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fa445962
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de gustibus non est disputandem

Beiträge: 137

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  Re: Die Mühle Datum:11.04.04 12:35 IP: gespeichert Moderator melden


Einfach Klasse, Fabian!
Schöne Grüße,
Jean
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Fabian
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  Die Mühle und andere Kurzgeschichten Datum:20.04.04 18:07 IP: gespeichert Moderator melden


Die Mühle

„High tech im Mittelalter. Bewegte Türme, vieltausendfach im Lande verteilt, um das Korn zu mahlen. Hier oben sehen Sie die Flügelwelle, die das große Kammrad dreht, das in den Trilling greift, der auf dem Mühleisen sitzt. Das Mühleisen hier dreht den oberen Läuferstein.“
Sie machte eine kurze Pause, damit wir das Gehörte schlucken konnten. Es roch streng nach muffigem Eichenholz und trockenem Staub.
„Die Müller galten als unehrenhaft, als Diebe. Alle Bauern misstrauten ihnen, weil sie immer weniger Sack Mehl herausgaben, als sie an Korn bekommen hatten. Die dummen Bauern kannten natürlich nichts vom Wunderwerk im Mühleninnern, wollten nichts davon wissen, dass es natürlichen Schwund beim Mahlen zwischen Läuferstein und Bodenstein gab, nachdem das Korn hier oben in die Gosse eingeschüttet worden war.“
„Und wo kam das Mehl heraus?“
„Das sehen wir gleich im Stockwerk unter uns. Da steht der Rundsichter, in dem das Mehl gerüttelt wurde. - Außerdem mussten die Müller Mehl an den Grundherrn, den Besitzer der Mühle, abliefern. Und von etwas mussten sie schließlich auch leben. Trotzdem, die Bauern waren nie zufrieden und schalten die Müller Diebe. Wenn es dann auch noch unerklärliche Mehlstaubexplosionen gab, hieß es gleich, der Leibhaftige habe sich wieder mal eine verfluchte Müllerseele geholt. Wie unehrenhaft der Müllerberuf galt, sieht man daran, dass vielerorts der Müller dem Henker die Galgenleiter stellen musste. Die Unersetzlichkeit des Müllers machte ihn ehrlos. - Warum? Für die Versorgung der Bevölkerung waren die Müller so unersetzlich, dass sie nicht in den Krieg ziehen mussten. Genauer: er durfte nicht. Wer aber weder berechtigt noch verpflichtet war, im Heer zu kämpfen, gehörte zu keinem anerkannten Stand, war standeslos. Und weil die Waffenehre die wichtigste war, so war der Müller - nach germanischen Sprachgebrauch - unehrlich. Außerdem war er vom Sonntagsgebot befreit, denn der Wind wehte nicht jeden Tag. Wer aber sonntags arbeiten musste, stand außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung. -
Wir gehen jetzt ins untere Stockwerk und dann von dort nach draußen auf den Rundgang.“
Ein Stockwerk tiefer erklärte sie uns die Funktionsweise des kastenförmigen Rundsichters, aus dem an der rechten Seite das fertige Mehl in den offenen Sack gerieselt war.  
„Vorsicht an der niedrigen Tür! Die Herren bitte den Kopf einziehen!“ rief sie laut, als sie nach draußen auf den umlaufenden Rundgang trat.
„Wir sehen jetzt die vier Windmühlenflügel. Jeder Flügel besteht aus der Windrute, an der links die schmale Saumlatte und rechts die breite Windtür angebracht sind. Die Windmühlenhaube ist drehbar und richtet die Flügel in den Wind ...“

Ich umwanderte mit der Gruppe den Rundgang und schaute immer mal wieder direkt nach unten über die Brüstung. Da sah ich direkt unter mir auf das Dach eines Hauses, das sich an das untere Findlingsteinmauerwerk der alten Mühle anlehnte. Das Dach war teilweise eingefallen und gab den Blick frei in schmale ebenerdige Zimmer, auf deren roten Ziegelsteinfußböden Löwenzahn wuchs.

„Unter uns befindet sich die ehemalige Mühlenschänke“, setzte die Führerin fort. „Die ist vielen Müllern von ihren Grundherren wohl eher aufgedrängt worden, der sicheren Einnahmen für den Herrn wegen. Und so kam es, dass sich der schlechte Ruf der Müller noch weiter steigerte, denn ... im Gefolge des Alkoholausschanks gab es in den oft abgelegenen Mühlen auch eine Mühlenprostitution. So konnte es wohl geschehen, dass ein Bauer nicht nur mit zu wenig, sondern gänzlich ohne Mehl nach Hause kam, weil er es auf die eine oder andere Weise verlustiert hatte.“

Jetzt schaute ich die junge Führerin aufmerksam an und hörte gespannt zu, neugierig auf weitere interessante Details aus dem mittelalterlichen Rotkerzenmilieu. Aber es gab keine intimen Erläuterungen mittelalterlicher Sexualpraktiken. Die eine witzige Bemerkung vorhin musste wohl genügen. „Wahrscheinlich auswendig gelernt“, dachte ich und nahm mir vor, bei Gelegenheit einer neuen Geschichte einmal darauf zurückzukommen und die Sache schärfstens auszufeilen. Eine unerhörte Begebenheit in einem Milieu, wo man so etwas überhaupt nicht erwartet. Arbeitstitel: "Zehn Sack Korn - mit leerem Sack nach Hause"


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(Diese Nachricht wurde am 20.04.04 um 18:07 von Fabian geändert.)
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Fabian
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  Re: Die Mühle und andere Kurzgeschichten Datum:20.04.04 18:13 IP: gespeichert Moderator melden


20. April 2004


In der Café-Ecke der Konditorei im Eingangsbereich eines Minipreis-Kaufhauses, wo ich gerade etwas gekauft habe, um zwei Stunden Parkgebühr zu sparen. Das Kaufhaus liegt in der Innenstadt, und im Café haben Rentner viel Zeit. Gegenüber: ein älteres Ehepaar, er mit Krückstock, schweigsam, sie schaut interessiert in ein Faltblatt mit bunten Werbeangeboten. Links am Tisch daneben zwei alte Herren, gut genährt, weiße Haare, bei dem einen schon ganz dünn. Ich rühre im Kaffee und will gerade ein Taschenbuch herausholen, das ich vorhin in der Buchhandlung „Hornung“ gekauft habe. „Deutschlandreise“ von Roger Willemsen. Über dem Nachnamen klebt ein ovaler Aufkleber. „Bestseller“. Da höre ich von links: „20. April“. Das ältere Ehepaar mir gegenüber hört weg, obwohl es ganz laut und mit Zusatz wiederholt wird: „20. April 1889“. Stille. Dann „Führers Geburtstag“. Jetzt schaue ich genauer hin. Könnte ein ehemaliger SS-Mann sein. Groß, breit, volles weißes Haar. War als Zwanzigjähriger bestimmt ein ansehnlicher Mann. Könnte sein, dass er bei der allgemeinen Jahrgangsmusterung für die Waffen-SS gekascht wurde. Bevor er weiter reden kann, kommt von links ein flinker, drahtiger Mann auf den Tisch der beiden zu. „Hallo“, begrüßt er den zweiten Mann, den mit dem schütteren Haar. Er klopft ihm auf die Schulter und ist sehr leutselig, wovon sich der zweite Mann anstecken lässt. Der Akzent des drahtigen Mannes klingt nicht deutsch, eher nach Tunesien oder Pakistan, wobei Tunesien nur stellvertretend für arabisch stehen soll. Komisch, und warum gerade Pakistan? Vor Weihnachten lernte ich Abdullah kennen, den ich für einen Araber hielt, bis er mir erzählte, dass seine Eltern bei Lahore wohnen. So wird meine Wahrnehmung der Wirklichkeit durch frühere Erinnerungen verfälscht. Die flinken Gesten des Drahtigen erinnern mich im Unterbewusstsein nämlich an Abdullah. Sein Teint ist etwas dunkler, was ich aber in dem Moment nicht sicher weiß, weil ich sein Gesicht nur im Vorübergehen gesehen habe. Jetzt wendet er mir den Rücken zu, wie er am Tisch der beiden steht. Leichte grüne Jacke, schwarze Hose. Die beiden, d.h. der mit dem schütteren Haar und er, werden immer vertrauter miteinander, tauschen Telefonnummern aus, die sie auf Papierservietten schreiben. Irgendwie scheinen sie sich über irgend etwas handelseinig geworden zu sein. Dann verabschiedet sich der „Tunesier“, klopft dem anderen ganz freundschaftlich auf die linke Schulter und geht. Der „SS-Mann“ hat nur schweigend und ziemlich grimmig zugehört, jetzt fragt er den anderen etwas. Ich kann es nicht verstehen. Der andere antwortet etwas, aus dem ich nur das Wort „Schrebergarten“ heraushöre. Wahrscheinlich hat er dem „Tunesier“ seinen Schrebergarten verpachtet, denke ich. Würde doch passen. Der baut bestimmt gerne Tomaten und Kartoffeln an. Vielleicht auch Paprika? Aber nein, dafür ist es hier zu kalt, denke ich. Durch das Dazwischentreten des „Tunesiers“ ist der „SS-Mann“ vom Thema „Führers Geburtstag“ abgekommen.

Später, vor dem PC: Warum schautest du so genau hin, denke ich. Ich möchte meine Welt, das, was ich sah und hörte, in meinen Worten festhalten. Sie sollen meine Eindrücke von einem kleinen Stück Welt objektiv widerspiegeln. Meine Sprache soll wahrhaftig sein, soll nur zum Ausdruck bringen, was wesentlich war. Verzicht auf Ausschmückungen, auf blumige Adjektive usw. Natürlich weiß ich auch, dass es nicht mehr viele 20. Aprils geben wird mit Zeitzeugen, die noch selbst wissen, wie einmal „Führers Geburtstag“ gefeiert wurde. Ein letztes Mal also festhalten. Vielleicht die letzte Gelegenheit, einen „SS-Mann“ zu sehen und sprechen zu hören. Das waren doch alle Unmenschen! In meiner Wirklichkeit sind es ein „SS-Mann“ und ein „Tunesier“. Was aber, wenn es in Wirklichkeit ein „UK“-Gestellter und ein polnischer Aushilfsarbeiter gewesen sind? Würde die soeben dargestellte Wirklichkeit dann völlig falsch sein? Müsste ich nicht besser schreiben: der erste Mann, der mit dem vollen Haar, und der zweite Mann mit dem schütteren Haar und der dritte, ziemlich schmale Mann? Ich lasse es so stehen, wie es ist, und kopiere den Text zum Hochladen.

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