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  Das Reich der Megara (Neuauflage)
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prallbeutel Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:20.11.21 13:03 IP: gespeichert Moderator melden


Nachdem die Duxa unter einer respektvollen Verbeugung gegangen war, zog sich Helena in ihr Harem zurück. Ein wenig Mitleid hatte sie schon mit Aphron, dem Liebessklaven, den sie von Ceres „geerbt“ hatte. Denn sie hatte beschlossen, ihn für immer verschlossen zu halten. Sie erinnerte sich nicht mehr, ob sie dazu einen festen Grund gehabt hatte. Freilich war es einfach aus einer willkürlichen Lust heraus so entschieden worden.

Mitunter spielte sie andächtig mit den schweren Bällen, die aus dem Keuschheitsgürtel heraushingen wie zwei Perlhuhneier in einem Seidensäckchen. Bildete sie es sich nur ein, oder wurden sie immer größer? Sie ließ sich von Aphron ausgiebig alle Glieder mit einer erklecklichen Menge warmem Öl einreiben und massieren. Anschließend entspannte sie noch eine Weile in einem wonniglichen Dampfbad und zog sich schließlich zur Nacht mit einem anderen Lustsklaven zurück ins Schlafgemach, um für ein besonders süßes Betthupferl zu sorgen.

Erst als sie den Leibeigenen wieder in seinen Keuschheitsgürtel verschlossen und ihn zurück ins Harem geschickt hatte, fiel ihr ein, in welch Gefahr sie geschwebt hatte. Der Sklave hätte sie mit Seil oder Schal erdrosseln oder mit einem Kissen ersticken können! Ein gallebitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus, als sie sich ausmalte, wie sie dem Tod von der Schippe gesprungen war. Helena eilte zu dem schweren Holzbalken und verriegelte ihre Kammer. Außer Atem und mit flatterndem Herzen lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Tür. Heute würde ihr niemand den Garaus machen.

Einige Momente später hing sie in ihrem großen Himmelbett düsteren Gedanken nach. Was war, wenn Fama sich beispielsweise mit Cassandra paktierte und einen Kriegszug gegen sie führte?, grämte sie sich. Ihr Stadtstaat verfügte zwar über eine gewaltige Verteidigungsmauer, aber vor allem eine langwierige Belagerung würde Helenas Reich nicht überleben können. Die wankelmütige Regentin grübelte und zog in Betracht ebenfalls eine Allianz zu bilden. Vielleicht mit Ledanien an der Westküste.

Doch sie hatte davon gehört, dass Mann und Weib dort gleichberechtigt waren. Männer in vollem Wichs und mit eigenem Willen! Eine bizarre Vorstellung! Ihre Nasenflügel bebten. Was kam als nächstes? Gleichgestellte Stachelschweine? Nein, es wäre ein Affront ihrer Gesellschaft gegenüber gewesen, mit solch niederen Kultur ein Bündnis zu schließen. Ein Nachtmahr schlich sich in ihren Schlaf und sorgte für unruhige und leidvolle Stunden, in denen sich die Potentatin in ihren Laken und her wälzte, verloren im Dunkel, das Niedergang und Dekadenz versprach.

Am nächsten Morgen begab sich Helena auf eine mächtige Veranda des Palastes, um unter einem weißen Sonnensegel zu frühstücken. Eine Bö ließ Kirschblüten über den Platz an ihr vorbeifliegen. Der gigantische Bau bot so viel Raum, dass sich Helena oft verloren glaubte wie die vom Wind geraubten Blumen. Wie hatte Megara sich hier nur wohl fühlen können? Das Ausmaß und die Größe erweckten in ihr eine Art Schwäche und Ohnmacht.

Helena nahm ein paar Häppchen delikater Köstlichkeiten zu sich und tupfte anschließend ihren Mund mit einer blütenweißen Serviette ab. Sie schritt zum Geländer der Veranda und schaute auf einen weitläufigen Lustgarten, der neben zierlichen Springbrunnen und kunstvoll verstümmelten Büschen, kleinen mit Mosaiken gepflasterten Plätzen und Pavillons auch aus einem Irrgarten aus einem hohen Heckenlabyrinth bestand.

Früher hatte sie von einer höher gelegenen Balustrade aus lustige Spiele der Hofdamen beobachtet. Zum Beispiel war ein Sklave in den Irrgarten geschickt und von mehreren Fräuleins „gejagt“ worden. Wer den Leibeigenen fand, durfte ihn für eine Nacht der Minne bekommen und anschließend seine Verschlusszeit bestimmen. Schaffte es der Sklave jedoch bis zum Mittelpunkt des Irrgartens, nahm er dort den Schlüssel seines Keuschheitsgürtels an sich und suchte dann den Ausgang. Erreichte er diesen, bevor ihn ein Fräulein fand, entschied das Los, bei welcher Dame er sein Nachtlager aufschlug, und der Sklave selbst durfte den Keuschheitsgürtel für eine Woche ablegen.

Aber solche gesellschaftlichen Vergnügungen waren aus der Mode gekommen. Auch die öffentliche Zurschaustellung von Lustsklaven in ihren schweren Streckgewichten an ihrer Männlichkeit war verpönt. Solche Gepflogenheiten waren dafür mittlerweile im weit entfernten Osten im Reich von Fama der letzte Schrei. Je ausgefallener das Schmuckstück zwischen den Beinen des Leibeigenen, desto besser. Je schwieriger und umständlicher er sich damit bewegen musste, desto mehr Anerkennung erhielt die Besitzerin für den Firlefanz. Sei hart mit deinem Eigentum, hieß die neueste Devise dort. Helena dagegen sehnte sich nach Geborgenheit und Liebe. Wahrer Liebe. Nicht purer Begierde nach einem Lustsklaven.

Die Königin machte sich Gedanken über die Zukunft. Wer sollte ihren Stadtstaat führen, wenn sie einmal nicht mehr war? Sollte sie sich einen Gemahl nehmen? Doch war das vorstellbar? Ihr kleines Reich war für seine liberalen Ansätze den Mannsbildern gegenüber und Fingerspitzengefühl bekannt, doch es blieb eine Frauenvorherrschaft. Und wenn sie eine Allianz mit Ledanien anstrebte, um sich vor einem möglichen Kriegszug einer vereinten Kraft aus Fama und Cassandra zu stärken, so würde Königin Leda gewisslich nur darauf eingehen, wenn die Rechte der Männer im Stadtstaat noch ausgebaut würden.

Jedoch war sie vielleicht schon am akzeptierten Limit angekommen. Sollte Helena die Frauenherrschaft gänzlich abschaffen, würde sie einen Putsch durch die Senatorinnen und die Duxas riskieren – oder gar einen Aufstand des Volkes! Eine Zwickmühle! Helena seufzte tief. In ihrer Verzweiflung war ihr sogar einmal der Gedanke gekommen, abzudanken und im westlichen Ledanien ins Exil zu flüchten. Sie hatte schließlich schon einige Male die Fronten gewechselt. Aber war es das, was sie wollte? Bestenfalls würde sie dort als Duxa leben. Es würde keine Sklaven geben. Für Liebesdienste würde sie zahlen müssen. Sie hätte alle Macht verloren. Mit so einem erbärmlichen Leben fürliebnehmen? Nein, das kam nicht in Frage.

Vielleicht sollte sie eine loyale und verschwiegene Duxa nach Ledanien schicken, um einen Kontrakt auszuhandeln: ein gleichrangiges Bündnis und dafür Zugeständnisse bei den Rechten für Männer. Worauf würde sich Königin Leda einlassen? Interessierte sie überhaupt, was in der ehemaligen Hauptstadt der Megara geschah? Helena sinnierte vor sich hin. Wenn der Stadtstaat fiel, so war es nur eine Frage der Zeit, bis die östlichen Mächte vor den Toren Ledaniens ständen - also musste Leda ein Interesse daran haben, dass Helenas Reich als Bollwerk weiterhin existierte.

Helena fasste einen weitreichenden Entschluss und ließ nach einer verschwiegenen Duxa rufen, die sie in die geheimen Pläne einweihen konnte. Die Uniformierte lauschte ihrer Majestät und nahm ein versiegeltes Pergament entgegen, steckte es in ihren mit zahlreichen Nieten besetzten Waffenrock und bereitete alles für ihren Auftrag vor. Noch an diesem Tage ritt sie mit einer bewaffneten Eskorte Richtung Westen, die Sonne im Rücken.

Helena begab sich in den großen Lustgarten und genoss die zwitschernden Vögel, das Plätschern der Brunnen und die kitzelnde Strahlen vom Himmel. Einige Dienstboten sensten den kurzen, tiefgrünen Rasen, der ständig von Arbeitern gewässert werden musste, um nicht auszudörren. Helenas leichter Kleiderstoff bewegte sich bei einer der seltenen Windböen. Sie genoss die erfrischende Luft auf ihrer samtenen Haut. Ein Kribbeln durchfuhr ihren Leib. Schmunzelnd musste sie sich eingestehen, dass sie am liebsten in ihr Harem geschritten wäre und sich ihrer Lust hingegeben hätte.

Doch zunächst waren noch Amtsgeschäfte zu erledigen. Ihr fiel Aphron ein. Der Liebessklave, der nie wieder aufgeschlossen werden sollte. Helena stutzte bei diesem Gedanken. Warum hatte sie ihm noch gleich Keuschheit aufgetragen? Sie konnte es sich jederzeit anders überlegen, aber bei all ihrer Liberalität den Mannsbildern gegenüber, befriedigte Aphron ihre dunkle Seite. Sie seufzte. War das nicht ungerecht und grausam? Die Machthaberin zuckte mit ihren zarten Schultern. Auf jeden Fall war es sehr erregend. Und sie wollte ihren Sklaven nicht verhätscheln.

Helena durchfuhr ein heißes Verlangen bei ihren Gedanken. Warum nur war Aphrons Zunge zwischen ihren Schenkeln so viel erregender als die eines anderen Sklaven? Bildete sie es sich nur ein, weil ihr dabei Aphrons ewige Keuschheit bewusst war? Sie nahm sich vor, nach ihren Amtsgesprächen in ihr Harem zu eilen und forsch Aphron zwischen ihre Schenkel zu weisen und nach der Antwort auf diese Frage zu forschen. Eine kleine Ablenkung von der Politik würde ihr guttun.

Im Reich der Cassandra staunte eine Prinzessin mehr und mehr über die gewaltigen Bauwerke. Aurora hatte nach all den imposanten Prachtbauten im Reich der Cassandra zwar mit einem pompösen Palast der Herrscherin gerechnet; aber dieses fulminante… dieses grandiose… dieses unbeschreiblich überwältigende… Aurora fand keine Worte, die diesem gewaltigen Palais mit seinen Türmen, Emporen, Säulen und Kuppeln auch nur annähernd gerecht geworden wären.

Das Schloss der Cassandra war so außergewöhnlich prunkvoll und Ehrfurcht gebietend, dass die sonst so blasierte Tochter der Fama fast ein wenig pikiert war, als ihr klar wurde, dass der heimische Palast in der Metropole sich gegen Cassandras Heim wie ein bescheidenes Hüttchen darstellte. „Dieses Ungetüm von Pomp und Glanz wird wohl nur von Megaras Festung übertroffen“, flüsterte sie hochachtungsvoll vor sich hin. Schon von Weitem war der Palast groß erschienen, aber je näher sie kamen, desto mehr betete sie ihn an wie einen Tempel einer Gottheit.

Die Kutsche hielt auf einem breiten Marmorplatz, der so glänzend sauber war, dass die Sonne darauf ihre Strahlen blendend reflektierte und Aurora sich als Sichtschutz ein Händchen vor die Augen halten musste, als sich die Tür der Kabine ihres Gefährtes öffnete. Nun war sie also da, am Ziel ihrer Reise. Ein livrierter Dienstbote kniete vor dem Trittbrett der Kutsche. Weitere Dienstboten in ihrer Arbeitskluft kümmerten sich um Auroras Eskorte. Für die oberste Gardistin und Aurora stand eine Sänfte bereit.

Die Prinzessin stellte zufrieden fest, dass der großzügig bemessene Tragesessel für zwei Personen mehr als genug Platz bot. Der rote Samtbezug, der über die bequemen Polsterkissen gespannt war, versprach eine angenehme Position. Ein Dach spendete Schatten. Das Gestell war über und über mit Blattgold veredelt. So etwas wollte sie auch zu Hause haben. Sie würde täglich damit kurzweilige Ausflüge unternehmen und sich in den Kissen rekeln.

Aurora und ihre Begleiterin setzten sich. Sanft hob sich die Sänfte durch die Kraft von acht Sklaven. Schmunzelnd begutachtete die Prinzessin die muskulösen Leiber, die von Hitze und Kraftanstrengung glänzten. Und besonders die knackigen Hinterbacken hatten es ihr angetan: kräftig, drahtig, rund und poliert wie Halbkugeln. „Interessante Mode“, wandte sie sich zu ihrer Nachbarin mit einem schalkhaften Lächeln. Die oberste Gardistin nickte respektvoll.

Die Sklaven trugen eine Art Dienstuniform: kurze, weiße Weste, dazu ein weißes Halstuch, schwarze, hohe Stiefel mit derber, dicker Sohle, weiße Handschuhe, ein weißes Tuchband um die Oberschenkel und Oberarme sowie ein schwarzes Ledergeschirr um Taille und Brust unter der Weste. Das leise Klingeln beim Laufen stammte von zwei Schellen, die jeder der Sklaven um seine Männlichkeit befestigt hatte.

Aurora war begeistert. So etwas sollte Fama in der Metropole auch einführen! Spätestens wenn ich auf dem Thron sitze, prophezeite sie scherzlaunig, wird das Pflicht für alle Sklaven! Sie würden es mit stolz und Freude für ihre geliebte neue Königin tragen. Ein wenig verwundert war die Prinzessin darüber, dass diese Träger kein Keuschheitsgürtel zierte. Vermutlich sind sie trefflich erzogen, überlegte Aurora, und sie legen nicht unerlaubt Hand an sich. Solch unzüchtige Versuchungen des Fleisches geziemten sich nicht für Männer. Sie hatten zwei wichtige Aufgaben im Leben: zu dienen und zu sterben. Zufrieden mit sich selbst lächelte sie hochnäsig.

Im nächsten Moment hatten sie mit der Sänfte schon den Platz überquert und steuerten auf die gewaltige, breite, weiße Treppe aus Marmor zu, die in Dutzenden Stufen zum Palast hinaufführte. Aurora machte sich darauf gefasst, dass sich die Sänfte leicht schräg neigte, doch die Sklaven glichen den Winkel geschickt aus, so dass die Polster während der Besteigung in der Waagerechten verblieben. Sie hörte leises Ächzen und Keuchen.

Die Treppe erhob sich immer weiter über die Stadt. Nur etwa alle zwei Schritte folgte eine Stufe. Der Aufstieg zum Palast wurde so zu einer ordentlichen Wegstrecke. Schließlich verengte sie sich, war allerdings nach Auroras Schätzung immer noch etwa 15 Klafter breit. Links und rechts der Stufen erhoben sich breite Steinpodeste, auf denen jeweils ein riesiger Obelisk in den Himmel ragte, auf denen kunstvolle Steinmetzarbeiten eingraviert waren: Florale Bänder, Flechtwerkmuster und Schleifen wechselten sich mit dem Wappen der Cassandra ab.

Die gewaltige Eingangspforte zu königlichen Palast öffnete sich, nachdem die Sänfte über weitere zwei Dutzend Stufen getragen wurde. Aurora kam aus dem Staunen nicht heraus: Diese Tür war nur der Zugang zum Palast und bildete lediglich eine Art Tor eines Vorbaus. Die Prinzessin schaute nun auf einen großen kreisrunden Platz, der in seinen Ausmaßen des marmorierten Marktes am Beginn der Treppe in nichts nachstand. An den Außenseiten des Kreises bildeten kleine Springbrunnen die Umgrenzung. Vier Wege führten kreuzartig in die Mitte zu einem Steinpodest, dass größer war als so manches bescheidenes Haus in der Metropole.

Aurora reckte ihren Kopf in den Nacken, um mit offenem Mund die feudale Statue zu bewundern, die auf dem Podest in die Höhe schoss: Cassandra hatte sich ein Denkmal gesetzt, das in Kostbarkeit und mannigfaltiger Größe sogar die ehemalige Statue der Megara übertrumpfte. Auf dem Sockel stand auf einer großen Tafel eingemeißelt:

- Thronend über ihr Volk wacht Cassandra göttergleich, erkoren zum Herrschen, frei und mächtig, ruhmreich, strahlt sie über ihr Land. Treu ergeben sind ihr Weib und Mann, Tier und Pflanze, die ihr Leben ihr stolz zu Füßen legen. -

Ganz in Blattgold veredelt glänzte Cassandra erhaben und Ehrfurcht gebietend wie ein Koloss aus den Alten Legenden und überragte in all ihrer Würde und gigantischen Ausmaßen trotzdem den prunkhaften Palast mit seinen hohen Türmen nicht. Die Prinzessin wünschte sich, dass sie eines Tages ein ebenso überwältigendes Ebenbild erschaffen ließ, wenn sie auf dem Thron der Metropole saß. Doch fragte sie sich, ob Cassandra sich dicktuerisch als wahre Gottheit verehren ließ, wie es Megara getan hatte. Doch davon hatte sie bisher nichts vernommen. Oder war sie für die Zeichen blind?

Aurora und ihre Begleiterin stiegen aus und wurden von einer uniformierten Leibgarde Willkommen geheißen und in ihre Quartiere geführt. Die Prinzessin betrachtete die edlen Gemälde an den Wänden, die aufwendigen Schnitzereien an den Möbeln, die teuren Waffen und hochwertigen Stickereien. Sie bewohnte eine Kammer, die eher einer Halle glich. Ein riesiges Himmelbett stand ihr zur Verfügung, edle Möbel, ein großes Fenster mit Buntglas zeigte auf einen hübschen Lustgarten, in dem verschwenderisch kostbares Wasser auf die zahlreichen Hecken und Blumenbeete gegossen wurde.

Die Tochter der Fama drehte sich vergnügte im Kreise, dass sich ihr ausladendes Kleid durch den Luftzug aufwölbte, und fühlte sich wie ein Brausewind. Sie nahm ein Stück Obst aus einer silbernen Schale und biss genussvoll hinein. Aus einer Kanne goss sie sich exquisiten Wein in einen Kelch aus Kristallglas. Sie schmatzte vor Wonne, als sie den wunderbaren Geschmack des Rebensaftes auf ihrer Zunge und dem Gaumen schmeckte. Dieser Wein musste pro Kanne mindestens ein Dutzend Sklavenleiber wert sein, schwärmte sie. Und für wahr: Sie würde gerne ein Dutzend Kreaturen für so ein edles Getränk hingeben.

Nach und nach erforschte sie ihr Gemach und fand in einem großen Schrank eine reiche Auswahl an kostbaren bunten Kleidern. Manche waren mit geschnürter Taille gestaltet, manche aus Brokat, andere aus Seide oder Samt genäht. Ergänzend standen stilvolle Umhänge mit silbernen Fibeln zur Auswahl. Goldfäden durchwirkten den Stoff, der an Kragen und Ärmeln mit Fellen verbrämt war. Waren die etwa für sie bestimmt? Aurora grinste breit. Doch vor einer Anprobe wollte sie ein Bad nehmen, um sich von der anstrengenden Reise zu erfrischen. Sie sah eine Glocke an einem Holzstiel. Ob das die Klingel für einen Dienstboten war? Sie schüttelte sie und wartete.









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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:27.11.21 13:00 IP: gespeichert Moderator melden


Wenige Augenblicke später erschien ein Manne in Livree – ähnlich dem der Sänftenträger, nur dass seine Männlichkeit in einem verzierten Keuschheitsgürtel verpackt war. „Hohes Fräulein Aurora, Ihr habt einen Wunsch?“, fragte er in servilem Tonfall. Die Prinzessin nickte lächelnd. „Ich will baden, bevor ich Cassandra begrüße.“ Der Dienstbote katzbuckelte so tief, dass sich sein Gesicht unterhalb seiner Knie befand. „Begleitet mich, bitte“, erwiderte er.

Aurora folgte ihm durch zwei weitere Räume und betrat ein gekacheltes Zimmer mit einem in einen Podest aus Marmor eingesetzten riesigen Zuber. Die Prinzessin wunderte sich, dass bereits Wasser eingelassen war. Und wohlig duftende Aromen stiegen in die Luft, vermutlich von ätherischen Ölen, die ins Wasser gegeben worden waren. Aurora steckte einen Finger in das Nass. Es war sehr angenehm warm. Wie hatte der Diener dies so schnell vorbereiten können? Der Zuber war eher ein ovales Becken mit gut einem Fuder erfrischendem Inhalt. Der marmorne Boden um die Wanne herum war frisch gefeudelt, und zwei Dutzend Kerzen brannten auf mehreren kleinen Tischchen aus Eschenholz.

Neben dem Podest führten einige Stufen zum Beckenrand. Daneben war ein großer Ring aus Bronze angebracht, der zwei weiche Badetücher hielt. Solch weichen Stoff hatte Aurora noch nie gefühlt. Davon wollte sie einige Ballen mit zur Metropole nehmen. Sie schaute nach dem Diener, doch der war nirgends zu sehen. Aurora zog sich Haken, Ösen und Schnüre ihres Kleides auf und schlüpfte hinaus. Nackt von Kopf bis Fuß ging sie mit wiegendem Schritt die steinerne Stiege hinauf und sank dann mit Wonne in das warme, duftende Wasser der Wanne.

Sie löste geschwind ihre Haarnadel und ließ ihre langen Locken über Schultern, Busen und Rücken herabfallen. Dann griff sie zu einem kleinen Tiegel mit einer Masse aus Kamelienöl, Algen, Ei und Reiskleie sowie einer Kräutermischung. Sie strich sich etwas davon in ihre Haarpracht; später seifte sie sich ihren Leib ein und spülte ihn mit dem warmen Wasser wieder ab. Puder und Parfüm vervollständigten ihre Pflege. Sie stieg aus dem Bad und wickelte die Handtücher um ihre feminine Hüfte und ihre zarten Schultern.

So lief sie zurück in ihre Suite und suchte sich eines der prachtvollen Seidenkleider aus, die in dem Schrank hingen. Vor einem großen Spiegel drehte und wendete sie sich. Was für eine Augenweide! Die Prinzessin ähnelte mehr der Rose, die stolz Bewunderung einforderte, statt einem bescheidenen Veilchen im Moos. Justament steckte sie sich die Haare wieder hoch und wollte sich gerade erneut einen Wein einschenken, als es an ihrer Tür klopfte. Aurora rief „Herein mit dir“ und wollte gerade dem Diener verkünden, dass ihr das Bad ganz hinreißend gefallen habe, aber sie nun einen Happen aus der Küche wünsche, da stockte ihr der Atem.

Königin Cassandra stand im Türrahmen. Das musste sie sein! Eine Respekt einflößend aussehende Frau, die jedoch gerade ein mildtätiges Lächeln präsentierte, in einem mit Perlen bestickten Kleid und einem goldenen Diadem, das mit wertvollen Edelsteinen bestückt war. An ihren Fingern steckten goldene Ringe mit riesigen Diamanten, Rubinen, Saphiren und Smaragden. Aurora hatte im gesamten Schmuckbesitz ihrer Mutter keinen einzigen so großen Juwel entdeckt. Wie kostbar sie sein mussten! Über welche Reichtümer Cassandra verfügte! Die Prinzessin war tief beeindruckt.

Und trotz Cassandras extravaganten Kleidungsstils wirkte sie kaum wie eine arrogante Tyrannin, vor der jeder zittern musste. Im Gegenteil: Aurora hatte sich die erste Begegnung in einem überdimensionierten Thronsaal vorgestellt, viele Stufen unter der Autokratin artig einen Knicks machend, Cassandra hoch auf ihrem Sitz, umgeben vielleicht von Dienstboten zu ihren Füßen, umrahmt von bewaffneten Wachen und arroganten und eitlen Beraterinnen. Doch nun machte Die Monarchin einfach so ihre Aufwartung in ihrem Zimmer und begrüßte sie wie eine Freundin auf Augenhöhe.

Trotzdem erinnerte sich Aurora noch an die guten Sitten und die Etikette zu Hofe und knickste schnell, wenn auch zu spät, höflich vor der Regentin. Cassandra lächelte sie leutselig an. „Seid gegrüßt, Aurora. Ich habe von Eurer Mutter erfahren, was Euch zu mir führt. Ihr sollt den schönsten und wohl erzogensten Sklaven zum Gemahl haben, den ich Euch bieten kann.“ Sie zwinkerte ihr zu. „Seid gewiss! Ihr werdet zufrieden sein.“

Im nächsten Augenblick wurde Cassandras Miene wieder ernst. „Ihr sollt es in Eurer neuen Heimat gut haben. Und unsere Reiche wollen mit der Vermählung einen starken Kontrakt schließen, dass wir uns fortan im Kriege einander beistehen.“ Sie winkte ihr zu. „Kommt. Ich möchte Euch den Palast zeigen. Es gibt so viel zu sehen. Anschließend wollt Ihr mir wohl von Eurer langen Reise erzählen. Gern böte ich euch ein Ohr. Und ich muss Euch unbedingt meine neueste Teesorte aus meinem Samowar präsentieren. Sie mundet fein und wirkt doch stark anregend. Und der Rohrzucker kommt von meinen besten Plantagen vor der Stadt.“

Stark anregend? Aurora überlegte einen Wimpernschlag lang, wie das gemeint war. Womöglich auch erregend? Doch dann spürte sie die Hand der Herrscherin auf ihrem Leib. Die Hausherrin nahm Aurora fast schwesterlich beim Arm und führte sie hinaus auf den langen Gang, dessen mit Stuck verzierter Decke mit vergoldeten Kronleuchtern ausgestattet waren, die jeweils zwölf kleine Kerzen aus Bienenwachs trugen und ein angenehmes Licht zauberten.

Aurora runzelte konfus die Stirn. Was hatte die Königin gesagt? Neue Heimat? Da hatte Cassandra ihre Mutter wohl falsch verstanden. Natürlich würde sie nach der Hochzeit in die Metropole zurückkehren. Sie wollte nicht ewig in Cassandria verbleiben. Warum auch? Schließlich galt es, ein Reich zu beerben und zu beherrschen. Roch sie da etwa eine Intrige, oder waren es nur Gespinste, die in ihrem Kopf flüsterten?

Obwohl die Majestät ihrem Gast nur die wichtigsten Räumlichkeiten zeigte, waren die beiden Damen lange Zeit unterwegs. Lange Flure, prächtige Säle und allerlei verzierte Möbel, Wände, Decken, Mosaiken auf dem Boden, edle Gemälde, vortreffliche Waffen und Wappen, kostbare Teppiche, bestickte Vorhänge, bemalte Vasen und so vieles mehr bestaunte die Prinzessin, bis sie völlig erschlagen von all dem Pomp und Luxus dieser Herrlichkeit war. Da betrat Cassandra mit ihr eine Loggia, eine halboffene Bogenhalle, die Einblick in einen anderen Lustgarten gewährte. Dort setzten sich die beiden auf bequeme Polsterstühle und ließen sich von livrierten Sklaven kühle Getränke servieren.

Über ihnen drehte sich eine Konstruktion aus großen Palmwedeln, die von einem Sklaven in einiger Entfernung außer Sichtweite angetrieben wurden. „Wann stellt Ihr mir meinen zukünftigen Gemahl vor?“, wollte Aurora wissen, trunken von all der überbordenden Pracht. Cassandra lächelte unverbindlich. „Morgen, wenn die Sonne im Zenit steht, werdet ihr im Tempel der Malus-Priesterinnen euren Bund eingehen. Diese Tradition ist tief verwurzelt in unserer Kultur. Doch zunächst wollen wir Eure Ankunft mit einem generösen Festball feiern. Ich sehe, Ihr habt schon ein schönes Kleid gefunden. Jetzt fehlt Euch noch das passende Geschmeide. Ich werde Euch eine Auswahl bringen lassen, die Ihr als Willkommenspräsent anschauen sollt. Wählt so viel und was ihr wollt.“

Aurora konnte den Abend kaum abwarten. Als sie in ihrer Suite von einem Dienstboten eine Schatulle überreicht bekam, die gefüllt mit kostbarsten Juwelen und Goldschmuck war, hatte sie Cassandras Bemerkung über ihre „neue Heimat“ schon wieder vergessen. Sie wollte auch nicht undankbar erscheinen, indem sie unbequeme Fragen stellte. Oft genug hatte sie erlebt, das eine Zunge, die Unruhe stiftete, verstümmelte, blendete, wüstete oder vergiftete. Die Tochter der Fama drehte vor dem Spiegel verzückt Pirouetten, probierte ein halbes Dutzend zauberhafter Kleider an und spielte endlose Zusammensetzungen der vielen Schmuckstücke durch. Gepriesen sei dieser Tag! Die Götter meinten es gut mit ihr.

Die restliche Zeit rekelte sie sich auf einem mit zahlreichen Kissen bestückten Ottomanen, der unter einem Sonnensegel auf einer Terrasse stand, die durch die Hintertür ihrer Kammer zu erreichen war und zu einem weitläufigen Garten führte. Sie nippte an einem Kristallbecher mit einer kalten Erfrischung: gezuckertes Wasser mit Limettensaft. Auf der rechten Seite blühte ein fulminantes Blumenbeet farbenprächtig und duftete bis zu Aurora.

Linker Hand war in einiger Entfernung ein großes Drehkreuz zu sehen, das von vier Männern angetrieben wurde. Sie drehten einen voluminösen Mühlstein, stemmten sich weit vorgebeugt in die Holme und schwitzten in der Sonne. Aurora bemerkte, dass die Handgelenke der Sklaven mit kurzen Ketten an den Holmen fixiert waren. Die Arbeiter trugen kurze Röcke aus breiten Lederstreifen und Schnür-Stiefel. Nur einer der vier Leibeigenen war bis auf seine Treter nackt. Und dann bemerkte das Edelfräulein noch etwas. Sie kniff die Augen zusammen. Schaute da etwas aus dem Hintern des Sklaven heraus?

In der Nähe des Drehkreuzes stand eine Wache und schwang gelangweilt eine lange, geflochtene Lederpeitsche, die sie hin und wieder auf einen Sklavenarsch hinab knallen ließ. Auroras Neugierde wuchs. Sie stand auf, streifte ihr Kleid zurecht und näherte sich schlendernd über den kurzen grünen Rasen dem Geschehen am Mühlstein. Schritt um Schritt konnte sie mehr Details erkennen. Die Sklaven trugen eine Art Scheuklappen um den Kopf. Und sie waren sehr muskulös, was Auroras Augen sehr gefiel. Und tatsächlich: Da steckte etwas im Hintern des Nackten, der - nebenbei bemerkt - ein famos ausgeprägtes Gemächt besaß.

Die Wächterin trug lederne Hosen, eine ebensolche Korsage und hohe Stiefel an denen Aurora ein Wurfmesser in einer angebundenen Lederscheide erblickte. Sie fragte kurzerhand nach dem merkwürdigen Teil, das aus dem Sklaven hinausschaute. Die Wächterin schmunzelte. „Oh, mir will scheinen, dass dies eine lange Geschichte ist. Aber um es kurz zu machen: Es ist ein Rettich.“ Sie merkte, dass das Edelfräulein sich wohl darüber wunderte, dass das Gemüse nicht mit der Spitze zuerst hineingeschoben worden war, und daher erklärte sie glucksend, was es damit auf sich hatte. „Wisst Ihr, sonst würde er ja wieder hinaus flutschen. Und das wollen wir doch nicht.“

Aurora lächelte. Das Reich der Cassandra gefiel ihr immer besser. Hier ließ es sich als Dame leben. Aber trotz alldem wollte sie zurück in die Heimat. Doch nun würde sie zunächst im Inneren ihrer Kammer ein kühles und erfrischendes Bad nehmen. Womöglich konnte sie danach ein paar Leckereien kommen lassen und sich im Schatten hinlegen, um dem Treiben der vier Sklaven zu ihrem Pläsier noch eine Weile zuzuschauen. Besonders der Rettichbursche schien Kurzweil zu versprechen.

Am Abend kam sie sich vor wie eine Königin und betrat das Festbankett als Ehrengast. Sie war erkoren, neben Cassandra zu sitzen, verfolgte das höfische Treiben und tanzte zur Musik der Kapelle. Alle Damen hoben in Feierlaune gestikulierend die Krüge und Kelche. Zwischendurch erheiterten kleine artistische Einlagen die Gesellschaft. Ein Schwertschlucker jonglierte gleichzeitig mit drei Fackeln und ein „Schlangensklave“ verbog seine Glieder auf groteske Weise.

Ein Hofnarr mit Kappe und Schellenstab sorgte mit seiner „Ohrfeigendarbietung“ mit einem Sklaven für ausgelassenes Gelächter: Während der Narr ulkige Verrenkungen und Grimassen machte und dem Sklaven vor der Nase herumturnte, versetzte er ihm Backpfeifen, flüchtete vor dem schwerfälligen Leibeigenen, kehrte zurück, stellte dem Sklaven ein Bein, versetzte ihm erneut schallende Schläge und streckte ihm die Zunge heraus, zog weitere Fratzen, fuchtelte ihm vor dem Gesicht herum und sprang dem Mann durch die Beine, zog dabei an dessen Gemächt und bald setzte es die nächste Ohrfeige.

Warum der erfrischend naive Sklave so tollpatschig reagierte, konnte Aurora nur erahnen. Womöglich hatte er einen Schlaftrunk erhalten, oder aber die Schau war so abgesprochen? Es war ihr einerlei. Danach führten sieben Artisten Kraft zehrende Figuren vor, stapelten sich zu einem Turm oder einer Pyramide und bewegten sich dabei so sicher und scheinbar leicht, dass Aurora vor Staunen den Mund nicht mehr zubekam. Ein Rad hier, ein Salto da – die Turner verfügten über eine unglaubliche Körperbeherrschung. Unter Applaus verließen die Akrobaten den Saal.

Es folgte eine Tänzergruppe in fleischfarbenen, engen Höschen, die jede Kontur ihrer Männlichkeit deutlich abzeichnete, wie Aurora schmunzelnd feststellte. Die Darbietung der Sklaven war nicht minder anstrengend als die der Artistenformation. Zum Ende des Tanzes war eine Kunstfigur eingeplant, bei der einer der Männer einen Handstand machte und zwei andere Tänzer hochsprangen und sich auf den Knien der abgewinkelten Beine des Ersteren stützten. Sie federten also vom Boden ab und drückten kurz darauf auf die Knie des Mannes, der sie im Handstand halten sollte. Doch das plötzliche Gewicht war zu hoch.

Eigentlich hätte ein anderer, viel kräftigerer Mann den Handstand machen sollen, doch dieser war von einer Offizierin der Palastwache zum Küchendienst eingeteilt worden. Der Ersatz, der hatte einspringen müssen, gab sein Bestes, doch kläglich knickten ihm die Arme unter dem Gewicht der beiden Tänzer weg. Die Darsteller versuchten zwar, ihren Fehler zu überspielen, doch eine Wächterin erkannte die geänderten Bewegungen und flüsterte Cassandra ihren Verdacht zu. Nach dem Tanz ließ die Königin den „Schuldigen“ kommen, der sich demütig vor seine Majestät warf. Nun saß er in der Patsche!

Er wagte keine Lüge und beichtete sein Versagen. Cassandra wisperte einer Gardistin etwas zu, die kurz nickte und sich in Bewegung setzte. Weitere zwei Wächterinnen nahmen den unglücklichen Tänzer in ihre Mitte und brachten ihn weg. Aurora spürte eine Erregung zwischen ihren Schenkeln. Würde sie endlich einer Züchtigung beiwohnen dürfen? Ihre Neugierde war so groß, dass sie sie nicht lange für sich behalten konnte. Sie beugte sich zu der Königin hinüber und fragte, was mit dem Leibeigenen geschehe. Cassandra spitzte die Lippen. „Seine Arme sind zu schwach. Also wird er sie schulen.“ Aurora nickte und wendete sich wieder dem höfischen Treiben zu. Üben, drillen… Das war alles? Die Prinzessin fühlte sich irgendwie enttäuscht.

Doch sollte ihre Betrübtheit bald wieder vergehen: Vier Palastwächterinnen schoben ein eckiges Podest in den Saal. Das Podest bestand aus einem Holzboden auf Rollen und einem Gerüst, dass mit Tüchern zugehängt war. Fast zwei Mann hoch ragte die Abdeckung in die Höhe. Was mochte Cassandra da bringen lassen, fragte sich Aurora und wartete gespannt darauf, dass die Tücher endlich zur Seite gezogen würden. War darunter vielleicht ihr zukünftiger Gatte? Nackt bis auf einen Sarong, den sie ihm zum Zeichen ihres Besitzes vom Leibe reißen sollte?

Und tatsächlich schoben die Wächterinnen nun die Sichtblenden zur Seite, und Aurora erkannte den Tänzer, der zuvor abgeführt worden war, weil er versagt hatte. Die Prinzessin musste zwei Mal hinschauen: Der Mann machte einen Handstand. Das war ihr sofort aufgefallen. Aber was noch viel ungewöhnlicher und interessanter für Aurora war: Um die Bälle seiner Männlichkeit war ein Strick gezogen, der über ihm am Gerüst der Plattform angebracht war, ähnlich einem Galgen. Diese einfache und sehr effektive Fesselung zwang den Tänzer in seine Überkopfhaltung. „Ei, was eine Pracht“, freute sich Aurora. „Jetzt verstehe ich Euch, werte Cassandra. So trimmt er also seine Balance und Armkraft.“

Cassandra hob ihren Kristallkelch und wollte mit ihrem Gast anstoßen. „Auf einen vergnüglichen Abend und Eure morgige Hochzeit! Möge die Minne blühen!“ Aurora prostete der Königin huldvoll zu und labte sich an dem fulminanten Geschmack des Rebensaftes. Während die Damen des Hofes weiter feierten und zu allerlei höfischen Themen ihren Senf abgaben, als hätten sie Sabbelwasser getrunken, stand der Tänzer im Handstand auf seinem Podest. Seine Arme zitterten bereits erbärmlich, und auch sein Gleichgewicht hielt er nur sehr mühsam.

Je später der Abend, desto zitteriger und jammervoller wirkte der Sklave in seiner erzwungenen Haltung. Immer wieder knickten die Arme unter ihm kurzzeitig ein. Aurora beobachtete seit geraumer Zeit den Mann, denn sie erwartete jeden Augenblick, dass sein Leib ihm den Dienst versagten. Die Prinzessin starrte amüsiert zwischen dem verkrampften und verschwitzten Gesicht des Sklaven und seiner in die Länge gezogenen Männlichkeit hin und her. Wie weit sie wohl zu dehnen war? Aurora grinste schalkhaft. Wie lustig das aussah!

Auf ein Fingerschnippen Cassandras brachten zwei Sklaven einen Holzkasten und stellten ihn auf das Podest, so dass der Tänzer sich mit den Ellbogen aufstützen konnte. Die Königin erklärte ihrem jungen Gast: „Sonst wäre der Spaß bald vorbei.“ Aurora nickte geflissentlich. „Das wäre ein Jammer.“ Offenbar hatte die Autokratin Erfahrung in solchen Dingen. Schon gleich darauf erschienen mehrere Dienstboten und verteilten an sämtliche Hofdamen Ruten aus Haselnuss. Auch Aurora erhielt einen der biegsamen Stöcke. Cassandra lächelte geziert. „Ihr werdet schon sehen…“ Ihre Stimme war so kalt, dass es der Prinzessin ein wenig fröstelte.

Und da bemerkte sie, wie sich alle Damen emsig erhoben und sich vorfreudig in zwei Schlangen reihten. Offenbar war dies ein übliches Ritual, dass alle schon gut kannten. Aurora stellte sich einfach dazu. Nun peitschten die Ladys das Hinterteil des Tänzers. Jede Frau hatte nur einen Schlag. Doch der wurde mit frappierender Kraft ausgeführt. Und bei über fünf Dutzend Anwesenden kam der Sklave ausführlich auf seine Kosten.

Eine Art ungeschriebene Regel besagte, dass die Damen nicht versuchten, die gefesselte Männlichkeit zu treffen. Zwei Mal geschah das Malheur. Eine pummelige Hofdame bedauerte mit theatralischer Miene ihren Fauxpas. Affektierte Entrüstung erklang von allen Seiten. Aurora konnte nicht erkennen, ob die Dicke mit Absicht oder aus Versehen getroffen hatte. Später folgte ein weiterer Lapsus, als eine junge Lady zielsicher die Bälle des Tänzers mit ihrer Rute küsste, der daraufhin laut aufjaulte.


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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:04.12.21 17:21 IP: gespeichert Moderator melden








Als beide Reihen vergnügt und ausgelassen wieder Platz genommen hatten, steckte eine lange Straußenfeder im Hinterteil des Gefesselten und zitterte in der Luft. Aurora kicherte und zeigte mit einem Finger auf den gefiederten Schweif. Wenn zu Hause keine Krone auf sie warten würde, so könnte sie auch gut im Reich der Cassandra leben, überlegte sie. Die heitere und lebensfrohe Art der Hofdamen waren ihr sehr sympathisch.

Auf ein erneutes Zeichen der Cassandra schleppten zwei Dienstboten mit großen Nasenringen den Holzkasten wieder weg, so dass der Tänzer erneut in den Handstand gezwungen wurde. Laut stöhnte der Sklave auf. Danach schoben die beringten Männer das Podest hinaus. Aurora war fasziniert. „Bleibt er in dem Gerüst hängen?“ Cassandra nippte an ihrem Kristallkelch. Dann stellte sie eine Gegenfrage. „Hat er es Eurer Meinung nach eine Erlösung verdient?“ Aurora zuckte unsicher die Achseln. Was sollte sie sagen? „Ich… ich weiß es nicht, Euer Hoheit.“ Cassandra lächelte. „Nun, so wird jemand anderes entscheiden.“

Mehr äußerte die Königin zu dieser Angelegenheit nicht, denn nun sollte eine weitere Darbietung folgen: Ein Musiker schlug die Pauke, und zwei Gaukler stellten sich gegenüber und bewarfen sich mit Messern, die haarscharf neben ihrem Kopf, zwischen den Beinen und anderen Körperteilen landeten und im Holz steckten, so dass sie nach und nach die Silhouette der Männer nachzeichneten. Die meisten Ladys schauten wie gebannt dem Treiben zu. Cassandra dagegen wirkte gelangweilt. Aurora nahm die Gelegenheit wahr, die Herrscherin um etwas zu bitten: Sie erfand ein kleines Lügenmärchen über die Gardistin, die sie wegen der Unzucht mit einem Sklaven auf der Hinreise erpresste, und bat Cassandra darum, dieses lästige Weib verschwinden zu lassen. Dabei heuchelte sie ein schlechtes Gewissen vor, weil sie die Schuldige bloßstellte, doch war das nicht ihre Pflicht als rechtschaffene und loyale Adelsdame?

Die Königin nickte nur knapp und winkte die oberste Palastwächterin herbei. Sie raunte der Vorgebeugten etwas zu. Und damit war das Schicksal der Gardistin mit wenigen Worten besiegelt. Es gab zwar keine weiblichen Sklavenarbeiter im Reich der Cassandra, doch würde die Wache das Weib mit einem schwarzen Sack über dem Schopf entführen und weit außerhalb der Staatsgrenze in den „Freien Ländereien“ an einen Baum fesseln. Den Rest würden diejenigen besorgen, die sie finden. Zufrieden stahl sich ein Lächeln in das Antlitz der Prinzessin.

Als Aurora endlich zu dunkler Nachtzeit in ihre Suite wankte, vom brausenden Most beduselt und ein wenig blümerant, fiel sie todmüde und erschöpft in die weichen Federn des Himmelbettes. Sie schaffte es taumelnd noch so gerade, sich ihres Kleides zu entledigen, das sie achtlos zu Boden fallen ließ, dann sackte sie erneut zwischen die Kissen und ihre Lider schlossen sich bleischwer.

Das dumme Aas von Erpresserin bin ich los, seufzte sie erleichtert. Und morgen werde ich heiraten, schwärmte sie noch. Welchem Antlitz würde sie gegenüberstehen? War ihr Zukünftiger groß von Wuchse? Stark oder schmächtig? Waren seine Augen blau wie die Veilchen auf der Wiese oder grün wie der Smaragd an ihrer liebsten Halskette? Aber sie war bereits zu schlaftrunken, um darüber weiter nachzudenken. Morgen würde die Sonne wieder lachen. Doch nun benötigte sie ihren Schönheitsschlummer.

Derweil ritt viele Meilen weiter westlich eine kleine Eskorte Gerüstete mit einer Duxa durch die Freien Ländereien Richtung Westen. Ihr Ziel war der Kleinstaat Ledanien, um als Parlamentärin mit Königin Leda Frieden zu schließen und – noch mehr – einen Bund gegen die westlichen Reiche wie das Herrschaftsgebiet der Cassandra oder die Metropole der Fama zu schmieden.

Die Abordnung war auf der Hut vor Marodeuren und Halunken gleicher Couleur, denn die Freien Ländereien galten als gesetzlose Zone zwischen den Kleinstaaten des Alten Kontinents. Hier galt nur das Faustrecht. Schnell waren Reisende Opfer eines Hinterhaltes und verloren Besitz, Beinkleider oder sogar Leben. Bisher hatten die Boten der Helena Glück. Sie fanden keine Spuren anderer Berittener. Doch trotz ihrer Gebete zu den Alten Göttern durften sie sich nicht zu sicher fühlen.

Und gerade, als die kleine Truppe aufmerksam Ausschau haltend durch eine Felsformation geritten war und sich auf offenem Feld erleichtert im Sattel entspannen wollte, kamen links und rechts des Weges aus dem hohen Gras etwa zwanzig dunkle Gestalten gesprungen und jagten mit Speeren und Keulen brüllend auf die Reiterinnen zu. Die Rösser wieherten erschrocken, erhoben sich auf die Hinterläufe, warfen zwei Soldatinnen der Helena ab. Die Gerüsteten zogen ihre Schwerter und verteidigten sich tapfer gegen die Wegelagerer, die großteils aus Recken bestanden.

Die Männer waren in Lumpen gekleidet und hatten ihre Gesichter schwarz angemalt. Die Schläge und Hiebe prasselten nur so auf die Frauen ein, die lediglich wegen ihrer besseren Bewaffnung und Kampftechnik den Angreifern widerstehen konnten. Ein wildes Gefecht entwickelte sich. Die Duxa schaffte es, einem Räuber seine Waffe, eine große Sichel, aus der Hand zu schleudern und stieß ihre Schwertspitze bis kurz vor den Adamsapfel des Mannes, der auf seinen Hintern geplumpst war. Mit zunehmendem Druck auf seine Kehle, wich der Unterlegende weiter zurück und tauchte seine Hände, mit denen er sich hinter sich abstützte, in das brackige Wasser eines Tümpels. In seinen Augen sah sie sein Flehen, sein Leben zu schonen.

Die Duxa bewegte die Schwertspitze nach vorne. Der Unterlegene geriet immer mehr in eine liegende Position und wurde mehr und mehr vom lehmigen Wasser umspült. Schließlich schob die Duxa das Schwert noch einige Daumenlängen vorwärts, so dass der Kopf des Mannes in das Wasser eintauchte. Eine weitere kleine Bewegung führte dazu, dass das Gesicht teilweise benetzt wurde. Der Recke schluckte Wasser und hustete, röchelte, bat um Gnade. Sein Herz raste. Todesangst keimte in ihm auf.

Da hörte die Uniformierte, wie ein Kämpe hinter ihr einem Kumpanen hämisch lachend zurief: „Warte! Das Weib da gehört mir! Im Lager wird sie für mich die Beine spreizen.“ Die Offizierin wirbelte herum und versetzte dem Kämpfer einen kräftigen Schlag mit dem Schwertknauf, so dass der Mann kurzerhand ohnmächtig zu Boden ging wie ein gefällter Baum. Als sie sich wieder ihrem anderen Gegner widmen wollte, war der aus dem Wasser verschwunden: Der Mann war hastig durch den Tümpel gewatet und am anderen Ufer tropfnass an Land geklettert, um das Weite zu suchen.

Sofort wollte sie sich erneut beherzt ins Getümmel stürzen. Da stellte sie fest, dass auch andere Exemplare des Gesindels die Beine in die Hand genommen hatten. Verachtend spuckte sie zu Boden. Ihr waren solche verzagten Hasenfüße abhold. Doch einige Kämpen wollten nicht so flink kapitulieren. Eine Soldatin hatte ihren Gegner entwaffnet und ihn auf alle Viere gezwungen. Plötzlich flehte der Mann mit hoher Stimme wie eine Magd um Erbarmen, obwohl er gerade noch mit seinem Dreschflegel um sich geprügelt hatte. „Memme!“, rief die Uniformierte verächtlich und versetzte ihm mit der Breitseite ihres Schwertes einen saftigen Hieb auf den Hosenboden, dessen Stoff dabei aufplatzte. Feigheit verbreitete sich wie flüssiges Gift. Sie spie erneut verächtlich aus.

Ein anderer der Strauchdiebe rang mit einer Soldatin auf dem Boden. Sie drehten sich und rollten umher. Die Gerüstete schwang sich rittlings auf den Liegenden, der seine Axt verloren hatte, und versetzte ihm mit ihren derben Lederhandschuhen kräftige Ohrfeigen, doch konnte der Mann einen Arm unter ihrem Schenkel hervor reißen und nach ihr greifen. Der Haderlump riss der verdatterten Frau einen Lederriemen vom Hals, an dem einige Schlüssel für die Waffenkiste und verschließbaren Satteltaschen hingen, und kämpfte sich mit aller Kraft unter der Frau hervor. Doch statt weiter zu fechten, nahm er mit seiner wertlosen Beute Reißaus.

Die Soldatin ahnte nicht, dass der Mann seit vielen Monaten in einem Keuschheitsgürtel steckte und aus Helenas Stadtstaat geflohen war. Nun hoffte er, dass einer der Schlüssel ihn befreien werde – doch da würde er eine bittere Enttäuschung erleiden. Bald schon sollte er schluchzend auf dem Boden knien, eine Sammlung nutzloser Schlüssel vor sich, seine Hände an den Keuschheitsgürtel gekrampft, eine Träne über seine Wange fließend. Zumindest hatte er sein Leben gerettet.

Wie durch ein Wunder blieben alle Beteiligten des Scharmützels – abgesehen von kleinen „Kratzern“ – unverwundet, als plötzlich ein dunkles und gruseliges Brüllen alle erstarren ließ. Es war eine groteske Situation, wie die Kontrahenten in allen möglichen Stellungen verharrten, als wäre die Zeit stehengeblieben, oder ein Eiswind hätte alles Leben eingefroren. Jedem lief es eiskalt den Rücken hinab. Ein Schauder erfüllte sie. Sogar das Herz schien vor Furcht stehen zu bleiben. Welches Monster konnte solche gutturalen und animalischen Laute von sich geben? War ein Troll in der Nähe? Oder gar ein mächtiger, böser Dämon?

Dann erfolgte ein zweites Brüllen. Es ging den Kämpfenden durch Mark und Bein. Der Erdboden schien zu vibrieren. Was kam da für ein Monsterriese auf sie zu? Urplötzlich sprangen die finsteren Gesellen auf und sprinteten in die hohen Gräser, in entgegengesetzter Richtung der Furcht erregenden Laute. Die Soldatinnen der Helena waren so perplex, dass sie die Männer an ihrer Flucht nicht hinderten. Sie lauschten auf das Geräusch und sahen fragend zu ihrer Anführerin.

Die Duxa überlegte fieberhaft. Sie war unschlüssig. Sollten sie ebenfalls das Hasenpanier ergreifen? Nein, sie befahl ihre Untergebenen zu sich. „Bildet einen Kreis!“ Egal, was auch immer aus dem Unterholz kommen sollte – sie würden tapfer und mutig bis zum Tode kämpfen. Als das Grauen noch näher kam, das Brüllen fast ohrenbetäubend laut und die Erde bebend, geriet sie in Zweifel, ob es nicht doch töricht war, dem unbekannten Monster entgegenzutreten, aber sie blieb standhaft, das Schwert gezückt. Erste Zweige bogen sich zur Seite, Äste brachen. Und dann erschien das Ungetüm.

Eine Soldatin schrie aufgeregt: „Ein Troll!“ Oder gar mehrere der Kreaturen, die die Witterung der Frauen aufgenommen hatten? Doch die Duxa schüttelte den Kopf. „Nein, das…“ Weiter kam sie nicht. Denn eine ganze Herde schwerfälliger großer Vierbeiner kam aus dem Dickicht getrampelt. Die Soldatinnen spritzten auseinander, um der Gewalt der Hufe der panischen Tiere zu entgehen. Mindestens 40, vielleicht 50 Tiere rasten brüllend an den Frauen vorbei auf die Ebene zu. Eine himmelhohe Staubfahne schraubte sich hinter ihnen in die Höhe.

Was hatte sie so erschreckt? Die Frauen hatten solche Wesen noch nie zu Gesicht bekommen, doch waren sie an der Westküste bekannt: groß wie Schlachtrösser, aber doppelt so kräftig und breit, mit einem schweren Kopf und massivem Kiefer, zwei gefährlichen Hörner und dampfenden Nüstern, eine Aura wie Dämonengestalten, bevölkerten sie die Gegend. Eigentlich waren sie harmlo und ernährten sich von Gräsern, Büschen und Blättern, doch in Panik geraten konnte nichts sie aufhalten. Alte Geschichten erzählten von Herden dieser Viecher, die ganze Dörfer niedergetrampelt hatten.

Warum sie zuweilen in Angst und Schrecken davonliefen, wusste niemand. Die Duxa ahnte jedoch dieses Mal den Grund. Das Grollen und Beben war ein Erdbeben gewesen. Eine Gottheit war erzürnt über irgendetwas. Doch blieb der Boden nun ruhig. Die Duxa steckte ihr Schwert ein und sattelte auf. „Weiterreise!“, kommandierte sie. „Die Gefahr ist vorüber.“

Unterwegs feixte eine Soldatin mit ihrer Nachbarin: „Von wegen Trolle!“ Die zweite Reiterin lachte und behauptete, dass sie auch einen Troll mit ihrem Schwert niedergestreckt hätte. Oder zwei. Oder drei. Schließlich waren die Elitesoldatinnen der Helena unbesiegbar. Mit stolz erhobenem Kinn ritten sie weiter.

Wenige Stunden später erreichten sie einen Palisadenzaun mit einem Graben davor. Brackiges Wasser stand darin. „Ledanien!“, verkündete die Duxa. Langsam trotteten sie auf ein Tor zu, das den Weg blockierte. Die Offizierin zog einen an der Flanke ihres Zossen angebrachten Stab aus frisch geschnitztem Eschenholz hervor und wickelte eine weiße Fahne ab, steckte sie in eine lederne Halterung neben ihrem Sattelknauf und führte den kleinen Trupp auf den Grenzübergang zu.

Längst waren die fremden Besucher entdeckt und ins Visier genommen worden. Auf dem Wehrgang des neu errichteten Palisadenzaunes erschien ein Dutzend Soldatinnen in Lederrüstungen mit geladenen Armbrüsten. Eine Sprecherin mit einem befiederten Hut rief hinab: „Fremdlinge! Was ist Euer Begehr?“ Die Parlamentärin nannte ihren Heimatstaat und hielt eine eingerollte Urkunde hoch, in der Königin Helena sie als Unterhändlerin bestätigte, um mit Königin Leda persönlich zu sprechen.

Eine Soldatin aus Ledanien galoppierte zurück zur Burg, um der Hoheit von den Besuchern schnellstens Kund zu tun. Die Offizierin am Grenzwall verlangte in einer despektierlichen Art die Waffen der Gäste. Doch darauf wollte sich die Duxa nicht einlassen. Nach langem Hin und Her einigte man sich darauf, die Bögen und Armbrüste abzugeben, die Klingen jedoch zu behalten. Das Tor öffnete sich und gab die Sicht auf den weiteren Verlauf der Straße durch eine Grasebene frei.

Eingerahmt von mehreren Soldatinnen wurde der Trupp den ausgetretenen Weg entlang geführt. Bald schon wunderten sich die Gerüsteten der Helena Nase rümpfend, wie frei und in ihren Augen fast respektlos Mannsbilder am Wegesrand standen. Kein Recke senkte den Blick vor den Damen oder kniete gar nieder. Die Gerüchte waren also wahr: In Ledanien galten Mann und Weib gleich. Es gab keine natürliche Ordnung. Es herrschte Chaos zwischen dem edlen Geschlecht und dem niederen Mannsvolk. Was für eine Welt sollte das sein?

Nach einigen Meilen erreichten sie die Burg. Die Duxa staunte erneut: Eine hübsche, kleine Zitadelle, die sicherlich so manchem Angriff standhalten würde, war da zu sehen. Doch von Pomp und Reichtum zeugte die Festung nicht. Funktional und durchaus stattlich war das Bild mit den kleinen Türmen, auf denen Fahnen und Wimpel wehten, und der massiven Außenmauer mit den Zinnen. Aber wo hortete die Regentin ihren Reichtum? Oder war Ledanien womöglich gar nicht so wohlhabend, dass es über eine starke Armee verfügte? Dann würde die Duxa ihrer Majestät Helena eine schlechte Nachricht übermitteln müssen.

Nun denn, die Offizierin wollte nicht gleich alle Hoffnungen fahren lassen. Während ihre Begleiterinnen in einer Halle mit reichlicher Verpflegung umsorgt wurden, die Pferde im Stall frischen Hafer zu fressen und Wasser zu saufen bekamen, führten zwei Gardistinnen die Duxa in den königlichen Regierungsflügel der Burg, wo der Gast in einer Halle auf die Königin wartete. Auch hier war von pompösem Reichtum wenig zu erkennen.

Ein Recke in prächtiger Uniform erschien und begrüßte die Duxa. „Willkommen in Ledanien, werte Duxa. Königin Leda wird Euch in Windeseile empfangen. Möchtet Ihr solange von unserem köstlichen Wein, den Gaben unseres Weinstocks, kosten oder mit einer feinen Spezerei eurem Gaumen verwöhnen?“ Die Duxa wedelte mit ihrer Hand, als sei der Mann eine lästige Fliege. „Hinfort! Ich wünsche nichts!“ Der Mann ließ sich nicht vergraulen, sondern hob eine Augenbraue. „Nun… Mit Verlaub... Ich wollte mich noch vorstellen…“ Die Duxa unterbrach unwirsch sein betuliches Gehabe. „Was willst du? Ich habe mich wohl verhört! Verschwinde, oder ich lasse dich peitschen, bis du vor Gnade winselst!“

Die Frau war außer sich und schnappte empört nach Luft. Ihr passte es schon nicht, dass der Dienstbote so eine edle Gewandung trug. Und jetzt getraute der impertinente Kerl sich auch noch, sich ihr aufzudrängen, als wolle er ihr den Hof machen wie ein liebestoller Galan bei einem wüsten Gelage! Brünftig lüstern! Doch der Mann blieb hartnäckig stehen und antwortete: „Mein Name ist Zelos. Ich bin der Oberste. Der erste Gardist des Hauses Leda von Ledanien, Königin dieses Staates. Begleitet mich bitte in den Flaggensaal. Ihr erlaubt, dass ich vorgehe und Euch den Weg weise?“

Die Duxa stand mit offenem Mund da. Putzwunderlich! Ein Mannsbild in hoher Position am Hofe! Daran würde sie sich niemals gewöhnen können. Diese Bürde wäre unzumutbar. Und er gab Anweisungen? Das war bizarr! Zähneknirschend folgte sie Zelos. Sie ballte die Fäuste vor Wut und marschierte wie eine Untergebene hastig hinter dem Obersten her, denn Zelos sauste mit weiten Schritten den Korridor entlang. In ihrer Aufregung erblühten rote Flecken am Hals der Unterhändlerin.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:10.12.21 15:55 IP: gespeichert Moderator melden


Gibt es noch Interesse an der Geschichte? Hier kommt noch eine Fortsetzung.



Leda war derweil in den Flaggensaal geeilt, um die Duxa der Helena zu empfangen. Sie trug ihre königlichen Insignien und dankte den Alten Göttern für diese Gelegenheit, Abas zu entkommen. Denn kurz zuvor war sie mit ihrem Gemahl in ein wahrlich unangenehmes Gespräch vertieft gewesen, bei dem es um den Keuschheitsgürtel gegangen war. Abas hatte Leda gebeten, ihn aufzuschließen. Doch die Majestät hatte zuvor von Zelos erfahren, dass er den Schlüssel in der Burg verloren habe. Leda hatte ihren heimlichen Geliebten beschworen, ihn zu finden. Doch bisher war die Suche danach erfolglos geblieben. Die Königin wollte Abas nicht berichten müssen, dass sein Schlüssel verschwunden war. Und somit hielt ihre Zunge ihn hin, erfand Ausreden und kleine Notlügen.

Die Regentin musste sich zwingen, ihre sorgenvollen Gedanken zu verdrängen und sich auf den wichtigen Besuch zu konzentrieren. Es musste sich um bedeutsame politische Dinge handeln, wenn Helena einen Trupp mit einer Duxa durch die Freien Ländereien schickte. Sie stellte sich königlich in Positur. Just in diesem Moment öffneten sich die schweren Flügel der hohen Tür: Zelos und der Gast traten ein. Der Oberste stellte die Duxa vor, die sich vornehm verbeugte. Leda machte ein erhabenes Gesicht und nickte würdevoll. „Seid gegrüßt! Setzt Euch doch“, bot die Königin an und zeigte auf einen Sessel, der ihrem eigenen Sitzplatz gegenüber positioniert war.

Die Duxa hatte bisher den Gardistenführer ignoriert, doch nun starrte sie ihn mit süffisantem Lächeln an. „Jetzt dürft Ihr mir einen Wein bringen. Eile Er!“ Zelos klatschte in die Hände und eine Magd erschien, die vom Obersten kurze Anweisungen erhielt, drei Kelche und eine Karaffe zu servieren. Die Duxa hatte damit gerechnet, dass der Mann den Wein selbst holen gehen würde. In was für eine verdrehte Welt war sie da geraten, dachte sie und rümpfte grollend die Nase. Sie unterdrückte ein abwertendes Zischen durch ihre Zähne ob der fehlenden guten Sitten und Geschmacks.

Große Sorge herrschte derweil im großen Ostreich um die Metropole der Fama, denn die Königin lag darnieder. Mit furchtbarem Bauchgrimmen und Fieber fühlte sich die Machthaberin schwach und musste das Bett hüten. Eine Heilerin kümmerte sich von morgens bis abends um Fama, doch keine Arznei und kein Aderlass wirkten der geheimnisvollen Krankheit entgegen. Bald war Fama der Behandlung überdrüssig und schickte sie erbost weg. Quacksalberei nutzte ihr nichts.

Vesta besuchte ihre Mutter so oft ihr die Regierungspflichten dies ermöglichten, strich ihr fürsorglich mit einem kühlen feuchten Tuch über die Stirn und berichtete von den politischen Entscheidungen des Tages. Sie saß neben Fama und schaute mit Tränen voller Falsch in den Augen zu der Kranken hinab. Famas Antlitz war weiß wie Elfenbein und wirkte wächsern. Kalter Schweiß bildete sich immer wieder neu auf ihrer Stirn.

Als die Tochter das Zimmer verließ, reichte ihr die Heilerin einen Tiegel mit einem Heilmittel. „Ich kann nun nichts mehr für die hohe Majestät tun. Meine einzige Hoffnung bleibt dieser Sudextrakt. Lasst ihr bei Sonnenauf- und –untergang jeweils einen Löffel davon in heißes Wasser rühren und in kleinen Schlücken trinken.“ Vesta dankte der königlichen Heilerin. „Habt Dank. Ich kümmere mich darum. Wenn ich Euch benötige, so werde ich Euch rufen lassen.“ Die Heilerin nickte, wickelte ihr Gewand fester um den Leib und verließ den Palast.

Vesta starrte auf den Tiegel und lief damit in einen kleinen abgelegenen Innenhof, in dem sich unter Efeu ein alter, ausgetrockneter Brunnenschacht befand. Sie schob mit ihrem Fuß raschelnd das Grün ein wenig beiseite und ließ den Behälter hinab in die dunkle Öffnung fallen. „Das ist dein Verderben, an dem ich mit größter Lust webe. Du wirst nun endlich dein verdienten und überfälliges Ende finden.“ Damit hatte sie, so hoffte sie, das Schicksal der Potentatin endgültig besiegelt.

Das wollte sie feiern. Sie ließ ihre drei neuen Liebessklaven rufen. Einer von ihnen, der für immer verschlossen bleiben sollte, durfte zusehen, wie die Königstochter die beiden anderen Jünglinge um den Aufschluss kämpfen ließ. Nackt und in Öl eingerieben ergaben sie für Vesta einen Augenschmaus, der sie kaum noch abwarten lassen konnte, endlich eines der Schlösser zu öffnen, um ein hartes, junges Liebesschwert zu empfangen und diesen Feiertag mit einer seligen Beglückung zu krönen. Den Verlierer würde sie nach Gutdünken bestrafen. Sie wusste noch nicht wie, aber es sollte böse und perfide sein! Sie gluckste in Vorfreude. Schon viel zu lange war die Trülle verwaist. Das war immer ein heiteres Spiel gewesen, den Gefangenen zu drehen und zu drehen. Ach, wie fühlte sie sich doch wieder wie ein junger Wildfang! Glücklich und guter Dinge.

Auroras großer Tag ihrer Vermählung war gekommen. Und sie hatte ihren Zukünftigen noch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Doch dies war wohl bei Hofe Usus, und Aurora wollte sich nicht gegen Cassandras Gebräuche und Gepflogenheiten sperren. Begleitet von zwei schwarz gewandeten Priesterinnen des Malus-Kultes betrat sie über das Entree gravitätisch in einem prächtigen weißen Kleid, dessen Saum über den Boden wischte, den Tempel und erwartete mit großer Spannung ihren Gemahl. Ihr kunstvoll geflochtenes Haar krönte ein Myrtenkranz.

Vor einem Altar aus Marmor, auf dem eine breite Schale aus Bronze stand, blieb das Trio stehen und drehte sich zum Eingang um. Nun erschienen zwei weitere Priesterinnen in ihren langen Roben, zwischen ihnen eine Gestalt unter einem schwarzen Tuch. Das musste ihr Liebesgemahl sein, vermutete Aurora. Die Gestalt kniete nieder. Die Priesterfrauen zogen den dunklen Stoff fort und entblößten den Mann in seinem Hochzeitsgeschirr.

Er trug einen Keuschheitsgürtel, schwarze Stiefel, ein ledernes Geschirr um den Körper mit einem Schrittgurt. Seine Brustwarzen waren mit großen Ringen durchstochen. Zwischen ihnen hing eine silberne Kette. Der Hals steckte in einem festen Metallband, der die Bewegungsmöglichkeiten seines Kopfes stark einschränkte. Über das Gesicht und den kahl rasierten Schädel verlief ein weiteres Ledergeschirr. In einem Halbkreis über seinem perfekt trainierten Bauch war Auroras Name in kunstvoll verzierten Schriftzeichen mit Tinte tätowiert.

Erpicht schaute die prachtvolle Braut zum Keuschheitsgürtel, denn darin befand sich das, was sie am meisten interessierte. Doch die eiserne Hose war so konstruiert, dass die gesamte Männlichkeit darin untergebracht war. Die Zeremonie währte über zwei Stunden, während der Bräutigam zahlreiche Rituale über sich ergehen lassen musste, denn die Priesterinnen gingen nach einer bestimmten Etikette vor, die aus gemurmelten Formeln und vorgeschriebenen Bewegungen des Mannes bestand.

Aurora erlebte mit, wie die Ritualfrauen dem Bräutigam mehrfach an der Brustwarzenkette zogen, wie sie das Gesicht des Mannes in die Schale mit Wasser tauchten, wie sie ihn in einem bestimmten Rhythmus mit mehrschweifigen Lederpeitschen schlugen. Doch am beeindruckendsten empfand Aurora den Moment, als die Frauen ihrem Gemahl ein Amulett vor die Augen hielten, worauf der Mann in größter Panik niederkniete, den Kopf auf die Knie presste und seine Arme um sich schlang und zitterte vor Angst, als hätte man ihm sein Todesurteil verkündet.

Eine Priesterin mit bernsteinfarbenen Augen stellte einen Stiefel auf den Kopf des Zusammengesunkenen, die andere platzierte ihren Schuh auf seinem Rücken. Wieder wurden Formeln gemurmelt, die Aurora nicht verstand. Dann überreichte eine der Priesterinnen der Braut den Schlüssel zu dem Keuschheitsgürtel, der an einer langen goldenen Kette hing. Als Schlusspunkt der Hochzeit reichte eine weitere Frau, die aus einem Seitenflügel des Tempels erschien und einen roten Umhang über dem Priesterinnengewand trug, Aurora ein glühendes Brandeisen, das ein verschlungenes „A“ darstellte.

Bisher hatte der Sklave alles stumm ertragen. Doch als Aurora auf Anweisung der Priesterfrauen das orange glühende Metall auf die Gesäßbacke ihres Künftigen presste, grunzte er stöhnend auf. Es zischte und rauchte. Das Ritual wiederholte sie auf der anderen Seite des Hinterteils. Wieder grunzte er auf. Dieses Mal hörte es sich noch qualvoller an. Dann nahm ihr die Frau den Stab wieder ab und senkte ihn in die Schale mit Wasser auf dem Altar. Laut fauchend entwickelte sich Dampf, der die Personen einnebelte. Die Hinterbacken zitterten, und leichter Rauch stieg von ihnen immer noch auf.

Draußen stand bereits die Hochzeitskutsche bereit, die von zwölf emsigen Sklaven gezogen wurde. Aurora war begeistert, als sie die fast nackten „Pferde“ im Joch sah, die in genietetem Lederharness, rotem Federschmuck auf dem Kopf und schwarzen Stiefeln an die Deichsel gebunden waren. Als die Braut genauer hinsah, bemerkte sie die großen Nasenringe der Sklaven, durch die eine Schnur geführt war, die zweigeteilt zu einem anderen Ring in ihrem Nacken führte. Auch die Ohren waren mit Ringen geschmückt, an denen das Emblem der Cassandra hing. Ein wahrlich erquickender Anblick!

Eine Kutscherin saß auf dem Bock und dirigierte das Gefährt mit einer sehr langen Peitsche sowie Zügeln, die mit der Männlichkeit der „Pferde“ verbunden waren. Ein gewisses Geschick vorausgesetzt, konnte sie so ihre Karosse exakt führen, gewünschte Richtung und Geschwindigkeit genau anpassen. Da würden die Tierchen an keinem Müßiggang leiden, war sie sich gewiss.

Erst jetzt bemerkte Aurora, dass es zwei völlig verschiedene Sitzplätze in der Kutsche gab. Sie begab sich in ihrer Staffage auf weiche Kissen und sah zu, wie sich ihr Gemahl neben ihr, etwas vertieft, vorsichtig auf einer ungepolsterten Stelle hinsetzte, die mit winzigen Nagelspitzen bedeckt war. Seine Vermählte schmunzelte bei dem Gedanken, was ihr geliebter Ehemann wohl dazu sagen würde, wenn sie sich auf seinen Schoß setzen wollte?

Ob sie ihn nach seinem Namen fragen sollte? Aber sie ließ davon ab, denn was waren schon Namen? Schall und Rauch. Und sie selbst brauchte sich wohl nicht mehr vorzustellen. Der Jüngling musste ja nur auf seinen Bauch schauen, falls er den Namen seiner Eheherrin einmal vergessen sollte, kicherte sie in sich hinein.

Aufgeregt schaute sie aus dem Fenster der Kutsche. Wo würde sie nun hingebracht werden? Würde sie Cassandra vor ihrer Abreise nach Hause noch einmal sehen? Da fielen ihr die Worte der Herrscherin ein: „Ihr sollt es in Eurer neuen Heimat gut haben. Und unsere Reiche wollen mit der Vermählung einen Kontrakt schließen, dass wir uns im Kriege einander beistehen.“ Hatte ihre Mutter irgendetwas verhandelt, wovon sie nichts wusste?

Eine Allianz der beiden Reiche wäre gar nicht so schlecht, überlegte Aurora. Aber sie wollte demnächst Fama in der Metropole beerben. Also würde sie auch wieder nach Hause reisen. Allerdings ohne diese miese Erpresserin, grinste sie. Ihr blieben auch ohne dieses Dreckstück noch genug Gardistinnen, die sie zurück zum Ostreich ihrer Mutter brachten.

Nach einer Weile hielt die prunkvolle Kutsche. Sie waren durch ein Tor einer hohen Steinmauer gefahren und in einem Innenhof eines Anwesens angehalten. Die Besucherin war schon ganz hibbelig und versuchte, ihre Nervosität nicht zu zeigen. Eine elegant gekleidete Dame hieß sie willkommen. Sie stellte sich als Vorsteherin des Anwesens vor.
Aurora staunte nicht schlecht, als sie vernahm, dass dies ihr Hochzeitsgeschenk von Cassandra war: eine große Besitzung mit 25 Bediensteten. Wie großzügig!

Die Königstochter ließ sich alle Räume zeigen und auch die Dienstsklaven vorstellen. Sogar zwei Liebesburschen gehörten zum Repertoire, obwohl sie ja nun offiziell über einen „Gemahl“ verfügte. Hier konnte es sich fein leben lassen. An nichts fehlte es der verwöhnten Prinzessin. Und trotzdem gierte sie nach der Macht einer Königin. Sie wollte das Ostreich mit der Metropole regieren. Daher fragte sie die Vorsteherin nach den Gardistinnen der Fama. „Oh, die reisten heute Morgen ab“, erklärte die Frau lapidar.
Aurora fielen fast die Augen aus dem Kopf, und sie stieß entgeistert hervor: „Die sind was!?“

Leda hatte mit der Unterhändlerin der Helena inzwischen einen Kontrakt ausgearbeitet, den ein Schreibkundiger mit Tinte auf Pergament aufsetzte. Jetzt musste nur noch Helena selbst unterzeichnen. Ledanien und der Stadtstaat der Helena würden ein Bündnis eingehen, um sich gegen Feinde aus dem Osten gegenseitig zu unterstützen, doch dafür erhielten Männer unter Helenas Herrschaft viele neue Rechte. Die Keuschheitspflicht konnte Leda zwar nicht abschaffen, doch sollte sich Helena im Senat dafür einsetzen, eine Höchstverschlusszeit für Mannsbilder einzuführen. Damit würden Männer mindestens drei Mal zwischen zwei Sommern ihrer Lust frönen dürfen.

Des Weiteren mussten die Bürgerinnen der Helena ledanische Männer voll und gleichwertig akzeptieren. Sie unterlagen weiterhin ledanischen Gesetzen und Rechten. Und bei Aufenthalt im Reich der Helena oder in den „Freien Ländereien“ würden sie auf gleicher Stufe mit Frauen stehen. Der Vertrag sah weiterhin enge wirtschaftliche Beziehungen vor, von denen beide Ländereien profitieren konnten. Ledanien erhielt Waffen, Tabak, Zuckerrohr, Kupfer und andere Metalle sowie Werkzeuge, während der Stadtstaat Fisch, Wild sowie Holz importierte. Mit diesen neuen Regelungen gingen die Parteien d´accord, obwohl beide gewisse Kompromisse eingehen mussten.

Dazu sollten die Wege zwischen den Staaten ausgebaut und überwacht werden. „Freie“, die in der Umgebung ihr Unwesen trieben, sollte es nicht mehr geben. Für eine funktionierende Handelsroute war eine geschützte Straße unverzichtbar. Soldatinnen, Gardisten, Kriegssklaven und andere Angehörige der Streitmacht arbeiteten zusammen. Wenn alles so verlief, wie sich Königin Leda die Entwicklung wünschte, so würde der Prozentsatz der Kriegssklaven unter Helena weiterhin abnehmen und von freiwilligen Soldaten ersetzt werden.

Die Duxa ritt mit ihrer Abordnung sowie einigen Angehörigen der ledanischen Streitmacht Richtung Osten in Helenas Reich, um den Vertrag in trockene Tücher zu bringen. Über der Truppe schrien Krähen und zogen schwirren Flugs dahin, als wollten sie geschwätzig das Ergebnis in der Stadt vorwegnehmen.

Noch war der Trupp unterwegs. Vesta erschien bei ihrer Mutter, als eine Bedienstete sie gerufen hatte. „Eine wunderbare Nachricht, meine ehrenwerte Prinzessin“, verkündete sie beinahe frohlockend. „Die Hohe Majestät ist auf dem Weg der Besserung. Ihr Fieber ist schon gesunken.“ Vesta zeigte ein verkrampftes Lächeln. „Ist das wahr? Das ist ja… entzückend.“ Sie schickte die Frau hinaus und setzte sich zu Fama ans Bett. „Ich habe vernommen, dass es Euch besser geht, Mutter. Welch... Freude!“ Fama stöhnte, noch immer geschwächt. „Ja, ein wenig. Wohl habe ich es bald überstanden.“

Vesta schaute sich um. Sie waren alleine. Langsam griff sie zu einem bestickten Kissen, auf dem das Wappen der Fama abgebildet war. „Mutter, seid unbesorgt. Ich werde mich um die Regierungsgeschäfte kümmern und das Reich leiten.“ Fama stöhnte leise: „Ja, bis ich wieder auf den Beinen…“ Ihre Stimme war dünn. Die wenigen Worte schienen an ihren Kräften zu zehren. Vesta hob ihren Zeigefinger in die Höhe. „Nein, Mutter. Ihr ward schon zu lange auf dem Thron. Meine Geduld ist gesättigt. Die Krone gehört mir!“

Fama runzelte die Stirn und ihre Augen funkelten böse. Krächzend kroch ihre Stimme hervor. „Was soll das bedeuten? Wie redest du mit der Königin, du dummes Ding!? Diese ungebührlichen Worte wirst du bereuen. Du wirst niemals die Krone tragen. Eher gebe ich sie deiner Schwester Aurora. Wage es nicht…“ Vesta krampfte ihre Finger in das Kissen und ballte sie zu Fäusten. „Du wirst gar nichts mehr, du alte Vettel!“ Damit presste sie mit aller Kraft das Kissen auf das Gesicht der Fama.

Die Machthaberin der Metropole war zu schwach und erschöpft, um sich zu wehren. Ihre Arme hoben sich hilflos, doch sie fuchtelten nur sinnlos in der Luft umher. Die Zeiten, in denen sie sich in ihrem Ruhm sonnte, waren definitiv vorbei. Die Bewegungen der Mutter wurden immer schwächer, dann zuckten ihre Arme nur noch wie ein sterbender Fisch an Land. Vestas Gesicht war rot angelaufen von der Anstrengung. Noch immer hatte sie die Hände ins Kissen gekrallt und dieses auf die kranke Königin gedrückt. Für immer sollte sie schlummern.

Endlich ließ sie los. Als sei ein Blitz in sie gefahren, zuckte sie einen weiten Schritt zurück und ließ das Kissen zu Boden fallen. Der Anblick brannte sich in ihr Gedächtnis: Die verdrehten Augen, der geöffnete und erfolglos nach Luft schnappende Mund, das Entsetzen im Antlitz. Allerliebst. Endlich war sie aus dem Weg geschafft. Vesta wirbelte herum und schrie: „Hilfe! Hilfe! So komme doch jemand! Die Heilerin! Bringe man die Heilerin! Die Königin atmet nicht!“ Die Tochter wiegte die Erschlaffte in ihrem Arm wie ein geliebtes Kinde.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:10.12.21 20:20 IP: gespeichert Moderator melden


"Gibt es noch Interesse an der Geschichte? Hier kommt noch eine Fortsetzung."

Selbstverständlich, die vielen Aufrufe zeugen von dem Interesse; ich freue mich, die regelmäßigen erscheinenden Fortsetzungen hier zu lesen!
Andererseits hege ich Verständnis, wenn nur selten Kommentare hinterlassen werden, daß man in`s Zweifeln kommt - mir geht es bei meiner Geschichte ebenso, indes ist ein Aufgeben mitten d'rinn auch keine Lösung, deshalb bitte weitermachen bis zum Finale,
es dankt im Namen der schweigenden Leserschaft, Magnus.
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AlfvM
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:10.12.21 21:48 IP: gespeichert Moderator melden


Ich kann Magnus nur zustimmen. Für mich ist ss eine außergewöhnlich tolle Geschichte. Ich habe mit Begeisterung die erste Geschichte verschlungen. Mach bitte weiter, auch wenn ich nur noch selten kommentiere. Ich bin sehr gespannt, wie es mit Abas, Megara, Leda und den anderen Protagonisten weitergeht.
GLG Alf

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von AlfvM am 12.12.21 um 21:01 geändert
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:11.12.21 10:49 IP: gespeichert Moderator melden


Bitte weiterschreiben, eine tolle Geschichte mit Hand und Fuß. Warte immer schon auf gespannt auf die Fortsetzung.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:12.12.21 18:43 IP: gespeichert Moderator melden


Und ob...Interesse besteht.....eine der besten Geschichten die je veröffentlicht wurden...das habe ich schon oft kundgetan!Man kann dir nicht genug danken für deine Mühe.......
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:17.12.21 16:11 IP: gespeichert Moderator melden





Eine halbe Stunde später standen Gardistinnen, Bedienstete, die Heilerin, Vesta und zwei Duxas um das Totenbett herum wie Boten des Jenseits und starrten auf die Regentin hinab. Die Heilerin schüttelte betrübt ihr Haupt. „Ich kann nichts mehr tun. Sie ist von uns gegangen.“ Vesta zitterte. Sie schien das Schicksal schwer zu plagen und brachte ihr Tränlein voll Trug dar. „Nein! Wie konnte das geschehen? Man sagte mir, ihr gehe es besser! Heilerin! Ihr gabt mir einen Sudextrakt. Das Mittel hat sie umgebracht. Ihr habt sie vergiftet!“

Die Heilerin hob abwehrend die Hände. „Nein, haltet ein! So hört doch…“ Vestas Antlitz war zu einer Fratze verzerrt, und sie hob ihre Stimme an, bis sie schnitt wie ein Fleischermesser. „Wachen! Bringt die Heilerin in den Kerker. Ich werde über ihr Schicksal nachdenken. Oh, mein Herz wird mir so schwer, und die Trauer währt ewiglich. Aber du Hexendrude wirst dafür zahlen! Höre: Was du sätest, wirst du ernten.“

Die protestierende Heilerin wurde abgeführt. Und Vesta scheuchte alle Anwesenden aus dem Schlafgemach ihrer verstorbenen Mutter. Dann gab sie der Majordoma des Palastes die nötigen Anweisungen für eine baldige Bestattung und ließ Heroldinnen die traurige Kunde im Reich verbreiten, dass Fama, die Siegreiche, im Lande der Toten ruhte. Die Ära der Fama war beendet.

Später betrat die junge Dame den verlassenen Thronsaal. Sie setzte sich auf den hohen Sessel der verblichenen Königin. Der weiche, purpurrote Samt der Polster, das die goldene Rücken- und die Armlehnen umfloss, schmeichelte ihrem Körper. Oder war es Einbildung? Auf jeden Fall fühlte sich Vesta, als sei es schon immer ihr Schicksal, ihre Erfüllung gewesen, das Reich zu führen und auf diesem Sessel der Macht zu sitzen. Ein wohliges Kribbeln floss durch ihren Leib. Die bittere Trauer um ihre Mutter war von kurzer Dauer und nur ein Schauspiel gewesen.

Sie griff nach Famas Krone, die auf einem edlen Kissen lag und betrachtete sie. Langsam hob sie sie über ihr Haupt und setzte sie sich auf. Ein Glücksgefühl durchströmte sie berauschend vom Schopf bis zum Fuße. So bald wie möglich würde sie sich zur neuen Königin krönen lassen! Niemand würde es wagen, ein Veto einzulegen. Sie war die Verheißung! Das Volk würde jubeln und frohlocken und ihr Glück mit ihr teilen. Schon jetzt war sie trunken von der Macht, die das Schicksal für sie bestimmt hatte.

Am nächsten Tag tauschte sie einige führende Duxas aus. Nur Personen, die sie auf ihrer Seite wusste, setzte sie in hohe Positionen ein; andere Militärs, die die Schwestern schon stets eher kritisch betrachtet hatten, entließ sie oder degradierte sie zumindest. Wer nicht für sie war, war gegen sie. Und ihre Feinde sollten in Schande gekleidet untergehen und zertreten werden wie der Dreck, der sie waren, während sie, die neue strahlende Regentin, blühte und wie eine gleißende Göttin von ihrem Throne herab ihre Güte über das Volk ausbreiten wollte.

Nur drei Tage später sorgte Vesta für ein eher bescheidenes Begräbnis ihrer welken Mutter. Die Trauerfeier wurde auf ein Minimum beschränkt. Der Leichnam lag in einer einfachen Holzkiste aufgebahrt. Priesterinnen schoben ihn in eine kleine Gruft, deren rohes Mauerwerk bereits jetzt bröckelte, wo ihr Inhalt verfaulen und verstauben sollte. Nicht weit entfernt lag der Schindanger, auf dem Verurteilte und kranke Tiere in ihren Gruben gärten und ein aasiges Bouquet die Luft schwängerte.

Umso pompöser ließ sie sich nur wenige Tage später krönen. Das Fest voll Glorie sollte das größte Ereignis werden, welches die Metropole jemals gesehen hatte. Hunderte Sklaven schufteten für die Vorbereitungen. Vesta ließ ein dekadentes Festbankett auffahren, ein gigantisches Spektakel in der Arena der Stadt veranstalten und den Tag ihrer Krönung als höchsten Feiertag des Staates ausrufen. Ganz nach dem Credo: Lobet die göttliche Vesta in ihrer Herrlichkeit und preiset sie mit Freudenschalle!

Die Heilerin vegetierte seit ihrer Festnahme in einer dunklen Kerkerzelle. Mehrfach hatten Wachfrauen sie zu ihrer Krankenbehandlung der verstorbenen Majestät befragt. Doch die verstockte Gefangene verweigerte ein Geständnis, an dem Tod die Schuld zu tragen, sondern faselte beschwörend, frei von Fehltritt zu sein. Gerade hörte sie wieder die quietschende Gittertür: Zwei Uniformierte zerrten sie hoch und brachten sie über einen Gewölbegang in einen anderen Raum. Dort rissen sie ihr die letzten verschmutzten Kleidungsfetzen vom Leibe.

Eine dritte Wachfrau in einer derben Lederrüstung befahl: „Auf das hölzerne Pferd mit der Hexe!“ Die Wächterinnen schnallten die Heilerin auf dem Gerüst fest und hingen Steinquader als Gewichte an die Füße. Anschließend löschten sie die Fackeln an der Wand und verließen die Zelle. Die schwere mit Eisen beschlagene Tür fiel kreischend ins Schloss. Der Druck der Gewichte stieg von Augenblick zu Augenblick. Die Gemarterte stöhnte, schwitzte und ächzte. Die Sitzkante ihres Sattels grub sich erbarmungslos tiefer und tiefer in ihre Weiblichkeit. Ihre Füße hingen hilflos in der Luft. Die Quader zogen sie mitleidlos in die Tiefe.

Bald schon rief sie um Gnade. Sie schrie. Sie flehte hysterisch darum, endlich beichten zu dürfen. Tränen flossen ob der unerträglichen Marter ihre Wangen hinab. Sie winselte bis sie heiser wurde, wimmerte leise vor sich hin und brachte in einem letzten Akt des Aufbäumens ein peinvolles Brüllen hervor, guttural und animalisch. Eine Kerkermeisterin schaute durch das kleine Guckloch in der Tür und kicherte. Hatte es der Arsch der Kräuterhexe etwa nicht bequem? Gemütlichen Schrittes ging sie zu einem Schemel, setzte sich und griff nach dem Weinschlauch.

Eine Weile würde sie noch warten. Wenn es nach ihr ginge, würde die Heilerin dort noch sehr lange reiten. Sie erinnerte sich mit Genuss an den Sklaven, an dem sie ausprobiert hatte, wie viele Tage er es wohl auf seinem Sattel ertrug. Ein zäher Brocken. Der wild zitternde Leib. Und die Augen! Die Augen wurden irre. Das war bei dem minderwertigen Subjekt belanglos gewesen, doch die Heilerin musste noch eine Beichte ablegen. Es war bald so weit.

Irgendwann holten die Wärterfrauen die Vogtin, um das Geständnis der greinenden Heilerin vor Zeugen entgegenzunehmen. Anschließend wurde die Jammernde von ihrem Sitz erlöst und brach in den Armen der Uniformierten kraftlos zusammen. Die Frauen glaubten, dass die Heilerin dem Wahnsinn verfallen war. Ihre Augen starrten ins Leere, aufgerissen und schienen von inneren Dämonen besessen. Sie schleiften sie durch den Gang zurück und warfen sie in ihre Kerkerzelle. Dort ketteten sie an die Wand und setzten ihr einen schweren Topfhelm auf, der am Hals verschlossen wurde. Bald war ihr Ende besiegelt. Die neue Majestät hatte längst ein Urteil gefällt: Auf dass die Meuchelmörderin hinaufgezogen werde bis der Strick sie von ihrer Todsünde reinigte.

Als die Gardistinnen von Cassandra zurückkehrten, wollten sie zunächst ihren Augen nicht trauen, als sie Vesta auf dem Thron fanden. Im Nachhinein bedauerte die Führerin der Reiseeskorte, dass sie auf dem Rückweg noch einen Tag lang bei einem Lusthaus Halt gemacht hatten. Hätten sie ihrem fleischlichen Vergnügen getrotzt, wären sie vielleicht vor Vestas Krönung zurückgekehrt. Gern hätte sie diese kolossale Feier miterlebt. Etwas sorgte bei ihr allerdings für ein ungutes Gefühl: Irgendwas stimmte nicht an an den Geschichten, die man über Famas Ableben erzählte. Sie konnte nur nicht erkennen, was daran falsch war.

Inzwischen hatte die Heilerin ihr sündiges Tun mit einem Schuldgeständnis offenbart und musste sich als Hochverräterin am Galgen verantworten - voller Güte hatte Vesta auf eine härtere Strafe verzichtet. Aber die Kräuterfrau war stets loyal gewesen. Warum hätte sie ihre Herrscherin meucheln sollen? Ihre Ehre besudeln? Das fühlte sich für die Gardistin nicht richtig an. Doch sie musste nun Vesta ihre Treue schwören und tat dies auch pflichtbewusst. Vesta war die neue Majestät. Also berichtete die Uniformierte ihr von Famas geheimer Anweisung, Aurora ins Reich der Cassandra zu schicken, jedoch nicht mehr mit zurückzunehmen. Eine Reise ohne Wiederkehr als Preis für ein Bündnis zwischen den Reichen.

Vesta stutzte. „Mutter hat Aurora also als Pfand für eine Allianz genutzt…“ Sie sinnierte vor sich hin. „Wie arglistig, diese Hexe! Wofür sie wohl mich benutzen wollte?“ Doch laut sprach sie voller Inbrunst: „Wie ehrenvoll! Fama hat für das Wohl ihres Reiches sogar eine Tochter geopfert! Welch unendlicher Preis! Welche Güte! Welche Landesliebe! Lasst sie uns tunlichst in höchsten Ehren halten! Und dies gelte ebenso für Aurora, meine geliebte Schwester. Möge es ihr gut gehen bei Cassandra und zu unserer gemeinsamen Zukunft beitragen.“ Die Gardistin verbeugte sich respektvoll vor der jungen Majestät und verließ geschwind den Thronsaal.

Vesta nahm sich vor, ihr Reich mit resoluter Hand zu regieren. Als erstes würde sie die Bittsteller-Audienzen von Schmuranten und anderem Pack mit ihrer tränigen Empfindelei abschaffen. Oder zumindest sollte die Majordoma diese und andere lästige Pflichten übernehmen. Das war ihr Einerlei. Und was war mit diesem nervenden Senat? Hatte der nicht viel zu viele Rechte? War er nicht zu ihrem Wohlgefallen da? Er langweile sie. Das musste besser werden!

Ab heute wollte Vesta sich den schönen Dingen des Lebens widmen, wie es ihr zustand. Doch gegen Abend, als es dunkelte und selbst der Mond sich versteckte, kamen ihr düstere Gedanken: Was war, wenn Aurora versuchte, zurückzukehren? Vesta fachte einen goldenen Kandelaber an, um in der sternenklaren Nacht ein Licht vor ihren Augen zu haben, in dem sie ihre Überlegungen ordnen konnte. Alle Dienstboten hatte sie aus ihrem Gemach verbannt. Sie musste alleine sein und nachdenken.

Ihre Schwester war ein grimmiger Stachel in ihrem Hintern. Sie konnte zu einem ernsthaften Problem werden. Leise murmelte die junge Königin vor sich hin. „Es grauet mir vor ihr. Aurora muss sterben! Sterben muss sie!“ Vesta war sich nur noch nicht sicher, ob sie eine Assassinin ins Reich der Cassandra schicken, oder ob sie einfach abwarten sollte, bis ihr Schwesterherz eintrudelte. Dann konnte sie sie unter einem Vorwand von der Palastwache in den Kerker werfen lassen, wo sie auf schimmligem Stroh und bei Dunkelheit vegetieren durfte, in Ketten gelegt und der Hoffnungslosigkeit hingegeben während der Duft der Schwindgrube in ihr adeliges Näschen kroch. Mit dieser Gewissheit würde Vesta noch weicher in ihrem königlichen Bette liegen.

Vesta griff nach einem quadratischen Nougatküchlein, das auf einem Zinnteller lag, und spürte, wie die Süße der Backware und die neu gewonnene Macht eine Symbiose eingingen, die ihr die Lust in die Leisten trieb. Sie schritt schlendernd durch einen weißen Portikus Richtung Harem. Auf jeder der Säulen war Famas Wappen eingraviert. Vesta nahm sich vor, der Majordoma in Auftrag zu geben, die Wappen zu entfernen und für sie ein neues zu entwerfen. Nichts sollte mehr an ihre ungeliebte Mutter erinnern.

Vor dem Harem standen zwei Wächterinnen stramm und kreuzten ihre Lanzen vor dem Eingang. Als die Majestät sich näherte, stellten sie die Speere senkrecht, um ihr den Eintritt zu ermöglichen, doch Vesta blieb auf der Türschwelle stehen und hielt inne. Was für eine Vorstellung! Die Liebesspielzeuge ihrer Mutter begehren? Niemals! Sie befahl mit strenger Stimme: „Schafft sämtliche Bettsklaven in die Kupferminen vor der Stadt! Ich will frische Ware!“

Nun stolzierte die Regentin zufrieden in ihr Privatgemach. Hinter ihr hallten die vorsichtigen Proteste und Bittgesuche der Haremsmänner durch die Säulenhalle, als sie von den Soldatinnen abgeführt wurden. Sie ahnten, was ihnen blühte. Vesta lächelte. Fama war tot. Also war auch das Minneleben dieser Geschöpfe beendet. Sollten sie ihrer neuen Königin in den Minen ihren Tribut zollen! Dafür waren sie gewiss noch einige Jahre gut genug.

Als Vesta in den Armen ihrer drei Liebesjünglinge lag, stellte sie sich vor, wie die Haremssklaven ihrer Mutter bald schon in den Kupferstollen schufteten. Plötzlich kam ihr ein Gedanke: Honos, der ehemalige Majordomus von Königin Leda! Er hatte gemeutert und Fama das Versteck der Feindin verraten. Dafür war er zu lebenslanger Minenarbeit begnadigt worden. Vesta gluckste schalkhaft. „Begnadigt!“ Sie hatte von Honos Schicksal als Lustsklave in den Minen erfahren. Trotzdem schüttelte sie mit einer kleinen Glocke nach einer Wache. „Bringt mir Honos, den Kupferminensklaven, den Mutter einst pardoniert hat.“ Sie wollte sehen, was aus ihm geworden war und sich an seinem Leid ergötzen.

Beim anschließenden Liebesspiel mit ihren drei jungen Lustsklaven fiel ihr noch etwas ein: Catu… Cato… Wie hieß der Jüngling noch? Vesta hatte sich an einen Streich erinnert, den sie mit ihrer Schwester Aurora ausgeheckt hatte: ein Straßenbursche aus der Stadt, den sie in den Palast gelockt hatten. Dann hatte er ein Brandeisen mit Vestas Initial auf seinen süßen Po erhalten. Was lustiger Schabernack! Was hatten sie gelacht! Die Wache sollte auch diesen jungen Mann finden.

Vesta wollte ihn in ihren Harem aufnehmen. Doch wie hieß er bloß? Carulus? Catulus? Ja! Catulus! Auch ihn begehrte sie! Sie brauchte mehr Sklavenmaterial! Sie wollte den größten Harem des Kontinents! Größer, als der von Cassandra! Vesta gab sich bei dieser Vorstellung ganz den Bewegungen und Liebkosungen der drei Sklaven hin, versetzte den Jünglingen in ihrer Leidenschaft Ohrfeigen und krallte ihre Finger temperamentvoll in deren Fleisch, während sie zärtlich gestreichelt wurde.

Dann fühlte sie, wie ihr nobler Leib vibrierte, wie er zu beben begann und schließlich einen gewaltigen Höhepunkt der Lust erreichte, den sie schrill und gellend herausschrie. Alles drehte sich. Die ganze Welt drehte sich um sie. Sie war das Zentrum aller Dinge und spürte eine Befriedigung darin, wie nie zuvor. Ihre intrigante Meuchelei an ihrer Mutter hatte sie längst vergessen. Sie war so vergessen wie der leblose Leib der Heilerin, der noch immer vor den Toren im Winde baumelte und die Krähen speiste.

Ein Trupp aus acht Sklaven marschierte nackt und mit Ketten an ihren Halsbändern verbunden in zwei Reihen an den Gebeinen vorbei, angetrieben von zwei Frauen in Lederrüstung und mit langen Peitschen bewaffnet, die auf ihren Rappen saßen. Die Leibeigenen stammten von einer Farm einer Großgrundbesitzerin, die sie an eine Müllerin in der Metropole verscherbelt hatte. Ein Überschuss, der nur seine Bäuche füllen wollte.

Die Müllerin jedoch brauchte dringend neue Arbeiter, die den Mühlstein drehten und war froh über den günstigen Preis. Es sollte sich jedoch rächen, dass sie sie nicht begutachtet hatte, denn die Männer erweckten keinen guten Eindruck. Striemen über Striemen bedeckten ihre Leiber, zeugten also von Faulheit. Und ihre Gestalt wies nur Haut und Knochen auf. Jede Rippe war zu zählen und ihre Augen lagen tief im Schädel. Wie sollten diese armseligen Geschöpfe schwere Arbeit leisten? Aber das interessierte die zwei Reiterinnen nicht, denn sie sollten die Ware nur abliefern. Die Münzen waren schon von einer Hand zur nächsten gewechselt.

In Ledanien stürmte ein Wirbelwind über ein Feld und riss einige Sträucher und Büsche empor. So wenig, wie sie der urtümlichen Gewalt entkamen, erging es auch Leda, die ihrem Gemahl nicht länger aus dem Weg gehen konnte. Er sprach sie auf seinen Aufschluss an und forderte endgültig den Schlüssel. „Gib ihn mir! Jetzt! Ich will nicht mehr eingesperrt sein! Der Keuschheitsgürtel macht es nur schlimmer. Ich habe meine Manneskraft verloren, doch meine Lust ist ungebrochen! Ich will ihr, die mich so heiß entzündet, nicht mehr entsagen müssen.“

Er streckte der Königin verlangend die leere Hand entgegen. „Gib ihn mir! Ich werde mich im Schlafgemach zurückziehen, so dass ich dich nicht belästige und dein Auge beleidige.“ Leda seufzte leidvoll. Nun musste sie die Misere zugeben. Sie konnte ihm bei ihrer Beichte nicht in die Augen schauen. „Ich habe den Schlüssel zu meinem Verdruss verloren“. Ihre Worte voll Wahr schienen nachzuhallen wie in einer gewaltigen Tempelhalle. Doch in Wahrheit herrschte absolute Stille. Bedrückende Stille, die umso lauter schrie.

Abas sah sie ungläubig, geradezu entsetzt an. Das Stück Brot mit Gänseschmalz, das er sich gerade einverleiben wollte, sank zurück auf den Teller. In nächsten Moment sprach die Majestät beruhigend: „Sei unverzagt, Liebster. Ich finde ihn. Er kann nur irgendwo im Badehaus liegen. Vielleicht im Zuber oder daneben… Die Dienstboten und Zofen werden ihn suchen und entdecken.“ Abas spürte, wie sich seine Männlichkeit wie aus Angst an seinen Leib zog, beinahe so krampfartig, dass er glaubte, er würde innerlich zerreißen. Sein Begehren wuchs um das Doppelte und ließ ihn unwillkürlich aufseufzen. Eine gemeine Frustration erblühte in seinem Unterleib und breitete sich aus wie eine schwarze Fäulnis.

Sobald Leda alleine war, suchte sie ohne Zaudern den Obersten auf. Sie packte ihn mit den Fäusten in der Höhe seiner kräftigen Brust ans Gewand. „Zelos! Du – musst – den – Schlüssel – finden!“ Ihre Worte klangen wie eine Beschwörung. Zelos zuckte mit den Schultern. „Und wenn ich ihn bei der Jagd im Wald verloren habe?“ Leda seufzte. „Dann bleibt nur eine Wahl. Du musst den Schmied aufsuchen und einen Ersatz besorgen.“ Zelos wandte ein: „Dazu müsste der den Keuschheitsgürtel sehen.“ Leda stöhnte. „Oder gibt es einen Schmied, der den Gürtel mit seinem Werkzeug öffnen kann?“ Zelos kratzte sich am Kinn. „Ohne den Königsgemahl zu verletzen? Ich weiß nicht… Und außerdem müsste er verschwiegen sein wie ein Grab.“

Er sah der Regentin an, wie sie in dieser hoffnungslosen Lage litt. „Lasst alles beim Alten“, empfahl er ihr. „Das ist das Beste. Niemand darf erfahren, dass der Königsgemahl einen Keuschheitsgürtel trägt und seine Manneskraft verloren hat.“ Leda nickte resignierend. „Und du hättest es auch niemals erfahren dürfen.“ Zelos war entrüstet über dieses Aussage. „Leda! Majestät!“ Leda sank in die Arme des obersten Gardisten und vergoss salzige Tränen an seinem Gewand. Sie fühle sich nicht wie eine Königin. Sie fühlte sich wie eine liederliche Metze mit Schwarzseele und Herzeleid.


Kommentare willkommen!

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AlfvM
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:01.01.22 19:50 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Prallbeutel,
vielen Dank für deine tolle Geschichte.
Ein gutes neues Jahr, Gesundheit, Glück und viele Ideen für deine Geschichte.
GLG Alf

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von AlfvM am 01.01.22 um 19:54 geändert
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:03.01.22 18:23 IP: gespeichert Moderator melden


@ AlfvM: Danke. Wünsche dir auch ein frohes Neues!



Zelos streichelte den Rücken der Regentin, strich über das glänzende Haar, das nach Lavendelöl duftete. Leda presste sich enger an ihn. Er küsste sie sanft auf die Stirn. „Wir werden einen Ausweg finden“, versprach er. Die Augen der beiden trafen sich und versanken gegenseitig in einer tiefen Vereinigung. Sie griff um seinen Nacken und zog sein Gesicht zu ihr hinab. Dann fanden sich ihre Lippen, erst zaghaft, dann gieriger. Zelos spürte, wie sein Gemächt zuckte. Die Lust überflutete sie; und schon kurz darauf lagen sie übereinander auf einem breiten Diwan und liebten sich wie Mann und Frau. Abas war vergessen…

Gladius schritt durch den Gang der Burg und war in ein Gespräch mit einem Berater versunken. Der Gelehrte erläuterte ihm die Details. Der neue Vertrag mit dem Stadtstaat der Helena verursachte viel Arbeit. Es musste eine Prüfungskommission zusammengestellt werden, die kontrollierte, ob Helena sich an die Absprachen hielt. Der Schultheiß Gladius und der Majordomus und königliche Berater Hagbard hatten zu einer Besprechungsrunde geladen, an der auch weitere Gardisten teilnahmen. „Ich werde Königin Leda kundtun, dass wir nun beginnen“, sagte Hagbard und lief den Flur weiter geradeaus, während Gladius sich in den Fahnen- und Wappensaal begab, wo er den Vorsitz führen sollte.

Hagbard fragte die Wache, wo die Königin sei. „Majestät ist in einer Unterredung mit dem Obersten“, antwortete der Wachmann mit starrem Blick. „Das trifft sich ausgezeichnet“, meinte Hagbard. „Zelos soll ebenfalls an der Zusammenkunft teilnehmen.“ Er lief zur Kammer des obersten Gardisten und wollte gerade an der Eichentür klopfen, da hörte er frivole Lustschreie aus dem Gemach, die wohl ein Weib zu unterdrücken versuchte, doch gelang ihr dieses Vorhaben nicht so recht. Hagbard schmunzelte. „Dieser Lüstling!“, titulierte er den Obersten murmelnd. Kurz vor der Beraterrunde sich eine Magd als Buhle in die Federn zu locken!

Hagbard hatte keine Zeit zu verlieren und klopfte laut. „Oberster! Hagbard hier. Ihr werdet im Fahnensaal erwartet. Beeilt Euch!“ Die Lustgeräusche waren augenblicklich verstummt. Hagbard grinste. Da hatte er dem Stölzling wohl das Vergnügen mit seiner Dirne verdorben. Aber die Regierungsgeschäfte waren wichtiger. Sollte sein Weib doch in der Zwischenzeit das Bett für ihn wärmen.

Als Hagbard einige Schritte gegangen war, drehte er auf dem Absatz seines Stiefels um und schritt zur Tür zurück. Er trat ohne Erlaubnis ein und fragte: „Wisst Ihr vielleicht, wo ich die Majestät finden…“ Das letzte Wort blieb ihm in der Kehle stecken. Vor ihm sah er nicht nur den nackten Gardisten, der stolz sein Liebesschwert vor der Hüfte trug, sondern auch das Weib, dass sich hastig die Leibwäsche um den Körper wickelte – Leda! Hagbard war wie zur Salzsäule erstarrt. „Ma –jes – tät?“ Er rieb sich ungläubig die Augen.

Leda hatte sich einen Umhang aus besticktem Kattun umgeworfen, der über einer umgedrehten Bütte gelegen hatte. Da hörte sie plötzlich eine Klinge klirren. Entsetzt sah sie, wie Zelos nach seinem Rüstgehänge gegriffen hatte und ein Kurzschwert zog. „NEIN!“, rief Leda aufgebracht. „Senkt die Klinge!“ Zelos knurrte. „Unser Geheimnis darf niemand erfahren. Sonst wären wir beide verloren!“ Er näherte sich dem immer noch wie eingefroren dastehenden Hagbard, dessen Unterkiefer herabgefallen war. „Das erlaube ich nicht!“, rief Leda bestimmt. „Steckt das Schwert weg! Das ist ein Befehl Eurer Königin! Sofort!“

Zelos war anzumerken, wie er in einen Zwiespalt geriet. Wie gegen eine unbändige Macht bewegte er sich Fuß um Fuß auf Hagbard zu. Doch sein Schwert erschien ihm nun tonnenschwer und jeder Schritt kostete ihn Kraft, als müsse er einen beladenen Ochsenkarren ziehen. Trotz aller Unbill erreichte die zitternde Spitze der Waffe die Brust des Majordomus und berührte das Leinentuch seines Wamses. „Wagt es nicht! Runter mit der Klinge!“, befahl die Königin erneut mit resoluter Stimme. Vor Aufregung verlor sie einen großen Teil des Tuches von ihrer Blöße, so dass ihre adligen Knospen aufblitzten.

Nach einem endlos wirkenden Augenblick steckte Zelos sein Schwert in die Scheide des ledernen Gehänges zurück. Fluchtartig verließ er das Gemach. Hagbard stand noch immer wie erstarrt da. „Majestät, ich…“ Leda kam auf ihn zu und sagte mit ruhiger Stimme, obwohl sie innerlich aufgewühlt war: „Ich habe einen schweren Fehler gemacht, Hagbard. Könnt Ihr dieses Geheimnis für Euch behalten?“ Hagbard senkte ein wenig den Kopf. Dann hob er stolz das Kinn: „Jawohl, meine Majestät.“ Diese Niedertracht des obersten Gardisten! Aber er musste seiner Königin gehorchen. Das hatte er in einem Treueeid geschworen. Leda atmete erleichtert aus. Sie ahnte nichts von dem dräuenden Ungemach. Ein Wimpernschlag später knallte die Tür auf: Abas stand im Rahmen und zog sein Schwert.

Die fast nackte Leda und der bei ihr stehende Hagbard konnten nur eines bedeuten. „DU?“, brüllte er trunken von Wut. „Du schändest meine Gemahlin? Die Königin? Du treibst Unzucht mit ihr?“ Aufbrüllend wie ein leuenmutiger Berserker rannte der Hahnrei auf den Berater zu, die Waffe hoch erhoben, zum tödlichen Schlag bereit, um dem Rivalen die schändliche Fleischeslust auszutreiben.

Hagbard wehrte mit den bloßen Händen ab: „Nein, geschätzter Königsgemahl! Ihr irrt! Lasst Euch erklären!“ Doch Abas hastete für seine Verhältnisse unglaublich eilig herbei. Noch wenige Schritte trennten ihn von dem Majordomus und vermeintlichen Liebhaber seines Weibes. Leda schrie auf. Einen Lidschlag später stach Abas mit aller Kraft zu und durchbohrte das Herz des Majordomus, bevor dieser noch eine Silbe sprechen konnte. Leda hielt entsetzt ihre Hände vor das aschfahle Gesicht und starrte fassungslos durch ihre Finger auf den erstochenen Berater. „Was hast du getan!?“, stammelte die Regentin.

Abas schaute grimmig von Hagbard zu seinem Weib. „Was hast DU getan?“, knurrte er zwischen den Zähnen hervor. Er wischte seine Klinge despektierlich an dem Liegenden ab und steckte sie ein. Dann verließ er die Kammer und schüttelte betrübt den Kopf. Dass er die beiden im Gemach des Obersten gefunden hatte, schien ihn nicht zu verwundern. Vermutlich war ihnen bekannt, das Zelos an der Besprechung teilnahm und sie fühlten sich dort am sichersten für ihre schändliche Umtriebigkeit, dachte er. Und das hatte Hagbard nun mit dem Tode bezahlt.

Er hinkte den Flur der Burg entlang. Bald kam ihm Gladius entgegen. „Mein Herr, wisst Ihr etwas zu dem Verbleib der Majestät? Alle erwarten sie im Fahnensaal. Und auch Zelos und Hagbard fehlen noch.“ Abas lächelte verkrampft. „Seid ohne Sorge. Sie werden gewiss gleich erscheinen.“ Der Königsgemahl schlurfte mit schmerzender Hüfte und leerem Blick in eine Rüstkammer der Zitadelle. Er wollte alleine sein. Er ließ sich auf einen Holzschemel fallen und nahm vom Tisch eine Kalebasse, die mit Gerstengebräu gefüllt war. Er musste seinen Zorn, der wie Zunder entflammt war, löschen. Abas trank ohne abzusetzen das Gefäß leer und schleuderte es anschließend gegen die Wand.

Alldieweil hatte Gladius die Königin gefunden, die wieder ihr Gewand trug und ein Kurzschwert in der Hand hielt. „Um der Alten Götter Willen! Was ist geschehen?“, rief der Schultheiß. Leda erzählte schluchzend von dem frevelhaften Versuch Hagbards, die Majestät zu beflecken. Gladius war außer sich und brüllte nach den Wachen. Kurz darauf polterten Soldaten und Soldatinnen, darunter auch Nike, herbei. Die Gardistin befahl, den toten Hagbard zu entfernen und das Gemach des Obersten zu säubern.

Ein Medikus wurde gerufen, der sich um die sichtbar entsetzte Königin kümmerte. Die Unterredung zum Vertrag mit dem Reich der Helena musste verschoben werden. Gladius hatte den Anwesenden von dem Vorfall berichtet. Zelos war bleich wie Elfenbein geworden. Hagbard war von Leda erstochen worden? Sie hatte skrupellos den Zeugen beseitigt? Das hätte er ihr niemals zugetraut. Warum hatte sie den Majordomus dann zunächst verteidigt? Aus Weibern wurde er nicht schlau. Aber so, wie es nun geschehen war, war es wohl am besten…

Helenas Abordnung und die Delegation aus Ledanien waren inzwischen zurück in dem Stadtstaat. Die weiblichen Gardisten aus dem Westen wurden herzlich empfangen, die männlichen Begleiter eher mit skeptischen Blicken beleidigt, doch hielten sich alle zurück, um den neu gewonnenen Frieden nicht zu gefährden.

Die Regentin begrüßte die ledanischen Gäste und machte keine Unterschiede zwischen Mann und Weib. Zwei Senatorinnen der Helena pressten unwillig ihre Lippen zusammen, als die Königin den männlichen Ledaniern freundlich zunickte und sie herzlich willkommen hieß. Sie unterzeichnete in der folgenden Zeremonie den Kontrakt zwischen den Reichen mit ihrer Feder, streute ein wenig feinen Sand darüber, um die Schrift zu trocknen, und gab eine Ausfertigung der Pergamentrolle zurück an eine Gardistin der Leda.

Helena schlug vor, den Vertrag mit einem opulenten Festbankett zu besiegeln. Am Abend sollte es im großen Palast stattfinden. Die Duxas hatten strenge Anweisung, dafür zu sorgen, dass männliche Bedienstete angemessen behandelt wurden. Es sollte nicht gleich der Eindruck entstehen, als nähme der Stadtstaat den Kontrakt auf die leichte Schulter. Eine Senatorin eilte in diesem Moment herbei und flüsterte der Hoheit etwas zu. Helenas Miene wurde ernst. Dann verkündete sie Ungemach. „Es gibt Besorgnis erregende Kunde aus dem Osten.“ Alle hingen der Hoheit an den Lippen. „Fama ist tot. Eine Tochter hat sich die Krone aufs Haupt gesetzt. Und es gibt Gerüchte über eine Allianz mit dem Reich der Cassandra.“

Ein Raunen ging durch den Saal. Die Abordnung aus Ledanien sah sich an. Auch die Senatorinnen und Duxas der Helena waren alarmiert. Zwei extremistische Reiche konservativer Frauenvormacht hatten einen Pakt geschlossen und bildeten ein gemeinsames Bündnis. Da war ein Kriegszug Richtung Westen wahrlich nicht mehr weit. Passend zur Stimmung dräute ein Unwetter am Himmel und verschluckte die Sonne hinter dunklen Wolken.

Am Abend gab es zunächst erlesene Brochettes und feinen Trunk zu den Feierlichkeiten. Die Delegation aus Ledanien hatte nur einen Teil des Palastes gesehen und war von dem imponierenden und sensationellen Prachtbau mehr als nur beeindruckt. „Magnifik!“, war das Wort, das aus mehreren Mündern geflüstert wurde. Die hohen Decken waren mit Stuck verziert, und gewaltige Marmorsäulen bildete ganze Reihen, auf denen die Kapitellen thronten. Kostbare Wandteppiche zeigten detaillierte Motive von Edeldamen, Landschaften und Kriegszügen der Armee.

Ihr Weg führte durch einen langen Gang mit Spitzbogen zum Festsaal. Peinlich genau war die Sitzordnung an den langen Tischen darauf ausgerichtet, dass die männlichen Ledanier nicht benachteiligt wurden. Als zweiten Gang brachten die Träger leckeres Soufflé, dann folgten Rebhuhnbraten, Ganterbrust und feinstes Lammfilet mit geschmorten Pilzen. Später tischte das Gesinde gepfefferte Kirschen mit Vanilleschoten, Mandelmilch, Huhn in Zimtsauce, diverse Pasteten und Linsenpüree, Gemüsekuchen und überbackene Fleischspieße auf – die Auswahl war schier endlos. Und dazu gab es besten Rotwein oder frisches Met.

An den hohen Wänden flackerten Fackeln jeweils links und rechts der großen Rosettenfenster. Aber auch massive Kronleuchter, die von der Decke hingen, und zahlreiche Lichter auf den Tischen sorgten für eine angenehme und doch festliche Helligkeit. Eilig hatten mehrere Lakaien mit ihren Kienspänen die Kerzen und Lichter entfacht und waren wieder in die Küche verschwunden. Die Feiernden fraßen sich durch die getürmten Haufen und opulenten Berge diverser Speisen bis alle Bäuche bis zum Rand gefüllt waren und zu bersten drohten.

An einer Seite des Saals dudelten einige Musiker spielselig fröhliche Melodien auf ihren Tröten und Holzflöten, die so gar nicht zu den kalten Mauern passen wollten, aus denen der Palast bestand - ein dekadentes Bauwerk, das mit seiner extravaganten und trutzigen Architektur wie ein arglistiges Urtier in der Stadt hockte und auf seine Opfer lauerte.

Auch zwei Panflöten kamen zum Einsatz, denen die Ledanier staunend lauschten, denn solche Klänge hatten sie bisher niemals vernommen. Helena berichtete, dass diese Instrumente aus dem fernen Ostkontinent stammten. Das Volk der Amazonen habe diese verwendet. Bei einer Sklavenjagd für Megara waren die Flöten in ihre Hände gefallen. Zehn Dutzend Stück hatten sie damals mitgebracht - Sklaven, nicht Holzpfeifen.

Im Laufe des Abends entwickelte sich die anfangs noch etwas steife Runde zu einem lockeren und feuchtfröhlichen Weingelage. Helena und einige Senatorinnen hatten befürchtet, es könnte zu Streitereien zwischen Damen und den Ledaniern kommen, doch weit gefehlt: Die gar nicht unterwürfigen Recken der Leda und einige der sonst so hochnäsigen Ladys vergnügten sich bei den Schrittfolgen des Tanzes poussierend oder im gemeinsamen Gespräch am Tisch, bei dem Hände und Füße erst verschämt, dann frivol und offen miteinander anbändelten und schließlich leidenschaftliche Küsse Dekollete und Lippen des Gegenüber trafen.

Konservative Senatorinnen und Duxas waren eine Spur pikiert, doch je später die Stunde, desto weniger schien sie die ungewohnte Vereinigung zwischen freien Recken und Damen zu stören. Aus Respekt vor der Majestät blieben die Handlungen der Anwesenden im gesellschaftlichen Rahmen und Biedersinn, doch so manches neu gefundene Paar suchte geflissentlich nach einem verlassenen Gemach, wo sie der Liebe freien Lauf lassen durften – und davon gab es reichlich Platz in dem weitläufigen Palast mit seinen dunklen Ecken.

Als dann eine Gardistin der Leda einen Trinkspruch auf Herrscherin Helena sprechen wollte und als Zeichen der Treue ihr Kurzschwert zog, um den Griff an ihr Herz zu drücken, schätzten die Palastwächterinnen der Helena die Lage falsch ein: Die Königin, die große Angst vor Anschlägen hatte, wurde stets von Wachfrauen begleitet, so waren diese immer auf der Hut. Die Gerüsteten schirmten die Despotin mit langen tropfenförmigen Langschilden ab und richteten Hellebarden auf die Gardistin. So kam es fast zu einem Eklat, doch schnell war die Sache aufgeklärt und man lachte über das Missverständnis, ohne dass jemandem ein Zacken aus der Krone gebrochen war.

Am nächsten Morgen verabschiedete sich die ledanische Delegation, um hoch zu Ross zurück zur Westküste zu kehren. Bald schon sollten die ersten Handelswege geöffnet werden, um Lebensmittel in den Stadtstaat zu transportieren sowie Waffen und Werkzeuge nach Ledanien zu bringen. Mit neuen Armbrüsten ausgerüstet machten sich die Ledanier also auf den Heimweg. Die Vogelfreien der „Freien Ländereien“ würden so armiert keine Gefahr für die Reisenden darstellen. Und schon bald sollten die Strauchdiebe und anderes Pack ganz vertrieben sein, denn die geplanten Handelsrouten für die Kaufleute mussten freilich von kleinen Garnisonen und Patrouillen bewacht werden.

Helena besprach mit ihren Senatorinnen das weitere Vorgehen. Das Volk musste genau über die neuen Gesetze und Rechte der Mannbilder informiert werden, damit es nicht zu Verwirrungen kam. Eine Senatorin gab zu bedenken, dass dies für die Untertanen eine schwere Kröte sei, die sie zu schlucken hatten. „Wir sollten die Bürgerinnen vorsichtig daran gewöhnen, dass die Keuschheitspflicht vermutlich ganz abgeschafft wird. Und Züchtigungen wird es ja auch nur noch unter berechtigten Gründen geben. Ich fürchte, dass die Empörung groß sein wird. Die Reformen sind zu einschneidend, zu grundlegend…“ Helena unterbrach mit einer unwirschen Handbewegung. „Diese Wehrmutstropfen müssen die Damen hinnehmen. Wäre es besser, wenn sie von der Ostallianz unterjocht werden?“

Die Senatorin verneigte sich, so dass ihr Anhänger ihrer Halskette, eine Gemme aus Karneol, in der Luft schaukelte, und dachte bei sich: „Den Damen würde wohl nichts geschehen. Nur Ihr, werte Helena, würdet vom Thron gestoßen. Erst recht als ehemalige Statthalterin der Fama, die sich vom Großreich unabhängig erklärt hat. Die Nachfolgerin, wer es auch sei, wird trefflich noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen haben, werte Helena.“ Doch der Senatorin kamen die scharfen Worte nicht über ihre Zunge. Sie selbst würde im Falle einer Übernahme der Ostallianz einfach die Seiten wechseln.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:03.01.22 21:56 IP: gespeichert Moderator melden


Vermutlich war es die hemmungslose Begierde, die Leda und Zelos unvorsichtig werden ließ; prompt konnte der Berater in das unverschlossene Gemach eintreten und die beiden in flagranti erwischen - eine durchaus realistische Handlung, ich kenne eine Person im , die genauso unvorsichtig war...
- Danke für die Fortsetzungen des umfangreichen Romans, alles Gute im Neuen Jahr; ich bin neugierig, wieviele Episoden noch folgen werden!

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:04.01.22 19:47 IP: gespeichert Moderator melden


Die Geschichte nimmt "wilde" Wendungen! Sehr spannend..... Mal wieder herzlichen Dank und natürlich dir und allen Forenmitgliedern ein gutes neues Jahr (und dem Virus die Pest an den "Hals".... ...... )

Grüße
shoeps
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:07.01.22 21:29 IP: gespeichert Moderator melden


@ M A G N U S & @ sheeeep:

Danke für die freundlichen Feedbacks!

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:07.01.22 21:33 IP: gespeichert Moderator melden


Die feudale Helena zog sich in ihr Harem zurück. Mit dem neuen Kontrakt würden Harems unter strenge Auflagen gesetzt. Praktisch war es kaum noch möglich sich Lustsklaven zu halten. Die Männer mussten unterzeichnen, dass sie freiwillig diese Tätigkeit ausübten und sogar einen Lohn dafür erhielten - mit ihrem Daumenabdruck, denn welcher Mann konnte schon lesen?! Helena jedoch, so liberal sie ansonsten war, wollte nicht auf ihren Harem verzichten. Er sollte im Geheimen weiterhin existieren. Es war als Monarchin zwar ihr Privileg eine Ausnahmeregelung zu schaffen, doch sollte das Volk ihr nicht Heuchelei vorwerfen, Wasser zu predigen und Wein zu trinken.

Helena betrat den Lustflügel. Sie trug nur ein hauchdünnes Gewand. Um ihre Hüften lag ein Gürtel, der von einer Schnalle mit einem großen ovalen Onyx verziert wurde. Ihr hübsches Antlitz wurde von ihren langen Haaren umrahmt. Die Herrin schloss zwei dankbeflissene Sklaven auf und klatschte auch nach Aphron, der ihr kniend zusehen sollte, wie sie sich von den beiden potenten Mannsbildern verwöhnen ließ. Als Finale, so befahl die Herrscherin, musste Aphron die beiden Leibeigenen befriedigen. Der Verschlossene bettelte mit seinem Blick, doch die Herrin war unerbittlich. Sie forderte seine Pflicht ein.

Und so sollte der eine Lustsklave die geschickte Zunge Aphrons und dessen feste Lippen spüren, während der zweite mit lustvollen Hüftstößen auf der anderen Seite des Verhurten eindrang. Helena nippte an süßem Met und genoss den hübschen Anblick. Mit einer erhobenen Augenbraue erhaschte sie, dass auch Aphrons Männlichkeit ungezügelt war, denn aus dem Keuschheitsgürtel tropfte es. Oder hatte er vor Angst etwa seine Beherrschung verloren?

Nein, entschied Helena, Aphron war ein Lustmolch, daran bestand nun kein Zweifel mehr. Er würde niemals wieder aufgesperrt werden. Sie musste ihn vor sich selbst schützen. Kichernd verließ die Gebieterin den Raum, um sich zur Ruhe zu betten. Sie ließ ihr edles Gewand fallen und schlüpfte nackten Leibes in ihr Bett. Sanft sank sie in die kühlen seidenen Kissen und streckte ihre königliche Gestalt aus.

Aurora brütete düster in ihrem neuen Prachtdomizil. Ein Ausreiseverbot hatte Cassandra ihr verhängt und schließlich sogar einen Hausarrest! Fast wie eine gewöhnliche Gefangene war sie abgeführt worden! Die Prinzessin war immer noch völlig außer sich. Sie dachte gar nicht daran, als honette Adelsdame ihre Contenance zu wahren. Die Tochter der Fama hatte sich anfangs wie eine Wildkatze gebärdet, hatte Vasen und Kristallpokale an den Wänden zerbersten lassen, hatte mit einer Gerte auf sämtliche Bedienstete eingeschlagen, hatte Seidenvorhänge hinabgerissen und eine Büste mit dem Antlitz der Cassandra bespuckt, hatte gegen Türen getrommelt und einen blumigen Strauß voller undamenhafter Flüche geschrien. Aber alles hatte nichts geholfen. Sie befand sich im Hausarrest.

Zwar durfte nach cassandrischen Gesetzen kein Mann Hand an eine Dame legen, doch genügend Wachfrauen sorgten dafür, dass Aurora ihr Palais nicht verließ. Nichts konnte ihre Laune bessern, die durch die impertinente Auflage, das Heim nicht zu verlassen, in tiefste Schlünde gesunken war. Weder ihr Lieblingssoufflé mit Vanilleschoten noch ein possierlicher mit Sabberlätzchen, karierten Pluderhosen, Schnabelschuhwerk und bunt geschecktem Wams kostümierte Hofnarr der Autokratin konnten sie aufheitern, als er mit Glöckchen und Rassel ulkige Verrenkungen vollführte und mit seinem Silberblick spaßige Reime vortrug.

Aurora ließ den Spaßmacher zu seinem Ungemach aus dem Haus peitschen. Hinter ihm hörte er ihre schrille Stimme und Wörter wie Streckbank, Mundbirne und irgendwas mit glühenden Zangen. Panisch rannte er ziellos von dannen und hielt sich jammernd die Ohren zu, bis er der zubeißenden Geißel entkommen war, die ihm noch eine Weile gefolgt war.

Nun kullerten einige wütende Tränen über Auroras Antlitz. Cassandra hatte nach der Hochzeitszeremonie zwar deutlich gemacht, dass der Hausarrest nur vorläufig galt, „bis Ihr Euch an Eure neue Heimat gewöhnt habt, mein Kind“. Doch Aurora war garstig aufgesprungen: „Niemals werde ich mich daran gewöhnen!“ Zur Unterstreichung ihrer Worte hatte sie eine Kristallkaraffe gegriffen und auf dem Boden zerschellen lassen.

Wie konnte ihre Mutter sie nur so niederträchtig verraten? Und ihre Begleitung! - Da kam ihr plötzlich eine Eingebung. Sie fragte, ob sie die Soldatin sprechen könne, die sie hatte erpressen wollen. Eine Duxa der Cassandra pochte allerdings darauf, dass die Soldatin dazu aus dem Kerker zu Aurora gebracht werden müsse. Nun war es so weit. „Lasst uns allein!“, kommandierte Aurora scharf und schickte zwei Wächterinnen und zwei Haussklaven hinaus.

Die ehemalige Soldatin kniete auf dem Boden, die Hände hinter dem Rücken in Eisen gelegt. Zwischen ihren Füßen verlief eine kurze Kette. Die schweren Eisenbänder lagen eng um ihre Knöchel und hatten schon böse Spuren gemalt. Sie trug nicht mehr die Uniform der Metropole sondern ein einfaches, ärmelloses und schmutziges Leinenkleid, das man ihr hingeworfen hatte.

Aurora stolzierte hochnäsig näher. „Bereut Ihr, dass Ihr mich erpressen wolltet, Weib?“ Die Soldatin starrte auf den Boden vor sich. Langsam hob sie das Gesicht, das so dreckig war, dass eventuelle Spuren von Bestrafungen nicht zu sehen waren. „Hohes Fräulein“, begann die Gefangene, doch Aurora unterbrach brüsk: „Ich bin vermählt! Das Fräulein kannst du dir da hin stecken, wo dich die Wachen beglücken! Und diese gruselige Hochzeit habe ich dir und den anderen Verräterinnen zu verdanken! Ihr habt davon gewusst! Dafür sollst du doppelt und für alle deine Mitstreiterinnen büßen!“

Die Soldatin keuchte. „Aber ich wusste doch nichts davon, dass wir ohne Euch zurückkehren sollen. Das habe ich erst hier erfahren.“ Aurora spuckte abfällig aus. „Du, meine Liebe, wirst auf keinen Fall mehr die Sonne sehen. Bis zu deinem Lebensende wirst du bei Zwangsarbeit im Kerker schuften und an mich denken!“ Die Kniende zitterte. „Bitte gewährt mir Milde! Im Kerker bin ich das einzige Weib. Und die Wächterinnen sorgen sich einen feuchten Kehricht darum, was in der Gewölbezelle geschieht.“ Aurora grinste diabolisch. „Das freut mich zu hören. Vielleicht besuche ich dich mal.“ Sie klatschte in Hände und die Wachfrauen erschienen. „Bringt sie vorerst ins Loch! Und sorgt dafür, dass ihr nicht langweilig wird. Und wenn sie bereit ist, soll sie schuften.“

Schallend lachend übertönte sie das bettelnde Gestammel der Frau, die, links und rechts von den Uniformierten umrahmt, grob abgeführt wurde. Sie stießen sie ein paar schlammige Stufen hinab, und dann brachte man sie zu einem Bodengitter. Eine Wächterin öffnete es quietschend. Die andere stieß die Gefangene hinab. Der Hohlraum darunter war nicht sehr tief. Die Gefangene konnte mit ihren Fingern das Gitter über ihr erreichen. Doch nach einem Stiefeltritt zog sie sie schnell zurück. In den folgenden Stunden wuchs ihre Angst ins Unerträgliche, und ihr Geist spann einen Kokon um ihren Verstand, um nicht verrückt zu werden.

Aurora setzte sich auf einen riesigen Diwan, der mit magnolienweißer Seide bespannt war und auf goldenen Füßen stand, und goss sich einen Schoppen Wein in einen Silberkelch. Langsam ließ sie den dunkelroten Inhalt darin kreisen. Dann stürzte sie alles hastig ihre Kehle hinab und eilte in ihr Schlafgemach. Unterwegs rief sie einem Haussklaven zu: „Bring mir meinen Mann!“

Aurora griff blasiert nach einem hölzernen Luststab, den sie sich mit dem angebrachten Ledergürtel um die Hüfte band. Anschließend griff sie an ihr festgeschnürtes Mieder, aus dem ihre Brüste fast hinausdrängten und genoss die Berührung ihres Leibes. Geteiltes Leid war halbes Leid. Und wenn die Soldatin die eine Hälfte erlitt, ihr Gemahl die zweite, dann blieb für Aurora nur noch das Pläsier übrig.

Leise seufzte sie. Perfekt würde es nicht sein, denn sie war immer noch in Cassandria gefangen. Doch so bald sich eine Möglichkeit finden würde, zur Metropole zurückzukehren, würde sie diese nutzen. Ihre Mutter würde ihren Plan bitter bereuen! Sie beabsichtigte, sie heimlich vergiften oder meucheln zu lassen oder die Empore hinabzustürzen oder ihr einfach einen Dolch ins verdorbene Herz zu rammen.

Es währte nicht mehr lange, da konnte die Prinzessin ihren Kummer und ihre trüben Gedanken durch die Lockungen des Fleisches, die sündige Lust verdrängen. Ihr Gemahl stand mit dem Rücken zu ihr tief vorgebeugt und wurde von seiner Eheherrin kräftig mit dem hölzernen und mit Gänsefett eingeriebenen Liebesstab gestoßen. Aus dem Keuschheitsgürtel des stöhnenden Mannes landeten Lusttropfen auf dem kahlen Boden, doch eine Befriedigung erhielt er nicht.

Im Gegenteil zu seiner frustrierenden Hitze seines Gemächts und dem noch feuriger lodernden Hintern, gönnte sich Aurora bald seine feuchte Zunge, während sie ihn gleichzeitig von einem Haussklaven mit der Holzkeule rammeln ließ, bis sie vor zauberumstrickter Lust und Ekstase spitz schrie und ihre Finger in die Kissen krampfte. In diesem Punkt hatte Cassandra keine falschen Versprechungen gemacht: Das Sklavenmaterial war erster Güte, musste Aurora anerkennend feststellen, während Wellen der Wonne durch ihren Leib schwappten und sie vor Glückseligkeit Purzelbäume hätte schlagen können.

Doch des Nachts, als der Mond schimmernd seine Reise tat, kamen die grüblerischen Gedanken zurück. Sie schlichen sich in ihren Kopf wie böse Kobolde, die sie peinigen wollten. Sie fühlte sich wie ein Kanarienvogel in einem engen goldenen Käfig. Ob sich die Wachen bestechen ließen? Die Grenzarmee? Vielleicht konnte sie sogar Cassandra vom Thron stürzen? - Träumereien, schalt sie sich im nächsten Augenblick und zog eine Schnute. Aber niemals würde sie zulassen, für immer und ewig in Cassandria zu bleiben, während womöglich eines Tages ihr Schwesterherz Vesta die Krone der Metropole aufsetzte!

Und wie ein Vorbote des Unheils jagten die Alten Götter in dieser Nacht ein Elmsfeuer auf die gewaltige Statue der Cassandra, draußen auf dem Marktplatz der Stadt, wo das formidable Konterfei der Tyrannin hoch über den Dächern der Gebäude ins Firmament ragte. Waren die Blitze ein Zeichen, das die Zukunft voll Gefahren war? Aurora versteckte sich in ihrem Bett unter ihrer Seidendecke vor den Geistern der Nacht.

In Ledanien schien die Sonne vom blauen Himmel. Der Königsgemahl Abas saß in einer dunklen Kammer und blickte auf die Schießscharte, die nur einen Lichtspalt hineinließ. In dem grellen Sonnenstrahl flog der Staub der Kammer sichtbar umher. Wirbelnd, wie Abas die Gedanken durch den Kopf sausten. Sein Misstrauen hatte ihn nicht getrogen. Leda war diesem Hagbard verfallen gewesen!

Von ihm hätte Abas diesen Frevel niemals erwartet. Gladius hatte er im Verdacht, aber Hagbard? Der Majordomus? Wie konnte er auch so dumm sein, zu denken, dass er seiner Majestät genügte? Von Megaras Kerkerhaft schwer gezeichnet, hatte er seine Manneskraft verloren. Jedes Weib gierte irgendwann nach einem echten Recken. Abas seufzte tief. Er konnte Leda nicht einmal böse sein. Sie hatte zwar auch Schuld auf sich geladen, doch Abas ganze Wut hatte er in den Todesstoß gegen Hagbard gerichtet.

Aber wie sollte es weitergehen? Er würde nun definitiv den Schlüssel zu seinem Keuschheitsgürtel zurückfordern. Doch momentan wollte er alleine sein. Dann wieder kam ihm der Gedanke, dass sein kraftloses Gemächt besser in dem Käfig aufgehoben wäre. Er fühlte einen bitteren Geschmack. Was war richtig? Was war falsch?

Während er in der Kammer brütete, befahl Zelos einer Abordnung Wächtern: „Bringt den Leichnam von Hagbard vor die Burg und werft ihn in den Staub. Die Geier sollen sich seiner annehmen. Der Frevler hat hier nichts zu suchen. Seine Schandtat, Königin Leda zu beflecken, konnte Dank der Alten Götter abgewendet werden.“

Später trafen sich Leda und Zelos und besprachen das weitere Vorgehen. „Du musst ein Zeichen für das Volk setzen“, war sich der Oberste sicher. „Hagbard muss wie ein Unehrenhafter behandelt werden.“ Leda stimmte schwermütig zu. „Ja, es ist wohl nötig. Doch es tut mir im Herzen weh.“ Anschließend eilte Zelos zu Abas und teilte ihm mit: „Werter Königsgemahl. Meine Verehrung, dass Ihr die Majestät so heldenhaft beschützt habt. Wäre ich anwesend gewesen, so hätte ich Hagbard liebend gerne den kalten Stahl durchs Herz gebohrt!“ Abas nickte abwesend. „Lass mich allein.“

Zelos nickte und verließ die Kammer. Zufrieden lächelte er. Seine abenteuerliche Eskapade mit der Königin war nicht aufgeflogen. Hagbard musste als Bauernopfer die Zeche zahlen. Das konnte der Oberste verschmerzen. Er schritt weit ausholend durch den kühlen Gang der Burg, an deren Wänden Schilde, Wappen und Fahnen die Steinquader schmückten. Wie gern Zelos Abas prahlend entgegen gerufen hätte: „Der Schlüssel zu deinem Keuschheitsgürtel liegt auf dem Grund des Burggrabens, tief versunken im Schlamm. Während ich mich in dein Weib ergieße, du Krüppel, schmachtest du in deiner unerfüllten Manneskraft!“

Zelos träumte schon von der nächsten heißen Nacht mit Leda, in der sie sich in den Laken wühlen würden. Und eines Tages würde er sogar vielleicht Gebieter neben Leda? Doch dazu müsste Abas sein Leben aushauchen. Das getraute sich der Oberste nicht. Er war kein Mörder. Und gegen einen Krüppel wollte er auch nicht antreten. Es war doch viel schöner, ihn leiden zu sehen…

Er packte sich unter seinem prachtvollen Wams unzüchtig ans Gemächt. In der engen Stoffhose zeichnete sich seine Männlichkeit detailliert ab. Bei dem Gedanken an seine Macht erwachte seine Liebesrute zum Leben. Seine Leidenschaft loderte auf. Er konnte nur noch an Ledas hübschen makellosen Leib denken. Ihren Duft. Ihre stöhnenden Laute. Hoffentlich war Abas bald müde und schläfrig…

Die Königin berief nun doch noch die Konferenzrunde zum Vertrag mit Helena ein. Viele Dinge mussten besprochen werden. Einiges dagegen konnte erst geklärt werden, wenn die Delegation vom Stadtstaat zurückgekehrt war. Gleichzeitig wurde Hagbard vor die Tore der Burg geschleift. Nike, die die beiden Soldaten befehligte, kommandierte die Gerüsteten wieder auf ihre Posten und blieb noch eine Weile über dem Leichnam stehen. Murmelnd sprach sie: „Hagbard, wie konntest du uns so enttäuschen? Ich kannte dich ganz anders. Stets loyal. Du hast den Treueid auf deine Königin gegeben. Was ist nur in dich gefahren, dass du diesen edlen Schwur gebrochen hast?“

Kopfschüttelnd kehrte auch Nike wieder in die Zitadelle. Sie wollte dem Obersten darüber berichten, dass Hagbard nun hinausgeschafft worden war, und klopfte an seiner Kammer. Niemand antwortete. Sie klopfte erneut und öffnete die schwere Eichentür. Die Soldatin sah auf dem Boden die verblichenen Flecken, die Hagbards Leib hinterlassen hatte und nicht vollständig weggescheuert worden waren. Sinnend runzelte sie die Stirn. Wieso war Hagbard überhaupt mit Leda ausgerechnet in der Kammer des Obersten gewesen?

Nike schloss die Tür wieder und ging über den Flur und den Innenhof der Burganlage zum Aufstieg der Wehrmauer. Sie stellte sich zwischen zwei hohe Zinnen und schaute hinaus ins Land von Ledanien. Beinahe wäre es um die Königin geschehen gewesen. - Bisweilen lauerte die Gefahr nicht in der Ferne beim Feind sondern mitten unter ihnen.

Die Gardistin spürte den kühlen Wind in ihrem langen Haar. Das Schicksal hatte schon seltsame Wirrungen und Wendungen des Lebens auf Lager. Vor einigen Jahren war Zelos nur ein Stallbursche gewesen. Nike erinnerte sich an den Jüngling, der ihr zu gehorchen hatte. Doch nun war er ihr Befehlshaber. Megara, die als schier unbesiegbar galt, war tot, Leda aus dem Exil zurück und Königin, die Überläuferin Helena sollte ihre Verbündete werden und einer von Ledas Getreuen wollte sie schänden. Die Alten Götter liebten es, mit den Menschen manch makabre Spiele zu spielen.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:15.01.22 15:38 IP: gespeichert Moderator melden










Als die Soldatin noch darüber sann, sah sie einen Gerüsteten zu Ross wie gehetzt auf die Burg zu galoppieren, eine weite Staubfahne hinter sich herziehend. Sofort eilte Nike hinab, um nach dem Begehr zu fragen. Sie erfuhr von einigen Festnahmen vor dem Palisadengrenzzaun von „Freien“. Vier Männer, die schnell als Wilderer und Marodeure erkannt worden waren, hatten sich freiwillig den Soldaten Ledaniens ausgeliefert. Grund war ihre regelrechte Todesangst, die sie in ihren ledernen Beinlingen und kurzen Tuniken sichtlich zittern ließ.

Laut deren haspelnd vorgebrachten Erzählung sei ein gewaltiger Troll in der Region unterwegs, so berichtete der Soldat der höherrangigen Nike, und habe ihnen nach dem Leben getrachtet. Die Hälfte ihrer Rotte sei von ihm bestialisch massakriert worden. „Schafft die Banditen in die Burg und bringt sie in den Kerker“, befahl Nike streng. Seit einiger Zeit hatte es keine Verbrechen in Ledanien gegeben, so dass die Zellen leer blieben, doch das sollte sich nun wohl ändern.

Nike eilte zum Obersten, um ihn zu unterrichten. Zelos staunte mit hochgezogenen Brauen. „Aus freien Stücken ergeben sich diese Schurken? Dann wütet da draußen tatsächlich ein Ungetüm. Hoffentlich geschieht unserer Delegation auf ihrer Rückreise nichts. Wir sollten sie durch Briefraben warnen lassen. Bereitet ein entsprechendes Pergament vor!“ Nike salutierte und verließ den Obersten, um das Befohlene zu veranlassen.

Die Grenzwachen wurden verdoppelt und mit zusätzlichen Wurfkatapulten verstärkt. Die dafür notwendigen Steinbrocken mussten von schweren Ochsenkarren mühsam herangeschafft werden. Ein ausgewachsener Troll würde den Graben und den Palisadenzaun ohne weiteres überwinden können, sollte er nicht auf Gegenwehr treffen. Aber kampflos würde Nike die Grenze zu Ledas Königreich niemals aufgeben. Sie würde kämpfen bis das Monster besiegt war oder in einem ehrenhaften Tod fallen.

Noch vor Sonnenuntergang beherbergte der Kerker unter der Zitadelle vier neue Insassen. Nike ließ sie in ihren Zellen in Eisen legen, nachdem sie sich vorlaut gegen die Gefangennahme beschwert hatten. „Seid froh, dass wir euch nicht dem Troll ausgeliefert haben“, stellte Nike klar. „Aber ihr werdet für eure Diebstähle und Räubereien zur Rechenschaft gezogen werden.“

Die rauen Männer beschimpften die Soldatin. Daraufhin hatte Nike die Eisen befohlen, und so steckten die Vier mit ihren Handgelenken neben den Fußknöcheln nebeneinander aufgereiht auf dem kalten Boden des Kerkers im Stock. Die Kerle stritten nun darüber, wer sie mit seinem „schmutzigen Schandmaul“ in diese Lage manövriert habe, überschütteten sich mit Schmähungen und bespuckten sich sogar gegenseitig, weil sie ja weder schlagen noch treten konnten.

Später am Abend erschien ein Wachmann erbost in der Zelle und schimpfte: „Jetzt ist Schluss mit dem Gebrüll! Wenn ihr nicht ruhig seid, stopfe ich euch eure dreckigen Goschen!“ Die Drohung wirkte nur kurze Zeit, schon zankten und krakeelten die vier Kumpane erneut. Dieses Mal beließ es die Wache nicht mit einer Warnung. Er knebelte jeden einzelnen des Quartetts und sah befriedigt auf die Vier hinab. Jetzt konnte er sich wieder seinem gegrillten Fasan und dem süffigen Bier widmen. Dazu ließ er sich wieder im Vorraum des Kerkers in einer Ecke auf den Lederstuhl fallen, der unter seinem Gewicht knarzte.

Einige Ellen dickes Gemäuer über ihnen, betrat der Oberste seine Kammer und legte sein Schwertgehänge über einen beschnitzten Scherenstuhl, der mit dickem Leder gepolstert war. Es folgte sein Umhang. Zelos rief nach einer Zofe, die schüchtern und verhuscht erschien und ihm die Stiefel auszog. Genüsslich drückte er dem jungen Kammermädchen mit ihren rosafarbenen Wangen und dem schwarzen Haar unter ihrer Haube eine Sohle gegen das Hinterteil, während sie den anderen Stiefel von Zelos Fuß zog.

Ein weiblicher Arsch, wie ich ihn liebe, dachte er und stellte sich obszöne Dinge vor, die er mit dem prachtvollen Hinterteil anstellen wollte. Beim zweiten Schuhwerk spürte er mit dem nur bestrumpften Fuß die Hinterbacken noch besser. Schamlos tastete er mit den Zehen auf dem festen Fleisch umher. Am liebsten hätte er die junge Frau vernascht. Doch auf ihn wartete noch besseres. Königliches. Zelos sandte ein Stoßgebet zu den Alten Göttern, dass Leda bald auftauchen möge. Er brauchte jetzt seine Königin.

In Helenas Stadtstaat herrschte eine angespannte Stimmung. Die Besucher von der Westküste waren schwierige Gäste gewesen. Die Senatorinnen und Duxas waren zwar Helenas Anweisung gefolgt, auch die Männer aus Ledanien wie gleichberechtigte Menschen zu behandeln, doch viele hatten sich dabei ihren Teil gedacht. Es hatte Streitgespräche auf der Straße gegeben, heiße Diskussionen in den Damensalons, Spekulationen und sogar von einer Revolte gegen Helena hörte man munkeln.

Doch nun war die Delegation aus Ledanien erst mal wieder hinfort. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das Leben im Stadtstaat folgte seinen Gewohnheiten. Helenas Schreiberinnen bereiteten bereits fleißig die Gesetzesrollen vor, die das Leben ändern sollten. Lange würde es also nicht so bleiben, wie es die Damen gewohnt waren.

Helena war mit dem Abkommen zufrieden. Für einige Zugeständnisse hatte sie nun einen Verbündeten im Westen, der die Grenzen des Stadtstaates gegen östliche Aggressoren verteidigen würde. Außerdem sollte der Lebensstandard durch einen regen wirtschaftlichen Austausch mit Ledanien steigen. Um ihre Ideen im Senat durchzubringen hatte sie mit höheren Steuern auf Importe argumentiert. Neben den Zöllen sollten auch Tribute für die Straßenbenutzung anfallen, denn immer noch verbreiteten Marodeure der Freien Ländereien Angst und Schrecken auf den verlassenen Wegen zwischen den Reichen.

Helena rief nach ihrem Vorkoster und ließ ihn von dem Mohnkuchen kosten, der frisch und dampfend serviert wurde. Helena fiel auf, dass der Sklave nur eine winzige Probe nahm und rügte ihn dafür. „Nimm mehr davon. Eine Handvoll. Wie sollst du bei einem Krumen Gift erkennen, du Tölpel?“ Der Vorkoster stöhnte. „Hohe Majestät, ich… Mohnkuchen vertrage ich ganz und gar nicht. Bitte lasst jemand anderen vorkosten, wenn Ihr so gnädig sein mögt…“ Helena schnaubte. „Solch Narretei! Du frisst das jetzt!“

Der Vorkoster schnitt sich eine dünne Scheibe von dem Gebäck ab und biss mit langen Zähnen hinein, kaute vorsichtig und schluckte schwer. Helena wedelte mit der schwer beringten Hand: „Mehr! Iss es auf!“ Der Vorkoster gehorchte und zeigte ein gequältes Gesicht, als müsse er sterben. Helena beobachtete, wie der Mann plötzlich die Wangen aufblies und dann ein Ruck durch seinen Körper fuhr. Er hielt sich die Hände auf den Hintern und raste aus dem Saal. Helena rief ihm amüsiert hinterher: „Ist er so schlecht gebacken?“ Die Gesellschafterinnen im Saal kicherten hinter vorgehaltenen Fächern.

So ein dummer Tropf!, überlegte die Herrscherin. Nun wusste sie auch nicht mehr als vorher. War es wirklich nur eine Unverträglichkeit oder sollte sie vergiftet werden? Das Kuchenaroma von Mohn, Zimt und Anis stieg ihr duftend und verführerisch in die Nase. Dieser Vorkoster hatte zu verantworten, dass sie diese Delikatesse nicht vernaschen durfte. Verärgert zog sie eine Schnute und rief nach einer Palastwächterin.

Am liebsten hätte sie die Prügelsklaven wieder eingeführt – oder genauer gesagt einen einzigen Prügelsklaven für den gesamten Hof benannt, nämlich ihren unfähigen Vorkoster. „Bringt dem Magenkranken den Mohnkuchen. Er soll alles fressen. Bis auf den letzten Krümel. Und er soll nicht wagen, mein Geschenk wieder von sich zu geben.“ Mit einem schadenfrohen Grinsen verschwand die Palastwächterin. Der Nachmittag würde vergnüglich werden.

Im Westen des Stadtstaates begonnen bereits erste Umbaumaßnahmen. Ein teilweise sogar gepflasterter Weg führte Richtung Westen. In erster Linie schufteten Bausklaven in der heißen Sonne. Doch schon zeigten sich die politischen Neuerungen: Die Leibeigenen hatten Anrecht auf Pausen, auf eine Mahlzeit, auf genügend Wasser und andere Privilegien. Die Meinung darüber ging freilich weit auseinander. Einige Aufpasserinnen schüttelten nur den Kopf über den „neumodischen Unfug“; andere meinten, dass die Männer unter den veränderten Umständen sogar schneller und besser arbeiteten. Andere antworteten, dass die fehlende Peitsche schon für Schnelligkeit sorgen würde. Aber auch Schlaginstrumente durften nur noch bei „offensichtlicher Faul- oder Trägheit“, wie es in den offiziellen Statuten stand, eingesetzt werden. Sicherlich war das Auslegungssache, aber kaum eine Wächterin wagte mit ständigen Schlägen zu sehr aus der Reihe zu tanzen.

Einige Damen der edlen Gesellschaft dachten sogar laut darüber nach, nach Osten umzusiedeln. „Wenn es nicht einmal mehr erlaubt sein soll, ein Mannsbild zu prügeln, dann stimmt doch etwas nicht mehr in der Regierung“, sagte eine Lady mit großem, weißem Sonnenhut nachdenklich. Das war nicht mehr ihr Land. „Ihr habt vollkommen Recht“, stimmte ihre Begleitung mit arrogantem Ton zu. „Wo soll das hinführen? Solche Sentimentalitäten! Haben bald auch Schafe und Schweine gesellschaftliche Befugnisse?“ Sie gackerte wie ein Huhn und wedelte mit ihrer Hand vor dem Gesicht, als wollte sie diese groteske Vorstellung beiseite wischen.

Die ledanische Delegation blieb dieses Mal bis kurz vor die Grenze unbehelligt von Banditen. Doch dann hörten die Reiter ein tiefes Grollen, das ihnen durch Mark und Bein ging. War das etwa ein Troll? Der Trupp ritt im gestreckten Galopp Richtung Palisadenzaun. Nur wenige Meilen waren sie von ihrer Heimat entfernt. Die Soldatinnen und Soldaten waren wackere Kriegsleute, doch eine kleine Gruppe wie sie hatte keine Chance gegen einen ausgewachsenen tollwütigen Troll.

Als der Palisadenzaun in Sicht kam, blies die anführende Gardistin in ihr Horn. Das große Eingangstor öffnete sich. Die Reiter verlangsamten ihre Geschwindigkeit. Sie waren gerettet. Doch die aufgeregten Signale und Handzeichen der Grenzwachen sagten etwas anderes. Als die Gardistin sich im Sattel ihres Rappen herumdrehte, machte ihr Herz einen Satz: Keine 200 Fuß hinter ihr tapste das Biest ungelenk hinter dem Tross her.

Wieder beschleunigt jagte die Delegation über die Zugbrücke und durch das Tor, das hinter ihnen sofort mit zwei schweren Holzbalken verriegelt wurde. Uniformierte in Lederrüstungen hatten sich an den Schießscharten mit Armbrüsten und Langbögen positioniert, mehrere Katapulte wurden geladen. Nur wenige Augenblicke später erreichte der Troll den Zaun und zauderte. Selbst er konnte nicht hinüber springen. Oder getraute es sich nicht. Und der Graben mit den großen Spitzpfählen war ihm ebenfalls nicht geheuer.

„Feuer!“ schrie ein Gardist. Das Urvieh brüllte wütend auf, als es von Pfeilen gespickt wurde, doch es waren für ihn nur Nadelstiche, denn die Geschosse durchdrangen die dicke, lederne Haut des Monstrums nicht. Fünf Zoll lange Reißzähne kamen zum Vorschein, als der Troll sein gewaltiges Maul aufriss und mit seinen mächtigen Armen durch die Luft wischte.

„Wenn er sich gegen den Zaun wirft, wird er bersten wie ein Span“, sorgte sich Nike, die ebenfalls am Grenzwall Stellung genommen hatte und nun die Katapulte zum Einsatz brachte. Der Troll musste vertrieben werden. Sollte er sich erst gegen die Barrikade werfen, blieb nur noch ein Rückzug in die Festung. Aber was geschah dann mit der Bevölkerung auf den Höfen und in den Dörfern? Sie durften das Volk nicht aufgeben.

Die schweren Findlinge flogen mit unglaublicher Wucht über die Palisaden und landeten teilweise regnend auf dem Troll, für den sie eher störender Hagel waren. Und zum Entsetzen der Verteidiger packte der Angreifer einige der Felsen und schleuderte sie zurück. „Deckung!“, schrie Nike und stieß einen Soldaten zur Seite, der ansonsten von einem Felsstück zerschmettert worden wäre.

Noch bange Minuten währte der Kampf zwischen den Parteien, während der Troll unentschlossen an dem Wehrzaun hin- und herlief. Dann endlich zog er sich zaudernd zurück, die Fäuste wütend in der Luft schüttelnd. Bevor er hinter einem Hügelkamm verschwand, riss er voll Ingrimm an einem Baumstamm, entwurzelte die junge Eiche brutal und schleuderte sie samt Wurzel und spritzenden Erdbrocken hinter sich.

Leda wies eine weitere Verstärkung der Grenzen an. Das Gesindel hatte also die Wahrheit erzählt. Ein Troll machte die Gegend unsicher. Als die Gefahr gebannt war, rief Königin Leda zur Versammlung ein, um mit Gladius und der Anführerin der Delegation über Helenas Vertragsbedingungen zu sprechen. Das Treffen dauerte bis zum Sonnenuntergang. Der Oberste fing die Königin unauffällig ab und wollte sich mit ihr für später in seiner Kammer verabreden, doch Leda wiegelte ab. „Nein, Zelos, heute nicht. Es ist zu viel geschehen. Ich kann Abas nicht allein lassen. Er leidet nun zusätzlich unter seinem Verschluss. Hätten wir ihn doch nie eingesperrt! Hast du den Schlüssel immer noch nicht gefunden?“ Zelos setzte ein bedauerndes Gesicht auf: „Leider nicht, Leda. Aber ich suche jeden Tag.“

Leda zog sich zurück. Zelos verging fast vor Eifersucht, obwohl Abas in seinem Keuschheitsgürtel steckte. Doch wer wusste schon, was die beiden im königlichen Bette trieben!? Er wusste, was die Alten Götter für ein Kapitel aufgeschlagen hatten: Seine Liaison mit der Königin war so gut wie beendet. Leda würde nicht einfach über das Geschehene hinwegsehen. Blut war geflossen. Grimmig stieg er hinab in den Kerker. Er musste sich ablenken, abreagieren. Irgendeinen Prügelknaben würde er schon finden.

Währenddessen küsste Abas seine Königin und streichelte sie. Beide schworen sich unter Tränen zukünftig ewige Treue. Leda schluchzte und flehte um Abbitte für ihren Betrug. Abas nahm sie in den Arm. Bald schon trockneten die Tränen. Abas hatte Ledas Fehltritt mit Hagbard verziehen. Vergessen konnte er es nicht, doch er nahm Ledas Reue und Buße an. Leda dachte, dass es so am besten sei. Hagbard war durch eine unglückliche Verkettung tot. Warum erneut Staub aufwirbeln? Sollte Abas von Zelos erfahren? Es würde nur neues Unbill mit Blutvergießen geben. Die Majestät versuchte die trüben Gedanken zu verdrängen und sich ihrem Gemahl hinzugeben.

Die gleitenden Finger und zarten Berührungen wurden fordernder, intensiver, lustvoller. Schließlich loderte das Feuer des Verlangens in beiden auf und brachte das Paar zum Glühen. Ihre Herzen schmolzen ineinander, feurige Küsse trieben sie zu sündiger Lust. Abas knabberte an Ledas aufgestellten Brustwarzen, küsste ihren Bauch, ihre Scham. Er hatte seine Königin wieder für sich alleine. Seine Zunge entlockte Leda die herrlichsten Wohllaute. Ihr Leib bäumte sich auf und zuckte spasmisch vor Geilheit und Befriedigung. Es gab keine vornehme Zurückhaltung mehr, kein höfisches Benehmen, nur frivole Lust.

Abas war glücklich, wenn seine Männlichkeit auch schmachtete. Seine Lenden erinnerten ihn penetrant an sein Drangsal. Die Frucht dieser Liebesnacht war auch zugleich sein Frust. Wie konnte Leda nur den Schlüssel verlieren? Doch statt ihr Vorwürfe zu machen, presste er sich ganz eng an sie. Und so schliefen die beiden eng umschlungen ein.

Zelos betrachtete die in Eisen gelegten Männer. „Wer hat das angeordnet?“, wollte er streng wissen. Der Wächter salutierte vor dem Obersten und stand stramm. „Das war Winand. Die Gefangenen haben sich geprügelt. Derohalben…“ Zelos unterbrach den Mann: „Löst die Bänder! Wo ist Winand?“ Kurz darauf eilte Zelos zu den Unterkünften der Wachposten. „Winand!“, brüllte er. In einer Ecke stand eine quietschende Holzpritsche. Winand schreckte unter der grauen Wolldecke hervor und hielt sie sich um die Hüfte. „Oberster!“, meldete er sich erschrocken. Zelos kniff die Augen zusammen. Da lag doch noch etwas unter einer zweiten Decke. Er kam näher und riss sie weg. Eine Magd, die nur noch ihr Leibkorsett trug, quiekte auf und versuchte sich mit Armen und einem kleinen Kissen zu bedecken.

„Raus!“, schrie Zelos die verängstigte Frau an, die vom Boden ihre Cotte aufnahm und so eilig die Unterkunft verließ, als seien alle Dämonen der Unterwelt hinter ihr her. Zelos knurrte. „Dir steht also der Sinn nach Verlustierung?“ Unter der Decke um Winands Leib zeichnete sich trotz des Schreckens die noch erregte Männlichkeit ab. „Komm mit in den Kerker!“ Zelos riss ihm das Wams aus der Hand, dass der Posten sich überziehen wollte. „Sofort!“

Winand folgte dem Obersten, nur in die Wolldecke eingewickelt, mit einem mulmigen Gefühl bis zur Wendeltreppe hinab zu den Kellergewölben. „Geh du schon vor in den Kerker zu Bertram!“ Winald gehorchte, stieg mit einer Fackel die ausgetretenen Stufen der Treppe hinab und erschien in seiner freizügigen und ungewöhnlichen Ummantelung bei seinem Kameraden. „Winand! Der Oberste sucht dich!“, meldete die Wache. „Ich hörte davon“, sagte Winand. „Er kommt gleich. Hast du eine Ahnung, warum er mich herbestellt?“ Bertram säuberte sich gerade seine Fingernägel mit einem kleinen Dolch und mutmaßte: „Vielleicht wegen der Gefangenen. Ich sollte sie wieder aus den Eisen lösen.“ Er schwenkte die kurze Klinge kurz Richtung der Gitter der Zellen.

Winand sah zu dem schweren und rostigen Eisengeflecht. Welche Schmach so vor den Häftlingen zu erscheinen! Und Bertram griente mit seinen schiefen Zahnstummeln wie ein Irrer. Wie konnte der Oberste ihm das antun! Winand setzte sich verschämt zu Bertram und nahm einen kräftigen Schluck aus einer hohen, schmalen Tonflasche, in die ein scharfer Schnaps gefüllt war.

Zelos hatte das Liebchen des Wärters eingeholt, die es noch gerade schaffte, in ihr Kleid zu schlüpfen. „Warte, Weib!“, rief der Oberste. „Komm, ich will dir nichts tun.“ Die Magd zitterte am ganzen Leib. „Bitte sagt der Mamsell nichts.“ Zelos lächelte sie an und strich ihr sanft über die rosige Wange. „Aber nicht doch. Hab keine Angst. Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.“ Er ließ seine Finger über ihre Wange hinab zu ihrem Hals gleiten und dann zu ihrem Mieder. „Dein Leib ist viel zu schade, um ihn an einen einfachen Wachmann zu verschwenden, meine Gute.“

Die Magd sah den Obersten überrascht an. Zelos kam näher und zeigte hinter die Frau. „Sieh mal! In der Kammer sind wir ungestört.“ Er drückte das Weib durch eine knarrende Tür in einen Vorratsraum mit Fässern und Kisten. Die Magd war verwirrt. Aber sie ließ geschehen, was der Oberste mit ihr tat. Ein loses Mundwerk würde ihr nicht guttun. Zelos zog ihr Kleid hoch und knetete ungehobelt die nackten Pobacken, zerrte das Mieder auf und ergriff die jungen Brüste, als wolle er Äpfel pflücken. Dann warf er das Mädel herum und stieß von hinten in sie ein.

Die junge Frau musste sich am Rand einer großen Bütte festhalten, als der Oberste seine Dickwurz in sie rammte. Immer wieder. Schnell. Hart. Tief. Stöhnend ergoss sich der Gardist nach wenigen Minuten in der Frau und entzog sich ihr, um seine erschlaffende Männlichkeit zurück in seine Beinkleider zu nesteln. Mit einem kräftigen Schlag quer über ihren Hintern, der seinen roten Handabdruck hinterließ, ging er hinaus. Die Magd rief ihm mit aufgerissenen Augen hinterher: „Ich heiße Jonata.“ Die dünkelhafte Miene des Obersten sah sie nicht mehr. Was interessierte ihn der Name der dummen Gans!? Nur das Knarzen der Tür gab ihr Antwort.
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Viele Grüße von prallbeutel
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:28.01.22 21:00 IP: gespeichert Moderator melden


Zelos stieg hinab in den Kerker der Burg. Mit jedem Schritt auf den abgetretenen Steinstufen schien es kühler zu werden. Als die beiden Wachmänner ihn im Schein einer Laterne eintreten sahen, sprangen sie auf und standen stramm. Bertram hatte einen Humpen mit Bier schnell auf ein Fass abgestellt, Winand hatte seine Wolldecke fest um seine Hüfte gewickelt, damit sie nicht hinab fiel. Der Oberste kam näher und stellte ihn zur Rede: „Kein Gefangener wird ohne meine Genehmigung in Eisen gelegt! Ist das klar?“
Winand antwortete kleinlaut wie ein Duckmäuser: „Jawohl, Oberster!“

In der Metropole hatte Vesta andere Saiten aufgezogen. War Fama bereits Potentatin einer Frauengesellschaft gewesen, so radikalisierte ihre Tochter die systematische Unterdrückung von Männern und glich sich dem extremistischen Gesellschaftssystem der Cassandra an. Sie entmachtete faktisch den Senat und schuf ein autokratisches System, das ihr allein die Macht und Gewalt überließ.

Eine Palastwache hatte ihr in den vergangenen Tagen die Botschaft überbracht, dass Honos, der ehemalige Majordomus der Königin Leda, inzwischen in den Kupferminen sein Leben ausgehaucht hatte. Vesta ahnte, dass der Grund weniger die körperliche Schufterei als vielmehr seinem Liebesdienst für Jedermann zuzuschreiben war, den Fama von ihm gefordert hatte.

Vesta bedauerte seinen Tod. Sie hätte gern sein Leid mit eigenen Augen miterlebt. Aber wenigstens hatten die Schergen der neuen Machthaberin den Straßensklaven Catulus gefunden. Vesta erinnerte sich, wie sie früher mit ihrer Schwester Aurora diesen Jüngling auf den Straßen der Metropole aufgefunden, ihn in den Palast gelockt und ihn verführt hatten. Schnell war er dem falschen Zauber der Schwestern erlegen. Nun wollte sie ihn zu ihrem Harem aufnehmen. Schließlich trug er bereits das Brandeisen mit einem wunderschön verzierten „V“ auf einer Gesäßhälfte.

Was sie noch nicht wusste: Die Wachfrauen hatten dem armen Catulus damals das Brandmal unkenntlich gemacht, indem sie eine größere Fläche über das Zeichen der früheren Prinzessin gebrannt hatten. Nun stand die frisch gekrönte Vesta vor dem zitternden Sklaven, der nackt auf dem Bauch auf dem glänzenden Marmorboden lag. Die Regentin betrachtete das unkenntlich gemachte „V“ mit miesgrämigem Ausdruck. Gönnerhaft sprach sie ihn an. „Steh auf, Catulus. Du sollst die Ehre haben mir für Liebesdienste gefällig zu sein. In meinem Harem wirst du weder Hunger noch Durst leiden und täglich baden dürfen. Gefällt dir die Vorstellung?“ Catulus erhob sich in kniende Haltung und senkte demütig den Blick. „Ja, Hoheit.“ Vesta hob die gezupften Augenbrauen und ihren rechten Zeigefinger: „Doch du wirst einen Keuschheitsgürtel tragen, dessen Schlüssel ich verwalte.“ Dabei stutzte Vesta. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. „Majordoma! Lasst sofort verkünden, dass jeder Mann im Reich einen Keuschheitsgürtel zu tragen hat.“

Sie schüttelte den Kopf. Ihre Mutter war in einigen Dingen viel zu lasch, zu weich, zu schwach gewesen. Sogar im Reich der Helena gab es seit langem eine Keuschheitsgürtelpflicht für Mannsbilder, hatte sie gehört. Aber genug der Regierungsgeschäfte. Vesta wollte sich mit Catulus vergnügen. Sie wollte sich ganz seiner Liebesdienste hingeben und genießen.

Nach einer Weile verließ sie den Harem enttäuscht. Catulus war nicht so geschickt wie ihre ausgebildeten Lustburschen. „Wenn du mir morgen wieder Schande machst, stecke ich dich in ein tiefes, dunkles Loch in den Katakomben unter meinem Palast. Dort kannst du nichts falsch machen, du Nichtsnutz!“ Die Flammen ihrer Worte hinterließen verbrannte Hoffnung, Angst und Bekommenheit. Mit wehenden Haaren und fliegender Schleppe verließ sie den Raum und rief Dienstboten, die ihr ein Bad und eine Massage mit warmem Öl angedeihen lassen sollten.

Am nächsten Tag war Catulus so verängstigt, dass seine Männlichkeit nicht erwachen wollte, als er Vesta beglücken sollte. Wütend stieß die Tyrannin ihn zur Seite und winkte einen anderen Lustsklaven herbei. Der Leibeigene befriedigte die Despotin wie gewünscht. Vesta schaute triumphierend und höhnisch auf Catulus. Dann rief sie Wächterinnen herbei und keifte: „Spannt Catulus über den Strafbock und gebt ihm tüchtig mit den Haselnussstöcken! So lernt dieser Nichtsnutz Pflichtbewusstsein seiner Königin gegenüber.“

Vesta stolzierte aus dem Harem, während bereits die ersten Hiebe auf Catulus Sitzfleisch niederprasselten. Ihre Zucht würde ihn bekehren. Je kraftvoller der Stock geschwungen, desto gehorsamer sein Wesen und gelehriger würde er sein. Noch im langen Flur des Palastflügels hörte sie die Schreie und das weinerliche Flehen des Jünglings. Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf das hübsche Antlitz der Despotin. Und wenn seine Backen verheilt sind, nahm sie sich vor, bekommt er auf seine noch jungfräuliche Hälfte wieder ein schönes „V“. Und ich persönlich werde es ihm zischend ins Fleisch drücken!

Am Abend präsentierte sie sich in einem aufwändig bestickten Seidenkleid, das zusätzlich mit Perlen und Edelsteinen reich besetzt war. In der Arena hatten sich auf den Rängen die feinsten Ladys und Damen der Metropole versammelt. Die „Sklaven-Olympiade“ wurde in jeder Jahreszeit einmal durchgeführt. Dabei kämpften die nackten Teilnehmer in verschiedenen Disziplinen gegeneinander. Trommelwirbel und Fanfaren läuteten den Wettbewerb ein.

Die Zuschauerinnen fieberten mit, applaudierten, jubelten, riefen, pfiffen und johlten, denn üblicherweise wetteten sie auf ausgewählte Athleten hohe Beträge. Die Leibeigenen wussten, dass sie Vergünstigungen erhielten wenn sie gewannen; wenn sie verloren…Offiziell gab es keine Bestrafung. Doch freilich wusste jeder darüber eine Geschichte zu erzählen. Und so manche schreckliche Begebenheit hatte sich in der Tat so oder schlimmer zugetragen.

Die hohe Motivation versprach kurzweilige Unterhaltung für die Damen auf ihren gepolsterten Sitzen, denn die Sklaven kämpften mit aller Kraft um den Sieg. Neben Ringkämpfen und Wettläufen auf allen Vieren - mit und ohne Reiterinnen im Sattel - und Wettessen von Brei war das Zapfenhüpfen besonders beliebt.

Jeder Teilnehmer saß am Ende einer mehrere Mann langen Bank breitbeinig mit dem Rücken zum Ende, so dass er die gesamte Bank vor sich sah, auf der Pflöcke in zunehmender Größe auf der Sitzfläche angebracht waren. Auf ein Kommando setzten sich die Sklaven, deren Hände auf den Rücken gebunden waren, auf den ersten Zapfen. Sobald ihre Hinterbacken die Sitzfläche erreichten, durften sie zum nächsten Pflock wechseln.

Mit zunehmendem Durchmesser der Stäbe steigerte sich freilich der Schwierigkeitsgrad. Wer zuerst das andere Ende der Bank erreichte, war der Gewinner. Die Hintern und die Pflöcke waren eingefettet, doch wurden die Zapfen von Jahr zu Jahr dicker. Schließlich sollte der Wettkampf eine Weile dauern und nicht zu schnell beendet sein.

Schon der vierte von insgesamt zehn Stäben konnte von keinem der Sklaven bewältigt werden. Schließlich erlaubte die Schiedsrichterin für jeden Mann eine Helferin, die sich auf die Schultern der Leibeigenen drückte. Als auch das letztlich beim achten Zapfen nichts mehr brachte, wurden noch zwei weitere Helferinnen herbeigerufen, die die Füße des Sklaven in die Luft hoben. Zu dritt waren die Teilnehmer dann alle früher oder später erfolgreich.

Zum ungewollten Lacher wurde ein Athlet, der sich nach dem Wettkampf von seinem Pflock nicht mehr erheben konnte und so fest steckte, dass ihn mehrere Helferinnen dabei mit Peitschen gar nicht zimperlich unterstützen mussten, bis er sich schreiend befreit hatte und anschließend auf dem Boden herumwälzte und stöhnte.

Eine ganz neue Disziplin war das „Stabduell“. Dabei hielten die Kontrahenten einen drei Schritt langen Holzstiel, dessen Enden fast so dick wie Fässchen mit in Leinen eingenähte Wollfasern verstärkt waren. Damit standen die Konkurrenten sich auf einem Schwebebalken gegenüber und mussten versuchen den Gegner mit Schlägen aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Der Verlierer fiel zwei Mann tief in ein Schlammbecken. Doch das Bad im Moder war nicht das einzige Problem, vor dem die Sklaven standen; denn sie trugen um ihr Gemächt einen Lederriemen, der durch ihre Beine und dann nach oben zu einem zweiten Balken verlief, der parallel zum unteren und über ihren Köpfen angebracht war. Sollte also einer der Kämpfer fallen, so hatte dies unweigerlich einschneidende Konsequenzen.

Zwar hatten die Damen des Hofes sich darauf geeinigt, dass die Riemen heimlich an einer Stelle angeschnitten wurden, damit das Leder durch das Körpergewicht des Verlierers riss, doch das wussten die Athleten nicht. Vesta hätte gern auf diesen Regelzusatz verzichtet, doch sah sie ein, dass die Leibeigenen durch eine Beschädigung deutlich an Wert verlieren würden. Und auch so ziepte es ordentlich am Gemächt, bevor der Unterlegene dann unter dem Gelächter des Publikums und seinen eigenen Angstschreien im Sumpfbecken eintauchte.

Später landeten Athleten beim „Sklavenweitwurf“ in dem Matschbecken. Die Damen an den Katapulten machten fast eine Wissenschaft daraus, wie das lebende Wurfgeschoss auf dem Katapult zu liegen habe oder in welcher Weise er verschnürt sein müsse, um die besten Weiten zu erreichen. Dieser Wettkampf war erst von Vesta eingeführt worden. Zuvor hatten Soldatinnen ihn als Zeitvertreib außerhalb der Olympiade praktiziert, obwohl bereits viele Jahre zuvor unter König Talos II. das unter seinem Vorgänger beliebte „Zwergenwerfen“ verboten worden war. Doch die Gesetze des alten Mannes interessierte heute niemand mehr.

Eine weitere Disziplin war das Wagenrennen. Damit war eine absonderliche Konstruktion gemeint, die auf Prinz Talos, den Bastard der Megara, zurückging. Dabei standen die Athleten in einer Art Gestell mit Rädern, das sie durch Laufen vorwärts bewegten. Das Amüsante für die Zuschauerinnen dabei war, dass sich bei jeder Umdrehung des Rades ein Holzpflock nach oben und anschließend wieder nach unten bewegte, so dass sich der Sklave eigenständig immer wieder stopfte. Gnädigerweise war der Pflock mit Gänseschmalz eingerieben.

Die Erfahrung hatte aber gezeigt, dass ein großzügig mit Pfeffer eingeriebener Zapfen zu guten Zeiten bei den Rennen führte, so dass dieser Zusatz zuvor in das Fett gerührt wurde. Jede Ausbilderin hatte ihr eigenes Rezept und war stolz darauf. Nur die ungefähre Zusammensetzung war allgemein ruchbar. Zum Einsatz kam neben diversen Pfeffersorten auch Meerrettich, Chili, Ingwer, Gewürznelke, Salz und Branntwein. Jede Dame hatte da ihre eigenen Vorlieben.

Ein Fräulein, das zum ersten Mal die Sklaven-Olympiade besuchte, brannte eine Frage auf der Zunge. Sie erkundigte sich bei ihrer Nachbarin verwundert, warum denn die Sklaven so helle Haut hätten. Die Dame lächelte und antwortete: „Schau mal ihre Ärsche! Sind sie nicht schön rot und farbig von ihrer Dressur? Das wirkt am schönsten auf weißer Haut. Es erinnert mich an Rote Beete. Derohalben werden sie einige Monate vor den Wettkämpfen in Dunkelhaft gehalten.“ Das Fräulein stutzte. „Wäre da nicht eine Gewandung als Sonnenschutz ebenso nützlich?“ Die Dame lachte meckernd. „Oh, hast du schon einen Vergnügungs-Sklaven mit Beinkleidern und Seidenwams gesehen? Haha!“ Die Edeldame nippte an einem kalten Getränk aus Milch und Obst und tupfte anschließend ihre roten Lippen mit einem Seidentüchlein ab. Ihre Nachbarin griff nach einem kleinen Küchlein und biss naschend von der Süßigkeit ab.

Vesta genoss die Olympiade von ihrer hohen und pompösen Loge, geschützt von einem riesigen weißen Sonnensegel. Sie tauchte ein Stück Brot in eine Schüssel mit flüssigem Käse. Sklaven mit Palmblättern wedelten ihr kühlende Luft zu. Ihr neuester Besitz für ihren Harem, der ehemalige Straßensklave Catulus, hatte sie enttäuscht. Seine Manneskraft hatte nicht das gehalten, was sie sich von ihr versprochen hatte. Deshalb war ihm eine besondere Rolle zugefallen. Er sollte die alte Maschine des Prinzen Talos vorführen.

Die Monarchin hatte, während sie sich mit Rosenduft bestäubte, süffisant bemerkt: „Wenn sein Liebesstab bei einer göttlichen Schönheit wie mir versagt, muss er ein Männerliebchen sein. Die Maschine wird ihm Schreie der Entzückung entlocken.“ Die Kurbel der Maschinerie drehte nicht etwa eine Soldatin sondern ein als Hofnarr gekleideter Spaßmacher, der aus dem Programmpunkt eine lustige Posse zauberte. Zur Belustigung ahmte er die Laute des „Gepfählten“ nach und machte amüsante Verrenkungen und Grimassen und feixte umher, während er die Kurbel immer wieder ein Stückchen drehte und Catulus den Pflock tiefer in seinen Hintern bohrte.

Tatsächlich wurde die Vorführung zum Höhepunkt des Abends. Das Publikum hielt sich kaum auf den Sitzen. Frenetischer Jubel und stürmisches Gelächter von den Rängen bewiesen Vesta, dass sie mit dieser Einlage das richtige Händchen gehabt hatte. Später fragte eine Uniformierte die Regentin danach, was mit dem Sklaven geschehen solle. Die Königin hatte sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht. In ihrem Harem hatte Catulus auf jeden Fall nichts zu suchen. „Bringt ihn in den Kerker und gebt ihm einen Holzpflock zum Zeitvertreib“, kicherte sie, schon etwas beschwipst vom süßen Wein. „Nein“, hielt sie die Wache auf, „werft ihn in die Minen… oder werft ihn vor die Grenzmauer“, entschied sie schließlich aus einer Laune heraus. „Sollen sich die Freien mit ihm vergnügen.“

Vesta griff nach einem mit ihrem Titel gravierten Pokal und nippte an einem bräunlichen Getränk. Im ersten Moment wollte sie den Inhalt entrüstet ausspucken und den Kelch einem Bediensteten an den Kopf werfen, doch dann merkte sie, wie ihr das süße Getränk mundete. „Was ist das?“, fragte sie überrascht und zugleich interessiert. Die Majordoma, die neben ihr in der Loge saß, erklärte: „Eine Neuigkeit, hohe Majestät. Es wird aus einer Bohne vom Ostkontinent geröstet und mit Rohrzucker versüßt. Eine Flotte Sklavenjägerinnen haben eine Handvoll Säcke mitgebracht. Ich habe sie für Euren königlichen Hof reserviert.“

Noch in dieser Nacht schloss sich das große Tor zum Kleinstaat der Metropole knarrend und rumpelnd hinter dem Sklaven, der so nackt, wie er war, aus dem Ostreich verbannt worden war. Den Keuschheitsgürtel trug er noch als einzige Hose. Doch bis er Münzen für einen Schmied hatte, würde sicherlich noch lange Zeit vergehen – wenn er nicht vorher längst Opfer von Marodeuren oder Sklavenjägerinnen der Cassandra geworden war. Auf der Suche nach einem Schluck Wasser stapfte Catulus den staubigen Weg entlang, breitbeinig mit brennendem Hintern und mit verkniffenem Gesicht. Hinter sich hörte er das schadenfrohe Gelächter und Spottrufe der Wächterinnen.

Weit im Nordosten vom Gebiet der Metropole lag auch ein kleiner Staat, in dem das Weib die Vormachtsstellung besaß. Zwar herrschten dort nicht so radikale Sitten wie unter Vesta oder gar Cassandra, doch auch hier waren Mannbilder mit nur wenigen Rechten ausgestattet. In einem reichen Anwesen lebte ein alter Mann namens Caduceus als Heiler und Seher. Er besaß vergleichsweise viele Privilegien. Seine Herrschaft, eine wohlhabende Dame mit vielen Sklaven, führte zwar ein strenges Regiment, doch lebte sie nach dem Motto: „Hart aber gerecht.“

Caduceus sinnierte gerade im Garten des Hauses in der angenehm warmen Sonne, die sein Gesicht kitzelte. Was würde er darum geben, wieder bei seiner geliebten Königin Leda zu sein? Doch all seine Visionen und auch die Nachrichten der Reiterinnen zeugten davon, dass Leda, wenn überhaupt, nur noch über ein weit entferntes kleines und unbedeutendes Reich an der Westküste herrschte.

Überall auf dem Alten Kontinent hatten sich Kleinstaaten gebildet, die meisten von ihnen waren Regierungen von Weibern für Weiber. Männer hatten nur zu gehorchen. Trotzdem hatte er die Hoffnung noch nicht gänzlich aufgegeben und suchte immer wieder Klarheit in seinen Visionen. Doch seine Sehkraft führte ihn oft nur in die Vergangenheit zu Zeiten von König Talos I. Caduceus erlebte in seinen Bildern mit, wie der Herrscher Dutzende Stämme verbündete und ein gewaltiges Reich aufbaute. Aber unter seiner Macht galt das Weib nicht viel. Es musste sich in dieser frühen Urzeit dem Manne völlig unterordnen und besaß kaum Rechte. Der Raub von Weibern war sogar gesellschaftlich anerkannt.

Viele kleine Kriege durchzogen das Land, denn immer wieder versuchten Rebellen den König zu stürzen. Caduceus sah brandschatzende Abtrünnige durch die Landschaft ziehen, schwarze Rauchwolken türmten sich in den Himmel, Not, Angst, Hunger und Krankheiten überall. Eine geheimnisvolle Seuche verwandelte das Leben einiger armer Seelen endgültig zu einem Ritt durch die Unterwelt.










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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:20.02.22 18:35 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Prallbeutel,
leider gibt es schon lange keine fortsetzung mehr. ich hoffe es geht dir gut und ich würde mich freuen wenn es wieder weitergeht.
GLG
ALF
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:22.03.22 10:05 IP: gespeichert Moderator melden


Und als hätten die Götter nicht genug Leid über die Menschen geschüttet, so spuckten Berge Feuer, Rauch und heißes Gestein, und räuberische Drachen überflogen die Niederungen einiger Regionen, um sich Menschenopfer zu besorgen. Der Seher zitterte, als eine lederne Schwinge eines Drachen in seinem Trugbild so nah über ihn wegflog, dass er den kalten Luftzug spürte und eine Kralle seine Schulter nur um eine Fingerlänge zu verfehlen schien.

Dann änderte sich das Bild. Caduceus begriff, dass er in seiner Vision einen Zeitsprung getan hatte. Viele Jahre waren vergangen. Unter Talos Sohn, Talos II., drehte sich das Schicksal der Weiber. Der König führte viele neue Gesetze und Verordnungen ein. Noch nie in der Geschichte des Alten Kontinents hatten Frauen so viele Rechte und Freiheiten. Drakonische Strafen für Diebe wurden in Arbeitsstunden umgewandelt, statt sie zu prügeln oder gar dem Strick zuzuführen. Die Steuern wurden drastisch gesenkt. Viele Bittgesuche der Ärmsten erhörte der Herrscher barmherzig.

So entwickelte sich eine tiefe Zufriedenheit unter der Bevölkerung. Nie zuvor war ein Regent so beliebt beim Volke. Die Menschen waren gefügig, aber aus freier Überzeugung loyal und keine Speichellecker. Im Zeitraffer erlebte der Seher die friedliche Zeit unter Talos II., die er selbst als junger Mann schon miterlebt hatte. Und auch der Nachfolger des Königs, Talos III., wurde im Sinne des Vaters erzogen und verfolgte weiterhin die volksnahe Regentschaft, die auch ihn beliebt machte und für Frieden und Glück in seinem Reich sorgte.

Zunächst änderte sich nichts unter seiner Herrschaft. Viele Jahre lang lebten die Menschen unter Talos zufrieden und hatten ihr Auskommen. Bittere Armut war fast ausgerottet. Doch dann sollte sich das Schicksal wenden: Eines dunklen Tages erschien ein junges, geheimnisvolles Weib am Hofe. Schon bald war der Sprössling von Talos II. der Schönheit dieses unheimlichen Weibes verfallen und ehelichte es schließlich, obwohl es kein adliges Blut vorzuweisen hatte. Niemand kannte ihre Wurzeln. War sie irgendeine dahergelaufene Göre? Das wagte niemand zu behaupten, doch blieben viele Fragen in den Köpfen der Untertanen.

Schon nach der Hochzeitsnacht munkelte man im Volke, dass Megara, so hieß die Königsgemahlin, dem anderen Geschlecht nicht abgeneigt sei. Doch Talos III. vertraute ihr blind und glaubte ihren Beteuerungen jedes Mal, wenn er von einem mehrtägigen Jagdausflug zurückkehrte, dass sie treu und erhaben auf ihren Manne gewartet habe. Aber Eingeweihte wussten von Megaras Liebschaften. Die Königin verfügte über schier unersättliche Lust. Die Schöne schreckte dabei auch nicht vor einem Koch und einem Pferdeknecht zurück. Talos III. versuchte solch Rederei im Keim zu ersticken, doch gab es immer wieder Grund dazu, dass die frivolen Geschichten und dunklen Gerüchte aufflackerten.

Als dann die Königin eines Tages zur Niederkunft von Hebammen umringt lag, tauschten die Weiber verwirrte Blicke aus, denn der Stammhalter schien so gar nichts von der Majestät geerbt zu haben, ähnelte dafür aber mit seinen abstehenden Ohren einem Zossenknecht im Stall der Burg verdächtig. Doch Talos III. in seinem Freudentaumel über den Sohn, den Stammhalter, den Thronfolger, den Megara ihm und seinem Reich geschenkt hatte, bemerkte nichts von all dem. Oder er wollte nichts bemerken. Seine Liebe zu der Schönheit machte ihn blind und taub gegen allen Rat.

Schon weiland hatte auch Caduceus, der zu dieser Zeit am Hofe als Alchimist tätig war, den Verdacht, dass Prinz Talos ein Bastard war, doch erst jetzt bewies ihm seine Vision, dass er Recht hatte. Er sah, wie Megara es frivol und schamlos zwischen den Strohballen im Stall mit dem Pferdeknecht trieb, wie die Frucht der sündigen Ausschweifung in ihrem Leib gedieh und der Wechselbalg als Prinz aufwuchs. Wie ein kleiner, dicklicher Nachfolger wie ein Kuckuck im fremden Nest gefüttert und gepflegt und gehegt wurde. Hinter vorgehaltener Hand munkelte man davon, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, aber niemand wagte ein offenes Wort zu führen.

Dann brach Caduceus Vision abrupt ab. Seine Konzentration war weg. Er fühlte sich schwach, ausgelaucht und erschöpft. Doch der Rest der Historie war dem Seher noch gut in Erinnerung aus eigenem Erleben: Prinz Talos hatte nicht nur das Gesicht von Megaras Besteigers geerbt, auch Megaras böses Blut. Und so entwickelte sich der Prinz zu einem bald rundlichen und zynischen Tyrannen, der Pläsier daran besaß, seine Untertanen zu quälen. Sein Sadismus schien keine Grenzen zu kennen. Er schikanierte das Gesinde, aber auch willkürlich jeden aus dem Volke, der ihm zur falschen Zeit vor die Augen trat. Er ließ Menschen für Nichtigkeiten ins Verlies werfen, nur, um sich an ihrem Leid zu erfreuen.

Im Laufe der Jahre wurde deutlich, dass der Prinz sich dem männlichen Geschlecht zugeneigt fühlte. Sein Vater, inzwischen griesgrämig und seiner Gemahlin hörig, sollte dies jedoch niemals erfahren, denn er starb einige Zeit zuvor. Und seit dieser Zeit war Megara viel zu sehr mit eigenen Liebschaften beschäftigt, dass sie die Vorlieben des Prinzen erkannt hätte. Gerede bei Hofe, dass die jüngst Verwitwete bereits das Vergnügen mit Jünglingen suchte, überhörte Megara geflissentlich oder ließ die Personen in den Kerker werfen, wo sie in dunklen Zellen verrotten sollten.

Caduceus schüttelte langsam den Kopf mit dem silberfarbenen, langen Haar. Fast alles hatten ihm seine Visionen offenbart. Doch ein Geheimnis blieb im Dunkeln: Hatte Megara ihren Gemahl ermorden lassen? Der Seher traute diesem so arg von Macht besessenen und zerfressenen Biest alles zu. Wenigstens waren Megaras Tage gezählt, seufzte er hoffnungsvoll. Und er hatte vor langer Zeit schon in seinen Bildern gesehen, wie unrühmlich ihr grausames aber redlich verdientes Ende in den Höhlen unter dem Palast war. Und es dauerte ihn wahrlich nicht.

Zelos, der Oberste der Garde von Königin Leda, hatte vorgehabt, seinen Ärger eifrig an dem Wärter Winand zu kühlen. Nur in Wolldecke gewickelt war der Mann vor den Gefangenen im Kerker bereits gedemütigt geworden; doch Zelos hatte noch nicht genug. „In den Standpranger mit dir“, befahl er aufbrausend. Der zweite Wärter Bertram öffnete die Nebenzelle, in der ein entsprechendes Gerüst stand. Winand näherte sich unbehaglich dem Pranger. Bertram öffnete ihn, so dass Winand seine Handgelenke und den Hals in die Rundungen legen konnte. Bertram klappte den Pranger zu und verriegelte ihn.

Zelos zeigte auf den Gefangenen und befahl mit schnarrender Stimme: „“Nimm ihm die Decke weg. Die benötigt der Popanz hier nicht.“ Bertram zog sie dem nun splitternackten Winand hinfort und verließ die Zelle. Die Marodeure aus den Freien Ländereien starrten den nun fixierten Wachmann mit einer Mischung aus Erstaunen, Häme und Befriedigung an. Da teilte der Kerl ihr Schicksal, der sie schon gequält und verhöhnt hatte.

Zelos räusperte sich zufrieden. „Er verbleibt acht Stunden im Pranger. Es sei ihm eine Lehre.“ Damit raffte er seinen Umhang und schwang ihn elegant über die Schulter, eilte aus dem Gewölbe und begab sich in seine Kammer. Das hatte dieser notgeile Bock davon, eine Magd zu beschlafen. Jetzt sollte er dafür büßen, dass er seine Rute aus den Beinkleidern gezogen hatte.

Am nächsten Tag, als die Sonne sich anschickte, die letzten Dunstschwaden zu vertreiben, versuchte Zelos seine Majestät bei erster Gelegenheit abzufangen, um mit ihr zu sprechen, doch Leda vermied es, mit ihm unter vier Augen zu sein. Frustriert und verdrießlich marschierte Zelos mit wehendem Umhang über seinem Kettenhemd zum Stall und ließ sein anmutiges Ross satteln. Im Galopp verließ er die Burg. Der Oberste musste allein sein. Seine Gedanken ordnen. In der Festung haperte es ihm an Ruhe. Er durfte nicht hitzköpfig handeln. Wie sollte es weitergehen? Leda blockte jede Annäherung und Zärtlichkeit ab.

Aufgeputzt in feinstem Stoff und den hohen Zeichen seiner Würde ritt er den Weg zur Palisadenmauer entlang, zweigte dann aber auf einen Pfad ab, der zu einer Kate führte. Sein Ziel waren die Eigentümer des Hofes Boreas und Maia, mit denen er so manches Abenteuer auf dem Westkontinent erlebt hatte. Die ehemalige Soldatin Maia war dem Kriegsdienst müde und zur Bäuerin geworden. Ihren Gemahl Boreas hatte sie als Sklaven kennen gelernt und schließlich freigekauft.

Zelos hatte vor, eine Geschichte von einem Freund zu erzählen, der sich in ein vermähltes Weib verliebt hatte. Auch die Sache mit dem Keuschheitsgürtel wollte er erwähnen. Nur die Namen der wahren Personen ließ er diskret weg. Vielleicht würden Maia oder Boreas einen Rat wissen. Bei einem Humpen Bier gab Zelos die Erzählung zum Besten. Boreas erwähnte bei der Gelegenheit einen Vorfall mit einem Stallburschen und einer Magd. „…und als Strafe wurde der Kerl für vier Jahreszeiten in einen Keuschheitsgürtel gesperrt. Den Schlüssel verwaltet unsere Magd Luna.“ Maia setzte ein Schmunzeln auf. „Und sie hat sehr viel Freude an ihrem Burschen. Wohl mehr als sich geziemt.“

Das war Zelos alles keine Hilfe und er sah betrübt auf den Ofen, auf dem ein kleiner Kessel mit heißer Hühnerbrühe stand. Die Bäuerin bemerkte die Niedergeschlagenheit und schlug ihm vor: „Warum führt der Weg deinen Freund nicht einfach zu einem Schmied?“ Zelos kam ins Stottern. Selbstverständlich durfte sich Abas als Königsgemahl nicht vor dem Volk die Blöße geben, in einem Keuschheitsgürtel eingesperrt zu sein. Unweigerlich würde sich die Kunde in ganz Ledanien und darüber hinaus verbreiten. Welche Schmach das wäre!

„Äh…“, Zelos räusperte sich manieriert, „ein Schmied…“ Er tat so, als dachte er darüber nach. „Um ehrlich zu sein… Mein Freund ist ein Mann in wichtigem Amte und…“ Maia und Boreas sahen sich alarmiert an. Das machte die Sache auf gewisse Weise pikant. „Ein hoher Angestellter zu Hofe gar?“, fragte Maia vorwitzig und trunken von Neugierde. Zelos blies die Wangen auf und wiegelte ab. „Es tut mir Leid. Ich habe schon zu viel gesagt. Ich muss zurück zur Burg.“

Plötzlich hatte der Oberste es zu eilig, um weiterhin Konversation zu halten, und stand abrupt auf. Doch der Schatten des Verzagens, der sich in seinem Gesicht ausgebreitet hatte, war verschwunden. Er rieb sich unterbewusst mit Daumen und Zeigefinger über seinen Wams aus Kamelott und streifte sich den repräsentativen Umhang aus Taft über, den er über eine Stuhllehne geworfen hatte, legte ihn an und verabschiedete sich kurz abgebunden. Er hinterließ fragende Blicke.

Zelos ritt hurtig den Weg zurück, den er gekommen war. Ihm war ein erschreckender Gedanke entstanden: Was war, wenn Leda den Schmied in die Burg bringen und ihn anschließend im Kerker verschwinden ließe? Oder auf andere Weise mundtot machte? Würde sie das tun? Einen Unschuldigen für Abas Freiheit strafen? Vermutlich nicht, dazu war Leda zu honorabel, doch Zelos durfte kein Risiko eingehen. Er musste dafür sorgen, dass der Schmied schwieg. Für immer. Doch dann fiel ihm ein, dass es viele Schmiede gab, die einen Keuschheitsgürtel öffnen könnten. Zelos war verzweifelt. All seine Hoffnungen waren von dannen.

Er steigerte sich so in seine Sorge hinein, dass es ihn fast den Verstand raubte und hinter seinen Schläfen pochte. Abas sollte nie wieder seinen Samen in der Königin verströmen! Leda gehörte ihm, Zelos! Er musste Abas töten! Ja, das Schicksal verlangte viel, doch er musste zum Königsmörder werden, um Ledas Gunst zu erwerben. Wenn Abas nicht mehr war, würde sich die Königin wieder ihm zuwenden. Und… Ja, er würde Königsgemahl werden! Er hätte das Ziel seiner Träume, nach dem er heischte, erreicht! Das war der Götter Wille. Davon war Zelos felsenfest überzeugt. Er betrachtete sich in einem polierten Kupferspiegel in seiner ganzen Pracht.

In der Zitadelle angekommen traf er Abas auf dem Flur und huldigte dem Gatten der Leda mit einer vornehmen Verbeugung. Abas humpelte dieser Tage besonders schlimm, denn seine Hüfte schmerzte hin und wieder dumpf. Immer wieder wurde er an Megaras Kerkerhaft erinnert und ließ seine Miene bitter werden. Als Zelos die klackenden Schritte hinter sich hörte, entglitten ihm seine zurückhaltenden Gesichtszüge zu einer Grimasse. Er hasste diesen Mann. Abas stand zwischen ihm und Leda. Das musste ein Ende haben. Zelos verfiel in finstere Gedanken und Überlegungen, wie er den ungeliebten Widersacher loswerden könne.

Gift – das war sein erster schändlicher Einfall. Doch hatte Zelos Sorge, dass ein königlicher Heiler oder Medikus die Substanz bemerken würde. Der Oberste hatte von geheimnisvollen Zeremonien gehört, die einige Gelehrte mit dem Toten unternahmen und noch Tage später ein Gift aufspüren konnten. Leider hatte er schon vor zu vielen Gardisten und Soldaten damit geprahlt, welches Wissen er über so manche gefährliche Arznei besaß. Der Verdacht würde auf ihn fallen. Nein, das durfte nicht geschehen.

Sturz – ein Fall vom Turm der Burg. Eine heftige Windböe käme ihm sehr zupass, die den verschmähten Abas überraschte. Es gab nur wenige Stellen, die nicht von hohen Zinnen umrahmt waren. Doch wenn sich der Krüppel in den Freitod gestürzt hatte? Ja, Zelos würde die Schrift des Königsgemahls nachahmen können. Ein Abschiedsgruß auf Pergament. Vielleicht sogar ein Testament. Langsam nahm ein düsterer Plan in Zelos Gehirn Gestalt an, den er immer weiter schmiedete, bis die erdachte Todesklinge für den Rivalen dessen Leben aushauchen lassen würde.

Aurora lebte in Cassandras Reich wie die Made im Speck: Geschmeide, Juwelen, Gold, feinste Seide, kostbarste Leckereien und edelster Wein, einen Ehesklaven sowie Lustsklaven nach ihrer Laune – sie verfügte über jede Annehmlichkeit und großen Reichtum bis zum Überdruss. Ihr Luxus war noch zügelloser als im Palast ihrer Mutter. Jedoch eines vermisste die Prinzessin: Die Freiheit. Sie haderte daher in ihrem neuen Heim unzufrieden wie der sprichwörtliche Vogel im goldenen Käfig. Sie wollte nicht nur das Anhängsel der Tyrannin sein, sondern ein eigenes Reich und eine Krone auf ihrem edlen Schopfe.

Und sie wollte endlich zurück in die Metropole, um sich an ihrer Mutter zu rächen, die ihr einen kurzen Ausflug versprochen und ihr ein Exil gebracht hatte. Und das Grauenhafteste: Ihr Schwesterherz durfte sich nun auf den Thron freuen, falls Fama das Zeitige segnete. Das durfte nicht geschehen. Das wäre wahrlich ein Katzenjammer! Die Prinzessin erstickte beinahe in Neid und Missgunst.

Aurora spielte allen Menschen um sie herum die banale Lady vor, die nur Augen für Gold und Lustburschen hat, doch insgeheim forschte sie nach einer Möglichkeit dem Reich der Cassandra zu entkommen. Als eines Tages die Nachricht verkündet wurde, dass Fama, die Siegreiche, verstorben war, wurde Aurora ganz schlecht. Mögen manche Zeuginnen geglaubt haben, die Prinzessin trauere um ihre Mutter, war Aurora aus ganz anderem Grunde übel. Vesta saß nun an der Quelle der Macht. Das liebe Schwesterchen würde keine Zeit verlieren, die Krone an sich zu reißen. Aurora bekam einen Wutanfall und peitschte einen beliebigen Leibeigenen wild durch.

Als sie sich ausgetobt hatte, kam ihr schlagartig eine Idee. Eine Intrige musste her. Sie ließ sich bei Königin Cassandra anmelden und tröpfelte der Despotin flüsternd einige Giftlügen ins Ohr: Vesta sei an der alleinigen Macht interessiert und wolle Cassandras Reich erobern. Die geschlossene Allianz würde Vesta zum Schein aufrechterhalten, doch bei nächster Gelegenheit würde die verräterische Göre Cassandra entmachten. Die Königin grübelte. „Weißt du das gewiss?“, fragte sie Aurora, die ernsthaft und doch ein wenig geziert nickte. Cassandras Miene versteinerte sich. „Ihr deinem Schwesterherz also nicht zu trauen? Nun gut, ich werde sie auf die Probe stellen.“

Aurora hätte gern gewusst, was Cassandra plante, doch die Herrscherin beendete die Audienz. Aurora ließ sich mit säuerlicher Miene von ihrer Sklavensänfte zurück in ihre Residenz bringen. „Vesta und ich – das ist eine Person zu viel!“, murmelte sie. „Schneller, ihr faules Pack!“, schrie sie aufgeplustert nach draußen, und die Sklaven liefen mit dem schweren, überdachten Sitzgestell noch eiliger. Die Männer würden ausbaden müssen, dass die Herrin ihrer Geduld überdrüssig war.

Und tatsächlich: Als Aurora an ihrem Domizil ankam, stolzierte sie zu der Majordoma und befahl ihr, die faulen und trägen Sänftenträger ein wenig zu drillen. Noch lange Zeit, nachdem Aurora frisch gebadet auf ihrem großen Bett unter einem Baldachin ruhte und einige feine Spezereien naschte, machten die verschwitzten Männer in ihren knappen Lendenschurzen mit zittrigen Muskeln Kniebeugen mit den Griffen der Sänfte auf der Schulter. In der Sänfte saß eine Bedienstete des Hauses und rief Kommandos. Später, als die Sonne am Horizont versank, schleppten sich die Sklaven völlig verausgabt und wankend mit zitternden Beinen den Weg in ihre Unterkunft und fielen entkräftet zu Boden ins Stroh.

Am nächsten Tag schaute Aurora von einer großen Balustrade ihrer Residenz auf einen benachbarten Park, in dem vier Soldatinnen mit Pfeil und Bogen übten. Sie zielten zur Verwunderung der Prinzessin jedoch nicht auf Strohscheiben sondern auf Äpfel. Äpfel, die auf den Köpfen von vier Sklaven lagen. Aurora, die seit jüngsten Jahren Flausen im Kopf hatte, hob begeistert ihre mit Rosenquarz-Ringen geschmückten Hände und klatschte. „Oh, wie fein! Ob sie wohl treffen?“, sprach sie zu sich selbst und schaute gespannt dem Treiben zu.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:23.03.22 20:54 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Prallbeutel,
es ist schön wieder was von dir zu lesen. Deine tollen Geschichten gehen weiter, insbesondere für mich das Reich der Megara neu.
Vielen Dank dafür.
VG AlfvM
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