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Thema:
eröffnet von Roger_Rabbit am 10.09.05 02:42
letzter Beitrag von Druuner2002 am 28.06.05 21:50

1. Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 27.05.04 20:04

Auch das paßt eigentlich nicht hierher, doch wir befinden uns ja im Offtopic-Bereich. Der in der nächsten Antwort folgende Text habe ich so von Freunden zugeschickt bekommen und selber nicht verändert. Der Text hat mich aber so berührt, daß ich ihn gerne auch hier veröffentlichen möchte.

Zuerst die deutsche Übersetzung. Danach ein übersetzter Nachsatz und dann das engl. Original.

Man muß nicht unbedingt Englisch können, (vor-)lesen reicht.

Nun eure Meinung dazu bitte....
2. Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 27.05.04 20:05

Alkohol am Steuer: Tod einer Unschuldigen

Ich ging zu einer Party, Mami,
und dachte an Deine Worte.
Du hattest mich gebeten, nicht zu trinken,
und so trank ich keinen Alkohol.

Ich fühlte mich ganz stolz, Mami,
genauso, wie Du es vorhergesagt hattest.
Ich habe vor dem Fahren nichts getrunken, Mami,
auch wenn die anderen sich mokierten.

Ich weiß, dass es richtig war, Mami,
und dass Du immer recht hast.
Die Party geht langsam zu Ende, Mami,
und alle fahren weg.

Als ich in mein Auto stieg, Mami,
wusste ich, dass ich heil nach Hause kommen würde:
aufgrund Deiner Erziehung -
so verantwortungsvoll und fein.

Ich fuhr langsam an, Mami,
und bog in die Strasse ein.
Aber der andere Fahrer sah mich nicht,
und sein Wagen traf mich mit voller Wucht.

Als ich auf dem Bürgersteig lag, Mami,
hörte ich den Polizisten sagen,
der andere sei betrunken.
Und nun bin ich diejenige, die dafür büßen muss.

Ich liege hier im Sterben, Mami,
ach bitte, komm doch schnell.
Wie konnte mir das passieren?
Mein Leben zerplatzt wie ein Luftballon.

Ringsherum ist alles voll Blut, Mami,
das meiste ist von mir.
Ich höre den Arzt sagen,Mami,
dass es keine Hilfe mehr für mich gibt.

Ich wollte Dir nur sagen, Mami,
ich schwöre es, ich habe wirklich nichts getrunken.
Es waren die anderen, Mami,
die haben einfach nicht nachgedacht.

Er war wahrscheinlich auf der gleichen Party wie ich, Mami.
Der einzige Unterschied ist nur:
Er hat getrunken,
und ich werde sterben.

Warum trinken die Menschen, Mami?
Es kann das ganze Leben ruinieren.
Ich habe jetzt starke Schmerzen,
wie Messerstiche so scharf.

Der Mann, der mich angefahren hat, Mami,
läuft herum,
und ich liege hier im Sterben.
Er guckt nur dumm.

Sag meiner Schwester, dass sie nicht weinen soll, Mami.
Und Papi soll tapfer sein.
Und wenn ich dann im Himmel bin, Mami,
schreibt "Papis Mädchen" auf meinen Grabstein.

Jemand hätte es ihm sagen sollen, Mami,
nicht trinken und dann fahren.
Wenn man ihm das gesagt hätte, Mami,
würde ich noch leben.

Mein Atem wird kürzer, Mami,
ich habe große Angst.
Bitte, weine nicht um mich, Mami.
Du warst immer da, wenn ich Dich brauchte.

Ich habe nur noch eine letzte Frage, Mami,
bevor ich von hier fortgehe:
Ich habe nicht vor dem Fahren getrunken,
warum bin ich diejenige, die sterben muss?



ANMERKUNG: Dieser Text in Gedichtform war an der Springfield High School
(Springfield, VA, USA) in Umlauf, nachdem eine Woche zuvor zwei Studenten bei
einem Autounfall getötet wurden. Unter dem Gedicht steht folgende Bitte:

JEMAND HAT SICH DIE MÜHE GEMACHT, DIESES GEDICHT ZU SCHREIBEN. GIB ES BITTE
AN SO VIELE MENSCHEN WIE MÖGLICH WEITER. WIR WOLLEN VERSUCHEN, ES IN DER
GANZEN WELT ZU VERBREITEN, DAMIT DIE LEUTE ENDLICH BEGREIFEN, WORUM ES GEHT.


" I Went To A Party, Mom"

I went to a party,
And remembered what you said.
You told me not to drink, Mom
So I had a sprite instead.

I felt proud of myself,
The way you said I would,
That I didn t drink and drive,
Though some friends said I should.

made a healthy choice,
And your advice to me was right,
The party finally ended,
And the kids drove out of sight.

I got into my car,
Sure to get home in one piece
I never knew what was coming, Mom
Something I expected least.

Now I m lying on the pavement,
And I hear the policeman say,
"The kid that caused this wreck was drunk," Mom,
his voice seems far away.

My own blood s all around me,
As I try hard not to cry.
I can hear the paramedic say,
This girl is going to die."

I m sure the guy had no idea,
While he was flying high,
Because he chose to drink and drive,
Now I would have to die.

So why do people do it, Mom
Knowing that it ruins lives?
And now the pain is cutting me,
Like a hundred stabbing knives.

Tell sister not to be afraid, Mom
Tell daddy to be brave,
And when I go to heaven,
Put "Daddy s Girl" on my grave.

Someone should have taught him,
That its wrong to drink and drive.
Maybe if his parents had,
I d still be alive.

My breath is getting shorter, Mom
I m getting really scared.
These are my final moments,
And I m so unprepared.

I wish that you could hold me Mom,
As I lie here and die.
I wish that I could say I love you, Mom
So I love you and good-bye.
3. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 27.05.04 20:44

Ich find den Text absolut ergreifend und erschütternd. - Ein wenig wie die Briefe aus dem Krieg, die ich gerade mit meinen Schülern gelesen habe. - Auch eine Mahnung zu Achtsamkeit, Vorsicht und Verantwortung. Manche Dinge kann man, sind sie einmal geschehen, nicht wieder gutmachen!

Bluevelvet
4. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 27.05.04 22:01

Ich find den Text absolut ergreifend und erschütternd.

Gerade deshalb habe ich ihn auch hier veröffentlicht und würde mich freuen, wenn er an eure E-Mail-Freunde weitergeleitet wird (wie es in der Übersetzung steht).

Mir sind damals die Tränen geflossen. Die deutsche Übersetzung ist in Ordnung, aber der Gleichklang, der Sing-Sang im engl. Original machen das ausbrennende Licht eines Lebens viel deutlicher.

Mit etwas googel n ist sogar im Netz fast jede Übersetzung zu finden.
5. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Aurora am 27.05.04 22:08

Hallo Roger-Rabbit,

ich habe diesen Brief vor einem Jahr auch von einer guten Freundin per Mail zugesandt bekommen.

Er berührt mich heute, genauso wie damals.

Liebe Grüsse

Aurora
6. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Gast AUOP am 01.07.04 15:38

Halloschen!!

Auch ich finde die Geschichte sehr berührend, war, bin aber am überlegen warum gerade diese Vorrang vor anderen Schicksalen haben soll
Jeden Tag sterben unter Qualvollen Umständen immer noch Menschen an Hunger und Durst, wo sind wir mit unser allso Zivilisierten Gesellschaft geblieben, das wir uns das jeden Tag antun, die Berichte hört schon keiner mehr weil abgestumpft und wer unternimmt schon etwas dagegen?
Schön das du das Thema mit dem Unfall aufgegriffen hast, aber das mußte ich mal kurz loswerden.

Viele Grüße

Thomas
7. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 01.07.04 17:22

Ich glaube nicht, dass diese "Tragödie" andere übertönt oder irgendeinen Vorrang beansprucht. Leider ist es wohl so, dass uns solche unglücklichen Vorgänge und Schicksale eher berühren, wenn sie vor unserer Haustür stattfinden als irgendwo sonst auf der Welt. - Und wenn jeder darum bemüht wäre, in seiner eigenen Umgebung das Unglück zu minimieren, sähe die Welt sicher auch ein wenig besser aus. - Ich lese das Gedicht u. a. als einen Appell zu verantwortlichem Handeln und Mitgefühl - und weshalb sollten letztere auf die Dinge vor der eigenen Haustür beschränkt bleiben? Das Gedicht selbst setzt diesbezüglich keine Grenze.

Bluevelvet
8. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von reflexxx am 01.07.04 22:39

Wahrscheinlich gelte ich jetzt als Ketzer oder Altarschänder... so sehr ein menschliches Schicksal dahinter respektiert werden sollte... die Tragödie ist nicht tragischer als viele andere.
Wieso sollte dieser Appell das Recht haben andere zu übertönen ?

Ich finde es sehr amerikanisch... im Stil, mit einer Überdosis schlichtem Pathos ... Mitgefühl fordern ist richtig, aber muss das Drama erst direkt vor meiner Tür stattfinden und meine eigene Lebensqualität streifen, bevor ich versuche meine Mitmenschen zu beeinflussen ?

(Diese Nachricht wurde am 01.07.04 um 22:39 von reflexxx geändert.)
9. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von DunklerRitter am 02.07.04 10:07

Hallo,

beim nächsten Mal bitte das englische Orginal zuerst, die deutsche Fassung ist aus meiner Sicht nicht gelungen....

DR
(Diese Nachricht wurde am 02.07.04 um 10:07 von DunklerRitter geändert.)
10. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Bulli31 am 05.07.04 17:18

Hallo,

@ beitlamed
die Formulierung "lakonischer Gruß" ist ja wohl fast eine Beleidigung. Es gibt viele Gläubige, die an ein Leben nach dem Tode glauben, konkreter, dass sie daran glauben im Paradies alle Verstorbenen wieder zu sehen. Leider kann ich keine Aussage über die AutorIn machen, jedoch ist die Annahme, dass die AutorIn oder das AutorInnenteam von einem Leben nach dem Tod überzeugt ist, bestimmt die wahrscheinlichere Variante.

@DunklerRitter
Eine Alternative zur aktuellen Übersetzung ist vielleicht nicht das schlechteste. Ich würde mich über deine auf jeden Fall freuen.

@ all
Auch mich hat dieser Text berührt, um es mal gelinde auszudrücken. Ich glaube, dass man sich dem nicht ohne weiteres entziehen kann.
Darüber hinaus finde ich durchaus, dass stark mit Schwarzweißmalerei gearbeitet wird. Es fängt schon mit der Übersetzung der Überschrift an:
" I Went To A Party, Mom"
heißt also neuerdings:
Alkohol am Steuer: Tod einer Unschuldigen
So, so. Ach ja, die Pisa-Studie ist ein einmaliger Ausrutscher.

Auch die weitere "Übersetztung" *lach*, die - ei der daus - glatte 16 Zeilen mehr zu bieten hat, lässt keine Übersetzungsfehler aus. Das machte mich sehr mißtrauisch. Inzwischen glaube ich, dass man die deutsche Übersetzung nicht mehr als Version 1.1 betiteln kann, sondern als Version 2.0 bezeichnen muss.
Da frage ich mich, warum alle Kinder in der Schule das Übersetzen aus dem Englischen ins Deutsche lernen, wenn dann sowas bei herum kommt. An der Übersetzung von dir, DuklerRitter, hätte ich Interesse.

Eine Stelle für einen Polemik-Booster ist die Übersetzung der folgenden Stelle:
Maybe if his parents had, I d still be alive.
nach:
Wenn man ihm das gesagt hätte, Mami, würde ich noch leben.

Mal abgesehen davon, dass die Hauptperson im Verlaufe des Gedichtes sich mal als tot (not alive), dann aber ein paar Zeilen später wieder als lebend (liegend und sterbend) bezeichnet, bleibt an dieser Stelle die Frage: Wo bleibt bitte die Übersetzung von "Maybe" ?
Eigentlich müsste es doch so heißen
Vielleicht, wenn seine Eltern das gesagt hätten, würde ich noch leben.

Im englischen Originaltext scheint sich die AutorIn oder eine AutorIn im Autorenteam durchaus darüber bewusst zu sein, dass die Möglilchkeit besteht, dass die Eltern ihm das schon gesagt hatten, er aber nicht auf sie hörte. Das fällt bei der Übersetzung einfach hinten herunter nach dem Motto "wenn man das sagt, hat das gefälligst auch so zu sein" (Stichwort: Faschismus, vollständige Überwachung).
Während im Original aus den USA die Familie ("his parents had") als Erziehungsumgebung verpflichtet wird, ist es in der deutschen "Übersetzung" plötzlich durch "Wenn man ihm", das ominöse "man" in der Verpflichtung. Wer? Die Freunde? Die Gesellschaft (also die anderen)? Der Staat? Ich glaube nicht an Zufälle. Wahrscheinlich soll s der Staat wieder mal richten (Ruf nach einem Starken Mann, weil s die Gesellschaft nicht hinkriegt).
Aus meiner Ausbildung zur Erlangung des Führerscheins weiß ich, dass "man" als Führerscheninhaber mit dem Fehlverhalten der Anderen rechnen _muss_. Das schließt betrunkene Autofahrer ein.
Es bleibt für diesen Satz ein fader Beigeschmack.

Ich will nicht direkt sagen, dass mit der deutschen Übersetzung die Leser ohne Englischkenntnisse hinter s Licht geführt werden sollten, aber eine rührende Geschichte in Gedichform in eine Art Yellow-Press-Artikel umzuformen, kommt dem ziemlich nahe.
Gerade in den Medien werden dem unkundigen Publikum Übersetzungen angeboten, die häufig die ursprünglichen Worte, und damit auch die betroffene Person, in vollkommen falschem Licht darstellen. So auch in den letzten Versen hier:

I wish that you could hold me Mom,
As I lie here and die.
I wish that I could say I love you, Mom
So I love you and good-bye.
Anscheinend nach dem Motto "so weit liest eh keiner", kam folgendes dabei herum:
Ich habe nur noch eine letzte Frage, Mami,
bevor ich von hier fortgehe:
Ich habe nicht vor dem Fahren getrunken,
warum bin ich diejenige, die sterben muss?
In meinen Augen müsste es so lauten:
Ich wünschte, dass du mich umarmen könntest, Mami,
während ich hier liege und sterbe.
Ich wünschte, dass ich dir ein "Ich liebe dich" sagen könnte, Mami,
ja, ein "Ich liebe dich" und ein "Auf Wiedersehen!".

Mit dem "good-bye" steht das goodbye aus dem UK-Englisch in seiner Interjektions-Form (Ausrufewort) in einem US-Text. Es soll in meinen Augen die Wertschätzung von Tochter zur Mutter im Angesicht des Todes symbolisieren. Vielleicht auch eine Handreichung zur Versöhnung, was weiß ich.


Als ich die deutsche Übersetzung gelesen hatte, wollte ich spontan ein Gegengedicht mit dem Tenor "Meine Fahrerin jammert mir die Ohren voll vom Sterben, obwohl sie genau weiß, dass der Fahrlehrer auf die Gefahren im Straßenverkehr hingewiesen hat." usw schreiben. Hab s aber gelassen, weil die ÜbersetzerIn von Englisch keine Ahnung hat.
Wer sich der Gefahren im Straßenverkehr nicht bewusst ist, sollte sich zu Hause einschließen. Ich finde es schwierig eine Zielgruppe für die Übersetzung zu finden. Es sollte sicherlich für Personen ab dem 13. Lebensjahr sein. In meinen Augen sollten Kids ab 13 jedoch auf die Grauzonen des Lebens vorbereitet werden, so dass sich diese Schwarzweissmalerei nicht anbieten würde. Vielleicht sind die Zielgruppe auch junge Mütter, die bei der Baby-Versorgung ein wenig Zeit totschlagen müssen. Ich weiß es nicht.


Was sich akzeptieren kann, ist, dass die AutorIn oder das Autorenteam (des englischsprachigen ORIGINALS !!) die Trauer irgendwie verarbeiten mussten, indem ein fiktiver Abschiedsbrief erstellt wurde, in dem das Opfer den Täter benennt.
Das ist legitim und zur Trauerbewältigung akzeptabel.
Sicher wäre es besser gewesen, wenn der Täter noch vor diesem Gedicht von einem Gericht verurteilt worden wäre. Das hätte wahrscheinlich dazu geführt, dass dieses Gedicht nicht entstanden wäre.


Die angebliche "Übersetzung" verführt den Leser nach meiner Meinung dazu, sich nicht mit dem Original auseinanderzusetzen und ist zusätzlich höchstwahrscheinlich als Verarschung der Bundesbürger ohne Fremdsprachenkenntnisse zu betrachten.


Liebe Grüße
(Diese Nachricht wurde am 05.07.04 um 17:18 von Bulli31 geändert.)
11. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Nachtigall am 07.07.04 08:45

Hmmmm...

Extra für Bulli, eine schnelle (trotzdem möglichst genaue) Übersetzung ohne den Versuch, literarische Qualität zu produzieren. Ich stimme den kritischen Stimmen zu, die die obige deutsche Übersetzung für barbarisch schlecht und außerdem verfälschend halten. So verstehe ich das englische Original:


“Ich ging zu einer Party, Mammi”

Ich ging zu einer Party
und erinnerte mich an deine Worte.
Du hattest mir verboten zu trinken, Mammi,
also trank ich statt Alkohol Sprite.

Ich war stolz auf mich,
genau wie du gesagt hattest,
dass ich nicht betrunken fahren würde,
obwohl ein paar Freunde meinten, ich solle trinken.

Ich traf eine gesunde Wahl,
und dein Rat für mich war richtig -
schließlich endete die Party,
und die Kids fuhren außer Sicht.

Ich setzte mich in mein Auto,
war sicher, heil nach Haus zu kommen.
Ich hätte an das Folgende nie gedacht, Mammi,
das, was ich zuletzt erwartet hätte.

Jetzt liege ich auf dem Bürgersteig
und höre den Polizisten sagen:
„Das Kind, das dieses Wrack verschuldet hat, war betrunken“, Mammi,
seine Stimme scheint weit weg zu sein.

Überall um mich herum ist mein eigenes Blut,
und ich versuche krampfhaft, nicht zu weinen.
Ich kann den Notarzt sagen hören:
„Dieses Mädchen wird sterben.“

Ich bin sicher, der Typ hat´s gar nicht kapiert
in seinem Höhenflug:
Weil er sich entschied, betrunken zu fahren
werde ich jetzt sterben müssen.

Aber warum machen Menschen das, Mammi,
in dem Wissen, dass es Leben zerstört?
Und jetzt schneidet mich der Schmerz
wie hundert stechende Messer.

Sag meiner Schwester, sie soll sich nicht fürchten, Mammi,
sag Vati, er soll tapfer sein.
Und wenn ich im Himmel bin,
schreib „Vatis Mädchen“ auf meinen Grabstein.

Jemand hätte ihm beibringen müssen,
dass es falsch ist, betrunken zu fahren.
Vielleicht, wenn seine Eltern das getan hätten,
könnte ich noch am Leben sein.

Mein Atem wird flacher, Mammi,
ich kriege wirklich Angst.
Dies sind meine letzten Augenblicke
und ich bin so unvorbereitet.

Ich wünschte, du könntest mich jetzt halten, Mammi,
während ich hier liege und sterbe.
Ich wünschte dass ich dir sagen könnte, dass ich dich liebe, Mammi -
ja: Ich liebe dich, und leb wohl.


@ Penthe:

Ich stimme ebenfalls zu, dass der Text sehr amerikanisch und furchtbar theatralisch ist. Daraus Oberflächlichkeit abzuleiten, finde ich aber schon beinahe zynisch und sehr überheblich. Siehst du die Welt wirklich mit so wenig Wohlwollen, dass du Roger_Rabbits Hinweis auf den angeblichen Ursprungsort (eine Highschool!) und den angeblichen Anlass (Tod zweier Schüler aufgrund Alkohols am Steuer) überlesen konntest?

Ich interpretiere den Text als die Reaktion geschockter Jugendlicher, deren heile Welt und Sicherheitsgefühl jäh mit dem sinnlosen Tod ihrer Freunde konfrontiert wurde. Vielleicht haben die Urheber des Gedichts ihrer Freundin gesagt, sie solle nicht so langweilig sein und sich an ihrer Sprite festhalten. Vielleicht haben sie sie damit aufgezogen, dass sie auf ihre Mutter hört. Vielleicht waren SIE es, die "das niemals erwartet hätten" - weil sie es für ein Kavaliersdelikt hielten, alkoholisiert Auto zu fahren. Vielleicht kennen sie den betrunkenen Crashfahrer.

Möglicherweise haben sie in ihrem Schock den Wunsch verspürt, andere sorglose Jugendliche zu warnen, jedenfalls interpretiere ich spätestens den Absatz mit dem "Höhenflug" und dem "nicht kapieren" so - und das finde ich ehrenwert und nicht etwa oberflächlich. Es wird zwar wenig fruchten, weil ihr Gedicht höchstwahrscheinlich nur solche Menschen anspricht, die für die Problematik bereits sensibilisiert sind, aber das entwertet in meinen Augen nicht den Versuch. Ich würde auch keinem kleinen Kind sagen, das Bild, das es mir gerade gemalt hat, sei wertlos - und zwar ungeachtet der Frage, ob es für sein Alter gut oder schlecht geraten ist. Und ich bin mir ziemlich sicher, das würdest du auch nicht tun.

Nachdenkliche Grüße
Anja


PS: amerikanisch oder nicht, das Original ging mir trotzdem unter die Haut und ist in seiner Eindringlichkeit schwer zu übersetzen, schon weil der Tonfall nicht in unsere Mentalität passt - aber die abzuziehen oder "mit zu übersetzen", scheint unmöglich.


(Diese Nachricht wurde am 07.07.04 um 08:45 von Nachtigall geändert.)
12. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 07.07.04 08:52

Für mich transponiert dieses Gedicht den typischen American-Way-Of-Life, wie ich ihn gut kenne ... oberflächlich-larmoyante, Pathos erheischende und in keiner Weise tiefgehende Gefühle ... wer, dem es aufrichtig tief geht, würde wohl so den Verlust eines Kindes verarbeiten?
Das ist lächerlich.

Penthe
(Diese Nachricht wurde am 07.07.04 um 08:52 von Penthesilea geändert.)
13. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 07.07.04 10:01

@hallo Nachtigall,

Roger_Rabbit hat um Meinungen gebeten und ich für meine Person kann nicht in den Chor des *hach, ist das erschütternd* einstimmen.

Mich hätte überzeugt, wenn die Verfasser dieser Zeilen ein einziges Mal wirklich ihre Trauer formuliert und von ihren eigenen Gefühlen gesprochen hätten. Der gewählte pathetische Wortschwall aber führt von jedem echten Gefühl weg, und genau deshalb bleibt das Gedicht inhaltsleer und oberflächlich für mich.
Das fulminiert m.E. in der Strophe:

Tell sister not to be afraid, Mom
Tell daddy to be brave,
And when I go to heaven,
Put "Daddy s Girl" on my grave

Hier werden Emotionen künstlich produziert (aus Gründen der strafrechtlichen Prävention, aus verkehrserzieherischem Aspekt oder warum auch immer), die Tränendrüsen also aus Zweckdienlichkeit gemolken ... schaut man sich das Gedicht genau (und vielleicht sogar mit dem Herzen) an, ist es aber klinisch rein von jeder wirklichen Empfindung.
Es manipuliert Stimmung, mehr nicht.
Deshalb wird es auch keinen Jugendlichen wirklich erreichen, denn gerade die fühlen sehr schnell, ob Gefühle authentisch sind, oder ob sie instrumentalisiert werden.
Ein Kinderbild ist ursprünglich, ist *echt* ... dieses Gedicht ist es für mich nicht.
Und ob ich nun damit als herzlos dastehe, oder nicht: sorry, es ist halt meine Meinung und ich verstehe Meinungsaustausch nicht als Beliebtheitswettbewerb.
In Amerika ist momentan die literarische Form, in die Rolle des/der Toten zu schlüpfen und quasi engelsgleich über den Hinterbliebenen zu schweben völlig *hip*, angeführt von dem Bestseller The Lovely Bones/In meinem Himmel von Alice Sebold.


Gruß
Penthe

(Diese Nachricht wurde am 07.07.04 um 10:01 von Penthesilea geändert.)
14. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Nachtigall am 07.07.04 12:25

Okay,

dann spricht etwas in dem Ursprungstext wohl einfach meine kitschige Ader an, oder seine Botschaft und das darin enthaltene Leid erreicht mich auf dem Umweg, dass ich durchaus Zugang zum Thema habe.


@ Penthe:

Es stimmt natürlich, dass R_R um unsere Meinung gebeten hatte. Es stimmt auch, dass ausschließlich die hypothetischen Gefühle der Toten zum Ausdruck gebracht werden, vielleicht in einem unbeholfenen Versuch, das Ganze "authentischer" wirken zu lassen. Nicht jeder hat die Fähigkeit, seine Erschütterung über den direkten Ausdruck seiner eigenen Empfindungen zu äußern.

Immerhin hatte ich mit meinem Beitrag nicht das Ziel verfolgt, einen Grabenkrieg loszutreten; insofern sollten wir es vielleicht dabei belassen, dass wir jetzt beide unsere Meinung kund getan haben, und Beliebtheitswettbewerbe oder andere Dummheiten außen vor lassen. Und nein, für herzlos halte ich dich absolut nicht.


@ beitlamed:

Was deinen 7.-Klasse-Film angeht, hast du natürlich Recht. Nur, ich hatte irgendwie nicht den Eindruck, dass es R_R ausschließlich um die hochkünstlerische Qualität des Textes ging, sondern eher, dass er den Appell darin aufgenommen hat und sich daher inhaltlich auseinandersetzen wollte. Würde das Gedicht meinen ungeteilten Beifall finden, hätte ich mich auch schon wesentlich früher dazu geäußert, ich hab den Thread nicht erst jetzt entdeckt. Ich bin aber Bullis Meinung, dass man (wenn überhaupt) zumindest eine Übersetzung dazu packen sollte, die das Ganze nicht noch inhaltlich verfälscht; und nach wie vor denke ich, dass es eigentlich von Jugendlichen für Jugendliche gedacht ist und nicht für Erwachsene, die ganz andere Maßstäbe anlegen. Und mir ist es nun mal lieber, wenn junge Leute sich Gedanken machen und Ideale entwickeln, als wenn ihnen alles egal ist und sie als einzige Perspektive ihren eigenen Spaß haben. Darum ist meine Reaktion so leidenschaftlich ausgefallen.

Lieben Gruß
Anja
15. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 07.07.04 12:42

Liebe Freunde!

Soviel Englisch verstehe ich auch, daß die Deutsche Übersetzung miserabel ist. Da ist die von Nachtigall schon wesentlich besser!

In diesem Zusammenhang aber von "lächerlich" -wie es Penthe schrieb- zu reden, halte ich schon für beinahe piethätlos. Auch wenn das engl. Original in sich nicht stimmig ist, so hat doch die menschliche Psyche einen Drang danach, ein Geschehen, einen Verlust zu verarbeiten. Ich habe es in Form eines Liedtextes beim Tode meines Großvaters getan, die Schüler der Highschool taten es in einem pathetischen Gedicht. Was ist dabei?

Anfangs bekam ich eine noch schlechtere Übersetzung von "Warum?". Nur in Deutsch. Dann machte ich mich auf die Suche nach dem Original und fand einen engl., span., ja sogar russischen Text dazu.
Hier von Tränendrüsen-Quetschen-Zeilen zu sprechen, halte ich nicht für angebracht. Mehrere Leser haben sich doch auch ergriffen gefühlt! Ob das Gedicht etwas bewirkt, sei dahingestellt. Die Seele hat gesprochen und sich Luft gemacht. Andere waren berührt und denken vielleicht daran, wenn sie von einer Feier kommen. Wenn nur einer, nur ein einziger der 17% Alkoholunfälle in D mit tödlichem Ausgang damit verhindert werden kann, so ist es doch ein Fortschritt, wenn auch nur ein kleiner...
16. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 07.07.04 13:32

Nein, ich habe nicht das Gefühl, dass in diesem Thread Kritik akzeptiert oder gar willkommen ist.

Natürlich kann man Trauerarbeit hinter dem Gedicht würdigen, aber das sagt doch nichts über seine Textqualität aus.
Die Teilnehmer eines Altherrenclubs, die einen der ihren unter die Erde bringen, singen zwar auch das schöne Lied *ich hatte einen Kameraden, einen besseren findst Du nicht* ... und besetzen das mit viel Gefühl ... dennoch wird keiner deshalb auf die Idee kommen, es als musikalisch wichtiges Werk würdigen zu wollen.
Warum muss man das in Euren Augen denn gleich so emotional besetzen?
Mich hat es halt nicht berührt, tut mir leid.


Penthe


(Diese Nachricht wurde am 07.07.04 um 13:32 von Penthesilea geändert.)
17. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Nachtigall am 07.07.04 14:10

Hallo beitlamed,

wenn du es so ausdrückst: Volles Verständnis!


Penthe,

das Thema ist nun mal für viele Menschen emotional stark besetzt. Auch deinen ersten Beitrag hatte ich in diese Richtung interpretiert, sollte deine Leidenschaftlichkeit die gleichen Wurzeln haben wir beitlameds, hab ich dich wohl missverstanden - deine Kritik jedenfalls erschien mir durchaus nicht nur formeller, sondern auch inhaltlicher Natur, ich meine z.B. diese Passage:

Zitat

[...] in keiner Weise tiefgehende Gefühle ... wer, dem es aufrichtig tief geht, würde wohl so den Verlust eines Kindes verarbeiten?
Das ist lächerlich.

...und genau darauf hatte ich reagiert, "lächerlich" fand ich wirklich recht harsch. Hättest du in für mich verständlicher Weise lediglich die Form kritisiert, hätte sich mein Beitrag nicht an dich gewandt.

Friedliche Grüße
Nachtigall
18. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Bulli31 am 11.07.04 20:34

Originalnachricht vom 07.07.2004:

Prescriptum:
Der Folgende Text bezieht sich auf den Stand des Threads etwa 10:10, also vor den letzten sechs Beiträgen. Ich werde die sechs Beiträge später lesen. Bitte entschuldigt.


Hallo,

@Penthe
> wer, dem es aufrichtig tief geht, würde wohl so den
> Verlust eines Kindes verarbeiten?

Keine Ahnung, ob direkt Betroffene soetwas schreiben können. Ich habe mich deshalb allgemein auf "AutorIn" bezogen.
Den Hinterbliebenen hilft es jedenfalls sehr, wenn Opfer und Täter dem Menschenverstand entsprechend eindeutig benannt werden. Wie alles im Leben kann auch diese Situation in der realen Rechtssprechung sehr kompliziert sein. Vielleicht hat ein Mehl-LKW bei einer Kurvenfahrt Ladung verloren, wodurch der Autofahrer mit mehr als 0,3 Promille im Blut die Mehlspur als Mittellinie anerkannte. Die nach links ausscherende Spur eines nach rechts abbiegenden LKW könnte er dann als eine Fahrstreifenführung nach links erkannt haben. In einer solchen Situation muss ein Gericht die Frage nach Opfer und Täter klären. War es der Hersteller für die Mehlverpackung? War es der Lademeister, weil er vielleicht zu hoch gestapelt hat? War es der Lagerarbeiter, der die Mehlpackung beschädigte? War es der LKW-Fahrer, der die Ladung schlecht gesichert hat? War es der Spediteur, der die Wartung des LKW schluren ließ? War es wirklich der angeschickerte Autofahrer mit mehr als 0,3 Promille Blutalkoholgehalt? Fragen über Fragen, die erstmal geklärt werden müssen.
Die Hinterbliebenen bleiben währenddessen im Ungewissen, was eine Trauerbewältigung erschwert. Eine vorweggenommene Einteilung von Täter und Opfer, also schwarz und weiß, ist in meinen Augen damit für die Trauerbewältigung geeignet, aber das schrieb ich oben schon. Hinterbliebene wollen außerdem sicher sein, dass sie alles richtig gemacht haben.
Diese beiden Punkte liefert der Text auf jeden Fall. Ob der Rest zur Trauerbewältigung bei den LeserInnen oder ZuhörerInnen geeignet ist, ist fraglich. Dieses als "Beiwerk" oder "Ausschmückung" bezeichnen, fällt mir jedoch schwer. In einer reizüberfluteten Gesellschaft, kann man sowas vielleicht als "Transportmittel" oder "Trojaner" bezeichnen.


@Nachtigall
Danke für deine Übersetzung. So sehe ich das auch, obwohl ich bestimmte Stellen nicht auf die Art schriftlich niedergelegt hätte. Auf jeden Fall ist es näher am Original als meine Übersetzung.

> Roger_Rabbits Hinweis auf den angeblichen Ursprungsort

Naja, es heißt doch eigentlich nur, das das Gedicht dort im Umlauf war. An der Highschool starben zwei Jugendliche. Damit fällt die Highschool in meinen Augen als Ursprungsort heraus.

Im Internet ist dieses Gedicht im englischsprachigen Original über 180 Mal zu finden. Die Treffer reichten von einem gefälschten Aufruf zur Sammlung von 5000 E-Mails für den US-Präsidenten bei der MADD (Mütter gegen das Fahren unter Alkoholeinfluss), bis hin zu Seiten, auf denen eigentlich Autokindersitze angepriesen wurden.


@all
Vielleicht ist der Ursprung in einer Therapiegruppe für Autofahrer, die unter Alkoholeinfluss ein Auto führten, zu suchen. Vielleicht hat irgendein Psychologe die Aufgabe gestellt, dass die AutorIn oder das AutorInnenteam sich in die Situation des Opfers hineinversetzen sollten, um erstmal eigene Gefühle zu entwickeln. Vielleicht sollte die Projektion der Erlebnisse des Opfers heilsam wirken. Wer weiss? Mir fällt es schwer für alle Möglichkeiten offen zu sein. Ich glaube wir werden den Ursprung nie erfahren.


Anhang vom 10.07.2004:

Hallo zusammen,

@ beitlamed und geneigte Leser
Das falsche Zitat war keine Absicht. Ich war offensichlich so aufgebracht, dass ich das nicht bemerkt habe. Hmmm, ursprünglich wollte ich nur auf "lakonisch" eingehen, hatte also zuerst "Schluss" gar nicht geplant zu nennen. Ich werde dann wohl irgendwann "er Gruß" ergänzt haben. Weiß nicht. Auf jeden Fall möchte ich dich um Entschuldigung bitten.

Des weiteren finde ich es bewundernswert, dass du den Text von seinem Autor und dessen vermutlichen sozialen Umfelds getrennt betrachten kannst. Wir mussten in der Schule die Lebensläufe der Autoren büffeln und wenn die nicht genannt wurden, dann wenigstens den geschichtlichen Background berücksichtigen. In diesem Zusammenhang finde ich Penthes Infos über den literarischen Zeitgeist in den USA sehr interessant.
Kritik am Text ist schön und gut. Du hast auch passende Worte für den Text gefunden, jedoch fand ich, dass du mit dem von mir angesprochenen Punkt in einer Art Übermut ... schlecht ausgedrückt ... im Fahrwasser deiner berechtigten Kritik einen wichtigen Punkt außer acht gelassen hast, was dir gar nicht ähnlich sieht.

Den Schlusssatz interpretiere ich anders als du. Vermutlich auf Grund einer anderen Übersetzung.

> Also, sie wünscht sich, daß sie s ihrer Mutter sagen kann

Sehe ich auch so.

> (kann sie ja offenbar nicht, wenn sie tot ist),

Prinzipiell kann sie es nicht, weil die Mutter nicht da ist, bzw. die Mutter vermutlich erst da sein wird, wenn sie tot ist. Habe ich das so richtig verstanden? Oder meintest du damit, dass sie sich im Gedicht mal als tot und dann wieder als lebend bezeichnet. In den sechs Zeilen vor der Passage ist sie jedenfalls noch lebendig. Ein wenig konfus ist das. Deshalb habe ich auch so häufig von "Autorenteam" oder "AutorInnenteam" gesprochen. Einer einzelnen AutorIn wäre ein solcher Fehler kaum unterlaufen.

> und in der nächsten Zeile tut sie s dann einfach.

Das kann ich nicht so sehen. In der nächsten Ziele bestätigt sie einfach noch einmal ihren Wunsch ihrer Mutter "I love you" zu sagen, als ob sie nochmal sorgfältig darüber nachgedacht hat (bezeichnet durch das "so"). Nach diesem fügt sie einen weiteren Wunsch, nämlich den Wunsch ein "good-bye" sagen zu können, hinten an. Dieser scheint ihr offensichtlich während des Nachdenkens noch eingefallen zu sein.
So ähnlich als wenn du sagen würdest "Ich würde mir ein Auto wünschen, ja, ein Auto und eine Garage" Billiges Beispiel, aber ich hoffe, es verdeutlicht meinen Standpunkt.

Wie gesagt, in meinen Augen nichts lakonisches, mal eben hingesagtes.


@all
Es wundert natürlich warum sie nicht dem Vater, der Schwester, den Großeltern, den Freundinnen usw. ein "good-bye" sagen will. Vermutlich wäre dann das Klische "besoffener Typ fährt junge, folgsame, liebe, nette, an die Mutter denkende Frau zu tode", kaputtgegangen.

Außerdem, ich könnte noch nicht einmal nicht abschätzen, was es für eine maßlose Überbelastung für die Mutter sein würde, wenn die letzten drei Wünsche ihrer Tochter in Erfüllung gegangen wären. Ein Alptraum.
(Diese Nachricht wurde am 11.07.04 um 20:34 von Bulli31 geändert.)
19. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von AndyE am 23.07.04 00:32

Bulli, Pente, Nachtigall,

ich bin ein bischen enttäuscht darüber, dass Ihr den Text so gnadenlos niedermacht. Sorry.

Wenn der Text weltweit auch nur einen einzigen besoffen fahrenden dazu überredet hat, in Zukunft nicht mehr alkoholisiert zu fahren, dann ist dieser Text gerechtfertigt. Basta!

Daran ändert auch kein Rechtscheib- oder Übersetzungsfehler was und ganz bestimmt keine Philosophie über Polemik, Moral, und Realitätsferne.

Packt Euch mal am Riemen, Ihr seid ziemlich Sachlich in diesem Thread geworden und das bei einer ernsten Sache.

Ich hoffe nicht, dass Ihr alle besoffen auto fahrt und nur versucht Euer Tun zu rechtfertigen.

Bulli an Dich ganz besonders:

Wenn ich das Gedicht richtig gelesen hab, lag das Mädchen im Sterben, denn sie hat den Polizisten gehört und den besoffenen rumlaufen sehen. Ausserdem hatte sie schmerzen!
Sie war also noch nicht tot, als sie Ihre Gedanken erklärte.
Lesen, mann....L e s e n und verstehen.


Wenn Du den Besoffenen in Schutz nimmst, den eine Mehlspur in die Gegenfahrbahn geleitet hat und der damit einen tödlichen Unfall herbeigeführte, lass Dir gesagt sein, wenn er Nüchtern gewesen wäre, hätte er ohne Tunnelblick die Strassenpfosten am Strassenrand gesehen, die den Weg weiter gerade aus gewiesen hätten.

Hör auf, besoffen fahrende derart in Schutz zu nehmen! Sie sind definitiv eine Gefahr, auch wenn ihr Zustand nicht immer Auslöser für deren Fehlreaktion war!

Keine Entschuldigung bei Trunkenheit am Steuer, Raserei und Handytelefoniererei!

Hab genug erlebt auf Autobahnen. Ich bin vor 5 Jahren Jährlich 80 000 (achzigtausend) km gependelt und, Gott sei Dank, nie in einen Unfall verwickelt gewesen!

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ein Testfahrer von Daimler Benz durch seine rüde Fahrweise eine Frau mit Kind im Auto dazu gedrängt hat, einen abrupten Spurwechsel mit brachialen Folgen zu begehen.

Ob besoffen oder bedeppert zu rasen macht keinen großen Unterschied. Und wenn man bedenkt, dass der Typ mit so ner milden Haftstrafe davonkam, nur weil er aufgrund seiner Geschwindigkeit schon über zwei Kilometer entfernt war, als das Auto in die Bäume gekracht ist, möchte ich am liebsten jedem, der so Menschenverachtend anderes Leben aufs Spiel setzt, seine Bierflasche, sein Auto oder sein Handy ins Gesicht treten!

Jawoll!


Andy
(Diese Nachricht wurde am 23.07.04 um 00:23 von AndyE geändert.)
(Diese Nachricht wurde am 23.07.04 um 00:32 von AndyE geändert.)
20. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Nachtigall am 23.07.04 08:36

Hallo Andy,

zunächst mal: Ich habe überhaupt nichts "gnadenlos niedergemacht" und hätte gern, dass Du das zurück nimmst.

Weiterhin zeig mir doch bitte mal, wo hier jemand Trunkenheit am Steuer in Schutz nimmt!? Bullis von Dir erwähnte "Mehlspur" ist nur ein konstruiertes Fallbeispiel, das in dieser Form vor Gericht relevant werden könnte. Vermutlich kommt er darauf, weil im Gedicht selber erwähnt wird, der Unfallverursacher wäre sich vermutlich über die Tragweite seiner Handlung nicht im Klaren - was wahrscheinlich zutrifft.

Allerdings hat niemand rücksichtsloses Autofahren zum Kavaliersdelikt degradiert:
beitlamed stößt sich an der Form des Textes (weil er ihn für literarisch minderwertig, übermäßig pathetisch und kitschig hält) - das ist sein gutes Recht und eine reine Geschmacks- und Bildungsfrage. Sein Unbehagen dabei kann ich gut nachvollziehen, mir rollt es nämlich auch die Fußnägel hoch, wenn ich "schlechte" Musik hören muss, und zwar vollkommen unabhängig von deren Textgehalt.
Penthe stört sich ebenfalls am Äußeren, weil sie eine derartige Darstellung als "Verunglimpfung" dessen empfindet, was in ihren Augen "echte Trauer" bedeutet (interpretiere ich jedenfalls so).
Bulli verteidigt den Text und besteht darauf, den Kontext einzubeziehen (dasselbe habe ich getan). Er regt sich allerdings über die miserable Übersetzung auf, die den Ursprungstext bestenfalls verzerrt, teilweise verfälschend wieder gibt. Und das wiederum finde ich gut, denn nicht jeder hier kann englisch; wenn man sich aber über den Text unterhält, sollte man schon die gleiche Basis haben, findest Du nicht? Die Qualität der Übersetzung ist also durchaus relevant.

Und zu guter Letzt: Glaubst Du ernstlich, dass ich mich nicht aufrege, wenn ich mit 160 km/h eine LKW-Kolonne überhole und mein Hintermann will unbedingt in meinen Kofferraum? Trotzdem finde ich, dass das ein neues Thema ist, das mit dem von R_R geposteten Text nicht viel zu tun hat.

Freundlichen Gruß
Nachtigall
21. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 23.07.04 13:17

Guten Mittag, Penthe,

aus deiner Kritik an besagtem Gedicht nehme ich `mal Folgendes mit: Derartige Gedichte berühren offenbar nur die, die selbst keine Probleme mit Alkohol und Raserei haben. Und diejenigen, die saufen, rasen etc. werden davon nicht berührt oder sind, weshalb auch immer, gegen jede Kritik, jeden Appell oder sonstwas immunisiert. (Wenn, wie bei der Industrie, noch Geld mit im Spiel ist, glaubt man sich Gewissensbisse ohnehin "nicht leisten" zu können.)

Ich glaub dir sofort, dass du mit moralischen Appellen in der praktischen Arbeit kaum jemanden erreichst - entspricht auch meiner Erfahrung; wenn aber jemand nach 6 Wochen anfängt, den Mist, den er macht, einzusehen, ist sicher auch ein moralischer Anteil mit dabei.

Grundsätzlich betrachtet macht sich heute ohnehin eine moralische Gleichgültigkeit breit, die, abgesehen von fatalen Vorbildern u. a. in den Medien, m. E. vor allem auf 2 Erziehungsversäumnisse zurückzuführen ist, 1. der fehlenden Erziehung zur Höflichkeit (als zu moralischem Verhalten hinführend) und 2. dem Versäumnis, Kinder und Jugendliche zum Sich-Hineinversetzen in andere anzuhalten ("Wie fändest du es, wenn jemand dir ..." - letztlich die Goldene Regel).

Fröhlich-freundliche Grüße
(Habeo feriae!)

Bluevelvet



(Diese Nachricht wurde am 23.07.04 um 13:17 von bluevelvet geändert.)
22. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 23.07.04 13:50

Lieber Andy,
Für mich stehen zwei Sachverhalte hier völlig getrennt nebeneinander

1. Ich finde dieses Gedicht amerikanisch-oberflächlich und kitschig-unangenehm
2. Ich bin gegen Alkoholmissvrauch - und das nicht nur am Steuer.

Andernorts habe ich es schon einmal erzählt: ich bin ehrenamtliche Suchthelferin in der Diakonie und leite in einem benachbarten Landkreis in dieser Funktion Selbsthilfegruppen für alkoholgefährdete und alkoholabhängige Menschen.
Rund 60% davon sind zwangsweise in meiner Gruppe. Sie haben ihren Führerschein abgeben müssen, und bekommen ihn nach den Anforderungen der MPU erst wieder, wenn sie die regelmäßige Teilnahme in einer solchen Gruppe nachgewiesen haben.
Sie sind fast durchgängig wie hartes Granit, wenn sie neu in die Gruppe kommen, ohne jedes Unrechtsbewusstsein.
Sie wüten gegen die Polizei und beklagen die Ungerechtigkeit des Lebens, weil gerade sie in eine Verkehrs-Kontrolle geraten sind, während wirkliche Verbrecher frei herumlaufen ... wirklich jeder außer ihnen scheint an ihrer Lage schuld zu sein, und ich als Gruppenleitung bin die böse böse Frau, von deren Expertise ihre Chance abhängen wird, den Führerschein neu zu erhalten.

Und dann plötzlich, meistens so nach 6 Wochen,kommt durch den Eigenmechanismus bestimmter gruppendynamischer Prozesse ein erster zarter Bezug zu der eigenen Person zustande, ein allmähliches *Sichaufmachen*, ein zaghaftes *MirgehtesnichtgutmitmeinemAlkohol*, eine erste Erkenntnis :*Ich habe ein Problem*.
Erst ab dieser Minute hat man einen Zugang zu diesem Menschen gefunden, erst ab jetzt ist Hilfe möglich, denn erst jetzt wird er sich auch unangenehmen Erkenntnissen öffnen und ist bereit, neu zu lernen.

Würde ich meiner Gruppe dieses Gedicht vorlesen, gingen sofort alle Klappen herunter, da bin ich mir sicher ... aus Scham, aus Abwehr, aus Aggression.
Das Gedicht kriminalisiert, verurteilt moralisch, macht menschlich nieder ... aber es hilft keinen Millimeter praktisch weiter. Es wird abprallen,aus reinem Selbstschutz.

Die Finger vom Alkohol (und damit auch vom Steuer) wird jemand nur lassen, wenn er Alkohol als sein eigenes Problem erkannt hat und fühlt, dass er deshalb nicht automatisch auch das letzte Stück Dreck oder ein mieser Verbrecher ist, sondern dass er im weiteren Sinne *krank* ist und sich für diese Suchterkrankung Hilfe holen kann.
Das ist ein viel weicherer Weg, als ihm (in manchmal nicht unberechtigt erscheinender) Wut ins Gesicht treten zu wollen, Andy ... aber ich halte ihn nach meiner jetzt 15jährigen Erfahrung für wesentlich effektiver und zielführender.
Man kann Menschen ins Abseits treten oder sie zurück holen ... je nach Rachebedürfnis, Wut, Hilflosigkeit, Absicht ... in beiden Fällen wird kein Unfall-Toter wieder lebendig und kein Leid ungeschehen.

Und schließlich noch ein Wort zur Doppelmoral:
Am Alkohol verdient der Staat Unsummen, steckt also bei dessen Bekämpfung in einem massiven Interessenkonflikt und verhält sich nicht glaubwürdig.

Und der Testfahrer von Daimler Benz, der eigentlich mit dem allem hier nichts zu tun hat?
Auch hier geht die moralische Empörung seltsamerweise nie so weit, dass nicht die mächtige Lobby der Autoindustrie und der von ihnen mitfinanzierten Automobilverbände seit Jahren europaübliche gesetzliche Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 140 km erfolgreich verhindern.

Ein Prozeß mehr : und nichts passiert wirklich.
Und ein trauriges Gedicht mehr : und nichts passiert wirklich.
Denn wirkliche Änderungen (vor allem im bereich der Prävention) scheinen nämlich gar nicht erwünscht. Und das ärgert mich.

Freundlicher Gruß
Penthesilea

(Diese Nachricht wurde am 23.07.04 um 13:50 von Penthesilea geändert.)
23. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 23.07.04 14:09

Lieber bluevelvet,
diese Gedichte berühren natürlich vor allem die, die mit dem Geschehen konfrontiert sind, als Ausdruck der Trauer, des Leids.
Und was diesen Bereich betrifft, war mein eigenes Urtei vermutlich einfach auch zu hart, solche Gefühle brauchen keine stilistischen Feinheiten oder eine perfekte Sprache.

Aber als Abschreckung neuer Alkoholdelikte dient dieses Gedicht keinem, das ist meine feste Meinung.
Ich weiß, das sie den meisten hier nicht gefällt, aber deshalb allein ändere ich sie bestimmt nicht ab.

Nur weil ich ein Gedicht gräßlich finde, muss ich noch lange nicht den Vorwurf akzeptieren, ich würde Alkohol am Steuer befürworten.

Gruß
Penthe


PS: so ... so ... endlich feriae also ...na dann los: rein ins Vergnügen!

(Diese Nachricht wurde am 23.07.04 um 14:09 von Penthesilea geändert.)
24. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 23.07.04 14:15

Du hast mit deinem Hinweis auf die unmittelbar Betroffenen, die Opfer, natürlich Recht, Penthe. Ich selbst hab mich mehr auf die Breitenwirkung, vor allem in Bezug auf mögliche "Täter", bezogen. Und da hab ich auch Grund zur Skepsis. Leider.

Bis denn
Buevelvet

25. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von AndyE am 24.07.04 01:11

Also....

Ich habe mir nochmal die Mühe gemacht, den ganzen Thread durchzulesen und muß sagen, dass ich mit Dir Penthesilea und mit Dir, Nachtigall zu hart ins Gericht gegangen bin.
Nachtigall, Du hast Dir die Mühe gemacht und ne neue deutsche Übersetzung eingebracht, finde ich schon mal super klasse, obwohl der besser übertragene Inhalt im Gegensatz zur vorherigen Übersetzung nichts an der Botschaft ändert, die rüber gebracht werden soll.

Ich habe das Gedicht gelesen und es hat mich emotional bewegt. Nicht vom Text her, nicht vom Satzbau und ganz besonders nicht von der Art her, wie es geschrieben ist.

Dann les ich Bullis niedermache von wegen Übersetzung und das war wie ein Schlag ins emotional geladene Gesicht! Genau das Gleiche ist mir heute wieder passiert.
Da frag ich mich, ob da jetzt nur Buchstaben gelesen wurden, oder die Message tatsächlich verstanden worden ist....

Ich finde nicht dass das Gedicht kitschig und oberflächlich wirkt und war deshalb ziemlich konsterniert über Penthesileas Meinung und die Wortklauberei, die danach stattgefunden hat.
Komischerweise finde ich genau das so Pietätlos. Nicht das Gedicht, dessen Pietät weiter hinten angezweifelt wird.

Es stimmt, Penthesilea, dass es vermutlich nicht viel bringt, das Gedicht. Und ich wiederhole mich ungern.....wenn es einen einzigen Menschen dazu gebracht hat nicht mehr alkoholisiert zu fahren, hat es seine Berechtigung!
Du würdest Deinen Job auch nicht mehr machen, Penthesilea, wenn Du nicht einen einzigen, während Deiner ganzen Sitzungen, ehrlich dazu öffnen konntest, darüber ernsthaft nach zu denken, was er eigentlich für Probleme hat.
Wie viele gehn bei Dir bei ihrer letzten Sitzung raus und Du kannst genau sagen, dass sie sofort, nachdem sie ihren Führerschein wieder haben, in der Kneipe feiern gehn...

Sorry, Ich lese alles vollkommen emotional und war
ob der unemotionalen Handhabe hier im Thread derart verärgert über die nachvolgenden Postings, dass ich weit über die Strenge geschlagen hab.

Penthesilea, ich persönlich bin wohl der letzte, der jemand was ins Gesicht treten würde, aber jedes mal, wenn ich an eine solche situation denke ist mir danach. Sorry. Kein richtiger Weg ist das ganz sicher nicht, da geb ich Dir recht.

Der Mercedes Testfahrer gehört meiner Meinung sehr wohl hierher!

Jeder Mensch, der sich nicht nur selbst, sondern auch seine Mitmenschen als Gleich empfindet, würde sich sturzbesoffen nicht hinters Lenkrad setzen, aus Angst jemand zu verletzen. Jeder Raser, der an seine Mitmenschen denkt würde respektvoll abstand zum vorfahrenden Fahrzeug halten, auch wenns pressiert!

Setzt sich ein besoffener ins Fahrzeug oder fährt ein Raser dicht auf, um den vorfahrenden zu überreden, auf die andere Fahrbahn zu wechseln, denkt er in erster Linie nur an sich und an niemand anderen. Er stellt sich über alle anderen, aus welchem Grund auch immer!

Schade, dass das manchmal unschuldige Leben kosten muß.....


Vielleicht hab ich Eure Worte durch mein emotionales Lesen so sehr mißgedeutet, dass ich mich ebenfalls über Euch gestellt hab und keinen Deut besser bin, als der Säuffer und der Raser.

Verzeiht mir, wenn es so ist.


Trotz Allem ne gute Zeit

Andy

26. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 24.07.04 10:21

Lieber Andy,
Also ich habe mich nicht über normale Kritik hinaus von Dir attackiert gefühlt und bin mir völlig sicher -ich war es auch schon vorher -  dass Du kein Mensch bist, der sich gewaltsam an anderen ausleben würde.

Ich verstehe durchaus auch Deine hilflose Wut, es ist ja auch unfassbar, dass eine junge Familie sterben muss, weil sich Testfahrer irgendein Rennen auf der Autobahn liefern. Ist so etwas überhaupt verzeihbar?
Ich glaube, bluevelvet hat Recht, wir arbeiten als Gesellschaft diese Vorkommnisse schon lange nicht mehr auf, wir setzen ihnen unser soziales Wertesystem (so wie Du das für Dich ja auch tust) nicht mehr auf breiter öffentlicher Ebene entgegen, nachdem die Presse so einen Fall reißerisch hochgespielt hat, verschwindet er auch sofort schon wieder in der Schublade. Wir lernen nichts daraus.
Den Schaden daraus haben unsere Kinder, denen wir als soziale Gruppe nichts mehr von dem vermitteln, was uns an Werten zusammen hält oder zumindest zusammen halten sollte.
Wenn wir das Gedicht unter diesem Aspekt sehen, das es vielleicht Wissen über *right* und *wrong* vermitteln soll, dann gebe ich Dir auch uneingeschränkt recht, dann hat es einen Nutzen, ob es mir nun persönlich gefällt oder nicht.

Dir ein schönes Weekend

Penthe

(Diese Nachricht wurde am 24.07.04 um 10:21 von Penthesilea geändert.)
27. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 24.07.04 10:35

@ Penthe only

Bluevelvetus habte schon immer Problemos mit die lateinische Kasusse. Statt "feriae" habt er latürnich "ferias". - Kann mir dein Kichern gut vorstellen, Penthe. Gut, dass surfi das noch nicht gesehen hat. -*gg.

Bis dieses geschieht: *michindieeckestellundschäm*

Dir einen Gruß
von mir


(Diese Nachricht wurde am 24.07.04 um 10:35 von bluevelvet geändert.)
28. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 24.07.04 11:05

@bluevelvet only
6 Wochen in der Ecke? .... seltsame (aber durchaus preiswerte) Art, seine Feriae/Ferias zu verbringen ....
Penthe
29. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Nachtigall am 24.07.04 11:36

*michmalfrechinPrivatgesprächedrängwennsieschonöffentlichgeführtwerden*

Na, dann hoffen wir mal, dass surfi bluevelvet vor Ferienende erlöst...


@ Andy:

Zitat

Der Mercedes Testfahrer gehört meiner Meinung sehr wohl hierher!

Wieso das? Weil er ebenso wie die jugendlichen Raser (an die sich das Gedicht wendet) an chronischer Selbstüberschätzung leidet und die gleiche Rücksichtslosigkeit aufweist, die dann Unschuldigen zum Verhängnis werden kann? Oder weil er aufgrund der gleichen gesellschaftlichen
Gleichgültigkeit so lange ungehemmt sein Unwesen treiben kann, bis es zur Katastrophe kommt? Mag sein.

Gruß
Nachtigall
30. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Bulli31 am 24.07.04 17:11

Hallo alle, besonders Andy,

Andy, du schriebst etwas von "gnadenlos niedermacht". Das sehe ich nicht so, denn ich schrieb u. a. "Auch mich hat dieser Text berührt, um es mal gelinde auszudrücken. Ich glaube, dass man sich dem nicht ohne weiteres entziehen kann. "

Du schriebst weiter "auch nur einen einzigen besoffen fahrenden dazu überredet hat," die Chance ist recht gering, deshalb hatte ich als Zielgruppe für dieses Gedicht u. a. Jugendliche ab dem 13. Lebensjahr vermutet, finde aber immer noch dass selbst die nicht ohne Begleitung durch eine pädagogische Fachkraft diesem Gedicht ausgesetzt werden sollten, weil die schwarz-weiß-Malerei aufgearbeitet werden sollte.

Ich habe das Gedicht gründlich gelesen, wobei ich die Stelle "I d still be alive." entdeckte.
In der Tat könnte man jetzt argumentieren, dass meine Betrachtung, dass sie sich zwischen den Zuständen nicht entscheiden kann, was durch verschiedene AutorInnen ausgelöst worden sein könnte, abzulehnen sei. Dazu müsste man zwischen den Zustand "lebend" und "tot" noch den Zustand "sterbend", als einen eigenständigen Zustand definieren. Also "sterbend" ist nicht gleich "tot" und auch nicht gleich "lebend". Ein Umweg, der mir quer stecken bleibt, obwohl ich weiß, dass es keinen definierten Zustand für den Zeitpunkt zwischen "lebend" und "tot" gibt, was die Diskussion um die aktive und passive Sterbehilfe immer wieder zeigt. Wie auch immer. Es wird in dieser Frage zwischen uns wohl keine Annäherung geben. Auskunft über die Intention könnte die UrheberIn geben.

Bei solch polemischen Texten, gehen bei mir immer sehr viele Alarmglocken an, so viele, dass ich mich zwangsläufig frage, welche Punkte nicht angesprochen wurden.
Was wurde nicht angesprochen, was zum Unfall hätte führen können?
Das Beispiel mit der Mehlspur habe ich stellvertretend genannt für alle die Feinheiten, um die sich die Gerichte zwangsläufig kümmern müssen, wenn sie Recht sprechen wollen. Wir haben uns früher immer aufgeregt über die ungerechten Schnellurteile in der Sowjetunion. Du forderst aber indirekt ähnliches für Deutschland ein. Das finde ich nicht in Ordnung.

Ein warnendes Beispiel für zu einfache Schwarz-Weiß-Malerei der Hinterbliebenen war der Zusammenstoß der beiden Flugzeuge über dem Bodensee. In dem GUS-Staat hat sich eine Rechtsauffassung durch Polemik, Hass gegen den ehemaligen Klassenfeind und einseitige Betrachtung hochgeschaukelt, die dann im Lynchmord am Fluglotsen gipfelte. So etwas kommt bei Schwarz-Weiß-Malerei raus. Das will ich nicht. Ich mag nicht, dass Privatleute die Rechtsprechung aus der ehemaligen Sowjetunion in die Schweiz exportieren. Globalisierung schön und gut, aber ein Schritt in die Steinzeit der Rechtsprechung ist nicht drin.

Zu dem vordergründigen Inhalt habe ich mich nicht geäußert, weil er ausreichend vordergründig vorgetragen wurde, sei es durch die Überschrift oder durch die deutschen "Erklärungen".

Ich gehe mit dir konform, dass es ein Ideal ist, nicht zu Besoffen ins Auto zu steigen oder andere Personen, seien sie bekannt oder fremd, daran zu hindern besoffen mit dem Auto zu fahren.

Dieses Gedicht versucht über seine stark emotionsauslösende Wirkung die Diskussion zu emotionalisieren, was zu einer Hetzkampagne führen könnte, die wir hoffentlich alle nicht wollen.
Ich bin gegen KURZSCHLUSSREAKTIONEN!
Dagegen wehre ich mich wehement. Ich bekomme Angst, wenn du jemandem "seine Bierflasche, [ ... ] ins Gesicht treten!" willst. Das ist die Emotion, die die AutorIn oder das AutorInnenteam erzeugen wollten. Das ist Hass, der von Angst geschürt wird. Das ist eine latente Bereitschaft zur schweren Körperverletzung, die durch eine Bierflasche auf einer Party ausgelöst werden kann.

Durch ein simples Gedicht bist du in einen Zustand der latenten Aggression gegen bestimmte Personen gekommen. Du präsentierst dich hier als eine wandelnde Zeitbombe. Ausgelöst durch ein Gedicht.

Du machst mir Angst.

Das alles wegen einem emotionalen Gedicht, deren AutorInnen für die Reaktionen der Leser nicht verantwortlich gemacht werden können.

Ich verstehe deinen Beitrag so, dass du direkt von der Situation betroffen warst und die Geschichte sich direkt in deinem Inneren angreift. Auch meine Maßnahmen hat das Gedicht ausgehebelt, aber das schrieb ich schon.

Gerade das Thema Alkohol am Steuer sollte sehr sachlich betrachtet werden, damit unterstütze ich deine Forderung, dass wir uns alle mal am Riemen reißen sollten.

Gut bleiben wir sachlich. Dazu sollten wir aber die Sachbegriffe eindeutig klären.

Frage: . Was heißt "besoffen"?
Lexikon: . Besoffen bedeutet "betrunken".

Frage: . Was heißt "betrunken".
Lexikon: . Betrunken heißt "zu viel Alkohol getrunken zu haben"

Frage: . Was heißt in diesem Zusammenhang "zu viel"
Antw.: . Diese Frage ist ungeklärt.

Ich weiß, was ich unter "zu viel" verstehe, aber ist das auch das, was du unter "zu viel" verstehst?
Höchst wahrscheinlich nicht.
Ich lasse die Katze aus dem Sack. Bei mir liegt das "zu viel" dort, wo für die deutschen Gerichte mehrheilich die Grenze zur automatisierten Mitschuld an Unfällen liegt. Bevor ich noch konkreter werde, möchte ich darauf aufmerksam machen, wie dieses "zu viel" im Zusammenhang mit "Führen eines motorisierten Fahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehrsraum" in Europa ausgelegt wird.

0,8 %[sub]0[/sub] in Luxemburg, UK, Irland
0,5 %[sub]0[/sub] in Niederlande, Spanien
0,2 %[sub]0[/sub] in Schweden, Norwegen
0,0 %[sub]0[/sub] in Tschechien, Slowenien, Rumänien
Quelle: ADAC-Motorwelt, Ausgabe Juni 2004

Für einen Rumänen bedeutet ein Umzug nach Deutschland, dass er besoffen autofahren darf.

Das Wort "besoffen" ist also ein Wort, was für die sachliche Diskussion vollkommen ungeeignet ist, da es ein relativer Begriff ist, der einer zusätzlichen Definition durch den Benutzer des Wortes bedarf.

Beschränken wir uns auf die Bundesrepublik Deutschland.

Politiker haben mehrheitlich beschlossen, dass 0,5001 %[sub]0[/sub] ahndungswürdig sind. Das spiegelt sich in der Straßenverkehrsordnung und dem Bußgeldkatalolg wieder. Diese Grenze ist für mich eine absolut willkürliche. Wenn ich daran erinnern darf, wie sie zu stande gekommen ist:
60 Millionen Mitbürger der BRD à 0,8 Promille addiert mit 16 Millionen Mitbürger der DDR à 0,0 Promille und der Kompromiss lag bei 0,5 Promille. In meinen Augen sehr willkürlich gewählt.

Gerichte entscheiden mehrheitlich, dass 0,3001 %[sub]0[/sub] automatisch zu einer Mitschuld an z. B. Unfällen führt. Der alkoholisierte Fahrer kann alles richtig gemacht haben indem er jede Regel der STVO eingehalten hat, ist aber trotzdem am Unfall mitschuld. Ungerecht, aber es ist nunmal so.

Wissenschaftler sind sich im Augenblick relativ uneinig. Zur Zeit geht es in die Richtung um 0,1501 %[sub]0[/sub]. Die Szenarien, mit denen die Wissenschaftler versuchen in dem Bereich einen Einfluss des Alkohols auf die Entscheidungsfähigkeit des Autofahrers nachzuweisen, erscheinen mir jedoch sehr merkwürdig.

Organisationen gegen Alkohol am Steuer finden, wie ihr Name häufig schon aussagt, dass 0,0001 %[sub]0[/sub] schon zuviel Alkohol sind.

Um die Diskussion der Realität anzunähern, sollte man noch dabei berücksichtigen, dass die Werte für Gelegenheitstrinker gelten. Für Leute also, für die das Fahren unter Alkoholeinfluss die Ausnahme ist.
Bei Gewohnheitstrinkern (Trinker, die nie auf 0,0 Promille absinken) ist es offensichlich so, dass sie die Wahrnehmung ihrer Umwelt unter Alkoholeinfluss "Normalität" ist. Das bedeutet sie würden die Unfälle dann bauen, wenn sie nüchtern sind, weil dann die Nüchternheit ihre individuelle Ausnahmesituation ist. Dieser Umkehrschluss ist noch nicht wissenschaftlich gesichert, weil sich Experimente unter realen Bedingungen von selbst verbieten. Sie fallen im Straßenverkehr genausowenig auf, wie eine Person über 50 Jahren.


Mir war das Thema Alkohol am Steuer zu wichtig, um es durch eine Promille-Diskussion zu zerstören. Deshalb bin ich nur auf die Form der Werbung für ein striktes Alkoholverbot am Steuer eingegangen und habe auf meine Art versucht die Emotionen runterzubringen, damit niemand im Fieberwahn etwas tut, was er später bereuhen wird. Der Text hat eine "Tschaka Ich Schaffe es" Motivationswirkung, der häufig eine grausame Ernüchterung folgt.

Aber ich schweife ab. Um es ganz deutlich zu machen:

Ja, ich bin für Alkohol am Steuer, so lange der Blutalkoholgehalt 0,3000 Promille nicht übersteigt. Wenn du das als besoffen bezeichnest, kommen wir nicht zueinander. Ich bin gegen 0,0 Promille, weil alleine schon in Fruchtsäften mehr Alkohol ist.

Wir können gerne darüber Philosophieren, ob Apfelsäfte, die Kindern verabreicht werden, sie später anfälliger für Alkoholismus macht, aber das bitte in einem anderen Thread.

Um nochmal zu präzisieren: Trunkenheit am Steuer beginnt in Rumänien bei 0,000001 Volumenprozent Alkohol, oder wo die Nachweisgrenze des beauftragten Labors liegt. Theoretisch dürften sie keine Fruchtsäfte trinken.


Ich bin auch viel unterwegs gewesen und habe mit vielen Leuten gesprochen. Die einhellige Meinung war zu allen drei Themenkomplexen Trinken, Rasen, Telefon am Ohr:

Wo kein Kläger, da kein Richter.
oder
Du darfst alles machen, nur darf es die Polizei nicht sehen.

DAS ist das, wogegen vorgegangen werden muss.

Deshalb sehe ich die aktuellen Grenzwerte für Alkohol, Raserei und Handytelefonieren als vollkommen in Ordnung an. Nur die Kontrolle versagt.

Warum besteht bei Leuten, die mit 1,2 Promille gepackt werden kein Unrechtsbewusstsein?

Die Antwort ist für mich sehr einfach. Als sie die Monate vorher jedes Wochenende mit 1,0 Promille unterwegs waren, hat sie keiner gepackt. Sie denken, dass alkoholisiertes Fahren OK ist, weil sie ein Gewohnheitsrecht haben.

Wie oft bist du bei deinen 80 000 Kilometern an einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage vorbeigekommen?
Das werden etwa alle 1000 bis 2000 Kilometer gewesen sein. Ist das effektive Rasereiprävention? Das ist in meinen Augen nur Quatsch. Besser ist da schon das Pilotprojekt 12 Messstellen auf 14 Kilometern. Es sind zwar fest installierte Geschwindigkeitsmesser, aber wer sich an die Verkehrsregeln hält, hat nichts zu befürchten.

Noch viel wichtiger ist doch die Frage, wie deine Erfahrungen aus 400000 km auf dich gewirkt haben?.
Wie oft hast du einen Kumpel, der am Abend zu viel gebechert hatte bei der Polizei wegen Trunkenheit am Steuer angezeigt, weil er unbelehrbar war und mit dem Auto nach Hause fuhr?

Wenn dir Samstag abends die Argumente ausgehen und du dich hilfesuchend an die Polizei wendest, um deinen Argumentenvorrat aufzufrischen, stehst du ziemlich alleine da. Außer reden darfst du ohne Einwilligung des Betrunkenen nichts machen.

Es ist sehr leicht zu sagen "Ich bin gegen dies" oder "Ich bin gegen jenes", wenn man es nicht besser machen kann. Die von dir angestrebte Gewaltlösung ist nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss. Nachher landest du im Knast und der Besoffene fährt weiter lustig mit seinem Auto durch die Gegend. Das ist sogar so sicher.

Es ist allerdings dein Recht, deinen Kumpel oder eine fremde Person wegen Trunkenheit am Steuer anzuschwärzen. Die Gesellschaft dankt es dir.

Es ist dein Recht Verstöße gegen die Gesetze und Verordnungen der Bundesrepublik Deutschland im gesetzlich erlaubten Rahmen anzuzeigen. Die Polizei kann nicht überall sein. Die Gesetze erlangen dadurch Gültigkeit, dass die Bürger (auch du) auf deren Einhaltung achten und Fehlverhalten zur Anzeige bringen.

Im Prinzip steht die Selbstkontrolle jedoch an der ersten Stelle.
Schon zur Radfahrprüfung (Durchgeführt in den dritten Klassen der Grundschulen in NRW, unter der Führung des Ministeriums für Verkehr des Landes NRW in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht und der Polizei) hieß es, dass sich der Radfahrer vor Antritt jeder Fahrt prüfen muss, ob sie/er verkehrstüchtig ist. Nur so am Rande - der erste Prüfpunkt war dabei die Müdigkeit.
Wer nicht mehr dazu in der Lage ist seine eigene Situation richtig einzuschätzen, darf sich auf der anderen Seite nicht wundern, wenn einer der Freunde das tut.

Alle Unfälle durch Alkoholeinfluss und Übermüdung würden nahezu zu 100% verhindert, wenn das greifen würde. Aber das geht nur, wenn die Autolenker vor einer Entdeckung Schiss haben müssten. Ich wüsste nicht, wie dieses ohne restriktive Kontrollpolitik zu leisten wäre. Stichwort George Orwell.

Bei "den Rasern" ist es z. B. so, dass so viele von ihnen unterwegs sind, dass die, die sich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten (also noch nie ein Ticket bekommen haben), deutlich in der Minderheit sind.

Apropos, "Rasen" beginnt bei der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit oder Richtgeschwindigkeit. Die genervte Hausfrau mit den zwei quängelnden Kindern und der Tachonadel bei 53 Innerorts ist eindeutig eine RASERIN. Nix ander s.

Definitionen finde ich auch im Sachbereich "Rasen" schwierig. Nach meiner Meinung gilt auch hier, dass der Raser nicht von Natur aus rast, sondern nach dem Trial and Error-Prinzip sich langsam hochtastet.




Die Sache mit dem Auto-Testfahrer ist ein starkes Stück, aber nicht abschließend geklärt, deshalb sage ich dazu nichts.




Ein Tip zum Einwirken auf halsstarrige Personen, die ihren Fehler nicht einsehen wollen. Man muss ihre Leidenschaft mit dem negativen Verhalten verbinden.

Die Lobby gegen Pelzmäntel geht nicht mehr hin und bewirft die Pelz tragenden Personen mit Farbbeuteln. Sie fangen ein nettes, ungezwungenes Gespräch an, und lassen, so als wenn eine gute Freundin einen Rat gibt, fast nebenbei einfließen, dass Pelz doch fürchterlich out ist und ob der Pelz von einer verstorbenen Oma sei, weil der doch überhaupt nicht zum Teint passen würde.
Alles negative Gedanken gegen den Pelz in einer Zeitkapsel.

Anstatt dem Alkoholiker die Flasche in den Mund zu drücken, kannst du ebenfalls, falls es sich um einen Autonarren handelt, fragen, ob er keine Angst ums Auto hat, wenn er betrunken fährt. Dann lobst du noch wie teuer die Sonderlackierung war und dass er auf sein Goldstück gut aufpassen sollte. Penthe würden bestimmt bessere Hebel einfallen, aber das ist eine Idee von mir.




@Penthe

Mit der Verbohrtheit hast du vollkommen Recht. So nach dem Motto: Ich bin die letzten 1000 km bei keiner Alkoholkontrolle vorbeigekommen, also darf mich jetzt auch keiner pusten lassen.




Eines möchte ich noch sagen.
Viele dieser verbohrten Personen werden durch ihr Gehirn geteuscht. Sie sind manchmal so verbohrt, dass sie die 60 auf dem Tacho als 50 lesen.
Das heißt, dass ihnen ihr Gehirn die 50 liefert, obwohl die Augen eine 60 aufnehmen.

Ich bin mal mit einem gefahren, der felsenfest behauptete, dass die Tachonadel, die auf 70 stand, auf 50 zeigen würde. Das war bestimmt nur eine Verarsche, aber ich bin trotzdem nicht mehr mit ihm gefahren.




Das Gedicht ist Klasse, man kann gut weinen.
Und dann?
Werde ich einer/einem wildfremder/en betrunkener/em Frau oder Mann mit mehr als 0,5 Promille im Blut den Autoschlüssel wegnehmen, wenn sie/er in ihr/sein Auto steigen will?
Nein.
Warum nicht?
Weil ich dann wegen Diebstahl angezeigt werden kann. Auch wenn ich die Schlüssel am Tag danach zurückgebe, kann ich immer noch wegen Diebstahls und evtl. Nötigung angezeigt werden. Ich habe am Tag danach jedoch keine Beweise mehr, dass wirklich eine Volltrunkenheit vorlag. Dann gibt es obendrein auch noch Krankheiten, bei denen sich die erkrankte Person so benimmt, als ob sie volltrunken sei. Das kann nur ein amtlich von der Polizei beauftragter Arzt feststellen. Ich kann nur der Verlierer sein. Gerade verbohrte Menschen verklagen recht schnell. Die Polizei hat selber Mühe, dass die Blutuntersuchungen vor Gericht nicht angezweifelt werden können. Was kann ich da schon machen?
Ein Gefühl der Ohnmacht bleibt.




Meine Haltung zu Autofahren und Alkohol habe ich mir mit 20 gebildet. Ich trinke ein alkoholhaltiges Getränk, wenn ich es nicht umgehen kann. Viele Gesellschaften haben alkoholkranke Besucher, die ihre Sucht nicht wahrhaben wollen, aber genau registrieren, wer Alkohol mittrinkt oder nicht. Da muss man leider den guten Willen zum Alkohol einmal publikumswirksam durchblitzen lassen, um nicht ständig die Aufforderung zum Alkoholkonsum an die Backe gelabert zu kriegen. Ich lebe nicht alleine auf der Welt und die Welt ist nicht schwarz-weiß. Ob ich das gut finde, steht auf einem ganz anderen Blatt.




Es ist um jedes Leben schade, dass im Straßenverkehr unschuldig zu tode kommt.





Die Frage an dich, Andy, und alle anderen:

Wo beginnt bei euch "betrunken", "besoffen" oder "Trunkenheit"?

Das würde mich mal interessieren.


Liebe Grüße



PS: Hallo Andy,
Das obere habe ich gestern geschrieben, wollte aber nochmal darüber schlafen. Penthe und Nachtigall haben im Prinzip das ausgedrückt was oben auch steht. Trotzdem möchte ich bestimmte Aspekte auswalzen.
Wenn du richtig hinsiehst, war ich erst etliche Zeit nach dem Post von Roger von dem Trip, auf den mich das Gedicht geschickt hat, ausreichend "heruntergekommen" um einen Beitrag zu schreiben. Umso mehr verletzt es mich, dass du auf die Beiträge innerhalb deiner emotionalisierten Phase geantwortet hast. Nachdem ich vor einigen Tagen aus dem Forum ausgesperrt war, war das kein schönes Willkommen. Ich bin mir noch unsicher, welche Lehre ich aus meinem Engagement ziehen soll. Sagen wir mal, dass es für meinen Körper wichtiger ist, nicht stundenlang vor dem Rechner zu hocken, um einen einzigen Beitrag zu schreiben.
Insgesamt finde ich es sehr lehrreich welche Macht die Worte bekommen können. Du warst auf Grund von Worten bereit jemandem eine Bierflasche in den Kopf zu treten. Naja, jedenfalls bist du selbstständig auf die Idee gekommen, was für mich schon schlimm genug ist.
Entschuldigung an alle, dass ich Aspekte der Beiträge wiederhole, aber das ist mir jetzt egal.
31. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von beitlamed am 25.07.04 13:38

Hallo alle, besonders Bulli,

ich überlege, warum ich mich eigentlich in diese Diskussion einbringe. Alkohol am Steuer ist irgendwie kaum ein Thema für mich. Ich besitze ja nichtmal ein Auto. Und wenn mich mal ein Besoffener erwischt, ja, dann werde ich DANN sehen, wie ich fühle bzw. nicht mehr fühle.

Ich habe es nicht notwendig, mich zu empören. Leute behandeln einander permanent auf grausame Art, der betrunkene Autofahrer ist nur *ein* Symptom dieses Umstands. Meine private Empörung wird keinen einzigen Unfall verhindern können.

Also, die Frage ist ja nicht, ob ich ach-so-betroffen bin und ein gaaanz ernstes Gesicht mache. Die Frage ist, ob ich in dem Moment, in dem ich beobachte, wie jemand betrunken in ein Auto steigen will, eingreife. (Ich vermute mal provokant, daß einige der emotionalsten Reaktionen in dieser Diskussion in Wahrheit aus einem Schamgefühl kommen, weil wir nämlich fast alle schon in Situationen haben, wo wir eingreifen hätten können und es nicht getan haben.) Und da kann ich nur versuchen, meine Zivilcourage zu trainieren. Was mir sowieso gut täte, vom Übergriff in der U-Bahn bis zum Machtmißbrauch durch Vorgesetzte.

Aber zurück zur Diskussion hier: Ich mag Aussagen wie "Man kann sich diesem Text nicht entziehen" nicht. Ich vermute dahinter eine moralische Forderung, so als wäre jemand, der sich diesem Text entzieht, ein böser Mensch. Mag sein, du kannst dich nicht entziehen. Mag sein, 90% der hier Mitlesenden können es nicht. *Ich* kann es sehr wohl, und ich tue es. Ich habe ein Recht dazu. Niemand hat darüber zu urteilen, welcher Text mich wie berührt oder zu berühren hat. Niemand hat meine *Gefühle* zu kritisieren oder moralisch zu bewerten.

Zu Andy: Ja, es ist auch mir aufgefallen, daß hier eine brutale Gewaltphantasie am Werk ist; ich halte das nicht für schlimm, man darf sehr wohl mal in Gedanken "ausprobieren", wie es sich anfühlt, jemanden zu töten. Man *darf* Mordphantasien haben. Man *darf* sie benutzen, um Aggressionen auf harmlose Weise abzubauen. Das ist ja auch schwerlich etwas, das nur Andy macht. Ich habe heute Nacht erst davon geträumt, jemanden getötet zu haben und Beweismittel zu vernichten. Das macht mich kaum zum Mörder.

Projizieren wir das nur bitte nicht in diesen literarisch eher wertlosen Text hinein! Der mag das irgendwie ausgelöst haben, aber die Aggression war ganz sicher vorher schon da.

Ich halte es für wichtig, daß wir für eine Kultur der Ehrlichkeit arbeiten, in der wir WISSEN und uns EINGESTEHEN dürfen, daß wir in der Lage sind, Menschen auf grausamste Art zu töten, die z.B. betrunken Auto fahren, und in der wir uns bemühen, zu erkennen, woher diese Aggression tatsächlich kommt und wie wir damit umgehen können. In der wir uns bemühen, unsere Aggressionen sinnvoll einzusetzen, anstatt sie einfach zu leugnen (was nämlich meiner Ansicht nach genau dazu führt, daß Leute u.a. betrunken Auto fahren und einander Bierflaschen in den Kopf treten).

bl
32. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 08.08.04 02:00

http://www.sueddeutsche-zeitung.de/panor...6219/print.html

Martin,
vielleicht interessiert Dich ja dieser Kommentar in der Süddeutschen Zeitung.

Gruß

Penthe
33. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 08.08.04 09:20

Ja, Danke, Penthe!

Im großen und ganzen auch meine Meinung. Paßt ja auch irgendwie zu dem Gedicht.
34. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von DunklerRitter am 11.08.04 16:53

Zitat
http://www.sueddeutsche-zeitung.de/panorama/artikel/255/36219/print.html

Martin,
vielleicht interessiert Dich ja dieser Kommentar in der Süddeutschen Zeitung.

Gruß

Penthe


Das ist aus meiner Sicht etwas typisch modern Deutsches. Sobald irgendwo ein Unfall passiert, MUSS es immer und jedesmal einen Schuldigen geben und der gehört nach Meinung der Öffentlichkeit auf das Allerübelste bestraft.

Ein Testfahrer hat einen Job, und dieser ist es nun einmal so schnell wie möglich mit dem Wagen rumzuprügeln und zu sehen, wie sich das Auto in Extremsituationen verhält.

Mag sein, dass der Fahrer einen Fehler gemacht hat, dass er zu nah aufgefahren ist...
Er hat etwas "verbrochen", dass täglich wahrscheinlich 10 Millionen Mal auf deutschen Autobahnen passiert.
Die Frau hat einen Schreck bekommen und das Steuer verrissen. Tragischerweise (und natürlich sehr medienwirksam) stirbt dabei auch noch ein Kind.

Und was nun?
Ein riesen Aufschrei des Entsetzens, weil der Kerl nur 1 Jahr auf Bewährung bekommen hat. Dass sein Job weg ist und dass sein Leben ruiniert ist zählt ja alles nicht.

Ich glaube, die meisten Leute sind schlichtweg geil darauf, wenn andere bestraft werden.
Wird wegen dem Urteil einer weniger rasen? Nein. Würde einer weniger rasen, wenn man denjenigen jetzt zum Tode verurteilt hätte? Nein.

Weniger rasen würde man vielleicht dann, wenn wir ein Tempolimit (sagen wir 130) hätten und alles darüber entsprechend und regelmäßig bestraft würde. So ein Tempolimit wird aber von den meisten Bürgern nicht gewollt.
Genauswenig wie eine noch niedrigere Promillegrenze. (Ich bin übrigens auch gegen beides)

Ich mag es auch nicht, wenn mir einer hinten an der Stoßstange klebt, ich fühle mich auch nicht wohl dabei, wenn ich weiß, dass Leute die nicht mehr stehen können sich ans Steuer setzen und beides gehört auch bestraft aber ich bin auch gegen eine Nation voller überzogener Gesetze und Einschränkungen.

0,5 Promille ist doch ok, mein Gott, wenn einer mal etwas zu schnell fährt, dann ist s halt so. Eine Geldstarfe dürfte in so einem Fall doch wohl angemessen sein.
Ja, wir haben soundsoviele Tote im Jahr, die evtl vermieden hätten werden können, aber aus meiner Sicht(!) ist das eben der Preis, den man dafür zu zahlen hat.
Weitaus schlimmer würde ich es finden, wenn es noch weit mehr Einschränkungen, Kontrollen, usw... geben würde.

Ich weiß, ich werde mit dieser Meinung einen Ansturm an Reaktionen auslösen, wie ich doch nur kann und dass alles ganz anders wäre, wenn ich selber betroffen wäre usw...
Ich bin trotzdem dieser Meinung.

Wenn ich mit 30km/h durch eine 30er Zone fahre und mir springt ein Kind vors Auto und ich töte es, werde ich verurteilt und bin ein Leben lang gebranntmarkt. Schließlich werden mich all die guten und braven Bürger zerfleischen, weil ich hätte doch wissen können, dass da Kinder spielen, ich hätte meine Geschwindigkeit anpassen müssen, usw...
Also schuldig in allen Belangen, ab ins Gefängnis damit, vielleicht kann man so andere "Mörder" abschrecken.
So läuft das bei uns, wenns nach der öffentlichen Meinung gehen würde.

Dass es manchmal einfach nur blödes Pech ist, genügt weder der BILD Zeitung noch den trauernden und nach "Gerechtigkeit" dürstenden Angehörigen.

DR
(Diese Nachricht wurde am 11.08.04 um 16:53 von DunklerRitter geändert.)
35. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 12.08.04 01:14

hallo DR,

Zitat

Ich glaube, die meisten Leute sind schlichtweg geil darauf, wenn andere bestraft werden.


Ich würde einen anderen Ansatzpunkt als die Geilheit Einzelner wählen.
Jede Gesellschaft hat eine bestimmte Strafkultur. Eine mittelalterliche Strafe hatte eine ganz andere Funktion als sie durch die heutigen Straftheorien begründet wird.
Strafe findet danach ihre Legitimation in der Zweckhaftigkeit für die Zukunft. Die strafrechtliche Legitimation ist in einem Notwehrrecht des Staates zur Abwehr sozialschädlicher Verhaltensweisen begründet ("Défence sociale"). Oberstes Ziel des Strafens ist es, nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977, "die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen".
Strafe soll andere vor ähnlichen Taten abschrecken (negative Generalprävention), das beeinträchtigte Rechtsbewußtsein der Allgemeinheit aufrichten (positive Generalprävention), den einzelnen Täter vor einer Wiederholung abschrecken bzw. die Gesellschaft vor ihm sichern (negative Individual- oder Spezialprävention), den einzelnen Täter positiv beeinflussen, ihn resozialisieren, um ihn so von einer Straftatwiederholung abzuhalten (positive Individual- oder Spezialprävention).


Zitat

Ein Testfahrer hat einen Job, und dieser ist es nun einmal so schnell wie möglich mit dem Wagen rumzuprügeln und zu sehen, wie sich das Auto in Extremsituationen verhält.


Zitat

Ein riesen Aufschrei des Entsetzens, weil der Kerl nur 1 Jahr auf Bewährung bekommen hat. Dass sein Job weg ist und dass sein Leben ruiniert ist zählt ja alles nicht.




Hätte sich die junge Frau an das Rechtsfahrgebot auf deutschen Autobahnen gehalten und einen verantwortungsvollen Daimlerangestellten nicht mutwillig dazu angestiftet, bei 225 km/h extremen Stoßstangenspaß auszutesten, dann wäre sie jetzt nicht daran schuld, dass dem armen Mann sein Leben ruiniert und der Job verlustig gegangen ist?
Sollte er bei den beiden Leichen Regress nehmen?
Klingt in meinen Ohren irgendwie crazy...

Gruß
Penthe

(Diese Nachricht wurde am 12.08.04 um 01:14 von Penthesilea geändert.)
36. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 12.08.04 07:49

Morgen zusammen!

Als ich von dem Urteil erfuhr, war ich fassungslos. Ich hatte mit einer Verurteilung wegen Totschlags oder mindestens fahrlässiger Tötung gerechnet.

Eine andere Sache noch:
Zitat

Weniger rasen würde man vielleicht dann, wenn wir ein Tempolimit (sagen wir 130) hätten und alles darüber entsprechend und regelmäßig bestraft würde. So ein Tempolimit wird aber von den meisten Bürgern nicht gewollt.


Es dürften weniger die Bürger sein, die eine vernünftige Temporegelung ablehnen, vielmehr wird diese von den der (Auto-) Industrie hörigen Politikern hintertrieben.

Gruß
Bluevelvet


(Diese Nachricht wurde am 12.08.04 um 07:49 von bluevelvet geändert.)
37. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 12.08.04 08:42

Guten Morgen Gerry,

vielleicht hast du recht, aber bei mir bleibt bezüglich des Urteils ein ungutes Gefühl und der Eindruck von Unangemessenheit.

Bist du jetzt eigentlich in Australien?

Schönen Gruß
Bluevelvet

38. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von DunklerRitter am 12.08.04 11:55

Hallo Penthesiliea,

warum der Staat dazu legitimiert ist zu bestrafen ist mir sehr wohl bewußt. Mir ging es aber darum, was den "einfachen Bürger" dazu treibt, so harte Strafen zu fordern...
Aus meiner Sicht ist das gerade in diesem Fall eine völlig irrationale Angst (die Wahrscheinlichkeit an seinem gegrillten Kotelett zu sterben ist wohl weitaus gefährlicherer als die Gefahr, von einem Raser getötet zu werden) gepaart mit dem Vergnügen, dass man dabei empfindet, wenn jemand bestraft wird. (völlig losgelöst von jeglichem SM Denken!)
Das war im Mittelalter so bei Hexenverbrennungen oder öffentlich in den Pranger gesperten Verurteilten, das war so im wilden Westen, als man gemütlich mit der Familie zum Galgen schlenderte um dort einen baumeln zu sehen, das galt für die Kuchen essenden Zuschauer unter der Guillotine und findet sich heute wieder, wenn man in Amerika erwägt, Hinrichtungen live ins Internet zu übertragen...
Hier geht es nicht darum, gewaltpräventation oder dergleichen zu betreiben, hier gehts aus meiner Sicht darum, dass eigene Ängste vor dem "Bösen" bekämpft werden und das wohle warme Gefühl, wenn jemand anderes leidet.

Hätte sich die junge Frau an das Rechtsfahrgebot auf deutschen Autobahnen gehalten und einen verantwortungsvollen Daimlerangestellten nicht mutwillig dazu angestiftet, bei 225 km/h extremen Stoßstangenspaß auszutesten, dann wäre sie jetzt nicht daran schuld, dass dem armen Mann sein Leben ruiniert und der Job verlustig gegangen ist?

Ach komm, diese Art der "argumentation" hast Du doch eiegntlich garnicht nötig.
Der Fahrer ist bei 225 km/h (Geschwindigkeitsbeschränkung gabs keine, oder?) zu nah aufgefahren. Das war sein Vergehen.
Also zu nah auffahren gibt ein paar Punkte in Fenslburg und vielleicht kurzfristigen Führerscheinentzug (kenne mich da zum Glück nicht so aus...), ebenso wenn man noch argumentiert, dass er unangemessen schnell unterwegs war (wenn ers war).
Mehr hat der Mann nicht "verbrochen".
Das machen zigtausenden täglich, nur dass die alle halt keine Fahrerein vor sich ahben die sich erschreckt und ihr Auto nicht unter Kontrolle hält.
Willst Du jeden, der mit 225 km/h nah auffährt in Zukunft 5 Jahre in den Knast stecken?
Warum also den fahrer nicht für das bestrafen, was er getan hat, sondern für das bestrafen, was die Frau getan hat?
Man sollte meiner Meinung nach die Tat bestrafen und nicht die Folgen.

Hallo Bluevelvet,

Als ich von dem Urteil erfuhr, war ich fassungslos. Ich hatte mit einer Verurteilung wegen Totschlags oder mindestens fahrlässiger Tötung gerechnet.

Vielleicht hast Du einen Gartenteich zuhause. Vielleicht klettern mal ein paar Kinder aus der entfernteren Nachbarschaft über Deinen Zaun und eins davon ertrinkt darin.
Dann stehst Du vor Gericht und kannst Deine Unschuld beteuern...

Ich selbst war vor einigen Jahren Besatzungsmitglied eines Spähpanzers bei einem der ersten deutschen Auslandseinsätze. Bei einer Patrouillienfahrt hat sich eine entgegenkommende Autofahrerin vom Panzer so erschreckt, dass sie das Steuer verriss und frontal in eine Hausmauer fuhr. Neben ihr ein kleines Kind (was für Parallelen), beide nicht angeschnallt und dementsprechend übel war auch der Aufprall. Beide haben allerdings überlebt.
Wir hatten gegenüber der heimischen Polizei sowieso Immunität, mussten uns allerdings natürlich vor der Militärpolizei verantworten.
Da allerdings die dem Unfall unmittelbar nachfolgenden Ereignisse weitaus brenzliger waren und somit der eigentliche Unfall schnell zur Nebensächlichkeit wurde und wir "vorschriftsmäßig" gefahren waren wurde uns keine Schuld zugesprochen.
Wenn es nach Dir ginge und wenn uns das ganze in Deutschland bei einer Übung mit tödlichem Ausgang passiert wäre, wäre wir wohl allesamt Totschläger gewesen. Irgendein Gutachter hätte sich schon gefunden, der behauptet hätte, wenn man halb im Graben gefahren wäre, oder stehengeblieben wäre oder die Kanone anders gedreht hätte, oder mehr Warnsignale gehabt hätte, oder... dann hätte sich die Frau nicht erschreckt.
Also schuldig. 5 Jahre Knast! Mindestens.


Es dürften weniger die Bürger sein, die eine vernünftige Temporegelung ablehnen, vielmehr wird diese von den der (Auto-) Industrie hörigen Politikern hintertrieben.

Wie bitte? Die böse, böse Autoindustrie? Die haben ja nur das Ziel, viele Autos zu verkaufen (wer kanns ihnen verdenken) und die bauen genau die Autos, die die Käufer wollen. Und die Käufer (=wir) wollen schnelle Autos.
Eher würde der durchschnittliche Deutsche auf seine Grundrechte verzichten, als dass er sich Einschränkungen beim geliebten Auto gefallen lassen würde.
Ich selbst bin übrigens auch gegen ein _generelles_ Tempolimit, obwohl ich selbst aufgrund des popeligen Autos nicht in der Lage sein werde, das auch auszunützen.
Aber wenn jemand auf einer freien übersichtlichen Autobahn 220 fahren möchte, dann soll er das meinetwegen auch dürfen.

Hallo Gerry,

wir stimmen mehr oder weniger überein. Ich verstehe auch nicht, warum man nicht nach der Tat an sich, sondern nach deren Folgen verurteilt wird.

Zur Promillegrenze. Ich halte 0,5 für einen brauchbaren Grenzwert. Ich trinke in 95% aller Fälle, wenn ich Auto fahre nichts, und in den restlichen 5% ein Bier. eine Grenze ist immer willkürlich und 0,5 ist genausogut oder schlecht wie 0,3 oder 0,8. 0,0 hingegen ist aus meiner Sicht absoluter Mist, da man die eben auch aus anderen gründen bereits überschreiten kann.
Ich kann als verantwortungsbewußter und denkender Bürger durchaus darauf verzichten, mich niederzusaufen, wenn ich fahren muss, ich möchte aber nicht bei jedem Eisbecher, Kuchen, Saft, Medikament, suw... das ich zu mir nehme, mit einem Fuß im Knast sitzen.
Was ist denn mit Leuten, die 1000km am Stück fahren, die nachts um halb vier unterwegs sind, die sich gelegentlich mal Musik mit 100 Dezibel reinziehen (dazu gehöre z.B. ich). Sind die alle perfekt fahrtüchtig, haben die alle die kurzen Reaktionszeiten?
Was ist mit alten Leuten, mit Behinderten,...?
Wo zieht man die Grenze?
Solange sie nicht bei 0 ist kann ich damit leben und wenn jährlich 20 Leute deswegen sterben weil die Grenze nicht bei 0,0 sondern bei 0,5 ist, dann ist das aus meiner Sicht ein angemessener Preis.

Ich laufe auch nicht durch die Gegend und beschuldige jeden Raucher, dass er versucht, mich fahrlässig zu töten, wobei es statistisch ja abgesichert ist, dass durch (Passiv-)rauchen weitaus mehr Leute streben als durch alle kriminellen Delikte zusammen.

Das Leben besteht nun einmal voller Gefahren und Kompromisse.

Wenn ich richtig dummes Pech habe, bekommt mir eine sub bei einem Spiel einen Herzinfarkt. Was glaubt ihr, was dann los ist? Titelblatt auf der Bildzeitung. Sadist tötet junge Frau bei perversen Spielen! Totschläger! Mörder! Perverser! Für immer in den Knast mit ihm! Sicherheitsverwahrung! Geschlssene Anstalt! Weggesperrt gehört er, die Drecksau, wer sowas macht, mißbraucht auch Kinder!
Ein Exempel muss her!
Hängt ihn höher!

Und das ganze bitte live im Internt...

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein glückliches Leben. Genießt es, solange ihr noch könnt...

DR
39. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 12.08.04 12:33

hallo bluevelvet und Gerry,
ich persönlich halte den Strafrahmen für stimmig, Totschlag scheidet ganz sicher aus. Der Testfahrer hat sich nach der *conditio sine qua non* lediglich ursächlich so verhalten, dass deshalb ein Unfall passierte und die Frau schließlich nicht höchstpersönlich in den Straßengraben geschoben.
Ich bezweifle allerdings stark, dass sich ein Auto mit einem 500 PS-Motor und 225 km/h Anfahrtsgeschwindigkeit im Rückspiegel langfristig verfolgen lässt - es ist einfach blitzschnell da.
Ich persönlich halte dennoch nichts davon, den Fahrer zum Sündenbock für alle Raser und Drängler dieser Welt abzustempeln oder an ihm ein Exempel statuieren zu wollen.
Er hat Unfallflucht begangen, allein deshalb finde ich es völlig okay, dass er seinen Job als Testfahrer verliert. Leid tut er mir nicht.

Und ob Überreglementierung oder nicht ... das ist ein weites Feld.
Ein einziger Vormittag auf der Autobahn ... und man kann sehen, wieviele Trottel dort ihr Auto als Waffe oder Kompensation für fehlendes Selbstwertgefühl benutzen. Bei ihnen automatisch von einsichtiger Vernunft auszugehen, halte ich für ein sehr zweifelhaftes Unterfangen.

Gruß
Penthe

und Gerry: ein Brückengeländer muss erst überwunden werden, das scheidet sicher aus ... aber wenn Du auf dem Gehweg jemanden so erschreckst oder bedrohst, dass er auf die Straße ausweicht und dort unglücklicherweise überfahren wird, dann wird das selbstredend auf strafrechtliche Kausalität hin abgecheckt.
40. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Roger_Rabbit am 12.08.04 14:34

Liebe Freunde!

Vieles paßt hierher, etwas schweifen wir ab. Mit Schmidtchen (dem ich meinen neuen Monitor zu verdanken habe, weshalb ich überhaupt hier noch teilnehmen kann) hatte ich eine Diskussion über diesen Testfahrer-Vorfall.
Zuerst war ich der Meinung, daß 1,5 Jahre ohne Bw. viel zu gering waren. Nach der Revision von ‚nur’ 1 Jahr auf Bw. und 12.000 Euro Strafe, plus Arbeitsplatzverlust, war ich genauso entsetzt wie einige Kommentatoren hier. Totschlag oder wenigstens fahrlässige Tötung wären das Mindeste für mich gewesen.
Doch … !
Ich muß meine Meinung revidieren. Schmidtchen konnte mich zwar nicht überzeugen, ich schwanke immer noch, bin ja auch kein Richter, doch schien die veröffentlichte Animation genau den Aussagen der Zeugen zu entsprechen.
Die LEIDER getötete Frau mit ihrem Kind befand sich mit ihrem Kleinwagen auf der linken Spur. Als sie aber bedrängt wurde und das Steuer verriß, konnte sie ohne Berührung anderer Fahrzeuge die Spuren wechseln. Demnach war nicht nur in der Computer-Animation genügend Platz auf anderen Fahrstreifen, wo doch in D ein RechtsfahrGEBOT herrscht, sondern auch nach Aussagen der Zeugen.

Ich schwanke immer noch mit mir. Als Staatsanwalt würde ich für ihn 8 Jahre beantragen, als Richter aber zu einem ähnlichen Ergebnis kommen.
41. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 12.08.04 14:42

Sorry, DR, unsere Beiträge haben sich überschnitten, deshalb noch einmal:

Ich selbst halte es nicht für gerecht, diesem Testfahrer mehr gesellschaftliche Schuld aufzuladen, als er durch sein fahrlässiges Verhalten persönlich zu vertreten hat.
In meinen Augen (und ich weiß noch nicht einmal, ob uns das unterscheidet) ist er allerdings nicht mit einem *shit happens* ganz von Verantwortung frei zu sprechen.
Warum in vielen Menschen so ein enormes Rachebedürfnis eingelagert ist, ist ein Phänomen, da hast Du Recht.
Die historischen Wurzeln der Rache liegen in Glauben, dass durch individuelles Unrecht dem Verletzten und seiner Sippe Wiedergutmachung zukäme. Magisch-sakrale Vorstellungen verlangten nach einem Bruch der Friedensordnung innerhalb eines Sippenverbands die sofortige Wiederherstellung derselben durch Fehde und Blutrache.
Vor Jahren habe ich einmal in Michel Foucaults soziologischer Abhandlung: *Überwachen und Strafen* gelesen, dass die archaischen *direkten* Strafen des Mittelalters (Enthaupten, Vierteilen, etc.) später zugunsten eines institutionalisierten Strafensystems  (Gefängnis) aufgehoben wurden wurden, angeblich im Zuge eines zivilisatorischen Fortschritts, dass diese Formen aber nicht minder ihre eigene *kalte* Brutalität besitzen.

Aber immer wieder scheint das Unzivilisierte hochzuschwappen. Bei jedem Sexualtäter wird nach Kastration verlangt und periodisch verlangt man die Todesstrafe.
Das *Auge um Auge*, *Zahn um Zahn* scheint tief zu sitzen.
Vielleicht entlastet so eine Einstellung von Schuld und Sühne, vielleicht kann man sich auf diese Weise einen klassischen Sündenbock suchen, der stellvertretend für eigene Schuldgefühle geschlachtet wird. Wie eine karthartische, reinigende Wirkung ...
Über Massenpsychologie bin ich nicht gut informiert, von daher sind das nur reine Spekulationen von mir.
Unlängst habe ich einmal einen interessanten Zeitungsartikel gelesen, dass in Deutschland derzeit zahlreiche soziale Sub-Systeme (zum Beispiel unter Russendeutschen, Exilalbanern etc.) entstehen würden, die auf tradierten Vorstellungen wie *Ehre* und *Rache* basieren.
Aufhänger war ein Boxkampf von Wladimir Klitschko der die *verlorene Ehre* seines Bruders Vitali, der in einem Kampf unterlegen war, durch einen Sieg wieder herstellen sollte.

Gruß
Penthe


(Diese Nachricht wurde am 12.08.04 um 14:42 von Penthesilea geändert.)
42. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Penthesilea am 12.08.04 16:32

hallo Gerry,
wie der Dunkle Ritter schon sagt, ist vieles an diesem Fall eine unglückselige Verquickung von Ereignissen, die ineinander gegriffen haben.
Hundert Mal am Tag passiert so etwas ohne Folgen auf Deutschen Autobahnen ... diesmal lief es halt vollkommen schief.
Im Rahmen seiner Handlungen und Folgehandlungen ist der Testfahrer sicher verantwortlich - an den öffentlichen Pranger gehört er deshalb nicht.

Um das mit dem Türzuschlagen noch einmal kurz aufzugreifen: es wäre vielleicht ursächlich für einen Unfall, aber es wäre nicht strafrechtlich relevant ursächlich, denn es ist ein Verhalten, bei dem nicht davon ausgegangen werden kann, dass es solche Folgen nach sich zieht.
Und genau das wurde in diesem Karlsruher Fall geprüft: ob das dichte Auffahren in einer engen Kausalkette zum Tod der beiden Unfallopfer steht ... und ob der Fahrer diesen durch umsichtiges rechtzeitiges Abbremsen nicht hätte vermeiden können. Das ist normales juristisches Subsumieren, keine moralische Wertung.
Die moralische Wertung, da gebe ich dem Dunklen Ritter absolut recht, geschieht immer erst durch die *kochende Volksseele* in der aufarbeitenden Presse und der Wiedergabe durch die Medien.

Gruß
Penthe

43. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von bluevelvet am 12.08.04 19:20

@ DunklerRitter!

Nur eine kleine Differenzierung von mir, damit es nicht zu Missverständnissen kommt:

Zitat

Wenn es nach Dir ginge und wenn uns das ganze in Deutschland bei einer Übung mit tödlichem Ausgang passiert wäre, wäre wir wohl allesamt Totschläger gewesen. (...) Also schuldig. 5 Jahre Knast! Mindestens.


Nun, so simpel denke ich denn doch nicht. Einerseits: Wenn ich mir die Zustände auf unseren Autobahnen ansehe - und ich fahre täglich ca. 120 Km auf Autobahnen - neige ich angesichts der Fülle von verantwortungslosen Idioten hinter dem Steuer natürlich zum Statuieren eines Exempels. Als Richter in einem rechtsstaatlichen Verfahren wüßte ich andererseits natürlich (wie ich es auch als "Normalbürger" weiß), dass ich streng nach Gesetz zu urteilen hätte und wäre mir natürlich bewußt, dass Recht und Gerechtigkeit (letzteres im moralischen Sinne) zwei Paar Schuhe sind, was nicht heißt, dass sie etwa gar nichts miteinander zu tun hätten.


@ Penthe

Natürlich haben wir ein archaisches Bedürfnis zu strafen in uns. Beispiel von mir gefällig? - Als Student wurde einmal der Wagen meiner Schwester fachmännisch aufgeknackt und u. a. meine gerade von meiner Mutter gewaschene Wäsche - Pullover, Hemden Unterwäsche (!) usw. - gestohlen. Selbstverständlich war ich sofort für die Einführung des islamischen Strafrechts! *gg. Nachdem ich mir die verlorenen Sachen ersetzt hatte und etwas Gras darüber gewachsen war, bin ich, auch was das Strafrecht angeht, wieder bürgerlich geworden ... *gg. So looks it out! Ich glaube, es ist vor allem einfach die Ohnmacht, die uns zunächt die "radikalen" Gedanken und Gefühle nahe legt. Dennoch, in meinem juristischen Unverstand hätte ich jetzt im Fall des Testfahrers ein höheres Urteil erwartet; und die Ankündigung der Revision wird in der Öffentlichkeit sicher als ein Akt der Dreistigkeit angesehen (so auch meine erste Reaktion).

Kleiner Nachtrag noch zur "Ehre": Selbstverständlich regiert in einigen Parallelgesellschaften unseres Landes noch ein recht blutiger Ehrbegriff. Ich kannte mehr als eine junge Frau, die auf der Kippe zum Ehrenmord stand. Nach meinem Eindruck ist dies vor allem in d e n Parallelgesellschaften der Fall, in denen die Menschen sich in erster Linie als bloße Gruppenmitglieder und nicht als Individuen begreifen. Die Opfer sind meist junge Frauen, die sich für sexuelle Selbstbestimmung entscheiden.

So weit erstmal
Bluevelvet


(Diese Nachricht wurde am 12.08.04 um 17:10 von bluevelvet geändert.)
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44. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von oxymoron am 12.08.04 21:46

Moin moin

Alkohol am Steuer
Die gesetzliche Grenze ist (wahrscheinlich) u.a. durch den Einfluß von Medizinern auf 0,5 Promille festgelegt worden und geht voraussichtlich von einem Durchschnittsmenschen aus. Die genannten Beispiele von älteren Menschen bzw. Behinderten zeigen, daß es auch andere Einflußfaktoren für die Reaktionszeit gibt.
In der ehem. DDR gab es eine 0,0 Promille-Grenze. Glaubhaften Schilderungen von Bekannten ist zu entnehmen, daß es kaum jemand davon abgehalten hat, trotzdem betrunken zu fahren.
Hohe Steuern in den skandinavischen Ländern halten die Leute nicht davon ab, Alkohol zu trinken. Wer einmal am Fähranleger im dänischen Helsingor gesessen und sich die schwedischen "Touristen" angesehen hat, die den Alkohol mit Sackkarren abtransportierten, kann sich schwer vorstellen, daß die alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren.
Letztens gab es einen Bericht im Radio über einen Mann, der nach dem Kauf von zwei Flaschen Sekt in einer Tankstelle von der Polizei gebeten wurde, ins Röhrchen zu blasen. Nach dem zweifelhaften Ergebnis wurde durch eine Blutprobe bestätigt, daß der Wert von knapp 6 (!) Promille doch stimmte. Wenn ich mich recht an den Biologieunterricht erinnere, sind "Normalsterbliche" mit etwas 3,5 Promille bewußtlos und mit 4,5 Promille tot. Ich gehe also davon aus, daß der o.g. Mann nicht am Abend vorher das erste Glas Alkohol getrunken hat. Und solche Leute fallen meistens nur bei Alkoholkontrollen auf und nicht, weil sie unsicher fahren würden!

Testfahrer / Geschwindigkeit
Nach den wenigen Dingen, die ich über diesen Testfahrer weiß, möchte ich ungern entscheiden, welche Strafe er "verdient" hat. Nach dem Überschreiten der gesetzlichen Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hat er automatisch eine Mitschuld.
Fahrerflucht: Hat er den Unfall gesehen? Haben bereits andere Autofahrer geholfen, so daß die "magische" Grenze überschritten war, ab der sich keiner mehr zuständig fühlt?
Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich möchte den Testfahrer nicht freisprechen, aber kennen wir alle Fakten?
Ich möchte auch noch einmal auf Gerrys Punkt zurückkommen, der im Polizeibericht mit "... nicht angepaßter Geschwindigkeit ..." beschrieben wird. Nicht die absolute Geschwindigkeit ist in jedem Fall wichtig. Wir kennen sicherlich noch alle die Bilder von den Massenkarambolagen im Nebel. Die LKW sind nicht schneller als die erlaubten 80 km/h gefahren, aber für die Verkehrssituation wären bereits 50 km/h zu schnell gewesen. Zwischen den 40-Tonnern waren dann noch einige PKW ohne Knautschzone ...

Ich fahre auch gern schneller als 130 km/h, aber
1. wieviele Strecken gibt es noch ohne Beschränkung?
2. wieviel Zeit spart es wirklich?
3. fahren unsere europäischen Nachbarn wesentlich entspannter (ich kann mich zumindest nicht an Drängler erinnern)
4. glaubt wahrscheinlich nur noch die Autolobby an das Märchen von der "freien Bahn für freie Bürger"


oxymoron
45. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Chinolina am 22.06.05 15:04

Ich habe mir hier alles durchgelesen und manchmal den Kopf geschüttelt.
Wie auch immer der Text übersetzt wurde, so kommt doch am Ende der selbe Sinn heraus.
Alkohol am Steuer müsste grunzipiell verboten werden. 0,0 Pormille sollte im Gesetz stehen.

Trotz allem kamen mir bei dem Lesen immer wieder andere Gedanken. Tag für Tag sterben bei uns mehr Kinder, als in den Zeitungen bekannt wird. Nein, sie sterben nicht mit ihren Körper, sondern mit ihrer Seele.

Warum? Lest selbst:

Warum Papi?

Verängstigt, voller Scham und Angst sitz ich in der Ecke, mache mich ganz klein, mich darf doch keiner sehen. Drücke die Hand von meinem Zwillingsbruder ganz doll, zu doll, es tut ihm sicher weh. Doch er sagt nichts, lässt mich nicht los, lässt mich nicht allein. Er will mich beschützen, doch kann er es nicht, ist doch noch viel zu klein, grad erst vier, und doch schon so ernst, so schweigsam, so traurig.

Er kann nix machen, genauso wenig wie ich. Ich muss weinen, er sieht mich an, Nicht weinen! sagt er und doch laufen ihm selbst die Tränen übers Gesicht.

Kann nix machen, hilflos, machtlos, zu klein! Die Tür geht auf, er ist da, Papi ist zu Hause. Hab Angst! Drücke die Hand fester zu, darf das nicht zu doll, es tut ihm doch weh, lasse etwas locker. Bitte nicht, bitte, bitte nicht, geht es mir immer wieder durch den Kopf. Doch es ist sinnlos, es wird passieren, wieder passieren, so wie jeden Tag, Er ist da. Gleich kommt er! BITTE NICHT!!!

Doch er kommt. Hier seit ihr ja! er lächelt, ich hab Angst! Komm mein Engelchen, komm zu Papi! Hab solche Angst! Er hebt mich hoch, hebt mich einfach hoch, will das doch nicht. Lasse meinen Bruder nicht los, klammere mich an ihm fest. Bitte nicht loslassen, lass mich nicht allein. Er kann sie lesen, meine Gedanken, ich weiß es genau, und er lässt nicht los, seine kleine Hand umklammert meine ganz fest. Nicht loslassen! Doch Papa ist stärker er zerschlägt unsere Hände, ich will sie wieder greifen, lass mich nicht allein, bitte! Ich weine, schreie, will nicht! Er weint auch, guckt mir nach, uns nach, Papa und mir. Er zittert, er weint, er schreit meinen Namen.

Schreit Papa an! Was sagt er? Ich verstehe es nicht, ich höre seine Worte nicht, er bewegt doch seine Lippen, warum höre ich seine Worte nicht Was sagt er, will wissen was er sagt! Sehe ihn nicht mehr, die Tür geht zu, hinter mir, hinter uns. Bin ja auf Papas Arm.

Wir gehen ins Schlafzimmer, will nicht! BITTE! Hab Angst!

Er lächelt. Freut sich, es macht ihm Spaß. Nicht weinen, Engel sagt er. Bin doch jetzt bei dir, bin doch lieb zu dir, sei du doch auch lieb zu mir!

Kann nichts machen, kann mich nicht wehren. Er streichelt mich, will das nicht, nicht an diesen Stellen, warum streichelt er mich da? Nein! flüstere ich immer wieder.

Kann nix machen, bin doch so klein, zu klein. Muss lieb sein, sein Engel sein, hab ihn doch lieb, ist doch mein Papi! Er küsst mich, überall, will das nicht, nicht an diesen Stellen. Weine, sie tun weh, die Tränen, sie brennen wie Feuer. Warum da? Warum an diesen Stellen? Muss ihn auch küssen, warum? Will das nicht! Muss ihn küssen, überall!

Komm, sei mein Engelchen, sei lieb zu Papi! Will lieb sein, will sein Engel sein, hab ihn doch lieb, er hat mich doch auch lieb, oder!?! Ja, ist doch mein Papi. Jetzt legt er sich auf mich, er ist schwer, so schwer. Er wiegt so viel, kriege keine Luft. Gleich passiert es wieder, gleich tut es weh, nein, will das nicht.

Es tut so weh. Es macht ihm Spaß, er mag es, es gefällt ihm. Er küsst mich, immer wieder. Auf und ab, wie bei Hoppe-Hoppe Reiter. Ich mochte dieses Spiel, früher, als er das noch nicht machte, ja da mochte ich es. Jetzt nicht mehr, jetzt hasse ich dieses Spiel, mag es nicht mehr spielen auch nicht im Kindergarten. Er macht komische Geräusche, es tut so weh. Es wird immer doller, immer schneller. Bald ist es vorbei. Wo ist Danny? Will zu meinem Bruder. DANNY!

Schreie ich in Gedanken, er hört es, ich weiß es genau, kann seine Gedanken lesen. Was ist nur los?

Sehe mich, nein uns Papi und mich, von oben. Es sieht komisch aus. Es passt nicht zusammen. Er ist viel zu groß, ich bin zu klein, es passt nicht zusammen. Er macht komische Bewegungen. Seine Augen, er sieht glücklich aus.

Will tot sein, so wie Putzi unser Wellensittich, der schläft jetzt auch, für immer. Will auch schlafen, für immer, nie wieder aufwachen, tot sein. Aber er ist glücklich, er ist froh. Papa macht es Spaß, muss lieb sein! Und dann, dann stöhnt er ganz laut. Es ist vorbei. Es tut so weh! Er gibt mir noch einen Kuss. Warst ein lieber Engel, der liebste Engel den es gibt! flüstert er mir zu. Es tut so weh. Es blutet, ich blute!

Warum? Was ist passiert? Verstehe es nicht! Warum Ich mag es nicht, will das doch nicht. Hab ihn doch lieb, ist doch mein Papi! Es ist normal. hat er gesagt, immer wieder, es ist normal. Glaube ihm, er ist ja groß, ist erwachsen. Erwachsene haben immer Recht, bin doch nur ein Kind. Hab Miriam im Kindergarten gefragt, sie hat gesagt, ihr Papa macht es auch mit ihr. Aber es tut so weh, es blutet. Frage mich immer wieder, warum?

Wo ist Mama, warum macht sie nichts dagegen? Sie weiß es doch! Sie hat uns doch gesehen, als er, als wir! Beim letzten mal. Sie hat nichts gemacht, nur geguckt. Nichts gesagt, stand nur in der Tür. Er hat sie angeschrieen, warum schreit mein Papa meine Mama an? Dann ist sie gegangen, hat nichts gesagt, nie. Kein Wort, nur, das ich nichts sagen darf, Niemandem, niemals! Es ist normal. hat sie gesagt. Muss das glauben, will ja lieb sein, ein Engel sein! Laufe zu Danny, er hält mich fest! Hast du Aua? fragen seine Gedanken, ich muss weinen! Er hat auch Aua! Er spürt das Selbe wie ich, jedes mal. Spürt immer wenn ich Aua habe, genauso doll wie ich. Er nimmt mich in seine Arme, seine kleinen Arme, sind doch noch so klein, so schlafen wir ein, Arm in Arm in der Ecke, ganz allein, wo ist Mami?

Frage mich immer und immer wieder Papi, warum? Hab dich doch so lieb, will doch dein Engel sein, Papi warum? WARUM? Will tot sein, wie Putzi, für immer schlafen, wie Putzi, tot sein.... Warum, warum nur? Warum..... ? ? ?


Ja warum nur...?

Angi
46. Re: Warum? (I went to a party, Mom)

geschrieben von Druuner2002 am 28.06.05 21:50

Hallo,
das Thema hier ist ja schon älter, daher verwundert mich sein wiederaufleben.
Das US- Gedicht hat Merkmale eines Hoax, daher findet man den Titel auch im : http://www.tu-berlin.de/www/software/hoaxlist.shtml#i.
Als Quelle des Gedichtes wird ein Buch aus dem Jahre 1997 angegeben (auch nicht gerade aktueller Stoff)

"In fact, the poem is an unauthorized rewrite of a piece that originally appeared in a book called "Chicken Soup for the Teenage Soul," published in 1997. Attributed in the book to Jane Watkins, the poem s given title was "Somebody Should Have Taught Him."

Das aktuell hier gepostete Gedicht hat eine andere Qualität, erreicht aber ebensowenig die Adressaten wie erstgenanntes.
Kein kinderschändender Vater, Onkel, Bruder, Nachbar, Lehrer, Priester ..., weniger Mutter, Tante, Schwester ..., wird durch dieses Gedicht abgehalten werden können.

Leider.

Hier stimme ich einem früheren Posting (bezogen auf Alkoholiker) übertragend zu: nur eine Therapie der Täter kann die Opfer schützen.
Denn die Väter die ihre Kinder mißbrauchen wollen das nicht wirklich, wie auch alkoholkranke Autofahrer nicht betrunken fahren wollen.

In vielen Fällen ist der Kindesmißbrauch, von wem auch immer, ein Ausleben von Macht, eine Bestärkung des ego, die man (frau) sonst nicht erfährt.

Solche Gedichte können, so denke ich, Dritte aufmerksamer machen, da sie (die Gedichte) geeignet sind betroffen zu machen.

Helfen können diese Gedichte ebenso wenig wie die Schlagzeilen der Bildzeitung.

Beide bleiben plakativ, sind maximal geeignet Stimmung zu machen gegen die Täter, die eigentlich auch Opfer sind.

Was dem Täteropfer, wie auch dem Opfertäter nicht hilft.

Grüße Druuner


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