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eröffnet von hpp am 30.04.06 18:10
letzter Beitrag von AlterLeser am 28.01.10 22:04

1. Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 30.04.06 18:10

Vorwort
Gibt es ein Parallel-Universum oder mehrere? Gibt es andere Dimensionen, in denen das Leben genauso wie bei uns existiert, aber die Umstände und Vorgänge variieren?
„Star Trek”-Fans wissen natürlich, dass Kirk, Spock, Scotty und Uhura einst durch einen Transporterunfall in eine grausame Parallelwelt gerieten und diese nachwirkend veränderten. Das Thema wurde in der Nachfolge-Saga „Deep Space Nine” erfolgreich weitergeführt, als Sisco, Kira, Dr. Bashir & Co. ihren entsprechenden Pendants gegenüberstanden.
Auch die US-Serie „Sliders” ließ ihre Helden von einer Dimension in die nächste gleiten, immer im verzweifelten Versuch, endlich wieder in die „eigene” zurückzugelangen.
Das alles ist nicht nur Science Fiction, denn auch die (realen) Astronomen und Astrophysiker versuchen, über parallele Universen und andere Dimensionen die Zeit vor dem Urknall und das Innere der schwarzen Löcher zu erklären.
Wenn sich sogar ernsthafte Wissenschaftler darüber Gedanken machen, könnte die nachfolgende Geschichte tatsächlich einmal geschehen, falls sie nicht schon längst geschehen ist ...

01. Blitz und Donner
Hinrich war Software-Entwickler in einem großen Betrieb und „ärgerte” sich seit 26 Jahren mit den Anwendern herum. Mit seinen 50 Jahren war er zwar nicht mehr der Jüngste, dafür aber ein Fachmann auf seinem Gebiet. Sein Chef setzte die Zielvereinbarungen so hoch und die Termine so kurzfristig, dass aus der ursprünglichen tariflichen 35-Stunden-Woche immer öfter eine 50- bis 60-Stunden-Woche wurde. Manchmal arbeitete er am heimischen PC am Wochenende weiter. Das allerdings führte dazu, dass seine Freundin ihn verließ, sie fühlte sich zu sehr vernachlässigt.
Es war endlich wieder Freitag - Wochenende! Hinrich hatte nach einem langen Arbeitstag mit fast 10 Stunden vorm PC nur noch einen Wunsch: faul auf der Couch liegen und beim Fernsehen einschlafen! Mit seiner Ex-Freundin hatte er eine gemeinsame Vorliebe entdeckt: Lack. Sie hatten kaum eine Fetisch-Party ausgelassen und zu Hause war Lackkleidung Pflicht. Aus dieser Tradition heraus tauschte er zunächst seine normale Kleidung in Lackhose und -Hemd um und legte sich zur Entspannung auf die Couch. Das Fernsehprogramm tat seinen Beitrag und ließ ihn nach kurzer Zeit einschlafen.
Die angekündigten Gewitterwolken hatten inzwischen die Stadt erreicht und ein kräftiger Donnerschlag weckte ihn. Durch das geöffnete Wohnzimmerfenster strömte schwülwarme Luft in die Wohnung hinein und Hinrich fühlte, dass er schweißnass war. Zwischen seiner Haut und der Lackkleidung hatte sich ein angenehmer Flüssigkeitsfilm gebildet, der das Tragen dieses Materials so erregend machte. Er schaute auf seine Armbanduhr - fast Mitternacht. „Zeit, die Lokalität zu wechseln”, dachte er sich und raffte sich auf, um ins Schlafzimmer zu gehen. „Doch zunächst den Fernseher abschalten!”
Was jetzt passierte, geschieht in seiner Komplexität vielleicht nur einmal in 10.000 Jahren, wenn nicht noch seltener. Hinrich hatte sich im Schlaf an einer Wolldecke gerieben und elektrostatisch aufgeladen. Als der den Netzschalter des Fernsehers drückte, entlud er sich. Ein deutliches Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Gleichzeitig hatte mit donnerndem Getöse ein Blitz in die Stromleitung eingeschlagen und im Antennenkabel eine entsprechende Spannung induziert. Alles zusammen jagte über den Netzschalter durch Hinrich hindurch. Der Schweißfilm auf seiner Haut wirkte zudem wie ein Kondensator und verstärkte den Effekt. Hinrich war einen Augenblick lang eingehüllt in eine Aura bauen Lichtes. Aber davon bemerkte er nichts mehr, er hatte das Bewusstsein verloren.

Als er wieder erwachte, schien ihm die Sonne ins Gesicht. Er brauchte etwas Zeit, um zu klaren Gedanken zu kommen. Dass er den Fernseher hatte ausschalten wollen, daran konnte er sich noch erinnern. Aber was war dann passiert? Es war warm und er schwitzte, doch er lag so angenehm bequem auf dem flauschigen Boden. Flauschiger Boden? In seinem Wohnzimmer lag doch ein Teppichboden mit kurzen Schlaufen, wo war er denn jetzt? Er riss die Augen auf und stellte fest, dass er einem fremden Zimmer lag. Die Möblierung, der Teppich, die Tapeten - irgendwie hatte er das Gefühl, dass dieser Raum von einer Frau eingerichtet worden war. Er erhob sich und versuchte, sich zu orientieren.
„Wer sind Sie? Was wollen Sie hier?” Hinrich drehte sich um. In der Tür stand eine bildhübsche Frau in einem seidenen Morgenmantel. Den hatte sie nicht ganz geschlossen und Hinrich bemerkte sofort den metallischen Glanz zwischen ihren Beinen - sie trug einen Keuschheitsgürtel. Er hatte früher immer versucht, seine Ex-Freundin zu einem KG zu überreden, aber sie wollte sich nicht verschließen lassen. Doch hier stand ihm plötzlich ein Traum von einer Frau in einem KG gegenüber. Leider hatte er ihren Schlüssel nicht.
„Wenn Sie nicht sofort sagen, was Sie hier machen, rufe ... rufe ich ... die ... Gendar ... me ... rie.” Ihr Tonfall veränderte sich und Hinrich hatte den Eindruck, dass sie ihn eher verwundert ansah als wütend auf ihn war. Ein paar Sekunden war absolute Stille.
„Ah, jetzt verstehe ich! Also gut, welche Abteilung hat sich diesen Scherz bloß ausgedacht? Gute Imitation, aber ich durchschaue euch!” Sie lachte.
„Das war bestimmt Angelikas Idee, habe ich Recht? Na los, runter mit der Maske!” Sie versuchte, Hinrichs vermeintlich angeklebten Bart abzureißen und bekam nur ein „Aua!” zur Antwort. Sie probierte das gleiche an den aus seinem Hemd herausragenden Brusthaaren und hörte wieder nur einen Schmerzenslaut. Sie stellte fest, dass er erstaunlich flache Brüste hatte, blickte an ihm herunter und sah, dass sich eine deutliche Beule in seiner Hose gebildet hatte. Sie wollte ihm schon in den Schritt greifen, trat aber verschreckt zwei Schritte zurück.
„Sind Sie ... sind Sie ... etwa ... sind Sie ein ... ein Mann?”

02. Unterschiedliche Welten
„Ja, was soll ich denn sonst sein? Das sehen Sie doch!”
„Nein, das kann einfach nicht sein, es gibt doch keine ... Männer ... mehr, oder doch?”
„Also, schöne Frau, gestern Abend war ich noch einer von etwa 2,5 Milliarden Männer auf diesem Planeten. Was hat sich denn inzwischen verändert, habe ich da etwas nicht mitbekommen?”
Die zwei Worte „schöne Frau” ließen sie schon fast hinwegschmelzen. Das hatte noch niemand zu ihr gesagt, schon gar nicht mit einer so tiefen Stimme.
„Können Sie beweisen, dass Sie ein ... Mann sind?”
Hinrich, verzaubert von dieser Schönheit, wollte sich nicht gleich vor ihr entblößen. Er drückte ihr deshalb zunächst einen Kuss auf. Küsse war sie von ihren Freundinnen gewohnt, auch Zungenküsse, aber dieser Mann (?) hatte so eine ganz andere Ausstrahlung. Er duftete auch irgendwie anders, eben wie ein ... ein Mann?
In unserer „normalen” Welt wäre das Verhältnis zwischen dieser schönen Unbekannten und Hinrich als Liebe auf den ersten Blick bezeichnet worden. Tatsächlich stimmte die Chemie zwischen den beiden sofort. Ihre Zungen spielten miteinander und er überließ von ihrem Körper keine Stelle unberührt. Nur ihre heißeste Stelle war durch den undurchdringlichen Stahl unerreichbar. Nein, keine ihrer Freundinnen war bislang so mit ihr umgegangen. Sie waren vielleicht etwas zärtlicher gewesen, aber auf keinen Fall so erotisch. Völlig neue und bislang unbekannte Gefühle überkamen sie. Das musste wirklich ein Mann sein. Sie griff Hinrich in den Schritt und fühlte seinen harten Stängel. Jetzt war sie sich sicher.
Der erste Ansturm war vorüber und die beiden besannen sich. Aus dem „Sie” wurde sofort ein „du” und Simone, so der Name der weiblichen Schönheit, schlug vor, die Situation bei einer Tasse Tee zu besprechen.
Hinrich hatte seine Geschichte schnell erzählt und Simone, Professorin für Theoretische Astrophysik an der hiesigen Universität, mutmaßte einen interdimensionalen Transfer. Hinrichs „Fachkenntnisse“ aus den „Star Trek”- und „Sliders”-Serien bestätigten sie dabei.
Beide kramten ihre jeweiligen Geschichtskenntnisse aus ihren Gedächtnissen hervor, um festzustellen wie und warum ihre beiden Welten so unterschiedlich waren.
Die gemeinsame Geschichtslinie hatte sich mit der Französischen Revolution getrennt, die war in dieser Welt nämlich gescheitert. Die Europäischen Adelshäuser schickten damals Truppen nach Frankreich, um Ludwig XVI. beizustehen. Zudem wollten die Österreicher „ihre” Marie Antoinette vor dem Mob und der Guillotine retten. Marie Antoinette wiederum begann eine Liaison mit einem jungen General namens Napoleon Bonaparte, der seinerseits Ludwig XVI. stürzte und dessen Thron einnahm. Als König Napoleon I. eroberte er den Europäischen Kontinent, besetzte Moskau und besiegte die Briten und Preußen bei Waterloo. 1805 wurde die „Union Francaise“ gegründet, ein Zusammenschluss der französischen Satellitenstaaten in Europa. Für knapp fünfzig Jahre war in ganz Europa - mit Ausnahme von Skandinavien und den Britischen Inseln - Französisch Amtssprache, bis in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Befreiungskriege begannen. Mehrere Staaten traten aus der „Union Francaise” aus und gründeten 1861 die „Konföderierten Staaten von Europa” unter der Führung Großbritanniens und Skandinaviens als Gegenpart Frankreichs. In Hinrichs Universum wütete zur gleichen Zeit der Amerikanische Bürgerkrieg. Und wie dieser, waren die Befreiungskriege in Simones Universum sehr blutig – und sie dauerten 36 Jahre bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, bis man auch hier – wie im 1. Weltkrieg in Hinrichs Universum – auf die perfide Idee kam, von der „konventionellen” Kriegsweise abzuweichen. Nur setzte man hier statt chemischer Waffen biologische ein. Es war historisch nicht mehr nachzuvollziehen, welche Seite diese fürchterliche Waffe zuerst benutzte, aber sie veränderte Simones Erde für immer. Es wurde ein Virus freigesetzt, das die feindlichen Armeen eigentlich nur mit einer Art Grippe infizieren sollte. Doch das Virus mutierte schnell und machte die Männer zeugungsunfähig. Durch den Geschlechtsakt wurden aber auch die Frauen infiziert, die daraufhin steril wurden. Von den bis dahin geborenen Kindern starben alle Jungen mit Beginn ihrer Pubertät.
Schnell stellte man fest, dass das Ende der Menschheit bedrohlich nahe war und es wurde 1897 ein Zwangsfrieden geschlossen. Mittlerweile war aus dem „begrenzten biologischen Einsatz“ eine Pandemie geworden. Es wurde aber kein Heilmittel gefunden, so dass im Jahre 1906 der letzte Mann auf dem Planeten Erde verstarb. Um die Art zu erhalten, wurden die Klon-Technologie sowie alterungshemmende Medikamente entwickelt. Bis auf der Erde wieder „normale“ Zustände herrschten und sich die Menschheit wieder natürlich fortpflanzen könnten, mussten die Frauen eben geklont werden. Um die genetische Degeneration bei den Klonen zu minimieren, verzögerte man medikamentös ihren Alterungsprozess. Auch versuchte man, Jungen zu klonen, aber nach wie vor verstarben alle mit Beginn der Pubertät. Simone, die wie eine Mittzwanzigerin aussah, war tatsächlich schon 55 Jahre alt und eine der letzten 10 Millionen Frauen beziehungsweise Klone, die noch auf der Erde lebten. Ihr vollständiger Name war übrigens „Simone 251B“, denn sie war der 251. Klon der 2. Generation („B“-Reihe) ihrer „Urmutter“ namens Simone.
Um die noch gebärfähigen Frauen zu schützen, trat zum 1. Januar 1900 das Keuschheitsgürtel-Gesetz in Kraft. Demnach mussten alle Frauen ab ihrer ersten Menstruation verschlossen werden. Jeglicher sexueller Kontakt mit Männern sollte so verhindert werden, bis das Virus besiegt war.
„Den ersten Keuschheitsgürtel bekommen wir vom Staat. Das ist eine richtige kleine Zeremonie, wenn wir erstmals verschlossen werden. Alle Mädchen warten schon ungeduldig auf ihre erste Monatsblutung. Die Schlüssel werden natürlich amtlich verwahrt. Den ersten KG hebt jede von uns auf wie eine Trophäe. Wenn wir irgendwann einen neuen brauchen oder wollen, müssen wir den dann selber bezahlen“, erzählte Simone stolz.
„Aber wenn es keine Männer mehr bei euch gibt, warum müsst ihr denn noch einen Keuschheitsgürtel tragen?“
Simone sah Hinrich erstaunt und mit großen Augen an.
„Äh ja, ich glaube, weil ... das Gesetz ist wohl nicht außer Kraft gesetzt worden. Und außerdem: da hängen eine Menge Arbeitsplätze von ab.“
Hinrich schüttelte grinsend den Kopf. Auch in diesem Universum gab es absurde Gesetze und Lobbyismus.
„Komm’, ich zeige dir etwas!“ Simone führte Hinrich in ihr Schlafzimmer. Dort war ein Gestell aufgebaut, an dem fünfzehn Keuschheitsgürtel hingen. Simone griff den kleinsten und unscheinbarsten.
„Das war mein erster Keuschheitsgürtel, den habe ich knapp zwei Jahre getragen.“ Sie erzählte zu jedem KG eine kleine Geschichte, wann und warum sie ihn erstanden hatte. Die KG unterschieden sich kaum in der Form, wohl aber in Farben und Mustern.
„Und den hier hatte ich vor diesem hier an!“, endete sie endlich.
Hinrich sah, dass das Gestell noch einige freie Plätze hatte.
„Jetzt sag’ bloß nicht, dass du nichts anzuziehen hast“, witzelte er.
Simone sah ihn verwundert an.
„Wie kommst du darauf?“
„Na ja, in meinem Universum stehen die Frauen oft vor ihren vollgefüllten Kleiderschränken und sind völlig verzweifelt, sie hätten nichts mehr anzuziehen.“
„Ja, das stimmt ja auch, das ist ja auch wirklich nicht so einfach!“ meine Simone.
„Frauen!“, dachte sich Hinrich, „Sie sind doch in allen Universen gleich!“

Es klingelte an der Tür. Es war die Postbotin, die ein längst erwartetes Paket brachte.
„Das ist mein neuer Keuschheitsgürtel, den habe ich mir neulich aus dem Katalog bestellt!“ Tatsächlich war es ein Stahlhöschen, in Pink lackiert, der aktuellen Trendfarbe in Simones Universum.
„Und wie kommst du da jetzt herein, so ohne Schlüssel?“, fragte Hinrich.
„Ja, wie machen das die Frauen denn in deiner Welt? Gehen die nie zur Friseurin?“
In Simones Universum gab es zwei Berufsgruppen, die amtliche Schlüssel für die Keuschheitsgürtel hatten – die Gynäkologinnen und die Friseurinnen. Während die Arbeit der Gynäkologinnen in beiden Universen die gleiche war, boten die Friseurinnen hier den zusätzlichen Service der Schamhaarpflege, um das Tragen des KG angenehmer zu gestalten. In diesen Fällen konnten die Patientinnen bzw. Kundinnen den KG wechseln.
Simone war erstaunt, als sie von Hinrich hörte, dass es in seinem Universum gar keine Keuschheitsgürteltragepflicht gab und seine Lackkleidung nur ein Fetisch war, den nicht alle Menschen teilten. Dass auch Männer Keuschheitsgürtel oder –Schellen tragen könnten, wollte Simone überhaupt nicht glauben. Warum sollten sich Männer vor sich selbst schützen müssen?

Sie machten es sich im Wohnzimmer bequem. Simone war ja Wissenschaftlerin und wollte alles mögliche Neue von Hinrich erfahren. Da nur in seinem Universum 1969 erstmals ein Mensch den Mond betreten hatte, war ihr unbekannt, dass der Mond durch eine Kollision aus der Erde entstanden war. In ihrer Welt hatte es keinen Edwin Hubble gegeben, der durch die Rotverschiebung der Galaxien die Expansion des Weltalls entdeckt hatte. Der Planet Pluto mit seinem Begleiter Charon und der Kleinstplanet Sedna waren hier natürlich genauso unbekannt wie die Atmosphäre des Saturn-Mondes Titan. Es hatte auch keinen Albert Einstein gegeben, der die Spezielle und die Allgemeine Relativitätstheorien aufgestellt hatte. Bei der berühmten Formel „E = mc2“ wurde er schroff unterbrochen.
„Dass Energie und Masse in einer Relation zueinander stehen, ist ein strenggehütetes Geheimnis!“
„Bei uns ist es aber allgemeine Schulbildung.“
Beide hatten die Zeit vergessen. Es war inzwischen Abend geworden. Wenn es nach Simone gegangen wäre, hätte Hinrich endlos weitererzählen können. Sie hörte ihm gerne zu, sie fühlte sich zu ihm hingezogen. War das Liebe? Liebe konnte es doch nur – zwangsläufig – zwischen Frauen geben. Aber sie war ja auch die erste Frau, die in den letzten 100 Jahren einen Mann gesehen hatten. Und nicht nur sehen, sie konnte ihn auch anfassen, und er sie. Sie war ganz in Gedanken.
„Hörst du überhaupt noch zu?“
Sie lächelte ihn an und küsste ihn. Während er dabei über ihre Brüste strich, wanderte ihre rechte Hand in Richtung seines Schrittes. Sie versuchte, seine Hose zu öffnen, kam aber mit dem Gürtel und dem Reißverschluss nicht klar.
„Darf ich dich ’mal ... ohne ... sehen?“, fragte sie.
„Weißt du nicht, wie ein Mann aussieht?“
Sie verneinte. Da es keine Männer gab, wurde in den Schulen auch nicht die Biologie des Mannes gelehrt. Selbst der Zeugungsakt des Menschen war den Mädchen und Frauen dieser Welt unbekannt und so fragte sie ganz naiv, als der „kleine“ Hinrich senkrecht von seinem Körper abstand: „Und was macht ihr mit diesem ... Ding?“
„Nun, das ist eine Art Multifunktionsgerät! Wie ihr Frauen, haben auch wir Männer eine Harnblase, die ab und zu entleert werden muss. Das ist die erste Funktion, die dieses ‚Ding’ namens ‚Penis’ erfüllt. Und zum anderen dient es dem Geschlechtsakt, spendet einer Frau eine halbe Milliarde Samenzellen, von denen sich eine bis zum Ei vorkämpft und sich mit ihm vereint. Und so entsteht ein Kind.“
„Und wohin ... wie ?“
„In deine leider verschlossene Vagina!“
„Tut das weh?“
„Das erste Mal vielleicht, wenn das Jungfernhäutchen einreißt. Dann aber macht es Weibchen und Männchen nur noch Spaß.“
In kurzen Worten war Simone jetzt sexuell aufgeklärt und war in dieser Sache wohl die bestinformierteste Frau auf diesem Planeten. Sie fühlte, dass sie zwischen den Beinen nass war.
„Gehört das dazu?“
Hinrich nickte. Er nahm sie in die Arme und trug sie in ihr Schlafzimmer. Auch wenn er nicht in sie eindringen konnte, so konnten sie in dieser Nacht doch zumindest miteinander kuscheln.
2. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 01.05.06 21:58

Hallo hpp,

eine schöne Geschichte ist dir da in den Kopf gekommen. *gg* Eine interessante Idee, jdn. per Blitz in eine parallele Welt zu befördern ... Kannte ich bisher nur aus Nahtoderfahrungen, aber da geht`s gleich auf Astralebene 17b. Die Geschichte ist sprachlich abwechslungsreich erzählt und hat an einigen Stellen ihren ganz eigenen Humor ("Multifunktionsgerät" *gg*). Ich bin schon gespannt, was die beiden noch miteinander anstellen werden! Na was schon? ...

Wenn du möchtest, verschiebe ich dir deine Geschichte in ein anderes, häufiger frequentiertes Board, z. B. "Stories über Damen".

Bluevelvet
3. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 31.05.06 12:16

03. Wie soll es weitergehen?
Als Hinrich am nächsten Morgen erwachte, wurde er nicht nur von der Sonne sondern auch von Simone angestrahlt. Sie hatte die ganze Nacht nicht einschlafen können. Ihr war allmählich klar geworden, dass sie seit über 100 Jahren die erste Frau mit einem Mann war. Dass sie ihr Bett mit jemandem teilte, das war sie ja noch aus ihrer Ehe mit Nadine gewohnt. Aber jetzt lag da ein Mann neben ihr, nicht mehr der jüngste und auch nicht der schönste – aber was galt das schon, er war jedenfalls der einzige. Oder war das doch nur ein Traum? Um das zu testen, wanderte ihre rechte Hand unter die Bettdecke in Richtung seines Schrittes. Simone stellte mit Erleichterung fest, dass sein bestes Stück in ihrer Hand an Größe und Umfang zunahm. Ihre Lustgrotte pochte und schrie förmlich nach einem Eindringling, aber ihr solides Stahlhöschen machte auch nur jeden Gedanken daran zunichte.
Auch für Hinrich war die Situation neu. Mit einer Frau im Bett zu liegen bedeutete bis dahin für ihn, nicht nur neben ihr sondern vor allem mit ihr zu schlafen. Doch nun war das Unterfangen seines „besten Freundes“ die „inneren Werte“ dieser weiblichen Schönheit zu ergründen, von vorn herein durch eine undurchdringliche Stahlwand zum Scheitern verurteilt. Er hatte dies in der letzten Nacht ein paar Mal schmerzhaft feststellen müssen, als er sich beim Stellungswechsel einige Schürfwunden an ihrem Keuschheitsgürtel holte.
Beide schauten sich verliebt in die Augen. Während sie sich weiter an ihm festhielt, wanderte seine linke Hand über ihre Brüste und verwandelten ihre weichen Brustwarzen augenblicklich in feste Nippel. Nadine war schon sehr zärtlich zu ihr gewesen, aber dieser Mann fasste die doch irgendwie anders, erregender, an. Sie war sich bewusst und stolz darüber, die einzige Frau auf der Erde zu sein, die diesen Unterschied kannte. Sie ließ ihren Gefühlen freien Lauf und genoss nur.
Gegen Mittag beschlossen sie, endlich aufzustehen. Da beide ein menschliches Bedürfnis hatten, lernte Hinrich etwas über die Hygiene-Gewohnheiten in diesem Universum. Das Badezimmer war wie bei ihm zu Hause mit Wanne, Waschbecken, Spiegel und Toilettensitz eingerichtet, doch war zusätzlich noch eine Apparatur an der Wand befestigt, eine Art Schalensitz mit Düsen und Abfluss. „Damit wird nach dem Stuhlgang der After und vor allem der Keuschheitsgürtel gereinigt“, erklärte Simone und setzte sich demonstrativ hinein. Sofort setzte der Reinigungsprozess ein. Das Spritzen aus den Düsen und das schürfende Geräusch des Abflusses waren deutlich zu hören und ein leichter Lavendelgeruch lag in der Luft.
„Das kitzelt ein bisschen. Aber wenn ich daran denke, welche Probleme wir noch vor sechzig Jahren noch mit der Hygiene hatten, bin ich froh über diese Erfindung“, sagte Simone, stieg wieder vom Gerät und trocknete sich mit einem Tuch ab. Eigentlich wollte sie schon fragen, wie in Hinrichs Universum sich die Frauen reinigten, aber sie erinnerte sich, dass es in seiner Welt ja kein Keuschheitsgürtel-Gesetz gab.
Simone öffnete die Wohnungstür. Der Lieferservice hatte, wie jeden Sonntag, den Beutel mit den Frühstücksbrötchen bereits an die Türklinke gehängt. Sie eilte in die Küche, um den Tee aufzusetzen und deckte anschließend den Tisch im Esszimmer. Hinrich bot seine Mithilfe an, wurde von ihr jedoch zum Zuschauen verdammt. In ihrer Ehe hatte sie die Rolle der Hausfrau übernommen und Nadine bedient, jetzt wollte sie Hinrich verwöhnen. Er durfte nur zwischen gekochten Frühstückseiern oder Rührei entscheiden.
„Gibt es bei euch auch Kaffee?“ fragte er vorsichtig.
Sie sah ihn mit großen Augen an, als hätte er soeben eine Todsünde begangen.
„Wir hier in der Konföderation sind doch mit Großbritannien verbündet und werden aus Britisch-Indien mit Tee versorgt. Kaffee kommt aus Afrika und Südamerika. Das sind Staaten, zu denen wir keine diplomatischen und auch keine Handels-Beziehungen haben. Die meisten Frauen hier wissen noch nicht einmal, was Kaffee überhaupt ist!“
Er nahm es gelassen hin, mit einer früheren Freundin hatte er schließlich auch immer Tee zum Frühstück getrunken und außerdem war ein Darjeeling First Flush war ja auch nicht zu verachten.
Sie sah ihn verliebt an.
„Wie soll es denn jetzt weitergehen?“ holte er sie in die Realität zurück.
„Du willst mich doch nicht wieder verlassen?“ fragte sie erschreckt. „Du hast doch nicht etwa schon eine .. eine Frau?“ Sie wurde etwas rot im Gesicht.
Er grinste. „Nein, ich bin solo und ich weiß überhaupt nicht, wie ich wieder in mein Universum zurückkommen sollte. Aber wie soll es hier weitergehen? Du kannst mich doch nicht ewig in deiner Wohnung versteckt halten und auf der Straße würde ich wie ein Außerirdischer auffallen.“
„Ja“, sagte sie, „und ich würde gerne ...“ Ihr Gesicht wurde schon knallrot. „Ich würde gerne ... Sex mit dir haben.“
„Tja, meine Liebe“, antwortete er etwas traurig, „da haben dir eure Gesetze eine eiserne Pforte in den Weg gestellt.“
Kurze Zeit herrschte absolute Stille.
„Es bleibt uns nur eines übrig“, sagte sie endlich, „Nadine muss uns helfen.“
„Nadine?“
„Ja, Nadine. Nadine ist meine Gynäkologin und ... meine Ex-Frau.“
Hinrich machte ein überraschtes Gesicht. „Ex-Frau?“
„Ja, nur weil es bei uns keine Männer gibt, gibt es trotzdem noch die Ehe. Oder gibt es das bei euch nicht mehr?“
„Doch, doch“, erwiderte Hinrich und erzählte, dass es in seinem Universum nicht nur Ehen zwischen Mann und Frau gab sondern auch homosexuelle Beziehungen immer mehr als offizielle Lebensgemeinschaften geschlossen werden konnten. Er hatte aber nicht erwartet, in ihrem Universum reine Frauen-Ehen vorzufinden.
„Hast du etwas dagegen, wenn sich zwei Frauen lieben?“ fragte sie kritisch.
„Nein! Wenn sich zwei Menschen wirklich lieben, dann ist vieles völlig egal, die Herkunft, die Hautfarbe, der Altersunterschied, die Religion, das Geschlecht. Wenn zwei Menschen miteinander glücklich sind, dann sollen sie es doch sein!“
Sie war erleichtert. „Auch wenn wir hier keine Männer mehr haben, sehnen wir uns doch nach Zärtlichkeit. Und nur bei einer Gynäkologin oder einer Friseurin kann der Keuschheitsgürtel geöffnet werden. Gut, als Patientin oder Kundin werde ich auf dem Stuhl festgeschnallt, aber meine Vulva liegt dann frei und ... Nadine war immer sehr zärtlich zu mir. Sie hatte sich in mich verliebt und wir haben dann schnell geheiratet. Aber das Leben mit ihr hat mich nicht sonderlich befriedigt, auch wenn wir nachts oft in ihrer Praxis waren und sie sich an meinem Lustzentrum zu schaffen machte. Nach zwei Jahren haben wir uns wieder getrennt. Ich wurde schuldig von ihr geschieden, wegen ‚heterosexueller Gefühle’. Die letzte Nacht mit dir hat das bestätigt. Ich mag Frauen, kann sie aber nicht lieben.“
Eine Träne kullerte ihre Wange hinunter.
„Und was ist mit Nadine?“
„Die hat inzwischen wieder geheiratet. Fast alle Gynäkologinnen und Friseurinnen sind verheiratet und finden im Fall der Fälle immer schnell eine neue Partnerin. Das ist dann der Trost dafür, dass sie ihre eigenen Keuschheitsgürtel nicht öffnen können. Sie sind dauerverschlossen. Zu einer Friseurin brauchen sie nicht, weil ihre Schambehaarung dauerhaft epiliert wurden und zur gynäkologischen Untersuchung treffen sich ihre Gilden monatlich im Gesundheitsamt. Dort untersuchen sie sich unter Aufsicht gegenseitig.“
Hinrich schüttelte den Kopf über dieses perfide System. Irgendwie kam ihm das alles wie Hexenverfolgung vor.
„Gut“, sagte er endlich, „Nadine kann uns also eventuell weiterhelfen. Und wie kommen wir zu ihr hin?“
„Ihre Wohnung und Praxis ist doch nur drei Straßenzüge von hier entfernt.“
„Und soll sich dann mit meiner ‚unauffälligen’ Lackkleidung durch die Gegend laufen? Dann kann ich mir ja noch ein Schild mit der Aufschrift: ‚Mann, frisch aus einem anderen Universum importiert’ um den Hals hängen. Hast du nicht irgend etwas zum Anziehen für mich?“
Simone lachte. „Du kannst dich ja gerne aus meinen Kleiderschränken bedienen.“
Sie war einen halben Kopf kleiner als er und wesentlich schlanker. Von daher passten ihm ihre Sachen gar nicht. Außerdem trug frau in dieser Welt ausschließlich Kleider. Die Sommerkollektion war zudem bauchfrei geschnitten, damit die Damen ihre aktuellsten Keuschheitsgürtel präsentieren konnten. Hinrich hatte dagegen nur einen behaarten Bauch anzubieten. Hosen wurden hier überhaupt nicht getragen, sie waren mit den Männern „ausgestorben“.
„Da kann uns Nadine auch weiterhelfen. Ihre neue Frau ist eine geschickte Schneiderin.“
Sie frühstückten in Ruhe zu Ende. Hinrich wollte beim Abräumen und Abwaschen helfen, wurde aber wieder brüsk in das Wohnzimmer verbannt bis Simone endlich mit ihrer Hausfrauenarbeit fertig war.
„Ich werde uns bei Nadine anmelden. Setze dich bitte da drüben hin.“
Er nahm auf dem ihm zugewiesenen Sessel Platz.
„Televisor, stelle eine Verbindung mit ‚Nadine 473A’ her.“
Hinrich grinste. Diese Terminologie erinnerte ihn an Raumschiff Enterprise, die Nächste Generation, in der der Computer über Lichtjahre hinweg sofort eine Verbindung zur Datenbank der Sternenflotte herstellen konnte. Aber Hinrich war auch erstaunt, denn das was er bislang für ein Ölgemälde an der Wand angesehen hatte, entpuppte sich nun als Plasmabildschirm mit integriertem Bildtelefon. In der Kommunikationstechnik war dieses Universum seinem um Jahrzehnte voraus.
„Hallo Simone, meine Süße!“ Nadine blickte aus dem Bildschirm heraus.
Beide Frauen unterhielten sich, wie Hinrich empfand, typisch weiblich lang und über Themen, die mit der eigentlichen Angelegenheit überhaupt nichts zu tun hatten. Unter anderem wurde über Simones neuen Keuschheitsgürtel, Hersteller und Preis (es war ein Sonderangebot) gesprochen, bevor Simone endlich zu ihrem eigentlichen Anliegen kam.
„Hast du Zeit für mich, kann ich heute noch zu dir kommen? Ich würde noch jemanden mitbringen.“
„Nanu, etwa eine neue Liebe. Kenne ich sie?“
„Ja und nein, aber lass uns das bitte bei dir besprechen.“
Es wurde vereinbart, dass Simone und Begleitung nach Einbrechen der Dunkelheit zu Nadine kommen sollten. Bis dahin wünschten sich beide Frauen alles Gute.
Der Televisor zeigte wieder das Landschaftsbild und Hinrich durfte aus seiner Ecke herauskommen. Er musste wohl in einem toten Winkel gewesen sein, so dass Nadine ihn nicht über das Bildtelefon hatte sehen können.
„Wir haben noch etwa 6 Stunden Zeit. Bis dahin kann ich dir ja noch etwas am Ordinator zeigen.“
Hinrich erinnerte sich, dass ‚Ordinateur’ das französische Wort für ‚Computer’ war. Überhaupt enthielt die deutsche Sprache in Simones Universum kaum Anglizismen, wohl aber viele aus dem Französischen angelehnte Wörter. Die Polizei war die Gendarmerie, der Computer der Ordinator, die Hosen waren die Pantalons.
„Ordinator, einschalten!“ Das Ölgemälde verwandelte sich in eine hellgrüne Oberfläche mit mehreren iconartigen Bilderchen. Die schockfarbene Darstellung erinnerte ihn an ein bestimmtes Betriebssystem in seiner Welt.
„Obstware oder Winzigweich?“ fragte er.
„Was?“ Simone war irritiert, wurde aber augenblicklich von ihm aufgeklärt.
Auch in Simones Welt gab es so etwas ähnliches wie ein Internet. Nur war dieses Netzwerk nicht global sondern ausschließlich auf die Europäische Konföderation beschränkt. Nicht einmal mit den verbündeten Königreichen von Großbritannien und Skandinavien konnte frau über den Ordinator in Kontakt treten. Zudem war dieses Netzwerk gesponsert von der Gemeinschaft der Keuschheitsgürtel-Hersteller und eigentlich dafür gedacht, dass frau sich ihre neuen Stahlhöschen dort online (ein Begriff aus Hinrichs Universum) bestellen konnte. Die Angebotspalette war nicht sonderlich groß. Es wurden ausschließlich Total-Modelle angeboten, „Ketten-Modelle“ waren hier gänzlich unbekannt. Diese hätten auch nicht der einzuhaltenden Norm entsprochen, auf die die Hersteller immer mit Stolz verwiesen. Die Keuschheitsgürtel unterschieden sich eigentlich nur durch die Lackierung. Gegebenenfalls waren einige Exemplare mit Ornamenten oder – für wohlbetuchte Käuferinnen – mit Edelsteinen verziert. Auch war es möglich, beliebige Texte eingravieren zu lassen.
Einen kleinen Teil des Netzes hatten die Hersteller für sonstige Informationen freigegeben, die allerdings durch eine Aufsichtsbehörde zensiert wurden. So gab es zwar detaillierte Landkarten der Europäischen Konföderation, doch die übrigen Staaten der Erde wurden nur als weiße Flächen dargestellt, ähnlich wie es in Hinrichs Universum in den Atlanten der zuende gehenden DDR jenseits der „Staatsgrenze West“ auch nichts mehr existiert hatte. In Simones Universum hatte der Zwangsfriede zwar zu einem Waffenstillstand, aber nicht zu einer Verständigung der Staaten untereinander geführt. Es gab nur inoffizielle Verbindungen unter den Wissenschaftlerinnen, die sich um den Fortbestand der Menschheit sorgten. Diese Verbindungen wurden von den einzelnen Regierungen zwar toleriert, aber keineswegs unterstützt. Eine notwendige Reise in ein anderes Land wurde sehr erschwert und auch der Aufenthalt dort war von Misstrauen und Überwachung begleitet. Immer noch, nach über 100 Jahren, beschuldigten sich die Staaten gegenseitig, die Ausrottung der Menschheit geplant zu haben.
Bei jeder Netzseite kamen Simone und Hinrich ins Gespräch und verglichen beide Universen miteinander. In vielen Punkten waren beide Welten gleich und doch unterschiedlich. Eine reine Frauenwelt war weder besser noch schlechter als eine Frauen-Männer-Welt.
Die Stunden vergingen und es wurde draußen langsam dunkel. Im Wohnzimmer hatte sich die Beleuchtung schon automatisch eingeschaltet. Es wurde Zeit, zu Nadine zu gehen.
4. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 31.05.06 19:45

04. Bei Nadine
Simone kramte aus ihrem Kleiderfundus einen weiten, schwarzen Umhang für Hinrich heraus. Sein Gesicht wurde mit einem schwarzen Seidenschal verhüllt. Da er ohne Schuhe aus seinem Universum gekommen war, bekam er ein Paar Sandaletten verpasst. Die waren ihm zwar deutlich zu klein, aber er konnte die Riemen zwischen die Zehen quetschen und musste so nicht barfuß durch die Straßen gehen. Lediglich die hohen Absätze bereiteten ihm Schwierigkeiten.
„Wie könnt ihr Weiber bloß auf diesen Dingern laufen?” schimpfte er.
Simone lachte. Da gab es also etwas, was Frauen in beiden Universen besser machen konnten als Männer.
Sie verließen ihre Wohnung. Jetzt erst bemerkte er, dass sie im 3. Stock wohnte und verfluchte jede einzelne Treppenstufe, die er mit diesem unmöglichen Schuhwerk herabsteigen musste. Schon in der 2. Etage entledigte er sich der Sandaletten und zog sie erst wieder im Erdgeschoss an. Die drei Straßenzüge bis zu Nadines Wohnung kamen ihm endlos lang vor. Simone musste ihn stützen und er achtete krampfhaft darauf, seine Verkleidung nicht zu verlieren. Die noch zahlreichen Frauen auf der Straße sahen verwundert diesem seltsamen Pärchen nach.
Endlich waren sie am Ziel. Nadines Wohnung war eine dreigeschossige „Scheibe” eines Reihenhauses. Ihre Praxis lag im Erdgeschoss, die oberen Etagen bildeten ihre Privatwohnung. Hier also hatte Simone als Ehefrau über zwei Jahre gelebt. Sie klingelte an der Haustür, die eine kurze zeit später geöffnet wurde.
„Hallo Simone, mein Schatz, da bist du ja!” Nadine persönlich begrüßte sie. „Und guten Tag, äh ...”
Simone fiel ihr ins Wort und drängte darauf, endlich eintreten zu können.
„Entschuldige bitte, Nadine, aber das hier können wir nicht draußen ...” Sie zog Hinrich mit durch die Tür und verschloss diese schnell. Dann nahm sie ihm Umhang und Schal ab.
„Das ist Hinrich!”
Nadine war wie versteinert. Sie brauchte einige Momente, bis sie wieder klare Gedanken fassen konnte. Prüfend strich sie ihm zunächst mit der Hand durch sein Gesicht, dann den Leib hinunter bis in den Schritt. Als Ärztin wusste sie um die Unterschiede zwischen Frau und Mann.
„Das kann doch wohl nicht wahr sein. Wo hast du den denn her? Schatz, komm’ doch mal, das musst du dir ansehen!” Der letzte Satz galt ihrer derzeitigen Ehefrau, die noch in der obigen Wohnung war. Hinrich war erstaunt, wer da die Treppe herabstieg. Es war Simones Ebenbild.
„Das ist Simone, genauer gesagt Simone 399B, meine Ehefrau. Simone, das ist ... Hinrich? ... ja, Hinrich, ein echter Mann.”
Simone 399B bestaunte ihn genauso wie es Simone 251B getan hatte. Beide Simones ähnelten sich wie ein Ei dem anderen. Kein Wunder, schließlich waren beide Klone einer gemeinsamen Urmutter, sogar der selben Generation. Doch sie waren nur äußerlich identisch. Während Simone 251B einst wegen ihrer Heterosexualität von Nadine geschieden wurde, hatte Simone 399B eine eindeutig lesbische Neigung. Mit ihr führte Nadine eine wirklich glückliche Ehe.
Nadine schlug vor, sich bei einem guten Wein zusammenzusetzen. Hinrich staunte nicht schlecht, als sie einen 1957er Bordeaux auf den Wohnzimmertisch stellte. Nicht nur, dass es sein Jahrgang war sondern auch, dass es ein französischer Rotwein war.
„Den habe ich nach einer Ärztekonferenz in Paris eingeschmuggelt”, erklärte Nadine.
Simone 251B und Hinrich mussten nun alles berichten, was zwischen ihnen in den letzten knapp 2 Tagen geschehen war. Auch über sein Universum wollten Nadine und Simone 399B alles wissen. Es wurde bis tief in die Nacht geredet und getrunken.
Etwa gegen 2 Uhr strich Nadine Hinrich erneut mit der Hand durchs Gesicht.
„Seltsam”, murmelte sie, „eigentlich hätten die Symptome doch schon einsetzen müssen.”
Drei Augenpaare schauten sie fragend an. „Welche Symptome?” fragte irgend jemand.
„Das Virus. Den Aufzeichnungen nach hatten die Männer nach 6 Stunden schon hohes Fieber gehabt und eine schwere Grippe durchlebt. Wer die dann überlebt hatte, der war dann zeugungsunfähig und ... für die Frauen ...naja ... gefährlich. Aber hier: Nichts! Kerngesund!”
Simone 251B bekam leuchtende Augen. „Dann macht er mich nicht ... also, wenn ich ... ich wäre dann also nicht betroffen?”
Simone 399B konnte mit dem Gestammel ihrer Klonschwester nichts anfangen, aber Nadine verstand sofort, was ihre Ex-Frau von ihr wollte.
„Du erwartest tatsächlich von mir, dass ich dich öffne?”
Beide Frauen blickten sich an. Sie sprachen nicht mit Worten, sie sprachen mit den Augen zueinander.
„Der alten Liebe wegen”, sagte Simone 251B, „und weil ich noch etwas gut habe bei dir.”
„Dann sind wir aber endlich quitt.” Um was es sich hierbei handelte war und blieb ein Geheimnis der Beiden. „Aber das geht nur in der Praxis und Simone muss uns dabei helfen”, sagte Nadine endlich.
Mit einigen Decken bewaffnet gingen die Vier hinunter in die Praxis. In einer Ecke war genügend Platz, um die Decken auszulegen. Simone 251B setzte sich auf den Behandlungsstuhl, aber ohne sich anzulehnen. Simone 399B wurde hinter die Rückenlehne postiert und musste ihre Arme in die dafür vorgesehenen Stützen legen. Sie wurde daran angeschnallt. Jetzt wurde vom Stuhl der Universalschlüssel freigegeben und Nadine konnte Simone 251Bs Keuschheitsgürtel öffnen. Simone 251B kletterte aus ihrem Stahlhöschen heraus und stand plötzlich „unten ohne” im Raum während ihre Klonschwester den Behandlungsstuhl regelrecht umarmte.
Es war ein ungewohntes Gefühl für Simone 251B, keinen Keuschheitsgürtel mehr zu tragen. Nur die kurzen Momente bei einem Modellwechsel war sie ohne gewesen, aber jetzt fühlte sie sich befreit und nackt zugleich. Sie ging im Raum hin und her und vergaß fast, was sie eigentlich wollte. Als sie Hinrich in der Ecke sah, streifte sie sich ihre letzte Kleidung vom Körper und ging auf ihn zu. Sie wollte ihn verführen. Er ließ sich das gerne gefallen, auch wenn es ihm zunächst unangenehm war, beobachtet zu werden. Aber ihre wilden Kussattacken, der Duft ihres Körpers und die Wärme ihrer Nähe ließen ihn schnell die Umwelt vergessen. Bald schon übernahm er das Kommando und begann mit dem Vorspiel. Er wusste, sie war noch Jungfrau und er wollte sie sanft auf ihre Defloration vorbereiten. Sie bebte, als er ihre erogenen Zonen berührte, streichelte, küsste, leckte. Er hätte stundenlang so weitermachen können, doch sie war es, die genug hatte. Sie wollte ihn endlich richtig spüren. „Steck ihn doch endlich rein!” rief sie. Er kniete zwischen ihren gespreizten Beinen, hob sanft ihr Becken an und drang in sie ein. Der kleine Widerstand ihres Jungfernhäutchen wurde durchbrochen. Der kurze Schmerz, den sie in diesem Moment verspürte, wich gleich dem bis dahin unbekannten Gefühl der Liebe. Oh, könnte er sie doch durchbohren! Ihr immer heftiger werdendes Stöhnen verriet ihm, dass es ihr gefiel. Ihren Orgasmus, den ersten Orgasmus einer Frau nach über 100 Jahren, schrie sie lauthals heraus. Doch kaum hatte sie dieses erleichternde Gefühl erlebt, wollte sie noch mehr. Er musste sie noch drei Mal zum Höhepunkt bringen, bis er endlich erschöpft aufgab.
Während dieser Zeit hatte Nadine ihnen erstaunt zugesehen, natürlich nur aus wissenschaftlichem Interesse. Simone 399B hatte dem Ganzen nur zuhören können. Sie war aber so erregt, dass es aus ihrem Schritt nur so tropfte.
Draußen wurde es schon wieder hell und Nadine musste die Idylle unterbrechen. Widerwillig stand Simone 251B auf, nicht ohne ihren Geliebten mitzuziehen und ihn heftig zu küssen. Sie musste nun in ihren Keuschheitsgürtel zurück und Simone 399B aus ihrer misslichen Position endlich befreien. Auf dem Weg zum Behandlungsstuhl strich sie über Hinrichs Rücken und bemerkte die roten Striemen.
„Was ist denn mit deinem Rücken passiert?” fragte sie.
„Ich war heute Nacht mit einer Wildkatze zusammen”, grinste er.
„War ich das etwa? Tut das weh?”
Er blickte ihr nur liebevoll in die Augen und half ihr, auf den Behandlungsstuhl zu klettern. Dort wurde sie wieder verschlossen, der Universalschlüssel wieder in seine Halterung gesteckt. Nun konnten die Armfesseln von Simone 399B geöffnet werden, die ihre nun freien Arme mit einem zufriedenen Seufzen ausschüttelte.
Die Vier kehrten in den 1. Stock zurück und setzten sich an den Wohnzimmertisch. Alle waren erschöpft, doch es war Montag und Nadine musste ihre Praxis bald öffnen und Simone 251B Vorlesungen in der Universität halten. Nur Simone 399B und Hinrich konnten sich ausruhen. Es wurde beschlossen, dass Hinrich an diesem Tage bei Nadine bleiben sollte. Ihn am hellen Tag wieder in Simone 251Bs Wohnung zu bringen, war zu gefährlich. Außerdem konnte Simone 399B später noch versuchen, für ihn passende Hosen zu nähen.
Simone 251B machte sich auf den Weg nach Hause, um sich dort frisch zu machen und neu einzukleiden, nicht ohne sich heftig küssend von ihrem Liebhaber zu verabschieden. Sie hätte ihn schon wieder vernaschen können, aber ihr Keuschheitsgürtel und der Zeitdruck hinderten sie daran.
Nadine nahm ein ausgiebiges Bad, um sich für den langen Arbeitstag vorzubereiten. Nun waren Simone 399B und Hinrich allein und schauten sich mit müden Augen an. Simone nahm ihn an der Hand und führte ihn ihr Schlafzimmer. Beide legten sich in ihr Ehebett und schliefen nach kurzer Zeit ein.
5. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 04.06.06 11:53

Eine tolle Geschichte hat wieder ihre Fortsetzungen gefunden: intelligent, sensibel und humorvoll erzählt. Und da die Mädels hier allesamt ordentlich kgtiert sind, verschiebe ich die Story jetzt einfach ins Damengeschichten-Board!

Bluevelvet
6. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 04.06.06 15:27

Hallo hpp,

eine wirklich interessante Darstellung einer Paralleldimension, in der ich aber auf keinen Fall leben wollte. *smile...
Schlimm genug, dass es dort keine Männer gibt, aber ohne ersichtlichen Grund einen KG tragen zu müssen und dadurch auch noch des Vergnügens der Selbstbefriedigung beraut zu sein, ist ja wohl undenkbar. *weia...
Na da bin ich mal gespannt, wie es weiter geht.

Herzliche Grüße Petra-H
7. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 05.06.06 19:28

05. Simone oder Simone
Gegen Mittag wurde Hinrich wach. Er war immer noch geschafft von der letzten Nacht und verspürte einen deutlichen Muskelkater zwischen Bauch und Beinen. Im Halbschlaf noch erinnerte er sich an den heißen Beischlaf mit Simone 251B und konnte regelrecht noch ihre Liebe spüren, bis ihm schlagartig bewusst wurde, dass da etwas Reales passierte. Er riss die Bettdecke zur Seite und tatsächlich - da machte sich Simone 399B gerade an seinem besten Stück zu schaffen.
„Was machst du denn da?” fragte er erschocken.
Sie blickte ihn aus den Augenwinkeln an und grinste, soweit sie es mit vollem Mund konnte, ließ sich aber nicht abhalten. Sie bearbeitete ihn, als hätte sie es immer schon so gemacht.
„He, du bist doch verheiratet!”
Sie ließ von ihm ab und kroch zu ihn auf Augenhöhe.
„Du machst dir Sorgen wegen Nadine? Die arbeitet fleißig in ihrer Praxis.” Ihre rechte Hand wanderte wieder in Richtung seines Schrittes. „Die ist unnahbar, weil sie dauerverschlossen ist. Ich komme ja gar nicht an ihre Ritze heran. Gut, sie ist sehr zärtlich zu mir, aber immer nur gestreichelt werden, will ich auch nicht. Du hast heute Nacht Simone 251B sehr glücklich gemacht, das will ich auch. Mach mich zur Frau!”
Sie legte sich auf den Rücken und spreizte auffordernd die Beine. Hinrich hatte sie tags zuvor als wortkarge, devote Lesbe kennengelernt, aber das hier war eine Femme Fatale. Jetzt erst bemerkte er, dass sie keinen Keuschheitsgürtel trug.
„Wieso hast du keinen Keu...”, wollte er fragen, doch sie bedeutete ihm zu schweigen.

Nach getaner, zweistündiger „Arbeit” fiel er völlig erschöpft ins Kissen zurück.
„Ein Gutes hat’s ja”, dachte er sich, „der Muskelkater ist jedenfalls weg!”
Simone 399B war bereits aufgestanden und legte sich ihren Keuschheitsgürtel an.
„Ab und zu helfe ich Nadine in der Praxis. Dabei habe mir einmal mit Lehm einen Negativabdruck des Universalschlüssels gemacht. Sie hat davon nichts gemerkt. Mit dem Nachschlüssel habe ich meinen Keuschheitsgürtel öffnen und mich endlich selbst berühren können. Hier im Bett ist das Onanieren einfach schöner als nur auf dem Behandlungsstuhl von ihr etwas gestreichelt zu werden. Doch einen Mann in sich zu spüren, übertrifft das alles. Mir ist es egal, ob du mich verrätst, aber das war es mir wert.”
Er versicherte ihr, keinen Grund zu haben, sie zu verraten. Sie nahm es mit einem Lächeln hin und machte sich daran, ihm ein Paar Hosen zu nähen. Seine Lackhose nahm sie dazu als Muster. Er war für diesen Tag, bis auf das Ausmessen, zum Nichtstun verurteilt und setzte sich in einen Sessel. Während sie die Nähmaschine rattern ließ, erzählte sie von ihrer Ehe.
„Dass Frauen ungefragt so viel reden können ...”, dachte er sich und schlief dabei ein, bis er etwas unsanft wieder wachgerüttelt wurde.
„Deine Pantalons sind fertig!” Simone 399B lächelte ihn an, doch anstatt des erwarteten „Ah” und „Oh” stieß er einen Schrei des Entsetzens aus. Nein, eine rosafarbene Seidenhose wollte er nicht anziehen, da blieb er doch lieber weiter beim schwarzen Vinyl.
„Aber warum denn nicht, die sind doch chic!” sagte sie verwirrt.
„Für eine Frau schon, aber das ist weder die Farbe noch das Material für einen Mann!” war seine schroffe Antwort.
„Seit wann tragen Frauen denn Pantalons?” wollte sie wissen.
„In meinem Universum schon lange”, erklärte er. „Zieh’ du sie doch einmal an.”
Neugierig wie sie war, entledigte sie sich ihres Kleides und zog die Hose an. Die war ihr natürlich zu groß, aber nun spielte er den Schneider, kürzte die Beine, krempelte den Bund um und steckte ein paar Abnäher ab. Nun saßen die Pantalons wie eine knallenge Hüfthose an diesem makellosen Körper. Lediglich ihr Keuschheitsgürtel ragte heraus.
„Und was jetzt, soll ich etwa barbusig durch die Gegend laufen?”
„Nein, was du jetzt brauchst, ist ein bauchfreies Top!”
Sie schaute ihn ungläubig an.
„Hm”, sagte er, „hast du so etwas ähnliches wie eine Korsage, die haben die Damen im Rokoko und Barock doch schon getragen.”
„Nein, die wurden vom Modeministerium als ‘antifeminin’ verboten!”
Kopfschüttelnd bat er um Einblick in ihren Kleiderschrank. Der war, wie nicht anders zu erwarten, prallvoll. Unter den „abgelegten Sachen” fand er ein rosafarbenes Seidenkleidchen mit Spaghettiträgern. Auf seine Bitte hin zog sie es über. Der eingearbeitete BH betonte ihr ohnehin ansehnliches Dekolletee. Mit einer Schere trennte er etwa zehn Zentimeter unterhalb der Brustlinie den restlichen Teil des Kleides ab. Nun trug sie ein Top und bestaunte sich Spiegel.
„Und so etwas tragen die Frauen in deiner Welt?”
„Na ja, jedenfalls die jungen und die, die jung geblieben sind.”
„Aber warum denn, was zeigen die denn, wenn sie keinen Keuschheitsgürtel tragen?”
„Na, ihren Bauchnabel, besonders wenn er gepierct ist. Oder ihre Tattoos. Oder beides.”
Piercings und Tattoos waren in ihrem Universum unbekannt und so musste er sie darüber erst einmal aufklären.
„Ach so, dann sind also diese Ringe in deinen Brüsten und diese Stäbe in deiner Augenbraue also ... Piercings? Und diese ... äh ... Flecken, Bilder, Markierungen, oder was das da ist, auf deiner Haut ... Tattoos? Tut das weh?” stellte sie danach fest.
Eine pieksende Stecknadel brachte sie zum ursprünglichen Thema zurück. Dieses Outfit gefiel ihr und sie machte sich sofort daran, ihre Hose umzunähen und ihr Top mit einem richtigen Saum zu versehen. Als sie fertig war, schlüpfte sie sofort hinein - es passte perfekt. In beiden Universen ein absoluter Hingucker! Aber er hatte immer noch keine neuen Hosen.
„Welche Stoffe werden denn bei euch für die Pantalons benutzt?” wollte sie wissen. „Baumwolle? Nein, Baumwolle gibt es nur in der Nordamerikanischen Hegemonie, und zu der haben wir keine Handelsbeziehungen. Leinen? Aus Leinen werden bestenfalls minderwertige Vorhänge gemacht. So etwas willst du tatsächlich anziehen? Und in welcher Farbe? Dunkelblau oder schwarz? Habt ihr Männer alle so einen seltsamen Geschmack?”
Es war inzwischen später Nachmittag geworden und Nadine schloss ihre Praxis. Auch Simone 251B war gerade eingetroffen. Sie wollte gerne noch einmal mit „ihrem” Mann schlafen, aber Nadine weigerte sich, sie erneut zu öffnen. Außerdem wollte sie Simone 399B nicht zumuten, erneut stundenlang den Behandlungsstuhl „umarmen” zu müssen. Etwas frustriert begleitete Simone 251B Nadine in den 1. Stock und beide bewunderten dort zunächst Simone 399Bs neue Gewänder, während Hinrich im ersten Augenblick zur Nebensache degradiert wurde.
Nun wollte Simone 251B gerne nach Hause. Hinrich wurde wieder in seine schwarzen Gewänder gehüllt und sie verließen Nadines Haus. Simone 399B begleitete sie, sie wollte ohnehin noch Leinenstoff für seine Hosen kaufen. Glücklicherweise zog sie in ihrer rosafarbenen Hüfthose und ihrem Top die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich, so dass Simone 251B und Hinrich schnell in die Wohnung kamen.
„Schade, dass wir heute keinen Sex miteinander haben können”, sagte sie traurig, als sie sich auf der Wohnzimmercouch an ihn herankuschelte.
Er antwortete nicht und streichelte sie sanft.
„Du sag mal”, unterbrach er nach einiger Zeit die Stille, „mir ist aufgefallen, dass in euren Gärten und Straßen keine Kinder sind. Wo sind die denn geblieben?”
„Kinder? Die gibt es bei uns nicht. Ja, wir, die Klone der 1. und 2. Generation wurden noch als Kinder aus den Retorten genommen, aber seit der 3. Generation erfolgt die Reifung bis zum Ende des Körperwachstums. Um das zu beschleunigen, wird der Klon künstlich gealtert und gleichzeitig konditioniert, das heißt, er wird für seine gesellschaftliche Position vorbereitet.”
„Wie viele Klone werden denn hergestellt?”
„Nur so viele, wie gebraucht werden, sprich sie ersetzen jeweils Todesfälle. So gibt es keine Überbevölkerung und durch die Konditionierung gibt es auch keine Ausfälle in den Berufsgruppen.”
Hinrich lief es eiskalt den Rücken herunter. Diese Klontechnik war eine perfekte Menschenproduktion. Menschen, die durch eine Konditionierung wer weiß wie vorprogrammiert werden konnten. Noch diente das dem reinen Fortbestand der Menschheit, aber bei dem Misstrauen und gegenseitigem Hass der einzelnen Staaten untereinander in diesem Universum konnte das Ganze schnell missbraucht werden. Er teilte Simone seine Bedenken mit und erzählte, warum die Klontechnik in seinem Universum so umstritten war.
„Leider können die neuen Klone nur in Retorten gezüchtet werden”, erklärte sie traurig, „es geht einfach nicht anders. Es gibt absolut keine Möglichkeit mehr, ein Kind auf natürliche Weise zur Welt zu bringen.”
Hinrich bemerkte die Tränen in ihren Augen und drückte sie zärtlich an sich heran. Als sie in seinen Armen eingeschlafen war, trug er sie in ihr Bett.
8. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 05.06.06 19:43

06. Entdeckt
Der Wecker riss beide aus dem Schlaf. Simone musste wieder in die Universität. Glücklicherweise sollte ihr Arbeitstag an diesem Dienstag aber nicht so lang sein, so dass sie am frühen Nachmittag wieder zu Hause sein wollte. Durch die Müdigkeit des Vortages benötigte sie außergewöhnlich viel Zeit für die Morgentoilette und war so spät dran, dass ihr keine Zeit blieb, mit ihrem Geliebten zu frühstücken. Dafür entschuldigte sie sich mit einem langen Kuss und verließ die Wohnung.
Er war nun allein und verspürte das erste Mal seit Tagen Hunger. Es war nicht Sonntag, also gab es keine Frühstücksbrötchen. Simone aß in der Mensa, dementsprechend leer war ihre Speisekammer. Glücklicherweise stand im Wohnzimmer noch eine gut gefüllte Obstschale.
Den Tag vertrieb er sich mit Lesen, ihren Televisor und den Ordinator konnte er ja nicht benutzen, die reagierten nur auf ihre Stimme. Ihre Bibliothek war zum Glück gut bestückt, sowohl mit Belletristik als auch mit Fachbüchern. Ihm unbekannte Romanautorinnen hatten Werke für den rein weiblichen Geschmack geschrieben. An diesen Werken hatte er schnell das Interesse verloren, daher widmete er sich den Sachbüchern zu. Es war durchaus aufregend für ihn, wie unterschiedlich sich die einzelnen Wissenschaften beider Universen entwickelt hatten. Aus der Notwendigkeit heraus war die Klontechnik hochentwickelt und wie die Kommunikationstechnik der seines Universums um Jahrzehnte voraus. Andererseits waren hier andere Wissenschaften, eben weil sie den Fortbestand der Menschheit nicht förderten, regelrecht als „Stiefkinder” behandelt worden. Dazu gehörte auch die Astronomie, Simones Fachgebiet. Er blätterte in einem astronomischen Atlas, der - dem Einband nach - fast druckfrisch war. Der Kenntnisstand entsprach in etwa dem des Anfang 20. Jahrhunderts in seiner Welt. Pluto war noch nicht entdeckt, es waren nur die Galileieschen Jupitermonde bekannt, die Oortsche Wolke gänzlich unbekannt und Andromeda wurde als Stern angesehen. In der Mathematik waren beide Universen gleichauf, die Zahlen „Pi” und „e”, wie er sie noch mit 12 Nachkommastellen in der Erinnerung hatte, absolut identisch. Auch die Infinitesimal- und Differenzialrechnungen konnte er nachvollziehen.
In der Fahrzeugtechnik und im Automobilbau war dieses Universum ebenfalls auf gutem Stand. Die Karosserien entsprachen natürlich mehr dem weiblichen als seinem Geschmack. Lachen musste Hinrich nur, als er feststellte, dass der Otto-Motor hier Ottilie-Motor hieß.
Er hatte über seine Studien völlig das Zeitgefühl verloren, als die Wohnungstür geöffnet wurde. Simone 251B trat herein und Simone 399B folgte ihr. Zwei Simones nebeneinander! Wären die beiden nicht in unterschiedlich farbigen Keuschheitsgürteln verschlossen gewesen, hätte er sie nicht unterscheiden können, denn die trugen das gleiche, hellblaue Kleid. Beide kicherten wie junge Mädchen, kamen auf ihn zu und küssten ihn. Simone 399B überreichte ihm seine neuen, dunkelblauen Leinenpantalons. Sie war wirklich eine Meisterschneiderin, denn diese Hose hatte Jeansqualität. Er wurde zur Anprobe ins Schlafzimmer beordertet.
Er hatte sie gerade angezogen - sie saß wie angegossen - und wollte sich den beiden Frauen im Wohnzimmer präsentieren, da standen sie schon in der Schlafzimmertür - splitternackt! Simone 399B hatte nicht nur ihren Keuschheitsgürtel sondern auch den ihrer Klonschwester geöffnet. Da stand ihm jetzt Venus zweifach gegenüber und er wusste nicht, welche welche war. Ihre lasziven Blicke verrieten, was sie vorhatten. Er hatte keine Chance, ihm wurden die Kleider vom Leib gerissen und er nackt ins Bett gestoßen. Diese beiden Samenräuberinnen fielen so über ihn her, als wollten sie stellvertretend für 100 Millionen Frauen 100 Jahre Sex nachholen und dementsprechend laut schrieen sie ihre Lust heraus.

Erschöpft lagen alle drei im Bett, er in der Mitte mit jeweils einer Simone links und rechts im Arm. Welche nun die 251B und welche 399B war, wollte er gar nicht wissen. Irgendwie hatten die beiden sich ja wohl verständigt. War Simone 251B bereit, ihn mit Simone 399B zu teilen? Der Nachschlüssel war ja ein triftiger Grund. Und besser einen Mann teilen, als verschlossen neben ihm liegen zu müssen.
Sie waren kurz davor einzuschlafen, als plötzlich an der Wohnungstür geklingelt wurde. „Gendarmerie, öffnen Sie die Tür!” war zu hören.
Beide Frauen schossen aus dem Bett und rasten ins Wohnzimmer, um sich ihre Keuschheitsgürtel wieder anzulegen.
„Öffnen Sie sofort, sonst kommen wir gewaltsam herein.”
„Einen Moment bitte, ich bin auf der Toilette!” rief Simone 251B und versuchte verzweifelt, das Vorhängeschloss wieder einzufädeln. Simone 399B war da geschickter, sie hatte sich schon sehr oft sehr schnell wieder verschließen müssen, half ihrer Klonschwester und ließ den Universalschlüssel in einem Blumentopf verschwinden. Während die Wohnungsmieterin zur Tür ging, eilte die andere zur Toilette, betätigte die Spülung und verschwand dann im Schlafzimmer.
Simone 251B öffnete die Tür.
„Simone 251B?” fragte die Frau Gendarmerieleutnant. „Uns ist von Ihren Nachbarinnen berichtet worden, bei Ihnen sollen ruhestörende, unsittliche Aktivitäten stattfinden. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?”
Simone 251B war sprachlos. Sie stand, nur mit ihrem Keuschheitsgürtel bekleidet, mitten im Flur und konnte nichts sagen.
„Es ist wohl besser, wir kommen herein”, sagte die Frau Leutnant und ehe sich Simone versah, war sie umringt von vier Gendarminnen. Simone wurde von oben nach unten begutachtet. Ihre Haare waren zerzaust, es lief ihr in Strömen aus dem Schritt heraus und sie roch nach Sperma. Die Frau Leutnant hatte eine feine Nase, doch diesen Geruch kannte sie nicht. Trotzdem hatte sie den Eindruck, dass da etwas nicht stimmte. Zielgerichtet ging sie ins Schlafzimmer. Mit Simone 399B hatte sie ja noch gerechnet, aber als sie Hinrich sah, verschlug es ihr die Sprache. Ein Wesen mit Bart, flacher, beringter und behaarter Brust, Körperbemalung und statt einer Scheide mit einem wurmähnlichen Gebilde zwischen den Beinen?
„Constabler”, befahl sie, „rufen Sie die Sekurittee über Sicherheitsfunk, Alarmstufe Delta! Wachtmeisterinnen, Sie stehen vor der Tür Wache, niemand betritt oder verlässt ohne meine Weisung die Wohnung!”
Hinrich wurde im Schlafzimmer eingeschlossen. Die eine Simone musste sich im Wohnzimmer, die andere im Arbeitszimmer zur Verfügung halten. Allerdings wurde ihnen erlaubt, sich zu reinigen.
Eine Stunde später traf das Kommando der Sekurittee ein. Die Hauptkommissarin übernahm die Leitung vor Ort und ließ sich von der Frau Gendarmerieleutnant berichten. Danach musste die Gendarmerie das Haus verlassen.
Die Hauptkommissarin begann sofort, Hinrich zu verhören. Da auch sie noch nie einen Mann gesehen hatte, schaute sie ihn sich sehr genau an. Obwohl das Zimmerfenster offen stand, lag noch der Geruch der verschiedensten männlichen und weiblichen Körperflüssigkeiten in der Luft. Die Hauptkommissarin atmete dieses seltsam unbekannte und doch interessant erregende Duftgemisch tief ein und spürte die Feuchtigkeit in ihrem Schritt.
Alarmstufe Delta bedeutete soviel wie „Staatsnot”, es war die höchste Alarmstufe, die es überhaupt gab. Es war der Staat in seinen Grundfesten in Gefahr. Und die Situation hier war angemessen für diese Alarmstufe. Ein plötzlich auftretender Mann konnte das ganze Gesellschaftssystem auf den Kopf stellen. Das hatte die erfahrene Frau Gendarmerieleutnant richtig erkannt.
Es blieb nichts anderes übrig, Simone 251B, Simone 399B und vor allem Hinrich mussten inhaftiert werden. Die Hauptkommissarin nahm sofort Kontakt mit der zuständigen Untersuchungsrichterin auf und bat um die Ausstellung der Haftbefehle. Außerdem erließ eine sofortige Ausgangssperre im gesamten Wohnviertel. Ein Zug der Bereitschaftsgendarmerie hielt zur Kontrolle Wache auf den Straßen. Es wurde bis zur Dunkelheit abgewartet. Die drei Verhafteten wurden dann in dunkle Gewänder gehüllt, einzeln in unterschiedliche Limousinen geführt und ins Hochsicherheitsgefängnis gebracht. Auch Nadine erleidete das gleiche Schicksal. Für die Vier wurde Einzelhaft angeordnet.
9. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 05.06.06 20:27

Zitat

Doch einen Mann in sich zu spüren, übertrifft das alles.

Das ist sehr tröstlich und rechtfertigt unsere Existenz. *gg* Gerade hab ich mir nämlich am Telefon mal wieder die These vom Mann als Fehlplanung der Natur anhören müssen ...

Zitat

In der Mathematik waren beide Universen gleichauf, die Zahlen „Pi” und „e”, wie er sie noch mit 12 Nachkommastellen in der Erinnerung hatte, absolut identisch. Auch die Infinitesimal- und Differenzialrechnungen konnte er nachvollziehen.

Das spricht für die objektive Gültigkeit der Mathematik. Mich würde natürlich noch interessieren, ob die Bewohner des Parallel-Universums herausbekommen haben, was denn eine Zahl eigentlich ist. Das haben mir meine Mathe-Kollegen bisher nicht plausibel erklären können, weshalb ich sie zur Freude meiner Kollegen in den Geisteswissenschaften in der Art aufziehe, dass ich ihnen sage, sie wüssten nicht einmal, womit sie überhaupt umgingen ...

Ansonsten schien mir die Gesellschaft des Parallel-Universums eher den Visionen eines Aldous Huxley als denen eines George Orwell oder Jewgenij Samjatin nachempfunden zu sein. In der letzten Folge scheinen sich allerdings auch andere Elemente anzudeuten.

Alles wieder schön erzählt. Ich freu mich auf die nächste Folge!

Bluevelvet
10. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von onebody am 05.06.06 22:11

Super!!!! Wie wird´s wohl weitergehen
11. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 05.06.06 22:46

Simone 399B scheint ja ganz schön clever zu sein. *grins...

>da standen sie schon in der Schlafzimmertür - splitternackt!

*lach... wohl der Traum eines jeden Mannes.
Schade nur, dass sie schon so früh entdeckt wurden - gerade wo jetzt beide den Nachschlüssel benutzen könnten.

Bin schon neugierig, wie es weiter geht.

Herzliche Grüße Petra-H
12. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 10.06.06 15:31

07. In den Händen der Sekurittee
Mit „Vitamin B” geht alles und Beziehungen schaden nur demjenigen, der sie nicht hat. Dieses Prinzip galt auch in diesem Universum und so war es kein Wunder, dass Nadine die Erste war, die aus der Haft entlassen wurde. Die leitende Staatsanwältin und auch die Untersuchungsrichterin waren ihre Patientinnen und sie vertrat offiziell die Europäische Konföderation bei allen internationalen Ärztekonferenzen im In- und Ausland. Das machte scheinbar Eindruck auf die Ermittlungsbehörden.
Nadine versicherte glaubhaft, nichts mit den Vorgängen in Simone 251Bs Wohnung zu tun gehabt zu haben. Dass sie ihre Ex-Frau geöffnet und ihr, ausgerechnet in ihrer Praxis, eine heiße Liebesnacht mit einem Mann verschafft hatte, verschwieg sie lieber, es hätte sie ihre Approbation gekostet.
Der Umgang mit der Sekurittee war immer eine Gratwanderung zwischen Wahrheit, Geständnis und Schweigen. Zu Nadines Verwunderung wurde ihr sehr schnell Glauben geschenkt, obwohl die Geheimpolizei doch als sehr misstrauisch galt. Sie wurde zum Stillschweigen verpflichtet, was sie aber nicht davon abhielt, sich für ihre Ehefrau um eine findige Anwältin zu bemühen.
Anne 633A war eine Spezialistin in Sachen Strafrecht und kannte sich auch mit den alten Gesetzen und den Gründen, warum sie einmal erlassen wurden, hervorragend aus. Sie staunte nicht schlecht, als sie in die Geschichte eingeweiht wurde, diskutierte gar nicht erst herum, ob die Existenz eines Mannes überhaupt möglich war, sondern nahm diesen Umstand als gegeben hin, um ihre Verteidigungsstrategie darauf aufbauen zu können. Für sie war dieser Fall so interessant, dass sie sich sofort an die Arbeit machte. Es mussten dazu teilweise über 100 Jahre alte Gesetze und Verordnungen studiert werden. Tage und Nächte saß sie über den Büchern, gönnte sich kaum Schlaf und kam zu keinen geregelten Mahlzeiten. Nach einer Woche war sie fertig.
Es gab weder Gesetze noch Verordnungen, die die Existenz eines Mannes verboten und es bestand auch keine Verpflichtung, die Existenz eines Mannes den Behörden anzuzeigen. Das Keuschheitsgürtel-Gesetz und deren Ausführungsverordnungen verpflichteten zwar jede Frau, einen Keuschheitsgürtel zu tragen, untersagten aber nicht explizit den Beischlaf. Und auch die Praxisverordnung schrieb nicht zwingend vor, dass eine geöffnete Patientin auf dem Behandlungsstuhl festzuschnallen war. Vielmehr hieß es, dass die Patientin den Behandlungsraum nur verschlossen wieder verlassen durfte.
Nadine und Anne baten um ein Treffen mit der Untersuchungsrichterin, was erstaunlich schnell zustande kam. Anne hielt ein langes Referat über die Rechtslage. Sie erwähnte nicht den aktuellen Fall sondern sprach ausschließlich von theoretischen Annahmen. Die Staatsbeamtin nickte jeweils zustimmend, machte aber nicht den Eindruck, sich sonderlich für den Vortrag zu interessieren. Vielmehr drückte sie nach einiger Zeit einen in ihrem Schreibtisch eingelassenen Schalter. Kurz darauf öffnete sich die Tür und beide Simones traten herein. Die Entlassung war schon längst beschlossene Sache gewesen. Nadine und Anne waren erstaunt. Bislang waren nur wenige Inhaftierte sehr schnell den Fängen der Sekurittee entronnen, darunter Nadine. Aber jetzt auch die beiden Simones, also insgesamt „Drei auf einen Streich“? Das war sehr, sehr ungewöhnlich für die Sekurittee.
Die Untersuchungsrichterin öffnete ihren Wandtresor und nahm einen versiegelten Umschlag heraus, der das Logo der Sekurittee trug. Darin waren die ausführlichen Verhörprotokolle enthalten.
„Es handelt sich hier eindeutig um einen Spionagefall, in den Sie Drei unschuldig hineingeraten sind“, erklärte die Juristin. „Eine noch unbekannte ausländische Macht hat eine Spionin operativ verändert und bei Ihnen eingeschleust. Ziel waren Sie, Nadine 473A. Ihre Verbindungen ins Ausland sollten ausgenutzt werden, um unseren Staat zu infiltrieren. Zum Ihrem Glück haben wir eine wachsame Gendarmerie und Sekurittee.“
Anne 633A schnaubte vor Wut. Da hatte ihr Nadine etwas von einem Mann erzählt und jetzt das, ein Spionagefall! Welch eine Zeitverschwendung. Sie hätte berühmt werden können. Aus gekränkter Eitelkeit hatte sie es plötzlich sehr eilig, das Büro der Untersuchungsrichterin zu verlassen.
Auch Nadine und die beiden Simones sahen sich gegenseitig ratlos an. Hinrich sollte eine Frau sein? Das konnte sich Simone 251B überhaupt nicht vorstellen. Ebenso ging es Simone 399B, die sich ihre Verwunderung aus Rücksicht auf Nadine nicht anmerken ließ. Auch Nadine schüttelte den Kopf. Sie hatte doch die Lustschreie ihrer Ex-Frau gehört, die war noch nie zuvor so in Ekstase gekommen. Und das sollte eine Frau verursacht haben? Entweder musste diese angebliche Spionin sexuell sehr gut und „überzeugend“ gewesen sein oder – die Sekurittee log.
Die Untersuchungsrichterin verwies auf ihren engen Terminkalender. Sie ermahnte Nadine und die beiden Simones zum Schweigen, schließlich war dieser Spionagefall ein noch schwebendes Verfahren. Anschließend durften die Drei als freie Frauen das Justizgebäude verlassen.

Hinrich wurde seit über einer Woche verhört. In seinen kühnsten Träumen hatte er sich nicht vorgestellt, solche Verhöre über sich ergehen lassen zu müssen.
Die Hauptkommissarin der Sekurittee leitete das Ganze. Als sie ihn in Simone 251Bs Wohnung sah, war ihr sofort klar, dass er ein Mann war. Wer mit „Alarmstufe Delta“ zu tun hatte, wusste vom anderen Geschlecht. Sie hatte es sich immer gewünscht, aber nie für möglich gehalten, jemals einem Mann zu begegnen.
Nachdem alle abtransportiert worden waren, hatte sie eingehend die Wohnung durchsucht. Sie war dabei streng logisch vorgegangen. Sie war fest davon überzeugt gewesen, dass die Drei zuvor Sex miteinander gehabt hatten. Das wiederum bedeutete, dass sich die Frauen aus ihren Keuschheitsgürteln hatten befreien können und dass irgendwo ein Nachschlüssel verborgen war. Es dauerte nicht lange, und schon hatte sie das Versteck entdeckt. Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen hatte sie den Schlüssel eingesteckt.
Verhöre bei „Alarmstufe Delta“ wurden nur von hochrangigen Sekurittee-Beamtinnen durchgeführt. Die Hauptkommissarin hatte zwei Kommissarinnen zur Assistenz. Sie beschlossen, zunächst einmal die Version einer ausländischen Spionin zu erfinden und fälschten dementsprechend die Verhörprotokolle. Damit war die Untersuchungsrichterin zunächst zufrieden gestellt worden.
Dann begannen die „Verhöre“. Wenn sie schon einen Mann in ihren Fängen hatten, dann wollten sie auch etwas davon haben. Sie waren heiß, megaheiß! Sie befreiten sich von ihren Keuschheitsgürteln und ließen sich deflorieren. Die Reihenfolge hatten sie vorher ausgelost. Mit der Zeit wurden die Verhöre „verschärft“. Hinrich musste an ihnen alle ihm aus seinem Universum bekannten Stellungen ausprobieren. Waren die Damen zufrieden, bekam er auch zu Essen und zu Trinken. Allmählich mutierte für ihn der Spaß zur Folter. Er gab sich redlich Mühe, schließlich wurde ihm Simone 251Bs, Simone 399Bs und Nadines Freiheit versprochen. Dass diese längst wieder zu Hause waren, wurde ihm verschwiegen. Ohnehin hatte er das Zeitgefühl verloren. Kaum hatte er etwas ausschlafen können, musste er wieder „ran“. Diese Sekurittee-Beamtinnen waren einfach unersättlich.

Währenddessen hatten Nadine und die beiden Simones beratschlagt, was zu machen wäre. Die Spionagegeschichte hatte keine von ihnen geglaubt. Ihn aus dem Hochsicherheitsgefängnis zu befreien schien für sie unmöglich, doch Nadine hatte noch einen Trumpf in der Hand.
Ihre Mentorin und Doktormutter Arlette 007A war Biologin und Leiterin des Staatlichen Klonlabors. Sie war bereits 106 Jahre alt, hatte aber den Körper einer Fünfzigjährigen und war in ihren jungen Jahren noch mit „natürlich gezeugten und geborenen“ Menschen in Kontakt gewesen. Als kleines Kind war sie sogar einem der letzten Männer begegnet. Ihr gegenüber hatte Nadine keine Geheimnisse. Es war nur schwer, mit Arlette in Kontakt zu treten. Der Standort des Staatlichen Klonlabors war streng geheim und somit hatte Arlette keine öffentlich bekannte Adresse. Auch über den Televisor war sie nicht erreichbar. Aus diesem Grund war zwischen beiden eine Art „toter Briefkasten“ entstanden, über den sie gegenseitig Nachrichten austauschen konnten. Nadine schrieb ihrer Mentorin einen langen Brief und wartete ab.
Fünf Tage später hielt ein Mannschaftsbus der Gendarmerie vor Nadines Praxis. Die Gendarmerie-Generalin schickte die Patientinnen nach Hause und bat Nadine ins Fahrzeug. Dort saßen, neben einigen Gendarminnen auch die Staatsanwältin, die Untersuchungsrichterin und – Arlette 007A. Nadine hatte kaum Zeit zur Begrüßung. In rasender Fahrt ging es in Richtung Hochsicherheitsgefängnis. Dort wurden sie bereits von der Anstaltsleiterin erwartet. Unter Gendarmeriebegleitung eilten sie zur Sekurittee-Abteilung und verschafften sich dort gewaltsam Zugang zum Verhörraum. Sie erwischten die drei Kommissarinnen und Hinrich in flagranti.
Arlette 007A kamen augenblicklich die Erinnerungen wieder, als sie ihn erblickte. Ausgemergeltes Gesicht, zerzauster Bart, so sahen die Männer kurz vor dem Exitus aus. Diverse Fotos aus jener Zeit hatten das dokumentiert. Schade um dieses Exemplar, er war doch noch so jung!
Die Untersuchungsrichterin nahm nun das Heft in die Hand. Die Sekurittee-Beamtinnen wurden mit sofortiger Wirkung suspendiert. Sie hatten augenblicklich das Gebäude zu verlassen, natürlich nicht, ohne vorher wieder verschlossen zu werden. Den Nachschlüssel konfiszierte sie. Den hätte sie jetzt auch gerne selbst benutzt, aber ihr war klar, dass das für sie in ihrer Position und zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen war.
Sie ordnete an, Hinrich in Arlettes Obhut zu übergeben. Im Klonlabor sollte er unter Quarantäne gestellt werden. Ob er eine Gefahr für die Gesellschaft darstellte, wollte sie selbst prüfen.
Mehrere beorderte Gendarmerie-Fahrzeuge brachten anschließend die einzelnen Personen zu ihren Zielorten. Als Nadine ihr Haus wieder betrat wurde ihr bewusst, dass sie es Arlette zu verdanken hatte, von dieser Aktion überhaupt Kenntnis zu bekommen. Hinrich war im Klonlabor sicherlich besser aufgehoben als im Hochsicherheitsgefängnis. Obwohl sie sich eigentlich nicht für ihn interessierte, war sie erleichtert und ging sofort daran, die beiden Simones zu informieren.
13. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von onebody am 10.06.06 16:34

Ist es die "Sex-Sucht", die die Männer in den Tod treibt
Auf jeden Fall kann ich sagen guter Start
14. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 10.06.06 16:35

Korruption, wohin man guckt! - Eines wird aus der Erzählung hinreichend klar, nämlich dass auch ein anderer Geschichtsverlauf uns nicht zu etwas anderem als normalen Menschen gemacht hätte. Lang Entbehrtes wird mehr als doppelt vermisst, und so gehe ich wohl kaum fehl in der Annahme, dass unser Protagonist Hinrich im Klonlabor nunmehr Arlettes Nachholbedarf zu befriedigen hat. *gg*

Es bleibt eine klasse Geschichte!

Bluevelvet
15. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 10.06.06 16:59

>Hinrich war im Klonlabor sicherlich besser aufgehoben

Na das denk ich aber auch. *grins...
"Jeder Frau ihren Hinrich" - wo der Junge doch so potent zu sein scheint, würde er sich doch bestens zum Klonen eignen. *breit grins...
Auf Dauer kann er sowieso nicht allen Frauen gefällig sein und eine Reproduktion bietet sich ja geradezu an.

Dann könnte man die KG`s eh vergessen und vielleicht sogar wieder auf herkömmlichem Weg Kinder zeugen.

Herzliche Grüße Petra-H
16. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von träumerin am 10.06.06 23:38

Hallo hpp,

eine tolle Geschichte! Ich bin immer wieder erstaunt, auf welch verrückte Einfälle ihr "Schreiberlinge" immer wieder kommt. Diese hier ist auf jeden Fall klasse!

Ich werde sie auf jeden Fall weiter verfolgen. Ich hoffe, sie geht bald weiter, denn ich bin neugierig, was mit Hinrich im Klonlabor passiert.

Liebe Grüsse
die träumerin
17. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von MartinII am 11.06.06 15:27

Klasse, eine der schönsten Stories der letzten Jahre! Danke!
18. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 11.06.06 23:28

08. Im Klonlabor
Die Fahrt zum Staatlichen Klonlabor dauerte etwa 2 Stunden. Arlette sah in Hinrich kein Sicherheitsrisiko und so wurden ihm, entgegen aller Vorschriften, die Augen nicht verbunden. Der eine und andere markante Punkt am Wegesrand kam ihm seltsam vertraut vor und auch das Gebäude des Staatlichen Klonlabors erkannte er sofort. In seinem Universum beherbergte es einst die Katastrophenschutzschule seines Bundeslandes. Als Katastrophenschützer war er damals von Wehrdienst befreit worden. Ja, das waren schon verrückte Zeiten, die 70er und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Hier aber war das alte Gutsherrenhaus ein mehrfach gesichertes Objekt. Die Limousine durchfuhr ohne Halt die drei Kontrollpunkte und stoppte erst am Hauptportal. Arlette brachte ihren Schützling sofort in ihre Privatwohnung. Für diesen Tag wollte sie ihm seine Ruhe lassen, er musste von den Verhören doch ziemlich erschöpft gewesen sein. Dem war wirklich so. War er während der Fahrt noch etwas aufgewühlt gewesen, überkam ihn nun die Müdigkeit. Kaum hatte er in einem Sessel Platz genommen, schlief er auch schon ein.
Als er am nächsten Morgen erwachte, lag er nackt in einem Doppelbett. Wie er da hineingekommen war und wer ihn ausgezogen hatte, wusste er nicht. Ein menschliches Bedürfnis ließ ihn aufstehen. Als er das Badezimmer wieder verließ, stand Arlette vor ihm. Sie betrachtete ihn genüsslich von oben bis unten und überreichte ihm einen seidenen Bademantel: „Damit du nicht frierst!” Sie selbst war nicht so gekleidet, wie er sich das Outfit einer Laborleiterin vorstellte, es sei denn, in diesem Universum trugen die Damen schwarze Negligees bei der Arbeit. Sie hatte einen attraktiven Körper und ihr Keuschheitsgürtel war deutlich unter dem durchsichtigen Stoff zu erkennen. Ihre erotische Ausstrahlung erweckte seinen besten Freund wieder zum Leben. Sie sah es mit Vergnügen und bat Hinrich zum Frühstück. „Schade, dass sie verschlossen ist”, dachte er sich auf Weg zum Esszimmer.
„Hast du gut geschlafen?” fragte sie, während sie den Kaffee einschenkte. „Eine Laborgehilfin hat mir geholfen, dich ins Schlafzimmer zu bringen. Ausgezogen habe ich dich dann alleine, aber keine Angst, ich habe dir nichts getan!”
„Ich dachte, bei euch gibt’s keinen Kaffee”, lenkte er schnell vom Thema ab.
„Ein Privileg dafür, dass es uns als Geheimnisträger offiziell nicht gibt. Dafür müssen wir hier in dieser Abgeschiedenheit und unter Bewachung leben und arbeiten.”
Während der weiteren Unterhaltung wollte sie alles über sein Universum erzählen, wie er in ihre Welt gekommen war und was er bislang erlebt hatte.
„Und mit wie vielen Frauen hast du hier schon Sex gehabt? Und mit wem?” fragte sie ganz ungezwungen.
Die Antwort war einfach, noch hatte den Überblick nicht verloren. Aber 5 Frauen in jetzt gerade einmal 14 Tagen, das war schon eine Leistung in Anbetracht der langen „Durststrecken” in seiner Welt.
„Die Sekurittee-Beamtinnen werden sich wohl einen neuen Beruf suchen müssen. Dass Simone 339B ein raffiniertes Luder ist, habe ich schon immer gewusst, Nadine muss sich einmal ernsthaft mit ihr unterhalten. Und Simone 251B ... der muss klar sein, was das für sie zu bedeuten hat. Jedenfalls sind die Fünf ohnehin schon hart bestraft: Unfruchtbar für immer!” kommentierte sie.
„Fruchtbar oder nicht, wo ist der Unterschied, wenn sie verschlossen sind und keinen Sex haben können?” wollte er wissen.
„Du kennst uns Frauen nicht. Kein Kind bekommen zu können, weil es keinen Sex gibt, und wegen Unfruchtbarkeit kein Kind mehr bekommen zu können, das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge! Im ersten Fall kann die Frau nichts dafür, im zweiten Fall zweifelt sie an sich selbst, weil es ihr Körper ist, der versagt.”
„Und doch haben sie das alle in Kauf genommen nach dem Motto: Lieber unfruchtbar als jungfräulich von der Welt gehen! Die waren ja nicht zu bremsen und haben mir sämtliche Samenblasen leergesaugt!”
Arlette musste etwas grinsen. „Stell dir vor, du würdest in einem anderen Universum leben, in dem es nur Männer gibt und ihr alle wärt so verschlossen, dass ihr euch selbst nicht befriedigen könnt. Und plötzlich ist eine Frau da. Würdest du nicht auch alles tun, um aus deinem Keuschheitsgefängnis herauszukommen und mit ihr zu schlafen so oft es geht?”
Dem konnte er nur lächelnd zustimmen.
„Außerdem hat das lebensverlängernde Medikament eine gravierende Nebenwirkung: Es verstärkt unsere Libido. Schon jeder leicht erotische Gedanke macht uns feucht. Die Fünf kennen jetzt das Gefühl, einen Mann in sich zu spüren. Danach werden sie ihr Leben lang vergeblich schmachten!”

Es war ein ausgiebiges Frühstück, das übergangslos zum Brunch wurde.
„Was habt ihr eigentlich mit mir vor?“ fragte er schließlich.
Sie machte einen etwas nachdenklichen Eindruck. „Das weiß ich noch nicht. Offiziell soll ich dich unter Quarantäne stellen. Aber warum? Du scheinst kerngesund zu sein. Und das wiederum ist das Erstaunliche. Wie Nadine mir schrieb, sind bei dir noch keine Krankheitssymptome aufgetreten. Eigentlich hätte das Virus dich schon längst bettlägerig machen müssen.“
„Vielleicht ist es ja ausgerottet oder in eine harmlose Form mutiert.“
„Nein. Das kann nicht sein. Erst vorgestern ist uns wieder ein männlicher Klon verstorben, wie immer mit Erreichen der Pubertätsphase.“
„Oder ich bin immun!“
„Und das müssen wir feststellen! Wir werden dich also erst einmal gründlich untersuchen. Da muss es doch irgend etwas geben, was dich gesund hält!“
„Und was passiert dann?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Das kann ich dir nicht sagen. Lass und erst einmal die Untersuchungsergebnisse abwarten. Ich kann abschließend nur eine Empfehlung geben, entscheiden muss dann die Regierung, wenn nicht sogar die Königin selber.“
Sie blickte zur Standuhr. „Es wird langsam Zeit für mich. In spätestens einer Stunde muss ich im Labor sein. Wenn du möchtest, kannst du mich begleiten. Wir treffen uns dann hier wieder. Ich habe dir übrigens im Badezimmer eine kleine Überraschung bereitlegen lassen.“
Sie brachte ihn zu seinem Schlafzimmer zurück. Im danebengelegenen Badezimmer entdeckte er dann die „Überraschung“ – Rasierzeug. Ja, eine Rasur hatte er dringend nötig, aber eine Nassrasur? Zu Hause hatte er einen Bartschneider und einen elektrischen Rasierer. Ab und zu hatte er einen Einmal-Rasierer benutzt, aber wie ging das denn mit einem Rasiermesser? Not macht erfinderisch, also schnitt er den eigentlichen Bart mit einer Nagelschere kurz und rasierte nur den Hals sauber aus. Der alte Rasierpinsel, die fast eingetrocknete Rasierseife und das silberne Rasiermesser taten ihren Dienst und zu seinem Erstaunen schnitt er sich nicht einmal. Anschließend stellte er sich unter die Dusche. Wie wohl das tat! In den 10 Tagen zuvor hatte es immer nur zu einer Katzenwäsche gereicht. Er stank bestialisch, aber Arlette hatte das anscheinend nicht gestört.
Auf seinem Bett fand er die Pantalons, die Simone 399B genäht hatte, und ein weißes Hemd. Das passte ihm ganz gut, aber er hatte Probleme mit dem Zuköpfen, schließlich war es eine Damenbluse. Die Pantalons waren etwas weit geworden, im Hochsicherheitsgefängnis hatte er mehrere Kilogramm abgenommen, und sie kratzten an seiner empfindlichsten Stelle, da er sie ohne Slip anziehen musste.
Strümpfe und Schuhe waren nicht vorhanden, also ging er barfuß ins Esszimmer zurück, wo er bereits von Arlette erwartet wurde.
„Gut siehst du aus“, begrüßte sie ihn und strich über die frischrasierten Stellen. Zu seinem Bedauern trug sie jetzt einen langweiligen weißen Kittel. „Das Rasierzeug gehörte dem Vater meiner Urmutter. Sie hat es mir kurz vor ihrem Tod geschenkt für den Mann, den ich ... ach, lassen wir das! Komm, ich zeige dir das Labor.“
Sie verließen ihre Wohnung und mussten den Hofplatz überqueren. Dieser war nur mit grobem Kies belegt, was ihm das Gehen erschwerte. Aber auch sie hatte es nicht einfach mit ihren Stöckelschuhen. In gegenüberliegenden Laborgebäude angekommen, wischte er sich erst einmal die Fußsohlen an den Hosenbeinen ab. Erst jetzt bemerkte sie, dass er keine Schuhe trug.
„Warum sagst du denn nichts?“ Kopfschüttelnd öffnete sie mit ihrem Ausweis die Sicherheitstür und zerrte ihn hinein. „Du bekommst ohnehin gleich Überschuhe, die kannst du dann später weiter tragen.“ Obwohl er nur Schuhgröße 41 hatte, war es nicht leicht, ein passendes Paar zu finden. Die Frauen in diesem Universum waren durchschnittlich etwas kleiner als in seiner Welt und lebten somit förmlich auf etwas kleinerem Fuß.
Das Innere des Gebäudes bestand aus einigen Büroräumen und einem Großraum-Labor. Die dort Beschäftigten kamen auf Arlette und Hinrich zu, sie wollten endlich einen Mann im Original und vor allem lebend sehen. Arlette stellte jede ihrer 20 Mitarbeiterinnen vor. Von jeder erhielt er Küsschen links und rechts auf die Wange und einige von ihnen rieben ihre Keuschheitsgürtel an seinen Schenkeln. Nach dieser Prozedur lotste Arlette ihn durch eine Stahltür hindurch, hinunter in den Keller. Im klimatisierten Untergeschoss standen 16 Klonkammern, von denen 12 mit weiblichen Klonen belegt waren. Diese schwammen in einer Nährflüssigkeit und waren über die Nabelschnur und mit elektrischen Drähten mit mehreren Maschinen verbunden.
„Das hier ist Isabel 573F, sie wird Isabel 143B ersetzen, die letzten Monat bei einem Zugunglück ums Leben gekommen ist. Der Klon hat gerade die Pubertätsphase durchlebt und ist jetzt reif für die Konditionierung.“
Eine Laborantin steckte gerade eine Art Videokassette in einen Recorder ein.
„Damit erhält der Klon sämtliche Informationen über den Beruf von Isabel 143B und ihr soziales Umfeld. So wird der Verlust auf ein Minimum reduziert. Das dauert genau 64 Stunden. Hier in der Klonkammer, andere sagen auch Retorte dazu, altern wir die Klone künstlich. Wenn wir sie nächste Woche herausnehmen, hat sie etwa das 21. Lebensjahr erreicht“
Hinrich schüttelte den Kopf. „Und wenn ihr die falsche Kassette einlegt, produziert ihr vielleicht willenlose Killer!“
„Theoretisch könnten wir tatsächlich die Klone als erbarmungslos kämpfende Soldatinnen konditionieren, so eine Kassette liegt in meinem Panzerschrank bereit. Allerdings müsste der dazu gehörige Krieg schon bald kommen, der genetische Defekt der neueren Generationen wird immer größer. Die Klone der F-Reihe haben schon eine um 25 Prozent geringere Lebenserwartung als die A- und B-Reihen. Wenn wir nicht bald einen Ausweg finden, hilft uns das Klonen auch nicht mehr weiter.“
„Nur eine natürliche Fortpflanzung und neue Gene können euch helfen“, kommentierte Hinrich.
„Gene, was sind denn Gene?“
Hinrich sah die Biologin mit großen Augen an. „Ihr betreibt hier eine hochentwickelte Klontechnik und wisst nicht, was Gene sind? Sagen dir denn die Begriffe Chromosomen und Desoxyribonukleinsäure etwas?“
Arlette schüttelte nur verständnislos den Kopf. „Unsere Technik basierte einst wie in der Botanik auf Beobachtung und Versuchen. Schließlich konnten wir den Urmüttern Eier aus den Eierstöcken entfernen und haben sie mit normalen Körperzellen gekreuzt. Wir hatten festgestellt, dass sich normale Körperzellen teilen und sich so ersetzen. Ist das auch bei euch bekannt?“
Hinrich kramte seine Biologiekenntnisse aus dem Gedächtnis heraus.
„Wenn sich eine Zelle teilt, repliziert sie ihre Chromosomen, die in normalen Körperzellen paarweise vorhanden sind. Die Chromosomen selber tragen die Erbinformationen auf der Desoxyribonukleinsäure, oder kurz DNA, in Form einer Doppelhelix. Die teilt sich und erzeugt aus sich selbst eine Kopie. Das machen alle Chromosomenpaare gleichzeitig und werden zum Schluss durch eine neue Zellwand getrennt. So werden aus einer Zelle zwei identische. Der Mensch hat 23 Chromosomenpaare. Das 23. Paar bildet das sogenannte Geschlechtschromosom. Frauen haben 2 X-, Männer ein X- und ein Y-Chromosom. Die Keimzellen, das heißt, die Eizellen der Frau und die Samenzellen des Mannes enthalten nur 23 einzelne Chromosomen. Bei der Befruchtung vereint sich eine Eizelle mit nur einer Samenzelle und so entstehen 23 neue Chromosomenpaare. Das 23. Chromosom der Samenzelle bestimmt damit das Geschlecht des werdenden Kindes.
Die Chromosomen wurden bereits 1843 von Carl Wilhelm von Nägeli entdeckt und Thomas Hunt Morgan erkannte 1910, dass sie die Träger der Erbinformationen sind. James Watson und Francis Crick entwickelten 1953 ein Doppelhelix-Modell der DNA und erhielten dafür 1962, zusammen mit Maurice Wilkens, den Nobelpreis für Medizin, eine bedeutende wissenschaftliche Auszeichnung in meinem Universum. Diesen Erfolg verdankten sie hauptsächlich den Röntgenstrukturanalysen von Rosalind Franklin (Anmerkung des Autors: Dr. Rosalind Franklin verstarb 1958. Da der Nobelpreis nicht postum verliehen wird, kam ihr diese Ehrung nicht zuteil). Röntgenstrahlen sind elektromagnetische Wellen, die Wilhelm Conrad Röntgen 1895 entdeckte und die die Arbeit von Rosalind Franklin erst möglich machte.“
Arlette war erstaunt. Dieser etwa fünfminütige Vortrag ersetzte jahrelange Forschung. Was konnte sie noch von Hinrich lernen?
„Ich glaube, wir müssen uns noch einmal ernsthaft unter vier Augen unterhalten“, sagte sie und bat ihn in ihr Büro.
„Ich will ehrlich zu dir sein. Außer einer medizinischen Untersuchung hatte ich bislang nichts mit dir vor. Was du mir da aber eben erzählt hast, ist für uns fundamental wichtig. Ich werde daher von dir eine Gedächtniskopie machen. Was das ist? Nun, du hast gesehen, wie ein Klon konditioniert wird. Die Entwicklung dazu hat uns auch den umgekehrten Weg ermöglicht, das heißt, dein Gedächtnis wird elektrisch angeregt, die Hirnströme in audiovisuelle Reize umgesetzt und auf Kassette gespeichert. Für dich ist es nichts anderes als ein langer Traum.“
„Und wenn ich nicht will? Wer garantiert mir, dass ihr mich dabei nicht umprogrammiert?“
„Wenn ich das wollte, würde ich das einfach tun, auch ohne dich vorher zu informieren. Garantieren kann ich dir nichts, nur versichern, dass ich dir kein Leid antun werde. Ich will dich so haben, wie du jetzt bist. Und glaube mir, es ist besser, die Prozedur jetzt durchzuführen, bevor sie von der Regierung angeordnet wird. Die könnten dann wirklich befehlen, dich, wie du sagst, umzuprogrammieren.“
Er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Sollte er ihr glauben, ihr vertrauen? Er war auf dem Gelände ein Gefangener, konnte sich zur Zeit zwar widersetzen, aber irgendwann musste er auch schlafen. Und dann war er eine leichte Beute. Er entschied sich, ihr zu vertrauen. Wenn sie ihm wirklich seine Persönlichkeit lassen wollte, sollte das Ganze möglichst schnell geschehen. Er willigte ein.
Arlette rief drei ihrer Mitarbeiterinnen zu sich. Gemeinsam gingen sie in den Keller zurück. Die leeren 4 Klonkammern bildeten die „männliche Abteilung“. Er wurde in eine Kammer gelegt, natürlich ohne Nährlösung. Dafür lag er auf einer weichen Matte. Wie bei einem EEG wurden ihm Elektroden an den Kopf geklebt. Arlette beugte sich über ihn und lächelte ihn an.
„Um Zeit zu sparen, werden wir bei dieser Gelegenheit auch dein Blut untersuchen. Schlaf schön, mein Schatz!“
Es wurde ein Narkosegas in die Klonkammer geleitet. Er hörte noch, wie sie die Schalter bediente und schlief ein. Ein langer Traum begann.
19. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 12.06.06 00:30

Da hat er hoffentlich eine richtige Entscheidung getroffen.
Aber Arlette zu vertrauen scheint jedenfalls besser, als zu warten bis sich die Regierung einmischt - das wird wohl noch früh genug passieren.

Bin gespannt wie es weiter geht und freue mich schon auf die Fortsetzung.

Herzliche Grüße Petra-H
20. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 12.06.06 08:40

Dieses Mädel, Arlette mit Namen, ist schon lustig: präsentiert sich im schwarzen Negligee und hat natürlich nur ein reeeiiiiiin wissenschaftliches Interesse an unserem Protagonisten - natürlich ... *ggg*

Bluevelvet
21. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von natter am 12.06.06 20:41

Eine starke Story mit einem gelungenen Mix aus eloquenter Schreibweise, guten Geschichtskenntnissen und fundiertem Background aus Naturwissenschaften...
Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht!
Dickes Lob.

natter
22. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von LatexLust am 13.06.06 19:29

Gratuliere! Das ist eine wirklich toll geschriebene unterhaltsame Geschichte.

Und sie erzeugt das, was eine gute Geschichte ausmacht - die Lust auf eine Fortsetzung.

Also lass mich nicht zu lange warten.

Liebe Grüße, LatexLust
23. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 13.06.06 22:51

09. Erinnerungen
Als Hinrich wieder wach wurde, war es ringsum dunkel um ihn. Er hatte heftige Kopfschmerzen und eine fürchterlich trockene Zunge. Wie in Trance stieg er aus dem Bett, um im Badezimmer ein Glas Wasser zu trinken. Irgendetwas hielt ihn aber an beiden Armen fest, auch versagten ihm die Beine den Dienst. Mit einem lauten Gepolter fiel er zu Boden. „Was machst du denn da?” Er erkannte Arlettes Stimme.
Sie hatte schon seit Tagen an seinem Bett Krankenwache gehalten und war ein wenig eingenickt, als sie durch den Krach geweckt wurde. Sie half ihm zurück ins Bett und deckte ihn zu. Erschöpft konnte er gerade noch das Wort „Durst” flüstern. Sie benetzte seine Lippen mit dem bereitgestellten Wasserglas. Zwei kleine Schlucke konnte er zu sich nehmen, bevor er wieder einschlief.
Als er das nächste Mal wieder die Augen aufschlug, war es deutlich heller im Raum. Regen prasselte gegen das Fenster. Er wollte sich bewegen, konnte es aber nicht. Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde und sich Schritte entfernten, eindeutig weibliche Schritte auf Stöckelschuhen. Einige Zeit später wieder Schritte, Stöckelschuhe, diesmal zwei Paar, diesmal kamen sie näher. Er hatte es geschafft, seine Augen zu einem kleinen Schlitz zu öffnen. Arlette kam zu ihn, setzte sich an sein Bett und umarmte ihn. „Endlich! Endlich haben wir dich wieder!” Sie konnte ihre Tränen nicht verbergen.
Es brauchte einige Zeit, bis er richtig wach war. Allmählich kamen ihm die Erinnerungen wieder, auch längst vergessene und verdrängte. Wie er als Baby von seiner Mutter gesäugt wurde, die unbeschwerten Kinderjahre, die Einschulung, der tragische Tod seines Vaters, die erste große Liebe, die großen Enttäuschungen. Aber waren das seine Erinnerungen? Ja, er war aus einem anderen Universum in dieses gekommen, Simone 251B, Nadine und Simone 399B, die Sekurittee, die Untersuchungsrichterin, Arlette, die Gedächtniskopie. Ja, das mussten seine Erinnerungen sein. Wenn er sich daran erinnern konnte, hatte Arlette Wort gehalten, ihn nicht zu manipulieren. Er lächelte sie an: „Hallo, du!”
Er wollte aufstehen, aber er war am Bett festgeschnallt.
„Suzanne, hilf mir bitte!” sagte Arlette. Gemeinsam mit ihrer Laborgehilfin befreite sie ihn von seinen Fesseln. Ebenso wurden die Infusionen entfernt. Als er endlich auf seinen noch wackeligen Beinen stand, führten sie ihn zu einem Rollstuhl. Da drin wollte er nicht sitzen, aber beide Frauen drückten ihn mit sanfter Gewalt hinein. Seine Armbeugen schmerzten. Die Infusionen hatten großflächige Hämatome hinterlassen. „Das können die Vampire vom Blutspendedienst aber besser!” dachte er sich.
Arlette schob ihn in den Wintergarten, in dem es trotz des Regenwetters angenehm hell war. Auf dem Weg dorthin kamen ihnen fast alle Mitarbeiterinnen entgegen. Sie lächelten ihn alle freundlich an und freuten sich, dass es ihm wieder besser ging.
„Wir hätten dich beinahe verloren” begann Arlette. „Die Gedächtniskopie verlief zuerst ganz normal, dann aber spielte dein Gehirn verrückt. Wir wussten zuerst gar nicht warum, bis uns klar wurde, dass das männliche Gehirn anders arbeitet als das weibliche. Die Nutzung der einzelnen Hirnzentren ist unterschiedlich. Zwei Tage brauchten wir, um die Apparatur anzupassen. Danach haben wir lange diskutiert, ob wir dich überhaupt wieder anschließen sollten. Die Entscheidung hat uns dann eine Regierungsvertreterin abgenommen. Ohne Rücksicht auf Verluste sollten wir unbedingt weitermachen und waren nach drei Tagen endlich fertig. Solange hatten wir dich in einem künstlichen Koma versetzt. Aber dann bist du einfach nicht wieder aufgewacht!” Tränen liefen über ihr Gesicht.
„Und wie lange war ich jetzt weg?” wollte er wissen.
„Fast drei Wochen! Wir mussten dich künstlich ernähren. Als du neulich nachts einfach aufgestanden warst, hatten wir schon gedacht, du wärst wieder wach, aber danach bist du wieder ins Koma gefallen. Wir haben dich dann vorsichtshalber am Bett festgeschnallt.”
„Und du hast Krankenwache gehalten!” fügte er hinzu.
„Das hast du mitbekommen? An was kannst du dich noch erinnern?”
„An alles!” Er erzählte von seinem langen Traum, an seine Erinnerungen, die nach Jahrzehnten wieder aufgefrischt wurden und an ihr Versprechen.
„Ich hatte dir ja gesagt, ich würde ehrlich zu dir sein. Und du hast mir vertraut.” Sie küsste ihn zärtlich. „Wenn du wieder zu Kräften gekommen bist, zeige ich dir deine Erinnerungen. Wir sind gerade dabei, sie auszuwerten, aber in einigen Fällen benötigen wir deine Hilfe.”
Sein Magen gab laute Geräusche von sich. „Es wird Zeit, dass du etwas Vernünftiges in den Leib bekommst”, meinte sie und schob ihn ins Esszimmer.

Zwei Tage brauchte er, um sich von den Strapazen zu erholen. Zwei Tage, an denen er Arlette kaum zu Gesicht bekam, sie hatte Unmengen im Labor zu tun. Zwei Tage, die er für lange Spaziergänge im Park des Gutshauses nutzte. Seltsam, das hatte er zu Hause so gut wie nie gemacht. Er fand allmählich Gefallen an diesem Universum. Er war hier zwar ein Gefangener, Arlettes Gefangener, genauso wie sie eine Gefangene ihres Berufes war, aber vielleicht war es genau das, was sie miteinander verband.
„Wie geht’s dir?” fragte sie beim Mittagessen. „Wir kommen mit der Auswertungen deiner Erinnerungen momentan nicht weiter. Einiges ist schrecklich verwirrend. Es wäre schön, wenn du uns helfen könntest.”
Er willigte ein und begleitete sie anschließend ins Labor. Arlettes Mitarbeiterinnen waren gerade dabei, seine Erinnerungen in puncto Mode zu erkunden. „Ziehen sich eure Frauen tatsächlich Pantalons an? Müssen sie wirklich ein Arschgeweih statt eines Keuschheitsgürtels tragen? Was sind Jeans? Was sind Push-Ups?”
Arlette dirigierte ihn in ihr Büro, schaltete einen Televisor ein und steckte eine Kassette in einen Rekorder. Leicht verschwommen und teilweise in Fehlfarben flimmerten seine Erinnerungen über den Bildschirm.
„Stimmt es, dass die Menschen rund um die Erde reisen, nur um 20 oder 22 Männern zuzuschauen, wie sie hinter einem Ball hinterherlaufen?”
Er grinste: „Ja, das nennt sich Fußballweltmeisterschaft, die gibt es aber auch in einer Frauenversion.”
Sie schüttelte den Kopf. „Und wer sind Barbarella und Batman?”
Teilweise enthielten seine Erinnerungen einen hohen Anteil an Phantasie. Er musste ihr viele Fragen beantworten, so wurde die Spreu vom Weizen getrennt. Die gemeinsame Arbeit machte den beiden sichtlich Spaß und vergnügt kehrten sie nach drei Stunden in ihre Wohnung zurück. Er sollte schon einmal im Wohnzimmer Platz nehmen, sie dagegen bat sich 5 Minuten Zeit aus, um sich die Nase zu pudern (diesen Spruch hatte sie aus seinen Erinnerungen übernommen). Sie benötigte natürlich eine Viertelstunde. Auch in diesem Universum ließen die Frauen gerne auf sich warten.
Sie setzte sich zu ihn auf das Sofa und begann mit einer leichten Konversation, wie angenehm doch die Arbeit mit ihm gewesen war. Ihre Blicke trafen sich, sie redete und redete und er hörte gar nicht zu, er sah nur ihre wunderbaren, rehbraunen Augen.
„Welche der Frauen, denen du bisher in unserem Universum begegnet bist, ist die Schönste?”
Schlagartig war er wach. Ihr Blick warnte ihn: „Sag jetzt bloß nichts Falsches!”
„Das Urteil des Paris“, erwiderte er. „Damit wurde der Trojanische Krieg ausgelöst!” Elegant war er um die Antwort herumgekommen.
„Sag mal, Hinrich, findest du mich attraktiv? Oder stehst du mehr auf die jungen Hühner? - Was lachst du denn so?”
„Entschuldige, aber den Begriff ‘junge Hühner’ habe ich wirklich von dir nicht erwartet. Der Umgangston meines Universums scheint dich zunehmend zu beeinflussen.”
„Sei nicht albern. Aber ehrlich: Zu dir gehört eine Frau, die dich versteht und dich so akzeptiert, wie du bist. Und das können die noch nicht, denen fehlt die Lebenserfahrung!”
Hörte er da einen Anflug an Eifersucht aus ihren Worten heraus? Er wollte schon antworten, aber sie ergriff seine rechte Hand und drückte sie auf ihren Bauch. Er fühlte ihren weichen Körper und kein Stahlband hinderte ihn.
„Ein weiteres deiner Privilegien?” fragte er.
„Ja, offiziell als Anerkennung für meine Verdienste zum Wohle des Staates. Ich nenne es einen Altersbonus. Aus Solidarität mit meinen Mitarbeiterinnen trage ich meinen Keuschheitsgürtel im Labor, aber hier in meiner Wohnung bin ich meistens unverschlossen.”
Sie kamen sich näher, ihre Lippen berührten sich und ihre Zungen spielten miteinander. Seine Hand öffnete ihren Laborkittel, unter dem die nichts trug. Er griff an ihre vollen Brüste, was sie sich genüsslich gefallen ließ.
„Ich habe in deinen Erinnerungen gesehen, dass du deinen Champagner gerne aus dem Bauchnabel trinkst”, flüsterte sie ihm ins Ohr. „In meinem Schlafzimmer wartet eine Flasche Veuve Cliquot auf uns.”
Ohne zu zögern erhob er sich, nahm sie auf die Arme und trug sie dorthin, wo sie gemeinsam die nächste Nacht verbringen sollten. „Nun denn”, sagte er, „lass uns vergorenen Traubensaft zu uns nehmen!”
24. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 14.06.06 00:33

Was für ein Glück das solche Gedächtniskopien bei uns noch nicht möglich sind.

Wenn sich der Aufenthalt dort weiterhin derart gestaltet, will Hinrich vielleicht gar nicht mehr zurück. *schmunzel...

Mal sehen was die Damengesellschaft sonst noch so mit ihm vor hat?

Herzliche Grüße Petra-H
25. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 14.06.06 06:55

Wusst ich`s doch , dass sich hinter Arlettes angeblich rein wissenschaftlichem Interesse noch ganz andere Begierden verstecken! *gg*

Mir kommt da der Gedanke, dass sich Hinrich zu einem Weltenwanderer entwickeln könnte: Muss er in rebus sexualibus in unserer Welt darben, steigt er einfach aus und vergnügt sich mit den Girls der Parallel-Welt und umgekehrt. Jedenfalls wäre das mein Traum ...

Weiterhin eine schöne und spannende Geschichte!

Bluevelvet
26. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 14.06.06 22:18

10. Eine sehr seltsame Krankheit
Die Sonne hatte schon längst den Tag erhellt und tauchte ihr Schlafzimmer in gleißendes Licht. Es war bereits später Vormittag und die Beiden lagen immer noch im Bett. Arlette hatte sich vorsorglich für diesen Tag frei genommen. Sie kraulte an seiner Brust und kratzte ihn leicht mit ihren langen Fingernägeln. Da er nicht reagierte, riss sie ihm ein langes Brusthaar heraus.
„Au!” Er war wach.
„Hast du gut geschlafen?” fragte sie ganz unschuldig.
„Bist eben schon.” Er drückte sie an sich heran und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Na, Frau Nimmersatt, hast du jetzt genug gelernt?”
Sie hatten eine phantastische Nacht miteinander verbracht. Es war nicht so ein wilder, hemmungsloser Sex gewesen, wie er ihn mit den beiden Simones gehabt hatte. Arlette war in dieser Beziehung ein ruhiger Typ. Wie eine Tänzerin wollte sie geführt werden. Sie überließ ihm die Regie und machte alles mit, was er mit ihr anstellte. Sie ließ sich alles gefallen und genoss es, eine Frau zu sein. Sie, die eine staatliche Institution leitete und in ihrem Beruf sehr oft sehr bestimmende Töne von sich gab, zeigte beim Sex ihre devote Seite. Wie alle starken Frauen wusste sie, wann sie schwach sein wollte. Und in der letzten Nacht war sie sehr schwach gewesen. Nur beim Orgasmus hatte sie sich nicht mehr unter Kontrolle. Sie schrie, kratzte und biss ihn und sie zerriss den Bettbezug. Anschließend entschuldigte sie sich jedes Mal für ihre „Missetat” und meinte, sie müsste ja noch so viel von ihm lernen.
Sie hatte sich gerade wieder an ihn herangekuschelt, als es an der Tür klopfte. Sie ignorierte es. Nach einigen Momenten hörten sie wieder ein, diesmal lauteres, Klopfen.
„Was ist denn?” rief sie verärgert.
Die Tür öffnete sich und Suzanne trat ganz verschüchtert herein. Sie wusste, dass ihre Chefin ungenießbar war, wenn sie schlechte Laune hatte.
„Entschuldige bitte, Arlette, aber du möchtest bitte an den Televisor kommen. Die Untersuchungsrichterin möchte dich dringend sprechen und lässt sich nicht abweisen.”
Widerwillig stieg Arlette aus dem Bett. „Was will die blöde Kuh denn bloß wieder von mir?” Sie zog sich ihren Morgenmantel über und verließ das Zimmer.
Hinrich genoss die kurze Zeit der Ruhe. Er rieb sich die Augen und schaute auf das Chaos im Schlafzimmer. Seine und ihre Kleidung lag buntverstreut im Raum. Die leere Champagnerflasche war unter einen Stuhl gerollt, das Bettlaken zerrissen, ein Kissen hatte sie bis ans andere Ende des Raumes geschleudert.
Wutschnaubend stürmte sie plötzlich herein. Die Schimpfworte, die sie dabei ausstieß, trieben ihm fast die Schamröte ins Gesicht.
„Ich soll dich in eine Isolierzelle sperren. Angeblich hast du eine Seuche eingeschleppt. Die Untersuchungsrichterin ist auf dem Weg hierher. In spätestens 2 Stunden ist sie hier und sie bringt Nadine mit.”
Er versuchte, sie zu beruhigen.
„Da habe ich endlich einmal einen freien Tag und dann kommen die mit einem solchen Blödsinn. Du sollst eine Seuche eingeschleppt haben? Welche denn? Einen so gesunden Menschen wie dich habe ich noch nie gesehen!”
Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen. Er nahm sie liebevoll in den Arm. Nach kurzer Zeit hatte sie sich wieder gefasst.
„Komm, lass uns unter die Dusche gehen”, sagte sie und nahm in an der Hand. In seinen Erinnerungen hatte sie eine Filmszene gesehen, in der sich ein Paar unter der Dusche liebte. Das wollte sie jetzt auch ausprobieren, es hätte ja die letzte Gelegenheit dazu sein können.

Als sich beide einkleideten, legte sie mit einem leisen Seufzen ihren Keuschheitsgürtel an und ließ das Vorhängeschloss einrasten. Bei offiziellen Anlässen und Besuchen musste sie dieses stählerne Höschen tragen, das durch die geschickte Wahl eines modischen Kleides optisch hervorgehoben wurde. Den Schlüssel zu ihrer Lust drückte sie ihm in die Hand.
„Du bist jetzt mein Schlüsselmeister!”
Er überlegte. Das konnte so etwas wie ein Heiratsantrag gewesen sein. Auf alle Fälle hatte sie ihm so gesagt, dass sie ihn behalten und nicht mehr freigeben wollte. Diese Frau war sicherlich dazu imstande, ihre Ansprüche an seiner Person gegenüber jeder Rivalin mit allen Mitteln zu verteidigen.
Sie setzten sich an den bereits gedeckten Frühstückstisch, den sie tags zuvor geordert hatte. Eigentlich hatte sie ein gemütliches Brunch geplant, doch das Televisor-Gespräch hatte ihr die Laune verdorben. Sie hatte Angst, ihren Mann zu verlieren. Lustlos stocherte sie in ihrem Müsli herum.

Die Tür öffnete sich, die Untersuchungsrichterin und Nadine traten herein. Die Fahrerin musste einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt haben, jedenfalls waren sie eine habe Stunde zu früh eingetroffen.
Bei der Begrüßung verweigerten sie Hinrich den Handschlag, auch die sonst üblichen Küsschen bekam er nicht. Sie hatten Angst vor einer Infektion.
„Was macht der hier? Wieso ist der nicht in der Isolation?” polterte es aus der Untersuchungsrichterin heraus.
„Bevor in meinem Institut jemand in Isolationsquarantäne kommt, will ich erst einmal wissen, warum. Und Hinrich als Betroffener hat ebenfalls das Recht zu wissen, worum es überhaupt geht!” Arlette war wieder voll und ganz die energische Laborleiterin.
Sie setzten sich alle an den Tisch und die Hausherrin bot frischgebrühten Kaffee an. Die Untersuchungsrichterin lehnte ab, Nadine ließ sich dagegen gerne eine Tasse einschenken. Sie war zwar aus einem sehr ernsten Grund gekommen, wollte aber nicht auf eine solche seltene Köstlichkeit verzichten.
„Nadine, am besten berichtest du, schließlich bist du Gynäkologin”, sagte die Untersuchungsrichterin.
Die Angesprochene schlürfte noch schnell an der Kaffeetasse, wobei sie sich beinahe die Zunge verbrannte. „Simone 399B und Simone 251B sind schwer erkrankt. Ich konnte bislang beim besten Willen keine Diagnose stellen. Die Symptome, genauer die Kombination der Symptome, können keiner uns bekannten Krankheit zugeordnet werden. Ich habe die Beiden gestern vorsorglich in die Quarantänestation der Polyklinik eingewiesen. Heute früh habe ich die Untersuchungsrichterin darüber informiert und die erzählte mir, dass die drei ehemaligen Sekurittee-Beamtinnen mit den gleichen Symptomen in der Königin-Antoinette-Klinik liegen. Alle Fünf hatten definitiv mit Hinrich Kontakt, er muss sie mit einer unbekannten Krankheit infiziert haben.”
„Aber du und ich waren doch auch mit ihm in Kontakt”, warf Arlette ein.
„Das ist es ja, was mir Angst macht. Vielleicht werde ich ja auch so krank. Hinrich, nun sag du doch auch etwas. Was kann das denn sein?”
„Ich bin kein Mediziner”, meinte er, „aber es würde durchaus helfen, wenn du einmal sagst, was für Krankheitssymptome das nun eigentlich sind.”
„Ach, hatte ich das noch nicht? Also, morgens haben sie beim Aufstehen leichte Schwindelanfälle, dann müssen sie sich ab und zu übergeben, zur Zeit leichte Gewichtsabnahme und eine Art Geschmacksverwirrung. Simone 399B und Simone 251B haben sich vorher nie etwas aus sauren Gurken gemacht, jetzt stopfen sie die Dinger nur so in sich hinein. Sag, kannst du uns weiterhelfen? Weißt du, was das für eine Krankheit ist und wie wir sie bekämpfen können?”
Arlette und Hinrich schauten sich erstaunt an. Während sie sprachlos war, fing er an zu lachen. „Was bitte, Nadine, bist du von Beruf? Gynäkologin? Und was hattest du studiert? Medizin? Du solltest deine Praxis um das Fach Geburtshilfe erweitern. Sie sind schwanger!”
Arlette bestätigte seine Ferndiagnose. „Ja, von den gleichen Symptomen hat mir damals meine Urmutter erzählt. Darunter litten viele Frauen zu Beginn ihrer Schwangerschaft.”
„Das heißt, sie bekommen ein Kind?” fragte die Untersuchungsrichterin.
„Nein, jede eines!” korrigierte Hinrich.
„Das kann gar nicht sein!” meinte Nadine. „Gut, bei Simone 251B und den Drei von der Sekurittee vielleicht, die hatten ja Sex mit dir. Aber Simone 399B ist immer verschlossen gewesen, wie sollte die denn ....?”
„Zu dem Thema solltest du dich einmal ernsthaft mit ihr unterhalten!” sagte er.
„Diese ... diese ...! Ich jage sie aus dem Haus, ich lasse mich scheiden!”
„Na, du wirst doch eine werdende Mutter nicht obdachlos machen wollen?”
Arlette hatte inzwischen allen ein Glas Cognac eingeschenkt. Den hatten sie jetzt auch nötig.
27. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 14.06.06 22:40

*kicher... *lach... *brüll...

Genau darauf habe ich nur gewartet - schwanger ... einfach herrlich!
Aber das selbst die Gynäkologin das nicht erkannt hat - ein seltsames Studium müssen die haben.

Hoffentlich verfällt Hinrich jetzt nicht dem Größenwahn, wo doch mit seinen Genen eine neue Gesellschaft aufgebaut wird. *grins...

Herzliche Grüße Petra-H
28. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Herrin_nadine am 14.06.06 23:29

ja da wundere ich mich auch. wann war bei denen die letzte schwangerschaft denn. muß die ärztin jetzt bücher wälzen in geburtshilfe ?

29. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 15.06.06 06:45

Der Blitz, der Hinrich in die Parallel-Welt gebeamt hat, hat wohl versäumt, `ne Packung Kondome mit rüberzubeamen. *gg*

Dass die arme Arlette jetzt einen Cognac braucht, ist verständlich; vermutlich bekommt sie in den nächsten Tagen, das Alter scheint in dieser Parallel-Welt eine etwas andere Bedeutung zu haben, auch noch Appetit auf Saures ...

Ebenfalls amüsiert
Bluevelvet
30. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von natter am 15.06.06 10:41

Hihi,

während sich die Gynäkologin über Schwangerschaft und Geburtshilfe belesen muss, braucht es auch sicher bald noch eine Urologin und Sportärztin , sonst kommt der Hinrich bald im Rollstuhl daher *g*.
Super Spassfaktor!

natter
31. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von träumerin am 16.06.06 21:47

einfach herrlich, diese Geschichte!

Ich komme aus dem Kichern gar nicht wieder heraus!

Deine Story macht süchtig, bitte mehr davon!

Einen lieben Gruss
die träumerin
32. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 18.06.06 23:52

11. Die Rettung des Universums?
„Auf unsere Rettung!” Die Untersuchungsrichterin war die Erste, die wieder zu Worte kam. Sie prostete den anderen zu und kippte ihren Cognac herunter. „Ja, versteht ihr denn nicht?” sagte sie. „Es werden wieder Kinder geboren, die Menschheit ist gerettet!”
„Ach ja, Kinder! Ich erinnere mich noch gerne an meine Kindheit”, schwärmte Arlette.
„Geburtshilfe? Was muss ich denn da tun?” fragte Nadine.
Hinrich dagegen schwieg erst einmal. Er war dabei, fünffacher Vater zu werden. Bei ihm zu Hause würde er nun bis zum Lebensende nur für die Alimente arbeiten müssen, hoffentlich war das in diesem Universum anders.
Die drei Damen fingen bereits an, die ersten Massenschwangerschaften zu planen.
„Wir sind etwa 3 Millionen Bürgerinnen in der Konföderation, davon 90 Prozent im gebärfähigen Alter.” – „Jede Frau muss dann 2 bis 3 Kinder zur Welt bringen.” – „Werden die dann wie die Klone konditioniert?” – „Wie hießen früher diese Wissensanstalten? Ach ja, Schulen.” – „Und wenn es männliche Kinder werden, muss es dann wieder Pantalons geben? Das Modeministerium muss unbedingt informiert werden.” – „Also, rosa für die Mädchen und hellblau für die Jungen.” – „Kann ich bitte noch einen Cognac haben?”
Das Ganze erinnerte Hinrich an die Kaffeekränzchen, die seine Mutter früher abhielt. Er versuchte mehrmals, in die Diskussion einzugreifen, aber der Mann in der Runde wurde aber einfach ignoriert. Schließlich holte er sich ein paar Bögen Papier sowie einen Schreibstift und machte sich Notizen.
Die Frauen waren in ausgelassener Stimmung. Selbst Nadine hatte den Ärger über ihre Ehefrau vergessen. Zudem wirkte allmählich der Alkohol. Der ersten Flasche Cognac folgte eine zweite und eine dritte. Am späten Nachmittag waren sie sturztrunken.
„Wir wolllln vnnn dir alle nnn Kind haaaamm!” lallte die Untersuchungsrichterin und griff Hinrich in den Schritt. „Sonsss wiss du wiede innaff ... hick ... innaffdierd!” Arlette ging sofort dazwischen. „Lassss die Finger vnnnn meinnn Mann!” – „Dasssissss nich deinnn Mann, dasssiss Schdaaadseinnnntuuuum! Deer musssunss Kinner machnnnn!”
Hinrich schüttelte den Kopf. Das sollte nun die Elite dieses Staates sein? Glücklicherweise war er nüchtern geblieben, er mochte keinen Cognac und hatte die ganze Zeit nur Kaffee getrunken. Jetzt musste er sich erst einmal mutig zwischen die beiden stutenbissigen Weiber stellen. Arlette hängte sich wie eine Klette an ihn. „Wennnuu die annich rannläss, krazzzich dir die Augnnn ausss!” Er nahm sie auf die Arme, trug sie ins Schlafzimmer und legte sie ins Bett. Aber kaum lag sie flach, musste sie sich übergeben. In weiser Voraussicht hatte er dafür einen Eimer bereitgestellt. „Oh, ich binn ssswnnger!” Der zweite Schwall kam aus ihrem Magen. Kurze Zeit später schlief sie ein.
Nadine und die Untersuchungsrichterin hatten inzwischen eine weitere Flasche geöffnet und waren heftig am Diskutieren, ohne dass die Eine die Andere überhaupt verstand. Sie ließen sich aber widerstandslos von Hinrich ins Gästezimmer „abführen”.
Am nächsten Tag saßen alle Vier todmüde am Frühstückstisch. Die Frauen hatten mit ihrem Rausch zu kämpfen und er hatte die ganze Nacht Krankenpfleger gespielt. Im Gegensatz zu ihnen hatte er aber Appetit und eine große Portion Rührei aus der Küche bekommen. Arlette fing schon beim bloßen Hingucken an zu würgen und klagte über Kopfschmerzen. Er grinste und schenkte ihr aus einer Karaffe ein. „Trink das mal, das wird dir gut tun. Später machen wir einen langen Spaziergang. Ich habe dich auch schon krank gemeldet.”
„Was ist das denn für ein Gebräu?“
„Ein Sud aus Weidenbaumrinden, den Suzanne heute Morgen hergestellt hat. Das Rezept kannten schon die alten Germanen und Kelten. In meinem Universum wird das Mittel synthetisch hergestellt und als Aspirin in den Apotheken verkauft.“
Ebenso wie Arlette befolgten Nadine und die Untersuchungsrichterin seinen Rat. Die frische Luft im Anschluss tat allen gut. Gegen Abend waren die Frauen wieder so ausgenüchtert, dass die Gesprächsrunde von Vortag fortgesetzt werden konnte.
Hinrich hatte auch Suzanne hinzugebeten. Suzanne war Arlettes „rechte Hand” und sollte einmal ihre Nachfolge als Leiterin des Klonlabors antreten. Sie wurde zunächst von ihm über die Lage informiert. Aufgrund seiner Notizen war er gut vorbereitet.
„Also“, fing er an, „stellen wir erst einmal die Tatsachen fest. Das Virus hat scheinbar auf mich keine Wirkung und der sexuelle Kontakt mit mir macht die Frauen nicht unfruchtbar. Im Gegenteil, sie sind nach wie vor in der Lage, schwanger zu werden und – hoffentlich – auch gesunde Kinder auf die Welt zu bringen.“
„Ja, das wissen wir doch. Aber wie soll es jetzt weitergehen?“ fragte Arlette.
„Genau das ist die Frage!“ antwortete er. „Stellt euch doch einmal vor, ich würde mit den fünf Schwangeren so einfach durch die Straßen laufen. Das Harmloseste wäre, wenn sich eure Mitbürgerinnen nur verwundert umgucken würden. Denen habt ihr doch jahrzehntelang erzählt, es gäbe keine Männer mehr. So heiß wie die aber sind, Anwesende eingeschlossen, wollen die meisten Frauen aber einen männlichen Partner haben und Kinder bekommen. Und wenn eure Regierung diesen Bedarf nicht befriedigen kann, gibt es eine Revolte!“
„Aber dazu haben wir dich doch jetzt“, warf die Untersuchungsrichterin ein.
„Soll ich jetzt etwa den Bezirks-, Landes- oder Staatsbefruchter machen? Das halte ich nicht aus!“
„Künstliche Befruchtung,“ meinte Nadine, „du brauchst uns nur deinen Samen zu geben!“
„Damit degradierst du die Frauen zu reinen Gebärmaschinen“, antwortete er.
„Wir können doch auch versuchen, dich zu klonen“, schlug Suzanne vor, „jeder Frau ihren Hinrich!“
„Also, abgesehen, dass ich mich nicht klonen lassen will, löst das nicht eure Probleme. In beiden Fällen wären alle Kinder Geschwister oder Halbgeschwister. Und wenn die sich eines Tages paaren wollten, wäre es Inzest! Nein, ich allein bin nicht die Rettung eures Universums.“
Die Stimmung der Damen war auf den Nullpunkt gesunken.
„Aber, was sollen wir denn machen?“ fragte Arlette.
„Ihr müsst die männlichen Klone zu Leben erwecken. Wenn ich gegen das Virus resistent bin, müssen die das eben auch werden.“
„Meinst du, wir sollten das mit diesem Wundermittel aus deiner Welt versuchen?“ fragte Suzanne. „Dieses Penizin?“
„Du meinst Penicillin. Nein, das kann nicht wirken, das ist ein Antibiotikum. Was ihr braucht, ist ein Viro... Ich Idiot! Warum habe ich nicht gleich daran gedacht?“
Vier Augenpaare schauten ihn gebannt an.
„Kinderkrankheiten! Ich habe doch alle Kinderkrankheiten durchgemacht. Mumps, Masern, Röteln, Windpocken. Das sind Viruserkrankungen und ich bin seitdem gegen sie immun. Und dann hatte ich als Erwachsener noch eine Gesichtsrose!“
„Du hattest eine Blume am Kopf?“ fragte die Untersuchungsrichterin etwas verwirrt.
„Nein, das ist eine Erkrankung, die durch das Windpockenvirus ausgelöst wird. Wer als Kind die Windpocken hatte, ist sein Leben lang immun dagegen. Allerdings kann im Erwachsenenalter, bei einem geschwächten Immunsystem, dieses Virus eine sogenannte Gürtelrose auslösen. Ich hatte damals kurz vorher eine schwere Grippe gehabt. Die Gesichtsrose ist eine Gürtelrose im Gesicht. Ich musste damals ein Virostatikum zu mir nehmen. Fünf Tabletten am Tag, alle vier Stunden. Die erste morgens um 6, die letzte abends um 10. Und jedes Mal, wenn ich mich im Spiegel ansah, blickte mir ein anderes Gesicht entgegen.“
„Und du meinst, das könnte uns weiterhelfen?“ fragte Arlette.
„Es ist jedenfalls einen Versuch wert. Ihr müsst einen neuen männlichen Klon vorbereiten und mein Blut erneut untersuchen, die B- und T-Zellen. Auf den Nervenbahnen in meinem Gesicht muss noch das Windpockenvirus liegen. Dann müsst ihr noch einmal meine Erinnerungen nach dem Virostatikum durchsuchen, ich habe mir damals ganz sicher den Beipackzettel durchgelesen. Dadurch müsstet ihr das Mittel selbst herstellen können.“
Die Frauen waren erstaunt, dass ein Mann so bestimmend und logisch sein konnte.
„Und dann sind da noch die fünf schwangeren Austern“, ergänzte er. „Es ist besser, wenn sie auch hierher kommen. In der Öffentlichkeit werden sie in ein paar Monaten mit ihren dicken Bäuchen nur Aufsehen erregen. Außerdem müsst ihr eine Schwangerschaftsvorsorge entwickeln.“
„Und du glaubst, wir können das?“ fragte Nadine.
„Schwangerschaft und Geburt sind keine Krankheiten sondern ganz natürliche Vorgänge. Hätte Mutter Natur so lange gewartet, bis es Universitäten und Ärzte gibt, gäbe es auf diesem Planeten wahrscheinlich nur Einzeller. In erster Linie geht es um die Früherkennung von Krankheiten und eventuellen Komplikationen, sowie die Gebärenden zu unterstützen. Der Beruf der Hebamme ist einer der ältesten der Welt, da muss es in euren Bibliotheken doch Bücher zu diesem Thema geben.“
Die Untersuchungsrichterin versprach, die zuständigen Regierungsbehörden zu verständigen. Außerdem wollte sie die Verlegung der 5 Schwangeren ins Klonlabor anordnen. Nadine sollte gleich dort bleiben. Ihr wurde zugesichert, mit ausreichend Literatur versorgt zu werden.
Die Aufgaben waren somit schnell verteilt, nur Suzanne hatte noch einen Einwand.
„Wir haben da noch ein Problem!“ sagte sie trocken.
33. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 19.06.06 00:26

Gleiches Recht für alle:

>„jeder Frau ihren Hinrich!“

einfach köstlich ... eine wirklich gute Geschichte, der man sich schwer entziehen kann.

Na da bin ich mal gespannt, auf welches Problem Suzanne anspricht.

Herzliche Grüße Petra-H
34. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 19.06.06 07:20

Wissensanstalten, Mann als Staatseigentum und Bezirks-, Landes und Staatsbefruchter - letzteres nicht falsch verstehen: er befruchtet nicht den Staat, obwohl diesem eine Befruchtung mit neuen Ideen bevorstehen dürfte - einfach klasse ...

Bin schon auf die neuen "Probleme" gespannt! *gg*

Bluevelvet
35. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 20.06.06 00:27

Hallo Petra-H,

vielen Dank für deine netten Kommentare.
Der Satz "Jeder Frau ihren Hinrich" ist übrigens von dir,
den fand ich so toll, dass ich ihn unbedingt einbauen musste.

Gruß,
hpp
36. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 20.06.06 00:56

12. Der Schlüsselmeister
„Wir haben noch keine Konditionierungskassette für die männlichen Klone”, fuhr Suzanne fort. „Wir haben bisher immer nur daran gearbeitet, sie am Leben zu erhalten.”
„Richtig!” sagte Arlette. „Daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht. Da bleibt uns nur Eines übrig ...” Sie schaute Hinrich tief in die Augen.
„Was hast du vor?” wollte er wissen.
„Wir stellen eine Kassette her, aus deinen Erinnerungen!”
„Das kannst du nicht, das ist Diebstahl geistigen Eigentums.”
„Und wie ich das kann. Wenn wir es nicht tun, wachen die Klone mit leeren Gehirnen auf. Kannst du das verantworten? Außerdem haben wir deine Erinnerungen ja schon!”
Er wusste, dass Arlette Recht hatte und es war ihm nicht wohl dabei. Ein leeres Gehirn war so etwas Ähnliches wie eine unformatierte Festplatte. Dass dort ein „Betriebssystem” installiert werden musste, leuchtete ihm schon ein. Dass es aber seine Erinnerungen, seine Überzeugungen, seine Vorlieben, seine Kenntnisse sein sollten, machten ihm Angst. Als einziger Mann unter heißen und heiß aussehenden Frauen zu leben, war nicht nur eine angenehme Angelegenheit. Aber die Aussicht, sich selbst in anderen Männern wiederzufinden, sich praktisch mit sich selbst unterhalten zu müssen, war reinster Horror!
„Kann ich denn wenigstens mitbestimmen, was ihr aus meinen Erinnerungen nutzt?” fragte er.
„Nein, das kannst du nicht!” war Arlettes kurze, aber bestimmte Antwort. Sie hakte sich bei Suzanne ein und ging mit ihr in Richtung Labor.
Die Untersuchungsrichterin verabschiedete sich ebenfalls. Sie hatte ja ihre „Hausaufgaben” zu erfüllen und wollte nach zwei Wochen zurückkommen.
Nadine zog sich ins Gästezimmer zurück, um den Restalkohol des Vorabends auszuschlafen.
So stand Hinrich plötzlich ganz allein im Raum. Das erste Mal seit seiner Ankunft in diesem Universum wollte keine Frau etwas von ihm wissen. Das war richtig ungewohnt! Im Bücherschrank fand er die „Metamorphosen” von Ovid und im Kühlschrank eine Flasche Champagner. Mit beidem ausgestattet setzte er sich auf das Sofa, las und trank, bis die Müdigkeit doch größer war und er einschlief.

Drei Tage lang hatte er Arlettes Wohnung praktisch für sich allein. Arlette war die ganze Zeit im Labor beschäftigt und Nadine ging ihm aus dem Weg. Sie hatte auf dem Gelände auch schon eine neue Liebhaberin gefunden und übernachtete bei ihr.
Hinrich saß im Wohnzimmer und las gerade ein Buch einer Krimiautorin dieses Universums, deren Schreibstil ihn sehr an Henry Slesar erinnerte, als Arlette hereinkam. Sie trug wieder dieses aufregende Negligee, das ihren Keuschheitsgürtel so erotisch betonte.
„Na, bist du noch böse auf mich?” fragte sie mit becircender Stimme.
„Weil du deinen Job machst? Nein, nur ...”
Weiter konnte er nicht sprechen, sie hatte ihre Zunge schon tief in seine Mundhöhle gesteckt. Sie öffnete sein Hemd, griff in seinen Schritt und erwartete jeden Moment seine Hände an ihren Brüsten. Die Verlockung war groß, aber er hatte sich vorgenommen zu widerstehen, was ihm sehr schwer fiel.
„Was ist denn?” fragte sie verwirrt.
„Du, ich habe zur Zeit keine Lust”, log er.
Eisiges Schweigen beherrschte den Raum. Er widmete sich wieder seinem Buch zu.
„Gut, dann mache ich es mir eben selbst! Gib mir mal den Schlüssel!”
„Nein!”
„Was?”
„Erstens heißt es ‘wie bitte?’, und zweitens lautet die Antwort ‘nein!’”
„Das kannst du doch nicht machen!”
„Und wie ich das kann! Du selbst hast mich doch zu deinem Schlüsselmeister gemacht und du bleibst erst einmal verschlossen!”
„Und wie lange?”
„Das hängt von dir ab! Merke dir: Ich mag es nicht, bevormundet zu werden. Meine Gutmütigkeit hat auch einmal ein Ende. Du hast den Bogen völlig überspannt, so wie du mit meinen Erinnerungen umgegangen bist. Und mir dann auch noch Recht abzustreiten, über mein eigenes Gedankengut entscheiden zu dürfen, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Nein, du bleibst so lange verschlossen, bis du von deinem hohen Ross abgestiegen bist und endlich wieder einen klaren Kopf hast.”
„Ja, ja, du hast ja Recht, ich entschuldige mich dafür” sagte sie trotzig und hoffte, damit aus ihrem Unterleibsgefängnis entlassen zu werden.
„Nein, so nicht!” Er schüttelte den Kopf. „Ich denke, du musst noch eine Lektion Demut lernen!” Ehe sie sich versah, hatte er sie im Polizeigriff und führte sie in sein Schlafzimmer ab. Dort fesselte er ihr Arme und Beine mit bereitgelegten Schüren, außerdem erhielt sie einen Knebel in den Mund. So verpackt wurde sie im großen Kleiderschrank auf einen Stuhl gesetzt und dort arretiert.
„Gute Nacht”, sagte er zu ihr und schloss die Schranktür. Natürlich hatte er Sorge dafür getragen, dass sie ausreichend mit Frischluft versorgt wurde.

Während er in ihrem Bett gut geschlafen hatte, war die Nacht für sie recht unangenehm gewesen. Der Stuhl war unbequem und sie saß so unglücklich, dass ihr Keuschheitsgürtel drückte. Nachdem er ausgiebig gefrühstückt hatte, brachte er ihr ein Glas Wasser.
„Na, gut geschlafen?”
Wenn Blicke töten könnten, wäre es jetzt um ihn geschehen gewesen. Er nahm ihr den Knebel ab und bot ihr das Wasser an.
„Lass mich sofort frei, sonst ...”
„Sonst was? Hast du Durst?”
„Lass mich in Ruhe!”
„Gut, wie du willst.” Er legte ihr wieder den Knebel an. „Ich gehe mal ins Labor und melde eine Woche Urlaub für dich an. Den hast du jetzt unbedingt nötig. Und dann gehe ich noch zur Schmiede, ich habe noch eine Überraschung für dich.”
Er schloss den Kleiderschrank und ging. Am Nachmittag die gleiche Prozedur, wieder wollte sie nichts trinken. Abends bat sie höflich, auf die Toilette gehen zu dürfen. Er löste die Stuhlarretierung und öffnete die Beinfesselung so, dass sie im Trippelschritt selbst zum Badezimmer laufen konnte. Gerade noch rechtzeitig konnte sie ihr Geschäft verrichten. Anschließend ging es wieder in den Kleiderschrank zurück, in dem sie die Nacht verbringen musste.
Am nächsten Morgen war sie schon friedlicher und trank brav das Glas Wasser.
„Schau mal, was ich für dich habe!” Er zeigte ihr ein breites Halsband aus Edelstahl mit einem kleinen Vorhängeschloss und einem großen Ring der „O”. „Die Schmiedin hat gute Arbeit geleistet, aber das nächste wird einen Permanentverschluss haben.”
„Das werde ich nie tragen!” Der Knebel beendete ihren Wutausbruch.
Vor ihrem nächsten Toilettengang hatte er ihre Armfesselung ebenfalls etwas gelockert. Im Badezimmer sah sie, warum. Das Sklavenhalsband lag auf der Waschkonsole. Sie sollte es sich selbst anlegen und sich ihm damit unterwerfen. Dieses Mal konnte sie noch widerstehen, bereute es aber schon in der nachfolgenden Nacht.
Gleich am nächsten Morgen bettelte sie darum, ins Badezimmer gehen zu dürfen. Dort angekommen legte sie sofort das Halsband um und ließ das Vorhängeschloss einrasten. Mit gesenktem Kopf präsentierte sie sich ihrem Schlüsselmeister.
Der befreite sie zunächst von ihren Fesseln, öffnete auch ihren Keuschheitsgürtel und befahl ihr, ein gründliches Bad zu nehmen.
Der anschließende Sex war das Beste, was sie sich je hatte vorstellen können. Die unerwartet lange Verschlusszeit hatte ihre Libido gesteigert und durch die Unterwerfung war ihr endlich klar geworden, dass sie im Beruf dominant, in der Liebe aber devot veranlagt war.
Als sie später wieder ihren Keuschheitsgürtel anlegte, bewunderte sie sich im Spiegel. Ihr Sklavenhalsband - ja, das passte gut zu ihrem Stahlhöschen. Warum hatte sie sich eigentlich so lange dagegen gewehrt? Er hatte ihr versprochen, dass ihr nächstes Halsband noch besser sein sollte. Sie freute sich schon darauf.
37. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 20.06.06 06:19

Eine herrliche Fortsetzung der Geschichte!

Der Gedanke, dass man selbst vervielfältigt herumläuft, ist wirklich der pure Horror. Es reicht völlig, dass man den lieben Gott und, was schlimmer ist, seine Mitmenschen mit sich selbst nur einmal nervt ...

Außerdem bringt der Gedanke an das Klonen auch in diverse metaphysische Probleme mit sich: Was geschieht mit dem Karma des Originals (Gedanke für die, die an das Karma glauben)? Wie wirkt sich die ursprüngliche astrologische Konstellation aus (Gedanke für die, die an die Sterne glauben)?

Klar, dass die bockige Arlette erst einmal Demut lernen musste! Kann mir vorstellen, dass ihr selbst im Alter von 50 noch ein wenig Erziehung bevorsteht. *gg*

Philosophiert am Morgen von

Bluevelvet
38. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Goury am 20.06.06 12:18

Ok, dann werde ich die sache mal vom Wissenschaftlich, Psychologischen standpunkt beleuchten.
Man sagt ja immer: "Ein Mensch ist mehr als die summe seiner erfahrungen" und das stimmt ja auch, zum einen sind es die erfahrungen bzw die erinnerungen die das verhalten eines Menschen bestimmen, zum anderen ist es aber auch ein durch die DNA fest vorprogrammiertes Persöhnlichkeits muster. Das große problem ist nun, was ist wenn die erinnerungen nicht zum Persöhnlichkeits Muster passen?

Das könnte ganz derbe in die Hose gehen.


Goury
39. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von träumerin am 20.06.06 13:08

Hallo hpp,

vielen Dank für diese köstliche Fortsetzung! Tjaja.. die arme (?) Arlette ist genauso alt wie ich. Und so ein paar Sachen an ihr kommen mir seltsam bekannt vor.

Mal sehen, ob ich das auch noch ein paar Kapitel später sagen kann....

Einen lieben Gruss
die träumerin
40. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 20.06.06 15:34

Hallo hpp,

wieder eine tolle Fortsetzung.
Das der Satz aus einem meiner früheren Kommentare stammt, ist mir durchaus aufgefallen, aber er passt ja auch zu gut. *kicher...

Na ja... das Hinrich nicht gerade begeistert ist, sich selbst in mehrfacher Ausführung zu begegnen kann man sehr gut verstehen.
Wenn es nur darum ginge seinen Körper zu vervielfältigen wäre das ja noch OK, aber mit all seinen Erinnerungen, Eigenheiten und Gefühlen - das würde wohl niemand verkraften.

Aber es wird ja immer interessanter und ich bin schon sehr gespannt, wie es weiter geht.

Herzliche Grüße Petra-H
41. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von natter am 21.06.06 22:54

Hallo hpp,

weniger ist oft mehr, darum halte ich meinen Kommentar kurz und bitte um mehr (aber bitte nicht weniger )

Freundliche Grüsse

natter
42. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 25.06.06 18:35

13. Eifersucht
Nach drei Urlaubstagen ging Arlette wieder zur Arbeit. Die Laborantinnen bewunderten ihr neues Halsband; das musste wohl die aktuelle Mode aus dem anderen Universum sein. Sie waren nicht so belesen wie ihre Chefin und wussten nicht, was der „O“-Ring wirklich bedeutete.
Mit Suzanne besprach sie nur kurz den Fortschritt der vorbereiteten männlichen Klone. Die waren gerade im Entwicklungsstadium eines Fötus im achten Monat und in etwa 36 Stunden so weit, dass sie mit dem Windpockenvirus in Kontakt kommen sollten. Arlette hielt sich nicht lange im Labor auf, sondern ging hinüber zur Schmiedin, die sie grinsend begrüßte.
„Dein neues Halsband ist noch nicht fertig. Hinrichs Vorgaben waren ganz präzise, aber der Verschluss ist Feinmechanik, das kann ich hier nicht machen. Ich habe es daher an die Uhrmachermeisterin im Dorf weitergegeben. Das dauert etwa noch eine Woche.“
Ihr Gesichtsausdruck verriet Schadenfreude, Hinrich hatte ihr den Sinn des Halsbandes erklärt. Arlette war eine bei allen beliebte und respektierte Chefin, die aber auch sehr resolut und bestimmend sein konnte. Und die hatte sich jetzt einem Mann unterwerfen müssen und dies jetzt öffentlich zur Schau zu stellen.
Arlette bemerkte die Häme, reagierte aber nicht darauf. Sie hatte andere Sorgen und die Zeit wurde ihr knapp. „Eine Woche?“ fragte sie. „Geht das nicht schneller?“
„Ich werde die Uhrmacherin noch einmal fragen“, war die überraschte Antwort.

Die Untersuchungsrichterin hatte sich für den nächsten Tag angekündigt und Arlette musste sich noch um die Unterbringung der Schwangeren kümmern. Ein Seitentrakt des Herrenhauses war für sie reserviert worden. Jede sollte ihr eigenes Zimmer bekommen, außerdem wurde eine komplette gynäkologische Praxis eingerichtet. Die angeordneten Umbau- und Ausstattungsarbeiten waren im Plan und sollten rechtzeitig fertig werden. Sie hatte wieder einmal ihren Job richtig gemacht, doch Arlette blickte mit gemischten Gefühlen in die Zukunft.
Hinrich spürte, dass irgend etwas in ihr vorging, doch er schob es auf ihre neue Rolle als seine Sklavin, an die sie sich noch gewöhnen musste. Ihm war die Situation auch unangenehm. Er wollte eigentlich gar nicht ihr Meister sein, aber es hatte sich halt so ergeben. Ja, sie wollte es so!

Am nächsten Tag war Arlette sichtlich nervös. War es die Sorge um die neuen männlichen Klone, die Ungewissheit über den Verlauf der Schwangerschaften oder bloße Eifersucht? Sie wollte ihren Mann nicht verlieren – und auch nicht teilen.
Gegen Mittag traf die Untersuchungsrichterin ein, in Begleitung der fünf schwangeren Frauen. Nadine begrüßte ihre Ehefrau gleich mit einer schallenden Ohrfeige und erklärte ihr das sofortige Ende ihrer gemeinsamen Beziehung. Simone 399B rieb sich die Wange und war sich keiner Schuld bewusst. Noch vor dem gemeinsamen Mittagessen klärte Arlette die Schwangeren über ihre „Krankheit“ auf. Allerdings waren die gar nicht über ihren Zustand überrascht. Die Veränderungen, die in den vergangenen Wochen in und mit ihren Körpern passiert waren, hatten ihre natürlichen weiblichen Instinkte wiederbelebt. Sie hatten es nicht nur geahnt und gehofft, schwanger zu sein – wie hatten es gewusst.
Die weiteren Regularien wurden festgelegt. Nadine war die persönliche Ärztin, die – aus Hinrichs Erinnerungen – die Vorsorgeuntersuchungen ausarbeiten sollte. Die notwendigen technischen Geräte mussten neu erfunden werden, dazu stand ihr ein medizinisches Entwicklerteam zur Seite.
Die fünf Schwangeren hörten dem überhaupt nicht zu. Sie hatten nur Augen für den Mann, der sie nicht nur zur Frau, sondern auch zur werdenden Mutter gemacht hatte und wollten jetzt mit ihm gerne alleine sein.
Nach dem Essen wurden die Fünf in ihre Unterkunft gebracht. Jede suchte ihr Zimmer selbst aus, erstaunlicherweise ohne Streitereien. Hinrich war mitgekommen und öffnete ihre Keuschheitsgürtel. Während er von ihnen dafür mit Küsschen überhäuft wurde, war Arlette ganz bleich vor Erschrecken.
„Was soll denn das?“ wollte sie wissen.
„In den nächsten Monaten werden ihre Bäuche immer dicker werden. Wir werden den Kindern doch keinen Schaden zufügen wollen?“
„Nein, natürlich nicht“, bestätigte Arlette kleinlaut, immer noch verschlossen vor ihren Konkurrentinnen stehend. Jetzt hatte er freien Zugang zu den Fünf. Beißende Eifersucht kam in ihr auf. Sie wurde von Nadine, die zur ersten Untersuchung bat, aus der Situation gerettet und mit Hinrich aus dem Gebäude heraus komplimentiert. Auf dem Weg in ihre Wohnung wechselte sie geschickt das Thema.
„Heute Abend werden wir die Immunisierung einleiten. Willst du dabei sein?“
Zu ihrem Glück sagte er zu. Für diesen Abend hatte sie ihn auf alle Fälle für sich. Dass er auch die Nacht bei ihr blieb, dafür wollte sie schon irgendwie sorgen.

Als sie gegen 20 Uhr den Laborkeller betraten, staunte Hinrich nicht schlecht. Es waren gleich fünf männliche Klone vorbereitet, Henry 10001H bis Henry 10005H. Er hatte bislang kaum Kenntnisse von der hiesigen Klontechnik gewonnen, wusste aber, dass es eine „H“-Generation bislang noch nicht gegeben hatte. Auch eine fünfstellige Zählnummer war bislang nie benutzt worden. Arlette erklärte das mit der neuen Versuchsreihe und der vorgesehenen Immunisierung. Diese Klone mussten sich also deutlich von den bisherigen namentlich unterscheiden.
„Warum denn aber gleich fünf? Reicht nicht einer für einen Test aus?“ wollte er wissen.
„Bei mehreren ist die Chance größer, dass einer überleben kann“, war ihre schnelle Antwort.
Arlette gab Suzanne ein Zeichen, es konnte losgehen. Fünf Laborantinnen injizierten gleichzeitig eine Nährlösung in die Versorgungsschläuche. Diese Nährlösung war mit dem Windpockenvirus kontaminiert, den sie bei der letzten Untersuchung auf Hinrichs Nervenfasern gefunden hatten. Die Klone reagierten sofort, die Geräte zeigten einen heftigen Anstieg der Körpertemperatur an. Gleich wurde das neu entwickelte Virostatikum gespritzt. Die Klone hatten hohes Fieber, das voraussichtlich noch die Nacht über anhalten würde. Tatsächlich konnten am nächsten Morgen Antikörper festgestellt werden. Alle fünf Klone hatten diese schwere gesundheitliche Krise sehr gut überstanden. Jetzt wurden sie wieder künstlich gealtert. In sechs Tagen sollten sie die Phase der Pubertät erreichen.

Die Zeit bis dahin war für Arlette die Hölle. Einerseits musste sie im Labor stets parat sein. In einer so wichtigen Phase konnte sie nicht sämtliche Verantwortung auf Suzanne abwälzen. Andererseits versuchte sie, jeglichen Kontakt zwischen Hinrich und den fünf Schwangeren soweit wie möglich zu verhindern. Sie erfand immer neue Gründe, ihn bei sich im Labor zu haben und beschäftigte ihn zumeist mit der Verarbeitung seiner Erinnerungen.
Endlich war es soweit. Die Geräte zeigten eindeutig körperliche Veränderungen bei den Klonen an. Es konnte eine bisher unerreichte Menge Testosteron im Blut gemessen werden. Soweit wie diese fünf „Henrys“ hatten es noch keine männlichen Klone gebracht. Arlette, Suzanne und Hinrich blieben jetzt Tag und Nacht bei ihnen. Als sie deutlich Gesichts-, Brust- und Schambehaarung durch die trübe Nährlösung erkennen könnten, waren sie überzeugt, dass sie es geschafft hatten. Jetzt war es Zeit für die Konditionierung. Arlette holte fünf nummerierte Kassetten aus ihrem Tresor und ließ sie in die entsprechenden Rekorder einlegen. In einer Woche wären die Klone dann soweit, dann könnten sie zum Leben erweckt werden.
Wegen dieses Erfolges gab Arlette eine Runde Champagner aus. „Den ersten Schritt haben wir geschafft, nächste Woche werden wir voraussichtlich groß feiern können“, prostete sie ihren Mitarbeiterinnen zu. Anschließend überließ sie Suzanne die Laborleitung.
„Komm, lass uns die Anderen informieren und dann gehen wir nach Hause“, sagte sie zu Hinrich. Nadine, Simone 251B, Simon 399B und die drei ehemaligen Kommissarinnen der Sekurittee freuten sich ebenfalls über den Entwicklungsstand der Klone und prosteten mit einem Orangensaft zu. Obwohl sie noch früh in ihrer Schwangerschaft waren, hatten sich ihre Körper bereits verändert. Besonders von ihren Brüsten konnte Hinrich seine Augen nicht lassen und Arlette hatte reichlich Mühe, ihn in ihre Wohnung zu zerren.
Das bestellte Abendessen war bereits von der Küche geliefert worden. Arlette ließ Hinrich wieder einmal warten und erschien in diesem aufregenden Negligee im Esszimmer. Während des Essens unterhielten sie sich noch einmal über den gerade erzielten Erfolg. Zum Nachtisch aber überreichte sie ihm eine kleine Schachtel mit ihrem neuen Halsband. Sie hatte es vorzeitig von der Schmiedin geliefert bekommen. Es waren zwei Halbringe, die an beiden Enden Nut und Feder so angebracht waren, dass sie beim Zusammenfügen von außen nicht mehr erreichbar waren. Dieses Halsband konnte nicht mehr unzerstört geöffnet werden. An dem einen Halbring war ein großer „O“-Ring angebracht und auf dem anderen hatte sie etwas eingravieren lassen: „Sklavin Arlette – Eigentum von Hinrich“.
„Bitte lege ihn mir an“, flehte sie ihn an.
Er war überrascht und hatte diese Demut von ihr nie erwartet. Er kramte den Schlüssel für ihr altes Halsband heraus, öffnete es und legte ihr die beiden Halbringe an. „Klick – klick“, machte es. Ihr neues Sklavenhalsband passte wie angegossen und war nicht mehr zu entfernen.
Er nahm sie in die Arme und küsste sie. Ihr aber liefen Tränen über die Wangen.
„Leider kann ich dir kein Kind schenken, die Menopause ist bei mir schon eingetreten. Du bist etwa 20 Jahre zu spät gekommen, da war ich noch im besten gebärfähigen Alter“, sagte sie traurig. „Ich liebe dich und bin bereit und glücklich, deine Sklavin zu sein. Wenn du lieber mit den fünf Schwangeren zusammen leben möchtest, mit ihnen vielleicht noch weitere Kinder haben willst, kann ich dich leider nicht halten. Ich möchte aber lieber, dass du bei mir bleibst oder besser, dass ich bei dir bleiben darf.“
Er wusste gar nicht, was er sagen sollte. Es war lange her, dass ihm eine Frau ein solches Geständnis gemacht hatte. Und er fühlte sich tatsächlich zu ihr mehr hingezogen als zu den anderen Frauen. Mit ihr verstand er sich nicht nur sexuell, auch geistig. Zu den Müttern seiner Kinder hatte er auch Gefühle, aber war das wirklich Liebe? Das war für ihn alles nicht einfach. Er versuchte es, ihr zu erklären, konnte aber nur stammeln. Sie tat so, als hätte sie verstanden und lehnte sich an seine Brust. Eng umschlungen gingen sie in ihr Schlafzimmer, wo er ihren Keuschheitsgürtel öffnen wollte.
„Bitte lass mich verschlossen, ich habe es verdient“, sagte sie. „Ich muss dir noch etwas gestehen!“
43. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 26.06.06 08:32

Am Beispiel Arlettes bestätigt sich wieder das Gesetz des Gegenlaufs: Im Beruf ist sie dominant, so dass sie glücklich ist, privat Sklavin sein zu dürfen.

Was Arlette wohl noch zu beichten hat?

Bluevelvet
44. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 26.06.06 15:20

Na das hört sich ja ganz danach an, das Arlette eifersüchtig ist. *grins...
Vielleicht wollte sie auch deshalb so schnell ihr Sklavenhalsband, um dadurch für Hinrich, den anderen gegenüber etwas besonderes zu sein. *smile...
Darauf was sie ihm wohl zu gestehen hat, bin ich auch neugierig - aber hätte sie nicht besser mit dem Geständnis gewartet und sich erst aufschließen und verwöhnen lassen.
Was man hat, hat man! *lach...

Herzliche Grüße Petra-H
45. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 28.06.06 19:38

14. Fünf Klone
„Die fünf Klone“, fuhr Arlette fort, „haben wir ... habe ich ... aus deinen Zellen erzeugt!“
Hinrich war konsterniert: „Was hast du? Ja, bist du denn völlig übergeschnappt? Ich hatte dir doch gesagt, dass ich mich nicht klonen lassen will! Und jetzt machst du so etwas? Hinter meinem Rücken? Wie kommst du nur darauf?“
„Glaub’ mir, es war das Beste ...“
„Das was? Das Beste? Wofür? Für deine Karriere? Auf alle Fälle nicht für unsere Beziehung!“
„Bitte, lass es mich dir erklären. Ich kann ja verstehen, dass du böse auf mich bist, aber ...“
Er war wütend, er war gekränkt. Es war das erste Mal, dass er sich wünschte, wieder in seinem Universum zu sein. Dort hatte er auch einige derbe Enttäuschungen erleben müssen, aber das hier übersteigerte alles. Er brauchte einige Minuten, bis er sich einigermaßen beruhigt hatte.
„Was sollte das?“ fragte er endlich.
„Als du im Koma lagst, wurde von der Regierung angeordnet, dir Hautzellen zu entnehmen und für zukünftige Klonversuche zu kultivieren. Damals sah die Regierung in dir eine Gefahr für die innere Sicherheit. Allein deine bloße Existenz hätte das Gesellschaftssystem völlig auf den Kopf gestellt. Du hattest es doch selber erkannt, dass du nie problemlos durch die Straßen gehen könntest. Deshalb wurde entschieden, dich so lang wie möglich als Klonzellenspender auszubeuten. Eigentlich sollten wir dich dein Leben lang im künstlichen Koma halten, aber Suzanne und ich haben uns geweigert. Und dann hat die Tatsache, dass du doch zeugungsfähig bist und die fünf Frauen geschwängert hast, dir das Leben gerettet. Du bist jetzt der ‚Urvater’ der Klone, deshalb heißen sie ja auch alle ‚Henry’. Und als Urvater genießt du nach unserer Verfassung besondere Hochachtung und Schutz. Es kann dir niemand mehr nach dem Leben trachten.“
Er schüttelte den Kopf. „Dann muss ich dir wohl dankbar sein, dass du mein Leben gerettet hast?“
„Das war alles, was ich für dich tun konnte“, sagte sie. „Und ich ... ach, nein!“ Sie druckste herum.
„Da ist doch noch etwas, was du mit verheimlichst!“
„Ja, nein, ach ...“
„Raus mit der Sprache!“
„Die Klone ...“, sprach sie leise. „Es sind ... meine Eizellen.“
„Wie bitte?“
„Es sind meine Eizellen. Verstehst du? Es sind unsere Kinder, unsere genetischen Kinder!“
Er musste sich setzten. Das kam ja immer schlimmer. Da war er erst einige Wochen in diesem Universum, hatte fünf Frauen auf normale Art und Weise geschwängert und jetzt bescherte ihm Arlette weitere fünf Kinder, ohne selbst schwanger zu sein.
„War das jetzt endlich alles?“ fragte er verzweifelt.
Sie zögerte. Die Antwort „Nein!“ war für ihn wie ein weiterer Schlag ins Gesicht. Erwartungsvoll starrte er sie an.
„Die Klone, ihre Konditionierung. Sie werden auf die fünf Schwangeren fixiert sein. Wir ... ich habe insgesamt sechs unterschiedliche Konditionierungskassetten hergestellt. Auf allen ist dein Charakter dargestellt, deine Überzeugungen, dein Wissen. Aber immer mit dem Freiraum für Individualität. Kein Klon wird dein identisches geistiges Ebenbild sein, aber dein Geist bietet ihnen die Grundlage für ihre zukünftige Entwicklung. Die Kassette mit der Nummer Sechs wird für alle zukünftigen Klone benutzt werden, aber sie Kassetten Eins bis Fünf sind speziell für die fünf Klone hergestellt worden. Jeder von ihnen wird sich in eine der fünf Schwangeren verlieben und ihr ein so gütiger Mann und liebevoller Vater ihres Kindes sein, wie du es wärest.“
„Du gehst sehr großzügig mit den Gefühlen anderer Menschen um“, warf er ein. „Woher willst du denn wissen, dass die Schwangeren diese Klone ebenfalls lieben werden?“
„Du hast ja keine Ahnung, was es bedeutet, jahrzehntelang verschlossen zu sein und Tag für Tag dieses lebensverlängernde Medikament zu schlucken, das uns immer mehr schmachten lässt. Fast alle Frauen auf diesem Planeten würden sich jedem frei herumlaufenden Mann sofort hergeben. Und selbst die Schwangeren würden dich bei jeder günstigen Gelegenheit betrügen, auch wenn sie von dir Kinder erwarten. Nein, die sind dir einfach nicht würdig und du hast es nicht verdient, von ihnen je so behandelt zu werden.“
Er schüttelte den Kopf. „Was redest du da eigentlich? Das kannst du doch alles gar nicht wissen, was du da erzählst. Das kannst du noch nicht einmal nur ahnen! Du .. ach ... ich halte das nicht mehr aus, ich muss hier raus!“ Er verließ das Zimmer, die Tür flog mit einem Knall zurück ins Schloss.
Sie schaute ihm ungläubig nach. „Was hat er denn nur?“ fragte sie sich. „Versteht er es nicht, oder will er es nicht verstehen? Gott, sind Männer kompliziert!“

Eine Woche verging und sie waren sich während dieser Zeit so weit wie möglich aus dem Wege gegangen. Am ersten Tag hatte er versucht, das Laborgelände nach einer Fluchtmöglichkeit zu durchforschen. Er wurde vom Sicherheitsdienst aufgegriffen und zurück in ihre Wohnung gebracht, in der er nicht bleiben wollte. Er übernachtete unter freiem Himmel, trat in einen Hungerstreik und trank nur noch Wasser aus der Leitung. Zuletzt wurde er völlig erschöpft von Suzanne aufgefunden. Sie verabreichte ihm sofort ein Schlafmittel. Er erwachte in seinem Bett, gewaschen und rasiert. Er wollte fliehen, aber die Tür war verschlossen und das Fenster vergittert.
Der Tag verging für ihn äußerst langsam. Er lag nur auf dem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Als es draußen zu dämmern begann, wurde die Tür aufgeschlossen und Suzanne schaute herein.
„Es ist soweit“, sagte sie. „Wir werden gleich die Klone aus den Klonkammern holen, möchtest du dabei sein?“ Sie lächelte ihn an, aber er antwortete nicht. „Bitte“, fuhr sie fort, „Arlette zu Liebe, sie hat es doch nur gut gemeint. Und ... es sind doch auch deine Kinder.“
Es dauerte einige Zeit, bis sie ihn überredet hatte. Er zog sich an und schlich ihr hinterher.

Der Klonkeller war zum Bersten gefüllt. Nicht nur Arlette und ihre Laborantinnen waren anwesend, sondern auch die Untersuchungsrichterin und eine weitere Dame, wahrscheinlich die Regierungsvertreterin, sowie Nadine und die fünf Schwangeren. Letztere kicherten wie Teenies herum. Sie würdigten Hinrich keines Blickes und waren gerade dabei, die männlichen Klone unter sich aufzuteilen. „Den nehme ich.“ – „Nein, den will ich haben!“
Arlette dagegen schaute Hinrich verliebt an. Ihre Blicke trafen sich und über die fünf Meter Abstand zwischen ihnen hinweg begann das Eis zu schmelzen.
Das schrille Tröten des Signalhorns und das rote Rundumlicht an der Wand holten beide schlagartig in die Realität zurück. Es war soweit. Automatisch wurden den Klonen zunächst Schlafmittel injiziert, danach wurde die Nährflüssigkeit aus den Klonkammern abgesaugt. Die Laborantinnen nabelten sie ab und trennten alle Verbindungen zu den Geräten. Zuletzt wurden die Klone in Decken gehüllt und in den Aufwachraum gebracht. Einer Prozession gleich folgten alle Anwesenden. Die fünf Schwangeren setzten sich sofort zu ihren „persönlichen“ Männern und warteten händchenhaltend und ungeduldig darauf, dass sie aufwachten. Das aber sollte noch einige Stunden dauern.
Allmählich löste sich die Versammlung auf. Bis auf Suzanne und die Notbesetzung machten die Laborantinnen Feierabend, die Untersuchungsrichtern und die Regierungsvertreterin verabschiedeten sich, Nadine ging zu ihrer neuen Liebhaberin und plötzlich standen sich Arlette und Hinrich gegenüber. „Komm, lass uns nach Hause gehen“, sagte sie und nahm ihn an die Hand. Widerspruchslos ließ er sich von ihr abschleppen.

Der Versöhnungsabend begann mit einem Festessen und endete mit Champagner im Bett. Ihre Lustschreie hätten das Signalhorn im Klonkeller vor Neid erblassen lassen. Der Dauerregen am nächsten Tag machte beiden die Entscheidung leicht, das Bett überhaupt nicht zu verlassen.
Als sie tags darauf bei strahlendem Sonnenschein durch die Parkanlage spazierten, begegneten sie den fünf Schwangeren, die ihren neuen Männern gerade das Laufen beibrachten. Die waren kräftig gebaut und strotzten nur so vor Gesundheit. Die Beulen in ihren Hosen ließen erahnen, dass die Schwangeren ihnen das gemeinsame Leben nicht nur in vertikaler Position beizubringen beabsichtigten. Jede Verschnaufpause wurde genutzt, engumschlungen zu züngeln und die erogenen Zonen des jeweils anderen zu erforschen.
Bei diesem Anblick erkannte Hinrich, dass sich Arlettes Mutmaßungen bewahrheitet hatten. Er drückte sie eng an sich heran und sie taten es den anderen Paaren gleich.
46. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 28.06.06 21:58

Hinrichs Verärgerung kann ich sehr gut verstehen und nachempfinden, aber da sie ja gute Gründe für ihre Handlungsweise hatte, finde ich die Versöhnung richtig.

Aber irgendetwas müssen die sich noch einfallen lassen! Auf diese Art jeder Frau einen Mann zu "basteln", würde viel zu lange dauern und...
irgendwie müssen die neu entstandenen Männer doch auch in das gesellschaftliche Leben integriert werden.
Kann mir kaum vorstellen, dass die Männer auf Dauer als "nur Spielzeug" der Frauen zufrieden und glücklich wären.

Bin schon sehr gespannt, wie es weiter geht.

Herzliche Grüße Petra-H
47. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von SteveN am 29.06.06 19:51

Hallo HPP !

Super Story !
Das du hier ein spannendes Paralell-Universum entwickelt hast. Ganz im Sinne von Star-Trek. Wo es in allen Versionen ein Paralell-Universum gibt. Auch das Visiophon von Raumpatrouille Orion hast du mit eingebaut.
Klar war Hinrich zutiefst getroffen als er erfuhr, daß die Klone aus seinem genetischen Material waren.
Aber die Versöhnung hat alles wieder ins rechte Lot gebracht.
Haben die 5 Klone eigentlich seine Vorliebe zu Lack ggf. Latex mit übernommen und auch zu den dazupassenden Spielchen ?
Werden nun die Manufakturen dieses Material im großen Stile verarbeiten. Dann werden die bizarrsten Creationen über den Ladentisch gehen.
Oder wird dies Alles nur für die Eingeweihten zugänglich sein ?
Mal sehen wie du dieses Umsetzt.

Viele Grüße SteveN
48. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 06.07.06 00:11

15. Neue Männer braucht das Land
An Arlettes strahlendem Gesicht erkannte Suzanne, dass ihre Chefin wieder ein intaktes Liebesleben hatte. „Wir sollten das Immunisierungsverfahren auch an den normalen männlichen Klonen versuchen“, schlug sie vor.
„Du hast Recht“, antwortete Arlette. „Wir fangen sofort damit an, aber ich weiß nur nicht, ob für Männer überhaupt Bedarf besteht.“
Suzanne wusste, dass Arlette gerade einen ihrer seltenen Scherze gemacht hatte. „Also, notfalls würde ich mich opfern“, meinte sie breit grinsend, „und ich kenne noch etwa 30 Frauen hier auf dem Gelände, die das auch tun würden.“
Alle freien Klonkammern wurden umgehend bestückt. Vier Wochen später liefen 12 junge Männer über das Gelände und genossen den Anblick so vieler attraktiver, aber auch leider verschlossener Frauen. Diese machten ihnen natürlich schöne Augen, jede von ihnen wollte einen Mann haben und es dauerte nicht lang, bis sich 12 Paare gefunden hatten. Wie in Gretna Green übernahm die Schmiedin die Rolle einer Standesbeamtin. Nach der Zeremonie überreichte sie jedem frischvermählten Ehemann den Schlüssel für den Keuschheitsgürtel seiner Frau. Der durfte aber nur in der gemeinsamen Wohnung benutzt werden. Außerdem wurde das Paar über Verhütung belehrt; Arlette wollte ungern ihr gesamtes Personal mit dicken Bäuchen ausscheiden sehen. Die leer ausgebliebenen Frauen trösteten sich mit dem Ausblick auf die nächste „Charge“, schließlich reiften in den frei gewordenen Kammern die nächsten männlichen Klone heran.

Nach diesen klontechnischen Erfolgen wurde umgehend eine Konferenz in der Hauptstadt einberufen, in der über die Zukunft des Landes beraten werden sollte. Teilnehmer waren Arlette, Suzanne, Nadine, Hinrich, die Untersuchungsrichterin und die Regierungsvertreterin, die in der Tat eine sehr hochrangige Staatssekretärin war. Letztere eröffnete auch die Konferenz.
„Meine Damen, wir sind heute ... äh, oh, Entschuldigung. Mein Mann, ... nein, wie heißt das? Ach ja: Mein Herr, meine Damen, wir sind heute zusammengekommen, um über die Versorgung der Bevölkerung mit Männern zu beraten. Wie ihr alle wisst, ist der Bedarf sehr groß und ich darf im Namen der Regierung dir, Arlette, hiermit den Auftrag für die Produktion erteilen. Mit welcher Stückzahl können wir, sagen wir einmal, im nächsten halben Jahr rechnen?“
„Entschuldigung, dass ich so einfach unterbreche“, warf Hinrich ein, „aber was soll das heißen: ‚Produktion’? Männer, ob Klon oder gezeugt, sind Menschen und keine Gegenstände, die in einer Serienfertigung hergestellt werden!“
Die Staatssekretärin lächelte ihn an: „Gut, aber hast du eine andere Bezeichnung dafür?“ Nein, da fiel ihm auf die Schnelle keine ein.
„Wir hatten die Anzahl der Klonkammern auf 16 zurückgefahren“, erklärte Arlette, „um ausschließlich die Todesfälle in der Bevölkerung auszugleichen. Wenn wir die Außenstellen wieder reaktivieren, stehen uns insgesamt 256 Klonkammern zur Verfügung. Im aktuellen Reifungsverfahren, inklusive Konditionierung, liegen die Klone drei Wochen in den Kammern und werden anschließend eine Woche lang auf ihre soziale Eingliederung vorbereitet. Danach können sie .. äh ... ausgeliefert werden. Wir sollten aber mindestens 16 Klonkammern weiterhin für weibliche Klone reservieren, somit kämen wir auf 240 Männer alle drei Wochen, also knapp 4.100 pro Jahr.“
Die Staatssekretärin machte ein besorgtes Gesicht. „Das bedeutet also“, sagte sie, „dass bei einer Bevölkerung von 3 Millionen die Frauen unseres Landes erst in über 700 Jahren vollständig mit Männern versorgt sind. Dann muss eben der Etat für das Klonlabor erhöht werden und ihr müsst die Anzahl der Klonkammern erhöhen. Lässt sich die Herstellzeit nicht reduzieren?“
„Nein, beim besten Willen nicht“, antwortete Arlette. „Auch wir schon an der Natur herumpfuschen, sie drängt uns doch ihren Zeitplan auf. Das Wachstum lässt sich nicht endlos beschleunigen.“

Es wurde beschlossen, Todesfälle in der Bevölkerung zunehmend durch Männer auszugleichen. Die Berufsqualifikation sollte, wie bei den weiblichen Klonen, über die Konditionierung erfolgen. Für die soziale Integration der Männer sollte eine Gleichstellungsstelle eingerichtet werden. Dank der guten Erfahrungen aus dem Klonlabor sollten Ehen zwischen Männern und Frauen dadurch gefördert werden, dass der frischgebackene Ehemann den Schlüssel zum Keuschheitsgürtel seiner Frau erhalten sollte. Hierbei wurde eine Lücke im Keuschheitsgürtel-Gesetz ausgenutzt. Dass eine Ehe auch zerbrechen und der Mann fremdgehen könnte, nahm das Komitee einfach hin. Der jahrzehntelang noch anhaltende Männermangel würde durch polygame Beziehungen im Gegenteil etwas gemindert werden. Sorgen machte dagegen die mit 39 nur geringe Anzahl der „Urväter“.
„Das sind zu wenig!“ sagte Hinrich. „Um in den kommenden Generationen Inzest zu verhindern, muss eine sehr genaue Verwandtschaftskontrolle durchgeführt werden. Das Keuschheitsgürtel-Gesetz muss dann verschärft angewandt werden und die Frauen, besonders die natürlich gezeugten, bleiben solange verschlossen, bis sie eine amtlich genehmigte Ehe mit einem nicht verwandten Mann schließen können.“
Die Damen in der Runde guckten etwas traurig. Hinrichs Argumente waren erschreckend logisch, obwohl sie Logik einem Mann nicht gerade zutrauten.
„Wenn wir nur an Genmaterial aus dem Ausland herankämen, wäre uns sicher geholfen. Aber das ist dort genauso geheim wie unseres“, sagte Arlette.
„Und über die dürftigen diplomatischen Kanäle werden wir auch nichts erreichen“, fügte die Staatssekretärin hinzu. „Das Ausland würde uns Spionage oder kriegerische Absicht unterstellen.“
Betretenes Schweigen machte sich breit.
„Eine Chance haben wir vielleicht noch“, unterbrach Nadine die Stille. „In einem halben Jahr findet in Rom der nächste internationale Ärztekongress statt, an dem ich gerne teilnehmen möchte. Wenn wir dort beweisen können, dass es bei uns wieder Kinder geben kann, lassen sich auf diese Weise die Barrieren durchbrechen.“
„Und wie soll das geschehen?“ fragte die Untersuchungsrichterin. „Die fünf Schwangeren sind momentan ein Staatsgeheimnis und auf das Gelände des Klonlabors beschränkt. Ebenso bekommt kein Mann eine Ausreisegenehmigung und dir wird niemand Glauben schenken.“
„Doch“, antwortete Nadine, „wenn ich den Delegierten einen dicken Bauch präsentiere, dann schon! Hinrich muss mir nur ein Kind machen.“
Arlette und Hinrich fielen gleichzeitig die Kinnladen herunter. Sie wollte ihren Mann nicht teilen und schlug eine künstliche Befruchtung vor.
„Nichts da!“ sagte Nadine. „Er hat meine beiden Ex-Frauen geschwängert, dann habe ich doch wohl das Recht, ebenfalls ein Kind von ihm zu bekommen, und zwar auf natürliche Weise!“
Dem stimmten, bis auf Arlette, alle Frauen am Tisch zu und Hinrich wurde zum Kinderzeugen zwangsverpflichtet. Ihm war dabei etwas mulmig, schließlich gehörten die bisherigen Schwangerschaften in die Kategorie „Verkehrsunfall“. Aber jetzt stand er unter psychischem Druck und er hatte Angst, zu versagen. Auch wollte er seiner Arlette nicht untreu werden, aber was tat man nicht alles für Volk und Vaterland!
„Leider habe ich gestern meine Tage bekommen“, erwähnte Nadine fast beiläufig.
Hinrich wischte sich im Geiste der Schweiß von der Stirn. Zwei Wochen Galgenfrist! Zwei Wochen, in denen er Arlette und sich strikte Keuschheit auferlegte. Sie blieb verschlossen und er übernachtete vorsichtshalber im Gästezimmer, um vor ihren flinken Fingern sicher zu sein.
„Wenn ich genügend Samen sammle, reicht es vielleicht zum ‚Goldenen Schuss’“, tröstete er Arlette und sich über diese trostlose Zeit.
Nadine berechnete den Zeitpunkt ihres nächsten Eisprungs sehr genau. Da sie ohnehin mehr auf Frauen stand, hatte sie eigentlich gar kein Interesse an Sex mit einem Mann, aber dieses eine Mal musste es eben sein.

Tatsächlich war das Unternehmen erfolgreich, der inzwischen entwickelte Schwangerschaftstest war einen Monat später bei Nadine positiv. Das sollte also Hinrichs elftes Kind werden.
Als Nadine mit einem deutlichen Bauch zum Ärztekongress fuhr, hatte sie bereits fünf gesunden Kindern, drei Mädchen und zwei Jungen, auf die Welt geholfen. Nach über 100 Jahren war auf der Erde endlich wieder Babygeschrei zu hören. Die Geburten, die glücklichen Mütter und die säugenden Neugeborenen wurden gefilmt, damit Nadine in Rom ihr Anliegen mit bewegten Bildern unterlegen konnte.
49. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von hpp am 06.07.06 00:12

16. Die Lage normalisiert sich
Der Ärztekongress in Rom war in voller Erfolg. In allen Ländern machte sich die Nachricht kund, dass es wieder Männer und – vor allem – Kinder gab. Plötzlich öffneten sich die Staatsgrenzen und das Reisen ins Ausland war kein Problem mehr. Es wurden eifrig diplomatische Beziehungen aufgenommen und auch der Welthandel blühte. Endlich konnten bislang unbekannte oder bislang nur schwer zu beziehende Waren erstanden werden.

Inzwischen waren die ersten Männer sozial eingegliedert worden. Sie hatten alle viele Verehrerinnen und es dauerte nicht lang, da wurden die ersten heterosexuellen Ehen geschlossen.
Die Klonlabore erzeugten immer mehr männliche Klone. Da alle Länder ihre Bestände an männlichem Genmaterial gegenseitig austauschten, war die Anzahl der „Urväter“ auf ein gesundes Maß angewachsen. Trotzdem wurde das Keuschheitsgürtel-Gesetz auf die nächsten drei Generationen ausgeweitet. Das garantierte den Keuschheitsgürtel-Herstellern den Absatz für die nächsten 50 Jahren. Trotzdem waren sie darauf bedacht, sich nach einem neuen Markt umzusehen, und fragten bei Hinrich an, ob in seinem Universum Verschlussmöglichkeiten für Männer gab. Hinrich erzählte von den unterschiedlichen Modellen und Arlette hörte dabei interessiert zu. In der Europäischen Konföderation entwickelte sich allerdings kein großer Markt für die Keuschhaltung des männlichen Geschlechts. Schließlich waren alle männlichen Klone mit Hinrichs Kassette konditioniert worden und daher davon fest überzeugt, dass ausschließlich Frauen zu verschließen waren. Dominante Frauen holten sich daher ihre Männer aus dem benachbarten Ausland.

Arlette war weitgehendst damit beschäftigt, im Klonlabor ständig neues Personal anzulernen. Ihre ursprünglichen Mitarbeiterinnen hatten sich nach und nach schwanger verabschiedet und keine kehrte in ihren alten Beruf zurück. Das Leben mit Kindern führte sie in neue Berufe: Erzieher/innen, Kindergärtner/innen, Kinderärztinnen und Kinderärzte, und, und, und.

Simone 251B wurde die erste Schuldirektorin und lehrte Mathematik und Physik.
Simone 399B wurde eine berühmte Modedesignerin, unterstützt von ihrem Mann und somit von Hinrichs Erinnerungen. Sie machte die Jeans modern und brachte auch unterschiedliche Kollektionen in Lack und Leder heraus.
Die drei ehemaligen Sekurittee-Beamtinnen gründeten den ersten Kindergarten.
Suzanne eröffnete das erste Tattoo- und Piercingstudio des Landes.
Nadine wurde nach der Geburt ihres Sohns Kinderärztin, leitete die erste Kinderklinik und bildete unter anderem zukünftige Hebammen aus.
Die Schmiedin und die Uhrmacherin brachten BDSM-Schmuck heraus. Besonders beliebt waren ihre Sklavenhalsbänder mit Permanentverschluss.

Die Natur zeigte erneut ihre Macht. Durch die Schwangerschaft wurden die Frauen gegen das lebensverlängernde Medikament resistent. Bei Männern wirkte es ohnehin nicht und so wollte Mutter Natur verhindert, dass die Eltern ihre Kinder überlebten.
Auch Arlette setzte das Medikament ab, sie wollte gemeinsam mit Hinrich alt werden. Aber nach einem Monat stellten sich Entzugserscheinungen bei ihr ein. Sie ließ sich gründlich von Nadine untersuchen und kehrte blass, aber trotzdem glückstrahlend nach Hause. Sie war schwanger! In diesem verrückten Universum war Zeit irgendwie eine andere Dimension. Das lebensverlängernde Medikament hatte ihr die Menopause vorgetäuscht. Ihrem Körper nach war sie eine Spätgebärende, was auch in Hinrichs Universum nicht ohne Risiko war. Ihre gesunde Tochter kam durch einen Kaiserschnitt zur Welt.

Hinrich war nun Vater von einem Dutzend Kinder. Er kehrte nie wieder in sein Universum zurück, was er auch nie bereute. Er beriet die Regierung in Gleichstellungsfragen der Geschlechter und kümmerte sich um den Datenschutz. Auf vielen Vorträgen im In- und Ausland referierte er über sein Universum.

Arlette gab die Leitung des Klonlabors ab. Sie wollte nur noch Mutter, Ehefrau und Sklavin sein. Seit ihrer Schwangerschaft trug sie keinen Keuschheitsgürtel mehr, wohl aber stolz ihr Sklavenhalsband. Sie und Hinrich erlebten noch die Geburt ihrer Urenkel, bevor sie nach vierzigjähriger, glücklicher Ehe kurz nacheinander verstarben. Damit war nicht nur ihr Leben, sondern auch diese Geschichte zu

ENDE.
50. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von SteveN am 06.07.06 08:51

Hallo HPP !

Ich kann nur sagen SCHÖN, muß aber auch anmerken SCHADE schon zu Ende.
Hat denn Hinrich nicht irgendeinen Augenblick daran gedacht in sein eigenes Universum zurück zu gelangen ?
Hier kann er stolz sein der neue Urvater, der neue Adam zu sein.

Jedenfalls bin ich gespannt auf weitere Geschichten von DIR.

Viele Grüße SteveN
51. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von Petra-H am 06.07.06 11:52

Oh wie schade, dass diese Geschichte schon zu Ende ist.
Es war wirklich ein interessantes Leseerlebnis, eine schöne Geschichte und ein gekonnter Schluß.
Wie in alten Märchen:
... und sie lebten glücklich, bis an ihr Lebensende.

Es hat mir viel Spaß gemacht, diese Geschichte zu lesen und ich freue mich schon auf weitere.

Herzliche Grüße Petra-H
52. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von träumerin am 07.07.06 22:39

Hallo hpp,

mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen. Und ausserdem hast du sie gekonnt zu einem Ende gebracht. (was hier ja nicht sooo häufig passiert!)

Ich würde mich freuen, wenn ich schon bald eine neue Story von dir lesen könnte.

Einen lieben Gruss
die träumerin
53. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von bluevelvet am 11.07.06 20:25

Eine wunderbare Geschichte hat elegant ihr märchenhaftes Ende gefunden. Für mich war jede Folge ein Lesegenuss!

Interessant auch, wie man seine eigenen Lebenserfahrungen wiederfindet:

Zitat

„Versteht er es nicht, oder will er es nicht verstehen? Gott, sind Männer kompliziert!“


Eben so ergeht es unserer Sorte Mensch mit die Frauens ... *gg*

Tiefsinnig reflektiert von

Bluevelvet
54. RE: Im Parallel-Universum

geschrieben von AlterLeser am 28.01.10 22:04

Ein Hallo an die Leserschaft,
diese Story ist zwar schon etwas ergraut, aber vom Thema her sehr Amüsant.
Das tollste daran ist das letzte Wort ``ENDE´´.
Aber was alles zwischen dem ersten- und dem letzten- Wort steht,
ist gut geschrieben und sollte noch mal einen rechten Lesespaß geben.

Als Anmerkung siehe unten


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