Restriktive Foren

Thema:
eröffnet von Nachtigall am 10.09.05 02:42
letzter Beitrag von am 11.10.03 20:31

1. SSC

geschrieben von Nachtigall am 24.07.03 18:07

Hallo Leute,

gerade habe ich folgenden (kurzen und reißerischen, naja...) Artikel gelesen, der mich trotz der wenigen enthaltenen Hintergrund-Informationen ziemlich erschüttert hat:"Consensual"-Kannibalismus.

Das hat mich doch sehr in´s Grübeln gebracht, auch nach Abzug des Bild-Zeitungs-artigen, sehr wertenden Stils. In diesem Forum wird vielfach der Meinung Ausdruck verliehen, dass alles erlaubt sei, was im gegenseitigen Einverständnis geschehe. Manchmal finde ich es selber schwierig, da die Grenzen zu ziehen, aber der geschilderte Fall ist nach meiner Meinung absolut indiskutabel, obgleich die betroffenen Personen das sicherlich anders sehen bzw. sahen. Dennoch würde ich gerne andere Meinungen dazu lesen, und zwar gerade von euch, die ihr euch hier mit mir zusammen ebenfalls im Rahmen des als "pervers" verschrieenen bewegt: Hat das nun noch was mit "das muss jeder selber wissen" zu tun? Und wie fließend sind die Grenzen zum "Krankhaften" wirklich?

Für mich rütteln solche Auswüchse an den Grundfesten des "SSC-Gebäudes", mal ganz abgesehen von meinem Erstaunen über die Existenz von Kannibalismus-Foren! Wie denkt ihr darüber?

Geschockte Grüße
Anja
2. Re: SSC

geschrieben von Rayek am 24.07.03 18:18

Hallo Nachtigall

Muss man das tatsächlich diskutieren? SSC steht fur safe, sane & consensual . Selbst wenn es einvernehmlich sein sollte: Es ist ganz sicher weder Sicher noch Vernünftig.

Auch wenn unter gewissen Umständen der Tod dem Leben vorzuziehen ist (beispielsweise wenn man man unheilbar krank ist und starke Schmerzen hat), so gehören sexuelle Fantasien definitiv nicht dazu!

Ich denke, wenn Leute, die derartige Fantasien ausnutzen, statt den Leuten zu helfen, wegen Mordes angeklagt werden, so ist das richtig!

Rayek
3. Re: SSC

geschrieben von mister am 24.07.03 18:24

Hallo Anja
Bei aller Wertschätzung
Ich bedauere es dass du dieses Thema hier angeschnitten hast. Ich weigere mich in der Öffentlichkeit mit dir darüber zu diskutieren. und bitte den Moderator den Thread aus Jugendschutzgründen im geschlossenen Bereich zu verschieben
viele Grüße
Michael

Hallo Rayek
da haben sich unsere Beiträge überschnitten
4. Re: SSC

geschrieben von Nachtigall am 24.07.03 19:14

Hallo Rayek,

wenn Du meinen Eingangsbeitrag nochmals genau liest und auch die von mir gewählte Überschrift berücksichtigst, dann wirst Du feststellen, dass ich die in dem Artikel beschriebene Tat nicht entschuldigen oder irgendwie rechtfertigen will. Es geht mir auch nicht darum, sie als "im Rahmen von SSC vertretbar" darzustellen. Was mich auf den Zusammenhang mit SSC bringt, ist dieses (gruselige!!) gegenseitige Einverständnis. "Safe" bedeutet "sicher", "sane" ist schwieriger zu übersetzen; ich würde es "nicht schädigend" nennen. Was, wenn das Opfer sich subjektiv "gesünder" fühlt, wenn seinem Verlangen stattgegeben wird? Oder wenn eben die gemeinsame Handlung auf das "consensual", also die Übereinstimmung, reduziert wird? Darüber zu diskutieren war mein Ziel, als ich diesen Thread eröffnet habe. Ich bin nämlich auch "schon" entsetzt (und halte es indiskutabel) wenn jemand sich freiwillig sozial isolieren, längerfristig in einen Keller sperren o.ä. lässt. Davon abgesehen, siehe auch die Antwort an Michael...

Zitat

Ich denke, wenn Leute, die derartige Fantasien ausnutzen, statt den Leuten zu helfen, wegen Mordes angeklagt werden, so ist das richtig!

Ja, das denke ich definitiv auch. Ich halte es auf jeden Fall für Mord, vielleicht für den eines geistesgestörten Täters, aber ein Mord bleibt es ohne Zweifel.


@ Michael:

Tut mir sehr Leid, wenn Du die Diskussion an dieser Stelle bedauerst, Michael, aber falls es Dir entgangen ist: Dieser Fall wird öffentlich bundesweit diskutiert (u.a. im direkten Gefolge der Artikel darüber, auf RTL wird ein Bericht darüber angekündigt, während ich dies poste) und wird im Rahmen dieser Diskussion von den "Normalen" mit den gleichen Vokabeln belegt wie BDSM: "bestialisch", "pervers", "grausam", und es gibt Zusammenhänge mit sexuellen Fantasien und mit Geschlechtsteilen. Im Gegensatz zu Dir fände ich es ziemlich sinnvoll, wenn hier, im öffentlich zugänglichen Teil dieses Forums, eine Diskussion stattfände, die Derartiges mit BDSM vergleicht und beides seeeehr deutlich voneinander abgrenzt und außerdem Parallelen möglichst ausschließt. Deshalb habe ich den Thread ausgerechnet in der Philosophie-Ecke gestartet, und aus diesem Grund wäre ich dagegen, ihn zu verschieben.

Mit freundlichen Grüßen
Anja
5. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 24.07.03 19:35

Hallo!

@ mister:

Diese Diskussion gehört keineswegs in einen "abgesperrten" Bereich. Es geht hierbei ja gerade um die Motivationen für eine solche Tat und die Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit derselben mit den Grundsätzen von SSC.

Mal abgesehen davon müßtest Du dann - wie Anja schon sehr richtig bemerkt hat - die täglichen Nachrichtensendungen bzw. Pressemitteilungen ebenfalls als jugendgefährdend zensieren.

@ Rayek und Anja

Zitat
Ich denke, wenn Leute, die derartige Fantasien ausnutzen, statt den Leuten zu helfen, wegen Mordes angeklagt werden, so ist das richtig!


Das sehe ich etwas anders!
Per Definition braucht es zu einem Mord (im Gegensatz zum Todschlag) die sogenannten niederen Motive. Also z. B. Habgier, Eifersucht, Haß, etc.

Solche kann ich nach dem, was ich über den Fall aus der Presse weiß, nicht erkennen. Vielmehr halte ich beide (Täter und Opfer) für massivst geistig gestört. In wieweit diese Störung zu einer Schuldunfähigkeit juristischer Art führen wird bleibt abzuwarten.

Meine persönliche Meinung dazu:
Anklage wegen Mordes erfolgt aus "politischen Gründen", obwohl sich die Juristen dabei sehr wohl im Klaren darüber sein dürften, daß es niemals zu einer Verurteilung wegen Mordes kommen wird. Aber dem Mann auf der Straße ist es besser beizubringen, daß bei einer solchen Tat wegen Mordes angeklagt wird, anstatt "nur" wegen Todschlag. Das Ergebnis wird vermutlich ohnehin das Gleiche bleiben - der Täter wird zu einer Therapie in die Forensik eingewiesen und außerdem wird Sicherheitsverwahrung angeordnet werden wird.

Gruß,
Gerry(xxx)
6. Re: SSC

geschrieben von mister am 24.07.03 19:51

Hallo Anja
Ich weiß, denn ich habe dieses Thema aufmerksam verfolgt; gerade diese Themen wie Tötung auf Verlangen und aktive Sterbehilfe hatten mich schon immer interessiert, aber Verbindung mit Kanilabismus drehen sich bei mir die Magenwände um. Ich kann deine Beweggründe gut verstehen, denn ich wollte schon einmal ein ähnliches Thema anschneiden und einen eigenen Thread dazu starten hatte es aber dann sein lassen. nach wie vor bin ich der Meinung das es nur von Mitgliedern diskutiert werden sollte weil ich befürchte, dass es sehr kontroverse Meinungen dazu gibt und sich einige wahrscheinlich provoziert führen und beleidigend reagieren
Das sind meine Beweggründe das ich so heftig darauf regiere.
Jetzt habe ich nun doch mit dir diskutiert.
Weiterhin in aller Freundschaft
Michael




7. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 24.07.03 21:43

Hallo Anja

Zitat
Für mich rütteln solche Auswüchse an den Grundfesten des \"SSC-Gebäudes\"

Ich denke, so etwas hat nicht viel (falls überhaupt, aber wer definiert das allgemeingültig) mit BDSM-Neigungen und erst recht gar nichts mit SSC zu tun. Wie Rayek schon angemerkt hat, besteht SSC nicht nur aus dem "C" für "consensual", also einvernehmlich. Töten eines Menschen ist definitiv schwer schädigend für dessen Körper (ob es in diesem Zusammenhang als seelische Wohltat empfunden wurde, lassen wir mal außen vor) und damit nicht "safe". Und als "sane", also mit gesundem, klarem Verstand, kann ich das Geschehene auch nicht ansehen. So gesehen können wir die Tat wohl ruhigen Gewissens als nicht der SM-Subkultur zugehörig abhaken.

Daß es immer wieder beunruhigende, grausame und schockierende Verbrechen gibt, deren Logik und Motivation nur schwer oder gar nicht zu verstehen ist, ist wohl etwas, womit wir uns grundsätzlich abfinden müssen. Die üblicherweise aufkommenden Forderungen - nein, ich behaupte nicht, daß Du sie gestellt hast - nach mehr staatlicher Überwachung, Kontrolle und schärferen Gesetzen reduzieren dieses Risiko nicht, sondern schaffen nur zusätzliche Risiken (des individuellen oder gar staatlich organisierten Machtmißbrauchs).

Für mich endet SSC schon deutlich vor Lustmord oder Kanibalismus, z. B. beim Thread "mein herr will totale keuschheit", in dem ich mich ja auch dazu geäußert habe.




Hallo Gerry

Zitat
Per Definition braucht es zu einem Mord (im Gegensatz zum Todschlag) die sogenannten niederen Motive. Also z. B. Habgier, Eifersucht, Haß, etc.

Genau solche niederen Motive unterstellt die Staatsanwaltschaft Kassel mit der Anklage wegen "Mordes zur Befriedigung des Geschlechtstriebes und Störung der Totenruhe". (Laß uns die Störung der Totenruhe ignorieren.) Volkstümlich würde man das wohl eine Anklage wegen "Lustmordes" nennen und ich denke, daß das schon als niederes Motiv gelten kann. Ob dieses unterstellte Motiv zutrifft oder der Täter dem Opfer "nur einen Gefallen" tun wollte, kann ich nicht beurteilen. In dem Artikel, auf den Anja hingewiesen hat, stand allerdings, daß der Täter bereits Kontakt zu weiteren potentiellen Opfern aufgenommen hatte. Daraus würde ich schon auf einen "eigenen Antrieb" des Täters schließen.

Was wir natürlich nicht beurteilen können ist, inwieweit die Meldungen in den Medien zur Erhöhung des "Gruselfaktors" aufgebauscht, angereichert oder verfälscht wurden. Und daß auch "seriöse" Medien wie Stern, Spiegel, taz, Frankfurter Rundschau etc. lieber gängige Klischees bedienen, als ernsthaft zu recherchieren, können gerade wir bei Berichten über SM (oder "sado-maso", wie es dort gerne heißt) immer wieder beobachten. (Ich habe gerade mit Vergnügen das amüsant geschriebene Buch "Die Wahl der Qual" gelesen, das ein Kapitel dem "SM in den Medien" mit vielen Beispielen gewidmet hat.)

Deine Einschätzung über den Ausgang des Verfahrens (Unzurechnungsfähigkeit, Forensik) teile ich.

Why-Not
8. Re: SSC

geschrieben von oxymoron am 24.07.03 21:47

Moin, moin

Kannibalen-Foren: Es gibt viele Foren, in denen über die verschiedensten Themen diskutiert wird. Diskussion und Aktion sind unterschiedliche Dinge. Ansonsten bin ich ebenfalls nicht minder über solche Foren erstaunt.

Safe: auch aus meiner Sicht mit "sicher" zu übersetzen. Allerdings stellt sich bei einigen Spielarten die Frage, wie sicher das Ganze ist. Beispiele sind Atemreduktion und Mumifizierung. Ich weiß nicht, ob der Partner im Ernstfall schnell genug mit dem Messer ist, um Schäden zu verhindern.

sane: Laut englischem Wörterbuch: "free from mental derangement; having a sound and healthy mind: a sane person", also u.a. frei von Geistesgestörtheit. Personen beim lebendigem Leib zu verstümmeln setzt meiner Meinung nach eine gewisse Geistesgestörtheit voraus. Mord ist strafbar (wie viele andere Sachen auch), aber hierbei handelt es sich nicht um "Peanuts".

consensual: Die Beteiligten mögen die Aktion "einvernehmlich" geplant haben, der Nachweis dürfte schwerfallen. Wie oben bereits gesagt, Körperverletzung wie in diesem Fall (Striemen und "Blessuren" beim Reitgerteneinsatz o.ä. zähle ich nicht dazu) geht weit über das hinaus, was "einvernehmlich" sein könnte.

Also: SSC gilt nur dann, wenn alle drei Bedingungen gleichzeitig zutreffen.

@Rayek
So sehe ich das auch. Solche Leute müssen angeklagt und anschliessend auch verurteilt werden.

@mister
Das Thema wird bereits öffentlich diskutiert, so dass ich keinen Grund sehe, den Thread zu verschieben. Jugendschutz? Zur besten Kinderstundenzeit werden Vorschauen auf das Abendprogramm gebracht, damit die lieben Kleinen auch genau wissen, was sie verpassen. Kriegsbilder und Berichte aus Hungergebieten liefern ebenfalls ein anderes Bild der "heilen" Welt (siehe Gerry).
Kontrovers? Im Moment sind wir uns doch alle einig, dass solche Taten nichts mit SSC zu tun haben.

oxymoron
9. Re: SSC

geschrieben von am 24.07.03 22:45

unter juristischen Aspekten gibt es keine rechtsrelevante Zustimmung zum Mord......
das nur als kurzer Einwurf
10. Re: SSC

geschrieben von Rayek am 24.07.03 22:46

Hallo Gerryxxx

Zitat
Das sehe ich etwas anders!
Per Definition braucht es zu einem Mord (im Gegensatz zum Todschlag) die sogenannten niederen Motive. Also z. B. Habgier, Eifersucht, Haß, etc.


Mir wurde das anders erklährt (Juristen mögen mich korrigieren): Damit aus einem Totschlag ein Mord wird, muss mindestens ein Umstand aus einer festen Liste erfüllt sein.
In dieser Liste stehen beispielsweise: Hinterhältigkeit, Verdeckung einer Straftat und - meines Wissens eben auch - Befriedigung sexueller Fantasien.

Und das ist meines Erachtens gegeben.

Aber Du hast Recht, das, was im Fernsehen häufig als Mord tätuliert wird, ist aus juristischer Sicht keiner.

Rayek
11. Re: SSC

geschrieben von am 24.07.03 23:07

als gelernte Juristin dazu:....Mordsachverhalte sind Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe....und als Ausführungstatbestand muss Grausamkeit, Gemeingefährlichkeit oder Heimtücke vorliegen.
(Diese Nachricht wurde am 24.07.03 um 23:07 von ChariSMa geändert.)
12. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 25.07.03 00:06

Hi Charisma!

Wie ist es denn, wenn auf Mord angeklagt wird aber Strafmildernde bzw. -unmöglich machende Faktoren hinzukommen (z. B. sowas wie mangelnde Einsichtsfähigkeit in das Unrecht der Tat aufgrund psychiatrischer Erkrankung)?

Wenn wir mal davon ausgehen, daß keine komplette Schuldunfähigkeit besteht, so ist bei einem solchen Vorfall doch wohl mit großer Wahrscheinlichkeit von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen, oder? (Das psychiatrische Gutachten wird das wohl irgendwann ergeben) Und das würde doch dann bedeuten, daß maximal Todschlag unter´m Strich rauskommt.

Oder ist mein laienhaftes Rechtsverständnis jetzt ganz daneben?

Gruß,
Gerry(xxx)
13. Re: SSC

geschrieben von am 25.07.03 00:23

Seit 1979 kann auch bei Mord nach §49 StGB die lebenslange Freiheitsstrafe nur dann unverhältnismässig sein, wenn die Tat in einer aussichtslosen Notlage, in tiefer Verzweiflung, aus einem zermürbendem Konflikt heraus etc etc begangen wurde.
Darüberhinaus kennt §211 (Mord) keine mildernden Umstände.
Die Abgrenzung zwischen Totschlag und Mord ist juristische Millimeterarbeit.
(Diese Nachricht wurde am 25.07.03 um 00:23 von ChariSMa geändert.)
14. Re: SSC

geschrieben von mister am 25.07.03 00:54

Hallo zusammen
Jetzt diskutiere ich nun doch mit
Ist Freiheitsberaubung mit einem Unfall zb Herzinfarkt ein Tötungsfall, auch wenn eine schriftliche Einverständnis Erklärung des eingeschlossenen vorliegt. Ich denke dabei zb an ein Einsperren im Keller ohne Aufsicht oder Kontrolle.
Das gleiche gilt für Auspeitschen und Schlagen

Kann sich dabei eine Domina juristisch absichern?
Das ist eine Frage die mich brennend interessiert
Viele Grüße
Michael

15. Re: SSC

geschrieben von am 25.07.03 01:19

SM erfüllt im Allgemeinen den Tatbestand der "einfachen" Körperverletzung, bei härterer Gangweise (Peitschen, Nadeln) auch den der "gefährlichen" Körperverletzung. §228 StGB schränkt ein, dass eine Körperverletzung, die mit Einwilligung der verletzten Person vorgenommen wurde, nur dann rechtswidrig sei, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstosse.
In der Rechtssprechung der vergangenen Jahre ist die Einwilligung im SM durchgängig als gültig akzeptiert worden.
Ein extra Vertrag darüber muss nicht abgeschlossen werden, die mündliche Vereinbarung genügt.
Die Einwilligung selbst muss aber freiwillig erteilt werden und kann jederzeit widerrufen werden (z.B. mit dem Gebrauch eines Safewords).

(Diese Nachricht wurde am 25.07.03 um 01:19 von ChariSMa geändert.)
16. Re: SSC

geschrieben von mister am 25.07.03 07:02


Hallo charima
Danke für deine Erklärung
Für mich nicht ganz nachvollziehbar, besonders dann, wann das Opfer nicht in der Lage ist das safeword auszusprechen zb durch einen Knebel oder
weil er nicht unter Aufsicht ist
Das meinte ich
Viele Grüße
Michael

Zitat

Die Einwilligung selbst muss aber freiwillig erteilt werden und kann jederzeit widerrufen werden (z.B. mit dem Gebrauch eines Safewords).
17. Re: SSC

geschrieben von am 25.07.03 08:36

Auch im geknebelten Zustand lassen sich Handzeichen etc. vereinbaren, die den gewünschten Abbruch signalisieren. Und wer seinen im rechtlichen Sinne hilflosen, da z.B. fixierten Partner für lange Zeit unbeaufsichtigt im Keller lässt, der -und das ist jetzt meine persönliche Meinung, die aber auch rechtsrelevant so ähnlich gesehen wird- handelt so verantwortungsvoll, wie jemand, der seine Kinder ohne Aufsicht zu Hause lässt und ausgeht...und sich dann fassungslos wundert, wie sie denn nur aus dem Fenster fallen konnten.....
18. Re: SSC

geschrieben von albert am 25.07.03 08:41

Zum Konzept der Einvernehmlichkeit gehört in meinen Augen unbedingt auch das Konzept der Konsensfähigkeit. Es gibt Menschen, die sind ständig oder zeitweise nicht in der Lage, ihr Einverständnis zu geben, genauer: sie können zwar ihr Einverständnis geben, dieses ist aber nichts wert. Ich denke zum Beispiel an Menschen, die unter Drogen stehen.

Beim Einverständnis zum Getötetwerden stellt sich mir die Frage: ist hier Konsensfähigkeit gegeben? Ist dieses Einverständnis überhaupt etwas wert? Nicht ohne Grund sind die Regelungen in Ländern, die aktive Sterbehilfe kennen, genau in diesem Punkt so streng.

ChariSMa hat ja schon erwähnt, dass das Einverständnis zum Ermordetwerden juristisch nichts wert ist. Meines Erachtens ist es auch ethisch nichts wert, weil jemand, der dazu sein Einverständnis gibt, gar nicht als konsensfähig angesehen werden kann (aber hier muss ich mal Julia fragen, sie ist von uns beiden die Ethikerin).

Albert
19. Re: SSC

geschrieben von Nachtigall am 25.07.03 11:02

Hallo ihr Lieben,

ich finde die Entwicklung dieser Diskussion ziemlich erfreulich, es sind tolle Beiträge gekommen. Hätte ich den Ausgangsbeitrag nicht spontan und "unter Schock" geschrieben, wäre die Überschrift vielleicht gewesen: "Sinn oder Unsinn von SSC" - oder so ähnlich. Hier sind ja schon eine Menge Leute ziemlich angegiftet worden, wenn sie SSC-Standpunkte vertraten, was mich echt stört. Aber genau so eine Verschärfung der Linien, eine solche Abgrenzung wie von euch vorgenommen, hatte ich mir erhofft, wenn es mir auch nicht so ganz bewusst war und ich ursprünglich nur das dringende Bedürfnis hatte, mich darüber auszutauschen. Danke schön!

Bleibt nur noch anzumerken, dass es mir dennoch ziemlich unbehaglich ist, als BDSMlerin durch die Wortwahl der Berichterstattung in den Medien irgendwie mit solchen Gestörten in dieselbe Reihe gestellt zu werden. Aber vielleicht bin ich zu empfindlich und sollte einfach stärker berücksichtigen, WER da "alle Perversen" "gleichsetzt"...

Nachdenkliche Grüße
Anja
20. Re: SSC

geschrieben von mister am 25.07.03 15:33

Hallo zusammen
Ich möchte mich Anjas Einschätzung anschließen und nehme meinen ersten Beitrag zurück.
Viele Grüße
Michael
21. Re: SSC

geschrieben von oxymoron am 25.07.03 21:04

Moin moin

@albert:
... Konsensfähigkeit ... Drogen ...: Möglicherweise kann man das auch unter dem Punkt "sicher" einordnen, denn beim Einnehmen von legalen (Alkohol, Tabletten, ...) oder illegalen Drogen wird die Wahrnehmung und die Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt.

oxymoron
22. Re: SSC

geschrieben von Gast Bär am 25.07.03 23:05

Liebe Anja,

ich teile dein Unbehagen, was die in Teilen der Presse - nicht expressis verbis, aber durchaus zwischen den Zeilen herauslesbare - Gleichsetzung der BDSMler mit derartigen Perversen anbetrifft voll und ganz!

Ich finde auch nicht, dass du da zu empfindlich bist (ganz im Gegenteil!). M.E. hilft es uns auch nicht wesentlich weiter, wenn wir realisieren, dass es überwiegend (aber leider nicht alleine) die "Blöd-Zeitung" ist, die derartige unsinnige Klischees pflegt, weil es nun einmal in ihr beschränktes Weltbild passt, denn leider wird dieser Schund gelesen und von der Mehrheit auch noch geglaubt (nach dem Motto: "Bild dir deine Meinung").

Liebe Grüße
Bär
(Diese Nachricht wurde am 25.07.03 um 23:05 von Bär geändert.)
23. Re: SSC

geschrieben von verve am 26.07.03 15:13

@ChariSMa

Nachdem schon so viel über die "niederen Beweggründe" gesprochen wurde, für mich hat sich immer auch schon die Frage gestellt, gibt es dann auch "höhere Beweggründe"?

Und falls ja, welche wären das denn und was passierte wenn jemand einen anderen aufgrund sogenannter "höheren Beweggründe" abmurkst? Hat das Attentat auf Hitler aufgrund "höheren Beweggründe" stattgefunden? Und falls ja, wer entscheidet was diese "höheren Beweggründe" sind?
Die Politik? Die Justiz? Die Bildzeitung?

Fragen über Fragen.

@
Generell denke ich, daß es keine Einwilligung in den eigenen Tod geben kann. Weniger vom juristischen sondern mehr vom psychologischen Standpunkt aus. Nachdem der Überlebensinstinkt einer der stärksten- oder sogar der stärkste Trieb ist, muß jeder der den Tod wünscht unzurechnungsfähig sein, sprich sich nicht mehr klar entscheiden können. Das schließt meiner Meinung auch tödliche Krankheiten, starke Schmerzen oder hohes Alter ein.

Denn all das sind Extremsituationen die ev. dazu führen, daß man unzurechnungsfähig ist und es gibt in jeder der genannten Situationen eine Menge Menschen die überhaupt nicht daran denken den Löffel vorzeitig abzugeben (Die nicht Unzurechnungsfähigen).

Gleichzeitig lehne ich jegwelche Entscheidung von außen ab. Absolut niemand kann oder darf beurteilen welches Leben lebenswert ist oder nicht. Das führt zu dem Schluß, daß jegwelche herbeigeführte Beendigung eines Menschenlebens prinzipiell ein Fehler ist. Dieses gar nicht mal so junge Konzept ("Du sollst nicht töten!") ist leider aus der Mode gekommen und immer mehr Menschen finden nichts dabei anderen das Recht auf Leben abzusprechen. Bei Stammtischen, Kaffeekränzchen, Parteitagen und ähnlich qualifizierten Veranstaltungen.

Beim Kannibalenopfer und beim Kannibalen empfinde ich es als ziemlich eindeutig, daß beide völlig übergeschnappt und deshalb unzurechnungsfähig sind, mal laienhaft formuliert.

Ich denke ich darf das, ich bin Laie, abgesehen davon, daß gerne auch mal Psychologen das genau so formulieren (Im privaten Kreise).
24. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 26.07.03 16:17

Hallo Verve

Zitat
Nachdem schon so viel über die \"niederen Beweggründe\" gesprochen wurde, für mich hat sich immer auch schon die Frage gestellt, gibt es dann auch \"höhere Beweggründe\"?

"Höhere" nennt man sie wohl nicht. Aber eine Tötung aus Notwehr oder Nothilfe dürfte da der klassiche Fall sein, der nicht einmal strafbewehrt ist. Auch wenn die Tötung nicht absichtlich herbeigeführt wurde (z. B. durch einen ungewollten (!) Autounfall) gilt das nicht als "niederer Beweggrund". Im Gegensatz dazu, jemanden auf dem Zebrastreifen "plattzufahren", weil man den noch nie leiden konnte oder ihn beerben möchte. Ich glaube, es gibt da noch weitere Kriterien, bei denen z. B. aus Totschlag eine Körperverletzung mit Todesfolge werden kann. Dabei kann wohl auch die Frage eine Rolle spielen, ob der Tod "billigend in Kauf genommen wurde". Aber dazu sollte dann ChariSMa oder jemand anderer mit fundierter juristischer Bildung etwas sagen.

Zitat
Hat das Attentat auf Hitler aufgrund \"höheren Beweggründe\" stattgefunden? Und falls ja, wer entscheidet was diese \"höheren Beweggründe\" sind?
Die Politik? Die Justiz? Die Bildzeitung?

Soweit ich weiß, billigt das Grundgesetz den Bürgern ein Recht auf Widerstand zu, um sich gegen die Abschaffung des Rechtstaates zu wehren. Aber Du hast schon recht mit der Frage, wer entscheidet, was Widerstand und was Terrorismus ist. Im Zweifelsfalle der Sieger. Und das waren im Fall des 20. Juli 1944 die Nazis. Daher wurden die Attentäter, die gefaßt wurden, als Mörder hingerichtet. Aber es gibt - wie oben aufgeführt - auch unstrittige Tötungen ohne niedere Beweggründe.

Zitat
Generell denke ich, daß es keine Einwilligung in den eigenen Tod geben kann.

Womit Du Dich mit Deiner Meinung im Einklang mit dem dt. Recht befindest. (Im Gegensatz zu mir. (s. u.))

Zitat
Weniger vom juristischen sondern mehr vom psychologischen Standpunkt aus. Nachdem der Überlebensinstinkt einer der stärksten- oder sogar der stärkste Trieb ist, muß jeder der den Tod wünscht unzurechnungsfähig sein, sprich sich nicht mehr klar entscheiden können. Das schließt meiner Meinung auch tödliche Krankheiten, starke Schmerzen oder hohes Alter ein.

Das sehe ich etwas anders. Wenn jemand eine Krankheit hat, die ihm ein menschenwürdiges Leben nicht mehr erlaubt und keine Heilung in Sicht ist, sollte derjenige (und nur er selbst) das Recht haben, sein Leben zu beenden oder beenden zu lassen. Beispielsweise dürfte ein Leben mit unerträglichen Dauerschmerzen selbst für Schmerzerotiker nicht als lebenswert empfunden werden.

Die praktische Umsetzung dieser Überlegung ist natürlich ziemlich knifflig. Einerseits muß sichergestellt sein, daß es sich wirklich um die freie Entscheidung des Betroffenen handelt, andererseits auch, daß sie auf den richtigen Grundlagen beruht (z. B. gibt es wirklich keine Heilungschancen oder wirksame Schmerztherapien?).

Die Sichtweise, daß jeder, der sein Leben nicht weiterleben will, per Definition unzurechnungsfähig sei, halte ich für vermessen und grundfalsch. Die gleiche entmündigende Sichtweise führt übrigens dazu, daß die psychologische Schule von Freud SMer grundsätzlich als krank und therapie-bedürftig sieht. Erst recht, wenn die SMer äußern, daß sie sich mit ihrer Neigung sehr wohl fühlen. Das wird als besonders starkes Indiz dafür gewertet, daß sie ihr Leid verdrängen. Das ist für die Theorie natürlich sehr praktisch, da sie so per Definition nicht von der Wirklichkeit widerlegt werden kann.

Zitat
Denn all das sind Extremsituationen die ev. dazu führen, daß man unzurechnungsfähig ist und es gibt in jeder der genannten Situationen eine Menge Menschen die überhaupt nicht daran denken den Löffel vorzeitig abzugeben (Die nicht Unzurechnungsfähigen).

Mal abgesehen davon, daß es natürlich wirklich Situationen gibt, in denen Menschen (vorübergehend) nicht entscheidungsfähig sind, ist die Definition, welche Art von Leben lebenswert ist, etwas sehr Individuelles. Es gibt z. B. eine Frau, die (bislang erfolglos) seit Jahren darum kämpft, endlich sterben zu dürfen. Sie ist nahezu bewegungsunfähig und kann nur über komplizierte Mechanismen überhaupt kommunizieren. Ob sie auch Schmerzen hat, weiß ich nicht. Anerkanntermaßen ist sie zurechnungsfähig, lebt aber in England, wo sie kein Recht hat, sterben zu dürfen. Und der EU-Gerichtshof hat die Entscheidung darüber der Hoheit der Mitgliedsstaaten überlassen.

Andererseits gibt es Menschen wie Christopher Reeves (ehem. Superman-Darsteller) oder Stephen W. Hawking (berühmter Physiker), die bei ungefähr gleichen Voraussetzungen durchaus einen Sinn in ihrem Leben sehen und es sicher nicht beenden wollen. Und es ist sicher auch ein Unterschied, ob man sich in so einer Situation jedwedes Hilfmittel leisten kann oder einfach nur ohne Ansprache in einer medizinischen Abteilung an lebenserhaltenden Apparaten hängt. In jedem Fall ist es aus meiner Sicht eine individuelle Entscheidung, die auch respektiert werden sollte.

Zitat
Gleichzeitig lehne ich jegwelche Entscheidung von außen ab. Absolut niemand kann oder darf beurteilen welches Leben lebenswert ist oder nicht.

In diesem Punkt sind wir uns einig.

Zitat
Dieses gar nicht mal so junge Konzept (\"Du sollst nicht töten!\") ist leider aus der Mode gekommen und immer mehr Menschen finden nichts dabei anderen das Recht auf Leben abzusprechen. Bei Stammtischen, Kaffeekränzchen, Parteitagen und ähnlich qualifizierten Veranstaltungen.

Ich glaube nicht, daß das Konzept früher stärker in Mode war. Die Abschaffung der Todesstrafe ist auch in den europäischen Demokratien noch nicht so sehr lange her. Und schon immer gab es einen Mob, der nach mehr oder weniger spektakulären Todesstrafen verlangte. Die Weiterentwicklung der Menschheit in den letzten 30.000 Jahren ist vornehmlich technischer Natur.

Selbstbestimmte Grüße.

Why-Not
25. Re: SSC

geschrieben von am 26.07.03 16:31

Ach ja, dieser Why-Not......der hat so schön ausführlich geantwortet, verve...da gibt es nix mehr zu ergänzen.
Ich habe mal gelesen, die 10 Gebote seien nur deshalb einfach und klar, weil keine Juristen daran beteiligt waren und auch für diese hochgepushte "Kannibalengeschichte" braucht man weder juristisches noch psychologisches Fachwissen, um sie für sich nach ganz normal menschlichen Grundsätzen als krank bewerten zu können.
26. Re: SSC

geschrieben von mister am 26.07.03 17:08

Hallo zusammen
Für mich stellt sich die Frage, ob eine Lebensverlängerung sinnvoll ist wenn eine Person im Koma gefallen und eine Heilung unmöglich erscheint Aktuell nenne ich den Fall eines Amerikaners der nach 19 Jahren aus dem Koma erwachte
Ich persönlich bin der Meinung, Dass jeder Mensch das Recht auf Leben und das Recht auf seinen Tod haben sollte. Soweit mir bekannt ist in der Schweiz aktive Sterbehilfe erlaubt bezw geduldet. Gesehen und mit Interesse verfolgt im Fernsehen wo dazu aktuell eine Sendung am 24,7,03 lief
Viele Grüße
Michael
27. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 26.07.03 17:18


Zitat
Hat das Attentat auf Hitler aufgrund \"höheren Beweggründe\" stattgefunden? Und falls ja, wer entscheidet was diese \"höheren Beweggründe\" sind?
Die Politik? Die Justiz? Die Bildzeitung?


Kurzfristig entscheidet immer der aktuell Mächtige, ob die Gründe höher oder nieder waren.

Langfristig jedoch entscheidet die Geschichte - und diese Entscheidung wird immer gerecht ausfallen. Man muß eben nur lange genug warten.

Gruß,
Gerry(xxx)
28. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 26.07.03 17:24

Hallo Michael,

bei einem Koma-Patienten ist diese Frage gleich in mehrerer Hinsicht besonders schwierig. Zum einen ist gerade der Koma-Patient ja nicht in der Lage, seinen eigenen Willen zu bekunden. Und ob er eine früher gemachte Aussage dazu aktuell immer noch aufrecht erhalten würde, weiß man halt nicht. Hinzu kommt, daß es nicht so ganz klar ist, was im Koma eigentlich passiert. Und es ist wohl auch nicht in allen Fällen das selbe. Das Problem ist, wir wissen es nicht. Weder, ob das Koma für jeden gleich abläuft - und wenn ja, wie. Noch, wie wir das Wohlbefinden oder Leiden erkennen können. Und es gibt wohl auch noch keine Erkenntnisse, unter welchen Umständen jemand ernsthafte Chancen hat, wieder aufzuwachen. Rein statistisch ist die Chance, nach längerem Koma bei Verstand aufzuwachen, wohl verschwindend gering.

Fragen über Fragen. Aber für eine Lösung habe ich keine Idee.

Why-Not
29. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 26.07.03 17:34

Hallo Gerry

Zitat

Langfristig jedoch entscheidet die Geschichte - und diese Entscheidung wird immer gerecht ausfallen. Man muß eben nur lange genug warten.

Wenn es einem reicht, posthum rehabilitiert zu werden ...

Auch die Bewertung der Geschichte hängt von der politisch/gesellschaftlichen Perspektive ab. Beispiel: "Karl der Große" (BRD-Sicht) vs. "Karl der Sachsenschlächter" (DDR-Sicht)

Eine objektive Wahrnehmung bzw. Bewertung der Geschichte gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben.

Why-Not
30. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 26.07.03 20:17


Zitat
Auch die Bewertung der Geschichte hängt von der politisch/gesellschaftlichen Perspektive ab. Beispiel: \"Karl der Große\" (BRD-Sicht) vs. \"Karl der Sachsenschlächter\" (DDR-Sicht)

Eine objektive Wahrnehmung bzw. Bewertung der Geschichte gibt es nicht und kann es auch gar nicht geben.


Hier stimme ich mit Dir nicht ganz überein.
Natürlich wird auch die Geschichte immer vor dem Hintergrund des aktuellen politischen Systems gesehen und entsprechend bewertet.

Deshalb habe ich ja auch gesagt, man müsse nur lange genug warten.

Irgendwann liegen die Ereignisse so lange zurück, daß es eben keinen Bezug mehr zur aktuellen politischen Lage gibt. Und erst dann wird das endgültige historische Urteil gefällt - und das ist dann objektiv und fair.

Gruß,
Gerry(xxx)
31. Re: SSC

geschrieben von oxymoron am 26.07.03 21:19

Moin moin

Wir entfernen uns immer weiter vom eigentlichen Thema, aber trotzdem: Ich stimme Why-Not zu, denn auch langfristig gesehen ist es immer eine Frage des eigenen Blickwinkels. Die (katholische) Kirche ist sicherlich immer noch der Meinung, die Art und Weise der "Bekehrung" der Inkas sei eine gute Sache gewesen. Die Inkas sehen das wahrscheinlich anders. Die Aktion ist immerhin schon ein paar Jahre her (zugegeben allerdings einiges nach Karl dem Großen).
Wie lange ist denn "lange genug"?

oxymoron
32. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 26.07.03 21:48

Zitat
Wie lange ist denn \"lange genug\"?


Das hängt vom Einzelfall ab. Es ist dann lange genug, wenn eben keiner mehr ein Interesse daran hat, eigene Interpreationen in die historische Bewertung einzubeziehen.

Im Fall der Inkas also:
Wenn irgendwann vielleicht einmal keine kath. Kirche mehr existiert und keine Leute, die sich mit ihrem Gedankengut identifizieren. Dann wird das Urteil über die Art und Weise der "Missionierung" einhellig ausfallen. Wann es soweit sein wird - wer kann das schon sagen.

Bei Karl dem Großen haben wir es ja (fast) erreicht. Die DDR ist nicht länger existent und es besteht kein politisches Interesse mehr daran, ihn als "Sachsenschlächter" darzustellen. Wenn also noch 2 Generationen mehr vergangen sind, so könnte es in diesem Fall soweit sein.

Gruß,
Gerry(xxx)
33. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 26.07.03 22:01

Zitat
Das hängt vom Einzelfall ab. Es ist dann lange genug, wenn eben keiner mehr ein Interesse daran hat, eigene Interpreationen in die historische Bewertung einzubeziehen.

Oder die historische Bewertung ist dann ganz einfach das Ignorieren der Begebenheit, weil sie für niemanden mehr interessant ist.

Aber ich glaube, mehr sollte ich zu dieser Offtopic-Diskussion nicht mehr sagen. Vielleicht will ja noch jemand seine Meinung zu dem wichtigeren Hauptthema loswerden.

Why-Not
34. Re: SSC

geschrieben von kasimir am 27.07.03 00:07

Zitat

Zitat

Auch die Bewertung der Geschichte hängt von der politisch/gesellschaftlichen Perspektive ab. Beispiel: \"Karl der Große\" (BRD-Sicht) vs. \"Karl der Sachsenschlächter\" (DDR-Sicht)



Nun, man muß vielleicht die Dinge im Lichte der damaligen Vergangenheit sehen. Die "Ost-Propaganda" hat damals leider und von den Sowjets geduldet, (da es schließlich gegen den Kapitalwesten ging), dort den Faden aufgegriffen, wo ihn die Nazi-Propaganda hat fallen lassen.
So wurde auch der Begriff der "Freiheit" pervertiert.
West: Freiheit ist die Freiheit des anders Denkenden!
Ost: Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit! (Ein grandioser Unfug und zugleich Phrase, die als Buchstaben auf Fahnen genäht und an die sogar gelaubt wurde.)

so long,kasimir

(Diese Nachricht wurde am 27.07.03 um 00:07 von kasimir geändert.)
35. Re: SSC

geschrieben von verve am 27.07.03 01:09

@Offtopic:

Ich denke man sollte nicht gleich jedes Thema abwürgen, nur weil es sich entwickelt. Eine Diskussion kann nicht daraus bestehen, daß jeder schreibt: "Das hast Du aber schön gesagt". Ist der Speicherplatz knapp? Sonst würde ich vorschlagen einfach weiterzudiskutieren, wenn s schon mal ein Thema von allgemeinem Interesse gibt.

@Why-not:
Die Frage ob unerträgliche Schmerzen ein Grund für Selbstmord sind oder nicht ist doch sehr von dem Land abhängig, in dem Du die Schmerzen hast. In Deutschland ist es vermutlich ein guter Grund, in vielen anderen Ländern gibt es aber eine funktionierende Schmerzmedizin, die auch ein Leben mit chronischen und starken Schmerzen ermöglicht. Ich bin auch hier kein Fachmann, aber meines Wissens gibt s das durchaus, daß Menschen mit geeigneter Therapie ein ziemlich normales Leben führen.

Zu dem Einwand, das jeder selbst darüber entscheiden können sollte. Im Prinzip sind wir selbst hier einer Meinung. Auch ich bevorzuge die Selbstbestimmung. Jemand der völlig klar ist und den Tod wünscht, der sollte sterben dürfen. Nur stellt sich für mich die Frage, kann jemand der das tut völlig klar sein? Kann er es wirklich selbst entscheiden, oder würde er morgen oder in einem Jahr ganz anders denken? Ein Beispiel wäre der 16-jährige, dem die Freundin weggelaufen ist, und der sich das Leben nehmen will, sollte man den nicht aufhalten? Ich denke die Antwort ist einfach. Schwieriger wird s bei extremen Schmerzen, aber wer weiß, vielleicht würde eine Schmerztherapie dazu führen, daß der Mensch zwei Wochen später denkt, das wäre der größte Fehler aller Zeiten gewesen. Oder der Totkranke, der den richtigen Partner kennenlernt und es nochmal krachen läßt bevor s dahingeht.

Einverstanden, weit hergeholt, aber wer weiß? Ich denke die augenblickliche ach so klare Meinung ist bei "ganz normalen" Menschen nicht wirklich klar und fix und ändert sich ununterbrochen. Wie schnell geht s wohl bei Menschen, die sich in Extremsituationen befinden?

Zusätzlich gibt s noch zwei weitere Probleme, die in der Realität auftreten. Erstens, wer soll den beurteilen, ob der Todeskandidat zurechnungsfähig ist. Ein Psychologe am Ende? Wirklich? Die sind unfehlbar genug um eine Entscheidung von solcher Tragweite zu fällen?

Zweitens, angenommen man ist sich absolut sicher daß der Mensch sterben will und weiß was er tut. Wer macht das dann, falls er es nicht selbst machen kann. Ich denke, daß man da etwas suchen müßte um den richtigen mit einer Henkersmentalität zu finden -- Nein eigentlich nicht, wenn ich so nachdenke, es wird genügend Freiwillige geben. Den zweiten Punkt streichen wir.

Zur Falsifizierbarkeit:
Da hast Du vollkommen recht. Jede Theorie, die nicht widerlegbar ist, ist unbrauchbar und abzulehnen (Soviel zu Hawkins Theorien). Und das würde meine kleine dumme Theorie direkt killen, wie Du auch sehr richtig bemerkt hast, nur daß es ein kleines Problem beim killen gibt:

Was wäre wenn meine nicht falsifizierbare Theorie richtig wäre?
Wie gesagt, wir sprechen hier über Menschenleben und nicht über Tiere, Pflanzen oder unbelebte Materie. Was wäre wenn tatsächlich alle Menschen die sterben wollen noch nicht den richtigen Therapeuten oder das richtige Medikament oder den richtigen Menschen gefunden haben?

Ich denke über das Problem sollte nicht einfach locker flockig hinwegdiskutiert werden. Das ist ein echtes Problem. Und ab hier ist s glaube ich auch keine Meinungsfrage mehr, sondern etwas mehr.

Dies übrigens unterscheidet meine kleine Theorie von der von Dir erwähnten. Dort kann ich sagen, unbrauchbare Theorien lassen wir beiseite. Es nimmt ja auch niemand ernsthaft Schaden (hoffentlich). Sprich, es geht bei SM "nur" um gesellschaftliche Normen und nicht um Leben oder Tod. Und hier schließt sich der Kreis zum Beginn dieses Threads wieder. Kanibalismus ist indiskutabel. SM nicht.

------------------------------------------------------------------------

Wow, jetzt hat sich der Rechtschreibdepp wieder geoutet!
(Diese Nachricht wurde am 27.07.03 um 01:09 von verve geändert.)
36. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 27.07.03 10:52

Zitat

Die Frage ob unerträgliche Schmerzen ein Grund für Selbstmord sind oder nicht ist doch sehr von dem Land abhängig, in dem Du die Schmerzen hast. In Deutschland ist es vermutlich ein guter Grund, in vielen anderen Ländern gibt es aber eine funktionierende Schmerzmedizin, die auch ein Leben mit chronischen und starken Schmerzen ermöglicht. Ich bin auch hier kein Fachmann, aber meines Wissens gibt s das durchaus, daß Menschen mit geeigneter Therapie ein ziemlich normales Leben führen.


@ verve

Es gibt mit Sicherheit einen Unterschied zwischen Menschen mit chronischen Schmerzen auf der einen Seite und den unheilbar kranken Menschen mit extremen Schmerzen auf der anderen Seite.

Erstere kann man therapieren - auch in Deutschland. Eventuell ist keine 100%ige Schmerzfreiheit zu erreichen, aber zumindest eine weitgehende Linderung, so daß sie durchaus eine Perspektive für ihre Zukunft haben, noch ein erfülltes Leben führen zu können.

Ganz anders sieht es jedoch bei der zweiten Gruppe aus.
Was ist mit einem Menschen mit Krebs in Endstadium? Zum Beispiel metastasierter Lungenkrebs (kleinzelliges Bronchialkarzinom, etc).
Die Patienten haben Schmerzen und keine Perspektive auf eine Besserung.
Man kann die Schmerzen vielleicht mit extrem starken Schmerzmitteln (Morphine) unterdrücken, aber zu welchem Preis?
Die Abhängigkeit braucht man da wohl kaum zu fürchten, aber die anderen Nebenwirkungen (Darmprobleme, Atemdepression, geistige Beeinflussung - Müdigkeit) tragen nicht umbedingt zum Wohlbefinden des Patienten bei. Der Patient dämmert im Extremfall mehr oder weniger teilnahmslos seinem Ende entgegen.
Was bitte spricht denn dafür, einem solchen Patienten den Wunsch nach einem selbstbestimmten Ende in Würde zu versagen?

Woher nehmen wir uns das Recht zu sagen, daß ein solcher Mensch gefälligst die letzten Wochen zu durchleben hat?

Irgendwann kommt man nämlich an den Punkt, wo man die Dosis an Schmerzmitteln nicht weiter steigern kann, weil dies dazu führen würde, daß der Patient aufhört zu atmen. Und dann?

Gruß,
Gerry(xxx)
37. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 27.07.03 11:23

Hallo verve,

Zitat
@Offtopic:

Ich denke man sollte nicht gleich jedes Thema abwürgen, nur weil es sich entwickelt. Eine Diskussion kann nicht daraus bestehen, daß jeder schreibt: \"Das hast Du aber schön gesagt\". Ist der Speicherplatz knapp? Sonst würde ich vorschlagen einfach weiterzudiskutieren, wenn s schon mal ein Thema von allgemeinem Interesse gibt.

Zumindest ich meinte mit meinem Offtopic-Hinweis die Diskussion über objektiv richtige Geschichtsbewertung. Zu dem Rest, der sich aus der ursprünglichen Diskussion entwickelt hat, gebe ich gerne weiter meinen Senf dazu.

Zitat
Die Frage ob unerträgliche Schmerzen ein Grund für Selbstmord sind oder nicht ist doch sehr von dem Land abhängig, in dem Du die Schmerzen hast. In Deutschland ist es vermutlich ein guter Grund, in vielen anderen Ländern gibt es aber eine funktionierende Schmerzmedizin, die auch ein Leben mit chronischen und starken Schmerzen ermöglicht. Ich bin auch hier kein Fachmann, aber meines Wissens gibt s das durchaus, daß Menschen mit geeigneter Therapie ein ziemlich normales Leben führen.

Zum einen gibt es das natürlich. Aber halt nicht für jeden. Einerseits krankheitsbedingt. Auch wenn wir es immer wieder anders nahegebracht bekommen, nicht jede Krankheit ist heilbar und nicht jedes Leid läßt sich lindern. (Gerry hat das sehr nachvollziehbar geschildert.) Andererseits finanziell bedingt. Jemandem mit chronischen Schmerzen eine teure Schmerztherapie vorzuenthalten, weil er sie sich nicht leisten kann, oder weil sie aus welchen Gründen auch immer nicht zugelassen ist, finde ich grausam. Aber ihm aus einer religiös-fundamentaler Sichtweise (Selbstmord ist Sünde) dann auch noch die Möglichkeit vorzuenthalten, das (aus seiner Sicht) nicht lebenswerte Leben zu beenden, halte ich für zynisch.

Selbstverständlich bin ich dafür, daß jeder, der unter schlimmen Schmerzen leidet, auch eine wirksame Schmerztherapie erhalten kann, falls es sie denn gibt. Wenn sie seiner Gesundheit weiter schadet und/oder sein Leben verkürzt, sollte er Entscheidung treffen dürfen, ob sie angewandt wird. Steht ihm solch eine Schmerztherapie nicht zur Verfügung oder kommt sie für ihn aus anderen Gründen nicht in Frage, sehe ich nicht ein, warum jemand, der bei klarem Verstand ist und die Folgen abschätzen kann, sich nicht auch für die Beendigung seines Lebens entscheiden können soll.

Wobei chronische Schmerzen hier aus meiner Sicht nur ein Beispiel für einen (individuell bewertet) unerträglichen Dauerzustand darstellen.

Zitat
Nur stellt sich für mich die Frage, kann jemand der das tut völlig klar sein? Kann er es wirklich selbst entscheiden, oder würde er morgen oder in einem Jahr ganz anders denken? Ein Beispiel wäre der 16-jährige, dem die Freundin weggelaufen ist, und der sich das Leben nehmen will, sollte man den nicht aufhalten? Ich denke die Antwort ist einfach. Schwieriger wird s bei extremen Schmerzen, aber wer weiß, vielleicht würde eine Schmerztherapie dazu führen, daß der Mensch zwei Wochen später denkt, das wäre der größte Fehler aller Zeiten gewesen. Oder der Totkranke, der den richtigen Partner kennenlernt und es nochmal krachen läßt bevor s dahingeht.

Ok, den 16-jährigen lassen wir mal weg. Ich denke, wir sind uns einig, daß es eine wohlüberlegte Entscheidung sein sollte. In die Zukunft können wir allerdings nicht schauen. Wenn es - um beim überschauberen Beispiel "Schmerzen" zu bleiben - heute keine Therapie gibt, könnte sie vielleicht bereits in einem Monat entdeckt werden und in einem Jahr auf den Markt kommen. Oder sie kommt nie. Wie lange soll jemand auf dieses "Wunder" warten müssen? (Wer diese Hoffnung hat und warten will, soll das selbstverständlich tun dürfen.)

Zitat
Ich denke die augenblickliche ach so klare Meinung ist bei \"ganz normalen\" Menschen nicht wirklich klar und fix und ändert sich ununterbrochen. Wie schnell geht s wohl bei Menschen, die sich in Extremsituationen befinden?


Wir treffen auch alle anderen Entscheidungen für unser Leben mit den uns im Moment der Entscheidung zur Verfügung stehenden Informationen. (Sonst würden wahrscheinlich 50% aller Ehen nicht geschlossen werden. ) Und niemand (auch wenn er sich Papst nennt) ist unfehlbar. Aber so, wie wir auch in den meisten anderen Bereichen unsere (Fehl-)Entscheidungen selbst treffen können (und mit den Konsequenzen zurecht kommen müssen), sollten wir es auch in diesem Bereich tun dürfen.

Zitat
Zusätzlich gibt s noch zwei weitere Probleme, die in der Realität auftreten. Erstens, wer soll den beurteilen, ob der Todeskandidat zurechnungsfähig ist. Ein Psychologe am Ende? Wirklich? Die sind unfehlbar genug um eine Entscheidung von solcher Tragweite zu fällen?

Gut, da sind wir bei den praktischen Problemen. Auch hier gilt (wie fast überall außerhalb der Mathematik), daß es keine objektiven Wahrheiten gibt - und damit erst recht keine Unfehlbarkeit oder absolute Sicherheit. Aber hier würde ich mich an den Maßnahmen und Erfahrungen orientieren, die in solchen (rechtsstaatlichen) Ländern gemacht wurden, die Sterbehilfe erlauben (z. B. Niederlande). (Damit habe ich mich noch nicht im Detail auseinandergesetzt und habe daher noch keine klaren Vorstellungen. Aber ich denke, es würden sich praktikable Mechanismen finden lassen, die "hinreichend" sicher sind.)

Zitat
Zweitens, angenommen man ist sich absolut sicher daß der Mensch sterben will und weiß was er tut. Wer macht das dann, falls er es nicht selbst machen kann. Ich denke, daß man da etwas suchen müßte um den richtigen mit einer Henkersmentalität zu finden -- Nein eigentlich nicht, wenn ich so nachdenke, es wird genügend Freiwillige geben. Den zweiten Punkt streichen wir.

Ich denke, es braucht keine Henkersmentalität. Wenn man sicher ist, daß der Mensch es möchte und er unter dem aktuellen Zustand leidet, kann auch durchaus "Barmherzigkeit" bzw. der Wunsch zu helfen die Motivation sein.

Zitat
Was wäre wenn meine nicht falsifizierbare Theorie richtig wäre?
Wie gesagt, wir sprechen hier über Menschenleben und nicht über Tiere, Pflanzen oder unbelebte Materie. Was wäre wenn tatsächlich alle Menschen die sterben wollen noch nicht den richtigen Therapeuten oder das richtige Medikament oder den richtigen Menschen gefunden haben?

Und was, wenn sie falsch wäre? Wir reden hier über echtes Leiden. Ok, so kommen wir an dieser Stelle nicht weiter. Aber ich finde, Selbstbestimmung heißt auch, das Recht zu haben, Fehler zu machen. Wenn wir dieses Recht nicht hätten, wären wir fremdbestimmt, da ja irgendwer entscheiden müßte, ob unsere Entscheidung richtig oder falsch ist. Und - auf die Gefahr hin, daß es jetzt sarkastisch klingt - die Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, wird der Entscheider nie nachträglich bereuen (wenn es geklappt hat). Natürlich sollte man trotzdem Maßnahmen vorsehen, die Kurzschluß-Handlungen (wie bei Deinem 16-Jährigen) und Fehleinschätzungen möglichst wirksam verhindern.

Zitat
Ich denke über das Problem sollte nicht einfach locker flockig hinwegdiskutiert werden. Das ist ein echtes Problem. Und ab hier ist s glaube ich auch keine Meinungsfrage mehr, sondern etwas mehr.

Dies übrigens unterscheidet meine kleine Theorie von der von Dir erwähnten. Dort kann ich sagen, unbrauchbare Theorien lassen wir beiseite. Es nimmt ja auch niemand ernsthaft Schaden (hoffentlich).

Ich denke schon, daß man jemanden mit dem (aus meiner Sicht aussichtslosen) Versuch, ihm seine sexuellen Neigungen wegzutherapieren, ins Unglück stürzen kann. Die Neigungen und Phantasien werden zwar nicht weggehen, aber dafür wird er sich dafür schuldig fühlen. Und irgendwann bedarf er dann wahrscheinlich wirklich einer Therapie, um mit den Folgen der Therapie fertig zu werden.

Zitat
Sprich, es geht bei SM \"nur\" um gesellschaftliche Normen und nicht um Leben oder Tod.

Ich denke, es geht auch bei SM um Selbstbestimmung, nämlich die der Sexualität und damit um Lebensfreude. Wobei ich allerdings nicht soweit gehen würde, meinen Wunsch zu leben an die Verwirklichung all meiner sexuellen Phantasien zu koppeln.

Zitat
Und hier schließt sich der Kreis zum Beginn dieses Threads wieder. Kanibalismus ist indiskutabel. SM nicht.

Bei Kanibalismus gebe ich Dir recht. Ich wäre allerdings froh, wenn man über SM auch nicht mehr diskutieren müßte, und zwar, weil es als "normale" sexuelle Neigung (einer Minderheit) anerkannt wäre. Man darf ja mal träumen.

Why-Not
38. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 27.07.03 14:57

Zitat
Und hier schließt sich der Kreis zum Beginn dieses Threads wieder. Kannibalismus ist indiskutabel. SM nicht.


Um selbst auch einmal auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen:

Ich finde, obige Formulierung ist nicht ganz korrekt. M. E. richtiger wäre "Kannibalismus als Form, seine Sexualität auszuleben ist indiskutabel und hat nichts mit SM zu tun".

Ich bitte jetzt ausdrücklich darum, mich nicht falsch zu verstehen. Das Nachfolgende ist für mich ein rein philosophisch, wissenschafts-ethische Frage:

<Provokation>
Was bitte spricht denn gegen Kannibalismus?
Wir ernähren uns vom Fleisch anderer Tiere. Der Körper eines Menschen ist - rein wissenschaftlich betrachtet - nicht viel anders als der eines Schweines oder Rindes, wenn es um den Nährwert geht.

Letztlich sind es auch bei uns anerzogene und überlieferte Normen, die gegen das Verzehren der Artgenossen sprechen. Im Tierreich ist dies weit verbreitet.

Es muß ja nicht in jedem Fall die Tötung des anderen vorausgehen.

Bei einem Eingeborenenstamm in Neuguinea war es üblich, daß aus religiösen Gründen die Gehirne der verstorbenen verspeist wurden. (Was nicht so clever war, weil sie dann eine Jacob-Kreuzfeld ähnliche Krankheit entwickelt haben, die sie Kuru genannt haben, deren Ursache sie aber nicht erkannt haben).

Und auch unter "zivilisierten" Menschen gibt es in extremen Ausnahmesituationen Kannibalismus. Dann nämlich, wenn nur der Körper des toten Mitmenschen als Nahrungsquelle das eigene Überleben sicherstellt.

</Provokation>
Ich finde, wir sollten uns mit voreiligen allgemeinen Bewertungen sehr zurückhalten und diese Bewertungen an dieser Stelle nur auf den (erweiterten) SM-Kontext beziehen.

Ich zumindest halte es für ziemlich arrogant, das Verhalten anderer Völker (und sei es nur ein Stamm) anhand der Maßstäbe meines eigenen Kulturkreises zu messen.

Gruß,
Gerry(xxx)
(Diese Nachricht wurde am 27.07.03 um 14:57 von Gerryxxx geändert.)
39. Re: SSC

geschrieben von Nachtigall am 27.07.03 15:59

Hallo Gerry,

Zitat

Zitat

Und hier schließt sich der Kreis zum Beginn dieses Threads wieder. Kannibalismus ist indiskutabel. SM nicht.

Um selbst auch einmal auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen:

Ich finde, obige Formulierung ist nicht ganz korrekt. M. E. richtiger wäre "Kannibalismus als Form, seine Sexualität auszuleben ist indiskutabel und hat nichts mit SM zu tun".

Ich wüsste nicht, um welchen Zusammenhang sich die hiesige Diskussion sonst gedreht haben soll als um die Abgrenzung von Kannibalismus innerhalb unseres Kulturkreises (aus dem ja wohl die beiden Auslöser dieses Threads stammen!) und BDSM. Deswegen habe ich mit der Aussage von verve auch absolut kein Problem.

Für die von Dir gewählten Beispiele war möglicherweise die folgende
Website zum Thema Kannibalismus die Quelle; auch auf dieser kann ich nichts entdecken, das Kannibalismus (wo oder wann auch immer) als wünschenswerte oder erstrebenswerte Handlungsweise unterstützen würde. Im Gegenteil wird es vermutlich Gründe dafür geben, dass in unserer Gegenwart der Verzehr von Menschen durch Menschen eine seltene Ausnahme darstellt. Sogar die Opfer des dort erwähnten Flugzeugabsturzes haben soweit ich weiß nicht leichtfertig oder aus "Lust" daran ihre Toten verspeist.

Zitat

Ich finde, wir sollten uns mit voreiligen allgemeinen Bewertungen sehr zurückhalten und diese Bewertungen an dieser Stelle nur auf den (erweiterten) SM-Kontext beziehen.

Ich zumindest halte es für ziemlich arrogant, das Verhalten anderer Völker (und sei es nur ein Stamm) anhand der Maßstäbe meines eigenen Kulturkreises zu messen.

Ich selbst habe nicht viel übrig für Arroganz, aber niemand hier hat m.E. "das Verhalten anderer Völker" beurteilt. Wir haben in unserer Wertung unseren eigenen Kulturkreis nicht verlassen. Innerhalb dessen ist Kannibalismus geächtet, und ich grenze mich bewusst und vehement gegen derartig veranlagte Menschen ab, wie es auch verve getan hat. Wenn Du das intolerant oder arrogant nennen möchtest, sind wir eben nicht einer Meinung. Tatsächlich halte ich es sogar für ausgeschlossen, irgendeine Begebenheit "objektiv" und "nicht-wertend" zu betrachten, solange der Betrachter so etwas wie ein Wertesystem besitzt, dem er sich selber unterwirft. Wir billigen, missbilligen oder warten ab, bis wir ausreichend Informationen haben, um das Beobachtete "einzusortieren", völlig egal wieviel Zeit verstreicht. Alles andere halte ich für Selbstbetrug.

Schönen Sonntag noch!
Anja
40. Re: SSC

geschrieben von Why-Not am 27.07.03 16:07

Hallo Gerry,

versuchst Du, mit Deiner Provokation das Sommerloch zu überbrücken? Ich denke, bisher haben alle den Kannibalismus auf den Kriminalfall im Eingangsposting von Anja bezogen.

So wie wir alle sicher Dein Einstein-Zitat ("Wenn einer mit Vergnügen zu einer Musik in Reih und Glied marschieren kann, dann hat er sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde.") im Trailer nicht auf Squaredance oder sonstige Formationstänze beziehen.

Why-Not
41. Re: SSC

geschrieben von verve am 27.07.03 17:40

@Why-Not:
Du hast recht, Freiheit impliziert das Recht Fehler zu machen, sofern man anschließend dafür gerade steht. Mein Fehler. Ich merke auch, daß ich etwas gegen meine eigene, bischen diffuse Überzeugung andiskutiert habe.

Nur bei der Frage wo die rote Linie zwischen dem Sechzehnjährigen und dem Totkranken liegt, kann ich kein "warm fuzzy feeling" bekommen. Selbstmord ist doch (um s mathematisch zu formulieren) sehr unstetig, während das o.g. Spektrum unendlich graduell und fließend ist. Wie gesagt, kein "warm fuzzy feeling".

@Gerry & CO:
Ich bin schon der Ansicht, daß BD-SM diskutabel ist. Gerade daß so viele Menschen Schwierigkeiten damit haben, zeigt, daß es eben nicht eine Selbstverständlichkeit ist. Um das schöne Wort "arrogant" noch mal zu verwenden, man sollte nie arrogant genug sein aufzuhören das eigene Tun und die eigene Überzeugung zu hinterfragen. Und dann ist SM diskutabel. Schön wenn man dabei immer wieder zum gleichen Schluß kommt, aber nicht selbstverständlich!

@Gerry:
Keine Angst, ich bin kein bischen über "arrogant" verärgert (War ein kleiner Scherz oben). Tatsächlich urteilte ich wie bereits erwähnt über Menschen aus unserer Kultur. Eines würde ich aber gerne korrigieren. Es ist meines Wissens ein Irrtum, daß Kannibalismus im Tierreich weit verbreitet ist, jedenfalls bei den Wirbeltieren, sprich bei den weiter entwickelten. Mord ist an der Tagesordnung, Kannibalismus nicht. So töten Löwenmännchen zwar jegwelchen Katzennachwuchs, aber sie fressen Ihn nicht. Spontan fallen mir Krokodile ein, die aber ebenfalls eine sehr sehr alte Spezies sind. Außerdem fressen sich Krokodile auch nur gegenseitig, wenn das Wasser und die Nahrung knapp wird, vergleichbar mir dem Flugzeugabsturz bei dem sich anschließend die Überlebenden von den Toten ernährt haben.

Ich denke, daß man sich da nicht täuschen sollte, die Natur lehnt Kannibalismus ab. Und der Grund dürfte genau das von Dir erwähnte Kreuzfeld-Jackob-Syndrom sein. Die eigene Spezies zu essen ist seuchentechisch ein unkalkulierbares Risiko. Und in der Natur verschwinden Spezies einfach, die ein unkalkulierbares Risiko eingehen. Ich denke das ist ein guter Grund keine Menschen zu essen. Wir haben ja schließlich andere Mittel und Wege gefunden uns selbst wegzumachen.

(Diese Nachricht wurde am 27.07.03 um 17:40 von verve geändert.)
42. Re: SSC

geschrieben von oxymoron am 27.07.03 23:03

Moin moin

Schmerzen
Bei Personen mit unheilbaren Krankheiten und entsprechenden Schmerzen kann ich den Wunsch nach einem vorzeitigen Ende nachvollziehen. Die Aussicht auf ein Medikament ist zwar gegeben, aber wie im Falle von Krebs ist nicht unbedingt damit zu rechnen, dass es kurzfristig verfügbar ist. Beim Beispiel von Gerry (... dämmert teilnahmslos seinem Ende entgegen ...) bin ich durchaus dafür, an aktive Sterbehilfe zu denken. Die von einigen geforderte Mitsprache des Betroffenen ist dabei allerdings nicht immer möglich, weil dieser eben nicht mehr klar beurteilen kann, was um ihn herum passiert.
Die Lebenserhaltung nur über Maschinen halte ich ebenfalls in einigen Fällen für diskussionswürdig.
Es gab zumindest irgendwann die Idee, die Entscheidung durch ein Gremium mit Personen aus verschiedenen Bereichen (Medizin, Kirche, ...) treffen zu lassen; ich weiss aber leider nicht mehr, was daraus geworden ist. Ausserdem haben die Deutschen aufgrund der jüngeren Geschichte (Euthanasie) immer noch Probleme mit diesem Thema, andere Länder scheinen da etwas weiter zu sein.

Kannibalismus
Der im Artikel erwähnte Kannibalismus entstand nicht aus einer Notsituation heraus wie bei der Fußballmannschaft, die die Entscheidung sicherlich nicht leichtfertig getroffen hat. Wenn es ums Überleben geht, gelten andere Regeln. Die von damaligen Aussenstehende gemachte Aussage, die Abgestürzten hätten besser sterben sollen als ihre Freunde zu essen, halte ich für zynisch.
Also: bei der ersten Form muss es meiner Ansicht nach zu einer Verurteilung kommen, die zweite Form sollte straffrei sein (wobei es sicherlich bei beiden Formen eine gerichtliche Untersuchung geben sollte, um die genauen Umstände zu klären).

oxymoron
43. Re: SSC

geschrieben von verve am 27.07.03 23:40

@oxymoron:
Im ersten Fall ist der "Täter" psychisch gestört und sollte therapiert und nicht verurteilt werden, vielleicht für immer, aber das sollten Profis entscheiden, nicht wir.

Im zweiten Fall gibt s gar keinen Fall. Ein Toter ist eine Sache, die kann ich essen, drauf rumhüpfen oder sonstwas damit machen. Das schlimmste Verbrechen ist an dieser Stelle bestenfalls Leichenschändung und über dieses grausame Verbrechen kann man wohl hinwegsehen, wenn die Alternative Verhungern ist. Abgesehen davon, daß Verhungern für einen gesunden Menschen gar nicht so leicht ist. Einige Wochen (>6) macht man s locker, wenn man genug zu trinken hat. (Hab ich schon )

Zum Fall wird s erst, wenn ich den Tod herbeiführe. Dann wird aber immer noch das Töten und nicht das Essen bestraft. Das wäre allerdings ein richtig interessanter Fall.

Szenario:
Ein Flugzeug stürzt ab und die Überlebenden sind am verhungern. Man macht eine kleine Lotterie und der Verlierer wird im Interesse der Allgemeinheit geschlachtet. Wow, ein Fest für Juristen, würde ich sagen, vor allem wenn derjenige sich freiwillig für die anderen opfert. Dann dürfte es richtig kompliziert werden.
44. Re: SSC

geschrieben von kasimir am 28.07.03 00:47

Zitat


Szenario:
Ein Flugzeug stürzt ab und die Überlebenden sind am verhungern. Man macht eine kleine Lotterie und der Verlierer wird im Interesse der Allgemeinheit geschlachtet. Wow, ein Fest für Juristen, würde ich sagen, vor allem wenn derjenige sich freiwillig für die anderen opfert. Dann dürfte es richtig kompliziert werden.



Allein so ein Gedankengang outet manchmal einen kranken Geist in einer kranken Welt!

Solong, kasimir

--------------------------------------------------
Leider! Das billige Fernsehprogramm hat schon so manchen dahingerafft....
(Diese Nachricht wurde am 28.07.03 um 00:47 von kasimir geändert.)
45. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 28.07.03 08:31

@ why-not
Zitat

So wie wir alle sicher Dein Einstein-Zitat (\"Wenn einer mit Vergnügen zu einer Musik in Reih und Glied marschieren kann, dann hat er sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde.\") im Trailer nicht auf Squaredance oder sonstige Formationstänze beziehen.


Mist, dann muß ich wohl meinen Trailer ändern!Wußte nicht, daß das falsch verstanden werden könnte. Ich habe das nämlich ausschließlich auf Tanzveranstaltungen bezogen.


Ciao,
Gerry(xxx)
(Diese Nachricht wurde am 28.07.03 um 08:31 von Gerryxxx geändert.)
46. Re: SSC

geschrieben von verve am 28.07.03 13:41

@kasimir:
ooops, jetzt hab ich mich geoutet.
47. Re: SSC

geschrieben von Nachtigall am 28.07.03 13:55

@ verve:

shit happens...

Anja
48. Re: SSC

geschrieben von mister am 28.07.03 18:39

Hallo zusammen
Kannibalismus hat es in den verschiedensten Kulturkreisen schon immer gegeben aus den verschiedensten Gründen In den Mittelamerikanischen Völkern wie den Tolkeken oder Azteken geschah er hauptsächlich aus Glaubensgründen. Heute bewundern wir die Kultur der Völker und ihre Pyramiden und Architektonischen Bauten während die Religion und
die grausame Behandlung ihrer Kriegsgefangenen kaum Beachtung findet. warum wurden die Gefangenen so behandelt. ich denke, dass die Völker ihre Gefangenen kaum ernähren konnten.

Beispiel Osterinsel
Die Osterinseln wurden von den Pazifischen Inselvölkern besiedelt: Am Anfang der Besiedlung war die Insel voll bewaldet und hatte reichlich Wild und
Fisch um die Menschen zu ernähren. Dadurch trat eine Überbevölkerung ein. der Waldbestand wurde durch Abholzung immer weniger biss er gar nicht mehr vorhanden war: Durch die anschließende Bodenerosion war es auch nicht mehr möglich Lebensmittel anzubauen, so dass den Menschen nur noch der Fischfang übrig blieb. Aber da der Wald fehlte konnten sie keine Schiffe mehr bauen und Rotteten sich gegenseitig auf, indem sie sich auffraßen
Heute bewundern wir die Steinskulturen ohne darüber nach zudenken wie ihre Kultur unter gegangen ist

Beispiel Ozeanien
Kanilabismus geschah hauptsächlich aus religiösen Gründen Die Menschen waren überzeugt, das die Stärke des Gegners in ihnen übergeht.

was gibt uns das Recht diese Völker zu Verurteilen und gleichzeitig ihre Kultur und Bauten zu bewundern?

Kanilabismus aus niederen Gründen ist zu verurteilen und mit aller Härte eines Rechtstaates zu betrafen und hat mit BDSM überhaupt nichts zu tun.
Beste Grüße Michael
















49. Re: SSC

geschrieben von kasimir am 28.07.03 23:01

Hi Verve!

Zitat
@kasimir:
ooops, jetzt hab ich mich geoutet. http://www.forennet.org/images/smilies/cwm34.gif


Null Problema! Und vor allem keinen "shit happens"! Wer ausser ein Deutsch-Lehrer ist gegen solche Fall-Outs gewappnet? Dies ist doch das Kg-Forum und nicht die "Versicherung-zur-Erhaltung-gramatikalischer-Korrektness"? Oder?

@ GerryXXX!

Du solltest wirklich Deinen Trailer ändern. Er ist politisch gesehen nicht mehr zeitgemäß und greift indirekt Menschen an, die sich gegenüber anderen Menschen als verantwortungsbewußt zeigen.
Ich bin leider kein angehender Arzt, sondern nur ein ehem. Sanitäter.

So long, kasimir
50. Re: SSC

geschrieben von Gerryxxx am 28.07.03 23:05

Zitat
Du solltest wirklich Deinen Trailer ändern. Er ist politisch gesehen nicht mehr zeitgemäß und greift indirekt Menschen an, die sich gegenüber anderen Menschen als verantwortungsbewußt zeigen.


Ich persönlich finde ihn sogar sehr aktuell!
Und wirklich verantwortungsbewußte Menschen werden auch dadurch nicht angegriffen. Sonst würde ich ihn nämlich nicht verwenden.

Gruß,
Gerry(xxx)
51. Re: SSC

geschrieben von kasimir am 28.07.03 23:33

GerryXXX!

Zitat

Ich persönlich finde ihn sogar sehr aktuell!
Und wirklich verantwortungsbewußte Menschen werden auch dadurch nicht angegriffen. Sonst würde ich ihn nämlich nicht verwenden.


Stimmt! Ich fühle mich damit nicht angesprochen, noch angegriffen. Die Sache steht über mir !

so long, kasimir
52. Re: SSC

geschrieben von J_Oxtrap am 29.07.03 03:15

Zitat
was gibt uns das Recht diese Völker zu Verurteilen und gleichzeitig ihre Kultur und Bauten zu bewundern?


@mister: Dieses Argument ist Nr 1 bei allen Fanatikern, die die Frauen verstümmeln oder verschleiern wollen (unter anderen Schrecklichkeiten).

Die Antwort ist, daß die Menschenrechte eine Erfindung der globalen Menschheit ist, ungefähr sowie Feuer, Messer, Rad und Bekleidung (und vielleicht Schrift, solche Erfindungen sind aber SEHR selten, Strom und Auto zählen NICHT dazu), und daß es kriminell wäre, sie irgendeinem Volk nicht beizubringen.

Man soll diese Verklärungspflicht aber nicht als sofortig und unmittelbar betrachten - es geht nicht darum, alle zu schlachten, die nicht so denken (sowie die Christen es mit den Mayas und Azteken gemacht haben), sondern darum, langsam und vorsichtig die ganze Menschheit zu erziehen, und die Kulturen sich ändern zu lassen, damit sie global gesehen weniger barbarisch und mehr zivilisiert wird. Die Formulierung und der Umfang der Menschenrechte ändert sich auch mit der Zeit, nur: Wir, die wir sie schon entdeckt haben, dürfen auf keinen Fall die einigen Prinzipien verlieren, verlassen oder vergessen, die sie gründen, besonders nicht aufgrund eines mißplazierten Respekt vor manchen Teilen anderer Kulturen. Es ist nicht einfach, dies anzuwenden, und es gibt keine mögliche radikale Meinung dazu, es sind nur viele Einzelfälle, die man am Licht dieser Prinzipien beurteilen muß.



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Nun kurz meine eigene Meinung über Kannibalismus: Dafür zu töten oder zu amputieren finde ich kriminell, und sich extra dafür töten oder amputieren zu lassen finde ich krank, aber die Idee, die schon Toten zu essen, finde ich nicht so sehr erschreckend... Eine Leiche ist nichts anderes als ein Stück Fleisch, woran Andenken und Erinnerungen von Lebendigen hängen; Wenn es dem sozialen Umfeld und der Person selbst passend ist, sich nach dem Tod aufessen zu lassen, warum nicht? Das schadet ja niemandem... Also grundsätzlich bin ich gegen menschliche Opfern, Krieg, Amputierungen, usw., aber nicht gegen bloßen Kannibalismus von schon gestorbenen.
Der Body-Art Künstler Michel Journiac hat einmal Blutwurst mit dem eigenen Blut gemacht und selbst und von anderen Personen essen lassen. Niemand ist daran tot oder krank oder behindert geworden, niemand ist dazu gezwungen worden - also warum nicht? Solange das Blut nicht irgendwie illegal oder unfair von unfreiwilligen bekommen ist! Außerdem werden Plazentazellen und Plazentaprodukte von allen Kosmetikfirmen benutzt, und letztendlich steht "trinkt, dies ist mein Blut, eßt, dies ist mein Fleisch" im Ritual wohlbekannter Religionen, die heutzutage nicht mehr als barbarisch betrachtet werden können...

Ne, also, ich habe kein Problem mit Menschenfleisch an sich, nur eventuell mit dem Weg, wie man an dieses Fleisch kommt.
53. Re: SSC

geschrieben von mister am 29.07.03 04:37

Hallo Oxtrap
Indem ich auf die Ursprünge des Kanilabismus hingewiesen hatte wollte ich damit andeuten, das
es nicht eine Frage der Entwicklung einer höheren
Zivilisation ist, sondern eine Überlebensfrage und damit der natürliche Selbsterhaltungstrieb auch des Menschen ist. Letztendlich hatten sich daraus die religiösen Riten entwickelt.
Das gleich würde wieder passieren wenn durch eine Katastrophe keine Lebensmittel mehr produziert werden können Zb durch einen Atomkrieg oder einen Kometeneinschlag
Beste Grüße
Michael

(Diese Nachricht wurde am 29.07.03 um 04:37 von mister geändert.)
54. Re: SSC

geschrieben von oxymoron am 29.07.03 22:52

Moin moin

@verve
... im ersten Fall ist der "Täter" psychisch gestört und sollte therapiert und nicht verurteilt werden ...
Das eine schliesst das andere nicht aus. Es stellt sich dabei immer wieder die Frage, wie man den Erfolg der Therapie ermitteln will. Zumindest einigen ist es gelungen, ihrem Therapeuten eine Heilung vorzugaukeln, um nach der Entlassung relativ zügig wieder rückfällig zu werden (

oxymoron
55. Re: SSC

geschrieben von verve am 29.07.03 23:47

@oxymoron:
Deshalb ja auch das "vielleicht für immer".
Andererseits glaube ich schon daran, daß sich Menschen ändern können. Auch daß kanke Menschen gesund werden können halte ich für möglich. Aber wie in der Medizin gibt s in Psychologie keine Garantien.
56. Re: SSC

geschrieben von Butterfly am 30.07.03 08:25

@J_Oxtrap:
Hmmmm... was z.B. gegen Kannibalismus spricht, ist das in den Kulturen, die s betrieben haben, wohl nachweislich Creutzfeld-Jakob (oder wie sich die schreiben, BSE beim Menschen halt) häufiger auftritt... Aber das soll nicht mein Problem sein.
Was ich allerdings viel erschreckender finde, ist die Sache mit "Erfindungen einer globalen Menschheit, die Leuten zu verwehren kriminell wäre".... ok, du sagst, die sind sehr selten... ich würde eher sagen, sie sind nonexistent. (z.B. das Rad. AFAIK kannten die Azteken es nicht. Und waren trotzdem eine Hochkultur. Kann man offenbar auch ohne auskommen.)
Aber vielleicht hängt mein Erschrecken auch mit dem Fakt zusammen, daß ich bevorzugen würde, wenn die Menschheit nie von den sprichwörtlichen Bäumen (auf denen sie wohl nie gesessen hat) heruntergekommen wäre. Dann hätten wir viele Probleme nicht, die wir heute haben, und viele andere Tiere und Pflanzen hätten die Probleme auch nicht.

@GerryXXX: auch wenn ich sicher nicht generell allem positiv gegenüberstehe, was Einstein gesagt hat (er hat z.B. die Empfehlung zum Manhatten Project gegeben, und den ganzen Quark quasi ins Rollen gebracht)... lass deinen Trailer mal ruhig, wie er ist.
BTW: ja, ich wäre damals auch ein Mitläufer gewesen, dafür gebe ich 99,9%. Menschen machen fast alles, um irgendwie zu überleben (was auch wieder die Kurve zu dem Originalthema schließt).
Aber ich hätte deswegen (zumindest hinterher) ein schlechtes Gewissen gehabt. Und gegen diese Leute richtet sich das Zitat weniger. (Meine Interpretation).

Bis denne
Butterfly.
57. Re: SSC

geschrieben von fa445962 am 03.08.03 14:50

Hallo allerseits,
zu Verves Meinungen ist mir das eine oder andere noch nicht ganz klar: Er schreibt „...Jemand der völlig klar ist und den Tod wünscht, der sollte sterben dürfen. Nur stellt sich für mich die Frage, kann jemand der das tut völlig klar sein?...“
Liege ich gänzlich falsch oder ist das nicht ein klassischer Zirkelschluß? So etwa nach dem Motto: wer das tut, soll es dürfen, wenn er klar im Kopf ist, aber wenn er es tut, kann er nicht mehr klar im Kopf sein! Erinnert mich etwas an die Perfidie, die in dem US-amerikanischen aber dennoch sehr guten Film „catch 22“ so genial vorgeführt wird (vergröbert dargestellt: wer plemplem ist, muß als Kampfpilot keine Einsätze mehr fliegen, aber wer mit der Begründung darum bittet, kann nicht „plemplem“ sein...).
Sind wir mit solcher Ideologie, die unterstellt, daß im Zweifelsfall andere besser wissen, was für jemanden richtig ist, nicht bedenklich nahe an Bereichen, die sich historisch als äußerst bedenklich, wenn nicht gar katastrophal herausgestellt haben?
Beispiel: es könnte auch jemand auf die Idee kommen, daß nicht das Sterben-dürfen, sondern das -müssen eine Frage der Beurteilung eines entsprechenden Gremiums wäre. Wir wären wieder in der üblen Euthanasie-Geschichte, mit der wir hinreichend grauenhafte Erfahrungen gemacht haben. Ich fürchte, so was kann sehr schnell passieren.
Provokationshalber stelle ich mal folgende These auf:
Was macht einen Menschen aus? Sicher nicht seine äußere Gestalt, denn die ist natur- und chirurgiebedingt veränderlich. Also was ist es? Doch sicher der menschliche Geist, der uns von den anderen Geschöpfen dieses Planeten unterscheidet. Soweit, so gut. Was ist denn dann aber mit, z. B., Creutzfeld-Jakob - bzw. Alzheimer-Patienten im Endstadium, denen nun wirklich nicht mehr ein noch so rudimentärer Geist unterstellt werden kann? Was hindert uns daran, bei diesen Opfern die Lebenserhaltung einzustellen?
Um die zu erwartende Meinung von Kasimir („Allein so ein Gedankengang outet manchmal einen kranken Geist in einer kranken Welt!“) vorwegzunehmen: Den – z. B. – Juristen war es schon immer möglich, alles, aber auch wirklich alles juristisch zu untermauern! So waren unter den Nazi- und DDR-Machterhaltern unverhältnismäßig viele Juristen zu finden und sie waren z.T. die entsetzlichsten innerhalb der Regime. Ich fürchte angesichts mancher Urteile in unserer Republik gefällten Urteile, daß sich am Selbstverständnis der Justiz als allzeit willfähriger Büttel der zur Zeit Mächtigen auch nicht viel geändert hat.

Apropos Historie:
Ich teile weitgehendst Deine Meinung, Gerry, aber mit Deiner Sichtweise, es müsse nur lange genug abgewartet werden, bis sich ein objektives geschichtliches Urteil einstellt, habe ich etwas Probleme.
Ich möchte dazu nur an Karthago und die punischen Kriege erinnern, die lange genug her sind, um obiges Urteil erwarten zu lassen. Aber es ist immer noch so, daß unser Bild noch sehr geprägt ist von der Version der damaligen Siegermacht, die, was selbst heute noch nachwirkt – nicht als das gesehen wird, was sie war: eine in höchstem Maße intolerante, den Imperialismus als Staatsdoktrin lebende Supermacht, die keine anderen Mächte von einiger Bedeutung neben sich dulden mochte. Parallelen zu heute sind ohne große Mühe denkbar. Insofern hatte Charlie Marx mit seiner These „die Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn, als Farce!“ nicht ganz recht.

Wie schreibt unsere geschätzte Anja manchmal so nett? Nachdenkliche Grüße
Jean
58. Re: SSC

geschrieben von Chinolina am 09.08.03 14:43

Hallo @lle,

ich habe eure Kommentare alle gelesen und stimme mit vielen überein.
Kanibalismus an sich ist genau so alt wie die Menschheit, auch der Wunsch, sterben zu wollen/dürfen. Das ist soweit noch normal, denke ich.

Aber nun zu diesen Typ, der Menschen dazu bringt sich regelrecht bei lebendigen Leib aufessen zu lassen. Abartig denken alle. Ihr könnt mich jetzt vielleicht für bescheuert halten, doch der letzte Eintrag von fa445962 brachte mich auf andere Gedanken.
Ich weiss nicht was in diesen Menschen vor geht, doch kam mir plötzlich der Gedanke, dass viele meinen - der schönste Tod ist, wenn man beim sex stirbt. Hand aufs Herz - habt ihr das nicht auch mal gedacht? Was ist, wenn in diesen Menschen das gleiche vorgeht, nur dass sie diesen "Lustmord" wie den Tod beim Sex empfinden?
Ehrlich gesagt, als ich den Artikel von dem Kanibalen gelesen habe, hat sich mir auch der Magen umgedreht. Ich fand es als abartig und abstoßend. Warum wohl? Weil ich den Gedanken nicht kannte? Es mir vollkommen fremd war, was da vor geht?
Ja Fremd, das war das Stichwort. Alles was fremd/unbekannt ist wird erst mal verurteilt. der Gedanke nach dem Tod von wem aufgefuttert zu werden ist schon etwas fremd und abartig, aber sehen wir das auch mal so. Der Mensch ist ein intelligentes Raubtier. Er tötet nicht nur zum essen, sondern oft aus Neid und Habgier.
Nach unseren Tod werden wir auch aufgefuttert. Es beleiben oft nur die Knochen, oder Staub.

Der Wunsch sterben zu wollen/dürfen, den hatte ich schon, als ich noch ein Kind war. Damals eher aus Verzweiflung. Später als Jugendliche war der Wunsch da, als ich wehrlos von mehren Jungs/Männern als Sexobjekt missbraucht wurde und auch Jahre später, als mich schwere Migräneanfälle zur Verzweiflung trieben. Manchmal wenn es zu schlimm wurde, war ich oft halbseitig wie gelähmt und nur die kleinste Bewegung oder Berührung war wie die Hölle, da der Schmerz kaum auszuhalten war. Oh man, ich wollte da nur noch sterben, frei sein von dem Schmerz der sich immer öfters wiederholte. Und dann kam noch der seelische Schmerz dazu. Oft dachte ich daran einfach Schluss zu machen mit dem besch.... Leben. Oh ja ich kann es verstehen, wenn viele um den Tod betteln, kann es mitfühlen, auch wenn es mir jetzt besser geht (dank Akkupunktur und guter Freunde).

Nun sage ich - ich will leben!

Und wenn ich mal sterben sollte, dann möchte ich am liebsten verbrannt werden und meine Asche sollte auf die Autobahn versteut werden *kicher* dann brause ich immer noch mit den Truckern um die Wette .

Vielleicht habe ich euch ein paar andere Gedanken/Gefühle gezeigt und euch etwas zum Nachdenken gegeben.

Fesselnde Grüße von Angi
59. Re: SSC

geschrieben von am 11.10.03 20:31

Der Mordparagraph hat eine starre Regelung, es gibt nur eine Strafe, lebenslang. Und keinerlei mildernden Umstände. Das grenzt ihn vom Totschlag ab.Eine reine Frage der Rechtsfolgenregelung.
(Diese Nachricht wurde am 11.10.03 um 20:31 von ChariSMa geändert.)


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