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Leipzig
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Es war ein Schwanenkönig...
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Datum:17.07.07 19:25 IP: gespeichert
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Der Junge mit der Holzuhr und der Rosenkavalier
Manfred war 19 Jahre alt. Allerdings sahen ihn, das Fremde sehr schlecht an. Man schätzte ihn zwischen Ende 20zig bis Anfang 40zig. Schuld daran war, vor fast 20zig Jahren, ein Medikament, was einst seine Mutter einnahm. Die Mutter starb auch an den Folgen vor gut 7 Jahren. Manfred wurde so zum offiziellen Pflegefall. Bis zu seiner Volljährigkeit verbrachte er auch seine Tage in einem bestimmten Heim.
Dann, mit 18, übernahm ihn eine besondere Fürsorge. Man vermittelte ihn in ein Wohnheim mit einer angeschlossenen Lehre.
Manfred war zwar wieder unter Gleichen, hatte aber mehr Freiheiten wie zuvor. Der junge Mann genoss Dieses.
Bis dato hatte das Heim sein Leben geregelt, nun musste er Einiges tun. Und Manfred tat es gern.
Soviel Impulse wie im letzten Jahr hatte er fast sein gesamtes Leben nicht erlebt.
Einer dieser Impulse hatte sogar einen Namen.
Djamila!
Ein wahres Gottesgeschenk an die Menschheit diese Djamila. Ein zuckersüßes Girl in Manfreds Alter.
Sie schien Halbtürkin zu sein. Zumindest glaubte das Manfred. Langes, volles, rabenschwarzes Haar. Augen wie Kristalle, dazu ein Leib..., uhm!
Vielleicht auch ein Grund warum Manfred immer mehr seiner Freizeit vor dem Supermarkt verbrachte, an welchen Djamila täglich vorüber kam.
Manfred kannte bereits alle ihrer Freundinnen. Auch einige Freunde von ihr. Er sah sie kommen und gehen. Und so wie sie kamen und gingen, war es auch mit seinen Träumen.
Nein, nein, trotz dieser Krankheit war Manfred nicht dumm! Er wusste wie er aussah und er wusste auch wie er wirkte. Nie gab er sich sinnlosen Hoffnungen hin.
Nur hin und wieder, war da ein kleiner Traum.
Konnte Djamila nicht mal zu ihm rüber sehen? Nur kurz, dass würde ihm ja schon genügen.
Ein warmer Blick, ein kurzes Lächeln? Manfred wäre vergangen.
Zweimal war es passiert!
Djamila hatte ihn angesehen. Aber hatte sie ihn wirklich registriert?
Nein, hat sie nicht! Dafür sah aber Manfred!
Und Manfred sah Sachen, welche sonst Keiner sah.
Einmal stand sie genau vor ihm. In der Hand einen Dörner. Noch während sie kaute, trat ein junger hübscher Mann an sie heran. Nicht viel älter wie sie, oder Manfred. Aber sehr elegant. Das konnte Manfred erkennen. Obwohl ihm Tuch und Stoff des Anzugs ein Unikum war.
Ein schöner Mann, Djamila voll würdig. Manfred grinste über seine Wangen. Er freute sich für das Mädel.
Der Fremde sah ihn auch.
„Ist das ein Verwandter?“, hörte Manfred den Fremden fragen.
Da passierte es!
Djamila sah ihn richtig an.
„Was der?!“
Dann das Lächeln seiner Göttin. Wahnsinn!
„Nee, der ist immer hier! Wir nennen ihn nur den „Jungen mit der Holzuhr“! Warum?“
Der Fremde lächelte Djamila zuckersüß an.
„War nur so eine Frage.“
Der Mann sprach noch mehr mit Djamila. Manfred verstand zwar seine und ihre Worte nicht mehr. Weil sie sich etwas zurückzogen, doch er spürte und sah wie es Djamila gut tat.
Manfred wünschte ihr viel Glück.
Am folgenden Tag sah er es wieder. Der Fremde kam erneut zu Djamila. Auch schien Djamila regelrecht auf ihn gewartet zu haben. Zumindest stand sie fast 30zig Minuten an einer Stelle. Manfred störte das keineswegs. Im Gegenteil! Umso besser konnte er den Liebreiz des Mädchens erhaschen.
Diesmal gab man sich schon einen flüchtigen Kuss.
Manfred lächelte. So schön kann das also sein.
„He, Manne! Bist Du unter die Spanner gegangen?!“
Er wirbelte herum.
Da erkannte er die dicke Frida. Die Blumenverkäuferinn im Kitz.
Ertappt sah Manne zu Boden. Nun schämte er sich doch ein wenig. Obwohl gar kein wirklicher Grund vorlag.
Aber damit hatte es sich auch schon. Frida meinte es auch nicht allzu ernst. Da lachte sie auch schon. Und winkte den Jungen zu sich.
„War nur ein Spaß! Weiß ja, das Dir das Mädel gefällt.“
Manne nickte und sagte.
„Ein schöner Mann! Djamila hat so was verdient.“
Frida sah noch einmal prüfend auf, dann gab sie Manne Recht.
Die etwa 40zig- jährige dachte kurz nach, dann erwiderte sie.
„Könnte mein Sohn sein. Doch…, na ja, war mal.“
Dann sah sie auf Manne.
„Was ist, hilfst Du mir? So wie früher?!“
Manfred lächelte die Freundin an.
Da gab sie ihm ein paar Sträuße.
Manne wusste das man den Farn zwischen die Blüten flechtet. Er tat es gern.
Doch dann, war einige Tage weder was von Djamila, noch ihrem neuen Freund etwas zu sehen.
Manfred begann sich Sorgen zu machen.
Was ihm aber nicht abhielt weiter jeden Tag vorbei zusehen.
Dann, nach fast zwei Wochen, fragte ihn Frida erneut ob er ihr bei der Arbeit hilft. Manne wusste, der Valentinstag steht morgen an. Also sagte er zu.
Er machte es wie immer gern. Frida legte ihm die Blumen hin und das Grünzeug. Manne ließ seine gesamte Kreativität in solch einen Strauß einfließen.
Die Frau sah nach einer geraumen Zeit auf.
„Sag mal Manne. Fiel Dir auch auf, dass die Djamila dem Fremden etwas ähnlich sieht?“
Manne lächelte. Aha, Frida erkennt auch das schöne Paar!
Doch laut sagte er.
„Eine schöne Frau, ein schöner Mann, ein schönes Paar.“
Doch da neigte sich Frida, beim Flechten, nach vorn.
„Das meine ich nicht! Sondern hast Du ihre Augen, ihren Mund und so betrachtet? Die sehen sich so ähnlich! Man könnte an Bruder und…“
Doch Manne war lächelnd vertieft in seine Arbeit.
Frida winkte nur ab.
„Verstehst mich nicht.“
Falsch! Manne verstand. Seine Liebe hatte Liebe gefunden! Was bedurfte es mehr?
Manne war eben völlig glücklich, wenn es auch Djamila war. Mehr brauchte es nicht.
Und mit diesem guten Gefühl, machte er ein paar der schönsten Sträuße zurecht, die er jäh zu standen brachte.
Frida staunte nicht schlecht als sie seine Arbeit sah. Man spürte regelrecht wie viel Herzblut in ihnen lag.
Nur über Eins staunte sie noch mehr. Sie hatte Manne ein paar Bildermotive aus Stammbuchsbildern gegeben, welche man zur Dekoration einflechten kann. Meist bevorzugten die Kunden ein leuchtend rotes Herz.
Manfred hingegen bevorzugte das Abbild eines traurigen Schwans. Schön, erhaben, aber irgendwie depressiv. Oder besser, es hatte etwas wie Entzeitstimmung an sich.
Frida konnte nicht anders, sie sprach ihn darauf an.
Manfred sah ihr mit seinen treuen, sanften Blick in die Augen.
„Der Schwan ist das schönste Tier! Er ähnelt einem Prinzen genauso wie einer Prinzessin. Und wenn er sterben muss, schweigt jedes andere Tier.“
Frida wusste nicht so recht was sie mit solch Antwort anstellen sollte. Doch was soll es?! Der Kleine war halt nicht ganz gesund. Das war keine Diskriminierung! Sie hatte ihn gern.
Kurz darauf ging Manfred. Versonnen sah ihn Frida noch eine Weile hinterher.
Aber dann, legte sie die Sträuße in die Auslage. Ganz vorn, die Schönsten. Es waren Jene von Manne.
Es wurde ein wunderschöner Tag. Die Sonne versprach ein gutes Geschäft. Denn sie öffnete die Herzen der Menschen. Vornweg jener Herzen, welche liebten.
Es vergingen keine 30zig Minuten, nachdem Frida ihr Geschäft eröffnet hatte und ein großer Teil ihrer Auslage war verkauft.
Da trat in ihr Geschäft der junge Mann, den Manne so bewunderte.
Sein Auftreten, seine Kleidung, Alles eine Sinfonie der Verzückung. Weißer Anzug, der seine Proportionen unterstrich und im gekonnten farblichen Kontrast zu seiner eher etwas dunkleren Haut stand.
Ein Lächeln auf den Lippen was ganz andere Frauen um ihren Verstand brachte, als nur Frida.
Und der Fremde wählte den schönsten Strauß den Manne gebunden hatte. Es waren zwei Dutzend rote Rosen mit zwei Schwänen.
Er bezahlte großzügig.
Verträumt sah ihn Frida nach.
Was für ein…
Doch dann fielen ihr Mannes Worte wieder ein.
Ja der Junge hatte irgendwie Recht. Alles an dem schönen Fremden glich einem Schwan. Einem Schwanenkönig.
Nach einigen Minuten griff sich Frida ans Herz. Oder war es irgendwo anders hin? Egal = so schön kann also Liebe sein.
Bewusst hatte Manfred einen kleinen Umweg gewählt, ehe er zum Wohnheim gelangte.
Es handelte sich nur um wenige Straßenzüge. Doch er wusste genau um Welche.
Dort, der sechsgeschossige Neubau, da wohnte Djamila. Manchmal ging er hier vorbei, nur in der Hoffnung dass er sie sehen kann. Meist hatte er kein Glück. Doch heute war es anders. Ganz anders. Schon von weitem leuchtete ihm ihr Kleid entgegen. Sie trug Weiß. Wie in seiner Ahnung.
Bezaubernd, wunderschön. Dazu das lange, schwarze Haar. Berückend schön die dunklen glühenden Augen.
Sie bemerkte ihn nicht. Ihr fiebernder Blick war auf die lange Strasse behaftet, welche vor ihrem Block endete.
Manne stockte der Atem. So schön war sie noch nie. Sie glich einer griechischen Göttin die oben auf dem Fels harrte und in die Ferne nach ihrem Gott spähte.
Und zu ihren Füssen, tief drunten, brachen sich die Wellen der Gischtenden See.
Ob er wollte, oder nicht, Manfred trat etwas zur Seite. In das dichte Grün der Sträucher, welche einen Block säumten.
Er konnte, ja er wollte seinen Blick nicht wenden. Mag ihn doch Frida einen Spanner schimpfen wie sie wollte! Dieser Anblick war göttlich!
Manne brauchte nicht lange warten. Er erkannte wie sich auf einmal die krampfhafte Verspannung aus Djamilas Leib löste. Wie sie locker und gelöst, gleichzeitig freudig erregt wirkte.
Manne sah die Strasse entlang, welche er vor kurzen gekommen war.
Da erkannte auch er den Grund.
Der Fremde!
Gleich einem „Schwanenkönig“ kam er empor.
Und Djamila war die „Schwanenkönigin“.
Die Beiden kamen sich näher. Nur wenige Schritt voreinander machten sie Halt.
Manne sah den Strauß in der Hand des Prinzen. Es war sein Strauch.
Manfreds Augen wurden feucht. Doch nicht aus Missgunst, oder Ähnlichen. Nein! Er freute sich für die Beiden. Und wenn sein Strauß dazu etwas beiträgt…, ein schöner Gedanke.
Er sah auf Djamila. In ihren Augen brach etwas auf. Es schien so als wenn sie zu etwas sehr Vertrauten zurück gefunden habe. Etwas lange Vermissten. Ihre sonst so stolzen Glieder waren voll Weichheit.
Sie öffnete die Arme und ging auf ihren Prinzen zu. Ihr Blick voller Vertrauen und Liebe.
Da passierte es. Zuerst wusste auch Manne nicht was es war.
Der Wiederhall des Schusses war Hohn jeder Logik.
Erst als sich Djamilas weißes Kleid in Brusthöhe rot verfärbte, wurde es zur Gewissheit.
Durch den Rosenstrauß hindurch, hatte der „Schwanenprinz“ geschossen.
Djamila starb sofort.
Am nächsten Tag in der Regionalpresse = 23zig Jähriger deutschstämmiger Türke erschoss seine jüngere Schwester, weil sie sich der Tradition entzog.
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