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 Autor Eintrag
Lilith
Fachmann

Berlin


Es gibt Höhen der Seele von wo aus gesehen selbst dieTragödie aufhört tragisch zu wirken

Beiträge: 63

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User ist offline
  Eine pornographische Liebesgeschichte Datum:18.03.07 13:35 IP: gespeichert Moderator melden


Mein erster. Über konstuktive Kritik würde ich mich freuen.




Maurice:

Unerträgliche Pseudo-Dekadenz, der diskrete Charme der Bourgeoisie, zwischen schwarzen Seidenlaken vergräbst du dich zu den Klängen des neusten Albums der Queens of the Stoneage zwischen den rundlichen Schenkeln deiner Kundin, Geliebte des Chefredakteurs der meistgelesenen, konservativen Tageszeitung unserer grande nation, sie stöhnt, seufzt, schnurrt, spreizt die Beine etwas weiter, deine Nase streift durch blondes Schamhaar, und der Chefredakteur sieht euch zu, entspannt auf seinem Sofa, wichst nicht einmal, betrachtet seinen Privatporno auf dem Kingsizebett mit eiskaltem Intellektuellenblick, möglicherweise Viagra-Vorräte ausgegangen, oder er gefällt sich darin, sich blasiert und gelangweilt zu geben, seiner kleinen, hübschen Freundin den demütigenden Todesstoss zu versetzen, während deine Zunge heißes, feuchtes Fleisch leckt; Beinahe tut sie dir leid, dieses Mädchen mit Ablaufdatum, steht fast mit dir auf der gleichen Stufe der rutschigen Gesellschaftsleiter, aber du, zumindest bist du frei, prostituierst dich für Cash, nicht für den Touch von Highlife, den ein paar verlängerte Wochenenden auf Formentera, Cocktails im Kreise von le people, vielleicht wenn sie Glück hat, das Chanel-Kleid, der Diamantring, bieten können, bis sie in zwei, drei Monaten wieder in Zimmer-Küche in der Banlieue entlassen wird, eigentlich solltet ihr euch verbünden, tout Paris einen schwungvollen Tritt in den Fitnesscenter-gestählten Arsch verpassen, allein, dazu seid ihr zu bequem, better be fucked this way than the other.
Das Mädchen kommt mit einem leisen wimmern, du schämst dich ein bisschen, dass du ihren Namen nicht erfragt hast, der Chefredakteur schämt sich nicht, setzt sich sehr gerade auf, Vorstellung zu Ende, er nuckelt an seiner Zigarre, herzliche Grüße vom Unter-Ich, seine Freundin bleibt auf dem Bett liegen, er streicht durch ihr kurzes, weißblondes Haar, aber sie blinzelt dir zu, ihr Mascara ist zerlaufen, du schlüpfst in Jeans und Pullover, nur hinaus.

Kühle Oktobernacht, wieder ein Tag überstanden, aber du stinkst nach Schweiß und Selbstmitleid, letzteres grundlos, du bist davongekommen, immerhin, wirst nicht drei Monate deines Lebens verschwenden, du schlenderst den Gehsteig entlang, Montmartre, Provinzfeeling mitten in Paris, wie sehr du dieses Quartier hasst in seiner pittoresken Putzigkeit, du willst Paris, laut und dreckig und hemmungslos, du willst „Forever young“ und ein Bacardi-Cola (besser, Cola light) und ein paar Minuten sentimental sein dürfen, einen Joint an Arthur Rimbauds Grab – ganz in der Nähe, Cimetière Montmartre – rauchen, herablächeln auf die Schatten deiner wunderlichen, toten Helden, ce n’est rien! j’y suis! j’y suis toujours.
Du atmest Stille und Dunkelheit, gar nicht hoch, die Friedhofsmauer, kein Problem für dich, du bist gut in Form, Fitnessstudio, dreimal die Woche, gelegentlich spielst du Squash oder joggst durch halb Paris, kurz, du tust alles, um dich beschäftigt zu halten, auf Tauchgang durch die Einsamkeit, und in dem Augenblick, da du dich an der Mauer hochziehen willst, klingelt dein Mobiltelefon.
Du hebst ab, denn du denkst, ‚Laurent’, beschämender Gedanke, ganz Sklave deiner Leidenschaften lehnst du an der Friedhofsmauer, nur ist es nicht Laurent, der mit dir sprechen will, sondern Sacha, der dir den Zauber nächtlicher Friedhofsidyllen vorerst gründlich ruiniert.
„Scheiße, wo bist du denn?“ begrüßt er dich, und du hältst das Telefon weit weg von deinem Ohr, aus gebührendem Abstand klingt seine Stimme nicht einmal unangenehm, leise, monoton, Kindheitserinnerungen an deine Großmutter und gemurmelte Rosenkranzgebete werden wach, und dann geht dir auf, dass Sacha schon seit einer Weile gar nichts mehr sagt, und gerade als du auflegen willst, beginnt er zu weinen, schnieft und schluchzt wie eine verlassene Queen aus einer 50er-Jahre-Revue, zu blöd, dass du nicht mitgekriegt hast, worum es eigentlich geht.
„Weißt du eigentlich, wie geliefert ich bin?“ schreit er zuletzt, wahrscheinlich hat er H gespritzt, das macht ihn hysterisch, aus unerfindlichen Gründen, und du sagst, „schon okay, schon okay,“ aber er glaubt dir ebenso wenig wie du dir selbst, und weil dich das Telefonat zu langweilen beginnt, lädst du ihn ein, zu dir nachhause, „aber komm erst mal runter, okay?“
Du legst auf, zündest dir eine Zigarette an, langsam wanderst du bergab, um dich herum, hinter ausgesprochen individuellen Fassaden, schlafen die Langweiligen, die Toten und die Glücklichen, all jene die es vorziehen, um halb drei Uhr nachts, Betten eher denn Clubs zu bevölkern, die sich gegen geliebte, vergessene, verweste Körper drängen dürfen, oder sich ganz an dem exquisiten Mahl der Einsamkeit laben.


* * *


Maurice

Sacha lehnt an der Wand, weiße Jeans und Zigarette im Mundwinkel, hellblonde Haarsträhnen hängen ihm ins Gesicht, trashy nicht als Ausdruck individuellen Stils, sondern weil er nicht anders kann, armer Sacha, bildet sich ein, er sei dein Freund, nur weil ihr eine zeitlang gemeinsam auf Kundenfang gegangen seid – das heißt, bevor du einen Karrieresprung gemacht hast, und via renommierter Agentur in den Betten der Reichen, Mächtigen und selten Schönen gelandet bist.
„Hey.“ Er zuckt zusammen, als du eine Hand auf seine Schulter legst, flüchtet sich in die Zombieversion eines Grinsens, „Bin ich froh, dich zu sehen, fuck, du hast ja keine Ahnung, wie froh,“ stolpert hinter dir im Dunkeln die Stufen nach oben, Beleuchtung ist schon wieder ausgefallen, und du sprichst ein schnelles Stoßgebet in Richtung Himmel, dass dein Mitbewohner schon zu Bett gegangen, oder nicht zuhause ist, momentan ist die Wohnung noch unerschwinglich für dich allein, wird wohl noch drei, vier Monate dauern, bis du dich in der Agentur so weit etabliert hast, dass du über adäquate Einkünfte für den Lebensstil, der dir vorschwebt, verfügen wirst, und dann wird es deine erste und vornehmste Tat sein, Michel zu delogieren, aber vorerst musst du dich arrangieren, auch wenn du seine Neugier, Kleinlichkeit, seinen Musikgeschmack (Folk-Punk, Celtic), seine Freundin (Louise, süße 17, aus Strasbourg) zum Kotzen findest.

Michel ist wach und allein, in Shorts und Bademantel sitzt er in der Küche, starrt aus dem Fenster auf das Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das mit einem Schild für „Kosher Pizza“ wirbt und dich an sehr schlechten Tagen, besonders wenn deine letzte Schneespur schon zu lange zurückliegt, in tiefe Verzweiflung stürzen kann, Mahnmal einer Religion, für die du dich nie interessieren wolltest, einer Familiengeschichte, die du weggeworfen hast, eines Lebens, das du hättest führen können, wie müde du dieses Konjunktivs bist, und Michel schnauft eine Begrüßung, und dann verbringt ihr eine peinliche Minute damit, einander anzuglotzen, bis du Sacha in dein Wohn/Schlafzimmer dirigierst, „was möchtest du trinken?“
Sacha sagt, „Whiskey, wenn du hast;“ lässt sich auf deinem ungemachten Bett nieder, obwohl es ein Sofa gibt, mutwilliger Bruch deiner spärlichen Intimsphäre.
„Also?“ fragt Sacha, „Kannst du mir helfen?“
Du füllst Bourbon in Gläser, Achselzucken, wovon redet er eigentlich, er kippt den Whiskey, schaut dich erwartungsvoll an.
„Ich zahle dir alles zurück. Jeden Cent.“
Cash. Natürlich. Es geht immer um Cash.
„Wie viel?“ fragst du, interessehalber, denkst nicht daran, Sache auch nur einen Cent zu borgen, du kannst dir einfach nicht leisten, nett zu sein, oder hilfsbereit, selbst wenn du es wolltest, zum Glück willst du es nicht.
„2.000“ sagt Sacha, und, „Die bringen mich um. Die haben Pretty zugerichtet, scheiße, der erkennt sich selbst nicht wieder, wenn er aufwacht. Falls er aufwacht. Bitte, Maurice.“
Fuck. Hättest dir die Geschichte doch anhören sollen.
„Bitte,“ macht Sacha, „ich tu alles, was du willst.“ Er glotzt in sein leeres Glas, aber vorerst bekommt er nichts mehr zu trinken, erst musst du herausfinden, worum es überhaupt geht, fuck, du bist müde, und dreckig, legst wenig Wert auf Gesellschaft, gegenwärtig.
„Ich muss duschen, und nachdenken,“ erklärst du, „mach es dir hier bequem“, aber Sacha folgt dir ins Badezimmer, leeren Whiskeybecher in der Hand, und dann beginnt er zu erzählen, verdammt vorhersehbare Minitragödie, Pretty – wie zum Teufel kann man sich Pretty nennen? – und Sacha hatten einen Deal eingefädelt, sollten als H-Zwischenhändler fungieren, leider kommt ihnen die Ware abhanden, schulden dem BigBoss 4.000, können nicht zahlen, natürlich nicht, also bekommt Pretty eine Abreibung, schließt Bekanntschaft mit hochkonzentrierter Vitriollösung, nach dieser Behandlung wird er seinem Spitznamen kaum noch gerecht werden können, Sacha sitzt am Boden, die Beine überkreuzt, „Ich hab Angst, Scheißangst,“ kannst du verstehen, nur ist es nicht dein Problem, wird niemals dein Problem sein, sorry, du stellst das Wasser so heiß, dass du dich beinahe verbrennst, und Sacha schweigt jetzt
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  RE: Eine pornographische Liebesgeschichte Datum:18.03.07 13:42 IP: gespeichert Moderator melden


Gefällt mir bis jetzt. Würde gerne weiterlesen.

Ach ja, schreib bitte jeweils am Ende "Fortsetzung folgt". Herrin_nadine hätte dich sowieso daran erinnert
Lust kommt bei Frauen nur auf, wenn die Füsse warm sind
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