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eröffnet von ZdBdLa am 11.10.24 12:47
letzter Beitrag von Fazer-Tom am 01.02.25 14:51

1. Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 11.10.24 12:47

Kapitel 1: Die Fortsetzung

Hallo zusammen, mein Name ist Natalie. Meine bisherige Geschichte habe ich unter dem Thread Mädchenpensionat erzählt. Nun möchte ich Euch erzählen, wie meine Geschichte weitergeht.

Nach meinem sehr guten Abitur an einer staatlichen Schule in der Schweiz begann ich mein Psychologiestudium und hatte auch eine Reihe von Vorlesungen bei Prof. Dr. Brinkmann. Bei seinen Vorlesungen kamen mir eine Reihe der praktischen Beispiele auffallend bekannt vor. Als ich mich einmal meldete und die Ausführungen von Herrn Brinkmann ergänzte, quittierte er dies mit den Worten: „Ich hatte schon befürchtet, dass Sie sich nie dazu äußern würden.“ In der Folgezeit erläuterten wir seine Beispiele meist gemeinsam. Er aus Sicht des Therapeuten und ich aus Sicht seiner ehemaligen Patientin.
Wenig später bot er mir eine Stelle an seinem Lehrstuhl an und ich bestritt mit ihm zusammen auch die Vorlesungen für die höheren Semester. Auch arbeitete ich mit ihm zusammen in dem Institut, welches ich gegründet hatte und deren medizinischer Leiter Herr Brinkmann war.

Eines Tages bat Herr Brinkmann mich, ihn auf einen mehrtägigen, internationalen Kongress in New York zu begleiten. Als wir den großen Saal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, betraten, wurde mir schon ein wenig mulmig. Auch fühlte ich mich als Fremdkörper. Schließlich bestand das Publikum überwiegend aus meist männlichen Psychologen im fortgeschrittenen Alter.

Am dritten Tag waren Herr Prof. Dr. Brinkmann und ich mit unserem Vortrag an der Reihe. Wie besprochen, hielt ich mich zunächst im Hintergrund. Als mir Herr Brinkmann ein Zeichen gab, trat ich zu ihm ans Rednerpult und beschrieb den zuvor von ihm dargestellten Sachverhalt aus meiner Sicht. Die allgemeine Ratlosigkeit war den Zuhörer deutlich anzusehen. Prof. Dr. Brinkmann bedankte sich für meine Ausführungen und wies das verdutzt Fachpublikum darauf hin, dass bei unserer Arbeit immer der Patient im Mittelpunkt stehen muss. „Wir haben jetzt zweieinhalb Tage über die Probleme unserer Patienten geredet. Ich dachte mir, es sei endlich an der Zeit, dass auch unsere Patienten zu Wort kommen. Sie haben nun das Glück, dass mein schwierigster aber auch interessantester Fall vor Ihnen steht.“ Er stellte mich als Natalie von Sternenberg vor und wies darauf hin, dass ich zwischenzeitlich bei ihm Psychologie studieren würde. „Frau von Sternenberg ist übrigens eine sehr talentierte Studentin und ich hoffe, dass sie eines Tages meine Nachfolgerin in der Universität und im Institut antreten wird.“ Am Abend fragte ich Herrn Brinkmann, ob er das mit der Nachfolge ernst gemeint hatte, was er bejahte.

In der Folgezeit erhielten wir ständig Einladungen zu Kongressen, die über die ganze Welt verstreut waren. Aufgrund der Vielzahl war es uns nicht möglich, alle anzunehmen. Sie richteten sich übrigens ausdrücklich immer an uns beide. Wenig später veranstalteten wir dann selber unseren ersten Fachkongress in Montreux. Diese war ein großer Erfolg und findet seitdem jährlich statt.

Auch waren wir im nächsten Jahr wieder auf den Kongress in New York. Hatte ich mich im Vorjahr noch mit einem dezenten Business-Outfit zurückgehalten, so entschied ich mich, im Dirndl aufzutreten. Da ich als junges Mädel zwischen den ganzen alten Herren sowieso als Fremdkörper wirkte, war ich der Auffassung, dass ich mich dann auch vom Outfit abheben kann. Anders war jedoch, dass zwischenzeitlich in der Fachwelt bekannt war, dass Herr Brinkmann und ich zusammenarbeiten und wir ein sehr gutes Team sind.

Kurz nach unserer Ankunft kam einer der Organisatoren auf mich zu und fragte, ob ich bereit sei, einen eigenen Vortrag zu halten. Selbstverständlich habe ich mich zuerst mit Herrn Brinkmann darüber beraten. Dieser war der Auffassung, dass ich mittlerweile so weit sei, dass ich auch eine derartige Herausforderung meistern würde. Mir war bekannt, dass es bei Musikfestivals sog. „Headliner“, d.h. Gruppen, die musikalische Höhepunkte darstellen, gibt. Dass es etwas Vergleichbares auch bei Fachveranstaltungen gibt, war mir nicht bekannt. Auch konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Organisatoren mich als „Headliner“ des ersten Tages auswählen würden. Aber genau das war der Fall.

Als Thema für meinen Vortrag wählte ich die Glaubwürdigkeit unserer Patienten sowie unsere Therapieansätze. So trat ich ans Rednerpult und begann meinen Vortrag: „Sie können sicher unschwer erkennen, dass ich aus der Schweiz, genauer aus Montreux am Genfer See komme. Ich studiere dort an der örtlichen Universität und arbeite am Institut, welches ich selbst gegründet habe und dessen medizinische Leiter Prof. Dr. Brinkmann ist. Wir behandeln vorwiegend die ehemaligen Schülerinnen des Mädchenpensionats, welches sich früher in unseren Räumlichkeiten befunden hat. Dies betrifft sowohl die Patienten, die Schülerinnen waren, als das Internat wegen der Zustände seitens der Behörden geschlossen wurde, als auch Schülerinnen, die bereits vor einigen Jahren das Internat verlassen haben. Viele der ehemaligen Schülerinnen leiden bis heute unter den Folgen ihres Internatsaufenthaltes und haben sich an uns gewandt und um psychologische Hilfe gebeten.
Das Internat hatte ca. 100 Plätze und die Schülerinnen blieben durchschnittlich für drei bis vier Jahre im Internat. Dies bedeutet, dass jedes Jahr zwischen 25 und 35 Schülerinnen das Internat verlassen haben. Im Ergebnis sind oder waren ca. 80 % der ehemaligen Schülerinnen der letzten acht Jahre zwischenzeitlich unsere Patienten. Ich bin übrigens auch eine der ehemaligen Schülerinnen, wobei ich lediglich ein gutes Jahr im Internat verbracht habe. Dafür ist meine Geschichte dramatischer, da ich meine Situation nicht mehr ausgehalten habe und aus dem vierten Stock gesprungen bin.“ Es ging ein Raunen durch den Zuhörerraum.
Ich erzählte, dass das Symbol des Institutes das große Herz über der Eingangspforte ist, welches ich seinerzeit mit anderen Internatsschülerinnen gemeinsam gebastelt habe. Weiter führte ich aus: „Viele bzw. nahezu alle unserer Patientinnen haben berichtet, dass ihre Psychologen ihnen das, was sie über das Internat berichteten nicht geglaubt, ihnen Warnvorstellungen diagnostiziert und sie mit Psychopharmaka ruhiggestellt haben.
Wir dagegen glauben unseren Patienten, hören Ihnen zu, zeigen Verständnis, nehmen uns Zeit für sie und zeigen einer Perspektive auf. Und vor allem geben wir ihnen die Zeit, die sie brauchen. Mit diesem Konzept sind wir sehr erfolgreich. So konnten wir Patientinnen therapieren, die zuvor jahrelang lediglich ruhiggestellt wurden." Dann berichtete ich ausführlich von meiner 'ersten Patientin', jener jungen Dame, die völlig aufgelöst zu uns kam und die ich erst einmal in meinem Zimmer einquartierte und die ich anschließend wieder mental stabilisierte.
Unsere Betreuung hört nach Abschluss der eigentlichen Therapie nicht auf. So betreiben wir eine Außenstelle in einem idyllisch gelegenen ehemaligen Berghotel. Dort können unsere ehemaligen Patienten einziehen. Übrigen befinden sich dort ebenfalls Therapieeinrichtungen von uns.
Abschließend beschrieb ich, dass es mir bei meiner Tätigkeit im Institut des Öfteren geholfen hatte, dass ich die gleichen traumatischen Erlebnisse wie meine Patientinnen hatte.

Wenig später kam ein Reporter auf mich zu und bat, um ein Interview. Am nächsten Morgen reichte mir Herr Brinkmann die Zeitung herüber. Dort war ein Bericht über mich mit dem Titel „Mein Name ist Natalie / Das Mädchen aus der Schweiz“ in Form einer Reportage veröffentlicht. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass sich die Presse in der Schweiz verpflichtet hätte, keine Fotos von mir zu veröffentlichen, um mich zu schützen.
Der Reporter berichtete, wie er von seinem Chef verdonnert wurde, über den Kongress des Psychologen zu berichten. Er begab sich zum Versammlungsort. Zwischen all den überwiegend männlichen Teilnehmern im fortgeschrittenen Alter stach eine Teilnehmerin heraus.
Als diese Teilnehmerin wenig später einen beeindruckenden Vortrag hält, der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt ist und alle Teilnehmer regelrecht an ihren Lippen hängen, war sein Interesse geweckt.
Er berichtete, wie er auf mich zuging und mich um ein Interview bat. Er fügte an: „Ich hatte nicht geahnt, welche dramatische aber auch beeindruckende Geschichte ich nun erfahren werde.
Ihr Name ist Natalie von Sternenberg, sie ist zwischenzeitlich 21 Jahre alt und studiert in Montreux Psychologie. Sie arbeitet mit Prof. Dr. Brinkmann, einen der weltweit angesehensten Psychologen zusammen. Dieser bezeichnet sie gerne als seinen schwierigsten - aber auch interessantesten Fall.
Zunächst führte sie jahrelang ein beschauliches Leben in Süddeutschland. Ihre Eltern führten ein mittelgroßes Familienunternehmen. Sie war ihr einziges Kind und kannte keine finanziellen Probleme. Dadurch, dass ihre Eltern sich beide um das Familienunternehmen kümmern mussten, hatte Natalie viele Freiheiten, die sie aber nicht übermäßig ausnutzte.
Die Eltern wünschten sich, dass Natalie nach dem Abitur BWL oder Jura studiert, dann ins Familienunternehmen einsteigt und dies später von ihnen ganz übernimmt. Nur hatten sie ihre Tochter nie nach deren Plänen und Vorstellungen gefragt.
Ein befreundetes Ehepaar hatte selbst seine Tochter auf dem Internat in Montreux angemeldet und dieses in den höchsten Tönen gelobt. Ihre Eltern beschlossen, auch Natalie auf dieses Internat zu schicken und lockten sie unter einem Vorwand dorthin. Zuvor hatten sie sie einen Knebelvertrag unterzeichnen lassen, ohne sie über dessen Inhalt aufzuklären. Natalie vertraute ihren Eltern und unterschrieb den Vertrag, ohne sich diesen vorher durchzulesen. Durch den Vertrag wurde Natalie vollkommen entmündigt und räumte ihren Eltern das Recht ein, vollkommen über sie zu bestimmen.
Natalie verspürte von Anfang an eine starke Abneigung gegen das Internat. Während sie probeweise die Internatsuniform anzog, vereinbarten die Eltern, dass sie im Internat aufgenommen wird. Später stellten die Eltern sie vor vollendete Tatsachen. Ihr Versprechen, dass sie Natalie nach zwei Wochen besuchen kommen und dass sie das Internat dann verlassen kann, wenn es ihr nicht gefällt, brachen sie.
Mit den Knebelvertrag und der Anmeldung im Internat haben die Eltern die Grundsätze von Offenheit, Fairness und Miteinander, die bisher das Zusammenleben mit ihrer Tochter geprägt haben, über den Haufen geworfen. Natalie weiß, dass ihre Eltern nur Bestes für sie wollten, aber sie haben damit das genaue Gegenteil erreicht.
Im Internat durchlebte Natalie die Hölle auf Erden. Rückwirkend muss sie feststellen, dass die Zeit im Pensionat die schlimmste Zeit in ihrem Leben war und sie beinahe verstört hätte. Aber das Allerschlimmste war, dass ihre Eltern ihr nicht geglaubt haben, als sie ihnen erzählte, was sie dort durchleben musste.
Im Internat bestand die Verpflichtung zum Tragen der einheitlichen Schuluniform. Diese beinhaltete ein Korsett nach viktorianischem Vorbild. In diesem war es schwer zu atmen und es schränkte ihre Bewegungsfreiheit stark ein. Zudem gab es mehrere verschärfte Versionen. Natalie wurde mehrfach verpflichtet, diese als Strafmaßnahmen zu tragen. Auch musste sie im Hochsommer die sogenannte Winterversion tragen, da sie sich die etwas leichtere Sommerversion nach Ansicht des sogenannten Lehrpersonals noch nicht verdient hatte.
Im Internat herrschten strenge Regeln und von ihr und den anderen Schülerinnen wurde ein absolutes Gehorsam gegenüber dem Lehrpersonal verlangt. Als Internatsschülerin war sie quasi rechtlos und der Willkür des Lehrpersonals schutzlos ausgeliefert. Für kleinste Verfehlungen und manchmal für gar nichts, musste sie mit drakonischen Strafen rechnen.
Mehrfach versuchte sie ihre Eltern dazu zu bewegen, sie aus diesem Internat zu nehmen. Ihre Eltern räumten später ein, dass sie vom ehrwürdigen Anwesen beeindruckt waren und die Warnsignale und das, was Natalie ihnen erzählte, vollkommen ausgeblendet haben.
Natalie konnte das Verhalten ihrer Eltern nicht verstehen. Sie war ja bereit, auf jedes – wirklich jedes - andere Internat zu gehen. Warum beharrten ihre Eltern so darauf, dass sie unbedingt in diesem Internat bleibt?
Weiter nutzte sie die erste Möglichkeit, die sich ihr bot, zur Flucht. Sie wusste nicht, dass die Polizei die Anweisung hatte, entlaufende Internatsschülerinnen zurück zu bringen. Im Polizeigewahrsam schwor sie sich, die Internatsleiterin und deren Handlangerinnen, für all die Ungerechtigkeiten und Demütigungen bezahlen zu lassen.
Bei einem Besuch ihrer Eltern erzählte Natalie diesen erneut, was sie im Internat erdulden musste. Die Eltern versprachen hoch und heilig, nichts von der Unterredung der Internatsleiterin zu erzählen. Auch dieses Versprechen brachen sie, worauf Natalie erneut eine drakonische Strafe bekam. Sie war ganz unten angekommen und hatte weder den Willen noch die Kraft zum Weiterleben. Sie sprang aus dem vierten Stock und wurde schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Dort gelang es den Ärzten in einer dramatischen Operation, ihr Leben zu retten. Prof. Dr. Gustav Brinkmann wurde von der behandelnden Ärztin hinzugezogen und nahm sich ihrer an. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich schaffte er es, Natalie mental zu stabilisieren. Weiter hatte die behandelnde Ärztin Natalie die Kleidung, die sie beim Sprung getragen hatte, gegeben. So war es ihr später möglich, diese als Beweis vorzuzeigen.
Im Nachhinein ist es schon ein kleines Wunder, dass Natalie drei Monate später das Krankenhaus ohne bleibende Schäden verlassen konnte. Sie zog in eine abgelegene Wohngemeinschaft für junge Erwachsene mit psychischen Problemen ein.
Dort lebte auch eine ehemalige Internatsschülerin. Herr Brinkmann hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammenlebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden taten sich sichtbar gut.
Kurze Zeit später hat sich Natalie selbst bei der örtlichen Schule angemeldet. Sie ist zur Direktorin gegangen und hat gesagt: 'Hier bin ich und ich möchte Ihre Schule besuchen.' Herr Brinkmann war von dieser Entwicklung überrascht aber auch sehr erfreut. Zeigte sie doch, dass Natalie ihr Leben wieder selbst in die Hand nimmt und mit dem Abitur im nächsten Jahr wieder ein festes Ziel vor Augen hatte.
Natalie hatte sich dabei bewusst für die staatliche Schule im Ort entschieden. Erstens wollte sie nach den Erfahrungen mit dem Internat in Montreux nicht mehr auf eine Privatschule und zweitens ging ihre Mitbewohnerin ebenfalls auf diese Schule.
Nachdem ihre Eltern erkannt hatten, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte, kam es zur Aussöhnung. Auch akzeptierten die Eltern, dass Natalie inzwischen erwachsen ist und über ihr Leben selbst bestimmen kann. Dies beinhaltete auch, dass Natalie in der WG in der Schweiz bleibt und später nicht das Familienunternehmen übernehmen wird.
Wie Natalie sich seinerzeit im Polizeigewahrsam vorgenommen hatte, wollte sie die Internatsleitung und die ehemaligen Lehrkräfte, für die Misshandlungen, die ich erleiden musste, zur Verantwortung ziehen.
Mit Hilfe eines Anwaltes konnte Natalie der Internatsleiterin und ihren Handlangerinnen das Handwerk legen.
Zuerst erstritt sie eine Entschädigung in Höhe von knapp elf Millionen Schweizer Franken. Mit dem Urteil in der Hand war es ein leichtes für Natalie die Internatsleiter und ihre Handlangerinnen vor den Internatsschülerinnen vorzuführen. Auch ihre Mitschülerinnen befreite sie schließlich aus ihrer Hölle.
Schließlich ersteigerte sie selbst die ehemalige Internatsimmobilie weit unter Wert und konnte diese einer sinnvollen Nutzung zuführen. Sie gründete ein Institut, welches junge Erwachsen therapieren soll. Somit ist ein für alle Mal sichergestellt, dass dort nie wieder ein junger Erwachsener das durchleben muss, was Natalies Mitschülerinnen und ihr selbst widerfahren ist.

Im Strafprozess trat Natalie dann als Nebenklägerin auf. Die Internatsleiterin und ihre Handlangerinnen haben ihre gerechte Strafe bekommen. Wobei sich die Leiterin bei den Internatsschülerinnen und ihr entschuldigt hat, als diese erfahren hat, welche Grausamkeiten diese durch ihr Lehrpersonal hinter ihrem Rücken erleiden mussten. Natalie reagierte hierauf durch eine Videobotschaft und erreichte dadurch, dass die Mitgefangenen die Internatsleiterin weitgehend in Ruhe ließen, während die restlichen Lehrkräfte drangsaliert wurden, wenn immer sich hierfür eine Gelegenheit bot.

Ihren Therapeuten, Herr Brinkmann, gewann sie als medizinischen Leiter ihres Instituts und diesem gelang es innerhalb kürzester Zeit, ein schlagkräftiges Team von Psychologen zusammengestellt. Dieses begann umgehend damit, den jetzt ehemaligen Internatsschülerinnen dabei zu helfen, das Erlebte zu verarbeiten.

Dank der großzügigen finanziellen Unterstützungen aus der Wirtschaft konnten er und seinem Team das Institut innerhalb kürzester Zeit zur führenden Einrichtung für die psychologische Betreuung von jungen Erwachsenen in der Schweiz aufbauen. Auch wurde ein viel beachtete Benefizkonzert für das Institut veranstaltet. Für ihren mutigen Einsatz wurde sie in einer öffentlichen Abstimmung zur Schweizerin des Jahres gewählt. Sie war die erste und bisher einzige Preisträgerin, die nicht die schweizerische Staatsbürgerschaft hat.


Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, war ich über das Lob, welches mir in diesem zu Teil wurde, doch überrascht. Herr Brinkmann und ich verbrachten noch ein paar interessante Tage auf dem Kongress. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich zwischenzeitlich zum Liebling der Medien avanciert war. Als ich Herrn Brinkmann hierauf ansprach sagte er nur: „Die Medien interessieren sich immer für das Außergewöhnliche und Sie stechen aus der Vielzahl der Teilnehmer heraus. Gewöhnen Sie sich besser schon einmal an die Medien. Wenn Sie irgendwann einmal in meine Fußstapfen trete – was ich übrigens sehr hoffe – dann werden sie noch öfters im Interesse der Medien stehen.
2. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 12.10.24 09:33

Moin.
Da bin ich ja mal gespannt, ob es eine Ducret und Niedermayr 2.0 für andere gibt...

Gutes "Flashback" auf jeden Fall.
3. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 12.10.24 11:28

Kapitel 2: Der Auftrag aus Neuchatel

Eines Tages erhielt Prof. Brinkmann einen Auftrag aus Neuchatel vom dortigen Gericht. Dort gibt es ebenfalls ein sehr elitäres und luxuriöses Internat für Mädchen und junge Damen. Eine 18-jährigre Internatsschülerin hatte die Internatsleiterin als Geisel genommen, sich dann aber widerstandslos festnehmen lassen. Es handelte sich um die Tochter von sogenannten neureichen Eltern aus Deutschland.

Herr Brinkmann erzählte mir von der Anfrage und ich bat ihn, diese anzunehmen und mich mitzunehmen. Instinktiv spürte ich, dass dies ein ganz besonderer Auftrag werden wird. Bei einem luxuriösen Internat werde ich aufgrund meiner eigenen Geschichte immer hellhörig. Ich erinnerte mich an meine Zeit im Internat von Montreux und dachte, was ich wohl herausfinden werde, wenn ich einmal hinter die schöne Fassade blicken werde.

Am nächsten Tag nahmen Herr Brinkmann und ich den Zug nach Neuchatel, um erst einmal mit der jungen Dame zu reden. Im Zug erläuterte er mir unseren Auftrag. Herr Brinkmann hatte bereits einige Male in äußerst komplizierten Fällen Gutachten für die Richterin erstellt.
Sie hatte sich direkt an ihn gewandt, da ihr der Fall irgendwie komisch vorkam. Eine total eingeschüchterte Angeklagte und ein sehr sicher auftretender Anwalt, der sich vehement gegen die Beurteilung der Schuldfähigkeit seiner Mandantin wehrt. Er ergänzte, dass die Richterin in solchen Belangen immer eine sehr gute Einschätzung der Situation vornehmen würde.

Die Richterin hatte uns per Kurier einige Unterlagen zugeschickt. Als erstes war dort das Einsatzprotokoll der Polizei. Die Festgenommen heißt Annabelle Schönleber ist 18 Jahre alt, hat die deutsche Staatsbürgerschaft und besuchte seit einige Zeit das Internat in der Villa zu Schaumbourg in Neuchatel.

Nach Eingang des Notrufes um 10:14 Uhr wurden ein Polizeipsychologe und ein Sondereinsatzkommando alarmiert. Der Psychologe war ein speziell in Deeskalation geschulter Verhandlungsführer und erreichte das Internat um 10:58 Uhr. Dort wurde er von einigen angestellten Lehrkräften in Empfang genommen und über die aktuelle Situation informiert. Das Internat veranstaltet regelmäßig sogenannte „Brautschauen“, bei welchem die Internatsschülerinnen die Möglichkeit haben, angesehene Söhne aus den entsprechenden gesellschaftlichen Schichten als potenzielle Heiratskandidaten kennen zu lernen.

Die Geiselnehmerin hatte bei dieser Gelegenheit einen jungen Mann kennen gelernt und sich – wie man so schön sagt - Hals über Kopf verliebt. Auch der junge Mann hätte ganz offensichtlich die Liebe erwidert.

Leider entsprach die Geiselnehmerin hinsichtlich des Ansehens ihrer Familie nicht den Anforderungen der Familie des jungen Mannes. Der Leiterin des Internats kam somit die undankbare Aufgabe zu, dies der Geiselnehmerin mitzuteilen. Dabei hatte sie den Fehler gemacht, sich abfällig über die Geiselnehmerin und deren Familie zu äußern. Die Geiselnehmerin hatte ein auf den Schreibtisch liegendes Obstmesser an sich genommen und die Internatsleiter damit bedroht. Die ebenfalls im Zimmer befindlich Lehrkraft schickte sie fort. Die Lehrkraft gab an, dass es sich nach ihrer Einschätzung um eine unüberlegte Kurzschlussreaktion der Geiselnehmerin handeln würde.

Der Verhandlungsführer begab sich zum Einsatzort - dem Zimmer der Direktorin - und fand dort die mit einem Messer bewaffnete Geiselnehmerin vor, die nach wie vor die Internatsleiterin in ihrer Gewalt hatte. Die Geiselnehmerin reagierte nicht, wie sonst üblich, mit der hysterischen Aufforderung, zu verschwinden. Stattdessen wirkt sie sehr abgeklärt. Das Gesprächsangebot nahm die Geiselnehmerin mit den Worten „Gut lassen Sie uns reden“ an und fragte, ob sie mit einer Verhaftung rechnen muss. „Sie haben eine Geisel genommen und diese mit einem Messer bedroht. Selbstverständlich werden wir sie verhaften müssen“, war die kurze, knappe aber durchaus zutreffende Antwort.

Sie fragte, ob die Polizei, wenn sie sich ergeben würde, auf Gewaltanwendung verzichten würde, was ihr zusagt wurde. Die Geiselnehmerin legte das Messer auf den Boden und schob es weg. Ihre Handlungen kündigte sie vorher an. Dann bat sie den Polizisten, ihr die Handschellen herüberzuschieben, die sie sich auf dem Rücken anlegte. Abschließend kniete sie sich auf den Boden.

Der Polizist war nach eigenen Angaben vom Verlauf der Geiselnahme überrascht und fragte die Geiselnehmerin, was deren plötzlichen Sinneswandel ausgelöst habe. „Wissen Sie“, begann diese, „Ich gehe davon aus, dass sie nicht alleine angereist sind und sich letztendlich nicht nur mit mir unterhalten wollten. Wir sind und doch beide einig, dass wir beide ein Blutbad vermeiden wollen. Also habe ich realistisch betrachtet zwei Alternativen. Ich kann aufgeben oder ich kann nicht aufgeben. Wenn ich aufgebe, werden sie mich verhaften und wenn ich nicht aufgebe, werden sie mich erst überwältigen und dann mich ebenfalls verhaften. Beiden Alternativen ist somit gemein, dass ich verhaftet und mich heute Abend im Polizeigewahrsam bzw. Untersuchungshaft befinden werde.

Dann schaute sie in Richtung der Internatsleiterin und bat sie um Verzeihung. Diese wies darauf hin, dass ihr mit ihren überaus reichen Eltern und der Ausbildung, die ich hier erhalten hätte, alle Türen offen standen. Somit habe sie sich in einem einzigen Moment, ihre ganze Zukunft verbaut.
Die Geiselnehmerin antwortete, dass sie dies selber wüsste und derzeit die Strategie der Schadensbegrenzung fahren würde. Die Leiterin des Internats nahm ihre Entschuldigung an und kündigte an, dass sie sie nicht fallen lassen würde und sich zunächst um einen sehr guten Anwalt für sie bemühen würde.

Am Ende des Protokolls hatte der Einsatzführer vermerkt, dass das Sondereinsatzkommando nicht mehr zum Einsatz kam und er persönlich den Eindruck hatte, dass es fast schon meinen könnte, dass die Geiselnehmerin verhaftet werden wollte. Er selbst bezeichnete den Einsatz abschließend als ‚sonderbar‘.

Aus den Unterlagen ging dann noch hervor, dass die Geiselnehmerin zuerst zur örtlichen Polizeistelle gebracht und anschließend zum Haftrichter vorgeführt wurde. Gegenüber diesem räumte sie die ihr vorgeworfenen Straftaten vollständig ein. Dieser erließ einen Haftbefehl, wobei er darauf hinwies, dass er aufgrund der Schwere der Tat und der Tatsache, dass sie deutsche Staatsbürgerin sei und somit die Gefahr bestünde, dass sie sich nach Deutschland absetzen könnte, keine andere Wahl hätte. Es erfolgte die Überführung der Festgenommenen ins Untersuchungsgefängnis in Neuchatel.

Nicht aus dem Protokoll ersichtlich war die Unterredung mit dem dortigen Gefängnispersonal. Dieses muss ihr gegenüber streng, unfreundlich und in einem Befehlston aufgetreten sein. Annabelle hat wohl darum gebeten, ihr gegenüber in einem vernünftigen Ton zu agieren und im Gegenzug angeboten, dass sie keine Probleme bereitet. Auch die sie begleitenden Polizistinnen gaben an, dass bei Annabelle nicht mit Problemen zu rechnen sei.

Im Untersuchungsgefängnis hatte Annabelle dann später noch Besuch von jenem Anwalt, dem die Leiterin des Internats beauftragt hatte. Mir gegenüber erzählte sie später, dass der Herr ihr von Anfang an unsympathisch war und sie kein Vertrauen zu ihm hatte. Zunächst hielt er ihr Stunden lange Vorträge über die juristischen Möglichkeiten, den Annabelle aber nicht mal ansatzweise folgen konnte. „Wenn Sie nicht im Gefängnis versauern wollen, dann tun Sie gefälligst das, was ich Ihnen sage. Im Übrigen hat Madame vom Schaumbourg mir diese kleine Fernsteuerung mitgegeben.“ Annabelle war sofort klar, dass der 'schmierige' Anwalt ihr mit dieser jederzeit schmerzhafte Elektroschocks verpassen konnte.

Weiter lagen zwei Prospekte den Unterlagen bei. Diese waren optisch identisch, unterschieden sich aber textlich.

Im ersten Prospekt wurde die sehr luxuriösen Einrichtungen dargestellt. Als ich den Prospekt so durchlas, dachte ich das eine oder andere Mal, dass auch ich es sich in diesem ’Luxusschuppen’ aushalten könnte. Villa ist für das Anwesen mehr als untertrieben. Es handelt sich um ein ehemaliges Grandhotel, welches direkt am See liegt und von einem weitläufigen Parkt umgeben ist. Über die Jahre wurden auf dem Gelände weitere Gebäude, wie das Schulgebäude, weitere äußerst luxuriöse Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen errichtet.

Beeindruckt war ich auch vom Bildungskonzept. Im Internat gibt es keine festen Klassen und Unterrichtsstunden, sondern es wird für alle dort ein individueller Schulungs- und Ausbildungsplan erstellt. Für jede Schülerin wird alle drei Monate – oder bei Bedarf - nach den für sie definierten Zielen, Vorkenntnissen, Eignungen und Neigungen ein spezieller Lehr- und Lernplan festgelegt. Dieser Plan beschreibt die Art der Maßnahmen genau sowie die Zeiten, wann diese absolviert werden sollen, um die Ziele zu erreichen. Es handelt sich um eine Kombination aus Frontaleinzelunterricht, Einzelunterricht, Projektarbeit, Lernstunden, Gruppenarbeiten, Gruppenunterricht, Hausarbeiten u. v. m. Ergänzt wird das Konzept durch eine optimale technische Ausstattung und entsprechende Bibliotheken. Das System garantiert – nach Aussagen des Internats – eine optimale schulische Förderung der Internatsschülerinnen.

Zuerst wunderte ich mich, dass der Prospekt doppelt ist. Wenig später erkannte ich, dass die Textpassagen sich unterscheiden. Offensichtlich war der eine Prospekt für die potenziellen Internatsschülerinnen und der andere für deren Eltern bestimmt.

So wird gegenüber den Eltern auch erwähnt, dass das Bildungskonzept sich nicht nur auf die reine Wissensvermittlung beschränkt, sondern auch Erziehung, Disziplin, Verhalten und alles was damit verbunden ist, beinhaltet. Wörtlich hieß es im Prospekt: „Unser Internat richtet sich speziell an Eltern, deren Töchter erhebliche Defizite im standesgemäßen Benehmen haben. Unser ausgeklügeltes System zeigt bereits nach kürzester Zeit in der Regel schon eine grundlegende Veränderung ihrer Kinder. Dies gilt auch für überaus renitente Jugendlichen. Sie werden begeistert sein.“ Hingewiesen wurde auch ausdrücklich auf die Internatsuniform einschließlich des Korsetts nach viktorianischem Vorbild, welches die Schülerinnen dabei unterstützt, eine optimale Haltung einzunehmen. Dass man in dem Ding nicht atmen und sich nicht richtig bewegen kann, steht dort aber nicht, dachte ich noch so bei mir.

Nachdem ich auch den anderen Prospekt durchgelesen hatte, war mir klar, dass in diesem Internat der gleiche Drill, wie in dem Internat in Montreux herrschen muss, auf dem ich einst die schlimmste Zeit meines Lebens durchleben musste. Einziger Unterschiede waren einige luxuriösen Einrichtungen, wie beispielsweise Schwimmbad, Wellness-Abteilung, Reithalle und Tennisplätzen. Auch die Zimmer waren luxuriöser ausgestattet. Dennoch musste ich feststellen, dass ich meine Einschätzung hinsichtlich eines Aufenthaltes von mir revidieren musste. Unter keinen Umständen wollte ich Schülerin dieses Internats sein. Zu meiner Beruhigung hatte ich letzte Jahr ein sehr gutes Abitur gemacht und kam dankenswerterweise als Schülerin nicht mehr in Frage.

Ich wandte mich an Herrn Brinkmann und sagte: "Die Richterin scheint recht zu haben. Mit dem Internat stimmt tatsächlich etwas nicht." Ich las die Passagen Herrn Brinkmann vor und ergänzte, dass diese auch auf das Internat, auf dem ich als sogenannter 'Zögling' war, zutreffen würde. Herr Brinkmann entgegnete mir, dass es immer einen Grund hat, wenn die Richterin ihn beauftragen würde. Wir unterhielten noch etwas über den Fall und erreichten dann den Bahnhof von Neuchatel. Anders als in Deutschland war der Zug - wie in der Schweiz üblich - pünktlich.

Anschließend fuhren wir mit dem Bus zum Untersuchungsgefängnis.
4. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 12.10.24 18:04

Eine schöne Fortsetzung. Das Lesen macht Spaß und Lust auf Mehr.


Danke Tom
5. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Amadeus24 am 13.10.24 10:45

Danke für die Fortsetzung, sie ist genau so gut gelungen wie der erste teil. Ich freue mich auf noch viele weitere folgen.
6. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Story Hunter am 13.10.24 18:19

Absolut gelungene Fortsetzung auch im Bezug auf den ersten Teil. Der Fall scheint sehr interessant zu werden und ich bin scho sehr gespannt wie es weiter geht und was noch alles kommt.
7. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 14.10.24 13:38

Kapitel 3: Im Untersuchungsgefängnis

Wir betraten einen der Besprechungsräume. Die junge Dame mit Namen Annabelle wartet bereits auf uns. Herr Brinkmann versuchte mit ihr ins Gespräch zu kommen. Irgendwie blockte die junge Dame komplett ab. Dann betrat eine Justizangestellte den Raum und erklärte, dass die zuständige Richterin Herrn Brinkmann sprechen möchte.
Ich blieb alleine mit der jungen Dame zurück. Ich fragte sie, ob wir uns weiter anschweigen wollen, worauf sie meinen Block nahm und folgendes aufschrieb: „Ich trage ein Halsband. Mit diesen ist es dem Internat möglich, mitzuhören und mir Stromstöße zu verpassen.“ Als Jugendliche hatte ich mich ehrenamtlich in einem Verein, der einsitzende Straftäterinnen betreute, engagiert. So wusste ich, dass die meisten Gefängnisse spezielle Zellen, die die Überwachung der Gefangenen rund um die Uhr ermöglichten und gleichzeitig derart von der Außenwelt abgeschirmt waren, dass keine Funksignale diese Zellen erreichten. Ich schrieb auf den Block, dass sie ankündigen soll, dass sie sich umbringen wird.

Während dessen fand das Gespräch zwischen der Richterin und Herrn Brinkmann statt. Die Richterin bedankte sich zuerst einmal, dass Herr Brinkmann den Fall übernehmen würde. Weiter führte sie aus, dass ihr der Name der Angeklagten etwas sagen würde, sie sie aber nicht zuordnen konnte. Das Internat hatte der Schülerin einen Anwalt organisiert. Jedoch hat die zuständige Richterin das Gefühl gehabt, dass irgendetwas mit der Schülerin bzw. dem Anwalt nicht stimmt. „Mein weiblicher Instinkt sagte mir sofort, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Die Situation war schon grotesk. Auf der einen Seite war da der von sich sehr überzeugte Anwalt und auf der anderen Seite die Angeklagte, die regelrecht Angst vor ihm hatte. Und schließlich konnte ich mir gar nicht erklären, warum eine Schülerin überhaupt eine solche Tat begeht und dann sofort aufgibt, wenn die Polizei eintrifft.“ Die Richterin habe sich daraufhin die Genehmigung eingeholt, direkt von mit der Angeklagten außerhalb von Gericht sprechen zu dürfen. Auch diesem Antrag hat der Verteidiger nur zähneknirschend zugestimmt.

Wenig später betrat Herr Brinkmann in Begleitung der zuständigen Richterin den Raum. Er fragte mich, ob ich etwas herausgefunden hätte. Ich führte aus, dass die Angeklagte meiner Meinung nach hochgradig suizidgefährdet sei und deutete auf meinen Block. Die Richterin verließ den Raum und sagte, „Ich schau, was sich machen lässt.“ Wenig später kam sie mit zwei Justizangestellten zurück und kündigte an, dass Annabelle in eine Spezialzelle, die speziell für suizidgefährdete Insassen eingerichtet wurde, verlegt wird.
Wir gingen alle zusammen in den Block mit den Spezialzellen. Eine Justizangestellte erläuterte, dass dieser Bereich absolut abhörsicher sei. Neben suizidgefährdeten Insassen werden hier überwiegend Gangsterbosse untergebracht, denen keine Möglichkeit gegeben werden soll, ihre kriminellen Geschäfte aus dem Gefängnis weiter zu organisieren.

Ich bat darum, mit Annabelle mich alleine unterhalten zu können. Die Richterin sah zuerst mich und dann Herrn Brinkmann verdutzt an. Herr Brinkmann antwortete: „Lassen Sie Natalie mal machen. Sie ist immer für eine Überraschung gut.“
So ging ich mit Annabelle alleine in eines der Besprechungszimmer. Ich versicherte ihr, dass wir uns jetzt unterhalten können, ohne dass jemand mithört. Sie entgegnete mir: "Sie haben doch keine Ahnung, was ein Aufenthalt in einem Internat wie diesem für eine Schülerin bedeutet." Ich antwortete, dass sie mich ruhig duzen kann und ich es sehr wohl nachvollziehen kann. "Ich war selbst auf einem ähnlichen Internat in Montreux. Dieses ist zwischenzeitlich geschlossenen und wurde von den Medien auf ’Horror-Internat’ getauft. Das Internat liegt auch in einem ehemaligen Chateau, kann aber dem Luxus von Euch nicht mithalten. Dafür mussten wir auch keine Elektrohalsbänder tragen.
In meinem Internat musstest Du mit drakonischen Strafen für kleinste Verfehlungen und manchmal für gar nichts rechnen. Somit war es so, dass Du in ständiger Angst leben musstest, dass Du wieder gegen irgendwelche Regeln verstoßen haben könntest und dafür eine Strafe bekommen wirst. Du lebst nur noch von Tag zu Tag und bist für jeden Tag, den Du ohne angeblichen oder tatsächlichen Fehltritt und somit ohne Strafe überstanden hast, dankbar.“
Annabelle wollte wissen, wie ich die Hölle ausgehalten habe. Ich antwortete: „Gar nicht, als im vierten Stock ein Fenster offenstand, bin ich einfach hinunter gesprungen, um meinem Leben ein Ende zu bereiten und nicht mehr in diesem verfluchten Internat sein zu müssen. So weit ist es bei Dir zum Glück noch nicht gekommen.
Nachdem mich die Ärzte wieder 'zusammengesetzt' haben, lerne ich Prof. Dr. Brinkmann kennen, der sich meiner annahm und mich mental wieder aufbaute.“
Ich spielte ihr die Reportage 'Steh auf, wenn Du am Boden liegst' vor, die ich seinerzeit auf meinem Smartphone abgespeichert hatte, vor. In dieser wurde kurz auf die Zustände im Internat eingegangen und dann dargestellt, wie sehr wir ehemalige Internatsschülerinnen unter den Folgen zu leiden hatten.

Jetzt, wo Annabelle erkannt hatte, dass ich ein ähnliches Schicksal, wie sie erleiden musste und sie mir vertrauen konnte, war das Eis gebrochen. Es sprudelt gerade aus ihr so heraus.
Annabelle berichtete, dass es schon seit längerem ständige Konflikte mit ihren Eltern gab. Lange Zeit hatten ihre Eltern an ihrem Kleidungsstil und ihrem Verhalten nichts auszusetzen. Dies änderte sich, nachdem sich ihr Vater selbstständig gemacht hatte und damit wirtschaftlichen Erfolg hatte. Auf einmal verlangten ihre Eltern, dass sie beides ändern sollte. Dabei kleidete sie sich doch genau so, wie ihre Altersgenossinnen und verzichtete ja schon mit Rücksicht auf Ihre Eltern auf allzu freizügige Kleidung. Ihre Freundinnen scherzten, dass sie sich wie eine Nonne kleiden würde und so nie einen Typen abbekommen würde.
Auch verlangten ihre Eltern regelmäßig, dass sie sie bei Geschäftsessen begleiten würde. Dass sie oftmals bereits anderweitig verplant war und diese Veranstaltungen langweilig fand, interessierten ihre Eltern gar nicht. Anfangs bin ich meinen Eltern zu Liebe mitgekommen und saß dann den Abend gelangweilt herum, anstatt mit meinen Freunden Essen, ins Kino oder andere Aktivitäten zu entfalten.
Eines Tages kam wieder einmal ein Geschäftspartner meines Vaters bei uns zu Besuch. Er wurde von seiner Frau und seiner Tochter Nicole begleitet. Nicole war in etwa in meinem Alter, genau gekleidet wie ich und erzählte mir vom Internat. Gelogen hat sie eigentlich nicht, nur ein paar 'Details' halt nicht erwähnt. Ich hatte den Eindruck, dass es sich um eine Luxusunterkunft mit ein wenig Schulbetrieb handeln würde und war neugierig. Auch hoffte ich, dass ich mir dort nicht immer die Vorträge meiner Eltern über meinen Kleidungsstil und mein Verhalten anhören muss.
Später hat Annabelle erfahren, dass Nicole quasi gezwungen wurde, sie zum Internat zu locken. Hätte sie dies nicht geschafft, wären drakonische Strafen die Folge gewesen. Die Kleidung, die sie trug, wurde übrigens extra für das Treffen von ihrer Mutter gekauft. Aber das wusste Annabelle ja nicht und auch der Prospekt, den ihr ihr Vater kurze Zeit später gab, machte sie neugierig. Sie ging davon aus, dass sie sich das Internat probeweise ansehen würde. Als ihre Eltern ihr dann eröffnet hatte, dass sie einen 14-tägigen Probeaufenthalt für sie vereinbart haben und sie anschließend ihr neues Reich erkundete, kamen ihr Zweifel daran. Erstens war ihr Kleiderschrank voll mit Internatskleidung in ihrer Größe, darunter auch die Winterkleidung und dies im Hochsommer. Zudem befanden sich im Bad genau die Kosmetikprodukten, die sie auch zu Hause immer verwendet hatte. Zuerst dachte sie sich nichts dabei. Aber inzwischen weiß sie, dass ihr Aufenthalt beim Besuch bereits eine ausgemachte Sache war.

Beim Besuch des Internats wurde ihr angeboten, die internatseigene Kleidung zu präsentieren und sie willigte ein. Unter den Vorwand, ihr den im Internat üblichen Schmuck anzulegen, bekam sie jenes Halsband verpasst, mit dem man ihr die Stromstöße verpassen konnte. Von der Möglichkeit wurde dann sofort Gebrauch gemacht, als sie sich weigerte, die Kleidung weiter anzuziehen.
Annabelle erzählte, dass sie, als sie verhaftet wurde, die Internatsuniform trug. „Da war es schon eine Wohltat, als man mir im Gefängnis anbot, die Gefängnisuniform zu tragen. Verpflichtend ist diese nur für verurteilte Straftäter, sodass ich wählen konnte. Natürlich habe ich mich für die Gefängnisbekleidung entschieden, obwohl orange gar nicht meine Farbe ist. Allerdings wurde sie das Halsband, den Keuschheitsgürtel samt Schenkelbändern und das Korsett nicht los. Sie wollte auch keinen der Gefängnisangestellten um Hilfe fragen, da ihr dies zu peinlich war.
Allein die Internatsuniform war der Horror. Als erstes musst Du ein Korsett tragen, welches extrem fest ist und so eng geschnürt wird, dass Du Schwierigkeit hast, zu atmen. Dann kommen sehr enge Stützstrümpfe und Handschuhe aus einer Art Latex dazu, die bis zu den Schultern bzw. Achselhöhlen gehen und im Nacken mit Schnallen aneinander befestigt werden. Dann folgt eine Bluse mit einem Stehkragen. Als ob dies noch nicht genug war, kommt ein zusätzlicher Kragen dazu. Und der absolute Horror sind die Stiefel mit Mega-Absätzen.
Die Böden im Internat sind mit weißem und schwarzem Marmor ausgelegt. Als Schülerin des Internats darfst Du nur auf dem schwarzen Marmor gehen. Auf den Gängen ist dies ein etwa zehn Zentimeter breiter Streifen. Trittst Du aus Versehen nur einen Zentimeter daneben, bekommst Du einen Stromschlag. Das gleiche passiert übrigens auch, wenn Du zu langsam gehst oder eine Lehrkraft der Meinung ist, dass Du dies verdient hast.

Irgendwie dachte ich, dass ich gegenüber dem jungen Mädchen stark sein muss. Dabei wiesen unsere Geschichten sehr viele Parallelen auf. Erinnerungen, von denen ich glaubte, dass ich diese schon längst überwunden hatte, kamen wieder hoch. Plötzlich fragte mich Annabelle, was mit mir los sei. Ich erklärte, dass unsere beiden Lebensgeschichten gewisse Übereinstimmungen aufweisen würden und ihre Geschichte mich schon belasten würde. Annabelle sagte, dass ich die erste Person sei, die sie verstehen würde. "Ich wünsche mir vom ganzen Herzen, dass Du meine Betreuung übernimmst. Falls Du es nicht kannst, habe ich Verständnis dafür. Aber vor mir brauchst Du keineswegs stark zu sein. Wenn Dir danach ist, kannst Du ruhig weinen."
Wir beide lagen uns in den Armen und gaben uns gegenseitig Halt. Ich lächelte sie an und sagte "Das bekommen wir schon hin." Auch Annabelle lächelte zurück. In diesem Moment betraten die Richterin und Herr Brinkmann den Raum. Herr Brinkmann erkannte sofort, dass ich es geschafft hatte, das Vertrauen der Angeklagten zu gewinnen. Zur Richterin meinte er nur "Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Natalie immer für eine Überraschung gut ist.“ Weiter fragte er mich, was ich herausgefunden habe. Ich sagte Herrn Brinkmann, dass er mein Gutachten nehmen könne und lediglich den Namen austauschen müsste. „Die Schuldunfähigkeit können wir zudem ohne Gewissensbisse bescheinigen.“
Dann bat ich darum, das arme Mädchen vom Halsband, Keuschheitsgürtel, Schenkelbändern und Korsett zu befreien. So kam später ein Spezialist von der Kriminaltechnik vorbei. Dieser war von der Konstruktion des Halsbandes sehr angetan und brauchte eine knappe Stunde, um Annabelle dieses abzunehmen. Anschließend erläuterte er, dass Annabelle als Trägerin keine Chance gehabt hatte, dieses loszuwerden. Dann zeigte er auf die Elektroden und sagte, dass hierdurch die Möglichkeit bestanden hat, Annabelle sehr schmerzhafte Stromstöße zu verabreichen.
Mit dem Keuschheitsgürtel und den Schenkelbändern machte er kurzen Prozess. Mit brachialer Gewalt zerlegt er diese einfach in ihre Einzelteile. Das Korsett stellte dann keine Herausforderung mehr da. Ich befreite schließlich Annabell aus diesem.
Die Richterin rief die Gefängnisärztin und diese bestätigte, dass die Verbrennungen auf Annabelles Haut darauf hindeuten würden, dass ihr etliche Stromstöße verabreicht wurden. Annabelle erläuterte der Richterin auf Nachfrage, dass ihr im Internat regelmäßig Stromstöße verpasst - als Bestrafungen für ein angebliches Fehlverhalten - wurden und auch der ’ihr’ Anwalt mit solchen gedroht habe. Die Richterin war sichtlich erbost und sagte: „Diese Internatsleitung und dieser Anwalt werden mich noch kennen lernen.“

Herr Brinkmann empfahl noch eindringlich die Verlegung von Annabelle in eine psychiatrische Einrichtung, zum Beispiel zu uns in Montreux.
8. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Adriana0306 am 14.10.24 18:35

Schöne Geschichte, ich bin gespannt was noch so alles ans Tageslicht kommt und wie die Eltern von Annabelle zu dem ganzen Thema stehen
9. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 14.10.24 19:00

Super!! Genauso habe ich mir das vorgestellt. Nun bin ich auch gespannt, was nun passiert.
Garantiert ist eins der Elternteile so stur wie Natalies Vater in der Hauptgeschichte, nach ihrem Sprung.
10. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 18.10.24 18:21

Kapitel 4: Die Brautschau und ihre Folgen

Herr Brinkmann musste nach Montreux zurück und ich bliebt allein in Neuchateau, um Annabelle weiter zu betreuen. So verbrachte ich ziemlich viel Zeit mit ihr, in welcher ich sie hauptsächlich erzählen ließ und lediglich zuhörte. Zuerst wollte ich wissen, wie es zur Geiselnahme kam. Annabelle erläuterte:

„Von Zeit zu Zeit finden im Internatsgebäude die sogenannten 'Brautschauen' statt. Die Herren bzw. deren Eltern müssen dabei tief in die Tasche greifen, um an diesen teilnehmen zu können. Die meisten Kandidaten werden von ihren Eltern bzw. meist Vätern mehr oder minder dazu gezwungen. Eine Mitschülerin hatte mir geraten, einfach immer zu sagen, dass ich als Dame von Welt meinen zukünftigen Mann glücklich machen will. Diese Floskel war wohl eine versteckte Botschaft, dass man kein Interesse an seinem Gegenüber hat. Für eine Dame von Welt geschickte es sich nämlich nicht, ein Angebot von einem ehrwürdigen jungen Herrn einfach abzulehnen.
Mit dieser Strategie hatte ich bereits einige dieser komischen Brautschauen hinter nicht gebracht, ohne dass einer der anwesenden Herren Interesse an mir gezeigt hätte. Bis zu diesem denkwürdigen Ereignis betrachtete ich die Brautschauen als so ziemlich das Sinnfreiste, was es im Internat gab.

Ich hatte bereits vier total verkrampfte und langweilige Gespräche mit potenziellen Heiratskandidaten hinter mich gebracht. Das fünfte Gespräch lief nicht besser; ganz im Gegenteil. Mein Gegenüber hieß Manuel und 'verkrampft' war gar kein Ausdruck. Schließlich fragte ich ihn ganz offen heraus: „Du hast wohl auch keinen Bock auf diese Veranstaltung?“, was er mir bestätigte. Sein Vater habe ihn dazu verdonnert, an dieser Veranstaltung teilzunehmen und mit einer Dame als seine zukünftige Schwiegertochter zurück zu kommen.
Nachdem dies geklärt war, tauten wir regelrecht auf. Mehrfach lachten wir beide laut los und mehrfach wurde – natürlich nur ich – um Kontenance gebeten. Da wir weiter unseren Spaß hatten, verspürte ich zunächst ein Kribbeln an meinen Hals und bekam schließlich sogar einen Stromstoß verpasst.
Irgendwie war mir Manuel sympathisch und ich hoffte inständig, dass dies auch auf Gegenseitigkeit beruhen würde. So fragte ich ihn offen heraus, ob er auch Interesse habe, mich näher kennen zu lernen. Als er dies bejahte, bat ich ihn: „Wenn gleich jemand kommt und uns mitteilt, dass unsere die Konversationszeit vorbei ist, dann frage mich bitte: „Würden Sie mir die Freude bereiten, mit mir gemeinsam zu dinieren?“.

Gesagt - getan. Eine der Internatsangestellten kam vorbei und verkündete das Ende unserer gemeinsamen Zeit. Manuel, fragte mich und ich antwortete, dass dies ein Vergnügen für mich sei. Manuel sprang auf und sagte: „Dann lass uns jetzt zum Essen gehen“. Ich entgegnete, dass es mir fern liegen würde, ihm Vorschriften zu machen. Jedoch würde es die Etikette gebieten, dass er mir helfen würde, aufzustehen, dann mir meinen Blazer reichen würde und mich schließlich zum Tisch geleiten würde.
Wir verließen den Raum und kamen an der Garderobe vorbei. Manuel fragte mich, ob es die Etikette auch verbieten würde, mich hinter den Garderobenschrank zu ziehen und zu küssen. Ich antwortete, dass eine Dame von Welt so etwas nie tun würde, dies mir aber gerade egal sei. Manuel zog mich hinter einen Schrank und wir küssten uns leidenschaftlich. „Ich würde gerne noch mehr mit Dir anstellen“, flüsterte er mir ins Ohr. „Mit dem mehr anstellen wird es leider heute nichts. Ich trage einen Keuschheitsgürtel.“, antwortete ich ihn. Manuel sah mich völlig entgeistert an. „Glaubst Du, ich trage das verfluchte Ding freiwillig?“, entgegnete ich ihm.

Wir verbrachten noch einige Minuten abgeschirmt hinterm Schrank. Dann sagte ich: „Ich muss kurz mal auf die Toilette, mich wieder herrichten. Es muss ja nicht gleich jeder sehen, was wir gerade hier veranstaltet haben.“

Danach gingen wir beide - Arm in Arm - in den sogenannten kleinen Speisesaal und Manuel spendierte mir ein wirklich wunderbares Essen. Das Essen war herrlich und ich genoss seine Gesellschaft von ganzem Herzen. Anschließend verbrachten wir noch einige Stunden im weitläufigen Park des Internats und Manuel fragte mich, ob ich das gleiche empfinden würde, wie er. Ich antwortete, dass ich nicht wüsste, was er empfinden würde, ich mich aber Hals über Kopf in ihn verliebt hätte. Er antwortete, dass es bei ihm genauso sei.
Wir gingen dann noch in eine der versteckten Lauben. Bevor Manuel dann gehen musste, gab ich ihm noch meinen 'Steckbrief' und sagte, dass ich es schon jetzt kaum erwarten kann, ihn wieder zu sehen. Er sagte, dass es ihm genauso gehen würde.

Am nächsten Tag wurde ich zur Direktorin gerufen. „Du hast auf der letzten Brautschau Manuel von Burgfels kennen gelernt und ihr beide scheint Euch gut verstanden zu haben. Sein Vater hat mich angerufen. Die von Burgfels sind eine alt eingesessene Adelsfamilie, die seit dem 17. Jahrhundert die Großmeister von Neuchatel stellen. Da könnt Ihr als Neureiche nicht mithalten. Es tut mir wirklich leid für Euch, aber aus Eurer Beziehung wird nichts."
Danach äußerte sich die Direktorin sehr abfällig über mich und den gesellschaftlichen Stand meiner Familie. Die Worte, die sie wählte, will ich gar nicht wiederholen. Irgendwie muss mir dann eine Sicherung durchgebrannt sein. Ich nahm das Obstmesser, welches auf dem Schreibtisch lag und nahm die Direktorin als Geisel. Den Rest hast Du sicher schon im Einsatzprotokoll der Polizei gelesen.“

Im Einsatzprotokoll wird aber auch ausgeführt, dass Dein Verhalten sonderbar war und der Verdacht geäußert, dass Du das Ganze nur veranstaltet hattest, um dem Internat entfliehen zu können.

Annabelle antwortete, dass es eine Kurzschlussreaktion gewesen sei. Weiter sagte sie: „Als ich das Büro der Direktorin betrat, war ich über beide Ohren verliebt. Auch konnte ich nicht wissen, dass dort ein Obstmesser auf dem Schreibtisch liegt. Weiter lag es mir fern, irgendwelche Gewalt gegen die Leiterin des Internats anzuwenden, da ich ja wusste, dass ich dann einen Stromstoß bekommen werden. Offensichtlich hatte man aber dies aber nicht getan, da man befürchtete, dass ich der Direktorin etwas antun kann. Bedenke bitte auch, dass für mich die realistische Chance bestand, an der Seite von Manuel, das Internat ein für alle Mal zu verlassen. Als dann der Polizist auftauchte, war mir klar, dass er nicht allein da war. Mir wurde augenblicklich klar, dass ich großen Mist gebaut hatte und nur noch die Wahl zwischen aufgeben oder überwältigt zu werden, hatte. Mir ist klar, dass dies auf den Polizisten sonderbar gewirkt haben muss.“

Ich bot Annabelle an, dass ich persönlich zu Manuel gehen würde und ihm einen Brief von ihr übergeben würde. Annabelle war überglücklich und bat darum, das Gespräch sofort zu beenden, damit sie umgehend mit dem Schreiben beginnen kann.

Am nächsten Tag ging ich um 10:00 Uhr wieder ins Kantonalgefängnis. Annabelle wartete bereits auf mich. Den Brief hatte sie fertig und bereits in einen Umschlag eingetütet. „Wir müssen den leider durch einen Justizbeamten kontrollieren lassen“, sagte ich. Ich rief einen Beamten herbei. Dieser las den Brief durch, sagte „sehr romantisch“ und gab ihn mir wieder. Ich packte den Brief in einen neuen Umschlag, verstaute ihn, verabschiedete mich von Annabelle und machte mich auf den Weg zum 'Anwesen' der von Burgfels. 'Anwesen' ist gar kein Ausdruck. 'Residenz' oder 'Palast' würde es wohl besser beschreiben.

Eine Hausangestellte öffnete mir die Tür und fragte, was sie für mich tun könne. Ich antwortete, dass ich eine persönliche Nachricht für Manuel von Burgfels habe. Sie sagte, dass sie die Nachricht gerne zu Herrn von Burgfels junior bringen könnte. Sie hielt mir ein Silbertablett hin und ich legte den Brief darauf. Sie bat mich zu warten, damit ich bei Bedarf die Rückantwort gleich mitnehmen kann. Die Angestellte brachte mich in einen Salon und ein Diener brachte mir Kaffee und Gebäck.

Plötzlich kam die Angestellte zurück und bat mich, ihr in das Appartement von Manuel zu folgen. Dieser wartet bereits auf mich und war sehr aufgeregt. „Wo ist Annabelle?“, „Geht es ihr gut?“ „Was macht sie?“

Ich fragte ihn, ob es okay ist, wenn ich ihn mit Manuel anrede. Dann erzählte ich die ganze Geschichte und dass sich Annabelle gerade in Untersuchungshaft im Kantonalgefängnis befinden würde. Manuel wollte sofort Annabelle im Gefängnis besuchen. Ich fragte ihn, ob es nicht zu gefährlich sei, wenn er im Gefängnis gesehen wird. Worauf er antwortete, dass er das Risiko für Annabelle jederzeit eingehen würde. Während Annabelles weiteren Gefängnisaufenthalt muss Manuel sie dann doch fast täglich besucht haben, ohne dass ich oder jemand anderes außerhalb des Gefängnisses dies mitbekommen haben.

Dann erzählte er mir die Geschichte aus seiner Sicht. Sein Vater hatte ihn schon seit einiger Zeit gedrängt, ja regelrecht genervt, wann er ihm denn endlich seine zukünftige Schwiegertochter präsentieren würde. Eines Tages kam er auf ihn zu und erzählte mir von den sogenannten Brautschauen, die regelmäßig in der Villa de Schaumbourg, einem sehr angesehenen Internat, stattfinden. Sein Vater eröffnete ihm, dass er ihn zur nächsten Brautschau angemeldet habe und dass er es nicht wagen soll, ohne eine zukünftige Schwiegertochter zurück zu kommen. Worauf er ihm entgegnete, dass dort nur Schnepfen seine. „Es ist mir egal welche, aber Du führst eine dieser Schnepfen nächstes Jahr zum Altar.“ Manuel kann es daher nicht verstehen, was sein Vater gegen Annabelle hat, zumal er sie gar nicht kennt.

Die Damen auf der Brautschau sahen zwar alle sehr gut aus und waren sicherlich auch gut erzogen. Manuel konnte sich aber zunächst beim besten Willen nicht vorstellen, mit auch nur einer von ihnen etwas anzufangen, geschweige denn eine von ihnen zu heiraten. Dies war so bis zu der denkwürdigen Zusammenkunft mit Annabelle. Er hatte schon ein paar verkrampfte Gespräche hinter mich gebracht, dann lernte er Annabelle kennen. „Zugegeben unser Gespräch lief anfangs auch alles andere als gut, aber dann wurde es immer besser und schließlich haben wir uns beide Hals über Kopf ineinander verliebt.“, ergänzte er.

Plötzlich stand Manuels Vater im Raum und fragte, wer ich sei. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal froh sein würde, dass man uns im Internat mit diesen Benimmregeln regelrecht gequält hatte. Aber so konnte ich wie es die Etikette vorschreibt, gegenüber Herrn Freigraf zu Burgfels, seines Zeichens Großmeister von Neuchatel auftreten. Ich stellte mich als Natalie von Sternenberg vor. Als er mich fragte, ob ich seine künftige Schwiegertochter sein werde, antwortete ich: „Ich will nicht unhöflich sein. Aber daraus wird leider nichts, auch wenn mir Ihr Sohn durchaus sympathisch ist. Wissen sie, meine Familie gehört seit mindestens 800 Jahre dem europäischen Hochadel an. Meinen Sie, was dann los ist, wenn ich ein Mitglied eines adeligen Emporkömmlings aus den 17. oder 18. Jahrhundert eheliche. Da hilft es auch nicht, dass Ihre Familie seit dieser Zeit die Großmeister stellt.“ Manuels Vater ließ es sich nichts anmerken, aber meine Aussage traf ihn, wie ein Pfeil ins Herz. Er bewahrte allerdings die Form und verließ den Raum. Mein Dank galt zudem auch meiner kürzlich verstorbenen Großmutter, die seinerzeit Unsummen in Ahnenforschung investiert hatte. Im Übrigen hätte ich meinen Eltern oder irgendwelchen anderen Familienmitgliedern etwas gehustet, wenn sie mir hätten vorschreiben wollen, wen ich heiraten soll.

Als sein Vater gegangen war, sagte Manuel, dass ich mitunter ganz schön biestig sein kann. Ich lächelte kurz und antwortete mit einem knappen „Ja, na und?“, wir beide sahen uns an und lachten laut los. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit Manuel und er gab mir schließlich einen Brief für Annabelle mit. Diese riss ihn mir später regelrecht aus den Händen. Über das, was sie dort las, war sie überglücklich.
11. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Neuschreiber63 am 18.10.24 19:04

Nach der grausamen Geschichte von Beatrice nun wieder etwas fürs Herz. Du scheinst ein Multitalent zu sein
12. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 18.10.24 19:19

Total süß!
13. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Story Hunter am 18.10.24 20:34

Eine sehr schöne Fortsetzung der Geschichte. Ich bin sehr gespann wie sich das alles weiter entwickelt. ich freue mich mehr von der Geschichte zu lesen.
14. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von rabe57 am 20.10.24 00:34

Das ist eine tolle Geschichte! Ein bisschen BDSM,und viel Liebe dabei!😀
15. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 20.10.24 13:54

Kapitel 5: Die Gerichtsverhandlung

Da Herr Brinkmann immer noch Montreux sein musste, übernahm ich weiter alleine die psychische Betreuung von Annabelle und war in den letzten Tagen im Gefängnis ein und aus gegangen. Schließlich begann die Gerichtsverhandlung und ich nahm an dieser als psychologische Betreuung von Annabelle teil.

Wie mit der Richterin besprochen, widersetzte sich Annabelle mehrfach den Anweisungen ihres Anwaltes. Die Kriminaltechniker hatten ihr das Halsband abgenommen und an diesem eine Lampe angebracht, die immer dann aufleuchtete, wenn versucht wurde, ihr einen Stromstoß zu verpassen. Die Lampe war so platziert, dass die Richterin und Annabelle diese sehen konnte, nicht aber ihr Anwalt. Auch trug Annabelle ein Halstuch.

Immer wenn die Lampe aufleuchtete, tat sie so, als wäre ihr gerade ein Stromstoß verabreicht worden. Plötzlich hielt die Richterin ihr Halsband in die Höhe und fragte den verdutzten Anwalt, ob er wisse, dass dies sei. Gleichzeitig forderte sie ihn auf, ihr die Fernsteuerung auszuhändigen. Als er der Aufforderung nicht nachkam, führte sie aus, dass diese vom Gericht beschlagnahmt sei.

Der Staatsanwalt eröffnete, dass er gegen den Anwalt Ermittlungen aufnehmen würde und er verhaftet sei. „Ich glaube, dass sie jetzt einen guten Anwalt brauchen“, fügte er hinzu. Nach der Verhaftung ihres bisherigen Anwaltes musste sich Annabelle einen neuen suchen. Unglücklich war ich darüber nicht, wie sie mir später erzählte. Schließlich hatte der Anwalt nach ihrer Überzeugung in erster Linie die Interessen des Internats und nicht die von ihr vertreten und ausstehen konnte sie den arroganten Typen sowieso nicht. Glücklicherweise hatte ich ihr meinen Anwalt, der mich auch beim Prozess gegen das Internat in Montreux vertreten hatte, empfohlen. Sie nahm zu dem Herrn Kontakt auf und der Prozess wurde wenige Tage später mit ihm an Annabelles Seite fortgesetzt.

Dann sagten ihre Eltern aus. Sie führten aus, dass sie immer wieder rebelliert hätte und ihr Erscheinungsbild und ihr Verhalten vollkommen unakzeptabel gewesen seien. Bereits vor dem Besuch des Internats waren sich alle Beteiligten bereits einig darüber, dass sie zukünftig Schülerin des Internats sein soll. Ihre Eltern sahen hierzu aufgrund ihres Verhaltens keine Alternative. Unklar war ihnen nur, wie es gelingen würde, sie zum Internat zu locken. Dann rechneten die Eltern vor, wie viel sie dafür gezahlt haben, damit Annabelle im Internat sein konnte. Sie brach in Tränen aus. Die Richterin unterbrach die Vernehmung ihrer Eltern und fragte sie, was los sei.

Sie begann: „Wissen Sie, wir waren früher einmal eine ganz normale Familie. Gut wir hatten nicht viel Geld und wohnten zunächst in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung und später in einer etwas größeren Vier-Zimmer-Wohnung. Ich habe auch akzeptiert, dass meine Eltern mir nicht viel Taschengeld zahlen konnten und habe daher im Reitstall ausgeholfen.
Aber wissen Sie, was der Unterschied zu jetzt war? Ich hatte früher Eltern, die mich geliebt haben und dies auch zeigten und die mich so akzeptiert haben, wie ich war.“ Sie bekam einen Weinkrampf. Nachdem sie sich beruhigt hatte, führte sie weiter aus: „Ich habe die Selbstständigkeit meines Vaters nie im Wege stehen wollen. Das einzige, was ich nicht wollte, war mich zu verkleiden, zu verstellen und dann als schmückendes Beiwerk zu fungieren. Im Übrigen wollte ich auch mein eigenes Leben leben und nicht immer Verabredungen absagen, nur weil meinen Eltern wieder einmal eingefallen ist, dass ein geschäftlicher Termin ansteht.
Ich habe ganz normale Kleidung getragen, genau wie meine Altersgenossen auch. Mein äußeres Erscheinungsbild und mein Verhalten waren lange Zeit kein Problem für meine Eltern. Dabei habe ich mich mit Rücksicht auf meine Eltern schon nicht so freizügig angezogen. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, aber ich meine, dass ich verglichen mit meinen Altersgenossen doch recht pflegeleicht war. Zumal ich die meine Freizeit überwiegend im Reitstall verbracht habe. Auch habe ich keine Erfahrungen mit Drogen und nie über die Maßen Alkohol konsumiert. Ferner hatte ich nie Stress mit der Polizei und war auch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen – zumindest bis ich ins Internat kam. Dies ist quasi mein erster Konflikt. Und auch meine schulischen Leistungen gaben keinen Grund zu Beanstandungen. Weiter hatte ich – anders als viele meiner Mitschülerinnen – noch nichts mit Jungs und bin noch Jungfrau. Ich hoffe, dass sich dies demnächst ändert. Ich habe einen jungen Mann namens Manuel kennen gelernt, nur leider entspricht der Stand meiner Familie nicht den Erwartungen seiner Familie. Wissen Sie was das für ein Gefühl ist, wenn man meint, dass man sich ganz normal verhält und als eigene Tochter seinen Eltern nicht gut genug ist?“

Die Richterin zeigte Verständnis und fragte anschließend Annabelle, was es mit dem Reitstall auf sich haben würde.

„Wie gesagt, meine Eltern waren früher finanziell nicht in der Lage, mir viel Taschengeld zu zahlen. Ich habe mir einen Job in einem Reitstall gesucht. Zunächst um mein Taschengeld aufzubessern. Später hatte sich das Pferd eines Vereinsmitgliedes verletzt und der Besitzer wollte es einschläfern lassen. Ich habe ihm gefragt, ob er mir das Pferd überlassen würde. Seitdem war ich im Reitstall nur das das Mädel mit dem kranken Pferd.
Ich habe dann so ziemlich jede freie Minute in Reitstall verbracht, um mir den Platz im Stall leisten zu können und mein Pferd gesund zu pflegen. Gereicht hat es dann aber immer noch nicht. Zum Glück haben mir immer wieder Vereinsmitglieder unter die Arme gegriffen und irgendwie habe ich mein Pferd wieder gesund bekommen.“

Ihr Vater sagte, dass es ihm peinlich gewesen sei, dass Annabelle andere Vereinsmitglieder regelrecht anbetteln musste, nur weil sie das alte, kranke Pferd haben wollte.

„Mit diesem alten, kranken Pferd – wie Du es nennst - habe ich es beim örtlichen Springturnier als Qualifikantin bis ins Stechen geschafft. Dort musste ich in Führung liegend leider zwei Hindernisse vor dem Ziel aufgeben, da sich Termis Verletzung wieder bemerkbar machte. Nahezu alle Vereinsmitglieder haben mich danach angeschrieben und mir zu meinem Erfolg gratuliert. Nur meine eigenen Eltern nicht. Kein Vereinsmitglied hat übrigens die Rückzahlung von irgendwelchen Geldern verlangt.“

Die Richterin sagte: „Sie waren das also – Ihr Name kam mir bekannt vor, allerdings wusste ich nicht wieso.“ Annabelles Vater wollte wissen, was es mit dem Reitturnier auf sich habe.
Die Richterin antwortete: „Ihre Tochter war mehrere Wochen lang, das Gesprächsthema in Neuchatel; zumindest in den höheren Kreisen. Das Sprungturnier ist eines der angesehensten und höchstdotiertes Turniere in Europa und hier ein großes gesellschaftliches Ereignis. Wir konnten uns alle nicht erinnern, wann es das letzte Mal eine Qualifikantin ins Hauptspringen geschafft hatte. In den letzten 20 Jahren zumindest nicht. In diesem Jahr taucht plötzlich – quasi aus dem Nichts – Ihre Tochter auf und legte einen fulminanten und fehlerfreien Ritt hin und schafft es ins Stechen. Niemand hat vorher etwas von ihrer Tochter oder dem Pferd etwas gehört. Aber nicht nur die sportliche Leistung hat uns allen imponiert. Der Moderator hat sich bei der Anmoderation ziemlich abfällig über sie und ihr Pferd geäußert. Sie ist einfach durch den Parcours geritten und hat dann vor der Ehrentribüne angehalten und sich ordnungsgemäß verbeugt. Ihr Pferd übrigens auch. Ich hätte in der Situation allen den Mittelfinger präsentiert.“ Annabelle antwortete: „Ich hätte dies sehr gerne getan, aber mit dem Halsband um den Hals überlegen Sie sich so etwas zweimal.“
Die Richterin fuhr fort: „Und dann war da noch die Tragik, als sie kurz vor dem Ziel aufgeben musste. Alle auf der Tribüne haben mit Ihrer Tochter mitgelitten, als sie ihr Pferd auf drei Beinen humpelnd vom Platz führte.“

Anschließend fragte die Richterin Annabelle, was ihre weiteren Pläne seien. Sie antwortete: „Zuerst einmal muss ich abwarten, wie dieser Gerichtsprozess ausgeht. Ich habe die mir vorgeworfene Tat begannen und werden selbstverständlich die Konsequenzen tragen. Wenn ich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werde, werde ich diese selbstverständlich akzeptieren und diese antreten.

Natalie hat mir von einem Institut am Genfer See erzählt, die auf die psychische Betreuung von jungen Erwachsenen spezialisiert ist. Sie sollen gewisse Erfahrungen mit der Behandlung von traumatisierten Internatsschülerinnen haben. Ich würde gerne Kontakt mit dem Institut aufnehmen und dort um Betreuung bitten. Dann hat mein Anwalt mir auch geraten, Schadensersatzforderungen gegen das Internat geltend zu machen.“

„Mit Ihren Eltern wollen Sie sich nicht aussprechen?“, fragte die Richterin. „Ich glaube kaum, dass dies überhaupt noch Sinn macht.“, antwortete sie unter Tränen. „Für meine Eltern bin ich doch nur die ungezogene Tochter, die nur Probleme bereitet, die sich unmöglich anzieht und sich nicht benehmen kann. Vielleicht sollte ich mir wieder das Halsband anlegen lassen und meinen Eltern die Fernsteuerung geben. Dann können sie mir immer einen Stromstoß verpassen, wenn ich mich wieder einmal daneben benehme.“

Ihr Vater entgegnete, dass er diese Horrorgeschichten von angeblichen Elektrohalsbändern nicht mehr hören könne. „Auch Nicole hat ihren Eltern eine derartige Geschichten aufgetischt.“

Annabelle brach sofort in Tränen aus und stammelte: „Was habe ich nur verbrochen, dass ich solche Eltern bekommen habe?“, während die Richterin ihr Halsband präsentierte und erläuterte, dass Annabelle dieses bei meiner Verhaftung getragen habe. „Mit dieser Fernsteuerung, die ich übrigens vom ehemaligen Anwalt Ihrer Tochter beschlagnahmt habe, war es möglich, Ihrer Tochter sehr schmerzhafte Stromstöße zu verpassen. Wir haben Ihre Tochter ärztlich untersuchen lassen. Nach den Hautschädigungen ist von der Möglichkeit reichlich Gebrauch gemacht worden.“

Annabelle schluchzte zur Richterin: „Sehen Sie jetzt, warum eine Aussprache keinen Sinn macht? Die Stromschläge waren echt schmerzhaft, aber wissen Sie was viel mehr weh tut? Wenn die eigenen Eltern einem nicht glauben.“ Gleichzeitig flechte sie ihre Mutter sie regelrecht an: „Schatz, bitte glaube uns, das haben wir wirklich nicht gewusst und noch nicht einmal geahnt.“ „Aber wieso? Ich habe es Euch gesagt und auch Nicole hat es ihren Eltern erzählt. Und schließlich habt Ihr Euch offensichtlich untereinander ausgetauscht. Dass der Grund, wenn zwei Internatsschülerinnen unabhängig voneinander das Gleiche berichten, auch sein kann, dass es wahr ist, ist Euch nicht in den Sinn gekommen?

Wo sind die liebevollen Eltern geblieben, die ich einmal hatte? Ich bin doch nur noch ein Investment für Euch. Sonst hätte Ihr sicher nicht haarklein vorgerechnet, was Euch mein Aufenthalt im Internat gekostet hat. Ich weiß, dass Papa ein erfolgreicher Geschäftsmann ist. Vielleicht merkt Ihr irgendwann, dass Ihr Euch mit Eurem Geld so ziemlich alles kaufen könnt, nur halt nicht die Liebe Eurer Tochter. Die müsst Ihr Euch immer noch verdienen.“

Die Richterin merkte an, dass dies ein paar schöne Worte seien und rief als nächstes die Leiterin des Internats Frau vom Schaumbourg in den Zeugenstand. Dabei sprach sie sie ausdrücklich mit 'Frau' und nicht mit 'gnädige Madame', wie es von den Internatsschülerinnen verlangt wurde, an. Diese wunderte sich, dass der Anwalt, den sie für Annabelle beauftragte hatte, nicht anwesend war. Die Richterin erläuterte, dass der Herr unabkömmlich sei, Annabelle aber auf seiner Anwesenheit bei der Vernehmung von ihr nicht bestehen würde. Beides war ja keineswegs gelogen.

Frau vom Schaunbourg führte aus, dass sie ein sehr renommiertes und angesehenes Internat führen würde, in dem den Schülerinnen die bestmögliche Ausbildung auch hinsichtlich ihres Benehmens und des Auftretens in der Öffentlichkeit bekommen würden. Sie sah Annabelle an und fragte sie, ob sie dies bestätigen könnte. Darauf wandte sie sich an die Richterin und fragte: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass ich vor Gericht die Wahrheit sagen muss?“ Wir sahen, dass Frau vom Schaumbourg offensichtlich versucht hatte, Annabelle über das Halsband, welches sie nicht mehr trug, einen Stromstoß zu verpassen. So zuckte sie zusammen und führte weiter aus: „Ich weiß nicht, ob die Zeugin noch ein weiteres Internat betreibt, auf dem, in dem ich Schülerin war, trifft es sicherlich nicht zu.“ Wieder leuchtete die Lampe auf, sodass sie wieder zusammen zucken musste. „Ich erzähle Ihnen jetzt, was ich alles im Internat erlebt hatte.“
Die Lampe leuchtete jetzt permanent auf. Die Richterin präsentierte das Halsband und forderte die Aushändigung der Fernsteuerung. Der Staatsanwalt erklärte der völlig verdutzten Frau vom Schaumbourg, dass er gegen das Internat und sie Ermittlungen wegen des Verdachtes der Misshandlung Schutzbefohlener – wie es die Juristen so schön ausdrücken - einleiten würde und er sie nach der Gerichtsverhandlung verhaften würde.

Jetzt gab sich Annabelles neuer Anwalt als solcher zu erkennen und kündigte an, dass er im Namen seiner Mandantin Schadenersatzforderungen gegen das Internat und gegen sie als deren Leiterin persönlich geltend machen werde. Danach präsentierte er die Internatsuniform sowie die Reste des Keuschheitsgürtels und der Schenkelbänder. All dies hatte Annabelle bei ihrer Verhaftung getragen und der Anwalt erläuterte, dass ihm die Sachen von Gefängnis zur Verfügung gestellt wurden. Frau vom Schaumbourg führte aus, dass diese Uniform erforderlich sei, um die Internatsschülerinnen zu richtigen Damen zu formen. Im Übrigen hätte sie mit den Eltern von Annabelle einen Vertrag geschlossen, der ein Tragen der Internatsuniform vorsehen würde.

Auf Nachfrage von Annabelles Anwalt erklärte Frau vom Schaumbourg, dass sie sich mit Annabelles Eltern überein gekommen sei, dass Annabelle Schülerin des Internats wird. Ihr sei allerdings bekannt gewesen, dass Annabelle dies nicht wollte. So bestand das Problem darin, sie irgendwie ins Internat zu bekommen. Der Anwalt erklärte, dass Annabelle bei Aufnahme im Internat bereits volljährig gewesen sei und daher ihre Eltern keine Verträge mehr für sie abschließen können. Annabelle ergänzte, dass sie mit Elektroschocks dazu gezwungen wurde, diese fürchterliche und vollkommen unbequeme und zudem noch zu warme Uniform zu tragen. Auf Nachfrage ihres Anwaltes erklärte Annabelle, dass sie freiwillig diese Uniform nie angezogen und auch nie einem zugestimmt hätte, dass sie Schülerin des Internats wird.
In der weiteren Verhandlung ließ sich dann die Richterin die Geiselnahme aus der Sicht von Frau vom Schaumbourg erläutern. Neue Erkenntnisse brachte diese nicht, abgesehen von der Tatsache, dass sie sich – trotz ihrer verletzenden und abfälligen Bemerkungen über Annabelle und ihre Familie – keiner Schuld bewusst war.

Dann wurde ich nach den Folgen des Aufenthalts im Internat befragt. Ich führte aus, dass Herr Brinkmann dringend nach Montreux reisen musste, ich mich aber in dem Fall ebenso gut auskennen würde. Außerdem hat Herr Brinkmann bereits ein Gutachten verfasst. Dieses bescheinigt Annabelle schwere traumatische Störungen als Folge ihres Internatsaufenthaltes. „Diese wurden nach unserer Überzeugung, durch die Art und Weise, wie Annabelle gegen ihren Willen im Internat angemeldet haben, ausgelöst. Das Verhalten ihrer Eltern empfindet sie als herzlos und Verrat. Hinzu kommt die körperliche und seelische Gewalt, die sie im Internat erdulden musste. Zu nennen wären hier die Elektroschocks, die ständigen Demütigungen durch das Lehrpersonal und der geforderte absolute Gehorsam. Vor diesem Hintergrund und der abfälligen Bemerkungen der Frau vom Schaumbourg sehen wir eindeutig eine Schuldunfähigkeit der Angeklagten. Die die Auswirkungen sind nach unserer Einschätzung so gravierend, dass nach unserer Beurteilung dringend eine psychologische Behandlung notwendig ist, da andernfalls die Gefahr besteht, dass sie sich oder anderen etwas antun könnte.“, erläuterte ich. Im Nachhinein wundere ich mich schon, dass meinen Ausführungen vor Gericht ein derartiges Gewicht beigemessen wurden, obwohl ich „nur“ eine Studentin war.

Dann fragte die Richterin zuerst den Staatsanwalt und dann Annabelles Anwalt, ob beide jetzt mit einer Beendigung der Beweisaufnahme einverstanden seien. Nachdem beide zugestimmt hätten, bat sie um die Schlussplädoyers. Der Staatsanwalt begann und führt aus, dass von seiner Seite aufgrund unserer Einschätzung einer Schuldunfähigkeit kein Interesse daran bestehen würde, dass Annabelle zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Allerdings hält er die Auflage, dass sie sich umgehend einen Therapieplatz suchen würde, für dringend geboten.

Dann hielt Annabelles Anwalt sein Schlussplädoyers: „Eurer Ehren, meine Mandantin hat die ihr zu Last gelegte Tat begangen. Auch stellt eine Geiselnahme gewöhnlich eine Straftat dar, die mit einer Gefängnisstrafe geahndet wird. Allerdings kennt das schweizerischen Recht auch Fallkonstellationen, bei denen eine derartige Straftat zulässig ist und demzufolge straffrei begannen werden kann. Frau vom Schaumbourg war bekannt, dass meine Mandantin bereits volljährig war und dass sie definitiv nicht Schülerin des Internats werden bzw. bleiben wollte. Annabelle wurde ohne Rechtsgrundlage und gegen ihren Willen im Internat festgehalten und dort nachweislich unter anderem mit Elektroschocks regelrecht gefoltert. Dies erfüllt die Tatbestände der fortgesetzten Freiheitsberaubung und der fortgesetzten schweren Körperverletzung. Hinzu kommen die seelischen Grausamkeiten, die sie nachweislich erdulden musste. Folglich hatte Annabelle das Recht, im Wege der Nothilfe, diesen Zustand zu beenden. Nun stellt sich die Frage, ob für sie eine Alternative bestanden hätte, um aus dieser Situation heraus zu kommen. Ich meine nicht. Die Geiselnahme von Frau vom Schaumbourg war in diesem Zusammenhang ein adäquates Mittel. Frau vom Schaumbourg war Verursacherin der übrigens strafbaren Situation. Sie hatte veranlasst, dass meiner Mandantin das besagte Halsband umgelegt wird und war somit genau wie der Anwalt, den sie für meiner Mandantin organisiert hat, in der Lage, der Angeklagten Stromstöße zu verpassen. Daher müssen ihre Interessen gegenüber denen von meiner Mandantin zurückstehen. Vor diesem Hintergrund stellt das Verhalten meiner Mandantin keine Straftat dar.“ Der Anwalt bot aber an, dass sich Annabelle freiwillig verpflichten würde, sich in Therapie zu begeben.

Zuletzt gab die Richterin Annabelle das letzte Wort. Die sagte, dass sie froh sei, dass der Horror vorbei sei.

Die Richterin verkündete das Urteil. In diesem wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Geiselnahme von Frau vom Schaumbourg ein probates Mittel gewesen, den widerrechtlich Zustand der Freiheitsberaubung und der fortgesetzten Körperverletzungen zu beenden. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der bescheinigten Schuldunfähigkeit wird Annabelle frei gesprochen. Die Richterin wies abschließend noch auf Annabelles Bereitschaft, eine Therapie zu machen, hin.

Anschließend riet sie Annabelle, ihren Eltern doch noch eine Chance zu geben. „Sie haben nur die einen.“, gab sie ihr dann noch mit auf den Weg und wünschte mit in Bezug auf Manuel und mein Pferd noch alles Gute. Zu ihren Eltern meinte Sie: „Sie sollten sich überlegen, ob Ihre Tochter nicht bei all dem wirtschaftlichen Erfolg, den Sie in den letzten Jahren hatten, auf der Strecke geblieben ist. Denken Sie immer daran, was Ihre Tochter gesagt hat. Sie können alles kaufen, nur nicht ihre Liebe; die müssen Sie sich verdienen.“ Im Übrigen konnte ich Ihre Tochter während des Gerichtsprozesses kennen lernen. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wann ich zuletzt eine derart anständige junge Dame hier vor mir hatte.

Nach der Gerichtsverhandlung hatte Annabelle ein kurzes aber durchaus klärendes Gespräch mit ihren Eltern. Diese entschuldigte sich, dass sie ihr nicht geglaubt haben und baten sie um Verzeihung. Weiter versprachen sie, dass sie alles unternehmen würden, um sich ihre Liebe wieder zu verdienen. Alle verabredeten, dass sie sich so schnell – wie möglich - ins Institut von Prof. Dr. Brinkmann begibt und sie sich dann weiter aussprechen.

Auch ich verabschiedete mich von Annabelle und kündigte an, nach Montreux zurück zu kehren und dort nach einem Zimmer zu schauen, damit sie schnellst möglich, mit ihrer Therapie beginnen kann. Für alle Fälle gab ich ihr meine Mobil-Nummer. Ich bat sie, mich in ein paar Tagen anzurufen, dann kann ich sagen, was ich für sie erreicht habe. Dadurch hatte sie noch ein paar Tage zusammen mit meinen Eltern.
16. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 20.10.24 17:29

Genau das habe ich mir gedacht.
Super Fortsetzung, bin gespannt, wem Natalie noch alles helfen muss...
17. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 22.10.24 19:20

Kapitel 6: Annabelles Pferd

Nach der Gerichtsverhandlung kehrte ich – wie mit Annabelle besprochen - nach Montreux zurück. Ich wollte nach einem Platz für Annabelle in unserem Institut zu schauen. Ich nahm wie immer den Zug. Mir gegenüber saß ein Mann im mittleren Alter. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir, dass er ein sehr erfolgreicher Springreiter sei. Ich fragte ihn, ob ihn der Name Annabelle Schönleber etwas sagen würde. Er bejahte dies und erzählte mir, dass er einen maßgeblichen Anteil an ihrer Geschichte hätte.

Er begann: „Jedes Jahr findet in Neuchatel ein großes Sprungturnier statt. Dabei handelt es sich um eines der angesehensten und höchstdotiertes Turniere in Europa. Folglich sind dort die besten Springreiter der Welt am Start. Es hat auch schon Tradition, dass wir - der Reit- und Springverein Hannover - bzw. unsere Reiter und unsere Pferde am Turnier teilnehmen und uns im Vorfeld im Reitstall der Villa zu Schaumbourg einquartieren. Dies hat den Vorteil, dass sich alle – Reiter und Pferde - akklimatisieren können und dann optimal ins Turnier starten können. Der Aufenthalt dort ist nicht gerade billig, aber wir konnten es uns leisten und haben - dank der optimalen Vorbereitung - in den letzten Jahren auch bei den Preisgeldern immer wieder abgeräumt.

Als wir morgens ankamen, teilte mir der Leiter des Stalls mit, dass er noch auf das Pferd von einer der verzogenen Internatsschülerinnen warten würde und ansonsten alles – wie wir es erwarten – vorbereitet sei. Wir versorgten zuerst unsere Pferde und alle Reiter absolvierten dann den aufgebauten Sprungparcours. Ich hatte um einen anspruchsvollen Parcours gebeten und wir wurden nicht enttäuscht. Zumindest schaffte niemand von uns, diesen fehlerfrei, d.h. ohne Abwurf, zu absolvieren.
Am frühen Nachmittag wurde dann der Pferdeanhänger auf das Gelände gefahren. Der Leiter des Reitstalls öffnete die Tür und sah, dass das Pferd im Anhänger lag und schlief. Offensichtlich hatten die Kollegen im bisherigen Stall das Tier betäubt, um die Strapazen der Reise abzumildern. Dies ist nichts Ungewöhnliches, insbesondere bei Pferden, die Transport nicht gewöhnt sind. Er entschied, das Tier solange es schlief, im Anhänger zu belassen und anschließend auf die Koppel zu bringen.

Auf einmal fing der Transporter an zu wackeln. Offensichtlich war das Pferd aufgewacht und 'randalierte' in Anhänger. Ich hatte zwischenzeitlich erfahren, dass der Hengst Terminator heißt und dachte bei mir, dass ich noch nie ein Pferd gesehen habe, auf welches der Name so gut passt, wie dieses.
Die Angestellten platzierten Heuballen neben dem Anhänger und informierten die Leiterin des Internats. Diese kam wenig später und wurde von der Besitzerin des Pferdes, einem jungen Mädel, begleitet. Der Leiter des Reitstalls fragte sie, was jetzt geschehen soll, um mit der Bestie fertig zu werden. Die junge Dame erklärte, dass Termi – wie sie ihr Pferd liebevoll nannte – mitunter etwas temperamentvoll sei, sich aber normalerweise sofort beruhigen würde, wenn sie sich um ihn kümmern würde. Sie bat alle Anwesenden sich vom Anhänger fern zu halten. Ich erklärte sie für verrückt, wenn sie jetzt allen Ernstes zu der Bestie gehen wolle und fragte sie, ob sie bereits ihr Testament gemacht hätte. Der Leiter des Reitstalles holte gleich vier Betäubungsgewehre und verteilte drei unter seinen Angestellten. Das vierte behielt er selber. Die Besitzerin sagte ruhig, dass die Betäubungsgewehre mit Sicherheit nicht notwendig sein werden.

Was dann passierte, überraschte alle Beteiligten. Die junge Dame öffnete tatsächlich die Tür und das Pferd kam heraus. Es war wie ausgewechselt und ließ sich problemlos zur Koppel bringen. Es sollte nicht die letzte Überraschung sein, die die junge Dame und ihr Pferd für uns bereit hielten.
Die junge Dame entschuldigte sich bei der Leiterin des Internats und des Reitstalles für die Unannehmlichkeiten, die sie verursacht hatte und bat darum, bei Schwierigkeiten mit ihrem Pferd umgehend informiert zu werden. Weiter bat sie darum, ihr Pferd gleich im Reitstall versorgten zu dürfen und anschließend einen Ausritt zu unternehmen. Schließlich habe das Pferd die letzten Wochen im Stall verbracht. Scherzhaft bot ich ihr an, den aufgebauten Sprungparcours einmal zu versuchen. Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie mein Angebot ablehnt. Stattdessen nahm sie es an. Die Leiterin des Internats verabschiedete sich und wir blieben mit der jungen Dame allein zurück. Auch der Leiter des Reitstalles und dessen Angestellten gingen wieder ihrer Arbeit nach.

Die junge Dame brachte ihr Pferd in den Stall, um es zu putzen und zu versorgen und es anschließend wieder auf die Koppel zu bringen. Danach ging sie sich umziehen und kam bald darauf in der internatseigenen Reituniform wieder. Sie ging zu ihrem Pferd sattelte es und ritt zum Parcours. Tatsächlich schafften es die beiden, einen fehlerfreien Ritt hinzulegen.

Bei dem Turnier im Neuchatel handelte es sich – wie gesagt - um eines der angesehensten Turniere auf europäischer Ebene. Unter den anwesenden Reitern und Pferden hatte mehrere das Turnier bereits gewonnen. Aber niemand war es gelungen, diesen Parcours fehlerfrei zu absolvieren.
Ich sprach die junge Dame an, ob sie nicht auch am Reitturnier teilnehmen wolle. Dabei bot ich ihr an, dass unser Verein das Startgeld übernehmen würde, wenn sie für uns starten würde. Sie wies darauf hin, dass sie dazu die Erlaubnis von Madame vom Schaumbourg benötigen würde. Also ging ich noch am gleichen Tag zu ihr und fragte, ob die junge Dame nicht für unser Team beim Turnier starten könnte. Ich bot auch ihr an, dass der Verein das Startgeld übernehmen würde und falls das Preisgeld dieses übersteigen würde, der 'Gewinn' zu gleichen Anteilen zwischen dem Internat und uns geteilt würde. Die Internatsleiterin erklärte, dass sie über mein Angebot ergebnisoffen entscheiden würde. Sie stimmte der Teilnahme dann schließlich zu und Annabelle und Terminator schafften es als einzige Qualifikanten durch drei fehlerfrei Ritte, sich für das große Springen zu qualifizieren.

Dann kam der große Moment. Annabelle wurde der Startplatz sechs zugelost. Der diesjährige Parcours war wirklich anspruchsvoll. So schaffte es keiner der ersten fünf Springer, diesen ohne Abwurf zu absolvieren.

Der Moderator wies darauf hin, dass es in diesem Jahr seit langem wieder eine Qualifikantin geschafft hat, sich für das große Springen zu qualifizieren. Dann bezeichneter Terminator als Ackergaul und bat Annabelle nicht alle Stangen abzuwerfen, damit die Helfer nicht so viel tun haben.
Annabelle schaffte dann mit Terminator fehlerfrei zu bleiben. Auf den Rängen kam erstmals Applaus auf. Nach dem Ritt streckte sie die Hand in die Luft und ritt zur Ehrentribüne. Sie verbeugte sich anständig und auch Terminator tat dies. Der Vorsitzende des Spring- und Reitvereins von Neuchatel stand auf. Er hielt ein Mikrophon in der Hand und sprach: „Sehr geehrte Frau Schönleber, im Namen des Vorstandes und des gesamten Vereines entschuldige ich mich für die unserer Meinung nicht akzeptable Anmoderation von Ihnen. Ich persönlich bin überaus froh, dass sie heute den Weg zu uns gefunden haben und freue mich schon, darauf Sie im Stechen wieder zu sehen.“ Das gesamte Publikum sprang auf und applaudierte.

Neben Annabelle und mir schafften es noch drei weitere Reiter ins Stechen. Annabelle war die letzte Reiterin. Bisher hatte niemand einen fehlerfreien Ritt geschafft. Ich lag mit einem Abwurf und der besten Zeit in Führung. Für Annabelle sah es sehr gut aus. Sie hatte nur noch zwei Hindernisse vor sich und war bisher fehlerfrei. Da stoppte sie Terminator stieg ab und ging zu seinem rechten Hinterlauf. Die Pfleger und unser Vereinstierarzt eilten zu den beiden. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass es nicht gut, um ihr Pferd stand. Mit tat Annabelle so leid. Man sah ihr deutlich an, dass sie mit den Tränen kämpfen musste. Terminator humpelte auf drei Beinen hinaus.
Es war der einzige Sieg meiner Karriere, über den ich mich gar nicht freuen konnte. Trotz Disqualifikation entschieden die Verantwortlichen, dass Annabelle und Terminator den fünften Platz belegt hätten. So nahm sie an der Siegerehrung teil.

Nachdem die Siegerehrung vorbei war, forderte ich sie auf, zu mir auf Siegertreppchen zu kommen. Die Verwunderung war ihr ganz offen anzusehen. Die kam meiner Aufforderung dann doch unter dem Jubel der anwesenden Zuschauer nach.

Auf der anschließenden Pressekonferenz ließ der Veranstalter ausrichten, dass sich Annabelle noch um ihr Pferd kümmern würde, dann aber – falls es ihr möglich ist – noch bei der Pressekonferenz vorbei schauen würde.

Ich führte dann aus, dass ich mich über diesen Sieg nicht richtig freuen könnte und erzählte die Geschichte, wie ich die beiden im Reitstall des Internats kennen gelernt hatte.
Annabelle schaute dann tatsächlich noch auf der Pressekonferenz noch vorbei. Man sah ihr deutlich an, dass sie geweint hatte. Ihr Make-up war deutlich zerlaufen.
Sie berichtete, dass zwischenzeitlich auch die Tierärzte des hiesigen Vereins sich Terminator angesehen und die Diagnose gestellt hätten. Es sah gar nicht gut aus. Es war mehr als fraglich, ob sie mit Terminator jemals wieder an einem Springen teilnehmen kann.

Dann erzählte Annabelle quasi ihre gesamte Lebensgeschichte. Als junges Mädchen hätte sie in einem Reitstall gearbeitet, um sich ihr Taschengeld aufzubessern. Dort gingen die reichsten der Reichen ein und aus. Bei einer dieser Reichen hatte sich ein Pferd derart verletzt, dass der Besitzer beschloss, das Tier einschläfern zu lassen. Sie fragte, ob er ihr das Tier nicht schenken könnte. Dann würde er sich die Tierarztrechnung sparen. Sie übernahm das Pferd und pflegte es gesund. Seitdem war sie im Reitstall nur noch die Kleine mit dem Pferd. Das Pferd war bereits für Springen ausgebildet und sie probierte regelmäßig mit ihm die Parcours aus, die sie zuvor mit aufgebaut hatte. Ihr Vater hatte sich seinerzeit noch nicht selbstständig gemacht, sodass sich die Familie den Platz im Reitstall und die sonstigen Kosten des Pferdes gar nicht leisten konnte. Zum Glück hatte sie im Reitstall bei Allen große Sympathien, sodass sich immer jemand fand, der ihr unter die Arme griff.
Sie beschrieb Termi als sehr temperamentvoll. Er würde sich aber stets beruhigen, wenn sie sich um ihn kümmern würde.

Weiter sei sie seit kurzem Schülerin des Internats in der Villa Schaumbourg und hatte ihr Pferd in den internatseigenen Reitstall verlegen lassen. Dort habe sie die Kollegen von Reit- und Springverein Hannover kennen gelernt. Nachdem wir deren Parcours fehlerfrei durchritten hatten, habe die ihr angeboten, für sie am Springen teilzunehmen.

Da ich als Turniersieger ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, ergänzte ich, dass ich meine Beziehungen zum hiesigen Verein nutzen musste, damit Annabelle am Qualifikationsturnier teilnehmen konnte.

Dann fragte sie ein Reporter, wie es ihr im Internat gefallen würde. Sie antwortete, dass das Internat jeden erdenklichen Luxus bieten würde und das Ausbildungskonzept individuell für jede Schülerin erstellt wird. „Ich weiß auch, dass meine Eltern dafür sehr viel Geld ausgeben.“ Sie sagte, dass sie keineswegs undankbar sein wolle, aber sie würde schon ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter und ihre Freundinnen daheim vermissen. Im Übrigen hätte sie gar nicht gewusst, dass es so viele Benimmregeln gibt. „Gefühlt habe ich gegen hunderte von ihnen verstoßen, seit ich im Internat bin.“ Alle Anwesenden lachten und der Vorsitzende des Vereins versicherte, dass ihr bisheriges Verhalten keinen Grund für Beanstandungen geben würde. Irgendwie schaffte sie es mit ihrer Art, alle Anwesenden von sich zu begeistern.

Da es Annabelle ins Stechen geschafft hatte, musste für sie kein Startgeld bezahlt werden. Als fünftplatzierte hatte sie immerhin noch 100.000 Franken Preisgeld gewonnen. Ich vereinbarte mit dem Internat, dass zunächst die tierärztliche Behandlung von ihrem Pferd aus dem Preisgeld bezahlt wird. Dies ermöglichte dann eine optimale Versorgung.

Wir brachten Annabelle und ihr Pferd zurück zum Reitstall. Ich habe noch nie eine Reiterin gesehen, die sich so rührend um ihr Pferd kümmert.

Nach der Bahnfahrt verabschiedete ich mich von dem Herrn und nahm den Bus zum Institut.
18. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 25.10.24 14:13

Kapitel 7: Im Hotel

Nachdem die Richterin die Gerichtsverhandlung geschlossen hatte, fragte Annabelle ihren Anwalt, ob sie jetzt das Gerichtsgebäude als freies Mädel verlassen dürfe. Dieser antwortete: „Im Prinzip ja, allerdings müssen Sie noch einmal im Untersuchungsgefängnis vorbei schauen und dort quasi 'auschecken'.“

Ihre Eltern hatte ihr gesagt, dass sie im Grand-Hotel zu Neuchatel abgestiegen seien. Sie würden sich freuen, wenn Annabelle mit ihnen noch ein paar Tage dort gemeinsam verbringen würde. Schließlich hätten sie einiges zu besprechen. Sie sagte zu, später bei ihnen vorbei zu kommen.

Annabelle wurde mit einem Entlassungsbeschluss von den Justizbehörden zum Kantonalgefängnis gefahren. Dieses ist zwar nur einen knappen Kilometer vom örtlichen Landgericht entfernt, sodass sie angeboten hatte, die Strecke zu Fuß zurück zu legen. Jedoch bestanden die Behörden darauf, sie zu fahren. Es wäre sicherlich auch etwas komisch gewesen, wenn sie in Gefängnisuniform mit der Aufschrift „Kantonalgefängnis Neuchatel“ vollkommen allein durch die Straßen von Neuchatel stolziert.

Im Gefängnis gab sie die Gefängniskleidung ab und erhielt ihre Internatsuniform zurück. Zusätzlich hatte die Richterin verfügt, dass sie noch 200 Franken als Entlassungsgeld erhält, damit sie ihre Ausgaben der nächsten Tage bestreiten kann. Sie zog die Internatsuniform wieder an, verzichtete allerdings auf das Korsett, die Stützstrümpfe, die Handschuhe und den Kragen. Das Gefängnispersonal wünsche ihr noch alles Gute und fragte, ob sie ihr ein Taxi rufen sollen oder sonst noch etwas für sie tun könne. Einer der Beamten sagte dann noch zu ihr: „Dass Sie nicht lange bei uns bleiben werden, war uns allen von Anfang an klar. Sie sind so vollkommen anders als unsere sonstige Kundschaft. So anständig und Sie wissen sich zu benehmen.“ Sie bedankte sich für alles und sagte, dass sie jetzt den nächsten Bus in die Innenstadt nehmen würde und dann ihre Eltern treffen würde. Dazu kam es aber nicht mehr, da ihre Mutter bereits vor dem Gefängnis auf sie wartete.

Die Mutter fragte, ob die beiden nicht gemeinsam einkaufen gehen sollen. Als erstes besorgte sich Annabelle ein Paar Stiefel mit einem moderaten Absatz und sie legte sie sich noch ein neues Smartphone zu. Beim weiteren Einkaufen herrschte dann quasi eine verkehrte Welt. Die Mutter suchte ständig Kleidungsstücke, die sie bisher als 'Schlabber-Look' bezeichnet hätte, heraus, während sich Annabelle für elegante Kleider interessierte.

Später trank Annabelle zusammen mit ihrer Mutter noch einen Kaffee und die beiden gingen anschließend zum Hotel. Die Mutter fragte, ob sie noch ein Zimmer für Annabelle bekommen könnte. „Wir sind leider bis auf die Präsidenten-Suite vollkommen ausgebucht“, war die Antwort. Plötzlich kam der Hoteldirektor und fragte, ob es ein Problem geben würde. Er war auch der Vorsitzende des örtlichen Reit- und Springvereins. Er erkannte Annabelle wieder und begrüßte sie überschwänglich. Er bot an, dass die Familie in die Präsidenten-Suite umzieht. „Wir berechnen Ihnen selbstverständlich nur den Preis für Ihre bisherige Suite plus ein normales Einzelzimmer.“

Annabelle zog sich auf ihr Zimmer zurück. Ihren Eltern erzählte sie, dass sie sich ein wenig ausruhen wollte. Schließlich sei es für sie ein harter Tag gewesen. Tatsächlich probierte sie ihr neues Smartphone aus und telefonierte ausgiebig mit Manuel.

Am Abend ging die gesamte Familie Schönleber dann zum gemeinsamen Essen. Die Eltern gingen voraus, da Annabelle noch ein paar Minuten im Bad benötigte, um sich zurecht zu machen. Sie hatte sich für ein elegantes, langes blaues Kleid entschieden und auch die Haare und ihr Make-up waren perfekt.

Ein Ober begleitete Annabelle zum Tisch ihrer Eltern. Er gab ihr die Speisekarte und sie bestellte ein Glas Champagner als Aperitif. Nachdem die Familie auch ihr Essen bestellt hatte, kam der Hoteldirektor und erkundigte sich, ob mit dem Umzug alles geklappt hätte und die Herrschaften mit ihrem Zimmer zufrieden seien, was der Vater bestätigte. Dann fragte er, was Annabelle in der letzten Zeit gemacht hätte. „Sie waren ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht sind.“ „Meine Tochter hat einige Zeit außerhalb von der Schweiz verbracht.“, antwortete der Vater. Annabelle sah ihren Vater ganz böse an und entgegnete vorwurfsvoll: „Vater, ich möchte nicht, dass Du meinetwegen lügst. Ich habe einen Fehler gemacht und muss dazu stehen. Ich war nicht im Ausland sondern die ganze hier in Neuchatel, allerdings die meiste Zeit in Untersuchungshaft im Kartonalgefängnis.“
Der Hoteldirektor ging auf den Gefängnisaufenthalt nicht weiter ein und erkundigte sich stattdessen, wie es ihrem Pferd gehen würde. Annabelle antwortete, dass nahezu das gesamte Preisgeld für die Behandlung ausgegeben wurde und es Termi immer besser gehen würde. Der Hoteldirektor sagte, dass er sich freuen würde, wenn Annabelle wieder am Turnier teilnehmen würde. Diese fragte ihn, ob ihr Gefängnisaufenthalt kein Hindernis sei. Der Direktor sagte, dass er kein Hindernis sehen würde. Allerdings müsste sie es ja nicht auch jeden auf nie Nase binden.

Nachdem sich der Direktor verabschiedet hatte, meinte Herr Schönleber, dass Erscheinungsbild, Verhalten und Auftreten von Annabelle jetzt vorbildlich seien und fügte an: „Dann hat Dein Aufenthalt im Internat doch was Gutes.“ Annabelle entgegnete, dass der Preis dafür allerdings sehr hoch sei. „Dein Schulgeld war nicht billig, aber das konnten wir uns problemlos leisten.“ Annabelle konnte es nicht fassen. „Sieht mein eigener Vater nicht, wie sehr ich unten den Folgen leide“, dachte sie und brach in Tränen aus. Dabei vergaß sie kurzzeitig jede Etikette und schrie ihren Vater an „Den wahren Preis muss ich zahlen.“ Es folgte der nächste Weinkrampf. „Ihr habt jetzt eine Tochter, die Ihr problemlos in der Öffentlichkeit präsentieren könnt, die aber ein psychisches Zwack ist. Ich werde versuchen, mich bei öffentlichen Anlässen zusammen zu reißen, kann aber nicht garantieren, dass ich keinen emotionalen Zusammenbruch haben werde.“

Sie hielt die Situation nicht mehr aus und rannte unter Tränen aus dem Saal hinaus. Wie ein Häufchen Elend kauerte sie sich in einem der Sessel in der Hotel-Lobby und weinte vor sich hin. Ihre Eltern und auch die restlichen anwesenden weiteren Gäste waren sichtbar geschockt. Die Eltern über das, was sie gerade hören mussten und die anderen, dass das adrett gekleidete Mädchen, welches zuvor derart perfekte Manieren an den Tag gelegt hatte, derart die Fassung verloren hatte.
Ihre Mutter und wenig später auch ihr Vater kamen zu ihr und fragten mich, was los sei. „Ihr seht immer nur das verdammte Geld. Ich wollte nie in dieses verfluchte Internat und leide immer noch unter den Folgen. Ich habe beispielsweise immer noch Angst, einen einfachen Lichtschalter zu betätigen, da ich fürchte, einen Stromstoß zu bekommen. Aber das seht Ihr ja nicht. Ihr seht jetzt die angepasste Tochter, die keine Probleme mehr bereitet. Dass ich zwischenzeitlich ein psychisches Zwack bin, interessiert ja niemanden.“

Ihre Mutter entgegnete, dass sie das Ausmaß der Folgen vollkommen unterschätzt hätten.

„Mir dieses Internat anzutun, nur weil ich mich genau wie meine Altersgenossinnen gekleidet habe und nicht an Deinen Business-Meetings teilnehmen wollte, finde ich unfair. Wisst Ihr, was das für eine Gefühl ist, wenn Du ein Halsband trägst und genau weißt, dass Du bei der kleinsten Verfehlung einen äußerst schmerzhaften Elektroschock bekommst. Und wisst Ihr, was das Schlimmste ist? Wenn einem die eigenen Eltern dies nicht glauben und dann später nur das Schulgeld sehen, welches sie bezahlen mussten. Dabei muss ich dafür einen sehr hohen Preis in Form meines zerstörten Lebens bezahlen. Ich erinnere Euch, dass Ihr versprochen habt, alles zu tun, um meine Liebe wieder zu verdienen.“

Ich wollte Deinem geschäftlichen Erfolg nicht im Wege stehen, aber ich wünsche mir oft die Zeit davor zurück. Gut wir hatten nicht viel Geld und mussten jeden Euro mehrfach umdrehen und wohnten in einer kleinen Dreizimmerwohnung in einer nicht so guten Wohngegend, aber wir waren eine richtige Familie und haben uns geliebt.“

Ein Mann im Alter unserer Eltern kam auf Annabelle zu und fragte mich, ob ich vom Internat in der Villa Schaumbourg sprechen würde, was sie bejahte. Er stellte sich als Hermann Wolfsleben vor. Im Internat hatte Annabelle eine Mitschülerin namens Jessica Wolfsleben und so fragte sie den Herrn, ob Jessica seine Tochter sei. Als er dies bestätigte, sagte sie zu ihm: „Wenn Sie noch ein klein wenig Liebe für Ihre Tochter übrig haben, dann holen Sie sie sofort aus der Hölle heraus. Das Internat ist für uns alle kein Zuckerschlecken, aber Jessica leidet besonders stark unter den Zuständen dort.“

Herr Wolfsleben verlor keine Zeit. Er bezahlte sofort sein Essen und verließ das Hotelrestaurant. Auch Annabelle verließ das Hotel und ging am See spazieren, erstens um meinen Kopf frei zu bekommen und zweitens um sich mit Manuel zu treffen. Als sie drei Stunden später wieder das Hotel betrat, stand Herr Wolfsleben mit Jessica in der Hotelhalle. Jessica sah sie und rannte auf sie zu. Mit Tränen in den Augen sagte sie: „Danke, dass Du meinen Vater gebeten hast, mich aus dieser Hölle zu befreien.“

Das Hotel war immer noch vollkommen Hotel ausgebucht. So bot Annabelle Jessica an, sich ihr Zimmer in der Suite mit ihr zu teilen. Diese nahm das Angebot dankbar an. Die beiden wollten gerade auf ihr Zimmer gehen, da sprach sie ein junger Mann an. Er sei Reporter der örtlichen Zeitung und habe schon lange den Verdacht, dass mit den Internat irgendetwas nicht stimmen würde. Solange er aber keine Beweise bringen würde, weigerte sich sein Chefredakteur, die Sache aufzugreifen.

Ihr Vater wies Annabelle darauf hin, dass der Vertrag mit dem Internat eine Verschwiegenheitsklausel enthalten würde. Diese konnte es nicht fassen, dass sich ihr Vater mehr darum sorgt, dass er gegen den Vertrag mit diesem verfluchten Internat verstoßen könnte, als um den Zustand seiner eigenen Tochter. Allerdings verspürte sie keine große Lust, das Gerichtsgebäude wieder von innen zu sehen.

Aber so konnte sie erneut ihr neues Smartphone ausprobieren und rief ihren Anwalt an. Dieser erläuterte ihr, dass die Vertragsklausel, wenn sie überhaupt vor Gericht bestand haben sollte, für Jessica und sie nicht gelten würden, da wir keine Vertragspartei seien und auch nichts unterschrieben hätten. Da sich der Anwalt noch in Neuchatel aufhielt, bot er an, bei dem Interview dabei zu sein.

Annabelle erzählte ihrem Vater, was sie gerade von ihrem Anwalt erfahren hatte. Sie fügte an, dass sie sich keineswegs den Mund verbieten lasse. Hier waren wieder ihre beiden Gesichter zu sehen. Auf der einen Seite war dort, dass kleine, zerbrechliche Mädchen, welches unter den Folgen des Internatsaufenthaltes litt und auf der anderen Seite war dort die Kämpferin.

Annabelle fragte den Reporter, ob er etwas dagegen hätte, wenn zur Sicherheit Ihre Eltern und ihr Anwalt dem Interview beiwohnen würden. Der Reporter stimmte zu. Dann fragte sie Jessica, ob sie auch teilnehmen wollte. So verabredeten sie sich für den nächsten Tag in der Suite der Familie Schönleber zu einem Interview.
19. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Story Hunter am 25.10.24 19:02

Hallo, schön das es weiter geht, und es ist sehr schön geschrieben. Die Geschichte wird immer interessanter, ich bin sehr gespannt wie es weiter geht.
20. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 26.10.24 09:37

Bei sowas kommt mir echt die Galle hoch.
K & K, Kohle und Karriere, das ist den Eltern wichtiger als die eigene Familie.
Ich will nicht wissen, wie hoch die Dunkelziffer bei den Familien ist, wo das bittere Realität ist.

Bitte schreib weiter, und decke weitere Skandale auf.
21. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 26.10.24 10:26

Und wieder eine wunderschön geschriebene Fortsetzung der Geschichte mit vielen Wendungen und emotionalen Momenten. Ich freue mich auf viele Kapitel und danke dem Autor für seine Einfälle und der literarischen Umsetzung selbiger.


Tom
22. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 28.10.24 12:01

Kapitel 8: Das Interview

Die Nacht war für die beiden Mädels sehr erholsam. Schließlich verbrachten sie diese in der Präsidentensuite im besten Haus am Platze und nicht im Internat oder wie Annabelle zuletzt im Gefängnis.

Am Morgen genossen die Beiden erst einmal ein ausgiebiges Frühstück. Anschließend unterhielten sie sich noch über die Erlebnisse. An Nachmittag gingen sie dann getrennte Wege. Während sich Jessica mit ihren Eltern aussprach, verbrachte Annabelle den Tag zusammen mit Manuel in Neuchatel und am See. Die beiden unternahmen einen ausgiebigen Sparziergang, tranken Kaffee und schlenderten durch die Straßen des Ortes.

Am Abend saßen Annabelle und Jessica, deren Eltern und der Anwalt zusammen in dem Reporter in der Hotel-Suite. Zuerst einmal klärte der Anwalt mit dem Reporter die Themen des Interviews ab. Es sollte ausschließlich um die Verhältnisse im Internat gehen. Annabelle bot an, hinsichtlich ihrer Reitkarriere und ihres Prozesses ein anderes Mal mit ihm zu sprechen.

Sehr schnell stellte sich heraus, dass die Geschichten der beiden Mädels quasi identisch waren. Jessica sagte, dass die Erinnerungen an das Grauen im Internat bei ihr noch sehr frisch seien und bat Annabelle anzufangen. Diese begann: „Ziel ist es erst einmal, Dich irgendwie ins Internatsgebäude zu bekommen. Wenn Dich die Internatsleitung einmal dort hat, hast Du keine reelle Chance mehr, zu 'entkommen'.“ Dann berichtete sie, wie sie von den Erzählungen einer Internatsschülerin, die sie besucht hatte und dem Prospekt - selbstverständlich die Version für potenzielle Internatsschülerinnen - auf das Internat neugierig gemacht wurden. So fuhr sie in dem Glauben dorthin, dass sie sich das Internat nur ansehen soll. Dass ihre Eltern mit der Internatsleitung bereits vereinbart hatten, dass sie Schülerin von diesem werden soll und dass die anderen Internatsschülerin eine drakonische Strafen zu erwarten hätte, wenn sie es nicht schafft, sie zum Internat zu 'locken', wusste sie nicht.

Annabelle erzählte weiter: „Das Internat ist ein sehr ehrwürdiges Anwesen, welches von einem großen Park umgeben ist. Dort wird Ihnen dann vollkommen unverbindlich angeboten, die Internatsbekleidung anzuprobieren und vorzuführen. So folgen Sie also vollkommen ahnungslos einer Angestellten des Internats und diese fragt Sie, ob Sie nicht erst einmal duschen wollen. Dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Nach der Dusche stellen Sie dann fest, dass Ihre Kleidung verschwunden ist und Sie werden durch einen Scanner vermessen. Dann werden Sie zum Goldschmied gebracht und dieser legt Ihnen den sogenannten. „Schmuck“, einen feinen silbernen sehr eng anliegenden Halsreif, an. Ist dies geschehen, haben Sie de facto schon keine Chance mehr. Wenn Sie sich nun weigern, das zu tun, was von Ihnen verlangt wird, bekommen Sie über den Halsreif einen sehr schmerzhaften Stromstoß verpasst. Eine Erfahrung, die jede neue Internatsschülerin beim Einkleiden früher oder später dann machen musste.

Nachdem Sie den 'Schmuck“ erhalten haben, müssen Sie sich auf ein komisches Gestell stellen und werden an Ihren Hand- und Fußgelenken fixiert. Mit dem Gestell kann man Sie in alle gewünschten Lagen drehen und man verpasst Ihnen einen Keuschheitsgürtel und ein Korsett, welches so eng geschnürt wird, dass sie sich gar nicht mehr richtig bewegen können und Schwierigkeit haben, zu atmen. Auch Jessica bestätigte dies und führte aus, wie erniedrigend und wie unbequem beides ist.

Der nächste Hammer sind dann Strümpfe mit Kompressionsfunktion, von denen Sie denken, dass diese mindestens zwei Nummern zu klein sind. Es folgen lange Handschuhe aus so etwas wie transparenten Latex. Diese werden im Nacken miteinander verbunden und schränken die Bewegungsfreiheit der Hände und Arme stark ein. Ausziehen können Sie diese ohne Hilfe nicht mehr. Dann folgt eine vollkommen altmodische und unbequeme Bluse mit einem fürchterlichen Stehkragen. Und als ob dies nicht reichen würde, bekommen Sie noch einen weißen ca. 8 cm Kragen um den Hals gelegt und eng hinten geschlossen.
Danach verpasst man Ihnen Schenkelbänder die mit einander verbunden sind. Dieser werden dann zusätzlich mit dem Keuschheitsgürtel verbunden, sodass sie diese ebenfalls ohne Hilfe nicht ausziehen können. Somit ist es Ihnen nur noch möglich, ganz kleine Schritte zu machen. Weiter geht es mit einem Rock mit einer passenden Weste. Beides wird zusammen geknöpft. Dann folgt eine Maniküre und man verpasst Ihnen ein dezentes Make-up. Schließlich müssen Sie dann noch Stiefel mit extrem hohen Absätzen anziehen. Ihr Fuß steht fast senkrecht darin und Ihre Füße fangen schon beim Sitzen an, weh zu tun. Ein Blazer vervollständigt die Uniform. Ich hatte gefragt, ob ich den Blazer nicht über meinem Arm tragen kann, da die Uniform ohnehin schon ziemlich warm ist und habe dafür einen Elektroschock bekommen.

So lässt man Sie dann allein in dem Ankleidezimmer zurück. Ihre Füße schmerzen fürchterlich. Aber das schlimmste ist, dass sich schon bei der kleinsten Bewegung, der Halsreif meldete. Zwar nur mit einem leichten Kribbeln, aber Sie wissen, dass die Reaktion des Halsreifs umso stärker ausfällt, je mehr Sie sich bewegen.

Dann wird Ihnen erklärt, dass im kompletten Pensionat der Boden, sowohl in den Gebäuden als auch auf den Wegen draußen im Park, mit weißem und schwarzem Marmor belegt ist. Als Internatsschülerin dürfen Sie sich nur auf den 10 cm breiten schwarzen Streifen bewegen und zwar auf den jeweils rechten. So wird automatisch, der wichtige und richtige, grazile Gang einer Dame und die nötige Disziplin dafür erreicht. Um sich wirklich absolut innerhalb des, mit 10 cm relativ schmalen, schwarzen Streifens zu bewegen, sind Sie gezwungen, beim Gehen die Füße exakt voreinander aufzusetzen und dies in den Highheels. Dies wird durch Sensoren im Boden und den Schuhen kontrolliert und Verstöße sofort Ihnen über die Halskette schmerzvoll mitgeteilt.“

Annabelle erzählte, dass sie die Schuhe wieder ausgezogen hätte und weggeworfen hätte. Zwei oder drei starke, extrem schmerzhafte Stromschläge durch das Halsband waren die Folge. So zog ich wohl oder übel die Schuhe wieder an. Sie ergänzte: „Spätestens jetzt war mir ein für alle Mal klar, dass jeder weiterer Protest wirklich völlig sinnlos ist. Mir war auch klar, dass es jetzt echt hart, schmerzhaft und richtig unangenehm werden wird, vom Ankleidezimmer in den Raum der Präsentation zu kommen. Aber ich tröstete mich damit, dass danach alles vorbei sein wird und ich am Abend den einen oder anderen Cocktail zusammen mit meinen Eltern genießen kann.“
Auch Jessica berichtete, wie schwer es ihr gefallen ist, mit den Schuhen zu gehen. Bei ihr kam erschwerend hinzu, dass sie eine Fehlstellung in den Füßen hat und daher Einlagen tragen würde. Sie kam mit den Highheels überhaupt nicht zurecht und stürzte auf dem Weg zum Präsentationsraum. Als sie von ihren Einlagen erzählte, durfte sie Stiefel mit etwas niedrigeren Absätzen anziehen und ihre Einlagen tragen.

Annabelle berichtete weite: „Im Präsentationsraum werden dann verschieden technische Features aktiviert. Das bedeutet, dass Sie einen Stromstoß bekommen, wenn Sie sich bewegen, aufhören zu lächeln oder etwas sagen. Weiter sagte die Internatsangestellte, dass sie noch die Folgen von meinem irrationalen Verhalten beseitigen muss. Damit meinte sie übrigens, dass ich nach den Stromstößen geweint hatte.

So musste ich auf meine Eltern und Madame vom Schaumbourg warten. Während der Präsentation musste ich dann das tun, was von mir verlangt wurde.“ Zum Abschluss verpasste Madame mir noch eine lächerlich aussehende Haube, bevor ich wieder aus dem Raum gebracht wurde. Dann übte man mit mir, wie sich eine anständige Internatsschülerin korrekt bedankt. Kurz bevor ich wieder hingebracht wurde, erfuhr ich, dass meine Eltern für mich einen 14-tägigen Probeaufenthalt vereinbart hatten. Ich konnte es nicht fassen, dass meine Eltern so etwas tun, ohne zuvor mit mir Rücksprache zu nehmen.“

Dann fragte der Reporter Annabelles Eltern, wie sie ihre Tochter erlebt hatten. Der Vater antwortete: „Madame vom Schaumbourg hatte uns ja bereits versprochen, dass bereits nach kürzester Zeit eine Verwandlung von Annabelle zu verzeichnen ist. Ich muss sagen, dass wir beeindruckt waren. Allerdings wussten wir ja nicht, dass das Verhalten durch die Androhung von Elektroschocks erzwungen wurde. Hätten wir dies nur geahnt, hätten wir Annabelle keine Sekunde mehr im Internat belassen.
Der Probeaufenthalt war unverbindlich und für uns kostenfrei. Auch waren wir erleichtert, dass sich Annabelle sogar für den Internatsaufenthalt bedankt hatte. Wir waren uns aber auch einig darüber, dass die Situation etwas sonderbar war. Wir erklärten uns dies mit der für uns alle besonderen Situation und maßen dem nicht allzu viel Gewicht bei.“
Annabelle brach in Tränen aus Jessica tröstete sie. „Ihr kanntet mich doch und Euch hätte doch klar sein müssen, dass irgendetwas nicht stimmt. Ihr hättet doch wenigstens einmal kurz Rücksprache mit mir unter vier oder sechs Augen nehmen können.“ Der Vater antwortete: Wie gesagt - unsere Zweifel wurden zerstreut, als Du Dich ja auch noch für den Aufenthalt bedankt hast.“
„Im Präsentationsraum spulte ich nur noch das Programm ab, welches man mir gerade beigebracht hatte. Nachher hatte ich übrigens einen emotionalen Zusammenbruch, weil ich einen Fehler gemacht hatte. Es ist schon verrückt: Ich werde zu Handlungen gezwungen, die ich gar nicht machen will und nehme mir den Fehler so zu Herzen.“

Während Annabelle so von ihren Erlebnissen im Internat berichtete, wurde Jessica immer nachdenklicher. Schließlich fragte sie den Reporter, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn sie sich entfernen würde. Sie sei erst gestern der Hölle aus dem Internat entflohen und die Erinnerungen seien einfach noch zu frisch. Sie müsse das Erlebte erst einmal verarbeiten und bot ihm an, zu einem späteren Zeitpunkt für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Das Interview wurde ohne Jessica fortgesetzt. So saß Annabelle mit ihren und Jessicas Eltern, ihrem Anwalt in der Hotelsuite und unterhielt sich mit dem jungen Journalisten der Lokalzeitung.

Dann berichtete Annabelle weiter: „Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass man mir nach dem ersten Schock etwas Ruhe gönnen wollte. Kurze Zeit später kam ein Dienstmädchen, um mich auf mein Zimmer zu bringen. Die Internatsregeln und mein Lehrplan wurden mir erst zwei Tage später ausgehändigt.
Mein Zimmer kann mit dem Luxus in dieser Suite durchaus mithalten. Mit dem Unterschied, dass mein Zimmer für eine 18-jährige Internatsschülerin war und diese Räumlichkeiten meist an Staatsmänner, gekrönte Häupter oder erfolgreiche Geschäftsleute vermietet werden. Bereits der Flur mit einer Bar bzw. Mini-Küche und einer Garderobe war schon fast so groß, wie mein erstes Zimmer in der Wohnung meiner Eltern. Der gesamte Boden war mit schwarzem Marmor ausgekleidet. Dies sah nicht nur richtig gut aus, sondern ermöglichte mir auch, dass ich mich in meinem Zimmer frei bewegen konnte. Die Einrichtung bestand aus Designer-Möbeln aus Leder und Edelhölzern.
Weiter waren ein riesiger Flachbildfernseher, ein DVD-Player, eine Stereoanlage, eine x-Box, ein Laptop und zusätzlichen Bildschirm vorhanden. Zum Appartement gehörten noch ein Wasserbett, eine große Regendusche, eine Whirlpool-Wanne, ein Außenwhirlpool sowie eine Terrasse mit Gartentisch mit Gartenstühlen, zwei Liegen mit Sonnenschirm.
Ich wunderte mich schon, über den Umfang der Kleidungstücke, die mir für einen nur 14-tägigen Probeaufenthalt zur Verfügung gestellt wurden, zumal auch Wintersachen vorhanden waren. Weitere waren im Badezimmer genau die Kosmetiker vorhanden, die ich auch zu Hause verwendet hatte. Rückwirkend hätte ich spätestens da stutzig werden müssen. Jetzt wo ich weiß, dass meine Eltern bereits hinter meinem Rücken meinen Aufenthalt im Internat vereinbart hatten, sehe ich dies in einem anderen Licht.
Wenig später kam Nicole, jene Mitschülerin zu mir, die mir das Internat empfohlen hatte und bot mir an, das Internat zu zeigen. Wir gingen gemeinsam zur Wellness-Abteilung. Auch diese war Luxus pur. Allerdings bestand die vorgeschriebene Badebekleidung aus Badekleidern, wie ich sie auf einhundert Jahre alten Fotos mal gesehen hatte. Ich muss aber zugegen, dass ich trotz der Kleidervorschriften den Aufenthalt im Wellness-Bereich sehr erholsam empfand.
Anschließend sahen wir uns die restlichen Gebäude, wie den Reitstall, die Tennisplätze und die Gemeinschaftsräume an. Zu meiner Erleichterung kam ich mit den Absatzschuhen immer besser zurecht. Wir trafen auch einige Mitschülerinnen, die mir als Neuling rieten, die positiven Aspekte des Internatsaufenthaltes zu genießen und die negativen einfach zu ignorieren. Unsere Geschichten ähnelten sich sehr. Alles waren Töchter von vermögenden Eltern, die der Auffassung waren, dass deren Verhalten und ihr Erscheinungsbild unakzeptabel sei.
Auch der Speisesaal war luxuriös und wir wurden erstklassig bedient. Allerdings bestellte ich ein Bier zum Fisch. Wir hielten uns noch etwas in den Gemeinschaftsräumen auf und um 21:30 Uhr ging ich mit Nicole zunächst mit auf mein Zimmer und ich zog mich mit ihrer Hilfe um. Die Schlafbekleidung bestand aus einem Nachthemd, wie ich es von meiner Oma kannte. Selbstverständlich war selbst auf diesem das Internatswappen angebracht. Anschließend gab sie mir aus dem Schrank eine Art Morgenmantel und ein paar Hausschuhe. Ich zog beides an und wir gingen in ihr Zimmer. Dieses war zwar anders geschnitten aber vergleichbar luxuriös eingerichtete. Auch ich half beim Umziehen. Anschließend verabschiedeten wir uns und ich ging zurück in mein Zimmer.
Am Abend schaute dann erstmals meine Katze bei mir vorbei.
Am dritten Tag wurden mir mitgeteilt, dass ich die Internatsregeln über mein Laptop abgerufen kann. Diese bestanden aus der Hausordnung, meinen persönlichen Benimmregeln sowie der Kleiderordnung.
Die Hausordnung enthielt im Wesentlichen die üblichen Punkte die ich auch aus meiner Schule kannte. In den Gängen nicht laufen, nicht auf dem Treppengeländer rutschen, keinen Unrat auf den Boden werfen und dergleichen. Auch die Zeiten in denen in den Zimmern und auf den Gängen Ruhe herrschte waren aufgeführt.

Die persönlichen Benimmregeln regelten meinen Tagesablauf bis ins kleinste Detail und enthielten auch meine besonderen Pflichten als Schülerin des Internats.

Speziell fand ich die Vortrittsregeln. In den Gängen hatte ich stets auf der rechten Seite des Ganges auf dem schwarz markierten Streifen zu gehen. Dies wusste ich bereits. Neu war, dass ich dem Internatspersonal mit entsprechender Demut begegnen musste. So musste ich beispielsweise, wenn mir eine erwachsene Person auf dem Gang begegnetet, stehenbleiben und die Person mit einem Knicks und der entsprechenden Anrede begrüßen und durfte erst weitergehen, wenn mich die Person passiert hatte. Hierzu verbreiterte sich der schwarze Streifen alle fünf Meter.

Auch meine Körperpflege war bis ins kleinste Detail geregelt. Strenge Maßstäbe galten auch hinsichtlich Sittsamkeit. Um diese zu gewährleisten, musste ich einen Keuschheitsgürtel tragen. Dieser verhinderte, dass ich mich unsittlich berühren oder andere unsittliche Handlungen an mir vornehme konnte.

Seitens des Internats wurde erwartet, dass ich in sämtlichen Fächern mindestens ein gut erreiche, in manchen sogar ein sehr gut. Ich war auch in Deutschland nie eine schlechte Schülerin. Aber wie ich solche Leistungen erbringen soll, war mir ein Rätsel. Als ich das las, war ich froh, dass ich nur für 14 Tage probeweise im Internat war.

Auch das Verhalten am Tisch war genaustens vorgegeben.

Im Internat ist eine einheitliche Internatskleidung zu tragen. Es gibt spezielle Kleidungen, die an die jeweilige Jahreszeit angepasst sind sowie eine spezielle Bade- und Sportbekleidung. Für besondere Anlässe, wie den Kirchgang am Sonntag, aber auch als Bestrafung oder als Gehorsams- oder Demutsübung kann meine Kleidung jederzeit entsprechend verändert werden.
Die Kleidung ist sehr unbequem, insbesondere das Korsett, schränkt die Bewegungsfreiheit sehr stark ein und zudem sehr altmodisch und deutlich zu warm.
Schließlich wurde noch ausgeführt, dass jede Missachtung der Internatsregeln sowie der allgemeinen Etikette eine Bestrafung nach sich ziehen würde. Welche Strafen dies sind, musste ich während meines Internatsaufenthalt schmerzhaft am eigenen Leib erfahren.

Das Internat bot zwar jeden erdenklichen Luxus. Dennoch fühlte ich mich dort sehr unwohl und so zählte ich die Tage, bis mein Probeaufenthalt zu Ende ist. Ich hatte mir vorgenommen, mich anständig, wie eine Dame zu verhalten und meine Eltern zu bitten, meinen Aufenthalt im Internat zu beenden.

Endlich war es soweit. Eine Hausangestellte teilte mir, dass meine Eltern zu Besuch seien und auf mich warten würden. Sie führte mich in den Besucherraum in dem meine Eltern und Madame vom Schaumbourg bereits auf mich warteten. Ich begrüßte Madame und meine Eltern vorschriftsmäßig. Mein Vater fragte mich, wie es mir ginge. Ich bat allgemein um die Erlaubnis sprechen zu dürfen. Da diese mir mein Vater erteilter und Madame nicht widersprach, bat ich meine Eltern, meinen Aufenthalt im Internat nicht zu verlängern. Ich versprach hoch und heilig, dass ich mich zukünftig angemessen kleiden werde, dass mein Verhalten keine Gründe für Beanstandungen geben wird und dass ich meine Eltern auch bei geschäftlichen Terminen unterstützen werde.
Mein Vater entgegnete, dass sie sich gerade mit Madame vom Schaumbourg ausgiebig über mich unterhalten haben. Da diese ihnen ein sehr gutes Angebot unterbreitet hätte, wäre man übereingekommen, dass ich jetzt endgültig und langfristig Schülerin des Internats werden soll. Ich brach sofort in Tränen aus und schluchzte, 'Aber wieso, ich bin doch bereit, all die Dinge abzustellen, die ihr zuvor an mir kritisiert habt und die der Grund waren, dass ich mich in diesen Horrorladen verfrachtet habt. Gebt mir doch wenigstens die Chance zu zeigen, dass ich mich geändert habe.' Ich erzählte meinen Eltern von den Elektroschocks. Madame vom Schaumbourg versicherte meinen Eltern, dass dies jeglicher Grundlage entbehren würde. Offensichtlich wurde mein Halsband deaktiviert und es passierte natürlich nichts, als ich den Streifen verließ.“
Dann fragte der Reporter Annabelles Eltern, wie diese ihre Tochter erlebt hätten und warum sie ihrem Wunsch, sie vom Internat zu nehmen nicht entsprochen hätten.
Annabelles Vater sagte, dass sie von der Annabelles Entwicklung begeistert waren und dass ihnen Madame vom Schaumbourg versprochen hatte, aus Annabelle eine Dame von Welt zu machen. „Dass Dein Verhalten durch Elektroschocks erzwungen wurden, damit konnte nun wirklich niemand rechnen. Ich ging davon aus, dass wir wirklich viel Geld ausgeben, um unserer Tochter den Aufenthalt in einem derart luxuriösen Internat mit einem optimalen Unterrichtskonzept zu ermöglichen. Wir konnten es daher nicht nachvollziehen, warum Annabelle erstens so undankbar ist und uns zweitens solche Lügengeschichten auftischt.
Annabelle nahm das Halstuch ab, welches sie trug. Deutlich zu sehen waren die Verbrennungen, die von den Elektroschocks herrührten, zu sehen. Sie brach in Tränen aus. "Abwegig?, undankbar?, Lügengeschichten? Seht Euch einfach die Schädigungen an meinem Hals an. Bedenkt, dass diese bereits seit einigen Wochen ärztlich behandelt werden.“
Annabelle schrie ihre Eltern regelrecht an: „Ich war ja bereit, mich zu ändern und all das zu abzustellen, was ihr an mir kritisiert hatten. Daher empfinde ich es als herzlos, mich endgültig und langfristig in dem fürchterlichem Internat anzumelden. Ich habe es ja bereits vor Gericht gesagt. Die Stromstöße waren echt schmerzhaft - insbesondere, wenn diese an den Hauptschlagadern verabreicht wurden. Aber es tat viel mehr weh, dass mir die eigenen Eltern nicht glauben. Wenn Ihr wüsstest, was Ihr mir damit angetan habt. Vielleicht kann ich Euch irgendwann einmal verzeihen. Zurzeit habe ich nicht die Kraft dazu und hasse Euch nur noch.“
Annabelle entschuldigte sich beim Reporter und rannte weinend aus dem Raum. Annabelles Mutter fragte ihren Ehemann, ob dies nun wirklich notwendig gewesen war und bat den Reporter, Annabelle in seinem Artikel nicht bloß zu stellen. Er sagte dies zu.
23. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 30.10.24 12:33

Kapitel 9: Annabelles und Jessicas Ankunft in Montreux (Teil 1)

Annabelle hatte das Interview mit dem Reporter abgebrochen und war auf ihr Zimmer gerannt. Jessica war bereits dort und fragte sie, was los sei. Annabelles brach in Tränen aus und stammelte, dass ihr Vater nach wie vor der Auffassung sei, dass es abwegig sei, dass wir im Internat Elektroschocks bekommen haben. „Demzufolge kann man ihm – nach seiner Sichtweise - keinen Vorwurf machen. Kann er nicht einfach zugeben, dass er einer Fehleinschätzung erlegen ist und einen Fehler gemacht hat? Sieht er nicht, wie sehr ich unter den Folgen des Internatsaufenthaltes leide? Ich weiß, dass mein Vater die Anmeldung nicht rückgängig machen kann, aber ein einfaches 'Entschuldigung' würde mir schon sehr helfen. Dein Vater hat noch nicht einmal sein Essen aufgegessen, um Dich sofort aus dem Internat zu holen.“

Wenig später klopfe es an der Tür. Es war die Annabelles Mutter. Sie bat darum, mit Annnabelle zu reden zu dürfen und fragte, was los sei. Annabelle entgegnete erneut unter Tränen: „Was los ist, willst Du wissen? Ich sage Dir, was los ist. Ihr habt mich gegen meinen Willen in dem fürchterlichen Internat angemeldet, obwohl ich ja bereit war, mich anständig – und zwar anständig nach Eurer Definition - zu kleiden, anständig zu verhalten und Euch bei Euren überaus langweiligen Geschäftsessen zu begleiten. Ich war somit bereit, all das zu tun, was Ihr von mir verlangt hattet. Es gab also überhaupt keinen Grund, mich weiter in diesem verfluchten Internat zu belassen. Seinerzeit hätte ich ohne psychische Schäden das Internat verlassen können. Zwischenzeitlich bin ich als Ergebnis des Internatsaufenthaltes nur noch ein psychisches Zwack. Falls Ihr es mir auch nicht glaubt, hier habt Ihr es schwarz auf weiß.“ Annabelle gab ihrer Mutter das Gutachten, welches Herr Brinkmann und ich für das Gericht von Neuchatel erstellt hatten.

„Ihr tut immer noch so, als sei ich ein fehlgeschlagenes Investment. Dabei muss ich den Großteil des Preises zahlen und wenn ich Pech habe, mein ganzes Leben lang. Von seinen eigenen Eltern, die einem nicht geglaubt haben, als man ihnen von den Elektroschocks erzählte hat, sich vorwerfen zu lassen, dass man undankbar sei und ihnen Lügengeschichten auftischen würde, tut echt weh.“ Annabelle bat ihre Mutter, sie jetzt mit Jessica alleine zu lassen und das Zimmer zu verlassen.

Obwohl es schon spät war, rief mich Annabelle auf meinem Handy an. Sie erzählte mir von Jessica und dass sie auch als ehemalige Internatsschülerin unter den Folgen leiden würde. Dann erzählte sie von Interview und dem Disput mit ihren Eltern. Ich erkannte, dass vor allem Annabelle dringend Hilfe benötigt und sagte zu ihr, dass die beiden Mädchen einfach vorbei kommen sollten. „Wir würden schon ein Plätzchen für Euch finden. Eventuell müssen sie halt zumindest vorübergehend in einem Stockbett schlafen.“

Annabelle packte ihre Sachen zusammen und Jessica sprach kurz mit ihren Eltern und erklärte, dass sie zusammen mit Annabelle heute noch nach Montreux fahren würde und hoffe, dass man ihr dort helfen kann.

Kurz vor ihrer Abreise ging Annabelle noch einmal auf ihre Eltern zu: „Ich habe heute wirklich alles getan, um die Tochter zu sein, die Ihr Euch immer gewünscht hab. Ich will schließlich, dass Ihr mich lieb habt und mich nicht wieder ins Internat zurück schickt. Dies hat mir schon viel abverlangt, da ich zurzeit nur noch ein psychisches Zwack bin. Ich weiß, Ihr habt es nicht böse gemeint, aber Ihr habt mich mit Euren Aussagen sehr verletzt. Zudem kann ich nicht souverän mit derartigen Aussagen umgehen. Daher brauche ich dringend Hilfe, die ich hoffe, in Montreux zu bekommen. Aber bitte vergesst nicht, Ihr seid meine Eltern und ich liebe Euch. Ich habe Euch übrigens auch geliebt, als ich im Internat war. Ich melde mich, wenn ich in der Lage bin, dass wir uns aussprechen. Tut mir noch einen Gefallen. Berichtet Nicoles Eltern über das, was ich Euch erzählt habe. Wenn sie Euch nicht glauben, dann gebt Ihnen das Gutachten über mich.“

Die Mädels nahmen den Spätzug und erreichten gegen 1:00 Uhr den Bahnhof von Montreux. Ich wartete bereits am Bahnsteig auf die beiden. Ich erläuterte, dass wir jetzt zu unserer Außenstelle – einen ehemaligen Berghotel - fahren würde. Einer der Shuttlebusse, die tagsüber zwischen dem Institut und der Außenstelle hin und her pendelt, wartete bereits vor dem Bahnhof. Annabelle wunderte sich, dass ich von 'unserer' Außenstelle sprechen würde und sprach mich auf der Fahrt darauf an. Ich erklärte ihr, dass ich das Institut vor ein paar Jahren gegründet hätte und dort neben meinem Studium arbeiten würde. Meine eigenen Erfahrungen im Internat haben mir schon des Öfteren bei der Arbeit geholfen. Nicht wahr, Annabelle?“

Mit dem Shuttlebus erreichten wir wenig später die Außenstelle des Instituts. „Ich habe mir überlegt, dass die Abgeschiedenheit der Außenstellen für Euch sicherlich besser ist, als das Hauptgebäude. In diesem war früher das Internat von Montreux untergebracht. Daher weist es deutliche Parallelen zu Eurem Internat auf.

Allerdings mussten wir aus einem Zweibett- ein Vierbettzimmer machen, um Euch unterzubringen. Dies bedeutet, dass Ihr Euch das Zimmer – zumindest vorübergehend – mit zwei weiteren ehemaligen Internatsschülerinnen teilen müsst.“

Ich brachte die beiden Mädchen auf ihr Zimmer und verabschiedete mich. Gleichzeitig kündigte ich an, am nächsten Vormittag vorbei zu schauen.

Nachdem man sich gegenseitig begrüßt hatte, sagte Annabelle, dass es ihr leid tut, dass es jetzt etwas eng im Zimmer wird. Eine der beiden Mädels sagte: „Ihr kommt doch auch aus einem Internat und Internatsschülerinnen halten zusammen. Die beiden Schülerinnen formten auf Daumen und Zeigefinger einen Kreis und riefen: „Lang lebe der Kreis!“. Dann erläuterten sie, dass die Schülerinnen des Internats in Montreux, um die Hölle zu überstehen, den sogenannten 'Kreis' als Zusammenschluss von nahezu allen Schülerinnen gegründet hatten und sich schworen, für einander einzustehen – was auch passiert. Anschließend fragten sie nach der Geschichte der beiden.

Annabelle begann: „Auch wir beiden waren bis vor kurzen Schülerinnen in einem sehr luxuriösen Internat. Ich bis vor ca. drei Monaten und Jessica bis gestern bzw. vorgestern. Die letzten drei Monate habe ich übrigens im Kantonalgefängnis verbracht, weil ich die Internatsleiterin als Geisel genommen hatte.“ „Mit einer solchen Aktion konntest Du Dir bei uns der Sympathien von allen Internatsschülerinnen sicher sein.“, war die Antwort.

Annabelle erzählte weiter: „Ich muss auch gestehen, dass ich das Gefängnis verglichen mit dem Internat in gewisser Weise als Wohltat empfand, zumindest ab dem Zeitpunkt als man mich aus der Internatsuniform befreit und sich Natalie meiner angenommen hatte. Sie hatte auch dafür gesorgt, dass täglich ein Lehrer vorbei kam und schließlich hat mich mein Schatz Manuel nahezu täglich besucht. Herr Brinkmann wurde übrigens vom Gericht beauftragt, meine Schuldfähigkeit zu beurteilen und ich bin sehr froh, dass er Natalie mitgenommen hat. Die beiden kamen übrigens zu dem Ergebnis, dass ich schuldunfähig bin. So bin ich um eine Gefängnisstrafe herum gekommen, muss allerdings hier die Therapie machen. Auch hat der Anwalt, den mir Natalie empfohlen hatte, es irgendwie so hingedreht, dass ich keine andere Wahl hatte, um mein Martyrium zu beenden und die Geiselnahme rechtens war. Es ist schon irgendwie paradox. Ich nehme die Direktorin - wir mussten sie übrigens mit 'ehrwürdige Madame zu Schaumbourg' ansprechen – als Geisel und werde freigesprochen, während mein Opfer bald vor Gericht stehen wird.“

„Dann ist sie ja dort in guter Gesellschaft. Die Leiterin unseres ehemaligen Internats und große Teile des ehemaligen Lehrpersonals wurden zwischenzeitlich auch zu mehrjährigen Freiheitsstrafen für das, was sie uns im Internat angetan haben, verurteilt.

Vorher hatte allerdings Natalie vor uns ihren großen Auftritt. Völlig unerwartet stand sie plötzlich in Begleitung der beiden Herren – Prof. Dr. Brinkmann und dem allseits bekannten Anwalt - bei uns in den Speisesaal. Ich habe sie zunächst gar nicht erkannt und den meisten meiner Mitschülerinnen ging es genauso. Erstens hatte uns die Leiterin des Internats - Frau Durcet - erzählt, dass Natalie ihren Verletzungen erlegen sei und wir haben sogar eine Trauerfeier für sie abgehalten und zweitens trug sie nicht die Internatsuniform. Ich muss sagen, dass sie eine seriöse Erscheinung war, gleichzeitig aber ihre weiblichen Reize perfekt zur Geltung brachte. Sie trug einem Rock, der knapp über ihren Knien endete und einem Blazer. Dazu hatte sie eine leicht durchsichtige Bluse, unter der ihr schwarzer BH zu erahnen war sowie ein Paar blickdichte Strümpfe kombiniert. Ein Paar hochhackige Stiefel sowie ein dezentes Make-Up vervollständigten ihr Erscheinungsbild. Auch ließ sie die oberen Knöpfe ihrer Bluse offen, sodass sie zwar nicht zu viel zeigte, jedoch einen verführerischen Blick auf ihr Dekolleté zuließ. Auch hatte sie aus ihren langen, blonden Haaren keinen Dutt gemacht, sodass diese auf ihre Schultern fielen.

Wenig später betraten dann auch Frau Durcet und eine weitere Erzieherin namens Frau Niedermayer den Raum. Natalie hatte sie dazu verdonnert, die Internatsuniform zu tragen. Dies haben wir allerdings erst später erfahren. Wir hatten daher zunächst alle Schwierigkeiten die beiden Damen zu erkennen, sprangen dann aber alle auf, um sie vorschriftsmäßig zu begrüßen.

Wir hatten alle großen Respekt, ja regelrecht Angst vor Frau Durcet und den Lehrkräften. Dies wurde uns über Jahre regelrecht eingeprügelt. Es wunderte mich zuerst schon, als Frau Durcet Natalie anflehte: „Bitte lass uns reden, Natalie.“ Natalie schlug mit dem Rohrstock auf den vor mir stehenden Tisch, worauf neben Frau Durcet auch die Erzieherin und selbstverständlich auch wir anwesenden Schülerinnen erschrocken zusammen zuckten. Anschließend schrie sie Frau Durcet an: „Zum allerletzten Mal, ich bin nicht Natalie, sondern Frau von Sternenberg für Sie. Dadurch, dass Natalie sie derart vorgeführt hat, ist die Angst, die wir vor ihr hatten, irgendwie verflogen. Auch war uns allen klar, dass es tatsächlich Natalie war, die da vor uns stand.

Natalie hat regelrecht gedroht, dass sie, falls Frau Durcet sie nicht ordnungsgemäß anspricht, richtig ungemütlich werden wird und füge hinzu, dass sie das nicht erleben will. Im Grunde war es das, was wir jahrelang im Internat erdulden mussten – nur halt mit anders verteilten Rollen. Als Frau Durcet anmerkte, dass sie gar wisse, wie sie sich gegenüber Natalie korrekt verhalten soll, entgegnete sie: „Es ist doch gar nicht so schwer, wenn Sie mit mir reden wollen, bitten Sie mich vorher um Erlaubnis. Schauen Sie doch einfach in Ihre beschissenen Regeln und ersetzten Sie 'Lehrkraft' durch 'gnädige Frau von Sternenberg' und 'Internatszögling' durch 'Lehrkraft'.

Natalie kostete dann ihre Überlegenheit weiter voll aus und kündigte an, dass sie zunächst den korrekten Sitz des Korsetts der beiden Damen kontrollieren werde. Diese mussten sich vor den versammelten Schülerinnen bis auf das Korsett entkleiden. Dies war ihnen vor sichtlich sehr unangenehm. Natalie war dies offensichtlich egal bzw. man konnte ihr die Genugtuung deutlich ansehen. Sie prüfte das Korsett der beiden Damen stellte fest, dass dieses nach ihrer Einschätzung viel zu locker war. So zog sie mit aller Kraft daran. Die Schmerzen und Schwierigkeiten beim Atmen waren beiden Frauen anzumerken; sie wagten es aber nicht, sich zu beschweren.

Nachdem sich die beiden Damen wieder vollständig angezogen hatten, deutete Natalie mit dem Rohrstock auf den Boden. Es war Frau Durcet und Frau Niedermayer ebenfalls deutlich anzumerken, dass sie sich innerlich dagegen sträubte, vor mir auf die Knie zu gehen. Sie erkannten aber, dass sie keine andere Chance hatte und so kniete sie vor ihr nieder. Frau Durcet sprach: „Frau von Sternenberg, ich bitte Sie, mein Anliegen vortragen zu dürfen.“ „Es sei Ihnen gewährt“ antwortete Natalie großzügig. Als Frau Durcet sich erheben wollte, schrie sie sie abermals an: „Habe ich etwas von Aufstehen gesagt?“ Notgedrungen blieb sie kniend vor ihr. „Frau von Sternenberg, der Verkauf einer Immobilie wie dieser, ist äußerst schwierig und dauert meist mehrere Jahre. Im Übrigen ist der Verkauf nur mit enormen Preisabschlägen möglich.“ Natalie antwortete nur „Das ist mir egal, ich bin zuversichtlich, dass wir die knapp 11 Mio. Franken, die mir zustehen, durch die Zwangsversteigerung realisieren kann.“
Als Frau Durcet ausführte, dass das Institut ist für die Schülerinnen über Jahre hinweg ihr Zuhause ist und wir hier die Ausbildung für ihr späteres Leben bekommen, fragte uns Natalie: „Fühlt Ihr Euch hier zuhause und geborgen und seid Ihr glücklich über Eure Ausbildung, die Ihr hier bekommt“. Wir alle antworteten wie aus einem Munde „Nein, Frau von Sternenberg“. „In Ordnung, aber Für Euch bin ich immer noch Natalie“, antwortete sie „Ihr habt mir doch nichts getan“. Frau Durcet antwortete: „Wir haben Dir doch auch nichts getan, die strenge Erziehung war notwendig, um Dich zu einer Dame zu formen und dass Du gesprungen bist, war einzig und allein Deine Entscheidung.“

Wenn jemand im Raum zuvor noch ein klein wenig Mitleid mit Frau Durcet gehabt hatte, war es spätestens mit dieser Bemerkung verschwunden. Auch sah man Natalie deutlich an, dass sie mit den Tränen kämpfen musste. Sie schaffte es aber mit Mühe und Not, die Fassung behalten und sagte schließlich: „Da fällt mir aber so einiges ein. Sie sind doch ein großes und intelligentes Mädchen. Denken Sie mal nach, vielleicht fällt Ihnen auch etwas ein. Wenn Sie einige Anregungen brauchen, schauen Sie einfach mal ins Gerichtsurteil.“

Innerlich beobachteten wir alle das Schauspiel mit großer Freude. Allerdings trauten sich niemand, dies offen zu zeigen. Schließlich mussten wir in diesem Fall mit einer Bestrafung rechnen, wenn Natalie das Internat wieder verlassen hat.

*****

Eine der beiden Internatsschülerinnen erzählte dann, dass ihre Eltern sie zuerst in ein Internat in Neuchatel schicken wollten, dann sich aber für das Internat in Montreux entschieden haben. „Wer weiß, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich auf das andere Internat gegangen wäre.“

Annabelle sagte ihr, dass sie dann von dem Regen in die Traufe gekommen wäre. „Wir beide waren nämlich beide Schülerinnen in dem Internat. Das Internat bietet zwar allen erdenklichen Luxus. Luxuriöse Zimmer sowie eine Badelandschaft, einen Wellness-Tempel sowie Reit- und Tennisanlage. Dafür musstest Du einen Keuschheitsgürtel, Schenkelbänder und ein Halsband, mit dem Dir jederzeit ein Stromschlag verpasst werden kann, tragen. Auch besteht die Verpflichtung zum Tragen der internatseigenen Uniform. Diese ist mir Eurer Uniform vergleichbar, wie Natalie mir erzählt hat. Aber es gehörten zur Uniform auch Stiefel mit mega-hohen Absätzen. Die Böden sind mit weißem Marmor ausgelegt. Links und rechts gibt es einen ca. 10 cm breiten Streifen aus schwarzem Marmor. Du darfst die Schuhe nur auf dem schwarzen Marmor aufsetzen. Bist Du aus Versehen auch nur einen Zentimeter daneben getreten, gibt es einen Stromstoß. Das gleiche passiert übrigens auch, wenn Du zu langsam warst oder eine der Erzieherinnen der Meinung war, dass Du Dir irgendetwas hast zu Schulden hast kommen lassen oder es in anderer Weise verdient hast.“

„Ihr müsste Doch Euren Mitschülerinnen helfen. Für uns als Mitglieder des Kreises gäbe es da keine Diskussion.“

Annabelle antworte: „Wir haben zwar keinen Kreis oder einen ähnlichen Zusammenschluss. Aber auch für uns ist es selbstverständlich, dass wir unseren ehemaligen Leidensgenossinnen helfen. So haben wir bereits einem Reporter der örtlichen Zeitung ein Interview gegeben und hoffen, dass nachdem der Artikel erschienen ist, die Eltern unserer Mitschülerinnen endlich aufwachen und auch die Behörden aktiv werden. Der Staatsanwalt hat bereits beim Prozess gegen mich angekündigt, dass er Ermittlungen gegen das Internat und deren Leiterin aufnehmen wird. Auch haben meine Eltern Kontakt zu den Eltern einer Mitschülerin. Ich habe sie gebeten, den Eltern zu erzählen, was sie von mir erfahren haben. Zur Not sollen sie ihnen das Gutachten, welches Natalie und Herr Brinkmann über mich erstellt haben, vorlegen. Ich weiß, dass sich die Eltern regelmäßig austauschen und hoffe, dass dann möglichst viele von ihnen zur Vernunft kommen und ihre Kinder von Internat nehmen. Und ohne Internatsschülerinnen kann die Direktorin ihr teuflisches Werk nicht fortführen.“
24. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Story Hunter am 01.11.24 05:47

Die Geschichte wird von Fortsetzung zu Fortsetzung immer besser und interessanter. Ich bin sehr gespannt (wie ein Bogen bei der Jagd) wie sich alles weiterentwickelt und was noch alles an die Oberfläche kommt.
25. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 02.11.24 11:04

Die Story gefällt auch mir immer besser, wobei durch das Lesen immer mehr die Vereinsbrille den Fokus setzt, aber es ist der Verdienst des Autors die Leserschaft bei der Stange zu halten.


Danke dafür, Tom
26. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 04.11.24 17:18

Kapitel 10: Annabelles und Jessicas Ankunft in Montreux (Teil 2)

Die vier Mädels unterhielten sich schon eine ganze Weile. Irgendwie hatte sich aufgrund des gemeinsamen Schicksals sehr schnell eine Art Seelenverwandtschaft gebildet. Annabelle war allerdings auch schockiert, als sie erfuhr, wozu ich fähig sein kann. „Gegenüber mir, war Natalie immer so verständnisvoll und so einfühlsam.“, sagte sie schließlich. Die beiden Schülerinnen sagten, dass sie es auch anders sehen würde, wenn sie Tag ein Tag aus ständig Demütigungen über sich ergehen lassen musste. Wir selbst haben die Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn man über Jahre hinweg regelrecht gequält wird und dann die Möglichkeit hast, sich für all dies zu rächen. Dann würdest auch Du Dich anders verhalten, Annabelle. Insbesondere wenn die Situation unerwartet kommt und Du nicht mit Konsequenzen rechnen musst.

„Uns jedenfalls haben es Natalie bzw. ihr Anwalt ermöglicht, sich an der Internatsleiterin Frau Durcet und ihren Handlangerinnen so richtig zu rächen.“ Eines der Mädchen begann zu erzählen: „Natalie hatte ihre Überlegenheit voll ausgekostet und die Damen Durcet und Niedermayer so richtig vorgeführt. Irgendwann war dann Frau Durcet offensichtlich von der gesamten Situation genervt und sagte, dass sie dieses Affentheater nicht mehr mitmachen würde und jetzt in ihr Ferienhaus in Italien fahren würde. Vom Anruf, den Natalies Anwalt kurz zuvor erhalten hatte, hatte sie offensichtlich nichts mitbekommen. Natalie fragte dann scheinheilig ihren Anwalt: „Habe ich Sie vorhin richtig verstanden, dass ich eine mutmaßliche Straftäterin, die per Haftbefehl gesucht wird, mit Gewalt daran hindern darf, das Land zu verlassen?“ „Wenn Sie dabei verhältnismäßig vorgehen, ist es richtig.“, antwortete dieser. Natalie trat daraufhin Frau Durcet das Standbein weg, sodass sie auf dem Boden stürzte. Dann ergriff sie ihren Arm, verdrehte diesen und drückte mit ihrem Fuß den Kopf auf den Boden. Sie trug Stiefel mit einem spitzen Absatz und es tat schon beim Hinsehen weh. „Ich werde doch gar nicht per Haftbefehl gesucht.“, jammerte Frau Durcet. Natalie bat meinen Anwalt, sie über die aktuelle Lage aufzuklären. „Das Gericht hat festgestellt, dass der durch die Eltern meiner Mandantin mit dem Internat geschlossene Vertrag ungültig ist, da sowohl dieser als auch die durch meine Mandantin erteilte Vollmacht nicht den rechtlichen Anforderungen in der Schweiz entsprechen. Schließlich war meine Mandantin beim Eintritt in das Internat bereits volljährig. Meine Mandantin wurde somit über ein Jahr gegen ihren Willen im Internat festgehalten, was den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt. Hinzu kommen die Misshandlungen, die meine Mandantin hier nachweislich erleiden musste. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Gerichtsurteil, welches wir gegen Sie bzw. das Internat erwirkt habe. Vor diesem Hintergrund hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen Sie erlassen, wie ich soeben telefonisch erfahren habe. Das Verhalten meiner Mandantin ist somit rechtmäßig.“

Sofort bat Natalie einige Mitschülerinnen auch Frau Niedermayer in Schach zu halten, damit sie sich nicht durch Flucht der Strafverfolgung entziehen kann.

Eine Mitschülerin von uns hob die Hand und erklärte, dass auch sie ihren Eltern eine Vollmacht, ohne dass sie deren Inhalt kannte, erteilt hatte und dann gegen ihren Willen im Internat angemeldet wurde. Der Anwalt fragte, ob dies noch bei weiteren der Fall sei. Nahezu alle Schülerinnen – einschließlich uns beiden - hoben die Hand. Der Anwalt fragte, ob er uns alle vertreten soll. Er würde davon ausgehen, dass auch die Verträge und die Vollmachten von uns allen gegenstandslos seien. Dies müsste allerdings noch in jedem Einzelfall überprüft werden. Die 'Blaupausen' für die Prozessführung habe er ja bereits durch den Prozess, den er erfolgreich für Natalie geführt hatte.

Nachdem wir alle den Anwalt beauftragt hatten, gab dieser telefonisch die Namen seiner neuen Mandanten an sein Büro weiter. In der Folgezeit erläuterte er uns die rechtliche Lage. Ausführlich ging er auf unsere rechtlichen Möglichkeiten ein und beantwortet die Fragen von uns. Er wies jedoch auch darauf hin, dass die Realisierung von Schmerzensgeldzahlungen schwierig werden könnte, wenn die finanziellen Mittel des Internats hierzu nicht ausreichen. „Hiervon muss leider ausgegangen werden.“, ergänzte er. Dann erhielt er wieder einen Anruf.

„Das Gericht hat eine einstweilige Verfügung erlassen, dass Sie jederzeit berechtigt sind, das Pensionat zu verlassen. Ausdrücklich hat Ihnen das Gericht Ihnen das Recht eingeräumt im Rahmen der sogenannten 'Nothilfe', dies notfalls mit Gewalt durchzusetzen, falls beispielsweise Lehrkräfte versuchen sollten, Sie am Verlassen des Gebäudes zu hindern. Bitte beachten Sie dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.“ Unser Anwalt erläuterte, welche Möglichkeiten, wir jetzt haben.

Dies ließen sich wir uns nicht zweimal sagen. Wir machten dann von unseren neuen Rechten reichlich Gebrauch. Als erstes gingen zwei Schülerinnen auf Frau Durcet zu, die immer noch auf dem Boden lag und von Natalie in Schach gehalten wurde. Sie bauten sich vor ihr auf und zogen sich gegenseitig das Korsett und weitere ihrer Meinung nach überflüssige Kleidungsstücke aus. Beim Weitergehen stellten sich die beiden so ungeschickt an, dass sie stolperten und Frau Durcet dabei 'versehentlich' einen kräftigen Tritt in die Seite verpassten. Sie entschuldigten sich ordnungsgemäß für ihre Ungeschicklichkeit.
Auch weitere Schülerinnen – einschließlich uns - folgten dem Beispiel, sodass bald ein großer Stapel an Kleidungsstücken, vorwiegend Korsetts, vor Frau Durcet lag. Nach einer Weile bat Natalie darum, beim Gehen aufzupassen, damit Frau Durcet keine weiteren Tritte mehr abbekommt.

In der Zwischenzeit hatten sich einige Gruppen von Internatsschülerinnen auf den Weg gemacht und streiften durchs Internat. Wir waren auch darunter. Nach kurzer Zeit begegnete uns die erste Lehrkraft.
„Wir würden gerne das Gebäude verlassen und bitten Sie uns das Tor zu öffnen.“, baten wir diese höflich. Nur den ansonsten im Internat obligatorischen Knicks, verweigerten wir konsequent. Ich muss dazu sagen, dass alle Lehrkräfte von uns absoluten Gehorsam verlangten, aber diese Person uns regelrecht gequält hat. Sie antwortete: „Ihr wisst doch ganz genau, dass das nicht möglich ist“. "Alte Kuh, sperr gefälligst das Tor auf" war die Antwort, bevor es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen der Lehrkraft und uns kam. Bei einem Verhältnis von eins zu zehn sah es für die Lehrkraft sehr schlecht aus. Bei uns allen entlud sich der über Monate, bei manchen sogar über Jahre angestaute Hass. Wenig später brachten wir die Lehrkraft in den Speisesaal. Wir hatten ihr mit ihrem Schnürband die Hände auf dem Rücken zusammen gebunden und auch die Folgen der Auseinandersetzung waren ihr deutlich anzusehen. So blutete sie aus der Nase und ihr linkes Auge war deutlich geschwollen. Weiter hatte sie offensichtlich Schmerzen in der Magengegend, zumindest hatte sie eine deutlich verkrampfte Haltung.

Natalie fragte dann Frau Durcet, wo die verschärfte Internatskleidung aufbewahrt wird und wo sich die Handschellen befinden. Als sie sich weigerte, ihr die Auskunft zu erteilen, wandte sie sich erneut an ihren Anwalt und fragte diesen, ob sie einer potenziellen, per Haftbefehl gesuchten Straftäterin den Arm auskugeln dürfe, wenn diese sich weigern würde, ihr Beweismaterial auszuhändigen. Der Anwalt antwortete, dass nach seiner Beurteilung, dies noch gerade zulässig sein würde, da es sich bei ihr um eine direkt durch das Verhalten der mutmaßlichen Straftäterin geschädigte Person handeln würde. Er führte aber auch aus, dass ein Gericht eventuell zu einer anderen Bewertung kommen könnte, worauf Natalie antwortete, dass sie dieses Risiko eingehen würde.
Sie wies Frau Durcet darauf hin, dass dies jetzt ihre letzte Chance sei und verdrehte ihr den Arm, sodass diese höllische Schmerzen haben musste. Zusätzlich erhöhte sie den Druck ihres spitzen Schuhabsatzes. Kurz bevor sie ihr den Arm auskugeln würde, schrie Frau Durcet, dass sie alles sagen würde. Sie beschrieb uns, wo sich die Lagerräume befinden und händigte Natalie mit ihrer freien linken Hand den Schlüssel aus.

Einige Schülerinnen gingen sofort los und kamen wenig später mit der verschärften Internatskleidung in unterschiedlichen Größen und Ausführungen, mit Einwegrasierer und Rasierschaum sowie Hand- und Fußschellen, den dazugehörigen Ketten, Säckchen und Hauben sowie einer ganzen Kiste mit Mundknebeln zurück.

Die meisten von uns hatte in ihrer Zeit im Internat Bekanntschaft mit der 'leicht' und teilweise auch mit der der 'deutlich verschärften' Internatskleidung gemacht. Daneben gab es noch die sogenannte 'extrem verschärfte' Bekleidung. Diese besteht aus einem Keuschheitsgürtel, Schenkelbänder, einem BH und einem Halsband, alles aus Metall mit einem entsprechenden Gewicht und mit Spikes bestückt. Durch die Schenkelbänder war es der Trägerin nur möglich extrem kleine Schritte zu machen. Außerdem besaß die extrem verschärfte Bekleidung noch eine Reihe von weiteren Gemeinheiten, die das Tragen sehr unangenehm machten. So war es beispielsweise möglich, der Trägerin per Fernsteuerung Elektroschocks unterschiedlicher Stärke und an verschiedenen Stellen zu verabreichen. In Ergebnis war es Eure Internatskleidung mit einer Reihe von äußerst fiesen Spikes, einer Reihe von weiteren Gemeinheiten und Verbindungen, die die Bewegungsfreiheit konsequent einschränkten. Hinzu kam allerdings, dass das ganze aus Metall war und zudem noch einen Metall-BH und einen Halsreif umfasste.

Der aufgegriffenen Lehrkraft, die uns daran hindern wollte, dass uns gerichtlich eingeräumte Recht zum Verlassen des Internats wahrzunehmen, wurde eröffnet, dass jetzt auch die Lehrkräfte die Internatsuniform tragen müssen. Sie musste sich vor den anwesenden Schülerinnen ausziehen und es wurde festgestellt, dass ihr Schambereich nicht vorschriftsmäßig rasiert war. Eine Mitschülerin hat sich dann bereit erklärt, ihr hierbei behilflich zu sein. Allerdings stellte sich das Mädel dabei etwas ungeschickt an, sodass sie sie beim Rasieren mehrfach geschnitten hat. Anschließend wurde abgestimmt, welche Version die Lehrkraft zu tragen hat. Die Mehrheit entschied sich für die leicht verschärfte Version. Meiner Meinung nach ist sie damit noch ziemlich gut weg gekommen.

Als nächste kamen die Damen Durcet und Niedermayer an die Reihe. Alle Schülerinnen waren sich sofort einig, dass für sie nur extrem verschärfte Version der Internatsuniform in Frage kommt. Auch die beiden Damen mussten sich ausziehen und wurden rasiert. Ich frage mich wirklich, wie es möglich ist, dass sich eine Schülerin so ungeschickt anstellt. Auch die beiden Damen schnitt sie diese mehrfach 'versehentlich'. Dann mussten sie sich die breitbeinig hinstellen und ihnen wurde der Keuschheitsgürtel angelegt. Als erstes wurde ihnen der Keuschheitsgürtel eng um die Hüfte gelegt, das Schrittband nach vorne geklappt und beides mit einem Schloss gesichert. Als nächstes kamen die Schenkelbänder an die Reihe. Diese waren bereits mit einer sehr kurzen Stange miteinander verbunden. Danach folgte der BH. Dieser bestand aus zwei Halbschalen, die über die Brüste gestülpt und mit mehreren Metallbändern auf den Rücken verbunden wurden. Es folgte das Halsband, welches eng um den Hals gelegt wurde und verhinderte, dass die beiden Damen ihre Köpfe bewegen können. Beiden Damen war sichtlich anzumerken, dass die innen angebrachten Spikes bereits ihren Dienst sehr gut bewerkstelligten. Abschließend wurden die Schenkelbänder, der Keuschheitsgürtel, der BH und das Halsband durch Metallstreben mit einander verbunden. Diese schränkten die Bewegungsfreiheit der beiden Damen konsequent ein. Als letztes überzeugten wir uns, dass die eingebauten Gemeinheiten ordnungsgemäß funktionierten. Dabei waren wir sehr gründlich und testeten diese jeweils mehrfach und sehr ausgiebig.

Nachdem dies alles erledigt war, durften sich die beiden Damen wieder einkleiden. Einige Mitschülerinnen mussten ihnen dabei helfen, da ihre Bewegungsfreiheit bereits stark eingeschränkt war. Gewählt wurde natürlich die Winterversion, einschließlich des Wollpullovers und der Maske mit den Sehschlitzen. Alle Damen wurden auf den Boden und in Ketten gelegt. Die Hände wurden in Säckchen gesteckt, die zugebunden wurden und in Handschellen, die mit einer Kette um die Taille fixiert waren, gesteckt. Danach wurde den drei Damen Fußschellen angelegt, ein Knebel verpasst und eine zusätzliche Haube über den Kopf gezogen, sodass sie nichts mehr sagen und sehen konnten.

Nach und nach wurden auch die restlichen Lehrkräfte von unseren Mitschülerinnen in den Speiseraum gebracht. Alle hatten offensichtlich versucht, ein Verlassen der Schülerinnen zu verhindern und diese somit genötigt, Gewalt anzuwenden. Zumindest war allen die Folgen der Auseinandersetzung deutlich anzusehen.

Es wundert uns alle, wie sehr die Wahrnehmungen sich teilweise unterscheiden. Während wir uns keiner Schuld bewusst waren, da wir lediglich die uns vom Gericht eingeräumten Rechte wahrgenommen haben, sprachen die Lehrkräfte des Internats später von beispielloser, roher Gewalt gegen sie.

Das Schauspiel dauerte solange der Staatsanwalt in Begleitung von einigen Polizisten ins Gebäude stürmten. Er wurde von der Familienrichterin und einem Mann von der Schulbehörde begleitet. Allerdings kannten wir die Herren und die Dame und deren Funktionen noch nicht.

Annabelle antwortete: „Da war ich ja doch recht anständig. Ich habe lediglich die Internatsleiterin als Geisel genommen, nachdem diese mir mitgeteilt hatte, dass meine Liebe zur Manuel aufgrund der Standesunterschiede unserer Familien keine Chance hat. Auch habe ich sofort aufgegeben, als die Polizei auftauchte und habe mich widerstandslos festnehmen lassen. Bei der Direktorin habe ich mich dann auch noch entschuldigt. Diese hat mir dann noch einen Anwalt besorgt, dies aber in erster Linie nur, damit dieser die Interessen des Internats und nicht von mir vertreten kann.“
27. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 09.11.24 17:24

Kapitel 11: Annabelles und Jessicas Ankunft in Montreux (Teil 3)

Draußen begann schon der nächste Tag und es wurde schon langsam wieder hell. Die vier Mädels unterhielten sich weiter angeregt über die seinerzeitigen Ereignisse in Montreux.

So berichtete eines der beiden Mädchen, wie plötzlich zwei Herren und eine Dame in Begleitung von mehreren Polizisten das Gebäude betraten. Einer der Herren stellte sich als Staatsanwalt vor und fragte, ob wir wissen, wo sich Frau Durcet befinden würde. Natalie deutet auf die Person, die gefesselt neben ihr lag. „Wir mussten leider etwas Gewalt – selbstverständlich nur im Rahmen des Zulässigen - anwenden, da sie versucht hat, sich durch Flucht nach Italien der Verhaftung zu entziehen.“, erläuterte sie.

Sie nahm ihr die Haube, die Wollmütze mit dem Sehschlitz ab und entfernte den Knebel. Frau Durcet erkannte den Staatsanwalt sofort und begrüßte ihn mit den Worten: „Gut, dass Sie da sind. Ich wurde soeben Opfer von beispielloser Gewalt.“

Der Staatsanwalt fragte, ob dies im Raum jemand bestätigen könne. Unser Anwalt bestätigte die Gewaltanwendung, wies aber darauf hin, dass diese nach seiner Beurteilung durch die Verfügung des Gerichtes gedeckt sei. Dann wies er auf das Urteil, welches er gerade für Natalie erstritten hatte, hin. In diesem wurde festgestellt, dass das Internat mit ungültigen Verträgen agieren würde und Zeugen zu Falschaussagen angestiftet hätte. Der Staatsanwalt antwortete, dass ihm das Urteil bereits bekannt sei und er daher den Aussagen von Frau Durcet und den anderen Lehrkräften ohne weitere Beweise als unglaubwürdig einschätzen würde. Vor diesem Hintergrund sehe er derzeit keine Notwendigkeit wegen mutmaßlicher Körperverletzung zu ermitteln. Anschließend führte es aus: „Frau Durcet, gegen Sie und die weiteren Lehrkräfte bzw. dieses Pensionat besteht der dringende Tatverdacht, dass Sie sich der Misshandlung Schutzbefohlener und der Freiheitsberaubung schuldig gemacht haben. Ich habe hier einen Durchsuchungsbeschluss und nehme Sie und die weiteren sogenannten Lehrkräfte vorläufig fest.“

Es tat so gut. Frau Durcet und ihren Handlangerinnen war durch uns zweifelsohne schwere körperliche Gewalt angetan worden und niemanden interessierte es. Frau Durcet und Co mussten somit im Grunde genau die gleiche Erfahrung machen, wie wir zuvor jahrelang im Internat.

Was mich an Natalie bewundere ist ihre Fähigkeit, immer noch einen drauf zu setzen. So bot sie dem Staatsanwalt an, jeweils einen Kriminellen im Raum der Stille und der Raum der Besinnung 'zwischen zu lagern' bis sie abholt werden können. Frau Durcet war die Panik in den Augen regelrecht anzusehen. Sie schrie, dass in den Räumen keine menschenwürdige Unterbringung möglich sei. Natalie entgegnete: “Das hat sie aber nicht daran gehindert, mich dort einzusperren. Und ich bin sicher nicht die einzige hier im Raum, der dieses Schicksal widerfahren ist.“ Frau Durcet entgegnete, dass dies etwas ganz anderes sei. „Schließlich war die Unterbringung dort für Eure Erziehung geboten und erfolgte somit nur zu Eurem Besten.“ Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass das Einsperren der Schülerinnen nach seiner Beurteilung ohne eine rechtliche Grundlage und somit widerrechtlich erfolgte. Dies wird sicher noch Gegenstand meiner Ermittlungen sein. Dagegen würde eine mögliche Unterbringung von Frau Durcet und weiteren Lehrkräften auf Basis eines richterlichen Haftbefehls erfolgen und sei somit rechtens.“

Als nächstes trat der Mann im Anzug und mit dem Aktenkoffer vor Frau Durcet. Er führt aus, dass er im Auftrag der Schulbehörde komme und Frau Durcet mitteile, dass dem Pensionat die Schullizenz entzogen wurde. Des Weiteren fordere er im Namen der Schweizer Eidgenossenschaft die Zuschüsse der letzten drei Jahre, die diese dem Internat gewährt hatte, zurück.

Natalie hatte offensichtlich noch immer nicht genug. So ging sie auf Frau Durcet zu, baute sich demonstrativ vor ihr auf und schlug mit dem Rohrstock ein paar Mal in meine Handfläche, worauf diese jedes Mal zusammenzuckte. „Sie und Ihre Handlangerinnen werden für jede Demütigung, jede Qual und jeder Verletzung, sei sie körperlich oder seelisch, die uns hier im Internat angetan wurde, bezahlen. Zuerst einmal werde ich die Zwangsversteigerung dieser Immobilien betreiben und Ihnen somit die Grundlage für Ihr teuflisches Treiben entziehen. Dann werde ich als Nebenklägerin persönlich dafür sorgen, dass Sie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden.

„Aber, was habe ich Dir getan, Natalie? Wo kommt dieser grenzenlose Hass her?“, entgegnete mit Frau Durcet mit fast schon weinerlicher Stimme. Natalie schrie sie, so laut wie ich konnte an: „Geht es nicht in Ihr Spatzenhirn hinein. Erstens bin ich nicht Natalie – sondern die gnädige Frau von Sternenberg für Sie und zweitens kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern, Ihnen die Erlaubnis zum Sprechen erteilt zu haben. Aber ich werden Ihnen behilflich sein“, fuhr sie fort und legte ihr den Knebel wieder an. „So jetzt ist es ganz einfach: Knebel drin – keine Erlaubnis zu sprechen bzw. Knebel draußen – Erlaubnis erteilt. Und dass mit der korrekten Anrede bekommen wir auch noch hin.“ Natalie fügte hinzu: „Wenn nicht, dann wird es sehr schmerzhaft für Sie werden.“ Sie schlug mehrfach wieder mit dem Rohrstock in ihre Handfläche. Frau Durcet wollte etwas sagen, was durch den Knebel aber erfolgreich verhindert wurde. „Was habe ich Ihnen gerade versucht beizubringen? Knebel drin gleich keine Spracherlaubnis.“ Frau Durcet murmelte weiter etwas in ihren Knebel. Natalie sagte: „Ich interpretiere dies in der Weise, dass sie unsere Vereinbarung verstanden haben, diese zukünftig beachten werden und für diese dankbar sind.“

Offensichtlich hatte Natalie keine Lust, sich weiter mit Frau Durcet auseinander zu setzen. So meinte sie zu uns, dass sie glaubt, dass das Mädchenpensionat gerade seinen Betrieb eingestellt hat. Und schließlich wies sie Herrn Brinkmann darauf hin, dass auf ihm bzw. sein Team hier jede Menge Arbeit warten würde.

Spätestens jetzt musste Frau Durcet erkennen, dass sie mit Natalie nicht nur eine gleichwertige Gegnerin gefunden hatte, sondern dass sie ihr deutlich unterlegen war. Ich bin mir sicher, dass sie innerlich schon damals den Tag verflucht hat, an dem sie Natalie im Pensionat aufgenommen hat.

Schließlich erreichte Natalie noch, dass der schweizerische Staat uns anbot, uns in seine Obhut mit einer Vormundschaft durch Herrn Brinkmann zu nehmen. Nahezu alle von uns nahmen das Angebot sofort an. Die Dame stellte sich schließlich noch als zuständige Familienrichterin vor und erklärte dann, dass die Schweizer Eidgenossenschaft dieses Gebäude für die Betreuung der ehemaligen Internatsschülerinnen beschlagnahmen würde. Sie kündigte an, dass Frau Durcet der entsprechende Beschluss umgehend zugehen würde. „Ich muss nur noch abklären, an welche Haftanstalt ich diesen schicken muss.“

Die Polizei führte Frau Durcet und ihre Handlangerinnen ab. Frau Durcet und Frau Niedermayer wurden zunächst in den Raum der Stille und den Raum der Besinnung gesperrt, während es für den Rest des sogenannten 'Lehrpersonals' direkt ins Polizeigewahrsam ging. Ich muss sagen, dass sich mein Mitleid wiedermal in Grenzen hielt. Wir blieben zusammen mit Herrn Brinkmann, dem Anwalt, den Behördenvertretern und natürlich Natalie zurück.

Natalie brach jetzt regelrecht zusammen und heulte wie ein Schlosshund. Offensichtlich war sie doch nicht so stark, wie sie gegenüber Frau Durcet und den restlichen Lehrkräften aufgetreten war und hatte das Erlebte noch nicht verarbeitet. Einige von uns gingen auf sie zu. „Du hast gerade den größten Sieg Deines Lebens errungen, Natalie.“, tröstete ich sie, während eine andere Schülerin ergänzte: „Du brauchst vor uns nicht stark zu sein. Wir sind Dir ewig dankbar, dass Du uns aus dieser Hölle befreit hast.“

Langsam beruhigte sie sich wieder. Schließlich sagte sie „Es gibt ein Lied, welches mir in derartigen Situationen immer hilft. Vielleicht hilft es auch Euch.“ Sie holte ihr Smartphone aus der Tasche und kurze Zeit später schallte es durch den Raum: „Steh auf, wenn Du am Boden liegst“. Natürlich sangen am Ende alle wieder mit. Anschließend strecken wir alle unsere Hände mit unserem Symbol nach oben und riefen „Lang lebe der Kreis.“ Natalie verbrachte noch ein paar Stunden bei uns, verabschiedete sich von uns und fuhr danach heim.
28. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 14.11.24 16:15

Kapitel 12: Beginn der Therapie

Am nächsten Morgen besuchte ich meine beiden Patientinnen - Annabelle und Jessica - in unserer Außenstelle. Man sah den beiden deutlich an, dass sie sich offensichtlich die ganze Nacht mit ihren beiden neuen Zimmergenossinnen unterhalten hatten. Zumindest machten die beiden einen vollkommen übermüdeten Eindruck. Bei den beiden anderen Mädels sah es nicht besser aus.

In ihrem jetzigen Zustand machte es nach meiner Einschätzung keinen Sinn, mit der Therapie zu beginnen. So erklärte ich den beiden, dass sie sich erst einmal ausschlafen sollen und ich dann am Nachmittag vorbeikommen werde. Den anderen Beiden sagte ich, dass ich hoffe, dass sie in ihrem Zustand, an den für sie vorgesehenen Veranstaltung teilnehmen können. „Wenn nicht, sagt einfach ab. Ihr wisst ja - anders als seinerzeit im Internat – ist bei uns im Hause alles freiwillig.“

Mit ein paar Stunden Verspätung begann dann die erste Therapiestunde von Annabelle und auch Jessica.
Zuerst wollte ich wissen, was vorgefallen ist und warum die Situation derart eskaliert ist.

Annabelle berichtete, dass nur bei ihr die Situation eskaliert sein. Der Vater von Jessica ist sofort losgefahren, als er erfahren hat, dass sie seine Hilfe braucht.
Dann berichtete sie weiter: „Der jetzige Konflikt begann eigentlich bereits, nachdem mein 14-tägiger Probeaufenthalt beendet war. Ich habe meine Eltern gebeten, ja regelrecht angefleht, mich aus dem Internat zu nehmen. Im Gegenzug habe ich versprochen, mich anständig zu kleiden und vorbildlich zu verhalten. Dies beinhaltete auch, dass ich bereits war, sie bei Geschäftsessen zu begleiten, wenn immer sie dies von mir verlangten. Im Ergebnis habe ich versprochen, alles das zu ändern, was meine Eltern zuvor an mir kritisiert haben und was sie dazu veranlasst hat, mich im Internat anzumelden. Aus meiner Sicht gab es somit keinen Grund, dass ich weiter das Internat besuchen muss. Ich bin mir sicher, dass ich seinerzeit das Internat ohne größere psychische Schäden hätte verlassen und wieder ein ganz normales Leben hätte führen können. Meinen aktuellen psychischen Zustand kennst Du ja.

Nach dem Gerichtsprozess fing alles zunächst so vielversprechend an. Unmittelbar danach haben mir meine Eltern versprochen, alles zu tun, um meine Liebe wieder zu verdienen. Als ich das Gefängnis verließ, wartete meine Mutter bereits auf mich und die gemeinsame Zeit mit ihr war sehr schön. Obwohl hatte ich irgendwie das Gefühl, dass es meine Mutter es wieder einmal übertreibt. Sie hat ständig nach Kleidungsstücken in meinem 'Schlabber'-Stil geschaut. Ich wollte mir allerdings ein paar elegante Kleider zulegen, damit ich in Gegenwart meiner Eltern so auftreten konnte, wie sie es sich immer gewünscht haben. Im Ergebnis haben wir dann beides gekauft.

Nachdem wir dann im Hotel in die Präsidentensuite umgezogen waren, habe ich mich auf mein Zimmer zurück gezogen und ausgiebig mit Manuel telefoniert. Ich muss sagen ich war überglücklich. Ich war vom Gericht freigesprochen worden, das Verhältnis zu meinen Eltern schien wieder in Ordnung zu sein und Manuel hat mir gesagt, dass er es gar nicht erwarten kann, mich wieder zu sehen.

Am Abend war ich dann mit meinen Eltern zum Essen verabredet. Ich hatte mich extra in Schale geworfen und bin genau so aufgetreten, wie man es uns im Internat beigebracht hatte und wie es meine Eltern von mir erwarteten. Meinem Vater ist dann mein vorbildliches Verhalten gleich aufgefallen. Allerdings füge er hinzu, dass dann mein Internatsaufenthalt doch sein Gutes gehabt hat. Als ich dann antwortete, dass der Preis sehr hoch war, bezog es dies nur auf das Schulgeld. Ich hatte mir so vorgenommen, die perfekte Tochter zu geben, aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich weiß, dass ich jegliche Etikette vergessen habe. Der Vorteil war allerdings, dass Jessicas Vater und der Reporter die Situation mitgekommen haben.

Ich habe mich noch am Abend und am nächsten Tag mit Manuel getroffen und der hat mich mental dann wieder aufgebaut.

Während des Interviews ist dann die Situation vollkommen eskaliert. Mein Vater vertritt die Auffassung, dass es vollkommen abwegig gewesen sei, dass man uns im Internat Elektroschockhalsbänder anlegen würde. Folglich kann man ihm aus seiner Fehleinschätzung keinen Vorwurf machen. Wörtlich sagte mein Vater: „Da wir den Aufenthalt in einem derart luxuriösen Internat ermöglichen, konnten wir nicht nachvollziehen, warum Du erstens so undankbar bist und uns zweitens solche Lügengeschichten auftischst.“ Annabelle erzählte mir, wie sie ihr Halstuch abnahm, sodass die Verbrennungen, die von den Elektroschocks herrührten, deutlich zu sehen waren. Sie erzählte weiter, wie sie in Tränen ausbrach. "Abwegig?, undankbar?, Lügengeschichten? Seht Euch einfach die Schädigungen an meinem Hals an. Bedenkt, dass diese bereits seit einigen Wochen ärztlich behandelt werden. Du vergisst immer, welchen Preis ich für Eure 'Fehlentscheidung‘ zahlen musste.“ Ich habe meiner Mutter später Euer Gutachten über mich gegeben und hoffe, dass meine Eltern jetzt endlich aufwachen.“

Dein Vater hat ganz anders reagiert, Jessica. Er war besorgt und hat Dich sofort aus dem Internat herausgeholt.“
„Ganz so besorgt war mein Vater dann doch nicht.“, antwortete Jessica. "Allerdings rechne ich ihm sehr hoch an, dass er sofort gehandelt hatte, als er erfuhr, wie schlecht es mir im Internat tatsächlich ging.
Meine Mutter war schwer erkrankt und mein Vater war ein viel beschäftigter Manager. Daher hatten meine Eltern mit mir besprochen, dass die Unterbringung in einem Internat angebracht wäre. Wir hatten vereinbart, dass ich mir mit meinem Vater das Internat unverbindlich ansehen. Mir war klar, dass ich nicht Zuhause bleiben konnte und ich muss zugeben, dass ich neugierig war und mich auch auf das Internat gefreut habe. Auch mir wurde das Halsband angelegt und mein Vater erkannte, dass irgend etwas nicht stimmt. Er merkte an, dass ich nach dem 14-Tägigen Probeaufenthalt das Internat verlassen kann. Nur wusste er es zwei Wochen später nicht mehr. So habe ich meinen Vater vergeblich gebeten, meinen Aufenthalt in Internat nicht zu verlängern und danach mehrfach versucht, ihn zu überzeugen, mich auf ein anderes Internat zu schicken. Irgendwann hatte ich dann nicht mehr die Kraft und habe mich meines Schicksals ergeben.
Erst als mein Vater Dich im Hotel sah und erkannte, welche Folgen der Internatsaufenthalt für eine Internatsschülerin haben kann, hat er eingesehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Er sah, was für ein psychisches Zwack Du bist, Annabelle, und erinnerte sich an meine Worte, dass ich im Internat kaputt gehe. Er hat sich dann vorgestellt, dass ich es sei, die weinend in der Hotel-Lobby kauert. Und als Du ihm dann noch sehr eindringlich gebeten hast, mich aus dem Internat zu holen, wusste er, dass er schnell handeln muss.

Er hat dann bereits auf der Fahrt vom Internat zum Hotel sich bei mir entschuldigt.“

„Da ist Dein Vater schon ein ganzes Stück weiter als meine Eltern“, entgegnete Annabelle. Ich empfinde es als Verrat und als herzlos, dass er mich trotz meiner Bereitschaft, mich grundlegend zu ändern, endgültig im Internat angemeldet hat. Und mir dann vorzuwerfen, ich sei undankbar und ich würde ihnen Lügengeschichten auftischen, finde ich einfach nur unfair.

Auch war mein Pferd meinem Vater stets ein Dorn im Auge. Zumindest hat er zugestimmt, dass Termi in den internatseigenen Reitstall verlegt wird. Dies aber auch nur, da der bisherige Reitstall ihn eindringlich darum gebeten hat. Seitdem ich weg war, wurde Termi immer unruhiger und ließ sich nicht mehr beherrschen. Auch von meinem Erfolg beim Reitturnier haben meine Eltern überhaupt nichts mitbekommen. Nahezu alle Mitglieder meines Reitvereins haben mich danach persönlich angeschrieben und mir zu meinem Erfolg gratuliert - nur halt meine eigenen Eltern nicht.

Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über die Folgen des Internatsaufenthaltes und die Rolle, die die Eltern dabei gespielt hatten. Schließlich analysierten wir die Gefühle, die die beiden gegenüber ihren Eltern haben. Beide gaben an, dass deren Verhalten sie sehr verletzt hat, sie aber trotzdem ihre Eltern seien und blieben. Selbstverständlich würden sie ihre Eltern lieben.

Ich wollte die beiden Mädels nicht überfordern und so beendete ich die erste Therapiestunde. Ich kündigte an, dass ich am nächsten Vormittag an der Universität bin und versuche, morgen Nachmittag vorbei zu kommen.

Ich riet den beiden, entweder die Wellnessabteilung zu besuchen, in den Bergen spazieren zu gehen und die Ruhe und Abgeschiedenheit zu genießen oder unten im Tal einkaufen zu gehen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr Euch auch mit unserer Kleidung eindecken. Ihr habt die Möglichkeit zwischen verschiedenen Kleidungstücken zu wählen. Ich rate Euch, vergesst den Bademantel und Badeanzug bzw. Bikini für die Wellnessabteilung nicht. Wie seinerzeit im Internat ist auf allen Kleidungsstücken unserer Symbol angebracht. Es ist jenes große Herz, welches ich mit einigen Mitschülerinnen seinerzeit gebastelt habe und welches seitdem über der Eingangspforte thront.

Am nächsten Vormittag tauchte plötzlich Annabelles Mutter bei uns im Institut auf und bat darum, ihre Tochter sprechen zu dürfen. Ich war gerade zu diesem Zeitpunkt an der Universität, wurde aber sofort informiert. Ich ließ ausrichten, dass ich umgehend zum Institut kommen würde und mich dann mit Frau Schönleber unterhalten würde. Ich ordnete an, dass die Mutter auf keinen Fall zu Annabelle gelassen wird, bevor ich nicht mit ihr gesprochen habe und mein Okay gegeben habe.

Nach etwa einer Stunde erreichte ich das Institut. Frau Schönleber war sichtlich verärgert, dass sie so lange warten musste. Ich erklärte ihr, dass ich hauptsächlich Studentin sei und eigentlich jetzt gerade Vorlesungen an der Universität zu besuchen hätte. „Jessica und Annabelle sind zurzeit meine einzigen Patientinnen und dies auch nur, weil Annabelle mich ausdrücklich darum gebeten hat. Es kann ohnehin sein, dass sie wieder abreisen müssen, ohne Annabelle gesehen zu haben.“

Annabelles Mutter brach in Tränen aus und ich fragte sie, was los sei.

„Ich wollte nur das Beste für mein Kind. Ich war im Glauben, Annabelle etwas Gutes zu tun. Das luxuriöse Internat, das perfekte Bildungskonzept. Glauben sie mir, auch mir gingen die ständigen Konflikte mit ihr an die Substanz. Nun habe ich Annabelle erlebt und auch Ihr Gutachten gelesen. Ich weiß, dass ich durch mein Handeln Annabelle fast vollständig zerstört habe. Seien Sie sicher, hätte ich gewusst, was Annabelle dort durchleben muss, hätte ich sie keinen Tag länger in diesem Internat belassen. Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich die Warnsignale nicht registriert habe.

„Wissen Sie“, begann ich „in diesen Räumlichkeiten befand sich bis vor ein paar Jahren ebenfalls ein Internat. Dieses war mit dem Internat in Neuchatel durchaus vergleichbar. Ich weiß, dass meine Eltern nur mein Bestes wollten, als sie mich seinerzeit bei diesem Internat angemeldet haben. Letztendlich musste ich hier die schlimmste Zeit meines Lebens durchstehen. Es ging so weit, dass ich die Zustände hier einfach nicht mehr aushalten habe und aus dem vierten Stock gesprungen bin und dann schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Meine Eltern haben mir später erzählt, dass sie vom Anwesen derart beeindruckt waren, dass sie die Warnsignale und dass, was ich ihnen erzählt habe, vollkommen ausgeblendet haben.

Glauben Sie mir, Sie dürfen auch als Erwachsene Fehler machen. Wichtig ist nur, dass Sie diese zugeben. Annabelle leidet sehr unter dem, was sie im Internat erleben mussten. Schlimm ist auch für sie, dass Sie ihr nicht geglaubt haben. Beides können Sie im Nachhinein nicht mehr ändern. Aber Sie können jetzt für Annabelle da sein und ihr immer wieder sagen, wie leid es Ihnen tut.“

Frau Schönleber antwortete: „Aber da ist noch etwas anderes, was mir zu schaffen macht. Annabelle hat kurz bevor sie gefahren ist, gesagt, dass sie wirklich alles getan hat, um die Tochter zu sein, die wir uns immer gewünscht haben. Sie will schließlich, dass wir sie lieb haben und nicht zurück ins Internat schicken. Es ist doch selbstverständlich, dass ich meine Tochter liebe und ich würde ihr so etwas, wie das Internat nicht noch einmal antun. Ich verstehe nicht, warum sie eine solche Angst hat.“

Ich erklärte, dass Annabelle eine panische Angst vor dem Internat hat und auf keinen Fall dorthin zurück will. Weiter erklärte ich ihr, dass ich unter drei Bedingungen bereit sei, einem Treffen mit Annabelle zuzustimmen: „Erstens muss Annabelle zu einem Treffen bereit sein, zweitens werde ich an diesem Treffen teilnehmen und drittens erzählen sie ihr genau das, was sie gerade mir erzählt haben.

Nachdem Frau Schönleber zugestimmt hatte, griff ich zum Telefonhörer und rief Annabelle an. Ich hatte Glück und erreichte sie auf ihrem Zimmer. Annabelle war vom Gedanken, ihre Mutter treffen zu müssen, gar nicht begeistert. Ich erklärte ihr, dass ihre Mutter vom Inhalt des Gutachtens, welcher Herr Brinkmann und ich über sie erstellt hatten, geschockt sei und sich nun bei ihr, für das, was sie ihr angetan hatte, entschuldigen wollte. Im Übrigen werde ich beim Gespräch dabei sein und sofort einschreiten, wenn ich merke, dass es Annabelle überfordert. Schließlich willigte sie ein.

Ihre Mutter staunte nicht schlecht, als ich Ihr eröffnete, dass wir jetzt erst einmal zu unserer Außenstelle fahren müssen. Das Gespräch zwischen Annabelle und ihrer Mutter verlief dann sehr gut. Die Mutter bat beginnen zu dürfen. Sie erklärte, dass ihr bewusst sei, was ihr Ehemann und sie Annabelle angetan haben, als sie sie im Internat angemeldet und später dort belassen haben. "Ich weiß, dass Du noch immer unter den Folgen des Internatsaufenthaltes leidest. Ich habe Dich erlebt und das Gutachten über Dich durchgelesen. Obwohl ich die Fachausdrücke teilweise nicht verstehe, ist mir klar, wie gravierend die Folgen sind und dass Du de facto eines psychische Zwack bist.
Ich habe die ganze Zeit auf der Bahnfahrt und als ich auf Frau von Sternenberg gewartet habe, darüber nachgedacht. Ich kannte Dich und hätte seinerzeit merken müssen, dass etwas nicht stimmt. Aber glaube mir, ich habe es nicht erkannt. Ich weiß nicht warum und mache mir solche Vorwürfe.

Ich kann meine Fehler nicht mehr rückgängig machen. Ich kann Dich nur um Verzeihung bitten und versprechen, jetzt für Dich da zu sein. Ich will mich auch nicht damit herausreden, dass das Tragen der Elektrohalsbänder abwegig sei und man mir keinen Vorwurf machen kann.“

Annabelle brach in Tränen aus und fiel ihrer Mutter regelrecht um den Hals. „Danke, dass Du Deinen Fehler einsiehst und Dich bei mir entschuldigst. Beides bedeutet mir so viel.“ Auch Annabelles Mutter fing an zu weinen. Ich empfahl den beiden, einen gemeinsamen Spaziergang in der Bergwelt zu unternehmen. Nach zwei Stunde kamen die beiden zurück. Annabelles Mutter verabschiedete sich und kündigte an, am nächsten Tag wieder vorbei zu kommen. Ich hatte mich da schon längst auf den Weg zur Universität gemacht.

Am nächsten Tag erzählte mir Annabelle, wie glücklich sie sei, dass wenigstens ihre Mutter eingesehen hat, dass sie einen Fehler gemacht und sich bei ihr dafür entschuldigt hat.
29. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 14.11.24 22:46

Tolle Fortsetzung,
die Mama hätte ich nicht so schnell vom Haken gelassen nach dem ultimativen Vertauensbruch; sprich Verrat. Aber dir Geschichte gehört dem Autor und was zählt ist der Spaß beim Schreiben oder wie bei mir beim Lesen und ich fühlte mich sehr gut unterhalten und ich bin sehr gespannt wie sich alles weiter entwickelt.


Grazie e ciao, Tom
30. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 14.11.24 22:49

Nochmals von mir an die stillen Leser.

Feedback ist das Salz in der Suppe der Autoren;
ein eifaches Danke fürs Schreiben reicht meist schon.


Tom
31. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Adriana0306 am 15.11.24 15:44

Sehr schöne Geschichte. Ich habe das ein oder andere Kapitel nicht komplett gelesen, weil es sehr viele Wiederholungen aus dem ersten Teil enthielt und die kannte ich ja schon, aber für neue Leser sicherlich praktisch.
Ich hoffe jedenfalls mehr zu lesen zu können
32. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 17.11.24 08:41

Zitat
Ich habe das ein oder andere Kapitel nicht komplett gelesen, weil es sehr viele Wiederholungen aus dem ersten Teil enthielt und die kannte ich ja schon, ...

Ich gebe Dir recht, dass es eine Reihe von inhaltlichen Wiederholungen aus dem ersten Teil gibt. Dies wird auch in den nächsten viel Kapiteln der Fall sein. Allerdings ist der Blickwinkel ein anderer. Teilweise berichteten andere Internatsschülerinnen, wie diese die Situation erlebt haben. In den nächsten Kapiteln werden die Gefühle und Gedanken von Natalie im Mittelpunkt stehen.
33. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 17.11.24 08:51

Zitat
... die Mama hätte ich nicht so schnell vom Haken gelassen nach dem ultimativen Vertauensbruch; sprich Verrat. Aber dir Geschichte gehört dem Autor ...

Ich hatte die Mutter eigentlich nie auf dem Haken. Sie hatte bereits während der Gerichtsverhandlung erkannt, welches Leid Annabelle in Internat zugefügt wurde. Dann hat sie ihre Tochter vom Gefängnis abgeholt und auch noch, nachdem Annabelle das Interview abgebrochen hatte, ihren Ehemann gefragt, ob dies nun wirklich notwendig war. Auch ist sie immer wieder auf Annabelle zugegangen.

Wenn Du das nächste Kapitel liest, wirst Du dieses Kapitel (insb. die Aussöhnung von Annabelle mit ihrer Mutter) verstehen. Ich werde das nächste Kapitel voraussichtlich im Verlauf der nächsten Woche veröffentlichen. Es ist fertig, bedarf allerdings noch eines "Feinschliffs".
34. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von analplayer am 17.11.24 14:21

Hallo ZdBdLa,

auch dieser zweite Teil ist Dir wieder sehr gut gelungen. Die "Wiederholungen" sind aus meiner Sicht schon deshalb nicht schlecht, als sie doch "alte" Situationen jetzt aus der Sicht anderer Personen beschreiben.

Ich freue mich über jede neue Fortsetzung und bedanke mich ausdrücklich für Deine nicht endenden neuen Ideen
35. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 17.11.24 19:26

Zitat

Wenn Du das nächste Kapitel liest, wirst Du dieses Kapitel (insb. die Aussöhnung von Annabelle mit ihrer Mutter) verstehen. Ich werde das nächste Kapitel voraussichtlich im Verlauf der nächsten Woche veröffentlichen. Es ist fertig, bedarf allerdings noch eines \"Feinschliffs\".



Ich freue mich drauf, Tom
36. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 21.11.24 11:30

Kapitel 13: Meine Gedanken über das Verhältnis zu meinen Eltern (Teil 1)

Das Gespräch mit Annabelles Mutter ließ mich irgendwie mehr nicht los. Wieso tun Eltern ihren eigenen Kindern so etwas, wie das Internat an? Bisher dachte ich, dass Frau Durcet die einzige war, die es schaffte, reichen Eltern einzureden, dass eine derartige Erziehung gut für ihre Kinder ist.
Aber jetzt auch die noch die Frau vom Schaumbourg in Neuchatel.

Ich habe bereits einige Semester studiert und weiß daher, dass das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern, gerade wenn diese erwachsen werden, immer etwas schwierig ist. Auch erkannte ich in meiner Geschichte im dem, was mir Annabelle und ein wenig auch in dem, was mir Jessica erzählt hat, wieder.

Zunächst führte ich jahrelang ein beschauliches Leben in Süddeutschland. Das Miteinander mit meinen Eltern war über Jahre von Offenheit und Fairness geprägt. Wenn es ein Problem gab, dann haben wir uns zusammen gesetzt und gemeinsam eine Lösung gefunden. Daher hätte mir nie vorstellen können, dass meine Eltern diese Grundsätze einfach über den Haufen werfen und mich gegen meinen Willen in Pensionat anmelden. So maß ich auch der Aussage des befreundeten Ehepaars, dass das Internat, auf das deren Tochter seit kurzem ging, auch etwas für mich sei, keine Bedeutung bei.

Tatsächlich hatten meine Eltern jedoch bereits beschlossen, dass auch ich Schülerin dieses Internats werden soll. So lockten sie unter einem Vorwand dorthin. Zuvor hatten sie sie einen Knebelvertrag unterzeichnen lassen, ohne sie über dessen Inhalt aufzuklären. Ich ahnte nichts Böses, als mein Vater vorschlug, auf dem Rückweg von einem Frankreichurlaub beim Internat vorbei zufahren und sich dieses anzusehen.
Ich verspürte von Anfang an eine starke Abneigung gegen das Internat. Nie im Leben konnte ich mir vorstellen, Schülerin an dieser Schule zu werden. In meinen Augen hatten die Direktorin und ihr Personal ein Vollmeise. Erschrocken war ich, als ich sah, was für Marionetten aus den Schülerinnen gemacht wurden. Allerdings hätte ich mehr auf die Andeutungen und Signale hören sollen. Mehrfach wurde mir gesagt, dass ich später als Internatszögling nicht mit einer solchen Nachsicht rechnen kann. Während ich die Internatsuniform – angeblich nur um diese zu präsentieren - anzog, vereinbarten die Eltern endgültig, dass ich im Internat aufgenommen werde. Sehr gut konnte ich daher nachvollziehen, wie sich Annabelle und Jessica fühlen mussten.
In der Uniform unternahm ich dann mit meinen Eltern und Frau Durcet zusammen einen Rundgang durchs Internat. Ich war so froh, als ich diesen hinter mich gebracht hatte und wir ins Büro der Rektorin zurück kehrten. Ich hatte nur noch den Wunsch aus diesen unmöglichen, unbequemen und zudem zu warmen Uniform- Klamotten heraus und dann nichts wie weg aus diesem 'Irrenhaus'. Nie, niemals würde ich mich so behandeln lassen, wie sich diese Mädchen hier behandeln wurden. Ich würde weiter bei meinen Eltern leben und in meine Schule gehen. Das stand für mich definitiv fest. Dieses Internat kam für mich definitiv nicht in Frage.

Frau Ducret bemerkte, dass ich mich Richtung Umkleideräume aus dem Staub machen wollte und hielt mich zurück. Als sie dann sagte: „Nun, wenn sie keine weiteren Fragen mehr haben, können wir zur Vertragsunterzeichnung kommen. Meine Sekretärin hat während unserer Abwesenheit alles vorbereitet. Sie müssen nur noch beide hier unterzeichnen.“ Mir wurde augenblicklich klar, was dort vor sich ging. Ich sah, wie mein Vater sich über die Papiere beugte und seine geschwungene Unterschrift darunter setzte.
Ich versuchte zu verhindern, dass mich meine Eltern im Internat anmelden: „Ihr habt euch doch von dieser falschen Schlange nicht einwickeln lassen!“ Ich bemerkte wie Papa nach Worten rang. „Natalie, Liebes, bitte versteh doch…“ Meine Eltern versuchten mir zu erklären, dass sie sich nicht gleichzeitig um mich und ihr Geschäft kümmern können. „Ja und? Das war doch nie ein Problem für uns?“, unterbrach ich sie. „Das stimmt grundsätzlich schon. Sie wiesen aber darauf hin, dass das Geschäft mit den Amerikanern jetzt anlaufen würde. Es gab ein wildes Wortgefecht zwischen mir und meinen Eltern. Jetzt wurde mir auch klar, was das Geschwafel von nicht gut für meine Erziehung, Regeln noch nicht erhalten und Strafen auch im Nachhinein noch aussprechen, bedeutet.
„Komm, mein Schatz, bringen wir es hinter uns“, sagte meine Mutter schließlich und zog mich liebevoll an sich. Wie in Trance spürte ich ihren vertrauten Kuss und ihre feste Umarmung. „Wenn wir aus den Ferien in zwei Wochen zurückkommen, besuchen wir Dich. Wenn es dir dann wirklich nicht gefällt, kannst du wieder nach Hause kommen und wir suchen gemeinsam nach einer anderen Lösung. Einverstanden, meine Süße?“ sagte mein Vater. Seine Stimme klang so sanft und liebevoll wie immer, wenn er mich trösten wollte. Ich nickte mit tränennassen Augen und schluckte. Ich war mir sicher, dass ich nach zwei Wochen wieder aus diesem Gefängnis raus war. Obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob ich es zwei Wochen hier aushalten würde.
Im Internat durchlebte ich dann von Anfang an die Hölle auf Erden. Oftmals habe ich mich gefragt, wie ich die zwei Wochen überhaupt durchstehen soll. Dass es dann über ein Jahr werden würde und dass ich am Ende schwerverletzt nach meinem Sprung ins Krankenhaus eingeliefert werden würde, ahnte ich damals noch nicht. Zugegeben hatte ich mich zunächst so gut, wie es ging, angepasst. Jedoch fühlte ich mehr und mehr ein Unwohlsein. Aufrecht hielt mich lediglich das Versprechen meiner Eltern, dass sie mich nach zwei Wochen besuchen würden und ich dann, wenn ich will, das Pensionat sofort verlassen kann.

Aber meine Eltern kamen nicht, nicht nach 2, 3, 4 und auch nicht nach 5 Wochen. Ab der 6. Woche habe ich dann nicht mehr weiter gezählt. Ich konnte es nicht verstehen, meine Eltern hatten doch versprochen, bei mir nach zwei Wochen vorbei zu schauen. Hatten sie mich vergessen? Aus den Augen aus dem Sinn? Oder war ich Ihnen zwischenzeitlich vollkommen egal? Nach drei Monaten wurde mir mitgeteilt, dass meine Eltern mich demnächst besuchen kommen.

Nie werde ich vergessen, wie mich meine Eltern begrüßten und mir eröffneten, dass sie gerade von der Rektorin erfahren haben, dass ich mich gut eingelebt hätte und auch meine Ausbildung erfreuliche Fortschritte machen würde. „Dann würde ja nicht mehr zur Debatte stehen, dass Du das Pensionat verlässt.“, eröffnete mir mein Vater. Ich konnte es nicht fassen und erinnerte meine Eltern an ihr Versprechen, dass sie mich nach zwei Wochen besuchen kommen und dass ich dann das Institut verlassen kann, wenn ich will.“
„Schatz, bitte verstehe uns. Wir können Dich zu Hause gerade nicht brauchen. Das Geschäft mit den Amerikanern läuft gerade an. So schlimm wird das Pensionat dann auch nicht sein. Ich sehe ja, dass es Dir gut tut.“ Dann erklärte mein Vater mir, was für eine Erklärung ich damals unterzeichnet hatte. Dass meine Eltern zu solchen Methoden greifen und die Tatsache, dass sie mich allen Ernstes in der Internats-Hölle lassen wollen, zog mir regelrecht den Boden unter den Füßen weg. Ich brach in Tränen aus und schluchzte: „Was habe ich nur getan, dass Ihr mir dies antut?“ „Du hast gar nichts getan, es ist nur eine besondere Situation, verstehe es doch, mein Schatz“, entgegnete meine Mutter. So sehr ich es auch versuchte, ich schaffte es nicht, meine Eltern umzustimmen. Sie verabschiedeten sich mit den Worten, „Kopf hoch, Du schaffst das schon. Du wirst uns noch einmal dankbar sein. Wir versuchen so schnell wie möglich wieder vorbei zu kommen, können aber nichts versprechen.“

Ich erkannte meine Eltern nicht wieder. Bisher konnte ich mich darauf verlassen, dass sie ihr Wort hielten. Ich hatte ihnen doch angeboten, auf ein anderes Internat zu wechseln. Für sie hätte es doch keinen Unterschied gemacht, auf welcher Schule ich bin. Für mich war es der Unterschied zwischen einem ganz normalen Leben als junges Mädchen mit 18 Jahren und der Hölle auf Erden. Und auch die Tatsache, dass dann mein Schulgeld für das ganze Jahr verloren geht, wäre zwar ärgerlich, aber diesen 'Verlust' hätten meine Eltern problemlos verschmerzen können.

Hinzu kam, dass sie mir diese Erklärung untergeschoben, mich unter einem Vorwand ins Internat gelockt, hinter meinen Rücken dort angemeldet und mich dann vor vollendete Tatsachen gestellt haben. Noch vor ein paar Monaten hätte ich meinen Eltern so etwas nicht zugetraut. Warum meinen sie, mich vor mir selbst beschützen zu müssen? Durch meine Volljährigkeit bin ich doch kein anderer Mensch geworden? Was ist nur aus dem vertrauensvollen Verhältnis, welches ich einst zu meinen Eltern gehabt hatte, geworden? Habe ich etwas gemacht, was sie zu diesem Sinneswandel veranlasst hat? So sehr ich auch nachdachte, fiel mir allerdings nichts passendes ein.

Zuerst versuchte ich durch weitgehende Verweigerung der Nahrungsaufnahme ein Verlassen des Internats zu erzwingen. Ich achtete allerdings peinlich genau darauf, die Internatsregeln einzuhalten. So nahm ich beispielsweise aus der Schüssel eine Erbse, aß diese vorschriftsmäßig mit Messer und Gabel, putzte meinen Mund mit der Serviette ab, legte Serviette und Besteck auf den Teller, stand auf, stellte mich mit hinter den Körper verschränkten Armen und gesenkten Blick hinter meinen Stuhl und warte bis meine Mitschülerinnen ebenfalls ihr Essen beendet hatten. Einige Zeit ließ mich die Internatsleitung gewähren. Vermutlich hatte sie die Hoffnung, dass ich relativ schnell wieder aufgeben würde. Nur leider hatten sie mich da deutlich unterschätzt. Einen Fehler, den die Internatsleitung später noch einige Male unterlaufen und den sie später sehr bereuen sollte. Dann sollte mich meine Zimmernachbarin „zur Vernunft“ bringen, schließlich wurde ich zwangsweise ernährt. Zuletzt sperrte man in einem absolut dunklen und schalldichten Raum ein, um mich dann schließlich in einer Art Verlies anzuketten. Erst jetzt erkannte ich, dass ich keine Chance mehr hatte und gab auf.

Nachdem ich in der Folgezeit einige Male unangenehm aufgefallen bin – unter anderen, weil ich verbotener Weise das Internatsgelände verlassen hatte - und ich mir natürlich die entsprechenden Strafen eingebrockt hatte, hatten ich es dann auch irgendwann verstanden. Ich konnte Frau Durcet und ihre Handlangerinnen einfach nicht besiegen. So hatte ich beschlossen, mich vordergründig anzupassen. Bei der Aufnahme in den Kreis erzählte ich meinen Mitschülerinnen, dass unsere Zeit noch kommen würde. Geglaubt habe sie es nicht, aber ich habe Wort gehalten.

Trotzdem hoffte ich inständig, dass meine Eltern mich nach dem Schuljahr aus dem Internat nehmen würden. Schließlich würde dann kein bereits bezahltes Geld verloren gehen und ich hatte ja meinen Eltern bereits angeboten, auf ein bzw. jedes andere, 'normale' Internat zu wechseln.

Dann stand endlich der nächste lang ersehnte Besuch meiner Eltern an. Mein Vater begrüßte mich freudig mit den Worten, wir haben soeben erfahren, dass Du Dich gut eingelebt und weiter sehr gut entwickelst hast. Frau Durcet hat uns voller Stolz von dem Bibelkreis, den Du gegründet hast, erzählt. Dann steht ja wohl nicht mehr zur Debatte, dass Du das Internat verlässt.“
Ich war über die Ausführungen meines Vaters mehr als entsetzt und entgegnete: „Bitte nehmen Sie mich von dieser Schule. Ich gehe hier vor die Hunde.“ Ich flehte meine Eltern regelrecht an, wobei ich sie selbstverständlich siezte, wie es die Internatsregeln vorgaben.

„Bitte Liebes, wir sollten die Erfolge nicht unnötig aufs Spiel setzen.“ „Ich erzähle Euch jetzt, was mir alles im Internat passiert ist, aber Sie müssen mir versprechen, nicht mit der Pensionatsleitung darüber zu sprechen, da ich ansonsten mit einer drakonischen Strafe rechnen muss.“ Meine Eltern versprachen es hoch und heilig.

Ich berichtete von den ständigen Schikanen und Demütigungen und den Strafen für kleinste Verfehlungen. Dann erzählte ich von dem Korsett, welches mit Stahlstreben verstärkt ist, welches die Bewegungsfreiheit extrem einschränkt, von den Stockschlägen, dass ich in Windeln und in einer Zwangsjacke in einen absolut dunklen Raum gesperrt und anschließend angekettet in einen Kellerraum gesperrt wurde. Anschließend berichtet ich noch, dass ich eine Woche mit Hand- und Fußschellen herumlaufen musste.

„Ich glaube, dass Du Dir diese Horrorgeschichten nur ausgedacht hast.“, antwortete mein Vater. Ich verstehe nicht, warum Du unbedingt nach Hause zurück willst. Wir können Dich dort wirklich derzeit nicht gebrauchen.
Mir kamen die Tränen. „Bitte glauben Sie mir“, flehte ich meine Eltern an. „Es ist wahr. Ich gehe hier vor die Hunde. Ich kann nicht mehr.“ Ich bot wieder an, auf jedes – wirklich jedes - andere Internat zu wechseln, was meine Mutter mit den Worten, „hier ist es doch schön“ quittiert. So sehr ich mich auch anstrengte, irgendwie erreichte ich meine Eltern nicht mehr. Ich konnte meine Eltern nicht verstehen. Für sie schien es nur die Alternative zwischen dem Pensionat in Montreux und dass ich nach Hause komme, zu geben. Dabei gab es doch sicherlich hunderte von weiteren Internaten.

Dann berichtete mein Vater, was meine Eltern in letzter Zeit in der Firma erreicht haben. „Wir tun dies nur für Dich, schließlich wirst Du die Firma irgendwann einmal übernehmen und dann auch erben. Hier wirst Du so geformt, dass Du diese einmal leiten kannst.“ War meinen Eltern ihre verdammte Firma wirklich wichtiger als ich? Ich komme es nicht verstehen. Und die Geschichte mit dem Erben konnte ich schon längst nicht mehr hören. Warum war es allen egal, wie es mir dabei ging. Schön, ich hatte früher meine Privilegien, aber in diesen Moment hätte ich jederzeit mit einem Kind, welches in einem Harz IV-Haushalt aufwächst, sofort getauscht. Privilegien war für mich, seitdem ich im Pensionat war, sowieso ein Fremdwort.

Meine Eltern verabschiedeten sich mit den Worten, dass die Zeit hier mir sicherlich einiges abverlangen würde, ich Ihnen später aber einmal dafür dankbar sein werde. „Behaltet mich bitte so in Erinnerung, wie ich bin.“, rief ich Ihnen unter Tränen nach. Aber auch diesen meiner Meinung nach eindeutigen Hilferuf ignorierten meinen Eltern komplett.

Meine Eltern hatte mir zwar hoch und heilig versprochen, nicht mit der Internatsleiterin zu sprechen. Aber auch dieses Versprechen brachen sie, sodass ich erneut eine fürchterliche Strafe erhielt.

Ich hatte schon ohne die Strafmaßnahmen, die mir aufgrund des Verrates meiner Eltern aufgebrunnt bekam, keinen Mut und keine Kraft zum Weiterleben. Nachdem ich jetzt schon sechs Wochen lang Strafmaßnahmen über mich erdulden lassen musste und dabei zunächst die deutlich und dann die leicht verschärfte Internatsuniform getragen habe, konnte ich einfach nicht mehr. So war ich überaus froh, als ich das offene Fenster im vierten Stock sah. Ich werde das Gefühl nie vergessen, wie ich oben auf dem Fensterbrett saß und die Möglichkeit hatte, einfach hinunter zu springen und alles zu beenden.

Nach meinem Sprung kam es zu der denkwürdigen Zusammenkunft mit meinen Eltern im Krankenhaus. Im Nachhinein wird immer noch Angst und Bange, wenn ich an mein Verhalten an diesem Tag zurück denke. Wäre mein einer Arm nicht geschient gewesen und hätte ich meine Eltern in die Finger bekommen, könnte ich nicht dafür garantieren, dass ich beide nicht eigenhändig erwürgt hätte.

In einer späteren Therapiestunde erklärte mir Herr Brinkmann, dass mein Verhalten nichts Ungewöhnliches sei. Meine Eltern haben sich mir gegenüber unfair verhalten und der ganze Frust, der sich bei mir aufgestaut hatte, entlud sich bei unserer ersten Begegnung im Krankenhaus. Hinzu kam, dass es im Krankenhaus keine Benimmregeln, wie im Internat gibt, sodass ich auch kein angepasstes Verhalten an den Tag legen musste, um eine drohende Strafe zu verhindern. Er hat meine Eltern dann weggeschickt, damit die Situation nicht vollkommen eskaliert.

Aber nun von Anfang an. Meine Eltern betraten mein Krankenzimmer, in dem ich lag und mit einer Vielzahl von Kabeln verbunden war. Meine Mutter begrüßte mich mit den Worten: "Mein Schatz, was ist nur mit Dir passiert." Erkennen meine Eltern immer noch nicht, was sie mir angetan haben, als sie mich im Internat angemeldet und dann dort belassen haben?, dachte ich bei mir. Schließlich habe ich es dort nicht mehr ausgehalten und sah als einzigen Ausweg, aus dem vierten Stock zu springen. So fiel ich meiner Mutter ins Wort: „Welcher Unfall? Ich bin gesprungen."

„Aber wieso?“ meine Mutter war sichtlich geschockt.

Ich erklärte, dass ich es doch meinen Eltern bereits angekündigt hatte, indem ich sie gebeten hatte, mich so in Erinnerung zu behalten, wie ich war. „Aber Ihr hat es ja nicht einmal wahrgenommen, weil Euch Eure verdammte Firma wichtiger ist als Eure eigene Tochter.“ Jetzt bemerkte ich, dass meine Mutter die wirkliche Situation erfasst hatte und kreidebleich wurde. „Aber wir lieben Dich und wollen nur Dein Bestes“, stotterte sie.

Ich erinnere mich, wie meine Stimme versagte und ich einen fürchterlichen Heulkrampf bekam. Es sollte nicht der letzte Weinkrampf in den nächsten Minuten bleiben. „Wenn Ihr mich wirklich lieben würdet, dann hättet Ihr mir dies alles nicht angetan. Ich habe Euch gebeten, ja regelrecht angefleht, mich aus dieser Hölle zu befreien. Ich hasse Euch!“, stammelte ich unter Tränen. „Und Ihr hattet mir hoch und heilig versprochen, mich nach zwei Wochen zu besuchen, dass ich dann das Pensionat verlassen kann, wenn ich es will und auch, dass ihr nicht mit der Internatsleitung über das sprechen werdet, was ich Euch anvertraut hatte.

„Aber bei unserem Besuch haben wir Dir doch die besondere Situation erklärt... fing meine Vater an. Ich dachte, dass dies mal wieder typisch für meinen Vater ist, der sich gerne die Sachen so hin dreht, wie er es braucht; und schrie ihn an: „Erklärt, Ihr habt gar nichts erklärt, sondern Eure Versprechen gebrochen, mich vor vollendete Tatsachen gestellt und mich auch noch bei der Rektorin verraten“ – gefolgt, wie sollte es auch anders sein, vom nächsten Weinkrampf.
„Aufgrund Deiner Ausführungen hatten wir Zweifel, ob das Pensionat das Richtige für Dich ist. Aber Frau Durcet hat uns versichert, dass Du Dich sehr gut entwickelt und Deine Aussagen unzutreffend sind. Im Übrigen hat sie uns versprochen, dass es keine Konsequenzen für Dich haben wird, weil Du Dich uns anvertraust hast.“, fuhr mein Vater in seiner gewohnt sachlichen Art und Weise fort.

„Keine Konsequenzen“, schrie ich meine Eltern an, gefolgt vom nächsten Heulkrampf. „Ich habe insgesamt 50 Schläge mit dem Rohrstock auf die Handflächen bekommen. Für jeden Schlag musste ich mich bedanken und versprechen, nie wieder Lügen über das Pensionat zu verbreiten. Dabei habe ich Euch nur das gesagt, was mir widerfahren ist. Zudem musste ich zwei Wochen Tag und Nacht einen Knebel sowie eine deutlich verschärfte Pensionatsuniform tragen. Als mir der Knebel endlich abgenommen wurde, musste ich mich auch dafür bedanken und ausführen, dass ich den weiteren Bestrafungen mit Freude entgegen sehe, da ich diese verdient habe. Und schließlich musste ich weitere vier Wochen dieses Korsett tragen“ und deutete auf das Bündel, welches mir Dr. Meyer gerade vorbeigebracht hatte.
„Ihre Tochter trug diese Kleidung, als sie bei uns eingeliefert wurde“, bestätigte sie. „Die Ärzte mussten die Kleidung leider verschneiden, um mich zu operieren. Aber vielleicht können wir sie wieder zusammen nähen, dann könnt Ihr sie tragen und sehen wie es ist.“ Es folgte der nächste Heulkrampf. „Im Übrigen ist dies nur die 'leicht' verschärfte Version, die deutlich verschärfte Version, die ich davor tragen musste, war viel, viel schlimmer.

Früher hatte ich einmal Eltern auf die ich mich voll verlassen konnte, die fair mit mir umgegangen waren. Wenn es ein Problem gab, haben wir uns zusammen gesetzt und eine Lösung gefunden. Ich war ja bereit, auf jedes – wirklich jedes - andere Internat zu gehen. Für Euch hätte es keinen Unterschied gemacht. Ich hätte jedoch ein ganz normales Leben haben können, anstatt die Hölle auf Erden durchleben müssen. Die Eltern, die ich vorher einmal hatte, hätten mir nie einen Knebelvertrag untergeschoben und mich dadurch praktisch vollkommen entmündigt. Ich bin zwar volljährig, konnte aber als Minderjährige mehr entscheiden, als jetzt als Volljährige. Und die Eltern, die ich mal hatte, hätten mich nie zum Internat gelockt, mich nie dort hinter meinen Rücken angemeldet, mich nie voll vollendete Tatsachen gestellt und vor allem, hätten sie alles unternommen, um mir zu helfen, als ich diese Hilfe sehr, sehr dringend gebraucht und sie um diese gebeten, ja regelrecht angefleht habe.“, schluchzte ich gefolgt vom nächsten Heulkrampf.
„Es ist nur eine Kleinigkeit, aber die Eltern, die ich einmal hatte, hätten auch nie meinen Geburtstag vergessen. Und wisst Ihr, was das Schlimmste ist? Die Eltern, die ich vorher mal hatte, haben mich geliebt tatsächlich geliebt und dies nicht nur behauptet.“ „Aber wir lieben Dich doch noch immer.“, entgegneten meine Eltern, wie aus einem Mund. „Wenn Ihr mich lieben würdet, hätte Ihr mir das Internat niemals angetan und vor allen hättet Ihr mir geglaubt. Habe ich Euch jemals angelogen? Ihr hattet immer wenig Zeit für mich, dass war okay. Ich hatte auch immer viele Freiheiten. Aber ich habe diese nie übermäßig ausgenutzt und auch meine Schulnoten waren stets gut. Ich habe tage- und nächtelang darüber nachgedacht, welchen Fehler ich gemacht haben könnte, damit Ihr mich so zu bestrafen müsst. Aber mir ist nichts – gar nichts eingefallen.“ Es folgte der nächste Weinkrampf.
„Wir wollten Dich nicht bestrafen, sondern optimal fördern. Zugegeben, die Methoden des Pensionats sind vielleicht manchmal grenzwertig, aber glaube mir, Du wirst uns später für die Erziehung, die Du dort bekommen hast, noch sehr dankbar sein.“, sagte mein Vater.
„Dankbar, wofür? Dafür, dass ich mit gerade einmal 19 Jahren ein körperliches und psychisches Zwack bin? Glaubt mir, ich war so froh, als ich die Möglichkeit hatte, aus dem Fenster zu springen, dass im nächsten Augenblick alles vorbei sein wird. Sollte ich jemals wieder einen Fuß in dieses Pensionat setzen müssen, werde ich mich umbringen und glaubt wir, dann werde ich es so anstellen, dass ich Erfolg habe.“, entgegnete ich unter Tränen.

Meine Mutter kam auf mich zu, streichelte mich und sagte: Liebes, beruhige Dich bitte.“ So gut es mit dem nicht geschienten Arm ging stieß ich sie von mir weg. „Vielleicht kann ich Euch irgendwann einmal verzeihen, aber zurzeit hasse ich Euch nur, für alles, was Ihr mir angetan habt. Ich will Euch nicht mehr sehen."

Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass dann Prof. Dr. Brinkmann eingeschritten ist und meine Eltern gebeten hat, das Zimmer zu verlassen.

Im Krankenhaus war ich ganz unten angekommen. Mein Dank gilt zunächst Frau Dr. Meyer und ihrem Team, die mir zunächst in einer dramatischen Operation das Leben retteten und mich dann körperlich vollkommen wieder hergestellten. Zudem gab mir Frau Meyer mit der Internatsuniform das Beweismittel, welches ich brauchte, um später Frau Durcet und ihren Handlangerinnen das Handwerk zu legen und auch alle anderen davon zu überzeugen, dass meine Geschichten über das Internat nicht frei erfunden sind. Und dann waren da noch Herrn Dr. Brinkmann und seinem Team. Ich weiß nicht, ob ich ohne seine Hilfe, das Trauma, welches der Internatsaufenthalt bei mir hinterlassen hatte, überwunden hätte. Auch wäre fraglich, ob ich die Kraft gehabt hätte, mich mit meinen Eltern auszusprechen und auszusöhnen. Im Krankenhaus fühlte ich nur grenzenlosen Hass gegenüber ihnen, für alles, was sie mir angetan hatten. Ich hätte seinerzeit nie gedacht, dass ich meinen Eltern einmal verzeihen und mich mit ihnen aussprechen kann. Aber auch diesen Weg ebnete mir Prof. Brinkmann.
37. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Story Hunter am 21.11.24 18:50

Hallo, die Fortsetzungen sind sehr gut gelungen und machen spass zum lesen. Die Schilderung der Ereignisse ist auch sehr gut gelöst, auch das die gleichen Ereignisse von anderen Personen mit ihrer sichtweise geschildert werden ist sehr gut. Mir fällt es hier auch leichter, die "Erzählungen", zu lesen als im ersten Teil, auf Grund der veränderten Perspektive.
38. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von MartinII am 22.11.24 11:45

Interessante Story, die nachdenklich macht.
39. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 24.11.24 15:44

Kapitel 13: Meine Gedanken über das Verhältnis zu meinen Eltern (Teil 2)

Zum damaligen Zeitpunkt kannte ich nur die Geschichte von Annabelle, da Jessica noch nicht im Rahmen der Therapie über ihre Erlebnisse detailliert berichtet hatte.
Schon bei unserer ersten Begegnung im Gefängnis hatte ich erkannt, dass unsere Geschichten viele Gemeinsamkeiten hatten. Unsere Eltern hatte im Vorfeld des Besuchtes im Internat bereits beschlossen, dass wir Schülerinnen dort werden sollen. Bei Annabelle aufgrund ihres angeblich unakzeptablen Erscheinungsbild und Verhalten und bei mir, weil meine Eltern der Auffassung waren, dass mir die dortige Erziehung gut tun würde. Wir beide haben unsere Eltern jeweils mehrfach gebeten, uns aus den Internaten zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkten hätten wir beide die Internate ohne nennenswerte psychische Schäden verlassen können. In beiden Fällen waren unsere Eltern vom Internat dermaßen überzeugt bzw. vom ehrwürdigen Anwesen so überwältigt, dass sie die Warnsignale, die es durchaus gab, ausblendeten und uns nicht glaubten, als wir ihnen erzählten, was wir dort erleben mussten. Auch bedurfte es bei uns beiden einem dramatischen Ereignis, dass unsere Eltern ihren Fehler erkannten – bei Annabelle die Verhaftung und die Anklage und bei mir meinen Sprung aus dem Fenster. Unsere Mütter erkannten zuerst ihren Fehler und hatten auch den Mut, diesen zuzugeben. Und letztendlich waren wir beide durch die Internatsaufenthalte derart geschädigt, dass man uns nur noch als psychisches Zwack bezeichnen konnte.
So habe ich Herrn Brinkmann bereits nach unserer ersten Zusammenkunft im Gefängnis von Neuchatel gesagt, dass er das Gutachten, welches er seinerzeit über mich erstellt hatte, verwenden kann und nur den Namen auszutauschen braucht.

Aber nun weiter mit meinen Gedanken bzw. meiner Geschichte. Wie gesagt, hätte ich, als ich schwerverletzt im Krankenhaus lag, nie gedacht, dass ich meinen Eltern einmal verzeihen und mich mit ihnen aussprechen und aussöhnen kann. Aber auch diesen Weg ebnete mir Prof. Brinkmann.

Ohne, dass ich es zunächst wusste, hat sich Herr Brinkmann mit meinen Eltern getroffen. Die Initiative zu diesem Gespräch ging übrigen von meinen Eltern aus. Später haben mir sowohl Herr Brinkmann als auch meine Eltern von den Unterredungen erzählt.

Mein Vater wollte mich zunächst zurück ins Internat schicken, da er der Auffassung war, dass mir die dortige Erziehung gut tut und dass ich diese dringend benötige. Zum Glück hatte meine Mutter bereits im Krankenhaus erkannt, welchen schrecklichen Fehler sie begannen und was sie mir damit angetan hatte.

Wieso sind es immer die Mütter, die ihre Fehler zuerst erkennen und dann auch den Mut haben, diese zugegen und sich dafür zu entschuldigen? Dies war bei Annabelle genau so. Zur Verteidigung der Väter muss ich allerdings anerkennen, dass Jessicas Vater sofort gehandelt hat, als er seinen Fehler und dessen Folgen erkannt hatte. Über die Fehler, die er bis dahin begangen hatte, wusste ist damals noch nichts.

Meine Mutter schrie meinen Vater regelrecht an: „Wach endlich auf!!! Natalie hat bereits einen Selbstmordversuch begangen. Das Schlimme ist, dass sie es angekündigt hat und wir es nicht registriert haben. Ich will eine lebendige Tochter und nicht ein Grab, auf das ich jede Woche frische Blumen bringen kann.“ Dann hat meine Mutter schwere Geschütze aufgefahren und meinem Vater sogar mit der Scheidung gedroht. Als mein Vater dann sagte, dass dann die Firma verkauft werden muss, da er sie unmöglich auszahlen kann, antwortete sie ihm, dass dies kein Problem sei – „Du bekommst die Firma und ich bekomme Natalie.“
Im Nachhinein erkannte ich, wie sehr mich meine Mutter lieben muss, wenn sie bereit ist, ihren Anteil am gemeinsamen Familienunternehmen, welcher mit Sicherheit mehrere hundert Millionen Euro wert ist, für mich aufzugeben bzw. gegen mich einzutauschen. Zum Glück kam es allerdings nicht so weit. Denn ich wollte keineswegs der Grund dafür sein, dass die Ehe meiner Eltern in die Brüche geht.

Mit Hilfe von zwei systematischen Fragebögen analysierte Herr Brinkmann, wie meine Eltern mich einschätzen und zwar zu dem Zeitpunkt, bevor sie mich im Internat angemeldet haben. Das Ergebnis war dann eindeutig: Laut meinen Eltern war ich für mein Alter sehr vernünftig und sie gaben an, dass ich meine schulischen Belange sehr ernst nehme und ihnen gegenüber immer ehrlich bin. Unser Verhältnis beschreiben sie als offen, vom gegenseitigen Respekt geprägt und sie gaben weiter an, dass sie auch problematische Dinge ansprechen können und dass wir immer eine Lösung gefunden hatten. So schrieben beide, dass sie sich voll und ganz auf mich verlassen konnten. Herr Brinkmann fasste die Analyse mit folgenden Satz zusammen: „Wenn ich mir dies so ansehe, hatten sie eine Tochter, wie sie sich alle Eltern wünschen und ein absolut vertrauensvolles und gutes Verhältnis zueinander.“
Meine Eltern bestätigten diese Einschätzung. Dann legte Herr Brinkmann einen weiteren Bogen daneben. „Dies ist der Bogen, den Natalie ausgefüllt hat“, erläuterte er. „Und auch sie bestätigt Ihre Einschätzung nahezu deckungsgleich.

Auf Nachfrage von Herrn Brinkmann bestätigte dann mein Vater, dass ihm Frau Durcet versichert hatte, dass gegen mich keine Strafmaßnahmen verhängt wurden, weil ich mich meinen Eltern anvertraut habe. Daraufhin führte Herr Brinkmann aus: „Als Natalie ins Krankenhaus eingeliefert wurde, trug sie ein Korsett. Dieses war aus einem sehr festen Material und so eng geschnürt, dass Ihre Tochter mit Sicherheit große Schwierigkeiten hatte, zu atmen. Es war mit Metallstäben verstärkt, sodass sie ihren Oberkörper nicht bewegen konnte. Das Korsett schränkte zudem auch die Bewegungsfreiheit von Kopf und Armen merklich ein. Im Schritt war eine Art Keuschheitsgürtel, der mit Schlössern gesichert war. So konnte sie nur auf Toilette gehen, wenn einer der Erzieherinnen vorher die Schlösser aufgesperrt hatte." Herr Brinkmann wies daraufhin, dass seit dem Besuch meiner Eltern schon sechs Wochen vergangen waren und ich erzählt habe, dass ich die ganze Zeit unter Strafmaßnahmen zu leiden hatte.

"Frau Durcet hat somit in einem Punkt nachweislich die Unwahrheit gesagt. Sie hingegen beschreiben Ihre Tochter als absolut ehrlich Ihnen gegenüber. Nehmen wir an, auch die restlichen Aussagen Ihrer Tochter über das, was sie im Pensionat erlebt hat, sind zutreffend. Bitte überlegen Sie, wie Sie sich fühlen würden, wenn sie anstelle Ihrer Tochter wären.“

Hier zeigt sich wieder, warum Prof. Dr. Brinkmann zu den angesehensten Psychologen der Schweiz zählt. Er schafft es immer wieder seine Analysen auf den Punkt zu bringen. Dabei gibt es seinen Patienten die Ergebnisse nicht vor, sondern lässt diese sie selber entwickeln. Dies war sowohl bei meinen Eltern als auch bei mir so.

Als meine Eltern erkannt hatten, dass es ein Fehler war, indem sie Frau Durcet mehr glauben als mir, waren sichtlich geschockt. „Mein Team und ich haben sehr viel Zeit mit Natalie verbracht.“, erläuterte Herr Brinkmann. „Es fiel ihr sichtbar nicht leicht, über das Erlebte zu sprechen. In den Augen Ihrer Tochter stellt das Institut eine Strafmaßnahme von Ihnen dar. Aus ihrer Sicht hat sie jedoch nichts falsch gemacht.
Auch lag es ihr fern, die Möglichkeiten, die sie mit ihrer Volljährigkeit bekommen hat, auszunutzen. Sie hat mir erzählt, dass sie früher mit Ihnen über alles reden konnten. Sie fühlt sich von Ihnen vertraten, da Sie ihr den Vertrag untergeschoben, sie zum Pensionat gelockt und dort angemeldet, ihr nicht geglaubt und dann noch mit der Internatsleitung über sie gesprochen haben, obwohl Sie etwas anderes versprochen hatten.

Wir haben Natalie auch gefragt, ob es sich sein könnte, dass Sie nur das Beste für ihre Entwicklung wollten. Ihre Tochter hat geantwortet: „Dann hätten meine Eltern doch einfach mit mir reden können. Wir hätten dann eine Lösung befunden, das war in der Vergangenheit immer so.“ Ihre Tochter gab an, dass sie jederzeit bereit gewesen wäre, auf ein 'normales' Internat zu wechseln und dies Ihnen auch angeboten hat, als sie bereits in Montreux war.“

Mit diesen Worten beendete Herr Brinkmann die erste Sitzung und bat meine Eltern bis zur nächsten Gespräch über das, was sie gerade erfahren haben, nachzudenken.

Zu Beginn der zweiten Sitzung fragte Herr Brinkmann, wie meine Eltern meine Aussagen, bezüglich das, was ich im Internat erlebt habe, beurteilen würden. „Wir gehen mittlerweile davon aus, dass diese zutreffend sind“, antwortete mein Vater und fügte ein „leider“ hinzu. Herr Brinkmann nahm wohlwollend zur Kenntnis, dass zwischenzeitlich offensichtlich auch mein Vater mir mehr glaubt als Frau Durcet. Anschließend bat er meine Eltern, zu erläutern, wie es dazu kam, dass sie mich im Internat angemeldet haben.

Mein Vater erzählte von dem befreundeten Ehepaar, welches selber seine Tochter im Internat angemeldet und dies in den höchsten Tönen gelobt hat und wie beeindruckt er von dem ehrwürdigen Anwesen war.
„Wir hatten Bedenken, dass Natalie nicht zum Internat mitgekommen wäre, wenn wir ihr 'reinen Wein eingeschenkt hätten'. Die Leiterin des Internats, Frau Durcet, machte auf uns einen zwar etwas altmodischen aber durchaus kompetenten Eindruck. Das Unbehagen unserer Tochter ist uns nicht verborgen geblieben, dennoch waren wir davon überzeugt, dass diese sich nach einer Eingewöhnungsphase im Internat wohlfühlen würde und die Zeit für ihre Entwicklung gut sein wird. Ich muss auch zugeben, dass Natalie in der Internatsuniform ein sehr erhabenes Erscheinungsbild war.

Sowohl das befreundete Ehepaar als auch Frau Durcet haben uns geraten, dass wir uns eine Vollmacht von Natalie geben lasse, ohne sie über den Inhalt aufzuklären.“ „Aber Sie haben mir doch gesagt, dass sie sich auf Natalie voll verlassen konnten und mit ihr über alles reden konnten. Da verstehe ich, dass Sie zu solchen Methoden greifen mussten“, entgegnete Herr Brinkmann. "Glauben Sie mir, ich verstehe es zwischenzeitlich auch nicht. Erst recht nicht, wenn ich bedenke, was wir unserer Tochter damit angetan haben.", antwortete meine Mutter.

„Ihre Tochter hat uns gegenüber angegeben, dass sie nicht nur ein Unbehagen sondern eine tief empfundene Abneigung gegen das Internat verspürt hat. Sie hat aber auch gesagt, dass sie sich nicht gegen ein normales Internat gewehrt hätte, wenn Sie sie es angesprochen hätten.

Dass Frau Durcet auch finanzielle Interessen daran gehabt hat, dass sie ihre Tochter im Internat anmelden, ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen?“ „Wir sind beide Geschäftsleute und uns war dies durchaus klar. Das Internat war zugegebenermaßen nicht billig, aber dies war uns eine gute Ausbildung von Natalie wert.“

Dann fragte Herr Brinkmann, warum meine Eltern mich nicht, wie versprochen, nach zwei Wochen besucht haben und wieso er mir nicht ermöglicht haben, das Internat zu verlassen.
Mein Vater führte aus, dass Frau Durcet zunächst die Besuchsanfragen meiner Eltern abgelehnt hat. Als der Besuch dann schließlich nach drei Monaten doch stattfand, hat Frau Durcet meinen Eltern erzählt, wie gut ich mich im Internat eingelebt habe und dass meine Ausbildung gute Fortschritte machen würde. „Wir waren dann sehr erleichtert und überrascht, als uns Natalie sagte, wie unwohl sie sich im Internat führen würde und dass wir sie sofort von der Schule nehmen sollten.“, erläuterte mein Vater.

„Wieso haben sie dem Wunsch Ihrer Tochter nicht entsprochen?“, wollte Herr Brinkmann wissen. „Das Internat ist wie gesagt nicht billig und der Beitrag muss im Voraus bezahlt werden und wird dann auch nicht anteilig zurückerstattet. Auch ließen wir uns von der positiven Einschätzung von Frau Durcet täuschen und haben unserer Tochter einfach nicht geglaubt.“

„Warum haben Sie Ihrer Tochter nicht geglaubt?“, wollte Herr Brinkmann wissen. „Wissen Sie, wie oft ich mich das seit unserem letzten Gespräch gefragt habe.“, antwortete meine Mutter. „Ich hatte eine Tochter, der ich zumindest früher absolut vertrauen konnte. Und trotzdem habe ich Frau Durcet mehr geglaubt. Hätte ich gewusst, was meine Tochter im Internat durchleiden muss, hätte ich sie doch sofort herausgeholt. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass wir vollkommen vom Pensionat überzeugt waren und die Warnsignale, die es durchaus gab, vollkommen ausgeblendet haben.“ Mein Vater bestätigte die Einschätzung.

„Zwischenzeitlich wissen wir, dass Frau Durcet den anderen Internatsschülerinnen gesagt hat, dass Natalie ihren Verletzungen erlegen sei und sogar eine Trauerfeier für sie abgehalten hat. Meinem Mann hingegen redet sie ständig ein, dass das Internat Natalie gut tut, sie sich gut eingelebt hat und dort ihre Schulausbildung beenden soll. Natalie hatte ihren Charakter bereits am ersten Tag erkannt und sie als 'falsche Schlange' bezeichnet.“

Herr Brinkmann erläuterte, dass ich aufgeschrieben habe, was ich im Internat erlebt habe. Die Tinte ist teilweise verlaufen, da ihre Tochter mehrere Weinkrämpfe hatte. Meine Eltern lasen sich meine Aufzeichnungen durch und waren sichtlich geschockt von dem, was sie da lesen mussten.

Dann fragte Herr Brinkmann nach meiner Flucht und dem Anruf des Polizisten bei meinem Vater: „Ihre Tochter hatte die erste Möglichkeit, die sich ihr geboten hat zur Flucht genutzt und die Polizei um Hilfe gebeten. Der Polizist soll Sie kontaktiert haben und sie haben ihm angewiesen, Natalie zurück zum Internat zu bringen. Hätte Ihnen nicht spätestens jetzt Zweifel kommen müssen?“ „Kurz vorher hatte uns Frau Durcet angerufen und uns berichtet, dass unsere Tochter verbotenerweise das Internat verlassen hat. Sie sagte, dass sie von der Polizei aufgegriffen wurde, sich im Polizeigewahrsam befindet und ins Internat zurück gebracht werde. Für uns klang es so, als ob Natalie etwas angestellt hatte. Daher hielten wir es für besser, dass sie im Internat als in Polizeigewahrsam befindet.“ „Natalie hat erzählt, dass für sie keineswegs von der Polizei aufgegriffen wurde, sondern selbst auf das Polizeirevier gegangen ist. Zudem gab sie an, dass das Polizeigewahrsam angenehmer war, als der Aufenthalt im Internat. Das Angebot der Polizei, sie unter einem Vorwand noch ein paar Tage dort zu behalten, hat sie übrigens abgelehnt, da sie die Polizisten nicht in Schwierigkeiten bringen wollte.

Kommen wir nun zu Ihrem Besuch am Ende des Schuljahres. Wie habe Sie dort Ihre Tochter erlebt?“ Mein Vater führte aus: „Wir waren – wie immer zuerst bei Frau Durcet. Dieser erzählte uns, wie gut sich Natalie eingelebt hatte. Wir waren nach unserem letzten Besuch erleichtert und dann überrascht, als uns Natalie eine ganz andere Geschichte erzählte. Ich muss zugeben, dass wir mit der Situation auch ein wenig überfordert waren. Auf der einen Seite kamen uns dann doch Zweifel, ob das Internat das richtige für Natalie ist auf der anderen Seite wollten wir die Erfolge und die Aussicht auf eine gute Ausbildung nicht gefährden.

Wir haben uns dann entschlossen, entgegen unserem Versprechen, doch Frau Durcet anzusprechen.“ Herr Brinkmann fragte, wie sich meine Eltern fühlen, wenn Sie an meiner Stelle wären.
Mein Vater sagte: "Ich würde mich von meinen Eltern verraten fühlen und könnte ihnen nicht mehr vertrauen. Meine Mutter fügte hinzu, dass sie sich fragen würde, warum meine Eltern mir dies antun würden, ob sie mich noch lieben würden, warum sie mir nicht glauben und was ich falsch gemacht habe.

Genau diese Gefühle hatte ich gegenüber meinen Eltern und ich kann daher sehr gut nachvollziehen, dass Annabelle und Jessica, diese Gefühle ebenfalls hatten. Im Gespräch mit meinen Eltern holte Herr Brinkmann einen Zettel heraus, auf welchen ich genau diese Punkte vermerkt hatte. „Im Ergebnis haben wir unsere Zusagen gegenüber Natalie ein paar Mal zu oft gebrochen.“, räumte mein Vater selbstkritisch ein.

Zum Ende wollte Herr Brinkmann noch wissen, wie mich meine Eltern im Krankenhaus wahrgenommen haben. Meine Mutter antwortete, dass sie mich nicht wieder erkannt habe. „So verzweifelt und so aufgelöst haben wir Natalie noch nie erlebt.“

„Im Ergebnis haben Sie Natalie durch Ihr Verhalten fast vollständig zerstört. Ihre Tochter war ein psychisches Zwack und das ist keine Übertreibung, sondern eine Tatsache. Sie hat die Kollegin, die Sie operiert und somit das Leben gerettet hat, gebeten, sie das nächste Mal sterben zu lassen. Sie hatte keine Kraft mehr und keinen Lebensmut mehr.“

Auch war es wieder meine Mutter, die danach fragte, wie es mit mir weiter geht. Herr Brinkmann erläuterte, dass er mich als Kämpferin kennen gelernt hätte. „Wir haben Ihre Tochter mit sehr viel Arbeit soweit stabilisiert, dass aktuell nicht mit einem weiteren Suizidversuch zu rechnen ist. Sollte sie jedoch zurück ins Internat müssen, garantiere ich für gar nichts.“
„Eine Rückkehr von Natalie ins Internat kommt für uns nicht in Frage“, versicherten meine Eltern wie aus einem Munde. Offensichtlich hatte jetzt auch mein Vater erkannt, dass er mich endgültig zerstören und somit verlieren würde, wenn er weiter darauf besteht, dass ich ins Internat zurück kehre. Auch würde er dadurch seine Ehe riskieren. Herr Brinkmann antwortete: „Das ist gut, aber es liegt trotzdem noch ein weiter Weg vor Natalie.“

Weiter erläuterter er, dass seitdem ich im Seiberhof leben würde, eine positive Entwicklung zu beobachten sei. Wahre Größe zeigte es, als er seine eigene Fehleinschätzung offen zugab: „Ich will ehrlich sein. Ich hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammen lebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden tun sich sichtbar gut. Wissen Sie, dass Natalie sich selbst bei der örtlichen Schule angemeldet hat?“, fragte Herr Brinkmann meine verdutzten Eltern. „Sie ist zur Direktorin gegangen und hat gesagt: 'Hier bin ich und ich möchte Ihre Schule besuchen.' Dies zeigt, dass Natalie ihr Leben wieder selbst in die Hand nimmt. Auch hat sie mit dem Abitur wieder ein festes Ziel vor Augen. Bemerkenswert ist zudem, dass sie ihrer eigenen Schulausbildung offensichtlich einen sehr hohen Stellenwert einräumt. Bei jungen Erwachsenen in Natalies Alter steht normalerweise nicht die eigene Schulausbildung an erster Stelle.“

Schließlich stand dann die Aussprache mit meinen Eltern an. Ich muss zugeben, dass ich Angst vor dem Gespräch hatte. Eine ganze Reihe von Fragen schwirrte im Vorfeld in meinem Kopf herum: Wie werden meine Eltern reagieren? Haben Sie endlich eingesehen, dass sie sich mir gegenüber unfair verhalten haben und ich nicht ihr Eigentum bin? Werden sie weiterhin die 'Vollmacht', die ich Ihnen gegeben habe, nutzen? Und schließlich: Werde ich meine Wünsche klar ihnen gegenüber artikulieren oder einbrechen, um mir ihre Liebe zu erkaufen? Ich war zudem erleichtert, als ich erfuhr, dass das Gespräch auf dem Seiberhof und somit in der mir vertrauten Umgebung stattfinden wird.

Zum Glück bereitete mich Herr Brinkmann als gute Therapeut optimal auf das Gespräch mit meinen Eltern vor. Bei einer Therapiesitzung erzählte er mir detailliert über den Inhalt und den Verlauf der beiden Gespräche mit meinen Eltern. Nur den Konflikt meiner Eltern und die Tatsache, dass mein Vater mich ursprünglich ins Internat zurück schicken wollte, verschwieg er bewusst. Schließlich fragte er mich, was ich davon halten würde. Ich antwortete, dass es schon einmal ein Anfang sei, wenn meine Eltern ihre Fehler eingesehen haben. Dann erkundigte er sich nach meinen Vorstellungen und Wünschen. Ich erzählte, dass ich gerne im Seiberhof bleiben würde und keineswegs zu meinen Eltern 'nach Hause' ziehen wollte. „Meine Therapie würde ich gerne mit Ihnen und Ihrem Team weiterführen. Ich weiß, dass meine Eltern ein Studium und dann die Übernahme des Familienunternehmens vorgesehen haben. Eigentlich würde ich gerne meinen eigenen Weg gehen.“ Herr Brinkmann riet mir, dies einfach anzusprechen. „Zunächst ist es wichtig, dass Sie wieder mental auf die Beine kommen. Ihre Eltern müssen entscheiden, ob sie eine glückliche Tochter oder eine Tochter, die zwar ihre Wünsche erfüllt, dann aber unglücklich ist, haben wollen. Die gleiche Entscheidung müssen Sie übrigens auch treffen, Natalie. Sollten Ihre Eltern wider erwartend uneinsichtig sein, habe ich immer noch die gerichtlich angeordnete Vormundschaft über Sie. Sie wissen hoffentlich, dass ich die Rechte nur zu Ihrem Besten und keineswegs gegen Ihren erklärten Willen nutzen werde.“, fügte er an.

Ein paar Tage später, kamen meine Eltern tatsächlich zu mir in den Seiberhof. Mein Vater bat, beginnen zu dürfen. Er führte aus, dass es ihn leid tut, mich zum Pensionat gelockt und dort angemeldet, mir nicht geglaubt, seine Versprechen nicht eingehalten und mich nicht sofort vom Pensionat genommen zu haben, als ich darum gebeten hatte.

„Aber warum? Ich habe die Freiheiten, die ich hatte, nie übermäßig ausgenutzt und ansonsten nie über die Stränge geschlagen.“ „Wir haben uns von Frau Durcet einreden lassen, dass das Pensionat Dir sehr gut tut. Glaube mir, wir wollten nur Dein Bestes. Wir waren von dem Internat angetan und haben die Warnsignale, insbesondere das, was Du uns erzählst hast, einfach ignoriert. Wir können uns es auch nicht erklären und wissen zwischenzeitlich, dass es falsch war. Wir können das Geschehene nicht rückgängig machen. Wir können Dich nur um Verzeihung bitten und Dir anbieten, neu anzufangen.“, antwortete mein Vater.

„Wie geht es jetzt weiter?“, wollte meine Mutter wissen.

Ich antwortete: „Ich weiß, dass ihr mich am liebsten nach Hause holen würdet. Als ich hier eingezogen bin, war ich ein psychisches Zwack. Herr Brinkmann und sein Team haben wirklich gute Arbeit geleistet. Ich bin jetzt sowie stabilisiert, dass ich mein Leben weitgehend selber bestreiten kann. Über den Berg bin ich aber noch lange nicht. So bin ich weiter auf Hilfe angewiesen. Laut Einschätzung meiner Therapeuten wird dies auch noch einige Zeit so sein. Sei es die Hilfe von Herrn Brinkmann und seinem Team oder Felix und Louisa hier im Seiberhof. Ich würde gerne hier bleiben und die Therapie mit Herrn Brinkmann weiterführen und erfolgreich beenden und keinen Wechsel des Therapeuten vornehmen.

Bedenkt, dass zwischenzeitlich meine Heimat hier ist. Hier lebe ich, hier habe ich meine Freunde und hier gehe ich zur Schule. Ich würde weiter gerne die Schule im Tal besuchen und dort nächstes Jahr mein Abitur machen. Ihr könnt mich jederzeit gerne besuchen und ich würde Euch gerne in den Ferien besuchen, wenn es bei Euch passt.“

Da ich keinen Widerspruch von meinen Eltern registrierte, beschloss ich das heikle Thema vom Familienunternehmen gleich auch noch anzusprechen. „Ich weiß, dass Ihr Euch wünscht, dass ich nach dem Abitur studiere, dann in Eure Firma einsteige und diese dann von Euch eines Tages übernehmen soll. Ich will ehrlich sein. Ich weiß nicht, ob ich das noch kann. Eure Firma ist für mich der Grund, warum Ihr mich auf Internat abgeschoben habt und ich dort die schlimmste Zeit meines Lebens verbringen musste.“

Meine Mutter antwortete: „Wenn wir eines gelernt haben, dann dass wir auf Deine Wünsche eingehen müssen. Du brauchst die Firma nicht übernehmen, wenn Du es nicht willst.“ Mein Vater sah sie erschrocken an, worauf meine Mutter nur meinte: „Du die Firma und ich Natalie“. Seinerzeit wusste ich mit dieser Aussage nichts anzufangen, registrierte aber dass mein Vater zähneknirschend dies akzeptierte. Meine Mutter gab mir ein paar zerrissene Papiere und sagte: „Dies ist der Knebelvertrag, den wir Dir untergeschoben haben. Lebe Dein Leben. Es wäre schön, wenn wir auch ein Teil davon sein können.“

Ich diesem Moment war ich froh und stolz auf mich. Froh, dass meine Eltern offensichtlich zur Vernunft gekommen sind und akzeptieren, dass ich mein eigenes Leben leben möchte und stolz, dass ich nicht ihnen zu liebe eingeknickt bin. Auch schien es wieder möglich zu sein, dass sich unser Verhältnis wieder normalisieren wird. So sagte ich: „Ich liebe Euch, das hat sich nicht geändert und wird sich auch nie ändern. Ich habe Euch auch noch geliebt, als ich im Pensionat war. Ich hatte nur Zweifel, ob Ihr mich noch liebt und wenn ja, warum Ihr mir dies antut. Ich habe tage- und nächtelang darüber nachgedacht, was ich falsch gemacht haben könnte.“

„Du hast gar nichts falsch gemacht“, versicherte mein Vater „Die Fehler haben wir gemacht, indem wir Dich auf unfaire Weise im Internat angemeldet haben, unsere Versprechen nicht gehalten, Dir nicht geglaubt und vor allem Dich nicht von der Schule genommen haben, als Du uns darum gebeten hast.“

„Aber bitte bedenkt, dass es die Natalie, die Ihr einst im Pensionat angemeldet habt, nicht mehr gibt“, gab ich meinen Eltern mit auf den Weg. „Du bist und bleibst immer unsere Tochter, daran wird sich nichts ändern. Wir geben Dir die Zeit, die Du brauchst, um das Erlebte zu verarbeiten und Vertrauen wieder zu uns aufzubauen.“ Meine Eltern verabschiedeten sich und mein Vater bat mich, dass ich mir die Sache mit dem Familienunternehmen noch einmal in Ruhe überlegen sollte.

Nicht vergessen werde ich, wie sich meine Mutter, als meine Eltern schon auf dem Weg zur Seilbahn, die vom Seiberhof ins Tal führt, waren, noch einmal umdrehte und mir zurief: „Natalie, man sieht Dir deutlich an, dass Du hier glücklich bist. Mir ist eine glückliche Tochter in der Ferne lieber wäre als eine unglückliche daheim.“ Weiter meinte sie noch, dass mir das Dirndl, welches ich trug, sehr gut stehen würde und man sehen würde, dass ich hier meine neue Heimat gefunden hätte. Meine Mutter und ich liefen aufeinander zu und umarmten uns und ich winkte auch noch meinem Vater nochmal herzlich zu.

Die behutsame Vorgehensweise von Herrn Brinkmann ermöglichte es mir, dass sich das Vertrauen zu meinen Eltern langsam wieder aufbaute. So besuchten mich meine Eltern regelmäßig und auch ich verbrachte meine Ferien teilweise bei ihnen.
40. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 26.11.24 17:43

Kapitel 14 – Meine Gedanken an Prof. Dr. Brinkmann

Nach meinen Eltern musste ich unweigerlich an Herrn Prof. Dr. Gustav Brinkmann denken. Als ich durch das Verhalten meiner Eltern ganz unten angekommen war, war er es, der sich meiner annahm und mich langsam und behutsam wieder aufbaute.

Ich weiß nicht, ob ein anderer Therapeut die Geduld mit mir gehabt und mir dir Zeit gegeben hätte, die ich brauchte. Allerdings wurde ich auch für Herrn Brinkmann und seinem Team zu einer großen Herausforderung. Nicht ohne Grund bezeichnet er mich gerne als seinen schwierigsten aber auch interessantesten Fall.

Herr Brinkmann war auch derjenige, der sich schützend vor mich stellte und meinen Eltern die Stirn bot. Als mein Vater ihn sagte, dass ich seine Tochter sei und er entscheiden würde, wer mich behandelt, klärte er ihm ruhig aber bestimmt über die aktuelle rechtliche Situation auf. Für mich war die Aussage meines Vaters ein Schock. Wollte er allen Ernstes verhindern, dass ich jetzt die Hilfe bekomme, die ich brauche? Und das nach allen, was er mir in der letzten Zeit angetan hatte?

Herr Brinkmann ließ sich von meinem Vater nicht aus der Ruhe bringen und wandte sich zunächst an eine junge Studentin, die ihm begleitete und bat sie um deren Diagnose. Die junge Dame antwortete: „Die Patientin ist sehr stark traumatisiert und als Folge dessen hochgradig Suizid gefährdet. Die Symptome sind eindeutig und müssen sehr ernst genommen werden. Ich habe sie in dieser Intensität noch nicht gesehen, wenn mir diese Bemerkung erlaubt ist.“

Danach erläuterte er: „Das schweizerische Recht sieht im Rahmen einer Pflegschaft durch den behandelnden Therapeuten unter anderem vor, dass dieser das Aufenthaltsbestimmungs- und Umgangsrecht wahrnehmen kann, wenn dies – wie die Juristen so schön sagen – zum Wohl der Patientin unter Berücksichtigung aller Umstände - unabdingbar ist. Die Übertragung der Rechte ist in der Schweiz nur durch einen richterlichen Beschluss möglich. Ich habe gerade mit der zuständigen Richterin telefoniert und sie hat die Übertragung der entsprechenden Rechte auf meine Person mündlich bereits angeordnet.“

Erst später erfuhr ich, dass mein Vater Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte, um den Gerichtsbeschluss anzufechten. Nur leider galt Prof. Dr. Brinkmann als absolute Koryphäe im Bereich der Psychiatrie von jungen Erwachsenen, sodass sich kein in der Schweiz zugelassener Gutachter fand, der seine Expertise in Zweifel gezogen hätte. Vielleicht beruhigte es meinen Vater aber auch, dass wohl alle von ihm angefragten Gutachter und Psychiater ihm versichert haben, dass ich bei Herrn Brinkmann in den besten Händen sei.

Für mich war es erst allerdings der nächste Schock als ich erfuhr, dass das Gericht ihn als meinem Vormund eingesetzt hatte und er jetzt über mich bestimmen kann. Ich kannte die Situation bereits aus dem Pensionat und hatte die Befürchtung, dass ich weiter vollkommen rechtlos sein werde. So sagte ich zu meinen Eltern: „Toll, dann habt Ihr ja weiterhin, was Ihr wollt. Ob ich jetzt im Pensionat oder in der Klapse weggesperrt bin, ist doch letztendlich egal. Zumindest bin ich Euch nicht mehr im Weg. Ihr könnt Euch jetzt voll und ganz um Eure verdammte Firma kümmern. Keine nervige Tochter, die nur Probleme macht.“

Meine Eltern wollten hierauf etwas sagen, aber Herr Brinkmann bat sie, den Raum zu verlassen und schickte auch die ihn begleitenden Studenten fort. Somit war ich mit ihm und der mich behandelnden Ärztin allein im Krankenzimmer. Als alle gegangen waren, setzte er sich auf den Stuhl neben mein Bett und gab mir ein Tempo-Taschentuch. Langsam beruhigte ich mich wieder. Er stellte sich nun auch mir als Prof. Dr. Gustav Brinkmann vor. Ihm war auch nicht entgangen, wie geschockt ich darüber war, dass ich offensichtlich als unzurechnungsfähig angesehen werde und für mich ein Vormund, der voll und ganz über mich bestimmen kann, eingesetzt wurde. Herr Brinkmann versicherte mir, dass er die vom Gericht eingeräumt Rechte nur zu meinem Guten einsetzen werde. Er habe sich die Vormundschaft nur einräumen lassen, um mich vor dem Internat und meinen Eltern zu schützen. Dann erklärte er die Prinzipien, denen er folgt und die er auch versucht, als Professor seinen Studenten nahe zu bringen. „Als erstes stehen Sie als Patientin bei mir im Mittelpunkt. Sie bekommen die Zeit, die Sie brauchen.“ Er lehnt den Einsatz von Psychopharmaka grundlegend ab und respektiert die Entscheidungen seiner Patienten. So sagte er zu mir: „Wenn Sie etwas nicht wollen, dann sagen Sie einfach 'nein'. Dann setzen wir es nicht um. Es ist okay für mich. Sie kennen mich nicht, aber ich bin einer der angesehensten Psychiater der Schweiz und ich bin bekannt dafür, dass ich die Wünsche und Ängste meiner Patienten vollkommen akzeptiere.“

Ich hatte auch zuvor – als ich bereits im Internat war - einige Personen kennen gelernt, die mich verstanden und die sich gerne für mich eingesetzt hätten. Diesen fehlte nur leider die Möglichkeit hierzu. Anders war es bei Herrn Brinkmann. Dieser war durch den richterlichen Beschluss nun auch dazu in der Lage und wollte von diesen Recht offensichtlich nur zu meinem Gunsten Gebrauch machen.

Mit meinen verquollenen Augen sah ich ihn an: „Es tut mir leid, wenn ich gerade etwas ausgetickt bin, aber ich kann die Scheinheiligkeit meiner Eltern nicht ab. Ich gehe vor die Hunde meine Mutter sagt, dass sie es nicht gewollte haben, während mein Vater es herunterspielt und sagt, dass ich ihm noch einmal dankbar sein werde.“

„Sie haben die Kontrolle verloren. Für mich als Psychologe ist es Gold wert. Jetzt weiß ich, was mit ihnen los ist.“ „Ich bin doch ein hoffnungsloser Fall.“ „Sie stellen zweifelsohne eine große Herausforderung dar, aber als 'hoffnungslos' würde ich Sie nicht bezeichnen. Ich habe bisher noch jeden Patienten wieder hinbekommen." Irgendwie spürte ich, dass ich bei Herrn Brinkmann an den richtigen Therapeuten geraten war, ich ihm vollkommen vertrauen konnte und vor allen, dass er seine Versprechen und Zusagen mir gegenüber einhalten wird. So hatte ich das Gefühl, dass ich es schaffen kann, mit seiner Hilfe, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Ich weiß aber nicht, ob Herr Brinkmann damals wusste, was auf ihn und sein Team zukommen wird. Das mit der 'großen Herausforderung' bestätigte sich leider in den nächsten Wochen und Monaten das eine oder andere Mal. In manchen Sitzungen habe ich nur geheult. Für die Geduld, die man mir hatte, bewundere ich Herrn Brinkmann und sein Team noch heute. Die ein oder andere Beruhigungstablette – natürlich nur rein pflanzlich - habe ich gebraucht. Manchmal hatte ich die Befürchtung, dass es in der ganzen Schweiz bald kein Baldrian mehr geben wird, weil ich alles verbraucht habe. Aber Herr Brinkmann bliebt seinen Prinzipien treu und stellte mich nicht mit Psychopharmaka ruhig.

Herr Brinkmann war auch derjenige, der immer an mich glaubte. Als es mir niemand zugetraut hatte, dass ich mein Leben wieder in den Griff bekomme – am wenigsten ich selbst – war er es, der mich dazu brachte, mir die Wohngemeinschaft von jungen Erwachsenen mit psychischen Problemen im Seiberhof anzusehen. Dass ich letztendlich dort einzogen bin, habe ich bis heute nicht bereut, ganz im Gegenteil.

Herr Brinkmann bleib seinen Grundsätzen immer treu. So auch, als er starke Bedenken hatte, dass ich mit Mel, auch einer ehemaligen Internatsschülerin im Seiberhof zusammen lebe. Gegenüber meinen Eltern erklärte er später, dass seitdem ich im Seiberhof leben würde, eine positive Entwicklung zu beobachten sei. „Ich will ehrlich sein. Ich hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammen lebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden tun sich sichtbar gut.“

Die erste freudige Überraschung hielt ich für ihn bereit, als ich mich selbst bei der örtlichen Schule angemeldet habe. Ich bin einfach zur Direktorin gegangen und habe gesagt: 'Hier bin ich und ich möchte Ihre Schule besuchen.' Aus Sicht von Herrn Brinkmann zeigte dies, dass ich mein Leben wieder selbst in die Hand nehme und auch mit dem Abitur wieder ein festes Ziel vor Augen habe. Bemerkenswert fand er es zudem, dass ich meiner eigenen Schulausbildung einen sehr hohen Stellenwert einräumte. Gegenüber meinen Eltern erklärte er später: „Bei jungen Erwachsenen in Natalies Alter steht normalerweise nicht die eigene Schulausbildung an erster Stelle.“

Für all dies bin ich Herrn Brinkmann überaus dankbar. Auf der anderen Seite ist Herr Brinkmann auch mir zum Dank verpflichtet. Schließlich gibt es kaum eine Vorlesung von ihm, an dem ich bzw. meine Geschichte nicht mindestens einmal als Beispiel vorkommen. Seitdem er mich an seinen Lehrstuhl geholt hat, kann ich auch direkt aus meiner Sicht berichten. Wie ich schon eingangs erzählt habe, haben Herr Brinkmann und ich schon gemeinsam an mehreren internationalen Kongressen teilgenommen.

41. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Adriana0306 am 26.11.24 22:55

Ich glaube, ich muss meinen letzten Kommentar etwas revidieren. Es ist tatsächlich sehr interessant auch Wiederholungen aus dem ersten Teil aus einer anderen Perspektive zu lesen. Natürlich bin ich aber sehr neugierig wie es jetzt mit den neuen Patientinnen weitergeht
42. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 27.11.24 18:56

Zitat
Ich glaube, ich muss meinen letzten Kommentar etwas revidieren. Es ist tatsächlich sehr interessant auch Wiederholungen aus dem ersten Teil aus einer anderen Perspektive zu lesen. Natürlich bin ich aber sehr neugierig[,] wie es jetzt mit den neuen Patientinnen weitergeht

Hallo Adriana0306, es freut mich, dass auch Dir die Geschichte aus den anderen Perspektiven gefällt. Allerdings wird es im nächsten Kapitel um Natalies Rachefeldzug gegen die Leiterin des Internats gehen. Hier sind die Möglichkeiten zu einem Perspektivenwechsel leider begrenzt.
43. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 27.11.24 19:16

Diese Rache ist genial. So hätte ich gerne auch mit einigen gemacht... 👍
44. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 30.11.24 14:55

Kapitel 16: Die zweite Therapiestunde (Teil 1)

Schließlich stand zwei Tage später die zweite Therapiestunde von Annabelle und Jessica an.
Wir unterhielten uns über die erste Therapiestunde und ich fragte Annabelle, was sie noch mit ihrer Mutter unternommen hatte. Sie berichtete von einer langen Wanderung in den Bergen und sagte: „Es war sehr schön, aber auch schon sonderbar, dass ich meine Mutter trösten musste." Auch Jessica erklärte, dass sie einen Brief von ihrem Vater bekommen hat. In diesem hat er sich noch einmal für alles entschuldigt, was er ihr angetan haben. Auch er kann sich nicht erklären, warum er die Warnsignale ignoriert hat.

Am Abend habe ich dann erfahren, dass sowohl Annabelles Mutter und als auch Jessicas Eltern sich an das Institut gewandt haben und um die best-mögliche Therapie gebeten haben. Sie würden die Kosten hierfür selbstverständlich übernehmen und haben uns quasi einen Blankoscheck ausgestellt.

Ich musste unweigerlich an meinen Vater denken. Auch dieser hat mir Unsummen an Geld überwiesen. Er war dann aber auch der Ansicht, dass ich noch immer Führung brauche und daher schnellst möglich ins Internat zurückkehren soll. Er begründete es damit, dass ich die vollkommen unnötigerweise, die Kosten des allseits beliebten Mitarbeiterfestes übernommen hatte. Dabei wollte ich mich nur beim Krankenhauspersonal dafür bedanken, dass sie so aufopferungsvoll um mich gekämpft und mir somit das Leben gerettet haben.

Aber nun weiter zur Therapie von Annabelle und Jessica. Diesen erzählte ich von unserem Therapieansatz. Dieser sah vor, dass unsere Patientinnen möglichst schnell wieder ein ganz normales Leben führen sollen. Hierzu zählt selbstverständlich auch der Schulbesuch. So eröffnete ich den beiden Mädels, dass wir mit den örtlichen, staatlichen Schulen zusammen arbeiten würden. Somit besteht die Möglichkeit, die Schulausbildung dort fortzusetzen.
Annabelle und Jessica erklärten übereinstimmend, dass sie nicht wieder auf eine Privatschule gehen wollen. Ich sagte, dass ich dies sehr gut nachvollziehen kann. Auch ich hatte mich, als ich im Seiberhof eingezogen war, für die staatliche Schule im Tal entschieden. Bereut habe ich die Entscheidung nicht. Allerdings musste ich noch selbst zur Direktorin gehen.

Das braucht Ihr allerdings nicht zu tun. Ich kann bei der Schule im Tal Euch ankündigen und ihr könnt Euch diese erst einmal unverbindlich – und wenn ich 'unverbindlich' sage, dann meine ich es auch so - ansehen. Auch haben sich die meisten Eurer Mitbewohner in der Außenstelle für diese Schule entschieden und die Zusammenarbeit ist sehr erfolgreich.“

Ich wollte dann mit der zweiten Therapiestunde beginnen, aber Annabelle und Jessica baten mich, Ihnen die Geschichte über meinen Auftritt im Internat zu erzählen. So begann ich: „Als ich mit Hand- und Fußschellen gefesselt in der Arrestzelle der Polizei saß und darauf wartete, ins Internat zurück gebracht zu werden, habe ich mir selbst geschworen, dass Frau Durcet und ihre Handlangerinnen für alle die Demütigungen und Ungerechtigkeiten, die ich bisher ertragen musste und die auch noch zukünftig auf mich zukommen werden, bezahlen werden.

Die Möglichkeit hierzu ergab sich dann, nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte und mein Leben wieder einigermaßen in geordneten Bahnen verlief. Herr Brinkmann und sein Team hatten mich mental wieder stabilisiert. Auch mit meinen Eltern hatte ich mich ausgesprochen, nachdem diese eingesehen hatten, dass sie einen großen Fehler gemacht und sich mir gegenüber unfair verhalten hatten. Und schließlich hatte ich im Seiberhof eine neue Heimat und neue Freundinnen gefunden.

Herr Brinkmann, der nach wie vor mich psychologisch betreute, war von meinem 'Rachefeldzug“ alles andere als begeistert. Zwar sah er, dass ein möglicher juristischer Erfolg es mir erleichtern würde, endgültig mit dem Kapitel 'Internat' abschließen zu können. Auf der anderen Seite hatte er die Befürchtung, dass ich einen Prozess - trotz meiner Qualitäten als Kämpferin - mental nicht durchstehen würde. Hinzu kam, dass vor Gericht die Beschäftigung meiner Erlebnisse durch die nüchterne Brille des Juristen erfolgen wird. Entsprechend seines Grundsatzes, dass ich als Patientin entscheide, stimmte er dann dennoch zu.

In seine Studienzeit hatte sich Prof. Dr. Brinkmann eine Wohnung bzw. Bude mit einem Jurastudenten geteilt. Dieser war zwischenzeitlich zu einem der angesehensten Anwälte der Schweiz avanciert. Herr Brinkmann stellte den Kontakt her und der Anwalt war tatsächlich bereit, mich zu vertreten. Der Anwalt reichte in meinem Namen eine Klage gegen das Internat ein und das Gericht setzte einen Gerichtstermin fest.

Die Direktorin - Frau Durcet - war sich so sicher, die Klage abschmettern zu können, dass sie nicht selbst vor Gericht erschien, sondern ihre Sekretärin schickte. Einen Fehler, den sie später noch bitterlich bereuen sollte.

Der gegnerische Anwalt erläutert sodann die Säulen der Internatskonzeptes. Ziel sei es aus Kindern Damen von Welt zu machen. Voraussetzung wären beste schulische Leistungen, Tragen einer einheitlichen Kleidung, die Beschäftigung mit Gott und dem Glauben sowie ein unbedingtes Befolgen der Pensionatsregeln, einschließlich des Gehorsams gegenüber den Lehrkräften.
„Wissen Sie, Euer Ehren“, führte es weiter aus, „das Internat hat seit seinem Bestehen hunderte von jungen Frauen zu Damen geformt. Die meisten Absolventinnen sind dem Internat dankbar für die Ausbildung, die sie dort erhalten haben und bekleiden zwischenzeitlich hohe Positionen in der Wirtschaft, Verwaltung oder Politik. Vereinzelt werden aber auch Horrorgeschichten erzählt, die allerdings jeglicher Grundlage entbehren. Wir behalten uns vor, gegen die Klägerin juristisch wegen übler Nachrede vorzugehen. Der Anwalt bot an, darauf zu verzichten, wenn ich die Klage jetzt zurück ziehen würde.

Ich konnte es, einfach nicht fassen. Bezichtigte mich der gegnerische Anwalt doch tatsächlich der Lüge, obwohl ich nur gesagt habe, was ich erlebt habe. Ich brach in Tränen aus. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie der gegnerische Anwalt schon siegessicher mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck im Gerichtssaal saß. Vielleicht hätte er besser die Weisheit meines Vaters, beherzigt, seine Gegner niemals zu unterschätzen. Mein Anwalt lehnte das 'großzügige' Angebot in meinem Namen ab.

Danach wurde vom gegnerischen Anwalt zwei ehemaligen Schülerinnen und deren Eltern in den Zeugenstand gerufen. Sie schilderten, welche gute Ausbildung sie im Internat erhalten haben und wie dankbar sie dafür seien.

Dann wurde ich in den Zeugenstand gebeten. Ich schilderte wie ich die leicht verschärfte Internatskleidung samt Keuschheitsgürtel, wie ich Winterkleidung im Hochsommer tragen und wie ich festgezurrt und unter viel zu warmen Decken schlafen musste. Dann berichtete ich, wie ich in Windeln und mit einer Zwangsjacke in den Raum der Stille gesperrt wurde. Einen absolut dunklen und schalldichten Raum. „Anschließend legte man mich in Ketten und brachte mich in den Raum der Besinnung.“ fuhr ist fort. Dann berichtete ich, wie ich nachdem ich das Internat verlassen hatte, Hand- und Fußschellen tragen musste. Von Schlägen auf die Handflächen sowie von der deutlich verschärfte Internatskleidung und dem Knebel, der mir für angebliche verbreiten von Lügen über das Internat für zwei Wochen verpasst wurde, ganz zu schweigen. Ich schloss meine Ausführungen damit ab, dass Bestrafungen für kleinste Verfehlungen und manchmal für gar nichts im Internat üblich seien. Dies habe dazu geführt, dass ich keinen Ausweg mehr sah und nur noch sterben wollte und aus dem Fenster gesprungen bin.

Meine Ausführungen wurden sowohl von der Sekretärin und auch vom gegnerischen Anwalt als frei erfunden und somit als Lüge bezeichnet und der Sprung war ein bedauerlicher Unfall, ein Sturz gewesen. Auch die beiden ehemaligen Schülerinnen bestätigten auf Nachfrage des Gerichtes, dass sie nie etwas von dem, was ich gerade erzählt hatte, gehört oder gesehen hätten. Mein Anwalt beantragte, dass die Aussagen unter Eid abgegeben werden, was von der Richterin zunächst abgelehnt wurde, da nach ihrer Aussage, hierfür keine Veranlassung bestehen würde.

Das Blatt wendete sich dann zu meinen Gunsten, nachdem mein Anwalt die Ärztin, die mich im Krankenhaus behandelt hatte, in den Zeugenstand rief und die Internatskleidung, die ich bei meinem Sprung getragen hatte, präsentierte. Die Ärztin bestätigte dies. Man muss dazu sagen, dass mir die Ärztin im Krankenhaus die Kleidung gegeben hatte uns gesagt: „Wenn Ihnen jemand die Geschichte nicht glaubt, können Sie einfach die Kleidung vorzeigen. Das Internat hat mich bereits mehrfach kontaktiert und um Rückgabe der Kleidung gebeten. Ich habe geantwortet, dass ich die Kleidung nirgends finden konnte und davon ausging, dass wir diese aus hygienischen Gründen verbrennen musste.“ Tatsächlich war sie bei ihr zu Hause.

Mein Anwalt übergab zudem 22 eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeitern des Krankenhauses, die alle übereinstimmend bestätigten, dass ich bei der Einlieferung ins Krankenhaus die besagte Kleidung getragen habe. Weiter beantragte er, die Polizei zum Internat zu schicken und nachzusehen, ob weitere Schülerinnen derartige Kleidung tragen würden.

Ich beobachtete die Gegenseite und konnte feststellen, dass die vorher noch ziemlich gelöste Stimmung verschwunden war. Offensichtlich diskutierten der Anwalt und die Sekretärin, wie es sein konnte, dass ich in Besitz der Internatsuniform bin. Mein Anwalt und ich gaben sich währenddessen bewusst locker.

Die Gerichtsverhandlung wurde unterbrochen und nach zwei Stunden fortgesetzt. Kurze Zeit später kamen zwei Polizisten – ein Mann und eine Frau - in Begleitung von acht Internatsschülerinnen in den Gerichtssaal. Es waren übrigens die beiden Polizisten, die sich, als ich im Polizeigewahrsam war, sehr gut um mich gekümmert hatten.

Der Polizist erläuterte dem Gericht, dass sechs Schülerinnen mit verschärften Bekleidungen angetroffen wurden. Hierbei würde es sich fünfmal die sogenannte 'leicht verschärfte' und einmal die sogenannte 'deutlich verschärfte Internatskleidung' handeln. Weiter wurde seine Kollegin Zeugin, wie eine Lehrkraft einer Schülerin Stockschläge verpasste und eine Schülerin wurde angekettet im Verlies vorgefunden. Die Erzieherin würde sich im Polizeigewahrsam befinden und über die Schülerin im Verlies sei eine Fotodokumentation erstellt worden. Weiter habe er die Gummizelle vorgefunden. Auch über diese Räumlichkeit habe er ebenfalls eine Fotodokumentation erstellt.

Auch die Polizistin bat darum eine Aussage machen zu dürfen. Sie erzählte, dass sie mich seinerzeit zurück ins Internat bringen musste. Sie habe mich, wie es Vorschrift war, mit Hand- und Fußschellen an Frau Durcet übergeben. Frau Durcet hat mich dann, so wie ich war, in den Speisesaal gebracht. Sie sei uns gefolgt und habe mitbekommen, wie Frau Durcet verkündet hat, dass ich zunächst eine Woche lang die Hand- und Fußschellen tragen müsse.

Als mich meine Mitschülerinnen in den sogenannten Kreis aufgenommen hatten, habe ich ihnen gesagt, dass sie den beiden Polizisten vertrauen können. Später habe ich dann erfahren, dass meine Mitschülerinnen, als die beiden Polizisten das Internat betraten, diese nach ihren Namen fragten. Dann versorgten sie sie mit allen Informationen, die sie brauchten, um gegen das Internat vorgehen zu können.

Mein Anwalt führte aus, dass nach seiner Einschätzung jetzt eindeutig bewiesen sei, dass ich die leicht verschärfte Internatsuniform getragen habe und dass ich einige Tage in Hand- und Fußschellen gelegt verbringen musste. Weiter ist nachgewiesen, dass Schülerinnen im Keller angekettet und mit Stockschlägen bestraft wurden sowie auch dass die deutlich verschärfte Internatsuniform im Einsatz ist. Schließlich sei auch die Existenz der Gummizelle nachgewiesen. Somit ist eindeutig bewiesen, dass die Gegenseite in zwei Fällen die Unwahrheit gesagt wurde. In den weiteren Fällen sei dies überwiegend wahrscheinlich. Er wiederholte seinen Antrag auf Vereidigung der Zeugen der Gegenseite und diesmal gab die Richterin dem Antrag statt.

Aufgrund der erdrückenden Beweislast räumten die Sekretärin, die beiden ehemaligen Schülerinnen und letztendlich auch der gegnerische Anwalt, die Vorwürfe ein. Die Sekretärin führte aus, dass die Maßnahmen erforderlich gewesen seien, um aus verwöhnten Gören Damen von Welt zu machen, während die von Internat als Zeugen präsentierten Schülerinnen angaben, dass sie von Frau Durcet und ihren Eltern zu den Aussagen gedrängt wurden. Auch gaben meine eben aus dem Internat befreiten Mitschülerinnen an, dass die Sekretärin persönlich an Misshandlungen beteiligt war und hierbei deutlich brutaler als beispielsweise Frau Durcet vorgegangen sei.

War der gegnerische Anwalt zu Beginn der Verhandlung sichtlich gelöst, später angespannt, so war er nun kreidebleich. Wie gesagt, sollte man seine Gegner niemals unterschätzen. Zumal wenn dieser Natalie von Sternenberg heißt und von einem der besten Anwälte der Schweiz vertreten wird.

Mein Anwalt schlug vor, die Staatsanwaltschaft, die Schulbehörde und das Familiengericht über die Erkenntnisse, die sich im Verlauf der Verhandlung ergeben haben, zu informieren.

Danach wurde Herrn Prof. Dr. Brinkmann in den Zeugenstand gerufen und zu den Folgen meines Internatsaufenthaltes befragt.

Dem gegnerischen Anwalt waren ganz offensichtlich die Argumente ausgegangen. Im Schlussplädoyers hob er hervor, dass es das Ziel des Internats war, dass ich und die anderen Schülerinnen eine sehr gute Ausbildung bekommen, auch wenn sie das jetzt noch nicht zu schätzen wissen. Einige Verfehlungen gab es zu, allerdings bezeichneter er die von mir geforderte Summe als deutlich zu hoch.

Dann war mein Anwalt an der Reihe. Er führte zuerst aus, dass die abgeschlossenen Verträge ungültig seinen, da ich bereits volljährig war und die Vollmacht, die ich meinen Eltern erteilt hatte, vom Familiengericht hätte bestätigt werden müssen. Folglich wurde ich widerrechtlich über ein Jahr im Internat festgehalten. Dann führte er aus, welche Grausamkeiten ich im Internat erleiden musste.

Die Richterin folgte vollumfänglich den Argumenten meines Anwalt und sprach mir die geforderte Entschädigung zu. Im Urteil wurde auch festgestellt, dass ich im Internat keine menschenwürdige Behandlung bekam, sondern statt dessen fortlaufend gequält, schikaniert und gedemütigt wurde. So wurde ich Opfer von körperlichen und psychischen Misshandlungen, die nach Überzeugung des Gerichtes schwere psychische Schäden angerichtet haben. Ausdrücklich wurde im Urteil festgestellt, dass mein Sprung nach Überzeugung des Gerichtes eine Folge von den Misshandlungen war, die ich im Internat erdulden musste. Dem Internat wurden daher zusätzlich die Kosten für meine psychologische Behandlung sowie für meine Behandlung im Krankenhaus auferlegt.

Die Richterin schloss die Sitzung, während der Staatsanwalt der Sekretärin eröffnete, dass diese aufgrund des Verdachtes der Misshandlung Schutzbefohlener verhaftet sei.

Ich konnte es nicht erwarten, zum Internat zu fahren und Frau Durcet mit dem Urteil zu konfrontieren. So fuhr ich zusammen mit meinem Anwalt zum Pensionat. Auch Herr Brinkmann bestand darauf mitzukommen, falls mich die Situation emotional überfordern sollte. Wir gingen zielstrebig zum Büro der Rektorin, Frau Ducret, klopfen an und traten ein. "Hallo Natalie, schön Dich zu wieder zu sehen. Du willst sicher Deine Ausbildung bei uns beenden. Aber warum trägst Du nicht die Schuluniform?“ Auch Frau Durcet bemerkte, dass mein Erscheinungsbild eine perfekte Kombination aus Seriosität und dem Einsatz meiner weiblichen Reize sei. „Für diese Schule kommt aber eine derartige Bekleidung nicht in Frage“ fuhr sie mit strengem Unterton fort.

„Du musst verzeihen, ich hatte wieder eine dieser lächerlichen Klagen auf Schadensersatz wegen angeblicher Grausamkeiten im Internat. Ich konnte nicht selbst hingehen und musste daher meine Sekretärin hinschicken. Es wundert mich aber schon, warum sie noch nicht zurück ist. Willst Du mir eigentlich nicht Deine Begleitung vorstellen?“
Ohne auf ihre Ausführungen einzugehen, setzte ich mich demonstrativ auf einen der Sessel, worauf sie mich in ihrer gewohnt unfreundlichen Art darauf hinwiese, dass es Schülerinnen des Pensionats verboten ist, sich im Zimmer der Rektorin in die Sessel zu setzen.

Ich spürte, dass meine große Stunde gekommen war und führte aus: „Erstens bin ich für Sie nicht Natalie sondern Frau von Sternenberg. Zweitens bin ich schon längst nicht mehr Schülerin Ihres Pensionats und werde es auch nie wieder sein. Drittens sind mir Ihre Reglungen vollkommen egal.“ Um dies zu unterstreichen, löste ich mein Haargummi, welches meine Haare zu einem Dutt formten, sodass meine langen, blonden Haare auf meine Schultern fielen. Weiter führte ich aus: „Viertens bin ich die Klägerin der lächerlichen Klage und fünftens hat das Gericht zu meinen Gunsten entschieden und mir insgesamt 10.785.423,05 Schweizer Franken als Entschädigung und Ersatz meiner Auslagen zugesprochen. Und ich fordere Sie sechstens hiermit auf, die vorgenannte Summe noch heute an mich zu bezahlen. Siebtens werde ich hinsichtlich der Ihnen ebenfalls auferlegten Behandlungskosten auf Sie noch zukommen.“

Ich merkte sofort, wie Frau Ducret blass wurde und stammelte, dass eine solche Summe ihre und die finanziellen Möglichkeiten des Pensionats deutlich übersteigen würde.

Zu meinem Anwalt meinte ich, dass Frau Durcet offensichtlich nicht gewillt ist, die mir zustehende Entschädigung zu zahlen und bat ihn, die Zwangsvollstreckung in die Konten und die Internatsimmobilie in die Wege zu leiten. Er telefonierte kurz und gab mir mit einem kurzem „erledigt“ eine Vollzugsmeldung. Ich wandte mich an meine beiden Begleiter und sagte, dass weitere Verhandlungen hier offensichtlich keinen Sinn machen würden. "Das Gespräch ist beendet. Gehen wir jetzt.", fügte ich an. In der Zeit vor meinem Internatsaufenthalt hatte ich öfters meine Eltern zu geschäftlichen Terminen - insbesondere zu Geschäftsessen - begleitet. Ich kam mir dabei eher als 'schmückendes Beiwerk' vor, da ich weder verstand, über was dort verhandelt wurde, noch zu den Gesprächen etwas Konstruktives beitragen konnte. Zumindest konnte ich mich daran erinnern, dass mein Vater mehrfach Gespräche mit diesen Worten beendet hatte. In der Folgezeit sollte ich gegenüber Frau Durcet mehrfach Ausdrücke verwenden, die ich bei dieser oder ähnlichen Gelegenheiten aufgeschnappt hatte.
Frau Ducret flechte mich an: „Natalie, bitte warte doch. Lass uns reden“. Ich sah einen Rohrstock, der offensichtlich seit der letzten Bestrafung eines Pensionatszöglings auf dem Schreibtisch lag. Ich nahm ihn und schlug mit voller Kraft auf die Tischplatte, worauf Frau Durcet erschrocken zusammen zuckte. Ich schrie sie so laut wie ich konnte an: „Da Sie es offensichtlich immer noch nicht kapiert haben, ich bin nicht Natalie, sondern Frau von Sternenberg für Sie.“

Wie haben sich die Verhältnisse doch verändert, dachte ich so bei mir. Was ist nur aus der kleinen schüchternen Natalie geworden, die sich nach einem kurzen Aufbäumen nicht gegen den Beschluss ihrer Eltern, sie an diesem Pensionat anzumelden, gewehrt hat. Und die später keinen Ausweg mehr sah, als aus dem Fenster zu springen und schließlich als 'Häufchen Elend' im Krankenhaus jeglichen Glauben an die Zukunft verloren hatte? Schön, es hat ihnen einiges abverlangt, aber Prof. Dr. Brinkmann und sein Team haben einen wirklich guten Job gemacht. Nicht nur, dass sie mich aufgefangen haben, sondern sie haben mich zu einer selbstbewussten jungen Frau geformt. Hierfür werde ich ihm immer dankbar sein. Zugegeben es ist leicht derart zu agieren, wenn man einen Gerichtsbeschluss, der einem Schadensersatz von über 10 Mio. Franken zuspricht, in den Händen hält und das Überraschungsmoment auf meiner Seite hat. Auf der anderen Seite ist da die einst so strenge und unnachgiebige Frau Durcet, die keine andere Chance hat und alle Befehle von mir bedingungslos befolgen muss.

Ich hatte mir seinerzeit in der Arrestzelle vorgenommen, dass mein großer Auftritt noch kommen wird und ich mich für all das revanchieren kann, was mir im Internat angetan wurde. Instinktiv spürte ich, dass dieser Moment jetzt gekommen war.

Ohne auf Frau Durcet einzugehen, gingen wir in das obere Stockwerk zu dem Zimmer, welches ich mir einst mit meiner Mitbewohnerin Marion geteilt hatte. Obwohl ich von Frau Durcet für tod erklärt wurde, wurde es offensichtlich nicht ausgeräumt. An der Tür standen noch immer Marions und mein Name und auch meine Hefte lagen genau so da, wie ich diese einst hinterlassen hatte. Ich ging zu meinem Bücherregal und nahm meine geliebte Bibel wieder an mich. Ich gab sie an meinen Anwalt und bat ihn auf diese gut aufzupassen. Danach öffnete ich meinem Kleiderschrank und erkannte an den Aufnähern „Natalie von Sternenberg“, dass auch meine Internatskleidung noch vorhanden war. Was muss das nur für eine Gefühl für meine Zimmergenossin Marion gewesen sein, ständig am mich erinnert zu werden?

Frau Durcet war mir hinterher gekommen und bat mich abermals um ein Gespräch. Im gleichen Moment betrat eine weitere Lehrkraft - namens Frau Niedermayer - den Raum.

Ich sagte, dass meiner Meinung nach, auch die Rektorin und das Lehrpersonal mit gutem Beispiel voran gehen und ebenfalls die Schuluniform tragen sollten. „Wie? Was?“ stotterten die beiden Damen. „Ich bin zuversichtlich, dass Sie wissen, wo diese hier im Gebäude aufbewahrt wird. Sie sollten es sich gut überlegen, bevor Sie es wagen, mir noch einmal ohne Internatsuniform unter die Augen zu treten. Ich meine natürlich die Winterversion. Die leichtere Sommerkleidung müssen sie sich erst noch verdienen. Ich erwarte Sie beiden ordnungsgemäß angezogen im Speiseraum.“, antwortete ich.
Ein gequältes „Ja“ kam den beiden Damen über die Lippen. „Das heißt 'Ja, gnädige Frau von Sternenberg“, haben wir uns da verstanden und das knicksen nicht vergessen“, schrie ich beide an. Wie am meinem ersten Tag übten wir immer wieder das Knicksen, nur diesmal mit anders verteilten Rollen. Ich betrat den Raum, während die Damen Durcet und Niedermayer knicksen mussten. Mein Anwalt wunderte sich ein wenig über mein Verhalten und fragte Herr Brinkmann, was ich hier veranstalten würde. Worauf dieser nur mit 'Sie bewältigt gerade ihr Trauma“ antwortete.

Anschließend ging ich zusammen mit Herrn Brinkmann und meinem Anwalt durch das Pensionatsgebäude. An manchen Orten musste ich an die grausamen Erlebnisse, die mir hier widerfahren waren, zurückdenken. Dann erreichten wir in den Speisesaal, im welchem die Schülerinnen gerade zu Mittag aßen. Meine ehemaligen Klassenkameradinnen sprangen auf und begrüßten uns vorschriftsmäßig. Die meisten Schülerinnen hatten allerdings Schwierigkeiten mich zu erkennen, da ich weder die Internatsuniform noch den geforderten Dutt trug. Den Rest haben Euch sicherlich Eure Zimmergenossinnen bereits erzählt.

Glaubt mir, es hat gut getan, den Spieß einmal umzudrehen und die beiden Damen regelrecht vorzuführen. Später wurde mir bescheinigt, dass ich regelrecht zur Höchstform aufgelaufen bin. Nur als Frau Durcet sagte, dass es einzig meine Entscheidung war, aus dem Fenster zu springen, musste ich mit meinen Gefühlen schon kämpfen. Als alles vorbei war, bin ich dann allerdings vollkommen mental zusammen gebrochen.

Rückwirkend kann ich aber mit großer Genugtuung feststellen, dass ich die beiden Damen vor der gesamten Schülerschaft extrem der Lächerlichkeit Preis gegeben hatte. Somit hatte ich meinen ehemaligen Mitschülerinnen gezeigt, dass das Frau Durcet und Frau Niedermayer nicht unantastbar sind und mich zudem für all die Grausamkeiten, die ich während meines Internatsaufenthaltes erleiden musste, gerächt. Weiter hatten ich mich dazu entschieden, die Zwangsversteigerung in die Internatsimmobilien einzuleiten und somit Frau Durcet die Grundlage für ihr teuflisches Treiben, unter dem so viele Schülerinnen – einschließlich mir – leiden mussten, zu entziehen.

Der Rest der Geschichte ist dann wirklich schnell erzählt: Gegen Frau Durcet und ihre Handlangerinnen wurde Haftbefehl erlassen. Als Frau Durcet das Internat verlassen wollte, habe ich mich bei einem Anwalt rückversichert, dass ich sie daran hindern darf. Das habe ich dann auch getan, was sehr schmerzhaft für sie war. Mein Anwalt übernahm auch die Vertretung meiner ehemaligen Mitschülerinnen und erreichte eine einstweilige Verfügung, dass diese das Internat jederzeit verlassen und dieses Recht auch notfalls mit Gewalt durchsetzen dürfen. Sie machten von diesem Recht reichlich Gebrauch.

Wenig später betraten der Staatsanwalt in Begleitung der Polizei, ein Vertreter der Schulbehörde sowie eine Familienrichterin das Gebäude. Der Staatsanwalt erklärte Frau Durcet und ihren Handlangerinnen, dass diese verhaftet seien und ließ sie abführen. Der Vertreter der Schulbehörde erklärte, dass diese dem Internat die Schullizenz entzogen hätte und die Zuschüsse der letzten drei Jahre zurückfordern würde.

Und schließlich bot die Familienrichterin den Schülerinnen an, dass der Schweizer Staat sie in seine Obhut nehmen würde. Ich ersteigerte dann noch die Internatsimmobilie und gründete dieses Institut. Im Strafprozess gegen Frau Durcet und ihre Handlangerinnen trat ich als Nebenklägerin auf.

Annabelle sagte, dass sie geschockt war, als sie erfahren hat, wozu ich fähig bin. "Gegenüber mir warst Du immer so einfühlsam", fügte sie hinzu. Ich antwortete, dass Annabelle mich auch nicht über ein Jahr hinweg gequält hat. "Und mit Frau Durcet und ihren Handlangerinnen hat es nicht die falschen getroffen.", fügte ich hinzu.

45. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 23.12.24 18:35

Kapitel 17: Die zweite Therapiestunde (Teil 2) – Die Präsentation der Internatsuniform

Nachdem ich den beiden Mädels gegenüber ausführlich von meinem „Rachefeldzug“ gegen das Internat bzw. dessen Leiterin erzählt hatte, führte ich das Therapiegespräch fort.
Zunächst erläuterte ich, dass nach der Einschätzung von Herrn Brinkmann und mir, die Art und Weise, wie Annabelle im Internat angemeldet wurde, ein Trauma bei ihr ausgelöst hat. Bei Jessica sieht es vermutlich ähnlich aus. Ich fragte die beiden, ob dies in Ordnung sei, sich zuerst mit Annabelles Geschichte zu beschäftigen, was beide bejahten. Ich schlug daher vor, dass wir uns zuerst damit und mit den ersten Eindrücken im Internat beschäftigen. So bat zuerst ich Annabelle, ihre Gefühle, als sie die Internatsuniform vorführen musste, zu berichteten.

Sie begann: „Ich musste die Internatsuniform im sogenannten 'Präsentationsraum' vorführen. Dieser ist zirka 9 x 9 Meter groß. Auch der Boden dieses Raumes ist, wie alle Zimmer in der Villa, mit weißem Marmor gefliest. Auch der schwarze Streifen verläuft zirka einem Meter von der Wand entfernt als „Rundgang“ um den Raum. Im Innenraum befindet sich eine Sitzgruppe und ein großes Podest, etwa 3 x 2 Meter, welches wie eine Bühne gebaut ist und eine kleine schwarze Fläche in der Mitte hat. Über dieser Bühne ist eine Glaskuppel angebracht, wodurch die Bühne im optimalen Licht stand. Zusätzlich ist sie dennoch mit großen Deckenscheinwerfern beleuchtet.“
Beide Mädchen berichteten, wie sie sich auf die schwarze Fläche auf dem Podest stellen mussten. Dabei mussten sie den Weg über den schwarzen Streifen nehmen, der etwa dreimal so lang war, wie der direkte Weg. Jeder Schritt verursachte höllische Schmerzen. Aber es half nichts. Auf der Bühne verursachten die Scheinwerfer eine höllische Hitze. Zusammen mit der nach Meinung der beider Mädchen viel zu warmen Internatsuniform war es sehr unangenehm dort zu stehen.

Dann berichtete Annabelle weiter, wie sie als die Fläche erreichte 'ausgerichtet' wurde. Dabei musste sie in ein Art Kamera lächeln. Die Angestellte gab etwas in ihr i-pad ein und erklärte mir, dass meine nun die Präsentationssysteme aktiviert seien. Sobald sie ihre Position veränderte oder nicht mehr lächelte, würde ihnen dies durch ein Kribbeln meines Halsbandes angezeigt. „Du hast dann fünf Sekunden Zeit, dies zu korrigieren, das heißt die vorgeschriebene Position wieder einzunehmen und vorschriftsmäßig zu lächeln. Wenn Du es nicht tust, wirst Du entsprechend 'motiviert'.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das technisch überhaupt so funktionieren kann und lächelte mal kurz weniger und sofort ging das Kribbeln los. Ich musste erkennen, wie ausgereift die technischen Systeme im Internat waren und mir blieb nichts anderes übrig als brav mitzumachen.

So zu stehen ist noch grausamer, das merkte ich schon in der ersten Minute. Die Angestellte sagte, dass sie mein Make-up etwas auffrischen werde, da dieses durch mein irrationales Verhalten ganz verwischt sei. Mit 'irrationales Verhalten' meinte sie übrigens meine Wutausbrüche und meine Weinkrämpfe nach den Elektroschocks. Ich hatte schon lange die Strategie verfolgt, die Präsentation möglichst schnell hinter mich zu bringen und dann das verfluchte Internat mit meinen Eltern wieder möglichst schnell zu verlassen.

Die Angestellte kündigte an, dass sie jetzt das vorerst letzte Feature aktivieren würde. Im Internat gebe es Zeiten und Aufgaben, bei denen es für die Schülerinnen „Silencium“ heißt. Bei Präsentationen ist das regelmäßig so. Deshalb hab sie jetzt den Geräuschsensor in meiner Halskette aktiviert. „Das heißt, wenn du spricht, bekommst eine Disziplinierung.“, füge sie hinzu.

So stand ich nun in diesem beschissenen Präsentationsraum. Ich musste lächeln und den Mund halten, wollte ich nicht wieder einen äußerst schmerzhaften Stromschlag erhalten. Auch war ich weder Stehen noch Laufen in Highheels mit derart hohen Absätzen gewöhnt, sodass meine Füße fürchterlich schmerzten.

Kurze Zeit später betraten meine Eltern zusammen mit Madame vom Schaumbourg den Raum. Sie nahmen auf der Sitzgruppe vor der Bühne Platz. Mir blieb nichts anderes übrig, als sie weiter anzulächeln. Madame vom Schaumbourg 'bat' mich auf dem Laufsteg – sprich der schwarzen Markierung, die einmal um den Raum verlief - zu gehen und die Internatsuniform zu präsentieren. Ich wusste, dass ich keine Chance hatte, mich dagegen zu wehren und so gehorchte ich.
So ging ich einmal durch den ganzen Raum und dann wieder auf das Podest. Dort drehte mich ein paar Mal um die eigene Achse. Mein Vater meinte, dass mir die Schuluniform sehr gut stehen würde. „Ist halt etwas anderes als dem Schlabber-Look den Du sonst immer trägt.“ Ich wusste nicht, ob ich etwas darauf antworten sollte und schaute die Internatsleiterin fragend an. Da ich kurze Zeit dabei vergaß, weiter zu lächeln, meldete sich sofort mein Halsband wieder.
„Wir haben Ihrer Tochter beigebracht, dass sie zu schweigen hat, wenn sich erwachsene Leute unterhalten. Ich kann Ihnen aber versichern, dass sich Annabelle in der Uniform sehr erhaben vorkommt“, antwortete Madame vom Schaumborug. Ich nickte kurz, um gleich wieder zu lächeln.
Wenig später griff sie zum Telefon und rief ihre Bedienstete an, damit mich diese hinaus begleiten konnte.

Als wir beide den Raum verlassen wollte, sagte Madame vom Schaumbourg: „Einen Moment noch Annabelle.“ und hielt mich zurück. „Wir haben noch etwas vergessen.“ In den Händen hatte sie ein weißes Stück Stoff. Ich glaubte nicht, was ich da zu Gesicht bekam. Es handelte sich um eine weiße Haube wie sie noch im 19. Jahrhundert von den Landfrauen getragen wurde. Ein breites steifes Band bildete den vorderen Teil der Haube. Der Hinterkopf samt Dutt wurde vom restlichen Stoff verdeckt. Auch im Nacken wurde die Haube mit einem steifen Band abgeschlossen und legte sich satt um meinen Nacken. Die Angestellte schloss mir die Haube unter dem Kinn indem sie ein Band welches am einen Ende baumelte unter meinem Kinn hindurchführte und am anderen Ende irgendwo einknöpfte. Ich fühlte mich schon in dieser ätzenden Schuluniform grässlich, vom Korsett und den Strümpfen ganz zu schweigen. Doch diese Haube hätte ich mir am liebsten gleich wieder vom Kopf gezerrt. „Nun bist Du komplett angezogen“, sagte Madame vom Schaumbourg und ich durfte zusammen mit der Angestellten den Raum verlassen.

Die Angestellte gab etwas in ihr i-pad ein und sagte, dass ich jetzt wieder sprechen könne. Anschließend übte sie mit mir intensiv, wie sich eine anständige Tochter bedankt und eine Dame verabschiedet. Die in meinen Augen völlig sinnfrei Veranstaltung ging so lange, bis wir wieder einen Anruf erhielten. „Deine Eltern haben soeben für Dich einen 14-tägigen Probeaufenthalt vereinbart. Dies bedeutet, dass auch für Dich ab sofort die Internatsregeln gelten. Daher weise ich Dich vorsorglich darauf hin, dass Du eine empfindliche Strafe erhältst, solltest Du Dich nicht ordnungsgemäß bei Deinen Eltern bedanken und Dich anschließend verabschieden. Bitte gehen direkt auf Deine Eltern zu. Die Markierungen brauchst Du nicht zu beachten.

Ich konnte es nicht fassen. Hatten meine Eltern mich tatsächlich in diesem Horrorladen – wenn auch nur Probeweise und auch nur für 14 Tage angemeldet und dies ohne mich zu fragen? Damals ging ich noch davon aus, dass der gesamte Spuk in zwei Wochen zu Ende sein wird. Dass es ein längerer Aufenthalt im Internat werden wird, wusste ich damals noch nicht.
Die Angestellte brachte mich zurück den den Präsentationsraum. Ich ging, wie mir gesagt wurde, direkt auf meine Eltern zu, knickste und bedankte mich, dass diese mir den Probeaufenthalt in einem so luxuriösen Internat ermöglichten. Dabei sprach ich meine Eltern mit 'Sie' an, wie es mir gerade beigebracht wurde. Mein Vater antwortete: „Annabelle, wir sind von Deiner Verwandlung stark beeindruckt. Das mit dem 'Sie' geht jetzt aber deutlich zu weit. Bitte spreche uns weiter mit 'Du' an. Wir sind schließlich Deine Eltern.“ Also antwortete ich: „Gnädige Mutter, gnädiger Vater, ich danke Euch dafür, dass Ihr mir den Probeaufenthalt hier ermöglicht.“ Sofort merkte ich ein Kribbeln an meinem Hals und sah Madame vom Schaumbourg erschrocken an.
„Unsere Regelungen sehen vor, dass auch die Eltern gesiezt werden. Wir können da für Dich keine Ausnahme machen.“ Ich verbeugte mich vor ihr und sagte „selbstverständlich“. Zu meinen Eltern sagte ich anschließend: „Gnädige Mutter, gnädiger Vater, ich möchte nicht unhöflich erscheinen, jedoch würde ich gerne mein neues Reich erkunden und meine neuen Mitbewohnerinnen kennen lernen. Ich bitte Sie daher um die Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen.“ „Es ist schon okay“, antwortete mein Vater. Madame vom Schaumbourg bat Ihre Angestellte, mich aus dem Raum zu begleiten. Ich knickste vor meinen Eltern und vor der Internatsleiterin und verließ den Raum.

Nachdem wir den Raum verlassen hatten, sagte die Angestellte: „Siehst Du, Annabelle, es war doch gar nicht so schwer.“, worauf ich in Tränen ausbrach. „Was ist los?“, wollte sie wissen. „Glauben Sie, es ist schön, ständig alles falsch zu machen? Diesmal habe ich mir wirklich vorgenommen, alles richtig zu machen, aber ich schaffe es einfach nicht. Wissen Sie, bei uns hat das Wort meines Vaters ein gewisses Gewicht. Mit welcher Strafe muss ich rechnen, da ich wieder gegen die Internatsregeln verstoßen habe.“
„Du musst selbstverständlich mit keiner Strafe rechnen. Da kann ich Dich beruhigen. Glaube mir, die Internatsregeln, die Kleidung und insbesondere die Schuhe sind für alle neuen Internatsschülerinnen erst einmal ein Schock. Du hast jetzt erst einmal 14 Tage Zeit, das Internat richtig kennen zu lernen. Ich lasse Dich jetzt auf Dein Zimmer bringen und dort kannst Du Dich in aller Ruhe erst einmal ankommen. Oder möchtest Du eine Runde schwimmen, in den Wellnessbereich oder vielleicht ins Fitness-Studio gehen?“ „Aber ich habe doch gar keine Sportkleidung hier.“, entgegnete ich. „Wir haben die internatseigene Bekleidung in Deiner Größe bereits für auf Dein Zimmer bringen lassen.“
Es ist schon grotesk. Ich werde zu Handlungen gezwungen, die ich gar nicht machen will und nehme mir Fehler so zu Herzen.“

Dann fragte ich, was Annabelle und Jessica über die Präsentation von ihren Eltern erzählt wurde und welchen Eindruck die Eltern hatten.
Diesmal begann Jessica: „Du wirst durch das Elektrohalsband gezwungen eine perfekte Show abzuliefern und Frau vom Schaumbourg weiß ganz genau, wie sie die potenziellen Internatsschülerinnen zu präsentieren hat, damit deren Eltern begeistert sind und Zweifel, falls diese noch bestanden haben, verfliegen.
Annabelle ergänzte: „Und Jessica und ich – haben wohl oder übel - diese perfekte Show geliefert. Meine Eltern waren von meinem Auftritt begeistert. Madame vom Schaumbourg hat innerhalb kürzester Zeit ihnen die Tochter präsentiert, die sie sich immer gewünscht haben. Ich hatte zwischenzeitlich die Möglichkeit mich zumindest mit meiner Mutter auszusprechen. Sie sagt, dass sie es sich selbst nicht erklären kann, warum sie nicht bemerkt hat, dass es nicht mit rechten Dingen zuging. Sie kannte mich und hätte somit erkennen müssen, dass ich mich nicht freiwillig so präsentiert habe. Sie kann es sich nicht erklären und macht sich solche Vorwürfe und ich glaube ihr dies auch.“
Jessica ergänzte: „Ich war allein mit meinem Vater dort. Er hatte etwas bemerkt, ließ sich dann durch meine Show umstimmen. Unsere Show war eben zu perfekt. Allerdings wurden wir beide zu dieser gezwungen und hatten gar keine andere Möglichkeit.“

„Meine Mutter hat sich zwischenzeitlich mit mir ausgesprochen und sich bei mir entschuldigt.“, fuhr Annabelle fort. „Es würde mir so sehr helfen, wenn dies auch mein Vater tun würde. Ich habe, seitdem ich hier bin, von ihm nichts mehr gehört. Vermutlich vertritt er immer noch die Auffassung, dass abwegig war, dass man uns Elektrohalsbänder anlegt und man ihm daher keinen Vorwurf machen kann. Dabei war es nicht mein Vater, der mir das verfluchte Halsband angelegt hat und ich bin mir sicher, er hätte mich nie im Internat angemeldet, wenn er es gewusst hätte. Allerdings macht es sich der Herr aus meiner Sicht ein wenig zu einfach und er vergisst, was uns mit den Halsbänder und den Elektroschocks angetan wurde.“

Ich fragte, Annabelle, ob sie bereit ist, sich mit ihrem Vater auszusprechen, was sie bejahte.
46. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Adriana0306 am 23.12.24 20:33

Schön, dass die Geschichte fortgesetzt wird
47. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Zwerglein am 25.12.24 00:55

Auch ich freu mich das sie fortgesetzt wird.
Ich Danke Dir dafür.

Allen Benutzern des Forums, wünsche ich ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest und eine guten Start im neuen Jahr.

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Gruß vom Zwerglein.
48. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 27.12.24 19:02

Kapitel 18: Die zweite Therapiestunde (Teil 3) – Anabelles neues Reich

Dann warf ich die Frage in den Raum, ob es nicht besser gewesen wären, sich der Show, die Frau vom Schaumbourg haben wollte, zu widersetzen. Dann hätten Eure Eltern mitbekommen, dass Euch Elektroschocks verpasst werden und Euch sicher wieder nach Hause genommen.

Jessica antwortete, dass sie sich diese Frage wiederholt gestellt hat, als sie im Internat war und bei Annabelle war es genau so. Annabelle führte weite aus: „Bedenke bitte, dass wir durch das Einkleiden und die Elektroschocks vollkommen eingeschüchtert waren. Ich habe nur noch die Strategie verfolgt, dass was von mir verlangt wurde hinter mich zu bringen. Ich war fest davon überzeugt, dass meine Eltern noch einmal mit mir sprechen würden, bevor sie mich im Internat anmelden. Auch bin ich überzeugt, dass Frau von Schaumbourg auch für diesen Fall eine entsprechende Strategie parat gehabt hätte. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Elektroschocks deaktiviert sind. Ich fürchte, dass es Frau vom Schaumbourg trotzdem geschafft hätte, dass meine Eltern mich anmelden. Dann wären entsprechende Strafen – ich meine natürlich Maßnahmen – die Folge gewesen.

Jessica antwortete, dass sie sich im Vorfeld auf das Internat gefreut hätte, dann wären ihr während des Einkleidens erste Zweifel gekommen. Ihr Vater hätte auch gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Sie hätte nur sagen müssen, dass es zutreffend ist und dann wäre ihr das Internat erspart geblieben.

Ich fragte danach die beiden Mädels, wie es nach der Anmeldung weiterging. Diesmal antwortete wieder Annabelle zuerst: „Dass meine Eltern mich allen Ernstes im Internat angemeldet hatte, wenn auch nur probeweise und für 14 Tage, war ein Schock für mich. Auch nahm ich es mir sehr zu Herzen, dass ich bei der Präsentation der Internatsuniform wieder einen Fehler gemacht hatte. Kurze Zeit später betrat ein Dienstmädchen den Raum, um mich auf mein Zimmer zu bringen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass man mir nach dem ersten Schock etwas Ruhe gönnen wollte. Die Internatsregeln und mein Lehrplan wurden mir erst zwei Tage später ausgehändigt. Auch kam später Nicole zu mir und sagte, dass man sie von ihren Verpflichtungen befreit hätte, damit sie sich um mich kümmern könnte.“

Dann fragte ich nach der Ausstattung ihres Zimmers im Internat.
„Mein Zimmer kann mit dem Luxus unserer Präsidenten-Suite im Grand-Hotel zu Neuchatel durchaus mithalten. Ich hatten bereits dem Reporter gesagt, dass der Unterschied allerdings ist, dass mein Zimmer für eine 18-jährige Internatsschülerin war und die Suite meist an Staatsmänner, gekrönte Häupter oder erfolgreiche Geschäftsleute für teures Geld vermietet wird. Zu den erfolgreichen Geschäftsleuten zähle ich auch zwischenzeitlich meine Eltern. Aber diese hatten ursprünglich eine deutlich kleinere Suite angemietet. Nur weil das Hotel vollkommen ausgebucht ist und mich der Direktor als Vorsitzende des örtliche Spring- und Reitverein kannte, haben wir diese Suite bekommen und dies zum Preis der ursprünglich gebuchten Suite plus ein normales Einzelzimmer für mich.

Aber nun weiter zu meinem Räumlichkeiten im Internat. Bereits der Flur mit einer Mini-Küche bzw. Bar und einer Garderobe war schon fast so groß, wie mein erstes Zimmer in der Wohnung meiner Eltern. Der gesamte Boden war mit schwarzem Marmor ausgekleidet. Dies sah nicht nur richtig geil aus, sondern ermöglichte mir auch, dass ich mich in meinem Zimmer frei bewegen konnte. Ich ging weiter und betrat ein wirklich großes Wohnzimmer. Die Einrichtung bestand aus Designer-Möbeln aus Leder und Edelhölzern. Ich ging auf die große Schrankwand zu. Ich öffnete die Türen und blickte auf einen Flachbildfernseher mit geschätzten zwei Metern Bilddiagonale. Weiter waren ein DVD-Player, eine Stereoanlage und eine x-Box vorhanden. In den übrigen Fächern waren diverse Gläser, Teller und sonstiges Geschirr vorhanden bzw. diese waren leer.
Als nächstes ging ich ins Schlafzimmer. Dieses war auch riesig und mit einem Wasserbett, Schreibtisch mit Laptop und zusätzlichen Bildschirm, einen Fernseher und einem Bücherregal möbliert.

Selbstverständlich waren es wieder sehr edle und ich vermute auch Designer-Möbel. Ich wunderte mich schon über den fehlenden Kleiderschrank. Allerdings nicht lange, denn von Schlafzimmer gingen zwei Türen ab. Ich ging durch die rechte Tür hindurch und stand in einem Ankleidezimmer. Ich öffnete den ersten Schrank und erkannte, dass diese bereits voll eingeräumt war. Es war der Schuhschrank. Ich blickte auf ein gutes Dutzend Schuhe. Die meisten Schuhe hatten gemeinsam, dass sie entweder hohe Absätze, sehr hohe Absätze oder extrem hohe Absätze hatten. Ein Zettel hing daneben, dass ich meine Schuhe wechseln dürfe. Ich wählte ein Paar Stiefel mit moderaten Absätzen. Dabei wählte ich bewusst nicht die Schuhe mit den niedrigsten Absätzen. Ich wechselte die Schuhe und stellte mit Erleichterung fest, dass ich hierfür nicht bestraft bzw. motiviert wurde. Die Schuhe, die ich bisher getragen hatte, stellte ich ordentlich zu den anderen Schuhen. In nächsten Schrank waren die Internatsuniformen in unterschiedlichen Ausführungen vorhanden. Ich wunderte mich schon, warum mir für einen nur 14-tägigen Probeaufenthalt eine derartige Anzahl an Kleidungstücken zur Verfügung gestellte wurden. Wenn ich rückwirkend die Sache betrachte, hätte ich hier zumindest jetzt stutzig werden müssen.

Allerdings konnte ich keine Sportbekleidung finden. Hatte die Angestellte nicht gesagt, dass diese für mich bereit liegen sollte? Auch vermisste ich sowohl meine normale, bequeme Kleidung, die meine Eltern immer als „Schlabberlook“ bezeichneten. Auch waren ausschließlich Röcke und keine Hosen vorhanden. So wurde mir klar, dass ich während meines Aufenthaltes ausschließlich diese beschissene Internatsuniform tragen muss. Ich erkannte, dass die Zeit im Internat hart werden wird, aber irgendwie halte ich die 14 Tage schon durch, dachte ich so bei mir.
Im nächsten Schrank befand sich die Unterwäsche. Bis zu meinem Aufenthalt im Internat hatte ich eine Vorliebe für verführerische Dessous. Ich hatte zwar einige Verehrer, aber zu einer Beziehung hatte es bisher nicht gereicht. Oftmals hatte ich mir gedacht, was die Typen denken würden, wenn diese wüssten, was ich drunter trage. Im Schrank lag nur schlichte, weiße Unterwäsche aus Baumwolle. Besonders geschockt war ich von den Unterhosen mit Beinansatz, die ich verächtlich bisher als 'Oma-Unterhosen' oder 'Liebestöter' bezeichnet hatte. Auch lagen mehrere Schlafanzüge und altmodische Nachthemden im Schrank. Dass ich bisher vorwiegend in Seiden-Negligees geschlafen hatte, interessierte sicherlich niemanden. Auch mehrere von den Latexhandschuhen, die mich bereits seit dem Vormittag nervten, lagen fein säuberlich übereinander gestapelt.
Den letzten Schrank konnte ich nicht öffnen. Erst später habe ich erfahren, dass hier Gerätschaften vorhanden sind, die zu meiner Bestrafung - eine meine natürlich 'Motivation' - gebraucht werden. Dies war übrigens eine sehr leidvolle Erfahrung.

Anschließend ging ich durch die linke Tür ins Badezimmer. Auch das Badezimmer ließ so ziemlich keine Wünsche offen. Vorhanden waren eine wirklich große Regendusche, eine Whirlpool-Wanne, ein großer Waschtisch und ein sehr geräumiger Badezimmer-Schrank. Ich öffnete den Badezimmer-Schrank und stellte fest, dass dieser voll befüllt war. Ich wunderte mich schon, dass es genau die Kosmetiker waren, die ich auch bereits zu Hause verwendet hatte. Ich dachte mir aber dabei nichts.
Auf dem Couchtisch lag ein Tablet. Ich startete dies und erkannte, dass ich mit diesem das Licht, die Vorhänge, Rollläden und weitere technische Geräte – z.B. die Klimaanlage, die Lüftung und die Heizung - steuern konnte.

Als nächstes ging ich auf die Terrasse. Auf dieser befanden sich ein Gartentisch mit zwei Gartenstühlen, zwei Liegen mit Sonnenschirm. Neben der Terrasse war etwas mit einer Plane abgedeckt. Ich zog die Plane zur Seite und sah einen Außenwhirlpool.

Wenig später klingelte es an der Tür. Ich war schon etwas überrascht, dass ich eine eigene Klingel habe. Auf dem Taplet war Nicole zu sehen und ich hatte die Auswahl zwischen öffnen, ignorieren oder sprechen. Ich entschied mich für öffnen. Nicole betrat mein Zimmer. Sie bewegte die Lippen allerdings ohne etwas zusagen. „Wir werden abgehört“ konnte ich erkennen und nickte.
Wie gefällt es Dir das Internat?, fragte sie. Ich hatte den Eindruck, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte. Ich sagte, dass mir die Strenge von Madame vom Schaumbourg und ihren Angestellten durchaus zu schaffen machte, aber dieses Zimmer an Luxus nicht zu übertreffen sei.

Sie deckte mit der Hand ihr Halsband ab und sagte zu mir: „Wenn ich Dir alles erzählt hätte, wärest Du nie mit zum Internat gekommen und ich hätte ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. Denke daran, dass Du nur einen Probeaufenthalt von 14 Tagen hast. Ich bin bereits 1,5 Jahre hier und weiß nicht, wie lange ich noch hier bleiben muss. Ich hoffe Du nimmst es mir nicht übel.“ „Ist schon okay“ antwortete ich „und diese Bude ist wirklich nicht von schlechten Eltern.“ Nicole wies mich darauf hin, dass ich besser nicht von 'Bude' sprechen solle und Ausdrücke wie 'von schlechten Eltern' besser im Internat nicht verwende.

„Hast Du Lust schwimmen oder in den Wellnessbereich zu gehen. Es hat den Vorteil, dass wir selbstverständlich keine Stiefel zu tragen brauchen.“ Ich antworte, dass ich meine Badebekleidung nicht finden könne. Nicole beruhigte mich, diese befindet sich bereits in Deinem Spind in der Umkleide in der Badelandschaft. Allerdings ist die Badebekleidung – sagen wir mal – ein wenig altmodisch.
Wir beide gingen zum Schwimmbad. Ich hatte dieses bereits kurz am Vormittag gesehen. Auch dieses war Luxus pur. Zuerst gingen wir in die Umkleiden und Nicole zeigte mir meinen Spind. 'Ein wenig altmodisch' war gar kein Ausdruck für die Badebekleidung. Bisher hatte ich ausschließlich Bikinis getragen. Im Freibad oder am Strand einen Bikini zum Binden und im Sportunterricht einen Sportbikini. Gerechnet hatte ich mit einem Badeanzug, vielleicht sogar mit Beinansatz. Statt dessen waren in meinen Spind zwei Badekleider, wie ich sie auf einhundert Jahre alten Fotos mal gesehen hatte.

Die Umkleiden standen den Luxus der übrigen Anlage in nichts nach. Wir halfen uns gegenseitig die Korsetts auszuziehen und die restliche Internatsuniform auszuziehen. Nur die Keuschheitsgürtel und unsere Halsbänder behielten wir notgedrungen an. Nicole betätigte eine Klingel. Darauf kam eine Angestellte vorbei und befreite uns von den Schenkelbändern. Anschließend zogen wir unsere Badekleider, unsere Badeschlappen, so eine Mischung auf Badeschuhen und Sandalen sowie unsere Bademäntel an und betraten das Schwimmbad.

Das Bad bestand aus einer Badelagune mit Sand und Palmen sowie einem Schwimmbad mit einer 25 Meter-Bahn. Wir gingen zuerst in die Schwimmhalle und schwammen einige Bahnen. Es war schon ein komisches Gefühl mit einem Keuschheitsgürtel und Badekleid schwimmen zu gehen. Aber hatten wir eine andere Wahl. Anschließend begaben wir uns in die Badelagune, um uns dort auf zwei Liegen auszuruhen. Nicole drückte wieder die Klingel und bestellte zwei alkoholfreie Cocktails für uns.

Wenig später kamen zwei Mitschülerinnen. Nicole stellte mich als möglicherweise zukünftige Schülerin vor und führte aus, dass ich zurzeit einen 14-tägigen Probeaufenthalt absolvieren werde. „Siehe zu, dass Deine Eltern Dich nicht nach dem Probeaufenthalt ganz im Internat anmelden, wenn Du es nicht willst.“, gab mir eine der Schülerinnen mit auf den Weg.

Nachher schauten wir beide noch im Wellness-Bereich vorbei. Selbstverständlich durften wir die Sauna nicht unbekleidet, wie ich es kannte, betreten, sondern mussten ein speziell hierzu entwickeltes Saunakleid anziehen. Anschließend gönnten wir uns noch eine Massage. Es überrascht mich schon, dass ich diese nur mit dem Keuschheitsgürtel und meinem Halsband bekleidet bekam. Ich hatte fest damit gerechnet, dass es auch hierfür irgendein altmodisches Kleid gibt.
Danach zogen wir beide uns wieder an. Leider mussten wir uns wieder die Korsetts anlegen und auch die restliche Internatsuniform – einschließlich der Absatz-Schuhe - wieder anziehen. Auch wurden uns wieder die nervigen Schenkelbänder angelegt. Ich muss aber zugegen, dass ich trotz der Kleidervorschriften den Aufenthalt im Wellness-Bereich als sehr erholsam empfand.

Nicole zeigte mir den Reitstall. Ich erzählte ihr von meinem eigenen Pferd. Danach erkundeten wir die Gemeinschaftsräume. Diese bestanden aus einer Bar, einer Bibliothek, einer Art Heimkino und diversen Sitzecken. Nicole griff zum Telefon und bestellte erneut zwei alkoholfreie Cocktails.
Nach und nach gesellten sich weitere Internatsschülerinnen zu uns. Alle hatten offensichtlich eine Methode gefunden, wie man reden konnten, ohne dass man im Internat mithören konnte. Nicole führte mich in diese ein, wies mich aber darauf hin, dass sie nicht 100% sicher ist. Als wir uns im Gefängnis kennen lernten, war mir die Methode zu unsicher.

Alle Mitschülerinnen rieten mir, die positiven Aspekte des Internatsaufenthaltes zu genießen und die negativen zu ignorieren. Wir 'unterhielten' uns eingehend über das Leben im Internat. Ich muss feststellen, dass meine Mitschülerinnen, trotz der Tatsache, dass wir möglicherweise doch abgehört wurden, recht freimütig über das Internat erzählten. Auch musste ich feststellen, dass die Geschichten meiner Mitschülerinnen mit meiner vergleichbar waren. Es waren alles Töchter von vermögenden Eltern, die der Auffassung waren, dass deren Verhalten und ihr Erscheinungsbild unakzeptabel seien.

Später gingen wir beide zum Abendessen. Auch der Speisesaal war sehr luxuriös eingerichtet. Nicole steuerte auf einen Tisch, an dem schon einige Schülerinnen saßen, zu. Zwei Diener zogen uns die Stühle nach hinten, damit wir Platz nehmen konnten.
Es gab mehrere 'Menue-Folgen' zur Auswahl. Ich wählte die Zanderfilet mit Rieslingsauce dazu Lauch mit Pfifferlingen und Kartoffelpüree. Dazu bestellte ich mir ein Bier.

Am Ende meinte Nicole noch, dass man merkt, dass ich neu wäre. „Du hast gerade beim Essen einiges getan, was sich für eine Dame von Welt nicht schickt.“ Ich war mir dessen nicht bewusst, da ich glaubte, ganz normal gegessen zu haben. Bei allen Neulingen werden die Tischmanieren zu Beginn in den Lehrplan eingebaut. Sobald Du die Unterrichtseinheiten absolviert hast, solltest Du diese beachten. Eine Dame trinkt kein Bier und schon gar nicht zum Fisch.

Nach dem Essen gingen wir auf die Terrasse und unterhielten uns noch eine ganze Weile. Plötzlich bemerkte Nicole, dass es bereits 21:30 Uhr sei und es besser sei, dass wir uns jetzt bettfertig machen. Sie bot an, dass wir uns gegenseitig beim Umziehen helfen. Es ist angenehmer, wenn Dir eine Mitschülerin hilft, als das Hauspersonal, gab sie mit noch mit auf den Weg. So gingen wir zunächst auf mein Zimmer und ich zog mich mit Nicoles Hilfe um. Die Schlafbekleidung bestand aus einem Nachthemd, wie ich es von meiner Oma kannte. Selbstverständlich war selbst auf diesem das Internatswappen angebracht. Anschließend gab sie mir aus dem Schrank eine Art Morgenmantel und ein paar Hausschuhe. Ich zog beides an und wir gingen in ihr Zimmer. Dieses war zwar anders geschnitten aber vergleichbar luxuriös eingerichtete. Auch ich half beim umziehen. Anschließend verabschiedeten wir uns und ich ging zurück in mein Zimmer.

Am Abend lag ich dann in meinem Bett und dachte über das Internat nach. Auf der einen Seite ist der Luxus schon überwältigend. Auf der anderen Seite machen die Regeln, die ich bereits kannte, bereits zu schaffen und ich wusste noch nicht, welche Regeln es noch gibt. Jedoch befürchtete ich, dass es einige sein werden. Auch war mir klar, dass die Internatsleiterin und ihre Angestellten besser in eine geschlossene Anstalt gehören würden.

Es war eine laue Sommernacht, sodass ich die Terrassentür offen stehen ließ.
Kritisch fragte ich mich, ob ich nicht besser auf die Wünsche meiner Eltern eingegangen wäre. Mal ein schönes Kleid tragen und dann auch meine Eltern mal zu Einladungen von Geschäftsfreunden begleiten und dann sich ein paar Stunden zusammen reißen. Auf beides hatte ich aber beim besten Willen keine Lust und verglichen mit meinen Klassenkameradinnen war ich doch noch recht anständig.
Ich überlegte, ob ich meinen Eltern anbieten soll, mich zukünftig nach ihren Vorstellungen zu kleiden und zu benehmen und auch an geschäftlichen Terminen teilzunehmen, wenn sie es wünschen, um nach Hause zurück zu kehren. Am ersten Tag war ich mir allerdings nicht sicher, ob ich dies überhaupt will. Sicherlich die Internatsleiterin und deren Lehrkräfte sind eindeutig ein Fall für die Klapse, aber der Luxus dieses Schuppens ist schon überwältigend.

Wie ich so da lag und nachdachte, hörte ich auf einmal hörte ich ein lautes Miau. Ich stand auf und sah, dass ein sehr junges Kätzchen gerade durch mein Wohnzimmer stolzierte.
Das Kätzchen kam auf mich zu und schmiegte sich an meine Beine. Fast schien es mir, als wisse die Katze, dass ich mit der ganzen Situation vollkommen überfordert war und es mir daher gerade sehr schlecht ging und wollte mich trösten. Ich ging zur Mini-Küche im Eingangsbereich und gab dem Tier etwas Kochschinken.

An nächsten Morgen kam Nicole vorbei und half mir, die Internatsuniform vorschriftsmäßig anzuziehen. Anschließend half ich ihr und wir beide gingen zum Frühstück. Sie ging gezielt auf einen Tisch, an welchem bereits mehrere Schülerinnen saßen zu und stellte mich vor.

Eine Bedienstete kam auf mich zu und fragte, ob ich Tee oder Kaffee trinken möchte. Selbstverständlich wäre auch beispielsweise ein Cappuccino oder eine andere Kaffeespezialität möglich. Wenig später kam eine Bedienstete mit Säften vorbei und schließlich brachte mir eine Angestellte 'mein' Frühstück. „Wir haben Ihnen ein Standard-Frühstück zusammengestellt, da wir Ihre Vorlieben noch nicht kennen. Wenn etwas fehlt, lassen sie mich dies bitte wissen“. Ich bedankte mich anständig bei der Angestellten und fragte Nicole – nach meinen gestrigen Erfahrungen, ob ich irgendetwas beim Frühstücken zu beachten habe, da ich neu hier bin. Sie sagte, ich solle erst einmal die entsprechende Lerneinheit abwarten. Welche Lernübungen hast du?, wollte eine meiner neuen Mitschülerinnen wissen. Noch gar keine, antwortete ich.
Nach dem Frühstück begegnete ich eher zufällig jener Angestellten, die mit beim Anziehen der Internatsuniform 'geholfen' hatte, auf dem Gang.

Ich ging auf Sie zu und bat sie, mir ein paar Fragen zu beantworten. Sie antwortete mir, dass ich sie normalerweise gar nicht einfach ansprechen darf ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Sie wies aber darauf hin, dass ich dies noch nicht wissen konnte, da mir die Schulordnung und die Benimmregeln noch nicht ausgehändigt wurden. Wieder brach ich in Tränen aus, da ich abermals offensichtlich gegen die Internatsregeln verstoßen hatte.

Später habe ich erfahren, dass es mehreren Lehrkräften aufgefallen war, dass ich mir Fehler sehr zu Herzen nehme. Ich wurde später zu Madame vom Schaumbourg gerufen, die mir unmissverständlich erklärte, dass eine Damen von Welt zu ihren Fehlern steht und mit diesen professionell umgeht. Meine emotionalen Zusammenbrüche seien allerdings überaus unprofessionell.

Ich bedankte mich bei Annabelle für die Erzählung und fragte anschließend Jessica, ob sie über ihre Erlebnisse im Internat erzählen wollte. Sie meinte, dass bei ihr die Erinnerung noch sehr frisch sei und sie etwas zeitlichen Abstand benötige, um darüber sprechen zu können. Es sei für sie schon eine sehr große Belastung, den Erzählungen von Annabelle zu folgen. Allerdings möchte sie bei diesen weiterhin dabei sein.

„Nur so viel. Ich habe mehrfach versucht, meinen Vater davon zu überzeugen, mich auf ein anderes Internat zu schicken. Jedoch ist mein Vater ein erfolgreicher Manager, der seine Vorstellungen konsequent durchsetzt. Dass dies auch für seine eigene Tochter gilt, wusste ich zuvor noch nicht und musste es schmerzhaft erfahren. Zumindest habe ich irgendwann resigniert und mich meines Schicksals ergeben und nur noch vor mich hin gelebt.“
„Das Internat war für uns alle kein Zuckerschlecken. Aber man hat Dir deutlich angesehen, dass Du besonders unter den Verhältnisse dort leidest. So habe ich es auch Deinem Vater gesagt.“, sagte Annabelle. „Dafür bin ich Dir auch für alle Zeit dankbar.“, war die Antwort.

Ich ergänzte, dass eine Therapie nur Sinn macht, wenn die Patientin bereit und in der Lage ist, sich mit dem Erlebten auseinander zu setzen. „Nach meiner Einschätzung ist dies bei Dir der Fall, Annabelle. Bei Dir habe ich noch meine Zweifel, Jessica. Ich bitte Euch bis zum nächsten Mal zu überlegen, wie es weiter gehen soll. Zwei unserer wichtigsten Grundsätze sind: Erstens, dass Ihr als Patientinnen entscheidet und zweitens, dass alles freiwillig ist.“
49. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 11.01.25 17:25

Kapitel 19: Die dritte Therapiestunde (Teil 1) - Aushändigung der Internatsregeln

Zu Beginn der dritten Therapiestunde fragte ich Annabelle und Jessica, wie es weiter gehen soll.
Jessica sagte, dass sie gerne die Therapie in der jetzigen Form fortführen will. Wenn sie überfordert ist, dann sagt sie es.
Ich fragte Annabelle, ob sie etwas dagegen hat, was sie verneinte.
„Wie gesagt, eines unserer Prinzipien ist, dass ihr als die Patientinnen entscheidet. Sollte ich merken, dass es Euch zu sehr belastet, werde ich Dich einfach ansprechen, okay?“ Dann bat ich Annabelle zu erzählen, was sie dann weiter im Internat erlebt hat.

Sie berichtete: „Am dritten Tag wurden mir von einer Angestellten mitgeteilt, dass ich die Internatsregeln über mein Laptop abgerufen werden können. Gleichzeitig teilte sie mir mit, dass von mir erwartet wird, dass ich diese verinnerliche und zukünftig beachten werde. Vorsorglich wies sie mich darauf hin, dass Verstöße entsprechende Maßnahmen erforderlich machen würden. Das Wort „Bestrafung“ wurde in diesem Zusammenhang bewusst vermieden.
Ich ging zu meinem Laptop, fuhr diesen hoch und öffnete die Internatsregeln. Diese bestanden aus der Hausordnung, meinen persönlichen Benimmregeln sowie der Kleiderordnung.
Die Hausordnung enthielt im Wesentlichen die üblichen Punkte die ich auch aus meiner Schule kannte. In den Gängen nicht laufen, nicht auf dem Treppengeländer rutschen, keinen Unrat auf den Boden werfen und dergleichen. Auch die Zeiten in denen in den Zimmern und auf den Gängen Ruhe herrschte waren aufgeführt.

Irgendwie fand ich die Hausordnung auch lustig. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mit den Absatzschuhen über die Gänge zu laufen. Wie sollte ich das auch bewerkstelligen?

Speziell fand ich dagegen die Vortrittsregeln. In den Gängen hatte ich stets auf der rechten Seite des Ganges auf dem schwarz markierten Streifen zu gehen. Dies wusste ich bereits.
Neu war mir allerdings, dass ich, wenn mir eine erwachsene Person auf dem Gang begegnetet, stehenbleiben muss und die Person mit einem Knicks und der entsprechenden Anrede zu begrüßen habe. Erst wenn die Person an mir vorüber ist, darf ich weitergehen. Diese Regel musste auch eingehalten werden, wenn sich mir eine erwachsene Person von hinten nähert. Im Falle, dass es zu einem Zusammentreffen bei einer Türe kommt, habe ich die Türe zu öffnen und dem Erwachsenen den Vortritt zu gewähren.

Da ich dem allen kein allzu großes Gewicht beimaß, machte ich mich ans Studium meiner persönlichen Benimmregeln.


MEINE PERSÖNLICHEN BENIMMREGELN in der Villa zu Schaumbourg

Bereits das Vorwort hatte es in sich:

Mit der Aushändigung dieses Textes sowie der Vorlesung vor der versammelten Gemeinschaft werde ich die nachfolgenden Regeln und Vorschriften, nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen haben. Ich wurde eindringlich ermahnt, die Vorschriften mit dem erforderlichen Respekt, dem nötigen Eifer, ohne Widerspruch, aber vor allem mit Gehorsam und Demut zu befolgen.

Mir ist erklärt worden, dass die folgenden Punkte als Grundregeln zu verstehen sind, welchen ich unbedingt Folge zu leisten habe. Darüber hinaus gehende Anweisungen werden mir bei Bedarf mitgeteilt, wobei mir klar gemacht wurde, dass eine Missachtung von Regeln, egal ob absichtlich oder unbewusst, entsprechende Reaktionen nach sich ziehen wird.

Das fängt ja schon gut an, dachte ich so bei mir ohne dass ich wusste, was noch auf mich zukommen wird.

Mein TAGESABLAUF an SCHULTAGEN

Für mich wird alle zwölf Wochen ein individuelles Unterrichtskonzept erstellt. Aufbauend auf den für mich definierte Zielen, Vorkenntnissen, Eignungen und Neigungen wird ein spezieller Lehr- und Lernplan festgelegt. Dieser Plan beschreibt die für mich vorgesehenen Maßnahmen nach Art und Vorgabe der Zeiten vor. Zur Anwendung kommen z. B. Frontaleinzelunterricht, Projektarbeit, Lernstunden, Gruppenarbeiten, Gruppenunterricht. Neben der reinen Wissensvermittlung beinhaltet das Konzept auch Maßnahmen zur Erziehung sowie zur Vermittlung von Disziplin und angemessenen Verhalten und alles was damit verbunden ist.

Ich wunderte mich schon, warum mein Lernplan für zwölf Wochen erstellt wird, wenn ich in zehn Tagen mein Probeaufenthalt bereits endet und ich das Internat dann verlassen würde.

Auch die Essenszeiten und die verpflichtenden Zeiten der Andachten in der Internatskapelle sind exakt vorgegeben. Weiter werden auch vom Internat Gemeinschaftsaktivitäten, die entweder verpflichtend oder freiwillig sind, angeboten.

Um 22:00 Uhr habe ich auf meinem Zimmer zu sein und die Nachtruhe einzuhalten. Die Zeiten, die nicht mit Unterricht, Gemeinschaftsaktivitäten, Andachten oder Essen belegt sind, stehen zu meiner freien Verfügung.

Dass 90 % der Aktivitäten verpflichtend sind, wusste ich damals allerdings noch nicht. Allerdings merkte ich schnell, dass die Anzahl der verpflichtenden Veranstaltungen nicht mehr allzu viel freie Zeit übrig bleiben ließ.


Mein TAGESABLAUF an WOCHENENDEN / FEIERTAGEN

Verpflichtend ist die Teilnahme an der heiligen Messe entweder in Internatskapelle oder der Kirche in Neuchatel. Angeboten werden auch Gemeinschaftsaktivitäten, die wiederum entweder verpflichtend oder freiwillig sind. Ansonsten steht das Wochenende – sofern keine Lerneinheiten angeordnet wurden - zu meiner freien Verfügung.

Meine allgemeinen VERHALTENSREGELN im Internat

Die Erzieherinnen sowie die Lehrkräfte werde ich höflich mit „Sie” und deren Nachname ansprechen. Die Rektorin, Madame vom Schaumbourg werde ich mit 'gnädige Madame vom Schaumbourg' ansprechen. Die Hilfserzieherinnen, Dienstmädchen und anderen Hausangestellten werde ich ebenfalls höflich mit „Sie“, Fräulein und deren Vorname ansprechen. Geistliche Personen wie den Herrn Pfarrer oder die Ordensschwestern werde ich mit ehrwürdiger Herr Pfarrer oder ehrwürdige Schwester und deren Ordensnamen ansprechen. Meine Eltern werde ich, wenn sie mich besuchen dürfen, ebenfalls höflich mit „Sie“ ansprechen. Selbstverständlich wird man mich weiterhin duzen dürfen.

Meine Ausdrucksweise hat, wenn ich die Erlaubnis zum Reden habe, gewählt und höflich zu sein. Kraftausdrücke oder Modeworte, (Beispiel „etwas sei echt, total, mega ...”) habe ich aus meinem Sprachgebrauch zu eliminieren.

Wenn ich eine Frage stellen möchte, so werde ich mit gesenktem Kopf und einer leisen, fragenden Anrede den Erwachsenen auf meinen Wunsch, zu sprechen, aufmerksam machen, (also z.B.: „Gnädige Frau Rektorin Madame vom Schaumbourg?”) und anschließend schweigend auf die Aufforderung warten, meine Frage zu stellen. Nur wenn ich den Eindruck habe, mein Versuch, bemerkt zu werden, fehlgeschlagen sei, darf ich einen weiteren Versuch unternehmen, wurde ich jedoch bemerkt, ohne dass man mich anspricht, so verharre ich schweigend.

Telefongespräche nach außen sind vorher und Angabe des Grundes schriftlich bei der Internatsleitung zu beantragen. Zulässig sind interne Telefonate, sei es zu anderen Internatsschülerinnen oder zu Lehrkräften oder Angestellten des Internats. Für mich eingehende Schreiben werden zuvor von der Internatsleitung kontrolliert. Wenn ich Schreiben verschicken möchte, muss ich diese ebenfalls zuvor der Internatsleitung vorlegen. Von Briefgeheimnis hatte man offensichtlich im Internat noch nie etwas gehört, dachte ich so bei mir.

Darüber hinaus sind im Internat Zeiten und Aufgaben definiert, die für die Schülerinnen „Silencium“ heißen. Dann gilt eine absolute Schweigepflicht und mir ist jegliches Reden untersagt.

Sobald eine erwachsene Person den Raum betritt in dem ich mich aufhalte, erhebe ich mich mit den Händen auf dem Rücken und gesenktem Blick. Ich begrüße eintretende Personen mit einem höflichen Gruß und einem Knicks. Niemals darf ich einer erwachsenen Person den Rücken zuwenden. Im Bedarfsfall habe ich mich immer nach der erwachsenen Person umzudrehen, zu grüßen und dann in der geforderten Körperhaltung zu verharren.

Das Verlassen des Areals ist mir ohne Erlaubnis strengstens untersagt. Sollte ich der Ansicht sein, das Gelände aus einem wichtigen Grund verlassen zu müssen, habe ich ein schriftliches Gesuch an die Rektorin, die gnädige Frau Rektorin Madame vom Schaumbourg, zu stellen, in dem ich die Wichtigkeit meines Anliegens darlege. Das Gesuch ist von meiner Erzieherin vor der Übergabe an die Rektorin zu visieren. Die gnädige Frau Rektorin Madame vom Schaumbourg entscheiden einzig und alleine, ob meinem Gesuch stattgegeben wird.

Anweisungen und Anordnungen der Erzieherinnen oder anderer erwachsenen Person sind mit einem gehorsamen Knicks und sofern passend mit einem „Danke" anzunehmen. Anordnungen habe ich auch dann ohne Unwillen zu befolgen, wenn mir der Sinn oder die Notwendigkeit der Maßnahmen nicht klar ist, oder ich sie für ungerecht oder unangemessen halte.

Zu jeder Zeit bin ich angehalten, mich in meinem Verhalten - sowohl in Worten als auch in Gesten, Taten und Gedanken, als Schülerin dieses Internats würdig zu erweisen. Dazu zählen auch meine Körperhaltung, sowie meine Bewegungen. Zu meiner Grundhaltung gehört ein gerader Oberkörper, zumindest leicht gesenkte Kopfhaltung, Arme seitlich am Körper anliegend, Hände umfassen einander entweder vor oder hinter dem Körper. Ich bewege mich leise, weder trödle ich herum, noch laufe ich oder bin zappelig. Wenn ich sitzen der knien darf, sind meine Beine geschlossen. Im Sitzen halte ich mich stets gerade, ohne etwaige Rücken- oder Armlehnen zu berühren.

Meine besonderen PFLICHTEN als Schülerin dieses Internats

Ich habe meine Kleidung sowie mein Zimmer stets in perfektem, adretten Zustand zu halten, da sowohl Verschmutzung aus Unachtsamkeit, als auch mangelnde Ordnung und Pflege der mir anvertrauten Dinge, bestraft wird.

Bei meiner Körperpflege kommen strenge Maßstäbe zur Anwendung. Neben täglichen Duschen besteht die Verpflichtung zur regelmäßigen (in der Regel wöchentlichen) Maniküre bzw. Pediküre. Meine Haare werde ich stets zusammengebunden tragen und vollständig bis über den Haaransatz hinaus bedeckt halten. Es ist mir nicht erlaubt auch nur eine Haarsträhne sichtbar zu tragen. Im Bedarfsfall werde ich ein Haarband tragen, welches verhindert, dass Haare sichtbar werden. Um die Frisur gepflegt zu halten, bin ich verpflichtet regelmäßig, in der Regel alle zwei Wochen, zum internatsinternen Friseur gehen. Weiter bin ich verpflichtet, regelmäßig – in der Regel alle zwei Tage – meine Behaarung in den Achselhöhlen, dem Intimbereich und an Armen und Beinen zu entfernen.

Tagsüber und während der Nacht werden generell strengere Maßstäbe hinsichtlich Sittsamkeit zur Anwendung kommen. Um diese zu gewährleisten werde ich einen Keuschheitsgürtel tragen. Dieser verhindert, dass ich mich unsittlich berühren oder andere unsittliche Handlungen an mir vornehme.

Der Keuschheitsgürtel wird alle zwei Tage beim Duschen und bei Bedarf – beispielsweise bei Sporteinheiten bzw. bei der Nutzung der Sporteinrichtungen oder für die Intimrasuren - abgenommen. Auch dann ist es mir untersagt, mich unsittlich zu berühren.

Zur Erziehung als Internatsschülerin gehört auch das tägliche Tragen eines Korsetts mit eingearbeiteten, festen Stäben nach viktorianischem Vorbild. Das Korsett reicht mir von den Hüften bis über die Brust und umschließt meine Brüste mit zwei starren Schalen. Aufgrund meiner Körpermasse wird für mich ein individuelles Maß der Taillenweite festgelegt, welches es durch konsequentes Korsetttraining zu erreichen gilt. Zu diesem Zweck wird einmal pro Woche eine Lektion Korsetttraining in meinen Lehrplan aufgenommen. Hierbei wird auch das Nachziehen des Korsetts stattfinden. In einem vorgegebenen Rhythmus wird das Korsett um 1 cm enger geschlossen. Solange bei mir dieses spezielle Training andauert, werde ich ab dem Ende der Trainingseinheit das Korsett während 24 Stunden nicht mehr ausziehen dürfen, danach während weiteren 24 Stunden nur am Morgen und am Abend während maximal 15 Minuten für die Körperpflege. Generell gilt eine Korsetttragdauer von mindestens 12 Stunden täglich ohne Unterbruch. Wird diese Zeit unterschritten, sei es durch Eigenverschulden oder durch andere Umstände, muss die Tragzeit durch Tragen des Korsetts während der Nacht, nachgeholt werden. Im Bedarfsfall kann diese Maßnahme über mehrere Tage oder gar Wochen aufrecht erhalten bleiben, insbesondere dann, wenn an einer verminderten Tragdauer Eigenverschulden beteiligt ist. Grundsätzlich darf ich auf das Tragen des Korsetts in der Nacht verzichten. Zu Übungszwecken oder als Strafe kann mir das Tragen des Korsetts während der Nacht aber jederzeit angeordnet werden. Außerdem können am Korsett jederzeit passende Veränderungen vorgenommen werden. Sämtliche Änderungen, sei es in der Tragedauer oder in der Ausführung des Korsetts, habe ich ohne jeglichen Unwillen anzunehmen, auch wenn mir der Sinn oder die Notwendigkeit der Maßnahmen nicht klar ist, oder ich sie für ungerecht oder unangemessen halte.

Meine PFLICHTEN in SCHULISCHEN BELANGEN

Ich bin angehalten, mich so anzustrengen, dass die Leistungen stets mit der „Sehr gut" (Note 1) beurteilt werden. Dies gilt vor allem für reine Lernfächer, in denen die Beherrschung des Stoffes laut Inhalt der Lehrbücher für eine solche Benotung ausreicht. (z.B. Geschichte, Biologie, Physik, Chemie, ...). In den anderen Fächern (Mathematik, Deutsch, Fremdsprachen, …) habe ich das Niveau keinesfalls schlechter als „Gut“ (Note 2) zu halten. Sollten sich Schwächen zeigen, so sind diese mit Nachhilfeunterricht und Fleiß auf das geforderte Niveau zu bringen. Den dafür notwendigen Lernaufwand wird mir durch die Rektorin, die gnädige Frau Rektorin oder meine Erzieherin mitgeteilt. Gegebenenfalls werden die Pflichten für die Gemeinschaft reduziert, wenn der Zeitbedarf in der Schule zu hoch sein sollte. Eine schlechtere Beurteilung als erlaubt wird motivierende Maßnahmen zur Folge haben. Dabei werden in erster Linie etwaige Freizeitbeschäftigungen zu Gunsten von Lerneinheiten gestrichen, es kann aber auch z.B. zu einer strengeren Kleidung führen, die erst bei Verbesserung im betreffenden Fach aufgehoben werden.

Ich war auch in Deutschland nie eine schlechte Schülerin. Aber wie ich solche Leistungen erbringen soll, war mir ein Rätsel. Ich war froh, dass ich nur für 14 Tage probeweise im Internat war.

Einnehmen der Mahlzeiten

Das Internat bietet eine ausgewogene Ernährung an und vermeidet dabei einen übermäßigen Fleischkonsum. Auch werde häufiger vegetarisch oder vegane Mahlzeiten serviert.

Normalerweise werden im Restaurant verschiedene Menüfolgen angeboten. Mir als Schülerin oblag es, selbst auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Sollte mir dies nicht gelingen oder sich meine Figur negativ entwickeln, kann seitens des Internats in meine Ernährung eingegriffen werden. In diesem Fall kann über meine Ernährung bestimmt werden. Entweder kann mir beispielsweise die maximal zulässige Anzahl an Kalorien, Fett und Kohlehydraten oder gleich die Speisen, die ich zu mir nehmen kann, vorgegeben werden.

Die Benimmregeln hinsichtlich der Einnahme von Speisen und Getränken sind unbedingt einzuhalten. Die Mahlzeit sind in angemessenem Tempo einzunehmen, d.h. das Essen darf weder herunter geschlungen werden noch ist ein lustloses Herumstochern im Teller erlaubt. Bei Zuwiderhandlung erfolgt ein Ausschluss von der Mahlzeit. Ich habe mich dann unaufgefordert zu erheben, mich hinter meinen Stuhl zu stellen und dort mit gesenktem Kopf und auf dem Rücken verschränkten Händen zu verharren, bis ich weitere Anweisungen erhalte. Bei Tisch wird den korrekten Tischmanieren großes Gewicht beigemessen. Gerade Haltung, gesenkter Kopf, Oberarme am Körper, Unterarme liegen leicht auf der Tischkante oder berühren diese überhaupt nicht. Unerwünscht ist es, dass ich zu großen Bissen in den Mund nehme, schlürfe oder schmatze. Kauen darf ich nur mit geschlossenem Mund und ich muss des Bestecks verwenden und darf keineswegs die Hände oder Finger zur Hilfe nehmen. Ich muss mich auf meine Mahlzeit konzentriere und werde weder träumen, noch mit den Speisen herumspielen.

Gespräche am Tisch haben in einer angemessenen Lautstärke und ausschließlich mit leerem Mund zu erfolgen. Wenn ich die Mahlzeit beendet habe, lege ich Besteck und die Serviette ordentlich beiseite. Ich bleibe sitzen und verharre am Platz, bis ich die Genehmigung erhalte, aufzustehen und den Speisesaal zu verlassen.

Erlaubt sind alkoholfreie Getränke, insbesondere Wasser und Säfte sowie am Abend und an den Wochenenden Bier, Wein und Sekt in Maßen. Ein übermäßiger Alkoholkonsum stellt eine strenge Verfehlung dar.

Sollte sich meine Figur negativ entwickeln, wird für mich ein spezieller Diätplan erstellt, der bei Bedarf um verpflichtende sportlich Aktivitäten ergänzt wird. In diesem Fall ist auch auch möglich, mir den Konsum von schädlichen Genussmitteln, wie Schokolade, Zucker oder dergleichen zu beschränken oder ganz zu untersagen.


Maßnahmen bei Fehlverhalten

Man vermied hier bewusst das Wort Strafen oder Strafmaßnahmen. Aber in Ergebnis waren Strafen gemeint.

Jedes Fehlverhalten von mir, kann bzw. wird eine Maßnahme oder Reaktion nach sich ziehen.

Kleinere Verfehlungen werden in der Regel im Wege einer Disziplinierung durch das Halsband geahndet. Dies geschieht auch, um mich zu einem ordnungsgemäßen Verhalten zu motivieren.

Zu schwerwiegendere Vergehen ist eine ganze Reihe von Maßnahmen vorgesehen. Diese reichen von einer verschärften Kleidung und einer Fixierung während der Nacht, über das Verbot bestimmte Einrichtungen wie beispielsweise die Sport- oder den Wellnessbereich zu benutzen, über Fernsehverbot bis hin zum Verbot, das eigene Zimmer zu verlassen.

Möglich ist auch, dass ich in einen Raum gebracht werde, in dem ich, ohne dass ich durch äußere Einflüsse abgelenkt werde, über meine Verfehlungen nachdenken kann. Tolle Umschreibung für Karzer oder Knast dachte ich so bei mir.

Auch kann ich zum Fasten eingeladen laden, um bei mir den Wert der Speisen und Getränke wieder in Erinnerung zu rufen und es mir zu ermöglichen, mich in Disziplin zu üben. Während der Fastenzeit bin ich verpflichtet an jeder Mahlzeit teilzunehmen.

Ich las die Regeln durch und konnte es nicht glauben. Diese hatten nach meiner Meinung mehr etwas von einem Knast als von einem Internat. Zum Glück ist der Spuk in knappen zwei Wochen vorbei, dachte ich noch so bei mir. Wie ich diese Zeit überstehen soll, was mir allerdings ein Rätsel. Ich hoffte nur, dass mir dies gelinkt, ohne negativ aufzufallen und ohne dass ich eine Strafmaßnahme bekomme.

Dann dachte ich darüber nach, gegen wie viele dieser Regeln ich bereits verstoßen hatte, seitdem ich im Internat war. Es waren einige.

Dann erzählte Annabelle, wie sie Reporter auf dem Reitturnier gefragt hat, wie es ihr im Internat gefallen würde und sie geantwortet hat: „Im Übrigen wusste ich gar nicht, dass es so viele Benimmregeln gibt. Gefühlt habe ich gegen hunderte verstoßen, seitdem ich im Internat bin. Alle lachten und der Vorsitzende des Reit- und Springvereines versichertet mir, dass an meinen Verhalten bisher nichts auszusetzen sei.“

Ich weiß, dass ich mit meiner Art alle von mir eingenommen hatte. Zumal ich die Überraschung des Turniers war, mich trotz der äußerst verletzenden Anmoderation vorbildlich verhalten habe und dann noch für den tragischen Moment, als ich in Führung liegend kurz vor dem Ziel aufgeben musste, gesorgt habe.
50. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 20.01.25 13:15

Kapitel 20: Die dritte Therapiestunde (Teil 2) – Kleiderordnung

Annabelle erzählte weiter: „Nachdem ich mir meine persönlichen Benimmregeln durchgelesen hatte und geschockt war, befürchtete ich, dass die Kleiderordnung nicht besser sein wird. Leider bestätigte sich meine Befürchtung umgehend.“


Meine KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN im Internat und im Freien

Die im Internat für die Schülerinnen übliche Kleidung besteht aus einer für alle gleichen Uniform. Es werden zwei Jahreszeiten unterschieden. Winterkleidung und Sommerkleidung. Maßgebend für die Unterscheidung ist die sogenannte R-Regel, wonach alle Monate welche ein „R“ enthalten als Wintermonate gelten, die restlichen Monate gelten als Sommermonate.

Die Grundausstattung besteht aus dem persönlichen Schmuck, der aus einem Armband sowie Hals und Fußketten besteht, einem Korsett, welches bis über die Brust reicht sowie aus Schenkelbänder und dem Keuschheitsgürtel. Weiter besteht die Verpflichtung zum Tragen einer weißen Haube aus gestärkter Leinenstoff, die unter dem Kinn mit einem Band gesichert wird und den Kopf so umschließt, dass Haaransatz und Ohren bedeckt sind.

Als Unterwäsche fungiert ein schmuckloser, enganliegender Body in weiß und aus 100 % Baumwolle mit Roll- oder Stehkragen, mindestens mit halblangen Ärmeln.

Die Uniform besteht aus:

Für die Wintermonate steht die sogenannte 'Winterkleidung' zur Verfügung. Diese besteht im Prinzip aus den gleichen Kleidungsstücken nur mit dem Unterschied, dass diese gefüttert sind bzw. anstatt Baumwolle ganz oder teilweise aus Wolle bzw. Flanellstoff bestehen. Ergänzt wird die Uniform um eine Wollstrumpfhose, die über der Stützstrumpfhose getragen wird sowie einen Wollpullover, der als Alternative zur Weste angezogen werden kann.

Weiter gibt es eine sogenannte Hochsommerkleidung, die bei Temperaturen von über 25° C im Schatten zum Einsatz kommt. Diese besteht aus einem leichten Baumwollstoff. Weitere Unterschiede sind, dass der Body keine Ärmel und einen Rundhals und die Bluse nur halblange Ärmel haben. Die Handschuhe sind aus Baumwolle und endeten an den Unterarm. Weiter durfte auf die Weste ganz verzichtet werden.

Im Freien z.B. auf der Terrasse oder im Park, habe ich stets - der Jahreszeit entsprechende - Überbekleidung zu tragen. Wie es der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um Überbekleidung. Sie ist folglich als Zusatz zur regulären Kleidung zu betrachten.

Diese besteht aus einem langen Mantel mit verschließbarem Stehkragen, einem grauen oder schwarzen Kopftuch, welches über der Haube getragen wird und diese vollständig verdeckt sowie einem grauen oder schwarzen Schal, der im Mantelkragen getragen wird. Zusätzliche Handschuhe und Stiefel aus Leder, geschnürt und bis zu den Kniekehlen reichend und breitem 8 bis 15 cm hohen Absatz rundeten die Kleidung ab.
Auch die Überbekleidung gab es in einer Sommer- und Winterversion. Während die Sommerbekleidung aus Baumwolle und Seide war, beinhaltet die Winterbekleidung auch Bestandteile aus Wolle, Schurwolle und Fleece. Die Stiefel waren zudem mit Lammfell gefüttert.

In der Nacht bestand die Verpflichtung zum Tragen eines Schlafanzuges bzw. eines Nachthemdes und eines Bettjäckchens. Beides bestand in der Sommerversion aus leichter Baumwolle und in der Winterversion aus Flanell. Der Schlafanzug hatte normalerweise einen lange Hose und ein langärmliges Oberteil. Lediglich die Hochsommerversion bestand aus einer kurzen Hose und kurzärmligen Oberteil. Auch durfte im Hochsommer das Jäckchen weggelassen werden.

Ein Verlassen des eigenen Zimmers ohne vollständige Schuluniform ist nur morgens und abends im Morgenmantel gestattet und zudem nur, um Mitschülerinnen beim Wechseln der Kleidung zu helfen.

Für die Benutzung der Sportbereiche steht eine spezielle Bade- bzw. Sportbekleidung zur Verfügung. Die darf nur in den speziell dafür vorgesehenen Bereichen getragen werden. Das Umziehen hat in den Umkleideräumen zu erfolgen. Ein Tragen dieser Kleidung außerhalb der Sportbereiche ist strengstens verboten.

Für besondere Anlässe, wie den Kirchgang am Sonntag, aber auch als Bestrafung oder Gehorsams-, oder Demutsübung kann meine Kleidung nach den Anweisungen meiner Erzieherin und der Rektorin, der gnädigen Madame vom Schaumbourg, jederzeit entsprechend verändert werden. In jedem Fall ist es mir strengstens verboten, meine Kleidung ohne Erlaubnis zu verändern - speziell wenn dies den Zweck hat, mir Erleichterung oder Abkühlung zu verschaffen. Verstöße werden mit einer erheblichen Verschärfung der Kleiderordnung bestraft. Im Zuge von Strafmaßnahmen ist es zudem ebenfalls möglich, eine Verschärfung der Kleidung anzuordnen. Selbstverständlich wurde auch in diesem Zusammenhang das Wort "Bestrafung" vermeiden und statt dessen Begriffe wie "Motivation" oder "Unterstützung bei der Erreichung der Ziele" gewählt.

Nachdem Annabelle berichtet hatte, fragte ich die beiden Mädels nach ihren Gefühlen. Annabelle antwortete, dass sie bereits mit nichts Gutem gerechnet hatte. Jedoch wurden ihre schlimmsten Befürchtungen wieder einmal übertroffen. Eine Erfahrung, die sie übrigen öfters im Internat machen musste.

Jessica stimmte ihr zu und ergänzte. „Das einzige, was mich hoch hielt, war der Glaube, dass ich in gut 10 Tagen das Internat verlassen kann und dann der ganze Spuk endgültig ein Ende haben wird. Dass es anders kommen wird, wusste ich damals ja noch nicht. Ich wusste zwar noch nicht wie, war mir aber sicher, dass ich die Zeit irgendwie überstehen werde. Für mich stand spätestens jetzt auch fest, dass Frau vom Schaumbourg und ihre Handlangerinnen eine Vollmeise haben.
51. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 24.01.25 08:31

Kapitel 21: Die dritte Therapiestunde (Teil 2) – Die endgültige Anmeldung von Annabelle

Dann fragte ich Annabelle, wie es zur endgültigen Anmeldung vor ihr im Internat kam und wie sie dieses empfunden hat.

Sie begann: „Der Schuppen bot zwar jeden erdenklichen Luxus. Jedoch sehnte ich das Ende meines 14-tägigen Probeaufenthaltes herbei. Die Vielzahl von Regeln und die ständig geforderte Unterwürfigkeit gegenüber dem Lehrpersonal machten mir sichtbar zu schaffen. Ich hatte mir vorgenommen, mich anständig, wie eine Dame zu verhalten und meine Eltern zu bitten, meinen Aufenthalt im Internat zu beenden. Ich war mir sicher, dass meine Eltern zustimmen werden, wenn ich ihnen verspreche, dass mein Verhallten und mein Erscheinungsbild zukünftig keine Gründe für Beanstandungen ihrerseits liefern würden.

Endlich war es soweit. Mir wurde mitgeteilt, dass meine Eltern zu Besuch seien und auf mich warten würden. Man führte mich in den Besucherraum, in dem meine Eltern und Madame vom Schaumbourg bereits auf mich warteten. Ich begrüßte Madame und meine Eltern vorschriftsmäßig. Mein Vater fragte mich, wie es mir ginge. Ich bat allgemein um die Erlaubnis sprechen zu dürfen. Da diese mir mein Vater erteilte und Madame nicht widersprach, bat ich meine Eltern, meinen Aufenthalt im Internat nicht zu verlängern. Ich verspracht hoch und heilig, dass ich mich zukünftig angemessen kleiden werde, dass mein Verhalten keine Gründe für Beanstandungen geben wird und dass ich meine Eltern auch bei geschäftlichen Terminen unterstützen werde.

Mein Vater entgegnete, dass meine Eltern sich gerade mit Madame vom Schaumbourg ausgiebig über mich unterhalten haben. Dabei seien sie gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass es für meine weitere Entwicklung sehr positiv sei, wenn ich weiter das Chateau Schaumbourg besuchen würde.
Ich brach sofort in Tränen aus und schluchzte, 'aber wieso, ich bin doch all die Dinge abzustellen, die ihr zuvor an mir kritisiert habet und die der Grund waren, dass ich mich in diesen Horrorladen verfrachtet habt.' 'Wieso Horrorladen?' wollte meine Mutter wissen. 'Das Chateau bietet doch jeden erdenklichen Luxus und eine hervorragende Ausbildung in den Schulfächern und im standesgemäßen Benehmen.'

Von den Elektroschocks, die ich über mein Halsband verabreicht bekomme, hat wohl niemand gesprochen. 'Sehen Sie die schwarze Linie.', sagte ich zu meinen Eltern, wobei ich sie siezte, wie es von mir erwartet wurde. 'Diese stellt für mich den Bereich dar, auf dem ich meine Füße zu setzen habe. Wenn ich meinen Fuß nur einen Zentimeter zu weit links oder rechts setze, bekommen ich einen Stromschlag.'
Madame vom Schaumbourg sagte, dass es sich bei der Behauptung um Horror-Märchen handeln. Sie lud mich ein die schwarze Linie zu verlassen. Ich tat es und es passierte nichts. Ich flehte meine Eltern regelrecht an: 'Bitte glauben Sie mir, es ist wahr. Wahrscheinlich wurde mein Halsband gerade deaktiviert.' Mein Vater entgegnete, dass er mein Verhalten nicht nachvollziehen kann. Er würde mir in Aufenthalt in einen derart luxuriösen Internat mit einem hervorragenden Bildungskonzept ermöglichen. Er wäre seinerzeit froh gewesen, wenn ihn seine Eltern dies getan hätten. Er versteht daher nicht, warum ich erstens so undankbar bin und ihm zweitens solche Lügengeschichten auftischen würde.

Annabelle erzählte, wie sie ihren Eltern antwortete: 'Lügengeschichten? Erstens ist es wahr und zweitens, was ist mit den Kosmetiker und dem Umfang der Kleidung?'“

Anbelle berichtete, wie ihr Vater so tat, als wüsste er gar, was Annabelle meint. Sie führte dann weiter aus: "So wies ich darauf hin, dass zu Beginn meines Probeaufenthaltes in meinem Zimmer genau die Kosmetiker waren, die ich auch bereits daheim verwendet habe und sich Anziehsachen für mindestens ein halbes Jahr, darunter auch Wintersachen im Schrank befanden. 'Glaubt Ihr, dass ich nicht bemerkt habe, dass mein Internatsaufenthalt von Anfang an eine ausgemachte Sache war. Warum tut so, als ob sich die Sache entwickelt hat, obwohl mein Aufenthalt von Anfang an feststand?'"
Dann berichtete Annabelle, wie ihr Vater ihr dann knallhart dies bestätigte, indem er sagte: „Du hast uns auf Grund Deines Verhaltens keine andere Wahl gelassen.“ Annabelle bot noch einmal an, ihr Verhalten grundlegend zu ändern, worauf ihr Vater ihr eröffnete, dass sie sich dies hätte früher überlegen hätte sollen, da es jetzt dazu zu spät ist.

„Die Aussagen meines Vaters waren ein regelrechter Schock für mich. Ich erkannte dann recht schnell, dass ich auf verloren Posten kämpfte. Allerdings hat mir die Tatsache, dass ich klar zum Ausdruck gebracht habe, dass ich nicht Schülerin des Internats werden bzw. bleiben will, später vor Gericht sehr geholfen. Somit hat sich Madame vom Schaumbourg der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Daher durfte ich sie als Geisel nehmen und bliebt straffrei.“, führte Annabelle aus.

„Da mir klar war, dass ich einen weiteren Aufenthalt von mir im Internat nicht verhindern kann, bat ich, dass mein Pferd Terminator in den internatseigenen Reitstall gebracht wird und ich mich der Katze annehmen kann, die immer in mein Zimmer kommt.
Mein Vater merkte an, dass der Reitverein ihn schon zweimal kontaktiert hat, seitdem ich im Internat sei. Mein Pferd würde mich offensichtlich vermissen und verhalte sich auffällig. Da es nicht mehr zu beherrschen sei, habe man ihm nahe gelegt, dass Pferd möglichst wieder in meiner Nähe unterzubringen.
Madame vom Schaumbourg wies darauf hin, dass zum Internat eine bestens ausgestattete Stall- und Reitanlage gehören würde. Sie bot an, dass ich Terminator dort unterbringen könnte. Die Leistung sei im ersten Jahr in dem Schulgeld für das Internat enthalten. Dies würde nicht nur den Platz im Reitstall umfassen, sondern auch das Futter und die Betreuung durch das Personal einschließlich des Tierarztes. Lediglich fremde Kosten, wie beispielsweise für Transporte oder von der Tierklinik, würden weiter berechnet.

Hinsichtlich der Katze sei die Sache etwas schwieriger. Im Internat wäre es generell nicht möglich, dass Schülerinnen Haustiere mitbringen würden. Ich bat um die Erlaubnis, mich erklären zu dürfen und führte aus, dass ich die Katze keinesfalls mitgebracht hätte. Diese war bei meiner Ankunft bereits auf dem Internatsgelände. Sie würde mich nur regelmäßig in meinem Zimmer besuchen kommen. Ich wollte das Tier nur versorgen. Letztendlich erlaubte mir dies Madame vom Schaumbourg dies.

Ich verabschieden mich mit Tränen in den Augen von meinen Eltern und ging auf mein Zimmer. Meine Katze wartete schon auf mich auf der Terrasse. Liebevoll schmiegte sie sich am mich, als wollte sie mich trösten.
Später kam ein Dienstmädchen zu mir und teilte mir mit, dass Madame vom Schaumbourg mich sehen will.
Ich ging also zum Büro von Frau vom Schaumbourg und klopfte an. Dann wartete ich vor der Tür mit auf dem Rücken verschränkten Armen und gesenkten Blick, bis ich herein gebeten wurde.
Frau vom Schaumbourg bat mich, auf dem für uns Internatsschülerinnen vorgesehenen Hocker, von uns Internatsschülerinnen 'Büßerbänkchen' genannt, Platz zu nehmen.

Sie begann, dass ich mich glücklich schätzen kann, dass meine Eltern mir den Aufenthalt in einem derart luxuriösen Internat mit derart perfekten Bildungskonzept bezahlen würde. Dann wies sie darauf hin, dass sie dies er ermöglicht hätte, indem sie meinen Eltern beim Schuldgeld entgegen gekommen sei.
Auch mir sei sie entgegen gekommen, da sie mein Pferd kostenlos im internatseigenen Reitstall aufnehmen würde, mir gestattet hätte mich der Katze anzunehmen und nicht zuletzt mir eine Suite geben würde, obwohl meine Eltern nur ein Standardzimmer bezahlen würden."

Auch Jessica sagte, dass Madame vom Schaumbourg ihr gegenüber ausgeführt habe, dass ihren Eltern nur der Preis für ein Standardzimmer berechnet wird, sie aber eine Luxus-Suite bekommen würde. „Ich weiß gar nicht, wo sich die Standardzimmer auf dem Gelände befinden sollen. Ich vermute, dass Frau vom Schaumbourg dies allen Eltern und Schülerinnen sagt.“
Annabelle berichtete dann weiter, wie Madame vom Schaumborurg ihr erklärte, dass sie sich ihr gegenüber großzügig verhalten würde, obwohl sie dies gar nicht verdient habe. Schließlich würde sie fortlaufend gegen die Internatsregeln verstoßen, sei nicht nur ihren Eltern sondern auch ihr gegenüber undankbar und würde zudem auch noch Lügengeschichten über das Internat verbreiten.
Jessica berichtete, dass sich Madame vom Schaumbourg in der gleichen Weise geäußert habe.
Annabelle bat dann offen sprechen zu dürfen. Ihr war klar, dass sie gegenüber Frau vom Schaumbourg diplomatisch vorgehen muss.

So erklärte sie, dass das Internat jeglichen erdenklichen Luxus bieten würde. Aber ihr würde es sehr zu schaffen machen, dass sie – trotz erheblichen Bemühen ihrerseits – es nicht schaffen würde, die Internatsregeln zu beachten. Vor diesem Hintergrund, würde sie sich wie eine Versagerin fühlen und daher im Internat nicht wohl fühlen. Daher sei es ein Schock für sie, dass ihre Eltern sie nun endgültig und dauerhaft im Internat angemeldet haben. Sie würde sich selbstverständlich dafür bedanken, dass ihr Pferd im Reitstall aufgenommen wird, sie ihre Katze versorgen darf und dafür dass sie ein so wunderschönes Zimmer bekommen habe.
Da ihr Pferd mitunter etwas temperamentvoll ist, bat sie bei dessen Ankunft dabei zu sein, um es in Empfang nehmen und gleich beruhigen zu können. Frau Vom Schaumbourg entgegnete, dass der Reitstall mit hervorragendem Personal besetzt sei und daher Annabelles Anwesenheit nicht erforderlich sei. Bei Problemen würde Annabelle aber unverzüglich informiert.

Auf die angeblichen Lügengeschichten angesprochen, erklärte Annabelle, dass sie nur das erzählt habe, was ihr auch tatsächlich widerfahren sei. Wie seinerzeit Frau Durcet bei mir, wies Madame vom Schaumbourg darauf hin, dass die Maßnahme für die Erziehung von Annabelle unabdingbar seien und Annabelle diesen Umstand gegenüber ihren Eltern verschwiegen habe. Somit habe sie im Ergebnis doch Lügengeschichten über das Internat verbreitet. Sie erklärte, dass sie davon ausgeht, dass Annabelle dies zukünftig unterlassen würde, da sie ansonsten gezwungen sei, empfindliche Maßnahmen zur Verhaltensänderung – sprich Strafmaßnahmen - zu verhängen und ihr ein Standardzimmer zu geben.
Annabelle erklärte, dass sie gar nicht wiederholen wolle, was sie in diesem Moment gedacht habe. Gegenüber Madame vom Schaumbourg versprach sie, zukünftig keine Lügengeschichten über das Internat zu verbreiten.

Diese erklärte, dass in Annabelles Lehrplan zusätzlich, noch ein paar Einheiten vorbildliches Benehmen eingebaut werden müssen, damit ihr Verhalten zukünftig keinen Grund zu Beanstandungen mehr geben wird.
Annabelle berichtete, wie sie sich über sich selbst geärgert habe und Jessica tröstete sie damit, dass ihr das gleiche passiert sei. Auch sie sei mit ein paar zusätzlichen Einheiten Benimmunterricht aus der Besprechung gegangen – und dies nicht nur einmal.
52. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 27.01.25 10:44

Kapitel 22: Die vierte Therapiestunde – Jessicas Leidensweg

Zu Beginn der vierten Therapiestunde fragte ich die beiden Mädchen, ob sie zwischenzeitlich sich die Schule im Tal angesehen konnten. Die beiden bejahten dies und führten aus, dass sie bereits Schülerinnen dieser seien. Sie würden sich zudem im Internat gut aufgehoben fühlen.

Am Anfang der Therapie hatte Jessica darum gebeten, dass sie sich bei den Gesprächen im Hintergrund halten darf. Annabelle hatte dem zugestimmt. In den folgenden Therapiesitzungen hat sich Jessica jedoch dann immer mehr eingebracht. Zu Beginn der vierten Therapiestunde sagte Jessica, dass sie sich zutraut, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Ich muss sagen, dass mich dies sehr gefreut hat und dies habe ich ihr auch mitgeteilt. Ich konnte gut nachvollziehen, wie sich Herr Brinkmann seinerzeit über meine Fortschritte gefreut haben muss.

Jessica begann: „Bei mir war die Situation ein wenig anders als bei Annabelle und den meisten anderen Schülerinnen. Wie gesagt war meine Mutter schwer erkrankt und mein Vater konnte sich als viel beschäftigter Manager nicht allein um mich kümmern. An meinen Erscheinungsbild und meinem Verhalten hatten meine Eltern bis dahin nichts auszusetzen.
Eines Tages eröffnete mit mein Vater, dass er in sehr luxuriöses Internat für mich gefunden habe und fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, dort zu leben. Als ich ihm antworte, dass ich mir hierzu zuerst das Internat ansehen muss, schlug er vor, zusammen dort hinzufahren. Kurze Zeit später gab er mir einen Prospekt. Es war die Version für potenzielle Internatsschülerinnen. Mir war klar, dass ich nicht Zuhause bleiben konnte und auch das Internat sah nach dem Prospekt nicht schlecht aus.
So fuhr ich eines Tages zusammen mit meinem Vater nach Neuchatel. Auf der Fahrt dorthin erklärte mir mein Vater, dass er mich keineswegs abschieben wolle. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn ich daheim in meiner vertrauten Umgebung bleiben würde. Allerdings sei dies aufgrund der schweren Krankheit meiner Mutter leider nicht möglich. Ich entgegnete ihm, dass mir dies bewusst sei, ich hierfür Verständnis habe und mich auch ein wenig auf das Internat freuen würde. Ich sagte ihm, dass ich es mir gut vorstellen kann, dort die Zeit bis zu meinem Abitur zu verbringen.

Mein Vater ist zwar nach wie vor ein viel beschäftigter Manager. Allerdings werde ich zwischenzeitlich direkt zu ihm durchgestellt, wenn ich anrufe. Seitdem ich das Internat verlassen habe, habe ich ihn mehrfach angerufen und wir haben immer kurz gesprochen. Gestern hatte ich dann schließlich die Kraft, ihn zu fragen, ob er Zeit für mich hat. Er sagte, dass er seine Sekretärin bitten müsse, einen Termin zu verschieben und sich dann selbstverständlich Zeit für mich nehmen würde. So selbstverständlich war dies in der Vergangenheit nicht: Es gab Zeiten, da wäre ich noch nicht einmal zu ihm durchgestellt – sondern von der Sekretärin abgewimmelt worden.
Ich weiß, dass Deine Eltern den Internatsaufenthalt von Dir bereits im Vorfeld vereinbart hatten, Annabelle. So habe ihn gestern gefragt, ob es auch bei mir der Fall gewesen sei. Mein Vater antwortete mir, dass er bei meinen Internatsaufenthalt einige Fehler – dann korrigierte es sich auf viele - gemacht habe, diesen aber nicht - und ich glaube ihm. Auch versicherte er mir, dass er keine Zeit hatte, sich den zweiten Prospekt anzusehen. Er hat mir einen der beiden Prospekte gegeben. Es war nur leider die Version für potenzielle Internatsschülerinnen. Wäre es die Version für die Eltern gewesen, wäre mir einiges erspart geblieben.

Frau vom Schaumbourg hat dann auch die besondere Situation bei mir erkannt sofort und dann auch die luxuriöse Ausstattung des Internats und das hervorragende Bildungskonzept in den Vordergrund gestellt. Wörtlich sagte sie: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ihre Tochter ist bei uns in den besten Händen und sie bekommt eine hervorragende schulische Ausbildung. Unsere Unterrichtskonzepte entsprechen den neusten Stand der Forschung und unsere Lehrkräfte sind handverlesen und haben ausnahmslos nur die besten Referenzen. Dann erzählte sie ausführlich über die ganzen Einrichtungen, die mir als Internatsschülerin zur Verfügung stehen würden.“
Mein Vater fragte, was die Einrichtungen zusätzlich kosten würden - ganz der Geschäftsmann halt. Frau vom Schaumbourg antwortete ihm, dass im Internat alles inklusive sei. „Dies bedeutet, Sie zahlen für Ihre Tochter das Schulgeld und damit sind alle Zusatzleistungen abgegolten.“
Nebenbei erwähnte sie noch, dass im Internat eine einheitliche Uniform zu tragen ist. Diese würde dazu dienen, den Zusammenhalt zwischen den Schülerinnen zu stärken und ein Schaulaufen zu verhindern. Dann fragte sie mich, ob ich diese nicht probeweise mal anprobieren möchte, natürlich vollkommen unverbindlich.

Ich stimmte zu und dann nahm auch das Unheil auch bei mir seinen Lauf.
Zuerst fragte man auch mich – wie bei Annabelle, ob ich nicht zuerst duschen möchte und natürlich waren auch anschließend meine Klamotten verschwunden. Und als man mir den Schmuck angelegt hatte, hatte auch ich keine Chance mehr.
Was ich allerdings nicht verstehe, ist warum man mir gleich einen Elektroschock verpassen musste, als ich nur gefragt habe, ob der Keuschheitsgürtel wirklich sein muss. Ich wusste, dass ich nicht daheim bleiben konnte und hatte mich innerlich bereits auf den Luxusschuppen eingestellt. Auch ohne die Drohung mit den Elektroschocks hätte ich zugestimmt, dass ich dort Schülerin werde. Innerlich hatte ich mich bereits damit abgefunden, dass ich meine nächsten Jahre im Internat verbringen werden und auch bereits ein wenig darauf gefreut. Nach dem Elektroschock kam das Internat für mich nicht mehr in Frage, nur leider war es dann zu spät.
In der Zwischenzeit bearbeitete Madame vom Schaumbourg meine Vater. Mein Vater hat mir gestern erzählt, dass er nach ihren Ausführungen das Gefühl hatte, das richtige Internat für mich gefunden zu haben. Schließlich offerierte Madame vom Schaumbourg ihm einen kostenlosen Probeaufenthalt für mich. Mein Vater hat wohl gesagt, dass es um meine Zukunft gehen würde und ich dies daher entscheiden muss.
Zwischenzeitlich hatten mich die Angestellten des Internats vollständig eingekleidet und dabei keinen Zweifel daran gelassen, wer hier das sagen hat und wer zu gehorchen hat. Der Weg zum Präsentationsraum war dann die Hölle für mich. Ich kam mit den Highheels gar nicht zurecht und stürzte auf dem Weg dorthin. Als ich erzählte, dass ich eine Fehlstellung der Füße habe und Einlagen trage, gestattete man mir, Schuhe mit einem etwas niedrigeren Absatz und meine Einlagen zu tragen.

Im Präsentationsraum wurde auch ich ausgerichtet und es wurden die gleichen Features wie bei Annabelle aktiviert. Nur verstehe ich dies nicht, da ich ja – wie bereits erwähnt - bereit gewesen wäre, auch ohne die Drohkulisse Schülerin des Internats zu werden.
Auch ich musste die Schuluniform präsentieren und spulte das von mir geforderte Programm ab.
Auf einmal sagte Madame vom Schaumbourg, dass es sicher nicht möglich, sich ein umfassendes Bild von Internat innerhalb von ein oder zwei Stunden zu machen. Sie bot mir – wie zuvor meinen Vater - einen kostenlosen und unverbindlichen 14-tägigen Probeaufenthalt an. Mein Vater fragte mich, was ich davon halten würde. So lächelte ich nur, da ich keine Lust hatte, erneut einen äußerst schmerzhaften Stromschlag zu bekommen.
Mein Vater erkannte, dass irgendetwas nicht stimmt und fragte mich, was los sei. Madame vom Schaumbourg deaktivierte die Schweigefunktion und sagte: „Normalerweise ist es Internatsschülerinnen nicht gestattet zu sprechen, wenn sich Erwachsene unterhalten. Bei Dir können wir heute eine Ausnahme machen, Jessica.“
Ich verspürte ein Kribbeln am Hals und wusste sofort, was von mir erwartet wurde. So sagte ich: „Ich würde mich freuen, das Internat näher kennen zu lernen.“ Mein Vater war immer noch nicht überzeugt und sagte, „Das bist doch nicht Du, Jessica, was ist los.“ Ich antwortete: Man hat mir beigebracht, wie ich mich gegenüber Ihnen, ehrenwerter Herr Vater zu verhalten habe und ich tue mein Bestes.

Gestern hat mir mein Vater erzählt, dass er hin und hergerissen war. Irgendetwas sagte ihm, dass es am besten sei, mit mir zusammen das Internat zu verlassen. Auf der anderen Seite wusste er ja, dass ich mich bereits auf meinen Aufenthalt dort freuen würde und er wollte mir dies nicht nehmen. Er hat sich dann entschieden, dass ich den 14-tägigen Probeaufenthalt machen soll. Schließlich besteht danach immer noch die Möglichkeit, mich aus dem Internat zu nehmen.
Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, ob es nicht besser gewesen wäre, mich meinen Vater anzuvertrauen. Man hatte mir aber zuvor eindeutig zu verstehen gegeben, was von mir erwartet wird. Dies war übrigens eine sehr schmerzhaft Erfahrung.
Hinzu kam, dass mein Vater 14 Tage später nichts mehr von seinen Eindrücken und Gedanken wusste. Nach meinem Probeaufenthalt kam dann der knallharte Manager wieder bei ihm durch. Was ich allerdings nicht wusste, war, dass sich der Zustand meiner Mutter deutlich verschlechtert hatte und mein Vater in seiner Firma mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte, da ein wichtiger Auftrag verloren gegangen war.
Ich habe meinen Vater gebeten, meinen Aufenthalt nicht zu verlängern und vorgeschlagen, für mich ein anderes Internat zu suchen. Mein Vater eröffnete mir knallhart, dass er mich gerade zu Hause nicht brauchen kann und mich gerade dauerhaft im Internat angemeldet habe. Madame vom Schaumbourg habe ihm ein sehr attraktives Angebot gemacht. Für mich würde auch eine Suite zum Preis eines Standardzimmers herausspringen.

Mir war klar, dass ich meiner Mutter nicht zu Last fallen konnte und auch nicht wollte. Dennoch fühlte ich mich in Internat immer unwohler und habe meinen Vater in der Folgezeit mehrfach gebeten, es mir zu ermöglichen, ein anderes Internat zu besuchen. Er lehnte dies ab. Ich wusste, dass er ein knallharter Geschäftsmann war. Dass er so knallhart allerdings auch gegenüber mir – seiner eigenen Tochter - auftritt, war mir allerdings neu.
Im Verlauf meines Aufenthaltes verschlechterte sich der Gesundheitszustand meiner Mutter zusehends. Die Ärzte befürchteten, dass sie den Kampf gegen die Krankheit verlieren werde. Zum Glück ist es dann anders gekommen.
Zuerst wurden die Briefe, aus denen der besorgniserregende Zustand meiner Mutter hervorging von der Internatsleitung abgefangen. Ich erfuhr davon erst bei einem der sporadischen Besuche meines Vaters. Ich hatte selbstverständlich mehrfach meiner Mutter geschrieben.
Ich habe dann wiederholt bei Madame vom Schaumbourg einen schriftlichen Antrag eingereicht und darum gebeten, das Internat verlassen zu dürfen, um meine Mutter wenigstens noch einmal sehen zu können. Meine ersten drei Anträge wurden dann mit der Begründung, dass ein Verlassen des Geländes schlecht für meine Entwicklung sei, abgelehnt.

Herzlosigkeit von Frau vom Schaumbourg hat mich irgendwie gebrochen. Erst als sich mein Vater eingeschaltet hatte, hat es mir dann Madame von Schaumbourg gestattet, noch einmal meine Mutter zu besuchen.
Meine Mutter hat dann sofort gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt. Anfangs habe ich es geleugnet und gesagt, dass ich mir lediglich Sorgen um sie machen würde. Aber sie ließ nicht locker und ich habe ihr dann schließlich erzählt, wie sehr ich unter den Zuständen im Internat leiden würde. Die Ausführen von Jessica bestätigten mich wieder in meine Theorie, dass Mütter einen deutlich besseren Draht zu ihren Kindern - insbesondere zu ihren Töchtern - haben.
Jessica erzählte dann weiter: „Meine Mutter versprach, meinen Vater auf mich anzusprechen und ihn zu bitten, mich auf ein anderes Internat zu schicken. Mein Vater hat ihr dies versprochen, dann aber nichts getan. Das hat erst Annabelle geschafft.
Ich erkannte, dass ich meine Einschätzung hinsichtlich Herrn Wolfsleben revidieren musste. Hätte er seinerzeit, sich an das Versprechen, welches er seiner Frau gegeben hatte, gehalten, wäre Jessica einiges erspart geblieben und ich hätte jetzt ein deutlich kleineren Trauma zu therapieren.

Jetzt ergriff Annabelle wieder dar Wort: „Wir alle hatten unter den Verhältnissen im Internat zu leiden. Aber Dir hat man angemerkt, dass es bei Dir besonders schlimm ist. Du konntest nicht einmal die positiven Aspekte des Luxusschuppens genießen. Ich habe keineswegs gelogen, als ich Deinem Vater erzählt haben, wie schlecht es Dir im Internat geht.“
Jessica berichtete dann weiter: „Das Ausbildungskonzept des Internats sah auch vor, uns beizubringen, dass wir funktionieren müssen. So konnte ich mit keinerlei Verständnis hinsichtlich meiner besonderen Situation rechnen. Ich habe ein paar Mal auf diese hingewiesen und dann als Antwort bekommen, dass ich mich nicht so anstellen soll. Für den Heilungsprozess meiner Mutter sei es schließlich unerheblich, ob ich die Lernziele erreiche oder nicht. Ich konnte diese Herzlosigkeit nicht verstehen und diese hat mir sichtbar zu schaffen gemacht. Einige Lehrkräfte haben mich sogar mit Elektroschocks 'motiviert', meine Schwierigkeiten zu überwinden.
Positiv war lediglich, dass meine Mitschülerinnen meine Situation erkannt haben und mich unterstützt haben, wo sie konnten. Wir hatten zwar keinen Kreis – wie Ihr in Montreux – aber zusammengehalten haben wir trotzdem.
Zwischenzeitlich hat sich der Gesundheitszustand meiner Mutter soweit stabilisiert, dass sie außer Lebensgefahr und sogar auf dem Weg der Besserung ist. Als Du Dich mit Manuel getroffen hast, habe ich mich mit meinen Eltern ausgesprochen. Meine Mutter hat meinem Vater Vorwürfe gemacht, dass es mich nicht auf einem anderen Internat angemeldet hat. Ich habe nur gesagt, dass sich dies jetzt leider nicht mehr ändern lässt und ich am wenigsten gebrauchen kann, dass meine Eltern sich wegen mir zerstreiten. Ich brauche Euch jetzt beide, stärker als jemals zuvor, habe ich dann noch gesagt.“
53. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Adriana0306 am 27.01.25 15:34

Da zurzeit wenig Kommentare kommen, wollte zumindest ich mich nochmal melden, dass ich nach wie vor sehr interessiert an der Geschichte bin. Vielen Dank!
54. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 27.01.25 15:43

Es macht Spaß zu lesen, danke für die Geshichte.

Tom
55. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 27.01.25 19:18

Gute Aufarbeitung der Traumata der Mädchen.
56. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 28.01.25 08:53

Hallo Adriana0306
hallo Fazer-Tom,
hallo ChassHH,

vielen Dank für Euer Feedback. Es ist als Autor immer schwierig, ohne Rückmeldungen zu schreiben. Es freut mich, dass Euch offensichtlich sowohl die Geschichte als auch die von mir gewählte Form mit den Rückblicken auf die Geschichte von Natalie - teilweise aus anderen Blickwinkeln - gefällt.

Im Dezember war ich übrigens einige Zeit offline, da ich umgezogen bin und der DSL-Anschluss aufgrund der technischen Voraussetzungen nicht geklappt hat.
57. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 31.01.25 08:59

Kapitel 23: Die Aussöhnung von Annabelle mit ihrem Vater

In den bisherigen Therapiestunden war mir aufgefallen, wie sehr Annabelle unter der Tatsache, dass ihr Vater keine Schuld bei sich sehen würde und es daher vehement ablehnte, sich bei ihr zu entschuldigen, leidet.

So bot ich ihr an, Kontakt mit ihm aufzunehmen und mit ihm zu reden. Unser Gespräch verlieft alles andere als gut und das ist schon sehr vorsichtig ausgedrückt. In unserem Telefongespräch beharrte ihr Vater auch mir gegenüber darauf, dass es vollkommen abwegig sei, dass man den Schülerinnen im Internat Elektroschocks verabreichenden würde. Er habe das Internat für Annabelle sorgfältig ausgewählt und man können ihm diesbezüglich nun wirklich keine Vorwürfe machen.

Ich antwortete, dass Annabelle zu leiden hätte und sie konnte gar nichts für ihre Situation. „Was vergeben Sie sich, wenn Sie gegenüber Ihrer Tochter Ihren Fehler zugeben? Sie würden Annabelle sehr helfen. Sie leidet noch immer unter dem, was sie im Internat erleben musste.“, gab ich dem Herrn mit auf den Weg aber umstimmen konnte ich ihn nicht.

Nach dem Gespräch mit dem Vater war ich geschockt und überlegte fieberhaft, wie ich das Ergebnis des Gespräches Annabelle möglichst schonend beibringen kann. Ich muss zugeben, dass ich die zündende Idee noch nicht gefunden hatte.

Zwei Tage später standen plötzlich Herr und Frau Schönleber vor der Tür von unseres Instituts. Ich war gerade nicht an der Universität sondern dort. So wurde ich umgehend informiert und nahm das Ehepaar Schönleber in Empfang. Frau Schönleber erklärte, dass sie im Vorfeld abgeklärt habe, dass ich heute im Institut bin. Sie mutmaßte, dass – da meine einzigen Patientinnen sich ja in der Außenstelle befinden würden, ich Zeit für Ihren Ehemann und sie haben müsste.

Ich versicherte, dass ich mir die Zeit nehmen würde, wies aber darauf hin, dass ich dieses Institut von ein paar Jahren gegründet habe und mich als Vorsitzende des Stiftungsrates immer wieder um dieses und jenes kümmern muss. Dann forderte mich Frau Schönleber auf, ihren Ehemann bitte zur Vernunft zu bringen.

Ich erinnerte mich, wie Herr Brinkmann seinerzeit meine Eltern 'therapiert' hatte und entschloss, bei Annabelles Vater, das Gleiche zu versuchen. So bot ich an, dass wir gerne gemeinsam die Situation analysieren können, die Schlüsse aber Herr Schönleber und natürlich auch Sie als seine Frau - dann selbst ziehen müssen. Ich wies ausdrücklich darauf hin, dass ich mein Studium noch nicht abgeschlossen habe und demzufolge noch keine ausgebildete Psychologin bin. Allerdings habe ich Annabelle während des Gerichtsprozesses und danach begleitet und sei daher bestens mit ihrem Fall vertraut.

Dann wies ich noch darauf hin, dass es wichtig ist, dass die Eltern Annabelle gegenüber absolut ehrlich sind. „Es wäre fatal, wenn Annabelle merken würde, dass sie Aussagen treffen würden, die nicht ihrer Überzeugung entsprechen würden. Annabelle würde dies über kurz oder lang merken und dann wäre das Vertrauen zu Ihnen schwer beschädigt oder im schlimmsten Fall sogar vollkommen zerstört.“

Ich erläuterte, dass ich in letzter Zeit viel Zeit mit Annabelle verbracht und schlug vor, die Tatsachen zuerst zusammen zu fassen. „Sie haben ihr das Halsband nicht umgelegt. Allerdings hat sie Ihnen von den Elektroschocks erzählt und sie haben ihr dies nicht geglaubt. Sie haben dann einen 14-tägigen Probeaufenthalt für Annabelle vereinbart. Nach deren Ende haben Sie sie endgültig und dauerhaft im Internat angemeldet, obwohl Ihnen Ihre Tochter angeboten hat, alles zu ändern, was Sie zuvor an ihr kritisiert haben.

Nach dem Probeaufenthalt hätte Annabelle das Internat ohne psychische Schäden hätte verlassen und in ihr altes Leben zurück kehren können. Der Zustand von Annabelle nach im Internatsaufenthalt geht aus unserem Gutachten hervor. Sie ist ein psychisches Zwack. Ich habe sie selbst im Gefängnis erlebt und glauben Sie mir, wir haben im Gutachten nicht übertrieben.“

Der Vater antwortete: „Meinen Sie, dass ich zugestimmt habe, dass man Annabelle mit Elektroschocks regelrecht foltert?“ „Das behauptet auch keiner.“
Annabelles Vater führte weiter aus: „Die Methoden des Internats sind in keinster Weise zu akzeptieren.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass Annabelle zum damaligen Zeitpunkt dringend Erziehung brauchte und ihr ein ordnungsgemäßes Auftreten vermittelt werden musste“ und er fügte hinzu: „Und im Ergebnis hat der Internatsaufenthalt auch den gewünschten Erfolg gebracht.“

Wieder einmal war es die Mutter, die darauf hinwies, dass der Preis dafür viel zu hoch sei. Und sie fügte hinzu: „Ich meinen nicht, dass Schulgeld, welches wir zahlen mussten, sondern den Preis, den Annabelle gezahlt hat und vermutlich auch noch in Zukunft zahlen muss.“

In meinem Studium habe ich gelernt, dass Eltern ihre Kinder betreffen entweder besonders kritisch oder besonders nachsichtig sind.

Ich erinnerte daran, dass ich die psychologische Betreuung von Annabelle während des Gerichtsprozesses übernommen hatte und daher die Aussagen der Eltern vor Gericht mitbekommen habe, insbesondere wie Sie Ihre Tochter beschrieben haben.
Auch kamen mir die Worte der Richterin wieder in den Sinn. Sie hatte in Bezug auf Annabelle gesagt, dass sie sich nicht daran erinnern kann, wann sie das letzte Mal eine Angeklagte gehabt hatte, die ein derart tadelloses Benehmen an den Tag legen würde.

Annabelles Vater sagte: „Das war nach dem Internatsaufenthalt und zeigt deutlich, dass dieser im Ergebnis erfolgreich war.“

Daraufhin führte ich weiter aus: „Um unsere Patientinnen bestmöglich behandeln zu können, gehört es dazu, dass wir uns von ihnen ein umfassendes Bild von ihnen machen. So war ich auch bei Ihnen daheim und habe mit den ehemaligen Lehrern von Annabelle und ihren ehemaligen Mitschülerinnen gesprochen. Auch war ich in ihrem ehemaligen Reitverein.

Insbesondere im Reitverein hat man ein gänzlich anderes Bild von Ihrer Tochter gezeichnet. Am äußeren Erscheinungsbild hatte niemand etwas auszusetzen. Alle Mitglieder haben sie als höflich und zuvorkommend beschrieben und angegeben, dass sie sich sehr aufopferungsvoll um ihr eigenes Pferd aber auch die Pferde der übrigen Vereinsmitglieder gekümmert hat. Ich fügte hinzu, dass das Klientel des Vereins allseits bekannt sei.

Einige Mitglieder haben mir erzählt, dass sie die Probleme, die Sie und Annabelle hatte, mitbekommen haben und Ihrer Tochter geraten haben, sich nicht allzu sehr zu verbiegen, da sie nichts falsch machen würde. Diese Mitglieder machen sich jetzt übrigens Vorwürfe, da sie Annabelle das Internat eingebrockt haben.

Ich dachte so bei mir, dass sich die Mitglieder Vorwürfe machen, nur weil sie Annabelle geraten hatten, sich nicht zu verbiegen und sich ihr Vater keiner Schuld bewusst ist, wagte es aber nicht, dies anzusprechen. Dies tat dann Annabelles Mutter in aller Deutlichkeit.

Nach dem 14-tägigen Probeaufenthalt hat Annabelle Ihnen angeboten, all das zu tun, was sie von ihr verlangt haben. In den Therapiestunden hat sie immer wieder berichtet, wie sehr sie sich Fehler zu Herzen genommen hat. Sie hat mir auch von mehrere emotionale Zusammenbrüche in diesem Zusammenhang berichtet. Haben Sie sich nie gefragt, warum Annabelle auf Ihre Vorhaltungen so emotional regiert hat?

Ihre Mutter antwortete, dass sie glaubt, weil ihr Ehemann und sie so streng und herzlos waren. Ich antwortete, dass dies durchaus sein kann. „Es kann aber auch sein, dass der Grund auch war, dass sie ihren Erwartungen nicht genügt hat.“

Nach der Verhandlung hat sie dann das tatsächlich getan, was sie Ihnen nach Ende des Probeaufenthaltes versprochen hatte. Sie war zwar ein psychische Zwack und hat trotzdem alles versucht, die Tochter zu sein, die Sie sich immer gewünscht haben. Mit dem bekannten Ergebnis.“

Ich habe dann das Ergebnis zusammen gefasst: „Abgesehen von Ihnen hatte niemand etwas am Erscheinungsbild oder Verhalten von Annabelle auszusetzen. Nahezu alle Befragten haben angegeben, dass Sie übertreiben. Trotzdem war Ihre Tochter bereit, sich vollkommen zu verbiegen.“

Annabelles Mutter war sichtlich geschockt und man sah auch Herrn Schönleber deutlich an, dass er gerade dabei war, dass soeben Erfahrene zu verarbeiten.

„Warum hat Annabelle nichts gesagt, als wir zusammen in den Bergen spazieren waren?“, sagte sie schließlich immer noch vollkommen geschockt.

„Ich weiß es nicht. Sie hat auch mir nichts gesagt. Sie hat lediglich von einem schönen Spaziergang mit Ihnen gesprochen. Ich vermute, dass sie froh war, dass sich zumindest das Verhältnis zu Ihnen normalisiert hat und wollte dies nicht gefährden.“, antwortete ich.

Wie eingangs gesagt kümmere ich mich um Annabelle, da es ihr ausdrücklicher Wunsch war. Allerdings ist der offizielle Therapeut von ihr immer noch Herr Brinkmann. Er nimmt sporadisch an den Therapiesitzungen teil und wir tauschen uns regelmäßig aus.
Ich hatte ihm seinerzeit als wir Annabelle in der Untersuchungshaft kennen lernten, gesagt, dass er das Gutachten, welches er seinerzeit für mich erstellt hatte, nehmen kann und nur den Namen auszutauschen braucht.

Im Rahmen einer der letzten Gespräche eröffnete er mir, dass das Trauma von Annabelle deutlich stärker ausgeprägt sei als seinerzeit bei mir. Und Herr Brinkmann bezeichnet mich gerne als seinen schwierigsten aber gleichzeitig interessantesten Fall. Er hatte mir noch gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass ich den Status verlieren könnte. Allerdings stellt die Therapie von Annabelle eine große Herausforderung dar.

Annabelles Vater fragte mich, ob ich tatsächlich eine ehemalige Patientin von Herrn Brinkmann sei.

Ich erklärte ihm, dass in diesen Räumlichkeiten sich früher ein Internat befunden hat. „Ich weiß, dass meine Eltern nur die bestmögliche Ausbildung und Erziehung für mich wollten, als sie mich hier angemeldet haben. Ich musste hier die schlimmste Zeit meines Lebens durchleben und habe es am Ende nicht mehr ausgehalten und bin aus dem vierten Stock des Gebäudes gesprungen. Danach wurde ich schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte haben mir durch eine dramatische Operation das Leben gerettet.
Ich habe es Ihrer Frau bereits gesagt. Sie dürfen auch als Erwachsene Fehler machen. Wichtig ist, dass Sie zu diesen stehen. Dazu zählt auch, dass Sie sich für diese entschuldigen und in diesem Fall bei Annabelle. Die behandelnde Ärztin bat Herrn Brinkmann dann, sich meiner anzunehmen, was er dann auch tat.

Annabelle hat übrigens zu Beginn unserer Unterhaltung vollkommen abgeblockt. Erst als ich ihr von meiner Geschichte erzählt habe, erkannte sie, dass sie mir vertrauen kann.

Zum Vater sagte ich, dass ich ihn nicht zwingen kann. „Aber wie gesagt, Sie würden Ihrer Tochter sehr damit helfen.“, füge ich hinzu.

Ich beendete das Gespräch und bot den Eltern an, dass falls sie noch mit Annabelle sprechen möchten, in 15 Minuten der letzte Shuttelbus zur Außenstelle fahren würde. Dort müssen Sie dann entweder übernachten. Aktuell sind einige Gästezimmer frei. Alternativ können Sie auch mit dem Bus oder Taxi zurück fahren.

Herr und Frau Schönleber entschlossen sich, Annabelle in der Außenstelle zu besuchen und baten mich, für sie ein Zimmer zu reservieren.
Ich reservierte das Zimmer und informierte Annabelle, dass ihre Eltern auf dem Weg zu ihr seien.

Zwei Tage später stand die nächste Therapiestunde an. Zu deren Beginn fragte ich Annabelle, ob das Gespräch tatsächlich stattgefunden hat und - wenn ja – mit welchem Ergebnis.

Annabelle bestätigte, dass ihre Eltern sie tatsächlich in der Außenstelle besucht haben und das Gespräch sehr gut verlaufen sei. Ihr Vater war wie ausgewechselt.

Es war überaus selbstkritisch und würde die Situation nicht mehr aus seiner, sondern ausschließlich aus meiner Brille betrachten.

Annabelle fragte mich, ob ich etwas mit dem plötzlichen Sinneswandel zu tun hätte. Darauf erzählte ich ihr von unserem Gespräch. Nur das erste Telefongespräch, bei dem Herr Schönleber es noch vehement abgelehnt hatte, sich bei Annabelle zu entschuldigen, da er nichts falsch gemacht habe, verschwieg ich.

Annabelle berichtete, dass ihr Vater auf der Fahr zur Außenstelle ein paar Freunde und Geschäftspartner und schließlich den Vorsitzenden des Reitvereins angerufen hat.

Die Freunde und Geschäftspartner haben ihm übereinstimmend gesagt, dass er seiner Tochter gegenüber ihrer Meinung nach zu streng sei. Sie wollten sich aber nicht in die Erziehung einmischen, so dass sie sich auf einige Andeutungen – diese aber mehrfach – beschränkt haben.

Der Vorsitzenden des Reitvereines wurde dann sehr deutlich. „Niemand hatte am Erscheinungsbild und am Verhalten von Annabelle etwas auszusetzen.“ Er könne daher nicht verstehen, was er daran auszusetzen habe. Schon gar nicht, warum er mich gegen meinen Willen im Internat angemeldet hat. „Annabelle ist jederzeit bei uns willkommen und zwar so wie sie ist.“, füge er noch an.

Meine Mutter hat mich dann gefragt, warum ich nicht erzählt habe, wie sehr ich mich verbiegen musste, um die Tochter zu sein, die sich meine Eltern immer gewünscht hat.
Annabelle hat ihr dann die Gründe erläutert, worauf ihre Mutter geantwortet hat, dass ich so etwas auch vermutet habe.
58. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ZdBdLa am 31.01.25 08:59

Kapitel 23: Die Aussöhnung von Annabelle mit ihrem Vater

In den bisherigen Therapiestunden war mir aufgefallen, wie sehr Annabelle unter der Tatsache, dass ihr Vater keine Schuld bei sich sehen würde und es daher vehement ablehnte, sich bei ihr zu entschuldigen, leidet.

So bot ich ihr an, Kontakt mit ihm aufzunehmen und mit ihm zu reden. Unser Gespräch verlieft alles andere als gut und das ist schon sehr vorsichtig ausgedrückt. In unserem Telefongespräch beharrte ihr Vater auch mir gegenüber darauf, dass es vollkommen abwegig sei, dass man den Schülerinnen im Internat Elektroschocks verabreichenden würde. Er habe das Internat für Annabelle sorgfältig ausgewählt und man können ihm diesbezüglich nun wirklich keine Vorwürfe machen.

Ich antwortete, dass Annabelle zu leiden hätte und sie konnte gar nichts für ihre Situation. „Was vergeben Sie sich, wenn Sie gegenüber Ihrer Tochter Ihren Fehler zugeben? Sie würden Annabelle sehr helfen. Sie leidet noch immer unter dem, was sie im Internat erleben musste.“, gab ich dem Herrn mit auf den Weg aber umstimmen konnte ich ihn nicht.

Nach dem Gespräch mit dem Vater war ich geschockt und überlegte fieberhaft, wie ich das Ergebnis des Gespräches Annabelle möglichst schonend beibringen kann. Ich muss zugeben, dass ich die zündende Idee noch nicht gefunden hatte.

Zwei Tage später standen plötzlich Herr und Frau Schönleber vor der Tür von unseres Instituts. Ich war gerade nicht an der Universität sondern dort. So wurde ich umgehend informiert und nahm das Ehepaar Schönleber in Empfang. Frau Schönleber erklärte, dass sie im Vorfeld abgeklärt habe, dass ich heute im Institut bin. Sie mutmaßte, dass – da meine einzigen Patientinnen sich ja in der Außenstelle befinden würden, ich Zeit für Ihren Ehemann und sie haben müsste.

Ich versicherte, dass ich mir die Zeit nehmen würde, wies aber darauf hin, dass ich dieses Institut von ein paar Jahren gegründet habe und mich als Vorsitzende des Stiftungsrates immer wieder um dieses und jenes kümmern muss. Dann forderte mich Frau Schönleber auf, ihren Ehemann bitte zur Vernunft zu bringen.

Ich erinnerte mich, wie Herr Brinkmann seinerzeit meine Eltern 'therapiert' hatte und entschloss, bei Annabelles Vater, das Gleiche zu versuchen. So bot ich an, dass wir gerne gemeinsam die Situation analysieren können, die Schlüsse aber Herr Schönleber und natürlich auch Sie als seine Frau - dann selbst ziehen müssen. Ich wies ausdrücklich darauf hin, dass ich mein Studium noch nicht abgeschlossen habe und demzufolge noch keine ausgebildete Psychologin bin. Allerdings habe ich Annabelle während des Gerichtsprozesses und danach begleitet und sei daher bestens mit ihrem Fall vertraut.

Dann wies ich noch darauf hin, dass es wichtig ist, dass die Eltern Annabelle gegenüber absolut ehrlich sind. „Es wäre fatal, wenn Annabelle merken würde, dass sie Aussagen treffen würden, die nicht ihrer Überzeugung entsprechen würden. Annabelle würde dies über kurz oder lang merken und dann wäre das Vertrauen zu Ihnen schwer beschädigt oder im schlimmsten Fall sogar vollkommen zerstört.“

Ich erläuterte, dass ich in letzter Zeit viel Zeit mit Annabelle verbracht und schlug vor, die Tatsachen zuerst zusammen zu fassen. „Sie haben ihr das Halsband nicht umgelegt. Allerdings hat sie Ihnen von den Elektroschocks erzählt und sie haben ihr dies nicht geglaubt. Sie haben dann einen 14-tägigen Probeaufenthalt für Annabelle vereinbart. Nach deren Ende haben Sie sie endgültig und dauerhaft im Internat angemeldet, obwohl Ihnen Ihre Tochter angeboten hat, alles zu ändern, was Sie zuvor an ihr kritisiert haben.

Nach dem Probeaufenthalt hätte Annabelle das Internat ohne psychische Schäden hätte verlassen und in ihr altes Leben zurück kehren können. Der Zustand von Annabelle nach im Internatsaufenthalt geht aus unserem Gutachten hervor. Sie ist ein psychisches Zwack. Ich habe sie selbst im Gefängnis erlebt und glauben Sie mir, wir haben im Gutachten nicht übertrieben.“

Der Vater antwortete: „Meinen Sie, dass ich zugestimmt habe, dass man Annabelle mit Elektroschocks regelrecht foltert?“ „Das behauptet auch keiner.“
Annabelles Vater führte weiter aus: „Die Methoden des Internats sind in keinster Weise zu akzeptieren.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass Annabelle zum damaligen Zeitpunkt dringend Erziehung brauchte und ihr ein ordnungsgemäßes Auftreten vermittelt werden musste“ und er fügte hinzu: „Und im Ergebnis hat der Internatsaufenthalt auch den gewünschten Erfolg gebracht.“

Wieder einmal war es die Mutter, die darauf hinwies, dass der Preis dafür viel zu hoch sei. Und sie fügte hinzu: „Ich meinen nicht, dass Schulgeld, welches wir zahlen mussten, sondern den Preis, den Annabelle gezahlt hat und vermutlich auch noch in Zukunft zahlen muss.“

In meinem Studium habe ich gelernt, dass Eltern ihre Kinder betreffen entweder besonders kritisch oder besonders nachsichtig sind.

Ich erinnerte daran, dass ich die psychologische Betreuung von Annabelle während des Gerichtsprozesses übernommen hatte und daher die Aussagen der Eltern vor Gericht mitbekommen habe, insbesondere wie Sie Ihre Tochter beschrieben haben.
Auch kamen mir die Worte der Richterin wieder in den Sinn. Sie hatte in Bezug auf Annabelle gesagt, dass sie sich nicht daran erinnern kann, wann sie das letzte Mal eine Angeklagte gehabt hatte, die ein derart tadelloses Benehmen an den Tag legen würde.

Annabelles Vater sagte: „Das war nach dem Internatsaufenthalt und zeigt deutlich, dass dieser im Ergebnis erfolgreich war.“

Daraufhin führte ich weiter aus: „Um unsere Patientinnen bestmöglich behandeln zu können, gehört es dazu, dass wir uns von ihnen ein umfassendes Bild von ihnen machen. So war ich auch bei Ihnen daheim und habe mit den ehemaligen Lehrern von Annabelle und ihren ehemaligen Mitschülerinnen gesprochen. Auch war ich in ihrem ehemaligen Reitverein.

Insbesondere im Reitverein hat man ein gänzlich anderes Bild von Ihrer Tochter gezeichnet. Am äußeren Erscheinungsbild hatte niemand etwas auszusetzen. Alle Mitglieder haben sie als höflich und zuvorkommend beschrieben und angegeben, dass sie sich sehr aufopferungsvoll um ihr eigenes Pferd aber auch die Pferde der übrigen Vereinsmitglieder gekümmert hat. Ich fügte hinzu, dass das Klientel des Vereins allseits bekannt sei.

Einige Mitglieder haben mir erzählt, dass sie die Probleme, die Sie und Annabelle hatte, mitbekommen haben und Ihrer Tochter geraten haben, sich nicht allzu sehr zu verbiegen, da sie nichts falsch machen würde. Diese Mitglieder machen sich jetzt übrigens Vorwürfe, da sie Annabelle das Internat eingebrockt haben.

Ich dachte so bei mir, dass sich die Mitglieder Vorwürfe machen, nur weil sie Annabelle geraten hatten, sich nicht zu verbiegen und sich ihr Vater keiner Schuld bewusst ist, wagte es aber nicht, dies anzusprechen. Dies tat dann Annabelles Mutter in aller Deutlichkeit.

Nach dem 14-tägigen Probeaufenthalt hat Annabelle Ihnen angeboten, all das zu tun, was sie von ihr verlangt haben. In den Therapiestunden hat sie immer wieder berichtet, wie sehr sie sich Fehler zu Herzen genommen hat. Sie hat mir auch von mehrere emotionale Zusammenbrüche in diesem Zusammenhang berichtet. Haben Sie sich nie gefragt, warum Annabelle auf Ihre Vorhaltungen so emotional regiert hat?

Ihre Mutter antwortete, dass sie glaubt, weil ihr Ehemann und sie so streng und herzlos waren. Ich antwortete, dass dies durchaus sein kann. „Es kann aber auch sein, dass der Grund auch war, dass sie ihren Erwartungen nicht genügt hat.“

Nach der Verhandlung hat sie dann das tatsächlich getan, was sie Ihnen nach Ende des Probeaufenthaltes versprochen hatte. Sie war zwar ein psychische Zwack und hat trotzdem alles versucht, die Tochter zu sein, die Sie sich immer gewünscht haben. Mit dem bekannten Ergebnis.“

Ich habe dann das Ergebnis zusammen gefasst: „Abgesehen von Ihnen hatte niemand etwas am Erscheinungsbild oder Verhalten von Annabelle auszusetzen. Nahezu alle Befragten haben angegeben, dass Sie übertreiben. Trotzdem war Ihre Tochter bereit, sich vollkommen zu verbiegen.“

Annabelles Mutter war sichtlich geschockt und man sah auch Herrn Schönleber deutlich an, dass er gerade dabei war, dass soeben Erfahrene zu verarbeiten.

„Warum hat Annabelle nichts gesagt, als wir zusammen in den Bergen spazieren waren?“, sagte sie schließlich immer noch vollkommen geschockt.

„Ich weiß es nicht. Sie hat auch mir nichts gesagt. Sie hat lediglich von einem schönen Spaziergang mit Ihnen gesprochen. Ich vermute, dass sie froh war, dass sich zumindest das Verhältnis zu Ihnen normalisiert hat und wollte dies nicht gefährden.“, antwortete ich.

Wie eingangs gesagt kümmere ich mich um Annabelle, da es ihr ausdrücklicher Wunsch war. Allerdings ist der offizielle Therapeut von ihr immer noch Herr Brinkmann. Er nimmt sporadisch an den Therapiesitzungen teil und wir tauschen uns regelmäßig aus.
Ich hatte ihm seinerzeit als wir Annabelle in der Untersuchungshaft kennen lernten, gesagt, dass er das Gutachten, welches er seinerzeit für mich erstellt hatte, nehmen kann und nur den Namen auszutauschen braucht.

Im Rahmen einer der letzten Gespräche eröffnete er mir, dass das Trauma von Annabelle deutlich stärker ausgeprägt sei als seinerzeit bei mir. Und Herr Brinkmann bezeichnet mich gerne als seinen schwierigsten aber gleichzeitig interessantesten Fall. Er hatte mir noch gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass ich den Status verlieren könnte. Allerdings stellt die Therapie von Annabelle eine große Herausforderung dar.

Annabelles Vater fragte mich, ob ich tatsächlich eine ehemalige Patientin von Herrn Brinkmann sei.

Ich erklärte ihm, dass in diesen Räumlichkeiten sich früher ein Internat befunden hat. „Ich weiß, dass meine Eltern nur die bestmögliche Ausbildung und Erziehung für mich wollten, als sie mich hier angemeldet haben. Ich musste hier die schlimmste Zeit meines Lebens durchleben und habe es am Ende nicht mehr ausgehalten und bin aus dem vierten Stock des Gebäudes gesprungen. Danach wurde ich schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte haben mir durch eine dramatische Operation das Leben gerettet.
Ich habe es Ihrer Frau bereits gesagt. Sie dürfen auch als Erwachsene Fehler machen. Wichtig ist, dass Sie zu diesen stehen. Dazu zählt auch, dass Sie sich für diese entschuldigen und in diesem Fall bei Annabelle. Die behandelnde Ärztin bat Herrn Brinkmann dann, sich meiner anzunehmen, was er dann auch tat.

Annabelle hat übrigens zu Beginn unserer Unterhaltung vollkommen abgeblockt. Erst als ich ihr von meiner Geschichte erzählt habe, erkannte sie, dass sie mir vertrauen kann.

Zum Vater sagte ich, dass ich ihn nicht zwingen kann. „Aber wie gesagt, Sie würden Ihrer Tochter sehr damit helfen.“, füge ich hinzu.

Ich beendete das Gespräch und bot den Eltern an, dass falls sie noch mit Annabelle sprechen möchten, in 15 Minuten der letzte Shuttelbus zur Außenstelle fahren würde. Dort müssen Sie dann entweder übernachten. Aktuell sind einige Gästezimmer frei. Alternativ können Sie auch mit dem Bus oder Taxi zurück fahren.

Herr und Frau Schönleber entschlossen sich, Annabelle in der Außenstelle zu besuchen und baten mich, für sie ein Zimmer zu reservieren.
Ich reservierte das Zimmer und informierte Annabelle, dass ihre Eltern auf dem Weg zu ihr seien.

Zwei Tage später stand die nächste Therapiestunde an. Zu deren Beginn fragte ich Annabelle, ob das Gespräch tatsächlich stattgefunden hat und - wenn ja – mit welchem Ergebnis.

Annabelle bestätigte, dass ihre Eltern sie tatsächlich in der Außenstelle besucht haben und das Gespräch sehr gut verlaufen sei. Ihr Vater war wie ausgewechselt.

Es war überaus selbstkritisch und würde die Situation nicht mehr aus seiner, sondern ausschließlich aus meiner Brille betrachten.

Annabelle fragte mich, ob ich etwas mit dem plötzlichen Sinneswandel zu tun hätte. Darauf erzählte ich ihr von unserem Gespräch. Nur das erste Telefongespräch, bei dem Herr Schönleber es noch vehement abgelehnt hatte, sich bei Annabelle zu entschuldigen, da er nichts falsch gemacht habe, verschwieg ich.

Annabelle berichtete, dass ihr Vater auf der Fahr zur Außenstelle ein paar Freunde und Geschäftspartner und schließlich den Vorsitzenden des Reitvereins angerufen hat.

Die Freunde und Geschäftspartner haben ihm übereinstimmend gesagt, dass er seiner Tochter gegenüber ihrer Meinung nach zu streng sei. Sie wollten sich aber nicht in die Erziehung einmischen, so dass sie sich auf einige Andeutungen – diese aber mehrfach – beschränkt haben.

Der Vorsitzenden des Reitvereines wurde dann sehr deutlich. „Niemand hatte am Erscheinungsbild und am Verhalten von Annabelle etwas auszusetzen.“ Er könne daher nicht verstehen, was er daran auszusetzen habe. Schon gar nicht, warum er mich gegen meinen Willen im Internat angemeldet hat. „Annabelle ist jederzeit bei uns willkommen und zwar so wie sie ist.“, füge er noch an.

Meine Mutter hat mich dann gefragt, warum ich nicht erzählt habe, wie sehr ich mich verbiegen musste, um die Tochter zu sein, die sich meine Eltern immer gewünscht hat.
Annabelle hat ihr dann die Gründe erläutert, worauf ihre Mutter geantwortet hat, dass ich so etwas auch vermutet habe.
59. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 31.01.25 20:44

Wieder eine sehr schön zu lesende Fortsetzung, wobei der Vater schon etwas zu leicht aus dieser verzwickten Lage kommt. Ein solcher Vertrauensbruch wiegt extrem schwer und ist selten zu kitten und hinterlässt fast immer bleibende Narben auf der Seele; welche in Stresssituationen immer wieder zu Tage treten.

Aber von deiner Storryline sehr angenehm zu lesen und ich bin extrem neugierig wie's weiter geht.

Ciao, Tom

60. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von ChasHH am 01.02.25 05:48

Sorry für meine norddeutsche Direktheit, aber ich hätte an ihrer Stelle den Vater in den Wind geschossen, und verklagt.
61. RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)

geschrieben von Fazer-Tom am 01.02.25 14:51

Zitat
Sorry für meine norddeutsche Direktheit, aber ich hätte an ihrer Stelle den Vater in den Wind geschossen, und verklagt.


Auch mein erster Gedanke, ich habe mich dann nur ein wenig höflicher ausgedrückt aber dem Sinn nach meinen wir das Gleiche. Ich denke wenn Annabelle den kompletten Inhalt des Telefongesprächs gekannt hättte wäre es mit Sicherheit gemäß deiner direkten Ansage gelaufen.


ciao, Tom


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