Restriktive Foren

Thema:
eröffnet von ChariSMa am 10.09.05 02:42
letzter Beitrag von hms am 29.04.04 09:17

1. Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von am 13.04.04 14:38

@hallo
Ich suche Euren Rat oder Eure Gedanken zu meinem persönlichen Thema.

Vor einigen Jahren habe ich mit einem wichtigen Teil meines früheren Lebens Platz für meine Neigung geschaffen, seither lebe ich Dominanz aus, habe mit tiefer Lust wie selbstverständlich in sie hineingefunden und fühlte, ich war endlich da *angekommen*, wo ich immer hin wollte. Sie war meine Form von Sexualität, ich fand mich intakt, auch wenn ich gesellschaftlich nicht ganz *im Takt* damit war.
Und nun befinde ich mich ich mich mit einem Schlag in einer tiefen Identitätskrise. Erstmals fühle ich mich eingeengt durch meine dominante Neigung und habe das Gefühl, mich damit in eine Sackgasse des Lebens hinein manövriert zu haben.
Lese ich Artikel in diesem Forum wie die Geschichte "Frust" oder "Cuckold Rubrik/reale Beziehungen", kann ich das plötzlich nicht mehr getrennt von mir betrachten, sondern habe das Gefühl, als Dom Teil einer Gruppe von seelischen Krüppeln zu sein.
Es ist ein richtiger Kampf gegen mich selber und ich fühle mich damit gänzlich überfordert.

Aus meinen Lebensumständen heraus finde ich an Erklärungen eigentlich nur, dass mein Sohn schwer erkrankt ist und ich mir, obwohl ich ihn ständig besuche, Schuldgefühle mache, nicht mehr wie eine *anständige* Mutter bei ihm zu wohnen.
Und wirklich erscheint mir derzeit nichts verlockender, als in mein früheres Leben zurückzukehren, eine Option, die mir durchaus auch ganz reell offen steht.
Meine Frage an Euch: Hat das jemand von Euch schon einmal erlebt? Dieses *Aussteigenwollen*? Glaubt Ihr generell, dass man hinter BDSM die Türe schließen kann? Hat das schon einmal jemand von Euch versucht? Und mit welchen Erfahrungen?

Ich stecke in meinen Gedanken fest wie in einem Sumpf, und ich würde mich freuen, wenn von Euch irgendeine befreiende Reaktion kommt.

Gruß
ChariSMa

(Diese Nachricht wurde am 13.04.04 um 14:38 von ChariSMa geändert.)
2. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von sunnybj am 13.04.04 15:10

Hallo ChariSMa,

ich werde dir sicherlich keine 100% Antwort zu deiner Frage geben können, für mich selber ist das eine rein philosphische Angelegenheit.
Ich persönlich nehme mir nicht das Recht zu urteilen ob BDSM für jemanden richtig oder falsch ist. Wenn du dich in oder mit BDSM wohl fühlst, ist das dein Weg. Fühlst du dich in diesem nicht wohl und möchtest zu einem kommerziellen Leben zurück kehren ist dieses ebenfalls dein Weg.
Dort wo du dich wohl fühlst, dort gehörst du auch hin.

Ich selber bin trotz meiner jungen Jahren schon recht stark mit diesem Thema konfrontiert gewesen, kann mich momentan allerdings nicht mehr damit identifizieren da ich mein Leben einfach einen anderen Weg eingschlagen hat. Gib dir selber die nötige Toleranz und alles wird seinen Weg finden.
3. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Nachtigall am 13.04.04 16:07

Hallo ChariSMa,

ganz unumwunden, dass sich die Tür schließen lässt, glaube ich nicht. Nicht für mich, und vermutlich auch nicht für Dich:

Zitat

Vor einigen Jahren habe ich mit einem wichtigen Teil meines früheren Lebens Platz für meine Neigung geschaffen, seither lebe ich Dominanz aus, habe mit tiefer Lust wie selbstverständlich in sie hineingefunden und fühlte, ich war endlich da *angekommen*, wo ich immer hin wollte.

Du beschreibst exakt meine eigenen Empfindungen zu dem Zeitpunkt, als ich feststellte, dass meine Dominanz Teil meiner sexuellen Ausrichtung sei. Zum ersten Mal in meinem Leben "zuhause", mit über 30 Jahren. Ich habe anfangs sehr gründlich und vorsichtig geprüft, ob ich mich auf diese fremde Ebene begeben will, ob sie wirklich "meins" ist. Und ich fand heraus, dass ich dieses Gefühl nie wieder missen möchte. Da ich kontaktfreudig bin, habe ich inzwischen außerdem etliche Bekanntschaften im BDSM-Bereich geschlossen, und es scheint sehr viele Leute zu geben, die versucht haben wieder "auszusteigen" und sich dadurch eines wesentlichen Teils ihrer Persönlichkeit beraubt gefühlt haben.

Zitat

Sie war meine Form von Sexualität, ich fand mich intakt, auch wenn ich gesellschaftlich nicht ganz *im Takt* damit war.

Wie Björn schon meinte, nur Du kannst entscheiden, ob Du ohne BDSM immer noch "intakt" bist oder nicht. Vielleicht kannst Du in Deiner Situation diese Entscheidung gar nicht bewusst treffen, sondern musst Dich auf Deine Intuition verlassen?

Zitat

Und nun befinde ich mich ich mich mit einem Schlag in einer tiefen Identitätskrise. Erstmals fühle ich mich eingeengt durch meine dominante Neigung und habe das Gefühl, mich damit in eine Sackgasse des Lebens hinein manövriert zu haben.
Lese ich Artikel in diesem Forum wie die Geschichte \"Frust\" oder \"Cuckold Rubrik/reale Beziehungen\", kann ich das plötzlich nicht mehr getrennt von mir betrachten, sondern habe das Gefühl, als Dom Teil einer Gruppe von seelischen Krüppeln zu sein.

Du selber empfindest doch die Äußerungen bestimmter Personen nicht als Ausdruck ihrer Dominanz, sondern ihres Unvermögens. Genauso könnte man als Mensch es unerträglich finden, den Menschen anzugehören, wenn man bedenkt, was sich Menschen manchmal gegenseitig antun.

Du wendest vielleicht ein, dass Du Dir die Existenz als Mensch nicht ausgesucht habest, aber die als Domme schon. Aber vielleicht ist diese letztere "Entscheidung" (Domme zu sein) eher die Wahl zwischen "glücklich leben" oder "unglücklich leben"? Du hast doch Deine Veranlagung nicht ausgewählt, sondern nur entschieden, ihr gemäß zu agieren. Und plötzlich zweifelst Du daran - hast Du den Eindruck, anderen zu schaden? Deinem Sohn, Deinem Exmann? Du hattest Gründe, zu gehen und herauszufinden, wer Du bist und was Du willst; sind die nichtig angesichts der Krankheit Deines Sohnes?

Zitat

Aus meinen Lebensumständen heraus finde ich an Erklärungen eigentlich nur, dass mein Sohn schwer erkrankt ist und ich mir, obwohl ich ihn ständig besuche, Schuldgefühle mache, nicht mehr wie eine *anständige* Mutter bei ihm zu wohnen.
Und wirklich erscheint mir derzeit nichts verlockender, als in mein früheres Leben zurückzukehren, eine Option, die mir durchaus auch ganz reell offen steht.

Willst Du denn zurück? Und musst Du dafür tatsächlich Deine Dominanz "aufgeben"? Ich weiß nicht, wie alt Dein Sohn ist und ob Du Dir reelle Chancen ausrechnest, durch Deine Rückkehr seine Krankheit erfolgreich zu bekämpfen. Aber ich weiß, dass Schuldgefühle eine ganz schön lähmende Wirkung haben können und dass man sehr behutsam mit ihnen und den "realen" Umständen umgehen sollte, wenn man nicht noch mehr Scherben verursachen möchte, als ohnehin schon da sind.

Zitat

Meine Frage an Euch: Hat das jemand von Euch schon einmal erlebt? Dieses *Aussteigenwollen*?

Ich nicht. Bin vielleicht noch nicht lange genug dabei... oder einfach zu glücklich damit.

Zitat

Glaubt Ihr generell, dass man hinter BDSM die Türe schließen kann?

Wie gesagt, nein; nicht für mich jedenfalls. Aber Gegenfrage: Was erhoffst Du Dir davon?

Möglicherweise kommt zu der Krankheit Deines Sohnes ja auch noch eine andere Erfahrung, vielleicht hat das Ausleben der Dominanz letztlich (bisher?) doch nicht gehalten, was Du Dir davon versprochen hattest. Für mich sieht es ein bisschen so aus, als suchtest Du nach Gründen, wieder "normal" zu werden. Aber aufgrund Deiner mir bekannten Postings glaube ich, dass hier (im BDSM-Umfeld) Deine "normale" Umgebung ist und dass Du Dich für ein Vanilla-Leben inzwischen arg verbiegen müsstest. Schließlich sind Deine Äußerungen meistens recht tiefgründig und gewähren einen guten Einblick in Deine Haltung. Oder irre ich mich in Dir?

Gerrys "Vegetarier-Vergleich" finde ich extrem passend. Nicht ganz so sehr gefällt mir folgendes Statement:

Zitat

Aber was hindert Dich, die Türe wieder zu öffnen, wenn nach einiger Zeit das Gefühl die Oberhand gewinnt, daß Du genau das brauchst, was hinter dieser Türe verborgen liegt?

Deine Familie zu verlassen, war sicherlich keine leichte Entscheidung für Dich. Sie ein zweites Mal treffen zu müssen, stelle ich mir als absoluten Horror vor, sowohl für sie als auch für Dich. Du wirst vermisst, in Ordnung. Aber zurück zu gehen und dann herauszufinden, dass es doch nicht hinhaut, ist bestimmt das Letzte! Und daran hätten die "Verlassenen" dann noch mehr zu knabbern, als wenn Du jetzt für Dich eine klare Linie findest.

Hast Du eigentlich mit Deinem (Ex-?)Mann schon intensiv, mit allen Details, über das Thema gesprochen?

Naja, vielleicht kommst Du ja bereits auf die Lösung, indem Du Dich hier schriftlich mit anderen darüber austauschst. Ich wünsche es Dir sehr und halte alle vorhandenen Daumen!

Herzliche Grüße
Anja
4. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Stephen am 13.04.04 19:09


Hallo Charisma,

an und für sich haben Gerry und Anja schon sehr treffende Worte, Argumente und Ansichten geliefert. Doch mit einem lapidaren "schließe mich meinen Vorrednern an, wollte ich es nicht belassen und meine Antwort in zumindest zum Teil eigene Worte fassen. Du schreibst:

Zitat

Vor einigen Jahren habe ich mit einem wichtigen Teil meines früheren Lebens Platz für meine Neigung geschaffen, seither lebe ich Dominanz aus, habe mit tiefer Lust wie selbstverständlich in sie hineingefunden und fühlte, ich war endlich da *angekommen*, wo ich immer hin wollte.

Aus meiner Sicht solltest du daran festhalten. Dieser Schritt wurde von dir damals sehr, sehr gründlich überlegt und kann so falsch nicht gewesen sein. Doch selbst wenn es ein Fehler gewesen sein sollte, so kannst du ihn, auch wenn es den Anschein hat, nicht durch den Ausstieg aus dem BDSM ungeschehen machen.

Zu der Frage nach den Auslösern für deine Idenditätskrise:

Zitat

Aus meinen Lebensumständen heraus finde ich an Erklärungen eigentlich nur, dass mein Sohn schwer erkrankt ist und ich mir, obwohl ich ihn ständig besuche, Schuldgefühle mache, nicht mehr wie eine *anständige* Mutter bei ihm zu wohnen.

Die Krankeit deines Sohnes ist traurig, aber leider nicht zu ändern, und sie wäre mit Sicherheit auch aufgetreten, wenn du noch bei ihm wohnen würdest. Schuldgefühle sind, da du ihn ja sooft es geht besuchst, aus meiner Sicht zwar verständlich aber trotzdem unangebracht. Ich glaube, dass du deinen Sohn (der vermutlich weiss, weshalb seine Mutter aus der Ehe ausgebrochen war) eher noch belasten würdest, wenn du wiederum alles aufgäbst.

Zitat

sondern habe das Gefühl, als Dom Teil einer Gruppe von seelischen Krüppeln zu sein. Es ist ein richtiger Kampf gegen mich selber und ich fühle mich damit gänzlich überfordert.

Da liegt mit einer deiner Gedankenfehler. Ich greife gerne mal Gerrys Vegetarier-Gedanken auf und ändere ihn um: Wenn ich Teil einer Gruppe bin, deren Vorlieben stark auseinandergehen (vom reinen Fleischverweigerer bis hin zum Veganer) und ich von Greuelgeschichten einzelner höre, mache ich mir denn dann auch Gedanken darüber ob ich auch ein "seelischer Krüppel" bin? Wohl eher nicht.

Die Qualität deiner Beiträge und die darin getroffenen Äusserungen lassen mich in dir eher das Gegenteil eines solchen Krüppels sehen.

Zitat

Hat das schon einmal jemand von Euch versucht? Und mit welchen Erfahrungen?

Ich selbst nicht, aber aus zweiter Hand habe ich schon vereinzelt über das "Aussteigenwollen" gehört - alles Fehlversuche. Wundert mich ehrlich gesagt auch nicht ... man kann nicht aus sich selbst aussteigen ...

Zitat

Glaubt Ihr generell, dass man hinter BDSM die Türe schließen kann?

Die Frage, die sich mir stellt lautet eher, warum sollte man? Es ist ein langer, meist harter und steiniger Weg IN den BDSM, in eine neue Welt und letztendlich auch zu sich selbst.

Schuld an den Selbstzweifeln dürfte in den meisten Fällen, zumindest aus meiner Sicht, haben, dass immer eine gewisse Selbstverleugnung gegenüber der Gesellschaft besteht - wird doch BDSM aus Unkenntnis und Vorurteilen immer noch abgelehnt und als krankhaft und verwerflich angesehen.
Was es jedoch, wie du selbst weisst, völliger Blödsinn ist. Dennoch trägt die Saat auch in BDSM-lern Früchte. Es wird hinterfragt (was ja prinzipiell nix Schlechtes ist) und zum Teil aber zu falschen Ergebnissen gelangt.

Umso wichtiger finde ich auch den Kampf im Kleinen, die Lanzen, die von den "seriösen" Schreibern hier im Forum für die Werte des BDSM gebrochen werden. Wenns auch nur dazu führt, ab und zu manch einen Nicht-BDSM-ler zu informieren und Ansichten über die "perversen seelischen Krüppel" richtigzustellen hat sich die Sache auch schon gelohnt. Und irgendwann, irgendwann wird auch SM nicht mehr als schmutzig und krank angesehen werden und genauso "normal" wie z. B. Homosexualität.

Also - lass dich nicht kirre machen - bleib wie du bist und sorg so gut es geht um deinen Sohn. Aus meiner Sicht würdest du dir selber keinen Gefallen tun, wenn du versuchtest eine Tür zuzuwerfen, in welcher du immer noch ständest.
Nebenbei bemerkt würde ich dich hier im Forum vermissen. Aber das sollte nicht der Grund sein

Herzliche Grüße

Stephen
5. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Why-Not am 13.04.04 22:53

Irgendwie scheint - nicht nur in diesem Forum - eine ansteckende Depression umzugehen.

Hallo ChariSMa,

ich versuche mal, mich kurz zu fassen, zumal die bisherigen Antworten weitgehend auch meiner Ansicht entsprechen. Der Part mit der Gruppe seelischer Krüppel, zu denen Du Dich zugehörig fühlst, wird einer kritischen Betrachtung durch Dich selbst nicht lange standhalten. Es ist eher ein "vorgeschobener" Grund, um etwas für Deine Schuldgefühle tun zu können. Haken wir das also schon mal ab.

Durch Deine dominante Neigung hast Du Dich auch nicht in eine Sackgasse begeben. Du hast Dir damit einen zusätzlichen Weg eröffnet, daß Du Dich Deiner Neigung gestellt hast. Deine Möglichkeiten sind damit in gewisser Weise größer geworden. Auch wenn es Leute geben wird, denen diese zusätzlichen Möglichkeiten zu viel sind.

Aussteigen aus BDSM? Klar, das ginge, indem Du Deine Neigungen unterdrückst und verleugnest. Aber dafür würdest Du einen hohen Preis bezahlen. Da Du jetzt weißt, was Dir dann fehlen würde, wärst Du unglücklich und unzufrieden (und möglicherweise unausstehlich). Einen Vorteil hätte davon niemand. Auch nicht Dein Sohn. Schuldgefühle sind ein schlechter Ratgeber. Nutze lieber Deinen ja durchaus vorhandenen, scharfen Verstand, um herauszufinden, wie Du beispielsweise Deinem Sohn helfen kannst. (Sicher nicht, indem Du Dich unglücklich machst. Damit würdest Du ihn nur in die Schuldgefühle einbeziehen.)

Ich weiß nicht, welche Optionen Du realistischerweise hast. Vernünftige Optionen werden allerdings nicht einschließen, daß Du ein Teil Deines Wesens dauerhaft unterdrücken mußt.

Das ist jetzt doch deutlich länger geworden, als ich eigentlich wollte. Hoffentlich war die eine oder andere zusätzliche Erkenntnis drin.

Why-Not
6. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Muzolino am 13.04.04 23:57

Hallo Charisma,

Gott sei Dank habe ich jetzt noch Why Not´s Posting gelesen, in dem er sehr auf Kürze Wert legt. Sonst wär das jetzt aus lauter umsichteln, rücksichteln und hersichteln wieder eine alles Mögliche behandelnde Nachricht geworden

Möchte mich Why Not anschließen. Sowohl was eine scheinbar immer mehr um sich greifende Depression betrifft, als auch seinen Äußerungen zu deiner konkreten Frage.

Mir erscheint die Frage an sich schon zu sehr aus einer ausgrenzenden „Entweder/Oder“- Sicht gestellt. In jedem Fall ist eine Tür Symbol für die Überwindung oder Errichtung einer Grenze. Und wie Why Not schreibt, versuchst du eine deiner Neigungen, und dies ist sicher nicht die Einzige Neigung, die du hast, auszugrenzen.

Neigungen sind in meinen Augen immer auch verbunden mit Fähigkeiten und Begabungen. Und da ist dann auch das Bild mit dem vegetarisch werdenden Fischliebhaber sehr passend. Überleg dir das angesprochene "Tür schließen" mal mit irgendeiner anderen deiner Neigungen. Kenne dich jetzt zu wenig um jetzt mit einer, dich passend beschreibenden Metapher aufwarten zu können. Dir fällt sicher selbst einiges dazu ein.

Ich für mich kann DS oder SM oder auch BDSM nicht so als ausgegrenzten Bereich betrachten, hinter dem ich eine Türe schließen könnte. Für mich ist diese „Neigung“ einfach, wie auch meine Vorliebe mehrgängige Menüs zu kochen, ein integraler Bestandteil meines Lebens ist. Und wie weit ich die eine oder andere Vorlebe ausleben kann ist sehr von situationsbezogenen Lebensumständen abhängig. Keinesfalls kann ich einen Teil meines Lebens in irgendeiner Weise ausgrenzen ohne dabei ein wenig Schwachsinnig zu werden.

Zu den beschrieben Schuldgefühlen ist schon genug geschrieben worden, und bei Einsatz deines messerscharfen Verstandes wirst du selbst erkennen, dass diese Gefühle weder dir noch deinem Sohn in irgendeiner Weise helfen.

Zum Gedankensumpf kann ich auf gut wienerisch nur eine „No Na“- Aussage treffen. Distanz zu diesem Gefühl ist der einzige Weg herauszukommen.

Hoffe ich bin nicht doch noch zu langatmig geworden.

Liebe (verschlossene) Grüsse



Muzolino
7. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von werner am 14.04.04 01:02

Hallo ChariSMa,

Bitte - ganz kurz nur:

STOP!

A) Dein Betreff ist nicht zutreffend.
Du fühlst Dich in deiner Dom Rolle wohl - Das bist du! dein weg, deine entscheidung.deine personality!

akzeptiere dich selbst und lokalisiere das eigentliche problem.

B) Dein Sohn ist schwer erkrankt.
Ok - was ist zu tun daß er wieder gesund wird. Zähle die Optionen auf und triff die Entscheidungen.

C) die Zukunft liegt immer vorne, du kannst nichts rückgängig machen indem du die zeit zurückkurbelst und einen anderen weg gehst.
Diese Macht ist uns nicht gegeben.

D) Ausgewogenheit der Persönlichkeit - SM ist nur ein kleiner Teil. Wie siehts auf der anderen Seite aus?
Ich kenn dich leider! zu wenig - schau, ich bin im alltäglichen Arbeitsleben ein knallharter Dom. Zuhause bin ich ein Sub.
Andere sind im Job Subs und zuhause Tops oder bei den Eltern Subs und beim Freund Top.

Die Ausgewogenheit der Persönlichkeit.
Blick mal zurück welche Elemente du aufgegeben hast bei deinem Ausbruch. Vielleicht musst du Teile davon ergänzen.

Aber in jedem Fall check erstmal ab was dein Kind jetzt und in Zukunft braucht. Bei Dir kannst du noch reparieren nachdem dein Sohn wieder Fit ist.

zu direkt?

lg

werner
8. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Torquemada am 14.04.04 08:18

Es ist bei SM-lern durchaus normal, daß sie in Verneinungsphasen geraten.
Sich selbst und ihre Neigung in Frage stellen.
Es gibt auch Menschen, die ihre dominante Neigung mit in den Alltag nehmen,ich denke mal da fängt das Problem dann erst an.
Solange Du den SM als Neigung und als eine andere Art des Sex auslebst, dürfte er kein Problem werden.
Wenn du eine intakte Dom-dev Beziehung hast, wird auch dein Partner verstehen, wenn du mal weniger Zeit mit ihm verbringen willst, bwz. kannst.
Wie sähe denn eine Rückkehr aus? liebst du deinen, wohl Ex immer noch?
Könnte er es akzeptieren, wenn du es nebenher auslebst?
Ich glaube gerne, daß die Erkrankung deines Sohnes Schuldgefühle in dir aufkommen läßt.
Sicherlich könntest du deine Neigung unterdrücken, verdrängen, nur zu welchem Preis?
Solange dein Sohn gut versorgt ist und du dich auch wie eine Mutter ihm gegenüber benimmst, halte meiner Meinung nach, den Istzustand aufrecht.
Es nutzt deinem Sohn nichts, wenn du in deine alte Bez. zurückkehrst und dabei innerlich vor die Hunde gehst, es viell. zu Spannungen mit deinem Ex kommt.
Wie gesagt, die Frage ist welchen Preis du zahlen mußt, Mutterliebe is durchaus löblich, sollte aber nie in der Selbstaufgabe enden, auch du hast trotz der Verantwortung ein Recht auf ein eigenes Leben. Ich glaube als selbstbewußte,ihr Leben ehrlich auszulebende Frau, wärst du ein viel stärkerer Partner für deinen Sohn, als nun einen Kompromiß einzugehen nur für ihn, sagt dir das nicht auch dein Innerstes, sonst würdest du nicht in den jetzigen Konflikt geraten, wenn es so einfach für dich währe
den SM aufgeben zu müssen.
9. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Gast Pobärchen am 14.04.04 11:50


Hi ChariSMa,

es ist gut zu sehen, wie offen Du mit Deinen Zwiespalten umgehen kannst.

Der Vergleich, einmal Fleischesser immer Fleischesser, ist zwar von beeindruckender Einfachheit. Ich halte ihn aber nicht für zutreffend. Es ist ein schönes Wortspiel. Denn sehr wohl können Fleischesser Vegetarier werden. Es sagt daher wenig aus.

Deine Allbetroffenheit bei jedem Thread geht zu weit. Es ist halt so, das manche Leute etwas schreiben, was einen nicht anspricht, was einen eher abstößt. Nur Du bist hierfür nicht allzuständig.
Die Geschichten von Massa Michael lese ich beispielsweise gar nicht. Sie gefallen mir nicht. Sind flach und tragen für mich einen leicht brutalen, herabwürdigenden und menschenverachtenden Geist. Ob er so ist oder sich nicht ausdrücken kann, mag dahin gestellt bleiben.
Die angesprochene Geschichte „Cuckold Rubrik/reale Beziehungen“ entpuppte sich mit einer abschließenden Stellungnahme der Autorin ja fast schon als Liebesgeschichte. Dieses Thema scheint ja einige Männer anzusprechen. Auch Seamaster baut es immer wieder gerne in seine Geschichten ein. Ich kann dem Thema nichts abgewinnen.

Entscheidender erachte ich die Sache mit der Erkrankung Deines Sohnes. Ich halte zwar Freuds These vom Ödipuskomplex für abwegig, sehe aber sehr wohl, dass es häufig ödipale Konstellationen gibt. Es kann also sehr wohl sein, dass die Erkrankung Deines Sohnes einen Ruf nach Zuwendung von Dir und durch Dich und nach Dir darstellt. Er fordert Dich damit ein. Dem gilt es in der Verantwortung Deiner Elternschaft nachzukommen. Zusammen mit Deinem Ex-Mann. Nach dem Motto, als Ehepaar haben wir versagt. Wir waren nicht erfolgreich in der Verwirklichung unserer Beziehung. Aber lass uns das nicht auf unsere Rolle als Eltern übertragen. Wir könne schlechte Ehepartner gewesen und gleichwohl gute Eltern sein. Dies beinhaltet aber nicht, dass Du Dein gewähltes, eigenes Leben nun gänzlich ändern musst.

Gruß
Pb

10. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von bluevelvet am 14.04.04 12:08

@ Pobärchen

Mit psychosomatischem Gedankengut sollte sehr vorsichtig umgegangen werden! Man kann nämlich auch ganz einfach nur krank werden!

Sei versichert: ChariSMa kommt ihrer Verpflichtung als Mutter in ihrer schwierigen Lage in bewundernswerter Weise nach und es gibt für sie auch keinen Grund, sich in Bezug auf ihre Partnerschaft Versagen vorzuwerfen. Sie hat also m. E. keinen Grund, sich irgendwie schuldig zu fühlen oder sich unter Entscheidungsdruck setzen zu lassen!


@ ChariSMa

Du kennst meine Gedanken und Gefühle zu deiner Situation!

Alles Liebe
Bluevelvet

11. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von am 14.04.04 13:03

Ihr Lieben,
ich bedanke mich für Eure ausführlichen und sehr hilfreichen Gedanken, die klug sind, wie so vieles, was ich in diesem Forum schon von Euch gelesen habe. Und zwar jeder auf seine ganz eigene Weise klug.
Bei Proust habe ich gelesen, dass man die wichtigsten Entscheidungen im Leben immer aufgrund einer geistigen verfassung treffen würde, die nicht von Dauer sei ... und gerade diesen Fehler möchte ich jetzt nicht machen. Ich nehme Eure Worte also einfach mit mir mit und lasse sie in Ruhe in mein Inneres sickern.
Ich danke Euch allen sehr für Eure Mühe. Und Dir, Blue, danke ich sowieso.
Regina

@Pobärchen: was aus meinem Posting nicht hervorgeht und Du nicht wissen kannst: mein Sohn ist schon 17 und hat eine liebe Freundin. Ich glaube, irgendwelche ödipalen Geschichten sind da nicht mehr aktuell. Aber danke auch für Deinen Rat.


12. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Black_Rose am 14.04.04 19:10

Liebe ChariSMa

Ja - hab ich schon erlebt... wenn auch aus einer ganz anderen Situation heraus und sicher nicht direkt vergleichbar, aber es war ein schmerzvolles *Aussteigenwollen* ...

Frust, Angeekeltsein, Motivationstief, Überforderung und all so Lustkiller kommen bei mir mit aller Regelmäßigkeit immer mal wieder auf (in sehr unterschiedlicher Intensität).

Das sind für mich allerdings zwei sehr verschiedene Sachen. In der ersten Sache - also da, wo ich wirklich das Gefühl hatte, dass ich das nicht mehr kann, nicht mehr will, gab es keine andere Lösung für uns, als tatsächlich und wahrhaftig "aufzuhören", die einzig möglich erscheinende Rettung war ein "Ausstieg". Wir haben dann, nachdem die schlimmsten Momente überwunden waren, versucht uns auf eine "Auszeit" zu einigen - so eine Art Pause mit ungewissem Ende. Nach dieser Zeit haben wir versucht ganz von vorn anzufangen... nicht leichte, aber notwendige Aufbauarbeit!

Hm - das was du über deine Gefühle und Ängste schreibst, klinkt aber mehr nach einer "harten Zeit", da wo also bei mir die zweite Variante ansetzt.
Der Alltag fordert seinen Tribut, es geschehen Dinge, die so ohne jede Lust sind, die einen traurig/verzweifelt machen. Vielleicht solltest du auf die Dinge Rücksicht nehmen. Man kann nicht immer eine schöne starke glückliche herrschaftsvolle Dame sein. Schraub deine Ansprüche an dich selbst, an deine Dominanz zurück auf ein Level zurück, dass der Alltagssituation angepasst ist, oder setzte das DS-Verhältnis ersteinmal ganz aus. (da du die Macht hast, hast du auch die Macht das Tempo und die Intensität vorzugeben)
Alles andere würde vielleicht bedeuten, dass du dich überforderst und das kann dann eigentlich nur noch schlimmer werden...
Wenn es mir innerlich zu viel ist, sage ich auch nach außen hin, dass ich gerade nicht Willens und in der Lage bin... das heißt, dass ich Mails mit dem Hinweis auf "mir geht es grad nicht so gut" beantworte, dass ich mich weniger oder gar nicht in Foren und Listen herumtreibe, dass ich von "Aktionen" absehe... "Runterkommen", Wegkommen, Besinnen und so Sachen sind dann ganz wichtig für mich. MEIN Level wiederzufinden, auf Normalnull zurückzufinden hilft mir ungemein. (und natürlich die Liebe...)
Und das ist auch so ein Punkt, der mit der Liebe... wenn etwas zu gar schwer wird auf deinen DomSchultern, dann weg damit... teile dich mit, besprich dich mit deinem Liebsten und lass dir von ihm helfen... hm bei uns gibt es dann zwar ganz frustrierte Augenaufschläge vom lieben gatten, aber denen folgt aktive Unterstützung, weil neben der Tatsache, dass er submissiv und ich dominant fühle, gibt es die Tatsache, dass wir uns lieben...

Und das liebe Charisma, wollte ich dir gern sagen, ich weiß nicht, ob dass der Weg aus DEINER Sackgasse ist, aber eins ist sicher, das Leben geht weiter und du hast auch in so Sackgassenzeiten die Möglichkeit Wege und Mittel zu finden... lasst EUCH! Zeit dabei

Alles Liebe wünscht
Black Rose

ps.: ich glaube auf Lustschmerz gab es mal einen Brennpunkt zum Thema "Auszeit", aber auch sonst habe ich im Netz schon manchen Artikel dazu gefunden, vielleicht hilft es, wenn du mal schmökern gehst und entdeckst, dass es anderen auch so geht.
13. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von mister am 15.04.04 12:00

Liebe Regina
Es ist nun fast ein Jahr her als ich meine eigene
Dominanz entdeckte, Du und Anja haben mir sehr weitergeholfen sie zu entwickeln. Ich möchte sie nicht mehr missen, denn es hat mich von einem
innerlichen Druck befreit. Den gleichen Druck wirst du spüren wenn du die Tür hinter dir schließt.

Lieben Gruß
Michael







(Diese Nachricht wurde am 15.04.04 um 12:00 von mister geändert.)
14. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Chinolina am 15.04.04 13:40

Hallo Charisma,

ich erlebe seit fast 3 Jahren meine Neigung. Am Anfang habe noch versucht sie zu unterdrücken und habe sehr an mir gezweifelt. Wie kann eine wie ich, diese Neigung genießen wollen. Trotz aller Höhen und Tiefen bin ich immer noch Sub.
Ja ich habe im vergangenen Jahr versucht, auszusteigen, da meine Neigungs mir nichts als Ärger brachte. Das dachte ich jedenfalls. Doch um so mehr ich versuchte, sie zu unterdrücken, um so stärker wurde sie. Ich konnte die Tür einfach nicht ganz zuschlagen und will es auch nicht mehr.
Aber ich habe mich seit dem doch etwas verändert und merke, dass viel neues in mir vorgeht.
Ich habe wieder ein Ziel vor Augen und in diesen Ziel bin und bleibe ich trotz allem Sub.

Unterdrück nicht, was dir gefällt, du machst es schon richtig.

Liebe Grüße von Angi
(Diese Nachricht wurde am 15.04.04 um 13:40 von Chinolina geändert.)
15. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von am 19.04.04 09:03

Hallo ChariSMa und all die anderen!!!
Ich habe in meinem Beitrag immer wieder gelesen
und auch hier zum Schluß von Chinolina,das Mann/Frau
seine "Neigung" nicht unterdrücken soll,nur so kan man
Frei,Glücklich und zufrieden sein.
Wer seine Neigung/Vorher-Nachherbestimmung versucht
zu unterdrücken der wird Krank!!Ergo,ich lasse der einfach-
halber alles so wie es ist und vor allem fasse ich vor Angst
darüber die Tür nicht an!!!!??
Ich will nur mal ein Beispiel von vielen bringen!!
Der Alkoholiker ist auch so lange glücklich wie er seinen
Stoff hat und er wird nicht einsehen das er Alkoholiker
ist,so lange es ihm gut geht mit seiner Ersatzfamilie.
Warum soll er sich in solch einem Stadium den Qualen
aussetzen und aufhören,also die Tür schliessen?
Vor allem was passiert wenn die Tür wirklich geschlossen
istSeelische und Körperliche Qualen kommen auf ihn zu und das bis zum abwinken und immer wieder die
gelobte Flaschen vor Augen und mit einem Mal wäre alles
wieder "in Ordnung".Keine Schmerzen Seelisch wie Körperlich einfach nur geniessen und fallenlassen.
Ich habs doch immer so getan warum sollte ich dies
ändern und den HARTEN Weg der Enthaltsamkeit gehen.
Ich habe Jahre gebraucht um von sehr vielen Süchten
wegzukommen und es war die Hölle auf Erden,die Auf-
arbeitung meines Lebens und des ständig selbst nach-
fragens,nacherlebens uvm.Und wo haben andere soweit
ich es zurückverfolgen konnte dazu beigetragen.
Wo habe ich selbst dazu beigetragen u.s.w.!!!
Wirklich sehr harte Arbeit und nichts für des Weges unsichere Menschen.
Aber ich bin der Meinung jeder kann es schaffen und
wenn nicht "alleine" dann mit proffessionieller Hilfe und
mit Gottes Hilfe so er in der Lage ist diese anzunehmen!!
Viele Grüße
Thomas
16. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Nachtigall am 19.04.04 11:57

Hallo Thomas,

die Nöte und Qualen eines Alkoholikers beschreibst du sehr anschaulich und nachvollziehbar. Gleichgeartete Berichte habe ich zu Dutzenden gelesen (z.B. im Forum "saufnix.de") und gehört (in Suchtberatungsstellen), als ich versuchte, meine Liebesbeziehung mit einem Alkoholkranken zu retten.

Gleichzeitig habe ich bei diesem meinem Partner das Ignorierverhalten beobachten können und wahnsinnig darunter gelitten; ich drang nicht zu ihm durch und musste ihn schließlich aufgeben, u.a. weil ich nicht bereit war, mich auf die Rolle der Co-Alkoholikerin einzulassen.

Deiner Suchtkarriere wegen hast du mein Mitleid und ich wünsche dir, dass du der allgegenwärtigen Gefahr des Rückfalls nicht erliegst.

Aber in deiner Befangenheit begehst du einen fatalen Fehler: BDSM-Neigungen sind keine Sucht, ebensowenig wie homoerotische Neigungen. Sie sind Teil der Veranlagung, so wie die Augenfarbe oder die exakte Zusammensetzung des Stoffwechsels, aber sie sind keine krankhafte Störung.

Integraler Bestandteil jedweder Suchtform, egal ob nach irgendetwas Stofflichem (Drogen) oder nach einer Verhaltensweise (z.B. Spielsucht) ist die Desozialisierung des Betroffenen. Unter seiner Sucht leiden die Angehörigen, weil er sie zunehmend aus den Augen verliert und seine Sucht über sie und seine Beziehung zu ihnen stellt. Eine Sucht ist eine Krankheit, die außerdem meistens nicht heilbar ist (z.B. Alkoholismus), sondern nur "in Schach gehalten" werden kann. Die Sucht zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass die Dosis gesteigert werden muss, dass also das Gefühl der "Befriedigung" sich nicht nach der Anfangsmenge des Suchtmittels einstellt, sondern der Kranke immer mehr davon benötigt, um den ersehnten Zustand zu erreichen.

Entdeckt nun jemand seine BDSM-Veranlagung, kann dabei natürlich auch die Partnerschaft leiden. Das liegt dann aber daran, dass die beiden Partner einfach nicht zusammen passen. Es wirft das Problem auf, vor dem auch ChariSMa stand: Verbiege ich mich weiterhin, verzichte ich (wie schon so lange) auf die Erfüllung meiner wahren Sehnsucht, oder wage ich den Schritt und fange endlich an zu leben?

Wir sind nicht süchtig, Thomas. Wir sind nicht krank. Wir haben entdeckt, was uns wirklich heilt, welche Form des Zusammenlebens uns endlich erlaubt, uns als "ganz" und heil zu erleben. Es ging uns vorher schlecht, nicht jetzt - und im Ggs. zum Alkoholismus ist das Ausleben unserer Neigung keine Krücke und kein Fluchtweg, sondern die Möglichkeit, bewusster und wacher zu leben als zuvor, vergleichbar mit wahrem Glauben an Gott. Mit etwas Glück macht uns dieses Erlebnis friedfertiger, verständnisvoller und warmherziger, als wir vorher waren. Es wird unser Verhalten Außenstehenden ggü. nicht verschlechtern (wie eine Sucht das tut), sondern verbessern, weil wir innerlich harmonischer werden. Und wenn wir heraus gefunden haben, was wir wirklich brauchen, dann müssen wir nicht immer "mehr" und immer härtere Gangarten einschlagen, sondern wir fühlen uns wohl auf dem einmal für gut befundenen Level.


Nach deinen letzten Beiträgen kommt es mir so vor, als würdest du nur aus einem einzigen Motiv heraus hier posten: "Mission". In der löblichen Absicht, Seelen zu retten und Kranke zu heilen, möchtest du deinen Weg anderen ermöglichen. Aber blinder Eifer kann sehr schaden; und du siehst wirklich nicht sehr gut hin, Thomas!

Ich glaube an Gott und bin bei weitem nicht die einzige BDSM-Praktizierende, die das tut. Es schließt sich nicht aus, ob du das glauben willst oder nicht. Einen Großteil meiner Kraft beziehe ich aus meinem Glauben, und meinem Mann geht es genau so; das gehört zu den Tatsachen, die uns so sehr verbinden.

Ich sehe die Vielfalt an Charakteren, Temperamenten und Fähigkeiten, mit denen Menschen begabt sind. Sollten die alle denselben Weg zum Heil finden müssen? Schwierig. Existiert wirklich nur eine Wahrheit und ein Glaube? Ja, wahrscheinlich - aber vielleicht haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Namen und Formen dafür und sind doch vor Gott alle gleich! Und deshalb reagiere ich allergisch, wenn jemand meint, er habe DEN Weg gefunden und müsse ihn nun möglichst vielen Opfern aufzwingen. Ob Pfarrer, Nachbar oder selbsternanntes geistliches "Vorbild", wer sich in seiner Intoleranz für etwas Besseres hält und keinen Eingangskanal offen hält, der bekommt von mir Wind von vorne.

Willst du hier lediglich "missionieren", vergiss es, dann werde ich (und werden andere) dich künftig als "Troll" behandeln (nämlich ignorieren). Aber vielleicht hast du dir ja diesen Ort hier ausgesucht, weil du unterschwellig eine gewisse Faszination verspürst. In dem Fall solltest du die Augen weit aufmachen und erst mal ein bisschen lesen, um diejenigen, die dir so "krank" vorkommen, besser kennenzulernen. Vielleicht erlebst du eine Überraschung. Also, wenn du nicht nur reden, sondern auch zuhören kannst: Herzlich willkommen.

MfG
Nachtigall



(Diese Nachricht wurde am 19.04.04 um 11:57 von Nachtigall geändert.)
17. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von am 19.04.04 12:01

@Aktivundoderpassiv: nein, nein und nein! Ich lehne mich gegen den Vergleich von BDSM mit Alkoholismus und die damit verbundenen Assoziationen auf!
Ich habe die Mitglieder hier im Forum zu einem persönlichen Problem befragt und sie haben mir geduldig und liebenswürdig geantwortet. Mir hat das viel gegeben. Ich habe mir ihre Antworten ausgedruckt und schleppe sie seit Tagen mit mir herum, lese immer wieder darin. Für mich ist das gesammelte und sehr hilfreiche Lebensklugheit. Und gerade dort als Orientierung wichtig, wo meine eigenen Gedanken keine sein können.

Nicht jeder hier fühlt sich *krank* und bedarf professioneller Hilfe. Auch ich nicht.
Wir sind jeder auf dem eigenen Pfad unterwegs, versuchen Widersprüche zu vereinigen, Gegensätze aufzulösen, brauchen Liebe, Geborgenheit, Freiheit und Verschmelzung wie andere eben auch. Und viele von uns wollen sich nicht im Exil vorhandener Möglichkeiten bescheiden einrichten, sondern forschen weiter nach diesem *richtigen Leben im falschen*, stolpern manchmal ... gehen zwei Schritte vorwärts und einen zurück. Aber bleiben unterwegs. Das mag zwar eine Suche sein, aber eine krankhafte Sucht ist das nicht.

ChariSMa






(Diese Nachricht wurde am 19.04.04 um 12:01 von ChariSMa geändert.)
18. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Cyrth am 19.04.04 12:21

Hallo Aktivundoderpassiv,

ich habe einige Deiner Beiträge gelesen und ich möchte Dir einige Bemerkungen zum Umgangston des Forums zukommen lassen:

Zum einen kann hier jeder seine Fragen und Ansichten darstellen. In den Antworten sollte ein Mass an Toleranz dem anders Denkenden gewährt werden. Nur weil der eine oder andere Beitrag Dir nicht gefällt, muss der Verfasser nicht gleich böse Absichten haben und oder krank sein. Das Forum kann in seiner Qualität nur weiter bestehen, wenn erteiltende Ratschläge nicht als Schläge angesehen müssen. Es sind hier so viele Ansichten hier neben einander sichtbar, nur weil sich viele Mitglieder trauen sich hier zu offenbaren. Sie schreiben hier zum Teil über ihre wunden Punkte. Deshalb solltest Du Deine Anworten sorgfältig wählen, bevor Du veurteilst und schmerz verteilst.
Mach es doch mal so wie ich, wenn Dich ein Beitrag wirklich wumrt, warte einen Tag mit Deiner Antwort.

Es grüßt dich Cyrth
19. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von Chinolina am 19.04.04 21:28

Hallo Aktivundoderpassiv,

auch ich weigere mich sehr kategorisch BDSM mit Alkoholismus zu vergleichen. Mein Vater ist Alkoholiker und ich weiß, was diese Sucht anrichten kann.
BDSM ist keine Sucht und keine Krankheit. Warum soll es eine Sucht sein, wenn man sich dem neuen öffnet. Ich glaube kaum, dass ein Alkoholiker gefallen an seiner Krankheit findet.

Angi
20. Re: Kann man hinter BDSM eine Tür ganz schließen?

geschrieben von hms am 29.04.04 09:17

Halllo ChariSMa,

auch wenn dieses Thema nun schon ein wenig älter ist, einige Gedanken von mir dazu. Du fragst nach konkreten Erfahrungen mit dem Ausstieg. Also hier ein "Erfahrungsbericht":

Bei Dir scheinen es die Schuldgefühle gegenüber Deinem Sohn zu sein, bei mir war die Motivation eine andere, doch das ist eine andere Geschichte.

Letztendlich habe ich vor einigen Wochen die Entscheidung getroffen, in mein "Vanilla-Leben" zurückzukehren. Die Option stand mir offen. Nun, nach dieser Zeit der "Enthaltsamkeit", kann ich nur bestätigen, was hier schon vielfach geäußert wurde: Ich muss mich mehr verbiegen, als ich das jemals vorher tun musste. Das gilt auch (oder gerade?) für die Zeit der unbewussten Unterdrückung meiner Neigung. Es fehlt etwas und nein, ich glaube nicht, dass ich mir und meiner Umgebung einen Gefallen mit dieser Entscheidung getan habe.

Klar kann man für eine gewisse Zeit völlig enthaltsam leben, unabhängig davon, welche sexuelle Neigung man denn nun ausleben möchte. Das ist problemlos akzeptabel, wenn man erkennt, dass besondere Umstände (z.B. die Krankheit Deines Sohnes) dies erfordern. Doch mir ist klar geworden, dass meine devoten Neigungen einen wesentlichen Teil meiner Persönlichkeit ausmachen und dieser Ausstieg nur einer auf Zeit gewesen sein kann.

Mit meiner Entscheidung habe ich andere Menschen (nämlich die, die von meiner Neigung wissen und mit ihr lebten) tief verletzt. Auch das weckt Schuldgefühle! Ich hoffe, sie werden Verständnis genug aufbringen, dass ich diese Zeit des Nachdenkens benötigte, um mit mir selbst ins Reine zu kommen.

Letztendlich bleibt nur eins: Jeder muss für sich selbst entscheiden, welchen Weg er im Leben einschlagen möchte! Ich hoffe sehr, Du wirst Deinen ganz eigenen Weg finden!

viele Grüße

hms


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