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Titanic500 Volljährigkeit geprüft
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Lemwerder


Heute beginnt der Rest meines Lebens

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  FRÜHER WINTER Datum:24.12.11 22:37 IP: gespeichert Moderator melden


So, liebe Freunde und Leser. Wie seit vier Jahren üblich zu Weihnachten eine Geschichte aus meiner bescheidenen Hand für euch.

Es handelt sich um FRÜHER WINTER, welche bereits vor zwei Jahren im CHARON - Verlag in den BÖSEN GESCHICHTEN erschien. Ich denke, es handelt sich vielleicht um die düsterste Story, die ich je geschrieben habe. Nie waren Worte wie SCHMERZ, VERLUST, QUAL und TOD greifbarer wie in dieser Story.


Vorsicht: Diese Geschichte polarisiert gewaltig!!!

Schauriges Vergnügen!

(und vor allem FROHE WEIHNACHTEN)
MICHI
(www.titanic500-home.com)
(www.michaelstrehlau.de)

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Titanic500 Volljährigkeit geprüft
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Lemwerder


Heute beginnt der Rest meines Lebens

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  RE: FRÜHER WINTER Datum:24.12.11 22:40 IP: gespeichert Moderator melden


Früher Winter



„Du ersehnst einen Kuss meiner lehmkalten Lippen,

doch mein Atem riecht nach Erde und Stein,

gebe ich dir den Kuss meiner lehmkalten Lippen,

wird deine Zeit nicht lange mehr sein.“

(Aus ‚Demonlover’)



Ich blicke in Gedanken versunken aufs Meer. Der kalte Novemberwind kriecht problemlos durch meine lange gelbe Öljacke und weht mir durch meine blonden Haare, die mir bis auf die Schultern reichen. Ich hätte sie wohl besser wie so oft vor Beginn meines Spaziergangs zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden sollen, dann wären sie dem Angreifer nicht so hilflos ausgeliefert.
Doch so richtig gequält werde nicht ich, sondern die vor mir liegende Nordsee, die nichts, aber auch gar nichts mehr von ihrer sommerlichen Schönheit besitzt, die ich vor zwei Monaten noch bewundert habe. Die See scheint zu schreien, so als wolle sie mich rufen, ihr im Kampf mit den Naturgewalten beizustehen. Riesige Wellen türmen sich vor mir auf und wirken wie düstere Boten des frühen Winters, welchen die Medien für dieses Jahr prophezeit haben.
Nein, einen schönen Anblick habe ich heute wirklich nicht. Vielleicht sollte ich besser mein kleines Haus direkt an der Küste für ein paar Monate verlassen und in meine Ferienwohnung nach Gran Canaria flüchten. Dort wäre ich in Sicherheit vor dem hässlichen Monster namens Winter, welches unaufhaltsam auf mich zukommt.
Ich heiße von Kirschstedten. Vanessa von Kirschstedten. Ich habe mir das schöne Haus an der Nordsee vor vier Jahren gekauft und bin von Beruf ... Tja, bin ich nun Schriftstellerin oder soll ich mich einfach als Psychologin im Ruhestand betiteln? Letzteres wäre wohl besser, denn obwohl ich bereits im Sommer vor zwei Jahren mit dem Schreiben begann, besteht mein erster Roman ‘Dunkle Vergangenheit’ bisher nur aus zweiundachtzig Seiten. Geschrieben habe ich allerdings gewiss schon knappe Tausend. Mein Problem ist, dass ich ständig neue Ideen bekomme, sie aufschreibe und dann wieder verwerfe, oder sagen wir besser lösche. Selbst der Titel meines ‘abgründigen SM-Romans’ wechselt häufig. Es begann mit ‘Die Bestie im Spiegel’, dann wurde er ‘Schatten der Vergangenheit’ und danach ‘Schwarze Seele’. Als ich eines Morgens an einem wundervollen Sommertag von einem LSD-Trip zurückkehrte, schwebte mir sogar ‘Verschiedene Farben der Liebe’ vor. Diese Idee verwarf ich allerdings sofort wieder. Ein SM-Roman heißt auf gar keinen Fall ‘Verschiedene Farben der Liebe’.
Ohne jede Vorwarnung taucht plötzlich eine besonders große Welle vor mir auf und ich springe unwillkürlich nach hinten. Zum Glück, denn einige Sekunde später steht mir das Wasser bis zu den Waden. Doch damit kann ich leben, denn ‘Ostfriesennerz’, Lederhose und Gummistiefel schützen mich vor dem eiskalten Nass.
Die Höhe der Welle ist unglaublich gewesen. Noch ein wenig mehr und sie hätte mich vielleicht ins tobenden Meer gezogen und ich wäre ertrunken. Ertrunken ... Welch eine schöne, befreiende Vorstellung einen Tod dieser Art zu haben.
Der Tod übt seit zwei Jahren, eigentlich seit dem Tag, an dem meine Lebensgefährtin Florentine mich im Stich ließ, eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Wie schön ist doch die Vorstellung, für alle Ewigkeiten tief und traumlos zu schlafen. Weder Einsamkeit, Schmerz, noch Schuldgefühle zu empfinden. Ich male mir das Ganze seit Monaten immer und immer wieder aus. Ich gehe in die Sauna oder in den Whirlpool, denke an Florentine, der einzigen Partnerin, der mir jemals wirklich etwas bedeutet hatte, stimuliere mich mit einem meiner luxuriösen Dildos, nehme eine Überdosis LSD oder Kokain und gehe in einem Meer aus Licht und Farben über die endgültige Grenze. Eine verlockende Vorstellung.
Doch es wird immer eine Vorstellung bleiben. Ich kann nicht gezielt aus dem Leben scheiden. Die Kripo würde gewiss in meiner Vergangenheit graben. Dinge herausfinden, die sie nicht herausfinden darf. Meine lieben Eltern in Aachen würde der Schlag treffen, wenn sie erfahren würden, was die attraktive, intelligente Vanessa, die ihr Studium mit Auszeichnung bestand und der Hundertschaften von Männern zu Füßen lagen, doch so alles getrieben hatte. Vater und Mutter wissen ja noch nicht einmal, dass ich eine lesbische Fetischistin bin und der Bremer SM-Szene angehöre. Nein, sie dürfen nichts erfahren. Der Schock würde sie umbringen.
Da es immer kälter wird und mich die Wärme meines Hauses und ein Cocktail aus Valium und Brandy reizt, mache ich kehrt, um wieder zu meinem ...
Ich erstarre, als ich die schwarze Gestalt auf der Klippe sehe. Der lange, im Wind wehende schwarze Lackmantel, das hübsche, grell geschminkte Gesicht, die streng zurückgekämmten, mit Gel verklebten kurzen Haare, die katzengrünen Augen ...
Es ist Florentine!
„FLORENTINE!“ schreie ich entgeistert in ihre Richtung. Dann füllen sich meine Augen mit Tränen und ich schließe sie resignierend.
Nein, Florentine kann nicht da oben auf der Klippe sein. Ich höre sie wieder schreien ‘Nein! Lasse mich heraus! So lasse mich doch bitte wieder heraus!’, so wie sie es an unserem letzten gemeinsamen Tag tat. Mir wird abermals klar, dass sie ganz gewiss nicht zu mir zurückkehren wird. Ich war mit meinen perversen Neigungen zu weit gegangen. Sie hat mich verlassen. Für immer. Sie kommt nicht mehr zu mir zurück. Niemals!
Aber wer steht denn dann da oben auf der Klippe? Kann es noch einen weiteren Mensch auf der Welt geben, der die erotische Perfektion von Florentine besitzt? Nein, ganz bestimmt nicht. Ist sie etwa doch zurückgekehrt? Obwohl ich sie damals in einem Anflug von unglaublichem Sadismus ...
Nein. Nein, das kann nicht sein. Mein Hirn muss mir einen Streich spielen. Kein Wunder, denn meine Betäubungsmittel Tabak, Alkohol, Tabletten, Haschisch, Kokain und LSD zerfressen seit Jahren meinen Körper und meinen Verstand. Ich habe schon so manches Mal nachts, wenn ich einsam im Bett grübele, warum unser Beziehung so ein tragisches Ende nahm, sie rufen hören, doch noch nie ist sie mir visuell erschienen. Nein, mein Verstand geht kaputt. Wenn ich nicht bald meinen Lebensstil ändere, werde ich in einem Sanatorium oder auf dem Friedhof enden.
Friedhof ... Grab ... Tod ... Frieden. Wie schön.
Ich öffne meine Augen, um mich der Realität zu stellen.
Die Klippe ist leer. Natürlich ist sie leer. Keine Florentine! Ich werde sie nie mehr riechen, streicheln oder küssen können. Ich bleibe allein. Und sein wir ehrlich, eine Sadistin wie ich hat nichts anderes verdient.

Am Abend geht es mir schon wieder deutlich besser. Ich muss allerdings gestehen, dass dieser Umstand gewiss an den beiden Kapseln Tramadol liegt, die ich geschluckt habe. Das starke Schmerzmittel löst nach der Einnahme den Effekt ‘Alles egal’ aus, und exakt den braucht eine von Einsamkeit, Trennungsschmerz und Schuldgefühlen zerfressene Frau wie ich täglich.
Täglich! Ich mache mir Körper und Geist kaputt, wenn ich täglich etwas schlucke, inhaliere, spritze oder durch die Nase ziehe. Aber ich kann nicht mehr ohne meine rosaroten Freunde existieren, der Schmerz ist zu groß. Na ja, zumindest habe ich heute auf Valium und Brandy verzichtet.
Nachdem ich mir ein Sandwich mit Thunfisch, Salat und viel Majo heruntergewürgt (ich habe seit Monaten keinen Appetit mehr und muss mich zum Essen zwingen) habe, gehe ich ins Wohnzimmer, öffne die Terrassentür, schalte den riesigen Fernseher an und beginne zu zappen, während ich draußen den Regen prasseln und den Sturm heulen höre.
Florentine. Schöne, unnahbare Florentine. Sie hat am Strand so real auf mich gewirkt. Sollte sie vielleicht doch zu mir zurückkommen? Nein, unmöglich. Es gibt keine Wunder. Sie kann nicht mehr zurückkommen. Nicht nachdem was ich damals mit ihr machte.
Auf 17th Street höre ich auf zu zappen, denn ich sehe, dass in ein paar Minuten ‘Die Nacht der lebenden Toten’ beginnen wird, einer der wenigen anspruchsvollen Horrorfilme, der mich seit meiner Jugend fasziniert.
Und wenn es nun doch Florentine war? Sie wirkte so real ...
Nein. Das Tramadol gaukelt mir wie so oft eine Hoffnung vor, die es nicht gibt. Florentine wird nicht mehr zurückkommen. Nicht nach der ultimativen Qual, die ich ihr zufügte, um ihre Grenzen auszutesten. Ich bin zu weit gegangen und muss mich damit abfinden, den Rest meines Lebens ohne sie zu verbringen. Ich werde meine perfekte Partnerin nie mehr küssen, streicheln oder lecken können. Ebenso wenig fesseln, knebeln oder quälen.
Da mich trotz Schmerzmittel abermals eine gigantische Welle seelischer Schmerzen überkommt, gehe ich eilig ins Bad, wo ich mir diverse Utensilien zum Lackieren meiner Fußnägel hole. Außerdem besorge ich mir ein paar Haschischzigaretten. Dann lasse ich mich wieder auf den 900 Euro teuren Fernsehsessel fallen.
Eine gute Idee. Der beißende Gestank von dem Lack und die leichte Droge wird mich in eine andere, bessere Welt bringen, ohne dass ich auf harte Drogen zurückgreifen muss. Gerade mit dem LSD habe ich in letzter Zeit schlechte Erfahrungen gemacht. Vor drei Wochen krabbelte, als ich auf dem Sofa ‘schwebte’, eine gigantische Wolfspinne mit Florentines Kopf ins Zimmer. Sie lähmte mich mit ihrem Biss und zerrte mich nach draußen in den großen Garten, wo sie mich bei lebendigem Leibe in ein düsteres Erdloch zog. Als ich von meinem Höllentrip zurückkehrte, lag ich nackt, total zerkratzt und unterkühlt im Regen auf dem Rasen.
Nein, kein LSD mehr!
Als der Film beginnt, steckt die mitgebrachte Watte zwischen meinen Zehen und ich zünde mir meine erste Zigarette an. Dann beginne ich mit dem Lackieren. Fernsehen und rauchen kann ich problemlos nebenbei.
Ich genieße die erste Szene des Films, die ich für besonders unheimlich halte. Ein Geschwisterpaar geht auf einen einsamen Friedhof und wird von einer lebenden Leiche angegriffen. Der junge Mann stirbt einen entsetzlichen Tod, während seine Schwester schreiend von dem Friedhof entkommen kann. Doch sie muss entsetzt feststellen, dass sich überall die Toten aus den Gräbern erheben und Jagd auf die Menschen machen.
Dann endet der Film bereits für mich. Denn der Duft des blutroten Lacks und das Haschisch tun bereits ihre Wirkung und mein Geist wird wie erhofft entführt. Geht zurück an jenen wundervollen Abend im Spätsommer, als ich mit meinen besten Freundinnen Celeste, Tina und Vivian auf eine kleine, unbedeutende SM-Fete ging ...
„Was darf ich bringen?“ fragte die Bedienung in dem Minikleid aus schwarzem Latex, vor welchem sie eine weiße Gummischürze gebunden hatte.
Ich drehte mich zu ihr um und sah ihr tief, ganz tief in die katzengrünen Augen.
Dieser Moment ist mir bis heute unbegreiflich. Natürlich kann ich als ehemalige Psychologin durch Gespräche, Gesten oder Verhalten mir schnell ein Bild von einem Menschen machen, doch über Florentine wusste ich in diesem kurzen Moment bereits alles. Ich las jeden ihrer Gedanken und Wünsche.
Es war schon seltsam. Sie 20 - ich 40. Sie klein - ich groß. Sie kurze brünette Haare - ich blond und lang. Sie devot mit Schürze und Dienstmädchenhaube - ich dominant mit Latexcatsuit und Stiefeln. Doch eins hatten wir gemeinsam: Wir waren beide Lesben! Das war mir sofort klar.
Nach der Party ging es zu mir und kaum, dass wir mein Haus betreten hatten, zog ... riss sie sich die Kleidung vom Leib und stand mit ihrem sinnlichen Körper, der auf Rücken und Hintern voller Narben war, vor mir.
Es folgte die wildeste Nacht meines Lebens. Ganz ohne zusätzliche Mittel. Ich als Expertin weiß genau, was man schlucken oder spritzen kann, um beim Sex noch mehr Spaß zu haben, aber das hatten wir nicht nötig. Nicht wir. Wir klebten wie Magnete stundenlang aufeinander und überschritten sexuelle Grenzen, die nur wenige Menschen jemals überschreiten. Unsere Lust ging in Höhen, die anderen ihr Leben lang verwehrt bleiben. Es war perfekt.
Am nächsten Tag erzählte Florentine mir von ihrem Leben. Ihr Vater war der Besitzer einer großen Immobilienfirma in Stuttgart. Er verdiente so gut, dass ihre Mutter, seine ehemalige Sekretärin, es sich leisten konnte, ihren Tag mit den drei Kindern, Tennis, Massage, Einkaufen und Maniküre zu verschwenden. Ihre ältere Schwester Claudia hatte erfolgreich ein BWL-Studium absolviert, während ihr jüngerer Bruder Florian einer der besten Pokerspieler Deutschlands war. Angeblich so genial, dass er keinen richtigen Beruf brauchte. Eine perfekte Familie. Bis die Eltern erfuhren, dass ihre schöne Tochter lieber Vaginas als Schwänze lutschte und es genoss, wenn sie gefesselt war und eine Reitgerte auf ihren strammen Hintern knallte. Der Vater war so entsetzt und um seinen guten Ruf besorgt, dass er sie wutentbrannt aus dem Haus jagte, weshalb sie nach Bremen ins Exil ging.
Die Parallele zu mir war nicht zu übersehen. Mein Vater war Professor im Krankenhaus ‘Bremen-Ost’, Mutter dort Oberschwester. Meine Brüder leiten gemeinsam erfolgreich eine kleine Spedition, die in Bremen einen sehr guten Ruf hat und hohe Gewinne erzielt. Wir waren also beide aus guten Familien, ohne Leid und Sorgen aufgewachsen, und dennoch waren wir anders als die anderen Menschen.
Woher kommen gewisse Neigungen? Ich bin ... war Psychologin und kann dennoch vieles nicht erklären. Oftmals genügen - vermeintlich - unbedeutende Kleinigkeiten in der Kindheit, um die sexuellen Neigungen eines Menschen zu formen. Doch manchmal ist ein Trieb, den die Gesellschaft als abartig bezeichnet, einfach da und lässt sich nicht erklären.
Ich zog mir bereits als kleines Mädchen gern die Haushaltshandschuhe meiner Mutter an und trug mit Freude im Herbst Regenkleidung aus Gummi und Lederstiefel im Winter. Das glänzende Material war so geil auf der Haut.
Außerdem fing ich Spinnen, Käfer und Fliegen, um sie mit Hilfe von Klebern, Nadeln und Streichhölzern möglichst qualvoll zu töten. Erfreute mich, wenn ich sie mit den Beinen zappelten sah, während ich sie durchbohrte oder langsam röstete. Genoss die stummen Schreie der gequälten Wesen. Als ich meinen Führerschein hatte lief während meiner ersten Fahrt bei Nacht ein Hund über die Fahrbahn und ich drückte gezielt auf das Gaspedal, um ihn zu überfahren. Ich erinnere mich noch heute an die sexuelle Erregung, die ich verspürte, als das Tier winselnd, blutend und mit gebrochenen Knochen vor mir auf dem kalten Asphalt lag und ich mit einem Stein seinen Schädel zertrümmerte.
Jungen oder Männer? Nein, nie. Ich hatte mich niemals nach einem Schwanz gesehnt. Es waren Frauen. Es war immer schon das gleiche Geschlecht, das ich wollte.
Fetischistin. Lesbe. Sadistin. So bin ich nun einmal und es gibt keinen besonderen Grund dafür. Ich bin so geboren worden.
Florentine zog bereits zwei Monate nach unserem ersten Treffen bei mir ein. Offiziell - sogar mit Arbeitsvertrag - als meine Haushälterin, inoffiziell als meine Sklavin. Eine Sklavin, wie ich sie mir immer wünschte.
Ich fesselte sie beim Sex ans Bett, ließ sie stundenlang geknebelt, sie musste nackt den kalten Kellerboden mit einer Zahnbürste schrubben, Kniebeugen und Liegestützen bis zur Erschöpfung machen, eiskalt duschen oder ich schlug sie ohne Vorwarnung. Und alles, aber auch wirklich alles, wurde mir mit einem ehrlichen Lächeln gedankt. Sie war so von Natur aus. Liebte es, erniedrigt und gequält zu werden.
Draußen ist der Regenschauer zu einer Sintflut mutiert. Der Sturm peitscht sogar etwas Wasser zu mir ins Wohnzimmer.
Unwillkürlich sehe ich hinaus in die rabenschwarze Nacht. Vorbei an der steinernen Figur eines schwarzen Todesengels zu dem wie immer erhellten Pavillon, in welchem ich früher immer so gerne mit Florentine saß. Ich schalte jeden Abend das elektrische Licht an, denn er ist wie ein bizarres Denkmal. Ein Denkmal für sie.
Obwohl erst acht meiner Fußnägel rot sind, stehe ich auf, ignoriere den Regen, der in mein Wohnzimmer dringt und hüpfe Dank dem heißen Wind aus dem Orient euphorisch in das jenes Zimmer, welches früher Florentine gehörte.
Das Bett mit dem roten Gummilaken, die zahlreichen Bücher, die Sammlung von Knebeln an der Wand, etc. Es ist alles noch so wie an ihrem letzten Tag. Ich mache das Zimmer sogar zweimal die Woche persönlich sauber, obwohl ich mir eigentlich für niedere Arbeiten zu schade bin. Doch in dieses heilige Territorium darf meine Putzfrau nicht. Nein, eine Fremde würde es entweihen. Mein Unterbewusstsein hat - gerade im Drogenrausch - eben immer noch die Hoffnung, dass ich trotz dieser einen unmenschlichen Grausamkeit eines Tages wieder in irgendeiner Form mit Florentine vereint sein werde.
Wie in Trance gehe ich an den Kleiderschrank, um wie so oft an ihrer Kleidung, die sie komplett zurückgelassen hat, zu riechen, denn ich möchte zumindest ein wenig von der wundervollen Vergangenheit wahrnehmen.
Als ich die große Schranktür öffne, lässt mich - obwohl ich im Rausch bin - ein gellender Donnerschlag zusammenzucken. Er hört sich an wie ein Todesbote des frühen Winters, der verkündet, dass der sommerliche Herbst endgültig zu Ende ist.
Die Hosen. Die Röcke. Die Blusen. Die Jacken. Die Mäntel. Es ist noch alles da. Mir ist, als würde sie draußen im Unwetter stehen und gleich durchnässt in ihr Zimmer zurückkehren, um sich etwas Trockenes anzuziehen. Während sie sich ankleidet würde sie sagen ‘Ich bin zurück! Ich habe dir vergeben; Vanessa!’.
Vergebung. Es ist die Vergebung, nach der sich meine gequälte Seele sehnt. Ich bin überzeugt, wenn ich nicht bald eine Absolution erhalte, wird mein von Schuld zerfressenes Herz aufhören zu schlagen.
Ich beginne, ihre Sachen zu streicheln. Hosen. Röcke. Jacken. Mäntel. Gerade ihr schwarzer Lackmantel, die sie immer so gerne trug, lässt mich vibrieren. Ich spüre, dass meine Brustwarzen sich erhärten und gegen meine rote Bluse drücken.
Als ich die schwarze Lederzwangsjacke, seinerzeit ein Geburtstagsgeschenk von mir, berühre, muss ich laut stöhnen. Während ich mit der rechten Hand weiter die bizarre Jacke streichele, greift meine linke unwillkürlich in die Lederhose, um mich zu stimulieren.
Die Erinnerung kehrt zurück. Wie ich meine gehorsame Sklavin in die enge Zwangsjacke stecke ... quetsche. Ihr die Arme über den großen Busen auf den Rücken zerre, die zahlreichen Schnüre verknote und die stramme Gurte schließe.
Ich weiß, was Florentine empfunden haben muss, denn ich habe mich selbst einmal in so eine Zwangsjacke stecken lassen, um zu wissen, was man seiner Sklavin zumuten kann. Die Pein ist für Menschen, die es noch nicht probiert haben, nur schwer zu beschreiben. Man beginnt sofort unter dem dicken Leder zu schwitzen, das Atmen fällt schwer und nach wenigen Minuten bereits bekommt man die ersten Muskelkrämpfe, die immer stärker werden. Doch Florentine lachte mich an. Lachte, wie sie immer lachte, wenn ich sie peinigte.
Zutiefst gedemütigt über die lachende Sklavin, welche die Torturen ihrer strengen Herrin amüsant fand, schlug ich ihr zweimal ins Gesicht. Das Lachen blieb. Natürlich blieb es. Ich stieß die Wehrlose aufs Bett, steckte ihr einen Vibrator in ihre Lustgrotte, umwickelte ihre Beine komplett mit schwarzem Klebeband und zog ihr eine maßgefertigte Gummimaske mit eingearbeitetem Knebel und Ohrenstöpseln über den Kopf. Als schließlich von ihrem Gesicht nur noch die Nasenlöcher zu sehen waren, schluckte ich ein Mittel, dass mich noch geiler machte und legte mich mit einem zweiten Vibrator neben sie. Dann vergnügte ich mich mit meinen beiden Spielzeugen. Nach vier lustvollen Stunden jenseits der Grenzen entließ ich mein Opfer aus dem engen, dunklen Gefängnis.
Florentine lachte.
Obwohl ich es mir nicht anmerken ließ und glücklich mit meiner Gefährtin war, fühlte ich, die strenge Domina, mich durch ihr Lächeln in meinem Innersten zutiefst gedemütigt und es verfolgte mich sogar in meinen Träumen. Nein, Florentine war nicht wie ihre Vorgängerinnen, die weinten, wenn ihnen stundenlanges Knebeln den Mund austrocknete oder ich sie gefesselt unter die eiskalte Dusche stellte. Florentine war eine echte Herausforderung für meinen grenzenlosen Sadismus. Und ich war bereit mich ihr zu stellen.
Einmal schloss ich sie in Eisen und ließ sie eine ganze Woche lang nackt im dunklen Keller schmachten. Die Nahrung bestand aus Leitungswasser und Essenresten. Ihr Bett war der kalte Zement. Ihre Toilette ein Karton mit Sand. Wasser oder gar Tücher gab es nicht. Als die Woche Kerker vorbei war lachte sie mich an.
An einem kühlen Herbstabend fesselte ich ihren nackten Körper mit schweren Stricken an einen der Stühle im Pavillon. Dann zog ich meinen Slip aus, steckte ihn in ihrem Mund und zog ihr meine Strumpfhose über den Kopf. Dann ließ ich sie allein. Als ich die unterkühlte Sklavin am nächsten Tag befreite, lachte sie mich an.
Zwei Wochen später sperrte ich sie in einen Keuschheitsgürtel aus schwerem Metall. Einhundert lange Tage musste sie ihn tragen. Ich öffnete sein schweres Schloss nicht einmal, damit sie Hygiene halten konnte. Nein, der einzige Schlüssel wurde von mir theatralisch vor ihren Augen im Garten vor dem Pavillon vergraben. Ich amüsierte mich, wenn sie zur Toilette ging und ihr Urin durch die kleinen Öffnungen wie bei einer Gießkanne austrat. Und ich ließ sie obendrein noch spezielle Tabletten schlucken, die ihr sexuelles Verlangen noch steigerten. Doch weder sie noch ich konnten ja an ihre Lustgrotte. Als ich sie dann wie versprochen nach über drei Monaten erlöste, war das, was wir zu sehen bekamen, der widerlichste Anblick meines Lebens. Pilze, Ausschlag, Läuse. Und dennoch lachte sie mich an.
Und dann kam mir die vielleicht perverseste Idee meines Lebens. Um Florentine endlich ...
Der gellende Todesschrei einer Frau reißt mich abrupt aus meinen Gedanken! Für drei heftige Herzschläge glaube ich, dass jemand im Garten geschrieen hat, doch als ich ins Wohnzimmer laufe sehe ich, dass der Schrei natürlich aus dem Fernsehen gekommen ist. Die lebenden Toten dringen in das Haus ein, in welches die junge Frau vom Friedhof geflüchtet ist. Meine benebelten Sinne haben mir einen Streich gespielt.
Ich ärgere mich, weil das Kreischen mich aus der wundervollen Vergangenheit mit Florentine in eine triste Gegenwart ohne Florentine zurückgeholt hat.
Und was jetzt? Ach, natürlich. ‚Ich muss mir ja noch die Nägel zu Ende machen’, fällt mir auf, als ich nach unten zu meinen Füßen sehe. Ich lasse mich daher erneut auf meinen Fernsehsessel fallen. Bevor ich jedoch wieder mit dem Lackieren beginne, zünde ich mir einen weiteren Joint an, um in die Vergangenheit zurückzukehren.
Als ich den zweiten, kräftigen Lungenzug nehme, hört plötzlich alles um mich herum auf zu existieren. Das Licht in meinem Wohnzimmer, der Fernseher, die Beleuchtung des Pavillons ... Alles ist plötzlich aus. Ich bin allein im Dunkeln.
„Oh, nein!“ schimpfe ich. „Nicht schon wieder.“
Die Elektrizität ist ausgefallen, wie so oft, wenn ein schweres Unwetter über die See hinweg auf die Küste trifft. Die Stromausfälle sind für mich zur Selbstverständlichkeit geworden. Da die Elektrizität in der Regel nach wenigen Minuten wieder da ist, verzichte ich darauf, Kerzen aus der Küche zu holen und warte in der Dunkelheit auf die Rückkehr des Lichts.
Ich ziehe an meinem Joint, sehe hinaus in die Finsternis und nehme vage die Konturen des Pavillons und der steinernen Statue des Todesengels wahr. Dazu lausche ich der tobenden Naturgewalt. Dem Regen. Dem Donner. Dem Sturm.
Irgendwann wird mir im Dunkeln bewusst, dass etwas nicht stimmt. Ich weiß nicht was, der Rausch lässt mich nicht mehr klar denken, doch etwas ist falsch. Unnatürlich. Bedrohlich.
Was ..?
Es ist die Statue! Ja. Es ist die steinerne Figur des Todesengels vor dem Pavillon. Sie ist viel zu groß.
Dann beginnt sich der Engel zu bewegen. Er schleicht die paar Schritte durch den Regen auf den Pavillon und lässt sich auf einen der beiden Stühle fallen.
Nein. Es ist nicht der Engel, der nun auf dem Pavillon sitzt, der steht immer noch auf dem Rasen. Es ist eine dunkle Gestalt in einem schwarzem Lackmantel, die ich irrtümlich für die Figur hielt.
Florentine!
„Vanessa ...“ höre ich plötzlich eine mir vertraute Stimme wispern. Vom Pavillon, aus der Küche, unter dem Sofa. Sie scheint von überall her zu kommen. „Vanessa ...“
Ich lasse die Zigarette auf den Boden fallen und presse die Hände vor das Gesicht, denn ich will dem Wahnsinn entfliehen, den Drogen und Schuldgefühle mit meinem Hirn veranstalten.
Florentine hat mich verlassen! Nachdem was ich an unserem letzten gemeinsamen Tag mit ihr anstellte, um das mich beleidigende Lächeln aus ihrem Gesicht zu wischen, wird sie nie mehr zu mir zurückkehren. Ich versuche immer und immer wieder aufs Neue diese Tatsache zu akzeptieren, doch wenn ich voller Drogen bin, höre ich ihre Stimme und seit heute sehe ich sie sogar.
Ich muss runter von den Drogen. Muss runter! Sie zerstören meinen Verstand.
Etwas später geht das Licht wieder an. Wie befreit nehme ich die Hände vom Gesicht und schreie aus Leibeskräften „FLORENTINE!“ nach draußen in die Dunkelheit, obwohl ich ganz genau weiß, dass sie aufgrund meiner ultimativen Teufelei nicht mehr zu mir zurückkommen wird, doch die Sehnsucht nach ihr ist zu groß. Mein gemartertes Hirn will einfach glauben, dass sie sich draußen auf dem Pavillon befindet.
Da ich - natürlich - keine Antwort erhalte, springe ich auf und renne hinaus in die Dunkelheit. Zum Pavillon, dorthin, wo ich meine ehemalige Gefährtin vor ein paar Minuten vermeintlich sitzen sah.
Ich rutsche auf dem glatten Boden aus, falle auf die Stelle, in der mich im LSD-Wahn die gigantische Wolfspinne bei lebendigem Leibe begrub und schreie erschreckt auf, denn für einen kurzen Moment glaubte ich, die Spinne zu sehen. Ich rappele mich sofort wieder auf und springe auf den Pavillon.
„Florentine ..?“ frage ich, obwohl ich ja genau weiß, dass sie nicht da ist.
Die Stühle sind leer. Selbstverständlich sind die Stühle leer. Ich wusste doch eigentlich schon, als ich aus dem Zimmer ins Unwetter lief, dass ich mir ihre Rückkehr nur eingebildet habe, und dennoch bin ich gelaufen. Weil mich das Verlangen nach ihr so quält und meinen klaren Menschenverstand frisst.
Ich lasse mich auf einen der beiden Stühle fallen und lasse meinen Tränen freien Lauf. „Florentine .... Süße, kleine Florentine ...“ jammere ich in die dunkle Einsamkeit. „Warum? Warum musste unsere Beziehung nur so plötzlich enden? Wie konntest du mich nur ohne Vorwarnung verlassen?“ Mein Weinen wird zu einem Kreischen. „Vergib’ mir! Ich flehe dich an: Vergib’ mir doch!“
Ich erhalte natürlich keine Antwort. Von einer Absolution, die mir wichtiger wäre als mein eigenes Leben, ganz zu schweigen.
„Vergib’ mir ...“ winsele ich, der einzige Mensch auf der Welt, wieder und immer wieder, bis mir nach einer Ewigkeit endlich bewusst wird, dass ich bei ca. 0 Grad Celsius nur mit Bluse und Lederhose bekleidet, Barfuss mit Watte zwischen den Zehen, auf meinem Pavillon sitze.
Ich taumele zitternd und gedankenverloren zurück zu meiner Terrasse. Bis mir das mit Lippenstift an die Glastür gemalte Herz auffällt. Als ich näher komme, sehe ich im Inneren des Herzens ‘VANESSA’ geschrieben.
Ich wische die Tränen aus meinen Augen und lache. Ich lache hysterisch auf. So eine Situation kann man nur mit einem schallenden Lachen quittieren.
Aus! Schluss! Vorbei! Ich darf keine Drogen mehr nehmen. Sie machen mich fertig. Ich komme in ein Sanatorium oder auf den Friedhof, wenn ich nicht aufhöre. Ich muss aufhören!
Ich wische den imaginären Lippenstift von der Scheibe, trete in mein Wohnzimmer und verschließe die Tür. Dann gehe ich an meinen ‘Wunderschrank’ und ziehe mir eine Spritze mit einem starken Beruhigungsmittel auf, welches ich mir augenblicklich in die Vene pumpe.
Meine Entscheidung steht fest. Ich muss und werde mit dem Schlucken, Schnupfen und Spritzen aufhören. Aber erst demnächst.

Als ich am nächsten Morgen erwache ist Tod das erste, was ich sehe. Dank meiner benebelten Sinne dauert es fast zwei Minuten, bis mir klar wird, dass der Tod aus ein paar Fliegen besteht, die in der an der Decke hängenden Fliegenfalle einen klebrigen Tod gefunden haben.
Ich fühle mich wie gerädert. Außerdem bin ich total verschwitzt, habe starke Kopfschmerzen und großen Durst.
Augenblicklich kommen die bizarren Bilder zurück. Die junge Frau, die auf dem Friedhof von lebenden Toten angriffen wird, die gigantische Wolfspinne, die mich bei lebendigem Leibe begräbt, die sich bewegende steinerne Figur, die dunkle Gestalt in dem schwarzem Lackmantel, das Herz an meiner Terrassentür. Alles ist wieder da. Nur weiß ich beim besten Willen nicht mehr, was Illusion ist und was Realität.
Ich fühle mich so fertig wie schon lange nicht mehr. Ich würde am liebsten den ganzen Tag in der Geborgenheit des Betts verbringen, doch der quälende Durst zwingt mich, mich aufzurappeln und in die Küche zu schleppen, wo ich hastig drei große Gläser Mineralwasser leere. Dann schlucke ich zwei Kapseln Tramadol, um besser durch den Tag zu kommen.
Verärgert stelle ich fest, dass ich immer noch meine verdreckte Bluse von gestern und die Lederhose, an den Knien zerrissen, trage. Ferner steckt noch ein wenig Watte zwischen meinen Zehen. Ich war gestern Nacht ganz offensichtlich zu fertig, um mich auszukleiden.
Ich gehe ins Bad, wo ich mich skeptisch im Wandspiegel betrachte.
Blaue Augen ohne jeglichen Glanz, Tränensäcke, spröde Lippen, eingefallene Wangen, vom Nikotin gelb gefärbte Zähne, fettige Haare. Nun, nicht zuletzt aufgrund meines sportlichen Körpers und dem großen Busen bin ich mit Sicherheit immer noch begehrenswert, doch Begriffe wie ‘Traumfrau’ oder ‘Schöne Vanessa’, die mich mein Leben lang begleitet haben, wurden mit Florentines Weggang zu Grabe getragen. Ich verfaule bei lebendigem Leibe.
Ich entferne die Watte zwischen meinen Zehen und werfe sie in die Toilette. Dann ziehe ich mich aus und lege die verschmutzte Kleidung in die Waschmaschine. Abschließend springe ich unter die Dusche.
Als ich eine schlappe halbe Stunde später in einem frischen Bademantel abermals in die Küche gehe, fühle ich mich deutlich besser. Das heiße Wasser und das teure Duschgel von ‘Jill Sander’ haben den Schrecken der Nacht weggespült, außerdem hat das Tramadol den von mir erhofften Effekt ‘Alles egal’ erzeugt.
Ich stelle das Radio an. Wie jeden Morgen, denn gerade einsamen Menschen wie mir suggeriert die Stimme im Radio, dass sie nicht ganz allein auf dieser trostlosen Welt sind.
Ich mache mir lustlos zwei Käsesandwichs und setze mich an den Tisch um zu essen. Ich habe seit dem Tag, an dem mich Florentine im Stich ließ, keinen Appetit mehr, doch ich zwinge mich täglich aufs Neue feste Nahrung zu mir zunehmen.
Jetzt erst bemerke ich, dass RADIO BREMEN 1 ‘Do not forsake me oh my Darling ...’ spielt, den Titelsong aus dem Westernklassiker ’12 Uhr Mittags’. Welch eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ich diesen Text jetzt vernehmen muss. Mit einem sarkastischen Lächeln auf den Lippen wähle ich FFN, um etwas anderes zu hören.
Der Sender spielt Gwen Stefani mit ‘Early Winter’. Dieser Song gefällt mir deutlich besser, eigentlich ist er sogar optimal, wenn ich an das schlechte Wetter denke. Abermals kommt mir der Gedanke, nach Gran Canaria zu fliegen. Dort würde ich bestimmt auf andere Gedanken kommen.
Gwen Stefani. Was für eine Frau. Mit der würde ich gerne eine lesbische SM-Beziehung eingehen. Ich stelle sie mir in einem schwarzen Latexcatsuit vor, der ihren erotischen Körper bestens zur Geltung bringt und sie schwitzen lässt. Dann gehe ich mit ihr in den sommerlichen Garten, fessele sie und grabe sie bis zum Hals in die schwere Erde ein. Ich übergieße ihren hilflosen Kopf mit süßer Limonade, um möglichst viele fliegenden Besucher anzulocken, lasse sie einen Teelöffel Salz schlucken und postiere ein Glas Mineralwasser in ihrem Blickfeld. Abschließend setze ich mich auf den Pavillon, schnupfe ein wenig Kokain und genieße es zu sehen, wie Gwen leidet. Zu hören, wie sie mich anbettelt, sie auszugraben.
Eine Frau wie Gwen Stefani unter so einer Folter. Ein wundervoller Gedanke. Natürlich wäre diese Pein nicht so grausam wie das, was ich zuletzt mit Florentine machte, dennoch erregt mich der Gedanke, die arrogante Slumbag aus den USA derartig zu martern.
Ich spüre ein Vibrieren zwischen meinen Beinen.
Ja. Ja, das ist der Schlüssel. Ich muss mich endlich damit abfinden, dass Florentine mich für immer verlassen hat und mir eine neue Gefährtin suchen, an der ich meinen sexuellen Sadismus, der sich von Woche zu Woche, Monat zu Monat, Jahr zu Jahr, immer stärker bei mir aufstaut, ausleben kann. Ich werde mir heute noch einen Flug besorgen und mich in meine Ferienwohnung auf die Kanaren absetzen. Dort werde ich hoffentlich meine Leiden vergessen können und eine neue Partnerin finden.
Ich esse das Sandwich auf und trinke noch ein Glas Mineralwasser. Dann gehe ich - fast vergnügt - ins Wohnzimmer, in welchem es saukalt ist, denn ich habe letzte Nacht im Rausch vergessen, die Terrassentür zu schließen. Ich bewege mich daher ...
Ich erstarre, als ich an der Terrasse bin. Trotz des Beruhigungsmittels beginnt mein Herz heftig zu klopfen, mein Puls zu rasen und ich bekomme einen Schweißausbruch.
Es ist Florentine! Sie sitzt wieder auf dem Pavillon, trägt noch immer ihren schwarzen Lackmantel und starrt zu mir herüber. Damit sieht mein von Drogen getrübtes Auge sie bereits zum dritten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Doch diesmal ist alles anders. Gestern hatte ich so meine Zweifel. Erst sah ich sie in großer Entfernung auf der Klippe stehen und am Abend nur schemenhaft in der Finsternis auf dem Pavillon. Doch diesmal ist sie nur zehn Meter von mir entfernt und eindeutig zu erkennen. Ich bemerke sogar das für sie typische Funkeln in ihren katzengrünen Augen.
Sie winkt mir zu.
Wie in Trance drehe ich ab, werfe in der Küche zwei weitere Kapseln Tramadol ein und tausche im Schlafzimmer Bademantel gegen ein Kleid aus. Das Kleid mit dem Blumenmuster ist billig und nicht besonders schön, doch ich liebe es, denn es ist ein Geburtstagsgeschenk von Florentine gewesen. Dann ziehe ich meinen Nerz über (‚Du siehst in dem teuren Nerz aus wie eine Königin, Vanessa!’ schmeichelte Florentine einmal) und gehe zurück zur Terrasse, obwohl ich genau weiß, dass meine ehemalige Lebensgefährtin nicht mehr auf dem Pavillon sein wird, denn sie ist ja nur ein Trugbild, das verschwindet, wenn ich den Kontakt suche.
Doch ich bin im Irrtum. Sie ist noch auf dem Pavillon! Und sie wartet auf mich. Winkt erneut.
„Nein, das kann nicht sein ...“ flüstere ich mir selbst zu. Wie ist das nur möglich? Mir ist doch damals schon klar gewesen, dass ich in meinem grenzenlosen Sadismus zu weit gegangen bin und sie verloren habe. Warum ist sie also zurück? Möchte sie doch wieder mit mir zusammensein? Oder möchte sie vielmehr eine bizarre Rechnung mit mir begleichen?
Sie ist es ohne Zweifel. Sie ist nicht mehr so provozierend geschminkt wie früher, das Lächeln in ihrem Gesicht fehlt und ihre Augen wirken noch trauriger als meine, aber das ist ja auch kein Wunder, nachdem was ich mit ihr angestellt hatte. Außerdem wirkt sie älter als ich sie in Erinnerung habe, aber auch das ist ja selbstverständlich, denn wir sind ja beide gealtert. Doch ihr wahres Markenzeichen, die katzengrünen Augen, zeigen mir unverkennbar, dass ich wirklich Florentine vor mir habe. Keine Schauspielerin oder Doppelgängerin. Nein, sie ist wirklich zurück.
Ich setze mich in Bewegung. Verlasse mein Wohnzimmer, passiere die Terrasse und gehe über den Rasen auf den Pavillon zu. Bei jedem Schritt, den ich mache, überfällt mich die Sorge, dass Florentine sich auflöst und abermals als Sinnestäuschung entlarvt, doch sie bleibt real.
Als ich am Pavillon angekommen bin und die Stufen zu ihm hinaufsteige, fühle ich mich wie eine Frau, welche die Stufen zu ihrem Schafott hinaufgeht. Ein guter Vergleich, denn ich weiß, dass ich den Tod verdient habe und die Person da oben das Recht besitzt, mich zu richten.
Als ich oben bin, wage ich es nicht, ihr in die Augen zu schauen oder gar anzusprechen. Meine Schuldgefühle sind zu groß. Ich lasse mich stumm auf den Stuhl neben ihr fallen und blicke auf den Boden.
Wir schweigen uns an.

„Es ist sehr kalt heute,“ sagt sie nach einer Ewigkeit, in der mir zahlreiche Erinnerungen durch den Kopf gehen und schlägt den Kragen ihres Lackmantels hoch. „So früh haben wir noch nie Winter gehabt. Anderseits konnte man vor ein paar Tagen noch fast von Spätsommer sprechen.“ Sie seufzt. „Es ist schon eine merkwürdige Welt in der wir leben, nicht wahr?“
Nicht zuletzt aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Psychologin höre ich aus ihrer Stimme heraus, dass sie bedrückt ist. Vielleicht sogar noch mehr leidet als ich. Ich kann es ihr nicht verdenken.
„Stimmt,“ pflichte ich bei. „Vor wenigen Tagen schien noch die Sonne, als hätten wir Spätsommer.“ Das Wetter interessiert mich im Moment überhaupt nicht, doch mir fällt eine zentnerschwere Last von den Schultern, weil sie endlich das grauenvolle Schweigen beendet hat und wir Smalltalk machen.
Ich wage es sie anzusehen und bin wie in den Jahren, als ich mit ihr zusammen gewesen bin, fasziniert von ihrer göttlichen Schönheit.
„Warum?“ Es ist nur ein einziges Wort mit fünf Buchstaben, das ich ausspreche, doch es fällt mir unsagbar schwer. Dann wende ich den Blick von ihr ab und starre auf die Stelle vor dem Pavillon, an der mich die riesige Spinne in ein schreckliches Grab zog. „Und wie?“
„Was meinst du?“ will meine ehemalige Lebensgefährtin wissen. „Ich verstehe nicht ...“
Ihre gespielte Verwunderung verärgert mich. Wäre ich nicht durch die starken Mittel ruhig gestellt, wäre ich wahrscheinlich aufgesprungen und hätte sie trotz meiner Schuldgefühle geschlagen.
„Warum bist du zu mir zurückgekehrt, Florentine?“ will ich wissen und versuche die Fassung zu behalten. „Nach meiner letzten Gemeinheit war doch klar, dass du nie mehr zu mir zurückkehren würdest.“ Ich schlucke. „Und ich kann es dir nicht einmal verdenken. Ich bin zu weit gegangen.“
Sie starrt mich verständnislos an. „Zu weit gegangen?“ fragt sie nach langer Überlegung. „Wie kann eine Vanessa von Kirschstedten denn zu weit gehen? Du hast mich geschlagen, Zigaretten auf meinem Körper ausgedrückt, angespuckt und angepinkelt. Das wusste doch jeder in meinem Umfeld. Familie, Freunde, Bekannte. Du hast doch skrupellos meine devoten Neigungen ausgenutzt.“
Es wirkt wie eine Anklage auf mich, wenn sie von der Vergangenheit erzählt. Mir ist in diesem Moment klar, dass sie sich in den zwei Jahren sehr verändert hat und es zwischen uns nie mehr so sein wird wie früher.
Ich verliere meine Selbstbeherrschung und beginne bitterlich zu weinen.
„Das ist doch nicht zu fassen!“ herrscht mein Gegenüber mich an. „Das ist jetzt also Vanessa von Kirschstedten. Die große, blonde Traumfrau mit den langen roten Fingernägeln, die lieber andere Frauen als attraktive Männer mag. Die so schrecklich gerne andere Menschen quält. Und die von der Stadt Bremen eine Ehrenauszeichnung für besondere Verdienste bei der Behandlung von psychisch Kranken bekam. Obwohl sie aufgrund ihrer sadistischen Neigungen selbst in die Klapsmühle gehört. Man sollte dich krankes Miststück in eine Zwangsjacke stecken und in einer Gummizelle in einem billigen Irrenhaus bis zum Tode dahin vegetieren lassen.“
Peitschenhiebe! Jeder einzelne Satz ist ein Peitschenhieb für mich. Sie hat sich verändert. So unglaublich verändert. Früher gab es nicht ein einzelnes Widerwort von ihr, meiner treuen Sklavin, doch heute genießt sie es ganz augenscheinlich mich mit ihren Worten zu quälen.
„Hör’ auf, Florentine!“ schreie ich und blicke sie wieder an. „Hör’ auf! Hör’ auf! Hör’ auf!“ Ich spiele kurz mit dem Gedanken ins Haus zu gehen, um mir etwas zu spritzen, doch ich mache mir Sorgen, dass sie verschwunden ist, wenn ich zurückkehre. Ich verwerfe den Einfall daher. „Sage mir einfach warum und vor allem wie bist du zurückgekommen?“
Sie spielt abermals die Rolle der Unwissenden. „Wie meinst du das, wie bin ich zurückgekommen?“
Ich wende meinen Blick erneut von ihr ab und sehe zur Spinnengrube. Dann zurück zu Florentine, die wirklich begierig zu sein scheint, dass ich ihre Frage beantworte. Warum? Hat sie den unvorstellbaren Schrecken der Vergangenheit etwa verdrängt? Weiß sie denn wirklich nicht mehr was geschah?
Ich ... Ich verstehe nicht. Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Was ist noch Realität und was ist Vision? Ist jener verhängnisvolle Sommertag vor zwei Jahren nie passiert? War nie eine gigantische Wolfsspinne in meinem Haus? Sitzt Florentine jetzt gar nicht neben mir? Waren wir vielleicht nie zusammen? Habe ich sie mir im Geiste nur erschaffen, um die perfekte Gefährtin zu haben?
Ich weiß es nicht ... Ich weiß es nicht ... Ich weiß es nicht ...



Es ist ein wundervoller Sommer. Kein Tag bisher unter 25 Grad. Immer strahlender Sonnenschein.
Ich schlucke seit zwei Tagen ‘Morpheus’. Eine geile Designerdroge, die mich noch stärker macht als Kokain. Ich weiß nicht, ob es an ‘Morpheus’ liegt, aber gestern Nacht, während Florentine neben mir fest und unwissend, was ihr blüht, schlief, kam mir die perverseste Idee meines Lebens. Ich stand leise auf und schlich in den Garten, wo ich bis in die frühen Morgenstunden arbeitete. Kein Problem wenn man voller ‘Morpheus’ ist. Und heute ... heute werde ich, die strenge Herrin, meiner Sklavin das Lächeln, das mich beleidigt, aus dem Gesicht wischen. Sie wird noch um Gnade winseln.
„Da soll ich rein?“ fragt Florentine ungläubig. Sie lächelt zwar immer noch, doch eine gute Psychologin wie ich weiß die Sprache eines Körpers zu deuten. Zum ersten Mal hat sie Angst. Fragt sich, wie weit ich gehen werde. Ob ich bluffe.
Ich habe ihr gleich nach dem Frühstück befohlen sich nackt auszuziehen und ihr Hand- und Fußschellen angelegt. Dann sind wir in den Garten. Eigentlich wollte ich bis zum Abend warten, aber das ‘Morpheus’ macht mich so unendlich geil, dass ich es nicht mehr erwarten kann. Ich will endlich sehen, wie ich ihren Willen breche und sie mich anfleht, es nicht zu tun.
Es ist eine Grube, die ich - direkt vor dem Pavillon - gegraben habe. Nur so groß, dass gerade eben eine Holzkiste, in der ein Mensch mit angezogenen Beinen Platz findet, in sie passt.
Sie schaut mich an und ich sehe den Blick ‘Das bringt Vanessa nicht fertig ...’ in ihren Augen.
„Nun gut,“ sagt sie theatralisch und springt hinunter in die Kiste, in der ein alter Schlafsack liegt„dann sterbe ich eben heute.“
Ich werde abermals wütend. Ich drohe gerade, sie lebendig zu begraben, aber sie verfällt noch immer nicht in Panik. Fleht mich nicht an aufzuhören. Ich habe sie heute Morgen sogar einen Abschiedsbrief an ihre Eltern schreiben lassen, dass sie mit einem Türken in dessen Heimatland abgehauen ist, um ihr Angst zu machen. Doch sie weiß, dass ich niemals so weit gehen würde, sie wirklich ersticken zu lassen.
Sie legt sich in die Kiste und steigt gefesselt in den Schlafsack.„Ich bin bereit zu sterben. Nagel bitte zu, Herrin Vanessa!“ Dann lächelt sie wieder. So wie eine Sklavin die Gebieterin einfach nicht anlächeln darf.
Ich sehe enttäuscht ihren Augen an, dass das bizarre Spiel sie plötzlich sogar sexuell erregt. Sie genießt es, regungslos in einer kleinen Kiste zu schmachten und lebendig begraben zu werden. Die vermeintliche Todesgefahr pumpt Adrenalin in ihren Körper und macht sie geiler als je zuvor.
Ich springe verärgert ebenfalls in die Grube, lege den Deckel auf die Kiste und beginne sie zuzunageln.
Die Arbeit stimuliert mich in ungeahnte Höhen. Ich habe aufgrund meiner sadistischen Neigungen schon so manche Bösartigkeit mit meinen Partnerinnen, gerade mit Florentine, gemacht, aber ich habe noch nie jemanden lebendig begraben. Ihn der Enge, Isolation und Dunkelheit ausgeliefert.
„Hätte nicht gedacht, dass ich heute sterben werde!“ ruft mein Opfer aus der kleinen Holzkiste, als ich fertig bin und aus der Grube klettere.„Aber was sein muss, muss eben sein!“ Dann höre ich sie lachen. So wie sie immer lacht, wenn ich sie quäle. Es ist der blanke Hohn für eine Sadistin wie mich.
Dann setze ich alles auf eine Karte. „Du wirst natürlich nicht sterben, Florentine! Dafür liebe ich dich zu sehr. Außerdem möchte ich nicht im Frauengefängnis verfaulen.“ Ich nehme den Spaten und genieße es, die erste Schaufel Erde auf ihr enges Gefängnis zu werfen. „Keine Sorge. Ich werde dich in einer Stunde wieder ausgraben, und für sechzig Minuten reicht der Sauerstoff auf jeden Fall.“ Es folgt mein Trumpf. Mein letzter Trumpf, denn der Trick mit dem Abschiedsbrief zog leider nicht. „Damit du da unten nicht so allein bist, habe ich in der Nacht diverse dicke Spinnen im Keller gefangen und in den Schlafsack gesteckt. Ich weiß ja, wie sehr du Spinnen liebst.“
Sie hasst Spinnen! Ich weiß kann mich noch gut erinnern, wie eines Abends eine fette Wolfspinne durch das geöffnete Schlafzimmerfenster ins Haus krabbelte. Sie bekam eine Panikattacke. Sofort kam mir die Idee, ihr einmal im gefesselten Zustand schwarze Spinnen in ihr hübsches Gesicht zu setzen, doch ich kann nicht, denn ich fürchte mich selbst vor ihnen seit meiner Kindheit, obwohl gerade ich als Psychologin weiß, dass die Angst vor den harmlosen Tierchen irrational ist.
Selbstverständlich befinden sich daher keine kleinen Monster mit acht Beinen in dem Schlafsack, aber es reicht, dass sie g l a u b t, dass sie ihr enges, dunkles Gefängnis mit behaarten Besuchern teilt.
„NEIN!!!!!“ höre ich sie plötzlich wie von Sinnen schreien und gegen ihren ‘Sarg’ hämmern. „Lass mich raus! Bitte, bitte, lasse mich raus!“
Endlich. Es ist vollbracht. Ich habe in meinen Leben so manche devote Partnerin gehabt und noch jede zum Schreien bekommen, doch Florentine war nicht zu knacken. Bis heute.
„VANESSA ...“
Ich spüre sexuelle Lustgefühle wie noch nie in meinen Leben. Das ‘Morpheus’ und die Tatsache, die stolzeste Sklavin der Welt zu brechen, schießen mir Wogen der Begierde durch den Körper, dessen Konzentration mir bisher unbekannt war. Die Arbeit, die Kiste mit Erde zuzuschütten, ist keine Arbeit mir, sondern purer Genuss. Bei jedem Schrei der Verzweiflung, des Entsetzens meiner Partnerin, muss ich vor Lust stöhnen.
Als ich fertig bin laufe ich ins Haus, konsumiere weiteres ‘Morpheus’ und hole mir aus dem Schlafzimmer meinen mit schweren Gumminoppen besetzten Dildo. Dann laufe ich wieder hinaus zu Florentines ‘Grab’.
Ich springe in die Luft. Ich muss springen, als ich auf der zugeschaufelten Grube stehe. Es ist, als würde ein gigantisches Trampolin auf ihr stehen. Ich hüpfe drei Meter in die Höhe. Fünf Meter. Zehn Meter. Irgendwann springe ich so hoch, dass ich in den Wolken bin. Ich amüsiere mich über den verdutzten Anblick der Vögel, als ich neben ihnen auftauche.
Als ich nach einer Ewigkeit erschöpft vom Springen und Fliegen bin, lasse ich mich auf das Grab fallen, ziehe meinen Rock hoch, befreie mich von meinem Slip und führe den Dildo ein.
„Nein!“ höre ich Florentine winseln.„Ich flehe dich an, Herrin, grabe mich aus! Die Mörderspinnen fressen mich bei lebendigem Leibe auf ...“
„JA! JA! JA!“ schreie ich begeistert. Die Droge, der kleine Freund in mir und die Gewissheit, dass meine Partnerin knapp zwei Meter unter mir leidet wie noch nie zuvor in ihrem Leben machen mich wahnsinnig. Ich habe noch nie in meinem Leben Lust wie in diesem Moment empfunden.
Ich bin die beste Domina in ganz Norddeutschland! Nein, die Beste im gesamten Deutschland! Die Beste der Welt!
Die Wolken über mir am Himmel ... Sie verändern sich. Werden zu Florentines Kopf. Ja, wirklich. Obwohl sie unter mir gefangen ist, zeigen die Wolken mir ihr entsetztes Gesicht. Die Sterne symbolisieren mir ihre katzenhaften Augen, während die Schwärze des Nachthimmels ihre ...
Sterne?
Schwärze?
Nachthimmel?
Plötzlich ist alles anders. Ich bin von einer Sekunde zur anderen zurück in der Realität.
Ich springe vom Boden auf, so als stände er unter Strom und blicke mit Entsetzen in den Himmel.
Ein leuchtender Mond. Glitzernde Sterne. Es ist eine wundervolle Sommernacht geworden.
Dann begreife ich.


„Wie, Florentine?“ brülle ich entgeistert. „Verdammt noch mal ... WIE“ Ich springe vom Pavillon direkt auf ihr Grab. „Hier!“ Ich stampfe mit den Füssen auf dem Boden. „Hier habe ich dich vor zwei Jahren lebendig begraben! Ich wollte dich nicht qualvoll ersticken lassen, das musst du mir glauben. Du weißt doch, dass ich dich geliebt habe. Ich bin im Drogenrausch leider weggetreten. Ein Unglück. Es war ein tragisches Unglück.“
Ich ringe um meine Fassung. Fast bin ich, die überlegene Domina, gewillt vor ihr auf die Knien zu fallen und ihr die Stiefel zu küssen, um sie um Verzeihung zu bitten.
„Also sage mir jetzt bitte wer du bist und was du willst! Du bist kein weiblicher Houdini! Du kannst nicht gefesselt, in einem Schlafsack steckend, eine zugenagelte Kiste, auf der schwere Erde liegt, ohne fremde Hilfe verlassen haben. Du musst jämmerlich erstickt sein!“
Sie blickt mich fassungslos an. Sie wirkt, als würde sie meinen Worten keinen Glauben schenken.
„Sollen wir vielleicht deinen verfaulten Körper ausgraben, damit du mir endlich glaubst, dass du seit zwei Jahren tot bist?“ brülle ich.
Oh, Gott, wer oder was ist sie? Obwohl sie genauso aussieht, kann sie nicht Florentine sein. Sie kann sich definitiv nicht allein befreit haben. Ist sie ein Trugbild, das von meinem von Drogen zerfressenen Hirn produziert wird oder aber ein Geist aus dem Totenreich. Hier, um sich an mir zu rächen?
Florentine starrt mich an. Mit einem Augenausdruck, den ich, die ehemalige Starpsychologin, nicht zu interpretieren weiß. Dann steht sie auf, verlässt den Pavillon und tritt an mich heran.
Absolution. Ich muss eine Absolution von ihr erhalten. Gleichgültig, ob sie nun ein Trugbild oder aber eine lebende Tote ist. Ich kann mit der Schuld nicht mehr weiterleben. Wenn meine lieben Eltern nicht wären, hätte ich mir schon längst gezielt eine Überdosis gespritzt und wäre auf einer einsamen Fähre hinüber gefahren. In der Hoffnung, dass Florentine mich an meinem endgültigen Ziel erwarten würde.
Dann gehe ich zu Boden. Plötzlich und unvorbereitet. Florentine hat mir wuchtig ins Gesicht geschlagen. So stark, dass ich meine Nase brechen hörte.
Sie öffnet die beiden obersten Knöpfe ihres Lackmantels und holt ein Handy hervor.
Ich merke, dass Blut aus meiner Nase läuft und wische es mit der Hand ab. Dann begutachte ich verstört das intensive Rot an meinen Fingern.
Menschen mit Psychosen hören oft Stimmen, die gar nicht da sind. Einigen erscheinen sogar Personen, die es real gar nicht gibt. Doch niemals werden die Patienten von ihren Trugbildern blutig geschlagen.
„Flori ...“ sagt Florentine ins Telefon und fängt an zu weinen. „Sie ist tot! Ja, wirklich. Keine Türkei. Natürlich kein Liebhaber in der Türkei. Von Kirschstedten hat sie wie befürchtet getötet und ist sogar so dreist gewesen, sie bei sich im Garten wie einen Hund zu verscharren.“
Wer ist Flori? Ich hatte während meiner Jugend einen Bekannten namens Florian, genannt Flori. Und vor Jahren einen Patienten, der sich als Frau fühlte und zwanghaft in der Öffentlichkeit in Damenunterwäsche onanieren musste. Ferner hatte Florentine einen Bruder namens Florian. Ist der etwa am Telefon? Aber wie kann denn eine Tote ihren Bruder anrufen?
Ich verstehe nicht. Keine Chance. Die Tabletten lassen keinen klaren Gedanken mehr zu.
„Sage du es bitte Vati. Ich kann ihm nicht sagen, dass Flo nie mehr nach Hause zurückkehren wird. Ich kann es wirklich nicht.“ Ihr Weinen wird zu einem Heulen. „Holt die Kripo und kommt so schnell wie möglich hier her. Ich gehe jetzt. Sonst vergesse ich mich noch und ramme der Sadistin ein Messer in den Bauch ...“
Dann steckt sie ihr Handy zurück in ihren Mantel, knöpft ihn wieder zu, spuckt mir Speichel der Verachtung ins Gesicht und lässt mich abermals allein.
„Florentine ....“ jammere ich ihr hinterher. „Lasse mich nicht im Stich. Lasse mich bitte nicht schon wieder im Stich.“
Ich sehe auf den Rasen unter mir und mir wird bewusst, dass sie nur Einbildung war. Nicht real, obwohl ich Speichel im Gesicht habe und mir Blut aus der gebrochenen Nase läuft. Nein, sie kann sich nicht allein befreit haben und liegt noch immer unter mir. In einer kargen Kiste, die von innen gewiss zerkratzt ist, mit einer herausgestreckten, verfaulten Zunge und mit Wurmnestern, die sich dort befinden, wo einmal ihre katzengrünen Augen gewesen sind.
Ich muss mich übergeben.
Irgendwann - ich habe jegliches Zeitgefühl verloren - stehen drei Männer über mir.
„Vanessa von Kirschstedten?“ fragt mich ihr Sprecher drohend.
Ich weiß wer sie sind. Totengräber. Sie sind meine Totengräber. Von Florentine bestellt.

ENDE
MICHI
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  RE: FRÜHER WINTER Datum:24.12.11 22:41 IP: gespeichert Moderator melden


Ich hoffe, ihr versteht ALLE das Ende ...
MICHI
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  RE: FRÜHER WINTER Datum:24.12.11 22:43 IP: gespeichert Moderator melden


@MODERATOREN:

So wie ICH das sehe, kann diese Story in der ´Öffentlichkeit´ stehen bleiben. Solltet ihr das leider anders sehen bitte in den AB 18er verschieben. Ich wäre nicht böse.

Viel Spaß!
MICHI
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Silke P.
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  RE: FRÜHER WINTER Datum:25.12.11 01:32 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Titanic 500,

warum scheibst du aus der Perspektive einer Frau?

Lieben Gruß

Silke
Es ist nicht leicht eine Frau zu sein. Aber ich bin dankbar, es nicht als Mann versuchen zu müssen.
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  RE: FRÜHER WINTER Datum:25.12.11 02:17 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo, SILKE!

Nun, ich darf dir versichern, ich habe keine Neigungen in der Richtung ...

Es gibt nichts interessanteres für einen Autoren als in der Ich-Form zu schreiben, obwohl man die Person in keiner Form ist.

So bin ich in FRÜHER WINTER und SCHWARZER ADVENT eine Frau. In DAS LETZTE HAUS AM ENDE DER STRASSE ein Zwölfjähriger. In IN SCHWÄRZESTER DUNKELHEIT ein 90zigjähriger.

Sehr schwer sowas, aber SEHR reizvoll!
MICHI
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