Rassen, die Violetta aus der Entfernung trotz Zoomfunktion ihres ausklappbaren Mobilcoms am Handgelenk nicht identifizieren konnte.
Mr. Webster erklärte, dass der größte Teil der Arbeiter in Schichtdiensten eingeteilt war und auf den Feldern eingesetzt wurde. Violetta interessierte sich nun für die unteren Etagen des Gebäudes. Ihr Führer brachte sie zu den Laboren, in denen Proben analysiert und neue Züchtungen entwickelt wurden. Danach folgten noch weitere Sektoren: Buchhaltung und Datenverarbeitung, der Port-Terminal für externe Logistik, das Material- und Technikzentrum sowie die unterirdischen Speichersilo-Anlagen. Violetta bemerkte einen weiteren Zugang im Untergeschoss. Mr. Webster winkte ab. „Ach, dass sind alte Laborräume, die nicht mehr genutzt werden. Die Tür ist versiegelt. Wegen der Strahlungswerte und Toxine. Ich zeige Ihnen lieber die Unterkünfte der Arbeiter.‟
Die unterirdischen Behausungen waren durch ein Tunnelsystem mit dem Hauptgebäude verbunden. Die Bodenmatten des Verbindungstunnels bewegten sich automatisch vorwärts wie bei einem Slidewalk in einem Raumhafen üblich. Mr. Webster zeigte seiner Besucherin eine Musterkabine, die nicht bewohnt war. Die Wahrheit sah anders aus. Die meisten Kabinen waren verlebt und viele Einrichtungsgegenstände defekt. Auch die Onlineverbindung zu einem transplanetaren Com-Satelliten, wie sie im Vorzeigequartier präsentiert wurde, stand den Arbeitern nicht zur Verfügung.
Als sie mit Webster zurück in Khans Büro kam, stand der Plantagenleiter vor Animus und redete auf ihn ein. „Sie sehen doch, dass alles in Ordnung ist. Mr. Carthy wird zufrieden sein. Ihr Schiff ist bald geladen. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie und ihre charmante Begleitung jetzt in unsere wunderbare Wellnesseinrichtung. Sie werden begeistert sein.‟ Animus tippte auf der Tastatur der Konsole herum. „Ich möchte noch ein paar Dinge prüfen. Geben Sie mir noch eine Stunde Zeit.‟ Khan seufzte. Aber insgeheim war er erleichtert, dass die Pilotin zwar im Untergeschoss geschnüffelt, aber nicht den geheimen Labortrakt entdeckt hatte.
Fast im gleichen Augenblick erhielt Animus eine transplanetare Nachricht aus Beta Patria: Gravis war gelandet. Er befand sich wohlbehalten in der Konzernzentrale von Prospect Enterprises. Violetta und Animus umarmten sich vor Freude. Der Pilot brach seine Untersuchungen ab und bedankte sich bei Khan. Hier schien alles seine Richtigkeit zu haben. Sie wurden mit einem Hyper zum Schiff gebracht. Die letzten Fuhren mit einigen Containern wurden von Ladebots in den Frachtraum des hintersten Moduls gefahren.
Khan und Webster beobachteten den Vorgang auf einem großen Holoschirm im Büro. Der Plantagenleiter aktivierte eine Videoverbindung zur geheimen Laborabteilung. „Gibt es was Neues?‟ Ein Mann in weißem Kittel und eisblauen Augen verneinte. „Das Subjekt zeigt keine Auffälligkeiten. Der ominöse Befall ist nicht mehr nachweisbar.‟ Khan runzelte die Stirn. „Die Isolation könnte aufgehoben werden?‟ Der Mann verzog sein Gesicht. „Sicherheitshalber würde ich das Subjekt noch in Quarantäne aufbewahren, bis wir nähere Informationen zu dieser Lebensform haben.‟ Khan stimmte zu. Hoffentlich würden sich keine weiteren Arbeiter damit infizieren.
Der nackte Corium Bestia hockte noch immer in seiner kahlen Zelle mit dem Betonquader als Hocker. Auch ohne Spiegel konnte er seinen rasierten Körper betrachten. Er schämte sich für seine ungewohnte Nacktheit. Er hatte keine Ahnung, was mit ihm geschehen war und warum. Er verspürte nur Angst und Scham. Warum hielt man ihn in diesem kleinen Raum gefangen?
Violetta und Animus hatten vor ihren Bedienelementen in der Kanzel des Schiffes ihre Plätze eingenommen und waren mit den Vorbereitungen der Startsequenz beschäftigt. Das Anzeigeninstrument der Pilotin bildete neben einer Grafik auch viele Zahlenwerte ab, die sie mit den Daten des Schiffes verglich. Der nun extrem schwere Frachter benötigte einen relativ hohen Schubwert für die Sekundärantriebe, um die Gravitation von Colonia Agricultura zu überwinden und in den Orbit einzuschwenken. Dann erst würde die primäre Beschleunigung mit dem richtigen Kurs aktiviert werden. Doch für den Start benötigte das Schiff noch die Freigabe vom Terminal. 22 Minuten später fuhr der letzte Bot mit seinen Raupen von Bord. Die Außenluke aus Panzerplatten schloss sich. Die schiffseigenen Mechs arretierten sich in den Modulen an der Wanddockvorrichtung. Weitere sechs Minuten danach kam die Freigabe.
Violetta tippte auf einem Touchpad ihrer Navi-Einheit. Animus checkte den Status der Startsequenz. Drei Minuten darauf begann der Countdown für die Antriebsdüsen. 60 Sekunden liefen rückwärts auf dem Pilotenschirm. Ein lautes Fauchen ertönte, als das Triebwerk zündete. Das Schiff bewegte sich wie in Zeitlupe nach oben. Die Landefüße klackten in den Arretierungsbolzen am Außenrumpf ein. Immer schneller stieg der Frachter in den Himmel. Die Piloten brachten den Transporter auf die orbitale Standardhöhe, während der binäre Bordcomputer die multiplen Flugvektoren berechnete. Auf einem Surface liefen Datenströme zu allen relevanten Größen des Flugvorgangs.
Khan und Webster verfolgten den Start. Gegen den Himmel irisierte der Frachter in einer optischen Täuschung, obwohl seine Haut über einen anthrazitfarbenen bis schwarzen Farbverlauf verfügte. Im Orbit des Planeten musste der Frachter für den Reisekurs neu positioniert werden, bevor das Primärtriebwerk startete. Violetta saß an der Navi-Unit und visualisierte die Flugvektoren auf ihrem Helmdisplay, adaptierte per Gestensteuerung notwendige Korrekturen zu den neuen Koordinaten und legte dann zufrieden den Helm an seine Schnittstelle neben dem Navi-Instrument. Den Rest würde die Bord-KI übernehmen.
Goran hatte sich in der Nähe des Abflugplatzes für Transporter einteilen lassen, doch als er sich endlich unauffällig den geparkten Schiffen nähern konnte, war der PE-Frachter bereits gestartet. Er spürte noch die warme Abluft und sah den Streifen am Himmel, den die Düsen hinter sich ließen. Er war zu spät gekommen. - Wie sollte er nun jemandem von seinen Beobachtungen erzählen? Frustriert kehrte er zur Arbeit zurück, wo ihn bereits ein Mech erwartete und mit plärrender Stimme drohte, ihn zu melden, wenn er sich noch Mal von seinem vorgeschrieben Bereich entfernen sollte. Devot entschuldigte sich der Mann und eilte wieder an seinen Platz, schnallte sich den Rucksack mit dem Pestizidtank um, zog sich die Protektionsmaske über den Kopf und setzte seine Sprühtätigkeit fort.
Sorgenvoll stapfte er die schmalen Zwischenräume entlang, die von den in endlosen Reihen gepflanzten Gewächse gebildet wurden. Er befand sich in einem Feld mit Stangensoja, die drei Meter und höher wurden. Seine Sicht war eh schon durch die Maske eingeschränkt. Jederzeit konnte ein von diesem ominösen Virus befallener Arbeiter auf ihn zustürmen und ihn attackieren. Oder war es ein exobiologischer Pilz gewesen? Nervös blickte sich Goran zu den den Seiten um und sprühte in Windeseile, um schnellstmöglich wieder aus dem Feld zu gelangen.
Truncus machte sich weniger Gedanken wegen Gorans Geschichte. Er hatte es schon wieder vergessen. Der Corium Bestia hackte sich mit fünf Kollegen durch ein abseits gelegenes Dickicht. Mit langen, schweren Macheten kämpften sie sich durch Schlingpflanzen und Krautgewächse. Schwere Rodungsmaschinen konnten erst eingesetzt werden, wenn der Untergrund von den vielen Wurzelschlingen und Krautwucherungen befreit war. Dass auch fleischfressende Exemplare dort zu finden waren, hatte der Vorarbeiter großzügig vergessen, den Hünen mitzuteilen. Sie würden schon damit fertig werden.
Und tatsächlich peitschte eine klebrige Liane hervor, wickelte sich blitzartig um den Hals eines der Arbeiter und zerrte ihn wie eine zurückschnellende Stahlfeder in Richtung Kelch einer dazugehörigen riesigen Pflanze, dem Verdauungsorgan der Lebensform. Doch der Corium Bestia hackte wie wild mit seiner Machete auf die Liane ein und durchtrennte sie nach sechs Hieben. Sofort löste sich das Ende von dem muskulösen Hals, während das andere Stück sich schnell zurückzog. Die roten Striemen am Hals waren glücklichweise nur Druckstellen und keine toxische Reaktion.
Alle sechs Männer kreisten die Pflanze ein, deren Kelch so groß war, dass sie einen Corium Bestia problemlos aufnehmen konnte. Dann schlug und hackte das Team auf den Stiel der Lebensform ein. Der Kelch schnappte zu, öffnete sich wieder und beugte sich zu einem Angreifer hinab, um ihn zu verschlingen, aber der Arbeiter wich geschickt aus und stach ein Loch in die Membran, aus der nun eine klebrige Masse träufelte. Mehrere Lianen schlängelten durch die Luft und peitschten abwehrend auf die Angreifer ein. Letztlich musste sich die Lebensform geschlagen geben und kippte gefällt zur Seite. Die Trennung von ihrem Wurzelwerk hatte ihren Tod besiegelt.
Der Trupp war noch mal mit dem Leben davon gekommen. Warum keine Mechs geschickt wurden, war den einfachen Gemütern der Corium Bestia ein Rätsel, aber jedem Menschen war klar, dass es nur eine Frage der Kosten war. Einen CB zu verlieren, war irrelevant; ein Mech kostete pro Einsatzstunde wertvolle Energie. Außerdem waren die Roboter teuer. Bei den Vorbereitungen zur Rodung hätte ein Mech Schwierigkeiten, durch das dichte Gewächs zu gelangen und es gäbe zahlreiche Defekte und Beschädigungen.
Bald schon hatte Truncus die Gefahr wieder vergessen und schleuderte seine Machete von einer Seite zur anderen, um sich eine Bahn durch die grüne Hölle zu hacken und zu schneiden. Er war in Gedanken bei seinem neuen Freund Goran. Nach Schichtende wollte er ihn wieder besuchen. Schon jetzt wuchs ihm eine Erektion unter seinem Arbeitsoverall. Schweißgebadet schuftete er weiter und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht.
Animus und Violetta saßen vor einem großen Holoschirm im Pilotenmodul des PE-Schiffes und sahen Gravis auf dem Monitor. Sie freuten sich riesig, sich endlich wieder zu sehen und zu sprechen. Bald könnten sie sich auch real in die Arme schließen. Gravis bemerkte allerdings schon jetzt, dass es gewisse Dinge gab, über die er nicht sprechen durfte. Er durfte sich nicht verplappern. Eine Verschwiegenheitserklärung über den Gefängniskomplex und die mysteriösen Umstände seiner Entführung war eine ernste Angelegenheit. Animus runzelte mit der Stirn. Aber er musste das akzeptieren, wenn er seinen Freund nicht in neue Schwierigkeiten bringen wollte. Gravis erzählte auch von der Schadensersatzzahlung des Konzerns. „Damit bin ich zwar kein reicher Mann, aber kann davon erst Mal ganz gut leben.‟
Animus und Violetta berichteten im Gegenzug von ihrer Suche nach ihm auf Atra Mundo. Der Pilot schüttelte den Kopf. „Da bringt mich niemand mehr hin. Was für ein Drecksplanet. Und damit meine ich nicht nur den Zustand der Umwelt, sondern auch die sogenannte feine Gesellschaft.‟ Gravis fragte nach dem aktuellen politischen Stand, dem kalten Krieg zwischen der Vereinigten Allianz und dem Dominion. Animus wusste nur, was die Newsfeeds brachten: Eine Anomalie trennte die beiden Parteien voneinander, als wollte sie ein Aufeinandertreffen der Kontrahenten verhindern. Oder irgendein Gott, der sie geschaffen hatte.
Gravis sinnierte: „Dann können wir gar nicht nach Regina zurück, selbst, wenn wir wollten.‟ Animus seufzte. „Unsere alte Heimat ist wohl verloren. Aber ich fühle mich auf Beta Patria ganz wohl. Hey, wie wäre es mit einer Dreier-WG? Du, Violetta und ich? In einem schicken Habitat.‟ Der Hauptplanet des Sol-Systems, auf dem sich auch die Regierung der Vereinigten Allianz befand, bot vielerlei Wohnoptionen. Gravis grinste über sein breites Gesicht. „Klar, da wäre ich dabei.‟
Während der PE-Frachter sich dem Planeten Beta Patria näherte, ging auf Colonia Agricultura alles wieder seinen gewohnten Gang. Auf der Max-Plantage unter der Leitung von Mr. Khan machten sich Experten in Sicherheitsanzügen und gesichert durch armierte Mechs auf die Suche nach dem exobiologischen Schädling, der den Arbeiter befallen hatte. Bisher war kein zweiter Fall des Parasits aufgetaucht, aber das bedeutete nicht viel. Schnell konnte so ein aggressiver Virus oder schmarotzender Pilz die ganze Plantage durchseuchen und einen Totalschaden verursachen. Weitere Schutzmaßnahmen für die Arbeiter wurden derweil nicht ergriffen.
Dem isolierten Corium Bestia entnahmen die Laborspezialisten Proben, führten diverse Versuche an ihm aus und beobachteten die Wirkungen bei den Experimenten, während der Bewegungsunfähige mit seinem Schädel in einem Metallreif festgeschraubt war. Über einen Schlauch gab ein Mann im weißen Kittel dem Subjekt biolumineszierende Sporen, die in dem transparenten Tubus wie leuchtender Nebel wirkten. Gleichzeitig aktivierte er Messgeräte, die durch unterschiedliche Sensoren diverse Werte des Subjekts erfassten. Ein Vapo-Injektor verabreichte dem Subjekt eine Dosis Nanowirkstoffe.
Der Versuchsleiter prüfte, ob das Muskelrelaxans noch wirkte. Dazu steckte er dem Subjekt eine Stabelektrode in den Anus und leitete Stromschläge hindurch. Das Subjekt zuckte nur leicht, obwohl es große Schmerzen haben musste. Der Wissenschaftler war zufrieden und scannte nun die Brust des Subjekts, um die Nanobots lokalisieren und aktivieren zu können. - Das war alles nach den Gesetzen der Vereinigten Allianz verboten, aber Mr. Khan wollte unbedingt Ergebnisse. So schnell wie möglich. Das Subjekt würde sowieso die Sonne nicht mehr sehen. Zu viel war geschehen. Die durch die Medikamente und Versuche induzierten Modifikationen waren kaum offiziell zu erklären. Und ein Bestia mehr oder weniger würde schon nicht vermisst werden. Offiziell war er abgehauen.
Er wäre nicht der erste Leiharbeiter gewesen, der das Weite gesucht hatte und irgendwo illegal auf Colonia Agricultura hauste. Trotz Drohnen und Langstreckenscans wurden nur wenige dieser untergetauchten Personen geortet. Dafür war der Planet einfach zu groß. Streng genommen fehlte auch die Exekutive. Zwar waren die meisten Flächen des Planeten durch Pachtverträge in den Händen von Prospect Enterprises, aber sie hatten keine polizeiliche Verfügungsgewalt, um wild lebende Personen festzunehmen oder zu sanktionieren.
Die Planetenpolizei von Beta Patria war nicht zuständig. Transplanetarische Exekutivdienste mit Kompetenz im gesamten Sol-System mussten umständlich angefordert werden. Da es genug Nachschub an Arbeitern gab, verzichteten die Plantagen-, Fabrik- und Minenbetreiber auf eine Anzeige und ließen die illegalen Kolonisten in ihren Verstecken hausen, solange sie sich nicht in den Plantagen an der Ernte bedienten. Energiezäune sollten das verhindern. Und wer nicht lesen konnte, musste eben fühlen, war das Credo der Großgrundbetreiber. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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RE: Regina
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~ XCII ~
Am Abend kehrte Goran in sein Quartier zurück und duschte. Kaum hatte er sich einen frischen Overall angezogen, gab der Eingang mit einem Laut und einem kurzen Aufblitzen einer Diode zu erkennen, dass draußen ein Besucher stand. Sicherheitshalber aktivierte Goran die Cam und erkannte Truncus, öffnete und ließ ihn ein. Der Hüne begrüßte seinen Freund mit einer kräftigen Umarmung und hob ihn hoch. Truncus ächzte. Einen Augenblick hatte er Angst um seine Rippen. Abrupt ließ der Riese ihn fallen. Goran keuchte auf. „Ich habe etwas sehr interessantes in Erfahrung gebracht.‟ Truncus blickte ihn leicht dümmlich an. „Was denn?‟ Goran erklärte ihm, dass er von einem Luftschacht wusste, der von einem Feld bis in das Untergeschoss der Basis führte. „So könnten wir uns hereinschleichen und mal nachsehen, was die vor uns verbergen.‟ Truncus hob die Augenbrauen. „Ah, so?‟ Goran seufzte. Vermutlich verstand sein Freund nicht viel von dem, was er gesagt hatte. „Machst du dir denn keine Sorgen um deinen Kameraden, der verschwunden ist?‟ Der behaarte Goliath grunzte. „Weiß nicht. Den kenne ich nicht.‟
Goran tippte ihm gegen die muskulöse Brust. „Du musst mir helfen. Heute Nacht. Du wirst aufpassen, wenn ich im Schacht bin. Ich habe zwei kleine Com-Units organisiert. Weißt du, wie man die benutzt?‟ Truncus sah auf die kleine Funkeinheit. „Nein. Was ist das?‟ Er drehte es in seiner Pranke. Goran blies die Wangen auf. Das würde nicht einfach werden. Der Corium Bestia gab es zurück. „Ich komme für Liebe machen mit mein Freund.‟ Goran hüstelte. „Das hatte ich befürchtet. Du, Truncus, es tut noch immer ein bisschen weh... Ich... Vielleicht... Wie wäre es mit 69-Stellung, und wir verwöhnen uns mit dem Mund?‟ Truncus sah ihn fragend an.
Es dauerte eine Weile, bis er begriff, was sein Kumpan von ihm wollte. Truncus legte sich dazu auf den Rücken, und Goran streckte sich so weit wie möglich. Der Phallus des Giganten war gewaltig. Goran konnte nur die Spitze aufnehmen und spürte die raue Oberrfläche auf seiner Zunge und am Gaumen wie Schmirgelpapier, während plötzlich etwas nach seinem herabhängendem Genital schnappte. Erschrocken quiekte er kurz auf, aber der CB hatte seine harten Lippen nur zu einer engen Öffnung geformt, ließ die Hoden wieder herausfluschen und saugte mit einer Kraft an dem kleinen Schaft, dass der Mensch laut aufstöhnte. Heftig intensiv, aber wenigstens würde er so auch mal zum Zuge kommen.
Sechs Minuten und 45 Sekunden später kulminierte Goran so intensiv, dass sich ihm alles drehte, und die Welt nur noch aus seiner Ekstase bestand. Leider konnte sich Truncus nicht so glücklich schätzen. Er hob den Menschen an wie eine Puppe und legte ihn auf die Seite, stand auf, drehte Goran auf den Bauch und spreizte dessen Beine. „Jetzt ich. Ist besser so.‟ Goran biss die Zähne zusammen. Der Hüne hatte die Unterschenkel gepackt und zur Seite gedrückt. „Ah, warte! Nicht so weit! Ich kann doch kein Spagat!‟ Je tiefer das Ungetüm bohrte, desto dicker wurde es und dehnte den Hintereingang bis an seine Grenzen.
Nach dem Liebesspiel brauchte Goran zwei Stunden Regenerationszeit. Dann machte er sich fertig für den nächtlichen Einbruch ins Untergeschoss der Basis und versuchte dabei seine brennende Hintertür zu vergessen. Inzwischen hatte auch Truncus verstanden, wie die Com-Unit zu verwenden war. Goran war sich sicher, dass Mr. Khan sprichwörtlich Leichen im Keller hatte. Der Leiter kümmerte sich nicht um das Wohlergehen seiner Angestellten. Es ging ihm nur um Profit.
Zwar nahmen es einige Leiter von Plantagen und Nahrungsstofffabriken auf Colonia Agricultura mit den Gesetzen der VA nicht so genau, und vor allem Leiharbeiter wie die Corium Bestia wurden ausgebeutet. Doch das war alles noch nichts im Vergleich zu den armen Geschöpfen auf Atra Mundo. Wer dort strandete und in die Fänge der Noxiusbruderschaft oder anderer Syndikate geriet, war verloren. Wer nicht zum Kartell gehörte, galt als Sklave und rechtlos.
Einige wenige Privilegierte und die Mitglieder der kriminellen Gesellschaft lebten dagegen in Saus und Braus in den großen Wohnhabitaten in Astra City und einigen anderen Städten. Die ursprünglichen Humanoiden des Planeten hausten in Slums und wurden trotzdem von der Bruderschaft drangsaliert, erpresst und zu Arbeiten gezwungen. Tausende mussten täglich in Fabriken schuften oder sich in Minen im Polarbereich schinden und plagen. Zu der harten Tätigkeit fehlte Arbeitsschutz jeglicher Art, so dass viele Beschäftigte in kurzer Zeit gefährliche Werte an Schadstoffen oder Strahlung aufwiesen.
So mancher Corium Bestia, der als Saisonkraft hoffnungsfroh ankam, fand sich bald im Entertainmentsegment wieder. Atra City war berühmt-berüchtigt für die vielen Produktionen von Gameshows zur Unterhaltung der dekadenten Reichen. Corium Bestia kämpften miteinander in Manegen, um auf sie zu wetten. Die Auswahl an Gameshows war schier unendlich: ein CB gegen zwei oder mehr Menschen, Wettkämpfe in Glibber, Quizrunden mit Bestrafungsbutton, sexuelle Orgien in diversen Zusammenstellung nach Zuschauerwünschen, BDSM-Shows mit Züchtigungen und allerlei Schmerz für die Protagonisten, auf die ebenfalls gewettet werden konnte. Wer hielt die Qualen am längsten aus? Wer konnte beispielsweise die meisten Hiebe aufs Gesäß ertragen oder sich das schwerste Gewicht an die Hoden binden? Verlierer wurden meist gesondert bestraft oder beispielsweise für lange Zeit in eine Castitasschelle gesteckt.
In einer Show gaben sich die Teilnehmer zur Belustigung der Zuschauer gegenseitig Stromstöße an die Genitalien. Eine aktuell sehr beliebte Gewinnshow bot dem Sieger ein Preisgeld von vielen Dilithiumeinheiten. So viel, wie keiner von ihnen wohl in seinem ganzen Leben verdienen würde. Die anderen Plätze gingen nicht nur leer aus, sondern erhielten während des Happening diverse Strafen und Demütigungen sowie am Ende eine Castitasschelle. Die Verschlusszeiten der einzelnen Teilnehmer entschieden die Zuschauer per Klickzahlen von ihrer Entertainment-Unit aus. Zuvor hatte jeder Loser die Gelegenheit, beim Publikum um Gnade zu betteln. Glücklich konnte derjenige sein, der nur ein Jahr verschlossen blieb. Durchschnittswerte lagen bei zehn Jahren und mehr. Absurderweise gab es in einigen Fällen Zeiten von über 200 Jahren, die kein Corium Bestia oder Mensch je leben würde.
Manches reiche Pärchen fand es schick, einen Corium Bestia als Diener zu halten - selbstverständlich in einer Castitasschelle gut und sicher verpackt. Sie genossen die neidvollen Blicke der armen Kreatur, wenn sie sich vor seinen Augen verlustierten und ihn verspotteten für seine aufgestaute Geilheit, seine Hilflosigkeit, sein Äußeres, seine Dummheit. Die Naivität des Hünen sowie die wirtschaftliche Not sorgten dafür, dass es etliche Beispiele für diese Konstellation gab.
Am ärmsten waren Humanoiden, die in den Slums vegetierten und dazu noch aus irgendwelchen Gründen eine Castitasschelle trugen. Manchmal waren es Schulden, die sie bei Noxiusbrüdern hatten, andere hatten bei einer der Gameshows verloren. Besser erging es einem gewissen Artus Iceberg, ehemals CEO von Bionic Industries, der zwar auch in einer Castitasschelle steckte, doch an einer Konsole arbeiten konnte. Er hatte den vielleicht besten Job in der Fabrik. Während andere an Laufbändern und an Maschinen schufteten, programmierte er Abläufe und pflegte die Datenströme. Als in der VA gesuchter Straftäter durfte er keine großen Ansprüche stellen. Hier auf Atra Mundo war er sicher vor dem Justizsystem aus Beta Patria. Man würde ihm den Super-GAU mit der außer Kontrolle geratenen KI nicht verzeihen oder vergessen. Er würde wohl hier auf dem Planeten bleiben und musste sich dem Leben unter dem Kartell anpassen. Nur die Castitasschelle wollte er unbedingt so zügig wie möglich loswerden.
Aber dann stand plötzlich ein ganz anderes Problem vor der Tür. Ein Mitglied der Noxiusbruderschaft zeigte ihm virtuelle Kopien von Unterlagen, Fotos und andere Nachweise seiner alten Identität. Artus Iceberg war aufgeflogen. Der Syndikatstyp grinste breit. „Du bist sehr wertvoll.‟ Dem ehemaligen CEO lief es eiskalt den Rücken runter, und zugleich wurde ihm heiß, als badete er in Plasma. Stotternd versuchte er alles abzustreiten, aber der Kerl hatte Beweise gegen die es keine Argumente gab. Wie kam der nur an diese Dokumente? Er hatte doch alle Spuren verwischt und alles andere gelöscht. Sein Gegenüber grinste immer noch. „Wir werden ein hübsches Fahndungssümmchen für dich bekommen. Was meinst du, wie viel du der VA wert bist?‟
Der wirtschaftliche Schaden, den seine Firma Bionic Industries mit dem mit einer KI integrierten Programmmodul verursacht hatte, war nicht zu beziffern. Auf Beta Patria würde er nach einem langen Prozess bis an sein Lebensende in einer Hochsicherheitsanlage verwahrt werden. Iceberg hatte keine großen finanziellen Optionen, um sich von dem Halunken freikaufen zu können. War es das also? Würde er doch ausgeliefert werden? Hastig versuchte er den Mann zu überzeugen, dass er hier in der Fabrik von großen Nutze wäre. Doch der Noxiusbruder lachte nur abschätzig. Die Fabrik mit ihrer technischen Produktion war nur als Dilithiumwaschanlage gedacht. Mit synthetischen Drogen machte die Bruderschaft viel mehr Zahleinheiten.
Icebergs Puls raste. Sollte er flüchten? Wohin? Wie? Im nächsten Augenblick näherte sich der Mann und drückte ihm einen Vapo-Injektor an den Hals. Kaum hatte Iceberg das registriert, wurde ihm schwarz vor Augen. - Am Abend fehlte Iceberg im Schlafsaal. Seine Bettnachbarn wunderten sich. Iutum, ein mittelalter Humanoide, der sich ein paar Mal mit Iceberg unterhalten hatte, flüsterte seinem Gegenüber, einem schlaksigen Jüngling, zu: „Ich glaube, er ist in eine andere Fabrik versetzt worden. Da ist so ein Transporter im Innenhof gewesen, mit dem sonst Neue kommen.‟ Oder Arbeiter weggebracht wurden, die nicht genug Leistung brachten - was er aber nicht aussprach, denn von denen hörte man nie wieder etwas. Iutum schloss die Augen, um zu schlafen.
Der Jüngling dagegen war nun nervös und ängstlich geworden. Konnte ihm das auch passieren? Eine andere Arbeitsstelle hieß nicht automatisch eine Verbesserung. Womöglich kam man in eine Siliziummine am Pol oder in ein geheimes Lager, in denen Experimente gemacht wurden. Zumindest gab es darüber Gerüchte. Er spürte, wie sich seine Hoden in den Unterleib zurückziehen wollten, aber von dem Ring der Castitasschelle aufgehalten wurden.
Der besagte Transporter rauschte die staubige Straße durch die öde Ebene, die Atra City umgab. Die beiden Männer in der Fahrkabine sahen nicht besonders vertrauenerweckend aus. Der Fahrer trug eine schwarze Augenklappe in seinem pockennarbigen Gesicht. Seine Glatze steckte unter einer Schiebermütze. Alle Stellen, die keine Kleidung bedeckte, zeigten Tätowierungen, großteils Symbole der Unterwelt. Der Beifahrer hatte dafür umso mehr Haare auf dem Kopf. Die langen Rastazöpfe waren zu einem Schweif zusammengebunden. Die groben Gesichtszüge und kräftigen Extremitäten ließen darauf schließen, dass er durch seine Ahnen zumindest zu einem Viertel die Genetik einer anderen Spezies in sich trug. Im Laderaum des Fahrzeugs lag ein bewusstloser Artus Iceberg, dessen Hände und Füße mit Stahlfesseln gebunden waren.
Bereits seit vier Stunden waren sie in der eintönigen Gegend unterwegs. Endlich kamen sie an eine kleine Bebauung im Nirgendwo. Hier sollte der Wagen aufgetankt werden. Außerdem verlor der Transporter permanent Öl. Auch das musste nachgeschüttet werden. Während der Fahrer den Tankwart organisierte, kontaktierte der andere Mann seinen Auftraggeber per Videophonie. „Das Paket ist unterwegs.‟ Er nannte die exakten Koordinaten, wo sie sich befanden. Die Bebauung kannte eh niemand oder hatte nicht mal einen Namen.
Sein Kompagnon reichte dem Tankwart sein Handgelenk, wo er mit seinem Mobilcom per kontaktloser Übertragung den Kraftstoff bezahlte. Selbst Helfer der Noxiusbruderschaft mussten für Dienste zahlen. Sonst wäre die restliche Wirtschaft des Planeten auch bald hinüber. Außerdem gab der Typ vermutlich für Schutz einen gewissen Prozentsatz seines Umsatzes aus. Aus den Schatten eines Nebengebäudes - eine verfallene Lagerhalle ohne Dach - tauchte eine Bettlergestalt auf. Der Humanoid trug ein paar alte Kleidungsstücke, kaputte und abgelaufene Synthetik-Schuhe sowie eine Brille mit dicken Gläsern und hielt die Hand auf und krächzte etwas von Spende und Hunger.
Doch dem Fahrer fehlte jede Empathie und Lust, dem Mann zu helfen. Er stieß ihn grob zur Seite, so dass der Bettler zu Boden ging. Dabei fiel ihm die Sehhilfte von der Nase und landete im Staub. Hastig tastete er danach. Offenbar war er ohne so gut wie blind. Der Fahrer grinste dreckig und kam näher. Er zertrat die Gläser knirschend unter seiner dicken Stiefelsohle. „Das nächste Mal gehst du mir lieber aus dem Weg, du Stück Dreck!‟ Der Bettler krabbelte noch immer am Boden herum und fand nun die Splitter und das völlig verbogene Brillengestell. Er ächzte und seufzte. Zitternd hielt er die Überreste in den Händen, ganz nah vor den Augen, um etwas zu erkennen.
Von Weitem rief der zweite Typ: „Hey! Baculus! Schnell! Wir müssen weiter. Da kommt ein Thalliumsturm direkt auf uns zu.‟ Die beiden Männer stiegen in ihren Transportwagen und schalteten die Dichtung ein. Die Klimaanlage bereitete nun die Luft von außen durch gesonderte Filter und Lösungen auf, bevor sie in den Innenraum gelangte. Das war auch durchaus angebracht, denn der Staub eines Thalliumsturms war je nach Konzentration so giftig, dass er das Nervensysstem, die Nieren und die Leber zerstörte, wenn man sich lange genug darin aufhielt. Wie lange genug war, wusste niemand, der kein präzises Messgerät besaß. Bereits ein Gramm des Elements war tödlich, aber auch geringere Dosen schädigten den Körper. Die Leute, die hier wohnten und etwa monatlich einem kurzen Thalliumsturm ausgesetzt waren, hatten keine große Lebenserwartung.
Aber das interessierte die beiden Männer wenig. Sie bogen auf die staubige Straße ein und setzten ihren Weg fort. Dabei ließen sie das unschöne Wetterereignis hinter sich, das einen anderen Kurs einschlug und auf ein Slum zusteuerte, wo es weder Warnung noch Schutz gab. Das Fahrzeug krallte sich mit seinen Spikerädern in den nur partiell asphaltierten Weg und ließ hinter sich eine turmhohe Staubfahne aufsteigen. Am Rand der Straße lag links von ihnen ein abgestürzter Satellit, der etwa die Größe eines Zwölfer-Transportvehikels umfasste. Er musste schon viele Jahre lang dort liegen, denn auch aus dem fahrenden Fahrzeug heraus, konnten die Männer erkennen, dass die Oberfläche des riesigen Quaders verrostet war.
Ansonsten war eine alte Raffinerie am rechten Horrizont zu erkennen. Mehr Abwechslung bot die triste und öde Halbwüste nicht. Die Ebene schien sich endlos hinzuziehen. Das Navi-System des Wagens gab das Ziel in 236 Kilometer Entfernung an. Während Baculus hinter dem Steuer saß und den defekten Autopiloten verfluchte, gönnte sich sein Beifahrer ein kleines Nickerchen, bei dem sein Kopf nach vorne auf die Brust sackte, und die Rastazöpfe sein Gesicht bedeckten.
Im hinteren Teil des Fahrzeugs wachte Artus Iceberg auf. Er zerrte an seinen Fesseln, aber auch im Dämmerlicht der Ladefläche erkannte er, dass die Stahlschellen mit Gewalt wohl nicht zu öffnen waren. Bis auf seine Castitasschelle war er nackt. Wo war er und was war geschehen? Er merkte an den Motorgeräuschen und dem Gerumpel, dass er sich in einem fahrenden Fahrzeug befand. Seinen ersten Reflex, laut um Hilfe zu rufen, unterdrückte er gleich wieder. Was sollte das bringen? Seine Entführer wussten ja, dass er hier lag. Wer sollte ihn hier während der Fahrt hören?
Nur drei Kilometer entfernt kam dem Wagen ein gepanzerter Transporter entgegen. Der Mannschaftswagen der HSU (Habitat Security Unit) war von einem Wohnhabitat in Atra-City angefordert worden, um mutmaßliche Diebe abzuholen. Der Wachschutz der besseren Gesellschaft hatte fast täglich irgendwelche Eindringlinge oder Diebe zu vermelden. Die arme Bevölkerung aus den umliegenden Slums war zwar durch Elektrozäune und andere Grenzvorrichtungen separiert, aber einzelne Subjekte kamen immer mal wieder durch und versuchten Lebensmittel oder andere Wertgegenstände zu stehlen.
Eine Spezialeinheit der HSU holte die geständigen Personen ab, um sie in einem beschleunigten Verfahren in eine Strafanstalt zu bringen. Ein Sondergesetz erlaubte, auf ein Gerichtsverfahren zu verzichten, wenn ein Geständnis vorlag. Wie diese Beichten zustande kamen, fragte niemand. Es herrschte aber ein großes Interesse daran, möglichst viele Straftäter zu „ernten‟, wie es im Fachjargon hieß, da die Gefangenen Zwangsarbeit leisteten und somit noch günstiger als die Slumarbeiter waren.
Dunkle Gerüchte gingen in den Slums herum, dass mit den Insassen auch andere Verwendung stattfand. Von unethischen Experimenten bis hin zu Organverwendung schossen die Erzählungen ins Kraut. Fakt war, dass der HSU-Bus zehn Betroffene aus einem großen Wohnhabitat abholen sollten. Die Männer würden dann zur alten Orbitalstation „Spes 4‟ geflogen, einer alten stillgelegten Industrieanlage, die seit einigen Jahren renoviert als Gefängnis diente.
Inzwischen waren die Fahrzeuge auf der staubigen Straße nur noch 1,140 Kilometer voneinander entfernt. Auf dieser einsamen Route war es selten, dass mal ein anderer Wagen auftauchte. Baculus schlief schnarchend. Im HSU-Panzerbus herrschte ausgelassene Stimmung. Die vier Männer an Bord freuten sich über die nächste Fuhre, denn das bedeutete ein fette Provision zu ihrem sonst eher mageren Lohn. Die Uniformierten schwatzten über vergangene Erlebnisse. In erster Linie ging es darum, wie sie dem „Dreckspack‟ Manieren beigebracht hatten, und brüsteten sich diverser Gemeinheiten und brutalen Aktionen.
Niemand scherte sich darum, warum sie stets nur Gefangene hinbrachten und niemals eine Person zurückkehrte. Die Fahrzeugführer sahen sich näherkommen. Ausgerechnet an einer Straßenverengung zwischen zwei Felsen mussten sie sich treffen. Da würde wohl einer von ihnen bremsen müssen. Doch keiner von ihnen dachte auch nur daran. Der Fahrer der Noxiusbruderschaft fluchte laut, wovon sein Beifahrer wach wurde. Eine Vollbremsung auf dem sandigen Weg ließ sie mehrere Meter rutschen, bevor sich der Wagen querstellte. Der HSU-Panzerbus rammte mit voller Geschwindigkeit das Vehikel und beförderte es mit explosionsartiger Wucht gegen eine der Felswände.
Es landete kreischend auf der rechten Seite, während das Dach von der Massenträgheit zerquetscht wurde. Auch die beiden Männer im Frontbereich hatten keine Chance. - Artus Iceberg schleuderte im Laderaum gegen eine aufgerollte Schaummatte. Der HSU-Bus dröhnte einfach weiter, ohne sich um den Unfall zu kümmern. Im Gegenteil: Die Uniformierten johlten und lachten hämisch. Was interessierten schon irgendwelche reisende Zivilisten in so einer Karre?
Das demolierte Wrack zischte, und Öl und Benzin liefen blubbernd und glucksend aus. Und kurz darauf entflammte eine Pfütze unter dem Wrack und fraß sich langsam an der verformten Karosserie entlang. Artus Iceberg lag im Innenraum und stöhnte. Er war benommen, aber bis auf Hämatome hatte er keine Verletzungen. Er rappelte sich auf und schlug und trat gegen die Hecktür des Transporters. Sie stand bereits einen Spalt auf und war durch den Aufprall verbogen. Nach mehreren Versuchen konnte er sich befreien und aus dem Wagen stolpern.
Mit den Fußschellen konnte er nur kleine Trippelschritte machen. Als er das Feuer bemerkte hastete er so schnell wie möglich vom verunfallten Vehikel weg, umrundete einen der Felsen und kauerte dort. Drei Sekunden später explodierte der Benzintank in einer gewaltigen Feuerwalze. Metallteile schossen durch die Luft und schleuderten ringsum in die staubige Ebene. Das Fahrzeug brannte nun lichterloh. Eine schwarze Rauchsäule drehte sich in den Himmel. Noch ein wenig wackelig auf den Beinen stolperte Iceberg mit der kurzen Kette zwischen seinen Fußgelenken umher.
Er befand sich im Nirgendwo. Die Sonne brannte von oben und sorgte dafür, dass der Gefesselte in wenigen Sekunden nassgeschwitzt war. Nackt, wie er war, würde er sich in kurzer Zeit einen fiesen Sonnenbrand holen, dann einen Sonnenstich und schließlich verdursten - wunderbare Aussichten! Weit und breit war kein Fahrzeug zu sehen. Und selbst wenn? Würde ihn jemand in seinem Zustand mitnehmen? Er musste aus diesen Fuß- und Handschellen heraus. Aber wie? Ohne Sicherheitsschlüssel war da nichts zu machen. Üblicherweise waren die speziell gehärteten Stahlkonstruktionen zusätzlich mit einem Kern aus verhakten Nanopartikeln diverser Zusammensetzung ausgestattet. Mit Bohrern, Schneidern oder Brennern kam man da nicht weiter.
Aber dazu musste Iceberg erst mal überhaupt jemanden finden in dieser Einöde. Er stolperte auf die Straße. Mehrere Stunden schlurfte er in seiner Fesselung vorwärts. So langsam setzte ihm die stechende Sonne zu. Sein Kreislauf machte nicht mehr lange mit. Er wollte nicht als ausgeblichenes Skelett an diesem ariden Arsch der Welt enden. Er kämpfte sich weiter, Schritt für Schritt. Ihm war schon zwei Mal kurz schwarz vor Augen geworden und schwindelig. Nach einem weiteren Kilometer sackte er auf die Knie und kippte seitlich um in den Staub. Er fühlte noch kurz den Aufprall seines Kopfes und dachte skurrilerweise daran, dass es ihm peinlich wäre, nackt und in Castitasschelle gefunden zu werden, aber dann wurde es endgültig schwarz.
Gravis konnte die Ankunft des Schiffes auf Beta Patria kaum erwarten. Er wollte endlich seine Freunde in Empfang nehmen. Und seit er weder Neurohalsband, Nackenchip noch Castitasschelle mehr trug, war das Leben einfach schön, nachdem alle Gedächtnisextraktionen rückgängig gemacht worden waren. Zumindest vermisste er keine Erfahrungen oder Erinnerungen. Das Einzige aus damaliger Zeit, auf das er gut hätte verzichten können, war das Brandmal, das ihm seine frühere Besitzerin Praefecta Audaxa auf die Hinterbacke gebrannt hatte. Bisher konnte er sich nicht zu einer Laserbehandlung überwinden. Das „Schmuckstück‟ gehörte zu seiner Vergangenheit, und er wollte es behalten, um sich seiner jetzigen Freiheit bewusst zu sein.
Der ehemalige Custos hatte wieder seine Tätigkeit als Security bei Prospect Enterprises aufgenommen, deren Abteilung vergrößert worden war, seit das Unternehmen auch das Feld Rüstung bewirtschaftete. Der Muskelhüne trug eine Uniform aus einem dehnfähigen Stoff, dicke schwarze Stiefel und in seinem Gürtel eine Stablampe, einen Elektrostab und an seinem Handgelenk ein abhörsicheres Mobilcom. Er war in der Konzernzentrale eingeteilt und sicherte die oberste Ebene, wo auch Mr. Carthy mit seinem Büro residierte. Bei den wenigen Übergriffen, die es dort gab, hatte sein Anblick bereits ausgereicht, um Eindringlinge schnell davon zu überzeugen, das Weite zu suchen. Aber viel zu tun hatte er hier in der obersten Etage eh nicht. Die meisten Demonstranten und Protestler, die gegen die Rüstungsproduktion wüteten, wurden schon vor dem Gebäude vom allgemeinen Wachschutz abgefangen und der Polizei übergeben.
Gravis kontrollierte auf einer Wand mit holografischen Monitoren diverse Überwachungskameras auf seiner Ebene, aber auch weitere in den Stockwerken darunter. Alles war ruhig. Vor dem PE-Gebäude allerdings hatte sich mal wieder eine wütende Menschenmasse angesammelt, hielt Schilder in die Höhe und brachte lauthals in Sprechchören zum Ausdruck, was sie von der Firmenpolitik hielt. Nicht viel. Gravis schaltete auf die Außencam. Der Scanner zählte 3.412 Personen. Dazu kamen 628 Polizei-Androiden, die versuchten, die Menge unter Kontrolle zu halten. Nachdem sich die Widerstände und Proteste gegen die Regierung der VA etwas verringert hatten, konzentrierten sich nun die meisten Aktivisten auf die Rüstungsfirmen auf Beta Patria und Pax Novo.
Mr. Carthy schüttelte den Kopf, als er den Newsfeed auf seinem Desk-Monitor schaute. „Was glauben diese Pazifisten eigentlich, was ohne die Waffen geschehen würde? Das Dominion besteht nicht gerade aus Philanthropen.‟ Polizeidrohnen flogen über der Menge und scannten nach Waffen und analysierten Bewegungen. Die DME (Drohnen für multiple Exekutivaufgaben) schickten die Daten in Realtime an die Sicherheitsbehörden, wo sie von Algorithmen vorsortiert und dann von Angestellten bearbeitet wurden. Bisher gab es nur kleinere Vergehen, zum Beispiel Vandalismus an umliegenden Gebäuden. 97 Prozent der Täter wurden sofort identifiziert und ins Strafregister der Behörde aufgenommen. Einige gewalttätige Auseinandersetzungen wurden von den Drohnen augenblicklich unterbunden. Als Zwangsmaßnahmen verfügten die DME über Neuro-Chem-Tanks sowie Taserzielvorrichtungen.
Während es draußen etwas ruhiger unter den Demonstranten wurde, machte Gravis Mittagspause. Er legte seinen Gürtel mit der Ausrüstung ab und schlüpfte in der Umkleidekabine der Security aus seiner Uniform, legte sie in seinen Spind und ging unter die H2O-Dusche. Das aromatisierte Wasser tat seinen verspannten Muskeln gut. Es perlte über die bergige Haut und vermischte sich mit dem Schaum der Tenside. Erfrischt schlüpfte Gravis in eine weiße Spandexhose und streifte sich eine Art Bademantel aus Frottee über. Im Aufenthaltsraum der Wacheinheit ließ er sich auf einen Stuhl aus modifiziertem Aluminium fallen, der unter seinen 175 kg knarrte.
Drei Kollegen waren ebenfalls anwesend und schauten auf den Newsfeed, der großflächig an ein Wandpaneel projiziert wurde. Es ging gerade ausnahmsweise mal nicht um die politischen Unruhen auf Beta Patria oder die drohende Invasion des Alpha Dominion, sondern um die Wahl zur Schönheitskönigin des Planeten. Die Männer pfiffen und applaudierten beim Anblick der hübschen Ladys und gaben dümmliche Machosprüche von sich. Nur Gravis hielt sich zurück. Als ihm das Gejohle zu viel wurde, zog er sich in den Nebenraum zurück, wo ein Fitnessgym eingerichtet war. Die Jungs sollten froh sein, dass sie nie unter die Fuchtel von Regina-Feministinnen geraten waren, keine Castitasschelle tragen mussten oder sonst wie unterworfen wurden, grummelte er und stemmte die schweren Gewichte, um seinen Ärger im Zaum zu halten.
Er hatte gerade scheppernd die Langhantel mit 300 kg Eisen wieder in die Ablage gewuchtet, da ploppte eine Push-Nachricht an seinem Handgelenks-Com auf: Explosion auf Raumhafen. Gravis las den Text dazu, öffnete mit einer Geste einen Holoschirm und spielte das Video zur Nachricht ab. Es ging um ein Raumschiff von Prospect Enterprises, dass von Colognia Agricultura zurückgekehrt war. Ein Tank war bei der Landung explodiert. Der Zwischenfall sorgte für eine weiträumige Sperrung des wichtigen Logistikkreuzes der Hauptstadt. Momentan überschlugen sich die Spekulationen. Ob es Tote oder Verletzte gab, war unklar. Eine Überwachungs-Cam hatte die Explosion direkt nach der Landung festgehalten. Ein Teil der Pilotenkanzel war getroffen und zerbrochen und hatte sofort Feuer gefangen. Gravis spürte, wie ihm sein Herz bis in den Hals schlug. Animus! Tot? Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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~ XCIII ~
Auf Colonia Agricultura gingen die Arbeiter ihrer Tätigkeit auf den endlos erscheinenden Plantagen nach. Bewacht und kontrolliert von Cyborgs und Control-Bots schufteten sie im Akkord. Auch Goran gehörte zu ihnen. Der Humanoide war auf Beta Patria aufgewachsen und wollte auf dem landwirtschaftlichen Planeten CA genug Kredit-Einheiten verdienen, um sich ein Leben auf Beta Patria aufzubauen. Eine kleine Wohnung in einem Habitat, eine angenehme Beschäftigung, die er von zu Hause aus erledigen könnte, eine kleine Familie vielleicht. Doch für genügend Startkapital lagen noch mindestens sechs bis neun Monate Plackerei vor ihm.
Und jetzt war dieser ominöse Fall des verschwundenen Corium Bestia dazwischengekommen. Er wollte nicht nur aus Neugierde herausfinden, was da hinter den Kulissen der Max-Plantage ablief, sondern auch für Gerechtigkeit sorgen. Die rote Linie war eindeutig überschritten worden. Die Arbeiter wurden eh schon ausgebeutet. Aber wenn Personen verschwanden konnte er das nicht mehr einfach tatenlos hinnehmen.
Goran bezweifelte inzwischen, dass er in der Lage sein würde, herauszufinden, was es mit dem verschwundenen Corium Bestia auf sich hatte. Die einzigen Personen mit Einfluss waren in ihrem Frachter gestartet und hatten Colonia Agricultura verlassen. Goran hatte sie nicht kontaktieren können. Diese Chance war also ungenutzt verstrichen. Eigentlich waren die CB ihm eine fremde Spezies gewesen, aber seit er seinen Freund Truncus, ein Corium Bestia, aus seiner Castitasschelle befreit hatte, waren sich die Männer näher gekommen und führten eine intime Beziehung, die sie jedoch geheim hielten, denn Partnerschaften unter den Arbeitern waren auf der Plantage verboten.
Derweil gingen die Experimente an dem kahlgeschorenen Corium Bestia im unterirdischen Laboratorium der Anlage weiter. Nackt und an diverse Kabel geschlossen, manipulierten die Wissenschaftler das Wesen mit elektrischen Impulsen und Datenströmen, die sie direkt in das Gehirn der Kreatur sendeten. Längst ging es nicht mehr darum, Auffälligkeiten wegen der unbekannten Erreger zu finden, sondern willkürliche Experimente an dem armen Leiharbeiter durchzuführen. Es ging mittlerweile um den perfiden Plan, ein Sklavenarbeiterkontingent zu züchten. Dazu musste die Corium Bestia nur angepasst werden.
Vorbild für diese Idee waren die Placidus, ein pazifistisches Volk aus dem Raum des Alpha Dominion, das von einer Rasse namens Alba Simia versklavt wurden. Die intellektuellen Alba Simia machten sich jedoch dabei nicht selbst die Hände schmutzig, sondern sie kauften die Wesen von Sklavenhändlern, die meist dem martialischen Kaiserreich der Scarabaeus angehörten, einer insektoid-humanoiden Lebensform, die zwar ein übersteigerte Ehrgefühl, dafür aber keinerlei Moral oder Ethik kannten. Ganz im Gegensatz zu den grobschlächtigen Scarabaeus waren die feingeistigen Alba Simia allerdings trotz ihrer hohen Kultur zwar sittenstreng, aber nicht im Geringsten tugendhaft. Die weißhaarige Rasse hielt sich für die Krönung der Galaxie und erhaben über alle andere Lebensformen. Ihr ultranationales Denken ließ kaum Spielraum für politische Kompromisse. Aus machtstrategischen Gründen gehörten sie dem Alpha Dominion an, doch warteten sie nur auf die Gelegenheit ihre Hegemonie auszubauen. Der militärische Konflikt mit der Vereinigten Allianz bot eine gute Chance.
Mr. Khan, Leiter der Max-Plantage hatte genau diese gefährliche Rasse als Vorbild und wollte mit kostenlosen und willenlosen Arbeitssklaven gut Kasse machen. Die 130 Zentimeter kleinen Placidus eigneten sich als Dienerschaft oder Dienstleister, zum Beispiel als Programmierer für die Alba Simia, und die Corium Bestia waren mit iher Physiologie von zwei Metern bestens als Sklaven für körperliche Arbeit geeignet - wie für die Plantagenarbeit konzipierte Roboter. Selbstverständlich würde der Konzern Prospect Enterprises, Inhaber der Plantage, eine solch unmoralische und in der VA auch illegale Aktion niemals genehmigen, aber Mr. Khan hatte ja auch nicht vor, dies an die große Glocke zu hängen. Ihm ging es einzig und allein um bessere Geschäftszahlen und höhere Boni.
Als der PE-Frachter zurück in den Orbit von Beta Patria eintauchte, erreichte Animus und Violetta die besorgte Nachricht von Gravis. „Ich bin so froh, dass euch nichts geschehen ist. Im Raumhafen gab es eine gewaltige Explosion durch mehrere Treibstoffzellen eines Tankers. Ich dachte schon, ihr wärt das gewesen.‟ Wenige Stunden später hatte der Frachter seine Andockklammern ausgefahren und an einer orbitalen Station festgemacht. Danach waren Animus und Violetta gleich mit einem Gleiter auf den Planeten geflogen und waren von Gravis stürmisch begrüßt und dabei fast erdrückt worden.
Nach einem feuchtfröhlichen Wiedersehen besprachen sie die Planung, eine Dreier-WG zu gründen. Damit wollten sie jedoch noch warten, bis sie ein paar Dilithium-Einheiten gespart hatten. So lange würden Animus und Violetta noch als Piloten, und Gravis als Security bei PE arbeiten. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände auf Beta Patria hatten sich in letzter Zeit etwas entspannt. Trotzdem gab es strikte Sicherheitsmaßnahmen bei PE. Die Security bewachte den Firmensitz in Alarmbereitschaft. Schließlich war der Konzern nicht nur Logistiker und Teilproduzent von Nahrungsmittelstoffen sondern entwickelte und stellte auch Rüstungsgüter her. Konzernchef Mr. Carthy musste daher auch mit Wirtschaftsspionage oder Anschlägen rechnen.
Die Regierung hatte alles daran gesetzt, die eigene Bevölkerung mit Sofortgesetzen zu beruhigen, die Steuernachlässe und andere Bonbons beinhalteten. Während der Hohe Rat von Beta Patria bei einem Holo-Meeting über weitere Maßnahmen zur Verteidigung der VA beratschlagte, genossen Animus und Violetta ihre Suite im konzerneigenen Gebäude und ließen es sich in einem Whirlpool gutgehen. Eine gesamte Wand des Raumes bildete ein transparentes Fenster und zeigte die Skyline der Hauptstadt mit Blick auf den trutzigen Regierungsbau. Gerade wollte Violetta auf ihren Liebsten steigen, da flog eine DME (Drohne für multiple Exekutivaufgaben) vorbei. Mit einem schnellen Gestenbefehl wurde das Fenster milchig. Videoüberwachung ihres Liebeslebens brauchte die Rothaarige nun wirklich nicht. Animus hatte davon gar nichts bemerkt. Sein Gesicht war zwischen den knackigen Brüsten der Schönen vergraben.
Ihr Kamerad Gravis stand gerade in seiner Suite unter der Dusche und ließ sich von insgesamt 16 H2O-Düsen mit Wasser bestrahlen. In die Sonderanfertigung hätten sicherlich bis zu vier Menschen gepasst, aber Gravis mit seinen extrem hypertrophierten Muskeln benötigte den Platz allein für sich. Mit einem Gestenbefehl bildeten sich Spiegel an den Wänden der Duschkabine, die trotz des warmen Wassers nicht beschlugen. Der Koloss betrachtete nicht etwa seine beeindruckende Muskulatur sondern sein Gesäß, auf dem immer noch das Brandzeichen der Audaxa prangte. Das Familienwappen der ehemaligen Praefecta auf dem Mond Fortuna behielt Gravis als Erinnerung an eine dunkle Vergangenheit.
Dann wanderte sein Blick zu seinem Gemächt. Es war für einen Menschen durchaus stattlich, doch wegen der dicken Oberschenkel wirkte es eher ein wenig verloren. Eine Zeitlang hatte er eine Castitasschelle getragen. Für ihn war es immer noch ein ungewohntes Bild, seinen fleischigen Penis und die Hoden so offen und unbedeckt zu sehen. Er griff nach dem Phallus und spürte, wie er pulsierte und verhärtete. Jetzt durchströmte ihn ein plasmaheißes Verlangen. Er bewegte seine Pranke hin und her und fühlte, wie seine Geilheit immer weiter anstieg bis er schließlich seine Lust verströmte wie eine Sonneneruption ihr Feuer.
Mr. Iceberg wachte mit flatternden Augenlidern auf. Wo war er? Es schepperte und lärmte um ihn herum. War das ein alter Dieselmotor mit einem riesigen Hubraum? Er saß zusammengesunken auf einem Fahrzeugsitz, nicht gefesselt. Er trug sogar Kleidung. Zwar nur alte Fetzen, aber die waren wertvoll wie Dilithium, wenn man vorher nackt war und eine Castitasschelle trug. Wo war er bloß, fragte er sich. Jede Bewegung schmerzte. Er drehte langsam seinen Kopf zum Fahrer, der neben ihm saß. Eine raue, dunkle Stimme tönte laut: „Ah! Da ist er ja wieder. Und? Gut geschlafen, der Herr?‟ Iceberg hustete und blinzelte. „Wo bin ich?‟ Der Mann neben ihm trug einen ledernen Zylinder mit einer alten Schweißerbrille wie ein Hutband. Seine Kleidung erinnerte an irgendeine historische Epoche auf der Erde.
Der Fahrer nickte. „Ja, im Nirgendwo. Hier ist nichts außer Einöde. Weit und breit. Wir müssen noch 600 Kilometer fahren bis zur nächsten Zivilisation. Ich habe dich auf der Straße gefunden. Sahst nicht gut aus. Habe dir erst mal Wasser eingeflößt.‟ Dann zeigte er zu Icebergs Fußraum. „Und die Kette habe ich mit dem Laser durchgeschnitten. Was bist du? Ein Strafgefangener? Hab den ausgebrannten Wagen gesehen. War ja nicht zu übersehen, dieses schwarz verkohlte Gerippe. Bei mir ist übrigens nichts zu holen, und der Wagen fährt nur mit meiner DNA am Steuer, also versuche erst gar nichts.‟ Iceberg verzog das Gesicht. „Ich bin kein Krimineller. Ich bin reingelegt worden. Die wollten mich loswerden.‟ Der Fahrer lachte rau auf. „Ja, das sagen sie alle. Ist mir auch egal. Juckt mich nicht, was du gemacht hast. Ich mag diese verdammten Clans und ihre Handlanger nicht.‟
In einer aufblitzenden Hoffnung fasste sich Iceberg an den Schritt, aber die Castitasschelle hatte der Mann nicht entfernt. Der Fahrer reichte ihm eine schwielige Hand in fingerlosen Lederhandschuhen. „Alle nennen mich Sterling. Lange Geschichte.‟ Sein Nebenmann erwiderte den Handschlag. „Iceberg. Keine Geschichte. So ist mein Name. Artus Iceberg.‟ Sterling grinste und ließ einen Goldzahn aufblitzen. „Jeder Mann hat eine Geschichte. Und kein Mann streift freiwillig hier herum.‟ Sein skeptischer Blick schien zu ergänzen: „Erst recht nicht nackt und in Castitasschelle.‟ Iceberg zuckte mit den Schultern. „Wie gesagt. Ich bin einem Missverständnis zum Opfer gefallen.‟ Sterling nickte mit spitzen Lippen, was wohl so viel hieß, dass er kein Wort davon glaubte.
Nach weiteren 20 Kilometern auf der staubigen Straße bog Sterling plötzlich quietschend nach links auf eine schmale Piste ab. Iceberg musste sich festhalten. „Wieso fahren wir hier herum? Wollen wir nicht zur nächsten Station?‟ Sterling schnaubte. „Wir können nicht hier auf der Straße bleiben. Außerdem ist das eine Abkürzung durch die Sümpfe.‟ Iceberg sah ihn ungläubig an. In dieser ariden Umgebung sollten Sümpfe sein? Aber tatsächlich änderte sich die Vegetation nach weiteren 30 Kilometern und bot Flechten, Moose und kleine Sträucher am Wegesrand. Dann sah er auch die Moorlandschaft, die sich auf einer Seite der Piste erstreckte. An der Oberfläche lagen, teils untergegangen, gelbe Stahlfässer. Iceberg schluckte. „Ist das das, was ich befürchte?‟ Er zeigte auf die rostigen Behälter mit dem schwarzen Warnsymbol für Radioaktivität. Sterling schmatzte. „Wenn wir schnell genug durchfahren, passiert nichts.‟ Iceberg blieb die Antwort im Rachen stecken. Er schloss die Augen und atmete unwillkürlich flacher.
Er öffnete die Augen erst, als er Sterlings Stimme hörte: „Wir haben ein Problem.‟ Vor ihnen war die Piste von dem Sumpf gefressen worden. Wasserlachen und Schlamm breiteten sich aus. Da kam auch ein Allradantrieb mit den 335/80R20-Reifen nicht durch. Mit der Kiste zu wenden war allerdings auch nicht möglich, denn längst suppte auch auf der rechten Seite das Moor bis an die schmale Fahrbahn. Das Klima war heiß und schwül, aber Iceberg schwitzte jetzt vor allem vor Angst hier das Zeitige zu segnen. „OK. OK. Was machen wir jetzt? Wie ist der Plan?‟ Sterling räusperte sich umständlich. Iceberg wartete ungeduldig auf eine Antwort. Dann fragte er nach: „Sie haben doch einen Plan?‟ Sterling zeigte nach vorne. „Wir müssen da durch. Drehen können wir hier nicht.‟ Iceberg stöhnte. „Haben Sie keinen Funk, um Hilfe zu holen?‟ Sterling sah ihn mit angehobenen Augenbrauen an, als säße er vor einem Idioten. „Hilfe? Von wem? Dann lande ich in einer Strafkolonie. Und Sie... Keine Ahnung, was die mit Ihnen tun, aber ich würde es nicht drauf ankommen lassen.‟
Iceberg starrte ihn an. Sterling atmete laut aus. „Sie sind hier auf Atra Mundo. Hier herrschen die Clans nach Gutdünken. Erzählen Sie mir Ihre Geschichte, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe.‟ Iceberg erkannte, dass er nichts zu verlieren hatte, also spuckte er seine Vergangenheit aus. Er berichtete von dem missratenen Update der Androiden auf Beta Patria und seiner Flucht. Sterling lachte humorlos. „Dann sind Sie am Arsch! Die wollten Sie nach Spes 4 bringen.‟ Iceberg horchte auf. Sterling erläuterte, was es damit auf sich hatte. „Die alte Orbitalstation wird offiziell als Gefängnis genutzt, aber sie ist eine Versuchsanstalt. Wer einmal das Deck der Station betritt, kehrt nie wieder zurück.‟ Iceberg wurde in den Sitz gepresst, als Sterling urplötzlich Vollgas gab. Iceberg hielt sich an der Tür fest und sah mit aufgerissenen Augen, wie das Fahrzeug auf den Sumpf zuschoss. „Ich dachte, da kommen wir nicht durch!?‟ Sterling brüllte über den hochtourigen Dieselmotorlärm an. „Wir müssen nur 50 Meter schaffen, bevor wir versinken. Danach ist die Piste wieder trocken.‟
Iceberg konnte nichts erkennen. Offenbar hatte Sterling ein optisches Upgrade in seinen Augen. Eine Sekunde später sackte das schwere Vehikel ab und rumorte durch den Matsch, grub die dicken Reifen tief in den Untergrund und versuchte vorwärts zu gelangen. Zeitweise drehten die Räder durch, spritzten den Dreck mehrere Meter hoch, aber irgendwie schafften sie es schlingernd und ruckartig Stück für Stück zurückzulegen, ohne in dem Morast zu versinken. Doch mit jeder Sekunde kam das schwere Mobil langsamer vorwärts. Noch circa 20 Meter mussten sie schaffen. Iceberg verkrampfte am gesamten Körper. Sterling lenkte wild hin und her und versuchte irgendwie die Richtung zu halten. Und dann ging nichts mehr. Die Reifen drehten durch und gruben sich bis zur Hälfte in den Schlamm ein.
Entsetzt blickte Iceberg zum Fahrer. Doch damit nicht genug der Misere: Langsam sank das gesamte Fahrzeug in die Tiefe. Sterling fummelte am Armaturenbrett und zog ein Funkgerät mit diversen Kabeln und einer kleinen Antenne hervor. Iceberg sah ihn skeptisch an. „Ich dachte, die stecken uns in diese Orbitalstation.‟ Sterling verzog seinen Mund schief. „Ganz genau, aber sonst sind wir in fünfzehn Minuten Moorleichen. Ist das besser?‟ Iceberg stöhnte. „Ehrlich gesagt... Ich weiß es nicht.‟
Zehn Minuten nach dem Funkspruch war das Fahrzeug schon bis zu den Fenstern versunken. Da durchbrach ein vantablackfarbener Raumgleiter die Wolkendecke und näherte sich exakt über dem Vehikel der Oberfläche. Die Bremsdüsen waren im 45-Grad-Winkel seitlich ausgerichtet, damit der heiße Strahl nicht die beiden Männer traf. Auf zehn Metern Höhe positionierte sich der Flieger und ließ vier Drahtseile mit jeweils einem zylinderförmigen Ende herab. Es handelte sich um Magnete, die auf dem Fahrzeug aktiviert wurden. Kurz darauf ruckte das Vehikel schmatzend aus seiner Gefangenschaft und hob sich drei Meter in die Luft. Der Gleiter navigierte in eine Linksdrehung und bewegte sich mit 30 km/h vorwärts über die Moorlandschaft. Iceberg hielt sich noch verkrampfter in dem schwingenden Chassis fest als zuvor. „Warum lassen die uns nicht da vorne auf der Piste runter?‟
In einer 500 Kilometer entfernten Megacity wehrten gerade zwei Trupps der HSU (Habitat Security Unit) einige Eindringlinge ab, die es aus den Slums bis in die inneren Wehranlagen eines Luxuswohnhabitats geschafft hatten. Die uniformierten Männer fragten sich, was dieses Pack nur immer wollte? Sollte das ein Raubüberfall werden? Eine Frage nach Asyl? Suche nach Arbeit? Einfach nur der Versuch etwas zu erbetteln? Wie auch immer. Die Trupps schossen mit Gummigeschossen auf die Menschen, die in ihren zerfetzten Lumpen über das Gelände rannten. Sechs Eindringlinge waren von drei Sicherheitsangestellten in einer Sackgasse zwischen einer Wand und dem inneren Elektrozaun gestellt worden. Statt sie festzunehmen und aus dem Gelände zu führen, schossen sie jedoch ihre Magazine leer auf die sich ergebenden Männer. Einer der Uniformierten kaute genüsslich Kaugummi, während er auf einen knienden Mann zielte.
Die Spezialmunition sorgte nicht nur für heftige Schmerzen beim Aufprall, sondern war auch mit einer psychoaktiven Substanz angereichert, die durch die Haut aufgenommen wurde und den Willen der Person unterdrückte. So konnten die sechs Leute ohne nennenswerte Gegenwehr festgenommen und zur DNA-Identifikation gebracht werden. Medizinisches Personal entnahm ihnen Gewebeproben und machte diverse Tests. Die Männer waren nackt und von Düsen mit einem speziellen Reinigungsmittel gewaschen worden.
Erst, als alles Untersuchungen abgeschlossen waren, erhielten sie ihre Lumpen zurück. Ein Mannschaftstransporter der HSU brachte sie auf die Straße außerhalb des Habitats und zerrte sie dann hinaus. Es folgten neue Gummiprojektile, die hinter den Flüchtenden hinterher geschossen wurden. Orientierungslos und mit einem gelöschten Kurzzeitgedächtnis, hervorgerufen durch die zweite Dosis der Substanz, irrten sie auf der Straße dem nächsten Slum entgegen. An die vergangenen zwölf Stunden würden sie sich nie wieder erinnern können.
Die Leiterin der medizinischen Abteilung der HSU schnaubte und fegte mit einer wütenden Handbewegung die DNA-Proben vom Labortisch. „Wieder keine Übereinstimmung. Die Bruderschaft wird langsam ungeduldig. Wir müssen bald jemanden finden. Bringt mehr her.‟ Ich brauch mindestens 50 Probanden in dieser Woche, sonst sehe ich schwarz für einen Treffer.‟ Sie sah sich die Videoaufzeichnung der sechs Männer an, als sie im Bodyscanner standen. „Der da hat ja den reinsten Munusphallus.‟ Sie lachte und tippte auf das Display. Dann rieb sie sich müde die Schläfen und griff nach einem Becher Kaffee, pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und nippte an dem heißen Koffeingetränk.
Das Vehikel von Sterling flog weitere 20 Kilometer bis zu einer Landeplattform für suborbitale Transporter und landete dort krachend auf dem Betonboden. Anschließend setzte sich der Gleiter neben das Fahrzeug. Die Landerampe fuhr aus und durch die geöffnete Luke strömten sechs armierte und gepanzerte Personen. Sie sahen aus wie offizielle Militärangehörige, aber trugen keinerlei Abzeichen. Die beiden Männer wurden grob aus dem Wagen gezerrt und zu einer Bunkeranlage gebracht, die direkt neben der Plattform ihren Eingang zu dem unterirdischen Bau hatte. Eine mit schweren Titanblenden verkleidete Rolltür öffnete sich, ließ die Gruppe herein und schloss sich sofort wieder.
Sie befanden sich nun in einer großen Aufzugskabine. Das flackernde Neonlicht an der Decke hatte schon bessere Zeiten erlebt. Nach einer 14-sekündigen Fahrt öffnete sich die Tür, und die acht Personen traten auf eine Art Bahnsteig einer kleinen U-Bahnstation. Sie bestiegen eine Passagierkabine und schossen mit bis zu 400 km/h auf einem Luftbett durch die Röhre. Die Fahrt dauerte eine gute Stunde. Am Zielort wurden Sterling und Iceberg getrennt voneinander in kahle, kleine Zellen gebracht. Eine Stimme aus einem Lautsprecher an der Decke wies Iceberg an, sich vollständig zu entkleiden und sämtlichen Schmuck etc. abzulegen. Der Gefangene dachte kurz darüber nach, sich zu weigern, aber dann sah er die Sinnlosigkeit ein und folgte der Anweisung der synthetischen asexuellen Stimme. Nur die Castitasschelle blieb notgedrungen an Ort und Stelle.
Er wartete auf die nächste Audiobotschaft, aber die Zellentür öffnete sich wieder, und zwei Männer traten ein, die kleine Gasmasken vor Mund und Nase trugen. Im nächsten Augenblick zückte einer der Typen einen handgroßen Metallzylinder und sprühte Iceberg einen Nebel entgegen. Er spürte, wie er die Besinnung verlor und sackte zusammen. Der andere Mann fing ihn auf. Nun erschienen zwei weitere Personen mit einer Trage, auf der der Gefangene abtransportiert wurde. Keine drei Minuten später lag er fixiert auf einem Alutisch in einer Art Laborraum. Eine Frau in einem Kittel mit langen Haaren und einem Kaffeethermobecher in der Hand stand über ihn gebeugt, als er aus seiner Ohnmacht erwachte.
Iceberg ächzte und sah sich verwirrt um. Er war nackt auf diesem kalten Tisch fixiert, bemerkte die Unbekannte und rief: „Was soll das? Wo bin ich? Machen Sie mich los!‟ Statt zu antworten, nahm die Frau im Kittel ein medizinisches Gerät und hielt es dem Patienten auf die Brust. Plötzlich zuckte Iceberg schmerzerfüllt auf. Ein roter runder Abdruck von einem Zentimeter Durchmesser war auf seiner Brust zu sehen. Er hörte die weibliche Stimme durch einen Vorhang aus brennendem Schmerz: „Eine kleine Gewebeprobe für die DNA-Untersuchungen. Und hey, ich denke, wir haben hier einen Glückstreffer. Sie sind geeignet.‟ Der Liegende stöhnte auf. „Was heißt das? Wofür geeignet?‟
Ein Roboterarm mit einem scheibenartigen Gerät sank von der Decke ab und legte sich mit seiner Metallkonstruktion wie ein festes Band um den Schädel des Liegenden. Es justierte sich so eng, dass Iceberg wieder aufstöhnte. Ein Surren tönte auf, und er merkte, wie ihm die Haare auf der anderen Seite der Scheibe wegrasiert wurden, so dass er bald eine Tonsur aufwies wie ein Mönch auf der mittelalterlichen Erde. Anschließend hörte er ein Zischen und spürte eine aufgesprühte Substanz, die etwas auf der Kopfhaut brannte und nach Alkohol roch. Die Frau klebte zwei Elektroden auf den blanken Schädel. Danach steuerte sie mit einem mobilen Display eines kleines Gerätes in ihrer Hand einen Roboterarm, der einen feinen Bohrer antrieb und sich surrend dem Kopf näherte.
Der HSU-Trupp hatte Feierabend, hängte die Uniformen in die Spinde und duschte gemeinsam in der Dienststelle. Die Männer verabschiedeten sich, nachdem sie sich ihre Freizeitkleidung angezogen hatten. Einer von ihnen fuhr mit einem Aufzug in sein Apartment und holte aus dem Nahrungsmittelzubereiter ein Fertiggericht und eine kalte Flasche mit Yellow Hell, einem Biergetränk. Er setzte sich auf seinen Gelsessel und legte Beine hoch, schaltete einen großen Monitor mit einer Geste an und zappte durch die Programme. Bei einer Kampfshow blieb er hängen: Fünf Männer, offenbar dafür engagierte Slumbewohner, fighteten gegen einen komplett rasierten Corium Bestia, der nur einen halbtransparenten Nylontanga trug. Die Gegner waren wenigstens in schwarze Latexshorts gekleidet.
Es handelte sich um einen Freestyle-Fight, bei dem es praktisch keine Regeln gab. Beißen konnte niemand, denn alle Aktiven trugen abgeschlossene Mundschilder aus atmungsaktivem Polymer, die im Nacken elektromagnetisch gesichert waren. Die Arena konnte niemand verlassen, da sie von einem runden Käfig begrenzt wurde, der nach oben zu einer Halbkugel gestaltet war. Die modernen Mikrokameras waren von innen angebracht und sorgten für beste Bilder aus allen Winkeln und aus nah oder fern. Mehrere kräftige Lichtstrahler ließen die Arena mit 1.200 Lux hell erleuchten.
Der Zuschauer stopfte sich das Laborfleisch mit dem Sojabrot in den Rachen und gluckste ein paar Schlucke Bier hinterher. Wer in der Show gewann oder verlor, war ihm völlig egal. Er wollte einfach seichte Unterhaltung sehen, wie sich die Protagonisten prügelten, rangen, boxten, die Glieder verdrehten, schlugen, traten und würgten. Momentan sah es so aus, als würden die fünf Männer den Koloss niederringen und dominieren. Sie konnten ihn auf dem Boden „festnageln‟, während einer von ihnen dem Rivalen kräftig in die Hoden trat. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal, dann befreite sich der kräftige Gegner und wischte einem der Männer das Bein weg, so dass dieser zu Boden knallte. Der Muskelberg packte weiter das Fußgelenk und schleuderte die Person rotierend gegen zwei der Kontrahenten. Der HSU-Angestellte lachte in sich hinein während er sich den Mund abwischte.
Die Show wurde aus einem der Studios im großen Wohnhabitat Star 3 ausgestrahlt, in dem auch bis zu 800 Zuschauer Platz nehmen konnten. Am Eingang zu den Sitzplätzen hatten die Produzenten der Show einen weiteren Corium Bestia in einem kleinen Standkäfig ausgestellt, der dem Exemplar in der Arena zum Verwechseln ähnlich war. Ein Datenschild bot Kurzinfos zu der Spezies. Als kleinen Gag konnten Interessierte mit einem bereitliegenden Elektrostab die Schmerztoleranz des Ungetüms testen. Der CB war sicherheitshalber breitbeinig und mit den Armen auf dem Rücken mit dicken Ketten gefesselt. So sollte er noch gefährlicher wirken und gefährdete niemanden.
Sowohl im Studio wie auch die Streamingteilnehmer konnten Wetten abschließen, wer Sieger werden würde. Gewinne wurden ausgezahlt, wenn man auch die Runde der Niederlage voraussagte. Beendet war die Auseinandersetzung erst, wenn eine Partei nicht mehr kämpfen konnte, weil sie bewusstlos war. Simulanten hatten keine Chance, denn ein Bioscanner war permanent auf die Akteure gerichtet, der in Echtzeit alle möglichen Biowerte ermittelte.
Auf Beta Patria lag die rothaarige Schönheit Violetta nackt und bäuchlings auf einer Massageliege und ließ sich von einem Androiden durchkneten. Es gab zwar auch komplett automatische Liegen mit vielen Massageflächen und Vorrichtungen, Greifarmen, Rollen, Gumminoppen und vielem mehr, aber Violetta bevorzugte die traditionelle Weise durch zwei humanoide Hände, obwohl sie in diesem Fall einem Androiden gehörten.
Animus war derweil in seiner Suite in ein Werbedatenpaket vertieft und betrachtete dreidimensionale Hologramme mit detaillierten Informationen zu Marinarien, Plattformen im Meer, die als exklusive Wohnhabitate angepriesen wurden. Als Pilot in leitender Stellung benötigte er trotzdem noch Jahre, um genug Dilithium zu sparen, um sich so etwas Extravagantes leisten zu können – selbst wenn Violetta das Eigenheim mitfinanzierte. Aber er gab sich gerne den Träumen hin, in so einem edlen Bau zu leben. Ob Gravis sich beteiligte, war irrelevant. Sein Securitygehalt reichte, um einen gewissen Lebensstandard zu halten, aber gewiss nicht um große Summen für eine Immobilie anzusparen.
Plötzlich poppte eine behördliche Nachricht über die Holodarstellung: Es war ein Kopfgeld-Holo. Seit den bürgerkriegsähnlichen Zuständen auf Beta Patria suchte die Planetenpolizei verstärkt nach Terroristen diverser Strömungen und Organisationen, die teilweise auch „normale‟ Straftaten begingen, um ihre Aktionen zu finanzieren. Es folgten noch sechs weitere Gesuchte, bis das Marinarium-Hologramm wieder freigegeben wurde. Animus seufzte. Die behördlichen Pop-ups zu blocken, war verboten. Aber er kannte eh keinen dieser obskuren Gestalten. Dabei hatten Animus und Violetta noch eine angenehme Unterkunft ohne kommerzielle Werbung. Billigere Quartiere verfügten über Advertising-Schaltungen an den Wänden, manche liefen alle 20 Minuten mit drei Spots – und das von morgens bis abends. Im Konzerngebäude von Prospect Enterprises war das zum Glück nicht Usus. Aber die Wohnsituation in der Hauptstadt war, gerade für mittlere und niedrige Einkommen, angespannt. Die zu wenigen Immobilien finanzierten sich durch diese beinahe permanente Reklame und Gehirnwäsche.
Die Algorithmen der Werbebranche individualisierten nach und nach die Werbung passend auf den potentiellen Kunden, und so wurde die Verführung, unnötige Produkte zu kaufen, immer größer, und viele Haushalte verschuldeten sich – ein weiteres Problem für die Regierung der Vereinigten Allianz, die den großen Konzernen nicht vor den Kopf stoßen wollte und auf entsprechende Gesetze bzw. Verbote verzichtete. Aber solange das Alpha Dominion in den Startlöchern für eine Invasion stand und die immer noch völlig unerforschte Anomalie sich um die VA wie ein Kokon ausbreitete, hatte der Hohe Rat andere Sorgen als die Lebensqualität einiger Bürgerklassen.
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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RE: Regina
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Datum:06.08.22 17:04 IP: gespeichert
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~ XCIV ~
Auf dem abtrünnigen Planeten Atra Mundo schwenkte gerade ein Transporter mit seinem lärmenden Strahltriebwerk auf seinen Landeplatz vor den Toren der Megacity Urbs Novum ein. Der Kapitän hatte „heiße‟ Fracht an Bord, die für die Noxius-Bruderschaft bestimmt war: synthetische Drogen diverser Art, Subjekte für die Erotikbranche, Waffen und illlegale Technologie sowie medizinische Ersatzteile in organischer Form.
Präzise betrachtet waren die Organe und anderen Bestandteile noch in den Wirten, sedierte Kreaturen, die auf ihren Einsatz warteten. So blieb alles schön frisch, wie der Kapitän mit einem breiten Grinsen seinen Abnehmern gegenüber gerne betonte. Jetzt musste der Händler nur noch auf seine Kundschaft warten. Draußen peitschte der Regen gegen den Rumpf seines Schiffes. Wegen des radioaktiven Niederschlags würden die Käufer mit Landtransportern kommen, die direkt an das Schiff andockten, ohne von der Atmosphäre kontaminiert zu werden.
Über die Landezone wirbelte der Wind Plastikfolien, Kunststoffteile und diversen Müll durch die Luft. Über den Boden schob sich rutschend und schabend eine Silikonplatte, die sich irgendwo gelöst haben musste, und sich spritzend in eine Öllache, die sich in einer Bodensenke der Betonplatten gebildet hatte, verhakte. Die anthrazitfarbene Wolkendecke verdüsterte das Sonnenlicht derart, dass unter freiem Himmel eine Dämmerstimmung herrschte. Der Kapitän las auf den Surface seiner Instrumententafel die Außenwerte der Atmosphäre ab und schüttelte den Kopf. Wie konnte man hier auf diesem Müllplaneten leben? Allein die Stickstoffdioxidwerte verringerten die Lebenserwartung signifikant, aber das war längst nicht alles: Schwefeldioxid, Ozon, Kohlenmonoxid, Ammoniak, Cadmium, Nickel, Blei und vieles mehr tummelte sich gesellig in dieser Luft.
Hier wäre er nicht für einen Riesenhaufen Dilithiumbarren auch nur für zehn Minuten herumspaziert. Dazu kamen noch die unberechenbaren radioaktiven Verseuchungen, die vom Wind mal hier, mal dort hin geweht wurden. Eine Glückslotterie, die zwischen Tod und Leben entschied. Zwar gab es auf Atra Mundo auch weniger belastete Gegenden, aber hier war ein längerer Aufenthalt im Freien eher nicht zu empfehlen – zumindest nicht ohne entsprechende Schutzkleidung. Der Händler scannte die Umgebung. Es näherte sich ein kleiner Konvoi aus schweren Bodentransportern. Drei schwere Gefährte auf Rädern, angetrieben von Verbrennungsmotoren. Leise konnte er ihren Lärm über die Außenmikrophone bereits hören. 22 Sekunden später erfasste sie auch die Außencam: Die drei olivfarbenen Panzer-Fahrzeuge näherten sich dem alten Landeplatz mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h. Am Heck der Transporter waberten rußschwarze Abgase in die Luft. Die großen Räder gruben tiefe Spuren ihrer Profile in den Untergrund.
Circa 3.000 Kilometer entfernt feierten 200 Mitglieder der Noxiusbruderschaft eine Party. In dem eingezäunten und streng bewachten Park einer pompösen Villa gab es Barbecue, kaltes Buffet, delikates Fingerfood und Desserts. Dazu flossen der teuerste Wein, Sekt und Whiskeys in die Kehlen der feierwütigen Gesellschaft. Bei schönstem Sonnenschein boten beleuchtete Pools sowie Whirlpools Kurzweil mit leicht bekleideten Damen. Die Luft war rein und eine Wohltat. Nur wenige Gegenden auf dem gesamten Planeten waren so frei von Schadstoffen und anderen Beeinträchtigungen. Das Villengelände lag auf einer Privatinsel mitten im Ozean in subtropischen Breitengraden. Neben den Bediensteten lebten noch etwa 1.200 weitere Menschen auf dem Eiland und lebten vom kargen und mühsamen Fischfang.
Die Bevölkerung war bettelarm, und eine Stelle bei dem Paten der Bruderschaft galt als Glückslos; doch das zogen die wenigsten Personen. Auf der anderen Seite des vier Meter hohen Sicherheitszaunes stand eine kleine Traube von armseligen Gestalten in zerrissener Kleidung. Zu ihnen wehte der Grillduft des Fleisches herüber, und das Gelächter und Stimmengewirr der Partypeople erreichte sie ebenso. Sehnsüchtig schauten sie zu dem entfernten Treiben. Manche krallten ihre Finger in das Gitter. Die Security der Bruderschaft ging nur aus einem Grund nicht gegen die Zaungäste vor: Sie hatten die entsprechenden Anweisungen, denn die Bevölkerung war harmlos, unbewaffnet und wäre niemals auf den suizidalen Gedanken gekommen, Gewalt gegen ihre Herren auszuüben. Trotzdem waren die Bodyguards schwer bewaffnet, denn immerhin gab es rivalisierende Gangs und Syndikate auf Atra Mundo. Ein modernes Scannersystem erfasste schon Flugobjekte in tausend Kilometern Entfernung. Einen Hafen gab es auf der Insel nicht. Auf einem Flugplatz parkten 42 Gleiter und Speedliner.
Einer der Securitymänner zückte seine kleine Multi-Gun und zielte auf die Menschen am Zaun. Es juckte ihn in den Fingern, aber er wollte keinen Ärger. Selbst die geladenen Plastikbullets durften nicht ohne ersichtlichen Grund verschossen werden. Er spuckte verächtlich aus und murmelte etwas von „elenden Schmeißfliegen‟. Aber der Pate hatte „seine‟ Bevölkerung unter seinen Schutz gestellt. Sie war sein Eigentum. Er gefiel sich in der Rolle des Monarchen. Ihm gefiel das Spiel mit der Macht. Er war Gönner, aber ließ die Menschen auch hungern, wenn ihm danach war. Doch das war mehr ein Hobby. Als Pate der Noxiusbruderschaft war er damit beschäftigt, ein mächtiges Imperium zu führen und gegen andere Kriminelle zu verteidigen. Von der Regierung, die eh nur Marionetten der Bruderschaft waren, hatte er nichts zu befürchten. Und höhere Instanzen der Vereinigten Allianz waren weit weg und hatten den Planeten längst aufgegeben.
Als die Sonne langsam im Meer versank, leuchte eine Lasershow auf, und Strahler erhellten das Partygelände. Musik wummerte und Trockennebel waberte. Ein Container mit mehreren Käfigen landete auf der großen Terrasse. Aus ihnen stiegen nur mit Stiefeln und Halstüchern bekleidete Tänzerinnen und führten eine erotische Choreografie auf, eingerahmt von Flammenwerfern, die im Takt der Musik loderten. Später boten die Damen noch andere Dienste an, auf die die Herrschaften schon sehnlich warteten. - Davon konnten die einfachen Sicherheitsleute nur träumen. Sie mussten am Zaun patrouillieren. Wenigstens gab es im Laufe des Abends die übrig gebliebenen Häppchen, die einer der Bodyguards holte und an seine Kollegen verteilte.
Was von den Resten blieb, dass nutzten einige der Männer zur „Vögelfütterung‟. So nannten sie es, wenn sie der hungernden Bevölkerung Essen über den Zaun warfen. Bei dem Zeitvertreib amüsierten sich die Männer, wie sich die Bedürftigen um ein wenig Nahrung prügelten. Einer der Securitytypen hielt etwas abseits einem jungen Mann ein Lachsschnittchen vor die Nase und fragte, ob er es haben wollte. Der Jüngling nickte mit großen Augen, und man sah förmlich, wie ihm der Speichel im Mund zusammenlief. Der muskulöse Leibwächter tat so, als wollte er es ihm durch den Zaun reichen, dabei fiel es zu Boden. „Ups‟, sagte er, trat genüsslich mit seinem Kampfstiefel darauf und drehte die Sohle hin und her. Dann schob er die platten Überreste nach vorne bis unter den Zaun durch. „Da hast du was zu fressen.‟
Der Hunger war groß genug, dass die arme Gestalt Ekel und Demütigung verdrängte. Sie bückte sich, kratzte den Matsch vom Boden und aß ihn. Der Securitymann lachte höhnisch. „Ihr seid so ein Dreckspack!‟ Als er sich umdrehte, sah er einen Kollegen eng vor dem Zaun stehen – mit heruntergelassener Hose. Auf der anderen Seite kniete eine junge Frau, die ihre Brüste entblößt hatte und den erigierten Penis des Mannes zwischen ihre Lippen saugte. Der andere Securitymann rief: „Huuu! Ein Genießer bist du! Wo kommt das Vögelchen denn her?‟ Der Kollege stöhnte und raunte: „Verpiss dich! Such dir was Eigenes.‟ Der Mann schnaubte und ging auf Patrouille.
Während die Bruderschaft ausgelassen auf der Privatinsel feierte, brachten Mitglieder der Vereinigung die Ladung aus dem Frachter in ihre Lagerhallen vor den Toren von Urbs Novum. Der schwer bewaffnete Konvoi rauschte mit den gewichtigen Transportern in die Gebäude. Ein Informant hatte von einem geplanten Überfall einer Gang erfahren, die die Drogen rauben wollten. Doch bisher ließ sich niemand sehen. Vielleicht war die Bewaffnung zu furchteinflößend. Es war eher ungewöhnlich, dass sich kleinere Gangs mit der Noxiusbruderschaft anlegten. Auszuschließen war es allerdings nicht. Bisher blieb alles ruhig. Mini-Drohnen kontrollierten den Luftraum um das Lager.
Ein freundlich schauender Mann mit edlem Zwirn überwachte den Warenempfang. Sechs Personen bedienten Industriebots, die die Container und Kisten sowie Käfige sortierten und im Lager aufstellten. Er scannte den Inhalt der Behältnisse und schien zufrieden. Die Insassen der Käfige, nackte Humanoide, ignorierte er mehr oder weniger. Deren Qualität konnte er eh nicht beurteilen. Nur die Subjekte für die Erotikbranche begutachtete er mit Kennerblick und schmierigem Grinsen voller Lüsternheit. Er schickte eine Nachricht von seinem Handgelenkscom zum Kapitän des Frachtschiffes. „Status: Lieferung komplett.‟ Die vereinbarte Summe Dilithium wurde auf ein virtuelles Konto überwiesen. Der Skipper sah die Verifizierung auf seinem Datenpad, nickte zufrieden und bereitete die Startsequenz vor. Nichts wie weg von diesem Drecksplaneten, sagte er sich.
Nur 67 Kilometer entfernt lag Artus Iceberg in einer kleinen kahlen Zelle mit Aluminiumoberflächen. Er trug bis auf seine Castitasschelle nichts. Sein Schädel brummte. Er konnte sich nur wie durch einen dichten Nebel an Fetzen der jüngsten Vergangenheit erinnern. Eine Frau in einem weißen Kittel hatte ihn untersucht und mit Elektroden behandelt und, ja, da fiel ihm der Bohrer ein, der sich in seinen Kopf... Hastig und ängstlich tastete er nach einer Verletzung, aber er fühlte nichts. Haare hatte er allerdings auch nicht, also war das kein Traum, keine Illusion gewesen. Irgendwas hatte diese Frau mit ihm gemacht. Nur was? Wo war er? Wann wurde er aus dieser Zelle erlöst? Was hatten die mit ihm vor? Wer waren die überhaupt? Und warum ausgerechnet er? Iceberg ächzte. Da war er vor der Justiz der VA geflohen, und nun vom Regen in die Traufe gekommen. Erst als Sklave der Bruderschaft, und jetzt war er nur noch ein Versuchskaninchen? Skurril, aber er verspürte einen intensiven Drang, zu onanieren. Vielleicht als Stressabbau? Um die Realität zu verdrängen? Oder hatte sich einfach zu viel Libido angestaut? Er betrachtete die Castitasschelle und nestelte daran herum. Als ob er das nicht schon hunderte Male gemacht hätte. Der ehemalige CEO fiel auf die Knie und brüllte sich den Frust aus dem Leib.
Auf Beta Patria wankte ein untergewichtiger Typ mit toten Augen in den Gassen zwischen den Skytowern umher. So ungepflegt, wie er aussah, konnte es sich nur um einen Junkie handeln, der von irgendeiner der vielen synthetischen Drogen abhängig war. Seit der Wirtschaftskrise in der Vereinigten Allianz durch den Angriffskrieg des Alpha Dominions sowie die Probleme durch die transstellare Anomalie waren die Zahlen an Süchtigen in die Höhe geschnellt. Ein großer Anteil der Unterschicht fiel durchs Raster und landete sprichwörtlich in der Gosse. Die Mittelschicht hatte sich geteilt: Der eine Part musste seinen Lebensstandard deutlich verringern, der andere stieg sogar auf – je nachdem, welche Qualifikationen akut nachgefragt wurden. Und die Oberschicht profitierte signifikant von den wirtschaftlichen Verhältnissen und maximierte ihr Vermögen. Das soziale Netz auf Beta Patria war zwar relativ leistungsstark, doch die politische Situation zwang die Regierung zu Einsparungen in vielen Bereichen.
Der Junkie stolperte über einen Metallrahmen und fiel weich in Mülltüten, die auf einem Haufen am Boden lagen. Kurz schloss er die Augen. Als er sich aufrappeln wollte, schaute er in zwei Augenpaare über ihm. Zwei junge Männer lächelten ihn an. Sie trugen teure Markenkleidung. Der Junkie räusperte sich. „Habt ihr vielleicht eine kleine Spende? Ich habe Hunger.‟ Die Männer feixten. „Klar haben wir was für dich.‟ Der Linke, ein Blondschopf, hielt ihm eine kleine Glasphiole hin, in der eindeutig das pinkfarbene „Dreamjuice‟ war. Das Verlangen danach wuchs bei dem Junkie ins Unermessliche. Der Blondschopf grinste. „Kannst du haben. Tust du uns einen kleinen Gefallen?‟ Der Liegende nickte aufgeregt, seine Augen ließen die Phiole nicht mehr los. Der brünette Begleiter klackte eine Minidrohne von seinem Multikommunikator und aktivierte das kleine Fluggerät, damit es gestochen scharfe Aufnahmen machte, die für die Social Media-Kanäle der Herren gedacht waren. Aktuell war es in Mode, Junkies zu allerlei Unfug zu missbrauchen. Seien es die unsäglichen „Poor Fights‟, bei denen zwei oder mehr Obdachlose aufeinander einprügelten, oder demütigende Aufgaben erledigen mussten.
Dem Junkie war das momentan völlig egal, was er tun musste. Er musste unbedingt die Phiole haben. Das Angenehmste wäre, wenn die Burschen nur ihre Lümmel gelutscht haben wollten. Es gab weitaus schlimmere Forderungen. Aber selbst darüber konnte sich der Junkie keine Gedanken machen. All sein Denken fokussierte sich auf das Dreamjuice vor seiner Nase. Der Blondschopf grinste immer noch breit. „Zieh dich aus, Dreckschwein!‟ Der Mann kämpfte sich auf die Füße, zog sich mit hektischen und linkischen Bewegungen aus und warf seine schmutzige und kaputte Kleidung auf den Boden. Splitternackt stand er nun vor dem Duo. Er war noch dünner und knochiger als gedacht. Immer noch glotzte er wie wie paralysiert auf die Phiole, die der Blondschopf vor sich hielt wie eine Karotte vor den Esel. Der brünette Jüngling wirkte etwas unsicher, was er machen sollte, aber dann trat er dem Junkie kräftig in den dürren Hintern. „Auf alle Viere, Hund!‟
Der Mann stürzte vorwärts und ging in die gewünschte Position. Er verdrehte seinen Hals nach der Phiole. Der Blondschopf holte aus seiner Jacke nun einen kleinen zylinderförmigen Gegenstand mit abgerundeten Enden. Der Durchmesser betrug drei Zentimeter, die Länge wies das Dreifache auf. „Das schiebt du dir jetzt tief in deinen Arsch. Dann kriegst du die Phiole. OK?‟ Der Junkie dachte nicht lange nach und nickte. Er erhielt das Riesenzäpfchen und drückte es sich zwischen die Backen, bis es hinter dem Schließmuskel verschwunden war. Die Männer lachten, während die Drohne automatisch diverse Positionen einnahm und das Geschehen festhielt. Der Blondschopf überreichte dem Junkie seine Belohnung. Der Süchtige griff hastig danach und öffnete das Siegel, um sich den Inhalt schmecken zu lassen. Gierig schluckte er die 30 ml flüssige Lösung. Der Fremdkörper in seinem Anus war ihm gerade egal.
Er wartete auf die Wirkung seiner Droge. Eigentlich sollte er schon etwas spüren. Intensive Explosionen von Euphorie und Glückshormonen, bunte Farben, ein wohliges Gefühl im gesamten Körper, dass einem Orgasmus glich... Aber nichts geschah. Er fühlte sich immer noch beschissen. Seine Gelenke taten weh, sein Magen schmerzte, sein Kopf dröhnte und Schwindel erfasste ihn. Er schaute sich nach den beiden jungen Männern um, aber die waren verschwunden. Nur die Drohne filmte weiter und flog wie eine nervende Fliege um ihn herum. Er versuchte sie zu fangen, aber dazu waren seine Reaktionen viel zu langsam, seine Bewegungen viel zu schlaff. Dann stöhnte er plötzlich erschrocken auf. Was war das? Dieses Ding in ihm wurde größer. Es breitete sich aus und erzeugte einen schmerzhaften Druck in ihm. Ungeschickt stocherte er mit seinen Fingern danach, um es zu entfernen, aber es saß bombenfest in seinem Enddarm. Der Junkie bekam Panik. Was war das in ihm? Was würde geschehen?
Er rief rau nach Hilfe und wankte die Gasse entlang zur nächsten Querstraße, gefolgt von der Drohne, die sich wie Paparazzi an ihn gehängt hatte. „Aua! Hilfe! Aua!‟ Seine Rufe blieben ungehört. In diesem Viertel der Stadt gab es kaum Fußgänger. Einige wenige Fahrzeuge befuhren die Asphaltstraßen, doch der meiste Verkehr befand sich in kleinen Luftgleitern in hundert bis 500 Metern Höhe. Der Junkie hatte in seiner Verzweiflung völlig vergessen, dass er nackt umherlief. Eine Drohne für multiple Exekutivaufgaben (DME) der Stadtpolizei hatte ihn bereits im Visier und forderte ihn auf, sich unverzüglich zu bekleiden. Der Junkie glotzte nur verständnislos zu der DME und krümmte sich vor Schmerzen.
In wenigen Minuten würden Polizeibots eintreffen und den Mann festnehmen. In der Zwischenzeit fiel der Junkie auf alle Viere und wälzte sich auf der Straße. Das Ding in ihm war weiter gewachsen. Jetzt lugte es sogar aus dem After heraus. Der Mann zog und zerrte daran, aber es saß fest, war irgendwie verkeilt und hatte sich deformiert. Heulend und jammernd krabbelte er über die Straße. Und als zwei Polizeibots erschienen, schien das Teil zu implodieren. Neongrüne Flüssigkeit schoss aus dem Gesäß, woraus zig ballonförmige Gebilde mit zehn Zentimeter großem Durchmesser in die Umgebung aufstiegen und sich wie Seifenblasen in der Luft verteilten. Die Bots beeindruckte das nicht, sondern sie erfüllten ihre Programmierung, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen und den Störer festzunehmen. Die kleine Drohne der beiden Jünglinge flog im Autonom-Modus unbemerkt davon zu ihren Eigentümern.
Vier Minuten später landete ein kleiner Polizeitransporter, nahm den Festgenommenen auf und brachte ihn zur nächsten Station. Dort würde er sich einem chemischen Waschvorgang unterziehen müssen, der ihn nicht nur von Bakterien und Viren befreite, sondern auch eventuelle radioaktive Schmutzpartikel entfernte, und erhielt Kleidung. Die nächsten Stunden oder Tage dürfte er wohl eine Sammelzelle sein Zuhause nennen. Ohne Dreamjuice würde die Zeit verdammt lang werden – besonders unter anderen Junkies und Kriminellen jeglicher Couleur, die sich früher oder später gegenseitig in der heißen Enge an den Kragen gingen. Übergriffe ahndeten die Polizisten in der Regel nicht. Nur bei Massenschlägereien setzten sie Chemo-Gas ein.
Der Blondschopf namens Julius und sein brünetter Freund Timothy wurden für das Filmmaterial in ihren Kanälen und auf der gerade stattfinden Dachgartenparty gefeiert. Sie wurden mit Likes, Anerkennung und Lob überschüttet. Die coole Aktion war der Brüller. Ursprünglich hatten sie echtes Dreamjuice bei einem Kleindealer gekauft, aber es dann ausgetauscht gegen gefärbtes H2O. Falls sie von der Polizei bei ihrer umtriebigen Performance erwischt worden wären, hätte das nur die Sanktionen in die Höhe getrieben. So hatten sie sich zumindest gesetzlich nicht haftbar gemacht. Und ein bisschen Spaß treiben mit dem Gesocks der Gosse würde ja wohl noch erlaubt sein.
Sie stießen mit ihren teuren Cocktails an und genossen den grandiosen Ausblick von der Dachterasse im 82. Stockwerk über die City, darunter das große Konzerngebäude von Prospect Enterprises, die mächtigste Firma in der gesamten VA, die nicht nur als Nahrungslogistiker, sondern auch im Rüstungsbusiness ganz groß war. - Dieses Jahr war Julius noch reicher Sohn von Beruf, aber der Vater drängte darauf, dass der Filius eine Ausbildung machte. Der CEO von PE, Carthy, war ein Bekannter aus dem Golfclub und würde seinem Sohnemann einen Arbeitsplatz in Aussicht stellen – natürlich im gehobenen Management. Für seinen Freund Timothy war das nur Wunschdenken, aber auch er liebäugelte mit PE als Arbeitgeber. Nur würde er im Securitybereich seine Zukunft sehen.
Blondschopf stellte sein Glas ab und griff nach gleich zwei Canapés mit Kaviar und Meerrettichpaste und stopfte sie sich in den Mund. „Lust auf eine Runde mit dem Turbo? Habe die ID von Dad.‟ Da sagte der Kompagnon nicht nein. Die beiden liefen zu einem Aufzug und fuhren zum 94. Level, wo mehrere Fluggleiter geparkt waren. Darunter befand sich auch der neue Turbospeeder seines Vaters, ein Luxusgleiter mit besonders starkem Antrieb. Die Jünglinge sprangen hinein. Julius startete das Triebwerk und schoss auf die Luftstraße, die von optischen Lasern begrenzt war. Timothy staunte nicht schlecht. „Wo willst du damit hin? Noch mehr Dreckspack aufmischen?‟ Blondschopf lachte. „Ne, dann hätte ich ein paar Häppchen mitgenommen. Die hätte wir denen abwerfen können.‟ Sein Copilot stimmte mit ein. „Genau! Dann hätten die mal was anderes als schmierige Küchenabfälle gefressen. Aber da finden wir jetzt vermutlich eh keine Ratten. Das hat sich herumgesprochen, und die sind jetzt alle in ihren Löchern.‟
Der Luxus-Speeder schoss die Laserstraßen entlang und überholte fast jedes andere Gefährt. Timothy erinnerte sich an eine ihrer Aktionen vor ein paar Wochen. „Weißt du noch der Typ, den wir mitgenommen haben in die Wüste?‟ Julius lachte gackernd. „Klar. Wollte mitgenommen werden. Hat ja nicht gesagt wohin. Also...‟ Timothy gluckste. „...haben wir ihn in der Steppe rausgelassen. 20 Kilometer von der nächsten Zivilisation. Und das mit den Nanofußfesseln war so geil. Schlurfi hat Trippelschrittchen gemacht. Die ganze Strecke...‟ Ihre Minidrohne hatte alles gefilmt. Er fiel in den Sitz und hielt sich den Bauch vor Lachen. Julius lenkte den Speeder scharf in eine Kurve. „Jo, das war der Hammer!‟ Timothy fiel ein anderer Streich ein. „Am besten war der Junkie voriges Jahr, dem wir die Flasche mit Abführmittel gegeben haben.‟ Julius verzog das Gesicht. „Yes! Das war soo geil! Die Fresse vergesse ich nie. Aber wir waren fair! Er wusste, was drin ist.‟ Timothy zuckte mit den Achseln. „Die sind so dumm! Aber für Dreamjuice tun die einfach alles! Alles, sag ich dir.‟
Weitere rasante fünf Minuten Flug später schaute er zwischen dem Monitor und dem Fenster hin und her. „Amigo, wo sind wir? Ist das hier nicht...?‟ Der Blonde grinste dümmlich. Sie landeten auf dem Parkdeck des größten Bordells der gesamten Stadt: Love-Star. „Du musst endlich mal deine Jungfräulichkeit loswerden.‟ Timothy brummte. „Woher willst du wissen, dass ich noch nicht...‟ Julius sah ihn mit einem überlegenen Blick an. „Das sieht man. Das merkt man. Das weiß man. Aber, hey, keine Schande. Jeder fängt mal an. Wir suchen dir eine megaheiße Schnitte.‟ Timothy hob den Zeigefinger warnend. „Aber ich will eine Humanoide. Komm mir nicht mit irgendwas Exotischem.‟ Julius zog eine Schnute. „Ich dachte, dir gefällt vielleicht ein Munus.‟ Timothy fielen fast die Augen raus. „What?! Bist du völlig gestört, Mann? Soll der mich aufreißen, oder was? Ich bin der aktive Part. Klar? Ist das klar?‟ Julius nickte. „Völlig klar. Ich wollte dich doch nur aufziehen.‟
Während sich die jungen Herren mit professionellen Liebesdienerinnen der Extraklasse vergnügten, wurde der festgenommene Junkie gewaschen, erhielt Leihkleidung und eine einfach Mahlzeit. Der Mann schwitzte und zitterte. Er brauchte dringend Dreamjuice. Zwei Polizistinnen hatten den Vorfall aufgenommen und ihren Gefangenen verwarnt. Beim nächsten Nacktauftritt würde er für zehn Monate in Haft kommen – kalter Entzug inklusive. - Nun führte ihn ein Uniformierter der Stadtpolizei ab, brachte ihn zu einem Transporter und fuhr ihn dahin, wo er ihn eingesammelt hatte. Dann grinste der Mann und zeigte auf sein Gegenüber. „Ausziehen! Die Kleidung gehört der Stadt.‟ Der Junkie zog sich aus. Der Polizist hielt eine Plastiktüte auf, in die die Textilien fielen. „Gut. Aber such dir schnell irgendwas zum Anziehen. Sonst kassiere ich dich direkt wieder ein. Haben wir uns verstanden, du Müllhaufen?‟ Der Junkie brummte irgendwas und lief davon in eine schmale Gasse mit vielen Abfalltüten und Containern. Dort gab es sicherlich irgendwelche Altkleider. Und danach musste er so schnell wie möglich einen Dealer finden. Der würde ihm aber nichts schenken, also musste er vorher einen Freier finden. Scheißwelt! Scheißleben!
Der Junkie würgte, weil ihm bittere Galle die Speiseröhre hochkam. Danach folgten Stiche im Bauchraum. Mit letzter Kraft streifte er sich ein paar alte Kleidungsstücke über. Irgendwas. Er wankte auf die Straße und suchte mit irrem Blick nach einem Freier. Wo waren die hungrigen Fleischknüppel, wenn man sie brauchte? Keine Fußgänger weit und breit. Dafür war die Gegend zu unsicher. Raubüberfälle waren hier an der Tagesordnung. Er stöhnte und taumelte an der Außenfassade eines Skyhabitats entlang, da bemerkte er drei Männer, die auf ihn zukamen. Sie sahen exklusiv gekleidet aus, gehörten bestimmt der Oberschicht an. Ob sie einen Blowjob von so einem Wrack wie ihm haben wollten, wenn sie sich doch Edelnutten leisten konnten? Einer der jungen Herren zeigte auf ihn und rief ihm entgegen: „Hey du! Du siehst doch so aus, als würde ich dir mit ein bisschen Glückssaft eine Freude machen können.‟
Im nächsten Augenblick hielt er eine Phiole mit Dreamjuice vor sich und lächelte freundlich. Der Junkie nickte aufgeregt. Seine Augen fokussierten das Behältnis mit dem göttlichen Stoff. Der Jüngling erklärte: „Wenn du mit uns ein kleines Filmchen drehst, bekommst du es. Deal?‟ Der Junkie seufzte tief und nickte. Egal, was es war. Das Trio feixte umher und freute sich. Auf einen Pfiff kamen zwei Munus um die Häuserecke. Sie trugen zwar normale Kleidung, aber die Ausmaße der Genitalien und Brüste waren unübersehbar. Der junge Herr grinste. „Also gut. Wir würden gern einen Dreier drehen. Du in der Mitte.‟ Der Drogenabhängige keuchte nur wortlos und nickte. - Und schon bald hatten die jungen Männer ein spektakuläres Video für ihre Social Media-Auftritte.
Etwa eine Viertelstunde später lag der Junkie alleine in der Gosse. Die Hose hing ihm noch in den Kniekehlen. Sein Anus war überdehnt, und sein Hals schmerzte, aber das war ihm alles egal. Er hielt in der Faust krampfhaft die Phiole, entsiegelte sie und kippte sich das Gesöff in den Rachen. Augenblicklich zuckte er am ganzen Leib und schloss die Augen. Seine Pupillen verdrehten sich. Er war im Paradies voller Ekstase und Glücksgefühle. Warm und wohlig zog es durch seine Nervenbahnen, streichelte seine Amygdala, liebkoste sein Unterbewusstsein und ließ ihn ein orgasmusähnliches Kribbeln fühlen. Von dem sauren Sturzregen, der auf ihn inzwischen niederprasselte, spürte er nichts. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Stamm-Gast
um Rochlitz
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, dass mut auch Keinem andern zu.
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RE: Regina
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Datum:12.08.22 22:46 IP: gespeichert
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Tolle Geschichte. Schade dass es nicht viel Beifall gibt. otto
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prallbeutel |
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Licentia poetica
Beiträge: 1966
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RE: Regina
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Datum:20.08.22 13:59 IP: gespeichert
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Zitat | Tolle Geschichte. Schade dass es nicht viel Beifall gibt. |
Ja, leider. Trotzdem schicke ich mal ein neues Kapitel. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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prallbeutel |
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RE: Regina
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Datum:20.08.22 14:01 IP: gespeichert
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~ XCV ~
Animus aktivierte mit einer Geste die Sonnenblende in der Fensterfassade in seiner Suite. Die reflektierenden Sonnenkollektoren des gegenüberliegenden Skytowers blendeten fürchterlich. Er wies die Gebäude-KI an: „Innentemperatur um drei Grad Celsius verringern.‟ Nun herrschten angenehme 21 Grad, während unter freiem Himmel die Sonne die Luft auf 39,5 Grad aufgeheizt hatte. Der PE-Pilot wartete auf seinen nächsten Einsatz. CEO Carthy würde sich bald melden. Es ging um einen Transport von Waffen-Prototypen. Sie mussten von der Konzernproduktionsanlage direkt zu einer orbitalen Militär-Basis geflogen werden.
Solange die Anomalie eine unüberwindbare Grenze zwischen dem Alpha Dominion und der Vereinigten Allianz geschaffen hatte, nutzte die Regierung die Zeit, um aufzurüsten und vor allem neue Waffentypen, Feuerleitlösungen und Jäger zu entwickeln und upzudaten. Prospect Enterprises spielte dabei die wichtigste Rolle. - Auf der anderen Seite der Anomalie war das AD nicht weniger aktiv, um seine militärischen Optionen zu optimieren. Zusätzlich arbeitete man unter Hochdruck daran, eine Technologie zu entwickeln, die es ermöglichte, die Anomalie zu durchstoßen. Alle bisherigen Versuche, auch die Beamtechnik ließ sich nicht erfolgreich einsetzen. Wer sich der Repugnanz näherte, war in Raum und Zeit gefangen. Für dieses Phänomen hatte kein Wissenschaftler bisher eine Antwort. Mitglieder des Scarabaeus hatten es mit brutaler Waffengewalt versucht; Vertreter der Alba Simia waren auf andere Art vorgegangen, aber niemand konnte die Anomalie durchdringen. Und niemand kam lebendig aus ihr zurück sondern wurde absorbiert und in scheinbar endlos verlangsamter Zeit gefangen wie ein Insekt in einem Bernstein.
Humanoide vom ehemaligen Regina-Regime, die nun unter Aranea Regina II. formierten, waren dabei eine Methode zu entwickeln, bei der ein spezielles Eindämmungsfeld von einer Rakete die Anomalie temporär perforieren würde, und so einen Tunnel erzeugte, in dem das AD in das Territorium der Vereinigten Allianz vorstoßen könnte. Die Indagatrix-Wissenschaftlerinnen hatten schon erste kleine Erfolge in Versuchen erzielt, jedoch bisher nur unter Laborbedingungen und in Computersimulationen. Zwar verfügten die Indagatrix vom Planeten Regina über einen hochgradigen Wissensstand, aber sie hatten sich jahrhundertelang eigenständig entwickelt, ohne noch Kontakt zur Vereinigten Allianz zu haben, waren autark und hatten eigene Forschungen betrieben. Daher gingen die Alba Simia nicht davon aus, dass auch die Astrophysiker der VA auf dem gleichen Niveau kurz davor waren, die Anomalie zu verstehen und zu beherrschen. So war ein Überraschungsangriff von Seiten des Alpha Dominions noch wahrscheinlich.
Das wusste auch der militärische Geheimdienst der VA und drängte daher umso mehr zu Aufrüstung. Noch an diesem Tag erreichte Animus der Einsatzbefehl. Der Pilot machte sich mit dem Aufzug auf den Weg zur Landeplattform des PE-Towers. Von dort machte er sich mit einem kleinen Shuttle auf zu einem suborbitalen Hafen, wo Transporter, Korvetten und Fregatten inspektionsbedingt parkten. Dort dockte der Gleiter an einen der Transporter an. Animus begrüßte dort mehrere Armeeangehörige und beamte mit ihnen von dem Transporter auf einen Frachter. Der exakte Standort des Schiffes unterlag der obersten Geheimhaltungsstufe.
Der Frachter war bereits mit den Rüstungsgütern beladen. Animus übernahm offiziell den Pilotensitz und startete die Antriebsbatterien am Steuerungsmodul und wartete, bis sie das optimale Energielevel aufwiesen. Er war lediglich über eine Teilstrecke zur geheimen Waffenplattform der VA eingeweiht worden. Aus Sicherheitsgründen würde ein zweiter Pilot den nächsten Part übernehmen. Animus gab seine ID ein, programmierte im Bedienfeld die Koordinaten und begann mit der Startsequenz. Über den detaillierten Inhalt der versiegelten Container und Hangarbereiche der Frachtmodule war er nicht informiert. Alles war streng geheim. Jede seiner Eingaben auf dem Display der Navigationsunit wurde von einem Sicherheitsprogramm überwacht.
Sein Kurs führte das Schiff in gefährliche Nähe der Anomalie. Animus hätte gerne gewusst, wie die Route weiterführen sollte. Offenbar sollte ein Winkel geflogen werden. - Als sie den Winkelpunkt erreicht hatten, ging der Pilot auf Umkehrschub und anschließend auf Stand-by, meldete sich an der Unit ab erwartete seine Ablösung. Kurz darauf erschien am Schott zur Brücke sein Nachfolger. Animus hob überrascht die Augenbrauen. Es war eher eine Nachfolgerin. Das Militär der VA bestand zwar aktuell aus 24 Prozent weiblichen Soldaten, aber Pilotinnen waren immer noch eine Rarität. Die Frau war uniformiert und gehörte dem Abzeichen nach einer Sondereinheit an. Als Zivilist grüßte er sie mit einem Nicken und Handschlag. Sie stellte sich nur als „Ablösung Pilot 1, Projekt 43/0124K‟ vor. Animus fragte sich ernsthaft, warum die VA überhaupt einen konzerneigenen Piloten für die Übergabe der Waffen brauchte und nicht gleich alles von Militärpiloten erledigen ließ, wenn es doch offenbar so großer Geheimhaltung bedurfte. Als er nicht sofort reagierte, kamen zwei Uniformierte auf ihn zu, um ihn von der Brücke zu begleiten. Die Pilotin hatte bereits vor ihrer Instrumententafel Platz genommen und ihre ID eingetippt, während er mit den Männern den Schiffsaufzug zum Flughangar hinabfuhr.
Dort wartete bereits ein Jäger, den er als Passagier bestieg. Kaum hatte sich die Kuppel über ihm gesenkt und war eingerastet, warnte ein gelbes Licht drehend vor dem sich öffnenden Hangaraußentor. Zischend entwich die Atmosphäre aus der Halle. Neun Sekunden später starteten die Düsen des Antriebs, und der Jäger schoss mit hoher Beschleunigung aus dem Frachter, vollführte eine scharfe Rechtskurve und visierte einen Raumhafen im Orbit von Beta Patria an. Während des Fluges versuchte Animus über Bordfunk mit dem Piloten zu kommunizieren, aber schnell stellte sich heraus, dass der „Mann‟ ein Android war und nicht sehr gesprächig. Eine Smalltalk-Kompetenz war ihm nicht einprogrammiert, und über Informationen zu dem Transport verfügte er nicht. Seufzend murmelte der Passagier: „Dann eben nicht, dämlicher Blecheimer.‟ Der Androide reagierte nicht.
Zwei Stunden und 19 Minuten später dockte das Vehikel bei einem routinierten Manöver an einer Landebucht eines Raumhafens im Orbit von Beta Patria an. Endlich funktionierte sein Datencom wieder, und er konnte Violetta erreichen. An Bord war jegliche zivile Funkverbindung sowie das Ultranet geblockt gewesen. - Als sie sich wieder sahen, fielen sie sich in die Arme und waren kurz darauf in ihrer Suite verschwunden. Ihre Kleidung lag verstreut auf dem Boden und Lustlaute waren vom Schlafzimmer aus zu hören. Violetta wischte mit einer lässigen Geste durch die Luft, um die Service-KI zu deaktivieren. Sie wollte keine Ohrenzeugin, selbst, wenn es nur ein diskretes Computerprogramm wäre. Die Rothaarige hauchte ihrem Liebsten süße Worte ins Ohr. „Hab dich vermisst, Baby.‟ Ihre knackigen Brüste rieben über den Körper von Animus, der ihren zierlichen Nacken näher zu sich zog und sie küsste. Violetta lag und saß halb mit gespreizten Schenkeln auf ihm und nestelte an dem erigierten Phallus, bevor sie ihn da positionierte, wo sie die maximale Lust verspürte. Und dann schaukelten sie sich mit einem Countdown zur Ekstase hoch, bis schließlich die Rakete zündete und abhob.
Auf dem isolierten Planeten Atra Mundo tigerte Artus Iceberg noch immer in seiner kleinen Zelle umher. Sie befand sich im Labortrakt unterhalb eines Skyhabitats der Megacity Urbs Novum. Die Wissenschaftlerin und Leiterin der geheimen Forschung hatte mit dessen DNS endlich einen Volltreffer gelandet. Sie bekam gar nicht mit, dass mehrere Etagen über ihr ein Alarm durch den gesamten Gebäudekomplex heulte. Die Bewohner sollten sicherheitshalber ihre Schutzräume aufsuchen. Unbekannte Objekte flogen das Skyhabitat an. Schnell hatte die HSU-Zentrale die Fremdkörper identifiziert. Es handelte sich um abgestürzte Fragmente einer alten Orbitalanlage aus Carbonplatten, die nicht verglüht waren und nun auf den Skytower zuschossen. Einige von ihnen wogen bis zu 2,5 Tonnen.
Der Skytower verfügte über ein Raketenabwehrsystem auf dem obersten Deck. Die Laserkanonen visierten die Flugobjekte bereits an. Einmal aktiviert, gab das System ein errechnetes Schussmuster ab, um alle Gefährdungen zu neutralisieren. Der Kommandant der HSU gab seinen Code ein und befahl den Abschuss. Der Kanonier führte an seinem Terminal den Joystick exakt in Position und aktivierte die Auto-Erfassung. Die Laserkanonen jagten diverse hochkonzentrierte Energiestrahlen in den Himmel und zerfetzten die Carbonstücke. Die Treffer änderten auch die Flugbahn der nun verkleinerten Objekte, so dass diese in der Umgebung außerhalb des Skyhabitatsicherheitsradiuses landeten. Die genauen Koordinaten waren auch für das Defensivsystem nicht berechenbar. Noch modernere Einheiten wären dazu in der Lage gewesen, aber die neueste Technologie der VA blieb dem isolierten Atra Mundo wegen der Sanktionen verwehrt. Daher mussten die Verantwortlichen der HSU davon ausgehen, dass Menschenleben gefährdet wurden, denn im Umkreis eines Skyhabitats siedelten meist Slums und Industrieanlagen.
Kollateralschäden waren nie zu verhindern, aber die Defensivsysteme sorgten zumindest dafür, dass kein Bewohner der Habitate verletzt wurde oder ein materieller Verlust entstand. Dafür landeten Splitterteile auf den primitiven Behausungen der armen Bevölkerung. Störungsmeldungen suchte man im Newsfeed der Wohnkomplexe vergebens. Zu unwichtig waren diese Informationen. So lange keine Produktionsanlage getroffen wurde, waren die Kollateralschäden akzeptiert. Dieses Mal rissen die abgestürzten Carbonteile wie Plasmaschneider scharfkantige Öffnungen durch Dächer und Wände von Bewohnern einer Arbeitersiedlung. Glücklicherweise waren die meisten Personen zum Zeitpunkt der Einschläge in Fabriken tätig und nicht anwesend. Trotzdem würde es für sie eine böse Überraschung geben, wenn sie nach der Schicht nach Hause kamen und nur noch Ruinen vorfanden. Die Noxiusbruderschaft würde in vier Tagen unbeeindruckt von der Notsituation die Miete eintreiben, um den Arbeitern ihre paar hart verdienten Coins abzuknöpfen.
Im Untergeschoss des Komplexes feierte eine Gruppe Genetiker den bedeutsamsten Durchbruch ihres Lebens. Artus Iceberg war eine Probe des Hypothalamus extrahiert worden. Davon ahnte der Proband nichts. Aber die Wissenschaftlerin bastelte bereits an seiner DNS, um Kopien diverser Organe des Mannes zu züchten. Durch die seltene Kombination seiner Blutgruppe und der Neuronenbahnen seines Gehirns war er als Universalwirt zur Züchtung organischer Produkte geeignet. Auf dem isolierten Planeten Atra Mundo hinkte die medizinische Entwicklung der VA durch die isolierenden Sanktionen weit hinterher. Während auf Beta Patria nur noch synthetische Organe eingesetzt wurden, griff man auf Atra Mundo auf gezüchtete Organe zurück. Neben den kontrollierten Laborzuchtstationen herrschte ebenfalls ein Schwarzmarkt durch die Noxiusbruderschaft, die ihre Angebotspalette aus zweifelhaften Quellen bezog. Durch die neueste Forschung waren nun viele Kompatibilitätsprobleme obsolet. Mit Iceberg konnte die DNS mit einer Genschere an den jeweiligen Empfänger angepasst werden.
Und der Markt boomte. Die reiche Gesellschaft in ihren luxuriösen Skyhabitaten wurde immer älter und benötigte nicht nur allerlei Implantate, sondern eben früher oder später auch diverse Organe, die bisher nicht künstlich repliziert werden konnten. Nachdem die DNS-Sequenzen und genügend Proben vorhanden waren, würde der Patient nicht mehr von Nutzen sein. Die Wissenschaftlerin interessierte sich nicht für die Zukunft des Mannes. Sie konnte den dorsolateralen präfrontalen Cortex, die Hirnrinde, den Hippocampus und bestimmte Synapsen manipulieren, so dass die Person ihr Gedächtnis verlor. Dann konnte er in irgendeinem Slum ausgesetzt werden. Optional war eine Lobotomie möglich. Die Nebenwirkungen, eine starke Verringerung des Antriebs und der Emotionalität, würden für eine Arbeitskraft gute Voraussetzungen sein. Eigenantrieb war unerwünscht. Die Arbeitsleistung würde dann durch motivierende Impulse gefördert und maximiert. Oder das Kartell entschied, ihn schlicht zu beseitigen.
Das war nicht mehr ihr Aufgabenbereich. Vor ihr lag nun viel Arbeit im Labor. Die DNS musste sequenziert und auf Chips übertragen werden. Auf Atra Mundo steckte die Technologie der Genmodulation noch in ihren Kinderschuhen, verglich man sie mit dem Standard der Vereinigten Allianz. - Von all dem ahnte Artus Iceberg noch nichts. Er hämmerte gegen die Zellentür, aber wusste natürlich, dass ihn niemand hörte. Sein Zeitgefühl hatte längst kapituliert. Doch dann zischte die pneumatische Tür auf: Zwei Männer in Kitteln kamen herein, und bevor Iceberg etwas sagen konnte, drückten sie ihm einen Injektor gegen die Schulter, und dem Gefangenen wurde schwarz vor Augen. Die Männer hievten ihn auf eine Rolltrage aus Aluminium, die eher zu einem Behandlungstisch in der Pathologie gepasst hätte. Die Wissenschaftlerin hatte inzwischen doch Skrupel bekommen und wollte verhindern, dass der Patient von einem Killerkommando abgeholt werden würde; also hatte sie eine Lobotomie und eine Gedächtnisneutralisierung angewiesen. Der Mann sollte anschließend ausgesetzt werden. Vielleicht würde er der Gesellschaft noch nützlich sein.
Nur einen Tag später fand sich Iceberg in einer Gasse zwischen alten Baracken wieder. Verwirrt blinzelte er, als das Sedativum nachließ. Wo war er? Was war geschehen? Wer war er? Der ehemalige CEO der mittlerweile verstaatlichten Bionic Industries wusste nicht mehr, wer er war und wie er dorthin gekommen war, wo er war. Er sah an sich hinab. Nur mit einem OP-Kittel bekleidet lag er an einen Müllsack gelehnt. Irgendwas war noch seltsam. Er tastete in seine Hüfte und fand die Castitasschelle. Er ruckelte daran herum. Was war das? Warum trug er das? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Der Mann sah sich verwirrt um. Es roch nach Lebensmittelabfällen. Aber sein Hunger war so groß, dass er in den Säcken kramte, die um ihn herum verstreut in der Gasse lagen und ein süßlich-faules Aroma ausdünsteten.
Als er sich satt gegessen hatte, stand er auf und wankte die Gasse entlang. Der OP-Kittel war hinten offen, aber das störte ihn offenbar nicht. Mit langsamen Bewegungen schlurfte er vorwärts, die Augen leer. Speichel lief ihm aus dem Mund und benetzte den OP-Kittel. Nach hundert Metern kam er an das Ende der Gasse. Quer verlief eine Straße. Ein Rover kam angerast und bremste in seiner Nähe. Die gespiegelte Scheibe des Beifahrers fuhr herunter, und eine Hand mit einer Laserpistole erschien. Der Fahrer stieß seinen Kameraden an der Schulter an. „Nein, das ist nicht der entlaufene Wichser. Guck ihn dir doch an! Mit der Missgeburt ist nix mehr los.‟ Spaßeshalber zielte der Schütze neben den Fußgänger, um ihn wie einen Hasen laufen zu sehen, aber der Mann blieb einfach stehen und schien den Laser zu ignorieren. Mehrmals schoss der Bewaffnete kurz vor die Füße des Kerls, doch der bewegte sich nicht, sondern glotzte den Rover an.
Der Fahrer fuhr ruckartig los und beschleunigte. Sie mussten einen entlaufenen Arbeiter finden. Die dicken Reifen wirbelten massenweise Staub auf, doch die Gestalt schlich mitten durch die Wolken über die Straße. Nach einer Weile fuhr eine Gruppe aus fünf schweren Motorrädern vorbei. Über Funk kommunizierten sie miteinander. Die Rockergang machte mit der Noxiusbruderschaft Geschäfte. Der körperliche Zustand des Fußgängers schloss den Einsatz von schwerer Fabrikarbeit aus. Und auch als Organspender kam er vermutlich nicht in Frage. Außerdem brach der Markt dafür gerade zusammen, als Gerüchte aufkamen, dass zukünftig Körperteile gezüchtet werden konnten, die keine Kompatibilitätsprobleme aufwiesen.
Artus Iceberg glotzte den Bikern hinterher und trippelte die Straße weiter entlang, ohne zu wissen, warum. Seine anfänglichen Fragen über seine Identität waren in einem dumpfen Nebel in seinem Hirn untergegangen. Ein Staubsturm kam auf, wurde immer intensiver und brachte Iceberg zum Wanken. Torkelnd stürzte er zu Boden. Sein OP-Kittel riss halb ab, wölbte sich über seinen Kopf und wurde im nächsten Augenblick weggeweht wie ein loses Segel. Auf allen Vieren krabbelte er gegen den Wind an. Die Augen hatte er geschlossen. Sand peitschte seinen gesamten nackten Leib. Ein paar Meter später musste er sich auf den Bauch legen, um nicht umgerissen zu werden. Der Sturm riss und zerrte an ihm, aber Iceberg konnte sich am Boden halten. Seine Hände und Arme verschränkte er schützend über seinem blanken Schädel. Schräg vor und 25 Meter über ihm ihm blitzte eine großflächige rautenförmige Werbetafel in schrillen Neonlichtern auf und pries mit Slogans in schicker Grafik medizinische Upgrades an. „Elite-Medi-Center sorgt für deinen Traumkörper. Alles ist möglich.‟ Doch schon wenige Sekunden später erlosch die Anzeige. Der Sturm hatte irgendwo einen Kurzschluss verursacht.
Auf dem landwirtschaftlichen Planeten Colonia Agricultura gingen die Experimente an dem geschorenen Corium Bestia weiter. Max-Plantagenleiter Mr. Khan hatte es sich zur Aufgabe gemacht, eine willenlose Sklavenkreatur zu züchten, die kostengünstig auf den Plantagen arbeiten würde. Sklaven wie das Volk der Placidus, die von den Alba Simia als servile Diener genutzt wurden. Leider waren die Placidus als Arbeitseinheiten auf Plantagen ungeeignet. Mit ihren 130 cm Körpergröße waren sie für viele Aufgaben unfähig. Mr. Khan träumte von kräftigen Gestalten wie den CB, die jedoch bedingungslos gehorchten und mit Kost und Logis zufrieden waren.
Von den geheimen und illegalen Versuchen wusste nur ein kleiner Kreis. Natürlich ahnte auch Goran, ein einfacher Humanoid und Zeitarbeiter der Plantage nichts davon. Zwar hatte er Nachforschungen angestellt, weil ein CB verschwunden war, aber er hatte nichts ausrichten können. - Nach seiner heutigen Schicht bereitete er eine einfache Mahlzeit in seinem Quartier zu und wartete auf seinen Freund Truncus, einen CB, der ebenfalls auf dem Erntefeld eingesetzt wurde. Noch immer hielten die zwei ihre Beziehung geheim, denn auf der Max-Plantage wurden Partnerschaften unter Arbeitern nicht gerne gesehen. Und dazu kamen die Vorurteile, wenn ein Humanoid und ein Corium Bestia eine intime Gemeinschaft bildeten.
Als Truncus von seiner Schicht kam, verschwand er gleich im Duschraum. Nackt erschien er anschließend mit seinem gewaltigen Muskelleib und seinen zwei Metern Größe und strahlte seinen Freund an. An den Anblick der ledernen und stark beharrten Epidermis hatte sich Goran noch immer nicht gewöhnt. Auf manchen Menschen wäre sie abschreckend gewesen, aber der verliebte Mann mochte die Optik und strich mit seiner Hand über die Muskelberge. Truncus nahm ihn wie ein Püppchen in die Höhe und trug ihn zum Bett. Goran versuchte sich aus dem Griff zu befreien. „Hey, mein Großer. Lass uns doch erst mal etwas essen. Sonst wird es wieder kalt.‟ Der Gigant ließ sein Gegenüber auf die Gelmatratze plumpsen. „Kalt? Nein, bin ganz schnell. Lass uns Liebe machen.‟
Goran seufzte. Er mochte Truncus, aber es war nun mal so, dass ein IQ von 60, wie sie ein CB hatte, eine Unterhaltung nicht einfacher machte. Goran zeigte zum Tisch mit dem Essen. „Erst muss Truncus essen. Dann machen wir Liebe.‟ Truncus schnaubte und verzog beleidigt den Mund. Aber dann drehte er sich mit seinem bereits erigierten Phallusungetüm um und schritt zum Tisch. Goran reichte ihm einen Slip und ein Shirt. Truncus zog die Sachen an und grinste. Mit dröhnender Stimme nickte er. „Ja. So machen wir es. Erst essen. Ich höre auf Goran. Goran ist klug. Goran hat mich befreit aus Castitasschelle.‟ Sein Partner nickte lächelnd.
Die beiden setzten sich an den kleinen Tisch. Truncus stopfte Unmengen der replizierten Suppe und von den Proteinbällchen in sich hinein. Goran zeigte auf die breite Brust seines Gegenübers. „Du räumst hier mal auf. Ich habe gekocht. Jetzt bist du für die Küche zuständig. Und ich warte so lange auf dem Bett.‟ Der CB machte ein überraschtes Geräusch und schaute ziemlich dümmlich drein, aber dann nickte er. „Gut. Truncus macht sauber.‟ Gut, dass Geschirr und Besteck aus einem Polymer gefertigt waren, das formstabil und widerstandsfähig war, sonst hätte der grobschlächtige Riese vermutlich das eine oder andere Stück demoliert. Feinmotorik war einem CB von Natur aus fremd. Leider galt das auch für zärtlichen Sex. Daher hatte sich Goran etwas überlegt. Als Truncus zu ihm stapfte, sich der Kleidung entledigte und ihn packen wollte, hielt er die Hände abwehrend hoch. „Warte, mein Großer! Wir machen es ab heute anders.‟ Truncus runzelte die ledrige Stirn. „Anders?‟ Goran nickte. „Leg dich auf den Rücken.‟ Er machte dem Hünen Platz und zog sich aus.
Truncus grinste breit. „Du willst auf Schoß reiten?‟ Goran schüttelte den Kopf. „Heute verwöhnst du mich erst mal. Ich erkläre dir alles.‟ Truncus ächzte. „Aber warum? Ich will doch Liebe machen.‟ Goran räusperte sich. „Ja, schon klar. Aber die Natur hat dich... wie soll ich sagen? ...sehr großzügig ausgestattet. Das ist für mich nicht so... schön.‟ Der CB verstand kein Wort, aber er vertraute seinem Kameraden und ließ ihm die Führung. Der dicke, große Phallus ragte wie ein Monolith in die Höhe. Aber Goran robbte auf die Brust des CB und schob sich noch etwas weiter über dessen Gesicht. Truncus wirkte irritiert. Er schielte auf den erigierten Phallus des Humanoide vor seinen Augen. Goran drückte ihn weiter Richtung Lippen des Riesen. Truncus nahm ihn auf und saugte und lutschte ihn überraschend sanft. Goran stöhnte wohlig auf und verdrehte die Augen. Das steckte ja ein Talent in ihm, dachte er und seufzte.
Automatisch bewegte der CB seinen Kopf auf und ab, brachte seinen Partner vor Geilheit fast um den Verstand. Und als wenige Minuten später eine Supernova in Gorans Lenden zu explodieren schien, stöhnte er laut auf. So einen intensiven Orgasmus hatte er noch nie im Leben erlebt. Truncus wirkte trotzdem immer noch verwirrt. Eigentlich war er nur auf seine eigene Befriedigung fixiert, aber seinen Freund zum Höhepunkt zu bringen, hatte ihn glücklich gemacht. Zwar spürte er jetzt noch mehr Feuer zwischen seinen gewaltigen Schenkeln, aber er spürte auch eine Nähe zu Goran, wie nie zuvor zu einem Individuum. Der CB packte nun seinen Partner, hob ihn zur Seite und wälzte sich über ihn. Truncus drehte ihn wie eine Puppe auf den Bauch und hob die Hüfte der Person unter ihm an. Doch bevor er seinen Monolithen in die Spalte rammen konnte, intervenierte Goran. „Warte!‟ Er kämpfte sich unter dem Ungetüm hervor, was ihm nur gelang, weil Truncus nachgab, und holte die Castitasschelle hervor, die der CB getragen hatte. „Ich will, dass du sie wieder anziehst. Nur für mich. Es ist zu deinem Besten. Wir werden morgen alles nachholen, OK?‟
Truncus machte große Augen. „Das wieder anziehen? Aber das ist ganz schlimm. Ganz böse.‟ Goran schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe ja den Code. Niemand sonst. Ich schließe dich morgen auf. Du bist darin sicher. Verstehst du das?‟ Truncus räusperte sich mit einem Schmollmund und grunzte tief. Er wirkte unschlüssig und unzufrieden. Aber er vertraute Goran und wusste, dass der klüger war und alles richtig machte. Also musste es richtig sein. Er nickte. Goran reichte ihm die CS, Truncus legte sie an. Goran aktivierte das Schloss und stellte einen Code ein. Eine Leuchtdiode blinkte kurz auf. Der Corium Bestian sah traurig zu seiner Hüfte hinab und schniefte. Seine Erektion drückte sich in seinen Leib und wich nur langsam einem entspannteren Zustand. Goran schickte ihn in seine Unterkunft. „Komm morgen nach der Schicht zu mir.‟ Truncus nickte stumm und zog sich an. Dann verließ er das Quartier seines Freundes.
Unterwegs durch den dunklen Gang, der an den Wänden knapp unterhalb der Decke durch eine Lichtleiste nur wenigen Lumen erhellt wurde, murmelte er: „Ich bin sicher. Es ist nur zu meinem Besten, hat Goran gesagt.‟ Der Hüne verschwand in seiner Kammer und legte sich auf seine Pritsche, die unter seinem Gewicht von 150 Kilogramm quietschte. Als er so dalag und schlafen wollte, meldete sich sein Phallus immer wieder penetrant und drückte gegen die Castitasschelle. Truncus grunzte und nestelte an dem Gürtel herum, aber auch seine grobe Kraft konnte nichts bewirken. Frustriert ließ er davon ab und seufzte.
Goran war noch eine Weile in eine virtuelle Zauberwelt mit seiner VR-Brille eingetaucht. Schließlich legte auch er sich schlafen. Zufrieden berührte er seine befriedigte Männlichkeit und grinste, als er über Truncus nachdachte. Irgendwie gefiel ihm der Gedanke, seinen großen Freund keusch zu halten. Dabei hatte er ursprünglich nur Zeit gewinnen wollen, weil der überdimensionierte Phallus ihm einfach zu mächtig war. Vielleicht hätte man eine Lösung gefunden, die beide zufrieden stellte. Aber so war es eigentlich auch ganz schön, dachte er. Goran, der Keymaster von Truncus. Ja, das hörte sich gut an. Er mochte den Corium Bestia wirklich, aber der niedrige IQ machte eine funktionierende Beziehung auf Augenhöhe schwierig. Aber eine Dom-Beziehung wäre möglich. Vielleicht hatte Truncus auch seine Freude daran. Goran sinnierte noch eine Weile, und plötzlich war er eingeschlafen.
Während der CB am nächsten Tag brummelig zur Schicht ging und es gar nicht abwarten konnte, um endlich bei Goran zu sein, um die Castitasschelle wieder loszuwerden, hatte Goran gute Laune und freute sich schon auf den Feierabend. Dann würde er Truncus überzeugen müssen, die CS noch länger zu tragen. Zu seinem Besten. Zu seiner Sicherheit. Goran kicherte in sich hinein. Einen Corium Bestia konnte man leicht manipulieren. Er wollte ihm ja nichts Böses, aber so war es besser für sie beide, entschied er.
Der leitende Wissenschaftler im Labor der Max-Plantage eilte zu Mr. Khan. Es gab einen essentiellen Durchbruch bei den Versuchen mit dem Objekt. Programmierte Nanobots waren kompatibel mit den Nervenbahnen des Corium Bestias. „Wir können nun Experimentreihe 1 starten. Wenn das Objekt die Befehle annimmt, haben wir einen Prototypen eines willenlosen Arbeitssklaven geschaffen.‟ Mr. Khan strahlte über sein Gesicht. „Das wäre ja phänomenal! Ein fundamentaler Fortschritt! Probieren Sie es aus. Sollte etwas schieflaufen, verwenden wir eben einen anderen CB. Das dürfte kein Problem sein.‟ Der Wissenschafter nickte euphorisch und lief im Laufschritt zurück ins Labor. Mr. Khan rieb sich in Vorfreude die Hände. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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RE: Regina
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Datum:06.11.22 20:02 IP: gespeichert
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~ XCVI ~
Der Zeitpunkt war gekommen: Operation „Punctura‟ war aktiviert. Die Regierung des Alpha Dominion startete mit einem Forschungsschiff, um mit der neu entwickelten Technologie die Anomalie zu durchstoßen. Eine Rakete mit künstlich erzeugtem Eindämmungsfeld flog dabei in kurzer Distanz vor dem Schiff und öffnete – so die Theorie – das Kraftfeld des Phänomens, um das Schiff passieren zu lassen. Wenn das Experiment glückte, würde die gesamte Kriegsflotte des AD in den Sektor der Vereinigten Allianz vorstoßen können. Imperatorin Aranea Regina II. war überzeugt, militärisch der VA überlegen zu sein. Einer Annektion stand nichts mehr im Wege.
Unter dem Kommando von Scarabaeus Zark, Kaiserlicher Diener und Mitglied des Hohen Rates in persona, startete das Schiff „Fortitudo‟ mit Kurs auf die Anomalie. An Bord waren sechs Indagatrix, vier Tec-Cyborgs und eine Brückencrew aus zwei Alba Simia, einer Centuria als Navigatorin und zwei Praetoria als Antriebs- sowie Programmierspezialistinen. Schon weit vor der Anomalie stellte eine Offizierin Energiefluktuationen fest. Zark saß in seinem Kommandosessel und beobachtete auf dem Hauptschirm das scheinbar schwarze, leere All, doch nur wenige Lichtminuten entfernt würden sie, falls sie einfach weiterflögen, von einem unsichtbarem Feld eingesogen und festgefroren in Raum und Zeit.
Zark befahl, die Rakete startklar zu machen. Die Rendezvous-Koordinaten zeigte ein Display groß an. Die Distanz verringerte sich wie in einem Countdown. Kollision in 2:55 Minuten. Einige der Crewmitglieder wurden nervös. Die Fortitudo hatte nur ein kleines Zeitfenster. Die Rakete musste exakt zum richtigen Zeitpunkt gestartet werden. Auf der Brücke wurde hochkonzentriert und akribisch gearbeitet, während die Indagatrixfrauen aus ihrem Laborraum das Geschehen nur passiv auf einem Wandmonitor verfolgen konnten. Erst nach erfolgreichem Durchstoß der Wand würden sie Daten sammeln und analysieren.
Unklar war bisher, ob der geschaffene Tunnel sich nur temporär oder permanent bildete. Und war der Schlauch von der anderen Seite ebenfalls durchlässig? Viele ungewisse Parameter ließen die Operation Punctura zum Himmelfahrtskommando werden. Aber Zark fürchtete nicht den Tod. Für die siegreiche Schlacht gegen die VA würde er sein Leben geben. Ein Brücken-Offizier der Alba Simia vermeldete: „Kontakt in 60 Sekunden.‟ Commander Zark befahl dem Gefechtsoffizier: „Rakete starten!‟ An der Front unterhalb der Brücke öffnete sich eine Schleuse und ein Raketenkörper in Form eines abgeflachten Torpedos schoss vorwärts ins All.
Nach 30 Sekunden erreichte das Geschoss die Anomalie und jagte scheinbar hindurch. Auf dem großen Frontschirm verfolgte die Besatzung der Fortitudo das Geschehen: Ein kleiner Tunnel öffnete sich, als würde ein Loch in einem Kraftfeld entstehen und wachsen. Nach zehn Sekunden hatte es einen Durchmesser von 45 Metern; weitere zehn Sekunden später erreichte die Öffnung die doppelten Ausmaße. Die Fortitudo würde hindurchpassen, sofern der Steueroffizier sein Handwerk verstand. Weitere zehn Sekunden später erreichte das Schiff die Anomalie und flog hindurch. Jubel brandete auf. Die Öffnung vergrößerte sich hinter dem Schiff weiter und weiter.
Zark ließ die Fortitudo im Schleichtempo fliegen. Die Heckkamera und die Scanner maßen die Öffnung inzwischen auf 3,5 Kilometer. Die Indagatrix saßen und standen hektisch an ihren Konsolen und verarbeiteten Daten. Die Anomalie schien sich immer weiter zurückzubilden – und zwar immer schneller. Jetzt war das Loch bereits 60 Kilometer groß. Viel weiter durfte die Fortitudo nicht fliegen, da sie sonst von den Langstreckenscannern der VA bemerkt worden wäre. Zark entschloss sich zum Rückflug. Das Alpha Dominion konnte mit der Großinvasion beginnen und die VA unterjochen. Eine Belobigung von Imperatorin Aranea Regina II. war ihm sicher, sowie eine Beförderung vom Hohen Kaiser in seiner Heimatwelt der Scarabaeus. Er würde in die Historie eingehen als der heldenhafte Feldherr, der es ermöglichte, dass das AD einen gewaltigen Sektor der Galaxie erobern konnte.
Als sich die Fortitudo dem Durchstoß näherte, war es nach der ausgebrochenen Hektik an Bord mucksmäuschenstill. Alle hielten die Luft an, als das Schiff hindurch jagte. Auch das gelang. Wieder brandete Jubel auf. Die Operation Punctura war ein voller Erfolg geworden. Die Anomalie existierte nicht mehr, oder zumindest hatte sie sich weit zurückgebildet. Inzwischen war die kreisförmige Öffnung über 13.000 Kilometer groß. Offenbar blieb der Durchgang bestehen. Womöglich löste sich das Phänomen komplett auf.
Der Hohe Rat des AD war begeistert. Endlich konnte die Invasion starten. Die gesamte Flotte wurde in Manöverbereitschaft versetzt. Eine Armada, wie sie die VA noch nie gesehen hatte, setzte sich in Bewegung: gigantische Schlachtkreuzer, Fregatten, Korvetten und Zerstörer bildeten Myriaden von Kriegsvehikeln. Die zahllosen kleineren Begleitschiffe und Jäger diverser Klassen waren in den riesigen Hangars an Bord der Großschiffe untergebracht. 90 Prozent der Besatzungen waren Cyborgs unter der militärischen Führung von einigen Scarabaeus, Alba Simia und weiblichen Humanoiden des Regina-Königreichs. Pugnatoren kamen nur vereinzelt zum Einsatz, wie auch Rusticusse, die Aufgaben übernahmen, die für Cyborgs nicht möglich waren. Wurmskorpione und Amphibienwesen verzichteten auf Vertreter an Bord der Angriffsflotte. In den Abfangjägern und Bombern, die bestückt mit Neutronenraketen waren, saßen Cyborgs. Die künstlichen Piloten hatten bessere Reflexe und waren in der Lage, hochkomplexe Situationen zu erfassen, zu analysieren und zu handeln – und das alles im Bruchteil einer Sekunde.
Noch konnten die Langstreckenscanner und Aufklärer der VA die gigantische Masse an Kriegsgerät nicht erfassen, doch würde das innerhalb der nächsten Stunden der Fall sein. Zwar würde der Feind ihnen schwere Verteidigungs- und Kampfschiffe entgegenstellen, aber um überhaupt eine signifikante Chance zu haben, musste man sich auf das heimatliche Solsystem konzentrieren. Der Hohe Rat verfolgte exakt diese Strategie: Zunächst nahm das AD die umliegenden Systeme ein, um die VA in ihrem Sonnensystem einzukesseln. Dann würde man auch die inhaftierten Militärs befreien. Prominentestes Beispiel war Praefecta Misera. Spione hatten Informationen decodiert, dass sie in einer Anstalt auf einem Mond vor einem Gasriesen gefangengehalten wurde.
Die Eroberung der einzelnen Planeten, insbesondere der nährstoffreiche Colonia Agricultura – die Nahrungskammer der VA – sowie Pax Novo mit seiner Technologie und dem Regierungsplanet Beta Patria würden das infernale Finale bilden. Aranea Regina II. träumte schon von der massenhaften Versklavung der Bevölkerung, dem enormen Wirtschaftswachstum durch neue Technik und Ressourcen sowie Einfluss. Zark könnte Planetenkanzler von Beta Patria werden, um dort unter anderem Heerscharen von Sklaven zu trainieren. Er würde das Arbeitsmaterial transstellar in bestellter Quantität und Qualität liefern. Bester Service für die Kunden steht ganz oben, sinnierte der Scarabaeus; eine Reklamationsstelle für Sklavenangelegenheiten musste her. Er würde Sklaven mit allen möglichen Qualifikationen anbieten. Zum Repertoire gehörten dann nicht nur terrestrische Humanoide und die kleinen Pacidus, sondern auch Rusticusse, Munuswesen, Corium Bestia und viele Lebensformen mehr.
Der Alba Simia Altitudo hatte sich Pax Novo ausgebeten, um die Technologien weiter zu entwickeln und damit das AD zu stärken und selbstverständlich Profit zu machen. Insbesondere interessierte er sich für die Rüstungsgüter der VA, die zwar auf Beta Patria produziert wurden, aber das würde er mit diesem primitiven Käfer Zark aushandeln. Wirtschaft und Waffen – das waren die Basis, auf denen Macht beruhte. Altitudos Bestreben hörte nicht auf, wenn er Planetenkanzler geworden war. Er wollte mehr und eines Tages Aranea Regina II. von ihrem Thron entfernen. Dann endlich würden die Alba Simia da stehen, wo sie hingehörten: an die Spitze aller Lebensformen der Galaxie. Die nächsten Allianzen waren weit weg, aber das Alpha Dominion wuchs unaufhaltbar weiter. Die Imperatorin führte bald das größte bekannte Reich der Galaxie an. Und wenn die Alba Simia die Macht übernommen hatten, waren sie die Alleinherrscher über den Sektor der Galaxie. Sollte die Humanoidenfrau ruhig die Vorarbeit leisten.
Zark saß in seinem Kommandosessel auf der Brücke des Flaggschiffes. „Noch immer keine Energiesignatur des Feindes?‟ Der Navigator verneinte. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Feindbewegung. Mit dem Langstreckenscanner in der Nase des Schiffes war nicht mal der kleinste Aufklärer zu finden. Keine Bots, keine Drohnen, nichts. Zark grunzte laut. „Die Feiglinge haben sich in ihr primäres Solsystem zurückgezogen.‟ Altitudo zog die Stirn seiner weißen Haut kraus, was ungewöhnlich für einen Alba Simia war, der nur selten Mimik zeigte. „Wir sollten einen Hinterhalt oder ähnliches ausschließen können. Schicken Sie Hochgeschwindigkeitssonden vor.‟ Zark nickte. „Gut. Waffenoffizier! Starten Sie zwölf Sonden. Aufgefächerte Koordinaten. Drei Grad. Ausführen!‟
Tausende Edelfräuleins auf Regina, Mare Mutus und Naturalis Sidus feierten das eigene Militär und freuten sich auf eine deutliche Expansion des Alpha Dominions und damit maximierte Macht und gesteigerten Wohlstand durch Milliarden zusätzlicher Sklaven. Würde die gesamte Vereinigte Allianz befriedet, standen 128 Milliarden humanoide Leibeigenen zur Verfügung. Die vom zurückeroberten Planeten Regina übergelaufenen Munus und Rusticusse würden in strengen Erziehungslagern die Konsequenzen für ihren Verrat erfahren. Einige Adelsdamen schwärmten davon, persönlich die Elektro-Peitsche zu schwingen. Wahrscheinlicher war es jedoch, dass große Anstalten auf dem abgelegenen Planeten Frigidus das kalte und öde Heim von resistenten Kriegsgefangenen, Verrätern und „störrischen Geistern“ wurde.
Aber das sollten die Audiutrix, Ductrix und Centurias organisieren. Die Damen der Gesellschaft genossen lieber ihr Luxusdasein in den prächtigen Habitaten. Eine von ihnen war Nobilia. Das feingliedrige Fräulein maß nur 158 cm, aber ihr ausgeprägter Sadismus war überdimensional. Ihr Palast befand sich unter einem halbkugelförmigen Schutzschirm auf dem Regina-Mond Fortuna, wo viele Reiche und Schöne lebten. Nobilia trug einen goldfarbenen Catsuit, der ihre feminine Gestalt hauteng unterstrich. Am liebsten umgab sich die filigrane Herrin mit Munuswesen. Von ihnen besaß sie 26 Stück, die einen beträchtlichen Anteil ihrer beschäftigten Sklaven ausmachten. Gleich acht Exemplare waren ausschließlich für ihre fleischlichen Gelüste da.
Vier Custos gehörten außerdem zum Hausstand, die ihren Harem bewachten. An den 150 kg schweren Muskelbergen mit ihren Haifischzähnen traute sich so schnell niemand vorbei. Sie trugen die üblichen Schnürstiefelsandalen, einen Lendenschurz aus weißem Polyamid, permanente Armschienen aus Carbon und einen Metallhalsreif mit Nobilias Namen. Bewaffnet waren sie mit einer langen Hakenstange, die Elektroimpulse abgeben konnte.
Die eigentliche Security des Anwesens samt weiterer Arbeiter bestanden aus Rusticussen. Sie trugen je nach Aufgabenbereich unterschiedliche Uniformen: Hausangestellte schmückten sich mit engen Shorts aus weißem Spandex und einem kurzen, pinkfarbenem Livree, dazu weißem Schuhwerk, das einem Ballettschuh ähnelte, der aber bis über die Knöchel reichte und oben mit einem markanten Riemen verschlossen war.
Die Sicherheitsleute erkannte man an ihren derben Stiefeln, Cargohosen in Tarnoptik und einem olivfarbenen Blouson über einem weißen Shirt sowie ihren Armcoms und Laserstrahlern. Für kleinere Zwischenfälle trugen sie ebenfalls Impulsstäbe, allerdings ein kürzeres Modell, bei sich. Ein eingepflanzter Chip ermöglichte ihnen das Öffnen und Schließen zahlreicher Türen.
Für die Munus im Harem galt grundsätzlich Nacktheit – bis auf ihre schweren Hodenstrecker, die die mindestens faustgroßen Testikels noch betonten sowie die Castitasschelle. Nobilia wollte nicht nur den Anblick genießen, sondern auch sofortigen Zugriff auf das Geschlecht und die schweren Brüste mit ihren daumengroßen Nippeln haben. Für alle anderen Munuswesen war ein Suit vorgesehen, der bis auf Gesicht, Geschlecht und Hände den gesamten Leib bedeckte. Die Fußsohlen waren mit einer Polymerschicht verstärkt. Bei der Öffnung im Schritt schaute nur der riesige Hodenstrecker mit den Bällen hervor. Der große Phallus dagegen war Richtung Bauchnabel fixiert in dem Suit, in dem dafür ein innerer Schlauch eingenäht war, der das Monstrum an Art und Stelle hielt. Eine modifizierte Castitasschelle war integriert, so dass die Position des Phallus permanent nach oben zeigte, selbst wenn der Munus seinen Suit ausziehen würde.
Momentan verfolgte Nobilia den Newsfeed auf ihrem holografischen Display und beobachtete, wie das Militär mit seiner enormen Flotte auf das Gebiet des Feindes vorgedrungen war. Zeit für ein wenig Vergnügen. Sie wischte den Hologrammschirm aus und betrachtete lächelnd den Rusticus, der in der Nähe vor ihr kniete und dort seit einer Stunde verharrte. Nobilia liebte es, den Diener warten zu lassen, um ihre Befehle entgegenzunehmen. Er starrte, wie es sich für ihn gehörte, auf einen Punkt vor ihm zu Boden, bis er ein Fingerschnippen vernahm. Nobilia schnarrte: „Bring mir ein Glas Frigus-Aqua!“ Das Wasser war sehr teuer, da es vom Planeten Frigidus aus tiefen Gletscherspalten geschöpft werden musste. Neben dem technischen Einsatz war es für die Arbeiter eine gefährliche Tätigkeit, bei der es nicht selten Unfälle gab. So mancher Rusticus verschwand für immer in einer Spalte.
Der Livreeträger sprang auf und erfüllte den Wunsch seiner Herrin. Nobilia räkelte sich auf ihrem Sessel und nahm einen Schluck. Dann schüttete sie den Rest ins Gesicht des Dieners. „Nicht kalt genug, du dummes Stück!“ Der Diener zitterte. Was für eine Strafe erwartete ihn nun? Nobilia lächelte aber schon wieder. „Weißt du, dass so ein Glas Frigus-Aqua bedeutend mehr wert ist als du?“ Das Adelsfräulein seufzte. Warum war sie so mit inkompetenten Angestellten gestraft? „Geh in deine Kammer. Da bleibt du bis morgen früh.“ Der Diener sprang auf und zog sich katzbuckelnd demütig zurück. Seine Kammer bestand aus einem sechs Quadratmeterraum ohne Fenster mit einem Bett und erinnerte mehr an eine Gefängniszelle.
Nobilia öffnete einen Com-Kanal zur Security. „Mein Leibdiener hat mal wieder eine Tracht Prügel verdient. Kümmert euch drum. Er wartet in seiner Kammer.“ Nobilia leckte sich über die Lippen. Das hatte sie irgendwie heiß gemacht. Sie würde ihr Harem aufsuchen und sich verwöhnen lassen, bis sie tiefe Entspannung fand. Während die junge Dame von zwei Munus in höchste Sphären der Lust gebracht wurde, schrie der Diener vor Schmerz, als er von zwei Rusticussen auf den Bauch gezwungen von einem dritten Mann das Gesäß mit einer Klatsche aus mit Bleistaub verstärktem Polyvinylchlorid bearbeitet wurde.
Am Rande der VA lag ein System mit dem Planeten Atra Mundo. Auf ihm lag keinerlei Augenmerk, denn es handelte sich praktisch um eine große Müllhalde ohne wirtschaftlichen oder strategischen Nutzen. Die reichen Ölvorkommen waren unnütz, die Atmosphäre war vergiftet und die Technologie hinkte viele Jahre hinter der übrigen VA hinterher. - Auf der Oberfläche am Rande einer urbanen Bebauung verscheuchte ein völlig verlotterter Artus Iceberg ein paar Großratten von einem umgestürzten Container, um sich die Lebensmittelabfälle zu erbeuten. Nur seinem ungepflegten Äußeren war es zu verdanken, dass ihn nicht längst ein Gangmitglied als lebende Organspende gefangen hatte. Der Ex-CEO biss in Schlachtabfälle und gummiartige Konsistenzen aus synthetischem Soja und Nanonährstoffen. So ausgemergelt und dreckig, wie der Mann aussah, ließen ihn selbst die Dealer in Ruhe, die wussten, dass der Kerl die Drogen nicht bezahlen würde.
Anders erging es dem arbeitslosen Corium Bestia, der mit seinen 200 cm Höhe und 150 kg Muskeln als Arbeiter bei Atra-Oil auf Rig X1442 angefangen hatte, aber dann nach wenigen Monaten entlassen worden war. Nun irrte er in der Gegend umher und war längst abhängig von diversen chemischen Drogen, die ihm gewiefte Dealer andrehten. Eine Zeitlang hatte er für den Stoff als Bezahlung bei einem Typen geschuftet und war schließlich abgehauen. Wild und tollwütig lief er umher und brüllte, denn die Entzugserscheinungen zeigten ihre teuflische Wirkung. Der Hüne schlug auf alles ein, was er fand. Orientierungslos näherte er sich dabei immer mehr dem inzwischen auf dem Boden liegenden Iceberg. Es setzte wieder saurer Regen ein, und der Wind blies Plastikfolien und allerhand Müll durch die Luft. Fast schwarze Wolken verdunkelten den Himmel und Blitze zuckten. Der Corium Bestia schlitterte auf einem alten Kunststoffpaneel aus und knallte mit dem Hinterkopf auf den Boden. Reglos blieb er liegen. Doch plötzlich zuckte es durch seinen Leib und er schrie irgendwas von Riesenspinnen. Er schwankte auf seine Füße und lief panisch davon. Seine Augen waren milchig und fast blind von den Nebenwirkungen eines konsumierten Rauschgiftes.
Iceberg hatte davon kaum etwas mitbekommen. Er drehte sich auf den Bauch und lallte vor sich hin. Ihm war übel, und in seinem Kopf fühlte sich alles wie in dicke Watte gepackt ein. - Ein paar Straßen weiter trugen zwei Corium Bestia einen Faustkampf aus. Die kleine runde Arena war durch einen Maschendrahtzaun begrenzt. Um den Käfig standen dutzende Männer der Noxius-Bruderschaft und Anwohner der baufälligen Baracken, die die Straßen in der Umgebung säumten. Faustkämpfe waren ein beliebter Zeitvertreib. Bei den Wetten wurde viel Dilithium gewonnen, aber auch verloren. Es handelte sich um einen von zahlreichen Straßenkämpfen, die im kleinen Rahmen durchgeführt wurden. Für ein größeres Publikum waren sie nicht gemacht. Die Akteure, die sich hier erfolgreich präsentierten, konnten auf eine kleine Karriere hoffen und zu Kampfshows eingeladen werden, die in diversen Habitaten in den Metropolen wie Atra-City oder Urbs Novum stattfanden und gefilmt wurden. Da ging es dann um deutlich höhere Summen.
Das Gros verdiente das Kartell der Noxius daran. Um ja keine Langeweile aufkommen zu lassen, ließ man endlos viele Varianten aufeinander los: Corium Bestia gegen terrestrische Humanoide oder Munuswesen fighteten mit- oder gegeneinander. Es gab Faustkämpfe, Duelle mit Peitschen oder Klatschen, Elektrostäben oder Netzen, Krallen und Klingen. Die großbrüstigen und vor allem mit überdimensionalen androgenem Geschlecht ausgestatteten Geschöpfe waren einst auf dem Planeten Regina durch Genmodifikation entstanden und später vor dem Regime in die Vereinigte Allianz geflüchtet. Die meisten dieser Munus waren unter falschen Versprechungen von Kriminellen nach Atra Mundo gelockt worden und arbeiteten dort wieder im Rotlichtmilieu, wofür sie ursprünglich auf Regina geschaffen worden waren. Wer es bis in einen Kampfkäfig „schaffte“, musste sehr tief gefallen sein.
Heute waren eher Anfänger mit überschaubarem Talent im Ring: Die beiden Corium Bestia wollten sich einfach die nächste Dosis ihres Lieblingsstoffes verdienen und prügelten dafür auf sich ein. Der Veranstalter, Mitglied der Bruderschaft, bezahlte nur den Sieger. Der Verlierer ging leer aus. So hielt er die Motivation der dummen Riesen aufrecht. Es dauerte noch einige Minuten, bis der Unterlegene endgültig auf sein Gesicht fiel und verdreht liegen blieb. Ein kleinwüchsiger Humanoide, als Ringrichter agierend, erklärte den Gegner zum Sieger, der vor Freude brüllte und auf seine Brust trommelte. Er wankte aus dem Käfig, als die Tür geöffnet war, und nahm ein kleines Tütchen mit einem Pulver entgegen. Sofort stürzte er den Inhalt seinen Rachen hinunter und verdrehte seine Augen vor Entzückung. Dann verschwand er in der umstehenden Menge von Zuschauern, die sich nur langsam zerstreuten. Es war der letzte Kampf für heute gewesen. Morgen ging es weiter. Mancher Wetteinsatz war verloren gegangen, und die Verlierer ertranken ihre Verzweiflung mit billigem Fusel. Wer hier außerhalb der Wohnhabitate lebte, war arm und arbeitete für einen Hungerlohn in den Fabriken am Rande der Slums.
Der Veranstalter nickte seinen vier Bodyguards zu und ließ den Wagen vorfahren. Greasy, so sein Spitzname, stieg in die Luxuslimousine ein und fuhr den Sitz nach hinten, so dass er fast lag. Eine blonde Schönheit in sehr knapper Kleidung saß neben ihm und goss ihm Sekt ein. „Du bist süß wie eine Kirsche‟ hatte er ihr mal gesagt und sie seitdem nur noch „Cherry‟ genannt. Ursprünglich hatte sie in einer Fabrik am Fließband gestanden in ihrem Kittel und damals noch schwarze Haare gehabt. Aber Greasy war gleich begeistert gewesen von diesem weiblichen Geschöpf mit diesen wunderbar prallen Brüsten und sie zu seiner Konkubine gemacht. Cherry lächelte ihn verführerisch an und reichte ihm das Glas mit der prickelnden Erfrischung. Anschließend strich sie mit ihren manikürten Fingern über seine seidigen Hosen und fand die Stelle, die dem Mann ein Stöhnen entfleuchen ließ. Gleichzeitig hatten die Bodyguards gemerkt, was die Stunde geschlagen hatte, so dass der Fahrer eine blickdichte Scheibe hochfahren ließ, die für Greasy und Cherry mehr Privatsphäre garantierte.
Leise Musik ertönte aus den Lautsprechern des Innenraumes. Während Cherrys Gesicht bereits im Schoß des Mannes versunken war, die vergrößerten Lippen eng um den steifen Luststab gesaugt, aktivierte Greasy einen kleinen holografischen Monitor vor ihm. In der Videoverbindung erläuterte er einem Typen mit Sonnenbrille und offenem Hemd, wie er sich den nächsten Kampf in „seinem‟ Habitat in Atra-City vorstellte. „Kannst du einen Custos auftreiben?‟ Der Mann auf dem Display runzelte die Stirn. „Diese Muskeltypen von Regina? Sind selten hier. Kann es versuchen. Warum nimmst du nicht einen Corium Bestia?‟ Greasy sagte mit leichtem Zischen in der Stimme: „Weil ich einen Custos haben will. Kapiert?‟ Er hatte sich schon detailliert ausgemalt, wie das Spektakel aussehen sollte: Der humanoide Muskelmutant würde eine Art Zwangsjacke und einen Mundspreizer tragen. Vielleicht kamen noch mehr restriktive Maßnahmen zum Einsatz. Gegner im Ring sollten humanoide Frauen sein, die er aus den Slums rekrutieren wollte. Das würde neue Streamingquoten geben, die alle Rekorde brachen und das Wettgeschäft und somit den Profit in die Höhe trieben. Der Pate, höchster Noxiusbruder von Atra-City, würde es ihm gewiss danken.
Zeitgleich war ein Geschwader aus Aufklärern der Vereinigten Allianz in der Nähe der Anomalie unterwegs, um die Grenzlinie zum Alpha Dominion zu kontrollieren. Plötzlich gab ein Hochleistungsscanner eine Warnung aus. Der Pilot gab die Meldung an das Begleitschiff weiter. Dessen Kapitän befahl, eine Sonde zur Oberfläche der Anomalie zu schicken. Vor dem Aufklärer schien ein Durchlass des Phänomens zu existieren. Die abgeschossene Sonde flog problemlos durch die Koordinaten, auf denen sich die Anomalie ausbreitete. Das unbekannte Kraftfeld schien über mehrere zehntausend Kilometer verschwunden zu sein. Der Kapitän funkte sofort mit einer verschlüsselten Frequenz an die Admiralität die überraschende Neuigkeit. Dazu musste er sich zunächst durch eine Autorisierung einloggen und verifizieren lassen. Die Nachricht war brisant und daher als streng geheim einzustufen. Die Regierung auf Beta Patria musste unverzüglich zu einer Entscheidung kommen. Stand ein Angriff des AD unmittelbar bevor? Oder wusste der Feind (noch) nichts von der Perforation?
Nur eine Stunde später flogen die höchsten Regierungsmitglieder in der wie eine Trutzburg aussehenden Zentrale des Hohen Rates der VA ein und landeten auf den vier Ecktürmen. Die Rotorvehikel setzten die Herrschenden ab und flogen wieder los. Für Beobachter wirkte es wie ein Kommen und Gehen in einem Bienenstock. Als die Exekutive vollständig versammelt war, musste schnell eine Entscheidung getroffen werden. Das gesamte Militär wurde in besondere Alarmbereitschaft versetzt, und gewaltige Kontingente in die Nähe der Anomalietür versetzt. Ergänzend wurde der Ausnahmezustand für das gesamte Gebiet der VA erklärt und in allen verfügbaren Newsfeeds verkündet. Die nächste Stufe würde das Kriegsrecht sein, aber damit wollte der Hohe Rat noch warten bis der Aggressor auf Staatsgebiet eingefallen war.
Doch die inzwischen beauftragten Aufklärer fanden auch hinter der Anomalie keine militärischen Bewegungen des Gegners. Im Gegensatz: Das AD schien sich zurückgezogen zu haben. Konservative Mitglieder der Regierung drängten auf einen Präventivschlag, um eine Invasion zu verhindern. Der Hohe Rat genehmigte zunächst nur eine Kundschafterstaffel, die hinter die Anomalie fliegen sollte. Zusätzlich kamen Langstreckenscanner und Aufklärungssonden zum Einsatz. Die Aktion war riskant, denn man wollte verhindern, dass das Alpha Dominion den Vorstoß als Provokation deuten könnte. Im Tarnstatus waren die Sonden zwar kaum zu erfassen, aber es blieb ein Restrisiko der Entdeckung. Bald schon war klar, dass das AD sich weit in seinen Raum zurückgezogen haben musste. Die gewaltige Armada war nicht zu orten. Ominöserweise gab es signifikante Energieemissionen bis kurz vor die Anomaliegrenze. Die spezifischen Signaturen mussten von Schlachtschiffen stammen. Doch wo waren diese geblieben? Plante das AD einen Hinterhalt? Oder verfügten sie über eine neue Tarntechnologie?
Auf Colonia Agricultura vernahm man die Zuspitzung der militärischen Auseinandersetzung mit Sorge. Wenn die Anomalie als Schutzwall praktisch nicht mehr existierte, war die VA dem Feind ungeschützt ausgesetzt. Mr. Khan, Leiter einer Max-Plantage, stand kurz vor dem Durchbruch, willenlose Sklaven zu erschaffen. Ein „Quantensprung“ für Prospect Enterprises. Wenn die Leiharbeiter der Corium Bestia zu perfektioniertem Arbeitskapital durch einen nicht invasiven Eingriff mit Nanobots modifiziert werden konnten, würde das den Profit in den Plantagen um mindestens 300 Prozent steigern. Ein moralisches Gewissen hatte Mr. Khan dabei nicht. Waren die CB überhaupt humanoide Lebewesen? Bei einem Intelligenzquotienten von 60 durfte er das bezweifeln, so sein Argument. Was wollten diese Kreaturen mit eigenem Willen und Lohnzahlungen? Sie würden als Arbeiter Kost und Logis erhalten und wären zufrieden damit, dem Konzern zu dienen. Sollte seine ganze Planung nun von dem kriegerischen Konflikt mit dem AD zerstört werden?
Mr. Khan fluchte und verließ sein Büro, um der besorgniserregenden Realität in seinen Privaträumen zu entfliehen. Er entkleidete sich und setzte sich auf den Gelsessel mit der VR-Mantelung, stülpte eine Gummilippe über sein Geschlechtsteil und aktivierte das Gerät. Dann setzte er sich die VR-Maske aufs Gesicht und ließ die Ummantelung um seinen Körper gleiten. Und schon startete das Programm „Love Island“.
Zur gleichen Zeit saß der Corium Bestia Truncus bei seinem Freund Goran und schaute ihn verständnislos an. Er sollte die Castitasschelle weiterhin und permanent tragen? Und das wäre gut ihn ihn? Er verstand Goran nicht, aber er vertraute ihm und willigte schweren Herzens ein. Doch zugleich spürte er ein unbändiges Verlangen, über seinen Freund herzufallen. Seine Libido ließ seinen Phallus pochen und forderte geradezu penetrant eine Befriedigung. Goran streichelte ihn. „Du wirst sehen, dass das Verlangen mit der Zeit abnimmt. Aber nur so können wir befreundet bleiben.“ Truncus verstand den Zusammenhang nicht, aber er nickte betrübt. „Und was machen wir dann jetzt?“ Goran lächelte. „Wenn du möchtest, kannst du mit deinem Mund vorsichtig meinen Phallus verwöhnen. Ich leite dich an.“ Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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RE: Regina
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Aktualisiertes GLOSSAR
Protagonisten:
Animus: Pilot bei Prospect Enterprises
Altitudo: Alba Simia; Mitglied des Hohen Rates des AD
Aranea: Praefecta u. Nachfolgerin von Augusta Regina (Mitglied Hoher Rat des AD) Titel: Aranea Regina II.
Augusta Regina: Ex-Königin des Planeten Regina
Carthy: Konzernchef von Prospect Enterprises
Frost, Jeremy: VA-Großadmiral
Goran: Arbeiter auf Max-Plantage, Colonia Agricultura
Gravis: Security bei PE, 175kg-Muskelkoloss durch Modifikation zum Custos im Regina-Regime
Iceberg, Artus: Ex-CEO von Bionic Industries, Androidenproduzent
Khan: Leiter einer Maxi-Plantage auf Colonia Agricultura
Truncus: Wanderarbeiter, Colonia Agricultura, Corium Bestia
Tzrut: Kaiserlicher Diener, Scarabaeus
Violetta: Pilotin bei Prospect Enterprises
Zark: Kaiserlicher Diener, Scarabaeus. Mitglied des Hohen Rates des AD, erfolgreicher Sportler, leitender Kommandant der Invasionsarmee
Planeten im Alpha Dominion:
Frigidus: kalter Planet an der Sektorgrenze, m. militärischen Einrichtungen
Naturalis Sidus: großteils tropischer Planet (temporäres Exil für Augusta Regina und Edeldamen)
sowie zahlreiche dem VA bisher unbekannte Welten diverser Lebensformen
Planeten der Vereinigten Allianz (128 Milliarden Humanoide):
Atra Mundo: Planet und No-go-Area am Rande der VA . 7 Megacitys (u. a. Urbs Novum). Hauptstadt: Atra-City. Kriminelle Organisationen teilen sich die Herrschaft. Quasi-Sklavenhaltung wird praktiziert. Keine Androidentechnologie. Abgeschnitten durch Embargo. Geologie: ausgeprägte Polkappen mit Eiswüste.
Beta Patria: liegt im Sol-System X94021-115-BP und beherbergt den Hohen Rat der VA
Colonia Agricultura: Planet mit Landwirtschaft (Nahrungserzeugung) und „Kornkammer‟ der VA, durch Terraforming entstandene Biosphäre
Fortuna: Mond von Regina
Litus Mundus: Vergnügungs- u. Urlaubsplanet (temporär als Militärbasis der VA genutzt)
Mare Mutus: Planet in der Nähe des Regina-Systems
Pax Novo: wirtschaftlich starke Welt (233 Mio Bevölkerung); Hauptstadt: Pax-City (14 Mio), liegt im Sol-System von Beta Patria
Regina: abtrünnige Kolonie der VA mit wechselnden Machthabern, z. Zt. VA
Neuromodifizierte Humanoide unter Augusta Regina:
Custos (Muskelmutanten mit Haifischzähnen; Haremswächter)
Cyborgs (Androiden m. fremdgesteuertem Bewusstsein männlicher Adelspersonen)
Munus (Zwitter m. überdimensionierten Genitalien; Sexdiener)
Rusticus (Arbeitersklaven)
Dienstgrade auf Regina: Audiutrix, Ductrix, Centuria, Veterana (Garde), Praetoria, Praefecta.
Indagatrix: Wissenschaftlerin, Pugnator (männlicher Soldat)
andere Lebensformen:
Alba Simia: Hybridform aus Affe u. Mensch. AD. Weiße Haare. Schöngeister. Halten sich Sklaven wie die Placidus (aus ihrem Nachbarsystem). Spielen 3-D-Schach.
Amphibienwesen: abgeschottete Kultur, grünliche Warzenhaut. Können mind. 20 Min. unter Wasser bleiben. 50 cm lange Zunge. Nickhaut über Augen. Heimatwelt hat 0,3 g. Außerhalb ihrer Welt trasgen sie daher meist ein Exoskelett.
Corium Bestia: stark behaart, muskulös mit ledriger Haut, zwei Meter groß, circa 150 kg Gewicht, IQ 60, humanoide Lebensform, Heimatplanet Nulla Varietas (außerhalb der VA). Gesellschaftsform: Diktatur in Kooperation mit anderen Völkern, Technologie wird importiert. In der VA existieren einige Siedlungen der Corium Bestia, die dort als Leiharbeiter beschäftigt sind.
Placidus: friedliebende Humanoide (1,30 m groß, stark behaart) werden im AD gerne als Sklaven gehalten.
Scarabaeus: insektoid-humanoide Spezies des AD (Kaiserreich). Exotrope Augen, Schuppenhaut, 2 m groß, aggressiv. Offiziersrang: Kaiserlicher Diener. Untergeordnet: Kaiserlich Geführter.
Wurmskorpione: Wurm im Wirtskörper eines skorpionartigen Lebewesens. Klickender und zischender Akzent.
Konzerne, Vereinigungen:
Bionic Industries (größter Androidproduzent in VA, auf Pax Novo), grünes Logo; Sitz: Pax Novo. (inzwischen verstaatlicht)
HSU (Habitat Security Unit): Wachdienst der Wohnhabite auf Atra Mundo
IPPC (Interplanetary Private Prison Corporation): private Gefängniskette, gelbes Logo. Diverse Standorte.
Noxius-Bruderschaft: kriminelle Verbindung auf Atra Mundo
Prospect Enterprises: Erzverarbeitungsbetrieb. Sitz: Regina (inzwischen nach Beta Patria umgesiedelt); Geschäftsfelder: Rüstung für die VA sowie Logistik und Teilproduktion von Nahrungsmitteln.
Securitas Tracing Corp.: Organisation zur Festnahme von rebellierenden Munuswesen und Edelfräuleins auf Regina. (Nach der Besetzung durch das AD aufgelöst)
Spes 4: alte Orbitalstation von Atra Mundo, als obskure Haftanstalt genutzt Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Meine Geschichten:
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+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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RE: Regina
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Datum:13.11.22 19:10 IP: gespeichert
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~ XCVII ~
Zark, als leitender Admiral, grunzte vor sich hin. Noch immer gab es keinerlei Hinweise auf Schiffe der VA, dabei waren sie schon eklatant weit in deren Sektor eingedrungen. Die Scanner der Vorhut-Sonden zeigten keinerlei Energiesignaturen im Raum, selbst bis ins Zielsystem X94021-115-BP, dem Zentrum des Feindes. Das Flaggschiff parkte im Raum und schickte mehrere Zerstörer vor. Wo hatte sich die Gegenseite versteckt? Je näher die Sensoren Daten lieferten, desto obskurer schienen sie zu werden, denn auch auf den Planeten des Sol-Systems war keine Spur von Energieemissionen zu messen.
Altitudo, Erster Offizier an Bord, blickte ungläubig auf den Schirm. „Das ist unmöglich! Da müssen... Allein die Industrie müsste Werte abstrahlen.“ Zwölf Zerstörer drangen in das Sonnensystem vor, flogen an Colonia Agricultura vorbei und bogen in den Orbit von Pax Novo ein. Hyper-Drohnen jagten in die Atmosphäre über der 14-Millionen-Metropole Pax-City. Richtiger: Sie näherten sich den Koordinaten der Stadt, aber sie fanden nur Wald und Wiesenflächen. Die Aufnahmen wurden mehrfach kontrolliert: Es gab keinen Zweifel. Pax-City existierte nicht. Kein einziges Habitat, keine Infrastruktur, nichts.
Eine knappe Stunde später hatten die Drohnen den Planeten in diversen Achsen umrundet und keinerlei Zivilisation finden können. Sechs weitere Zerstörer wagten sich nun auch in den nahen Orbit von Beta Patria. Unter Gefechtsbereitschaft näherten sie sich auch Pax Novo. Dem transstellaren Geheimdienst des AD nach sollten auf diesem Planeten über 230 Millionen Humanoide leben. Tiefenscanner durchleuchteten das Erdreich und fanden auch in eventuellen unterirdischen Bunkeranlagen keine humanoiden Lebensformen. Nur primitive Tiere, Pflanzen und Bakterien waren nachweisbar.
Alitudo ließ sich kraftlos in seinen Offizierssessel fallen. Diese offensichtliche Verwirrtheit zu zeigen war für einen Alba Simia mehr als ungewöhnlich. Er musste sehr konsterniert sein. Altitudo sah Zark an. „Es gibt nur zwei Optionen. Und beide sind... verstörend.‟ Zark grunzte abfällig. „Und die wären?‟ Altitudo wollte es kaum über die fein geschwungenen Lippen kommen. „Entweder sind wir in die Vergangenheit gesprungen...‟ Zark lachte dröhnend. Altitudo setzte fort: „...oder wir sind in einem Spiegeluniversum gelandet.‟ Zark wollte wieder zu einem Grölen ansetzen, doch im letzten Augenblick verharrte er und starrte den Offizier an. Altitudo bestätigte sich mit einem Nicken selbst. „Wir müssen so schnell wie möglich wieder zurück in den AD-Sektor, um auf die andere Seite der Anomalie zu gelangen.‟
Zark gab dem Navigator entsprechende Befehle. Und so setzte sich die gewaltige Armada zu einem Rückzug in Bewegung. Als die Vorhut die Grenze zur Anomalie erreichte, stellte sie erleichtert fest, dass sich das Phänomen weiter zurückgezogen hatte. Kein Scanner konnte die Öffnung mehr finden. Offenbar existierte das Kraftfeld nicht mehr. Als der erste Funkkontakt mit der Militärbasis auf Regina negativ verlief, glaubte man noch an Interferenzen, doch je näher sich die Kriegsmaschinerie der Heimat näherte, desto merkwürdiger war es, dass sie keine Antwort erhielten. Gebannt erreichten die ersten Jäger den Orbit von Regina. Das Gros der Armada parkte bei Mare Mutus, aber auch von dort gab es keinerlei Reaktion; jeder Kontaktversuch blieb erfolglos.
Zark knirschte mit den Zähnen. Was war hier los?! Der Scarabaeus schlug so fest auf seine Armlehne, dass sie riss. Auf einen Verdacht hin ließ er die Oberfläche des Planeten scannen. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt: Auch auf Mare Mutus fand sich keine intelligente Lebensform. Die gleichen Daten schickten die Jäger im Orbit von Regina. Zark tippte auf seinem Touchpanel. „In der Zeit sind wir nicht gereist. Das lässt sich anhand der Sternenkarte belegen.‟
Es dauerte nur wenige Stunden, bis Zark das Flaggschiff auf Regina landen ließ. Mit den Korrekturtriebwerken positionierte sich das Schiff in fünfzig Metern Höhe und schnitt mit Laservorrichtungen eine Landefläche in die bewaldete Landschaft. Von Zivilisation war weit und breit nichts zu sehen. Zark wollte es einfach nicht glauben. Er verließ das Schiff mit einem kleinen Außenteam in einem Raupenvehikel und fuhr eine Anhöhe hinauf. Dort stieg er aus und betrachtete das Tal, in dem nach seinen Koordinaten eine Industrieanlage und Habitate der Regina-Regierung in den Himmel ragen sollten. Mit keinem Messgerät konnten Spuren einer Bevölkerung aufgespürt werden. Auf dem Planeten war nie ein Mensch, ein Scarabaeus oder Alba Simia gewesen.
Altitudo hatte die Situation längst erfasst. Wenn die Anomalie verschwunden war, würden sie nicht in ihr Universum zurückkehren können. Auch die weiblichen Humanoiden der Regina waren entsetzt. Wenn ihr Planet nicht bevölkert war – und es die Vereinigte Allianz ebenfalls nicht gab - , existierten außer den Personen in der Armada keine Menschen weit und breit. Die Alba Simia und Scarabaeus konnten zumindest darauf hoffen, dass ihre Heimatwelten von der jeweiligen Kultur bewohnt waren. Und noch etwas war fraglich: Wer hatte nun die Macht? Wer war oberster Imperator? Der Hohe Rat war nicht da, Königin Aranea Regina II. war nicht existent. Vielleicht hatte nie eine Vereinigung der Welten zum Alpha Dominion stattgefunden. Wenn die Rangfolge nicht schnellstens geklärt würde, gäbe es Anarchie und Meuterei – und das unter Unmengen von hochtechnologischen Waffensystemen. Und wem gehorchten jetzt die Cyborgs, die den Großteil der Soldaten ausmachten?
Die Spähtrupps der Vereinigten Allianz kamen in Scannerreichweite zum vom AD annektierten Planeten Mare Mutus, doch dort waren nur minimale militärische Signaturen zu erfassen. Der Groß-Admiral entschied die Abwesenheit der schweren Schiffe zu nutzen und den Planeten zurückzuerobern. Zwei Drittel der VA-Schiffe schalteten die Defensivschirme im Orbit aus und näherten sich unter Zielerfassung der Oberfläche. Mit elektromagnetischen Pulsen legten sie großflächig die gesamte Struktur lahm. Widerstand wurde im Ansatz abgewürgt. Die wenigen Schiffe, die vorhanden waren, blieben gleich am Boden.
Rusticusse und Wissenschaftlerinnen des Regina-Regimes wurden in Hallen zusammengetrieben und festgesetzt. Vereinzelt fanden die Invasoren auch andere Humanoiden aus der AD, zum Beispiel Alba Simia, Sacarabaeus und Placidus. Zum Teil erst halb produzierte Cyborgs warteten in großen Fabriken auf ihre Fertigstellung, die anderen waren durch die EMP-Signale außer Gefecht gesetzt worden. In einer Krisensitzung per Hologrammkonferenz rätselten die Admirale darüber, wo die Armada des AD sich versteckte. Hatte sie sich bis zu Regina zurückgezogen? Über transstellare Relaisstationen blieb die Flotte der VA mit der eigenen Regierung in Kontakt. Mare Mutus wurde wieder zum Gebiet der VA erklärt.
Weiteres Militär rückte nach und nahm Kurs auf den Planeten Regina. Von der Oberfläche starteten diverse Geschwader mit Cyborgs an Bord, um die Invasoren mit Abfangkursen abzuwehren. Chancenlos in der Unterzahl und signifikant schwächerer Bewaffnung wurden die Jäger und Kreuzer kampfunfähig geschossen. Imperatorin Aranea Regina II. verschanzte sich unter dem Regierungspalast in einem Nuklearbunker mit ihren wichtigsten Praetorias und Praefectas. Veteranas verteidigten mit kleinerem Defensivgerät die Umgebung und verhinderten zunächst die Stürmung.
Die VA schickte Angriffsdrohnen in einem verbreiteten Netz rund um den Planeten und drohte mit Vernichtung, doch die Armee kapitulierte nach wenigen Tagen bereits bedingungslos. Zunächst ergaben sich einzelne Kompanien, dann Bataillone, dann Regimenter und schließlich die restliche Armee. Zum zweiten Mal in wenigen Jahren war der Planet vom Regina-Regime befreit worden. Die Rusticusse und Munuswesen jubelten verhalten, konnten sie ihr Glück doch bisher kaum fassen.
Der Regierungspalast wurde eingekesselt. Großadmiral Jeremy Frost ließ sich halbstündig vom Status Quo berichten. Im Gebäudekomplex der Königin befanden sich nach Berechnungen circa 500 Personen sowie 1.200 Cyborgs. Es waren bereits gigantische Raumvehikels unterwegs, die einen Exodus aus Rusticussen, Munuswesen und einige Custos einleiteten. Zwar war der Planet Regina so gut wie befriedet, doch die befreiten Humanoiden trauten dem Frieden nicht und flüchteten lieber in vermeintlich sicherere Welten der VA wie Beta Patria, Pax Novo und anderen Planeten. Die Individuen, die in einer Castitasschelle steckten, wurden kostenlos von Spezialisten befreit.
Es fand quasi eine Völkerwanderung statt, die noch Monate lang anhalten würde. Man schätzte circa 40 Millionen Betroffene, von denen nur fünf Millionen auf Regina verbleiben wollten. Dazu kamen mehrere Millionen Edeldamen des Regimes, die als Gefangene zunächst für Gerichtsverhandlungen nach und nach nach Beta Patria überführt wurden. Man würde sich auf besondere Fälle konzentrieren und die meisten Anklagen einstellen, alleine schon aufgrund der nicht zu bewältigenden Menge an Personen. Eine kleine Minderheit von rund 10.000 der Edeldamen lebte noch auf dem Planeten Naturalis Sidus, weit weg im Gebiet des Alpha Dominion. Ob die VA dort ebenfalls intervenierte, stand noch nicht fest. Der Hohe Rat auf Beta Patria wollte vorerst keine weiteren Konfrontationen mit Welten des AD riskieren. Noch immer war unklar, wo sich die feindliche Armada aufhielt.
Auf den Planeten der VA wurde der Vorstoß der Armee positiv aufgenommen. Die Gefahr vor dem Aggressor war gebannt. Offenbar hatte der Hohe Rat des AD Regina aufgegeben und sich zurückgezogen. Aber ein Rätsel blieb, warum die Armada dann zunächst bis zur Anomalie vorgerückt war. - Auf Beta Patria kassierte man die meisten Notstandsgesetze ein und kehrte zu einem geordneten Alltag zurück. Demonstrationen gegen eine militärische Auseinandersetzung fanden kaum noch statt. Im Hohen Rat prallten die Meinungen jedoch aufeinander: Hardliner wollten weiter in den Raum des AD eindringen. Andere Politiker bevorzugen es, das Solsystem der Regina mit Defensivgerät zu sichern und den Neuaufbau zu beginnen. - In den Newsfeeds ging es in erster Linie um die Belagerung des Regina-Palastes. Die Hardliner wollten eine sofortige Stürmung, die übrigen lieber eine Kapitulation abwarten. Auch in der Bevölkerung wurde zum Teil hitzig debattiert.
Animus, der als ehemaliger Pugnator die Funktionsweise des Regimes und deren Ausrüstung kannte, riet von einer Erstürmung ab. Aber als ziviler Pilot hatte er nicht viel Einfluss auf die Führung der VA. Er hatte auch andere Sorgen als die große Politik. In der Kanzel eines Raumfrachters war er unterwegs zu einem Mond im Nachbarsystem von Sol-System X94021-115-BP, wo er eine Ladung Coltan aufnehmen würde, die nach Pax Novo geliefert werden sollte. Der Mond wies zahlreiche Vorkommen von seltenen Erden auf, so dass sich eine Mine an die andere reihte.
Der Frachter von Prospect Enterprises begann mit dem Landeanflug und startete zischend die Bremsdüsen. Animus kam der Oberfläche des Mondes mit 160 km/h entgegen. Eine Minute später schoben sich die Landekufen aus ihren Öffnungsklappen. Der Pilot verlangsamte den Sinkflug bis auf 20 km/h. Er kontrollierte an seinem Steuerungselement die Anzeigen. Keine Kontrolllampe leuchtete rot. 100 Meter über dem Andockplatz maximierte er den Gegenschub. Die Lichtleiste, die den Landeplatz einrahmte, blinkte auf. Der Frachter setzte kurz darauf am Boden auf. Die Kufen drückten sich in den Gesteinsuntergrund. Dann senkte Animus das Frachtmodul mit vierzig Containern, die an der Bodenklappe andockten. Die Behälter wurden nun vom unterirdischen Lager aus von Botdrohnen mit schweren hydraulischen Greifarmen mit kleineren Einheiten gefüllt.
Ein Brückenmodul fuhr von einem quaderförmigen Gebäudekomplex aus und dockte an der Schleuse der Pilotenkanzel an. Krallenartige Klammern aus Titan packten zu und verbanden die beiden Komponenten hermetisch miteinander. Animus betrat den 20 Meter langen Rüssel und marschierte hindurch. Lichtbänder an den Wänden leuchteten in seiner Umgebung auf. Am Ende des Ganges öffnete sich eine pneumatische Tür. Wenn der Frachtführer gehofft hatte, einen Menschen zu treffen, wurde er enttäuscht. Vor ihm stand ein altes Androidenmodell, das einem Menschen zwar nachempfunden war, aber auf den ersten Blick künstlich aussah. Es sprach abgehakt mit einer schnarrenden Stimme, starrte leicht schielend und hatte einen ruckeligen Gang. „Herzlich willkommen bei Noble Mining, Site 45C1667. Der Einlagerungsvorgang ist beendet in 3:21 Stunden. Bitte dokumentieren Sie den Prozess hier.‟ Der Android, optisch einem 25jährigen Mann ähnelnd, reichte ihm ein Daten-Pad.
Nachdem Animus das Formular ausgefüllt und signiert hatte, reichte er das Pad zurück und fragte: „Wie heißen Sie?‟ Der Androide kniff kurz die Augen zusammen, als müsste er überlegen, und antwortete: „NM-S45C1667-B50.‟ Animus winkte ab. Er sah sich in dem Raum voller Metallbalken und Kabelläufen an den Wänden um. „Kann ich mich hier irgendwo frischmachen?‟ Der Android antwortete: „Selbstverständlich. Ich zeige Ih... zeige... Ihn...Ih....rrrrrrrr‟ Er war verstummt und auch in der Bewegung eingefroren. Animus stöhnte. „Auch das noch!‟ Er suchte nach einem Resetschalter, fand aber nichts. Normalerweise waren die im Nacken oder in den Achseln. - Dann musste er sich eben selbst auf die Suche machen.
Ein schmaler Gang führte zu einer weiteren Tür, die sich selbstständig öffnete, als er sich näherte. Dahinter breitete sich ein großer Aufenthaltsraum aus, der über Bänke und Tische für circa 30 Personen verfügte. Ein Wandpaneel enthielt offenbar den Nahrungsgenerator. Animus wählte erst mal einen kräftigen Kaffee. Ob überhaupt Menschen in dieser Mine arbeiteten? Ein wenig Gesellschaft hätte er gern gehabt nach dem langen Flug. Der Frachter verfügte leider nur über ein obsoletes Triebwerk, mit dem es lediglich im Schneckentempo vorwärts ging. Vier Tage war er unterwegs gewesen.
Nachdem ihn das Koffein wieder wach gemacht hatte, betrat er den nächsten Raum: Die vielen Konsolen und Leuchten konnten nur zum Kontrollraum gehören. Irgendwo musste doch ein Quartier oder eine Nasszelle zu finden sein, sinnierte er und stiefelte zurück in den Aufenthaltsraum, um seine Suche durch eine andere Tür fortzusetzen. - Ein langer enger Gang führte an diversen Türen vorbei, die jedoch alle mit einem Code gesperrt waren. Als sich der Korridor gabelte, entschied er sich für die linke Richtung. Die Deckenbeleuchtung flackerte leicht. Die nackten Metallwänden machten keinen einladenden Eindruck. An einigen Stellen verliefen Kabelstränge hinter Lochblechen, die mit den Wänden verschweißt waren, - Nach ein paar Metern lag etwas im Weg. Animus näherte sich und traute seinen Augen nicht: Da lag ein Mann in unnatürlicher Haltung. Offensichtlich durch eine Laserwaffe tödlich verletzt.
Jetzt raste sein Puls. Und praktischerweise hatte er seine Laserpistole an Bord gelassen. Was war hier geschehen? Der Mann trug einen Arbeiteroverall wie Angestellte in der Maschinenhalle der Mine. In den Stollen selbst waren meistens nur Roboter unterwegs. Aber im Steuerungsbereich arbeiteten Menschen oder andere Lebensformen. Vorsichtig folgte er dem Gang und lauschte auf Geräusche. Doch alles war still - bis auf die brummenden Neonleuchten. Eine Mine dieser Klasse musste weitere Personen beschäftigen, und der Aufenthaltsraum ließ ja auch auf zwei Dutzend Beschäftigte schließen. Also: Wo waren die?
Animus folgte dem Gang bis er vor einer großen zweiflügeligen Tür stand, die jedoch verschlossen blieb. Der Pilot suchte nach einem Öffnungsmechanismus, fand keinen und entschied sich zum Rückzug. Er musste in sein Schiff, um die Firma zu kontaktieren. Hier war irgendwas faul. - Als er sich gerade umdrehte, hörte er hinter der Tür einen Schrei. Alarmiert rannte er zum Aufenthaltsraum zurück, dann weiter in den Vorraum und wollte durch das Schott zum Brückenmodul, doch die Tür war verschlossen. Standardmäßig öffnete sie sich durch Annäherung, aber Animus konnte machen, was er wollte, der Zugang blieb versperrt. Ein Notöffnungsschalter war nirgends angebracht. Der Pilot seufzte. Er drehte sich zu dem eingefrorenen Androiden um. Im Sekundentakt blinzelte dessen linkes Auge. Hier war wohl alles kaputt. Animus eilte zum Kontrollraum. Vielleicht konnte er von dort irgendetwas öffnen oder aktivieren oder zumindest Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. - Leider waren sämtliche Konsolen passwortgeschützt. Er wollte gerade einen lauten Fluch brüllen, da kam es noch schlimmer: Die künstliche Schwerkraft wurde deaktiviert, und Animus wog nur noch die Hälfte, entsprechend der Masse des Mondes. Über einer Kontrollstation leuchtete ein Holoschirm auf, der grafisch anzeigte, dass der Beladungsvorgang des PE-Schiffs, Andockstation B, beendet war. Animus staunte. Waren schon drei Stunden vergangen? Doch dann sah er unter der Grafik den Hinweis leuchten: „Beladung abgebrochen‟.
Auf Atra Mundo war die neue politische Lage noch gar nicht bekannt. Die isolierte Position ließ den Planeten über keine direkten Funkkontakte zum Sol-System von Beta Patria verfügen. - In Urbs Novum, einer der sieben Megacitys des abgelegenen Planeten, saß ein Noxiusbruder in einem luxuriösen Sessel und trank einen Espresso, während vor bzw. unter ihm ein hagerer junger Mann in Lumpen in einer Art Schacht stand und die Schuhe des Kunden polierte. - Das Wohnhabitat UN-17 beherbergte 18.522 Bewohner. In diesem Komplex wurden etwa 500 Slumbewohner, inoffiziell hier „Muddies‟ genannt, geduldet, die für einen Hungerlohn diverse einfache Arbeiten durchführten. Da Atra Mundo seit vielen Jahren unter scharfen Sanktionen litt, gab es keine Androiden oder Hightech der VA. Humanmaterial war für viele Aufgaben notwendig, und das fand die High Society in den Slums.
Die meisten Menschen schufteten in den Fabriken am Rande der Metropole und mussten von dem kargen Lohn noch Schutzgebühren für die Noxiusbruderschaft abgeben. Dagegen war ein Job in einem Wohnhabitat sehr beliebt und begehrt. Natürlich war es besonders demütigend und frustrierend, den ganzen Reichtum hautnah zu sehen, wenn man selbst nur davon träumen konnte, aber hin und wieder warf einem eine Dame oder ein Herr ein kleines Trinkgeld vor die Füße oder Nahrung. Die Schlafstätte war warm und trocken, und keine Gangs überfielen das eigene Heim, was in den Slums durchaus regelmäßig vorkam.
Der Schuhputzer arbeitete 16 Stunden täglich, um über die Runden zu kommen. Sein Quartier, das er mit fünf anderen Männern teilte, kostete Miete, die ihm direkt abgezogen wurde. Als die Schuhe vor seinen Augen glänzten, schaute er hoch zu seinem Kunden. Der stand auf, tippte die Bezahlung in sein Multi-Armband und ging wortlos weg. Der Muddy schaute auf sein Mobilcom: Das heutige Einkommen war wieder um eine winzige Menge angewachsen. Das nachgerufene „Danke, der Herr‟ hörte dieser nicht mehr, denn auf seinen Ohren ballerte Elektromusik.
Schon setzte sich der nächste Kunde auf den Platz und widmete sich einem köstlich duftenden Gebäck. Der Muddy wollte gerade mit der Putzarbeit beginnen, da fielen ihm schon dicke Brocken Dreck entgegen, die an den derben Sohlen klebten. Das würde wohl länger dauern. Vielleicht erhielt er ein Trinkgeld. Aber er machte sich nicht allzu viele Hoffnungen. Die meisten Bewohner waren geizig. Da hörte er die Stimme des Mannes: „Beeil dich, Muddy! Ich habe nicht viel Zeit. Aber sorgfältig arbeiten, sonst kriegst du nix, kapiert?‟ Der Putzer nickte. „Ja, der Herr. Ich gebe mir Mühe.‟ Der Kunde lachte auf. „Mühe geben reicht nicht. Ich will Qualität, kapiert?‟ Ein „ja, der Herr‟ kam automatisch von unten. Er wollte niemanden verärgern. Eine einzige Beschwerde bei der Bruderschaft genügte, und man landete wieder im Slum – mit verdrehten Gliedern.
Der Magen des Schuhputzers knurrte laut und verlangte penetrant nach Essbarem, da heute die Küche kalt geblieben war. Als er fertig war, betrachtete der Mann sein Schuhwerk von allen Seiten kritisch. „Ja, OK.‟ Er überwies den üblichen Minibetrag. Dann fragte er: „Hunger?‟ Der Muddy nickte, und kurz darauf schüttete der Kunde sein nur zu zwei Dritteln gegessenes Gebäck in den Schacht. Der Muddy hob es vom Boden auf und stopfte es sich gierig hinein. Der Mann beobachtete es von oben und schüttelte amüsiert den Kopf. „Primitivlinge.‟ - Er gab einen kurzen Befehl in sein Comgerät, und wenige Augenblicke später tauchte ein Klein-Shuttle auf, landete und öffnete die Tür. Der Mann stieg ein und flog davon, vermutlich zu einem Landeplatz auf einem benachbarten Sky-Habitat. Der Arbeiter konnte nur spekulieren: Ging es zu einer Konferenz mit Geschäftspartnern? Oder luxuriösen Privaträumen mit allen möglichen Annehmlichkeiten? Von beiden Orten hatte man sicherlich ein unglaubliches Panorama aus den Glaswänden. Obwohl der Ausblick auf Slums und Fabriken eher unschön war. Aber die Fenster konnten eine Naturillusion abbilden, hatte ihm mal eine Kundin grinsend erzählt, die gemeint hatte: „Man will ja nicht dieses Elend sehen mit solchen Muddies wie dir‟.
Er futterte den Rest des Gebäcks. Oh, wie delikat! Normalerweise ernährte er sich vom billigsten Essen: Makromasse – einem synthetischen Nahrungserzeugung aus Protein, Fettsäuren und Kohlenhydraten mit ein paar Vitaminen und Mineralien angereichert. Das Geschmackserlebnis war gleich Null. Und wenn das Auge mitaß, wie man sagte, so war man besser blind. Wenigstens machte es satt. Zumindest, wenn man genug davon kaufen konnte. Sein Blickfeld beschattete sich: Eine neue Person hatte Platz genommen. Er sah hoch. Eine junge Dame schaute schmunzelnd zu ihm hinunter. „Hey, Muddy! Sag mal, trägst du eine Castitasschelle?‟ Der Schuhputzer wurde rot. Was war das für eine Frage von dem jungen Ding? „Nein, so etwas trage ich nicht. Möchten Sie die Schuhe geputzt haben, Madam?“ Sie stellte glänzend weiße Stiefel in Position. Der Mann fragte sich, was er daran noch mehr zum Blitzen bringen sollte. Kein Staubkorn befand sich darauf. Aber Job war Job. Er fing an zu polieren. Die Frau beugte sich zu ihm erneut hinab. „Wenn es nach mir ginge, würden alle Männer in den Slums Castitasschellen tragen. Man hört immer wieder von sexuellen Übergriffen.‟ Der Arbeiter biss die Lippen zusammen. Die meisten Übergriffe gingen von Noxiusbrüdern aus. Das Mädel schwadronierte weiter: „Und die Prügelstrafe müsste alltäglich werden. Dann würden diese dreckigen... dieses Ungeziefer... lernen, was sich gehört.‟ Mit einem breiten Grinsen ergänzte sie: „Das gilt auch für Muddies.‟ Als der Arbeiter nichts erwiderte, seufzte die junge Dame. „Also, in meiner Familie haben wir einen Muddy in CS. Unser Butler. Und meine Schwester hat ihm auch schon mehrere Male den Hintern versohlt, wenn er es verdient hatte.‟ Wieder reagierte der Arbeiter nicht. Die Kundin fragte ärgerlich: „Bist du stumm oder dumm?‟ Der Muddy räusperte sich. „Entschuldigen Sie bitte, aber wenn ich arbeite, bin ich so auf die Sache konzentriert...‟ Die Frau machte ein hochnäsiges Geräusch. „Ta! Er hört nicht mal zu.‟ Sie stand auf, ohne ihn zu bezahlen.
Als seine 16-Stunden-Schicht endlich um war, hatte er noch weniger verdient als gestern. Er ging den Schacht entlang und erreichte einen Nahrungsausgabenautomaten, kaufte sich eine Packung Makromasse und marschierte dann durch zum Teil unterirdische Gänge zu seinem Quartier mit drei Doppelbetten. Nachdem er die Packung unter seine Matratze geschoben hatte, legte er sich ins Bett, steckte sich Ohrstöpsel hinein, drehte sich mit geschlossenen Augen auf die Seite und war nach wenigen Minuten eingeschlafen. Die Stöpsel waren notwendig, denn bald darauf begann das laute Fauchen einer zentralen Aggregateinheit der Klimaanlage des Habitats, die direkt hinter einer Metallwand lag.
Leider waren Unterkünfte der Muddies nicht klimatisiert. Es herrschten die meiste Zeit 32 Grad Celsius. Wenigstens war Wasser günstig zu haben. - Mitten im Schlaf aktivierte sich am Armband des Arbeiters der Annäherungsalarm: Ein Trupp HSU kontrollierte die Schlafstätten. Wenn die Tür aufging, mussten die Muddies neben ihren Betten stramm stehen. Der Mann entfernte die Stöpsel und stellte sich hin. Keine zehn Sekunden später sprang die Tür mit einem schrillen Knall auf. Zwei uniformierte Wachen schauten hinein. Der Arbeiter war allein. Der vordere Wachmann bellte ihm entgegen: „Wo sind deine Muddy-Brüder?“ Der Arbeiter zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es nicht. Auf Arbeit. Ich kenne deren Schichtpläne nicht.“ Der Uniformierte kam näher und setzte seinen Elektrostab an die Brust des Gegenübers an. Der Muddy verkrampfte. Der HSU-Mann ließ den Stab am Körper entlang tiefer sinken, bis er den Unterleib erreicht hatte. „Das nächste Mal wirst du meine Frage beantworten können, verstanden, Muddy?“ Der Mann schluckte nervös und zitterte leicht. „Jawohl.“ Ein zynisches Grinsen entwickelte sich im Gesicht des Security-Angestellten. Dann gab er einen kurzen kräftigen Impuls ab, so dass der Arbeiter aufstöhnend zusammenkrampfte.
Die HSU verließ die Kammer, um zur nächsten zu wechseln. Der Muddy hielt sich mit beiden Händen den Schritt. An Schlafen war wohl vorerst nicht zu denken. Er legte sich auf sein Bett und untersuchte mit heruntergezogener Hose sein Geschlechtsteil. Bis auf zwei Stellen, die die Stacheln des Stabes getroffen hatten, war alles in Ordnung. Langsam rieb er über den Phallus. Er merkte, wie es ihn immer mehr erregte. Da er nur selten die Gelegenheit hatte, wollte er die Chance nutzen und onanieren. Dabei stellte er sich die junge Dame vor, die ihn heute so heruntergeputzt hatte. Wie sie ihn demütigte, wie sie ihn schlug, wie sie auf ihm ritt und ihn antrieb, wie sie sich selbst zu einem Orgasmus brachte... und da kulminierte seine Lust zu einem Geysir aus Ekstase. Das war das einzige Vergnügen, was ihm blieb in diesem erbärmlichen Leben. Wenn ihm jemand eine Castitasschelle umlegen würde, wäre das wirklich die Hölle. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
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Stamm-Gast
um Rochlitz
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, dass mut auch Keinem andern zu.
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RE: Regina
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Datum:20.11.22 12:02 IP: gespeichert
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Schade, dass esnur so wenig Anerkennung für Deine Schreibleistung gibt. Ich bin fasziniert von der Geschichte und sehr gespannt wohin sie noch führt. Vielleicht gibt es ja noch einen Abschnitt, wo wir erfahren, wie sich die ehemalige Fabrikarbeiterin so durchschlägt. otto
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prallbeutel |
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Story-Writer
Licentia poetica
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RE: Regina
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Datum:20.11.22 19:42 IP: gespeichert
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Zitat | Schade, dass esnur so wenig Anerkennung für Deine Schreibleistung gibt. Ich bin fasziniert von der Geschichte und sehr gespannt wohin sie noch führt. Vielleicht gibt es ja noch einen Abschnitt, wo wir erfahren, wie sich die ehemalige Fabrikarbeiterin so durchschlägt. |
Du meinst Marina, die Iceberg in die Castitasschelle gesteckt hat? Ich baue sie im kommenden Kapitel ein. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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prallbeutel |
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RE: Regina
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Datum:25.11.22 18:24 IP: gespeichert
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~ XCVIII ~
Gravis saß in der Securityzentrale von Prospect Enterprises vor einer Wand mit 32 Überwachungsmonitoren. Er war froh, dass deutlich weniger Demonstrationen und Aktivisten vor dem Gebäude ihr Unwesen trieben, seit bekannt war, dass die feindliche Armada des Alpha Dominions sich zurückgezogen hatte. Gerade war nichts los, und er aktivierte die Funkverbindung zum PE-Schiff, auf dem Animus unterwegs war. Genügend Relaisstationen gab es in der VA, so dass der Kontakt kein Problem darstellen sollte. Interferenzen filterte das System gewöhnlich heraus. Umso überraschter stellte er fest, dass kein Kontakt möglich war.
Über eine weitere Transponderfrequenz konnte er feststellen, dass das Schiff sein Ziel erreicht hatte. Aber warum war der Funkkontakt unterbrochen? Es gab nur eine Erklärung: Jemand musste ihn manuell abgeschaltet haben - einschließlich der automatischen Sicherheitseinstellungen. Er musst Mr. Carthy informieren. Immerhin sollte das Schiff eine sehr wertvolle Ladung transportieren. Piraterie war daher nicht ausgeschlossen. So eine Information musste sofort an die Konzernleitung gehen. Gravis machte sich persönlich auf den Weg durchs Gebäude und suchte Mr. Carthy in seinem Büro auf.
Der Konzernchef verfolgte gerade auf einem riesigen Wandmonitor die Aufnahmen einer Helmkamera eines Snipers vor dem Regierungsgebäude der Regina. Er ließ den Live-Stream einfrieren und hörte sich an, was sein muskelbepackter Sicherheitsmann zu sagen hatte. - Mr. Carthy war alarmiert wie Gravis. Während sich der Muskelkoloss mehr um seinen Freund Animus sorgte, fürchtete der Konzernchef, dass das Schiff und die hochwertige Fracht verloren gehen könnten. Er schickte eine kleine Staffel aus drei Schiffen mit militärisch ausgebildeten Piloten los, um nach dem Rechten zu sehen. Die Jäger waren jeweils mit zwei Mann besetzt und verfügten über eine für zivile Nutzung streng genommen nicht zugelassene Bewaffnung, da es sich hier um Flieger handelte, die Prospect Enterprises für die Armee produziert hatte.
Animus hatte mit dem langsamen Transporter vier Tage bis zu dem Mond benötigt; die Jäger schafften die Distanz in fünf Stunden. In Reichweite handelsüblicher Sensoren verlangsamten sie den Flug und sondierten mit ihren Scannern die Lage. Das gesuchte PE-Schiff parkte noch angedockt auf dem Landeplatz der Miene. Der Scanner fand keine Lebensformen an Bord, dafür aber 17 im Verwaltungskomplex der Anlage. Ob Animus einer von ihnen war, konnten die Jäger-Piloten nicht erfassen. Die Funkverbindung zum Schiff war definitiv offline. Stattdessen kontaktierte der leitende Pilot den Konzernchef Carthy und berichtete über die aktuelle Situation vor Ort.
Die Gesprächspartner waren per Videokanal verbunden. Mr. Carthy hatte auf seinem Holoschirm eine Datei geöffnet, in der sämtliche Mitarbeiter der Mine zu sehen waren. Die Dossiers waren unauffällig. Keiner der Personen war vorbestraft. Es gehörten 27 Personen zur Kernbesetzung. Warum konnten die Scanner nur 17 Lebensformen erfassen? Sollte Animus noch leben, waren elf Minenarbeiter gestorben oder hatten sich abgesetzt. Um weitere Informationen zu bekommen, mussten sie näher heran. Carthy hatte einen tollkühnen Plan.
Im Tarnmodus sollte ein Jäger bis in den Orbit eintauchen, dann den Copiloten per Kapsel abschießen, der dann mit dem Wingsuit unbemerkt auf der Mine landen und die Lage eruieren würde. Ausgebildet für solche Missionen waren die sechs Securitymänner von PE. Deshalb hatte Carthy sie ausgesucht. - Während die Operation startete, versuchte Animus in der Anlage irgendwie eine Funkverbindung aufzubauen, doch offensichtlich war jedes Signal blockiert. Er machte sich auf die Suche nach einer Waffe, wurde jedoch nicht fündig. Er konnte nicht zurück zum Schiff, und auch der Durchgang in die weitere Anlage war ihm versperrt. Was war hier geschehen? Handelte es sich um eine Revolte? Oder war die Mine von Piraten überfallen worden?
Animus war gerade dabei, zurück zum Kontrollraum zu gehen – hüpfen wäre die bessere Beschreibung gewesen, denn die halbe Schwerkraft ließ nur einen ungewohnte Bewegungen zu -, da hörte er das Schott, hinter dem der Schrei ertönt war. Er musste ein Versteck finden. Schnell. Schritte von schweren Stiefeln näherten sich. Der Pilot kroch unter eine Konsole des Navigationspultes für Beladungskräne und Andockklammern der Landeplattform. Er konnte nicht sehen, wer den Raum betrat, aber dieser schien sich umzusehen, lief umher, dann verließ er den Kontrollbereich wieder. Auf einmal hatte Animus das Gefühl, als würde ihn jemand zu Boden drücken, aber dann begriff er, dass die künstliche Schwerkraft wieder bei hundert Prozent war. Hatte der Unbekannte sie eingeschaltet?
Langsam traute sich der PE-Angestellte wieder aus seinem Versteck hervor. Er hörte von Weitem eine Männer-Stimme, die offenbar in ein Funkgerät sprach: „Ist wieder aktiviert. In dem Konzernfrachter ist noch Ladung. Die sollten wir noch mitnehmen.“ Eine Pause. Dann war eine Bestätigung zu vernehmen. „Nein. Die Sprengladung wird vorbereitet.“ Animus schlug das Herz bis zum Hals. Was wollten die Verbrecher sprengen? Das Schiff? Die Mine?
Zeitgleich näherte sich eine Kapsel, geformt wie ein Torpedo, rasend schnell dem Mond. Der Mann darin verfolgte die Daten, die direkt auf seine Augenlinse eingeblendet wurden: Geschwindigkeit, Höhe, Entfernung zum Ziel, Koordinaten, Temperatur. Dann begann ein Countdown. Bei Null sprengte sich die Kapsel auf, und der Mann schoss in seinem Wingsuit der Oberfläche entgegen. Die Kapsel detonierte kurz darauf und landete später unbemerkt in tausend Einzelteilen auf der Oberfläche des Mondes, fast zehn Kilometer von der Mine entfernt. Der Pilot atmete durch eine Maske den Sauerstoff aus einem kleinen Tank mit komprimiertem Sauerstoff.
Violetta wusste noch nichts von der prekären Situation ihres Partners. Die Pilotin war auf einem PE-Schiff im Einsatz und flog den Raumtransporter von Beta Patria nach Pax Novo zu einer Rüstungsgüterfabrik des Konzerns, wo sie diverse nagelneue Modelle von Kettenvehikeln abholte, um sie zu einer Militärbasis in einer geostationären Anlage in der Umlaufbahn von Beta Patria zu bringen. Die militärischen Panzerfahrzeuge sollten für eine Landeaktion auf Regina bei Spezialoperationen verwendet werden.
Gerade saß Violetta in der Messe mit der siebenköpfigen Besatzung zusammen und aß eine Kleinigkeit. Parallel tippte sie mit ihren manikürten Nägeln auf ihrem Daten-Pad herum. Der gewaltige Raumfrachter flog beinahe die gesamte Zeit über mit Autopilot. In einigen Stunden würde sie bereits wieder in ihrem Apartment auf Beta Patria sein. Die Strecke zwischen dem Regierungsplaneten der VA und Pax Novo ließ sich schnell zurücklegen und wäre noch schneller zu absolvieren, wenn nicht komplizierte Routen genommen werden mussten, da die Verbindung hier sehr stark frequentiert war. Automatisierte Lotsenanweisungen durch Relaisstationen führten nicht selten zu Wartezeiten oder Umwegen.
Sie verfolgte auf ihrem Daten-Pad einen Newsfeed über die Eroberung von Reginas Palast. Verhandlungsspezialisten waren im Einsatz, die sonst mit Geiselnahmen und Terroristen zu tun hatten. Eine Veterana war das offizielle Sprachrohr der verschanzten Regina. Sie forderte Immunität und Amnestie für sämtliche Militärangehörige und die Führungsriege der Imperatorin sowie ein angemessenes Exil im Sektor der Vereinigten Allianz. Darauf würde, so war Violetta sicher, die Regierung niemals eingehen. - Und sie sollte recht haben: Die Einsatzleitung vor Ort schickte Mikrodrohnen, um den Palast zu infiltrieren. Über Augen und Ohren im Inneren zu verfügen, war ein entscheidender Vorteil. Weitere Optionen waren ein elektromagnetischer Puls, um die Cyborgs auszuschalten, und Neurotoxine, die die Reginafrauen außer Gefecht setzten. Doch noch waren Verhandlungen im Gange.
Auf Atra Mundo stolzierte eine schwarz gekleidete Dame mit hohen Stiefel und ebenfalls hohen Absätzen zu einem Empfang. Hinter der Theke saß eine Frau in einem Latexsuit. Sie begrüßte ihre Chefin. Domina Marina hatte es zu einigem Wohlstand gebracht. Als arme Fabrikarbeiterin und von Noxiusbrüdern zur Prostitution gezwungen, war sie schließlich dem Teufelskreis der Armut entkommen, nachdem sie ein kleines Vermögen mit einem Kunden gemacht hatte, dem sie eine Castitasschelle verpasst hatte. Es war irgendein ehemaliger CEO aus Pax Novo gewesen, der mit Androiden großen Reichtum angehäuft hatte. Und eine kurze Zeit war er ihr Kunde – oder Sklave – gewesen. Ein Disziplinarhodenring und die Castitasschelle hatten ihn zur Räson gebracht.
Marina war geflüchtet aus Atra City und hatte eine neue Identität in Urbs Novum angenommen. Echte Sklavenhaltung wurde zwar inoffiziell überall auf Atra Mundo praktiziert, die Mehrheit der Bevölkerung lebte in Slums und wurde ausgebeutet für die High Society in ihren luxuriösen Habitaten, doch auch einige der reichen Männer – und manchmal auch Damen – wollten mal in die Rolle eines Sklaven schlüpfen. Das war Marinas Geschäftsmodell: Erniedrigung, Rollenspiele, Atemreduktion, Zwangsernährung, Bondage, Züchtigungen durch Ruten, Peitschen, Elektrostäben, Klatschen, Paddel und vielem mehr. Und so unterschiedlich die Bedürfnisse der Herrschaften waren, so sehr bemühte sich Marina, möglichst viele von ihnen in eine Castitasschelle zu stecken – ein Garant dafür, dass sie wiederkamen und ihre Libido auf einem hohen Level blieb, was gut für ihr Business war.
Sie war lange genug unterdrückt worden. Jetzt war die Zeit gekommen, in der sie die Macht hatte. Die hohen Noxiusbrüder, die zu ihr kamen, erkannte sie nicht nur an ihrer Tätowierung: einem N unter einem größeren X. Sie hatte ein Auge für die Gäste, die sie bediente. Meist waren es Personen, die absoluten Respekt und Autorität genossen, die über Leichen gingen und brutale Befehle gaben. Doch bei Lady Marina waren sie Sklaven. Rechtelos. Würdelos. Und Marina sorgte erbarmungslos dafür, ihnen eine Lektion in Demut zu erteilen und ließ sich dies mit guten Dilithiumstreifen entlohnen. Ihr Etablissement war als exklusiver Ort der bizarren Lust(erfüllung) bekannt. In einem der gewaltigen Wohnhabitate in Urbs Novum war ihr Studio in der 99. Ebene und nannte sich daher auch „Club 99‟. Nur ausgewählte Mitglieder hatten Zutritt. Dafür fiel eine Monatsgebühr und ein Honorar pro Stunde an. Die Kunden zahlten gerne die hohen Preise, denn Lady Marina sorgte dafür, dass ihr Klientel auf ihre Kosten kamen und alle – noch so bizarren – Wünsche erfüllt wurden.
Sie stiefelte selbstbewusst in eines der Behandlungszimmer und sah durch ein kleines Fenster in einen akustisch isolierten Raum. Darin lag auf dem Rücken und restriktiv ein Noxiusbruder. Er war von einer dicken Folie vakuumiert und trug dicke Fäustlinge. Der Kopf war in einer großen Kugel gefangen, die ihn blind und taub machte und seinen Schädel fest in einer Position hielt. Die sensorische Deprivation war so ausgeprägt, dass der Mann bereits nach Minuten verzweifelt versuchte, der Situation zu entkommen. Lady Marina hatte ihm deutlich länger alle Reize entzogen.
Ganz ohne Außenreize war er jedoch nicht. Die Kugelhaube strahlte bewusst unhörbare Frequenzen und Botschaften ins Innere, wo sie der Gast unterbewusst verarbeitete und verinnerlichte, ohne es zu merken. Diese geheimen Durchsagen und Töne sorgten dafür, dass der Gast regelrecht süchtig wurde nach Lady Marina und ihren Behandlungen. Die hypnotische Beeinflussung war in den meisten Fällen nicht abgesprochen, aber Marina hielt sie für sinnvoll, um ihren Profit zu maximieren. Zumal sie Kontakt zu Leuten hatte, die in den Slums Gutes taten, zum Beispiel Medikamente verteilten, medizinische Eingriffe vornahmen oder einfach Lebensmittel abgaben. Es gefiel Marina sehr, dass das Syndikat die guten Taten indirekt bezahlte, ohne, dass es etwas davon ahnte.
Gerade öffnete sie lautlos die Tür zur Kammer und stellte sich vor ihren Gast, der am ganzen Leib zitterte. Sie schaltete die Botschaften ab, öffnete die elektrischen Verschlüsse und nahm dem Mann die Haube ab, löste die Folie von seinem Körper. Der Noxiusbruder sah sie mit verweinten Augen an, zitterte und sprang auf sie zu, umklammerte ihr Bein und hielt es ganz fest. Lady Marina packte ihn am Haupthaar und zog sein Gesicht zu sich nach oben. „Jetzt bist du ein guter Sklave.“ Von der anfänglichen Arroganz des Kriminellen war kein Funke mehr zu erkennen. Die dominant auftretende junge Dame hatte schon viele gestandene Männer weinen und heulen sehen, betteln, jammern und ängstlich zittern. Offenbar hatte sie die einzige Schwachstelle der sonst knallharten Kriminellen entdeckt.
In ihrem früheren Leben als kleine Fabrikarbeiterin hatte sie Männer um ihre Stärke beneidet, doch inzwischen verachtete sie diese Geschöpfe und suchte bevorzugt bei schönen Frauen ihre Befriedigung. - Als ihr Gast sich umgezogen und frischgemacht hatte, war er nicht wiederzuerkennen. Er strahlte die ultimative Autorität eines Paten der Noxiusbruderschaft aus, gekleidet in Maßanzug und mit reichlich teurem Schmuck behängt, verabschiedete er sich wie ein Gentleman, aber es war keine Spur von Demut zu erkennen. Vielleicht lag es daran, dass zwei Angestellte von Lady Marina anwesend waren. Über sein goldenes Arm-Com hatte er zum Honorar noch großzügig aufgerundet.
Danach war die Panzertür des Etablissements aufgegangen, der Mann war in den Sicherheits-Schleusenraum zum Eingang geschritten und hatte dann aber eine Seitentür zu einem Privataufzug genommen, der ihn auf direktem Wege auf ein Landedeck des Habitats auf Ebene 80 brachte, wo sein privates Shuttle mit seinen vier Bodyguards wartete, ein für Atra Mundo sehr modernes Vehikel in Form eines eleganten Elipsoids. Ein schmales Lichtband umblitzte die Außenhülle, dann hob es ab, zog seine Kufen ein und steuerte die Koordinaten eines anderen Wohnhabitats von Urbs Novum an. - Während der Skytower mit dem Club 99 wie ein vertikal langgezogener Quader in die Höhe ragte, befand sich das Privatdomizil des Syndikatchefs in einem halbkugelförmigen Kuppelbau von immensen Ausmaßen.
Ein Wandpaneel im oberen Drittel der Kuppel öffnete sich und offenbarte ein Landemodul, in das das Fluggerät navigierte. Um seine Privatsphäre zu schützen, verfügte das Shuttle über einen Signaturblocker. Schließlich wollte er nicht, dass bekannt würde, wo er manche Stunden verbrachte. In einem 200 Quadratmeter großen Wohnraum begrüßte ihn ein Noxiusbruder. „Der Verräter ist bereit.“ Der Capo von Urbs Novum nickte kurz und marschierte zu einer getarnten Tür, öffnete sie mit seinem Arm-Com und betrat einen kurzen Gang, dann öffnete er ein schweres Stahlschott. Dahinter war eine Kammer eingerichtet, um Feinde des Kartells zu verhören. Hinter ihm schloss sich der Durchgang wieder.
Vor dem Capo saß ein nackter Mann auf einem massiven Stuhl. Fixiert mit Stahlbändern waren Fuß- und Armgelenke, seine Taille sowie sein Hals. Er trug eine schwarze Augenbinde aus Latex sowie einen Ring-Knebel, der einen Wirkstoff absonderte, der die Stimmbänder temporär lähmte. Der Mann war nur halb bei Bewusstsein. Sein Kopf wäre auf die Brust gefallen, hätte das Stahlband ihn nicht fixiert. Speichel floss ihm am Kinn und Torso entlang. Der Capo näherte sich dem Stuhl und grinste, als sein Blick in den Schoß des Gefangenen fiel: Elastomere in Form von kleinen Ringgummis waren um die Hoden des Nackten gewickelt, um ihre Arbeit zu tun. Nun aktivierte er ein Spezialgerät, eine Mischung aus elektrischer Klinge und Lötkolben, und atmete zufrieden ein.
Als er 20 Minuten später aus der Kammer kam, befahl er seinem Faktotum: „Bring ihn zu unseren Hündchen.“ Gemeint waren drei Corium Bestia in Castitasschellen. Durch ihre hohe Libido waren solche Geschöpfe schon nach wenigen Tagen fast verrückt vor aufgestauter Geilheit. Der Capo gönnte sich einen synthetischen Rotwein und setzte sich dann in einen Gel-Sessel und durch eine Geste steuerte er die Transparenz einer großen Scheibe vor ihm, die auf der anderen Seite verspiegelt war. Er sah in einen kahlen Raum, in dem nur der Gefangene Mann inzwischen in einem Kniepranger fixiert war. Wenige Augenblicke später öffnete sich wieder die Tür, und drei nackte Corium Bestia stürmten hinein. Sie trugen lediglich ein Stachelhalsband mit einem Sensor für einen Bestrafungsmodus. Schließlich waren die Kreaturen zwei Meter groß und 150 kg Muskeln schwer. Der Capo war gespannt: Man hatte ihnen eine Stunde Zeit gegeben, sich auszutoben. Damit die geistig eingeschränkten Kreaturen das auch begriffen, zeigte ein großes Hologramm an einer Wand eine animierte Sanduhr an. Der zusätzliche Spaßfaktor für den Syndikatsführer war, dass drei Interessierte nur eine Zwei-Loch-Stute zur Verfügung hatten.
Lady Marina hatte anonym einen Investigator beauftragt, um Iceberg zu finden, denn irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen wegen des Mannes. Allerdings war der Detektiv nicht erfolgreich gewesen. Die Spuren verloren sich nach einem Unfall eines Gefangenentransportes. Die Dame überlegte, ob sie statt eines Investigators lieber Kopfgeldjäger engagieren sollte. Sie könnte den Preis selbst bestimmen und selbstverständlich die Bedingung stellen, die Zielperson unversehrt zu erhalten. Ja, diese Idee war gut, fand sie, und schon öffnete sie einen Audiokanal zu ihrem Advokaten. In einer korrupten Gesellschaft wie auf Atra Mundo wollte sie auf Nummer sicher gehen und würde noch einen weiteren Mittelsmann dazwischenschalten. Niemand sollte wissen, dass sie es war, die diesen EX-CEO von Pax Novo suchte. Wenn Atra Mundo nicht isoliert von der restlichen Vereinigten Allianz gewesen wäre, hätte sie längst ihre Sachen gepackt und wäre übergesiedelt, aber als auf Atra Mundo Geborene, erhielt sie keine Einreisegenehmigung im Sol-System von Beta Patria.
Auf dem Mond im Nachbarsystem von X94021-115-BP navigierte der Wingsuitflieger in einer scharfen Linkskurve auf die Minenanlage zu. Er befand sich 330 Meter über der Oberfläche. Die Dunkelheit verschaffte ihm zusätzliche Tarnung. Er bezweifelte aber, dass eine Mine über hochmoderne Außensensoren und Scanner verfügte. Noch 50 Meter, 40, 30, 20, jetzt klinkte er sich aus dem Suit und öffnete einen Fallschirm, der so klein war, dass er trotz der geringen Schwerkraft zügig Richtung Oberfläche sank. Exakt, wie voraus berechnet, landete er an der Anlage in der Nähe der Plattform mit dem PE-Schiff. Zischend sog er den Sauerstoff aus seinem Tank ein und schlich sich um das Schiff zur Ladeluke. Sie stand noch offen. Ein gelb-schwarzer Arbeitsbot auf Raupen blinkte auf Standby, war vermutlich mitten in einem Ladevorgang abgeschaltet worden.
Der Mann kontaktierte den leitenden Piloten des anderen Jägers und informierte ihn über den Status Quo. Er erhielt den Befehl, unbemerkt in die Anlage einzudringen. Bald stellte er jedoch fest, dass ein Eingang nur über den Zugangsrüssel möglich war. Also kletterte er an der Außenhülle des Schiffes hoch und schaffte es über eine Atmosphärenschleuse bis zum Cockpit, lief dann den Verbindungsschlauch zum Eingangschott entlang, stand aber vor versperrter Tür. Zunächst nahm er sich die Atemmaske vom Gesicht und klinkte sie am Gürtel ein. Aus einer Tasche an seinem Hosenbein holte er einen Hochleistungs-Laserschneider hervor und begann damit, den blockierten Zugang zu öffnen. Mit 25 Dezibel Lautstärke war das Gerät kaum zu hören. Er arbeitete sich zügig durch die Schichten verschiedener Materialien.
Nach 15 Minuten zischte leise ein Schlauch des pneumatischen Systems. Die Dichtung des Rahmens löste sich. Jetzt konnte der Mann das Schott manuell aufschieben. Nach einem kleinen Vorraum betrat er eine Art Aufenthaltshalle. Er aktivierte einen Sensor: Im näheren Umkreis gab es keine Lebensform. Trotzdem steckte er seinen Energiestrahler zur Verteidigung zusammen. Eine grüne Diode zeigte an, dass das Gewehr schussbereit war. Er sah sich um und visierte die Umgebung durch seine Zielerfassung. Dann schlich er weiter zu einer Tür, die sich automatisch öffnete. Ein Korridor führte zu weiteren Türen, die aber offensichtlich elektronisch verriegelt waren. Nur ein Durchgang ließ sich aktivieren. Der Mann hatte den Kontrollraum gefunden. Auf einem Steuerungsmodul blinkten Anzeigen. Er näherte sich dem Pult und hörte plötzlich hinter sich etwas rascheln.
Gerade noch rechtzeitig drehte er sich in einer Abwehrbewegung herum und riss den Angreifer mit einem Wurf zu Boden, der hart auf dem Boden landete. Sofort zielte der Mann auf den Angreifer. „Keine Bewegung!“ Animus stöhnte. Dann sah er die Abzeichen der Firma am Anzug des Mannes. „Ich bin Pilot von Prospect. Meine Name ist Animus.“ Der Mann hob die Langwaffe und nahm sein Knie von der Brust des Liegenden, der stöhnend aufstand. Mit seinem Kom-Gerät kontaktierte der Mann den leitenden Piloten. „Lance 1 hier. Zielperson gefunden und wohlauf. Noch kein Feindkontakt bisher.“ Der Funkkontakt wurde beendet. Lance 1 forderte Animus auf, ihm so schnell wie möglich zum Schiff zu folgen. Die Männer liefen los.
Vom Cockpit aus sahen sie, wie ein weiteres Schiff an der Nordseite der Anlage die Triebwerke aktivierte. Animus versuchte fieberhaft das PE-Schiff zu starten, doch die Kontrollkonsole reagierte nicht. „Wir müssen schnell weg. Die haben vor, die Mine zu sprengen.“ Sie mussten mit ansehen, wie das fremde Vehikel abhob und in einer Kurve in den Orbit davonjagte. Animus versuchte, die Kontrolleinheit zu überbrücken. Er riss ein Paneel auf und zog ein paar Drähte auseinander, um sie dann anders zusammenzusetzen. Dann rannte er wieder zur Steuerung, und endlich ließ sich das Schiff starten. Die Frachtmodule klinkte er aus. Er wartete nicht darauf, dass die Andockklammern einzogen, sondern gab Vollschub und riss sie dabei ab. Der Frachter schraubte sich – nur noch aus Kanzel, Messe und Maschinenraum samt Haupttriebwerk bestehend – in den schwarzen Himmel. Gerade rechtzeitig, um der immensen Explosion zu entkommen, die unter ihnen wüste Zerstörung hinterließ.
Eigentlich war es eine Serie aus fünf Explosionen, die im Abstand einer Zehntelsekunde voneinander zündeten. Animus war nass geschwitzt. Lance 1 hielt sich krampfhaft in seinem Sitz fest. Der Pilot öffnete eine Analyse des Außensensors. „Das waren wohl Oktogensprengsätze. Ziemlich veraltet. Das Zeug stammt sogar noch von der Erde. Aber von der Anlage ist nichts mehr übrig.“ Die Männer fragten sich, wer sie gelegt hatte und warum. Vielleicht um Spuren zu verwischen oder eventuelle Verfolger abzulenken. Animus nahm Kontakt zu den drei Jägern auf, die ihm entgegenkamen. Mit Höchstgeschwindigkeit, deren das PE-Schiff fähig war, flankierten die kleineren Jäger den geretteten Transporter mit Zielkoordinaten Beta Patria.
Konzernchef Mr. Carthy rätselte mit einem Expertenteam, mit wem sie es zu tun hatten. Waren es Öko-Touristen? Raumpiraten? Die Konkurrenz? Oder gar eingeschleuste Agenten des Alpha Dominions? Immerhin benötigte die Rüstungsindustrie Coltan auch zur Produktion von Waffensystemen. Ein riesiger wirtschaftlicher Schaden war schon durch die Vernichtung der Mine entstanden. Der CEO von Prospect Enterprises hatte die Straftat bei der Behörde angezeigt. Die transplanetare Polizei würde ermitteln.
Dann war auch Violetta über den Vorgang informiert und wartete, inzwischen zurück auf Beta Patria, ungeduldig mit Gravis gemeinsam in der Firmenzentrale auf die Rückkehr von Animus. In einer Videobotschaft hatte der Pilot seine Freunde beruhigt, dass er unverletzt war. Leider war der Transporter auch ohne Frachtermodule langsamer als gewünscht und benötigte noch drei Tage bis zu seinem Heimatsystem.
Auf Colonia Agricultura waren die ersten Corium Bestia mit Prototypen von Nanobots modifiziert worden. Der Versuchtsleiter war begeistert und berichtete euphorisch seinem Chef Mr. Khan von einem vollen Erfolg. Die sechs Probanden würden nun unauffällig zu ihrer Arbeit zurückkehren und in der Praxis getestet. Willenlose Sklaven, geschaffen durch die Wissenschaft. Mr. Khan war mehr als zufrieden. „Wenn es funktioniert, werden alle Leiharbeiter modifiziert. Und in einer zweiten Stufe auch alle anderen Humanoiden.“ Der Versuchsleiter bremste ein wenig: „Nun, dazu müssten die Bots angepasst werden. Das ist momentan noch nicht möglich.“ Mr. Khan brummte mürrisch. „Wird noch. Arbeiten Sie dran. Das hat höchste Priorität. Aber beschleunigen Sie die Tests mit den Probanden und weiten Sie das Experiment aus. Ich will, dass so bald wie möglich alle Corium Bestias dieser Plantage Botsträger sind.“
In der Folgezeit zeigte sich, dass die Bots den Kreaturen jeglichen Willen nahmen. Auf Befehl arbeiteten sie bis zur Bewusstlosigkeit, gehorchten jeder Anweisung augenblicklich und verloren jegliche Hemmungen. Der Gehorsam war absolut und bedingungslos. Die Versuchsobjekte hatten keine eigene Meinung, keine Bedürfnisse oder Empfindungen. Einzig und allein der Gehorsam zählte. Mr. Khan lachte hämisch als er sich eine Videozusammenfassung der Tests ansah. „Hervorragend. Die reinsten Zombies sind das. Wunderbar. Die Arbeitsleistung wird steil ansteigen, und gleichzeitig verringern wir signifikant die Lohnkosten.“
Inzwischen waren 20 CB mit dem Nanobot ausgerüstet. Der Versuchsleiter meldete sich persönlich in Mr. Khans Büro. „Wir führen Upgrades weiter durch. Es dauert aber ein paar Tage, bis alle CB die Bots bekommen haben.“ Mr. Khan sah seinen Angestellten mit erhobenen Augenbrauen an. „Dann an die Arbeit!“ Doch der Mann räusperte sich. „Nun, es ist ja so: Diese Upgrades sind illegal. Das wissen Sie. Das weiß ich. Wenn die PE-Zentrale davon Wind bekommt, sind wir geliefert. Daher... Ich denke, eine gewisse Vergütung als eine Art Gefahrenzulage... Ich werde schweigen wie ein Grab, aber es wäre nur fair, wenn ich an der Sache beteiligt würde.“ Mr. Khans Unterkiefer sackte einen Augenblick herab. Dann fing er sich wieder. „Gut. Ich habe Sie verstanden. Wir sprechen darüber heute Abend. Kommen Sie dann in meine Privaträume. 20 Uhr. Wir werden eine gute Lösung finden.“ Der Mann verneigte sich in seinem weißen Kittel und verließ das Büro.
Anschließend kontaktierte Mr. Khan seinen Securityleiter über eine verschlüsselte Verbindung, die keine Spuren hinterließ und alle Daten anschließend löschte. „Es gibt da ein internes Problem, das Sie für mich lösen müssen. Inoffiziell. Es ist sehr wichtig, und ich werde mich erkenntlich zeigen.“ Zunächst jedoch sollte der Versuchsleiter seine Arbeit beenden. Danach würde er ebenfalls einen Nanobot erhalten. Mr. Khan spürte, wie sich eine Erektion in seinem Schoß bildete bei der Vorstellung, dass der dreckige Erpresser zukünftig als Hündchen auf allen Vieren kroch und willenlos seinem Herrchen folgte. Bis dahin mussten einige ausgewählte Laborangestellte kompetent genug sein, die Nanobots in CBs oder sogar terrestrischen Humanoiden zu aktivieren. Aber das würde nicht mehr lange dauern. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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RE: Regina
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Datum:23.09.23 11:15 IP: gespeichert
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~ XCIX ~
Die Zeit, bis Animus mit dem Pilotenmodul des Frachters endlich am Heimhafen auf Beta Patria andockte, dehnte sich scheinbar wie Polyisopren. Gravis und vor allem Violetta fielen ihm schließlich endlich in die Arme. Die Raumpiraten, die die Mine geplündert und in die Luft gejagt hatten, würde man nicht so schnell finden, waren sie gewiss. CEO Mr. Carthy empfand neben dem materiellen Schaden besonders die Enttäuschung, dass einige Arbeiter mit dem Kriminellen gemeinsame Sache gemacht hatten, als betrüblich. Selbstverständlich standen die Opfer im Vordergrund, und Prospect Enterprises würde die Bestattungen finanzieren.
Einige Tage später erfuhr er, dass die Piraten mit ihrem Fluchtschiff und der Beute durch einen Asteroidenhaufen havariert waren. Damit war die Jagd auf die Verbrecher schnell zu Ende gegangen, allerdings auch teuer für PE, denn der Minenkomplex und die Beute waren definitiv verloren. Ein Einsatzschiff der Planetenpolizei hatte vor Ort die Spuren gesichert und analysiert. Die Ergebnisse sendete der Commander auch an die betroffene Firma Prospect Enterprises. Das Trümmerfeld wurde durch Lenkflugkörper auf Kollisionskurs mit der nächstgelegenen Sonne geschickt, um eine Gefahr für die Raumfahrt auszuschließen. Die Asteroiden würden sich erst in 2.400 Jahren wieder einer der üblichen Schiffsrouten nähern, so dass sie keine Gefahr mehr darstellten.
Mr. Carthy saß in seiner Konzernzentrale hoch über den meisten Dächern der endlos vielen Skyhabitate der Hauptstadt der VA. Hinter ihm befand sich eine transparente Wand, die einen grandiosen Ausblick über die Metropole erlaubte. Ein Mitarbeiter der Security, ein Muskelmutant aus 175 kg Kraft, betrat nach dem Bestätigungssignal das Büro. Gravis nickte seinem Chef kurz zu. „Der Advisor von Mentally Assistance ist da.“ Mr. Carthy räusperte sich. „Soll reinkommen.“ Gravis drehte sich um und schritt hinaus. Kurz darauf öffnete sich die Tür erneut. Mr. Carthy war aufgestanden und ging seinem Besuch entgegen, die Hand ausgestreckt zur Begrüßung, ein unverbindliches Lächeln im Gesicht. Der Advisor nahm die Hand mit angenehmem Druck entgegen und bedankte sich höflich für den persönlichen Empfang. Er kam schnell zur Sache.
Seine Firma war beauftragt worden, das Problem mit den unloyalen Mitarbeitern in dem ausgeraubten Minenkomplex zu lösen. Die Sicherheit musste erhöht werden. Der Vorfall durfte sich nicht wiederholen. Es war bereits beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden für PE eingetreten – ganz zu schweigen vom Imageverlust. Der smart auftretende Experte aktivierte mit Gestensteuerung eine Holopräsentation in 3D. Neben diversen Securitymaßnahmen der Minenanlage empfahl er einen verpflichtenden Polygrafenchip für alle Mitarbeiter, eine Art invasiven Lügendetektor. Die Rechtsabteilung von PE hatte bereits grünes Licht gegeben. Arbeitnehmer, die sich weigerten, konnten fristgerecht entlassen werden. Möglich war dies, weil die meisten Minenarbeiter bei einem Subunternehmen beschäftigt waren, das anderen Arbeitnehmerschutzbestimmungen unterlag und seinen Heimatsitz auf Litus Mundus hatte.
Animus und Violetta waren als Pilotenteam bereits zu ihrem nächsten Auftrag unterwegs: Mit einem Frachter voller Plasmageneratoren führte ihre Route von Pax Novo, wo PE eine Fabrik für diverse Schiffsmodule unterhielt, nach Litus Mundus, wo die Generatoren von einer Raumwerft in Hauptstriebwerke eingebaut wurden. Der ursprünglich als Vergnügungswelt bekannte Planet, war während des Krieges mit dem Regina-Regime und Alpha Dominion zu einer Militärbasis umfunktioniert worden. Zwar kehrten nach und nach Touristen zurück in die mittlerweile wieder geöffneten Etablissements, aber das Militär verfügte noch über große Kasernen, Werften und Basen für die transstellare Überwachung. Zu einer der orbitalen Werften führte der Auftrag das PE-Schiff.
Animus hatte in sicherer Entfernung die Triebwerke abgeschaltet und die Manövrierdüsen aktiviert, um sich an das Außendock der Werft mit seinen Magnetklammern einzuklinken. Die Andockklammern der Werft verschränkten sich mit den Schiffshaken. Dann fuhr ein Andocktunnel heraus und saugte sich an die Luke des Schiffes. Animus entriegelte die Sicherung und öffnete. Zischend glich sich der Druck aus. Wenn die Formalitäten erledigt waren, würden gewaltige Greifarme der Orbitalstation das Schiff entladen und die Plasmageneratoren in die Hangars der Werft transportieren. Industrierobots mit Magnetgreifern standen bereit. Rotierende Warnleuchten blinkten, die pneumatischen Zischlaute dominierten den Hangar. Einige Arbeiter in massiven Exoskeletten mit Servoverstärkung bewegten sich neben den Robotvehikeln. Ein Kran, der aus einem Kontrollraum gesteuert wurde, bewegte sich quietschend eine Schiene an der Decke des Hangars entlang.
Mit der Entladung hatte das Pilotenduo nichts mehr zu tun. Das Schiff würde in einigen Stunden defekte Versorgungsleitungen, Rumpfteile ausgemusterter Shuttles und alte Transmitter laden, um sie zu einer Recyclinganlage auf Beta Patria zu bringen. In der Zwischenzeit würden Animus und Violetta mit einem Shuttle auf die Oberfläche von Litus Mundus fliegen und sich ein wenig in einem der geöffneten Etablissements vergnügen. Animus hatte in einem Hotel die Honeymoon-Suite gebucht für diese Nacht. Im „Lucky Star“ war ein gigantisches Casino untergebracht. Auf sieben Bühnen fanden atemberaubende Shows statt; zwölf Restaurants und 28 Bars boten Gastronomie für jeden Geschmack; die „Spa-World“ ließ keinen Wellnesstraum unerfüllt; das Multiplex war eine Mischung aus 3D-Kino und VR-Welt-Erlebnissen. Des Weiteren verfügte das Lucky Star selbstverständlich über alle Shops des alltäglichen Bedarfs wie Friseur, Bekleidungsläden und Angeboten diverser Technik. In der „Black Floor“ erwartete den Interessierten eine umfangreiche Auswahl an Erotikdienstleistungen von VR-Erfahrungen, über Love-Androiden-Modelle (das Repertoire war schier unendlich) und der Befriedigung von hunderten ausgefallenen Fetischen.
Animus und Violetta entschieden sich nach einer Dusche in ihrer Suite für ein romantisches Candlelight-Dinner in einem Restaurant für heimische mariane Küche. Anschließend besuchten sie eine spektakuläre Show mit Artisten und Tanztheater. Als Abschluss des Abends betraten sie eine Bar, die für ihre Cocktail-Specials warb. Violetta stieß mit einem roten Drink an, der in einem hohen schmalen Glas serviert wurde, während sich Animus für einen „Orange Ignis“ erwärmen konnte. Bei dem einen sollte es nicht bleiben, und so wankten die Beiden erst Stunden später in ihre Honeymoon-Suite zurück, wo sie sich in einem überdimensionierten Himmelbett der Lust hingaben, bevor sie zufrieden einschlummerten.
Auf Atra Mundo ragte das gewaltige Wohnhabitat UN-17 in den grauen Himmel hinauf. Knapp 20.000 Bewohner lebten in dem Sky-Komplex, der zur Megacity Urbs Novum gehörte. Im dritten Untergeschoss war eine große Wäscherei untergebracht. Dort arbeiteten trotz vieler automatisierter Vorgänge bis zu 150 Muddies: Slumbewohner, die hier als billige Arbeitskräfte geduldet wurden. Gerade schrie ein Mann, der sich an einer heißen Platte verbrannt hatte. Der Aufseher schimpfte: „Pass doch auf, du Idiot! Ich kann mir keinen Ausfall leisten. Wir müssen im Zeitplan bleiben. Mach weiter! Du kannst das nach deiner Schicht behandeln lassen.“ Der Arbeiter setzte seine Tätigkeit eilig fort, denn wer einmal krank war, der konnte sich gleich in die Slums verabschieden.
Die Stellen im Habitat waren sehr begehrt, denn hier gab es bessere Bedingungen als in den Fabriken außerhalb des Komplexes. Tertius, so der Name des Arbeiters, rieb sich zähneknirschend den Arm, wo ihn die heiße Platte getroffen hatte. Der kleine Unfall würde ihn lebenslang an diesen Tag erinnern. Für plastische Chirurgie fehlten ihm die monetären Mittel. Er war froh, den Job ergattert zu haben, denn zuvor war er als Sammler auf einer der Deponien eingeteilt gewesen. Auf Atra Mundo wurde nur wenig recycelt – ganz im Gegensatz zur restlichen Vereinigten Allianz, wo die entsprechende Technologie Standard war und kaum Reststoffe anfielen, so dass fast keine schädlichen Emissionen in die Umwelt gelangten.
Bis vor einigen Wochen sortierte er in den Abfallanlagen bestimmte Werkstoffe und kramte den ganzen Tag in Müllbergen herum. Atemschutz oder Handschuhe waren Fremdwörter. Davon konnte er nur träumen. Stattdessen wühlte er sich stundenlang durch Dreck, Chemikalien und scharfkantige Teile. Längst hatte er es aufgegeben, an die gesundheitlichen Gefahren zu denken. Doch als ihm die Option vor die Füße fiel, in einem der Habitate zu arbeiten, griff er sie ohne zu zögern auf. Tertius musste auch hier einen festen Prozentsatz seines Lohns an die Noxiusbruderschaft abgeben, aber ansonsten wurde er in Ruhe gelassen.
Bei der gefährlichen Arbeit mit den heißen Maschinen und Automaten musste er sehr vorsichtig sein, und sein Vorarbeiter lag ihm permanent im Nacken, damit sich die Produktionsleistung regelmäßig steigerte. Und trotzdem war er hier besser dran als auf den giftigen Bergen der Deponie. Wenigstens hatte er hier ein warmes Bett, wurde satt und war nicht den Giftstoffen ausgesetzt. - Nach seiner Zwölfstundenschicht hatte er zwölf Stunden Freizeit, von denen er acht schlief, um ausreichend zu regenerieren, damit er den nächsten Tag ertrug. Ein Vibro-Alarm an seinem Handgelenkskommunikator zeigte ihm an, dass er Feierabend hatte. Tertius machte sich auf den Weg aus der Wäschereihalle durch einen unterirdischen Gang auf zur Kantine des Personals. Dort erhielt er eine einfache Mahlzeit, die aber im Vergleich zum Essen in den Slums eine wahre Köstlichkeit darstellte, und schlurfte anschließend zu seinem kleinen Quartier in einem Sektor, in dem ausschließlich Personal untergebracht war – nicht nur die der Wäscherei, sondern auch andere Arbeiter diverser Bereiche des Wohnhabitats, den „Muddies“.
Hierher verlief sich die Security fast nie, und Bewohner des Habitats sowieso nicht. Daher musste Tertius auf der Hut sein. Taschendiebstahl war an der Tagesordnung, und sogar Raubüberfälle und Schlägereien kamen hin und wieder vor. Doch heute erreichte der Arbeiter unbehelligt seine Unterkunft. Die Tür öffnete und verriegelte sich durch Handscan. Er legte sich auf sein Bett und aktivierte mit Gestensteuerung das Multiplex-Kom an der Wand. Eine zwei Quadratmeter große Video-Darstellung zeigte ein Menü für diverse Cam-Kanäle an. Tertius zappte sich durch das Angebot. Die meteorologische Prognose schaltete er schnell ab. Das Wetter interessierte ihn innerhalb des Wohnhabitats nicht. Er schaute sich zur Entspannung lieber einen Animationsfilm an. Von realen Personen waren die Grafiken kaum noch zu unterscheiden, obwohl auf Atra Mundo wegen der wirtschaftlichen Sanktionen durch die Vereinigte Allianz nur veraltete Technik zum Einsatz kam.
Leider wurde der Film alle zehn Minuten durch einen Werbespot unterbrochen. Meist ging es um Immobilienerwerb im UN-17. In Hochglanzmanier präsentierte der Film den Luxus und die Optionen, die ein Mieter oder Eigentümer im Habitat wählen konnte. Tertius hatte die Spots schon hunderte Male gesehen, aber immer noch staunte er über den Luxus, die Pracht, den Überfluss und die Verschwendung, die es hier an allem gab, was man sich nur wünschen konnte – wenn man solvent genug war. Andere Werbespots zeigten exklusive Kleidung, Entertainmenttechnologie und Shuttles der Premiumklasse. Und dann gab es die Game-Channels, die Shows aus Atra-City streamten.
Die meisten Shows basierten auf der Befriedigung niederster Instinkte. Oft wurden Slumbewohner zur Belustigung ausgebeutet. Für einen Hungerlohn oder die Hoffnung auf mehr wurden die Kandidaten gedemütigt und gequält. Die Kreativität der Showproduzenten schien keine Grenzen zu kennen - weder moralische noch ethische. Tertius schaute auf Channel G04 gerade live, wie fünf Kandidaten in einer Reihe an einer Startlinie standen. Sie trugen einen schweren Halsreif, eine lustige Narrenkappe mit Schellen und Overknee-Stiefel. Die Hoden waren in einer Manschette fixiert, an der ein Seil hing. Dieses Seil führte schräg durch ihre Beine nach hinten und endete dort am Boden in einer Öffnung. Tertius schüttelte den Kopf. Was sollte das? Welcher Perversling kam auf solche Ideen? Und wer schaute sich das an und ergötzte sich daran? Auf ein Signal gingen die Kandidaten auf alle Viere und krabbelten vorwärts. Man sah, dass die Hoden stark nach hinten gezogen wurden. Das Seil dehnte sich, leistete aber heftigen Widerstand. Je weiter die Männer nach vorne krochen, desto mehr Zug war auf dem Seil, das vermutlich aus synthetischem Kautschuk bestand. Auf dem Boden war über die gesamte Breite eine Skala angebracht, um zu sehen, wer wie weit gekommen war.
Die Moderatorin spornte das Live-Publikum und die Kandidaten an. Die Zuschauer jubelten, johlten, applaudierten begeistert, pfiffen und brüllten Kommentare. Jeder Anwesende hatte auf einen Kandidaten gewettet und erhielt einen Preis, wenn sein Akteur gewann. Für die Kandidaten ging es um noch viel mehr. Der Sieger würde für ein ganzes Jahr lang seine Familie ernähren können. Die Showmasterin trug einen Catsuit aus schwarzem Latex und hohe Plateaustiefel. Ihre langen dunkelblonden Haare waren zu einem strengen Pferdeschweif hoch am Hinterkopf gebunden. Ein breiter blutroter Gürtel betonte ihre enge Taille über dem traumhaft erotischen Po. Eine Assistentin in Sissylook erschien mit einem Tablett. Die beiden Frauen begrüßten sich mit Wangenküsschen. Dann nahm die Moderatorin einen der Gegenstände hoch und hielt ihn in eine Cam. „Wollen wir unsere Süßen noch ein wenig verschönern?“ Das Publikum brüllte und jubilierte, denn die meisten wussten, was nun kam.
Die Frau stopfte nun nach der Reihe jedem der Kandidaten den dicken Plug mit dem langen Puschelschwanz in seinen Anus. Beim fünften Mann, der noch nicht so weit wie die Konkurrenten gekommen war, setzte sie sich rittlings auf seinen Rücken. „Hü! Hott! Pferdchen! Los, schneller! Die anderen krabbeln dir sonst weg.“ Sie knallte ihm anspornend die Hand mehrmals aufs Gesäß, stand dann aber wieder auf und schaute mit einem sininstren Blick genau in eine Cam für eine Zoomeinstellung. „Er weiß doch, dass der Letzte nicht nur leer ausgeht, sondern bestraft wird...“ Die Männer kämpften unter Schmerzen Zentimeter für Zentimeter. Längst war ein weiteres Fortkommen kaum noch möglich. Die Hodensäcke waren in unnatürliche Länge gezogen. Tertius konnte kaum hinsehen. Unbewusst hielt er seine Hand schützend an den Schritt. Er wollte das eigentlich nicht sehen, aber dann war er doch neugierig, was für eine Strafe der Verlierer bekam. Die am Rande des Spielfeldes stehenden Wachleute in HSU-Uniformen und mit einsatzbereiten Elektrostäben ließen nichts Gutes vermuten.
Die Show bot interaktive Teilnahme der Zuschauer, die über die Strafoptionen abstimmten. Eine Variante war der „Schandpranger“. Darin musste der Verlierer stehen und sich demütigen lassen. Jeder Zuschauer durfte dann mit einer Gummiklatsche einen Schlag auf das Gesäß des Delinquenten durchführen. Durchschnittlich nahmen 80 Prozent der Anwesenden das Angebot wahr. Manche schlugen eher symbolisch und dezent, andere hatten aber Spaß daran, kräftig zuzulangen. Bei circa 200 Zuschauern war das eine pikante Angelegenheit und erforderte einen Knebel für den Loser des Tages. Tertius wartete das Ende der Show nicht ab, sondern schaltete weiter.
Im nächsten Kanal wurden exklusive Delikatessen bei einer Kochshow präsentiert, die Tertius niemals in seinem Leben würde essen können. Er zappte weiter: Ein Erotikkanal auf G16 zeigte Clips mit räkelnden und masturbierenden Frauen. Er wusste, dass Bewohner des Habitats dazu noch eine VR-Brille nutzten und eine Art Vorrichtung, die sich um das Genital schmiegte. So einen Luxus hatte er nicht, aber die eigene Hand funktionierte ja auch notfalls. Und dem Gedanken ließ er nun auch Taten folgen und onanierte zu einer gelenkigen Sexbombe, die masturbierte, während sie ihre Füße hinter ihrem Kopf verschränkte und ihn anzuschauen schien.
Auf Beta Patria waren die Unruhen in der Bevölkerung etwas abgeschwächt, aber noch lange nicht beendet. Es gab zahlreiche Vereinigungen und Organisationen, die sich gegen den Krieg stellten, notfalls mit radikalen Mitteln. Andere hielten alles für eine Verschwörung der Regierung der Vereinigten Allianz. Der Hohe Rat wurde besonders scharf dafür kritisiert, dass er bei der Gefangennahme von Regina II. nicht weiterkam. Trotz eines gewaltigen Aufgebots an Drohnen und diversem militärischem Gerät war es nicht gelungen, die Eingekesselten zur Aufgabe zu bringen. Die ehemalige Autokratin hatte sich in ihrem Gebäudekomplex verschanzt. Mit ihr waren 500 Personen und 1.200 Cyborgs in der bunkerartigen Anlage. Sämtliche Verhandlungen waren gescheitert. Mikrodrohnen waren vom Defense-System ausgeschaltet worden. Neurotoxine – das ultimative Mittel der VA – war ebenfalls erfolglos eingesetzt worden, da die Filter des Refugiums diese neutralisierten; und ein EMP war wegen der extremem Abschirmung unwirksam.
Der Exodus aus Rusticussen, Munuswesen und einigen Custos war in vollem Gange. Kaum jemand wollte auf dem Planeten bleiben. Niemand fühlte sich sicher. Die Flüchtlingsmassen bereiteten bereits erste Probleme auf Beta Patria und Pax Novo – den bevorzugten Orten der Asylanten. Es waren bereits weitere 35 Millionen Humanoide von Regina nach Beta Patria geflüchtet. Der Hohe Rat war gerade dabei, ein Gesetz zu erlassen, das die kommenden Flüchtlingsströme auf andere Welten lenken sollten. Als Zwischenlösung sollte ein terrageformter Planet im Nachbarsystem mit riesigen Wohncontaineranlagen bereitstehen. Nachteil war, dass kaum Infrastruktur auf dem öden Himmelskörper vorhanden war. Das Klima war ebenfalls alles andere als angenehm. Zwar war die Atmosphäre für humanoiden Gebrauch angepasst, aber die kräftige Sonne heizte die Oberfläche auf bis zu 50 Grad Celsius auf, so dass ein längerer Aufenthalt im Freien kaum zu empfehlen war.
Und wie es weitergehen sollte, wusste auch noch niemand. Wie lange würde es dauern, bis die Ankömmlinge den Planeten verlassen durften und Arbeit fanden? Die Bearbeitung der Flut an Fällen durch die Behörden auf Beta Patria dauerte viele Monate. Und doch fand die Regierung der VA zurzeit keine andere Lösung. Unter Hochdruck arbeiteten Einsatz-Kolonnen auf dem öden Planeten und bauten in Rekordzeit Container und Modulkomplexe auf. Schwere Raupenfahrzeuge und Kettenvehikel mit Spezialgreifern und Bohrern schufen Straßen, Landeplätze und gruben sich ins harte Erdreich, um unterirdische Bauten zu ermöglichen. Unter einer trocken Sand- und Lehmschicht befand sich Erz reiches Gestein – eine Herkulesaufgabe für die schwersten Maschinen, die kreischend und brüllend und grollend an ihre Leistungsgrenze gebracht wurden.
Neben endlos scheinenden Containermodulen für die Unterkünfte, errichtete die Regierung Verwaltungsgebäude und gewaltige Lagerhallen für Nahrung, Medizin und andere Dinge des täglichen Lebens. Prospect Enterprises war bereits beauftragt worden, die Nahrungserzeugnisse zu liefern. Die enormen Mengen stellte den Konzern vor Lieferprobleme, denn die gesamte Produktion wurde bereits auf andere Planeten exportiert. Der Vertag mit der Regierung konnte nur eingehalten werden, wenn die Lohnkosten auf Colonia Agricultura verringert und gleichzeitig die Produktionsleistung deutlich erhöht wurde. Der Leiter einer der größten Maxi-Plantagen, Mr. Khan, reiste zu einem vertraulichen Gespräch zur Konzernzentrale auf Beta Patria und traf sich mit dem Vorstandsvorsitzenden Mr. Carthy. Mr. Khan hatte eine Lösung zu bieten, die jedoch einen Haken hatte. Und das musste er seinem Boss klar machen. Die Lösung war evident hochgradig illegal.
Mr. Kahn ging ein großes Risiko ein, als er dem Konzernleiter seinen Vorschlag unterbreitete. Immerhin hatte er seine Idee bereits teilweise umgesetzt, war über die Entwicklungsphase hinaus und hatte Fakten geschaffen: Zwei Dutzend Wanderarbeiter, Corium Bestia, waren bereits mit den Nanobots ausgestattet, die sie praktisch zu willenlosen Sklaven machte. Der Versuchsleiter, der gierig geworden war, war ebenfalls auf diese Weise entmündigt worden. Und Khan ging noch weiter: Das Labor war dabei, die Bots so zu modifizieren, dass auch terrestrische Humanoide infiziert werden konnten. Diese Informationen behielt Mr. Khan für sich. Und das erwies sich als richtig, denn Mr. Carthy lehnte solche Manipulationen an Corium Bestias ab. „Sie wissen, dass Sklavenhaltung in der gesamten VA verboten ist. Es ist völlig inakzeptabel, freie Lebewesen einem invasiven Eingriff zu unterziehen, der ihnen die Möglichkeit eines freien Willens beraubt!“ Mr. Khan druckste herum. An seinen Schläfen liefen Bäche von Schweiß hinab und tropften ihm vom Kinn auf sein weißes Jackett. Er schluckte. „Ja, selbstverständlich, Mr. Carthy. Ich habe nichts anderes erwartet. Mein Laborleiter hatte da eine ganz dumme Idee. Ich möchte mich entschuldigen und diesen Mann von seinen Aufgaben entbinden.“ Mr. Carthy runzelte die Stirn. Gerade hatte Khan noch den Eindruck vermittelt, dass alles seine Inspiration gewesen sei. Er traute dem Mann nicht.
Der Plantagenleiter verabschiedete sich mit einem frostigen Lächeln, das in seiner Künstlichkeit nicht zu überbieten war. Selbstverständlich würde er sein geheimes Projekt trotzdem weiterführen. So konnte er wenigstens für seine Maxi-Plantage gute Zahlen anführen. Er würde unauffällig nach und nach alle CB infizieren. Und da die grobschlächtigen CB von Natur aus mundfaul und in ihrer Intelligenz gemindert waren, würde es gar nicht so sehr auffallen, dass sie nun von außen gesteuert wurden. - Der Versuchsleiter war mit einem Prototyp infiziert worden. Niemand wusste, wie dieser sich auf einen terrestrischen Humanoiden auswirkte. Er befand sich in einer restriktiven Zwangsjacke in einer Zelle mit gummierter Oberfläche. Noch waren die Nanobots nicht alle aktiviert. Aber Mr. Khan würde den Befehl geben, sobald er wieder zurück auf Colonia Agricultura war. Er träumte schon von den stattlichen Provisionen des Konzerns, die er bekommen würde, wenn die Produktion steil anstieg. In wenigen Jahren würde er ein Vermögen zusammenhaben, um sich auf einem schönen Planeten in einem luxuriösen Habitat zur Ruhe zu setzen.
Als sein Schiff in den Orbit von CA eintauchte, aktivierte der Pilot die Abschirmung am Rumpf und gab auf einem Display seiner Armlehne die Anflugvektoren für den Landevorgang ein. Die Haupttriebwerke schalteten automatisch ab. Gegenschub der Bremsdüsen verlangsamte die Landung auf der Planetenoberfläche. Zusätzlich gab es auf der Landefläche „Damp-Force-Technologie‟, die es besonders schweren Schiffen ermöglichte sanft zu landen. Dabei handelte es sich um eine Art Kraftfeld, das die Landung abfederte. Je mehr sich das Schiff dem Boden näherte, desto intensiver schimmerte das Feld neongrün. Die Kufen waren ausgefahren und fanden die vorgesehenen Stellflächen. Die Außenluke öffnete sich, Khan und drei Personen der Besatzung bestiegen ein kleines hydraulisches Andockvehikel, das sie zum Mainkomplex brachte. Khan tippte einen Code in sein Mobildisplay ein und öffnete eine Videocamsicht der Gummizelle: Sein ehemaliger Laborleiter saß auf dem Boden des kahlen Kubus, in eine Zwangsjacke fixiert, und zusätzlich mit einem Mundspreizer gesichert. Sein Haar war komplett rasiert worden. Khan kicherte böse in sich hinein. Wäre der Idiot nicht so gierig geworden, würde er nicht sabbernd in der Zelle schmoren. Die Nanobots, die ihm verabreicht worden waren, wirkten nicht so, wie sie sollten. Aber inzwischen hatte das Labor eine modifizierte Variante entwickelt, die auf den menschlichen Organismus zugeschnitten war. Bald würde er ein tumber Zombie sein, wie die infizierten Corium Bestias.
An diesem Abend kam der CB Truncus in das Quartier seines Freundes Goran und schob die Unterlippe weit vor. Goran sah ihn fragend an. „Was ist denn los?‟ Truncus setzte sich auf eine Kiste, die unter seinem Gewicht knarrte. „Andere sind so... So anders.‟ Goran zog die Stirn kraus. „Was meinst du? Deine Arbeitskollegen im Trupp? Wieso? Was ist mit denen?‟ Truncus ächzte und schob wieder die Unterlippe vor. „Weiß nicht. Nur Arbeit im Kopf. Wollen nicht reden und keine Pause machen. Nur arbeiten im Kopf.‟ Goran konnte sich keinen Reim auf die Aussage seines Freundes machen. Truncus wechselte plötzlich das Thema. „Machst du heute Castitasschelle ab?‟ Goran seufzte. „Aber das habe ich dir doch erklärt. Du bleibst keusch. Das ist zu deinem Besten.‟ Truncus brummte unzufrieden und rieb sich mit seiner Pranke im Schritt.
Goran grinste. Irgendwie machte ihn der frustrierte Blick seines Kumpels an. „Hey, wie wäre es, wenn du stattdessen an mich denkst und meinen Liebestentakel ein wenig verwöhnst?“ Er nestelte an seiner Hose und spürte schon, wie sich eine Erektion bildete. Truncus starrte darauf. Goran forderte ihn mit einem Nicken auf, näherzukommen. Der CB packte Goran und nahm ihn auf die Arme, trug ihn zum Bett, ließ sich selbst daneben auf die Knie fallen und beugte sich mit seinem großen Schädel über Gorans Lenden. Kurz darauf stöhnte der Mann auf, als er die starke Saugkraft des Freundes wahrnahm, die seine Geilheit steil ansteigen ließ. Die leicht raue Zunge des Riesen reizte sein gutes Stück enorm und brachte ihn bald zu einem explodierenden Höhepunkt. Goran lächelte befriedigt und atmete tief durch.
Truncus sah ihn ernst an. „Und ich?“ Goran seufzte. „Du Dummerchen! Wann verstehst es denn endlich? Es ist besser, wenn du in der Castitasschelle bleibst.“ Truncus brummte bassig und stand auf. „Ich gehe dann in meine Unterkunft.“ Goran schaltete das Entertainment-Display an. „Ja, mach das. Bis morgen.“ Truncus starrte seinen Freund stumm an, aber der betrachtete nur den Monitor. Der CB verließ das Quartier und machte sich über den langen unterirdischen Gang auf den Weg zu seinem Raum. Schmale Leuchtschienen zeigten ihm den Weg. Unterwegs begegnete ihm ein uniformierter Humanoide. Als er ihn gerade passiert hatte, spürte er eine Berührung in seinem Nacken, fasste hin und drehte sich um, doch der Mann war schon weitergegangen. Truncus wirkte irritiert, hatte den Vorfall aber wenige Sekunden später schon wieder vergessen. In seiner Unterkunft legte er sich aufs Bett. Seine Gedanken kreisten zunächst noch um die Castitasschelle, aber irgendwie wurden sie mehr und mehr von dem Wunsch überdeckt, morgen früh auf der Plantage zu arbeiten und möglichst viel Leistung zu erzielen. Nur noch das zählte. Er schlief ein und wachte am nächsten Morgen mit dem Verlangen auf, endlich mit seiner Schicht anfangen zu dürfen. Noch nie hatte er sich so auf seine Arbeit gefreut wie jetzt. An Goran oder die Castitasschelle verschwendete er keinen einzigen Gedanken mehr.
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RE: Regina
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~ C ~
Violetta und Animus wachten am nächsten Morgen in ihrem herrlichen Himmelbett auf, als eine Audiosimulation von zwitschernden Vögeln und Meeresbrandung leise durch die Weckfunktion aktiviert wurde. Aber das Lucky Star bot nicht nur Simulationen an. Das Frühstücksbuffet nahm sie auf einer großen Dachterrasse ein, die mit echten Holzbohlen gedeckt war. Von hier hatten sie einen traumhaften Blick auf eine reale Bucht mit originalem Sandstrand und Palmen. Dem Paar blieben noch einige Stunden, um im Meer zu baden; dann würden sie bereits wieder auf dem Weg zum Transferbahnhof sein, wo ihr Shuttle sie zurück aufs PE-Schiff bringen würde.
Animus kontrollierte auf seinem Mobilcom, dass die Beladung abgeschlossen war. Nun würden noch einige Routineprüfungen des Schiffes erfolgen. Den aktuellen Statusbericht erhielt er, sobald die Freigabe erfolgt war. Während das Duo in den sanften Wellen des warmen Wassers plantschten, stellte Violetta schmunzelnd fest, dass Animus anscheinend eifersüchtig war, weil zahlreiche junge Burschen – wahrscheinlich alles Soldaten in Urlaubszeit – am Strand Ball spielten oder anderweitig herumtollten. Die Pilotin musste allerdings zugeben, dass die Kerle verdammt gut aussahen und über einen trainierten Body verfügten. Sie spritzte Animus nass und lenkte ihn neckend ab.
Bald schon standen sie bis zur Brust im grün schimmernden Meer, während die Rothaarige ihre Schenkel um ihren Gefährten verschränkt hatte. Animus hielt ihren Po und küsste seine Kollegin, die ihre Arme um seinen Nacken geschlagen hatte. Sie spürte seine Erektion gegen sie drücken und knabberte vorsichtig an seiner Lippe. Schon war das Paar vereint im Liebesspiel und wogte in den Wellen den Takt auf dem Weg zur Ekstase. Die Zeit schien stehenzubleiben. Die zwei fühlten sich wie im perfekten Paradies und wollten für alle Ewigkeit diesen Moment einfrieren.
Doch ihnen blieb nur wenig Zeit, bis sie an Bord ihres Schiffes erwartet wurden. Nach einer Wellnessmassage durch Androiden, die sich ihrem Geschmack nach ein wenig zu klinisch bewegten, machten sie sich auf den Weg zurück zum Bahnhof. - Nach wenigen Minuten in der Highspeedkabine gingen sie an Bord des PE-Frachters. Die Greifarme der Botdrohnen waren eingefahren und rasteten in ihren entsprechenden Ausbuchtungen ein. Die Industrierobots waren in ihre Hangars des Werftkomplexes zurückgekehrt.
Animus aktivierte das Cockpit, wartete auf die Startfreigabe und versiegelte die Luftschleuse am Rumpf, löste die Verankerungsklammern und fuhr die Stützen ein. Sachte navigierte er sie nach der Abkopplung von der Anlegestelle weg und nutzte dazu die Navigationsdüsen an den Flanken des Rumpfes. Violetta gab den aktuellen Kurs manuell an ihrem Terminal ein. „Kurs aktiv. Beschleunigungsprofil 2.4.“ Animus bestätigte und drehte das Schiff um 74 Grad um die Längsachse bis ein grünes Feld auf dem Display vor ihm aufleuchtete. Der Pilot startete das Haupttriebwerk und beschleunigte wie vorgesehen Richtung Beta Patria. Die Reaktoren des Frachters arbeiteten mit 86 Prozent ihrer maximalen Leistungsfähigkeit.
Bis zum Heimatsystem war es eine lange Strecke. Ein großer Holoschirm bildete ein Computermodell in Realtime ab, um ihren Standort und die Destination aufzuzeigen. Während der konfigurierten Standard-Flugroute wurde beinahe jeder Vorgang vom Autopiloten initiiert, so dass Animus und Violetta reichlich Zeit hatten, sich miteinander zu beschäftigen. Die weiteren Stunden an Bord des Frachters trieben sie Sport, schauten sich Virtualreality-Programme an oder informierten sich über einen Newsfeed zur aktuellen politischen Lage auf Beta Patria.
Noch immer gab es Unruhen in der Hauptstadt und größeren urbanen Siedlungen des Planeten, doch die Exekutive behielt die Kontrolle. Der massive Einsatz von DME (Drohnen für multiple Exekutivaufgaben) sorgten für die öffentliche Sicherheit auch bei den Demonstrationen, wo vereinzelt auch gewaltbereite Fanatiker aktiv waren. Animus runzelte die Stirn. „Irgendwie paradox. Die Pazifisten nutzen Gewalt, um sich gegen eine gewählte Regierung zu stellen.“ Violetta sah auf dem Monitor des Newsfeeds brennende Barrikaden und fliegende DMEs. „Ja, ich weiß auch gar nicht, wie die sich das vorstellen. Soll die VA sich dem Alpha Dominion unterwerfen? Was dann? Gibt es unter denen Freiheit? Das ist doch eine Diktatur. Und Humanoide sind in der Minderheit. Ich wette, die würden früher oder später unterdrückt oder gar versklavt.“ Animus sah die Pilotin überrascht an. „Meinst du? Tja, wer weiß das schon? Auf jeden Fall kostet der Krieg viele Ressourcen. Denk nur mal an die ganzen Flüchtlinge von Regina.“ Violetta nickte. „Ja, aber er sorgt zum Beispiel bei Prospect Enterprises für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Doppelt. Die Rüstungsgüter und die benötigten Nährmittel.“ Animus überlegte. „Der Wert der Firma ist seit Beginn der Invasion extrem gestiegen.“ Violetta lächelte unverbindlich. „Mr. Carthy und seine Aktionäre wird es freuen.“
Als sie schließlich ihr Heimatsystem erreichten, ging die Reise ihrem Ende zu. Der Frachter brachte seine Ladung zu einem Recyclingunternehmen, das den Schrott und noch brauchbare Komponenten innerhalb eines Magnetfeldes in einer Orbitalstation lagerte. Nach dem Dockingmanöver erledigte Animus die Formalitäten, während Bots das Schiff entluden. Anschließend navigierte Animus den Frachter an eine Phalanx in geostationärer Position über Beta Patria. Das Pilotenpaar machte sich mit einem Shuttle auf den Weg zur Konzernzentrale auf der Planetenoberfläche und landete auf dem Aerodrom von Prospect Enterprises, der seitlich der Dachkonstruktion der Konzernbasis in schwindelerregender Höhe über den Vehikeln am Boden positioniert war. Von hier oben sahen die Fahrzeuge klein aus wie Ameisen. Nur wenige Sky-Habitate schraubten sich noch höher gen Himmel als das PE-Muttergebäude.
Nachdem Animus und Violetta sich biometrisch autorisiert hatten, öffnete sich der Zugang zum Lift. Auf dem Weg zu ihrem Privatquartier kamen ihnen mehrere Mitarbeiter entgegen. Einer davon stach allerdings optisch hervor. Das Munuswesen trug übliche Konzernkleidung, doch die ungewöhnliche Anatomie war nicht zu kaschieren: Gewaltige Brüste und ein mindestens ebenso beeindruckendes Genital im Schritt waren deutlich sichtbar. Die entmachtete Despotin Regina I. hatte junge Männer genmodifizieren lassen. Manche waren Rusticusse geworden, die mit kräftigem Körperbau meist physische Arbeiten erledigen konnten; die Munuswesen jedoch waren zu Sexdiensten entwickelt worden. Beim Anblick des Kollegen kam ihm sein alter Jugendfreund Timiditas in Erinnerung, der im Reich der Regina verschollen war. Die Bilder in seinem Kopf machten ihn ein wenig schwermütig, was Violetta bemerkte, und sie war feinfühlig genug, ihn nicht auszufragen. Stattdessen lenkte sie ihn mit einem zärtlichen Kuss ab und liebte ihn in ihrer Suite, so dass er auf andere Gedanken kommen konnte.
Für sie selbst war es aus einem anderen Grund seltsam, indirekt mit einem Munus zusammenzuarbeiten, denn sie hatte früher als Mitglied der STC auf Regina Munuswesen gejagt. Mit dem so genannten FNS, einem zylindrischen Gerät. Drückte man auf den Auslöser, so schoss ein Netz aus verdickten Nanofasern hervor und stülpte ein Netz über das Ziel, zog sich zusammen und fixierte die Person. Bei Deaktivierung löst sich das synthetische Netz in Kügelchen auf. Sie musste schmunzeln, als sie sich erinnerte, wie sie die Anwendung an Animus demonstriert hatte.
Auf Atra Mundo fieberte ein junger Mann namens Pannus dem Abend entgegen. Er war von den Scouts der High Society auserwählt worden, um eine Party der Bewohner des großen Habitats UN-17 zu besuchen. Er wusste, dass er kein normaler Gast sein würde, sondern der Unterhaltung der Damen und Herren diente, aber das war ihm egal. Ihm war ein beachtlicher Lohn versprochen worden. - Gemeinsam mit einer Schar Gleichgesinnter wurde er bereits am Nachmittag, als seine Schicht in der Kobaltmine beendet war, in einem Container zusammengepfercht und mit einem Lastwagen zum Habitat kutschiert.
Pannus war ein schlanker Jüngling, der in den Slums von Urbs Novum aufgewachsen war und nichts anderes kannte als ein bitterarmes Leben im Dreck, täglicher Schufterei und einem Überlebenskampf in den gesetzlosen Sektoren am Rande der Millionenstadt. Die Sklavenarbeit in der Mine brachte gerade genügend Lohn, um nicht zu verhungern. Wenigstens musste er bisher noch nie Schutzgeld oder andere Zahlungen an Mitglieder der Noxiusbruderschaft leisten. Vermutlich waren seine kargen Besitztümer die Arbeit nicht wert, ihn aufzusuchen.
Pannus steckte in dem stickigen Containermodul mit etwa zehn weiteren Männern in seinem Alter. Sie drängten sich dicht an dicht und bekamen nur schlecht Luft. Die Atmosphäre hier draußen war eh schon sauerstoffarm und dafür reich an diversen Toxinen, und nun steckte er mit den anderen Männern in dieser Transportbox fest. Ein winziges Licht über dem Türmodul tauchte den Raum in ein diffuses Durcheinander aus Schatten. - Die Fahrt dauert zwei Stunden lang. Dann öffnete sich der Container, und Uniformierte trieben die Gruppe heraus. Der Wachdienst HSU schickte die zehn Männer vor eine Mauer, wo sie sich aufstellen mussten. Pannus erkannte, dass er sich bereits auf dem eingezäunten Gelände des Wohnhabitats befand, keine 50 Meter von einem hohen Klingenzaun entfernt.
Einer der HSU-Männer rief durch ein Megaphon Befehle: Die Auserwählten mussten sich splitternackt ausziehen. Danach fuhr ein Tankwagen vor und spritzte aus automatischen Düsen, die in einer Steuereinheit integriert waren, Wasser gegen die Stehenden. Die Flüssigkeit musste Chemikalien enthalten, denn Pannus roch eine beißende Note, die in den Augen und der Nase brannte. - Im Anschluss scheuchte der HSU-Dienst sie in kleine Einzelzellen im zweiten Untergeschoss des Habitats. Neonlicht und eine Pritsche waren die einzigen Ausstattungsmerkmale der kubusförmigen Kammern. Pannus zitterte vor Kälte. Warum gab man ihnen ihre Kleidung nicht zurück? Und wann würden sie endlich zur Party vorgelassen?
Aber die Zeit verging, und die Insassen froren weiterhin in ihren Kammern. Das Zeitgefühl war ihnen längst abhanden gekommen. Doch Pannus vermutete, dass es mindestens Abend war. Er fühlte sich gedemütigt, die ganze Zeit nackt verbringen zu müssen. Aber er war auch nicht in der Position, sich Verdienstoptionen aussuchen zu können. Er musste jede Chance am Schopfe packen. Oft schon hatte er sich vergeblich als Muddy beworben. Das waren Glückliche aus den Slums, die als Arbeiter in den Habitaten einer Tätigkeit nachgehen durften. Doch die Stellen waren limitiert und man benötigte Verbindungen. Trotzdem bereute er schon jetzt die Teilnahme an dieser Aktion, denn er hatte Durst, Hunger und wurde von Minute zu Minute nervöser und ungeduldiger. Wenigstens war inzwischen die Temperatur in den Kammern auf ein erträgliches Maß gestiegen.
Pannus hatte schon über alles Mögliche gegrübelt, hatte sich ausgemalt, was er erleben würde, hatte jede Niete der Stahlplatten der Wände gezählt, und nun trommelte er mit den Fingern auf der Pritsche herum. Der Durst meldete sich mittlerweile penetrant und verlangte dringend nach Befriedigung. Er stand auf und schlug gegen die Tür, rief laut, aber es gab keine Reaktion. - Nach einer gefühlten Ewigkeit klackte die Tür auf, und ein HSU-Mann hielt eine große Flasche Wasser in der Hand. Pannus wollte sie entgegennehmen, aber der Uniformierte hob in der anderen Hand einen Elektrostab drohend in seine Richtung. „Zurück auf die Pritsche!“ Pannus gehorchte. Der Securityangestellte stellte die Flasche auf den Boden und verließ die Zelle wieder. Pannus fragte hastig nach einer Mahlzeit und wie lange es noch dauern würde. Doch der Wächter reagierte nicht und schloss die Tür, die sich dumpf verriegelte.
Gierig griff der Gefangene nach dem Wasser, öffnete den Drehverschluss des weißem Polyetylen und kippte Schluck für Schluck die Kehle herunter. Eigentlich wollte er keine unbekannte Flüssigkeit trinken, aber der Durst war größer, und es schmeckte nach normalem Wasser. - Und wieder verging lange Zeit tatenlos. Die Flasche war inzwischen geleert und Pannus hatte in einer Ecke das Loch im Boden als Toilette erkannt. Der Hunger war trotzdem noch da. Irgendwann wurde er müde und nickte auf der Pritsche ein. - Als er erwachte, war sein Appetit noch größer. Sein Magen brummte und rumorte. Doch auch in den nächsten Stunden geschah nichts.
Endlich erschien wieder der HSU-Mann und brachte eine neue Wasserflasche. Pannus bat ihn um Essen, aber der Uniformierte grinste nur schmierig. - Im Laufe des Tages steigerte sich der Hunger zunächst, bevor er wieder abflachte. Offenbar hatte sich sein Magen damit abgefunden, dass es momentan keinen Nachschub gab. Von Stunde zu Stunde sorgte sich Pannus mehr um seine Zukunft. Hatte man ihn vergessen? Wann wurde er hier rausgelassen? Wann gab es was zu Essen? Wieder schlief er irgendwann mit knurrendem Magen ein. - Als er erwachte war sein Hungergefühl etwas gedämpft. Dafür hatte er vermehrt Durst. Leider war die Flasche leer. Es dauerte noch lange, bis endlich wieder ein HSU-Mann erschien. Es war eine ihm unbekannte Person. Wieder gab es nur Wasser. Pannus protestierte, aber der Uniformierte lachte nur hämisch.
Er schloss die Tür und ging zur nächsten Zelle, um auch dort eine Wasserration abzugeben. Bisher waren die Insassen noch relativ ruhig geblieben. Nur einer der Männer war wütend geworden und wollte aus der Kammer flüchten, so dass er den Elektrostab einsetzen musste. Erfahrungsgemäß drehte das Lumpenvolk spätestens ab dem fünften Tag durch. Denn dann wurde der Hunger immer intensiver und quälender. Aber zu zweit waren die HSU-Akteure bisher noch mit jedem Kerl fertig geworden. - Sie erzählten sich im Aufenthaltsraum von solchen Begebenheiten und amüsierten sich über die hilflosen Aktionen der Eingeschlossenen.
Nachdem alles Flaschen verteilt waren, kehrte der Mann zurück in den Bereitschaftsraum zu zwei Kollegen. „Alles friedlich.“ Ein blonder Mann mit Lausbubengesicht und Sommersprossen grinste. „Dann warte mal ab. Die werden immer aggressiver, je länger die nicht mehr gefüttert worden sind.“ Der Dritte kaute gerade auf einem Wrap herum. „Ja, da freue ich mich schon drauf. Dann gibt es was auf die Mütze!“
Am nächsten Tag folgte die nächste Stufe der Vorbereitung auf die Party: In die Zellen wurden künstliche Duftstoffe geblasen: frisch gebackenes Brot, dann gebratenes Fleisch, es roch nach Pizza, nach Kuchen, nach Gewürzen. Pannus glaubte anfangs, er halluzinierte, doch dann bemerkte er, dass die Gerüche aus feinen Schlitzen unter der Decke hervor strömten. Und wieder gab es nur Wasser. Er beschwerte sich lautstark, dann unterwürfig, aber nichts war von Erfolg gekrönt. Inzwischen hatte er drei verschiedene HSU-Mitarbeiter erlebt – einer war so stumm wie der nächste. Die Zeit verging quälend langsam. Wie lange schmorte er hier schon? Wie viele Tage waren vergangen? Er hatte keine Ahnung. Die Uhrzeit war einerlei. Er fühlte sich immer schlapper, und doch fiel ihm der Schlaf immer schwerer, weil der Hunger ihn wachhielt. Er erkannte schon erste Anzeichen, dass er Gewicht verloren hatte. Dabei war er vorher schon eher dünn gewesen. Er konnte sich nirgends spiegeln, aber er vermutete, dass er schrecklich müde aussah.
Am fünften Tag hörte er Schreie aus der Nebenzelle. Die mussten sehr laut sein, denn sonst schluckten die akustisch abgedichteten Wände jegliches Geräusch. Eine Kommunikation mit dem Nachbarn war so unmöglich. Pannus drehte bald durch. Wenigstens waren die Aromen durch die Lüftungsanlage wieder abgesaugt worden. Wieder erhielt er nur eine Flasche Wasser. Dieses Mal fiel er vor dem HSU-Mann auf die Knie und bettelte um Nahrung. Der stieß ihn grob nach hinten.
Die Vorbereitungen für die Party der High Society war in vollem Gange. In zwei Tagen gab es auf dem rauschenden Fest neben spektakulären Aufführungen und einem opulenten Mahl aus erlesenen Delikatessen als Höhepunkt die „Fütterung der Armen“. Doch schon jetzt bauten Muddies die Tische und Stühle auf, stellten große Monitore in Position, kümmerten sich in den Küchen des Habitats um die Berechnung und Planung der vielen Menügänge, der kredenzten Getränke und vieles mehr. Auserwählte 250 Personen waren eingeladen zu dieser exklusiven Veranstaltung. Es gab noch viele weitere Partys, aber die „Fütterung der Armen“ war nur vier Mal im Jahr und ein besonderes Erlebnis.
Ein hohes Mitglied der Noxiusbruderschaft aus Atra City war als Schirmherr der Feier angereist und logierte in einer 600 Quadratmeter großen Suite im UN-17 auf der 77. Ebene mit eigenem Shuttlelandeport. Neben sechs Leibwächtern gehörten noch zwei Konkubinen zu seiner Entourage. Das Hotel stellte zwei Zimmermädchen und einen Butler zur permanenten persönlichen Verfügung. Das Noxiusmitglied galt als anspruchsvoll. Zahlreiche Sonderwünsche hatten den Hotelmanager rotieren lassen. In jedem Zimmer der Suite hatten weiße Blumen zu stehen, das Schlafgemach musste rot beleuchtet und einen Großspiegel über dem Bett montiert sein. Für die Minibar hatte er ausgefallene Extravorstellungen. Einige Punkte waren glücklicherweise Standardleistungen des Hotels: Temperatur, Musik, visuelle Darstellungen auf den Transparenzflächen, Snacks, Getränke und vieles mehr.
Pardus war der Name des gefürchteten Angehörigen des Syndikats. Vielleicht war der Name Pardus als Synonym für seine sich anschleichenden Killerkommandos zu verstehen, denn er selbst liebte eher den pompösen, lauten Auftritt und war bekannt für seine ausgefallene Kleidung. Er trug nicht nur zahlreichen Schmuck und teuerste Stoffe, sondern diese waren auch noch schillernd bunt und extravagant geschnitten. Seine beringten Finger klatschten gerade seine beiden Konkubinen herbei. Er lag auf einer Liege, einem Diwan ähnlich, die im Wasser eines Whirlpools angebracht war. Die beiden jungen Damen mit optimierten Körpern und in hauchdünnen knappen Bikinis gewandet, stolzierten elegant herbei und kuschelten sich in die Arme des mit schneeweißen Zähnen grinsenden Mannes. Im Pool trug er nur eine kurze Badehose in Leopardenmuster.
Ein Glas, gefüllt mit einem roten Longdrink, stand in Reichweite ebenso wie eine Schale mit erlesenen Beeren, die von weit her aus einem anderen Sonnensystem importiert worden waren, die Pardus aber täglich aß, um damit seine Libido zu stärken. Auf ein Augenzwinkern von ihm, tastete sich eine Hand der linken Dame über seine Brust, den Bauch hin zur Hose. Er drehte sich zur rechten Frau und küsste sie. Dann langte er nach seinem Glas und nippte an dem gekühlten Mischtrunk. Pardus drückte es der Person zu seiner Rechten in die Hand und lehnte seinen Kopf in den Nacken auf eine Art Schwimmkissen und genoss die geübten Finger der anderen Konkubine. Fast zu perfekt wirkten die Damen, so dass man auf Beta Patria von Androiden ausgegangen wäre; aber auf Atra Mundo gab es wegen der Sanktionen keine Hightech auf dem Niveau der Vereinten Allianz. Es handelte sich tatsächlich um reale Frauen.
Zwei Tage später war es soweit: Die Party startete mit einem großen Feuerwerk, dem die 250 Gäste zujubelten und applaudierten. Die Feier fand im obersten Stockwerk des Skyhabitats statt, wo eine gewaltige Glaskuppel ungehinderte Sicht in den Abendhimmel erlaubte. Die Slumbewohner waren mittlerweile in einem Raum unterhalb des Partysaals untergebracht. Seit einer Woche waren sie nun nackt und hatten sich nicht daran gewöhnt, sondern hielten sich verschämt die Genitalien zu. Der Hunger war noch stärker geworden. Sie konnten kaum an etwas anderes denken, als etwas zu essen. Drei HSU-Leute legten den Teilnehmern massive Armfesseln auf dem Rücken an. Einer der Kandidaten fragte, warum man ihnen die Kleidung nicht zurückgab. Ein Uniformierter lachte. „Damit ihr Dreckspack nix klaut!“ Pannus fragte sich, ob sie wirklich nackt bei den Gästen am Tisch sitzen sollten und mitessen.
Doch der Einsatz ließ noch auf sich warten. Zunächst dinierte die feine Gesellschaft und genoss insgesamt acht Gänge des Menüs. Dann endlich wurden die zehn Nackten in einen Aufzug geschoben. Der sie nach oben transportierte. Die Tür öffnete, und die Schar betrat das Dachlevel von UN-17. Weit kamen die Männer nicht, denn ihr Weg endete bereits nach drei Metern vor einer großen Glasscheibe, die sie von den Feiernden trennte. Nach und nach wurden sie bemerkt, und die Partygäste jubelten den Nackten zu. Einige seiner Mitstreiter freuten sich, dass sie im Mittelpunkt standen, obwohl sie keine Kleidung trugen, doch Pannus erkannte, dass der Jubel der Gesellschaft wohl eher Schadenfreude und Spott war. Er runzelte die Stirn. Was würde nun geschehen?
Pannus schnüffelte und nahm die vielen Aromen in der Luft wahr. Sein Magen knotete sich zusammen und verlangte nach einer Mahlzeit. Ein Mann in einem extravaganten Anzug betrat ein beleuchtetes Podest. Seine Stimme gab ein Mikrofon laut wieder. „Meine lieben Gäste“, sagte er und machte eine weitschweifige Umarmung zu den Tischreihen, „wir kommen zum Höhepunkt des Abends.“ Er ließ eine Kunstpause. Dann verkündete er: „Die Fütterung!“ Die Anwesenden applaudierten und jubelten. Pardus genoss das Bad in der Menge. Er liebte es, im Mittelpunkt zu stehen. Auf ein Zeichen zu den HSU-Angestellten kamen zwei von den Uniformierten durch eine Seitentür zu den nackten Gestalten und tröpfelten ihnen der Reihe nach eine Substanz aus einer Pipette in den Mund. Pannus schmeckte eine leicht süßliche Note. Ihm wurde ein wenige warm und schwindelig. Die Geräusche in der Halle schienen etwas dumpfer zu werden, und seine Sichtweise wurde leicht verschwommen. Nun führten die HSU-Männer die Zehnergruppe zu den Tischen mit der Feiergesellschaft zu einer Bühne. Pardus zeigte präsentierend auf die Männer. „Hier sind sie. Hungrig und gierig. Die Slumratten. Hahaha.“
Es folgte ein eingespieltes Ritual, das bei jeder Feier gleich war. Interessierte nahmen sich ein Häppchen und ging nacheinander zur Bühne, um sie den Nackten vor die Füße zu werfen. Die Fleischstückchen, Gratinhäufchen, gedünstete Gemüsescheiben, Kleckse aus Schokoladendessert – alles landete neben und übereinander auf der Bühne, und die zehn Männer kämpften würdelos um die erste Mahlzeit seit einer Woche. Da die Hände hinter dem Rücken gefesselt waren, nahmen sie die „milden Gaben“ mit dem Mund vom Boden auf. Die Gesellschaft hatten einen Heidenspaß. Nicht nur die Werfer, sondern auch die passiven Zuschauer amüsierten sich über die ungelenken Bewegungen und gierigen Kämpfe auf der Bühne, wo sich die Männer gegenseitig zur Seite schoben oder sogar traten.
Als circa 40 Häppchen verteilt waren, rief Pardus per Mikrofon: „Ich habe gehört, die Slumratten können gut tanzen. Wollt ihr sie tanzen sehen?“ Nach Beifall heischend hob er die Arme, und Jubel und Zurufe antworteten ihm. Pardus drehte sich zur Bühne. „Ihr habt es gehört. Ihr sollt tanzen. Los! Musik.“ Ein Dancebeat ertönte, und die Männer bewegten sich ungeschickt über die Bühne. Niemand wagte, das Tanzen zu verweigern. Alle zehn machten mit. Auch Pannus ertappte sich dabei. Wie absurd, wie demütigend und geradezu lächerlich! Aber das kam nur stark gedämpft bei ihm an. Er fühlte sich wie in Watte gepackt. Neben sich nahm er kaum noch etwas wahr. Wie in einem Tunnelblick war sein Bewusstsein gefangen. Er tanzte einfach herum und merkte erst nach und nach, dass gar nicht mehr alle Mitstreiter auf der Bühne waren. Pardus hatte sie zurück in ihre Hungerzellen geschickt. Schließlich verblieb nur Pannus auf dem Podest.
Die Menge applaudierte, und der junge Mann wusste gar nicht mehr, was los war. Dann packten ihn kräftige behandschuhte Hände und brachten ihn zu einem Tisch auf einen merkwürdigen Stuhl. Trotz der skurrilen Situation musste Pannus lächeln und saugte den Duft der herrlichen Mahlzeiten ein, der ihm in die Nase wehte. Gleichzeitig fühlte er sich müde und wäre beinahe in Morpheus Reich gesunken, da setzte ihm ein HSU-Angestellter eine Hypopistole an seinen Hals und gab ihm ein Gegenmittel, das ihn in wenigen Sekunden wieder zu klarem Bewusstsein brachte. Erst jetzt merkte Pannus, dass er zwar die Handfessel auf dem Rücken los war, aber an Armen und Beinen mit dicken Metallschienen an dem massiven Stuhl gefesselt war. Seine Nacktheit wurde ihm bewusst, und er war froh über den Tisch vor ihm, so dass nur die direkten Nachbarn sein Genital betrachten konnten.
Er sah in die Augen von zig Neugierigen, die darauf warteten, dass die „Tischfütterung“ begann. Eine Frau in einem edlen Catsuit und endlos langen Beinen kam vor den Tisch und warf ihm ein Häppchen auf den Platz. Pannus verspürte zwar noch beißenden Hunger, aber er wollte sich nicht so sehr erniedrigen, sich vorzubeugen und mit dem Mund den Bissen aufzunehmen. Plötzlich tauchte neben ihm ein Uniformierter auf und schlug mit seinem Elektrostab hart auf den Tisch. „Friss!“ Pannus presste die Lippen zusammen. Das ließ sein Stolz nicht zu. Er schüttelte den Kopf. Doch als der HSU-Mann den Stab gegen die nackten Genitalien drückte, beugte sich der Jüngling vor und nahm das Häppchen in den Mund, kaute und schluckte. Applaus brandete auf. Wenige Sekunden später merkte er, wie sein Mundraum samt der Lippen brannte wie Feuer. Er verteufelte die lachende Frau vor dem Tisch, aber wenn er seinen Lohn haben wollte, musste er dieses perfide Spiel mitmachen.
Mr. Carthy, CEO von Prospect Enterprises, stand auf. Am Konferenztisch der Konzernzentrale saßen die Vorstandsmitglieder sowie Angehörige der Regierung. Sie verhandelten um Subventionen für ein Subunternehmen, das die Infrastruktur und Wohnungen für Flüchtlinge von Regina auf dem dafür terrageformten Planeten im benachbarten Sternensystem baute. Des Weiteren war der Konzern mit seiner Rüstungssparte aktiv, denn auch eine Militärbasis sollte dort errichtet werden. PE gewährleistete im Gegenzug eine bestimmte Menge an Nährstoffen für den Planeten – sowohl die Produktion als auch die Logistik. Die Maxi-Plantagen auf Colonia Agricultura verfügten über genügend Kontingente. Trotzdem würde man die Erzeugungsquantität erhöhen müssen.
Mr. Carthy fiel der unseriöse Vorschlag von Mr. Khan ein, doch der kam nicht in Frage. Willenlose Sklaven würde es bei PE nicht geben. Es mussten eben mehr Wanderarbeiter, zum Beispiel Corium Bestia, angeworben werden. Eine PR-Aktion sollte bereits in wenigen Tagen starten und VA-weit und über sämtliche Marketingkanäle ausgestrahlt werden. Die Regierungsvertreter verabschiedeten sich und eilten zu den Fluglimousinen, denn eine wichtige Debatte im Hohen Rat stand an, bei der es um die weitere Strategie gegen das Alpha Dominion ging. Seit sich die Anomalie aufgelöst hatte, waren die großen Angriffsflotten verschwunden. Manche Politiker vermuteten einen Hinterhalt. Andere hielten das für eine Verschwörungstheorie. Doch eine wissenschaftliche Erklärung hatte niemand. Zumindest war Regina befriedet und bis auf die Palastanlage der Königin Aranea Regina II. zurückerobert. Von den Belagerten ging keine Gefahr mehr aus, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann das letzte Refugium der Diktatorin fallen würde.
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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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RE: Regina
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Wenige Tage später ging Animus wieder an Bord eines Frachters der Galaxy-Klasse. Sein Auftrag: Avionik für mehrere Shuttles und Orbitransporter in ein Nachbarsystem zu fliegen. Mit dem Transporter „Prospectus VIII“ machte sich der Pilot mit vollen Containermodulen auf den mehrtägigen Weg zum übernächsten Sol-System.
Violetta war während seiner Abwesenheit zu mehreren Kurzflügen auf Beta Patria eingeteilt. Per Videokonferenz blieb das Paar in täglichem Kontakt. Animus aktivierte gerade die Verbindung und wenige Sekunden später erschien Violetta auf dem Screen neben der Navi-Konsole. „Hey, Animus. Alles gut bei dir?“ Animus nickte. „Ja, hatte gerade einen anormalen Anstieg von Gammastrahlung auf meiner Route, aber ist wieder auf Normalwert. Und du?“ Violetta schenkte ihm ihren verführerischen Augenaufschlag. „Bin gerade auf dem Weg nach Campestria.“
Animus war selbst schon dort gewesen. Die Ebenen befanden sich fast auf der anderen Seite von Beta Patrias Hauptstadt. Dort war die größte Pharmafabrik des Planeten (und des ganzen Solsystems) angesiedelt. Medizinische Produkte lieferte Prospect Enterprises ebenso wie Rüstungsgüter und Nahrungserzeugnisse. Violettas aktueller Auftrag lautete, eine große Ladung diverser Medikamente und medizinischer Spezialgeräte in die Hauptstadt zu bringen, von wo sie dann von anderen Transportern ins Nachbarsystem zu einem terrageformten Planeten geliefert würden.
Dort entstanden zurzeit gigantische Wohncontaineranlagen für Flüchtlinge von Regina. Fieberhaft baute die Regierung der Vereinigten Allianz an der Infrastruktur. Trotzdem kam man mit Nahrung und Arzneien kaum hinterher. Allein für die dringend benötigten Wasserrationen standen die Aussiedler stundenlang an. Der Staat war überfordert, aber noch vermied man es, die Versorgung in die Hände der Privatwirtschaft zu legen, denn die war grundsätzlich profitorientiert, und was das für die Hilfesuchenden bedeutete, war nicht überschaubar.
Dabei waren Maßnahmen dringend erforderlich, die zum Beispiel die öffentliche Ordnung aufrecht erhielten. Es gab immer wieder Gewaltausbrüche, Diebstähle und sogar Überfälle. Der Hohe Rat versuchte der Problematik mit DME zu begegnen, Drohnen, die nicht nur filmen, sondern auch mit Audiofunktion sowie nicht letalen Waffen ausgestattet waren. Aber das half nur bedingt. Die Wohnanlagen waren einfach schon zu umfangreich, die Masse der Bewohner zu unübersichtlich. Selbst bei der Registrierung vermutete der Hohe Rat eine Fehlerquote von bis zu 30 Prozent.
Die Prospectus VIII betrat 52 Stunden später eine geostationäre Umlaufbahn des Zielplaneten Unitum, wo Animus die Avionik-Technologie ablieferte. Atmosphärentransporter dockten an dem großen Frachter an, damit hydraulische Industrieroboter die Ladung löschen konnten. In der Troposphäre von Unitum herrschten in vielen Regionen aktuell fast in der gesamten nördlichen Hemisphäre kräftige Stürme mit Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h, die das Anlanden an der Oberfläche zu einem gefährlichen Unterfangen machte, aber das betraf glücklicherweise Animus nicht, da er aus dem Orbit direkt wieder gen Heimat fliegen würde.
Während er auf die Freigabe und Bestätigung über die korrekte Lieferung wartete, nahm er wieder mit Violetta Kontakt auf. Die Pilotin meldete sich gehend in einem Korridor eines Gebäudes und wurde von ihrem Handgelenksmulticom übertragen. „Hi, wo bist du?‟ Violetta blieb stehen, damit das Bild klarer wurde. „Bin gerade mit einer Nahrungslieferung auf Wasteland.‟ Animus wusste sofort bescheid: Wasteland war ein öder Mond eines Gasriesens im Sol-System Beta Patria. Es war militärisches Sperrgebiet. Lediglich die Hochsicherheits-Haftanstalt der VA befand sich auf der Oberfläche des Mondes.
Zwar konnte diese nur 800 Gefangene beherbergen, aber es handelte sich um großkalibrige Kriminelle wie die ehemalige Praefecta Misera, die eine Strafgaleere befehligt hatte, die zum Umerziehungslager Disciplina auf der Insel Antipodes unter dem Regina-Regime gehört hatte. Nur Lebenslängliche wurden hier verwahrt und Verhören unterzogen. Das Gros verurteilter Verbrecher übernahm die IPPC (Interplanetary Private Prison Corporation), eine private Gefängniskette, die an diversen Standorten ihre Anstalten betrieb, jedoch saßen keine politischen Gefangenen dort ein.
Violetta war gerade auf dem Weg von der Andockrampe zum Kontrollzentrum des Komplexes. „Ich melde mich später noch mal, Baby.“ Dann riss die Verbindung ab. Violetta übertrat in dem schmalen Flur eine Lichtschiene, die rot flimmerte. Der Sicherheitsscan gab einen kurzen Audioton von sich, und die Pilotin erreichte eine Tür, über der ein rotes Signal leuchtete. Zwei Wandkameras hatten sie im Blick und scannten sicherlich gerade ihre biometrischen Daten. Auf der stabilen Eingangspaneele leuchtete gleichzeitig ein rotes Dreieck auf. Dann erklang ein kurzer Ton, und das Dreieck mutierte zu einem grünen Kreis. Violetta näherte sich der Paneele, die sich nun zur Seite schob. Die Pilotin wusste nicht, aus welchem Material sie bestand, aber sie war circa zehn Zentimeter dick und wies mehrere stabile Bolzen auf – eine Tür wie für eine Bunkeranlage. Kein Wunder - sie war ja auch in einem Hochsicherheitsbereich.
Ein kurzer Korridor endete schon wieder vor einer Tür, doch die öffnete sich automatisch, und Violetta trat vor den Empfang, wo sie ein Pförtner empfing, der hinter einer Kraftfeldscheibe saß. Die Pilotin zeigte ihm ihr Doku-Pad. Der Mann scannte es ab und sendete einen Bestätigungscode. Violetta erfragte, wie lange die Löschung der Fracht dauern würde. Der Mann starrte sie einen Sekundenbruchteil zu lange an, bevor er antwortete. „Die Löschung ist abgeschlossen in 00:56:25 Stunden. Möchten Sie in der Cafeteria warten?“ Violetta erkannte, dass sie es mit einem Androiden zu tun hatte. Sie nickte. Daraufhin zeigte dieser nach links zu einem Aufzug.
Violetta näherte sich den Türen, die sich automatisch öffneten. Sie betrat die Kabine, die Türen schlossen sich, und der Lift setzte sich in Bewegung. Ein Eingabefeld gab es nirgends. Der Fahrstuhl wurde extern gesteuert. Acht Sekunden später öffnete sich der Ausgang. Violetta trat in einen Raum mit künstlichen Pflanzen, Tischen und gepolsterten Stühlen, einer ockerfarbenen Wand und modernen Leuchten an der Decke. Sie setzte sich an einen Tisch und tippte auf das Display der Platte, woraufhin ein Hologramm mit der Speisekarte erschien. Violetta wählte eine kleine Mahlzeit und ein Getränk aus.
Einige Augenblicke später hörte sie hinter sich eine sympathische Stimme. „Darf ich?‟ Die Pilotin schaute über ihre Schulter. „Stellen sie alles hin. Danke.‟ Doch dann bemerkte sie ihren Fauxpas: Der junge Mann trug keine Kellneruniform, sondern war offensichtlich ein hochrangiger Militärangehöriger. Sie erkannte das Abzeichen eines Lieutenant Commanders. Beinahe wäre Violetta reflexartig aufgestanden und hätte salutiert, aber sie war nun eine zivile Pilotin eines Konzerns. Der Unbekannte lächelte sie freundlich an. Violetta fühlte ein wohliges Kribbeln auf der Haut. So viel Charme, diese männlichen Gesichtszüge, diese wunderschönen Augen, diese attraktive Stimme...
Violetta stammelte beinahe. „Ich... Ja...Bitte. Setzen Sie sich doch. Wir sind hier wohl allein.‟ Sie fühlte Wärme in ihrem Gesicht. „Ich... warte auf mein Essen. Also... Haben sie auch was bestellt? Also... Essen?‟ Der Lieutenant Commander lächelte immer noch und verunsicherte sie mehr und mehr. Violetta wusste nicht, warum sie so unsicher war. Und sie ärgerte sich darüber. Doch umso deutlicher wurde ihre Verlegenheit. Sie vermutete, dass sie schon rote Flecken am Hals bekommen hatte vor Aufregung. Der Besucher nahm ihr gegenüber Platz und stellte sich vor. „Ich bin Lieutenant Commander Michael F. Johnson. Aber nennen Sie mich gern Michael.‟ Violetta machte schnell den Mund zu, als sie merkte, dass er offen stand. „Vilo...Violetta. Ich bin Pilotin von Prospect Enterprises. Ich habe Nahrungsrationen für die Haftanstalt geliefert.‟ Johnson sah sie mit erhobener Augenbraue an. „Na, hoffentlich haben die hier in der Kantine was anderes. Nichts gegen die Produkte von PE, aber bekanntlich bekommen die Gefangenen relativ einfache Kost.‟ Violetta kicherte wie ein junges Mädchen, was ihr sofort danach peinlich war. „Ja, das stimmt. Schauen Sie ruhig mal in die Speisekarte. Liest sich ganz gut.‟
Der Mann widmete sich der empfohlenen Lektüre, und plötzlich klingelte Violettas Multicom: Animus kündigte eine Verbindung an. Violetta klickte ihn weg. Sie lächelte Johnson an, als habe er sie bei etwas Unsittlichem ertappt. Die folgende Stille war ihr unangenehm, und daher stellte sie eine Frage, nach dem Ersten, was ihr einfiel: „Wofür steht das F in Michael F. Johnson?‟ Ihr Gegenüber hatte seine Bestellung bestätigt und das Hologramm deaktiviert. Er sah der Frau tief in die Augen. „Das verrate ich eigentlich nicht schon beim ersten Date.‟ Jetzt fiel Violetta wieder die Kinnlade hinab.
Auf Colonia Agricultura rieb sich Khan, der Leiter einer Max-Plantage, die Hände. Das Geheimprojekt zur Versklavung der Corium Bestia stand kurz vor dem Abschluss. Es war nun nicht mehr nötig, jeden einzelnen Wanderarbeiter zu impfen. Stattdessen hatte das Labor einen geruchslosen Wirkstoff in Aerosolform entwickelt, der lediglich eingeatmet werden musste und ausschließlich bei CB wirkte, so dass Menschen und andere Lebensformen nicht infiziert würden. Khan hatte vorgeschlagen, die Substanz auf der Plantage großflächig zu versprühen, aber der neue Laborleiter hatte eine bessere Idee: Es reichte, wenn an den Eingängen der Arbeiter entsprechende Düsen angebracht wurden. Innerhalb von zwei bis drei Tagen hätten sie 100 Prozent der CB unter Kontrolle gebracht, und die Nanomaschinen konnten die Infizierten wie Zombies steuern.
Khan schwelgte schon in Allmachtsfantasien. Die CB würden ein erhöhtes Tagessoll erreichen müssen, sonst würde ihnen die Nahrung gestrichen. Ja, das würde sie motivieren, freute er sich diabolisch. Und den Mindestlohn, den sie bisher erhalten hatten, würde er selbstredend auch nicht zahlen. Kost und Logis war ausreichend für diese primitiven Hünen. Wenn er erst mal die besten Geschäftszahlen des Planeten vorlegen würde, hätte der Konzernvorstand sicherlich auch keine kritischen Nachfragen mehr, wie er das absolvierte. Zufrieden setzte er sich seine verspiegelte Sonnenbrille auf und ging zu einem kleinen Rotor-Vehikel, das an seinen Balkon angedockt hatte, und steuerte das Fluggefährt über die endlos scheinenden Reihen von Gen-Plants bis zu einem weiteren Gebäudekomplex, der samt gewaltiger Silos in den Himmel ragte.
Es handelte sich um die Algengranulat-Produktion. Hier waren nur wenige Corium Bestia im Einsatz, da fast der gesamte Vorgang automatisiert war. Die Schnittstellen mit ihren Computerstationen bedienten qualifizierte Personen, ausschließlich Menschen von Pax Novo und Beta Patria. Trotzdem wollte Khan hier ebenfalls den Profit steigern. Die Gehälter mussten angepasst werden. Dadurch würde die Arbeit zwar weniger attraktiv erscheinen, aber es gab genug Spezialisten, die den Job machen würden, falls welche abspringen sollten. Außerdem hatte Khan vor, das Grundgehalt zwar zu verringern, aber opulente Boni auszuzahlen, wenn die Gewinne stiegen. Neben einem 20 Meter hohen Glaszylinder mit einer Algenpopulation landete er das Rotor-Vehikel und stieg aus. Im Freien knallte die Sonne kräftig, und seine Thermometer an seinem Multifunktionsarmband zeigte 36 Grad Celsius an. Khan beeilte sich, um in das klimatisierte Gebäude zu gelangen. Im Teamraum erwarteten ihn bereits die 14 Mitarbeiter und der Leiter der Anlage.
Derweil versuchte Goran seinen Freund zu erreichen. Normalerweise kam Truncus nach der Schicht zu Gorans Quartier, aber er hatte sich schon mehrere Tage nicht sehen lassen. Goran besuchte den Corium Bestia, aber der Eingang zu dessen Raum blieb verschlossen. Wo war sein Kumpel denn nur hin? War er beleidigt, weil er ihn in eine Castitasschelle geschlossen hatte? Nach weiteren zwei Tagen machte er sich große Sorgen und passte Truncus morgens früh vor der Schicht ab. Dessen Tür öffnete sich auch wie erwartet, und Goran wollte ihn gerade ansprechen, da sah er die trüben Augen. „Truncus, was ist los? Bist du krank? Warum meldest du dich nicht mal?“ Der CB beachtete ihn gar nicht und marschierte mit langen Beinen davon. Goran eilte im Gang hinterher. „Verdammt, Truncus! Was ist denn los? Wegen der Castitasschelle?“ Truncus drehte sich langsam und behäbig zu ihm um und schien durch ihn hindurchzusehen. Seine tiefe Stimme war schleppend, wie benebelt. „Habe keine Zeit. Muss Arbeit.“ Er drehte sich wieder um und stapfte weiter. Goran rief hinterher, was los sei, aber er erhielt keine Antwort.
Kopfschüttelnd kehrte er in seine Unterkunft zurück. Truncus hatte sich sehr verändert. Von heute auf morgen. Was war nur mit ihm los? Es konnte nicht nur die Castitasschelle sein, sonst hätte er das erwähnt. Und noch etwas war Goran aufgefallen: Sämtliche Corium Bestia waren irgendwie verändert. Die Arbeiter kamen und gingen zu ihrer Arbeit in den Pflanzungen seltsam synchron, emotionslos und hatten einen leeren Blick. Nun, Corium Bestias hatten von Natur einen etwas dümmlichen Blick – zumindest für Menschenverhältnisse -, diese toten Augen aber machten Goran Angst. Irgendwas ging hier vor.
Goran schaltete den Newsfeed in seinem Quartier ein und informierte sich über die aktuelle politische Lage. Die Armada des Alpha Dominions war weiterhin verschwunden; teils gewalttätige Demonstrationen beherrschten die Städte auf Beta Patria; die Regimekönigin Regina II. verschanzte sich immer noch in ihrem Palast mit einigen ihrer Spießgesellinnen; die Flüchtlingsströme von Regina rissen nicht ab, und der Hohe Rat hatte eine Einreisesperre verhängt – nur auf einem Planeten des Nachbarsystems wurden in gigantischen Wohnanlagen aus Containermodulen die Massen an Individuen geduldet. Der politische Druck auf Beta Patria war einfach zu groß geworden. Die Kapazitäten waren voll ausgelastet. Doch auf dem „neuen“ Planeten fehlte es an vielem, und vor allem die bis zu 50 Grad Celsius in der Mittagszeit machte den meisten Personen zu schaffen. Goran seufzte und schaltete ab.
Derweil marschierte eine Truppe Corium Bestia vom Plantagenfeld in ein kreisförmiges Gebäude mit Runddach, wo der Duschraum untergebracht war. Die Arbeiter zogen sich ihre grobe Bekleidung aus und stellten sich der Reihe nach auf an eine gekachelte Wand. Die Brausedüsen aus der Decke spritzten eine Flüssigkeit aus Wasser, Tensiden, Glycerin und beigefügter Lauge. Menschliche Haut würde die Stoffe in ihrer Zusammensetzung nicht gut vertragen, aber den lederhäutigen CB machte der „Waschgang“ nichts aus. An der Wand hingen Schwämme und Bürsten, die die Arbeiter nutzen konnten, um sich den Dreck vom Feld abzuwischen.
Die Aufsichtsperson, ein 28jähriger Humanoid, runzelte die Stirn, als er den fünften CB von rechts bemerkte: Was war das in dessen Schritt? Der Mann aktivierte ein holografisches Fernglas und zoomte den Bereich heran: Er erkannte den Fremdkörper als Castitasschelle, wie sie in der Regina-Diktatur üblich war. Wieso trug der Arbeiter so eine CS? Der Angestellte kontaktierte seinen Vorgesetzten, der wiederum Mr. Khan informierte. Der Plantagenleiter trat vor die verspiegelte Scheibe, die den Duschsaal von einem Nebenraum trennte. „Separiert dieses Subjekt und verhört es. Ich will wissen, woher der die Castitasschelle hat.‟
15 Minuten später stand Truncus allein vor einer Wand, von vier LED-Flutern geblendet. Der Hüne kniff die Augen zusammen und wirkte unruhig und ängstlich. So recht wusste er nicht, was los war. Die Männer hatten ihn über die Castitasschelle ausgefragt, bis er von Goran berichtet hatte. Unter normalen Umständen wäre der Corium Bestia in Panik geraten, aber eine dumpfe Gleichgültigkeit hatte sich über seinen primitiven Geist gelegt. Die Nanomaschinen in ihm sorgten nur dafür, dass er die Wahrheit sagte, aber sie nahmen ihm auch die Angst vor Konsequenzen.
24 Minuten später öffnete sich Gorans Unterkunft, obwohl er den Eingang stets elektronisch verriegelt hatte. Vier Personen erschienen und forderten ihn auf, mitzukommen. Das Quartett legte ihm Handschellen auf dem Rücken an und zog ihn eilig mit sich fort. Mr. Khan erhielt an seiner Workstation die Info, dass der Arbeiter nun festgenommen worden war. Doch da hatte Mr. Khan einen Geistesblitz. Er hob einen Finger. „Dieser Arbeiter hat gegen Bestimmungen verstoßen und sich mit einem CB befreundet. Das muss selbstredend sanktioniert werden. Der nächste Monatslohn wird halbiert, und er arbeitet eine Extraschicht zusätzlich. Kein Kontakt mehr zu diesem oder irgendeinem anderen CB. Aber... lasst ihn wieder laufen. Er hat mich auf eine grandiose Idee gebracht.‟ Der Sicherheitsmann der Plantage nickte ein wenig verständnislos.
Mr. Khan aktivierte einen Videocall mit dem Leiter der Technikabteilung. „Wäre es möglich, solche Castitasschellen - passend für CB - in größerer Anzahl herzustellen?‟ Der Mann schlug vor, sie einfach über Beta Patria oder einem transstellaren Dealer oder Fabrikanten zu erwerben, aber Mr. Khan unterbrach ihn zornig. „Nein! Eben nicht. Ich will das nicht an die große Glocke hängen.‟ Der Techniker runzelte die Stirn. „Nun, unsere 3-D-Drucker dürften das auch können.‟ Ein großes Fragezeichen zeigte sich in seinem Gesicht. Wozu wollte der Boss die CB in Castitasschellen stecken? Aber Mr. Khan hatte nicht vor, eine Erklärung abzugeben. „Dann produzieren Sie! Das hat Priorität. Fragen sie in der Personalleitung nach, wie viele Sie benötigen.‟ Dann deaktivierte Khan die Verbindung.
Warum war er nicht schon viel früher auf diese Idee gekommen?! Corium Bestia waren bekannt für ihre hohe Libido, begründet durch den hohen Testosteronwert dieser Lebensform. Doch statt ihre Energie mit unnützen Sexaktivitäten zu stecken, würden die keusch gehaltenen Arbeiter ein höheres Tagessoll erfüllen können. Bisher wäre so ein Plan vermutlich am Widerwillen der Betroffenen gescheitert, aber unter dem Einfluss der Nanoroboter wird das kein Problem sein, glaubte Khan zufrieden und lehnte sich auf seinem prächtigen Bürostuhl zurück. Es erregte ihn insgeheim, dass er so große Macht über diese groben Wesen hatte. Er war der Gott auf seiner Plantage! Khan spürte, wie sich eine Erektion gegen die Innenseite seiner Hose bäumte.
Viele Sol-Systeme entfernt lag der Planet Atra Mundo am Rand der Vereinigten Allianz. Die zweitgrößte Stadt, Urbs Novum, bestand im Zentrum aus gigantischen Wohnhabitaten. In einem von ihnen befand sich im 99. Level der „Club 99“. Die Madame und Inhaberin des bizarren Etablissements hieß Marina und stammte aus ärmlichen Verhältnissen in den Slums. Während in einigen Sektoren der VA Sexdienste mit Lebensformen verboten oder stark eingeschränkt waren, galt das nicht für Atra Mundo. Der von kriminellen Kartellen beherrschte Planet verfügte aufgrund eines Embargos nur über veraltete Technologie und daher auch kaum über moderne Androiden, die normalerweise in den meisten Bordellen eingesetzt wurden. Bei Madame Marina bekam der Gast noch echte Huren. Allerdings war der Club in erster Linie ein exklusives Dominastudio für solvente Mitglieder.
Eine von Marinas Spezialitäten waren Hypnose-Sessions, ganz auf den Fetisch des Gastes zugeschnitten. Das Etablissement hatte sie zu einer vermögenden Frau gemacht, die ihren Einfluss nutzte, um den armen Bewohnern der Slums zu helfen. Das tat sie im Geheimen, denn es hätte nicht gut zu ihrem harten Image als Domina gepasst. Marina hatte von neuer Technologie in der VA gehört, die über Hypnose oder VR-Brillen weit hinausging und sich „Holoraum“ nannte. Doch auch mit ihren Optionen bot sie den Kunden, meist ranghohe Mitglieder der Noxius-Bruderschaft, das volle Programm aus Lust und Schmerz jenseits so mancher Vorstellungskraft.
Hin und wieder bevorzugte ein Gast auch die gute alte Züchtigung, die Marina am liebsten mit einem 95 Zentimeter langen Rohrstock aus Technopolymeren mit einem Carbonfaseranteil austeilte. - Heute hatte die Domina einen besonderen Gast: Pardus war ein Noxiusbruder der höchsten Ebene und war gefürchtet vor allem für seine kleine Armee aus Killern. Nach außen wirkte er extrovertiert, trug opulenten Schmuck, extravagante Kleidung und umgab sich mit Konkubinen. Er liebte das Luxusleben und hasste Widerworte. Doch ein tiefes Geheimnis kannten nur sehr wenige Vertrauenspersonen: Pardus zog es hin und wieder in den Club 99.
Madame Marina schickte ihn per Hypnose zu einem Tentakelmonster, das ihn einwickelte und vorn wie hinten penetrierte. Tiefer und tiefer bohrten beziehungsweise krochen die Fangarme in ihn hinein, pumpten sich auf und suchten sich ihren gnadenlosen Weg in den Körper ihres Opfers. Der Gast stöhnte und quiekte in seinem Dämmerzustand aus Lust, Qual und Demütigung. Marina brachte ihn mit ihrer einlullenden Stimme immer tiefer in ein Fantasieszenarium, die den Syndikatsboss an seine Grenzen brachte. Insgeheim genoss Marina die Behandlung gar nicht mal so sehr aus einem natürlichen Sadismus, sondern vor allem, weil sie als hilflose Slumbewohnerin viele Jahre unter dem Kartell gelitten hatte und nun Macht über die Kriminellen hatte. Allein diese Session würde so viel Dilithiumeinheiten einbringen, so dass Marina ihr Auskommen hatte und etwa die Hälfte davon an Hilfsorganisatoren weiterleiten konnte, die in den Slums für Nahrung, Medikamente und Kleidung sorgten.
Pardus lag auf einer Art Liegestuhl, war verkabelt und trug eine VR-Brille. Am liebsten hätte Marina diesen Dreckskerl physisch gequält. Aber er hatte die Deep-Hypno-Session gebucht. Vielleicht konnte sie ihn mal zu einer realen Züchtigung überreden. Vielleicht beim nächsten Mal...
Als sie die Sitzung beendete, war Pardus schweißgebadet. Die Rückenlehne fuhr in die fast vertikale Position. Der Mann riss sich förmlich die Brille weg und atmete schwer. Fast panisch sah er sich um und begriff, wo er war. Die Domina saß auf einer Art Thron, hatte die Beine in ihrem Latexsuit übereinandergeschlagen und fixierte den Gast mit ihren Augen. Pardus zog sich die Kontrollelektroden ab und stand auf. Er räusperte sich. „Vielen Dank, Madame Marina. Es war... extrem intensiv.“ Kein Wunder, nach dem Upgrade, dachte die Domina und wünschte ihm einen guten Heimflug.
Pardus betrat den Aufzug, den einzigen Zugang zum Club, und fuhr damit zum Flugdeck des Habitats, wo sein privater Gleiter parkte. „Zu meinem Hotel“, murrte er dem Piloten zu. Pardus ging in den hinteren Aufenthaltsbereich des Vehikels und lümmelte sich auf eine gepolsterte Chaiselongue zu einer erotischen jungen Dame in Reizwäsche, die ihn zu streicheln begann und ihm ein eisgekühltes Glas mit einem edlen Sekt aus einem fernen Sol-System, seiner Lieblingsmarke, die nur über inoffizielle Wege für viel Dilithium nach Atra Mundo fand. Er nippte und goss der Sexbombe den Rest in den Ausschnitt, vergrub dann sein Gesicht darin und grunzte vergnügt, während die junge Lady affektiert kicherte und mit ihrem überlangen falschen Wimpern klimperte. Pardus kniff ihr in die Brust und leckte über den steifen Nippel. Der Gespielin gefiel das nicht, aber sie lächelte ihn verführerisch an und bäumte sich scheinbar lustvoll ihm entgegen.
Marina hatte ihren Verbindungsmann in einem der Slums kontaktiert. Die humanitären Unterstützer mussten im Untergrund arbeiten, denn sie wurden von der Noxiusbruderschaft nicht toleriert. Außerdem hätten sie Schutzgeld oder eine ominöse Steuer entrichten müssen, wären sie aufgeflogen. Noch wahrscheinlicher aber war, dass die Helfer nach einem korrupten Schnellverfahren im Gefängnis landeten. Auf der alten Orbitalstation Spes 4 befanden sich bereits etliche unvorsichtige Personen und würden dort wohl auch bis an ihr Lebensende verbleiben. Die wenigstens der Insassen waren Kriminelle. Oft schob das Kartell willkürlich opponierende Personen dorthin ab, wenn ein klassischer Mord auf dem Planeten zu viel Aufsehen erregen würde.
Mit den von Marina zur Verfügung gestellten Mitteln konnte an einigen Orten der Slums Gutes getan werden, doch blieb das sprichwörtlich ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Arbeiter, die wie Sklaven in Fabriken und Minen für einen Hungerlohn schuften mussten, wurden noch von der Noxiusbruderschaft in den Slums drangsaliert. Zudem gab es aufgrund der Armut viele Überfälle. Vereinzelt lebten auch Corium Bestia in den einfachen Unterkünften. Mit denen legten sich Menschen lieber nicht an. Die zwei Meter großen und 150 kg schweren Kolosse waren zwar nicht gerade intelligent, aber prügeln konnten sie und taten es oft.
Marinas Kontaktmann lieferte gerade eine Box mit diversen Medikamenten für eine Untergrundklinik, da schlugen sich vor ihm in der engen Gasse zwei der Biester. Es war ein wildes Gerangel wie eine Melange aus Wrestling, Boxen und Ringen. Dabei waren bereits mehrere Hüttenwände eingeknickt worden. Der Mann suchte nach einer Umleitung um die beiden Raufbolde herum und fand einen noch engeren Pfad zwischen mehreren armseligen Behausungen. Seine Stiefel versanken dabei in schwarzer Brühe zweifelhafter Herkunft.
Endlich hatte er die tollwütigen Kämpfer umrundet und brachte sein Paket zum Eingang der Mediziner. Eine Frau in einem schmutzigen weißen Kittel nahm es dankbar entgegen, schaute links und rechts und schloss schnell die Tür wieder. Der Mann ging seinen Weg nun in umgekehrter Richtung zurück und sah am Kampfplatz nur einen von den Ungetümen auf dem Rücken liegen. Der andere war verschwunden. Doch plötzlich packte den Mann von hinten eine kräftige und große Pranke an der Schulter. Eine tiefe Stimme brummte. „Geben dein Dilithium her!“ Marinas Verbindungsmann drehte sich wirbelnd um und hob blitzschnell seinen Fuß zu einem Tritt ins Gemächt des Corium Bestia. Der grunzte laut auf und hielt sich den Schritt, brach auf die Knie und schaute hinab zu seinem schmerzenden Unterleib. Dann brüllte er wild auf und sprang auf die Füße, doch wo war der Angreifer hin? Der Humanoid war weg. Zornig brüllte der CB seinen Frust heraus und boxte seine Faust durch eine Wellblechplexiglaswand, die zersplitterte, als hätte ein Eisenmeteorit sie getroffen.
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Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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