Restriktive Foren

Thema:
eröffnet von gag_coll am 30.12.13 18:35
letzter Beitrag von MartinII am 06.11.23 19:36

1. Maria

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:35

Vorwort
»Maria« ist eine von Paul VoF angefangene Geschichte, mich schon länger sehr fasziniert hat. Nachdem Paul schon sehr lange nichts mehr hatte von sich hören lassen, wollte ich einen Versuch starten, diese Geschichte selber fortzusetzen.
Bei diesem Vorhaben war es doppelt schwierig, denn ich musste mir nicht nur eine komplette Story überlegen, sondern ich musste diese Geschichte auch mit den Tatsachen in Übereinstimmung bringen, die Paul in den ersten beiden Kapiteln vorgibt. Trotzdem habe ich es nicht geschafft, alle seine Rätsel zu lösen.
Bedanken möchte ich mich vor allem bei Bastian, ohne den es diesen Versuch wohl gar nicht geben würde und der mich mit vielen neuen Ideen in die richtige Richtung gebracht hat. Genauso geht ein großer Blumenstrauß an Moana, die mir mit ihren nicht immer ganz einfachen Erinnerungen sehr geholfen hat und bei der ich mich auch noch einmal fürs Korrekturlesen bedanken möchte.
Paul hat die Geschichte aus der »Ich«-Form erzählt, ich nehme mir die schriftstellerische Freiheit, in meinen Kapiteln die Perspektive zu ändern.

Nach dem dritten oder vierten Kapitel kam dann eine überraschende Mail von ihm, die mich sehr gefreut hat und die meiner "Maria"-Variante sozusagen den Ritterschlag gab.

Lieber Karl,
entschuldige bitte, das ich dir erst jetzt antworten kann. Bin die ganze Woche beruflich unterwegs gewesen, komme erst jetzt so langsam wieder zur Ruhe. Von wegen, als Selbstständiger kann man sich die Zeit frei einteilen....
[...] Und bitte kein schlechtes Gewissen, was deine Fortsetzung zur Maria-Story angeht ! Du hast doch gar keine Möglichkeit gehabt, mich um eine Zustimmung zu bitten. Meine alte Mailadresse gibt es wohl noch, aber sie ist derart mit Spams vollgemüllt, das ich schon gar nicht mehr wage, sie noch abzurufen. Ich nutze sie schlichtweg nicht mehr, wahrscheinlich sollte ich sie einfach löschen.
Und jetzt zu Maria: Du hattest diese Geschichte schon mal angesprochen, daran kann ich mich noch erinnern. Ob es noch eine Fortsetzung geben würde...
Nun, ich habe diese Geschichte damals in einer besonderen Stimmung geschrieben und nur deshalb ist sie so geworden, wie du sie kennst. Ich wollte die Story ganz langsam aufbauen, den Leser immer nur stückweise mit Informationen versorgen. So, wie in einem gutem Krimi. Ich wollte, das das sogenannte "Kopfkino" angeregt wird, und ich glaube das ist mir ganz gut gelungen. Ja, und ich wollte Maria fortsetzen, doch ich finde einfach diese ganz bestimmte Stimmung nicht wieder, warum auch immer.
Deine Fortsetzung finde ich gut ! Das ist wirklich gut gelungen ! Natürlich drückst du der Story in diesem Teil deinen eigenen Stempel (Schreibstil, Perspektive des Erzählers und auch Inhalt) auf, aber das ist okay. Du siehst, ich bin einverstanden ! [...]
Bis bald
PaulVoF
2. RE: Maria Kapitel 1 - Der neue Schüler

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:37

Maria
Kapitel 1 - Der neue Schüler
Autor: Paul VoF
"Guten Morgen."
"Guten Morgen" kam es deutlich leiser aus der Klasse zurück.
Herr Peters nickte kurz, er schien die einstimmige, aber sehr müde klingende Begrüßung als völlig normal zu empfinden.
"So, ich möchte euch einen neuen Mitschüler vorstellen. Das ist Paul, und er wird ab sofort am Unterricht der Klasse teilnehmen."
´Viele Augen, voller Neugier. Ja, ein Neuer, seht mal alle her. Neugier, Argwohn, was noch alles war zu erkennen ?´
Ich bemühte mich ruhig zu bleiben, hoffte, das mein Gesicht nicht zeigte, wie unsicher ich doch war. Zaghaft nickte ich mit dem Kopf, versuchte freundlich zu wirken.
Seit einigen Tagen wohnte ich in der Stadt, meine Großmutter hatte mir ein Zimmer in ihrem Haus angeboten. Ich hatte ihr Angebot schnell angenommen, bot es mir doch die Möglichkeit, dem Alltagsgrau einer Kleinstadt zu entkommen. Meiner Mutter war es Recht, unser Verhältnis in den letzten Monaten hatte sich immer weiter verschlechtert. Wir verstanden uns einfach nicht mehr so gut. Ihre Probleme interessierten mich nicht, handelten sie nur zu oft vom Arbeitsalltag im Büro ihrer Firma. Meine Sorgen und Bedürfnisse schien sie oft gar nicht wahrzunehmen, so beschäftigt war sie immerzu. Solange meine Schulnoten sich nicht verschlechterten, war für sie die Welt in Ordnung.
Meine Großmutter hingegen war froh, das ich mich bei ihr eingerichtet hatte. Sie mochte es, wenn es im Haus lebhaft zuging. Trotz ihres hohen Alters hatte sie all die Jahre darauf bestanden, das ich die Sommerferien bei ihr verbrachte. Immer hatte sie ein offenes Ohr für mich, hatte Spaß daran, sich mit jungen Leuten zu unterhalten.
Die Stimme von Herrn Peters riss mich aus meinen Gedanken.
"Einen Platz haben wir noch frei, Paul. Setz dich bitte in die zweite Reihe neben Maria." sagte er, während er mit dem Finger auf den angewiesenen Stuhl zeigte.
Ich nickte wortlos, packte meine Schultasche und nahm neben dem Mädchen Platz.
"Hallo" sagte ich leise, während ich mich auf den Stuhl setzte.
"Hallo" flüsterte sie leise zurück, mir einen schnellen, schüchternen Blick zuwerfend. Herr Peters begann unverzüglich mit dem Unterricht. Mathematik war das Thema, dem er sich mit großer Energie widmete.
Nachdem die Hausaufgaben zügig durchgesprochen waren, begann er, einige geometrische Figuren auf die Wandtafel zu zeichnen. Minutenlang erklärte er verschiedene Formeln, zeigte Berechnungsmöglichkeiten für Winkel, Flächeninhalte usw. auf.
Auf die Frage, ob noch Fragen offen waren, erhielt er aus der Klasse keine Rückmeldungen.
"Ja, wenn alles verstanden worden ist, dann wollen wir das Thema noch etwas vertiefen."
Neue Zeichnungen entstanden an der Tafel, ergänzt durch Zahlen- und Winkelangaben.
"Möchte jemand freiwillig diese Aufgabe lösen ?"
Eine Hand hob sich in die Höhe, worauf Herr Peters nur lächelte.
"Nein Christian, bei dir bin ich mir sicher, das du es richtig lösen wirst. Aber wie wäre es mit dir, Maria ? Komm doch mal bitte an die Tafel."
Das Mädchen neben mir erhob sich langsam, um dann nach vorne zu gehen. Dort nahm sie die Kreide entgegen, und begann langsam, einige Werte zu errechnen. Alles was sie aufschrieb, erklärte sie mit ihrer leisen, aber festen Stimme.
Hatte ich sie vorher nur ganz kurz und verstohlen mustern können, so hatte ich jetzt die Gelegenheit, sie eingehender zu betrachten.
Maria hatte eine recht helle Haut, ja man konnte ihr Gesicht fast als blass bezeichnen. Ihre Wangen waren vor Aufregung leicht gerötet, was sie aber nur noch hübscher machte. Sanfte Gesichtszüge schmückten ihr Gesicht, gaben ihr ein sehr freundliches Aussehen. Die langen blonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der auf ihrem Rücken bis zu den Schulterblättern reichte.
´Sie ist hübsch, nein sie ist schön. Nein, der falsche Ausdruck. Sie ist irgendwie ganz anders, sie unterscheidet sich.´
Eine weite Bluse aus hellblauem Stoff bedeckte ihren Oberkörper vollständig. Trotz des warmen Sommerwetters trug sie lange Ärmel mit breiten Manschetten. Noch auffälliger aber war der hohe, vollständig zugeknöpfte Stehkragen, der bis unter ihr Kinn zu reichen schien.
Passend zur Bluse war auch der Rock. Ein dunkelblauer Baumwollrock, der leicht schimmerte und in weiten, schweren Falten bis über Marias Knie herabfiel. Unter dem Saum sah ich Stiefel aus dunkelbraunem Leder, mit einem nicht zu hohen Absatz.
Ihre gesamte Kleidung schien sorgfältig aufeinander abgestimmt zu sein. Alles passte perfekt zueinander, die Kleidung schien wie aus einem Guß gemacht zu sein.
´Es sieht streng aus, ja ihre Kleidung wirkt streng. Oder mehr züchtig ? Ihr muß doch warm sein, in dieser Bluse, mit dem engen Kragen. Ein langer Rock, dazu Stiefel im Hochsommer ?´
Inzwischen war Maria mit ihren Lösungswegen an der Tafel ins Stocken geraten. Sie hatte gut angefangen, aber jetzt schien sie nicht genau zu wissen, wie sie weitermachen musste. Herr Peters gab ihr einige Hinweise und mit seiner Hilfe konnte sie nach einiger Zeit tatsächlich ihre Aufgabe erfüllen. Es schien ihr schwer zu fallen, Mathematik war sicherlich nicht Marias Lieblingsfach. Zu ihrer großen Erleichterung konnte sie sich bald hinsetzen und Herr Peters begann wieder, die Wandtafel mit neuen Aufgaben zu füllen.
"Wir wollen doch mal sehen, wie gut sich unser Neuzugang auf Geometrie versteht. Paul, meinst du, das du diese Aufgabe lösen kannst ?"
´Oh, die Feuertaufe. So schnell ?´
Ich nickte und begab mich nach vorne. Nachdem ich kurz nachgedacht hatte, begann ich die geforderten Werte zu errechnen. Es war gar nicht schwer, und so hatte ich die Aufgabe im Handumdrehen gelöst.
Herr Peters nickte anerkennend.
"Das ging ja wirklich schnell. Da es wohl ein wenig zu leicht war, wollen mal einige Werte verändern."
Er wischte einige Teile der Zeichnung weg, ersetzte sie durch neue Striche und Zahlenangaben.
Auch hier hatte ich zum Glück keine Schwierigkeiten. Ausführlich erklärte ich den Lösungsweg und schrieb alles sorgfältig auf.
"Danke Paul, das reicht mir. Viel besser hätte ich das auch nicht erklären können."
Ich nickte und setzte mich wieder hin. Auf dem Weg zu meinem Platz spürte ich deutlich die Blicke meiner Mitschüler, ihre Neugier schien noch mehr zugenommen zu haben.
Irgendwann klingelte es schließlich zur Pause. Alle atmeten erleichtert auf, jeder räumte seine Sachen zusammen, um dann auf den Schulhof zu gehen.
Draußen auf dem Hof gesellten sich einige meiner neuen Mitschüler zu mir. Sie fragten mich ein wenig aus, machten einige Sprüche. Ich beantwortete all ihre Fragen, jedoch wurden meine Antworten immer knapper.
Denn auf der anderen Seite des Schulhofes hatte ich Maria entdeckt. Sie stand im Schatten eines großen Baumes und schien das rege Treiben auf dem Platz zu beobachten.
Überall liefen junge Schüler und Schülerinnen wild durcheinander, vergnügten sich in Spielen. Einige standen in Gruppen zusammen, man erzählte sich etwas, oft war ein Lachen zu hören.
Nur Maria stand ganz alleine unter ihrem Baum, der ihr Schatten spendete. Und sie sah wie ein Wesen aus einer anderen Welt aus.
Die meisten Schüler auf dem Schulhof trugen knappe T-Shirts oder leichte Hemden. Viele der Mädchen zeigten sich im kurzem, knappen Minirock, auch einige der Jungs hatte kurze Hose an. Seit Wochen hatte der Sommer Einzug gehalten und natürlich hatten sich alle mit ihrer Kleidung an das warme Sommerwetter angepasst.
´Sie trägt einen Umhang, es ist ein langes Cape. Bei diesem Wetter trägt sie ein Cape, kaum zu glauben. Und einen Hut dazu. Sie sieht beinahe aus wie eine Statue, wie da so fast bewegungslos steht. Ihr schmales Gesicht ist zu sehen, ein wenig nur. Die Hände, alles verbirgt sie unter dem Cape. Warum steht sie nur so weit entfernt ?´
Das Bild übte eine für mich ungewohnte Faszination aus, ja es zog mich richtig in seinen Bann. Das weite Cape umspielte Marias Körper bei jeder Bewegung, die Falten des Stoffes bewegten sich im Takt ihrer langsamen Schritte. Wie ein Wesen aus einer anderen Welt glitt sie dann über den Hof. Ihre Bewegungen waren langsam, doch strahlte die zarte Gestalt in ihrem Cape eine ungeheure Anmut aus.
"He Paul, hörst du mir noch zu ?" hörte ich eine Stimme neben mir.
"Ja, natürlich.." stammelte ich, ein wenig verlegen. Ich versuchte, mich wieder auf das Gespräch mit meinen neuen Klassenkameraden zu konzentrieren, was mir mit einiger Anstrengung auch gelang.
Nach dem Ertönen der Schulglocke ging ich schweigend, ganz in Gedanken versunken, in den Klassenraum. Ich war verwirrt, wie sehr mich Marias Aussehen auf dem Schulhof beeindruckt hatte. Warum war ich so fasziniert von ihrer Erscheinung ? Ja, es war mehr für mich als Faszination, es war... Noch konnte ich dieses neue Gefühl nicht einordnen.
Langsam füllte sich das Klassenzimmer, jeder nahm seinen Platz ein. Nur Maria kam noch nicht. Sie erschien erst gemeinsam mit der Lehrerin, die uns in den nächsten beiden Unterrichtsstunden die Feinheiten der Weltgeschichte näher bringen sollte.
Maria trug ihr Cape sorgfältig gefaltet über dem Arm, und als sie neben mir Platz nahm, hängte sie es ordentlich über die Stuhllehne.
Dem Unterricht verfolgte ich etwas halbherzig. Immer wieder lehnte ich mich zurück, um Maria beobachten zu können. Erst jetzt fiel mir auf, wie gerade und nahezu unbeweglich sie auf ihrem Stuhl saß. Nicht ein einziges Mal lehnte sie sich an, so als wollte sie das über die Lehne gehängte Cape nicht verknittern. Es war mir ein Rätsel, wie sie so lange in dieser kerzengeraden Haltung sitzen konnte.
Auch schien sie dem Unterricht ihre volle Konzentration zu widmen, denn immer wenn sie etwas gefragt wurde, hatte sie prompt die richtige Antwort parat. Andauernd machte sie sich Notizen, markierte für sie wichtige Stellen im Buch. Ich war mir inzwischen ganz sicher, das sie eine sehr gute Schülerin war.
Irgendwann endete auch diese Unterrichtsstunde. Alle standen auf, strömten wieder nach draußen.
"Wir haben jetzt Sportunterricht, drüben auf dem Sportplatz." Steckte mir einer der Jungs, während wir den Klassenraum verließen.
Ich zuckte mit den Schultern. Natürlich hatte ich noch keine Sportsachen dabei, also würde ich wohl zuschauen müssen.
In der Pause entdeckte ich einen kleinen Kiosk. Ich erstand eine kalte Flasche Limonade und machte mich langsam auf den Weg zum Sportplatz. Während meine Klassenkameraden sich in die Umkleidekabinen begaben, sprach ich den eintreffenden Sportlehrer an. Ich stellte mich kurz vor, und erklärte ihm, das ich nicht vorbereitet auf Sportunterricht war und deswegen keine passende Kleidung dabei hatte.
"Kein Problem. Du kannst dir ja heute von der Bank aus anschauen, was wir gerade üben. Und ab der nächsten Woche bist du dann mit dabei." meinte er freundlich.
Ich nickte, nahm meine Schultasche und machte mich auf den Weg. Am Rande der Laufbahn entdeckte einige Bänke, die natürlich leer waren.
Aber nicht ganz. Eine Person saß dort völlig alleine, und schaute auf den Sportplatz. Sie sah aus, als ob sie träumte. Es war Maria.
Mir stockte der Atem, als ich sie so auf der Bank sitzen sah. Wieder trug sie ihr langes Cape, dazu den Hut. Zum ersten Mal sah ich sie aus der Nähe, und schon wieder bemerkte ich, wie sehr mich ihr Anblick in Aufregung versetzte. Ich beschloß, mich direkt neben sie zu setzen. Als ich näher kam, sah ich, das sie ihr Haar unter einem Tuch verborgen hielt. Zusätzlich hatte sie den Hut auf und so war eigentlich nur ihr Gesicht zu sehen.
Sie schien mich gar nicht bemerken, erst als ich neben ihr Platz nahm, schaute sie auf. Zum ersten Mal sah sie mich direkt an. Zum ersten Mal sah ich ihre Augen. Strahlend blaue Augen, so klar und tief, wie ich es noch nie gesehen hatte.
"Hallo !" begrüßte sie mich, und ein Hauch von Lächeln huschte über ihr Gesicht.
"Hallo Maria." Grüßte ich zurück.
"Machst du den Sportunterricht nicht mit ?"
"Nein, heute nicht. Hab keine passenden Sachen dabei."
Maria lächelte kurz.
"Ja, wie solltest du auch wissen, das gerade heute Sport ist."
"Genau. Und du ? Auch keine Sachen dabei ?"
Für einen Moment verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und ich glaubte fast, sie ein wenig verlegen gemacht zu haben.
"Nein, das ist es nicht. Ich habe ein Attest vom Arzt, er meint wegen meines Kreislaufs sollte ich lieber nicht teilnehmen." Antwortete sie schließlich.
"Ach so, na da kann man wohl nichts machen."
Eine Weile schwiegen wir, beobachten unsere Mitschüler, wie sie mit dem Unterricht begannen. Alle wurden für eine Aufwärmrunde auf die Aschenbahn geschickt und schon nach wenigen Minuten begannen sie, natürlich auch durch die sengende Sonne, mächtig zu schwitzen.
Ich war froh, im Schatten sitzen zu können. Trotzdem wurde auch mir langsam warm und so nahm ich meine Schultasche und zog die Flasche mit der noch kalten Limonade hervor.
"Ganz schön warm heute" bemerkte ich. "Möchtest du vielleicht auch einen Schluck ?" bot ich Maria die Flasche an.
Sie warf mir einen unsicheren Blick zu, dann schien sie sich einen Ruck zu geben.
"Ja, gerne. Ist wirklich sehr warm heute." Geschickt schob sie ihre Hände aus den Durchgriffen ihres Capes hervor und nahm die angebotene Flasche entgegen. Schnell schraubte sie den Deckel ab und nahm einen tiefen Zug.
"Danke. Das hat wirklich gut getan." Sie hatte ihr Lächeln wiedergefunden, als sie mir die Flasche zurückgab.
"Gern geschehen." Mehr konnte ich nicht antworten. Mein Hals war trocken und so nahm ich schnell einen Schluck Limonade.
Wieder hatte Maria mich in Erstaunen versetzt. Sie trug Handschuhe ! Es schienen dünne Lederhandschuhe zu sein, im gleichen Farbton wie ihr Cape, so eng, das sie ihre zarten Hände wie eine zweite Haut umschlossen.
Verstohlen schaute ich noch einmal zu Maria hinüber. Aber sie hatte ihre Hände schon wieder unter dem Cape zurückgezogen.
Wie verwirrt ich war ! Tausend Fragen kreisten mir im Kopf. Warum war dieses Mädchen so angezogen ? Sie trug Kleidung, die sie vollständig verhüllte, eine Kleidung, die gerade mal eben das Gesicht herausschauen ließ. Und es waren Kleidungstücke, die alles Andere als der Mode letzter Schrei waren. Alles war untypisch, so völlig anders. Alle Mädchen, die ich bisher kennen gelernt hatte, trugen möglichst knappe, ja oft aufreizende Kleidung. Maria schien das genaue Gegenteil zu sein. Sie schien sich durch ihre Kleidung verhüllen, ja fast zu verstecken zu wollen.
´Warum ? Warum versetzt mich ihr Aussehen derart in Aufregung ? Warum muß ich sie immerzu anschauen ? Es ist fast wie ein Zwang. Ich möchte meine Blicke an ihr wandern lassen, aber nur so, das sie es nicht bemerkt.´
"Denkst du nach oder träumst du ?" hörte ich Marias Stimme.
"Ich... Ja, ich denke nach. Ja, es ist alles ganz neu für mich hier. Der erste Tag, nur neue Gesichter, daran muss ich mich erst gewöhnen."
Sie hatte mich förmlich aus meinen Gedanken gerissen. Durch ihre Frage wurde mir noch einmal bewusst, wie sehr ich mit mir selber beschäftigt war. So kannte ich mich eigentlich gar nicht.
"Aber gut eingeführt hast du dich heute morgen. Besonders in Mathe."
"Meinst du ?" fragte ich zurück.
"Ja, sicher. Wie du die Aufgaben an der Tafel gelöst hast, das war richtig gut. Ich wünschte, ich hätte es so gekonnt."
"Aber du warst doch auch gar nicht schlecht. Ich meine, schließlich hast du die Aufgabe an der Tafel doch gelöst, oder ?"
"Ja, aber nur mir viel Hilfe. Alleine hätte ich es wieder nicht geschafft. Mathe liegt mir einfach nicht. Da hatte ich schon immer Probleme, irgendwie komme ich auf keinen grünen Zweig."
Marias Seufzen war eindeutig.
"Und wenn ich dir helfen würde ? Ich meine, ich könnte versuchen, es dir zu erklären."
Maria schaute mich jetzt an und ich sah, wie ein Leuchten über ihr Gesicht huschte.
"Ja, ich würde es schon gerne versuchen, aber mach dir keine großen Hoffnungen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Alle meine Nachhilfelehrer haben das bisher gesagt."
"Es kommt auf einen Versuch an, okay ? Komm, wir fangen gleich an."
Ich nahm das Mathebuch aus meiner Schultasche und begann, darin zu blättern.
Die folgende Stunde verging wie im Fluge. Ich merkte nicht, wie heiß es war, ich schien meine Umgebung völlig vergessen zu haben. Maria und ich redeten die ganze Zeit über Formeln, über Berechnungen, eben alles, was zur Mathematik gehörte.
Ja, sie hatte tatsächlich Wissenslücken, das stellte ich recht bald fest. Aber sie gab sich wirklich Mühe und sie verstand das Erklärte eigentlich recht schnell. Ich empfand Spaß dabei, ihr den trockenen Stoff zu erläutern.
Als die Stunde zu Ende ging, verabschiedete ich mich von ihr, nicht ohne ihr aber zu versprechen, das wir schon am nächsten Tag weitermachen würden. Sie schien sich darüber sehr zu freuen, sie strahlte über das ganze Gesicht.
Als ich mit dem Rad zu meiner Großmutter heimfuhr, freute ich mich bereits auf den nächsten Schultag. Was hatte es das zuletzt gegeben ?
Natürlich musste ich meiner Großmutter vom ersten Tag in der neuen Schule berichten. Bereitwillig schilderte ich meinen Vormittag, erzählte ihr auch von Maria und wie wir begonnen hatten, gemeinsam Mathematik zu üben. Nur die Beschreibung von Marias Kleidung ließ ich aus.
Großmutter hörte sich alles lächelnd an und als ich mit meinen Erzählungen fertig war, fragte sie:
"Sie scheint ja sehr nett zu sein, diese Maria. Hab ich Recht ?"
"Ja, das ist sie wohl." Entgegnete ich nur kurz, denn ich war wieder nachdenklich geworden.
Großmutter hatte gleich gemerkt, wie ich über Maria gesprochen hatte. Sie hatte feine Antennen, und so konnte sie leicht meine Begeisterung heraushören.
Ja, schon jetzt fühlte ich, wie sehr mich dieses Mädchen faszinierte. Sie war so hübsch, so nett. Wenn sie mich ansah, fühlte ich, wie mir die Knie weich wurden. Sie hatte eine wunderbare offene, so eine natürliche Art an sich, etwas, das mein Herz zu öffnen schien.
Auch etwas Geheimnisvolles schien sie zu umgeben, die Art, wie sie sich kleidete, das war für mich ein Rätsel. Warum gab sie sich äußerlich so zugeknöpft, so verschlossen ? Welchen Grund konnte es dafür geben, das sie so außergewöhnliche Kleidung trug ?
Immer wieder beschäftigte mich dieser Gedanke, aber eine Lösung fand ich natürlich nicht. Noch nicht.
3. Maria Kapitel 2 - Entdeckungen

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:38

Maria
Kapitel 2 - Entdeckungen
Autor: Paul VoF
Als ich am nächsten Morgen den Klassenraum betrat, saß Maria bereits auf ihrem Platz.
"Hallo Paul" begrüßte sich mich freundlich. Ihre Augen strahlten schon wieder in diesem leuchtenden blauem Farbton, und ich bemerkte schon wieder dieses seltsame Gefühl in meinen Knien.
"Hallo Maria" antwortete ich lächelnd. "Und, hast du noch etwas von dem behalten, was wir gestern besprochen haben ?"
"Ja, ich denke schon. Ich glaube, du hast es mir ganz gut erklärt."
Wir unterhielten uns leise weiter miteinander und so hatte ich wieder Gelegenheit, Maria etwas genauer zu betrachten.
Sie war in der gleichen Art und Weise gekleidet, wie es mir gestern schon aufgefallen war.
Eine karierte Bluse mit hohem, engem Stehkragen, ein dunkler weiter Rock, dazu die passenden Stiefel. Über dem Stuhl hing wieder ihr Cape, sorgfältig zusammengelegt.
Die ersten Schulstunden vergingen nur langsam. Ich konnte es nicht abwarten, bis die Pause begann. Endlich ertönte die Glocke, endlich konnten wir auf den Schulhof gehen.
Ich nahm meine Mathebuch heraus und zeigte es Maria.
"Wollen wir in der Pause gleich weitermachen ?" fragte ich.
Sie nickte dankbar und nahm ihre Handschuhe aus der Tasche. Langsam zog sie sich das feine, helle Leder über die Hände. Als sie fertig war, nahm sie ihr Cape von der Stuhllehne, faltete es auseinander und schwang es sich um die Schultern. Sie steckte ihre Hände durch die Armschlitze, beugte sich herunter, ergriff den Saum des Capes und dann zog sie einen langen Reißverschluß bis zum Hals herauf. Darüber schloß sie noch eine Reihe von Knöpfen. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie sich auch ihr Tuch um den Kopf gebunden und den Hut aufgesetzt. Darin schien sie Übung zu haben, das war unverkennbar.
"So, ich bin jetzt soweit." Sagte sie. Täuschte ich mich, oder war dort eine kleine Spur Verlegenheit, ja Unsicherheit in ihrem Blick zu sehen ?
´Warum ?´
Tausend Fragen lagen mir auf den Lippen ! Aber ich sagte nichts, ich nickte nur und so gingen wir zusammen aus dem Raum.
Auf dem Schulhof suchten wir uns einen Platz auf einer Bank im Schatten und begannen, gemeinsam zu lernen. Während Maria die von mir gestellten Übungen bearbeitete, begann ich erneut, sie zu beobachten. Es war wie ein Zwang, ich konnte einfach den Blick nicht von ihr abwenden. Inständig hoffte ich, das es ihr nicht auffallen würde.
Es war wieder sehr warm, die Sonne hatte so früh am Vormittag sicherlich noch nicht ihre volle Kraft. Aber trotzdem begann ich schon jetzt leicht zu schwitzen. Maria aber schien die Hitze gar nicht zu stören. Ich konnte in ihrem Gesicht keine Anzeichen dafür erkennen. Ihre makellose, fast weiße Gesichtshaut schien nicht einmal gerötet zu sein.
Viel zu schnell näherte die Pause sich ihrem Ende. Als das Klingelzeichen erklang, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Klassenraum.
"Geh nur schon hinein, ich komme gleich." Sagte Maria zu mir, als wir die Tür unseres Klassenzimmers erreicht hatten.
Ich nickte nur und betrat wie alle Anderen den Klassenraum, um den Beginn der nächsten Schulstunde abzuwarten. Nur Maria kam noch nicht. Sie schien vor dem Klassenraum zu warten.
Auf wen wollte sie warten ? Wieder ein neues Geheimnis ? Ein neues Rätsel ?
Wenige Minuten später kam sie dann, gemeinsam mit dem Lehrer. Schnell legte sie ihr Cape über die Stuhllehne, nahm ihren Platz neben mir ein.
Verblüfft erinnerte ich mich daran, das Maria auch gestern zusammen mit der Lehrerin hereingekommen war. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Warum machte sie das ?
In der folgenden Pause wiederholte sich die Vorgänge. Maria zog sich schnell an, das heißt sie legte Handschuhe, Cape, Tuch und Hut an und wir beschäftigten uns gemeinsam mit dem Stoff der Mathematik. Nach der Pause schien sie wieder vor dem Klassenraum zu warten, um dann erneut gemeinsam mit dem entsprechenden Lehrer das Klassenzimmer zu betreten.
Ich konnte mich nur wundern, denn ich hatte keinerlei Erklärung für ihr Verhalten. Natürlich dachte ich immerzu darüber nach, doch eine Lösung wollte mir einfach nicht einfallen.
Irgendwie verging auch die nächste Schulstunde. Die kleine Pause nutzten Maria und ich, um uns leise zu unterhalten. Es machte mir Spaß, mit ihr zu reden, sie hatte Witz und Charme, und sie strahlte eine ungeheure Wärme aus.
Nach einigen Minuten ging die Tür auf, und Herr Peters betrat den Klassenraum. Er bat kurz um Ruhe, um dann zu verkünden, das die letzte Unterrichtsstunde wegen einer Erkrankung des Lehrers ausfallen würde.
Unter lautem Beifall packten alle Schüler ihre Taschen, verließen auf dem schnellstem Wege den Klassenraum. Auch ich suchte meine Sachen zusammen, hielt aber inne, als ich bemerkte, das Maria keinerlei Anstalten machte, sich auf den Weg zu machen.
"Willst du denn nicht nach Hause ? Wir haben eine Stunde eher frei." Fragte ich sie.
"Nein, geht leider nicht. Ich werde abgeholt. So lange werde ich wohl warten müssen."
"Ach so. Das ist ja unglücklich."
Maria nickte nur mit dem Kopf.
Ich hatte eine Idee.
"Ich mach dir einen Vorschlag. Wir gehen raus auf den Hof, suchen uns einen Platz auf der Bank und..."
"Nein, du brauchst nicht wegen mir zu bleiben. Es macht mir nichts."
"Doch, kein Problem, wirklich. Wir könnten uns unterhalten, oder Mathe lernen, ganz wie du willst."
"Ja, wenn du meinst..." noch immer schien Maria zu zögern, aber dann nickte sie mit dem Kopf.
Und sie freute sich doch ! Und so gingen wir hinaus auf den Hof, den wir nun ganz für uns hatten. Natürlich hatte Maria sich wieder vollständig eingekleidet, eine Prozedur, an die ich mich jetzt gewöhnt hatte. Doch jetzt, da niemand mehr im Klassenraum war, fiel mir etwas auf. Als Maria den letzten Knopf ihres Capes schloß, hörte ich ein leises Klicken. Ein Geräusch, ganz so, als ob etwas einzurasten schien.
Natürlich war ich neugierig, aber ich wagte nicht zu fragen. Nicht das. Nicht jetzt. Es wäre falsch gewesen, das spürte ich.
Und noch etwas viel mir auf. Wenn wir in den Pausen durch die Gänge der Schule gingen, so waren sie immer überfüllt, immer herrschte ein mächtiges Gedränge. Man kam nur langsam voran, bis man endlich den Schulhof erreicht hatte.
Jetzt war der Flur menschenleer. In den Klassenräumen wurde schon wieder unterrichtet, alle unsere Klassenkameraden waren längst auf dem Weg nach Hause. Wir hatten also freie Bahn.
Trotzdem gingen wir ziemlich langsam. Fast schien es mir, als ob Maria schon schneller gehen wollte, dies aber nicht konnte. Machte sie so kleine Schritte, oder bildete ich mir dies nur ein ? Während ich so neben ihr lief, konnte ich es nicht erkennen. Ihr weites Cape verdeckte mir die Sicht.
Aber ihr Cape hatte auch sehr schöne Seiten. Anmutig schwang es um ihren Körper, und ich konnte die leisen Geräusche hören, die der Stoff durch seine Bewegungen verursachte. Fast klang es wie Musik für mich. Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das es sie gab. Eine Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das ich sie mag.
"Wohnst du denn so weit entfernt, das du nicht alleine nach Hause fahren kannst ?" fragte ich, während wir über den Schulhof gingen.
"Nein, eigentlich nicht. Ich kann zu Fuß nach Hause gehen, es sind nur etwa 15 Minuten."
"Und trotzdem willst du hier warten ?"
Maria schaute mich mit ihren blauen Augen an. Was das Traurigkeit, was man darin entdecken konnte ?
"Nein, ich muß hier warten. Mrs. Potter erwartet, das ihre Anordnungen befolgt werden."
"Wer, Mrs. Potter ?"
"Ja, sie ist Engländerin, deswegen der seltsame Name. Sie ist so etwas wie meine Erzieherin, oder auch Kindermädchen, na so eine Mischung aus beidem eben."
"Das klingt ja interessant. Eine englische Erzieherin. Und deine Mutter ?"
"Sie ist kaum einmal zu Hause. Meistens arbeitet sie, überwiegend in den USA, leitet dort eine große Klinik. Und deswegen hat sie alles auf Mrs. Potter übertragen."
Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
"Und ich hab gedacht, so etwas gibt es nur im Film. Na ja, warum auch nicht. Aber sie scheint ja ziemlich streng zu sein, diese Mrs. Potter. Das du hier so warten musst..."
"Ja, das ist sie wohl. Sie hat ihre Gründe dafür."
Maria schaute mich kurz an, schlug dann die Augen nieder. Sie hatte etwas zu erzählen, das war klar.
"Na, ihr beiden Hübschen. So ganz alleine auf dem Schulhof unterwegs ?"
Drei Mädchen aus unserer Klasse standen vor uns. Sie wirkten sehr ausgelassen, ja fast albern.
Ich verdrehte die Augen. Mir schien es, als ob Maria mir im nächsten Moment etwas erzählen wollte. Die Antwort auf meine Fragen ?
Und gerade jetzt platzten diese drei Mädchen dazwischen.
"Maria, hast du dich auch warm genug angezogen ?" meinte Claudia, die offensichtlich ihre Wortführerin war.
"Vielleicht hättest du ein wärmeres Cape anziehen sollen, auch einen Schal hättest du dir umbinden können. Es ist doch nicht besonders warm hier in der Sonne, oder ?"
Die Mädchen prusteten los, als ob sie einen guten Witz gehört hätten. Sie hielten sich für sehr lustig.
"Laß mich in Ruhe, Claudia. Dein Gerede ist unerträglich." Antwortete Maria schließlich.
"Aber wir finden es schon lustig, wie du dich immer anziehst. So zugeknöpft, wie du herumläufst, man könnte ja fast meinen, du wolltest dich verstecken vor uns."
"Claudia, laß es bitte." bat Maria.
"Hast du dein Cape auch ganz bis oben geschlossen ? Sei lieber vorsichtig, Maria, es könnte dir ja kalt werden. Mensch, wenn ich so etwas anziehen müsste, ich würde mich gar nicht aus dem Haus trauen, ehrlich." lachte Claudia wieder.
"Du weißt, das es meine Sache ist, welche Kleidung ich trage. Und jetzt laß mich in Ruhe."
Claudia grinste nur weiter, wandte sich schließlich an mich.
"Na, Paul, was sagst du denn dazu. Wie findest du es denn, mit einem Mädchen herumzulaufen, das sich wie... ja wie eine Nonne einpackt."
"Nonne ! Das war gut, Claudia !" riefen die anderen Mädchen und kicherten wieder los.
"Ich weiß gar nicht, was ihr habt." Antwortete ich schließlich. "Jeder kann sich doch wohl so anziehen, wie es ihm gefällt, oder ?"
Das Gelächter erstarb, für einen Moment herrschte Stille.
"Aber du musst zugeben, das Maria ziemlich komisch aussieht in ihren Sachen, oder ?"
Die Mädchen ließen einfach nicht locker, schon begann das alberne Gelächter wieder.
"Nein, das tut sie nicht. Sie sieht überhaupt nicht komisch aus." entgegnete ich entschieden.
"Na, du willst doch wohl nicht sagen, das es dir so gefällt ?"
"Doch, mir gefällt Marias Aussehen. Es gefällt mir sogar sehr. Im Gegensatz zu euch hat sie einen eigenen Stil, während ihr nur das tragt, was man in jedem Kaufhaus kaufen kann."
Für einen Moment staunte ich über mich selbst. Aber es schien zu wirken, anscheinend hatte ich ihnen den Wind aus den Segeln genommen.
Die Mädchen hatten wirklich genug. Offensichtlich sahen sie jetzt ein, das sie mich nicht auf ihre Seite ziehen konnten. Achselzuckend drehten sie sich um und machten sich gemeinsam auf den Heimweg.
Maria und ich waren alleine auf dem Hof. Kaum ein Geräusch war zu hören, nur ein Vogel sang in der Ferne ein Lied.
"Hast du das ernst gemeint ? fragte Maria mich.
Ich blickte verlegen auf den Boden.
"Was meinst du ?"
"Du weißt schon, was du gerade gesagt hast. Tu nicht so unschuldig."
"Ja, ich habe es wohl ernst ernst gemeint."
"Und es gefällt dir wirklich, wie ich aussehe ?"
Ganz dicht stand Maria vor mir, ganz leise hatte sie diese Frage gestellt.
Ich nickte wortlos, versuchte dem Blick ihrer Augen standzuhalten.
"So etwas hat noch nie jemand gesagt. Das jemand so zu mir hält, das hätte ich nie..."
"Maria, weißt du denn gar nicht, wie wunderschön du bist ?" unterbrach ich sie leise.
Sie schüttelte nur den Kopf und ihre Augen schienen feucht zu glänzen..
Ganz vorsichtig legte ich meine Hände um ihre Schultern und zog sie zu mir heran. Ihre Lippen schienen wie Feuer zu glühen, so schien es mir, als wir uns den allerersten Kuß gaben. So weich, so zart, sie waren wie ein Geschenk.
Es war ein vorsichtiger Kuss, von kurzer Dauer, aber voller Gefühl und Sinnlichkeit. Und ich würde ihn nie vergessen, das wusste ich schon jetzt.
Minutenlang standen wir wortlos da, genossen das Gefühl, uns aneinander ganz nahe zu sein. Ich streichelte Maria sanft durch den glatten Stoff ihres Capes und sie schien unter meinen Berührungen förmlich zu zerfließen.
Ich nahm sie vorsichtig in den Arm.
´Sie ist wie aus Glas, so zart, so zerbrechlich.´
Irgendwann ließen wir voneinander ab, nahmen uns an die Hand und gingen langsam über den Hof.
Zuerst schwiegen wir, ließen das gerade Erlebte auf uns wirken.
4. Maria Kapitel 3 - Die Nachhilfe

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:41

Maria
Kapitel 3 - Die Nachhilfe
Autor: Karl Kollar
Das Telefon klingelte. Mrs. Potter stellte die Herdflamme kleiner und warf einen Blick zur Uhr. Das dürfte das Gymnasium sein, um diese Zeit riefen sie immer an. Es war bald Mittagszeit, und das Essen duftete schon recht lecker auf dem Herd. Sie legte den Kochlöffel aus der Hand, wischte sich kurz die Hände ab und ging mit resoluten Schritten über den Korridor in das Schreibzimmer. Dort trat sie an den großen Schreibtisch, nahm den Hörer ab und meldete sich.
Es war Herr Peters, der Mathematiklehrer von Maria. Mrs. Potter war wie immer sehr interessiert daran, wie sich Maria in der Schule machte, deswegen hatten sie diese täglichen Anrufe vereinbart. Doch heute war Mrs Potter besonders neugierig, wie sich der Kontakt zwischen Maria und Paul entwickelt hatte.
Auch Herr Peters war von Paul sehr angetan. »Paul hat einen sehr positiven Einfluss auf ihren Schützling.« Der Lehrer berichtet von den Ereignissen im Unterricht. Dann erwähnte er die ausgefallene Stunde und dass Paul mit Maria auf dem Schulgelände verblieben war. Sie lernten dort Mathe, fügte er hinzu.
Mrs. Potter wurde ungeduldig. »Was ist sonst noch passiert? Sollte ich noch etwas wissen?« Sie erinnerte ihn an die Abmachungen.
»Ja richtig, auf dem Schulhof haben sie sich geküsst.« Er berichtete von der Szene, bei der Paul Maria beigestanden hatte. »Das hat Maria anscheinend sehr beeindruckt.«
´Na endlich´, dachte Mrs. Potter, ´das Wichtigste kommt immer zum Schluss.´ Sie bedankte sich für den Bericht und verabschiedete sich. Dann legte sie auf und ging wieder in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Dabei überlegte sie, wie sie den Kontakt zwischen Paul und Maria verstärken konnte, denn Paul passte sehr gut in ihr Konzept. Sie warf einen Blick auf Marias Wochenplan, dann wusste sie, wie sie es angehen würde.
Nach einem Blick zur Uhr entschied sie sich, das sie sich so langsam auf den Weg machen könnte, um Maria abzuholen. Zwar wäre es nicht falsch, wenn sie noch etwas mit Paul zusammen sein konnte, doch für Maria war auch die Routine sehr wichtig.
* * *
Paul ging langsam neben Maria her und beide waren noch ziemlich gefangen von ihren neuen Gefühlen. Paul versuchte jede Sekunde von Marias Gegenwart in sich auf zu saugen. Maria schwieg neben ihm. Sie war genauso mit ihren Gedanken beschäftigt. Keiner konnte oder wollte etwas sagen.
So steuerten sie langsam auf den Ausgang zu. Diesmal fiel es gar nicht auf, dass Maria nur kleine Schritte machen konnte. Am Tor sah Paul eine große Frauengestalt stehen, die zu ihnen hinüber sah. Er war zu sehr von seinen Gefühlen eingenommen, sonst hätte er sicher bemerkt, das Maria mit jedem ihrer winzigen Schritte betrübter wurde. Etwas schien sie zu bedrücken.
Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, blieb er etwas hinter Maria zurück, die vor der Frau einen ziemlich altmodischen Knicks machte. Paul machte dies verlegen, ohne dass er recht wusste warum.
Zu ihrer beider Überraschung sprach die Frau Paul gleich an. »Du musst Paul sein, der neue Schüler?« Sie gab ihm die Hand, und Paul war überrascht ob ihres starken Händedrucks.
Paul war auf diese Frage gar nicht eingestellt, er konnte vor lauter verwirrenden Gefühlen nur nicken.
»Ich bin Mrs. Potter, die Erzieherin von Maria.« Sie stellte sich vor. Marias Blick wurde immer ängstlicher.
Mrs. Potter ließ sich davon nicht beirren, und Paul war von der Ausstrahlung und Strenge der Erzieherin sehr in den Bann gezogen. Ihre große und kräftige Gestalt wirkte auch auf ihn ziemlich einschüchternd. Er war froh, dass seine Großmutter viel kleiner und zierlicher war.
»Ich habe gehört, du hilfst Maria bei Mathematik?«
So langsam wachte Paul auf, doch er hatte ein sehr schlechtes Gewissen, weil er Maria geküsst hatte. Und er wusste, dieser Frau würde er keine Sekunde mit einer Lüge standhalten. Mrs. Potter hatte eine so starke Ausstrahlung, dass er einfach nicht anders konnte. Schon jetzt begann er zu verstehen, dass Maria einen solchen Respekt vor ihrer Erzieherin hatte.
Zu einer vernünftigen Antwort war Paul nicht in der Lage, er stammelte irgendwie »Ja... Wir ... Haben geübt. Zusammen.«
Mrs. Potter schien das schlechte Gewissen zu spüren, doch sie übersah es und blickte ihn wohlwollend an. »Das ist schön.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Maria tut sich recht schwer in Mathematik.«
Unwillkürlich warf Paul einen Blick auf Maria. Sie stand neben ihrer Erzieherin, und obwohl sie ihren Kopf aufrecht hielt, war ihr Blick doch auf den Boden gerichtet. Es fiel Paul auf, das sie eine sehr gerade Haltung hatte.
Mrs. Potter war bemüht, ihre Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen. »Wärst Du bereit, Maria Nachhilfe in Mathematik zu geben?« Sie hoffte dass ihr kurzfristig gefasster Plan aufgehen würde. »Du bekommst es auch gut bezahlt.«
Auch Paul musste sich Mühe geben, um sich unter Kontrolle zu halten. Das wäre die Gelegenheit, um weitere Zeit in Marias Nähe zu verbringen. »Ja gern.«
Er schaute Maria total verliebt an, doch es fiel ihm nicht auf, das Marias Blick sich verändert hatte. Sie blickte jetzt eher etwas ängstlich zwischen Paul und ihrer Erzieherin hin und her.
Früher hatte Paul mit der Nachhilfe sein kärgliches Taschengeld aufgebessert. Diesmal würde es allerdings eine andere Motivation sein. Er traute sich allerdings nicht einmal innerlich zu grinsen.
Mrs. Potter setzte nach. »Dann kommst Du heute um drei zu uns.« Paul fiel auf, dass Maria bei der Nennung der Uhrzeit zusammenzuckte und sich ihr Mund etwas öffnete. Ihre Erzieherin schien dies auch bemerkt zu haben und griff gleich ein. »Maria, wolltet Ihr etwas sagen?«
Maria war sehr verunsichert, das war ihr deutlich anzusehen. »Aber bis um vier Uhr habe ich mein Training.«
Dies schien Mrs. Potter nicht gelten zu lassen. »Du kannst auch mit dem Ding lernen, das geht schon.«
Paul sah deutlich, das Maria widersprechen wollte, doch nach einem strengen Blick von Mrs. Potter machte sie ihren Mund wieder zu und blickte vor sich auf den Boden.
Damit schien für Mrs. Potter das Thema erledigt zu sein. »Weißt Du, wo wir wohnen?«
Paul sagte, dass er es nicht wisse.
»Wir wohnen in dieser Straße, dahinten das Haus.« Mrs. Potter zeigte auf ein Grundstück und nannte die Hausnummer.
Paul stellte fest, dass er in Zukunft jeden Tag an Marias Haus vorbei gehen würde, denn es lag auf seinem Weg. »Ich wohne zwei Straßen weiter, wir haben den selben Weg.« Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
Den Rest des Weges gingen sie schweigend, bis sie vor dem Haus der beiden standen. Paul war recht unsicher, wie er sich jetzt von Mrs. Potter und Maria verabschieden sollte. Doch diesmal kam ihm Marias Erzieherin zur Hilfe, in dem sie ihm die Hand reichte. »Dann bis nachher.«
Paul hatte sich vielleicht noch eine Abschiedsgeste von Maria erwartet, doch diese schien sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt zu sein. Doch als Paul auch ihr die Hand reichen wollte, griff Mrs. Potter ein. »Maria freut sich auch auf nachher.« Paul spürte, das er ohne weiteren Gruß gehen musste.
»Und nun lasst uns gehen.« Sie legte ihren Arm um Maria und schob sie leicht vorwärts.
Paul blieb noch ein wenig stehen und blickte Maria und ihrer Erzieherin hinterher. Natürlich freute er sich auf die Nachhilfestunde mit Maria, doch gleichermaßen hatte er schon jetzt großen Respekt vor Mrs. Potter.
* * *
»Na, Du strahlst ja. Hast Du eine gute Note bekommen?«
Paul schüttelte den Kopf, »Nein, heute nicht.«
Seine Großmutter Selma warf noch mal einen prüfenden Blick auf ihren Enkel und hakte nach. »So wie Du strahlst, muss es aber etwas sehr schönes sein.«
Paul konnte nur leicht nicken. Er schluckte. Dann sagte er nur ein Wort: »Maria«.
Selma musste lächeln, als sie Pauls Miene dabei sah. »Na, dich hat es aber schwer erwischt. Habt ihr schon...?«
Paul wurde verlegen. »Wir haben uns heute geküsst.« Dann wurde er ernst. »Aber es ist so seltsam. Sie hat eine sehr strenge Erzieherin und trägt so seltsame Sachen.« Er erzählte von Marias Kleidung, diesem seltsamen Cape und den seltsamen Ereignissen beim Abholen.
Seine Großmutter lächelte nur. »Es ist schön, dass diese Erziehung heute noch praktiziert wird.«
Paul blickte auf. »Du kennst das?« Er sah ganz ungläubig aus.
»Ich habe Dir doch mal erzählt, dass ich früher bei Baron Grünberg gekocht habe.« Paul erinnerte sich an die vielen Geschichten aus der berühmten Küche.
»Die drei Töchter wurden vermutlich auch so erzogen wie Deine Maria.« Selma beschrieb kurz, wie sie die drei Töchter früher erlebt hatte.
Er druckste etwas herum. »Ich bin heute Nachmittag bei ihnen eingeladen, ich soll Maria Nachhilfe geben.« Er machte eine Pause. »Aber ich habe Angst vor Mrs. Potter.«
Selma spürte seine Unsicherheit. »Mach Dir keine Sorgen und benimm Dich einfach so, wie Du es bei mir gelernt hast, dann kann Dir nichts passieren.«
Paul half dies zwar nicht wirklich weiter, doch er nahm sich die Worte seiner Großmutter zu Herzen.
* * *
Maria war schon sehr aufgeregt, bald würde Paul vorbei kommen. Ihr Herz klopfte laut. Sie ging noch einmal in ihr Arbeitszimmer, um nach zu sehen, ob alles bereit war. Der Schreibtisch war in Steh-Position und es standen Getränke bereit. Für Maria steckte ein Strohhalm im Glas. Es war alles okay, Paul könnte kommen. Nur eine Sache stand noch aus.
Sie drehte sich um und ging in die Küche, wo ihre Erzieherin sich mit dem Abwasch beschäftigte. Sie stellte sich vor sie hin und wartete darauf, dass sie von Mrs. Potter angesprochen wurde. Sie hatte gelernt, dass sie selbst eine ältere Person nicht einfach ansprechen durfte, sondern warten musste, bis diese sie ansprach. Nur für die Schule waren die Regeln etwas gelockert. Und Mrs. Potter legte darauf sehr großen Wert.
Mrs. Potter blickte sie an, und nach einiger Zeit erst fragte sie. »Maria, was möchtest Du?«
Maria hob erleichtert den Kopf und blickte ihre Erzieherin an. Ihre Stimme klang schon fast etwas aufgeregt. »Bald kommt doch Paul. Ich würde deswegen gern das Haltungstraining beenden.« Sie bemühte sich, einen recht formalen Eindruck zu machen. »Würden Sie mich bitte aus dem Handschuh raus lassen. Wir wollen doch dann Mathematik machen.«
Doch ihre Erzieherin ließ sich davon nicht beeindrucken. Ihr Blick verengte sich etwas. Sie blickte noch einmal prüfend auf den weißen Monohandschuh, der Marias Arme auf dem Rücken hielt und wandte sich dann wieder ihrem Abwasch zu. Ihre Stimme klang ziemlich verärgert. »Das hatten wir doch schon geklärt oder? Der Handschuh bleibt! Euer Haltungstraining ist wichtiger. Ihr könnt dann ja im Kopf rechnen.« Natürlich war sie alles andere als verärgert, aber in diesem Moment musste sie eine gewisse Rolle vorspielen. Dabei war beiden klar, warum Maria wirklich aus dem Handschuh heraus wollte.
Marias Miene fror ein. »Aber ich mache bald Abitur, da ich kann doch nichts mehr im Kopf rechnen. Ich muß meinen Taschenrechner bedienen. Bitte lassen Sie mich da raus.« Sie versuchte etwas mit ihren Armen an dem Handschuh zu zerren, aber sie wusste schon länger, wie sicher ihre Arme so gefangen waren.
Mrs. Potter machte mit ihrer Arbeit weiter, ein paar Sekunden lang, dann legte sie den Teller, den sie gerade spülte zum Abtropfen auf die Seite und wandte sich erneut ihrem Schützling zu. Sie wusste, was Maria wirklich wollte, doch das konnte sie nicht erlauben. Sie gab ihrer Stimme einen etwas ernsteren Ton. »Ihr werdet mir gehorchen und den Handschuh anbehalten! Mathematik könnt Ihr so auch lernen.«
Maria wollte noch einmal ansetzen. »Aber er weiß doch gar nicht...« Weiter kam sie nicht, denn sie sah das entschlossene Gesicht ihrer Erzieherin und wusste, das sie jetzt besser schweigen sollte. Es liefen ihr ein paar Tränen die Wange hinunter.
Jetzt zeigte Mrs. Potter doch eine Reaktion. Sie nahm Maria in den Arm, wischte ihr mit einem Tuch die Tränen weg und streichelte ihr liebevoll über die in dem ledernen Monohandschuh verpackten Arme. »Du wirst das schon schaffen. Zeige ihm, das Du etwas ganz besonderes bist.«
Maria sah sie erstaunt an. »Meinen Sie das ernst?«
»Genug jetzt. Geht auf Euer Zimmer, er wird gleich kommen.«
Maria seufzte noch einmal leise, dann tat sie, was ihre Erzieherin ihr aufgetragen hatte.
* * *
Paul fragte sich, ob andere wohl sein Herz hören könnten. Es kam ihm vor, als würde es jetzt besonders laut schlagen. Er war sehr aufgeregt, als er jetzt auf dem Weg zu Marias Haus war.
Er freute sich sehr auf seine Nachhilfeschülerin, und zugleich hatte er ehrlich Angst vor ihrer so strengen Erzieherin. Wie würde es wohl sein bei der Nachhilfe? Maria schien ziemlich besorgt wegen eines Trainings, welches sie zu der Zeit machen würde. Er konnte sich jedoch darunter überhaupt nichts vorstellen.
Natürlich hatte sich Paul auch auf die Nachhilfe vorbereitet. Es war natürlich nicht seine erste Nachhilfe, doch aber die, vor der er am meisten Herzklopfen hatte.
Paul war so sehr in Gedanken, dass er fast an Marias Haus vorbeigegangen wäre. Das Grundstück war ihm schon aufgefallen, weil hier das Haus etwas nach hinten zurückgesetzt war. Vor dem Haus standen ein paar uralte große Bäume und gaben dem Ganzen eine parkähnliche Stimmung. Das Haus selber war eine große Jugendstil-Villa mit einem sehr schönen Fachwerkgiebel. Er fragte sich, wo wohl Marias Zimmer sein würde.
Er klingelte vorn an dem großen Tor und wunderte sich etwas, dass ihm gleich aufgemacht wurde. Der Türöffner summte und aus einem Lautsprecher hörte er Mrs. Potters Stimme, die ihn willkommen hieß. »Hallo Paul, schön dass Du da bist. Komm herein.«
Paul drückte gegen das Tor und trat auf das Grundstück. Er blickte zum Haus und sah, wie die Haustür auf ging und Mrs. Potter heraus kam. Sie blickte streng auf Paul, der immer unsicherer wurde. Er ging die wenigen Stufen zum Portal hoch und gab Marias Erzieherin die Hand. Wieder spürte er den sehr festen Händedruck und war noch eingeschüchterter.
Mrs. Potter bat ihn herein. »Maria trägt noch ihre Trainingsausrüstung, du wirst ihr etwas mehr helfen müssen.« Es schien ihr wichtig zu sein.
Paul ging hinter Mrs. Potter her und schaute etwas ungläubig.
»Sie macht ihr tägliches Haltungstraining«, erklärte sie, allerdings in einem Tonfall, der keine Nachfragen erlaubte.
Paul nahm es kommentarlos zur Kenntnis, innerlich brannte er lichterloh. Was würde Maria wohl tragen? Und für was würde Maria denn trainieren? Er ahnte, dass er sobald auf diese Fragen noch keine Antwort bekommen sollte.
Mrs. Potter ging voran und Paul folgte mit respektvollem Abstand.
* * *
Maria hatte die Klingel gehört und war sehr nervös, denn sie wusste, Mrs. Potter würde Paul herein lassen und zu ihr bringen. Sie war sehr unsicher, was Paul wohl von ihrem Handschuh halten würde. Gewiss, es half ihr, die richtige Haltung für Korsett und High-Heels zu trainieren, aber ob Paul dafür Verständnis haben würde?
Überhaupt, sie wollten Mathematik lernen und da würde sie doch ihre Arme brauchen. Seit längerer Zeit war Maria mal wieder etwas verärgert über die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin. Doch insgeheim wusste sie ja, dass es einer höheren Sache diente und deswegen wäre es gut, wenn Paul den Handschuh akzeptieren würde. Sie war stolz darauf, dass sie den Monohandschuh schon so lange tragen konnte. Und außerdem, das musste sie sich eingestehen, war der Handschuh ja nur der Anfang.
Marias Nervosität stieg ins Unermessliche, als sie die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe hörte. Ihre Erzieherin schien Paul etwas zu erklären. Maria hätte sich jetzt gern noch einmal kurz durch ihr Haar gefasst oder ihr Makeup kontrolliert. Doch da war nichts zu machen, ihre Arme wurden von der weißen Lederhülle auf dem Rücken zusammen gezogen, so das ihre Arme völlig unbeweglich waren. Ihr Körper wurde damit an die richtige damenhafte Haltung gewöhnt. Maria hatte sich ja auch schon ziemlich damit abgefunden. Solange sie den Handschuh hier im Haus trug und es sonst keiner sehen konnte, hatte sie keine Probleme.
Doch jetzt kam Paul, und dass er sie mit diesem Trainingsgerät sehen sollte, das passte Maria überhaupt nicht.
* * *
Im Treppenhaus hörte Paul zu, wie Mrs. Potter auf dem Weg zu Maria über die Nachhilfe sprach. Sie erwähnte noch einmal, dass Maria trainierte und dass deswegen die Nachhilfe etwas schwieriger sein würde. »Ihr werden etwas improvisieren müssen. Und ihr werdet im Stehen arbeiten müssen, das geht doch wohl, oder?«
Sie hatte es zwar als Frage formuliert, aber Paul fühlte, das es eher ein Befehl war. Er schaffte nur ein schwaches »Ja« als Antwort.
Paul trat hinter Mrs. Potter in das Zimmer und sofort fiel sein Blick auf Maria, die vor dem Schreibtisch stand und ihn anstrahlte. Ihre Nervosität bemerkte Paul nicht, was wohl daran lag, dass er genauso nervös war. Auf den ersten Blick sah es für Paul so aus, als würde seine Schulkameradin noch die Kleidung aus der Schule tragen. Die gekreuzten weißen Lederriemen über ihrer Brust bemerkte er nicht.
Er begrüßte sie mit einem schüchternen »Hallo Maria«.
Marias Herz schlug ziemlich laut. Sie erwiderte ein leises »Hallo Paul«.
Obwohl sie wußte, das es eigentlich albern war und dass er es bald sehen würde, war sie doch bemüht, ihm nicht ihren Rücken zu zeigen. Sonst würde er den Handschuh sehen und den wollte sie so lange wie möglich vor ihm verbergen. Auch wenn sie natürlich wusste, dass es unsinnig war.
Pauls Herz klopfte auch immer lauter, je näher er Maria kam.
»Schön, das Du gekommen bist.« Maria war sehr verlegen. »Setze Dich doch.«
Er blickte Maria jetzt etwas verwundert an. Maria bemerkte ihren Irrtum. »Ach ja, wir wollen ja im Stehen lernen.«
Paul war noch sehr von Marias Anblick und Haltung fasziniert. »Du machst ein Training«, Paul fragte ehrlich interessiert.
»Ja, ich muss meine Haltung verbessern.« Maria war immer noch ziemlich verlegen.
»Lasst Euch nicht stören«, war die Stimme von Mrs. Potter zu hören. Paul warf kurz einen Blick durch den Raum und sah, dass sie mit einem Tuch bewaffnet begann, ein Regal abzustauben. Maria wusste, dass sie das bisher bei jedem Nachhilfelehrer gemacht hatte. So sauber wie dieses Regal war sonst nichts im Haus.
Paul war sehr nervös, weil er sich jetzt auch noch von Mrs. Potter beobachtet fühlte, und Marias Nähe verwirrte ihn. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch, wo noch das Marias Lateinbuch lag. Grammatik war aufgeschlagen. Darin bewunderte er Maria, weil ihr das so leicht fiel und er hingegen hatte so viel Mühe damit.
Schließlich traute Paul sich, mit dem Stoff anzufangen. »Bist Du heute mitgekommen?« Er stellte eine wie er meinte einfache Fachfrage, die Maria jedoch nicht beantworten konnte, sie zuckte mit den Schultern. Paul wunderte sich, weil er nichts von ihren Armen sah, doch er ließ sich deswegen nichts anmerken.
Er hatte schon viel Nachhilfe gegeben und deswegen wusste er, dass es gut war, die Sachen aus der Stunde einfach noch mal durch zu sprechen. Deswegen fragte er Maria nach der Aufgabe, die sie heute in der Stunde rechnen durften.
Maria blickte verschämt. »Ich habe das erst überhaupt nicht raus bekommen.« Sie machte eine Pause. »Ich wusste ja nicht mal, wie ich anfangen sollte. Ohne den Herrn Peters wäre das nicht gegangen.« Aus ihrer Stimme klang fast etwas wie Verzweiflung.
»Wir sprechen die Aufgabe einfach noch mal durch.« Paul blickte auf ihrem Schreibtisch umher. »Wo ist denn Dein Mathebuch?«
Maria wurde rot. »In meiner Tasche« Es war ihr klar, das Paul spätestens jetzt den Handschuh zu sehen bekommen würde. Sie wollte am liebsten im Boden versinken. So toll der Handschuh auch sonst war, wenn sie während des Trainings etwas greifen oder sonst etwas mit den Händen machen wollte, störte er gewaltig. Und jetzt stand Paul neben ihr, während sie trainierte. Doch da ihre Erzieherin noch im Raum war, traute sie sich auch nicht, sich eine Blöße zu geben oder aus ihrer Rolle zu fallen.
Mrs. Potter blickte ab und zu heimlich auf das Liebespaar. Sie war sehr gespannt, wie Maria sich mit dem Monohandschuh machen würde und mindestens genauso fragte sie sich, wie Paul darauf reagieren würde. Sie putzte die Sachen aus dem Regal diesmal besonders langsam.
Paul blickte Maria erwartungsvoll an und wartete, das sie das Mathematikbuch suchen würde, doch Maria schien sich nicht zu bewegen.
Maria sah Paul an und sie wusste, das er jetzt das Mathebuch haben wollte. ´So ein Mist´ dachte sie bei sich. Das hätte sie auch heraus legen können, bevor Mrs. Potter sie in den Handschuh eingeschnürt hatte. Sie wollte ihm das Ding nicht zeigen, doch so konnte sie ihm das Mathebuch aber auch nicht geben. Sie blickte ihn ziemlich hilflos an und wartete.
Paul fiel ein, das er seines ja auch dabei hatte. Er nahm es aus seiner Tasche und legte es auf den Schreibtisch.
Doch Mrs. Potter war damit überhaupt nicht einverstanden. Natürlich wußte sie, warum Maria so zögerte. Es war ihr aber nicht recht, das Maria versuchte, den Handschuh vor Paul zu verbergen. Sie erwog kurz ihre Möglichkeiten, dann drehte sie sich direkt zu Maria und sprach sie direkt an.
«Maria, warum nehmt ihr nicht euer eigenes Buch?« Maria hörte zu ihrem Entsetzen die Stimme ihrer Erzieherin, und dass sie ihr eine Frage gestellt hatte. In Gegenwart anderer musste Maria unter allen Umständen das Protokoll einhalten, doch dazu müsste sie Paul den Rücken zudrehen und er würde ihren Handschuh sehen können.
Maria schluckte und wusste nicht, was sie Mrs. Potter antworten sollte. Sie zögerte. Doch gerade heute war Mrs. Potter besonders penibel. »Warum antwortet ihr nicht, wenn ihr gefragt werdet?«
Maria musste reagieren und irgendwie war der Respekt vor Mrs. Potter größer als die Sorge um ihr Ansehen bei Paul. Sie drehte sich so um, das sie Mrs. Potter anblicken konnte und antwortete wahrheitsgemäß. Paul war erst ihrem Blick gefolgt und hatte ebenfalls Mrs. Potter angesehen. »Weil es noch in meiner Schultasche ist.« Marias Stimme zitterte.
Pauls Blick suchte im Raum die Schultasche, dabei fiel sein Blick auch auf Marias Rücken und er war sehr erstaunt, als er dort etwas seltsames sah. Es brauchte zwei Blicke von ihm, um zu erkennen, was dort zu sehen war. Marias Arme wurden von etwas Weißem auf dem Rücken zusammen gehalten. Etwas Längliches in Weiß, welches auch noch wie ein Korsett geschnürt war. Es sah mehr als seltsam aus.
Mrs. Potter war gleichermaßen bemüht Maria Mut zu machen und ihr die Scheu vor Paul zu nehmen. Sie blickte sie scheinbar ernst an und so, als ob es das Selbstverständlichste wäre sagte sie: »Dann bittet doch Paul es heraus zu nehmen.«
Maria drehte sich langsam zu Paul hin und mit sehr leiser Stimme bat sie ihn, das Buch aus ihrem Ranzen zu holen. Allerdings fiel es ihr jetzt etwas leichter, denn jetzt hatte er den Handschuh gesehen. Und Paul war noch da.
Paul kam das alles ziemlich seltsam vor, auch der seltsame Ton, den Maria mit ihrer Erzieherin pflegte. Doch da er sich, ohne das er es sich selbst eingestehen wollte, schon in Maria verliebt hatte, nahm er es hin und genoss es, in ihrer Nähe zu sein.
Maria zeigte mit ihren verpackten Armen auf den Ranzen. Paul sah dies und warf noch einmal einen Blick auf dieses sehr seltsame Ding. Dann ging er zu Marias Schultasche, machte sie auf und blickte hinein. Er sah das dicke blaue Mathebuch, nahm es heraus und legte es auf den Schreibtisch. Während Maria sich langsam neben ihn stellte, schlug er die richtige Seite auf.
Paul wollte jetzt mit der Nachhilfe beginnen und bat Maria, sie sollte noch einmal die Zeichnung aus der Stunde nachzeichnen.
Mit einer Mischung aus Stolz und Unsicherheit blickte Maria zu Paul und sagte, dass sie das nicht machen könne. Dabei zeigte sie Paul mit einer Drehung des Oberkörpers ihre verpackten Arme.
Jetzt erst hatte Paul die volle Wirkung dieser seltsamen Vorrichtung verstanden und erkannte, das Maria so ihre Arme nicht benutzen konnte. Er dachte natürlich an das Naheliegende: »Soll ich Dir da raus helfen?« er kam Maria noch etwas näher.
Diese drehte sich erschrocken von ihm weg und widersprach: »Nein, ich muss den tragen. Bitte nicht.« Ihre Stimme klang fast weinerlich bittend. Sie wusste, dass es Paul sehr seltsam vorkommen musste, doch sie konnte es ihm jetzt auch nicht erklären. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen.
Mrs. Potter hatte das Gefühl, eingreifen zu müssen. Sie stellte den Gegenstand, den sie schon seit einiger Zeit putzte ins Regal und kam zu Maria. Sie gab sich Mühe, ihre Stimme ernst klingen zu lassen, obwohl sie doch mit dem bisherigen Verlauf schon sehr zufrieden war. »Lasst es Euch nicht einfallen, Euch den Handschuh ausziehen zu lassen! Ihr müsst Euer Training weiter machen.« Dann ging sie scheinbar auf die Beiden ein. »Was ist denn das Problem?«
Paul wollte eigentlich gegen Marias seltsames Armgefängnis protestieren. Er wollte sagen, dass die Nachhilfe so keinen Sinn mache und Maria unbedingt ihre Arme benutzen müsse. Doch als er Mrs. Potter mit ihrer großen und respekteinflößenden Gestalt gegenüber stand, konnte er nur schlucken. Mrs. Potter hakte nach: »Nun?«
Paul wurde innerlich kleiner. Er brachte einfach nicht den Mut auf, sich hier für Maria gegenüber Mrs. Potter aufzulehnen. Er dachte nach und es fiel ihm ein, dass er ja für Maria zeichnen könnte. Er war, ohne das er es selber erkannte, sehr eingeschüchtert. »Nein, es ist alles in Ordnung. Ich werde Maria zeigen, wie sie zeichnen müsste.«
Mrs. Potter hatte erreicht, was sie wollte. Paul war jetzt willens und in der Lage, Marias Handschuh zu akzeptieren und sich damit auch zu arrangieren.
Sie wünschte den beiden viel Erfolg und verließ den Raum. Die Tür ließ sie offen. Paul hörte, wie sie sich auf dem Korridor zu schaffen machte. Sie war also noch in Hörweite.
* * *
Paul warf noch einmal einen recht deutlichen Blick auf Marias Handschuh. »Wenn Du so etwas tragen musst.« In Pauls Stimme mischten sich die Bewunderung für Maria mit der Verwunderung über dieses seltsame Trainingsgerät.
»Gefällt er Dir?« Pauls Meinung war ihr anscheinend wichtig.
»Ich habe so etwas noch nie gesehen. Er sieht schon toll aus.« Paul war ehrlich. »Aber es wäre leichter mit der Nachhilfe, wenn Du Deine Arme benutzen könntest.«
Maria blickte ihn an und seufzte leicht. »Das ist sicher richtig.« Sie versuchte zu zeigen, wie viel Freiraum sie noch hatte. »Aber ein wenig kann ich meine Arme ja bewegen.« Sie konnte ihre Arme auf dem Rücken pendeln lassen. Und sie schaffte es, sie etwas an ihrem Körper vorbei nach vorn zu bewegen.
Paul schaute fasziniert zu. Er war verwundert und erfreut zugleich, wieder diese geheimnisvolle Spannung vom Schulhof zu spüren. »Er ist wunderschön«, er wusste nichts anderes zu sagen. Und außerdem war es grundehrlich gemeint. »Aber warum trägst Du so etwas?«
Maria antwortete etwas leiser, aber mit viel Begeisterung in der Stimme. »Er hält meine Arme auf dem Rücken zusammen.« Paul hielt fast den Atem an. Maria blickte an sich herunter. »Und diese Riemen halten ihn fest, damit er nicht herunter rutscht.«
Paul folgte ihrem Blick, und jetzt fielen auch ihm die Riemen auf, die sich über Marias Brust kreuzten. Er sprach auch etwas leiser. »Darf ich ihn mal anfassen?«
»Gern, darfst Du«, Maria flüsterte ebenfalls. ´Ich könnte Dich ohnehin nicht daran hindern´, dachte sie sich, ohne es auszusprechen. Paul streichelte ihr sehr zärtlich über die hilflosen Arme. Er spürte, das Maria etwas zitterte. Doch der Handschuh verbarg dieses, da er die Arme sicher festhielt.
Paul bekam eine Gänsehaut. Er wollte nachhaken. »Und warum machst Du das Training?«
Er bekam eine Antwort, die zwar ehrlich war, die ihm aber trotzdem nicht wirklich weiter half, Marias Training zu verstehen. »Für meine Mutter.« Er spürte durch ihrem Tonfall, dass er jetzt besser nicht nachfragen sollte. Er warf einen Blick auf das Mathematikbuch.
Maria folgte dem Blick und beide trafen sich bei der Aufgabe aus der Schule. »Ich habe nicht verstanden, warum ich bei diesem Winkel den Sinus brauche?« Sie war jetzt ernsthaft bemüht, sich auf Mathematik zu konzentrieren.
Paul fragte, welchen Winkel sie meinte.
Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, beugte Maria sich vor zu dem Gefäß mit Bleistiften, nahm einen davon in den Mund und zeigte Paul mit der Spitze des Bleistifts, welche der aufgeschlagenen Aufgaben sie meinte.
Paul war zu verwirrt, um es richtig zu realisieren, aber sie schien den Umgang mit den Bleistiften auf diese Art und Weise gewohnt zu sein. Der Bleistift zitterte nicht.
So langsam fand Paul auch den Weg zurück zu Mathe. Er griff das Thema auf und war bemüht, ihr die Zusammenhänge zu erklären.
* * *
Mrs. Potter blickte ab und zu durch die Tür auf den Schreibtisch, vor dem Paul und Maria standen und wirklich ernsthaft Mathematik machten. Sie war sehr erleichtert, denn Paul schien ein echter Glücksgriff zu sein. Er half Maria mit dem Unterrichtsstoff, er saß in der Klasse neben ihr und es schien, als hätten sie sich auch noch in einander verliebt. Genauso, wie es sein sollte.
Sie schaute auf die Uhr, es war bald 16 Uhr und für Maria würde es Zeit werden, sich für ihr Sportprogramm vorzubereiten. Sie ging auf das Zimmer zu und klopfte vorsichtig am Türrahmen.
Paul und Maria blickten auf und es fiel Paul schon auf, das Maria sich sofort komplett zu ihrer Erzieherin hin umdrehte. Sie schien wirklich streng erzogen worden zu sein.
»Ich wollte bloß wissen, ob ihr bald fertig seid.« fragte sie.
»Diese Aufgabe noch.« Aus Marias Augen strahlten Eifer und Verliebtheit um die Wette.
Ihre Erzieherin erinnerte sie daran, dass sie sich dann für den Sport umziehen müsste. Dann ließ sie die beiden weiter machen. Paul kam es schon ziemlich seltsam vor, dass sie in der Schule vom Sport befreit war und hier welchen machen musste.
Sie kamen mit der Aufgabe dann bald zum Schluss, und eigentlich wollte Paul sich schon verabschieden, als er spürte, das Maria noch etwas von ihm wollte.
Sie kam etwas näher und ihre Stimme wurde leiser. »Ich wollte mich noch mal dafür bedanken, dass Du mir auf dem Schulhof geholfen hast.« Paul kam auch einen Schritt näher. »Die anderen Mädchen sind immer so grausam,« sprach Maria, und dabei bekam sie einen recht traurigen Blick. »Sonst hält keiner zu mir, die denken alle, ich würde spinnen.«
Paul wollte Maria ehrlich trösten, deswegen legte er seine Arme um ihren Körper und zog sie an sich heran. Allerdings kamen seine Hände mit Marias Armen in Kollision, da diese auf ihrem Rücken gehalten wurden. Ohne dass Paul richtig wusste, was er tat, umfasste er mit einen Händen Marias Arme und hielt sie mit fest.
Maria blickte ihn mit großen Augen an, er war so nah. Ihre Lippen näherten sich und sie versanken in der Süße ihres zweiten Kusses.
* * *
Mrs. Potter blickte durch die Tür und lächelte, als sie sah, das die beiden sich küssten. Sie ließ ihnen Zeit, ihre Gefühle zu gießen. Erst nach einiger Zeit kam sie in das Zimmer und klopfte dabei leise an den Türrahmen.
Maria war sehr erleichtert, als sie nicht schimpfte, sondern sie nur an die Uhrzeit erinnerte. Diesmal hatte Maria auch das Protokoll vergessen, denn dazu hätte Paul sie loslassen müssen und das wollte in dem Augenblick keiner von beiden.
Dann war es aber doch Paul, der die Umarmung von sich aus löste, denn er spürte schon ein leichtes schlechtes Gewissen. Aber immerhin hatten sie ja auch eifrig Mathe gelernt. Beide blickten sich sehr verliebt in die Augen und Maria war es am ganzen Körper anzusehen, wie gern sie Paul auch umarmt hätte. Doch der Handschuh unterband dies zuverlässig.
»Ich muss dann Sport machen.« Marias Stimme klang etwas zitternd und es schien ihr gar nicht recht zu sein, dass sie jetzt getrennt wurden. Doch da war die Nähe von Mrs. Potter, die in der Tür stand.
Paul spürte, das der zärtliche Moment mit Maria vorbei war. Er hatte ihn sehr genossen. Jetzt schien Maria wieder in ihre alte Rolle zurück zu fallen. Ihr Blick wurde wieder etwas ruhiger.
»Ihr macht am besten Morgen gleich nach der Schule weiter« Mrs. Potter war ernsthaft bemüht, ihnen die Trennung leichter zu machen. Doch als Paul in Marias auf einmal sehr erschrockenes Gesicht blickte, war er etwas erstaunt.
Maria schien den Vorschlag ihrer Erzieherin nicht gut zu finden. Es war für ihn gut zu sehen, dass Maria einen Kampf mit sich selber führte. Es schien, als traute sie sich nicht, ihrer Erzieherin entgegen zu treten.
Mrs. Potter wusste natürlich genau, worum es Maria ging, doch da musste ihr Schützling durch, das musste sie lernen zu ertragen. Sie wandte sich noch mal an Paul. »Wenn Du Morgen Lust und Zeit hast, dann könntest Du uns auf einem Spaziergang begleiten.«
Paul war sehr davon angetan, ihn freute der Gedanke, auch einmal ohne Mathematik mit Maria zusammen zu sein. Er schaute zu Mrs. Potter herüber und bedankte sich für die Einladung.
Maria schien es nicht mehr auszuhalten. »Nein, das will ich nicht. Nicht wenn ich meine Stiefel trage.«
Mrs. Potter und Paul drehten sich beide erstaunt zu Maria hin. Ihre Erzieherin blickte sie sehr streng an und fragte süffisant: »Liebe Maria, wolltet ihr etwas sagen?«
Maria hatte schon ihren Mund aufgemacht und wollte loslegen, da sah sie in das auf einmal sehr strenge Gesicht ihrer Erzieherin und sofort wusste sie, dass es sehr unklug wäre, wenn sie jetzt etwas sagen würde. Diesen Blick kannte sie mehr als genug, und meistens bedeutete er ein paar Extra-Runden in ihrer »Folter-Kammer«. Doch das wollte Maria sich heute auf keinen Fall einhandeln.
Paul sah, wie bei Maria eine Träne die Wange hinunter lief. Er hätte sie gern getröstet, doch Mrs. Potter griff ein. »Jetzt solltest Du Dich von Paul verabschieden, er möchte gehen.«
Wieder war zu sehen, dass Maria mit ihren gefangenen Armen zuckte. Es schien sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Wieder musste ihre Erzieherin ihr helfen. »Du möchtest ihm vielleicht einen Abschiedskuss geben.« Sie drehte sich extra auffällig weg.
Paul stand auf seinem Platz wie festgeschraubt, so seltsam kam ihm das Ganze vor und ehe er sich versah, stand Maria vor ihm und blickte ihm in die Augen.
Ohne dass er wirklich wusste, was er tat, legte er wieder seine Arme um Maria und zog sie an sich heran. Maria schaute ihn verliebt an und flüsterte leise. »Dann bis Morgen.«
Paul sagte ebenfalls etwas und gleich darauf versanken sie in einem kurzen, aber sehr intensiven Kuss.
Mrs. Potter blickte heimlich ab und zu zu ihnen hinüber und als sie der Meinung war, sie hätte ihnen genug Zeit gelassen, räusperte sie sich. »Paul möchte dann gehen.«
Das war natürlich ein charmant ausgesprochener Befehl und Paul spürte dies auch deutlich. Er ließ Maria los und noch einmal tauschten sie intensive Blicke aus.
Mrs. Potter kam auf Paul zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er drehte sich um und ging in Richtung Tür, nicht ohne noch einmal zu Maria zu blicken und ihr zu zuwinken. Maria hätte auch gern gewunken. Ihre Arme zuckten auf ihrem Rücken, festgehalten von dem weißen Leder. So schenkte sie ihm noch einmal ein wunderschön verliebtes Lächeln.
* * *
»Na wie war die Nachhilfe?« Seine Oma war sichtlich neugierig.
Paul bemühte sich ruhig zu werden. Er war noch sichtlich bewegt von dieser so seltsamen Nachhilfestunde. »Maria ...« begann Paul. Da fiel ihm erst auf, dass er gar nicht wusste, was er zuerst sagen sollte.
Seine Großmutter wusste, welche Fragen sie stellen musste. »Ihr habt Euch wieder geküsst?«
Paul wollte sich rechtfertigen. »Nach der Nachhilfe.« Er wurde aber trotzdem rot dabei.
Selma war sensibel genug, um zu spüren, dass ihn noch etwas bewegte. »Du möchtest mir noch etwas erzählen?«
Ihr Enkel war dankbar für diese Frage. »Ja, das war alles so seltsam. Maria konnte ihre Arme nicht benutzen.« Er beschrieb die merkwürdige weiße Lederhülle.
Selma hörte sich den Bericht an, dann nickte sie verständig. »Maria hat einen Monohandschuh getragen.« Sie schien kurz nachzudenken. »Die drei Töchter mussten so etwas auch tragen. Gab es bei Maria auch über der Brust gekreuzte Riemen?«
Vor Erstaunen stand Paul der Mund auf. »Woher weißt Du das?«
«Das gehört zu dem Monohandschuh dazu«, erklärte sie ihm. »Die Riemen sorgen dafür, das der Handschuh nicht die Arme herunter rutschen kann.«
Paul erinnerte sich daran, das Maria so etwas ähnliches gesagt hatte. Er wollte es genauer wissen. »Maria hat gesagt, sie müsse etwas trainieren. Weißt Du, was sie da gemacht hat?.«
Statt einer Antwort stellte seine Großmutter wieder eine Frage: »Du hast Maria doch in den Armen gehalten. Hast Du da so etwas wie ein Korsett gespürt?«
Obwohl Paul jede Sekunde mit Maria genossen hatte, war ihm so etwas nicht aufgefallen. »Darauf habe ich nicht geachtet.«
»Trug Maria hohe Absätze?«
In seinen Gedanken ging Paul noch einmal das Bild durch, welches er sich von Maria mitgenommen hatte. Ihm fiel ein, das sie ja noch die Stiefel aus der Schule trug, und die hatten Absätze. Er beschrieb sie seiner Oma.
Diese nickte wissend. »Ich würde mal vermuten, das Maria ein Korsett-Training macht. Der Monohandschuh ist dann nur ein Hilfsmittel dafür.«
Paul war sichtlich interessiert. Bisher wusste er über Korsetts so gut wie gar nichts. Er blickte seine Oma neugierig an, aber er wusste nicht, welche Fragen er stellen sollte.
Selma beschrieb ihm die Wirkung der einzelnen Bestandteile des Trainings. »Der Monohandschuh hilft vor allem, den Brustkorb zu weiten, weil mit dem Korsett eine Bauchatmung nicht mehr möglich ist.« Sie machte eine Pause, weil sie Paul Zeit zum Nachdenken geben wollte.
»Das Atmen geht auch leichter, wenn Maria ganz gerade steht. Dabei helfen hohe Absätze, denn dann streckt sich der Körper, und der Bauch wird kleiner.« In Gedanken sah Paul die zierliche Figur von Maria vor sich. »Die Schultern werden zurückgenommen und geben der Brust mehr Raum.«
Paul schaute seine Oma total erstaunt an. Doch sie war noch nicht fertig: »Und das Korsett hebt auch die Brüste und bewirkt auch ein schönes Dekolleté, welches die Männer sehr gern mögen.« Paul wurde rot.
* * *
Kalt strahlte des Neonlicht von der Decke. Aus dem kleinen Kellerfenster drang nur wenig zusätzliches Tageslicht in den Raum. Ein starker Hauch von Schweiß und Anstrengung lag in der Luft.
In dem Raum standen verschiedene Sportgeräte. Eine Laufband, ein Trimm-Fahrrad, diverse Maschinen zum Gewicht-Heben, ja sogar eine Kniebeuge-Maschine - alle standen in dem kleinen Raum. Auffällig waren bei fast allen Maschinen die Erweiterungen, die man auf den zweiten Blick entdecken konnte. Bei jeder Maschine stand eine Art Zählmaschine dabei und fast überall dort, wo man normalerweise die Geräte anfaßt, waren kleine Lederriemen angebracht, teilweise verliefen unauffällig Drähte von den Zählern zu den Riemen.
Auch eine Rudermaschine stand in dem Raum, und von dort kamen die einzigen Geräusche, die in dem Raum zu hören waren. Am Lautesten war die Maschine selbst, wenn die Ruder bewegt wurden. Ein rhythmisches Knistern von Plastik war etwas leiser zu hören.
Dazu kam Marias Stöhnen, welches mit jedem Ruderschlag lauter wurde. Der Schweiß lief ihr in Strömen durch das Gesicht. Sie hätte gern gewusst, wie weit sie schon war, doch sie konnte die Zähler vor lauter Schweiß nicht mehr ablesen. Sie konnte sich die Augen auch nicht auswischen, denn ihre Hände wurden mit den Riemen an den Rudern festgehalten. Immer heftiger waren ihre Bewegungen. Fast konnte man meinen, sie würde vor einem Seemonster davon rudern wollen.
Endlich machte es »Klick« und die Riemen an den Händen sprangen auf. Maria merkte dies in ihrem Schwung erst gar nicht. Erst als die Rudermaschine gebremst wurde, nahm sie ihre Hände von den Stangen und konnte sich endlich die Augen frei wischen.
Maria blickte sofort auf die kleine Uhr an der Wand und dachte zuerst an einen Fehler, denn so schnell war sie noch nie fertig gewesen. Sie nahm sich das bereitliegende Handtuch und trocknete sich ihren Kopf etwas ab. Dann stand sie auf. Überall an ihrem Körper klebte das Plastik ihres Schwitzanzuges, und sie freute sich schon sehr auf ihre Dusche. Auch ihr Sportkorsett saß diesmal besonders locker. Sie fühlte kaum etwas von den Korsettstangen, und um ihre Taille spürte sie nur das Plastik ihres Trainingsanzugs.
Mit sehr glücklichem Gesicht ging sie in das Nachbarzimmer, wo Mrs. Potter schon wartete. Auch sie schaute sofort auf die Uhr, als sie ihren Schützling verschwitzt auf sich zu kommen sah. »Oh, Du bist heute aber früh fertig.«
Maria lächelte erschöpft, aber glücklich. Sie war noch sichtlich außer Atem. »Ja, ich habe mich heute extra in die Riemen gelegt.« Sie grinsten beide über das gelungene Wortspiel.
In diesem Moment war es nur ein Ritual, doch auch hier ließen sich beide in das Protokoll fallen. Maria stellte sich gerade vor ihre Erzieherin hin und wartete immer noch leicht keuchend. Mrs. Potter nahm diese Geste zur Kenntnis, aber wartete noch einige Zeit, bis sich der Atem der Sportlerin weiter beruhigt hatte. Dann kam der übliche Satz: »Nun Maria, was wünscht ihr?«
Marias Augen funkelten heute besonders als sie jetzt ihren Kopf hob und ihre Erzieherin ansah. »Würden Sie mich bitte aus meinem Korsett heraus lassen, ich möchte gern duschen.«
Auf dem kleinen Tisch lag das große Schlüsselbund, welches Mrs. Potter jetzt langsam zur Hand nahm. Während sie nach dem richtig Schlüssel suchte, überlegte Maria total fasziniert, dass alle dieser Schlüssel zu ihr gehörten. Sie selbst hätte nicht gewusst, welcher der vielen Schlüssel für welches Schloss war. Diesen Überblick hatte nur ihre Erzieherin.
Sie wartete geduldig, bis Mrs. Potter ihr das Sport-Korsett geöffnet hatte, dann bedankte sie sich und ging ruhigen Schrittes nach oben in Richtung Bad. Nur noch das Plastik ihres Anzugs knisterte etwas.
Mrs. Potter nahm indessen ein kleines Buch zur Hand und ging dann zu einzelnen Sportmaschinen. Bei jeder der Maschinen blieb sie stehen und notierte den Zählerstand. Sie öffnete das Fenster, dann machte sie das Licht aus und ging ebenfalls nach oben.
* * *
Sie hatte sich ein Handtuch um den Körper geschlungen, ein weiteres trug sie wie ein Turban auf dem Kopf. Maria betrat ihr Ankleidezimmer und öffnete den begehbaren Schrank. Sie ging zu den Fächern mit der Freizeitkleidung und nahm sich ihre Abendjacke und einen dazu passenden Rock heraus.
Sie legte sich die Sachen über den Arm und wollte gerade in ihr Fernsehzimmer gehen, als ihr ihre Erzieherin über den Weg lief. Mrs. Potter erkannte sofort, was Maria sich aus dem Schrank herausgenommen hatte, deswegen musste sie die Pläne ihres Schützlings ändern.
»Heute ist Euer Nacht-Korsett aus der Reinigung gekommen und das müssen wir ganz neu schnüren. Das wird lange dauern.« Sie sprach nicht aus, dass Maria heute keinen Fernseh-Abend bekommen würde, das verstand sich auch so.
Maria freute sich, denn obwohl es sehr streng war, trug sie dieses Korsett gern. Sie verließ den Raum und brachte ihre Abendkleidung wieder zurück in den Schrank.
Dann ging sie durch die kleine Tür in ihr Schlafzimmer, wo Mrs. Potter schon dabei war, den großen Karton mit dem Korsett auf zumachen und es auszupacken.
Zu anderen Gelegenheiten musste Maria sich immer bitten lassen, doch heute schien sie glänzende Laune zu haben. Sie nahm die Hängefesseln aus der kleinen Kommode und brachte sie an dem Trapez an. Sie probierte den Sitz der Lederriemen aus und als sie damit zufrieden war, stellte sie das Trapez auf die richtige Höhe ein.
Mrs. Potter war damit beschäftigt, die vielen Korsettschnüre zu sortieren und blickte nur nebenbei auf die Aktivitäten ihres Schützlings. Diesmal schien Maria wirklich alles selber machen zu wollen.
Maria hatte sich die kleine Fußbank unter das Trapez gestellt und probierte noch einmal die Höhe aus. Sie stellte das Trapez etwas höher und war dann mit ihren Vorbereitungen zufrieden. Sie stellte sich auf die kleine Fußbank und überlegte noch einmal kurz, ob sie an alles gedacht hätte. Sie würde sich in die Hängefesseln hinein hängen, dann ihren Körper etwas hochziehen und mit den Füßen die kleine Bank, auf der sie bisher stand, wegstoßen. Der Effekt würde dann sein, dass sie nur noch von ihren Handgelenken gehalten wurde und somit ergab sich, dass sie sich selbst aus dieser Stellung nicht mehr befreien konnte.
Diese Haltung war wichtig, damit Mrs. Potter das Korsett richtig zuschnüren konnte. Maria holte noch einmal tief Luft, dann spannte sie ihre Arme an, damit ihre Beine entlastet wurden. Sie schaute nach unten und stieß mit dem Fuß die kleine Bank weg. So hing sie bereit für das Korsett.
Mrs. Potter wartete noch einen Moment, bis sich der Atmen von Maria wieder beruhigt hatte, dann nahm sie die große schwere Lederhülle und trat auf Maria zu. Sie hielt ihr als erstes das Beinteil hin und Maria blickte nach unten, als sie ihre Füße in das Beinteil steckte. Sie musste ihre Füße wie bei ihren Ballett-Stunden strecken und konnte sie dann in das gepolsterte Fußteil des Korsetts stecken. Es war wie ein Ballett-Stiefel gearbeitet und es wäre Maria sogar möglich gewesen, damit zu stehen. Doch dieses Korsett hatte sie bis auf die Anproben bisher immer nur in der Nacht im Liegen getragen.
Mrs. Potter legte ihr als nächstes den oberen Teil um ihre Schulter und sicherte es mit zwei zusätzlichen Riemen über die Schultern, die das Korsett solange festhalten würden, bis es komplett geschnürt war.
Um die Zeit zu überbrücken, die sie erfahrungsgemäß mit dem Schnüren verbringen mussten, begann Mrs. Potter, Maria nach ihrem Tag zu fragen.
Maria nutze diese Zeit auch gern, um von den Tageserlebnissen zu erzählen. Oft genug hatte wieder von den anderen Mädchen zu erzählen, die sie auf dem Schulhof mal wieder geärgert hatten, doch diesmal gab es nur ein Thema: Paul. Wie einer besten Freundin erzählte Maria von den ersten gemeinsamen Erlebnissen und den schönen Küssen. Gleichzeitig spürte sie, wie Mrs. Potter es immer strenger zusammenschnürte.
»Ich glaube, ihr braucht bald ein neues Korsett.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang fast etwas verwundert. »Ich glaube, ich könnte Euch heute die Schnürung komplett schließen. Seit ihr bereit dazu?«
Maria fand es in Ordnung, dass sie gefragt wurde, auch wenn ihr klar war, dass ihre Antwort nur ´Ja´ lauten konnte. Immerhin erfüllte es sie mit Stolz, dass sie jetzt endlich komplett in dieses so superstrenge Korsett geschnürt werden konnte. Wenn die Schnürung geschlossen sein würde, dann war es Maria nicht mehr möglich, auch nur irgendetwas außer ihrer Arme und ihres Kopfes zu bewegen. Der restliche Körper war in dieses Monsterkorsett eingesperrt.
Immer weiter kam Mrs. Potter mit der Schnürung und Maria spürte mit Wohlwollen, wie es diesmal besonders streng geschnürt wurde. Sie begann neben ihren Erzählungen vom Tag leise zu stöhnen.
Als jedoch das Stöhnen überhand nahm, kam von Mrs. Potter doch die recht ernst gemeinte Frage, ob Maria einen Knebel haben wollte. Dies erinnerte Maria erst einmal daran, sie nicht so gehen zu lassen. Wenn sie sich sonst auch an die Knebel gewöhnt hatte, beim Korsettschnüren wären die einfach nur lästig. Außerdem erzählte sie viel lieber von Paul.
»So, fertig.« Mrs. Potter legte die Lederabdeckungen über die Schnürungen und ließ das kleine Schloss in Marias Nacken einrasten, dann trat sie zu der Kurbel des Trapezes und begann Maria herunter zu lassen.
Nur weil das Trapez gleich neben dem Bett angebracht war, war es für Maria trotz ihren jetzt sehr hilflosen Körpers leicht, ins Bett zu kommen.
Allerdings war selbst das alleine völlig unmöglich, denn jetzt steckte ihr ganzer Körper vom Hals bis zu den Zehenspitzen in dem Korsettmonster und wurde von dem Leder und den langen Korsettstangen unnachgiebig festgehalten.
Mrs. Potter ließ Maria noch einige Zeit neben dem Bett stehen. Maria konnte sich an dem großen Kopfende festhalten und gewöhnte sich etwas an die neuen Gefühle.
Derweil holte Mrs. Potter die Haube aus der Nachttischschublade. Maria stöhnte leise, als sie sah, dass es die ganz strenge Ausführung war. ´Ist das Korsett denn nicht schon streng genug?´ dachte sie, doch sie wusste ja, dass sie gestern eine Freinacht hatte und dass sie den gestrigen Tag nachzuholen hatte.
Mrs. Potter hatte auch den Mundschutz heraus gelegt. Maria schluckte. Wenn sie schon die Haube nicht mochte, dieses Ding hasste sie. Dabei war es noch einer ihrer bequemsten Gegenstände aus dem Schönheitsprogramm, denn sie konnte den Schutz einfach zwischen die Zähne nehmen und musste dabei nur aufpassen, dass ihre Zunge auch Platz fand in dem Hohlraum, welches des Plastikteil frei ließ. So konnte sie ihren Mund fast ganz schließen und war so recht bequem für die Nacht versorgt. Natürlich hätte sie den Mund öffnen können, um den Mundschutz wieder heraus zu nehmen, wenn da nicht gleich danach ihre Haube um den Kopf geschnürt werden würde.
Maria besaß mehrere solcher Masken, einige davon ließen Augen und Nase frei. Bei manchen waren nur noch die Nasenlöcher frei. Heute hatte Mrs. Potter die ganz strenge Maske herausgelegt. Den Mund öffnen konnte sie damit natürlich auch nicht mehr.
Obwohl Maria eigentlich schon total hilflos war, nahm Mrs. Potter sie noch in die Pflicht, was das Anlegen ihrer Nachtgegenstände betraf. Sie reichte ihr diesen vermaledeiten Mundschutz, den Maria nun wirklich nicht mochte.
Maria seufzte. Sie hatte schon gelernt, dass es wenig Sinn hatte, sich dagegen aufzulehnen. So würde sie eben gleich stumm wie ein Fisch sein. Sie schloss ihre Augen und mit Todesverachtung öffnete sie ihren Mund, schob sich langsam den Mundschutz hinein, und nachdem ihre Zunge den für sie vorgesehenen Platz gefunden hatte, schloss Maria langsam ihren Mund. Sie machte die Augen auf und blickte Mrs. Potter wortlos an.
Mrs. Potter fragte noch einmal ob alles in Ordnung war, und Maria nickte noch einmal leicht. Dabei lief ihr eine Träne die Wange hinunter. Dies ignorierte Mrs. Potter und zog ihr die strenge Haube über den Kopf. Dann begann sie die Schnürung am Hinterkopf zu schließen, und immer enger legte sich die Maske um Marias Kopf.
Maria musste ja zugeben, dass diese Haube sehr bequem war. Wenn sie richtig geschlossen war, dann fühlte es sich an wie ihre zweite Haut. Doch von ihren Sinnen konnte Maria danach nicht mehr viele benutzen. Die Augen waren durch die Maske verschlossen, über den Ohren waren noch einmal extra Polster, die sämtliche Geräusche abdämpften. Reden konnte sie nicht mehr, weil die Maske das Öffnen des Mundes verhinderte. Und natürlich hätte sie den Mundschutz nicht mehr herausnehmen können. Lediglich Fühlen mit den Händen und Riechen waren Maria geblieben und sie dachte mit Schaudern an die Samstag Nacht, wenn es noch viel strenger sein würde. Mit einem kleinen Schauer spürte sie, wie Mrs. Potter die Abdeckung über die Schnürung legte, und wie auch hier das kleine Schloss mit einem fühlbaren Klicken einrastete. Nun war sie wieder vollständig gefangen.
Nur sehr gedämpft hörte Maria die Stimme ihrer Erzieherin, die ihr jetzt erklärte, dass sie sie auf das Bett legen würde. Nur schwach spürte Maria die Berührungen und wieder erschauerte Maria, weil ihr hier wieder einmal bewusst wurde, wie streng ihr Nachtkorsett doch war.
Dass sie von Mrs. Potter noch zugedeckt wurde, spürte Maria nur, weil sie mit ihren Händen noch tasten konnte. Samstag Nacht würde das auch nicht mehr möglich sein.
»Gute Nacht mein Schatz.«, Maria hörte die Stimme ihrer Erzieherin nur ganz leise und nur ganz schwach spürte sie den Gutenachtkuß auf ihrer Stirn.
Maria wollte ebenfalls ein »Gute Nacht.« sagen, aber zu hören war davon nur ein Brummen.
Mrs. Potter blickte noch einmal liebevoll auf Marias Bett, machte dann das Licht aus und verließ das Zimmer.
Maria freute sich auf die kommenden Tage. Sie dachte an Paul und seine zärtlichen Küsse sowie an die Samstag Nacht, wenn es für sie so richtig streng werden sollte.
5. RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:43

Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Mrs. Potter wählte die Nummer, die mit den vielen Nullen begann und wartete, bis die Verbindung in die USA hergestellt war. Die Sekretärin war dran. Als diese die Stimme von Mrs. Potter hörte, wusste sie schon, was zu tun war und Marias Erzieherin musste nur noch kurz warten.
»Frederike hier«, meldete sich Marias Mutter. »Was gibt es neues?« Innerlich verdrehte Mrs. Potter die Augen. Immer diese Hetze. Doch dann begann sie ihrer Auftraggeberin von den Ereignissen der Woche zu berichten.
»Die schulischen Leistungen sind in Ordnung. Das Abitur wird sie sicher bestehen. Nur Mathe ist ein Problem.« Das war, das wussten beide, nicht wirklich etwas neues. »Doch jetzt hat sie einen neuen Nachhilfe-Lehrer und ich glaube sogar, zwischen den Beiden hat es gefunkt.«
Frederike Beller freute sich für ihre Tochter, denn sie wusste, das es für Maria nicht einfach war, einen Freund zu finden. Und dass sie jetzt hoffentlich sogar ihre Liebe gefunden hatte, war doppelt schön. Natürlich musste Frederike sich auch eingestehen, das ihr die Liebe ihrer Tochter auch bestens in ihr Konzept passte. So könnte der Plan doch noch aufgehen.
Mrs. Potter blickte auf ihre Notizen, dann bemühte sie sich, eine möglichst kurze, aber umfassende Beschreibung von Paul zu geben. Sie berichtete über seine Art, sein Wesen und vor allem den sehr guten Einfluss auf Maria.
Marias Mutter wurde immer nervöser. »Passt unser Programm oder müssen wir da etwas anpassen?«
Mrs. Potter versuchte Ruhe auszustrahlen. »Das passt so, denke ich. Wir werden ihn wie vorgesehen integrieren.«
»Wie viel weiß er schon?«, fragte die Mutter.
»Nur das Äußere.« Die Erzieherin berichtete, dass Paul Marias Monohandschuh bei der Nachhilfe gesehen hatte und das Paul darauf sehr gut reagiert hatte.
»Müssen wir dann ihren Tagesablauf nicht doch anpassen?« Frederike war skeptisch.
Mrs. Potter war dagegen. »Nein, er soll sich daran anpassen. Das wird dann gleich seine erste Prüfung.«
Marias Mutter fragte nach weiteren Ereignissen. Erst fiel der Erzieherin nichts wichtiges ein, doch dann musste sie daran denken, wie sie Maria eben ins Bett gebracht hatte. »Das große ganz lange Bett-Korsett konnte ich heute ganz zuschnüren.«
»Oh, das ist sehr schön.« Marias Mutter war von der Nachricht sehr angetan. »Dann bekommt sie in den Ferien gleich ein Neues angemessen.«
Sie sprach es nicht aus, aber sie dachte daran, wie schwer es dann für Maria in den Sommerferien werden würde, wenn ihre Tochter sie besuchen kommen würde. Sie beschloss, ihr deswegen davon noch nichts zu sagen, um ihr die Vorfreude nicht zu verderben.
Mrs. Potter fragte nach dem nächsten Termin für den Anruf. Frederike schlug vor, das Marias Erzieherin am Samstag wieder berichten sollte. Die Verabschiedung war kurz und nüchtern.
Mrs. Potter schaute danach noch einmal kurz zu Maria ins Zimmer hinein. Der leichte Atem zeigte an, dass Maria schon eingeschlafen war.
* * *
Stolz lag das große Schloss auf dem Hügel, beschienen von der untergehenden, schon fast rot leuchtenden Abendsonne. Die Strahlen warfen einen letzten sonnigen Gruß durch die hohen Fenster in den festlich geschmückten barocken Ballsaal. Drinnen funkelte das Sonnenlicht mit dem Licht der Kronleuchter und den Tausenden von Kerzen um die Wette.
Die Musiker spielten seichte Stücke zur Unterhaltung. Alle warteten auf die Befreiung der Debütantinnen, mit denen die Prinzen den Ball eröffneten. Bis dahin blieb die Tanzfläche leer.
Es lag eine gewisse Spannung im Raum. Es war für jede Debütantin eine große Ehre, hier an ihrem Pfeiler stehen zu dürfen und auf ihren Prinzen zu warten. Besonders aufregend war es, wenn der Zeremonienmeister ihre Handgelenke mit den goldenen Schlössern an die Pfeiler schloss. Und jede von ihnen fragte sich, ob ihr Prinz sie wohl wieder befreien würde. Den Schlüssel dazu bekamen sie vom Zeremonienmeister um den Hals gehängt.
Maria blickte auf die kleine Erhörung am anderen Ende des Saales. Dort standen die Elevinnen in ihren festlichen Kleidern. Von dort durften sie den ganzen Abend dem Treiben auf dem Ball zusehen. Es sah sehr hübsch aus, wie sie da abwechselnd in Weiß und in Rosa vor den kleinen Säulen standen.
Als besonderes Detail trugen diesmal die Mädchen mit weißem Kleid einen rosa Monohandschuh und die mit dem rosa Kleid einen in Weiß. Die Kleider gingen bis zum Boden und so war nicht zu sehen, warum sie sich nicht von ihrem Platz entfernen konnte. So war es leichter, den ganzen Abend dort oben stehen zu müssen. Maria wurde rot, wenn sie daran dachte.
Die Elevinnen waren aber auch sichtbar an ihren Platz gebunden. Die Spitze des Monohandschuhs war mit einem goldenen Schloss mit der Säule verbunden. Jede der Elevinnen wusste, dass sie im nächsten Jahr nicht mehr auf dieser Empore stehen würde. Stattdessen würde sie unten im Saal auf den Prinzen warten dürfen.
Maria hatte sich schon oft darauf gefreut. Jedes Mal hatte sie sich auf ihren Prinzen gefreut, doch stets war sie eine der wenigen, die nicht befreit wurden.
* * *
Die Prinzen kamen. Einer nach dem anderen kamen sie in den Saal und gingen zielstrebig auf ihre Prinzessinnen zu. Der Brauch wollte es, das jeder Prinz ein kleines Blumenbouquet mitbrachte, um es der Dame seines Herzen vor dem Ball zu überreichen. Dabei fragten die Prinzen gemäß eines alten Rituals nach dem Schlüssel zum Herz der Prinzessin. Nur selten vergaben die Angebeteten mal einen Korb, fast immer bedankte sich die Debütantin brav mit einem Knicks und wurde vom Prinzen von der Säule befreit. Ein paar wenige sehr mutige wagten auch einen ganz kurzen Dankeschön-Kuss.
Die Säulen leerten sich immer weiter, zurück blieben stets nur die kleinen goldenen Schlösser. Nur noch Maria stand an ihrer Säule. Sie seufzte. Bisher hatte sie noch kein Prinz nach ihrem Schlüssel gefragt. Sie blieb jedes Mal an der Säule stehen und hatte bisher von dort dem Treiben auf dem Ball zu sehen müssen.
Doch auf einmal klopfte ihr Herz laut, noch bevor sie überhaupt ahnen konnte warum. Es kam doch noch ein Prinz in den Saal. Paul!
Marias Herz klopfte richtig wild und sie war fast atemlos, als Paul auf sie zu kam und ihr den kleinen Blumenstrauß reichte. Dabei sprach er die Worte, die Maria hören wollte: »Gebt Ihr mir den Schlüssel zu Eurem Herzen?«
Sie konnte nicht antworten, sondern blickte ihn nur voller Liebe an und nickte. Pauls Hände zitterten leicht, als er den Schlüssel von der kleinen Ketten nahm. Er öffnete die Schlösser und befreite Maria von der Säule. Sie wäre ihm liebend gern um den Hals gefallen, doch erstens geziemte sich so ein Verhalten für eine Prinzessin nicht und zweitens konnte sie im Moment gar nicht über ihre Arme verfügen, weil diese von dem Monohandschuh auf ihrem Rücken festgehalten wurden.
Sehr gern ließ sie sich in den Arm nehmen und auf die Tanzfläche führen, wo die anderen schon tanzten. Sie blickten sich verliebt in die Augen und begannen sich auch zu der Musik im Kreis zu drehen.
Mrs. Potter stand am Rand der Tanzfläche und es schien, als riefe sie Maria etwas zu. Sie tanzten langsam zu ihr herüber und jetzt verstand Maria die Worte ihrer Erzieherin.
»Maria, ihr müsst aufwachen«, war ihre Stimme zu hören.
* * *
Mrs. Potter blickte mit Sorge auf Marias im Nacht-Korsett verpackten Körper. Ihr Schützling war ziemlich unruhig. Sie beeilte sich, das Schloss zu öffnen und die Haube aufzuschnüren, denn sie spürte, das heute etwas anders als sonst war. Andererseits hatte Maria nicht das Notsignal benutzt, also konnte es nicht wirklich etwas schlimmes sein.
Trotzdem war die Erzieherin besorgt und brauchte auch nicht lange, bis sie Maria die Haube vom Kopf genommen hatte. Sie blickte in Marias Gesicht und zu ihrer Erleichterung sah Maria zwar aufgewühlt, aber glücklich aus. Maria schlug die Augen auf. Mrs. Potter nahm ihr den Mundschutz aus dem Mund und legte den Knebel auf die kleine Schale auf dem Nachttisch.
Maria blickte ihre Erzieherin verliebt an. »Ich habe wunderbar geträumt.«
Ohne das sie es zeigte, war Mrs. Potter erleichtert, dass Maria nach dieser schon ziemlich strengen Nacht so leicht und munter aufwachte. Sie spekulierte: »Du warst wieder auf dem Ball?«
Maria bestätigte dies mit ihrem Blick. »Paul hat mich zum Tanzen geholt.« Sie erzählte von ihrem Traum, der diesmal ganz anders endete.
»Das ist ja wunderschön.« Mrs. Potter war sehr erleichtert und begann das strenge Nachtkorsett zu öffnen. Doch es war ihr etwas aufgefallen und da wollte sie nachhaken.
»Du sagtest, das Du diesmal an der Säule standest.«
Maria bestätigte dies.
»Und als in Pauls Armen lagst, trugst Du einen Monohandschuh?«
Maria schien in Gedanken ihren Traum noch einmal nachzuträumen. Dann blickte sie ihre Erzieherin erstaunt an. »Ja, Ihr habt Recht. So war es. Seltsam.«
Mrs. Potter nahm dies als ein sehr gutes Zeichen. Maria hatte ihren Handschuh mit Paul in Verbindung gebracht. Bisher lief es sehr gut.
Maria wartete geduldig, bis ihr Korsett soweit geöffnet war, dass sie aufstehen konnte. Doch wie sonst auch, fiel sie gleich wieder in ihre Rolle und wartete auf die Erlaubnis, ins Bad gehen zu dürfen.
Mrs. Potter schickte sie schließlich zum Duschen und während der Zeit legte sie Marias besondere Unterwäsche sowie die dazugehörigen Schlösser bereit.
* * *
Der heiße Kakao duftete schon auf dem Tisch, als Maria in die Küche kam. Sie war schon fertig für die Schule angezogen. Aus dem Schrank nahm sie sich eine kleine Schale und füllte sie sich mit Müsli und Milch, dann setzte sie sich an den Tisch und begann ihr Frühstück.
»Ich habe mit Eurer Mutter telefoniert und ihr von Paul erzählt«, berichtete Mrs. Potter.
Maria zuckte etwas zusammen, denn sie hatte wegen Paul schon ein etwas schlechtes Gewissen. »Sie freut sich für Euch.«
Maria schaute ihre Erzieherin ungläubig an. Sie hätte nicht im Traum damit gerechnet. »Ja ist sie denn nicht dagegen?«
Mrs. Potter blickte mit liebevoller Strenge auf ihren Schützling. »Nein, sie hat nichts dagegen.« Sie machte eine Pause. »Unter einer großen Bedingung.«
Maria seufzte.
»Es bleibt alles beim alten, was Euer Programm betrifft.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang ziemlich bestimmt.
Maria schien nachzudenken. Dann runzelte sie ihre Stirn. »Das komplette Programm?« Sie schien sich Sorgen zu machen.
Mrs. Potter schien zu ahnen, welche Gedanken ihr wohl gerade durch den Kopf gingen. Das wollte sie allerdings nicht und deswegen versuchte sie abzulenken. »Ihr müsst gleich zur Schule.«
Maria blickte auf die Uhr und begann etwas schneller zu essen.
Was würde Paul wohl machen? Ob er auch frühstückte? Sie war sehr erleichtert über Pauls bisherige Reaktionen. Aber sie fragte sich auch, wie er wohl über ihr Programm denken würde.
* * *
Oft genug fand Paul es lästig, wenn seine Oma auf dem morgendlichen Frühstück bestand. Doch heute war er recht dankbar darüber. Er war froh jemand zu haben, mit dem er über Maria reden konnte. Mit seiner Mutter hätte er das wohl nicht machen können.
»Sie gefällt Dir sehr.« Selma reichte ein Blick in Pauls Gesicht, um Bescheid zu wissen.
Paul grinste. »Ja!« Mehr schafft er im ersten Moment nicht zu sagen. Doch dann nahm er sich allen Mut zusammen, um es sich vor allem selber einzugestehen. »Aber ihre Erzieherin macht mir etwas Angst. Sie ist so streng, diese Mrs. Potter.«
Pauls Oma dachte über das nach, was ihr Enkel bisher erzählt hatte. Eine gewisse Ähnlichkeit war schon zu erkennen zu der Erziehung der Grafentöchter, die sie kennen gelernt hatte, als sie beim Grafen im Schloß als Dienerin gearbeitet hatte. Sie blieb bei ihrem Rat, er solle sich so benehmen, wie er es gelernt hatte.
Sein Frühstück hatte er diesmal komplett aufgegessen. Nur im Unterbewusstsein wusste er, das er bald nach dem Frühstück wieder Marias Erzieherin begegnen würde und so versuchte er, das etwas hinauszuzögern.
Doch auch seine Oma achtete darauf, das Paul nicht zu spät zur Schule kam. Sie trieb ihn an und nötigte ihn noch, die Regenjacke mitzunehmen. Für den heutigen Tag waren Gewitter angesagt.
Er packte sich die Jacke in den Ranzen und ging zur Tür. »Heute habe ich wieder Nachmittagsunterricht,« fiel ihm im letzten Moment ein. »Ich werde in der Schule essen.« Seine Oma war stets verärgert, wenn er ihr nicht Bescheid gesagt hatte. Er verabschiedete sich und trat nach draußen. Er bog um die Ecke und voller Freude sah er, dass Maria gerade auf den Bürgersteig trat. Seine Miene verfinsterte sich allerdings etwas, als er Mrs. Potter entdeckte, die gleich hinter seiner Angebeteten her kam.
Es lag an Marias sehr kleinen Schritten, dass er sie sehr schnell eingeholt hatte. Doch auch diesmal war nicht zu erkennen, warum Maria nur so kleine Schritte machte. Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, wurden seine Schritte auch langsamer, je näher er Mrs. Potter kam.
Er wollte eigentlich hinter den Beiden bleiben, doch als Mrs. Potter stehen blieb und sich direkt ihm zu wandte, hatte Paul keine andere Wahl mehr, als Beide zu begrüßen.
Es war wie gestern beim Abschied, Mrs. Potter gab ihm mit einem kräftigen Händedruck die Hand, während Maria, die auch stehen geblieben war und sich umgedreht hatte, nur ein schüchternes »Hallo Paul« heraus brachte. Sie gingen schweigend weiter.
Vor der Schule wünschte Mrs. Potter den Beiden einen schönen Tag, dann drehte sie sich um und ging diesmal mit schnellerem Schritt wieder zurück. Paul und Maria gingen schweigend über den Schulhof und betraten schließlich ihre Klasse.
* * *
Nach den beiden Stunden am Nachmittag gingen Paul und Maria zusammen zu Mrs. Potter, die am Tor schon auf sie wartete. Es fiel der Erzieherin auf, dass sich etwas ereignet haben musste. Sie fragte auch gleich danach.
»Wir schreiben nächsten Freitag eine wichtige Mathearbeit«, Marias Stimme klang sehr aufgeregt. »Und deswegen müssen wir unbedingt noch lernen.«
Im Prinzip war es Mrs. Potter ja recht, dass Maria mehr Zeit mit Paul verbringen würde. Doch gleichzeitig durfte ihr Schützling auch ihr normales Programm nicht vernachlässigen.
Mrs. Potter überlegte kurz. »Wie wäre es, wenn ihr gleich heute während Eures Ballett-Trainings etwas lernen würdet?«
Paul sah, das Maria diese Idee nicht so gut fand, doch sie wagte nicht, ihrer Erzieherin zu widersprechen.
»Am besten, Paul kommt gleich mit zu uns. Geht das, Paul?« Dem war das mehr als Recht. Er genoss jede freie Minute, die er mehr in Marias Gegenwart verbringen konnte.
Wie immer gingen sie recht langsam den kurzen Weg zu Marias Haus und Paul fragte sich dabei immer häufiger, ob Maria keine größeren Schritte machen konnte oder ob da etwas anderes dahinterstecken würde. Sie betraten das große Haus.
Mrs. Potter verschwand sofort, während Paul neben Maria wartete.
Maria hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Sie holt die Schlüssel für das Cape.« Dabei blickte sie etwas an sich herunter.
Paul folgte dem Blick und es fiel ihm auf, das der obere Verschluss des Capes tatsächlich ein Schlüsselloch hatte. Der Verschluss war außerdem so gearbeitet, das er gleichzeitig auch den Anfasser des Reißverschlusses mit verschloss.
Paul bekam eine Gänsehaut. Maria war in das Cape regelrecht eingesperrt.
Mrs. Potter kam mit dem großen Schlüsselbund zurück. Den richtigen Schlüssel hatte sie anscheinend schon gefunden, denn sie ging direkt auf Maria zu und steckte einen Schlüssel in das kleine Schlüsselloch. Es machte kurz ein leises Klick und Paul sah, wie das Schloss aufsprang. Jetzt konnte Mrs. Potter den langen Reißverschluss öffnen und Maria aus dem Cape helfen.
Ihr Schützling machte kurz einen Knicks und ging dann mit vorsichtigen Schritten zu einer kleinen Kommode, vor der auch ein kleiner Hocker stand. Sie machte die Schublade auf und nahm ein kleines Schlüsselbund heraus.
Dann schien sie zu warten. Ab und zu blickte sie fragend zu ihrer Erzieherin hinüber, die noch recht umständlich damit beschäftigt war, das Cape zusammenzulegen. Erst als sie damit fertig war, richtete sie ihren Blick auf Maria und schien ihr zuzunicken.
Erst jetzt setzte Maria sich auf den kleinen Hocker. Paul war sehr erstaunt. Maria hatte anscheinend auf die Erlaubnis zum Hinsetzen gewartet. Er nahm sich vor, seine Oma danach zu fragen.
Mittlerweile war Maria damit beschäftigt, sich mit einem der Schlüssel ein Schloss an ihrem Stiefel zu öffnen. Paul überlegte, warum ihm das bisher nicht aufgefallen war, doch dann fiel ihm ein, das Marias Rock dies bisher verdeckt hatte.
Nachdem sie sich bei beiden Stiefeln die Schlösser abgemacht hatte, legte sie diese mit dem Schlüssel auf die Kommode und konnte sich jetzt den Reißverschluss öffnen. Sie zog sich die Stiefel aus und stellte sie ordentlich in die Kommode.
Dann schien Maria zu warten. Paul fiel so nebenbei auf, das Maria anscheinend Strümpfe oder eine Strumpfhose trug. Soviel war davon zumindest zu sehen.
Mrs. Potter kam zurück und stellte Maria wortlos ein Paar äußerst seltsame Stiefel hin.
Paul hatte so etwas noch nie gesehen und er war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt Stiefel waren. Immerhin hatte Maria ihren Fuß hineingesteckt und begann jetzt den Schaft des Stiefels bis unter das Knie zuzuschnüren.
Sie bemerkte Pauls ziemlich ratlosen Blick und versuchte ihm es erklären: »Das sind meine Ballett-Stiefel. Das muss ich auch einmal die Woche trainieren.«
Jetzt begann Paul zu verstehen, in was Maria sich das gerade hineinzwängte. Die Stiefel bewirkten, das Maria wie beim Ballett-Tanz quasi auf Zehenspitzen unterwegs sein würden.
Sie sah Paul fragenden Blick und wollte ihm deswegen noch etwas mehr mitteilen. »Ich hatte früher Ballett-Unterricht. Ich bin das gewöhnt und will nicht aus der Übung kommen.«
Paul wusste nun gar nicht mehr, was er davon halten sollte. Er schaute ganz fasziniert zu, wie Maria sich die Stiefel anzog.
Maria hatte sich oben am Stiefelschaft eine schöne Schleife gebunden und Paul dachte schon, das sie damit fertig wäre. Doch zu seiner Überraschung nahm sie aus der Schublade zwei andere Schlösser und fädelte diese so in die Schleife ein, dass sie die Schleife nicht mehr öffnen könnte, wenn das Schloss eingeschnappt sein würde.
Maria kontrollierte die Qualität ihrer Schnürung noch mal, zog hier und da noch mal die Schüre nach, dann ließ sie die Schlösser zuschnappen und zog darüber die Schleife fest.
Paul stockte der Atem. Sie hatte sich eben selber in diese sehr seltsamen Stiefel eingesperrt.
Maria sah Pauls sehr verwunderten Blick und Maria hatte das Gefühl, sich etwas erklären zu müssen. »Ich möchte nicht in Versuchung kommen, die Stiefel ausziehen zu können beim Spaziergang.« Sie griff noch einmal in die Schublade. »Hier sind die Schlüssel.« Sie hielt wieder das Schlüsselbund hoch.
Paul war trotzdem sprachlos.
Maria hielt sich an der Kommode fest und versuchte langsam aufzustehen. »Zu Beginn bin ich immer etwas wackelig,« versuchte sie verlegen zu erklären.
Paul sah, dass sie recht hatte. Sie sah recht unsicher aus, wie sie auf den Stiefeln unterwegs war.
Ohne dass es zu bemerken gewesen wäre, stand Mrs. Potter im Raum. Sie wandte sich diesmal direkt an Paul. »Maria braucht in diesen Stiefel immer eine Hilfe. Am besten ist es, wenn Du Deinen Arm um sie legst.«
Im ersten Moment war es der Respekt vor Mrs. Potter, der Paul zögern ließ, doch dann begriff er, welche Nähe er zu Maria bekommen würde und ziemlich schüchtern legte er den Arm um Maria.
Seine Freundin brauchte die Hilfe auch gleich, denn Mrs. Potter wollte als erstes kontrollieren, ob Maria sich die Stiefel auch wirklich richtig angezogen hatte. Maria hob dabei ein Bein etwas hoch und zeigte ihr den zugeschnürten Stiefel.
Paul spürte ziemlich deutlich, wie wackelig Maria dabei stand und er war sehr bemüht, ihr den richtigen Halt zu geben. Paul war erstaunt, als Mrs. Potter die Qualität von Marias Stiefelschnürung wirklich zu kontrollieren schien. Zuerst hatte Maria das eine Bein gehoben, dann das andere. Dabei spürte Paul, dass sie sich wirklich auf seinen Hilfe verließ und Paul war sehr bemüht, ihr tatsächlich den Halt zu bieten, den sie suchte.
Nachdem sie sich von der Qualität von Marias Arbeit überzeugt hatte, wandte sie sich wieder Paul zu. »Hilfst Du bitte Maria bei der Treppe und bringst sie ins Arbeitszimmer. Ich hole Marias Handschuh und komme dann nach.«Sie hatte es wie eine Bitte formuliert, doch Paul empfand es eher als einen Befehl, dem er auf jeden Fall zu folgen hatte.
Er fühlte sich mehr als überrumpelt. Erst als Maria leise »Komm, lass uns gehen.« flüsterte, riss er sich zusammen und war bemüht, Maria eine Hilfe zu sein. Bis zur Treppe kamen beide gut voran. Doch dann bremste Maria. »Langsam.«
Obwohl er nicht wusste, warum das so war, merkte Paul, das Maria wirklich nicht viel Beinfreiheit hatte. Mit sehr viel Mühe schaffte Maria es, ihr Bein so weit zu heben, dass sie ihren Fuß oder besser die Fußspitze auf die erste Stufe stellen konnte.
Irgendwie instinktiv spürte Paul, dass er jetzt auch eine Stufe hinauf gehen Musste. Maria keuchte etwas, als sie von ihm mit hochgeschoben wurde, doch zu ihrer beider Freude standen sie dann auf der nächsten Stufe.
Paul fragte leise: »So geht es, oder?«
Statt einer Antwort spürte Paul, dass Maria gleich zur nächsten Stufe drängte. Wieder keuchte sie, als sie versuchte, die nächste Stufe zu erreichen.
* * *
Paul hatte vor lauter Aufmerksamkeit gar keine Zeit, die Nähe von Maria zu genießen, als sie jetzt mühsam Stufe für Stufe die Treppe hochkämpften. Paul fragte sich schon, was Maria hier auf sich nahm und auch warum, doch ihm fehlte der Mut, sich danach zu erkundigen.
Auf der obersten Stufe angekommen waren beide ziemlich erleichtert. Der Weg ins Marias Arbeitszimmer war jetzt nur noch eine Kleinigkeit. Allerdings hatte Paul Maria noch nicht wieder losgelassen. Er genoss ihre Nähe.
Und Maria hatte ihn auch nicht darum gebeten.
Erst als Paul die Schritte von Marias Erzieherin auf dem Korridor hörte, lockerte er die Umarmung.
Mrs. Potter kam in den Raum und Paul sah, das sie eine ziemlich seltsame weiße Ledertüte mit vielen Riemen daran in der Hand hielt. Maria sah die Lederhülle, löste sich von Paul und legte ihre Arme auf den Rücken. Dabei lagen die Handinnenflächen aufeinander wie bei einem Gebet.
Paul sah sehr fasziniert zu. Er sah, wie Marias Augen glänzten.
* * *
»Was möchtet ihr denn trinken?« Die Frage von Mrs. Potter zerriss die geheimnisvolle Spannung. Sie blickte zunächst Paul an, der erst nach einem kleinen Augenblick in der Lage war zu antworten.
»Ein Wasser bitte«
Dann blickte die Erzieherin Maria fragend an und diese schloß sich dem Wunsch von Paul an. Dabei nahm sie ihre Arme langsam wieder nach vorn.
Mrs. Potter legte den Handschuh und das große Schlüsselbund auf den Schreibtisch, dann ging sie wieder aus dem Zimmer. Dabei sagte sie, das sie jetzt die Getränke holen würde. Und sie bat Maria, sie sollte ihren Handschuh schon einmal vorbereiten.
Maria nahm sich zunächst das Schlüsselbund in die Hand und suchte daran nach einem bestimmten Schlüssel. Als sie den gefunden hatte, nahm sie den Handschuh vom Schreibtisch und begann, die einzelnen Schlösser zu öffnen.
Sie sah Pauls fragenden Blick und antwortete auf die Frage, die er noch gar nicht gestellt hatte. »Die Schlösser bräuchte es eigentlich gar nicht. Aus dem Handschuh käme ich auch so nie heraus, wenn er richtig geschnürt ist.« Sie machte eine Pause. »Aber meine Mutter wollte das so haben.« Sie zuckte mit den Schultern.
Jetzt wurde Paul etwas unruhig, denn er hatte endlich erkannt, was Maria da machte und vor allem was sie da in den Händen hielt.
Nach den Schlössern öffnete sie noch die verschiedenen Riemen, die an dem Handschuh angebracht waren. Wieder lächelte sie. »Der absolute Overkill, diese Riemen bräuchte es auch nicht. Die Schnürung allein ist schon streng genug.«
Paul verstand die Bedeutung dieser Worte noch nicht, aber er wagte auch nicht, sie danach zu fragen.
Maria öffnete die Schleife der langen Schnürung und zog diese an der Öffnung etwas auseinander. Dann legte sie den Handschuh wieder sehr sorgfältig auf den Schreibtisch und sortierte auch noch die einzelnen Riemen so, dass es wirklich ordentlich aussah. Dann schien sie fertig zu sein, denn sie nahm wieder die alte Haltung ein.
Paul hatte ihr sehr fasziniert zugesehen. Jetzt hatte er den Handschuh, den Maria gestern so seltsam getragen hatte, auch wieder erkannt.
* * *
Maria wurde langsam unruhig. Wo blieb bloß ihre Erzieherin bloß mit den Getränken? Sie musste ihr noch den Handschuh anlegen und dann wollten sie noch ausführlich Mathe lernen. Wegen der Mathematik-Arbeit nächsten Freitag.
Doch Mrs. Potter war noch nicht wiedergekommen.
Maria wurde sichtlich nervös. Sie trippelte leicht auf der Stelle und blickte immer häufiger zur Tür.
Wieder dachte Paul an das Naheliegende. »Vielleicht kann ich Dir dabei helfen?«
Maria schüttelte erst den Kopf, doch dann schien sie nachzudenken. ´Warum eigentlich nicht´, dachte sie bei sich.
Sie hatte das Gefühl, Paul erklären zu müssen, auf was er achten sollte. »Ich werde meine Arme auf den Rücken legen und dann musst Du mir den Handschuh von unten über die Arme schieben.« Sie nahm den Handschuh wieder in die Hand und versuchte es ihm zu zeigen, in dem sie einen Arm hineinsteckte. »So etwa.«
Sie reichte Paul den Handschuh und legte danach ihre Arme auf den Rücken.
Paul musste sich erst mal orientieren. »Die Schnürung gehört wohin?«
Maria drehte sich noch mal zu ihm um. »Die muss von mir weg zeigen, nach hinten.« Dann nahm sie wieder die alte Stellung ein.
Ganz vorsichtig begann Paul jetzt Maria die Hülle über die Arme zu schieben.
Mrs. Potter war ganz leise an die Tür geschlichen und beobachtete voller Freude, wie sich die Beiden mit dem Handschuh abmühten.
Maria beschrieb ihm, das er jetzt den einen der langen Riemen nehmen sollte. »Den bitte erst unter der Achsel durch, unter dem Hals entlang über die andere Schulter und dann bitte am Handschuh festmachen.«
Jetzt erkannte Paul die Riemen, die er gestern schon an Marias Handschuh gesehen hatte und deswegen fiel es ihm jetzt leicht, ihren Angaben zu folgen.
Er versuchte mitzudenken, und als er den anderen langen Riemen sah, fragte er, »diesen Riemen genauso?« Er wartete Marias Antwort gar nicht ab, sondern zog ihn auf die selbe Weise über die andere Schulter und machte diesen ebenfalls am Handschuh fest.
Mrs. Potter war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Sie nahm das Tablett mit den Getränken wieder in die Hand und ging leise in das Zimmer. Paul und Maria waren beide so beschäftigt, das sie die Erzieherin nicht bemerkten. Sie freute sich, dass ihr kleiner Plan aufgegangen. Doch jetzt wollte sie die Kontrolle wieder übernehmen.
»Lass es ruhig etwas lockerer, das kannst Du später noch fester machen.« sprach sie Paul direkt an.
Marias Freund zuckte zusammen. Er hatte sich richtig erschreckt, als die Erzieherin auf einmal neben ihm stand.
Sie bemerkte sein schlechtes Gewissen, doch das war in diesem Moment unwichtig. »Mach ruhig weiter,« ermunterte sie ihn. »Oder willst Du erst mal zusehen?«
Paul war letzteres viel lieber. Er hatte sowieso das Gefühl, schon viel zu weit gegangen zu sein. Seine Stimme zitterte ziemlich. »Ich... Ich will erst mal zusehen...«
Mrs. Potter stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und trat dann hinter Maria. Sie begutachtete Pauls bisherige Arbeit und begann wie bei einem Korsett die Schnürung von Marias Handschuh fest zuziehen.
Paul sah, das Maria ziemlich damit kämpfte, auf ihren wackeligen Stiefeln nicht umzukippen. Als Marias Körper einmal besonders stark schwankte, streckte Paul seinen Arm aus und hielt Maria kurz an der Schulter fest.
Mrs. Potter blickte zu ihm hin und Paul war schon dabei, seinen Arm wieder zurückzuziehen, als er von Marias Erzieherin angehalten wurde. »Halte Maria ruhig fest. Sie steht nicht besonders sicher auf ihren Stiefeln.«
Maria drehte ihren Kopf zu Paul und blickte ihn liebevoll und dankbar an.
Mrs. Potter hatte mittlerweile den Handschuh so gut wie vollständig geschlossen. Sie war jetzt dabei, die einzelnen Schnüre soweit nachzuziehen, dass der Handschuh um Marias Arme wirklich vollständig geschlossen war und sich ihre Ellbogen berührten.
»Paul, kannst Du mir mal eines der Schlösser reichen?«
Paul griff mit der noch freien Hand auf den Schreibtisch nach einem der Schlösser und reichte es Mrs. Potter hinüber. Kurz darauf hörte Paul dieses typische metallische Klicken und er bekam eine Gänsehaut bei dem Wissen, das Maria so streng in den Handschuh eingesperrt wurde.
»Jetzt kannst Du wieder weiter machen.« Mrs. Potter hatte es wie ein Angebot formuliert, doch wieder verstand Paul es als einen Befehl.
Er trat neben die Erzieherin und blickte sie fragend an. Er hätte allerdings kein Wort herausbekommen.
»Hier, die drei Riemen kannst Du schließen und das Schloss dran machen.« Mrs. Potter zeigte auf die Riemen an Marias Handgelenken, sowie unterhalb der Ellenbogen und am oberen Rand des Handschuhs. »Jeweils ins vorletzte Loch.«
Maria stöhnte ganz leise. Doch das war ihrer Erzieherin nicht entgangen. »Das ist nicht zu eng, ihr könnt das tragen.«
Pauls Finger zitterten, als er jetzt versuchte, die Riemen an den Handgelenken zu schließen. Erst beim dritten Versuch konnte er den Riemen durch die Schnalle ziehen. Er musste etwas kräftiger ziehen um bis in das vorletzte Loch zu kommen, doch er ließ es sofort wieder los, als er merkte, wie fest er da ziehen musste Er flüsterte: »Muss das wirklich so streng zugezogen werden?«
Maria drehte ihren Kopf etwas nach hinten und flüsterte genauso. »Das ist schon richtig so. Ich halte das aus.« Eine Menge Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
Mrs. Potter hatte das Flüstern wohl gehört, aber das ließ sie sich nicht anmerken.
Paul zog den Riemen noch einmal fest durch die Schnalle durch und fixierte ihn dann im vorletzten Loch. Er nahm eines der verbliebenen Schlösser und verriegelte den Riemen, wie es von Marias Erzieherin verlangt war. Das Gleiche machte er mit den beiden anderen Riemen, so dass Marias Arme wirklich sicher verpackt waren.
Mrs. Potter blickte anerkennend. »Jetzt kannst Du die Schulterriemen noch etwas enger ziehen. Vorletztes Loch müsste auch dort gehen.«
Maria gab sich Mühe, keine sichtbare Reaktion zu zeigen.
Paul war jetzt schon etwas sicherer, was das Hantieren an Marias Handschuh betraf.
Nachdem Mrs. Potter auch diese Schlösser kontrolliert hatte, schaute sie auf die Uhr, nahm sie ein kleines Notizbuch zur Hand und machte eine Eintragung.
Paul blickte bewundernd an Maria herunter und herauf. »Du siehst wirklich toll aus.« Aus seiner Stimme klang echte Bewunderung.
Maria lächelte beschämt. Dann ging ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Ich habe meinen Handschuh noch nie selber gehen.« Sie drehte ihren Kopf herum, als wollte sie hinter sich schauen, aber sie schaffte das natürlich nicht.
Mrs. Potter kam der plötzliche Anfall von Eitelkeit sehr gelegen und ihr war auch gleich die Lösung dafür eingefallen. »Geht doch ins Ankleidezimmer! Dort gibt es den großen Spiegel am Schrank und den Spiegel auf Rollen bringe ich Euch.«
Maria blickte Paul an und mit einem auffordernden Lächeln fragte sie ihn »Hilfst Du mir?«
Paul war in diesem Moment sehr schüchtern und suchte erst den Blick von Mrs. Potter. Erst als diese ihm wohlwollend zunickte, legte er seinen Arm um Maria und vorsichtig gingen sie in Richtung Tür.
Maria dirigierte ihn in die Richtung ihres Ankleidezimmers, er öffnete die Tür und sie traten ein.
Maria ging langsam vor den Spiegel und stellte sich vorsichtig seitlich davor, so dass sie sich im Profil sehen konnte. »Ja, soviel habe ich immer schon gesehen. Ich bin sehr gespannt, wie es von hinten aussieht.«
Mrs. Potter rollte den großen Spiegel herein. Sie stellte den Spiegel hinter Maria auf und richtete ihn so aus, das Maria den richtigen Blick hatte.
Maria blickte voller Faszination auf ihre verpackten Arme und war sichtlich davon angetan. Sie ließ ihre Arme ein wenig hin und her pendeln und beobachtete sich dabei im Spiegel. Sie war sichtlich stolz. »So etwas kann ich tragen. Und er ist wirklich ganz geschlossen.«
Paul hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. »Das sieht toll aus.«
Sie blickte ihn sehr verliebt und stolz an. »Danke.«
Mrs. Potter tat es zwar etwas weh, aber sie musste die romantische Stimmung unterbrechen und Maria und Paul an die Nachhilfe erinnern.
Maria suchte Pauls Blick. Dann fragte sie leise. »Hilfst Du mir wieder?«
Mrs. Potter runzelte die Stirn, aber sagte nichts. Es war eigentlich nicht in ihrem Sinne. Maria sollte lernen, von allein sicher auf den Ballett-Stiefeln zu stehen. Aber da dies eine sehr große körperliche Nähe zwischen den beiden Verliebten mit sich brachte, blieb sie ruhig.
Sie gingen zusammen wieder in Marias Arbeitszimmer und blieben vor dem Schreibtisch stehen.
Paul ließ Maria wieder los und holte Marias Mathebuch. Sie begannen Mathematik zu lernen. Immerhin war für nächsten Freitag die Arbeit angekündigt.
Es fiel Paul auf, das Maria sich jetzt etwas langsamer bewegte als gestern. Natürlich leuchtete ihm ein, dass dies an diesen seltsamen Ballett-Stiefeln lag. Ab und zu griff er an Marias Schulter, um ihr zusätzlich Halt zu bieten.
Maria nahm dies dankbar. Sie genoss jede einzelne Berührung von Paul.
* * *
Auf einmal kam Mrs. Potter in den Raum. Sie hatte Marias Cape dabei, legte dies über einen Stuhl und sagte den beiden Bescheid, dass sie schon einmal voraus gehen würde. »Ihr kommt dann nach.«
Maria blickte sie zunächst erstaunt an. Dann dämmerte es ihr, das sie noch einen Moment mehr mit Paul allein sein konnte und war davon sehr angetan.
»Den Weg zu dem Pavillion kennst Du ja, oder?« Ihre Erzieherin vergewisserte sich.
Maria musste kurz nachdenken, dann konnte sie es bestätigen. Plötzlich wurde Mrs. Potter aber wieder etwas förmlicher. »Ich erwarte Euch dann also gegen halb Fünf an dem kleinen Pavillion.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Ihr wisst, was passiert, wenn ihr zu spät kommt.«
Maria zuckte zusammen und machte für einen kurzen Moment einen sehr sorgenvollen Eindruck. Sie blickte zur Uhr, dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben.
* * *
Sie machten weiter mit Mathematik, nur ab und zu warf Maria einen prüfenden Blick auf die Uhr. Schließlich schien die richtige Zeit erreicht zu sein.
Maria blickte Paul an und erinnerte ihn an den Spaziergang. »Ich glaube, wir müssen uns dann fertig machen. Mrs. Potter erwartet uns.« Der Respekt vor ihrer Erzieherin schien auch in deren Abwesenheit zu wirken. »Es ist zwar nicht sehr weit, aber ich bin nicht ganz so schnell mit diesen Stiefeln und dem Handschuh.«
Paul blickte sie bewundernd an. Es ging ihm kurz der Gedanke durch den Kopf, dass Maria jetzt noch viel langsamer wäre als normal. Er wusste allerdings nichts zu antworten. Er griff nach dem Cape und drehte es zu Maria hin. Dabei fiel ihm auf, dass ihre Augen auf einmal besonders funkelten. Er fragte sich, was das bedeuten sollte.
Maria blickte noch einmal auf die Uhr. Es schien, als müsse sie sich innerlich überwinden. Dann wandte sie sich zu Paul. »Ich würde gern noch ein weiteres Teil tragen. Aber dazu bräuchte ich Deine Hilfe.«
Paul war etwas vorsichtig. Er war zwar bis über beide Ohren verliebt, aber Maria hatte hier Sachen, die er zuvor noch nie gesehen hatte. Aber er sagte, dass er ihr helfen würde.
»Wir müssen noch einmal in mein Ankleidezimmer, dort sind die Halskorsetts.« Dabei ging sie langsam in Richtung Tür.
Paul beeilte sich, sie einzuholen und seinen Arm um sie zu legen.
Maria ließ ein leises »Danke« hören.
* * *
Paul spürte, das Maria auf einen Schrank zusteuerte, und als sie davor standen, durfte Paul ihn öffnen. Wie er es nicht anders erwartet hatte, waren in dem Schrank lauter seltsame Dinge, von denen er noch keines jemals gesehen hatte. Die meisten schienen aus Leder zu sein.
Maria beschrieb ihm, welchen Gegenstand er aus dem Schrank nehmen sollte. Er blickte ziemlich ratlos auf das feste Stück schwarzes Leder, welches er in der Hand hielt.
Maria wollte ihm helfen. »Das ist ein Halskorsett. Das musst Du mir um meinen Hals legen und dann zuschnüren.«
Paul lag das »warum« zwar auf der Zunge, aber dann schluckte er es ungesagt herunter. Er blickte etwas ratlos auf das Gebilde in seinen Händen.
»Mach die Schnur heraus, dann kannst Du es mir um den Hals legen.« Marias Augen leuchteten.
Paul sah, dass da eine Schnur daran war, wie bei den Stiefeln oder bei dem Monohandschuh. Er konnte sie recht einfach herausziehen.
Jetzt konnte er das Halskorsett auch aufbiegen. Er versuchte es Maria um den Hals zu legen und diese hob ihr Kinn, um es Paul möglichst einfach zu machen. Sie bat ihn noch, das Haar aus dem Korsett heraus zu nehmen. Paul versuchte, dabei besonders vorsichtig und zärtlich zu sein.
»Jetzt nimmst Du die Schnur und fädelst sie wieder in das Halskorsett ein.«
Paul blickte erst einmal etwas ratlos auf die Löcher in dem schwarzen Leder.
Maria gab ihm den richtigen Tipp. »Das müsste genauso gehen wie bei den Stiefeln oder beim Handschuh.«
Das war das richtige Stichwort, jetzt wusste Paul, wie erst es machen musste.
Er fädelte die Schnur in die Löcher ein und gerade als er wie bei den Schuhen die Schnur festziehen wollte, fiel ihm ein dass er da vielleicht etwas vorsichtig sein sollte. Er fragte Maria, wie fest es denn werden sollte.
Sie bat ihn, einfach einmal anzufangen und ganz langsam festzuziehen, sie würde dann sagen, wenn es fest genug wäre.
Paul zitterte etwas, als er den Anweisungen seiner Geliebten folgte. Er zog wirklich sehr langsam und vorsichtig.
Maria machte ihm stets Mut, noch weiter zu machen. Schließlich sagte sie, dass es jetzt gut wäre. »Bitte mache jetzt eine Schleife.«
Paul gab sich größte Mühe, auch eine schöne Schleife hinzubekommen. Dabei ging ihm allerdings noch einmal durch den Kopf, wie starr das Halskorsett doch war, als er es vor hin in den Händen hielt. Er fragte Maria, ob sie denn jetzt noch ihren Kopf bewegen könne.
Diese versuchte den Kopf zu bewegen und es war deutlich zu sehen, dass sie ihren Kopf nur noch minimal bewegen konnte. Sie erklärte es ihm. »Das ist so gewollt, denn ich gewöhne mich so an die richtige Kopfhaltung.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Allerdings ist dieses nur ein einfaches Halskorsett. Ich habe noch viel strengere.«
Paul musste schlucken. Doch die Seltsamkeiten sollten für Paul noch nicht aufhören.
»Geh bitte mal an die kleine Schublade und nimm dort ein Schloss heraus.« Maria musste ihren kompletten Körper drehen um ihm die Richtung zu zeigen, in der er die angesprochene Schublade finden würde.
Paul ging hin und öffnete die Lade. Lauter kleine Vorhängeschlösser lagen darin. Auf jeden war eine kleine Nummer aufgeklebt. »Egal welches?«
Marias Stimme zitterte jetzt etwas. »Ja, das ist egal. Die Schlüssel hat sie nie dabei.«
Paul kam zu ihr zurück und hielt das offene Schloss in der Hand. »Oben links und rechts oberhalb der Schnürung müssten zwei Metallösen sein. Dort muss das Schloss durch«, erklärte sie ihm und es lag ein gewisser Trotz in ihrer Stimme.
Paul war skeptisch. »Aber dann kann ich Dir das Halskorsett nicht mehr abnehmen. Wo sind denn die Schlüssel« Paul zögerte sichtlich.
Maria wollte ihren Plan weiter verfolgen. Sie blickte Paul liebevoll an und flüsterte leise. »Bitte mache es.« Sie versuchte, ihn zärtlich zu berühren.
Paul war zwar nach wie vor nicht davon überzeugt, das richtige zu tun, aber dieser so liebevoll vorgetragenen Bitte konnte er nicht widerstehen. Er nahm das Schloss und steckte es vorsichtig durch die beiden Ösen hindurch. Er fragte noch einmal: »Und Du bist Dir auch ganz sicher?«
Maria bestätigte ihm mit liebevoller Stimme noch einmal ihren Wunsch. Paul nahm all seinen Mut zusammen und drückte auf den Schloßbügel. Es machte Klick.
Maria war irgendwie erleichtert. »Danke. Dann lass uns losgehen.«
Paul sah, wie Maria jetzt ziemlich unbeholfen auf die Tür zuging. Er sah, dass sie nicht mehr vor sich auf den Boden blicken konnte. Es dauerte trotzdem einen Moment, bis Paul erkannte, dass Maria jetzt noch viel mehr Hilfe brauchte als vorher. Er ging auf sie zu und legte ihr wieder den Arm um die Schulter.
Maria war erleichtert. »Danke.« Etwas leiser fügte sie noch etwas hinzu.
Paul verstand so etwas wie »Ich werde es ihr zeigen, dass ich es kann..« Er wusste allerdings nicht, was Maria damit meinte. Und Nachfragen wollte er auch nicht.
Paul wollte mit Maria direkt auf die Treppe zugehen, doch Paul spürte, dass sie in Richtung Arbeitszimmer drängte. »Wir müssen noch mein Cape holen. Das muss ich draußen tragen.«
Wegen der Konzentration auf die recht hilflose Maria bemerkte Paul nur am Rande, das Maria ´wir´ gesagt hatte. Er freute sich trotzdem darüber.
* * *
Das Cape lag über einer Stuhllehne und Paul nahm es zur Hand. Er breitete es auseinander und erkannte recht bald, wie herum er es Maria umlegen musste. Er hängte es ihr über die Schultern und trat dann vor sie. »Jetzt muss ich den Reißverschluss zumachen?«
Maria bat ihn, es noch einmal kurz richtig zurecht zu rücken, dann durfte Paul es schließen. Seine Hände zitterten, je näher er mit dem Anfasser des Reißverschlusses in die Nähe von Marias Busen kam. Maria schien dies nicht zu bemerken.
»Jetzt musst du noch den Riegel zumachen, aber sei bitte vorsichtig, den können wir nicht wieder aufmachen. Das kann nur sie.« So wie Maria das ´sie´ betont hatte, konnte nur ihre Erzieherin damit gemeint sein.
Bei Paul bildete sich eine Gänsehaut. Er betrachtete die beiden Teile am oberen Rand des Capes und er erkannte, wie der Verschluss wohl funktionieren würde. Nur das Wissen, dass er den Schlüssel dafür nicht hatte, hielt ihn davon ab, damit herumzuspielen.
»Auf was muss ich noch achten?« fragte er mit zitternder Stimme.
Maria überlegte kurz. »Ich denke, es passt alles... Und das Cape sitzt gut. Mach es zu.« Beim letzten Satz war ihre Stimme etwas leiser.
Paul nahm die beiden Riegelteile in die Hände, steckte sie ineinander und drückte sie zusammen, bis das Schloss einschnappte.
* * *
Maria bremste Paul, als sie vorn an der Treppe standen. Paul war sehr beeindruckt von der Geschicklichkeit, mit der Maria auf der Treppe dabei war, die Stufen hinunter zu gehen. Immerhin konnte sie sie nicht sehen und sie konnte auch ihre Beine nicht besonders weit auseinander öffnen. Bei letzterem wusste Paul immer noch nicht, warum das so war. Er vermutete einen wohl recht engen Unterrock.
Die Ballett-Stiefel schienen Maria noch am wenigsten auszumachen. Mit denen kam sie sehr gut zurecht.
Schon bald konnte Paul die letzte Stufe ankündigen. Als sie unten waren, blickte ihn eine sehr glückliche und stolze Maria an.
Paul schaute auf die Uhr. Gemessen an Marias Tempo mussten sie sich jetzt etwas heranhalten.
* * *
Sie hatten den Eingang des Parks erreicht. Und da Maria den Weg bis dahin in einem für ihre Verhältnisse sehr schnellen Tempo geschafft hatten, konnten sie sich jetzt sogar etwas Zeit lassen.
Paul versuchte, jetzt wo sie sich nicht mehr so sehr auf Weg und Verkehr konzentrieren mussten, ein Gespräch zu beginnen. Er fragte nach Marias Mutter.
»Meine Mutter lebt in den USA« , erklärte Maria, »sie leitet dort eine Klinik.« Es war ein gewisser Stolz in Marias Stimme zu hören.
»Dann seht ihr euch wohl nicht oft?« fragte Paul interessiert.
Maria seufzte etwas, »Nein, wenn überhaupt, dann nur in den Ferien.«
Ein wenig Mitleid empfand Paul schon für seine Freundin.
Mit ein wenig Begeisterung in der Stimme ergänzte Maria. »In den Sommerferien werde ich sie besuchen.«
Dies gab Paul einen kleinen Stich, denn dann könnte er nicht mit Maria zusammen sein. Insgeheim hatte er sich so etwas schon ausgemalt.
Paul genoss es sehr, hier neben Maria her gehen zu dürfen und dabei ihren sehr hilflosen Körper zu bewachen. Er wollte ihr ein Kompliment machen. »Du bist sehr gut in der Schule.«
Maria war ehrlich erfreut. »Danke. Wenn bloß Mathe nicht wäre...« Sie seufzte. »Aber Mrs. Potter sorgt dafür, dass ich immer gut lerne.«
Paul fühlte die Gegenwart von Marias Erzieherin auch in deren Abwesenheit. »Sie ist sehr streng.«
»Ja«, Marias Stimme klag fast etwas trotzig, »dafür wird sie von meiner Mutter bezahlt.«
Paul spürte, dass er nicht weiter fragen sollte, obwohl er gern mehr gewusst hätte. Er überlegte, was er sonst noch fragen könnte. »Spielst Du auch ein Instrument?«
»Ja, ich spiele Querflöte. Ich habe Übermorgen im Park einen Auftritt. Magst Du nicht kommen?«
Paul nahm das Angebot gern an.
Hätten Paul und Maria einmal zum Himmel aufgesehen, dann hätten sie die dunklen Wolken gesehen, die jetzt aufzogen.
Auf einmal klang Marias Stimme ziemlich entsetzt: »Oh nein, was ist denn das?«
Paul verstand erst einmal nicht, was seine Freundin so erschreckte. Sie standen vor einer großen Steintreppe. Paul hatte die Treppe kurz angesehen und sah in ihr kein Problem. Die würde er leicht hochkommen. Doch dann erst fiel ihm ein, das Maria mit den hohen Stufen deutlich mehr Probleme haben würde.
Doch das war es nicht, was Maria so erschreckt hatte. Sie machte ihn darauf aufmerksam, dass der Weg neben der Treppe gesperrt war. Mitten auf dem Weg klaffte ein tiefes Loch. Anscheinend wurden hier irgendwelche Reparaturen an den verlegten Rohren durchgeführt.
»Ich gehe sonst immer diesen Weg hoch.« Ihre Stimme klang ziemlich verzweifelt. »Die Stufen schaffe ich doch nicht.«
Fast unbewusst sah Paul auf die Uhr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit und er wollte auf keinen Fall, dass Maria wegen ihm Ärger bekommen würde. Er löste seinen Arm aus der Umarmung und ging ein paar Schritte auf die Baustelle zu, um vielleicht einen Weg um sie herum zu finden. Er hatte mit einem schnellen Blick erkannt, dass ihnen nur die Treppe blieb. Langsam drehte er sich, um Maria dies mitzuteilen.
Im Nachhinein wusste Paul gar nicht mehr, warum er so gehandelt hatte. Es war einfach ein Reflex gewesen. Maria war mit ihrem Stiefel an einer etwas hochstehenden Bodenplatte hängen geblieben und hatte versucht, mit schnellen Schritten nach vorn ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Paul sah mit Entsetzen, dass sie genau auf einen unordentlichen Stapel scharfkantiger Steinplatten zusteuerte.
Zuerst dachte er, dass sie die doch sehen müsste, dann fiel ihm ihr Halskorsett wieder ein. Sie konnte es nicht sehen.
Es lief wie in Zeitlupe. Paul ging mit schnellen Schritte auf Maria zu, doch er kam zu spät, Maria war bereits in den Plattenstapel hineingelaufen. Sie begann nach vornüber zu kippen. Paul konnte sie gerade noch auffangen.
* * *
Maria lag in Pauls Armen und beide versuchten sich von dem Schreck zu erholen.
Paul brachte als erstes wieder ein Wort heraus. »Das war knapp.«
Maria war auch ziemlich bewegt. Sie brachte zunächst kein Wort heraus.
Paul blickte etwas ratlos. »Was machen wir jetzt?«
Maria ergriff die Initiative. »Lass uns zu der Treppe gehen. Ich probiere es.«
Er legte Maria wieder den Arm um die Schulter und dann gingen sie für Marias Verhältnisse relativ schnell zu der Treppe. Maria stand vor der ersten Stufe und versuchte ihr Bein hochzuheben, um auf die nächste Stufe zu kommen. Doch wie es zu erwarten war, sie schaffte nicht einmal die Höhe einer halben Stufe. Weiter konnte sie ihre Beine nicht hochheben.
»Was trägst Du auch so seltsame Sachen.« Paul hatte nicht wirklich nachgedacht, als er das sagte.
Maria nahm es mit dem nötigen Humor auf. »Sei froh, das ich nicht den ganz strengen Rock trage.«
Paul wollte in diesem Moment allerdings gar nicht wissen, was da noch strenger sein konnte. Er blickte wieder auf die Uhr und seufzte. Dann sah er wieder die Treppe hoch. Zwei mal acht dieser großen Stufen.
Maria kam die richtige Idee. »Kannst Du mich da hinauf heben?«
Er versuchte mitzudenken. »Lass uns in der Nähe vom Geländer bleiben.«
Maria begann sofort loszutrippeln und Paul ging ihr hinter her. Zusammen standen sie vor der ersten Stufe.
Paul legte seine Arme um Maria und versuchte sie hochzuheben. Er schaffte es zwar, Maria hoch genug zu heben, doch sie standen noch zu weit von der ersten Stufe entfernt. Maria schaffte es so noch nicht.
Der Wind hatte stark zu genommen, doch dies nahmen die beiden nicht wahr.
Paul war jetzt direkt neben die Stufe getreten und Maria hatte sich zu ihm hingedreht. Er hob Maria noch einmal an und diesmal war Maria nahe genug, dass sie ihre Stiefel auf die erste Stufe stellen konnte.
Sie blickten sich erfreut an.
Maria war ziemlich erleichtert. »So geht es.«
Sie hatten einen Weg gefunden.
Paul trat ebenfalls auf die erste Stufe. Er fasste wieder zu und hob Maria an. Diesmal ging es schon etwas flüssiger.
Nach der vierten Stufe war Maria schon etwas erleichtert. »Ein Viertel haben wir schon.«
Wenn man in die Gesichter der Beiden blickte, war zu sehen, dass es für beide eine große Anstrengung war. Denn auch Maria musste sich sehr anstrengen, um nicht umzufallen und einen sicheren Stand auf den kleinen Stufen zu haben.
* * *
Beide waren schon etwas erleichtert, als sie auf der großen Zwischenstufe standen. Die Hälfte der Treppe hatten sie geschafft. Paul schaute auf seine Uhr. Er erschrak. Sie hatten sehr viel Zeit verloren. Es wurde immer knapper.
Er blickte noch einmal an Marias hilflosem Körper herunter und er überlegte kurz, dann trat er direkt auf Maria zu und blickte sie lieb an. »Lass mich etwas ausprobieren.«
Maria blickte zurück mit einer Mischung aus Neugier und Verzweiflung. Sie durften einfach nicht zu spät kommen.
Die kleinen schwarzen Punkte auf dem Boden, die von den ersten Regentropfen hinterlassen wurden, sahen beide nicht.
Er legte einen Arm um Marias Schultern, den anderen in Richtung ihrer Kniekehlen, dann versuchte er Maria hochzuheben. Ein kleiner Schreck ging durch Marias Körper.
Paul biss die Zähne zusammen. So etwas schweres hatte er schon lange nicht mehr gehoben, aber er hatte gar keine Zeit darüber nachzudenken. Er ging mit Maria auf den Armen vorsichtig auf den zweiten Treppenteil zu. Ganz vorsichtig wegen seinen kostbaren Last setzte er seinen Fuß auf die nächste Stufe und mit viel Kraftaufwand schaffte er die Stufe. Auf diese Weise kamen sie gut die nächsten Stufen hoch. Schließlich hatten sie es geschafft.
Paul stellte Maria ganz vorsichtig wieder auf den Boden und ließ sie kurz los. Maria versuchte das Vertrauen zum Boden wieder zu bekommen. Sie blickte ihn sehr dankbar an. Auch Paul war sehr erleichtert und glücklich. Sie hatten die Treppe geschafft.
Er blickte auf seine Uhr. Jetzt lagen sie wieder gut in der Zeit. In der Nähe sah er das kleine Rondell, welches als Treffpunkt ausgemacht war.
Er blickte Maria glücklich an.
Beide kamen sich näher.
Ein lauter Donner zerriss die Stille und beide zuckten vor Schreck zusammen. Gleichzeitig prasselte auf einmal der Regen sehr heftig vom Himmel.
Maria war erschreckt. »Meine Kapuze.« Ihre Stimme klang ziemlich hektisch. Paul fasste hinter Maria und hatte ihr mit einer schnellen Bewegung die Kapuze des Capes über den Kopf gezogen. Dabei musste er kurz darüber nachdenken, wie sehr hilflos Maria doch war und wie dringend sie seiner Hilfe bedurfte. Besonders, wo jetzt starker Wind aufkam und der Regen vom Himmel prasselte.
Paul hatte den Impuls unterdrückt, gleich loszulaufen, denn er musste hier bei Maria bleiben. Er konnte sie doch so nicht allein lassen, auch wenn es noch so sehr vom Himmel schüttete.
Er legte wieder seinen Arm um seine hilflose Freundin und dann gingen sie durch den Regen bis zu dem kleinen Pavillon, der nicht weit entfernt war. Paul schätze die Entfernung auf vielleicht fünfzig Meter. Doch bei dem Tempo, welches Maria nur gehen konnte, dauerte es trotzdem eine ganze Weile, bis sie endlich das schützende Dach erreicht hatten. Die zwei Stufen hatte Paul Maria einfach schnell hoch getragen. Seit der großen Treppe hatte er darin Übung.
Sie standen in dem kleinen Pavillon und waren noch dabei, wieder zu Atem zu kommen, als Paul auf einmal bei Maria eine gewisse Nervosität spürte. Er wusste zunächst nicht, warum dies so war. Er blickte sich um und erst als er die eiligen Schritte von Mrs. Potter entdeckte, ahnte er, das sie der Grund sein könnte.
»Na, das ist ein Unwetter, was?« sprach sie, als sie die beiden Stufen herauf gekommen war. Sie legte ihren großen Regenschirm zusammen und wandte sich an Paul und Maria. »Schön, das ihr es pünktlich geschafft habt.
Paul berichtete vom gesperrten Aufgang und das er deswegen Maria hochgetragen hatte. Er bekam ein Lob von Marias Erzieherin.
Paul fiel nicht auf, das Maria sich seltsam still verhielt.
Doch Mrs. Potter war dies aufgefallen, und da sie ihren Schützling genau kannte, ging sie auf Maria zu und nahm ihr die Kapuze vom Kopf.
Maria vermied es, sie anzusehen. Wobei sie das wegen des Halskorsetts auch gar nicht gekonnt hätte. Ihr schlechtes Gewissen war deutlich zu spüren.
Paul war eigentlich noch ziemlich stolz darauf, dass er es mit Maria pünktlich trotz all der Widrigkeiten zum Treffpunkt geschafft hatte.
Doch Marias Erzieherin wollte dies nicht anerkennen, denn ihr war etwas anderes viel wichtiger. »Maria, warum tragt ihr das Halskorsett?«, ihre Stimme hatte sich verändert.
Paul hatte den Stimmungswechsel noch nicht bemerkt. »Ich habe ihr dabei geholfen.« In seiner Stimme klang noch etwas Stolz.
Mrs. Potter drehte sich kurz zu Paul um und blickte ihn ärgerlich an. »Wie siehst Du überhaupt aus? Du bist ja klitschnass.«
Paul blickte an sich herunter und musste zugeben, dass sie recht hatte. Er war vom Regen völlig durchnässt.
Sie sprach im gleich Ton weiter. »Geh nach Hause und zieh Dich um. Komm bitte um sieben Uhr wieder zu uns.«
Paul wagte nicht, etwas zu erwidern. Wortwörtlich wie ein begossener Pudel ging er zögernd in den Regen zurück. Zunächst ging er ziemlich langsam, sei es aus Trotz oder weil er beleidigt war. So war er noch in Hörweite und konnte erleben, das Mrs. Potter mit Maria schimpfte.
»Maria, ich hatte euch verboten, das Halskorsett zu den Stiefeln zu tragen. Ihr wisst, wie gefährlich es ist.« Ihre Stimme klang ernsthaft böse. Maria schien etwas zu antworten, doch sie sprach sehr leise, so dass er es nicht mehr hören konnte.
»Das ist egal. Ihr habt ein Verbot missachtet. Ihr wisst, welche Strafe darauf steht.« Die Stimme ihrer Erzieherin war dagegen noch gut zu verstehen.
Paul war auf einmal entsetzt. Das hatte er nicht gewollt. Er blieb stehen und drehte sich um. Marias Gesicht sah traurig aus. Er konnte es nicht mehr so genau erkennen, aber er glaubte sogar, das Maria zu weinen schien. Dann sah er, das ihre Erzieherin sich noch einmal zu ihm umdrehte. Schnell drehte Paul sich zurück und ging selbst auch traurig die Stufen der Treppe herunter.
Er hatte auf einmal große Schuldgefühle, denn er hatte Maria ja bei diesem seltsamen Ding geholfen. Jetzt hatte er auch begriffen, was Maria wohl damit meinte, als sie gesagt hatte, das ´sie´ die Schlüssel nicht dabei hätte. Dann fiel ihm ein, das er für heute Abend bei ihnen eingeladen war. Paul hatte jetzt schon Angst davor.
Obwohl es immer noch in Strömen regnete, ging Paul mit normalen Schritte weiter. Er hatte es nicht mehr weit bis zu seinem Haus.
6. RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 30.12.13 18:44

Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar
Zum Glück war seine Oma nicht da, denn sonst hätte sie mindestens genauso geschimpft wie eben Mrs Potter.
Ihm ging durch den Kopf, das er sein Regenzeug sogar dabei gehabt hätte. Allerdings war das in seinem Ranzen und der stand neben Marias Schreibtisch.
Er zog sich seine nassen Sachen aus und sprang als erstes in die Dusche. Wieder prasselte das Wasser auf ihn, nur diesmal war die Temperatur wesentlich angenehmer. Er dachte nach über die Gefühlsschwankungen, die er heute schon erlebt hatte. Seine Verliebtheit in Marias Nähe, sein Eifer bei der Mathematik-Nachhilfe, der Schreck bei Marias Sturz, sein Stolz an der großen Treppe und schließlich sein so großes schlechtes Gewissen, weil Maria jetzt wegen ihm Ärger bekam. Das Maria ihn eigentlich ausgetrickst hatte, das kam ihm nicht in den Sinn.
Jetzt bedauerte er es, dass seine Oma nicht da war, hätte er sie doch gern nach diesen seltsamen Stiefeln gefragt. Und nach diesem seltsamen Kragen, den er Maria umgelegt hatte und der ihre Erzieherin so aufgebracht hatte.
Er blickte auf die Uhr und erkannte, dass er noch eine Stunde Zeit hatte, bis er erneut bei Maria sein würde. Die Freude darauf wurde diesmal sehr getrübt durch die Angst vor Mrs. Potter und von dem Wissen, dass er Maria vermutlich eine Strafe eingehandelt hatte.
Er wollte sich seine Schultasche nehmen und schauen, ob er vielleicht noch etwas für Morgen vorbereiten konnte. Doch dann fiel ihm ein, das diese auch bei Maria stand.
Er hätte in seinem Buch weiterlesen können. Doch er hatte Angst, dass er dann den Termin verpassen könnte und das wollte er auf gar keinen Fall riskieren. Er setzte sich etwas vor den Fernseher und schaute zu. Es lief irgendetwas. Paul war ohnehin die ganze Zeit mit seinen Gedanken bei Maria.
Was würde ihr wohl passieren? Ob er ihr wohl irgendwie dabei helfen könnte? Aber er wusste, das er sich wohl nie bewusst gegen Mrs. Potter stellen könnte. So groß war der Respekt, den sie ausstrahlte.
Paul seufzte noch einmal. Er spürte, wie seine Nervosität mit jeder Minute wuchs. Aber da war auch noch Maria, seine zarte, sehr geheimnisvolle neue Freundin.
Er zog sich seine Jacke über und machte sich auf den Weg. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen. Eine Viertelstunde zu früh drückte Paul auf den Klingelknopf an dem Tor zu Marias Haus. Nach einer Weile hörte er die strenge Stimme von Mrs. Potter. »Hallo Paul, komm herein.«
Das Tor summte und Paul drückte es auf. Mit großem Herzklopfen ging er auf das Haus zu. Je näher er kam, desto deutlicher hörte er Flötenspiel. Das musste Maria sein. Sie hatte ihm ja von ihrer Musik und dem Auftritt am Samstag erzählt.
Sie schien nur die schwierigen Stellen zu spielen, denn er hörte kein zusammenhängendes Stück. Aber es klang toll.
Die Haustür ging auf und eine recht kritisch schauende Mrs. Potter trat vor die Tür. Ein kräftiger Händedruck und die eigentlich sachliche Bemerkung: »Du bist etwas zu früh« ließen Paul zusammenzucken und bewirkten bei ihm ein schlechtes Gewissen wegen des Halskorsetts.
Er ging hinter Marias Erzieherin her in das Wohnzimmer. »Setz Dich, Paul«, sie zeigte auf das Sofa und Paul war so von ihrer Ausstrahlung beeindruckt, dass er fraglos folgte.
Sie selbst setze sich in den Sessel daneben, und sogar im Sitzen war ihre Gestalt so groß, das Paul zu ihr aufsehen musste. Er war dadurch noch eingeschüchterter.
»Paul«, sie blickte ihn mit ernster Miene an. »Es ist mir nicht entgangen, dass Du Maria offenbar sehr gern hast.«
Paul wurde rot. Eine richtige Antwort brachte er nicht zustande.
Aber die schien Mrs. Potter auch gar nicht zu interessieren. »Bitte erzähl mir, warum Du Maria das Halskorsett angelegt hast.« Ihre Stimme klang recht hart.
Paul rutschte noch tiefer in das Sofa hinein. Er stotterte. »Aber ... Maria...« In diesem Moment fragte er sich, in wie weit er lügen und damit Maria in Schutz nehmen sollte. Doch ein Blick in das Gesicht ihrer Erzieherin sagte ihm, dass er seinem Gegenüber nicht lange standhalten könnte.
Er beschloss die Wahrheit zu sagen. Er beschrieb, wie Maria ihn dazu gebracht hatte, ihr das seltsame Korsett um den Hals zu legen. »Ich wusste nicht, dass es verboten ist.«
Ihre Miene schien sich für einen kurzen Moment zu entspannen. Dann wurde sie wieder ernst. »Verboten ist es auch nur, wenn Maria gleichzeitig auch die Ballett-Stiefel trägt.«
Sie erklärte ihm die Wirkung und Paul begriff jetzt wie hilflos Maria wirklich gewesen war, als sie im Park unterwegs waren. In diesem Moment, dies spürte Mrs. Potter deutlich, war Paul trotz seiner Verliebtheit etwas irritiert, weil er erkannte, das Maria ihn ausgenutzt hatte. Sie überlegte, wie sie das zu ihren Gunsten einsetzen könnte.
»Du solltest wissen«, irgendwie klang ihre Stimme recht wichtig, »dass Maria auf ihren eigenen Wunsch hin ein ganz spezielles Training macht.«
Paul hätte gern nachgefragt, aber dies traute er sich nicht.
»Doch dieses erfordert besondere Aufmerksamkeit«, so fuhr sie fort, »denn mit vielen Dingen aus dem Programm ist Maria sehr hilflos, wenn sie sie trägt.«
Er schwieg, doch in ihm herrschte eine große Aufruhr.
»Und dann muss ihre Begleitperson sich um alles kümmern.« Sie blickte ihn noch einmal prüfend an. »Du hast das schon sehr gut gemacht.«
Paul begriff erst ziemlich spät, dass sie ihn gerade gelobt hatte. Zu groß war noch sein schlechtes Gewissen.
Doch dann sprach sie weiter. »Du musst wissen, das Maria mit den Ballett-Stiefeln einen sehr unsicheren Stand hat. Wenn sie aber dazu das Halskorsett trägt, dann kann sie nicht mehr sehen, wo sie ihre Schritte hinsetzt und kommt so sehr leicht ins Stolpern«, Paul lauschte atemlos, »und wegen dem Handschuh kann sie auch nicht ihre Arme benutzen, um das Gleichgewicht zu halten.«
Ihre Stimme wurde noch etwas ernster. »Und wenn sie dann stolpert und stürzt, dann kann sie sich nicht mehr mit den Armen abstützen. Und ihren Kopf kann sie auch nicht wegdrehen. Sie riskiert eine ernsthafte Kopfverletzung oder sogar einen Genickbruch.«
Paul durchfuhr ein eisiger Schreck, als er an die Baustelle zurückdachte.
­Ein paar große Gehsteigplatten hatten aufgetürmt im Weg gelegen. Er hatte Maria kurz losgelassen, um zu sehen, ob es einen Weg herum gebe. Als sie alleine weiter ging, war sie ins Stolpern geraten und wäre fast gestürzt, wenn Paul sie nicht im allerletzten Moment aufgefangen hätte. Erst jetzt erkannte Paul, was da alles hätte passieren können.
Ihm wurde ganz mulmig zumute, als ihm klar wurde, in welcher Gefahr Maria tatsächlich gewesen war, als sie auf die scharfkantigen Platten zu stürzen drohte. ´Nur gut´, dachte er, ´dass wir ihr davon nichts erzählt haben!´ Er war noch weiter in das Sofa gerutscht.
Bisher hatte er Marias seltsamen Kleidungszubehör nicht so ernst gesehen. Doch jetzt wurde ihm erst bewusst, welche Verantwortung Marias Nähe mit sich brachte.
Mrs. Potter sprach es auch noch einmal aus: »Bei allem ist Marias Schutz und Sicherheit alleroberste Priorität, und wenn Du weiter mit ihr zusammen sein willst, dann musst Du sie gut beschützen!«
Eines verstand Paul aber nicht. Wenn Maria das alles aus freien Stücken machte, warum wurde sie dann immer regelrecht in ihre Kleidung eingesperrt? Er dachte mit Gänsehaut an die vielen Schlösser. Er traute sich, dies als Frage zu formulieren.
»Maria nimmt an einem Forschungsprogramm teil. Deswegen ist es wichtig, dass alle Maßnahmen genau nach Vorschrift durchgeführt werden. Und abgeschlossen werden sie, damit die Testbedingungen nicht verändert werden können.«
Paul fand das ziemlich seltsam. Aber er versuchte mitzudenken. »Dann war das Halskorsett nicht vorgesehen.«
Sie blickte ihn anerkennend an. »Das hast Du richtig erkannt.« Ihre Gesichtszüge entspannten sich etwas. »Maria mag dieses Halskorsett sehr gern. Allerdings kommt es in dem Programm nicht allzu häufig vor.« Noch etwas war ihr wichtig. »Du wirst oft mit Maria allein sein wollen.«
Paul spürte, wie er rot wurde. Immerhin schaffte er es, sie bittend anzusehen.
»Dann wirst Du Dich um Marias Programm kümmern dürfen. An vielen Punkten braucht Maria Hilfe.«
Doch etwas war für ihn noch offen. Maria hatte ihn wegen des Halskorsetts ja quasi angelogen. Woher sollte er denn immer wissen, ob Maria die Wahrheit sagte?
Mrs. Potter spürte Pauls Misstrauen und versuchte dies in die richtige Richtung zu lenken. »Du solltest wissen, das Maria sehr streng erzogen wird. Sie wird heute noch für dafür bestraft werden.«
Paul war erschrocken. So hatte er das nicht gewollt.
Marias Erzieherin schien dies zu spüren. »Maria wird auch nicht wegen der kleinen Ungehorsamkeit bestraft, sondern wegen ihrem Leichtsinn und ihrer Gedankenlosigkeit.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Es gibt einen schönen Spruch, den ich Dir und Maria gerne ans Herz legen möchte: ´Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht!´«
Paul musste etwas grinsen. Jetzt war ihm schon wesentlich wohler zumute.
»Wenn ihr das immer beherzigt«, ihr Ton wurde wieder etwas wärmer, »und stets an die Sicherheit denkt, dann müsst ihr nur noch das elfte Gebot streng beachten.«
Paul schluckte. Er traute sich eigentlich kaum zu antworten, doch er musste es fragen: »Was ist denn das elfte Gebot? Ich kenne nur zehn!«
Jetzt war fast schon so etwas wie ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. »Das, mein lieber Paul, musst du schon selbst herausfinden.« Sie blickte auf die Uhr und erhob sich. »Ich muss jetzt nach Maria sehen. Sie wird sich noch umziehen und dann kommen wir wieder. Wartest Du bitte hier?«
Es klang wie eine Bitte, doch Paul verstand es trotzdem als Befehl. »Ach ja, und noch etwas. Wenn Maria kommt, zeige ihr bitte, dass Du ihr verziehen hast. Nimm sie ein bisschen in den Arm, sie fühlt sich schon schlecht genug und hat auch noch die Strafe vor sich.«
Es fiel Paul gar nicht auf, dass sie ihm gar keine Wahl gelassen hatte.
* * *
Das Flötenspiel hatte aufgehört. Paul wurde zusehend nervöser. In ihm kämpften der leichte Ärger wegen des Halskorsetts mit seiner immer stärker werdenden Liebe zu Maria. Außerdem waren da die vielen Sachen aus Marias Programm, die sie alle so sehr hilflos machten. Auch davon war Paul sehr fasziniert.
Er hörte Schritte und hielt den Atem an, als Maria langsam das Zimmer betrat.
Sie trug einen weinroten bodenlangen Rock und eine ziemlich enge Zwangsjacke aus weißen Leder. Ihre Arme schienen darin bewegungslos gefangen zu sein, denn Maria bewegte sie nicht
Dies fiel Paul sofort auf, und kurz durchfuhr ihn der Gedanke, dass Maria damit wirklich sehr anziehend aussah.
Aber er hatte gar keine Zeit, über die sehr seltsame Jacke nachzudenken, denn hinter Maria kam ihre Erzieherin in den Raum und zog die Aufmerksamkeit auf sich. »Setze Dich neben Paul auf das Sofa.« Ihre Stimme klang gerade ziemlich kalt.
Maria ging mit langsamen Schritten auf Paul zu und setzte sich gehorsam neben ihn. Beim Näherkommen hatte Paul Zeit, noch ein Detail an Maria zu entdecken. Sie trug sie ein Halsband recht locker um den Hals. Es war ein schmaler Lederriemen. Vorn unter dem Kinn war allerdings ein zirka drei bis vier Zentimeter großer Ball auf dem Lederriemen.
Es sah ziemlich seltsam aus. Paul wusste nicht, ob das nun ein Schmuck sein sollte, oder was es sonst hätte sein können. Er blickte noch auf das seltsame Gebilde und glaubte, so etwas schon einmal gesehen zu haben. Doch im Moment fiel im nicht ein, wo dies gewesen war.
Paul war durch die neuen Ereignisse sehr abgelenkt, sonst hätte er sicher gemerkt, dass Maria genauso nervös war.
Mrs. Potter ergriff die Initiative. »Paul, ich möchte, das Du Maria den Knebel anlegst.«
Paul blickte wieder auf Marias Hals und jetzt, wo die Erzieherin das Wort »Knebel« benutzt hatte, erkannte Paul diesen seltsamen Halsschmuck auch. Trotzdem blickte er Mrs. Potter ziemlich hilflos an, weil er nicht wusste, wie mit diesen Knebeln umzugehen war.
Marias Erzieherin sagte ihm, dass er die Schnalle aufmachen müsse, dann könne er Maria den Ball in den Mund stecken und die Schnalle wieder schließen. Sie legte ein kleines geöffnetes Schloss auf den Couchtisch. Paul bekam sofort eine Gänsehaut, als er es sah.
Er beugte sich zu Maria hin und mit ein wenig Geschicklichkeit hatte er die Schnalle des Knebels geöffnet. Gerade als er Maria den Ball vor den Mund halten wollte, wurde er von Mrs. Potter unterbrochen. »Doch zuvor möchte Maria dir noch etwas sagen.«. Sie blickte Maria streng und auffordernd an.
Maria drehte ihm den Kopf hin, musste einmal schwer schlucken und blickte ihn mit einer Mischung aus Liebe, Trauer und Zerknirschtheit an. »Bitte verzeih mir« Ihre Stimme war ziemlich leise.
Paul war nicht mehr zu einer Antwort fähig. Er nickte nur leicht. Sie blickte wieder zu ihrer Erzieherin. »Und jetzt lege mir bitte den Knebel an.«
Paul war total verunsichert. Er ahnte, was der Ball in Marias Mund bewirken würde. »Aber dann kannst Du doch nicht mehr reden?«
Ein klein wenig klang die Stimme von Maria schnippisch. »Ich habe heute Nachmittag schon genug gesagt.« Sie blickt ihn fast etwas trotzig an. »Bitte mach es.« Sie machte ihren Mund auf.
Seine Hände zitterten, als er Maria den Ball in den Mund steckte. Sie legte sofort ihre Lippen um den Ball und schloss die Augen. Ihr Atem ging etwas schwerer.
Mrs. Potter schaute interessiert zu und war sehr angetan davon, wie gut Paul mit dem Knebel zurecht kam. Sie bat Paul, die Riemen doch unter Marias Haaren entlang zu führen und sie nicht einzuklemmen.
Paul gab sich Mühe, der Anweisung nachzukommen.
»Und jetzt noch das Schloss.« Die Stimme von Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas leiser, doch dies fiel Paul nicht auf. Er wusste erst nicht, wie er das Schloss an dem Knebel anbringen sollte. Erst als Mrs. Potter ihm erklärte, dass er es durch das kleine Loch am Dorn stecken musste, war ihm klar, wie es ging.
Als er das kleine leise »Klick« hörte, hatte er den Eindruck, dass ein Ruck durch Marias Körper ging. Und es schien, als sei sie noch eine Spur trauriger geworden.
Mrs. Potter unterbrach die Stimmung. »Ich gehe dann mal Getränke holen. Ihr dürft es euch derweil gemütlich machen.« Letzten Satz sprach sie wie einen Befehl aus.
* * *
Er spürte sehr erfreut, wie Maria sich deutlich fühlbar an ihn kuschelte. Es hatte fast etwas von Trotz. Er überlegte, wie er seinerseits dem letzten Befehl von Marias Erzieherin nachkommen könnte. Schließlich legte er seinen Arm um Maria, wie auf dem Spaziergang. Maria legte ihren Kopf gegen seine Schulter und seufzte leicht trotz des Balles in ihrem Mund.
Paul überlegte einige Zeit, was er Maria jetzt fragen konnte. Er rang sich zu einem »Geht es Dir gut?« durch.
Maria drehte den Kopf zu ihm hin und er sah, wie der Ball in ihrem Mund dabei etwas wackelte. Sie nickte leicht.
Paul begriff jetzt erst, was der Ball in Marias Mund bewirkte. »Du kannst wirklich nicht mehr reden?«
Maria blickte ihn total verliebt an. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie musste gähnen. Es sah recht seltsam aus mit dem Ball im Mund.
So blieben sie, bis Mrs. Potter mit den Getränken zurück kam. Sie hatte drei Gläser mit Wasser auf dem Tablett, in einem der Gläser steckte ein Strohhalm.
Sie stellte Paul und sich je ein Glas hin. Das von Maria ließ sie gleich auf dem Tablett stehen. Sie bemerkte Paul fragenden Blick. Sie grinste etwas. »Maria ist eingeschlafen.«
Paul blickte an sich herunter und musste zu seinem Erstaunen feststellen, dass sie recht hatte. Maria lag in seinen Armen und schlief. Er freute sich, dass Maria mit ihrer Strafe anscheinend so gut zurechtkam.
Mrs. Potter hatte sich in den Sessel neben Paul gesetzt und kam ihm damit schon ziemlich nah. Paul bemerkte zu seinem Entsetzen, das er durch Marias Körper quasi an seinen Platz gefesselt war.
Marias Erzieherin begann das Gespräch. »Ich habe gehört, Du lebst bei Deiner Oma?«
Paul fühlte sich schon ein klein wenig in die Ecke gedrängt und er glaubte sich eher in einem Verhör als bei einer gemütlichen Gesprächsrunde. Er war bemüht, gut zu antworten, deswegen erzählte er, wie es kam, dass er nicht mehr bei den Eltern wohnte. »Sie sind fast immer auf Geschäftsreisen. Erst nur mein Vater, jetzt reist meine Mutter auch. Seitdem wohne ich bei meiner Oma.«
»Wie geht es Dir so in der Schule? Hast Du Dich schon eingewöhnt?« fragte Mrs. Potter.
»Ich komme ganz gut mit. Aber so gut wie Maria bin ich nicht.« Paul blieb bescheiden.
»Es scheint, Du kannst Mathe ganz gut?«
Paul fühlte sich geschmeichelt. »Ja, Mathematik ist mein Lieblingsfach.« In diesem Moment hatte Paul nicht das Gefühl, dass er ausgefragt wurde.
Mrs. Potter fragte unvermittelt, was Paul von Marias Gegenständen aus dem Programm hielt.
Paul musste zugeben, das er so etwas noch nie gesehen hatte. »Nur den Knebel habe ich schon einmal in einem Film gesehen.« Er machte eine kleine Pause. »Maria sieht damit sehr schön und anmutig aus. Ich finde es toll, wie gut sie damit klar kommt.«
Mrs. Potter runzelte etwas die Stirn. Doch sie sagte nichts.
»So gesehen gefällt mir ihr Programm auch gut. Nur das Lernen ist damit nicht so einfach.«
Paul erzählte noch etwas von seinen anderen Hobbies und von seiner alten Schule.
* * *
Mrs. Potter schaute auf die Uhr. »Es wird Zeit, ich muss Maria ins Bett bringen.«
Sie bemerkte Pauls fragenden Blick. »Es ist wichtig für das Programm, dass die Zeiten so gut wie möglich eingehalten werden.«
Sie stand auf. »Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten.«
»Ja, gern.« antwortete Paul, aber wie um es deutlich zu machen blickte er auf die vor sich schlafende Maria.
»Ich muss das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Würdest Du sie noch ein wenig festhalten?« Sie sah Paul fragend an.
Paul war bei diesen Worten entsetzt. Er versuchte zu protestieren. »Und der Knebel? Maria wird doch schon bestraft.«
Marias Erzieherin blickte ihn gutmütig an. »Es ist sehr nobel von Dir, dass Du Maria in Schutz nehmen willst.« Sie blickte auch noch einmal auf Maria. »Aber der Knebel ist nur für ihre Widerworte beim Pavillon.«
Paul war sehr enttäuscht. Er hatte sich schon darüber gefreut, dass Maria so einfach »davonkommen« würde.
»Und wie wird Maria bestraft?« Paul war auf einmal verzweifelt, weil er Maria nicht vor der Strafe schützen konnte.
»Das soll sie Dir Morgen selbst erzählen.« Mrs. Potter sah erfreut, dass Paul sehr viel Interesse an Marias Schicksal zeigte. »Aber ich möchte deutlich betonen, dass Maria nicht wegen des Ungehorsams bestraft wird, sondern weil sie so leichtsinnig war und sich selber in große Gefahr gebracht hat. Es war einfach gedankenlos.«
Mit diesen Worten ging sie aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul die Schritte auf der Treppe.
* * *
Er spürte, wie Maria sich in ihren Armen bewegte. Ihr erster Blick fiel auf die Uhr, und sie zuckte für Paul fühlbar zusammen. In ihrem Blick stand Furcht und Paul erkannte, dass sie von der Strafe wusste.
Sie sah ihn an, und als er ihren traurigen Blick sah, erschrak Paul fast.
Er wusste allerdings nicht, was er sagen sollte. Er wollte sie trösten, doch er wusste nicht wie. Es liefen ein paar Tränen über Marias Gesicht. Es tat Paul sehr weh.
Schon erklangen wieder die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe. Maria wurde nervöser, das spürte Paul. Er spürte, wie sie sich aufrichten wollte. Doch sie konnte sich ja nicht mit den Armen abstützen. Paul half ihr, sich wieder gerade hinzusetzen.
Es liefen wieder ein paar Tränen über ihr Gesicht. Paul wurde innerlich immer aufgebrachter, doch sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, das er hier besser nichts unternehmen sollte. Abgesehen einmal davon, dass er gegen Mrs. Potter ohnehin nicht genügend Mut aufgebracht hätte.
Aber er fühlte sich schlecht, weil er seine Freundin nicht vor ihrer Strafe schützen konnte. Auch wenn er natürlich verstanden hatte, warum sie bestraft wurde. Denn schließlich hatte sie ihn ohne sein Wissen zum Werkzeug für ihren Eigensinn gemacht.
Mrs. Potter kam in das Zimmer und Paul war recht erstaunt, dass sie seine Schultasche in der Hand hatte. Die hätte er jetzt ganz vergessen. Sie reichte ihm die Tasche. Paul war recht bedrückt.
* * *
Maria stand mit Tränen in den Augen vor ihm und gab ihm mit dem Ball im Mund einen Abschiedskuss. Dann ging sie mit traurigen Schritten aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul ihre Schritte auf der Treppe.
Mrs. Potter brachte Paul zur Tür. Immer noch ziemlich verwirrt trat Paul hinaus und ging langsam den Weg in Richtung Straße. Überall auf dem Boden lagen Blätter und dünne Äste, die anzeigten, dass kurz zuvor ein heftiges Unwetter getobt hatte.
Doch dafür hatte Paul im Moment keine Augen. Zu sehr war er in Gedanken bei Maria und ihrer jetzt wohl stattfindenden Bestrafung. Er hatte zunächst angenommen, der seltsame Ball in ihrem Mund sei die Bestrafung gewesen und er hatte sich schon gefreut, dass Maria es so einfach wegsteckte.
Es tat ihm weh und er hätte es gern verhindert. Doch er wusste weder wie er das machen sollte, noch hätte er dazu den Mut aufgebracht. Denn dazu hätte er sich gegen Mrs. Potter stellen müssen.
Die Strafe hatte vermutlich etwas mit Schlafen zu tun, denn Mrs. Potter wollte ja das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Er fragte sich, was Maria da wohl erleiden musste. Dass sie es fürchtete, das hatte er gespürt, als er sie in seinen Armen halten durfte. Zum Schluss sah Maria richtig traurig aus.
Am Himmel waren keine Wolken mehr zu sehen. Der starke Wind hatte dafür gesorgt, dass sie weggeweht waren. So langsam kündigte sich die Nacht an.
Paul war davon unbeeindruckt, trotzdem beschleunigte er seine Schritte. Er musste unbedingt mit jemanden reden und er hoffte sehr, dass seine Oma jetzt zu Hause sein würde.
Schon am Gartentor sah er, dass in der Küche Licht brannte. Er war erleichtert.
Selma saß am Küchentisch und war dabei, einen großen Eimer Sauerkirschen zu entsteinen. Sie war sehr erstaunt, als Paul sich zu ihr setzte und ihr wie früher mit einer zweiten Haarnadel beim Entsteinen half.
Sie kannte ihren Enkel gut und wusste, dass ihm etwas auf dem Herzen lag. Andererseits war ihr die Hilfe bei den vielen Kirschen auch ganz recht. »Was ist denn passiert?« fragte sie recht unvermittelt.
Paul war im ersten Moment ziemlich verblüfft, doch dann seufzte er. »Maria wird bestraft und ich habe sie in Gefahr gebracht.«
Ohne dass sie ihn ansah, spürte Pauls Oma, das ihr Enkel ziemlich aufgewühlt war. »Jetzt erzähl doch mal der Reihe nach.« Sie entkernte ruhig weiter ihre Kirschen.
Paul blickte sie verblüfft an, dann holte er tief Luft und begann mit leiser Stimme zu erzählen...
* * *
Maria kam traurig aus dem Bad und ging langsam auf ihr Bett zu. Es war so ein schöner Tag mit Paul gewesen. Seufzend schlug sie die Bettdecke zurück. Dort lag er, der verhasste Gummischlafsack. Maria war wütend, doch sie wusste selbst nicht genau auf wen eigentlich.
Sie wusste, das sie gegen eine wichtige Regel verstoßen hatte und die Ereignisse vom Spaziergang hatte ihr die Folgen ihres Leichtsinns auch drastisch vor Augen geführt. Wenn Paul nicht gewesen wäre, dann... Sie wagte nicht, es zu Ende zu denken.
Sie war alt genug, um zu wissen, wie wichtig Konsequenz in der Erziehung war. Doch warum ausgerechnet heute. Und fast wäre Paul noch dabei gewesen.
Sie strich verächtlich über das Gummi ihres Nachtgefängnisses. Eigentlich war es ja gar nicht so schlimm. Die Sachen aus der »schönen« Samstag Nacht waren strenger.
Aber in diesem Gummi kam sie immer sehr ins Schwitzen und verbunden mit der Unbeweglichkeit wurde dies dann wirklich zu einer Strafe.
Mrs. Potter kam in das Schlafzimmer und als Maria sah, dass sie die strenge Haube in der Hand hielt, fluchte Maria leise vor sich hin. Manchmal war ihr die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin wirklich zu viel. Doch sie wusste, das sie sich nicht wirklich dagegen wehren konnte. Und in ihrem Interesse lag es auch nicht.
»Seit ihr bereit, Eure Strafe anzutreten?« Dieser Satz leitet stets das jeweilige Ritual ein. Früher hatte Maria das toll gefunden. Im Moment dachte sie anders darüber.
Eine Antwort brachte Maria nicht zustande. Stattdessen lief ihr eine Träne Über das Gesicht, die sie versuchte heimlich wegzuwischen. Dann stellte sie sich gerade neben ihr Bett und senkte wie sonst auch den Blick zu Boden. Eine Antwort gab sie nicht.
Trotz allem spürten beide, dass es heute etwas anders war als sonst. Und zumindest Maria wusste im Augenblick nicht, woran das lag.
»Ich erlaube Euch, mit der Strafe zu beginnen.« Für Maria war das das Zeichen, dass es jetzt wirklich beginnen würde.
Sie seufzte ganz leise, dann setzte sie sich langsam auf das Bett und nahm die schwere Gummihülle zur Hand. Sie erschauderte schon, als sie das im Moment noch kalte Material in den Fingern spürte. Gleich würde ihr gesamter Körper von diesem Gummi umgeben sein. Es lief noch eine Träne ihre Wange herunter.
Gewiss, Maria war den Umgang mit diesen Materialien gewohnt. Aber diesmal war noch etwas anderes dabei. Ihre frisch erwachte Liebe zu Paul machte ihre Strafe heute doppelt schwer. Wie gern wäre sie neben ihm eingeschlafen und nicht in diesem fast widerlichen Gummisack.
Ein Räuspern ihrer Erzieherin riss Maria aus ihren Gedanken. Sie musste jetzt wirklich anfangen. Langsam steckte sie ihre Beine in den Gummisack. Es war zu sehen, dass sie den Umgang mit diesem Strafgerät gewohnt war. Mit sehr viel Geschick hatte sie ihre Beine bis zur Hüfte in die verhasste Hülle verpackt. Mit den so gefangenen Beinen stellte sie sich vor das Bett und blickte mit einer Mischung aus Traurigkeit und Wut auf ihre Erzieherin.
Sie bekam kaum ihren Mund auf. »Ich wäre dann soweit.« Mrs. Potter war dies zu undeutlich, doch heute verzichtete sie auf das demütigende Ritual, Maria eine deutliche Aussprache abzuringen. Das war eine der wenigen Gelegenheiten, wo sie Nachsicht zeigen konnte.
Sie trat auf Maria zu und zog die schwere Gummihülle langsam bis zu Marias Hals hoch. Diesmal schaffte ihr Schützling es gleich beim ersten Mal, die Arme links und rechts in die innen liegenden Ärmel zu stecken. Sie wollte es heute schnell hinter sich bringen und endlich ihre Ruhe haben.
Als Mrs. Potter den Reißverschluss zu machte, bekam Maria eine Gänsehaut. Dieses ratschende Geräusch hatte für sie immer etwas endgültiges. Sie wusste, das sie vor Morgen früh aus diesem Sack nicht mehr heraus kam. Sie konnte sich darin kaum ein paar Millimeter bewegen und an ein selber befreien war überhaupt nicht zu denken.
Mrs. Potter half ihr, sich auf das Bett zu setzen. Maria hob ihre Beine in der Gummihülle und schwang sie auf das Bett. Ihre Erzieherin half ihr, sich in die Mitte des Bettes zu legen.
Dann nahm sie die lange Schnur und begann, sie in die Schnürleisten links und rechts vom langen Reißverschluss einzufädeln. Nach dem sie damit oben angekommen war, begann sie die Schnürung nachzuziehen und den noch etwas dehnbaren Schlafsack immer enger um Maria zu spannen, bis ihr Schützling sich gar nicht mehr bewegen konnte.
Maria fand dies mehr als überflüssig. Sie hätte sich auch ohne die Schnürung nie befreien können und enger wurde es damit auch. Gut, normalerweise mochte sie die Enge recht gern, wenn es bloß nicht dieses Gummi wäre. Die anderen Schlafsäcke waren wesentlich angenehmer.
Außerdem wollte Maria endlich mit ihrem Kummer allein sein. Sie wusste, das ihre Erzieherin sich noch nie von ihren Tränen hatte beeindrucken lassen.
Auf dem Nachttisch lag drohend noch die Kopfhaube und ihr Mundschutz. Maria erschrak, als ihr Blick darauf fiel. Sie hasste es ja schon, wenn sie sich selbst dieses Ding anlegen musste. Noch schlimmer war es, wenn Mrs. Potter es machen würde.
Sie ärgerte sich sehr, dass sie es vergessen hatte.
* * *
»Und gegen Ende des Abends sagte Mrs. Potter dann plötzlich, das Maria noch bestraft wird.« Die Enttäuschung schwang jetzt noch in Pauls Stimme mit.
Seine Oma hatte bisher nur zugehört. Jetzt versuchte sie, Anteilnahme zu zeigen. Doch sie kam nicht umhin, Marias Erzieherin Recht zu geben. »Ich weiß ja nicht, wie streng die Strafe wohl ausfallen wird, aber die ist wohl zu recht erteilt.«
Paul hielt mit dem Entsteinen der Kirschen inne und blickte seine Oma mit einer Mischung aus Unverständnis und Verzweiflung an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ihr wart wirklich sehr leichtsinnig.« Paul merkte an ihrem Tonfall, dass auch sie es ernst meinte.
Paul versuchte sich zu rechtfertigen, auch wenn er wusste, dass er im Moment nichts mehr ändern konnte. »Ich hatte den Eindruck, dass Maria damit sehr gut klar kam.«
»Sie wollte sich nichts anmerken lassen.« Seine Oma dachte nach. »Sie ist sehr stolz, und daher will sie vor Dir keine Schwäche zeigen. Und sie will wohl auch zeigen, dass sie für ihre Fehler gerade steht und Verantwortung übernimmt.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte.
»Aber Du hast sie wirklich in Gefahr gebracht«, fügte sie nach einer kurzen Pause dazu.
Mit einer Gänsehaut dachte Paul noch einmal an die Baustelle und wie Maria bei den großen Platten gestolpert war. Er hatte sie gerade noch auffangen können. »Du hast recht, ich muss da in Zukunft wohl sehr gut aufpassen.«
Der Blick seiner Oma machte ihm Mut. Dann dachte er noch einmal über Marias Schuhwerk nach. »Warum hat sie denn wohl diese seltsamen Stiefel getragen? Das sind doch einfach Stiefel mit besonders hohen Absätzen, oder?«
Seine Oma war empört: »Wo denkst Du hin. Es sind eben nicht nur Stiefel mit hohem Absatz. Die Ballett-Stiefel bewirken ein schön gestrecktes Bein, strecken ganz andere Muskeln und bringen den Fuß in eine natürliche Haltung.«
Paul blickte seine Oma total erstaunt an. Sie schien sich wirklich sehr gut auszukennen.
»Schau mal ein Foto an von einem Mädchen, das kniet oder mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett oder am Strand sitzt. Sie hat die Füße in perfekt gestreckter natürlicher Haltung!«
Paul versuchte, seinen Fuß so zu strecken.
Seine Oma lachte. »Bei Männern funktioniert das nicht, die können die Füße nicht so strecken.«
Sie erklärte ihm, dass dies eine weibliche Eigenschaft sei. »Gute Ballett-Stiefel werden genau die natürliche Fußhaltung stützen. Und ich bin mir sicher, dass deine Maria so welche trägt. Du müsstest es an ihrer ganzen Körperhaltung erkennen können.«
Paul versuchte sich zu erinnern. »Sie trug allerdings einen recht langen Rock, bis über die Knie.«
»Balance und Grazie werden geübt und wie bei einer Turnerin wird der ganze Gang sehr kontrolliert und fest angespannt. Naja, du wirst es schon noch erleben.«
Paul fühlte fast so etwas wie stolz, wenn er an ´seine´ Maria dachte. Das mit den Stiefeln glaubte er jetzt verstanden zu haben. Doch da war noch etwas: »Und warum wohl hat sie auch noch das Ding um den Hals tragen wollen?«
Seine Oma musste lächeln. »Das &slquoDing´ nennt man Halskorsett.« Sie hielt für einen Moment ihren Kopf so als ob sie selbst eines tragen würde. »Es hält den Kopf gerade und aufrecht. Damit sich die Trägerin an die richtige Kopfhaltung gewöhnt.«
Paul erinnerte sich an den stolzen Eindruck, den er von Maria hatte.
»Aber natürlich kann Maria dann auch ihren Kopf nicht mehr bewegen.« Sie hielt kurz inne. »Ich weiß nicht, warum sie das unbedingt tragen wollte. Vielleicht gefällt es ihr. Du kannst sie ja mal danach fragen.«
Paul blickte sie erstaunt an. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.« Er dachte noch einmal an Marias Gestalt. »Aber das Seltsamste ist dieser Handschuh, der ihre Arme auf dem Rücken zusammenhält.«
Auf einmal stand seine Oma auf. »Warte mal, ich habe da etwas für Dich.«
Sie ging zur Spüle und wusch sich die Hände dann verschwand sie in Richtung Wohnzimmer. Paul hörte, wie sie den Wohnzimmerschrank öffnete. »Wo habe ich es denn hingelegt?«
Paul hörte sie herumkramen.
»Ach, hier ist es.« Als sie wieder kam, trug sie etwas großes unter dem Arm. Sie blickte auf ihren Neffen und lächelte, als sie seine roten Finger sah. »Wasche Dir bitte auch erst die Hände.«
Paul kam der Bitte nach. Mittlerweile hatte Selma den Gegenstand auf den Küchentisch gelegt und Paul sah, dass es ein altes Fotoalbum war. »Bitte sei vorsichtig damit, es hat schon sehr gelitten.«
Paul blickte auf die Fotos, die sie ihm zeigte. Auf der linken Seite waren zwei Gruppenaufnahmen der Grafenfamilie. Und rechts war ein einzelnes Foto. Paul war total fasziniert, es zeigte seine noch junge Oma, wie sie der einen Grafentochter gerade so einen seltsamen Handschuh anlegte, genauso einen, wie Maria auch getragen hatte. Paul war sprachlos.
* * *
Es tat Mrs. Potter ja selbst Leid, das sie Maria in diese schwitzige Gummihülle stecken musste. Aber Maria war heute sehr leichtsinnig und ungehorsam gewesen, und deswegen war für diesen Fall diese Strafe vorgesehen. Und Konsequenz war in Marias Programm besonders wichtig.
Eigentlich machten diese Nächte ihrem Schützling gar nichts aus. Wenn sie Maria morgens aus dem Gummisack heraus ließ, war sie zwar ziemlich verschwitzt, aber nach einer schnellen Dusche war für sie alles vorbei.
Doch heute war es anders und deswegen war Mrs. Potter ziemlich verunsichert. Maria war sehr unruhig und es schien, dass sie unter der Haube weinte.
Die Erzieherin dachte nach. Es war doch eigentlich wie immer gewesen, sie hatte sie in den Sack gesteckt und zugeschnürt. Diesmal hatte sie die Schnürung nicht einmal so fest angezogen wie sonst. Dann hatte sie Maria noch den Mundschutz eingesetzt und ihr die strenge Gummihaube darüber geschnürt. Auch daran konnte es eigentlich nicht liegen, denn diese Kombination trug Maria in dem Programm auch relativ häufig.
Sie schaute noch einmal nach ihrem Schützling. Maria schien unter der Haube wirklich intensiv zu weinen. Das Schluchzen war deutlich zu hören.
Die Erzieherin setzte sich neben das Bett und hörte einen Moment aufmerksam zu. ´Nein´, kam sie zu einem Entschluss, da war etwas nicht in Ordnung. So konnte sie Maria nicht in die Nacht entlassen.
Im ersten Moment schien Maria gar nicht mitzubekommen, dass ihre Haube wieder aufgeschnürt wurde, doch dann hielt sie auf einmal mit dem Schluchzen inne und schien abzuwarten.
Mrs. Potter zog ihr die Haube vom Kopf, und während sie noch den Mundschutz entfernte, fragte sie ihren Schützling, warum sie denn weinte.
Maria blickte sie mit verweinten Augen an. »Paul«, sie schluchzte erbärmlich, »was wird er bloß von mir denken?« Es klang herzzerreißend.
Mrs. Potter streichelte ihr über die zerzausten Haare.
»Das mit dem Halskorsett habe ich so nicht gewollt.« Sie schluchzte wieder. »Er wird mir nie verzeihen.« Maria blickte ziemlich verzweifelt.
»Natürlich wird er Dir verzeihen.« Auch wenn sie gar nicht so genau wusste, um was es Maria ging. »Du liebst ihn, nicht wahr?«
Maria blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Dann nickte sie vorsichtig. Ihr Blick hatte auf einmal etwas verträumtes. Sie sagte nur ein Wort. »Sehr«
Dann wurde Maria wieder traurig. »Ich habe ihn ausgenutzt. Ich war so egoistisch.« Sie schluchzte schon wieder. »Und das nur wegen diesem blöden Halskorsett. So schön war es nicht einmal.«
Jetzt ahnte Mrs. Potter, was wirklich in Maria vorging. Und sie war erleichtert, dass es nichts mit der Gummisack-Strafe zu tun hatte. »Ihr sehr Euch ja morgen in der Schule. Und Paul kommt doch nochmal zur Nachhilfe.« Sie blickte Maria fragend an.
Maria nickte vorsichtig.
»Dann kannst Du ihm alles erzählen. Er liebt Dich doch auch.«
Ein ungläubig erstaunter Blick kam von Maria. »Meinen Sie?«
Sie wollte ihren Schützling beruhigen und ihr ein einfache Strafnacht ermöglichen. Sie streichelte ihr noch einmal über das Haar, dann erhob sie sich wieder.
»Ihr müsst jetzt schlafen, Prinzessin.« Ihr Ton hatte gewechselt. »Ich hole Euch die leichte Haube. Aber sagt Eurer Mutter nichts davon.« Sie ging an den Kleiderschrank und kramte kurz darin.
Maria war über diese Straferleichterung sehr froh, denn zum einen gab es sie nur sehr selten und zum anderen wagte sie auch nie, von sich aus danach zu fragen. Dazu war sie zu stolz. Doch sie war sehr erleichtert, den so strengen Mundschutz nicht tragen zu müssen.
Mrs. Potter setzte sich wieder neben Maria und legte ihr genauso zärtlich wie vorsichtig die leichte Strafhaube an. Diese war aus Leder und ließ sowohl Nase als auch Mund frei. »Jetzt müsst ihr mir aber versprechen, dass ihr mit dem Weinen aufhört.« Sie sprach etwas lauter, weil sie wusste, das diese Haube etwas dämpfte.
Maria drehte ihren Kopf in die Richtung, in der sie ihre Erzieherin vermutete und sprach recht leise. »Ich will es versuchen.«
Diese streichelte ihr noch einmal über die jetzt nicht mehr bedeckte Wange. »Gute Nacht, Prinzessin.«
Maria wünschte ihr auch eine Gute Nacht.
* * *
Paul blickte voller Ehrfurcht auf die drei Fotos. »Das rechte Foto war eine Probeaufnahme des Fotografen. Der Graf hat sie mir geschenkt« Es klang viel Stolz in ihrer Stimme mit.
Sie zeigte vorsichtig auf das recht Bild. »Hier kannst Du auch gut den Unterschied in der Haltung erkennen. »Die älteste Tochter trägt ihren Handschuh schon und die jüngste hat noch ihre Arme frei.«
Paul blickte noch einmal genauer auf die Bilder. Die mittlere Tochter wurde von seiner Oma gerade in den Handschuh geschnürt und so wie sie es gesagt hatte, war bei den anderen Töchtern der Haltungsunterschied gut zu erkennen.
Er verglich dies auch noch einmal mit den offiziellen Aufnahmen. Die Haltung der Schwestern hatte schon etwas sehr vornehmes, fast hochnäsiges. Ohne das es ihm richtig bewusst war, sprach er seine Gedanken aus. »Maria ist nicht so hochnäsig.«
Selma musste lächeln. Ihr Neffe hatte natürlich recht, die Grafentöchter waren mehr als hochnäsig gewesen. Trotzdem dachte sie gern an die Zeit zurück.
Paul fiel ein, dass er seine Oma noch etwas fragen wollte. »Marias Erzieherin hat noch was ziemlich seltsames gesagt. Vielleicht kannst Du mir das erklären?«
Er wartete ihre Antwort gar nicht ab. »Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht! Das habe ich ja verstanden.«
Er machte eine Pause. »Wir sollen immer auf die Sicherheit achten...«
Seine Miene wurde nachdenklich. »Und wir sollen dem elften Gebot streng folgen.«
Selma versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich glaube, trotz all ihrer Strenge ist diese Mrs. Potter ein Pfundskerl, der wirklich nur das Beste für Euch will.«
Sie strich ihm leicht über die Wange. »Wenn du gut auf Deine Maria aufpasst, dann brauchst du wirklich keine Angst vor ihr zu haben.«
Paul freute sich über diese Einschätzung. Doch etwas wusste er immer noch nicht. »Ja, aber was ist denn nun dieses elfte Gebot? Ich habe nur zehn gelernt.« Und dabei überging er sein schlechtes Gewissen, auch diese Zehn nicht mehr auswendig zu können.
»Armer Paul, hast du das wirklich noch nie gehört?« Selma lächelte. »Das elfte Gebot lautet: Du sollst Dich nicht erwischen lassen!«
7. RE: Maria

geschrieben von Herrin_nadine am 31.12.13 01:58

Hallo Gag_coll,


deine Monstertextblöcke sind extrem schlecht zu lesen. Für deine klemmende Entertaste beame ich dir einen LKW mit Hänger voll mit Schmieröl.

Eine Leerzeile sollte nach ca. 10 - 15 Zeilen sein.
8. RE: Maria

geschrieben von aiglestiefel am 31.12.13 14:15

Hallo Gag_coll,


Super Fortsetzung der alten Geschichte von Paul,
mach weiter so, freue mich schon auf eine Fortsetzung.
Andere alte Geschichten von Paul VoF gibt es hier im Archiv:
http://web.archive.org/web/2000120617580...vof/hseite.html
Hoffentlich funktioniert der Link.
Grüsse und einen guten Rutsch
aiglestiefel
9. RE: Maria

geschrieben von pauli2004 am 01.01.14 19:01

Ganz tolle Geschichte, ich kann die Fortsetzung kaum erwarten. Ich freue mich schon auf den Samstag.
10. RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 01.01.14 23:16

Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Als wäre die Strafnacht nicht gewesen, kam Maria ziemlich unbeschwert aus der Dusche. Sie freute sich auf den Tag und auf Paul. Ihre Sorgen von gestern hatte Mrs. Potter mit ihren überraschend einfühlsamen Worten weggeblasen.
Gewiss, sie hatte sich vorgenommen, heute mit ihm zu reden und ihm einiges zu erklären. Es musste sich ja endlich mal eine Gelegenheit ergeben. Bisher war immer irgendetwas dazwischen gekommen.
Maria blickte auf die Uhr und als sie sah, wie spät es war, ging sie schon mal vorsorglich in Richtung Telefon. Gleich würde ihre beste Freundin anrufen. Sie hatten diese feste Uhrzeit ausgemacht, um die Zeitverschiebung mit Australien in den Griff zu bekommen. Heute war Rosalie dran anzurufen.
Maria brauchte an diesem Morgen nicht lange zu warten. Gerade als sie neben dem Telefon ankam, klingelte es auch schon. Sie rief ein »Ich gehe ran« in das Treppenhaus und nahm ab.
Normalerweise ging erst Mrs. Potter ans Telefon und rief Maria, wenn es für sie war. Das hatte aber nichts mit Zensur zu tun. Es lag daran, das Maria oft einfach nur sehr lange brauchte, bis sie am Telefon war. Meistens hatte der Anrufer dann schon wieder aufgelegt. So fungierte Mrs. Potter quasi als ihr Anrufbeantworter. Nur heute war das nicht notwendig.
* * *
»Oh, Du bist selber dran und nicht Dein Wachhund?« Rosalie war jetzt schon ein halbes Jahr in Australien, doch ihren Spott hatte sie mitgenommen.
Maria überhörte es. »Ich freue mich auch, Dich zu hören.« Doch in ihrer Stimme klang trotzdem etwas Ärger mit.
»Ach komm, Du weißt schon, wie ich das meine. So wirst Du nie einen Freund finden.« Dieses Thema hatten sie schon oft diskutiert. Rosalie war immer etwas in Sorge, was das Liebesleben ihrer Freundin anging. Bislang gab es das nämlich nicht.
Maria war mehr als froh, ihr hier endlich den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Ihre Stimme wurde eine Nuance leiser. »Er heißt Paul.«
Rosalie war schwer beeindruckt. »Sag bloß, es hat Dich trotzdem erwischt?«
Maria wurde innerlich rot. Sie zögerte etwas. Dann wurde ihre Stimme noch etwas leiser. »Er gibt mir Mathe-Nachhilfe.«
»Ach so, Mathe-Nachhilfe.« Das Grinsen der Freundin war sogar durch das Telefon zu hören. »Und, wie ist er? Was habt ihr schon gemacht?«
Maria erzählte ein wenig von ihren Nachhilfestunden.
»Was sagen denn Deine Mutter und Dein Kindermädchen dazu?«
Normalerweise hätte sich Maria durch das ´Kindermädchen´ provoziert gefühlt, heute überhörte sie es. »Meine Mutter weiß es noch nicht. Zumindest nicht von mir. Sie könnte es ihr vielleicht schon gesagt haben.«
Rosalie hakte nach. »Was machst Du jetzt mit dem Training für deinen Mutter? Hörst Du auf?«
Maria war empört. »Auf keinen Fall. Das will ich noch ein paar Jahre durchziehen.« Sie machte eine kleine Pause, als müßte sie nachdenken. »Ich glaube, Paul ist davon ganz angetan. Gestern hat er mir den Handschuh angelegt. Ich glaube, er mag mich so.«
»Ich bewundere Dich.« In der Stimme ihrer Freundin klang ehrliche Bewunderung. »Ich könnte das nicht.«
Maria seufzte, weil sie dieses Thema eigentlich schon oft durchgekaut hatten. »Du weißt, dass es eigentlich ganz einfach ist.«
Rosalie blieb bei ihrer Meinung. »Ich könnte so einen Handschuh nicht tragen. Nicht so wie Du.«
»Das hatten wir doch schon oft genug diskutiert.« Marias Stimme klang mittlerweile etwas genervt. »Wenn Du nicht mit dem Ballett aufgehört hättest, dann könntest Du das jetzt auch.«
»Weiß er schon von Deiner netten Unterwäsche?«
»Nein«, seufzte Maria und mit diesem Seufzer schien sie viel zu sagen.
Doch Rosalie verstand dies falsch. »Du darfst ja erst nach der Hochzeit. Ich weiß nicht, ich würde das nicht aushalten.«
Maria war innerlich aufgebracht und empört. »Du weißt genau, dass das so nicht stimmt.«
»Was ist denn heute los?« Rosalie wunderte sich über ihre Freundin. »Du bist heute so gereizt.«
Jetzt klang Marias Stimme fast etwas traurig. »Ich hatte heute mal wieder eine Gummi-Nacht.«
»Ach Du Ärmste.« Rosalie schien Maria zu bedauern, doch in ihrer Stimme klang auch viel Spott mit »Was hast Du denn wieder angestellt?«
Wie üblich ging Maria nicht drauf ein. »Es war schön gestern mit ihm.«
Wieder war das Grinsen der Freundin durch das Telefon zu hören. »Was machst Du am Wochenende? Wirst Du mit ihm ausgehen?«
Maria war von dieser Frage überrumpelt. Bisher wusste sie nur, dass sie am Samstag den großen Auftritt hatte. »Ich habe noch nichts ausgemacht.« Sie machte eine Pause. »Am Samstag werden wir im Kurpark auftreten. Drücke mir die Daumen.«
Rosalie schien einen Moment nachzudenken. »Du meinst diese Musikgruppe, die immer mit Korsetts auftritt?«
Maria war über den Themenwechsel ganz dankbar. »Ja, heute proben wir noch mal dafür.«
Ihre Freundin erinnerte sich an das, was Maria bewegte. »Hast Du jetzt endlich mal gefragt, ob Du mal die erste Stimme spielen darfst?«
Maria seufzte. »Nein, ich habe mich noch nicht getraut. Carla spielt die Stimme, und die ist die Frau vom Chef.«
Rosalie wollte ihr Mut machen. »Red doch mal mit den Beiden. Sag ihnen, dass Du auch mal möchtest. Du kommst doch mit dem Korsett sicher besser zurecht als Carla, oder?«
Maria war bescheiden, sie wollte sich nicht vordrängen. »Meinst Du?«
»Sicher, tu es.« Rosalies Stimme klang bestimmt.
Mrs. Potter erschien im Flur und zeigte auf die Uhr. Maria erschrak etwas. »Wir müssen Schluß machen. Ich muss zur Schule. Dann bis zum nächsten Freitag.«
Sie verabschiedeten sich, und Maria legte auf.
* * *
Schon beim Frühstück war Paul sehr unruhig. Er hatte in der Nacht von Maria geträumt. Maria kniete in seinem Traum weinend vor dem Bett und ihre Erzieherin ging gerade mit einem Stock weg. Paul war vor Schreck aufgewacht und er hatte sich sofort gefragt, ob Maria wirklich so eine Strafe erleiden musste. Er hatte über seinen Traum auch mit seiner Oma gesprochen. Doch diese fand so eine Strafe eher unwahrscheinlich.
Aber Paul hatte Marias traurigen Blick von gestern Abend noch sehr gut in Erinnerung. Sie schien von der Strafe sichtlich betroffen gewesen zu sein. Paul hatte seit dem einen noch viel größeren Respekt vor Marias Erzieherin und vor allem auch vor der Konsequenz, mit der Maria anscheinend immer noch erzogen wurde.
Mit großem Herzklopfen bog Paul in die Straße ein, in der Marias Haus lag. Er hoffte sehr, wieder Maria auf dem Weg zur Schule begegnen zu können.
Allerdings war ihm auch klar, dass er sich dann wohl auch mit der Anwesenheit ihrer Erzieherin abfinden musste.
Doch zu seiner großen Enttäuschung musste er erkennen, dass er zu spät dran war.
Gerade als er Marias Haus passierte und überlegte, ob er etwas warten sollte, sah er ihre Erzieherin von der Schule zurück kommen. Sie hatte Maria anscheinend schon zur Schule gebracht und war auf dem Weg nach Hause.
Paul wollte ihr eigentlich auf gar keinen Fall begegnen. Vor allem nicht ohne Maria. Doch sie hatte ihn schon gesehen. Jetzt konnte er ihr nicht mehr ausweichen.
Sie kam näher.
Paul erwog seine Möglichkeiten. Natürlich hätte er auf der anderen Straßenseite weiter gehen können. Doch es war ihm auch daran gelegen, bei Maria Erzieherin einen guten Eindruck zu hinterlassen. So nahm er allen Mut zusammen und stellte sich auf das Zusammentreffen ein.
Die Gegenwart von Mrs. Potter weckte bei ihm ein schlechtes Gewissen. Irgendwie hatte er das Gefühl, mitschuldig zu sein. Und er wusste, dass er Marias Erzieherin nicht anlügen konnte.
Sie blieb stehen und blickte Paul interessiert an. »Guten Morgen Paul.« Ihre Stimme war zwar resolut, aber irgendwie auch freundlich.
Paul wünschte ihr möglichst höflich auch einen guten Morgen. Trotzdem war seine Stimme verschüchtert leise.
Sein Gegenüber überging dies. »Ich habe Maria schon zur Schule gebracht. Wir gehen jeden Morgen um halb aus dem Haus.« Eigentlich wollte sie Paul nur einen Hinweis geben, wann er Maria auf dem Weg zur Schule treffen konnte.
Doch Paul verstand dies falsch und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie heute verpaßt hatte.
Er blickte sie ziemlich verschüchtert an und hatte gerade den Mund aufgemacht um sich zu entschuldigen, als sie weiter sprach. »Bitte sei vorsichtig und geduldig, wenn Du mit Maria zusammen bist.« Ihre Stimme klang irgendwie wichtig. »Sie macht etwas für sie ziemlich schweres.«
Paul brachte kein Wort heraus. Er schaute auf zu ihr und nickte zunächst vorsichtig. Es dauerte eine Weile bis Paul verarbeitet hatte, worum Marias Erzieherin ihn gerade gebeten hatte.
»Es wird Dir vieles seltsam vorkommen, aber glaube mir, es hat alles seine Richtigkeit.«
Paul hätte jetzt tausend Sachen fragen wollen, doch er war nicht in der Lage, auch nur eine einzige Frage zu formulieren.
Mrs. Potter wünschte ihm viel Erfolg in der Schule und reichte ihm die Hand. Paul war wegen ihres starken Händedrucks erstaunt und eingeschüchtert zugleich.
Langsam ging er weiter in Richtung Schule. Erst langsam begriff er, dass er Marias Erzieherin wohl falsch eingeschätzt hatte. Er ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen.
Sie hatte ihn gebeten, bei Maria geduldig zu sein und sich über die vielen Seltsamkeiten nicht zu wundern. Aber es waren keine Worte dabei, die ihn aufgefordert hätten, die Finger von Maria zu lassen. Im Gegenteil, sie hatte ihm ja eher Mut gemacht.
Er ging etwas fröhlicher weiter.
* * *
Als er kurz vor Beginn der Stunde in die Klasse kam, saß Maria schon auf ihrem Platz und ihr Cape hing wie üblich über ihrem Stuhl. Er kam gerade noch dazu, ihr einen guten Morgen zu wünschen, als auch schon der Unterricht begann.
Er bewunderte Maria, wie leicht es ihr fiel, dem Unterricht nicht nur zu folgen, sondern sogar recht aktiv mitzuarbeiten. Von ihrem Eifer ließ sich Paul sogar etwas anstecken, und es ermutigte ihn, sich auch etwas öfters am Unterricht zu beteiligen.
Nur gelegentlich tauschten sie kurze verliebte Blicke aus.
Paul freute sich sehr darüber. Und er wusste, dass er es nicht übers Herz brachte, Maria jetzt noch nach ihrer Strafe zu fragen. Auch wenn es ihn brennend interessierte.
* * *
Es läutete zur großen Pause. In alter Gewohnheit sprang Paul sofort auf und war schon drauf und dran, aus der Klasse zu laufen, als ihm einfiel, dass er besser auf Maria warten sollte.
Er drehte sich zu ihr hin und sah, dass sie gerade dabei war, sich ihr Cape umzuhängen und zu verschließen. Die Handschuhe trug Maria schon. Paul war über diese Sorgfalt immer wieder erstaunt.
Er entdeckte die Sorgenfalten auf Marias Stirn, und es fiel ihm nicht schwer zu erraten, was sie beschäftigte. Als nächstes kam die Doppelstunde Mathe, und es waren nur noch drei Unterrichtsstunden bis zur alles entscheidenden Mathematikarbeit.
Auf dem gemeinsamen Weg nach draußen schnitt er das Thema gleich an. »Hast Du noch Fragen zu den Hausaufgaben?« Er war ernsthaft bemüht, ihr zu helfen.
Es war Maria klar, dass er Mathematik meinte. Sie dachte kurz nach. »Ich glaube, ich habe den Lösungsweg verstanden.« Sie beschrieb noch einmal, wie sie Aufgaben dieses Typs lösen würde.
Paul sah, dass sie es wirklich verstanden hatte. Er lobte sie und traute sich sogar einen kleinen Scherz zu: »Immerhin hast Du hier ja auch die Arme frei.«
Maria blickte ihn erstaunt an. Dann erst hatte sie begriffen, dass Paul einen Witz gemacht hatte.
»So weit kommt es noch.« Sie lächelte.
* * *
Paul spürte, dass Maria bei Mathe jetzt etwas gelöster und nicht mehr so verkrampft wie bisher war. Wobei sie natürlich stets vorbildlich auf ihrem Stuhl saß. Aber sie kam jetzt besser mit und konnte den Stoff gleich richtig aufnehmen.
Sie wurde an wieder an die Tafel gerufen. Diesmal schaffte sie es, die Aufgabe ganz ohne Hilfe zu lösen. Herr Peters war sehr beeindruckt von ihrer Leistung. Er sprach ihr ein großes Lob aus.
Marias Augen strahlten, als sie zurück zu ihrem Platz ging. Und sie hatte nicht vergessen, wem sie das zu verdanken hatte. Sie flüsterte ihm ein leises »Danke« zu.
Paul hatte sich über die tolle Leistung von Maria auch sehr gefreut. »Das war gut«, flüsterte er ihr leise zu. In der Klasse war es in diesem Moment seltsam still.
Neben den fachlichen Leistungen war Paul aber auch aufgefallen, wie korrekt Maria an der Tafel stand und wie perfekt in jedem Moment ihre Haltung war. Er konnte nur vermuten, was wohl dahinter stecken mochte.
Es fiel ihm erst nach einiger Zeit auf, dass Maria neben ihm von einer gewissen Unruhe ergriffen war, die er sonst nicht von ihr kannte. Sie war unkonzentriert und rutschte ziemlich nervös auf ihrem Stuhl herum. Sie sah auch sehr oft auf die Uhr.
Zuerst dachte Paul, dass es mit der Aufgabe zusammenhing, an der sie gerade dran waren. Doch als der Lehrer sie dran nahm, konnte sie seine Fragen problemlos beantworten. Es musste etwas anderes sein.
Sie wurde schleichend immer unruhiger. Auch Herr Peters schien dies zu bemerken. Er blickte gelegentlich zu Maria herüber.
Paul rang sich dazu durch, leise ein »Was ist denn los?« zu flüstern.
Maria teilte ihm leise mit, dass sie bald auf Toilette müsste.
Paul blickte auf die Uhr. Es war noch lang bis zur Pause. »Dann geh doch jetzt.«
Maria war genervt. »Das geht nur in der großen Pause.« Es schien ihr sichtlich unangenehm zu sein. »Ich brauche Hilfe.«
Paul war verwundert. So hatte er Maria noch nicht erlebt.
Auch Herr Peters schien dies zu bemerken und zu Pauls Erstaunen fragte er nicht etwa nach, sondern er schien Maria sogar extra zu schonen, denn sie kam die Stunde über nicht mehr dran, auch wenn sie sich ab und zu noch einmal meldete.
Es klingelte zur Pause.
Maria flüsterte ein »endlich«, dann sprang sie auf und ging mit für ihre Verhältnisse sehr raschem Schritt aus dem Klassenzimmer.
Paul erinnerte sich an die Worte ihrer Erzieherin und beschloss ihr einfach hinter zu gehen. Wenn sie Hilfe bräuchte, wollte er zur Stelle sein.
Zu seinem großen Erstaunen ging Maria an mehreren Toiletten vorbei. Doch er wagte nicht, sie deswegen anzusprechen.
Die Deutschlehrerin lief ihnen über den Weg und diese sah sofort, dass Maria etwas auf dem Herzen hatte. Maria ging zu ihr hin und sagte ihr, dass sie dringend auf die Toilette müsste. Die Lehrerin schien sofort Bescheid zu wissen. Sie bat Maria, doch schon einmal vor zu gehen, sie würde die Schlüssel holen.
Maria ging mit ihren kleinen, aber immer schneller werdenden Schritten in Richtung der Lehrerzimmer. Paul war total verwundert.
Vor der Tür der Lehrertoilette bliebt sie stehen und wurde zunehmend nervöser.
Sie trippelte von einem Fuß auf den anderen und biss sich auf die Lippen. Für Paul hatte sie keine Augen mehr.
Die Lehrerin kam mit einem Schlüsselbund zurück. »Na dann komm«, sprach sie ernst und betrat hinter Maria die Toilette.
* * *
Paul blieb erst noch einige Zeit vor der Tür stehen.
Er war sehr verwundert.
Maria konnte nicht selber zur Toilette gehen? Die Lehrerin musste einen Schlüssel holen?
Nach der halben Pause war Maria immer noch nicht fertig. Paul schien so langsam zu begreifen, dass diesmal nicht seine Hilfe gefragt war. Er ging langsam und ziemlich verwirrt in seine Klasse zurück.
Maria kam erst kurz nach Beginn der nächsten Stunde zurück in die Klasse. Sie sprach kurz mit dem schon anwesenden Lehrer und setze sich dann auf ihren Platz.
Paul sah ihr an, dass ihr es sichtlich unangenehm war. Allerdings war auch eine gewisse Erleichterung in ihrem Blick zu sehen.
* * *
Maria stand in ihrem Arbeitszimmer vor dem Schreibtisch und war dabei, Notenblätter zu sortieren. Sie summte dabei kleine Melodien. Von Zeit zu Zeit blieb sie länger an einem Blatt hängen und ging in Gedanken das Stück noch einmal durch. Morgen war der wichtige Auftritt im Kurpark und Maria freute sich schon sehr.
Heute Abend war die Probe für den Auftritt und Maria wollte gut vorbereitet sein. Sie legte sich die Noten der Stücke zurecht, die sie heute Abend proben und Morgen aufführen würden. Sie freute sich schon sehr auf diesen für ihre kleine Gruppe sehr wichtigen Auftritt. Sehr gewissenhaft schaute noch einmal nach den schwierigen Stellen in den Stücken. Sie hatte alle geübt und war fit für den Auftritt.
Ihr fiel ein, dass sie formal ihre Erzieherin ja noch um die Erlaubnis bitten musste, zur Probe gehen zu dürfen. Außerdem würde sie ja auch eine Begleitung brauchen.
Sie summte die Melodie eines der Stücke und machte sich auf den Weg, Mrs. Potter zu suchen. Maria freute sich sehr auf die Musik.
* * *
Mrs. Potter war in der Küche damit beschäftigt, ein Geschenk einzupacken. Sie band gerade eine farbige Schnur um das kleine sehr geschmackvoll eingepackte Paket. Maria fand, dass auch ihre Erzieherin sehr gute Laune hatte.
Maria stellte sich vor den Tisch und nahm die vorgeschriebene Haltung ein. Dann wartete sie, bis ihre Erzieherin ihr die Erlaubnis zum Sprechen gab.
»Nun Maria«, ihre Stimme klang gut gelaunt, »was möchtet ihr?«
Maria hob ihren Kopf und blickte ihre Erzieherin an. »Ich möchte um Erlaubnis bitten, heute Nachmittag die Probe besuchen zu dürfen.«
Mrs. Potter legte die Rolle Klebeband auf den Tisch und blickte ihren Schützling erstaunt an. »Was für eine Probe? Und wo?«
Maria war verwundert. »Sie wissen doch, dass wir Morgen im Kurpark auftreten. Und heute ist dazu die Extraprobe.«
Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas verwirrt. »Von dieser Probe habt ihr mir aber nichts gesagt.« Sie schien nachzudenken. »Ich bin doch heute bei Oma Elisabeth zum Geburtstag eingeladen.«
Marias Gesicht wurde länger. Oma Elisabeth war eine langjährige Freundin in der Nachbarstadt. Sie mochten sie alle sehr gern. Allerdings war sie schon ziemlich alt und wurde entsprechend respektvoll behandelt. Maria begann zu ahnen, was dies bedeuten würde.
»Aber dann kann ich doch nicht zur Probe gehen.« Sie schluckte. »Ich habe Ihnen doch von der Probe erzählt.«
»Ihr habt mir nur etwas von dem Auftritt Morgen gesagt.« Mrs. Potter war sichtlich bewegt.
»Aber die Probe ist Bedingung für den Auftritt. Wer bei der Probe nicht dabei ist, darf auch nicht mit auftreten.« Maria begann zu ahnen, was passieren würde und eine erste Träne lief über ihr Gesicht.
»Ich kann doch nicht wegen Deiner Probe ihren 90igsten Geburtstag absagen.« In ihrer Stimme kämpften Empörung und Bedauern miteinander.
Marias wurde verzweifelter. »Die Probe ist unheimlich wichtig. Ich muss da unbedingt hin.«
Die Stimme von Mrs. Potter wurde verärgert. »Du weißt, dass Du nicht allein dorthin gehen darfst.«
Maria begann zu weinen. »Das ist so ungerecht. Ich habe mich so auf diesen Auftritt gefreut.« Noch hoffte sie, ihre Erzieherin umstimmen zu können.
Mrs. Potter schien dies zu spüren. »Wie stellst Du Dir das vor. Die Oma wohnt in der Nachbarstadt und ich kann nur mit dem Bus dahin fahren.«
Maria wusste, dass Mrs. Potter kein Auto hatte, und bisher war das auch nie ein Problem gewesen.
»Maria«, die Stimme wurde auf einmal etwas kälter, »vergesst Eure Erziehung nicht.« Es tat ihr weh, aber sie musste Maria hier in ihre Schranken weisen.
Mit einem Schlag war Maria aller Wind aus den Segeln genommen. Sie erkannte, dass sie ihre Probe und damit auch den Auftritt absagen musste. Tränen schossen ihr ins Gesicht.
Sie drehte sich um und lief auf ihr Zimmer. Sie warf sich auf das Bett und weinte bitterlich.
* * *
Sie spürte ein Streicheln auf ihrem Kopf und drehte sich verärgert um. Konnte ihre Erzieherin sie nicht in Ruhe weinen lassen? Mit vor Tränen verschwommenen Augen blickte sie auf die Gestalt vor dem Bett, und erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass Paul vor ihr stand.
»Mrs. Potter hat mich herauf geschickt.« Seine Stimme klang ziemlich verunsichert. »Wir wollten heute doch noch etwas Mathe machen.«
Maria war beschämt, dass sie ihm gegenüber so einen erbärmlichen Eindruck machte. Sie wischte sich ihre Augen aus und blickte ihn verblüfft an. »Ich kann die Probe nicht besuchen,« antwortete sie auf die Frage, die Paul gar nicht gestellt hatte. Sie schluchzte erbärmlich. »Es ist der wichtigste Auftritt im Jahr, und ich kann nicht hin.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Sie hatte ihm etwas vom einem Auftritt im Kurpark erzählt. Das musste sie wohl meinen. Er wusste, es war falsch, jetzt auch noch danach zu fragen.
Paul sah die Spuren, die die vielen Tränen auf Marias Wange hinterlassen haben. Er griff in seine Hosentasche und reichte Maria ein sauberes Taschentuch. Seine Oma nötigte ihn regelmäßig, sich eines einzustecken. Jetzt war er das erste Mal froh darüber.
Maria setzte sich auf, nahm das Taschentuch dankbar an und wischte sich ihre Tränen weg. Sie flüsterte ein leises ´Danke´. Es war zu sehen, dass sie mit sich kämpfte.
Paul wusste auch nicht, was er sagen sollte. Er spürte zwar, dass Maria Hilfe gebrauchen konnte, doch er wusste nicht, wie. Denn er hatte auch noch gar nicht verstanden, was eigentlich los war. So schwiegen sie sich eine Zeitlang an.
* * *
Maria stand langsam auf und ging zum Schreibtisch. Es war zu spüren, dass es sie große Überwindung kostete. »Laß uns Mathe machen.« Ihre Stimme klang noch ziemlich weinerlich, auch etwas Trotz war dabei. Sie ergriff ihre Schultasche, stellte sie auf den Schreibtisch und nahm ihre Bücher heraus.
Paul ahnte, dass sie ihre Schultasche am liebsten sonst wohin geworfen hätte.
Maria setzte sich auf ihren Stuhl und rollte vor den Tisch. Sie griff nach
einigen Riemen, die an dem Stuhl befestigt waren und schien sich damit an den Stuhl zu schnallen. Jedes mal wenn sie einen Riemenpaar schloss, war zudem ein leises »Klick« zu hören. Paul war mehr als verwundert und er hätte gern nach diesem seltsamen Stuhl gefragt. Doch er wusste um Marias aktuellen Gemütszustand, und so zwang er sich, seine Neugier zu beherrschen. Er nahm sich einen anderen Stuhl und setzte sich neben sie.
Maria war sehr abgelenkt und unkonzentriert. Sie konnte selbst die einfachsten Fragen nicht beantworten.
Paul versuchte zunächst, die Sachen aus dem heutigen Unterricht durchzusprechen. Doch er musste sehr bald einsehen, dass dies im Moment keinen Sinn hatte. Maria schaffte es nicht, sich zu konzentrieren.
Er fühlte sich ziemlich hilflos. Auf der einen Seite drohte die Mathematik-Arbeit in einer Woche. Andererseits wollte er Maria auch nicht bedrängen. Er hatte noch die Worte von Mrs. Potter im Kopf, dass Maria etwas sehr schweres machte.
Doch so unkonzentriert wie sie heute war, hatte es auch keinen Sinn. Dies war Paul klar, doch er wollte Maria auf jeden Fall helfen. Vielleicht half es ihr, wenn sie über ihren Kummer redete. Er rang sich durch, nach ihren Sorgen zu fragen.
»Oma Elisabeth hat heute Geburtstag und ich muss Morgen den Auftritt absagen.« Sie fing wieder an zu weinen.
´Schlechte Frage´, dachte sich Paul. Jetzt verstand er noch weniger. Und ein Weiterfragen verbot sich auch.
Er ergriff die Flucht nach vorn. »Dann lassen wir heute die Nachhilfe ausfallen?«
Doch diese Frage schien Maria aufzurütteln. Sie blickte ihn erstaunt an. »Nein, auf keinen Fall.« Sie schien mit sich selber zu kämpfen. »Ich versuche, mich zu konzentrieren.«
Nach einer kurzen Pause fragte sie von selber nach den Einzelheiten der Aufgabe, die Paul besprechen wollte.
11. RE: Maria

geschrieben von Herrin_nadine am 02.01.14 14:57

Danke für schwere Lesbarkeit der Absätze. Da ist mein LKW mit dem Öl noch nicht angekommen.

12. RE: Maria

geschrieben von DerFeger am 02.01.14 19:18

Hallo gag-coll
ich lese die Geschichten sehr gerne, antworte aber selten. Heute möchte ich eine Ausnahme machen.

Ich hoffe, dass dir der LKW mit Öl von Herrin_nadine nicht die Laune am Schreiben verdriebt.
Ich würde es sehr schade finden, wenn die Geschichte sich in die unendlich lange Reihe der unvollendeten einreihen würde. Wenn der Autor aufgrund der Kritik die Lust verliert.
Wobei ich dies bei einigen Kritiken durch ausverstehen kann.

Daher bitte weiter so.

mfg
DF
13. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 03.01.14 05:29

Tolle Geschichte wenn auch etwas schwer zu Lesen.
Ausnahmsweise muss ich unserer Absatzfetischistin Nadine Zustimmen, eine Leerzeile bei den Absätzen wär nicht schlecht.
Ich hoffe das Maria doch noch zur Probe und damit zum Auftritt kann. Paul könnte ja die Rolle der Erzieherin Übernehmen und auf Maria Aufpassen und auch den Einschluß übernehmn wenn er von Miss Potter die richtigen Anweisungen erhält.
Ich fände es Praktischer wenn Gleichschließende Schlösser Verwendet würden das Spart ne Menge Zeit immer erst den Passenden Schlüssel zu suchen.
Die Fortsetzung der Geschichte ist dir echt gut gelungen.
14. RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 03.01.14 07:51

So, ich hoffe, jetzt ist es leichter zu lesen...

Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Paul spürte, dass Maria sich fühlbar Mühe gab. Doch genauso nahm er ihren Kummer war. Er hätte ihr gern geholfen, doch er wusste nicht wie. Er fühlte sich ziemlich hilflos.
Sie sprachen zunächst noch einmal die Aufgaben aus dem Unterricht durch.
Marias gelegentliches Schluchzen übersah Paul höflich.

Auf einmal waren die resoluten Schritte von Marias Erzieherin auf der Treppe zu hören. Er sah mit Bedauern, wie Maria zusammenzuckte und sich ihr Blick sich in eine Mischung aus Wut und Traurigkeit verwandelte. Trotzdem zeigte Maria keine weitere Regung, als Mrs. Potter in das Arbeitszimmer kam. Wenn man einmal davon absah, dass Pauls Nachhilfeschülerin ihren Kopf gesenkt hatte.
Paul hingegen hatte Mrs. Potter angesehen und ihm war aufgefallen, dass auch sie heute einen etwas bedrückten Eindruck machte. Er wusste allerdings nicht, warum das so war. Ihm fiel auf, dass sie ein großes Schlüsselbund dabei hatte.
Sie wandte sich an Paul. »Was hast Du heute Abend vor?« Es war als höfliche Frage gemeint, doch sie hatte es in einem Ton ausgesprochen, dass Paul das Gefühl hatte, sämtliche Pläne für den Abend sofort über den Haufen werfen zu müssen. Aber er wollte ehrlich bleiben: »Ich wollte noch etwas lernen... Und vielleicht fernsehen...« Warum sie das wissen wollte, das traute er sich nicht zu fragen.
»Hättest Du heute Abend vielleicht Zeit«, ihre Stimme klang jetzt eine Spur freundlicher, »um Maria auf die Probe zu begleiten?«
Kaum hatte sie diese Frage ausgesprochen, als Maria auf einmal ihren Kopf hob und Paul ansah. Innerhalb eines winzigen Moments verschwand alle Traurigkeit aus Marias Gesicht und sie strahlte ihn an. »Ja! Bitte. Das wäre so schön.«
Paul war von ihrem plötzlichen Strahlen total gefangen. Jetzt bekam er kein Wort mehr heraus. Er kämpfte etwas mit sich selbst. Er wollte nicht unhöflich sein, doch er fühlte sich total überrumpelt. »Doch, das geht.« Seine Stimme war fast etwas heiser. Er räusperte sich und seine Stimme klang wieder etwas klarer. »Das kann ich machen.«
»Dann wünsche ich Euch eine schöne Probe.« Marias Erzieherin legte das große Schlüsselbund vor Maria und Paul auf den Schreibtisch. Sie blickte ihren Schützling an. »Du kennst Dich ja mit allem aus.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die keinen Widerspruch zuließ.
Dann drehte sie sich um und ging mit nicht minder resoluten Schritten aus dem Zimmer.
Paul und Maria starrten beide auf das Schlüsselbund.
Durch die Zimmertür waren die resoluten Schritte auf der Treppe noch gut zu hören, dann schon etwas leiser im Flur. Sie hörten die Haustür klappen. Immer leiser klangen ihre Schritte draußen auf dem Kiesweg zur Straße.

Es war still.

Paul und Maria blickten immer noch auf das Schlüsselbund. Langsam hob Paul den Blick in Richtung Maria und flüsterte: »Jetzt ist sie weg.«
Maria war von den Veränderungen völlig überrumpelt. Noch langsamer als Paul hob auch sie ihren Kopf und blickte Paul an. Allmählich begannen auch ihre Augen zu strahlen und ein Lächeln erschien in ihrem Gesicht. »Das ist so schön von Dir, dass Du das machen willst.«
Paul freute sich sehr darüber, dass Maria auf einmal so froh war, dennoch warf er wieder einen verunsicherten Blick auf das Schlüsselbund.
Maria fing diesen Blick auf. Sie ahnte, was ihn bewegte und nahm seine Hand. »Das kriegen wir schon hin.« Sie streichelte seine Hand. »Ich bin ja so froh.«
Paul blickte zuerst auf Marias Hand, dann sah er in ihr Gesicht. »Wann beginnt denn die Probe?« Er versuchte, sich an die neue Situation anzupassen.
Maria begriff langsam, dass sie sich jetzt selbst um sich kümmern musste. Sie begann laut zu denken. »Bis zur Probe haben wir noch knapp zwei Stunden. Dann können wir in Ruhe lernen, noch etwas essen und dann gehen wir los.« sie klang jetzt sehr zuversichtlich.
Sie blickte noch einmal auf die Uhr an der Wand. »Ich muss mich nicht mehr umziehen. Nur noch die Stiefel anziehen.«
Paul hörte fasziniert zu. Aber er erkannte nicht, was diese Worte sonst noch bedeuteten.
»Ich muss das Cape tragen.« Sie zögerte etwas. »Und sonst nur noch meine Tasche mit den Noten. Und die Flöte natürlich.«
Vorsichtig ließ sie Pauls Hand los und nahm das Schlüsselbund zur Hand. Sie schien einen bestimmten Schlüssel zu suchen. »Er ist da.« Sie hatte ihn gefunden und zeigte Peter einen der vielen Schlüssel an dem Bund.
Was sie damit meinte, wusste Paul nicht. Sie spürte seine Neugier. »Du musst mich von diesem Stuhl losmachen.« Als Paul sich anschickte aufzustehen, schob Maria schnell ein »nachher« hinterher.
Sie legte den Bund wieder auf den Tisch und wurde etwas nachdenklich. »Sie hat wirklich alle Schlüssel dagelassen.« Das Wort ´alle´ hatte sie besonders betont.
Paul blickte sie erstaunt an, und für einen Moment glaubte er, in ihren Augen ein ganz besonderes Funkeln zu sehen.
Doch dann schien sie sich zu besinnen. Sie blickte noch einmal auf die Uhr und schien zu überlegen. Schließlich hatte sie sich anscheinend entschieden. »Lass uns noch eine Stunde Mathe machen. Und dann machen wir uns fertig.«
* * *
Jetzt war es an Paul, unkonzentriert zu sein. Er brauchte manchmal etwas länger, um Marias Fragen zu beantworten. Auch tat er sich schwerer, Maria fachliche Zusammenhänge zu erklären. Immer wieder blickte er zu dem großen Schlüsselbund.
Gestern hatte sie ihn wegen des Halskorsetts angelogen. Woher sollte er wissen, dass sie ihm heute die Wahrheit sagen würde?
Er fragte sich, ob Maria ihn hier auch wieder austricksen würde. Diesmal war er ihr ausgeliefert. Dies musste er zu seinem Schrecken erkennen. Es blieb ihm keine andere Wahl, als ihrem Wort blind zu vertrauen.
Aber er freute sich über die Aussicht, sie zur Probe begleiten zu dürfen. Zumal sie anscheinend den ganzen Nachmittag ohne Mrs. Potter verbringen konnten.
Als Maria ihn drauf ansprach, dass er recht unkonzentriert sei, wusste er nichts vernünftiges zu erwidern. Er blickte sorgenvoll auf das Schlüsselbund. Maria bemerkte seinen sorgenvollen Blick und versuchte ihm Mut zu machen. »Das werden wir schon schaffen. Ich weiß ja, was alles erforderlich ist.« Von Pauls eigentlichen Sorgen ahnte sie nichts.
Aber auch sie machte sich ihre Sorgen. Ob Paul ihr bei allem, was für den Probenbesuch erforderlich war, auch wirklich helfen konnte? Maria war ebenfalls ziemlich verunsichert.

Sie drängte ihn dazu, sich doch wieder mehr mit Mathematik zu befassen. Paul musste sich erst einen Ruck geben, dann versuchte er das Schlüsselbund zu ignorieren.
Immerhin war es diesmal sehr viel leichter, weil Maria diesmal ihre Arme frei bewegen konnte. So konnte sie selbst zeichnen, die Rechenaufgaben aufschreiben und den Taschenrechner bedienen.
Allerdings, das war Paul nach einiger Zeit aufgefallen, ganz frei war sie auf dem Stuhl auch nicht. Sie wurde von den Riemen so auf dem Stuhl festgehalten, dass sie zwar ihren Oberkörper frei bewegen konnte, aber der Riemen um ihren Bauch verhinderte, dass sie aufstehen konnte.
Paul nahm es nur noch zur Kenntnis. Wundern tat er sich schon lange nicht mehr drüber.
* * *
Maria blickte auf die Uhr und räkelte sich auf dem Stuhl, dann sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme, dass sie dann langsam aufbrechen müssten.
Paul schaffte es nicht, sein leichtes Erschrecken über diese Ankündigung zu verbergen.
Maria nahm noch einmal seine Hand und versuchte ihn beruhigen. »Wir schaffen das schon.«
Doch das war es nicht, was Paul beschäftigte. Er fürchtete etwas die Verantwortung, die Marias Nähe mit sich brachte. Der Beinahesturz gestern hatte ihm die Folgen von Marias Leichtsinn und ihrer Hilflosigkeit drastisch vor Augen geführt. Er hatte erkannt, welch große Verantwortung er gegenüber Maria trug. Und er wusste immer noch nicht, ob er diese wirklich auf sich nehmen wollte.
* * *
Maria griff zum Schlüsselbund und suchte anscheinend nach einem bestimmten Schlüssel. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie nahm den Schlüssel und reichte ihn Paul. Sie bat ihn, die einzelnen Schlösser der Riemen zu öffnen. Sie waren so angebracht, dass Maria sie selbst nicht erreichen konnte. Paul war fasziniert davon.
Maria konnte sich jetzt von ihrem Stuhl erheben. Sie warf einen Blick in den Spiegel und war beschämt wegen ihres verweinten Gesichts. »Ich bin kurz im Bad.« Mit diesen Worten ließ sie Paul allein im Zimmer zurück.
Sein Blick fiel auf Marias seltsamen Stuhl und er ging zu ihm. Fasziniert bestaunte er das System der Riemen, mit dem Maria auf diesem Stuhl festgehalten wurde.
»Gefällt es Dir?« Maria war wieder in den Raum gekommen und ging auf den Notenständer zu, der am Fenster stand.
Paul zuckte etwas zusammen. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Allerdings hätte er schon gern gewußt, warum sie auf ihrem Stuhl auch festgehalten wurde. Doch dies als Frage zu formulieren, dazu war er nicht mutig genug.

Maria versuchte trotzdem, es ihm zu erklären. »Das ist meine Lernhilfe.« Sie machte vor dem letzten Wort eine Pause, so dass die Ironie recht deutlich wurde. »Sie macht mich erst dann wieder los, wenn ich mit den Hausaufgaben fertig bin.«
Mit ´Sie´ konnte nur Mrs. Potter gemeint sein, dies war Paul klar. Er musste wegen dieser sehr seltsamen Motivationshilfe schlucken.
Maria nahm die Notenblätter vom Ständer und legte sie auf ihren Schreibtisch. Dann begann sie den Notenständer zusammenzulegen. Sie griff sich eine Tasche, die neben dem Schreibtisch stand, und tat Noten, Ständer und einen kleinen schwarzen Koffer hinein. Paul vermutete, dass darin ihre Flöte sei. So etwas ähnliches hatte er schon einmal gesehen.
So nebenbei war ihm auch aufgefallen, dass Maria nicht etwa normale Hausschuhe trug. An ihren Füßen entdeckte Paul eine Art Pantoffeln mit hohen Absätzen. Paul fand das ziemlich seltsam. Gesehen hatte er so etwas noch nicht, aber er erinnerte sich an das, was seine Oma ihm gesagt hatte. Es hing wohl mit dem Tragen von Korsetts zusammen.

Maria schien nachzudenken.
Sie nahm sich das Schlüsselbund vom Schreibtisch und ging durch den Raum zu einer kleinen Garderobe, wo ihr Cape hing. Sie nahm es in die Hand und bat Paul näher zu kommen.
»Ich möchte Dir zeigen, wie Du das Cape aufschließen musst.« Es war ihr recht wichtig, dass Paul das wusste. Sie wollte es ihm nicht erst im Probenraum zeigen, wenn sie zudem in dem Cape eingesperrt sein würde. Sie hielt das Cape im Arm und nahm den Kragenriegel in die eine Hand. In der anderen Hand hatte sie den kleinen Schlüssel, und damit zeigte sie Paul, wie das Schloss zu öffnen war. Sie reichte Paul das Cape und das Schlüsselbund und lächelte ihn an. »Bitte probiere es mal.«
Paul war zwar immer noch verunsichert, doch er nahm das Cape in die Hand und probierte dann mit dem Schlüssel das Öffnen des Kragenverschlusses. Seine Hände zitterten leicht dabei.
Maria war trotzdem mit ihm zufrieden.

So langsam hatte Paul begriffen, dass Maria in diesem Cape wirklich eingesperrt war. Er äußerte dies.
Maria lächelte. »Das ist so gewollt.« Sie nahm es ihm noch mal aus der Hand und zeigte ihm die Armdurchgriffe. »Hier kann ich meine Arme ja noch durchstecken.« Sie grinste. »Aber wenn der Kragen einmal verschlossen ist...« Sie sprach nicht weiter.
Paul musste schlucken.
Sie reichte ihm das Cape wieder hin.
Paul war neugierig und schaute sich das Cape etwas genauer an. Er war erstaunt. »Die Armdurchgriffe lassen sich ja auch noch verschließen.« Er sah Maria verwundert an.
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Neugier und Verwegenheit an. »Ja, aber nur von außen.« Sie machte eine Pause, damit Paul es nachvollziehen konnte. »Wenn ich meine Arme drinnen habe, dann kann ich die nicht mehr aufmachen. Ich komme dann nicht an den Reißverschluss.«
Paul war genauso ehrlich wie spontan. »Seltsam.«
In Marias Stimme klang viel Stolz mit. »Findest Du? Ich habe mir das so gewünscht.«
Es fiel ihm noch etwas auf. »Aber Du kannst Dir doch einfach das Cape nach oben ziehen.«
Sie musste zugeben, dass er recht hatte. »Aber erstens mache ich so etwas nicht, und zweitens« Sie griff an eine bestimmte Stelle vom Cape. »wären hier noch Bänder, um es an meinen Beinen fest zu machen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Aber ich bin brav und brauche die Bänder nicht.« Sie grinste hintergründig.
Paul blickte sie noch verwunderter an. Er sah sich das Cape weiter an. »Hier sind ja auch Innentaschen.«
Er sah, wie Maria leicht rot wurde. »Das sind keine Taschen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Das sind Ärmel.«

Paul war sprachlos.
Marias Stimme klang auf einmal recht nachdenklich. »Da könnte ich meine Arme hinein stecken.« Sie dachte laut. »Ich habe das noch nie ausprobiert. Es war so gut wie nie Zeit dafür.« Es klang auch ein wenig Bedauern in der Stimme mit.
Paul hatte einen Arm ein wenig in so einen Ärmel gesteckt. »Aber diese Ärmel sind ja festgenäht. Du könntest dann deine Arme gar nicht mehr bewegen.« Er schaute sie ungläubig an.
Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Ja, das ist so gewollt.« Sie blickte ihn herausfordernd an.
Paul war noch sehr mißtrauisch. »Aber es ist verboten.« Er hatte es zwar nicht als Frage formuliert, doch es war so gemeint.

Maria hatte ihren Kopf zu Boden gesenkt und schien ernsthaft nachzudenken. Dann blickte sie Paul strahlend an. »Nein, das ist erlaubt.« Sie bemerkte seine Unsicherheit. »Ich habe es bisher nur noch nie gemacht.«
Maria grübelte. Es war zu sehen, dass sie mit sich selber kämpfte. »Doch, das könnte funktionieren.« Sie zögerte. »Ich will nicht schon wieder in den Sack«, murmelte sie vor sich hin.
Paul hatte den Satz trotzdem verstanden. Allerdings hielt ihn ihr in diesem Moment recht trauriges Gesicht davon ab, weiter nach zu fragen.
Andererseits faszinierte ihn der Gedanke, wenn Maria in diesem Cape so hilflos neben ihm gehen würde. Und ein großer Unterschied zu gestern war es auch nicht. Gestern trug sie diesen seltsamen Handschuh, mit dem sie mindestens genauso hilflos war.
Er blickte sie jetzt auffordernd an. »Du möchtest die Ärmel mal ausprobieren?«
Maria strahlte.
* * *
»Wir sollten aber erst noch etwas Essen.« Trotz der großen Vorfreude auf das Kommende versuchte Maria vernünftig zu bleiben und an ihre Regeln und Verbote zu denken. »Lass uns mal in die Küche gehen.«
Paul wusste nicht so recht, ob er widersprechen oder zustimmen sollte.
Widersprechen gebot ihm seine Erziehung, doch sowohl sein Magen als auch sein Herz sagten ihm, dass er lieber nicht ´nein´ sagen sollte.
Maria ging in der Küche zielstrebig auf den Kühlschrank zu und öffnete ihn. Es freute sie, was sie sah, denn es stand da ein großer Teller mit Folie bedeckt, unter der einige belegte Schnittchen zu erkennen waren, und daneben stand ein Schild, auf dem »Laßt es Euch schmecken« stand.
Sie nahm den Teller auf dem Kühlschrank, nahm die Folie ab und stellte ihn auf den Tisch. Dann machte sie ein paar Schranktüren auf, bis sie anscheinend das Gesuchte gefunden hatte. Sie stellte zwei Gläser auf den Tisch. Dann ging sie noch einmal zum Kühlschrank und nahm ein paar ein paar Flaschen heraus und stellte diese ebenfalls auf den Tisch.
Paul stand etwas verlegen neben dem Tisch. Er hätte Maria gern geholfen, doch er kannte sich in der Küche noch schlechter aus.
Sie setzten sich und ließen es sich schmecken.
* * *
Maria blickte auf die Uhr. »So langsam müssen wir uns wirklich auf den Weg machen.« Ich komme ja nicht so schnell voran, dachte sie im Stillen noch dazu.
»Meine Stiefel sind unten.« Sie nahm ihre Tasche und bat Paul, das Cape mitzubringen.
Paul kam ihrer Bitte nach und ging dann langsam hinter ihr her aus dem Raum und in Richtung Treppe. Auf dem Weg nach unten fiel Paul auf der einen Seite auf, wie sehr mühsam für Maria das Treppen hinabsteigen war. Auf der anderen Seite spürte er aber auch ihren unbändigen Willen, gegen ihre Einschränkungen anzukämpfen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Wobei Paul aber immer noch nicht wusste, was sie so sehr behinderte.
Auf jeden Fall schien Maria den Umgang so sehr gewöhnt zu sein. Es machte ihr überhaupt nichts aus, im Gegenteil, sie strahlte sogar etwas Stolz aus.
Unten angekommen ging sie auf eine kleine Kommode zu und öffnete diese. Sie zog sich ihre Hausschuhe aus und stellte sie an die Stelle der Stiefel im Schrank, die sie heraus nahm.
Paul fiel auf, dass beide ungefähr die selbe Absatzhöhe hatten.
Sie schlüpfte in die Stiefel und zog den langen Reißverschluss zu. Es schienen die Stiefel zu sein, die Maria auch in der Schule trug. Paul glaubte den einen kleinen Kratzer wieder zu erkennen.

Aus einer der Schubladen nahm sie sich wieder ein Schloss und brachte es am oberen Ende des Stiefelschaftes an.
Paul schaute sehr fasziniert zu, wagte jedoch nichts zu fragen.
Maria bemerkte seinen fragenden Blick und hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Das gehört zum Programm. Alles wird kontrolliert.« Sie machte eine Pause. Sie schien nach zu denken. Dann lachte sie. »Heute habe ich ja frei. Da bräuchte ich ja gar nicht.«
Trotzdem nahm sie aus der Schublade ein weiteres Schloss und sperrte sich auch in den zweiten Stiefel ein.
Auf einmal blickte sie Paul besorgt an. »Die Schlüssel hast Du eingesteckt.«

Paul wurde rot. »Nein, die liegen noch auf deinem Schreibtisch.«
Maria musste ihn nicht auffordern. Er reichte ihr das Cape, drehte sich um und lief eilig die Treppe hoch. Er ging in Marias Arbeitszimmer und griff sich das Schlüsselbund. Eine Gänsehaut überkam ihm dabei, denn er ahnte, dass er mit den Bund wohl auch den Schlüssel zu manch einem von Marias Geheimnissen in der Hand hielt.
Maria blickte ihn dankbar an, als er mit den Schlüsseln zurück kam. Mit einem herausfordernden Lächeln reichte sie ihm das Cape. »Hilfst Du mir?«
Im ersten Moment wunderte sich Paul, denn sonst konnte sie sich das Cape ja selbst anziehen. Und wie er ja jetzt wusste, brauchte sie eigentlich nur Hilfe beim Öffnen des Kragenriegels.
Er blickte sie verwundert an. Doch dann fiel ihm ein, dass Maria ja die Ärmel ausprobieren wollte. Allerdings traute er sich nicht, etwas zu sagen. Doch in ihm klangen die Worte von Marias Erzieherin nach. ´Über Verbote nachdenken... Das elfte Gebot...´

Maria spürte seine Unsicherheit und ließ sich davon anstecken. Sie begann laut zu überlegen. »Ich trage das Cape schon sehr lange. Aber die Arme in den Ärmeln hatte ich noch nie.«
Paul versuchte mit zu denken. »Du wärst dann ziemlich hilflos.«
Sie blickte ihn an und strahlte. »Ja.« Dabei wurde sie leicht rot.
Paul versuchte vorsichtig zu bleiben. »Du hast normale Stiefel an und kannst sehen, wo Du hin trittst.«
Maria blickte ihn verliebt an. »Du meinst auch, wir könnten es probieren?«
Paul versuchte, seine letzten Zweifel zu unterdrücken. Er faltete das Cape langsam auseinander und hielt es Maria hin. Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Öffnungen suchte und hinein schlüpfte.
Paul sah dies atemlos und zog das Cape langsam hoch. Marias Arme verschwanden langsam in den Ärmelhüllen.
Er zog ihr den Umhang über die Schultern, dann trat er vor sie und blickte sie fragend an. »Wie gefällt es Dir? Sitzt es gut?«

Maria konnte nur noch flüstern: »Ja, es ist sehr schön.« Sie musste schlucken. »Bitte mach es zu.«
Paul kniete sich kurz vor Maria hin, so dass er den Reißverschluss besser schließen konnte. Er schob ihn langsam hoch und stand dabei wieder auf. Bevor er den Kragenriegel schloss, fasste er noch einmal an seine Tasche, ob die Schlüssel da waren. Er fühlte sie.
Es machte leise »klick« und Marias Augen strahlten. Sie wackelte etwas mit ihren Arme und stöhnte ganz leise dabei. Sie blickte ihn an. »Es fühlt sich toll an.« Sie zeigte ihm, welchen Freiraum sie noch mit ihren Armen hatte. Es war nicht viel.
Sie blickte auf die große Standuhr. »Jetzt müssen wir aber gehen.« Maria ging auf ihre Musiktasche zu und wollte sie wie sonst auch unter dem Cape mit der Hand greifen, als sie beschämt feststellte, dass dies jetzt doch nicht ging. Sie konnte ihre Hand in der engen Hülle nicht genug bewegen. Ein klein wenig ärgerte sie sich. Dies hatte sie doch nicht bedacht.
Paul wusste, dass er bei Marias besonderem Zustand jetzt sehr aufmerksam sein musste, und so entging ihm auch nicht, dass Maria jetzt etwas unsicher auf ihre Tasche blickte. Er ging entschlossen auf sie zu und nahm sich die Tasche. Er legte seinen Arm um Marias Schultern und schob sie sanft in Richtung Tür.
»Laß uns gehen.«
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Dankbarkeit an.
* * *
Die Sonne stand schon tief, als Paul und Maria sich langsam auf den Weg machten. Sie gingen langsam schweigend nebeneinander her. Paul war sehr bemüht, auf seine hilflose Maria gut aufzupassen. Der Weg würde nur eine halbe Stunde dauern, hatte sie ihm gesagt und dabei an sich herunter gesehen.
Paul wusste, was sie damit sagen wollte, auch wenn er nicht wusste, was ihren Schritt so ausbremste. Aber das traute er sich nicht zu fragen.
Es war ihm irgendwie auch klar, dass es der falsche Zeitpunkt war, um Maria nach ihrer Strafe zu fragen, auch wenn es ihn sehr interessierte. Er wollte ihr nicht die Laune verderben. Außerdem erinnerte er sich noch gut daran, wie traurig sie noch vor kurzem war.
Er bedauerte es allerdings, dass Maria jetzt keine »Gehhilfe« brauchte. Sie ging selbständig neben ihm und bis auf die Tatsache, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte, was sie doch ziemlich agil. Paul hätte sie lieber in seiner Umarmung geführt. Aber dies traute er sich nicht, weil er wusste, dass Maria sich dagegen nicht wehren konnte. Und aufzwingen wollte er es ihr nicht.
Auf einmal blieb Maria stehen und Paul sah, dass sie versuchte, ihre Arme zu bewegen. Maria stöhnte leicht. »Ich hätte die Ärmel doch nicht benutzen sollen.«
Paul blickte sie verunsichert und etwas verängstigt an.
Maria blickte Paul an. »Ich müsste mich mal kratzen.« Sie grinste etwas.
Paul war erleichtert und versuchte ihr entgegen zu kommen. »Soll ihr Dir das Cape aufmachen?«
Maria nahm das Angebot dankbar zur Kenntnis. »Nö, laß nur. Aber Du könntest mich an der rechten Schulter kratzen.... jaaa.... danke!« sie ging weiter.
Paul begriff so langsam, wie hilflos Maria in diesem doch so einfachen Cape war. Beide genossen unabhängig voneinander ihre Gefühle.
* * *
Sie waren die ersten im Probenraum.
Paul ließ sich von Maria den Stuhl zeigen, auf dem sie sitzen würde und stellte dort ihre Tasche ab.
Er nahm das Schlüsselbund aus seiner Tasche und ging auf Maria zu. Er grinste.
»Werte Prinzessin, darf ich Euch aus dem Mantel helfen?« Maria blickte ihn zunächst erstaunt an, dann musste auch sie etwas grinsen. Sie stellte sich vor ihn hin und hob etwas den Kopf.
Paul öffnete den Kragenverschluss, so wie er es geübt hatte. Dann zog er den langen Reißverschluss herunter.
Maria versuchte, sich aus den Ärmeln zu befreien, doch zu ihrem eigenen Erstaunen blieb sie in dem Cape gefangen. Ihre Hände hatten in den engen Ärmeln nicht genug Spiel, um es nach unten zu ziehen. Außerdem wurde es noch von ihren Schultern gehalten.

Paul schaute ihr zunächst fasziniert zu, wie sie sich mit ihrem Spazier-»Gefängnis« abmühte.
Anscheinend hatte Maria die Wirkung der Ärmel unterschätzt. Sie drehte sich zu Paul um und ging auf ihn zu. »Die Ärmel sind besser als ich dachte.« Sie lächelte verträumt. »Hilfst Du mir da heraus?«
Paul streifte ihr das Cape von den Schulter und zog es dann nach unten, so dass Maria die Arme heraus nehmen konnte.
»Danke« lächelte Maria. Und es lag ein gewissen Leuchten in ihren Augen.
Maria ging auf ihren Stuhl zu und nahm zunächst den Notenständer heraus. Sie baute ihn auf und legte ihre Notenmappe darauf. Dann packte sie ihre Flöte aus.
Sie sah, dass Paul etwas hilflos mit ihrem Cape in den Händen im Raum stand. Sie zeigte ihm die Garderobe und schlug ihm vor, dass er sich hinten ans Fenster setzen könnte.
Paul kam dieser Bitte gern nach. Er hängte das jetzt so unschuldig wirkende Cape auf und setzte sich auf einen der Stühle am Fenster. Er war erleichtert, denn er hatte Maria sicher zur Probe gebracht. Jetzt erst spürte er, wie müde er doch war.
Maria hatte auf ihrem Stuhl Platz genommen und begann auf ihrer Flöte zu spielen. Paul lauschte den zarten Klängen und ließ sich davon entführen...
* * *
Er schritt langsam den steilen Berg hinauf zur königlichen Burg. Ein Bote hatte eine Einladung in das Schloss gebracht, jedoch wusste er nicht, was die königliche Familie von ihm wollte.
Sein Blick fiel gelegentlich auf die stolze Burg, die langsam näher kam. Schon oft hatte er sich gewünscht, dort einmal hineinschauen zu dürfen. Jetzt trug er fast atemlos die Einladung ihrer Bewohner in der Hand.
Die Wachen am ersten Tor hätten ihn fast wieder davon gejagt. Erst im letzten Moment fiel Paul ein, dass er die Einladung vorzeigen musste. Sofort wurden die Männern freundlicher und begrüßten ihn als einen Gast des Königs.

Auf dem Weg zum zweiten Tor hörte Paul leises Flötenspiel. Er blickte auf zur Burg und sah, dass die liebliche Prinzessin Maria am Fenster saß und auf ihrem Instrument spielte. Sie schien ihn bemerkt zu haben, doch er traute sich nicht, ihr zu zuwinken. Er bewunderte die Prinzessin, doch sie war auch etwas Unnahbares, etwas Heiliges. Außerdem konnte ihn sowohl die Wächter vom ersten als auch vom zweiten Tor sehen und er war bemüht, kein weiteres Aufsehen zu erregen.
Beim zweiten Tor zeigte er gleich seine Einladung vor und die Wächter ließen ihn passieren. Doch für Paul begann jetzt erst das richtige Herzklopfen. Er stand bald darauf vor dem eigentlichen Burgtor. Sehr respektvoll ergriff er den schweren Klopfer und ließ ihn gegen das Tor fallen. Dumpf hallte es durch den Burghof.
Eine kleine Seitenpforte öffnete sich und Paul zeigte sofort seine Einladung vor. Der Kämmerer warf einen kurzen Blick darauf und blickte Paul ernsthaft an. »Ihre Hoheit wartet schon.« Dann bat er ihm zu folgen.

Paul schritt hinter dem Kämmerer her in den Burghof, und nur am Rande nahm er die Musiker wahr, die auf dem kleinen Podest vor der Dürnitz standen und musizierten. Paul konnte nur einen kurzen Blick auf die Personen werfen, doch die kleine Flötistin fiel ihm auf. Er glaubte sie zu kennen.
Er wurde in das Vorzimmer zum Weißen Saal gebeten und angehalten, dort zu warten. Paul kam der Bitte nach und war sehr neugierig, was »Ihre Hoheit« von ihm wollte. Erst jetzt fiel ihm auf, das mit dieser Bezeichnung nicht der König gemeint sein konnte, sondern entweder die Königin oder vielleicht sogar die Prinzessin. Er war sehr gespannt, was wohl von ihm erwartet wurde.
Von draußen klangen noch die Klänge der Musiker durch die offenen Fenster, doch dafür hatte Paul genauso wenig Aufmerksamkeit über wie für den prachtvollen barocken Raumschmuck.

Mrs. Potter kam aus einer Türen und mit einer sehr strengen Miene schalt sie ihn, was ihm denn einfiele, die Prinzessin so lange warten zu lassen. Völlig eingeschüchtert ging Paul hinter ihr her in den großen Weißen Saal.
An der Seite spielten wieder eine kleine Gruppe Musiker, und vorn vor dem großen Spiegel stand die Prinzessin Maria neben einer kleinen Schulbank und einer Tafel. Paul war verwundert und aufgeregt zugleich. Beim Näherkommen sah er, das die Prinzessin ein langes Cape trug. Es kam ihm ziemlich bekannt vor.
Mit einem strengen Blick bat die Prinzessin Paul näher zukommen. Er folgte ihrer Anweisung mit großem Herzklopfen.
»Bitte helft mir aus dem Cape.« Es kam Paul nicht in den Sinn, sich dieser seltsamen Bitte zu widersetzen. Er trat auf die Prinzessin zu, öffnete das Cape und nahm es ihr von den Schultern. Darunter kam ein wunderschönes Kleid zu Tage mit einem sehr reizvollen Dekolleté und einer sehr schmalen Taille.
Und dass die Prinzessin einen zum Kleid passenden Monohandschuh trug, konnte Paul nicht wirklich in Erstaunen versetzen.

Die Prinzessin bedankte sich bei Paul und setzte sich an die Schulbank. Sie lenkte Pauls Blick auf die Tafel, auf der mit Kreide eine Mathematikaufgabe notiert war.
»Könnt ihr mir helfen, diese Aufgabe zu lösen?« die Stimme der Prinzessin klang etwas verärgert. Sie schien sich damit schon länger befasst zu haben.
Paul schaute sich den Text der Aufgabe an: ´Aus dreieinhalb Hektar Getreide lassen sich 20 Brote backen. Welche Fläche wird für 200 Personen gebraucht?´
Paul erkannte sofort, dass sich diese Aufgabe so nicht lösen ließ. Es fehlte doch die Angabe, wie viel Brot eine Person brauchte. Er sagte dies der Prinzessin.
Diese blickte ihn mit einer Mischung aus Enttäuschung und Verwunderung an. »Seht ihr, er kann es auch nicht. Wachen, führt ihn ab.«
Die Musik hatte aufgehört zu spielen und Paul sah mit Erschrecken, wie jemand mit einer schweren Rüstung auf ihn zu kam.
* * *
Im letzten Moment wurde Paul wieder wach und sah, dass einer der Musiker auf ihn zu kam. »Wir gehen jetzt noch ein Gläschen trinken. Du kommst doch mit, oder?«
Paul sah sich verwundert um und dann fiel ihm wieder ein, dass er Maria ja auf die Probe begleitet hatte. Er war beschämt, weil er eingeschlafen war.
Maria war auch zu ihm getreten und blickte ihn lieb an. »Bitte lass uns mitgehen.«
Paul hatte wegen seines Schlafens ein großes schlechtes Gewissen, und die Aussicht, noch länger mit Maria zusammen zu sein, ließ ihn sofort zustimmen.
Auf dem Weg musste er über seinen verrückten Traum nachdenken. Gern hätte er Maria, seiner Prinzessin, davon erzählt, doch dazu hätte er ihr gegenüber zugeben müssen, dass er während ihres Spielens eingeschlafen war.
* * *
Die Gaststube war gleich im Nachbarzimmer. Es wurden zwei Tische zusammengestellt, so dass alle an einem großen Tisch Platz fanden. Paul war erfreut, dass er neben Maria sitzen konnte, denn er kannte sonst keinen aus der Runde.
Der Wirt kam an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen. Paul wollte ein Bier, während Maria sich ein Wasser bestellte.
Der Mann, der ihn gefragt hatte, stand auf und sprach ein paar Worte. Er dankte allen für die Teilnahme an der Extraprobe und begrüßte Paul, der ja extra seine Freizeit geopfert habe.
Maria bedankte sich noch einmal mit einem besonders liebevollen Blick bei ihm.
Direkt an Paul gewandt, stellte sich der Mann als Leiter der Gruppe vor. Er hieß Fritz und saß neben seiner Frau Carla, die die erste Stimme bei den Flöten spielte. Danach stellte er auch die anderen Musiker vor.
Er wünschte allen einen schönen Auftritt Morgen und erinnerte auch noch einmal an das wichtige Katerinenfest, welches dieses Jahr wieder stattfinden würde.
Dann nahm er wieder Platz.

Die Getränke kamen. Sie stießen auf den Auftritt am nächsten Tag an.
Maria war in diesem Moment sehr glücklich, dass Paul sie begleitet hatte. Sie blickte ihn sehr dankbar an und lächelte. Er erwiderte den Gruß.
»Es ist schön, dass Du auch mal mitkommst.« Carla hatte Maria angesehen.
Fritz pflichtete ihr bei. »Ja, das ist sehr schön.« Er blickte zu Paul und dann wieder zu Maria. »Wo hast Du denn Deine Mrs. Potter gelassen?«
Anfangs war Maria über die Geburtstagfeier sehr unglücklich gewesen. Doch jetzt war sie froh, dass stattdessen Paul sie begleiten konnte. »Die musste unbedingt einen Geburtstag feiern.«
Carla grinste. »Paul ist auch eine wesentlich schönere Begleitung für Dich.«
Maria lächelte, und als Antwort nahm sie Pauls Hand und hielt sie fest. »Dabei war ich drauf und dran, alles abzublasen.« Sie überlegte, wie viel sie von sich selbst erzählen wollte. »Aber dann kam Paul, und er hat mich eskortiert.« Vor dem Wort ´eskortiert´ hatte sie eine rätselhafte Pause gemacht.
Paul genoss den Händedruck von Maria sehr und fühlte gleichzeitig auch die Verantwortung, die auf ihm lastete, wenn er die anscheinend oft sehr hilflose Maria begleitete. Er fasste mit der freien Hand an seine Hosentasche. Das dicke Schlüsselbund war noch da.
Carla machte ihr noch ein Kompliment. »Du kommst auch mit den Korsetts immer besser zurecht. Du hast einen sehr schönen Flötenton.«

Maria wurde rot.
Doch die Frau des Leiters ließ nicht nach. »Doch ernsthaft, Du spielst schon fast besser als ich.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Sag es ihr.«
Maria blickte Fritz verwundert an. »Carla und ich haben überlegt, dass Du öfters mal mit Carla die Stimme tauschen könntest.«
Maria war erstaunt. »Aber Carla spielt doch die erste Stimme.« Dann erst begriff sie, was Fritz wirklich gesagt hatte, und sie war erstaunt. »Meint ihr, das schaffe ich?«
Carla lächelte. »Bescheiden wie immer.« Sie streichelte sie zärtlich an der Schulter. »Natürlich kannst Du das.«
Maria fühlte sich sehr geschmeichelt, und die Aussicht auf die erste Stimme freute sie sehr. »Aber auf dem Fest machen wir das noch nicht. Ich muss doch erst mal die Stücke alle üben, und bis dahin ist es gar nicht mehr so lange.«

Fritz ermutigte sie. »Jetzt sind ja bald Ferien. Da hast Du Zeit, Dir die Stücke anzusehen. Und vor dem Fest sagst Du dann noch mal Bescheid.«
Damit war Maria einverstanden.
Jemand wollte von Paul wissen, ob er auch ein Instrument spielte.
»Ich habe mit Blockflöte angefangen.« Paul freute sich, dass er Marias Hand immer noch festhalten konnte. »Ich habe auch mal kurz das Trompetespielen probiert. Doch es wurde mit der Schule zu viel.« Ein wenig Bedauern war in seiner Stimme zu hören.

Carla blickte in die Runde. »Kinder, ich freu mich schon auf das Katerinenfest.«
Karin, die die zweite Tenorflöte spielte, blickte verträumte in die Runde. »Oh ja, das war schön damals.« Ihr Blick hatte etwas verträumtes. »Kerstin war toll als Katerina.«
Carla fiel auf, dass einige in der Runde etwas verständnislos schauten, Paul inbegriffen. »Ach ja, ihr seid ja erst danach dazu gekommen.« Sie schien noch einmal tief Luft zu holen. »Alle sieben Jahre wird bei uns in der Stadt das Katerinenfest gefeiert.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Erzähl Du das, Du kennst Dich da besser aus.«

Fritz blickte in die Runde und begann zu erzählen. »Das Fest ist schon sehr alt und es wird alle sieben Jahre gefeiert. Irgendwann im dreizehnten Jahrhundert gab es mal einen Krieg zwischen dem hiesigen Herzog und dem benachbarten Grafen. Der Graf wurde vom Herzog besiegt, und um den Frieden zu sichern, wurde die Grafentochter Katerina als Geisel mit von der Schlacht in die Stadt gebracht. Der Sohn des Herzogs hat sich dann allerdings in die Grafentochter verliebt und schon ein paar Wochen später wurde damals Hochzeit gefeiert.«

Er machte eine bedeutsame Pause. »Zum Ende der Sommerferien wird dieses Fest nachgespielt. Am Freitag Nachmittag ist die siegreiche Heimkehr von der Schlacht. Die Grafentochter wird als Geisel in Ketten in die Stadt gebracht.« Er warf einen Blick auf Karin, die Mutter der letzten Katerina-Darstellerin.
Diese fing den Blick auf und musste lächeln. »Oh ja, das war nicht einfach für Kerstin, die schweren Ketten zu tragen, auf dem ganzen Weg.«

Die Neuen in der Runde blickten etwas verwundert. Fritz versuchte zu erklären. »Ja, das ist das besondere an dem Katerinenfest. Die damalige Katerina war ja eine Geisel, und als solche trug sie die ganze Zeit bis zur Hochzeit immer irgendwelche Fesseln. Und das wird heute immer noch dargestellt. Sogar auf dem Ball, auf dem sie mit dem Herzogssohn getanzt hat, war sie nicht frei. Erst in der Kirche, nach dem »Ja«-Wort.«
Karin war immer noch ziemlich stolz auf ihre Tochter. »Es war nicht einfach für Kerstin, ohne ihre Arme zu tanzen. Aber ich denke, es hat ihr auch Spaß gemacht.«
Carla konnte sich auch gut dran erinnern. »Ja, das war ein schönes Fest. Wie wird es wohl heuer werden?« Sie verzog etwas ihr Gesicht.

Jemand aus der Runde fragte, wer denn dieses Jahr die Katerina spielen würde.
»Na unser aller Party-Luder.« Es lag sehr viel Bedauern und Ärger in Carlas Stimme. »Die liebe Baroness Sophie von Harsumstal.« Es war deutlich zu hören, wie sehr ihr diese Person zuwider war.
Fritz war anzusehen, dass es ihm auch nicht recht war. »Aber da müssen wir durch. Das läßt sich jetzt nicht mehr ändern.« Er beschrieb, dass Sophie schon vor sieben Jahren ausgewählt worden war, und dass ihr Vater, der Baron, deswegen auch den Vorsitz des Festausschusses hatte. Das wurde schon immer so gemacht, und bisher waren die Töchter auch immer brav und artig gewesen. »Aber denken wir nicht an dieses Biest und konzentrieren wir uns lieber auf unsere Auftritte.
Wir werden an dem Wochenende viel zu spielen haben. Bitte vergeßt das Üben nicht.«
* * *
Paul hatte sich seine Jacke schon angezogen und nahm nun Marias Cape vom Haken. Er nahm es am Kragen und hielt es Maria hin. Dabei blickte er sie fragend an, ohne allerdings etwas zu sagen.
Maria stutze erst, als sie seinen Blick bemerkte, dann schien sie den Inhalt der nicht gestellten Frage begriffen zu haben. Sie grinste ihn an und nickte ganz leichte.
Irgendwie war beiden klar, dass Maria wieder die Ärmel benutzen wollte, aber so, dass es die anderen nicht mitbekamen. Paul gab sich große Mühe, das Cape so zu halten, dass Maria mit ihren Händen schnell die inneren Ärmel finden konnte. Zu ihrer beider Freude klappte es sehr gut, und Paul konnte Maria das Cape zu den Schultern hinaufziehen und den Reißverschluss mitsamt dem Kragenriegel schließen. Marias Augen strahlten.
Die anderen Musiker waren das Ritual des Cape-Anziehens von Mrs. Potter her schon gewohnt, und daher schenkten sie auch Paul keine besondere Aufmerksamkeit.
* * *
Der Mond schien ziemlich hell vom Himmel und tauchte die Nacht in ein romantisches Licht. Paul und Maria gingen langsam den Weg zu Marias Haus.
Paul versuchte an ihrer Seite sich an das langsame Tempo anzupassen. Er wurde mutig. »Schade, dass Du den Handschuh nicht trägst.«
Maria blieb verblüfft stehen und blickte ihn mit einem fragenden Gesicht an.
Paul versuchte seine Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen, doch innerlich war er sehr aufgewühlt. »Ich dürfte dann wieder den Arm um Dich legen und Dich führen.«
Ganz langsam glitt ein Lächeln über Marias Gesicht. Sie ging langsam weiter, ohne Paul eine Antwort gegeben zu haben. Doch ihm fiel auf, dass sie auf einmal viel wackeliger auf den Beinen war. Zuerst bekam er einen Schreck und fragte sie, ob denn alles in Ordnung sei. Er schalt sich einen Narren, dass er seinem Wunsch nachgegeben hatte. Er hätte lieber an Marias Schutz denken sollen.
Sie blieb stehen und blickte Paul herausfordernd an. »Ich bin doch etwas unsicher auf den Beinen nach der anstrengenden Probe. Magst Du mich nicht führen?«
Paul legte zärtlich den Arm um Marias Schulter und spürte erfreut, wie sie sich auch etwas an ihn schmiegte.
* * *
Je näher sie dem Tor kamen, desto unruhiger wurde Paul. Es war ihm klar, dass er sich wegen Maria und seiner Begleitung vor Mrs. Potter rechtfertigen musste.
Er war sich zwar sicher, diesmal nichts verbotenes getan zu haben, aber wegen der Cape-Ärmel hatte er irgendwie doch ein schlechtes Gewissen. Andererseits, so versuchte er sich zu beruhigen, schienen sie Maria ja zu gefallen. Und sie hatte ihm extra noch einmal beteuert, dass sie nicht verboten waren.
Vor dem Tor blieben sie stehen und drehten sich zueinander. Maria flüsterte ein leises »Danke für den schönen Abend.«
Paul hielt Maria immer noch in seinem Arm. Es fiel ihm schwer zu antworten, denn er war ganz gefangen von Marias Nähe und gleichzeitig auch ihrer großen Hilflosigkeit, die sie sich selbst so gewünscht hatte. Er brummte so etwas wie ein »Gern geschehen.«
Maria begann sich in seinem Arm zu ihm hin zu drehen und Paul hatte das Gefühl, seinen Arm jetzt wegnehmen zu müssen. Doch als er einen Hauch des Enttäuschens über Marias Gesicht huschen sah, legte er den Arm wieder um sie.
Sie blickte ihn an. Sie schluckte. Dann sprach sie leise. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Du morgen zu dem Konzert zum Zuhören kommen würdest.«
Paul blickte sie und obwohl dies schon fast nicht mehr möglich war, wurde er noch glücklicher. »Sehr gern komme ich morgen mit.«
Er hätte ihr gern ein Kompliment zu der Musik gemacht, doch da er während der Probe eingeschlafen war und Maria gegenüber sehr ehrlich sein wollte, konnte er sich im Moment noch kein Urteil erlauben. Er wäre ohnehin in den Kurpark gegangen, sein schlechtes Gewissen wegen des Einschlafens und des Traumes hatten ihm dies schon geraten.

Maria sprach weiter. »Danke für die Hilfe mit dem Cape.«
Paul erschrak auf einmal. Er hatte erkannt, dass Maria immer noch mit den Armen gefangen war und dass ihre Erzieherin es bemerken würde. Er blickte Maria sorgenvoll an: »Was wird sie bloß dazu sagen?«
Maria erkannte seinen Gedankengang und fühlte tief in sich so etwas wie Trotz. »Ich habe heute meinen freien Tag, da kann ich machen, was ich will.« Sie klang ziemlich gefestigt.
Paul blickte sie erstaunt an. »Du magst es, wenn Du so hilflos bist?«

Zuerst wurde Maria rot und schwieg etwas, dann blickte sie zu ihm auf und lächelte hintergründig. »Wenn Du mich jetzt küssen wolltest, könnte ich Dich nicht dran hindern.«
Paul war schon wieder verblüfft. Zwar war sie ihm ausgewichen auf die Frage nach der Hilflosigkeit, doch dafür hatte sie ihm ein sehr verlockendes Angebot gemacht. Trotzdem war Paul vorsichtig, denn er wollte auf keinen Fall ihre Hilflosigkeit ausnützen.
Er legte langsam und zärtlich beide Arme um sie und zog sie ganz langsam an sich heran. Marias Augen strahlten. Ihre Lippen kamen sich näher.
* * *
Mrs. Potter saß im Wohnzimmer und freute sich über den doch noch gelungenen Tag und auf die Rückkehr ihres Schützlings. Es war das erste Mal, dass sie ihr so viel Freiheit und Vertrauen entgegen brachte, und sie hoffte sehr, dass Maria sich richtig verhalten würde. So wie es im Programm vorgesehen war.
Dabei war es Marias Fehler gewesen, dass es fast ein sehr trauriger Tag geworden wäre, denn sie hatte es wirklich versäumt, etwas von der Extraprobe zu sagen.
Es war sehr gut, dass Paul da gewesen war. Den 90. Geburtstag hatte sie wirklich nicht absagen können, aber es hätte ihr fast das Herz gebrochen, Maria ihren Konzertauftritt verderben zu müssen, auf den sie sich schon so lange freute. Sie hätte es auch sehr unfair gefunden, wenn sie nur wegen des Programms Maria hätte so in die Schranken weisen müssen.

Sie hörte Schritte. Marias Stiefel waren dabei und jemand begleitete sie. Mrs. Potter ging an das Fenster und hoffte sehr, dass es Paul sein würde. Es wäre so schön, wenn Maria in ihm einen Freund finden würde.
Das helle Mondlicht erlaubte es, dass sie Maria und Paul vor dem Tor stehen sah. Voller Freude entdeckte sie, dass die beiden sich gerade küßten. Und auf den zweiten Blick sah es aus, als hätte Maria ihre Arme in den Capeärmeln stecken. Sie freute sich über beides.
Sie zog sich eine Jacke über und ging langsam vor das Haus, um Maria abzuholen. Sie war bis jetzt schon sehr zufrieden mit ihrem Schützling.
* * *
Paul und Maria blickten sich völlig verliebt in die Augen, als auf einmal die Schritte von Mrs. Potter zu hören waren. Paul nahm aus seiner Verliebtheit heraus den Mut, sich nicht von Maria zu lösen. Er wollte ihr zeigen, dass er zu Maria stand.
»Na, hattet ihr einen schönen Abend? Und wie war die Probe?« Mrs.Potter hatte sich extra Mühe gegeben, ihre Stimme möglichst freundlich klingen zu lassen.
Maria faßte sich als erstes. Sie blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Sie stotterte trotzdem etwas. »Es... Es war sehr schön.« Es schien, als erwache sie gerade aus einem schönen Traum. »Ich darf bald die erste Stimme spielen.«
Mrs. Potter zeigte ehrliche Freude an der schönen Nachricht. Auch sie lobte Maria noch einmal für ihr schönes Flötenspiel.

»Seit ihr mit dem Cape und den Schlüsseln klargekommen?« Die Frage war mehr an Paul gerichtet und trotzdem zuckten beide bei dem Wort ´Cape´ etwas zusammen.
Paul war zunächst nicht zu einer Antwort fähig. Er griff in seine Hosentasche und nahm zitternd das Schlüsselbund heraus. Er reichte es Mrs. Potter. »Es... Es...« Er stotterte noch mehr als Maria. »Es hat alles gut geklappt.«
Das schlechte Gewissen wegen der Cape-Ärmel war beiden auf die Stirn geschrieben.

Mrs. Potter war der Meinung, dass die beiden jetzt genug gelitten hatten. Sie wollten ihnen ein Zeichen geben. »Lassen sich die Ärmel gut tragen?« fragte sie mit ruhiger Stimme und blickte Maria dabei wohlwollend an.
Maria blickte sie völlig verwirrt an. »Aber wieso... Ich meine...«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Mund blieb offen stehen.
Die Stimme ihrer Erzieherin wurde noch etwas weicher. »Du hast heute Deinen freien Tag. Genieße es.«
Maria machte ihren Mund langsam wieder zu und nur langsam begriff sie, was ihre Erzieherin gerade gesagt hatte.
Diese blickte Maria noch einmal ermutigend an. »Du möchtest Paul vielleicht noch einen schönen Abschiedskuß geben, dann komm bitte ins Haus.« Sie drehte sich um und ließ die beiden total erstaunt und verwundert vor dem Tor stehen.
* * *
Maria kam sehr glücklich aus dem Bad und sah, dass ihre Erzieherin schon ihr Bett für die Nacht zurecht gemacht hatte. Auf dem Tisch, auf dem sich manchmal ganze Berge von Leder und Gummi häuften, lagen nur die beiden strengen Armkorsetts, die sie diese Nacht tragen würde, sowie das kleine Taillenkorsett.
Leise Musik war zu hören. Maria erkannte, dass es eines ihrer Lieblingsalben war. Sie überlegte. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten. Sollte der Tag wirklich so schön enden?

Und richtig, auf dem Nachttisch sah Maria etwas beschämt ihren Lieblingsvibrator liegen sowie ein extra Paket mit Batterien.
Auf dem Regal an der Wand sowie auf dem Nachttisch brannten ein paar Kerzen und tauchten den Raum in ein sehr warmes Licht.
Von draußen warf auch der Mond noch einen Gruß ins Zimmer, als wollte er Maria bei dieser schönen Nacht extra begleiten.
Leise schwebte die Musik im Raum.

Maria setzte sich auf das Bett und blickte ihre Erzieherin mit einer Mischung aus Glück und Verwunderung an. Sagen konnte sie in diesem Moment nichts.
Mrs. Potter blickte sie liebevoll an und streichelte ihr zärtlich über die Haare. Mit leiser geheimnisvoller Stimme sagte sie: »Ich komme dann in einer Stunde wieder, um Dir die Armkorsetts anzulegen. Aber sag Deiner Mutter nichts davon.«

Maria wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie hätte wohl aber auch kein Wort heraus bekommen.
Ihre Erzieherin blickte Maria noch einmal ermutigend an, dann ging sie langsam und leise hinaus.
Maria legte sich auf das Bett und schloß die Augen. Sie dachte an Paul und seine schönen Küsse. Dabei begann sie sich langsam und zärtlich zu streicheln.
Die Musik schwebte zauberhaft im Raum und das Kerzenlicht warf einen warmen Schimmer auf das Bett.
Zärtlich berührte sie ihren Körper und stellte sich dabei vor, es wäre Paul, der sie liebkoste.

In Gedanken ging sie die schöne Zeit an Pauls Seite noch einmal durch, und nur sehr langsam strichen ihre Hände dabei über ihren Körper.
Nach einiger Zeit griff sie langsam zum Nachttisch und nahm sich den vertrauten Vibrator in die Hand, ohne dabei die Augen aufzumachen.
Ein bekanntes leises Brummen mischte sich sanft mit der Musik. Langsam führte sie ihre Hand nach unten. In Gedanken spürte sie, wie ihre Arme von dem Handschuh umfaßt waren. Paul hatte sie darin so schön eingeschnürt. Und die Ärmel in dem Cape, bei denen Paul ihr geholfen hatte.
Paul...
Verträumt dachte sie an die zärtliche Umarmung und an die schönen Küsse.
* * *
»Na so wie Du strahlst, hast Du sie bestimmt geküßt.« Pauls Oma musste ihren Enkel nur einmal kurz ansehen.
Paul war verblüfft. Er wusste nicht, was er sagen sollte. So viel neues und seltsames war heute auf ihn eingeströmt.
»Das ist doch in Ordnung.« Sie wollte ihm Mut machen. »Ich freue mich für Dich.«
»Zuerst war Maria total traurig, weil sie nicht auf die Probe durfte.« Paul begann ihr vom Tag zu erzählen. »Aber dann hatte Mrs. Potter die Idee, dass ich sie begleiten könnte.«

Selma spürte, dass ihren Enkel noch etwas bedrückte. »Du hattest Angst, dass sie dich wieder zu etwas verbotenem überredet.«
»Es war das Cape, welches sie immer trägt.« Er erzählte ihr von dem seltsamen Verschluß und von den inneren Ärmeln, die Maria so unerwartet hilflos machten. Und davon, wie ihre Erzieherin am Schluß reagierte.
»Ich habe Dir doch gesagt, dass sie in Ordnung ist.«
Paul fiel ein, dass er seiner Oma auch von dem seltsamen Traum erzählen konnte. »Ich habe mich nicht getraut, es Maria zu erzählen, denn dann hätte ich ja zugeben müssen, dass ich während ihrer Probe eingeschlafen bin.«

»So so, Du konntest also die Matheaufgabe nicht lösen.« Sie musste lächeln. Sie kannte ihren Enkel gut genug um zu wissen, dass ihn so etwas schon sehr ärgerte.
Paul wollte sich rechtfertigen. »Da hat doch eine Angabe gefehlt.«
Oma Selma dachte einen Moment nach. Dann lächelte sie. »Der Traum wollte Dir etwas ganz anderes sagen.«
Paul blickte seine Oma erstaunt an.
»Wenn Du mit Maria zusammen bist, dann höre nicht auf Deinen Kopf, sondern folge Deinem Herzen.« Sie machte ein kleine Pause. »Tue, was Dein Gespür Dir sagt und sei sehr aufmerksam. Dann wirst Du erkennen, was nötig ist, damit ihr glücklich werdet!«
15. RE: Maria

geschrieben von Joern am 03.01.14 07:53

Hallo gag-col,

auch ich möchte mich an dieser Stelle von Herzen für diese schaurig schöne Geschichte bedanken. Laß dir den Spaß am Schreiben nicht von Leuten verderben, die hier selber noch nie eine eigene Geschichte veröffentlicht haben. Ich habe auch vor geraumer Zeit mal eine unvollendete Geschichte angefangen weiterzuspinnen. Leider kome ich nur selten dazu daran weiterzuschreiben. Bei mir ist es allerdings der männliche Part einer sich entwickelnden Beziehung, welcher in den "Genuß" einer strengen Behandlung kommt und ich selber noch am Überlegen bin, wie weit ich da seine neue Freundin mit einbeziehe. Ich vermute ja, daß Paul in deiner Geschichte bald schon in Marias Training einbezogen wird. Er durfte ihr ja schon den Monohandschuh und sogar das Halskorsett anlegen und seine Reaktion darauf war ja äußerst vielversprechend. Und es gibt ja noch jede Menge Fragen, die nicht nur ihm derzeit durch den Kopf zu gehen scheinen: Wwieso kann Maria nicht allein zur Toilette? Ob das wohl etwas mit ihrer im Telefonat erwähnten "Netten Unterwäsche" zu tun hat? Wie wurde Maria bestraft? Ob wohl Paul in ferner Zukunft selbst in die Verlegenheit kommen wird Maria derart unter Strafe zu stellen? Fragen über Fragen...

Viele Dank nochmals und viel Spaß beim Weiterschreiben

Joern
16. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.01.14 07:55

Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte?
17. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 03.01.14 10:11

Zitat
Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte?


Du müsstest eine Anfrage bei den Admins machen .
Doch warum ? Schreibe so weiter wie es dir am angenehmsten ist und
erfreue uns Nichtnörgler mit deiner Geschichte . Ich rede den Autoren
nicht gerne rein vom Stil her ist es auch bei deiner Geschichte genau das
was ich mag , leiser BDSM-stil wie auch bei Janet_ro .
Wenn es deine Geschichte nicht zusehr stört lasse Paul doch an einem
Wochenende spühren wie hilflos Maria ist und wie sehr sie ihm vertraut .


An sonsten danke und lasse uns nicht zulange auf weiteres warten .

.
18. RE: Maria

geschrieben von Joern am 03.01.14 12:20

Vielen Dank für die weitere tolle Fortsetzung. Ich hatte ja insgeheim schon darauf gehofft, daß Mrs. Potter Paul mit Marias Beaufsichtigung betrauen würde. Auch die neuen Dimensionen von Marias Hilflosigkeit mit den Innenärmeln des Capes finde ich toll. Was wird Maria wohl Samstagnacht erwarten? Da kamen ja schon gewisse Andeutungen daß diese Nacht sogar noch strenger als die bereits beschriebene Gumminacht ausfallen wird. Paul ist ja sehr gelehrig und aufgeschlossen und ich frage mich, wann er wohl das erste Mal dabei sein wird, wenn Maria zu Bett gebracht wird. Auch Marias Toilettengänge sind ja noch immer ein Rätsel - nicht nur für Paul... Schön, daß du uns zeitweise so auf die Folter spannst und das Kopfkino so richtig in Fahrt bringst.

LG Jörn
19. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 03.01.14 19:04

Was das Ändern deiner Beiträge Angeht schreib Johni an der kann die Berechtigung Ändern.
Hachja Wunderschöne Fortsetzung und ein Großer Vertrauensbeweis für Maria und Paul das Mrs Potter Alle Schlüssel dagelassen hat.
Da hat Maria einen schönen Abend nach der Strafnacht. Was die Liebe doch so alles Anstellt mit 2 Menschen. Paul wird hoffentlich bald mehr in Marias Training mit Eingebunden werden aber ich hoffe das er seine Schüchternheit noch eine Weile behält.
20. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 04.01.14 05:31

Lieber Gag_coll,

Ich lese hier schon seit dem ich fünfzehn bin mit und habe in dieser Zeit sehr viele und zum Teil sehr gute Geschichten gelesen. Aber noch keine hat mich derart mitgerissen wie diese! Aus diesem Grund hier mein erster Beitrag zu einer Geschichte
Ich fände es extrem schade würdest du aufhören... Lass diese Geschichte bitte noch lange wachsen! Es steckt so viel Potential dahinter und es hat so schön und fantastisch angefangen!

Liebe Grüße
Black
21. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 05.01.14 17:36

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Mrs. Potter wartete, bis die lange Nummer in die USA gewählt war. Sie musste nur kurz ihren Namen nennen und wurde sofort von der Sekretärin durchgestellt. Sie meldete sich und wollte eigentlich den Grund für ihren Anruf außer der Reihe erklären. Doch Marias Mutter wollte zunächst wissen, wie sich der Kontakt zu dem neuen Freund ihrer Tochter entwickelt hatte.
»Es läuft sehr gut«, war die Einschätzung der Erzieherin. Sie berichtete zunächst von Marias Aktion mit dem Halskorsett, welches sie sich von Paul hatte anlegen und verschließen lassen. Ihre Stimme klang dabei fast etwas empört, und Marias Mutter glaubte so etwas wie Eifersucht in den Worten zu hören. Das Lächeln darüber war fast durchs Telefon zu hören.
»Ich habe sie natürlich wie vorgesehen bestraft.« Mrs Potter erzählte, dass sie Maria mal wieder in den Gummisack gesteckt hatte. »Das erschien mir noch am passendsten.«
Natürlich freute es Frederike, wenn sich ihre Tochter selbst um weitere Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit kümmerte. Aber es war schon wichtig, dass sie gerade in Betracht ihrer Hilflosigkeit auch darüber nachdachte, was sie tat. Gewiss, sie war frisch verliebt und deswegen sicher übermütig. Außerdem war es nicht richtig, dass sie ihren neuen Freund da mit hinein zog. Alles in allem war die Strafe also gerechtfertigt.
Und so wie Maria am Abend geweint hatte, schien die Strafe auch wie vorgesehen gewirkt zu haben. Mrs. Potter berichtete zwar davon, dass sie die Haube noch mal geöffnet hatte und sie etwas beschwichtigt hatte, aber von der Straferleichterung sagte sie nichts. Deswegen war sie auch recht froh, dass Frederike von sich aus das Thema wechselte.

»Wie hat Maria heute ihren freien Nachmittag verbracht?« Sie bekam zwar ohnehin regelmäßig Berichte darüber, aber diesmal war sie wegen Marias neuen Freundes natürlich besonders neugierig.
Mrs. Potter hatte sich schon überlegt, wie sie den Zwischenfall vom Nachmittag darstellen wollte. »Wir hatten uns schlecht abgesprochen. Ich hatte eine Geburtstagsfeier im Nachbarort und dachte eigentlich, dass Maria daheim bleiben würde zum Lernen. Aber sie hatte eine extra Probe ihrer Musikgruppe, und nachdem sie mir davon nichts gesagt hatte, bestand ich darauf, meinen Termin wahr zu nehmen.«
Konsequenz in der Erziehung war wichtig, dass wußten beide. Deswegen stellte Marias Mutter die Entscheidung der Erzieherin auch nicht in Frage.
»Aber weil es ihr anscheinend sehr viel bedeutete, habe ich Paul gefragt, ob er sie zur Probe begleiten könnte.« Sie erklärte, das es eine Notlösung gewesen sei, und das es ihr im Nachhinein auch unangenehm war. »Ich weiß ja, wie wichtig ihr das Musizieren ist. Und sie treten ja nur so selten auf.«

Die Mutter wusste über Marias musikalische Aktivitäten Bescheid und freute sich nebenbei, das ihre Tochter bei dem Flötenspielen so gut mit den Korsetts zurecht kam.
»Ich weiß nicht, ob es richtig war, aber ich habe ihnen einfach alle Schlüssel dagelassen.« Dies war der Punkt, an dem Mrs. Potter sich ein schlechtes Gewissen eingestehen musste. »Aber es hat gut geklappt. Die Schlösser waren alle noch so, wie ich sie angebracht hatte.«
Zu ihrer Erleichterung war die Mutter mit dem Schritt einverstanden. Um so mehr freute es Frederike, als Marias Erzieherin auch noch erzählte, dass Maria die Capeärmel benutzt hatte.

»Ich weiß nicht, ob sie sie auch schon auf dem Weg zur Probe benutzt hat, aber als sie zurückkam, hatte Maria die Arme darin stecken.« Sie beschrieb auch noch, wie sich die beiden vor dem Haus noch geküßt hatten, und dass sie ihnen auch noch einen schönen Abschiedskuß gestattet hatte.
Frederike war sehr zufrieden. »Das wäre ja richtig eine Belohnung wert.«
Mrs. Potter berichtete, dass sie der selben Meinung gewesen war und dass sie »es« Maria eben erlaubt hatte. »Ich glaube, es hat ihr sehr gut getan.«

Marias Mutter wollte noch wissen, was die nächsten Tage noch anlag.
»Morgen Vormittag ist der Auftritt im Kurpark. Am Nachmittag will ich den beiden vielleicht einen Kinobesuch erlauben.« Der Rest vom Samstag war schon vorgegeben durch die »schöne« Nacht, dies wußten beide.
Frederike hatte noch einen Punkt. »Nächste Woche käme ja Margarete als Vertretung für die schöne Nacht. Und das gefällt mir gar nicht.« Weder die Mutter noch die Tochter mochten die Krankenschwester, allerdings aus jeweils ganz unterschiedlichen Gründen. »Könnte Paul das nicht machen?«

Mrs. Potter war zunächst etwas skeptisch. »Ist das nicht zu früh?«
Marias Mutter war anderer Ansicht. »Je eher wir ihn damit konfrontieren, desto eher wird er es akzeptieren. Im Moment ist ihre Beziehung noch nicht so gefestigt.«
Mrs. Potter sah es ein. »Und wie bringen wir ihnen das bei?«
»Sie könnten ihnen sagen, das Margarete abgesagt hätte,« überlegte Frederike. »Maria wird darüber mehr als erleichtert sein.«
»Und Paul wird hoffentlich Zeit haben.« Die Erzieherin war zuversichtlich. »Ich werde so bald wie möglich mit ihm reden.«

Marias Mutter dachte nach. »Der Druck durch die Schöne Nacht wird so groß sein, dass sie nicht auf den Gedanken kommen werden, es zu mißbrauchen.«
Die Erzieherin war damit einverstanden: »Das paßt eigentlich besonders gut, denn Maria und Paul sind beide noch nicht so weit, als dass sie die Gelegenheit ausnutzen würden. Sie sind sich von einander noch sehr unsicher, unsicher der eigenen Gefühle und der des anderen.«
Frederike musste sich in diesem Fall auf das Urteil der Erzieherin verlassen. »Paul wird von so viel Neuem auch so überwältigt sein, dass er gar keine anderen Gedanken fassen kann als den, alles richtig machen zu wollen. Beide müssen hier und auch künftig von den Erignissen und Neuerungen so in Atem gehalten bzw. überfahren werden, dass sie gar nicht auf »dumme« Gedanken kommen! Besser jetzt als später!«

Marias Mutter dachte eine Moment nach. »Und außerdem, wenn Paul diese Woche erfährt, dass er es nächste Woche ganz allein machen muss, wird er erst recht nicht an einen Mißbrauch denken. Sie müssen ihm nur deutlich machen, dass es gut für Maria ist.«
Mrs Potter war einverstanden. »Ich werde also Margarete absagen, sobald Paul zugesagt hat. Aber den beiden werde ich es andersherum verkaufen.«
Sie verabschiedeten sich und legten auf.
* * *
»Was ist denn mit Dir los?« Pauls Oma Selma war sehr überrascht, als ihr Enkel sich zu ihr an den Frühstückstisch setzte und ihr auch noch gut gelaunt einen Guten Morgen wünschte.
»Dir auch einen Guten Morgen. Seit wann stehst Du am Samstag Morgen so früh auf?« Sie bot ihm Kaffee an.
Paul lächelte verlegen. »Maria tritt heute mit ihrer Musikgruppe im Kurpark auf. Und ich möchte nicht zu spät sein.«
Zunächst freute sich Pauls Oma über das kulturelle Interesse ihres Enkels. Doch als sie ihn ansah, war ihr klar, dass er wegen Maria dort hin ging und nicht wegen der Musik. Sie lächelte.
»Und außerdem«, Paul hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, während er sich ein Brötchen schmierte, »bin ich ja gestern bei der Probe eingeschlafen und habe gar nicht gehört, was sie so spielen.«
Seine Oma blickte zweifelnd. »Es ist Dein schlechtes Gewissen, nicht wahr.«
Paul blickte seine Oma etwas erstaunt an. »Das auch.« Er grinste und ließ sich sein Brötchen schmecken.

»Wann beginnen sie denn?« wollte seine Oma wissen.
Paul blickte auf die Uhr. »Sie fangen um zehn an. Aber ich möchte Maria von daheim abholen. Und sie werden schon um neun Uhr losgehen.«
Pauls Oma hörte den Seufzer. »Ihre Erzieherin wird auch dabei sein?«
Paul blickte sie etwas unglücklich an. »Nie ist Maria mal allein. Immer ist diese Mrs. Potter dabei.«
Selma war über diese Erzieherin gar nicht so unglücklich, denn so wurde die Liebe ihres Enkels etwas gebremst und gleichzeitig auch geprüft. Doch das würde er nicht verstehen.
»Was soll ich denn anziehen?« Er musste zugeben, das er noch nie auf einem Kurkonzert war.
Seine Oma kannte diese Konzerte. »Da sind häufig die Kurgäste, und die sind ganz normal angezogen. Bleib so wie Du bist.«
Paul war erleichtert.

Selma blickte ihn an. »Ich würde Deine Maria gern mal kennenlernen.«
Paul blickte sie recht unsicher an. »Sie wird von Mrs. Potter aber sehr unter Kontrolle gehalten.«
»Du würdest mir einen großen Gefallen tun.«
Paul dachte an das naheliegende. »Und wenn Du einfach mit zum Konzert kommst?«
»Das geht nicht, ich bin heute vormittag schon im Bastelkreis.«
»Schade«, Paul bedauerte es, denn das wäre einfach gewesen. »Ich versuche zu fragen.« Er musste an Marias Erzieherin denken. »Aber ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu aufbringe.«
* * *
Pauls Herz klopfte laut, als er vor Marias Haus stand und wartete. Sie hatten ausgemacht, dass er sie abholen sollte, doch Paul wusste nicht, ob es schicklich war, bis zur Haustür zu gehen oder draußen auf der Straße zu warten.
Er blickte zu dem Haus hinüber und fragte sich, hinter welchem der Fenster Maria wohl schlafen würde. In Gedanken ging er noch einmal durch das Haus, doch er wusste bisher nur, wo Marias Arbeitszimmer war. Dieses lag allerdings mit dem Fenster zur anderen Seite, so das er es nicht sehen konnte.
Sein Blick ging Richtung Himmel, und als er ein einziges Blau sah, freute er sich über das für das Konzert perfekte Wetter. Es würde hoffentlich bis Mittag wohl auch nicht zu heiß werden. Es könnte ein schönes Konzert werden.

In der Stadt war es um diese Zeit noch ziemlich ruhig. Immerhin war Wochenende, und nur wenige mußten früh aufstehen. Er fragte sich, ob denn um die Zeit auch genügend Zuhörer kämen. Doch ihm war versichert worden, dass sich bei den Konzerten viele Kurgäste einfanden, weil diese am Samstag Morgen keinerlei Anwendungen hatten. Diese Konzerte seien immer sehr gut besucht gewesen. Paul hoffte, dass es auch heute so wäre. Insgeheim war er sehr gespannt, wie Maria sich machen würde.
Die Haustür ging auf und Paul hielt unbewußt aber reflexartig den Atmen an. Doch zunächst verstand er nicht, was sich da aus der Tür ins Freie schob. Erst als er Marias Gesicht sah, begriff er und er erkannte, dass Maria einen dieser großen Reifröcke trug, wie er sie aus den Sissi-Filmen noch gut in Erinnerung hatte. Sein Herz klopfte noch etwas lauter, zumindest hatte er das Gefühl, dass es so wäre.

Aber sah er gleich darauf, dass auch Marias Erzieherin hinter ihr aus dem Haus trat. Ein wenig war er enttäuscht, denn er hatte gehofft, mit Maria allein sein zu dürfen. Doch er hatte schon damit gerechnet, dass er sich mit Mrs. Potter auseinander setzen musste. Diese hatte allerdings wegen der Probe gestern ein schlechtes Gewissen, auch wenn sie es niemandem eingestehen würde, und deswegen wollte sie bei Marias Auftritt auf jeden Fall dabei sein.
Es fiel ihm auf, das Maria ihren Kopf scheinbar brav gesenkt hatte. Aber als ihre Erzieherin die Haustür verschloß, nutzte Maria die Gelegenheit und hob kurz ihren Kopf. Sie war erfreut, als sie Paul erblickte, und er sah, wie sie kurz ihren Unterarm hob, um ihm zuzuwinken. Paul freute sich auch sehr über diese kleine Geste.
Je näher Maria kam, desto nervöser wurde Paul. Und es war ihm nicht klar, ob Mrs. Potter diesen Effekt verstärkte oder abschwächte. Aber die Freude auf Maria überwog.
Er konnte immer mehr Details ihres Kleides ausmachen. Der Reifrock hatte einen sehr großen Durchmesser. Wie sonst auch machte Maria nur sehr kleine Schritte und Paul fragte sich, ob er wohl einmal erfahren würde, warum dies so war. Ihr Taille war hingegen sehr schlank und kam durch das eng anliegende, hinten geschnürte Kleid sehr schön zur Geltung, und Paul fühlte sich noch mehr in die Sissi-Zeit hineinversetzt. Maria sah in dem Kleid wirklich wie eine Prinzessin von damals aus.
Schließlich stand sie vor ihm, und auch ihre Stimme zur Begrüßung war etwas leiser als sonst. »Ich freue mich, dass Du gekommen bist.« Sie reichte ihm schüchtern die Hand, und es fiel Paul schon auf, dass sie dabei nur ihren Unterarm bewegte.

Er musste sich weit vorbeugen, um ihre Hand zu erreichen. Im ersten Moment hielt er es für unhöflich, doch dann schalt er sich einen Narren und suchte verstohlen nach der eigentlichen Ursache. Sein Blick fiel auf Marias Schulterumhang. Er sah zwar ziemlich verspielt aus, doch auf den zweiten Blick erkannte er, das dieser Umhang bis zu den Ellenbogen reichte und nirgends so etwas wie einen Schlitz hatte.
Zudem saß er ziemlich eng und auf einmal war Paul klar, das dieser so zärtlich verspielte Umhang in Wirklichkeit Maria die Bewegungsfreiheit der Oberarme nahm. Zwei Knöpfe hielten den Umhang geschlossen und hätte Paul genauer hingesehen, hätte er entdeckt, das der untere Knopf schon deutlich auf Spannung saß. All dies nahm Paul in einem kurzen Augenblick wahr, während ihm bewusst wurde, dass sie ihre ergriffene Hand nicht ausstrecken konnte. Inspiriert von ihrem schönen Kleid und vielen alten Filmen drehte er ihre Hand sanft auf die seine, verbeugte sich und deutete einen perfekten Handkuß an.

Maria blickte ihn erstaunt an und errötete tief, machte dann geistesgegenwärtig einen ebenso perfekten Knicks.
»Es ist schön, dass Du uns begleiten möchtest.« Die Stimme von Marias Erzieherin ließen Paul aufschrecken.
Verlegen blickte Paul auf und reichte auch ihr die Hand für einen guten Morgen Gruß.
Sie wünschte Paul auch einen guten Morgen und blickte dann auf Maria. »Was sagst Du zu Marias Kleid? Sieht sie darin nicht toll aus?«
Maria blickte ihre beiden Begleiter erstaunt an.

Paul konnte nur mit dem Kopf nicken, während seine Augen Bände sprachen. Er war von Maria in dem tollen Kleid mehr als hingerissen. Es fiel ihm dabei nicht auf, dass ihre Erzieherin auf einmal gar nicht mehr so streng wirkte wie sonst.
Mrs. Potter unterbrach die geheimnisvolle Spannung. »Dann laßt uns gehen.«
Marias Blick suchte Paul und schien ihn zu ermutigten, neben ihr zu gehen.
Mrs. Potter genügte es, hinter den beiden her zu gehen. Pauls Gefühle wirbelten in diesen Augenblick ziemlich durcheinander. Er genoß die Nähe von Maria, aber gleichzeitig machte es ihn nervös, dass ihre Erzieherin direkt hinter ihnen war.

Wieder ging Maria nur sehr langsam, und Paul fragte sich, ob er wohl irgendwann das Geheimnis ihrer kleinen Schritte entdecken würde.
Auf einmal nahm Maria ihre Tasche von der rechten in die linke Hand, und dabei fiel ihm auf, das sie wohl nicht ganz leicht sein würde. Er erinnerte sich an gestern Abend und überlegte, dass sie wohl mindestens ihre Flöte und ihren Noten samt Ständer darin haben würde.
Paul versuchte, seiner Stimme einen sehr höflichen Ton zu geben und fragte, ob er Maria die Tasche tragen sollte.
Maria wusste im ersten Moment nicht, was sie antworten sollte. Auf der einen Seite wäre es ihr mehr als recht gewesen, andererseits hatte sie auch ihren Stolz und ließ sich nicht gern helfen.

Doch ihre Erzieherin nahm ihr die Entscheidung ab. Auch ihre Stimme klang recht freundlich »Das ist sehr nett von Dir, Paul. Maria freut sich sicher darüber.« Trotzdem schwang ein gewisser Befehlston in ihrer Stimme mit, der keinen Widerspruch duldete.
Maria reichte ihm die Tasche und flüsterte ein leises »Dankeschön« dazu. Sie vermied es in diesem Moment, ihn anzusehen.
* * *
Auf einmal wurde Maria noch langsamer als sie ohnehin schon ging und schließlich blieb sie stehen. Paul verstand erst nicht, doch dann blickte er zu Boden und erkannte die beiden Stufen, die er sonst nicht einmal wahrgenommen hätte, weil sie für ihn einfach kein Hindernis darstellten. Doch Maria schienen sie aufzuhalten.
»Paul, magst Du Maria bei den Stufen helfen?« Mrs. Potter hatte es zwar als Frage formuliert, aber wie üblich wagte Paul keinen Widerstand, sondern war sofort bereit, der Bitte nachzukommen. Doch er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte.

Marias Erzieherin schien Pauls Bereitschaft zu spüren. Sie ermutigte ihn. »Reiche Maria die Hand, dann kann sie sich festhalten und schafft die Stufen.«
Paul folgte der Bitte und spürte gleich darauf, wie sich Marias Finger zärtlich um die seine Hand schlossen.
Er war glücklich und doch auch bemüht, Maria bei den Stufen eine echte Hilfe zu sein. Auch wenn er immer noch nicht wusste, wodurch Maria so sehr eingeschränkt war.
Sein Blick richtete sich auf die kleinen Stufen und er half erst Maria eine Stufe hinauf, bevor er selber einen Schritt nach oben ging.
Nach den zwei Stufen spürte Paul, wie Maria seine Hand kurz etwas fester drückte und er nahm dies als Signal, nicht loszulassen, wie er es eigentlich vorhabt hatte. Selbst Mrs. Potter, die weiter hinter ihnen her ging, konnte ihn durch ihre Anwesenheit nicht mehr dazu bringen, Maria von sich aus loszulassen. Marias stille Bitte war stärker.
Doch zu seiner großen Überraschung war die Erzieherin mit dem Händchenhalten einverstanden. Pauls anfänglich große Nervosität wich langsam, und er traute sich, Maria zu sagen, wie schön sie in dem Kleid aussah. »So schön wie Sissi.«

Maria lächelte ihn an, doch sie schwieg. Aber Paul spürte, wie sich ihr Händedruck wieder für einen Moment fester anfühlte. Er war glücklich.
Marias Stimme war ziemlich leise und Paul war nicht klar, ob sie schüchtern war oder ob es nur ihre Erzieherin nicht hören sollte. »Danke, dass Du mich gestern zur Probe begleitet hast.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Er blickte sie liebevoll an. Aber er hoffte, dass Maria nicht nach den Stücken fragen würde. Er wollte ihr nicht sagen, das er eingeschlafen war.

So gingen sie schweigend weiter. Die Bühne im Kurpark war schon in Sichtweite, und Paul wusste, dass er Maria wieder loslassen musste. Doch er ließ es sich nicht nehmen, Maria bis zu ihrem Stuhl auf der Bühne zu führen. Dank seiner Hilfe hatte Maria auch mit den wenigen Stufen kein Problem.
Er stellte die Tasche auf den Stuhl und blickte Maria fragend an.
Maria bedankte sich liebevoll und sagte Paul, dass sie jetzt ihre Sachen aufbauen würde.
Er wünschte ihr noch mal einen schönen Auftritt und Maria bedankte sich für die Hilfe. Dann ließ sie seine Hand los.
* * *
Paul war sehr erstaunt, dass er erst in der dritten Reihe ein paar freie Plätze vorfand. Anscheinend waren diese Konzerte sehr beliebt. Es freute ihn für Maria, dass ihre Musikgruppe ein so zahlreiches Publikum hatte.
Er blickte wieder zur Bühne. Die anderen Musiker waren angekommen. Auch die anderen Musikerinnen trugen so ein Reifrock-Kleid. Es sah toll aus. Doch zu Pauls Überraschung waren die anderen Kleider schulterfrei, und als er dies sah, blickte er noch einmal erstaunt zu dem Stuhl auf dem Maria Platz genommen hatte.
Maria hatte schon ihren Notenständer aufgebaut und hatte ihre Noten darauf gelegt. Sie hielt ihre Unterarme etwas seltsam vor ihre Brust, und Paul brauchte einen Moment, bis er erkannte, was Maria da machte. Sie schien den unteren Knopf ihres Umhanges mit den Armen gerade so erreichen zu können. Erst als sie ihn geöffnet hatte, schienen ihre Arme auch mehr Freiheit zu haben. Paul begriff erst in diesem Moment, wie viel Einschränkungen von diesem einfachen Umhang ausgingen.
Sie griff zum Knopf direkt an ihrem Hals und öffnete auch diesen. Fast etwas zögernd zog sie sich den Umhang von den Schultern. Paul hielt den Atem an, als er Maria jetzt in dem schulterfreien Kleid sah. Sie sah wirklich toll aus. Er war so sehr fasziniert, dass er gar nicht wahr nahm, wie sich Marias Erzieherin neben ihn setzte.
* * *
Das Konzert mit der historischen Musik begann. Diese Art von Musikstil kannte Paul überhaupt nicht, doch er gefiel ihm sehr gut. Dies lag natürlich zu einem großen Teil an Maria.
Fritz, der Leiter der Gruppe, hatte die Stücke allerdings auch bewußt gut ausgesucht. Das Publikum war sehr zufrieden und es gab reichlichen Applaus.
Zuerst hatte Paul sich erschrocken, als er Mrs. Potter neben sich sitzen sah. Doch es schien, als hätte sie in diesem Moment all ihre Strenge abgelegt. Sie war von Marias Auftritt genauso angetan wie Paul es war.

Im einem Stück hatte Maria ein kleines Solo zu spielen. Paul war dabei sehr stolz auf Maria. Und auch Marias Erzieherin war anzusehen, dass sie mit ihrem Schützling mehr als zufrieden war. Sie beugte sich zu Paul hinüber, und zu seiner Überraschung zeigte sie auf einmal Gefühle. »Macht sie das nicht toll? Und das mit dem strengen Korsett.«
Paul war sehr verwundert und im ersten Moment wusste er nichts zu antworten. Doch dann fing er sich und konnte ihr zustimmen, wenn auch mit etwas belegter Stimme. Aber er wusste nicht, wie er den Satz mit dem Korsett einordnen sollte.
Fritz kündigte mit dem nächsten Stück eine kurze Pause an und dann könnten sich die Zuhöhrer auf andere Melodien freuen, soviel verriet er schon.
* * *
Eigentlich mochte er diese Musik überhaupt nicht. Doch der Baron wusste, das es für ihn kaum noch eine andere Möglichkeit gab, und so zwang er sich, dem Konzert zu folgen. Immer wieder schaute er auf die kleine zarte Gestalt der Flötistin. Es war ziemlich offensichtlich, dass sie ein strenges Korsett trug. Außerdem hatte er die Berichte ihrer Mutter an das Konsortium gelesen. Sie trug auch sehr oft und mit großer Begeisterung diesen seltsamen Handschuh, der die Arme auf den Rücken fesselte. So hatten es ihm alle die Personen berichtet, die er in den Haushalt geschickt hatte.

Er seufzte innerlich. Wie einfach hatte das noch vor sieben Jahren ausgesehen. Seine Tochter war auserkoren worden, die nächste Katerina zu spielen, und er hatte voller Stolz und Vorfreude das Amt des Vorsitzenden des Festausschusses angetreten. Damals freute sich Sophie noch auf die Aufgabe, und selbst die Aussicht, über drei Tage die Arme gefesselt tragen zu müssen nahm ihr nichts von der Begeisterung. Es war einfach Bestandteil der Rolle, und bisher hatte es auch noch nie jemand in Frage gestellt.
Seine Frau fehlte ihm sehr. Er wusste, dass ihr Tod der Ursprung der darauf folgenden Entwicklungen war. Ihr guter Rat bei seinen geschäftlichen Entscheidungen fehlte ihm sehr, und mit ihr an seiner Seite wäre er auch nicht in diese Schieflage geraten, aus der er jetzt verzweifelt versuchte herauszukommen. Seine Tochter hatte es noch schlimmer getroffen, sie hatte durch den Tod ihrer Mutter völlig den Halt verloren. Gerade in der schwierigsten Pubertätsphase verließ die Baronin ihre Tochter für immer. Sophie kam nicht darüber hinweg, und sie entglitt komplett der Kontrolle ihres Vaters. Sie feierte nur noch Parties mit ihren Freundinnen, gab massenhaft Geld aus und begann ein wildes Lotterleben zu führen.

Eigentlich konnte ihm seine Tochter gleichgültig sein, denn der Ruf seiner Familie war sowieso schon ruiniert, und es gab eigentlich nichts mehr zu verlieren. Doch dann hatte der Baron in den Unterlagen zum Katerinenfest diesen Hinweis gefunden, und er wusste, das konnte seine Rettung sein. Doch ihm war auch sofort klar, dass seine Tochter dies nie schaffen würde. Er wusste, dass es nur eine Darstellerin für die Katerina geben konnte. Nur eine war vielleicht in der Lage, dieses Kunststück zu schaffen.
* * *
Der erste Teil des Konzertes war vorbei, und die Musiker hatten sich die Pause redlich verdient.
Maria hatte ihre Flöte vorsichtig und sorgfältig in den Kasten gelegt, dann stand sie auf. Sie kämpfte innerlich mit sich selbst. Einerseits wäre sehr gern sofort zu Paul und ihrer Erzieherin hinüber gelaufen. Andererseits geziemte sich dies für eine Prinzessin überhaupt nicht, und immer wenn sie dieses tolle Kleid trug, erinnerte sie alles an die damalige Zeit, und sie träumte einen verklärten Traum. Außerdem wusste sie, dass sie wegen diesen Dingern nur kleine Schritte machen konnte. Sonst störte sie das ja auch nicht.

Paul war mittlerweile aufgestanden und hatte gerade erst aufgehört zu klatschen. Auch Mrs. Potter zeigte ihre Begeisterung über das sehr gelungene Konzert. Beide spürten unabhängig voneinander das Verlangen, Maria entgegenzugehen, und ohne dass sie sich abgesprochen hätten, gingen beide in Richtung Bühne, wo Maria gerade sehr vorsichtig die Stufen der kleinen Treppe hinabging.
Marias Augen glänzten, als sie zu Paul und Mrs. Potter herüber kam. Doch auch hier musste Maria kurz warten, bis sie von Mrs. Potter angesprochen wurde. »Ihr habt sehr schön gespielt.« Die Stimme von Mrs. Potter klang seltsam ergriffen.

»Ich danke Euch« sagte Maria mit einem Knicks und einem strahlenden Lächeln. Sie freute sich sichtlich über das Lob.
Paul war noch dabei zu überlegen, wie er Maria seine Begeisterung ausdrücken sollte, als ihre Runde gestört wurde. Ein fremder Mann trat zu ihnen. Zumindest war er Paul unbekannt. Mrs. Potter schien ihn zu kennen, und soviel hatte Paul sofort erkannt, sie schien ihn nicht zu mögen. Doch der Herr ließ sich davon nicht abhalten. Er wünschte der Runde einen guten Tag, doch er vermied es, jemanden die Hand zu reichen.

Obwohl Paul den Herrn nicht kannte, spürte er doch, wie sehr sich die Stimmung bei Maria und vor allem bei ihrer Erzieherin veränderte.
»Was wollt ihr, Baron?« Die Stimme von Mrs. Potter klang so kalt, das Paul zusammenzuckte, obwohl er doch gar nicht angesprochen war.
Dem Baron schien diese Kälte nichts auszumachen. Er wusste, dass er nur wenig Zeit hatte, und die wollte er ausnutzen. »Ich hätte etwas mit Maria zu besprechen. Wann darf ich denn einmal zu Besuch kommen?«

Marias Erzieherin, an die diese Frage gerichtet war, musste nicht lange überlegen. »Ihr könnt sie morgen nach dem Gottesdienst beim Kirchenkaffee treffen.« Ihre Stimme hätte dabei nicht abweisender klingen könnte. Sowohl Paul als auch Maria zitterten beim Klang der Stimme. »Ihr wisst ja hoffentlich, wo das ist?« Obwohl sie genaugenommen nur eine Frage gestellt hatte, schwangen darin doch einige Vorwürfe mit.

Doch dem Baron schien es nichts auszumachen. Er bedankte sich für die Einladung, die in Wirklichkeit keine war, und ließ die drei wieder allein.
Paul traute sich kaum, wieder in die Runde zu sehen. Sehr deutlich spürte er die veränderte Stimmung, und jetzt fand er keinen Mut mehr, um etwas zum Konzert zu sagen.
Dafür sah er, dass Mrs. Potter sichtlich aufgebracht war. »Der kommt mir nicht mehr ins Haus. Womöglich bringt er auch noch seine mißratene Tochter mit.« Dass sie ihm damit eigentlich Unrecht tat, wusste sie vermutlich, doch es war ihr in diesem Moment herzlich egal.

Paul und Maria blickten sie erstaunt an.
Mrs. Potter hatte trotz ihrer Rolle das Bedürfnis, sich rechtfertigen zu müssen. »Ich mag die Familie nicht. Sie erwarten immer, dass man sofort springt. Der Vater genauso wie die Tochter. Wobei die Sophie noch viel schlimmer ist.«

Carla und Fritz kamen vorbei und gratulieren Maria zu ihrem schönen Flötenspiel.
Maria war nur in der Lage, höflich, aber dankbar zu lächeln.
Carla berichtete, dass alle Musiker vom Kurhaus zum Mittagessen eingeladen waren. »Es wäre schön, wenn Maria mitkommen könnte.«
Maria blickte kurz ihre Erzieherin an, und als diese wohlwollend nickte, drehte sich Maria wieder zu Carla und sagte, dass sie mitkommen würde.
Carla blickte auf Uhr über der Bühne und erinnerte Maria daran, dass sie gleich wieder auf die Bühne müßten.
* * *
Mrs Potter reichte Paul die Speisekarte und blickte ihn aufmunternd an. »Was magst Du essen? Ich lade Dich ein.«
Er nahm die Karte in die Hand und bedankte sich höflich. Er versuchte ruhig zu erscheinen, doch innerlich war er sehr aufgewühlt. Er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin, auch wenn diese im Moment überhaupt nicht streng auftrat.
Er ahnte nur, wie es Maria ergehen musste.

Mrs. Potter war es, die zuerst Gefühle zeigte. »Maria hat wirklich toll ausgesehen. Mit diesem schönen Kleid.«
Paul blickte sie erstaunt an. Im ersten Moment wusste er gar nicht wie ihm geschah. Doch dann stimmte er ihr begeistert zu.
Eine Bedienung kam vorbei und nahm die Getränke auf.
Pauls Gedanken schwebten immer noch bei dem Konzert. Der zweite Teil hatte ihm sehr gut gefallen, und er war entschlossen, Maria noch einmal seine Begeisterung auszudrücken.

Der Arrangeur der Musikgruppe hatte seine Aufgabe sehr gut gelöst. Trotz der historischen Instrumente und der eingeschränkten Klangmöglichkeiten war immer sofort zu hören, welches Stück sie gerade spielten. Sei es Abba, die Beatles oder aktuelle Schlager.
Paul glaubte auch gesehen zu haben, das die modernen Stücke den Musikern mehr Spaß gemacht hatten. Er nahm sich vor Maria danach zu fragen.

Die Bedienung fragte nach den Essenswünschen. Sie bestellten.
Bei Mrs. Potter war die Stimmung bei seit dem Besuch des Barons sehr verwandelt.
Paul wollte seinen Eindruck wiedergeben. »Der Baron sah ziemlich verzweifelt aus, fand ich.«

Im ersten Moment wollte Mrs. Potter abwiegeln und ihren Vorurteilen nachgeben, doch dann blickte sie Paul nachdenklich an. »Mit der Baronin wäre es nicht so weit gekommen. Die hätte sie unter Kontrolle behalten.«
Jetzt war es an Paul verwundert zu schauen.

»Die Baronin ist vor einigen Jahren gestorben.« Sie seufzte. »Leider viel zu jung.« Das Bedauern in ihrer Stimme war ehrlich. »Wenn sie noch leben würde, dann wäre es nicht so gekommen, wie es heute ist.«
Paul hörte interessiert zu, doch er wusste nichts zu antworten.

»Hättest Du heute Nachmittag bis zum Abend Zeit?« Sie wechselte abrupt das Thema.
Paul hatte gehofft, die angesprochenen Zeit mit Maria verbringen zu können. Aber er wollte ehrlich sein. »Ich habe noch nichts vor.«

»Wie sieht es am nächsten Wochenende aus? Hättest Du dort auch Zeit?« Ihr Blick war etwas forscher geworden.
Paul hatte das Gefühl, ehrlich zu sein, aber doch auch seine Wünsche äußern zu sollen. Ihm war nur selbst nicht klar, wo er den Mut dafür hernahm. »Ich wollte vielleicht etwas mit Maria unternehmen.« Er schaffte es nicht, sie nach diesem Satz anzusehen. »Wenn sie darf.«

»Ich freue mich, dass Du so ehrlich bist.« Ihre Stimme klang auf einmal viel liebevoller. »Du sollst ihr nämlich bei ihrem Schönheitsprogramm helfen.«
Paul wurde hellhörig. Würde er vielleicht endlich etwas von Marias Geheimnissen lüften können?

»Ich freue mich sehr.« Er hatte den Kopf wieder erhoben. Doch dann wurde er unsicher. »Was muss ich denn tun?«
»Das würden Maria und ich Dir heute abend gern zeigen.« Ihre Stimme klang auf einmal ziemlich geheimnisvoll. »Du kommst doch heute noch mal wegen der Nachhilfe vorbei, oder?«
Es gefiel Paul gar nicht, jetzt an die Schule erinnert zu werden. Doch er bemühte sich, seine schlechten Gedanken hinunter zu schlucken. Er nannte die Uhrzeit, die sie ausgemacht hatten.
»Nimm dir einfach viel Zeit, dann zeigen wir Dir, was wir von Dir erwarten.«
Das bestellte Essen kam.
* * *
Paul nahm seine Mathematikbücher und packte sie in seine Tasche. Er freute sich sehr auf den Nachmittag, denn er war mit Maria verabredet. Sie wollten noch einmal den Stoff für die Mathearbeit besprechen. Und irgendwie hoffte Paul, dass sie vielleicht auch wieder diesen seltsamen Handschuh tragen würde.
Es war Paul gar nicht so genau klar, warum er dieses seltsame Ledergebilde so faszinierend fand. Doch wenn Maria den Handschuh trug, hatte sie eine besondere Ausstrahlung. Und sie war ziemlich hilflos, weil sie ihre Arme nicht benutzen konnte.
Er wusste immer noch nicht genau, warum Maria dies tat. Sie sagte zwar immer dass sie trainieren müsse, aber nicht wofür. Er wusste bisher nur, dass sie irgendetwas für ihre Mutter zu tun hatte.

Er verabschiedete sich von seiner Oma und sagte ihr, dass es vielleicht etwas länger dauern würde. Mit leichtem Herzklopfen ging er los.
Um sich ein klein wenig abzulenken, ging er in Gedanken noch einmal den Stoff für die Arbeit durch. Doch ständig hatte er dabei das Bild von Maria vor Augen, wie sie mit dem Handschuh vor dem Schreibtisch stand.
Er wusste auch nicht, was ihm jetzt wirklich lieber wäre. Auf der einen Seite würde er es natürlich begrüßen, wenn Maria die Arme frei hätte und sie die Aufgaben selbst lösen konnte. Auf der anderen Seite war er von Marias Hilflosigkeit seltsam fasziniert und er freute sich auch schon darauf, mit ihr die Matheaufgaben zu lösen.
* * *
Wie üblich stand Mrs. Potter schon in der Tür, als Paul auf das Haus zuging. Unbewußt versuchte Paul, einen Schritt schneller zu gehen. Er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin.
»Schön, dass Du gekommen bist.« Sie gab sich Mühe, ihrer Stimme einen weichen Klang zu geben. »Maria erwartet Dich schon.« Sie reichte Paul die Hand.

Paul war von liebevollen Begrüßung etwas überrascht. Auch war ihr Händedruck diesmal nicht ganz so stark, hatte er den Eindruck. Er wünschte ihr einen Guten Tag. Diesen Gruß erwiderte sie wohlwollend.
»Den Weg kennst Du ja.« Sie bat ihn ins Haus und blickte ins Treppenhaus.
Als er die Stufen hinauf ging, wurde sein Herzklopfen noch stärker. Mit jedem Schritt wuchs seine Anspannung.

Maria schien ihn gehört zu haben, denn ihre Stimme war schon im Flur zu hören. »Hallo Paul, schön dass Du kommst. Du mußt mir unbedingt mit diesem Winkel hier helfen.«
Es freute ihn sehr, Marias Stimme zu hören. Er trat in ihr Zimmer ein und war im ersten Moment etwas enttäuscht. Maria trug die Sachen, die sie sonst auch in der Schule trug. Die langen Stiefel, den Rock, der bis kurz über die Stiefel reichte, und die strenge Bluse. Von dem Handschuh war nichts zu sehen. Doch als er Marias Gesicht sah, waren diese Gedanken auf einmal wie weggeblasen.

Er griff ihre Frage auf und ließ sich von ihr die Aufgabe zeigen, mit der sie Probleme hatte.
Er musste selbst auch erst einmal nachdenken, bevor er seiner Freundin helfen konnte. Unbewußt freute es ihn, das Maria jetzt schon mit etwas schwierigeren Aufgaben Probleme hatte. Die leichten Sachen schien sie begriffen zu haben.
* * *
Die Schritte von Mrs. Potter waren im Treppenhaus zu hören und Paul stellte sich darauf ein, dass sie sicher gleich in der Tür stehen würde. Seine Anspannung wuchs, und er spürte die gleiche Nervosität bei Maria.
Doch zu ihrer beider Überraschung trat Marias Erzieherin bewußt langsam und bedächtig in ihr Zimmer. Sie freute sich über die Nähe der beiden und ließ ihnen bewußt Zeit. Erst nach einem kurzen Moment machte sie sich bemerkbar. »Maria, es wird dann Zeit für Euer Training.«

Das verliebte Paar drehte sich langsam zu Mrs. Potter hin um. Beide blickten auf den Handschuh, den die Erzieherin in der Hand hielt.
Maria seufzte ganz leise. Sie wäre gern mit Paul allein gewesen, ohne dass sie ihr so aufwendiges Training durchführen musste. Sie zögerte etwas, so als ob sie das Anlegen noch etwas hinausschieben könnte, doch dann trat sie einen Schritt vom Schreibtisch zurück. Sie verkniff sich einen weiteren Seufzer und legte ihre Arme auf den Rücken.

Ohne das Paul so recht wusste warum, fühlte er einen Anflug von Angst vor dem was kommen sollte. Er hatte sich darauf gefreut, dass Maria den Handschuh tragen würde, doch wenn ihn jemand gefragt hätte warum er sich freute, dann hätte Paul keine Antwort gewußt. Doch jetzt war die Freude gewichen und hatte einem neuen Gefühl Platz gemacht, welches Paul noch nicht so recht einordnen konnte.
Zu seiner Überraschung ging Mrs. Potter auf ihn zu und reichte ihm den Handschuh. »Magst Du es mal allein probieren?«

Es war als liebevolle Frage formuliert, aber Paul verstand es so, wie es vermutlich gemeint war, als Befehl. Und er wusste, dass er ihm unbedingt nachkommen sollte. Er nahm das Lederbündel in die Hand und versuchte, es so in die Hand zu nehmen, wie er es für Marias Arme brauchen würde.
In Maria arbeitete es schwer. Eigentlich trug sie den Handschuh ganz gern, denn mit den weggeschnürten Armen war sie dann ja auch von jeglicher Arbeit befreit. Doch in Pauls Gegenwart wäre ihr Arbeit in Freiheit lieber gewesen.

Aber auf der anderen Seite war es für sie, so fand sie, das geringere Übel. Lieber würde sie von Paul in den Handschuh geschnürt werden als von ihrer Erzieherin in Pauls Gegenwart. Sie unterdrückte ihren nächsten Seufzer und drehte sich so, dass sie Paul ihre Arme auf dem Rücken anbot.
Paul war sehr nervös, dann begann er die Lederhülle an Marias Armen hoch zu ziehen.

»Oh, ich habe die Schlösser vergessen.« Mrs. Potter drehte sich um und ging langsam aus dem Raum. »Fangt doch schon mal an«, rief sie ihnen hinterher.
Maria war etwas erleichtert darüber, dass sie jetzt mit Paul allein war. Obwohl es für das Anlegen des Handschuhs vermutlich sinnvoller gewesen wäre, wenn sie dageblieben wäre. Denn Maria konnte nicht kontrollieren, wie der Handschuh auf ihrem Rücken auszusehen hatte. Aber wenn es ganz falsch wäre oder weh tun würde, dann würde sie es Paul schon sagen. Und ihre Erzieherin würde, wenn sie zurück käme, sicher auch noch einmal kontrollieren.

Ein wenig war Maria aber verwundert. Sie war doch sonst immer so sorgfältig. Warum sollte sie ausgerechnet heute die Schlösser vergessen. Das ergab einfach keinen Sinn. Maria vermutete eine andere Absicht dahinter, und der Gedanke freute sie um so mehr. Denn so hatte ihre Erzieherin erreicht, dass Paul sich ganz ungestört mit dem Handschuh vertraut machen konnte.

Maria hatte die Augen geschlossen und fühlte nur, wie der Handschuh auf dem Rücken langsam immer enger wurde. Es kribbelte in ihrem Bauch, und es fühlte sich auf einmal ganz anders an. Ob das an Paul lag?

Es kam ihr kurz der Gedanke, einmal mit ihrer Mutter zu reden. Es wäre doch toll, wenn Paul einen Teil ihres Programms übernehmen könnte. Doch gleich darauf verwarf sie die Idee wieder. Das würde ihre Mutter sicher nie erlauben. Aber sie würde sich Pauls Kontrolle gerne unterwerfen. Sie schluckte, als sie über das Wort nachdachte. »Unterwerfen?« Doch, genau das würde sie machen, wenn Paul sich um sie kümmern würde. Innerlich schüttelte sie den Kopf. Das konnte ja gar nicht gehen, Paul hätte bestimmt viel zu wenig Erfahrung.
Aber schön wäre es schon. Sie blickte ihn über die Schulter verliebt an.
* * *
Paul war bemüht, sich an alle Tipps von gestern zu erinnern, als er mit dem Handschuhanlegen anfangen durfte. Er konnte nur erahnen, wie streng dieses Programm für Maria war, und trotzdem war er bemüht, trotz der Strenge, die er jetzt ausüben musste, zärtlich zu sein.
Dennoch glaubte er in Maria einen gewissen Unwillen zu spüren und er bedauerte sie. Doch er wusste, dass er an ihrem Schicksal nichts ändern konnte. Genaugenommen hatte er ja überhaupt keine Ahnung davon, was Maria hier eigentlich machte.

Er warf noch einmal einen kritischen Blick auf die Schnürung, dann war er der Meinung, dass er fertig wäre. Er musste sich erst räuspern, bevor er fragen konnte. »Ich wäre dann dann soweit.« Seine Stimme war sehr leise. »Soll ich...« Er musste schlucken, » einen Knoten machen oder eine Schleife?«
Maria hatte die Augen geschlossen. Es schien als wollte sie den Sitz des Handschuh ganz vorsichtig prüfen, damit die noch ungesicherte Schnürung nicht wieder auf ging. Ihre Stimme war sehr leise. »Mach bitte eine Schleife.«

Paul sah, dass sie ein wenig die Arme bewegte.
»Ja, so ist es gut.« Ihre Stimme war noch leiser.
Paul war bemüht, oben am Handschuh eine schöne Schleife zu binden und damit die Schnürung des Handschuhs zu sichern.

»Hier ist die Schnürung noch zu weit auf, und hier ist es schief.« Mrs. Potter stand urplötzlich neben Paul und hatte die Schnürung begutachtet.
Paul war heftig zusammen gezuckt und machte einen sehr erschrockenen Eindruck.
Marias Erzieherin übersah dies. »Aber das könnt ihr heute so lassen.« Sie reichte ihm das erste der vielen Schlösser.

Paul war noch dabei, sich von dem Schreck zu erholen, als er sich damit befassen musste, Maria jetzt noch etwas sicherer in den Handschuh zu sperren. Es war ihm ein Rätsel, warum die Schlösser nötig waren. Maria hätte auch ohne diese zusätzlichen Maßnahmen keine Chance, von selber aus dem Handschuh heraus zu kommen. Doch er wusste, dass er auf eine Frage danach keine sinnvolle Antwort bekommen würde.

Nach dem er alle Schnallen mit je einem Schloß versehen hatte und sogar in die von ihm so kunstvoll geschnürte Schleife eines hatte stecken müssen, blickte er Mrs. Potter unsicher an. Er brachte nur ein leises und zweifelndes »Fertig« heraus.
Mrs. Potter sah kurz auf die Uhr und nahm ein kleines Notizbuch zur Hand, in das sie eine Eintragung machte. Dann blickte sie Paul und Maria liebevoll an. »Dann mal noch viel Erfolg bei der Mathematik.«
Dann verließ sie den Raum genauso schnell und unauffällig wie sie gekommen war.
* * *
Langsam drehte Maria sich wieder zum Schreibtisch und blickte auf die Zeichnung, die sie gerade noch angefertigt hatte. Auf einmal glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie drehte ihren Kopf zu Paul. »Ich habe den Fehler gefunden. Hier der Winkel ist falsch.«
Paul trat zu ihr, und noch bevor er darüber nachdachte, fragte er welcher. Er blickte interessiert auf die Zeichnung.
Wie schon am Tag zuvor nahm Maria einen Bleistift in den Mund und zeigte ihm eine Stelle auf der Zeichnung.

Paul bekam eine urplötzlich eine Gänsehaut. Es faszinierte ihn, wie selbstverständlich und natürlich Maria mit ihrem Monohandschuh umging. Ohne das er recht wusste, was er tat, streichelte er ihr über die verpackten Arme und blickte sie bewundernd er. »Du bist sehr tapfer.«
Maria blickte ihn verwundert an. »Das ist nett von Dir.« Sie lächelte erfreut und irritiert zugleich. »Aber jetzt laß uns Mathe machen.«
* * *
Mrs. Potter prüfte noch einmal, ob sie alles dabei hatte. Diesmal wäre es der Stimmung nicht zuträglich, wenn sie die beiden bei ihrem Vorhaben allein lassen würde. Sie hoffte, dass sie ihren Schützling gut genug kannte, um ihre Reaktionen vorher zu sehen. Denn sie wollte erreichen, dass Maria zusammen mit Paul einen schönen Samstag Nachmittag erleben sollte, der sie noch weiter zusammenschweißte.
Sie hatte von Marias Mutter in dieser Hinsicht freie Hand bekommen und trotzdem war sie unsicher, ob ihr Plan aufgehen würde. Andererseits hatte Paul sich schon gestern als sehr zuverlässig erwiesen.
Sie ging bewußt mit resolutem Schritt die Treppe hinauf, um sich bemerkbar zu machen. Ihre beiden Liebenden hatten jetzt genug für die Schule gelernt, jetzt sollten sie sich noch etwas entspannen vor der so schwierigen Nacht.
* * *
Paul spürte sofort die Stimmungsveränderung bei Maria, als die Schritte von ihrer Erzieherin auf der Treppe zu hören waren. Er ließ sich davon anstecken, obwohl er keine Vorstellung hatte, was jetzt kommen würde.
Doch es sollte für beide eine Überraschung werden, als Mrs. Potter das Zimmer betrat und gleich zu dem kleinen Extra-Tischchen ging. »Ich denke, ihr habt jetzt genug gelernt.« Sie versuchte ihre Stimme möglichst entspannt klingen zu lassen. »Ihr habt Euch ein wenig Unterhaltung verdient.«

Obwohl Maria sich noch nicht von der Matheaufgabe gelöst hatte, war ihrem Blick doch zu entnehmen, dass sie nicht wusste, was ihre Erzieherin vorhaben könnte. Doch dann erinnerte sie sich an ihre Erziehung und drehte sich vom Schreibtisch hin zu Mrs. Potter. Zu ihrem Erstaunen sah Maria, dass auf dem kleinen Tisch nicht nur ihr Cape, sondern auch ein Halskorsett lag. Unwillkürlich begannen ihre Augen zu leuchten.
»Wie wäre es mit einem Kino-Besuch?« Die Stimme der Erzieherin klang fast liebevoll.

Maria zeigte zum Erstaunen von Paul nur sehr wenig Begeisterung, und Paul fragte sich sofort warum. Vermutlich dachte Maria daran, dass ihre Erzieherin mit ins Kino gehen würde. Er sah dies in Gedanken schon vor sich. Mrs. Potter sicher in der Mitte, sowie links und rechts er und Maria. So zumindest könnte er Marias Stimmung erklären.
Doch die nächste Frage brachte Klarheit. »Ihr könntet mit dem Bus fahren und wärt noch rechtzeitig zur Nachmittagsvorstellung dort. Ich werde in der Zwischenzeit die Erdbeeren einfrieren.«

Auf einmal schien Maria aufzuwachen. »Ihr meint, ich dürfte allein... mit Paul...?« Ihre Augen begannen zu leuchten. Doch dann blickte sie zur Uhr und schien enttäuscht. »Aber mein Training dauert ja noch länger.«
Mrs. Potter schien mit dieser Antwort gerechnet zu haben. »Oh, ihr könnt aber auch im Kino trainieren.«

Es war Maria anzusehen, dass es in ihr arbeitete.
Ihre Erzieherin sprach weiter. »Ihr behaltet einfach das Cape an.«
Paul kam ins Grübeln. War das Cape normalerweise nicht sogar abgeschlossen? Er wunderte sich.

Maria blickte zwischen ihrer Erzieherin, dem Tischchen und Paul hin und her. Sie wusste immer noch nicht, woran sie war.
»Ich möchte es dir freistellen, diesen Nachmittag auch das Halskorsett zu tragen.« Mrs. Potter hatte die nächste ihrer Überraschungen ausgebreitet.
Maria war mehr als erstaunt. »Ihr meint, ich dürfte es tragen?« Sie machte eine Pause. »Ohne Gummisack?«
Mrs. Potter bestätigte. »Ohne.«

Paul war verwundert. Was hatte es wohl mit diesem Gummisack auf sich? Doch er ahnte, dass er danach besser nicht fragen sollte.
»Aber Paul muss versprechen, gut auf Dich aufzupassen.«
Auf einmal richteten sich beide Blicke auf Paul. Dieser war mehr als überrumpelt.
Paul verstand nicht so recht, was sie von ihm wollten. Aber er wollte auf keinen Fall Maria enttäuschen und versprach, gut auf Maria Acht zu geben. »Was muss ich denn alles beachten?«

Mrs. Potter blickte Paul. »Eigentlich hast Du es letztens schon ganz gut gemacht.« Es folgte eine schneller, aber böser Blick zu Maria. »Mit dem Halskorsett kann Maria nicht mehr vor sich auf den Boden schauen.«
Paul glaubte erkannt zu haben, auf was es ankam. Doch diesmal wollte er mehr wissen. Er nahm sich allen Mut zusammen und fragte: »Und welchen Zweck hat dieses Halskorsett?«

Mrs. Potter blickte Paul erstaunt an, doch dann entspannte sich ihr Blick. Sie nahm das Halskorsett und legte es Maria um den Hals. »Hast Du gesehen, dass Maria jetzt ihren Kopf etwas höher halten muss?«
Paul sah in diesem Moment eher nur in Marias leuchtende Augen.
«Es verleiht ihr eine stolze Haltung. Sie kann ihren Blick nicht senken, sondern muss allen immer stolz in die Augen blicken, wie eine Aristokratin«
Ohne das Paul groß nachdachte, entfuhr ihm ein »Sissi«.

Maria lächelte und wollte den Kopf zu ihm hindrehen. Dabei spürte sie sofort etwas den Widerstand des Halskorsetts. Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Und ich kann meinen Kopf nicht mehr so drehen wie ich möchte.« In ihrer Stimme klang viel Begeisterung mit. »Aber im Kino braucht es das ja auch nicht.«
Da ihre Erzieherin das kleine Korsett nur zur Anschauung um Marias Hals gehalten hatte, gab es natürlich nach, als Maria ihren Kopf drehte. Mrs. Potter nahm es wieder ab und reichte es Paul. »Möchtest Du es Maria anlegen? Du weißt ja, wie es geht.«
Paul wurde rot, doch dann nahm er das kleine Korsett in die Hand. Natürlich wusste er noch wie es anzulegen war, wenn er auch letztens von Maria verbotenerweise dazu überredet worden war. Es war Paul schon lieber, dass es jetzt erlaubt war.

Trotzdem zitterte seine Hände ein klein wenig, als er seiner Freundin jetzt das Korsett um den Hals legte. Er wollte sich gerade auf die Suche nach der Schnur zum Verschließen machen, als Marias Erzieherin ihm diese auch schon anreichte. Er war etwas verwirrt und murmelte ein »Danke«.
Er wusste noch, wie er das Korsett schließen musste und da er ahnte, das Maria sich darüber freute, hatte er damit auch keine Probleme. Diesmal ging es sogar wesentlich schneller.

Doch als Mrs. Potter ihm wortlos wieder ein kleines Schloß reichte, musste er doch etwas schlucken.
Maria spürte sein Zögern und obwohl ihr das Sprechen schwer fiel, versuchte sie ihren Freund zu beruhigen. »Das ist schon in Ordnung so.« Es war zu hören, das sie durch Korsett ein klein wenig beim Sprechen behindert wurde.
Paul seufzte hörbar, dann brachte er das Schloß am Halskorsett an. Das leises »Klick« verursachte wieder eine Gänsehaut beim ihm.

Maria brachte ein sehr leises »Danke« über die Lippen. Als Paul um sie herum ging, sah er, dass ihre Augen strahlten. Er freute sich für seine Freundin. Es schien nicht allzu oft vorzukommen, dass sie so aus ihrem Alltag ausbrechen durfte.
Paul blickte noch einmal auf den kleinen Tisch. Dort lag nur noch Marias Cape. Er wusste, dass das Cape ein integriertes Schloß hatte, und wieder überkam ihn eine Gänsehaut. Er bewunderte Maria, wie gut sie mit all diesen strengen Regeln und Einschränkungen zurecht kam. Besonderen Respekt hatte Paul vor diesem seltsamen Handschuh, der Marias Arme auf ihrem Rücken gefangen hielt. Er gab ihr etwas sehr hilfloses, verletzliches, und Paul nahm sich vor, heute besonders gut auf sie aufzupassen. So etwas wie gestern bei den Steinen sollte nicht wieder vorkommen.

Das Rascheln des Cape riss ihn aus seinen Gedanken. Mrs. Potter hatte es vom Tisch genommen und hielt es vor sich hin. Sie blickte es prüfend an und wunderte sich. »Die Durchgriffe sind ja verschlossen?« Sie blickte Maria fragend an.
Maria sah ihre Erzieherin mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Verliebtheit an. »Paul hat die zugemacht.« Sie drehte sich zum ihm hin und warf ihm einen Kußmund zu. »Er neckt mich damit.«

Mrs Potter blickte Paul erstaunt an. Paul hatte auf einmal ein schlechtes Gewissen. Doch zu seiner Überraschung wandelte sich ihr Blick von Erstaunen zu Bestätigung. »Das ist gut,« sprach sie mehr zu sich selbst als zu Paul.

Doch war es wichtig sein schlechtes Gewissen zu erleichtern. »Ich hätte ja auch gern noch das Cape zugebunden, wenn Maria Hosen tragen würde.« Er wurde rot und grinste beschämt, denn die Idee hatte er wirklich gehabt. Doch ob er wirklich den Mut gehabt hätte, Maria an den Beinen zu berühren, das bezweifelte er.
Doch zu seinem Erstaunen passierte etwas, mit dem er überhaupt nicht gerechnet hätte.

Maria blickte Paul verblüfft an. Dann zeigte ein verwegenes Lächeln und drehte sie sich zu ihrer Erzieherin um. Paul entdeckte, dass sie sich irgendwie gerade aufrichtete. Dann blickte sie vor ihrer Erzieherin auf den Boden.
Diese schien dieses Signal sofort zu erkennen und war doch auch etwas überrascht. Sie drehte sich mit dem Körper zu Maria und kam der Bitte um Sprecherlaubnis nach. »Maria, ihr wünscht?«

Paul war von diesem Ritual mehr als erstaunt.
Marias Stimme klang nur sehr leise und doch glaubte Paul so etwas wie Übermut darin zu hören. »Es ist Wind angesagt.«
Marias Erzieherin war mehr als erstaunt. »Seit ihr sicher, das ihr das wirklich wollt?«
Ein sehr stolzer Blick war die Antwort.
»Gut, wenn ihr dies wirklich wollt.« In Mrs. Potters Stimme war noch viel Verwunderung zu hören. Doch dann hängte sie wie gewohnt das Cape um Marias Schultern und kniete sich vor sie hin.

Paul erwartete, das sie jetzt den Reißverschluß schließen würde, doch zu seinem Erstaunen löste sie die Bänder, die an der Innenseite des Capes angebracht waren und band diese an einem Ring fest, der plötzlich oberhalb von Marias Knie an ihrem Rock sichtbar wurde. »So haben wir die Bänder doch nicht umsonst angelegt.«
Paul wusste mit diesem Satz nichts anzufangen. Doch er sah sehr erstaunt zu, wie Marias Cape aus irgendeinem magischen Grund doch an ihren Beinen befestigt werden konnte.

Er hielt fast etwas die Luft an. Denn jetzt, so erkannte er mit einer seltsamen Faszination, war Maria wirklich in ihrem Cape gefangen. Sie hatte jetzt keine Möglichkeit mehr, es hoch zu ziehen und vielleicht an den Verschluß zu kommen. Diesen hätte sie vielleicht öffnen können, wenn er nicht abgeschlossen wäre. Auch die Möglichkeit, die Armdurchgriffe von aussen zu öffnen, stand Maria jetzt nicht mehr zur Verfügung.

Dann fiel ihm ein, dass ihre Arme ja sowieso in ihrem Handschuh gefangen waren, und so hätte sie sich auch ohne die Bänder nicht befreien können.
Er fragte sich, woran die Bänder jetzt festgebunden waren, doch er hatte keine Gelegenheit mehr, dort genauer hinzusehen, denn Marias Erzieherin machte jetzt auch den Reißverschluß des Capes zu. Gleich darauf hörte er das faszinierende »Klick«.

Marias Augen strahlten, als sich sie jetzt zu Paul hindrehte.
Jetzt tat es Mrs. Potter fast etwas leid, doch sie musste die Stimmung etwas dämpfen. Beide mußten erfahren, was für die schönen Nächte ausgemacht war.
»Margarete hat für das nächste Wochenende abgesagt.« Maria blickte ihre Erzieherin zunächst erstaunt an. »Ich habe Paul gefragt, ob er das nicht übernehmen möchte, und er hat zugesagt.«
Maria war im ersten Moment entsetzt ob dieser Nachricht. Ihre Stimme klang fast etwas erschrocken. »Nein, bitte nicht das...« Doch dann blickte sie Paul verlegen an und schien ins Grübeln zu kommen.

Ihre Erzieherin ahnte, was in ihrem Schützling vorging, und sie wollte sie gleich in die richtige Richting bringen. »Keine Widerrede, es ist schon alles ausgemacht.« Sie strich Maria kurz durch das Gesicht. »Ihr werdet das schon schaffen. Und jetzt viel Spaß im Kino.«

Zu Pauls Überraschung reichte sie ihm noch ein kleines Schlüsselbund und blickte ihn dabei ernst an. »In zwei Stunden ist Marias Training vorbei. Versprich mir bitte, das du sie nicht vorher aus dem Handschuh heraus läßt.«
Paul blickte genauso erstaunt auf den Schlüsselbund wie Maria.
22. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 05.01.14 21:55

Schöne Fortsetzung.
Maria muß Toll Ausgesehen haben im Sissi Kleid.
Das ist ein großer Vertrauensbeweis das Paul die Schlüssel mitbekommt um Maria den Monohandschuh Abzunehmen. Ich Tippe mal das Maria das Halskorsett auch nach dem Kino Anbehält und nur den Handschuh Loswerden möchte um mit Paul Händchen zu Halten.
23. RE: Maria

geschrieben von Balu am 05.01.14 22:08

Dir ist die Fortzetzung wieder SUPER gelungen mache Bitte weiter so
24. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 06.01.14 03:53

Wow das wird ja immer besser

Mach weiter so! I h Warze gespannt auf den nächsten Teil!
LG
25. RE: Maria

geschrieben von Joern am 06.01.14 10:23

Und wieder eine supertolle Fortsetzung! Vielen Dank dafür - du hast wirklich eine unvergleichliche Art das Kopfkino zum kreiseln zu bringen. Was mag es wohl mit den "Schönen" Nächten auf sich haben, das Maria diesen mit dermaßen gemischten Gefühlen entgegensieht, wo sie sich doch bisher als sehr tapferes und leidensfähiges Mädchen bewießen hat. Zumindest scheint es diese wöchentliche Behandlung schon einigermaßen in sich zu haben, wenn dafür während Mrs. Potters Abwesenheit sogar eine Krankenschwester engagiert werden mußte um Marias vorgesehene Behandlung sicherzustellen. Ob Maria Paul wohl schon während des Kinobesuchs auf die kommenden Maßnahmen vorbereiten wird? Bestimmt hofft auch Mrs.Potter, dass Paul dadurch einigermaßen schonend (sofern das überhaupt machbar ist) auf Marias bevorstehendes Martyrium (was sonst würde wohl Marias Unbehagen auf die bevorstehende "Schöne Nacht" begründen?) vorbereitet wird. Ob Paul dieser Aufgabe überhaupt gewachsen ist und diese mit der nötigen Strenge und Sachkenntnis durchführen kann?

Wie auch immer es weitergeht, ich halte es kaum aus vor Spannung. Da ist ja auch noch das angekündigte Treffen mit dem Baron am Sonntag. Das schafft ja zusätzlichen Stoff für weitere Spekulationen und ich kann es ebenfalls kaum erwarten, was Maria da wohl noch bevorstehen mag.

Vielen Dank und Weiter so...
26. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 06.01.14 16:52

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Maria ging traurig neben Paul her. Sie machte nur kleine Schritte und ging langsam. Zum Glück war es nicht weit bis zur Bushaltestelle.
Paul ging nervös neben ihr. Er hätte ihr gern beim Gehen geholfen, doch den Arm um die Schultern wollte Maria nicht. »Das schaffe ich auch so.« Ihre Stimme hatte dabei recht schnippisch geklungen.

Paul spürte, dass er seine Freundin jetzt nicht bedrängen durfte. Sie schien irgendwie mit sich selbst zu kämpfen. Dabei hätte er so viele Fragen gehabt. Er wusste auch nicht, was er von der Ankündigung der schönen Nacht zu halten hatte. Auf der einen Seite war er sehr dankbar für jede Minute, die er mit Maria verbringen konnte. Auf der anderen Seite spürte er Marias Sorgen wegen seiner Aufgabe, und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.
Er nahm Marias leichte Traurigkeit wahr und dennoch konnte er sie sich nicht so recht erklären. Er traute sich auch nicht, ein Gespräch anzufangen. Denn er wusste nicht, worüber er jetzt mit Maria reden sollte.

Trotzdem war Paul ziemlich aufgeregt, denn er war mit Maria allein. Auch wenn es ihm bewußt war, wie streng Maria doch unter Kontrolle stand. Er hörte noch das Klicken, mit dem Maria soeben noch in ihre Kleidung eingesperrt worden war. Und er wusste, dass diese Schlösser auch ihn aussperrten. Er hoffte, dass es im Kino nicht zu warm sein würde. Marias Cape war abgeschlossen. Paul bekam eine Gänsehaut, wenn er an die Strenge dachte.
Ihm gingen die Schlüssel durch den Kopf, die er bekommen hatte. Er wusste zwar nicht, wie weit er damit kommen würde, und ebensowenig, welcher Schlüssel welches der vielen Schlösser öffnen würde, doch es hatte etwas beruhigendes, die Schlüssel zu spüren. Doch ebenso fühlte er sich an das Versprechen gebunden, Maria frühestens nach zwei Stunden zu befreien.
* * *
Sie mußten nicht lange auf den Bus warten. Paul ließ Maria als zuerst einsteigen, dann ging er hinterher. Dabei fiel es ihm schon auf, wie schwer Maria sich dabei tat. Andererseits war er auch fasziniert von dem ungeheuren Stolz, den Maria ausstrahlte.
Nur für einen kurzen Moment wunderte er sich, warum Maria nicht ihre Hände benutze, dann fiel ihm beschämend ein, das sie ja ihren für ihn immer noch recht rätselhaften Handschuh trug. In ihm kam ein schlechtes Gewissen auf und ihm fielen die letzten Worte von Marias Erzieherin ein, als er kurz mit ihr allein gewesen war. ´Paß gut auf Maria auf.´ hatte sie gesagt. Sie sei oft sehr stolz und würde jegliche Hilfe ablehnen. ´Doch im Bus mußt Du energisch sein. Maria wird das brauchen.´ Dass der letzte Satz doppeldeutig war, dafür hatte Paul in diesem Moment allerdings keinen Blick gehabt.

Im Bus war kein Sitzplatz mehr frei. Es war Samstag kurz nach dem Mittag und es schienen alle in die Stadt zu wollen. Deswegen mußten beide stehen bleiben. Paul war dies gar nicht recht, doch er wusste, dass er daran nichts ändern konnte. Er hätte es gern gesehen, wenn Maria sich hätte hinsetzen können. Er blickte sie mit einer Mischung aus Mißtrauen und Vorsicht an. Es war Sommer, und obwohl es nicht allzu warm war, stach Maria mit ihrem Cape aus der Menge der Busfahrenden schon etwas heraus. Aber es nahm keiner Notiz von ihr. Paul überlegte mit einer Gänsehaut, dass sie bestimmt nicht das erste Mal auf diese Weise mit dem Bus fuhr.

Als der Busfahrer los fuhr, stand Paul dicht neben Maria und er spürte sofort, wie sie mit ihrem Gleichgewicht kämpfte. Jetzt erkannte er, was Mrs. Potter wohl gemeint hatte, und er legte seinen Arm um ihre Schulter. Mit der anderen Hand hielt er sich an einer der Stangen fest.
Paul spürte sofort, dass seiner Freundin diese Umarmung und die Nähe nicht recht waren, doch das ständige Ruckeln des Busses zeigte ihm die Notwendigkeit. Zudem waren ihm die Worte ihrer Erzieherin noch gut im Gedächtnis.
Marias Stimme war sehr leise, fast geflüstert. »Kannst du mich bitte loslassen? Ich kann schon selber stehen.« Sie klang sehr schnippisch.

Paul musste erst einmal schlucken. Ihm ging noch einmal durch den Kopf, was er Marias Erzieherin versprochen hatte. »Sie hat gesagt, dass ich Dich festhalten soll, und das werde ich machen. Auch wenn es Dir nicht recht ist.« Er hätte dies nicht gesagt, wenn er mit Maria wirklich allein gewesen wäre. Aber Mrs. Potter hatte ihm quasi die Worte in den Mund gelegt und ihm versichert, dass es das richtige für Maria sei.

Er blickte Maria zugleich neugierig und bestimmt an. Sie hatte die Augen geschlossen. Paul spürte, dass sie ihren ganzen Körper anspannte. Ihm kam es fast vor, als hielte er ein Brett fest.
Fast wäre es ihm unheimlich geworden, denn diese Reaktion hatte ihre Erzieherin ebenfalls vorher gesagt. Paul hoffte, dass diese auch weiterhin recht behalten würde.
Der Busfahrer war nicht besonders sanft in den Kurven sowie beim Anhalten und losfahren, so dass es Paul schon einige Kraft kostete, sie beide festzuhalten. Doch er wusste, was von ihm erwartet wurde.

Zu seiner großen Erleichterung entspannte Marias Körper sich spürbar, je länger sie nebeneinander standen. Paul vermied es jedoch, Maria ins Gesicht zu blicken, denn er wusste, das sie seinem Blick nicht ausweichen konnte, und das wollte er nicht ausnutzen.
»Nächste Station müssen wir aussteigen.« Marias Stimme stimmte war leise, und doch kam es Paul vor, als klänge kein Ärger mehr mit, sondern eher Zufriedenheit und Vorfreude. Er blickte sie erstaunt an.

Der Bus hielt und Paul half seiner Freundin die paar Stufen hinab. Zu seiner Überraschung blieb Maria stehen und drehte sich zu ihm hin. »Bitte halte mich weiter fest.« Sie lächelte schüchtern.
Paul fand keine Worte, als er Marias Bitte nachkam. Er spürte sofort, wie sie sich zärtlich an ihn schmiegte.
* * *
Die Kinobesitzerin Thea erwartete sie schon. »Ah, da seid ihr ja. Dorothea hat mir Bescheid gegeben, dass ihr kommt.«
Paul musste sich eingestehen, dass er nicht wirklich verwundert war.
»Wen bringst Du denn heute mit?« Thea blickte neugierig zwischen Maria und ihrem Freund hin und her.
Marias Stimme war etwas leise. »Das ist Paul, ein neuer Schüler.«
Es fiel Paul auf, das Maria vor Thea viel Respekt zu haben schien.

Mit einer Handbewegung gab sie ihnen zu verstehen, dass sie hinein gehen sollten. »Ich habe einen schönen Film für Euch ausgewählt. Der wird Euch gefallen.« Sie zwinkerte Maria zu.
Paul war schon etwas mißtrauisch, denn es war Zeit für die Familienvorstellung. Doch da er sich immer noch erhoffte, endlich einmal mit Maria allein zu sein, war ihm dies recht.
Sie betraten einen eher etwas kleineren Saal, und Paul stellte fest, dass schon ein paar Familien mit kleinen Kindern darin Platz genommen hatten. Paul war nicht wirklich verwundert darüber.

»Hast Du die Stange dabei?« Theas Stimme klang leicht besorgt.
Maria wies auf die Außentasche im Cape hin.
Thea nahm etwas aus der Tasche, dann strich sie Maria leicht über das Cape und fragte, ob sie es nicht ausziehen möchte.
Als Antwort seufzte Maria.
Doch Thea ließ nicht nach. »Oder willst Du es anbehalten?«
Maria brachte nur ein kurzes »Ja« über die Lippen.
Thea streichelte ihr zärtlich über die Wange. »Tapferes Mädchen.« Sie blickte in die Reihe mit den Kinositzen. »Am besten ist es Du setzt Dich dort hin, genau in die Mitte.«

Paul ging voraus und setzte sich neben Marias anvisierten Platz. Er sah, das Thea hinter Maria her ging und er wunderte sich.
Maria nahm ebenfalls Platz und richtete ihren Blick auf die Leinwand.
Die Kinobesitzerin hatte die Stange in der Hand begann, sie an dem Halskorsett anzubringen. Später wusste Paul nicht mehr, woher er in der Situation den Mut nahm, doch er protestierte. Irgendwie fand er es nicht richtig, das es für Maria jetzt noch strenger werden sollte.

»Was soll denn das?« Seine Stimme klang rau. »Maria ist doch schon so streng verpackt?«
Thea blickte Paul trotz seines spürbaren Ärgers liebevoll an. »Ich will es Maria ja einfacher machen.« Sie zeigte auf die Leinwand. »Siehst Du, wohin Maria schauen muss? Der Halskragen hält ihren Kopf aber zu tief und Maria müßte die ganze Zeit ihren Hals nach hinten drücken. Das wird ihr mit der Stange abgenommen und sie kann den Film genießen.«

Paul war auf einmal ganz kleinlaut und entschuldigte sich. »Das habe ich nicht gewußt. Entschuldigen sie bitte.« Es war ihm sichtlich unangenehm.
* * *
»Was hat denn die Tante am Hals?« eine helle Kinderstimme war deutlich im Saal zuhören.
Paul erstarrte. Es war ihm sofort klar, dass Maria mit ihrem Halskorsett damit gemeint war.

Als nächstes war die Stimme einer Frau zu hören. Es war vermutlich die Mutter. »Die hat ein ´Aua´ am Hals, deswegen muss sie einen Kragen tragen.«
Paul hörte teils mit Angst, teils mit Faszination zu. Er blickte zu Maria hinüber. Sie schien auch begriffen zu haben, dass es um sie ging. Doch er wusste, dass sie nicht wirklich etwas machen konnte. Es schien Paul, als zittere Maria ein wenig.

Es waren kleine Trippelschritte zu hören sowie die Stimme der Mutter. »Nein, Schatz, bleib hier«
Die Trippelschritte kamen näher. Paul beugte sich vor und erstarrte. Ein kleines blondes Mädchen war gerade dabei, auf den Sitz neben Maria zu klettern.
Doch zum Erstaunen von Paul und Maria stellte sich das kleine Mädchen neben Maria und pustete ihr auf den Hals beziehungsweise auf das Halskorsett. Dann fragte sie mit liebevoller Kinderstimme »Ist Dein Aua jetzt weg?«

Maria musste trotz ihrer Anspannung etwas lachen. »Danke, das ist ganz lieb von Dir. Es geht mir schon etwas besser.«
Mittlerweile kam die Mutter und nahm ihre Tochter bei der Hand. »Bitte entschuldigen sie.«

Maria versuchte sich etwas mit dem Oberkörper zu der Mutter hinzudrehen. »Das ist kein Problem. Sie ist ja lieb, die Kleine.«
Der Mutter war es sichtlich unangenehm. Fast etwas abrupt nahm sie ihre Tochter hoch und entschuldigte sich noch einmal bei Maria. Dann ging sie wieder zu ihrem Platz, nicht ohne noch einmal einen seltsamen Blick auf Maria zu werfen.
* * *
Sein erstes Rendezvous hatte Paul sich schon anders vorgestellt. Doch von Maria ging ein seltsamer Zauber aus, von dem Paul, so musste er sich eingestehen, total gefangen war. Dabei war Maria in ihrem sogenannten Training doch viel mehr gefangen als es Paul recht war. Denn er hatte sich das Zusammensein mit seiner Freundin irgendwie anders vorgestellt. Doch mit ihrer Hilflosigkeit die sie ausstrahlte, wenn sie den Handschuh trug, zog sie Paul total in ihren Bann.
Durch des Halskorsett, welches Maria heute einmal tragen durfte, wurden die Eindrücke eher verstärkt. Denn durch die Ereignisse vom Vortag war Paul sensibilisiert, auf Maria aufzupassen und auch auf kleinste Signale zu achten.

Schon im Bus hatte er deutlich gespürt, dass Maria seine Umarmung zunächst nicht mochte. Und hätte ihn ihre Erzieherin nicht auf die Situation vorbereitet, hätte Paul nicht die Kraft gehabt, sich zum ersten Mal gegen ihren deutlichen Willen zu stellen.
Dass er jetzt in der Familienvorstellung saß und sich einen Märchenfilm anschauen musste, hätte ihn unter normalen Umständen amüsiert. Doch neben ihm saß die durch ihre Kleidung und ihre Trainingsausrüstung sehr hilflose und schutzbedürftige Maria und verlangte Paul sehr viel Aufmerksamkeit ab.

Paul blickte sehr oft zu Maria hinüber, die diese Blicke zwar wahrnahm, aber nicht erwidern konnte, da sie nicht in der Lage war, ihren Kopf zu drehen.

Auf der Leinwand wurde das traurige Leben der Heldin dargestellt. Judith, die älteste Tochter des Schneiders, hatte sehr unter der Stiefmutter zu leiden, wie es in Märchen so üblich war. Dies gipfelte darin, das die Stiefmutter durchsetzte, das Judith die Familie verlassen sollte, weil sie alt genug sei.
Gerade als Judith sich unter Tränen von ihren Geschwistern und ihrem Vater verabschiedete, bemerkte Paul, dass Maria auch weinte. Die Tränen liefen ihr recht heftig durch das Gesicht und Paul war sofort sehr besorgt und hatte keinen Blick mehr für die Leinwand. Er griff in die Hosentasche und nahm sich sein Taschentuch zur Hand.

Ohne auf eine Erlaubnis von Maria zu warten, wischte er ihr zärtlich die Tränen weg und fragte besorgt, ob alles in Ordnung sei. »Es ist doch bloß ein Märchenfilm.« Noch dachte er, dass Maria über die Ereignisse auf der Leinwand weinen würde.
Maria schluchzte wieder. »Das ist es ja.« Sie flüsterte. »Was mußt Du bloß von mir denken?«

Paul verstand noch nicht, worum es Maria ging. Er versuchte, sie sehr zärtlich zu streicheln.
Doch es nutze nichts, Maria schluchzte weiter. »Ich schäme mich so, dass du jetzt hier neben mir sitzt. In der Kindervorstellung.« Sie schluchzte wieder. »Und das alles wegen dem blöden Programm.«

Paul wurde hellhörig, doch er wusste, dass er jetzt keine Frage stellen durfte. Er war erleichtert und besorgt zugleich.
»Was mußt Du bloß von mir denken?« Wieder lief eine Träne über Marias Wange. »Selbst im Kino muss ich dieses Zeug tragen.«
Paul war gerührt, denn mit solchen Sorgen hatte er nicht gerechnet. Er nahm sich vor, ihr Mut zu machen. Er wischte ihr noch einmal die Tränen weg und bat sie, mit dem Weinen aufzuhören.

»Ich würde so gern Deine Hand halten, aber das geht nicht wegen dem blöden Training. Und ich hätte auch gern meinen Kopf auf deine Schulter gelegt. Aber ich trage ja diese Halsding.«
Paul bemühte sich, seine Stimme ehrlich klingen zu lassen. »Ich bewundere Dich, das Du das alles so durchhältst.«

Maria schluchzte wieder. »Aber das schlimmste kommt erst noch. Meine schöne Nacht.« Sie machte eine kurze Pause und Paul hielt dabei den Atem an. »Du wirst mich danach sicher nicht mehr mögen.«
Paul fand keine Worte mehr um Maria zu trösten. Er war fast verzweifelt.

Er war bemüht, besonders zärtlich und sensibel zu sein. »Ich möchte Deine Hilflosigkeit nicht mißbrauchen, aber würdest Du es mögen, wenn ich Dich in den Arm nehme?«
Maria hielt kurz inne, und es war ihr anzusehen, dass sie sich gern zu Paul hingedreht hätte. Dann lehnte sie ihren Körper zu Paul hinüber.

Paul nahm dies als positives Zeichen und legte sehr vorsichtig seinen Arm um Marias Schultern. Dann begann er Maria sehr vorsichtig zu streicheln und spürte, dass es Maria gut zu tun schien. Er wischte ihr noch einmal die Tränen weg und bat mit sehr liebevoller Stimme »Bitte weine nicht mehr, ich halte zu Dir, egal was passieren wird.«

Er spürte, das Maria sich unter dem Cape zu bewegen versuchte, und wieder überkam ihm eine Gänsehaut bei dem Gedanken, wie streng seine Freundin unter Kontrolle stand. Gewiss, er hatte ein paar Schlüssel bekommen, mit denen er Maria die Lage erleichtern konnte, doch er hatte auch das Versprechen gegeben, Maria erst nach ihrer Trainingszeit zu befreien. Und er wollte sein Wort halten. Auch wenn er immer noch nicht wusste, was Maria hier trainierte.

Groß war seine Überraschung, als er plötzlich an seiner Seite eine zärtliche Berührung spürte. Marias Lippen zeigten ein Lächeln. Paul war glücklich. Maria hatte es geschafft, mit ihren so streng verpackten Händen auch etwas Zärtlichkeit zu zeigen. Quasi als Antwort streichelte Paul auch wieder etwas an ihrem Körper. Dabei bemerkte er eigentlich nur nebenbei, wie hart Marias Körper an einigen Stellen war. Doch er wagte nicht, darüber nachzudenken.
* * *
Auf der Leinwand hatte die Heldin Judith mit einer kühnen Tat das Leben der Königin gerettet und durfte sich eine Belohnung aussuchen. Mit viel Klugheit wünschte sich die Schneiderstochter, dass sie eine Dienerin der Königin werden dürfe.

Paul und Maria konnten jetzt den Film genießen. Beide hatten sich ausgesprochen, und Marias Sorgen waren zumindest im Moment beiseite gewischt. So konnten sie die Klugheit und den Weitblick der Filmheldin genießen, die es so geschickt anstellte, dass sich der Sohn der Königin in die neue Dienerin verliebte.

Die Königin, die von dem Wesen von Judith sehr angetan war, befürwortete die Verbindung, und so wurde sehr bald die Verlobung bekannt gegeben.
Judith hatte nicht vergessen, woher sie gekommen war. Sie sorgte dafür, dass ihre Familie in die Nähe des Schlosses ziehen konnte, und ihr Vater musste nicht mehr arbeiten. Doch er ließ es sich nicht nehmen, noch ein Kleid zu nähen, und es sollte das schönste werden, welches er je genäht hatte. Es war das Brautkleid für seine Tochter. Denn bald darauf wurde prachtvoll geheiratet.

Die Schlußszene des Filmes zeigte die Schneiderstochter, wie sie bei der Krönung ihres Ehemannes zum König neben ihm stand und aus seinen Händen die Krone der Königin entgegen nahm.
* * *
Langsam ging das Licht im Kino an, und sofort strömten die kleinen Kinder mit ihren Eltern hinaus, so dass nur Paul und Maria noch den Rest des Abspannes genossen.
Thea kam, und als sie die beiden Liebenden nebeneinander sitzen sah, lächelte sie. Nur sehr langsam näherte sie sich den beiden und fragte Maria, ob sie ihr die Stange wieder abnehmen sollte. Maria nahm das Angebot sehr dankbar an.

Paul fiel das kleine Schlüsselbund wieder ein, welches Mrs. Potter ihm gegeben hatte. Jetzt hatte er fast ein schlechtes Gewissen, weil Maria immer noch in dem Handschuh steckte.
Er wartete, bis Maria aufgestanden war, dann stellte er sich ihr gegenüber und zeigte ihr das Schlüsselbund. »Ich denke, die zwei Stunden sind längst um und dein Training ist vorbei. Ich darf dich jetzt aus den Sachen rauslassen.«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie innerlich aufgewühlt war. Sie schien mit sich selbst zu kämpfen. Schließlich blickte sie Paul entschlossen an und wurde rot. Sie druckste herum und schien keine Worte zu finden.
Paul hatte schon die Schlüssel in der Hand und schien herausfinden zu wollen, welcher der vielen Schlüssel für das Cape passen würde. Doch dann sah er in Maria Gesicht und war verwundert. »Du möchtest den Handschuh weiter tragen?«

Maria schien dankbar zu sein, es nicht aussprechen zu müssen. Trotz ihres Halskorsetts versuchte sie ein Nicken. Als sie merkte, das dies kaum gelang, brachte sie ein leises »Ja« über die Lippen.

In Pauls Blick mischte sich Bewunderung mit zunehmender Faszination. »Ich bewundere Dich, das Du das aushältst« Sie gingen langsam zum Ausgang.

Maria nahm das Lob gern entgegen. »Ich bin es gewohnt, ihn über mehrere Stunden zu tragen.« Eine Menge Stolz war in ihrer Stimme zu hören.
Paul wollte zugleich ehrlich und nett sein. »Ich könnte das nicht.«
»Oh, es hat aber auch angenehme Seiten.« Maria lächelte verschmitzt. »Ich bin dann sehr hilflos, und alle wollen mich bedienen.«

Paul lag die Frage auf der Zunge, wer denn mit »alle« gemeint sein könnte, doch das traute er sich nicht zu fragen. Stattdessen versuchte er sachlich zu bleiben. »Er ist sehr aufwendig anzuziehen, und du brauchst immer Hilfe dazu.«
Maria grinste. »Und ausziehen kann ich ihn auch nicht selber.«

Paul musste auch etwas schmunzeln. Er fand es in diesem Moment toll, das Maria ihr Schicksal mit Humor nahm.
Sie verließen das Kino und machten sich langsam auf den Weg zur Bushaltestelle.

Paul lag die Frage schon lang auf der Zunge. Er war der Meinung, sie jetzt stellen zu können. »Und warum nimmst Du das auf Dich?« Er dachte an all die Nachteile, die Maria damit hatte.

Zu seiner Überraschung musste Maria mit ihrer Antwort gar nicht lange nachdenken. »Die Prinzessinnen von früher mußten auch sehr für ihr Volk leiden.«
Paul blickte sie verwundert an.
Maria versuchte sachlich zu argumentieren. »Sie waren oft in ihre Kleidung eingenäht und konnten sie selber nicht ausziehen.«

Pauls irritierter Blick bewegte Maria dazu, weiter zu sprechen. »Reißverschlüsse waren noch nicht erfunden, und Knöpfe sahen oft genug nicht gut aus.«
Sie waren bei der Bushaltestelle angekommen und warteten.
Paul merkte an, das die Prinzessinnen oft auch in diese strengen Korsetts eingeschnürt waren.
Maria blickte Paul mit einem rätselhaften Blick an. »So gesehen bin ich eine echte Prinzessin.«

Obwohl Paul die Antwort eigentlich schon wusste und er es sich nur nicht eingestehen wollte, fragte er: »Wie meinst Du das?«
Statt einer Antwort trat Maria ganz dicht an Paul heran und schmiegte sich mit ihrem Oberkörper dich an seinen.
Paul spürte es deutlich an seinem Körper, und doch begriff er nur langsam: »Du trägst auch solche Korsetts?«
Maria lächelte nur.

Jetzt wurde Paul mutiger. »Und warum kannst Du nur so langsam gehen?«
Maria schien auf diese Frage vorbereitet zu sein. »Das hat andere Gründe.« Sie holte tief Luft. »Die Prinzessinnen habe sich stets langsam und würdevoll bewegt. Und meine Mutter sorgt dafür, dass ich das auch machen muss.« Den wahren Grund, die doppelten Schenkelbänder, wollte sie jetzt noch nicht erwähnen.

Paul war fast sprachlos. »Ich bewundere Dich, dass Du das so durchhältst.«
Maria seufzte. »Es ist nicht immer einfach.«

Paul hätte gern noch mehr gefragt, doch in diesem Moment bog der Bus um die Ecke und rollte langsam heran.
Wieder tat sich Maria sehr schwer mit dem Einsteigen, doch sie war zu stolz, um sich helfen zu lassen. Paul paßte lediglich auf, das sie nicht ins Stolpern kam. Insgeheim bewunderte er Marias eisernen Willen und dass sie es schaffte, trotz ihrer so strengen Einschränkungen noch so behände zu sein.

Es war nur noch ein Sitzplatz frei. Maria schien stehen bleiben zu wollen, obwohl sie den freien Platz sicher auch entdeckt hatte. Doch zu Pauls Überraschung brauchte es von ihm nur einen auffordernden Blick und Maria ging auf den freien Platz zu. Sie setzte sich vorsichtig, und Paul stellte sich neben sie.
* * *
Paul hatte es schon auf dem ganzen Rückweg gespürt. Maria war von einer gewissen Unruhe erfüllt. Aber sie schien sich auch auf das Kommende zu freuen, denn sie ging für ihre Verhältnisse sehr schnell.
Paul selber ahnte nicht, was auf ihn zu kam. Sie hatten ihm nur etwas von Schönheitsprogramm und der »Schönen Nacht« gesagt. Doch was dies wirklich für ihn und Maria bedeuten sollte, das ahnte er noch nicht. Doch er war sensibel genug, um sich von Marias Unruhe anzustecken.

Mrs. Potter stand schon an der Haustür, als sie das Grundstück betraten. Schon aus der Ferne war auch bei ihr eine gewisse Anspannung zu spüren, obwohl sie versuchte, ganz locker zu erscheinen. Paul hatte den üblich strengen Ton zur Begrüßung erwartet, doch zu seinem Erstaunen klang ihre Stimme eher liebevoll und fast zärtlich. »Na, ihr beiden, hattet ihr einen schönen Nachmittag im Kino?« Sie schien ehrlich interessiert sein.
Maria schien die Stimmung zu genießen. »Es war ein schöner Film.« Sie strahlte.

Paul reichte Mrs. Potter nervös das Schlüsselbund und versuchte ein Lächeln. »Wir haben es nicht gebraucht. Maria wollte nicht.« Noch immer klang Erstaunen in seiner Stimme mit.

Mrs. Potter erwiderte nichts. Doch sie nahm das Bund in die Hand und schloß das Cape auf. Sie öffnete die Schlösser vom Halskorsett und vom Handschuh und band die Bänder los. Maria wartete geduldig, bis sie ihr den Handschuh abgenommen hatte, dann bewegte sie ihre Arme und schien fast so etwas wie Gymnastik zu machen. Sie blickte Paul und lächelte etwas. »Das tut gut.«

Paul war beruhigt und doch auch zugleich sehr nervös, denn er wusste immer noch nicht, was kommen würde.
Mrs. Potter bat die beiden ins Eßzimmer und fragte nebenbei, wie denn der Film war.

Maria erzählte von der Schneiderstochter, die zur Prinzessin wurde, und ihre Augen leuchteten dabei. Paul war erstaunt, wie genau Maria den Film wiedergeben konnte. Er selber hatte im Kino fast nur Augen für Maria gehabt. Ihm ging durch den Kopf, dass Maria mit diesem seltsamen Halskorsett natürlich ständig auf die Leinwand schauen musste. Von den vielen Tränen sagte Maria nichts.

Auf dem Tisch waren Schnittchen vorbereitet und Getränke standen bereit. Mrs. Potter forderte die beiden auf, sich zu stärken vor der so wichtigen Nacht. Beide griffen zu und ließen es sich schmecken.
Paul wollte ehrlich mehr wissen, doch er wusste nicht so recht, wonach er fragen sollte. »Und wie lange dauert diese Nacht?«

Maria freute sich über seine Frage. »Wir wollen Morgen früh in den Gottesdienst, deswegen muss ich früh aufstehen.«

Paul war in diesem Moment entschlossen, auch einmal wieder zur Kirche zu gehen, obwohl er lange Zeit nicht einmal an daran gedacht hatte. Deswegen fragte er, in welche Kirche Maria gehen würde. Er bekam als Antwort die Christuskirche genannt. Er hoffte, dass seine Oma wissen würde, welche Kirche das war, denn er selber wusste es nicht. Doch das wollte er nicht zugeben.
* * *
Die Spannung im Eßzimmer war immer deutlicher zu spüren. Doch weder Mrs. Potter noch Maria machten den Anschein, als wäre etwas eilig oder schnell zu erledigen. Im Gegenteil, Paul kam es eher so vor, als würden sie ´es´ künstlich hinauszögern.

Schließlich war es Maria, die das Signal gab. Sie stand auf, nahm diese formale Haltung an, die Paul schon öfters bei ihr gesehen hatte, und wartete, bis ihre Erzieherin ihr die Erlaubnis zum Sprechen gab. Mit ruhiger Stimme bat Maria: »Ich wäre dann bereit für die Schöne Nacht.«

Ihre Erzieherin schien auf diesen Moment gewartet haben, denn jetzt stand auch sie auf und ging zur Tür. Sie öffnete sie und mit einer Handbewegung lud sie Maria ein. »Nun denn, ich erlaube Euch, zum Umziehen zu gehen.«

Paul kam das Ganze schon sehr seltsam vor. Ihm schien es, als spielten sie ein Spiel, denn ihrer beider Benehmen war auf einmal sehr formal und steif.
Maria drehte sich erst in Richtung Tür, dann knickste sie und ging dann mit kurzen aber feierlichen Schritten aus dem Raum. Gleich darauf hörte Paul sie auf der Treppe.
Ihre Erzieherin wandte sie sich an Paul. »Du könntest mir bei den Vorbereitungen helfen.« Sie bat ihn, ihr zu folgen. Sie gingen ebenfalls nach oben. Sie betraten ein sehr schlicht eingerichtetes Zimmer. Es standen dort nur ein Bett mit einem kleinen Nachschrank sowie eine große Schrankwand. An der Wand stand noch ein Tisch nahe beim Bett.

Mrs. Potter machte eine der Schranktüren auf und bat Paul, alles aus zwei bestimmten Fächern auf den Tisch zu legen. Paul kam der Bitte sofort nach. Sie selbst nahm etwas sehr großes aus Leder aus dem Schrank und legte es auf den Tisch.
»Ich sehe mal kurz nach Maria.« informierte sie Paul, dann ging sie ins Nebenzimmer.
* * *
Paul kontrollierte noch einmal, ob er wirklich alle Gegenstände aus dem Schrank genommen hatte. Beide Fächer waren leer.
Paul ging wieder zum Tisch und blickte recht ratlos auf die vielen Sachen, die er auf den Tisch gelegt hatte. Fast alle Gegenstände waren aus Leder, ein paar Sachen aus Stoff waren dabei, und sehr viele Schnüre. Er fragte sich, was mit Maria wohl passieren würde.

Mrs. Potter kam zurück in den Raum und blickte Paul prüfend an. »Maria kommt gleich.« Dann sah sie sein fragendes Gesicht. Und musste lächeln. »Sobald Maria kommt, werden wir Dir erklären, was dies alles soll.«

Sie ließ ihren Blick über den Tisch gleiten, dann nahm sie den einen oder anderen Gegenstand zur Hand und schien ihn noch etwas herzurichten.
Paul sah ihr mit einer Mischung aus Faszination und Unsicherheit zu. Er hatte keine Idee, was als nächste passieren würde, und er konnte sich unter einer »schönen Nacht« immer noch nichts vorstellen.

27. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 06.01.14 22:13

He du sollst deine Charaktere Foltern nicht uns Leser!!
Interessante Fortsetzung. Ich hätte echt nicht damit gerechnet das Paul und Maria sich einen Märchenfilm ansehen.Mußten?
Dorothea ist Mrs. Potter? Bin ja auf die "schöne" Nacht gespannt.
Schön wie Paul sich dann doch etwas gegen Marias Dickkopf durchgesetzt hat.
28. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 05:31

Zitat
Ich hätte echt nicht damit gerechnet das Paul und Maria sich einen Märchenfilm ansehen.Mußten?

Naja... um die Uhrzeit lief eben nichts anderes..
Zitat
Dorothea ist Mrs. Potter?

Stimmt, an dieser Stelle sind die Namen etwas ungünstig gewählt. Dorothea ist der Vorname von Mrs. Potter. Thea ist der Vorname der Kinobetreiberin.
29. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 05:34

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Die Tür zum Nachbarzimmer ging langsam auf und Maria trat mit einem Strahlen im Gesicht in das Schlafzimmer. Paul sah erstaunt, dass sie einen langen roten Umhang trug, der locker um ihre Schultern geschwungen war. Darunter war viel weiß zu sehen.
»Nun, meine Prinzessin«, die Stimme von Mrs. Potter hatte sich etwas verändert, sie klang auf einmal recht förmlich, »seid ihr bereit für Eure Schöne Nacht?«

Maria blieb mitten im Zimmer stehen, und statt einer Antwort breitete sie ihre Arme so aus, dass das Umhangtuch hinter ihr zu Boden fiel. Paul blickte atemlos auf Marias Figur, die sich deutlich unter dem sehr eng anliegenden Catsuit abzeichnete.
Marias Erzieherin drehte sich zu Paul hinüber und flüsterte ihm ziemlich vertraut zu. »Sie liebt diesen Auftritt.«

Paul blickte sehr erstaunt zwischen Maria und ihrer Erzieherin hin und her. Er wusste überhaupt nicht, was er von diesem seltsamen Schauspiel halten sollte.
»Nun, dann kommt herbei, es ist alles bereit.« Wieder klang Mrs. Potters Stimme sehr feierlich.

Maria ging bewußt langsam auf ihr Bett zu und stellte sich neben das Bett. Auf einmal entspannte sich ihr Blick.
Mrs Potter drehte sich wieder zu Paul, dessen Gesicht immer ratlosere Züge annahm. Trotz der Anspannung, die im Raum lag, wurde ihre Stimme etwas weicher, als sie jetzt Paul anblickte, aber mit Maria sprach. »Ich glaube, meine liebe Maria, wir sind Paul jetzt ein paar Erklärungen schuldig.«

Es schien Maria im ersten Moment nicht recht zu sein, dass sie aus ihrem Spiel gerissen wurde, doch dann sah sie es ein und drehte sich ebenfalls in Richtung ihres Freundes. Mit leiser Stimme begann sie zu erklären: »Ich mache jede Samstag Nacht ein besonderes Schönheits- und Haltungsprogramm.« Ihre Stimme klang seltsam ernsthaft.

Paul blickte sie sowohl erwartungsvoll als auch etwas schüchtern an.
»Es freut mich, dass Du mir nächste Woche helfen willst.« Was sie von Margarete hielt, behielt sie lieber für sich. »Bitte wundere Dich aber über nichts.«
Paul ahnte noch nicht, was alles auf ihn zu kommen sollte, deswegen klang seine Stimme in diesem Moment noch ziemlich zuversichtlich. »Was muss ich denn alles machen?«

»Als erstes wird sich Maria ihre Bettstiefel anziehen.« Mrs. Potter ging zum Tisch und winkte Paul zu sich. Sie nahm sich einen der Stiefel und gab ihn Paul. Der nahm ihn an und blickte sehr erstaunt auf die seltsame Fußform, die Marias Füße gerade gestreckt in einer Linie mit ihrem Bein halten würde.. Er blickte zuerst zu Maria, dann zu ihrer Erzieherin. »Aber damit kann Maria doch dann nicht mehr gehen, oder?«

Maria war auf ihn zugekommen. Sie versuchte, sehr liebevoll zu klingen. »Das sind ja auch meine Bettstiefel.« Sie hielt kurz inne, sie schien zu überlegen. Dann strahlte sie. »Wenn ich mich festhalten kann, dann kann ich den Stiefeln aber trotzdem gehen.« In diesem Moment strahlte sie sehr viel Stolz aus.
Sie ging auf ihr Bett zu und setzte sich. Dann hob sie ihr Bein und blickte Paul bittend an. »Laß uns anfangen.«

Jetzt hatte Mrs. Potter doch das Gefühl, einschreiten zu müssen. »Wir hatten das doch anders besprochen, meine Liebe.« Sie blickte sie zärtlich, aber bestimmt an.
Maria schien sich zu erinnern. »Ach ja richtig«, sie wandte sich an Paul. »Wir wollten die Sachen vorher besprechen.« Sie zeigte auf den großen Stapel, aus dem ihr großes Ganzkörperkorsett natürlich hervorstach. Doch dann blickte sie wieder etwas ratlos auf ihre Erzieherin. »Womit fangen wir an?«
Mrs. Potter wollte die Stimmung möglichst lange beibehalten und ließ sich deswegen von Maria leiten. Sie blickte auf Paul und dann wieder auf den Tisch und all die Sachen, die darauf bereit lagen.

Doch es war Paul, der die Initiative ergriff. Er ging auf den Tisch zu und blickte stumm auf all die Sachen, die dort lagen. Sowohl Maria als auch Mrs. Potter hielten quasi den Atem an. Paul nahm den einen oder anderen Gegenstand in die Hand, doch es schien, als wisse er nicht, was jetzt wirklich von ihm erwartet wurde.
Schließlich hielt Paul einen der Gegenstände hoch und fragte mit leiser Stimme, was das sei.

Maria musste zweimal schlucken, als sie sah, was Paul in der Hand hielt. Es war ihr verhaßter Mundschutz. Ihre Erzieherin war genauso betroffen. Sie wusste, was Maria von diesem Knebelgerät hielt und sie überlegte, wie sie es Paul wohl erklären könnte.
Doch Maria nahm allen ihren Mut zusammen und versuchte zu erklären. »Das ist mein Mundschutz. Den trage ich im Mund, wenn ich die Haube aufgesetzt bekomme. Er wirkt wie eine Zahnspange und verhindert, dass sich meine Zähne langfristig verschieben, wenn meine Haube geschnürt ist.«
Paul war sprachlos und blickte noch einmal auf diesen seltsamen Gegenstand, und er überlegte, wie der wohl in Marias Mund gehören würde. Er fragte das offensichtliche. »Reden kannst Du dann nicht mehr, oder?«

Maria blickte ihn nur an, und statt einer Antwort fragte sie sich, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn Paul ihr den Mundschutz einmal einsetzen würde, und zu ihrem eigenen Erschrecken stellte sie fest, dass sie sich fast etwas darauf freute.

»Dann ist das hier die Haube, die dazu gehört?« Er hielt eine Art Stoffbeutel in der Hand, der auf den zweiten Blick als Kopfhaube zu erkennen war. Maria konnte in diesem Moment zunächst nur schüchtern lächeln. Doch dann konnte sie weiter erklären. »Der Stoff wird oft noch mit einer Creme eingestrichen, und darüber kommt dann noch eine Lederhaube, damit er gut anliegt und die Creme gut wirken kann..«
Paul sucht auf dem Tisch diese angesprochene Haube. Schließlich hatte er etwas gefunden, und als Maria leicht nickte, betrachtete er die Lederhaube etwas genauer. Er erschauerte, als er sah, dass die Haube nur eine Öffnung für die Nase hatte. Mund- und Augenöffnungen waren nicht vorhanden. Unbewußt sprach er seine Gedanken aus. »Die ist aber streng.«

Statt einer Antwort seufzte Maria. Doch ein strenger Blick von Mrs. Potter ließ sie ein »es geht« ergänzen. Es klang allerdings nicht besonders überzeugt.
Paul schob die Sachen auf dem Tisch etwas zusammen und legte die bisher schon untersuchten Gegenstände auf die freie Fläche. Dann nahm er aus dem anderen Haufen wieder etwas auf und hielt es hoch.

Maria stand vom Bett auf und ging zu Paul hinüber. Sie blickte erst ihn liebevoll an, dann sah sie auf den Gegenstand in seiner Hand. »Das ist einer meiner â€? Stiefel.« Die Pause vor dem Wort Stiefel sprach Bände. »Aber die hatten wir ja schon.«
Trotzdem hielt Paul den Stiefel noch etwas länger in der Hand hielt schien darüber zu grübeln. Dann schien er sich zu besinnen. »Ach ja richtig.«
Maria hatte das Gefühl, noch etwas sagen zu müssen. »Sie sind wesentlich bequemer als sie aussehen.« Paul blickte sie ungläubig an. Dann legte er den Stiefel zu den schon untersuchten Sachen.

Maria griff zum anderen Stiefel und legte ihn ebenfalls zu den untersuchten Sachen. Sie lächelte.
Paul war im ersten Moment von ihrer Initiative fast etwas überrumpelt. Doch dann hatte er sich wieder gefaßt. Er griff wieder zu einem von zwei gleichen Gegenständen. Es war eine etwa armlange Röhre, die der Länge nach offen war, und an den Rändern war wie bei einem Korsett eine Schnürung angebracht.
Maria blickte auf den Gegenstand, und recht spontan rutsche ihr ein »Die trage ich nicht so gern, die machen mich immer so unbeholfen« heraus. Doch dann schien sie ihren Satz zu bereuen. Immerhin hatte sie mit ihrer Erzieherin vereinbart, Paul zu den Gegenständen immer nur etwas positives zu sagen. Sie versuchte, den Fehler wieder gut zu machen. »Das sind meine Armkorsetts.« Sie strich sich über ihren Unterarm. »sie sorgen für schöne schlanke Arme. Und im Bett stören sie mich kaum.« Dabei blickte sie Paul ermutigend an.

Doch Paul hatte noch den ersten Satz im Kopf und war entsprechend voreingenommen. Er nahm das zweite Armkorsett dazu und legte beide zusammen zu den schon untersuchten Gegenständen. Doch Marias Vorbehalte hatte er sich gemerkt.
Der nächste Gegenstand, den Paul in die Hand nahm, hatte die Form eines übergroßen Fausthandschuhs ohne Daumen, war jedoch flach wie eine Zigarrenkiste und völlig starr.

»Das sind meine Handschuhe.« Paul blickte Maria etwas ratlos an. Maria nahm sich den zweiten Handschuhkasten vom Tisch und fingerte etwas an der Seite des Kastens. Es machte ´Klick´, und der Deckel des Handschuhs sprang auf. Maria zeigte Paul das Innenleben ihres zukünftigen Handgefängnisses, in dem scheinbar in sehr festem, mit schwarzem Stoff überzogenen Schaumstoff die Form einer schlanken Hand ausgespart war, und zeigte ihm, wie es anzuwenden sei. Sie legte ihre Hand hinein und klappte den Deckel wieder zu. Doch es war zu sehen, dass er nicht mehr von allein zuging.
Maria trat zu Paul reichte ihm ihre im Kasten steckende Hand, während sie den Kasten noch mit den anderen Hand festhielt. »Du mußt den Kasten kräftig zudrücken.« Paul griff zunächst mit einer Hand zu dem Kasten und wollten ihn einfach zudrücken. Doch er musste erstaunt feststellen, dass der Kasten einfach nicht nachgeben wollte.

Maria sah seine Bemühungen und wollte ihm Mut machen. »Du mußt mit beiden Händen kräftig zudrücken. Meine Hand wird innen dann richtig zusammengepreßt.« dass dies die falsche Wortwahl war, wusste Maria, als sie Pauls entsetztes Gesicht sah.
»Nein!« Paul war bemüht, seine Stimme recht energisch klingen zu lassen. »Das kann ich nicht.« Er suchte nach Worten. »Ich...« Er wurde fast etwas lauter. »Das kann ich dir doch nicht antun.«

Maria legte den Handschuh auf den Tisch und ging mit ganz ruhigen Schritten auf Paul zu. Sie nahm seine Hand und hielt sie fest. »Du tust mir nicht weh. Es hat alles seine Richtigkeit. Der Handschuh sorgt dafür, dass ich schöne schlanke Finger bekomme. Und dafür muss er natürlich so eng sein.«
Paul wollte noch nicht nachgeben. »Aber diese ganzen Sachen hier. Du kannst Dich doch dann gar nicht mehr bewegen.« Für Marias leuchtende Augen hatte er in diesem Moment keinen Blick. Stattdessen ließ er seinen Blick noch einmal über all die Sachen auf dem Tisch schweifen.
Mrs. Potter stand noch neben dem Kleiderschrank und hielt in diesem Moment unbewußt den Atem an. Dies war ein ziemlich kritischer Moment. Wie würde er wohl reagieren?

Paul trat vom Tisch zwei Schritte zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, das werde ich Dir nicht antun. Das traue ich mir nicht zu.«
Mrs Potter hatte genaugenommen mit dieser Reaktion gerechnet, und sie war sehr gespannt, wie Maria mit dieser Situation umgehen würde. Sie wusste selbst, dass sie in diesem Moment nicht eingreifen durfte. Das war etwas, was die beiden Liebenden unter sich ausmachen mußten. Sie würde später eingreifen, wenn Paul irgendwelche Fehler machen würde beim Anlegen der vielen Gegenstände.
Maria trat zu Paul und blickte ihn liebevoll an. Sie nahm seine etwas zitternde Hand und hielt sie fest. »Bitte laß es uns versuchen.« Sie blickte zu dem Tisch und dann wieder in Pauls Gesicht.
Paul war immer noch fest entschlossen, seiner Freundin solche Grausamkeiten nicht antun zu wollen. Doch er wusste nicht, was er sagen sollte. Er schüttelte halbherzig den Kopf.

»Bitte, ich mache das sehr oft...« Sie schien nach Argumenten zu suchen. »Es ist wirklich mein eigener Wille, es hat Erfolg, und ich helfe Dir auch dabei.«
Pauls Blick wandelte sich zu Erstaunen.
Maria fuhr fort. »Du tust mir dabei nicht weh, und ich trage diese Sachen auch sehr gern.«
Paul blickte sie noch erstaunter an. Er hatte bisher Zweifel gehabt, weil Maria sich bei einigen Gegenständen doch eher negativ geäußert hatte.
Maria beugte sich zu ihm hin und küßte ihn kurz auf den Mund. Dann blickte sie ihn wieder an. »Bitte laß es uns versuchen. Zusammen schaffen wir das.«
Mrs Potter war in diesem Moment sehr stolz auf Maria. Doch genauso war ihr klar, dass sie die beiden auch nicht stören durfte.
Paul kämpfte sehr mit sich selbst. Sein Blick wechselte zwischen den Sachen auf dem Tisch und Marias so leuchtenden Augen.
»Und nächste Woche muss ich das also ganz alleine machen?« Seine Stimme zitterte etwas.

In diesem Moment wußten die beiden Frauen, dass sie es geschafft hatten. Maria umarmte Paul und küßte ihn. »Danke, das Du mitmachst. Das ist schön.«
Paul ging die wenigen Schritte zum Tisch und blickte noch einmal mit einem Seufzer auf die seltsamen Gegenstände. »Ich will es versuchen.« Es war ihm anzuhören, dass es ihm nicht leicht fiel. »Womit fangen wir an?«

In Mrs. Potter kam etwas Bewegung. Sie ging auf Paul zu und reichte ihm einen Schnellhefter. Paul wusste zunächst nicht, was er damit sollte. Auf dem Deckblatt stand irgendetwas von Therapie, und oben rechts stand etwas von Klinik und einer Adresse.
Mrs. Potter war bemüht, ihre Stimme wichtig, aber gutmütig klingen zu lassen. »Ab der Seite 20 ist die Variante fünf beschrieben. Dort ist haarklein aufgeführt, was ihr machen müsst. Doch laß es Dir lieber von Maria zeigen, und nur wenn ihr gar nicht mehr weiter wißt, nehmt es zu Hilfe. An vielen Stellen ist es nämlich etwas übergenau beschrieben.«

Maria flüsterte ein »Meine Mutter wieder«, und sie verdrehte leicht die Augen. Ein Räuspern von ihrer Erzieherin ließ sie leicht zusammenzucken.
Doch dann ergriff sie die Initiative. Sie nahm die beiden Stiefel vom Tisch und ging auf ihr Bett zu. Sie drehte sich zu Paul um und fragte ihn mit sehr liebevoller Stimme: »Kommst Du und ziehst mir die Stiefel an?« Dann setzte sie sich auf das Bett und blickte Paul erwartungsvoll an.
Dieser ging auf Maria zu und kniete sich vor sie hin. Maria reichte ihm den ersten Stiefel und streckte ihm das Bein so hin, dass er den Stiefel einfach darüber streifen konnte.

»Achte darauf, dass er gut sitzt.« Mrs. Potter war neben ihn getreten und zeigte ihm, worauf er bei dem Stiefel besonders achten sollte. »Natürlich hat der Schuh vorn eine Stahleinlage, damit er gut paßt.«
Paul warf einen Blick auf die Stiefelspitze, und es fiel ihm auf, dass sie an der Spitze schon ziemlich verkratzt und abgerieben war. Sollte Maria mit diesen Stiefeln wirklich gegangen sein?

Maria war seinem Blick gefolgt und ahnte, was ihm durch den Kopf ging. »Ich kann mit den Stiefeln gehen. Es ist nur nicht einfach, das Gleichgewicht zu halten, so ganz auf den Zehenspitzen.« Sie machte eine Pause und lächelte. »Es ist leichter als Ballett.«
»Sitzt er gut?« Paul traute sich zu fragen.
Er sah, das Maria versuchte, ihre Beinmuskeln etwas zu bewegen. Doch schon jetzt schien der Stiefel ihr viel Freiheiten zu nehmen. »Ja, sitzt perfekt, Du kannst ihn zuschnüren.«

Das Zuschnüren kannte Paul schon von Marias seltsamem Monohandschuh, und deswegen machte ihm der Stiefel hier keine Probleme. Sehr bald war er oben am Stiefelrand angekommen und konnte eine Schleife machen.
Wieder probierte Maria, ihren Fuß zu bewegen, und als sie spürte, dass so gut wie keine Bewegung mehr möglich war, schien sie zufrieden. Sie setzte ihr Bein auf dem Boden ab und streckte dafür das andere vor.

Beim zweiten Stiefel tat sich Paul schon etwas leichter, und doch ließ er auch hier Maria den Sitz prüfen, bevor er mit der Schnürung begann.
Nach dem auch der zweite Stiefel geschlossen war, griff Maria an einen der Bettpfosten und versuchte langsam aufzustehen. Vorsichtig fing sie an, ihre Beine in den Stiefeln zu belasten, und zu Beginn stand sie auch ziemlich unsicher.

Mrs. Potter wusste, dass sie hier eingreifen musste, denn an dieser Stelle entwickelte Maria immer zuviel Ehrgeiz. Sie bat Paul, Maria gleich in den Arm zu nehmen und ihr auf dem Weg zum Trapez zu helfen. Paul hatte schon verstanden, warum Maria unbedingt Hilfe brauchte. Er ging auf sie zu und legte den Arm um sie. Er spürte sofort, wie unsicher sie in diesem Moment war.

Maria schien sich entschuldigen zu wollen. »Ich brauche noch viel Übung.« Sie keuchte etwas. Nur langsam begriff Paul, das Maria es wohl eher scherzhaft gemeint hatte.
Doch was war mit dem Trapez gemeint? Paul fragte in die Runde.

Maria zeigte ihm die Trapezstange, die neben dem Fußende des Bettes in der Luft hingt. Sofort fielen ihm die starken Ledermanschetten auf, die an der Trapezstange angebracht waren.
Es schien, als wusste Maria schon, was Paul als nächste hätte sagen wollen, denn sie versuchte ihn zu beruhigen. »Das brauche ich nur für das Anlegen des großen Korsetts. Danach mußt Du mir da wieder runter helfen.«

Paul wusste in diesem Moment noch nicht, was Maria meinte, doch er spürte ihren Drang in Richtung dieser seltsamen Stange. Unter der Stange stand der kleine Hocker, und Maria bat Paul um extra Aufmerksamkeit, als sie vorsichtig zuerst das eine, dann das anderen Bein darauf stellte. Jetzt konnte sie sich strecken und war in der Lage, die Stange mit beiden Händen zu fassen.

Nach einem kurzen Augenblick schien Maria weiter machen zu wollen. Sie bat Paul, das große Nachtkorsett vom Tisch zu holen.
Paul ging zum Tisch und versuchte zu erkennen, was denn mit Nachtkorsett gemeint sein könnte. Doch erst als Mrs. Potter ihn auf die große lederne Hülle aufmerksam machte, wusste er, was Maria jetzt haben wollte.
Er hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Ich habe das für eine große Tasche oder so etwas ähnliches gehalten.« Er versuchte etwas zu lächeln.
Maria blickte ihn liebevoll an.

Er nahm das Lederungetüm vom Tisch und war sofort erstaunt über das Gewicht von Marias Korsett. Doch gleichzeitig fiel ihm auf, wie starr das Korsett auch war. Obwohl Paul es in der Mitte angefaßt hatte, gab es zu den Enden hin nicht nach, sondern blieb fast waagerecht. Unbewußt ahnte Paul, dass da wohl jede Menge Stahlstangen eingearbeitet waren, die das Korsett auf Form hielten. dass es auch die Trägerin in genauso fester Form hielt, das wurde ihm erst später klar.
Marias Augen leuchteten, als sie Paul mit dem Korsett auf sie zu kommen sah. Sie erklärte ihm, dass sie ihre Arme durch die Ärmel-Löcher an der oberen Seite des Nachtkorsetts stecken würde.

Paul versuchte, das Korsett in die richtige Position zu bringen, doch bei dem Gewicht tat er sich ziemlich schwer mit dem großen Lederungetüm.
Mrs. Potter versuchte ihm zu helfen. »Du kannst das Korsett ruhig auf dem Boden abstellen. Es steht fast von allein.«
Paul fand ihre Worte bestätigt, und so konnte er die Hülle in die Form bringen, die Maria erwartete.

Maria steckte zunächst einen Arm durch die Hülle und bat Paul, das Korsett etwas anzuheben. Damit konnte sie mit der Hand wieder an das Trapez fassen. Genauso verfuhr sie mit der anderen Hand.
Mrs. Potter zeigte Paul, wie er das Korsett so um Maria herum legen sollte, dass er es hinten zusammenziehen und sichern konnte.
Als Maria dies sah, bat sie Paul, sie kurz loszulassen.

Mrs. Potter sah Pauls Zögern und wollte ihn beruhigen. »Das macht Maria immer allein.«
Maria ließ zunächst eine Hand vom Trapez los. Es war ihr schon anzumerken, dass sie das zusätzliche Gewicht des schweren Lederkorsetts spürte. Sie legte ihre Hand in die Lederschlaufe, die an dem Trapez angebracht war. Paul sah, dass sie mit der Hand wirklich sehr sorgfältig umging. Es schien als versuchte sie eine sehr bequeme Haltung zu finden. Schließlich war sie zufrieden, und das Schauspiel wiederholte sich mit der anderen Hand.
Zunächst ging Maria in die Knie und schien auszuprobieren, ob sie sich den Schlaufen voll anvertrauen konnte. Sie musste nicht lange probieren, dann sagte ihr Gesichtsausdruck, dass sie zufrieden war.

Doch was jetzt kam, überraschte Paul. Sie hob ihre Beine hoch und stieß mit den Füßen den Hocker weg. All ihr Gewicht wurde jetzt nur noch von ihren Handgelenken getragen. Doch auch das schien sie gewohnt zu sein. Im ersten Moment wollte Paul ihr den Hocker wieder hinstellen, weil er glaubte, Maria wäre ein Mißgeschick passiert. Doch dann begriff er, dass sie ihn mit Absicht umgestoßen hatte.
Sie ließ ihren Blick zwischen Paul und ihrer Erzieherin hin und herwandern und strahlte sie an. »Ihr könnt loslegen.«
Paul blickte ziemlich unschlüssig, denn er wusste nicht, was jetzt wieder von ihm erwartet wurde. Erst als Marias Erzieherin ihm eine lange Schnur reichte, dämmerte es ihm.

»Die erste Schnur ist am schwierigsten, denn mit der mußt Du das Korsett in Form bringen.« versuchte Mrs. Potter ihm zu erklären. Sie bat ihn, sich vor Maria hinzuknien und zeigte ihm, wie er die Schnur einfädeln musste. Paul musste kräftig ziehen, um das Korsett zu schließen, und doch blieb noch ein großer Spalt auf ihrem Rücken offen.

Er keuchte und sagte, dass es nicht weiter zusammen gehe.
Marias Erzieherin erklärte ihm, dass er jede der Schnüre mehrmals nachziehen müsse, und sie reichte ihm die nächste Schnur.
Nach und nach legte sich das Korsett um Marias Körper, und der Spalt wurde immer kleiner.
Nach drei Schnürrunden war Mrs. Potter zufrieden. »So muss das nächste Woche auch aussehen.«

Bei diesen Worten erschrak Paul noch einmal, denn es wurde ihm klar, dass er es nächste Woche allein machen musste.
Maria hatte ihre Augen geschlossen und schien zu träumen. Jetzt öffnete sie sie wieder und blickte Paul verliebt an.
Paul hingegen hatte immer noch leise Zweifel, ob es richtig war, was er seiner Freundin hier antun musste. Doch Maria machte einen sehr zufriedenen und glücklichen Eindruck, und so verschwanden Pauls Zweifel langsam wieder.

Mrs. Potter erklärte das weitere Vorgehen. »Du mußt Maria jetzt auf das Bett helfen.« Sie zeigte ihm, wie er Marias Beine auf das Bett legen musste. »Dann kannst Du das Trapez langsam herunter lassen, bis Du Maria auf das Bett legen kannst. Erst dann darfst Du die Schlaufen öffnen.«
Paul spürte, dass er hierbei besonders vorsichtig sein musste. Doch er schaffte es, dass Maria genau in der Mitte des Bettes zu liegen kam. Sie sah sehr zufrieden aus.

Mrs. Potter ahnte, dass sie den beiden eine Pause gönnen musste.
Maria blickte Paul erleichtert an. »Danke.« Ihre Stimme war leiser als sonst. »Das war der schwierigste Teil. Du hast es gut gemacht.« Sie machte eine kleine Pause. »Setzt Dich bitte zu mir.« Sie zeigte mit dem Arm auf das Bett.

Paul kam der Bitte gern nach und hatte jetzt erstmals Zeit, einen Blick auf das Korsett zu werfen. Es war eine leicht glänzende Lederhaut, die sich streng um Marias Körper schmiegte. Überall zeichneten sich die langen Stahlstangen durch das Leder ab. Längs an der Körperseite entlang waren noch einige D-Ringe angebracht. Paul blickte verwundert auf die Ringe, doch eine Frage brachte er nicht mehr heraus.
Maria war seinem Blick gefolgt und lächelte. »Damit könnte ich noch auf das Bett gebunden werden. Das passiert manchmal, wenn ich die Arme frei habe.« Sie spürte, dass Paul einen Wunsch zu haben schien. »Du darfst mich gern mal anfassen.«

Paul war etwas beschämt darüber, dass sie seinen Wunsch erraten hatte, doch dann legte er sehr vorsichtig seine Hand auf mit Leder verpackten Körper seiner Freundin. Es fühlte sich ziemlich hart an. Er blickte Maria fragend an und diese schüttelte ganz leicht den Kopf. »Nein, ich spüre nichts davon.«
Paul bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken, wie streng er Maria hier für die Nacht zurechtmachen musste.

Es war Maria, die mit ihrer Verpackung weiter machen wollte. »Jetzt mußt Du mir die Korsetts für die Arme anlegen.«
Innerlich stöhnte Paul. ´Noch mehr Korsetts? Wie streng würde das denn noch werden?´
Maria schien seine Gedanken zu spüren. »Es wird nicht mehr lange dauern.«

Paul stand auf und ging zum Tisch. Er erinnerte sich an die Vorstellung der Sachen für Marias schöne Nacht, und so wusste er, was er jetzt in die Hand nehmen musste. Es waren die langen Röhren, die an der Seite offen waren und wo jeweils eine lange Schnürleiste auf seine Arbeit wartete.
Maria hatte den Kopf leicht erhoben und blickte zu ihm hinüber. Sie sah es ihm deutlich an, wie schwer es ihm fiel, und doch wusste sie keine Möglichkeit, wie sie es ihm leichter machen könnte. Und der schwerste Teil würde erst noch kommen. Maria seufzte innerlich, als sie an den Mundschutz und die Haube dachte.
Paul nahm beide Armkorsetts in die Hand und ging wieder zu Marias Bett. Er setzte sich an ihre Seite und legte die beiden Röhren vorsichtig neben Marias verpackten Körper.

Maria hob leicht ihren Arm und blickte Paul erwartungsvoll an. Dieser schien zu ahnen, was seine Freundin von ihm wollte, und so nahm er eine der beiden Röhren zur Hand. Als Maria die Röhre sah, musste sie sich erst einmal räuspern, bevor sie sprechen konnte. Trotzdem wurde es nur ein Flüstern. »Die ist für den anderen Arm.«

Paul brachte es nicht zustande, sich zu wundern. Wortlos legte er das Armkorsett auf Marias andere Körperseite und nahm sich das andere Korsett zur Hand. Es fiel ihm auf, dass das eine Ende größer war als das andere, und so vermutete er richtig, wie herum er es Maria anlegen musste. Trotzdem warf er einen fragenden Blick zuerst zu Maria, und als diese ganz leicht nickte, wusste Paul, dass er auf dem richtigen Weg war.

Die Schnürung ließ sich wesentlich leichter schließen als die des großen Korsetts, und er begann auch von selbst, die Schnürung noch einmal richtig fest zu ziehen. Maria blickte ihn dankbar an. Sie flüsterte ein leises »Danke«.

Trotzdem blickte Paul wieder etwas fragend zu Maria, als er mit dem einen Arm fertig war. Erst dann traute er sich und fasste Maria verpackten Arm einmal an. Auch hier spürte er nur sehr festes Leder, aber nichts mehr von Marias Arm, der darin eingeschnürt war.
»Jetzt noch den anderen Arm«, Marias Stimme war genauso leise wie liebevoll. Sie wusste, dass sie Paul hier nicht verschrecken durfte. Dieser Samstagabend kostete Maria sehr viel Kraft.

Mit der Einschürung des zweiten Armkorsetts war Maria ebenfalls sehr zufrieden. Sie blickte Paul verliebt an. »Jetzt meine Handschuhe.«
Paul erinnerte sich mit Grausen an diese beiden seltsamen Kästen, die sie ihm vorhin gezeigt hatten. Er wollte gerade aufstehen, um sie vom Tisch zu holen, als er bemerkte, das Mrs. Potter neben ihm stand und ihn einen der beiden Handschuh reichte. Im ersten Moment war Paul etwas erschrocken, denn er war sich der Anwesenheit von Marias Erzieherin gar nicht mehr bewusst gewesen.

Mrs. Potter gab sich Mühe, ihre Stimme ruhig und leise klingen zu lassen. »Das Armkorsett trägt ein wenig auf, deswegen mußt Du noch etwas kräftiger drücken.«
Paul hatte nicht mehr die geistige Kraft, um sich dagegen zu wehren. Er nahm den Handschuhkasten, drückte auf den kleinen Knopf zum Öffnen und beugte sich zu Maria, die ihm ihre Hand schon entgegen streckte.

Wieder versuchte Mrs. Potter den beiden zu helfen. »Mache es ganz langsam zu, damit Maria genug Zeit hat, um den richtigen Platz zu finden.«
Paul konnte nur noch leicht nicken. Dann hielt er Maria den Kasten so hin, dass sie ihre Hand innen in die Ausbuchtung legen konnte.
Erst als sie ihn ansah, begann Paul ganz langsam, den Kasten vorsichtig zusammenzudrücken. Er beobachtete, wie der Spalt millimeterweise kleiner wurde, bis es schließlich »Klick« machte. Erst nach einem prüfenden Blick in Marias Gesicht konnte Paul sich für einen Moment entspannen.

Mrs. Potter reichte ihm den zweiten Handschuh. Paul holte noch einmal tief Luft, dann stand er auf und ging auf die andere Seite des Bettes. Er setzte sich wieder und legte auch diesen Kasten um die Hand, die Maria ihm hinhielt. »Klick«
Paul glaubte, den schlimmsten Teil überstanden zu haben. Er blickte auf mit sorgenvollem Gesicht auf Marias so streng verpackten Körper. Warum nahm sie das bloß auf sich.

Marias Stimme riß ihn aus seinen Gedanken. »Jetzt kannst Du mir noch die Arme am Körper festschnallen.«
Paul blickte zunächst etwas verwundert.

»Auf dem Tisch müßten noch ein paar einzelne Lederriemen sein.« Maria konnte vom Bett aus nicht mehr auf den Tisch sehen.
Paul stand auf und ging zum Tisch hinüber. Tatsächlich, dort lagen noch jede Menge Riemen. Vier kürzere und unzählige lange Riemen. Fast schon mit etwas Resignation und Galgenhumor fragte er: »Die kurzen oder die langen?«

Mrs. Potter war zu ihm an den Tisch getreten und zeigte sanft auf die kurzen Riemen. »Diese hier. Die langen kommen später.« In diesem Moment wollte Paul gar nicht wissen, wofür diese noch waren.

Er nahm sich die vier Riemen und trat wieder an das Bett. Er blickte auf Marias Bettkorsett und auf die Arme und sah, dass an je zwei Stellen extra Schnallen angebracht waren, durch die er je einen der Riemen ziehen konnte. Er fädelte den Riemen ein und blickte fragend zu Maria »Richtig so?«
Maria war zufrieden. Ihre Arme waren jetzt genauso unbeweglich wie ihr restlicher Körper. Doch innerlich war sie sehr aufgewühlt. Jetzt kam das schlimmste. Ihr Mundschutz und die Haube. Sie haßte es, doch sie wusste, dass sie es jetzt nicht zeigen durfte. Wenn sie auch nur ein winzige Träne verlieren würde, dann würde Paul sicher weglaufen, und das wollte sie noch weniger.

Paul wollte sich gerade wieder erheben, um den Rest vom Tisch zu holen, als Mrs. Potter ihn aufhielt. »Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für Dich, um Maria eine Gute Nacht zu wünschen. Später wird sie nicht mehr reden können.« Sie drehte sich höflich um.
Bei Paul lief eine Träne über das Gesicht, denn es tat ihm sehr weh, was er Maria hier im Namen der Schönheit antun musste. Noch schlimmer war für ihn der Gedanke, dass er es nächste Woche allein machen musste.

Maria ahnte, was in ihm vorging und sie versuchte, ihn zu trösten. »Glaub mir, es hat alles seine Richtigkeit.« Gern hätte sie ihm die Träne weggewischt, doch sie konnte sich nicht mehr bewegen.
Paul beugte sich zu Maria herunter und wünschte ihr eine gute Nacht, dann gab er ihr einen Kuß.

* * *
Mrs Potter beobachtete die beiden nur aus dem Augenwinkel. Sie war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden, und insgeheim erfüllte es sie mit Stolz, wie tapfer Maria ihre »schöne Nacht« verteidigt hatte.
Nachdem jetzt das meiste gemacht war, wollte sie den beiden Zeit lassen, sich in Ruhe zu verabschieden. Denn jetzt kam noch Marias Mundschutz und die Haube. Sie wusste, was Maria bisher davon gehalten hatte.

Doch zu ihrem großen Erstaunen fragte Maria jetzt von selbst nach ihrem Mundschutz, und Paul stand auf. Er ging zum Tisch und blickte fragend darauf umher. Mrs. Potter trat zum ihm und zeigte ihm die Gegenstände, die er jetzt mit zum Bett nehmen sollte.
Als Maria Paul mit ihrem Mundschutz in der Hand sah, schloß sie die Augen, hielt die Luft an und machte ihren Mund weit auf. Spannung lag in der Luft.
Doch es passierte nichts und so machte sie die Augen wieder auf. Sie musste trotz ihrer Anspannung lachen. Paul blickte mit sehr rätselhaftem Gesicht auf den sehr seltsamen Gegenstand in seinen Händen. Er drehte ihn hin und her und er hatte überhaupt keine Idee, wie dieses seltsame Ding wohl zu benutzen sei.
Marias doch ziemlich unbeschwertes Lachen riss ihn aus seinen Gedanken, und er blickte sie erstaunt und fragend an. Eine Frage brachte er jedoch nicht mehr über die Lippen.

»Das mußt Du mir in den Mund stecken. Wie bei den Boxern, die tragen sowas auch.«
Paul hatte allerdings noch nie einen Boxkampf gesehen, so dass ihm dies auch nicht weiter half. Er drehte das seltsame Plastikteil langsam in seinen Fingern.
Es fiel Maria erstaunlich leicht, darüber zu sprechen. »Hinten in das Loch werde ich meine Zunge stecken. Und meine Zähne kommen in diese Vertiefungen.«
Paul warf noch einmal einen Blick auf das Teil. Jetzt glaubte er verstanden zu haben, wie Maria es tragen würde. Er drehte es so, dass das Loch auf Marias Mund zeigte, und blickte Maria fragend an.

»So ist es richtig.« Ihre Stimme zitterte nicht. Langsam machte sie ihren Mund auf. Paul schob ihr den Mundschutz sehr vorsichtig in die Mundhöhle, und dabei spürte er, dass Maria mit ihrer Zunge noch etwas die Richtung anpaßte. Dann sah er ganz fasziniert, wie Maria ihren Mund langsam zumachte. Erst als seine Finger Marias Lippen spürten, ließ er los.

Maria war total aufgewühlt. Paul hatte ihr den Mundschutz eingesetzt, und es fühlte sich auf einmal ganz anders an als bei ihrer Erzieherin. Sie blickte Paul verliebt an.
Paul ließ sich von ihrer Stimmung anstecken. Er verstand, dass seine Freundin jetzt nicht mehr reden konnte, und dass er ihr gerade sozusagen die Lippen versiegelt hatte. Er beugte sich zu ihr herunter, und seine Lippen berührten noch einmal die ihrigen. Maria ließ ein wohliges Stöhnen hören. Im ersten Moment wunderte sich Paul, doch dann dämmerte ihm, das Maria sich jetzt nicht mehr anders äußern konnte.
Es tat Mrs. Potter ein klein wenig weh, dass sie jetzt eingreifen musste, doch sie hatte Marias Stoffhaube schon mit der Feuchtigkeitscreme getränkt, und deswegen musste Maria diese jetzt möglichst bald angelegt bekommen.

Sie zeigte Paul, was er machen musste. Paul küßte Maria noch ein letztes Mal, dann zog er ihr den Stoff zärtlich über den Kopf. Er erschauderte, als nur noch Marias Nasenlöcher zusehen waren.
Mrs. Potter drückte jetzt etwas aufs Tempo. Sie reicht ihm die schwere Lederhaube, die er jetzt Maria noch anlegen musste.

Von der Kopfseite des Bettes nahm sie jetzt eine lange Kissenrolle und legte sie auf die ihr zugewandte Seite von Maria. Mit etwas Kraftanstrengung packte sie Maria am Oberarm und drehte sie auf die Seite, legte dann die Kissenrolle unter sie, so dass sie auf der Seite liegenblieb.

Nun zeigte sie Paul, wie die Haube anzulegen war und wie streng er die Schnürung an der Rückseite schließen musste.
Paul war über sich selbst erstaunt, denn jetzt machte es ihm nicht mehr so viel aus, seine Freundin hier in ein total hilfloses Schönheitswesen zu verwandeln. So wunderte er sich auch nicht mehr, als Mrs. Potter ihm auch noch ein Halskorsett reichte.

Paul hatte es wiedererkannt, deswegen zuckte er ein klein wenig zusammen. Doch er wusste, wie er damit umzugehen hatte, und schloß die Schnürung an der Rückseite. Und nach kurzer Zeit wusste er, dass Maria sich jetzt gar nicht mehr bewegen konnte. Sogar ihre Zunge war gefangen genommen.
Ein sehr seltsames Gefühl von Faszination überkam ihm, doch er konnte es nicht einordnen.

Ohne weitere Aufforderung von Mrs.Potter hielt er Marias starre Form an ihrem Arm fest, entferne die Kissenrolle undlegte Maria vorsichtig wieder auf ihren Rücken.
Mrs. Potter räusperte sich. Auch ihr fiel das Sprechen schwer, denn auch sie war von Marias Verwandlung sehr beeindruckt. »Jetzt nimmst Du noch die langen Riemen und machst das Korsett am Bett fest.«

Paul hatte nicht mehr die Kraft, um zu protestieren, obwohl er dies für absolut überflüssig hielt. Wortlos folgte er ihren Worten, und sehr sorgfältig sorgte er dafür, das Marias strenges Korsett fest mit dem Bett verbunden war.

Mrs. Potter war sehr zufrieden. »Du kannst ihr noch einmal über das Gesicht streichen, das kann sie noch spüren.« Das war das Gute Nacht Signal, wann immer Maria die Haube trug. »Hören kann sie Dich nur sehr schwach.«

Paul beugte sich noch einmal zu dem so aberwitzig streng verpackten Körper herunter und strich Maria sehr sehr zärtlich über ihre Wange. Ein leises Stöhnen zeigte ihm, das sie seine Berührung gespürt hatte.

* * *

Immer wieder blickte Maria mit sorgenvollen Gesicht zum Bett, in dem ihre kranke Oma lag. Die Stirn war sehr heiß und ihr Atem ging keuchend. Sogar ihre Stimme war sehr schwach; und nur mit Mühe konnte Maria sie verstehen.
Ihre Enkelin hatte ihr schon einige Kräutertees zubereitet, doch davon war keine Besserung zu spüren.

Maria sah, dass ihre Oma sie zu sich heran winkte. Sie sah, dass ihre Lippen sich bewegten, und Maria beugte sich zu ihr herunter und versuchte, die sehr schwache Stimme zu verstehen.
Erst beim dritten Mal konnte Maria die leisen und schnellen Worte entziffern. »Geh in die Stadt und hol den Doktor.«

Es war nicht das erste Mal, dass die Oma Maria in die Stadt schickte, doch diesmal, dies musste Maria erkennen, konnte sie sich nicht um ihre Enkelin kümmern. Immerhin wusste Maria, was sie zu tun hatte.
Sie öffnete ihren kleinen Schrank und überlegte, was sie denn in die Stadt anziehen könnte. Sie nahm sich den langen Ledermantel heraus und stellte ihre schweren Lederstiefel heraus. Sie mochte das schwere Leder, denn es gab ihr zusätzlichen Schutz. Zärtlich strich sie über das glatte schwarze Leder, doch dann riss sie sich zusammen und legte ihn auf das Bett.

Insgeheim hatte sie Angst vor der Stadt, denn es ging dort sehr wild und rauh zu. Doch genauso gern bummelte sie dort auf dem Markt. Es gab dort immer viel zu sehen und exotische Sachen zu kaufen. Nur hatte ihre Oma ihr verboten, allein auf den Markt zu gehen, denn das war sehr gefährlich bei all dem Gesindel, das sich dort herum trieb.

Sie griff sich unwillkürlich an ihre Taille und wusste, dass da noch etwas fehlte. Nur kurz dachte sie daran, dass sie vielleicht ´ohne´ in die Stadt gehen könnte. Doch sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Das war viel zu gefährlich. Sie musste sich selbst in dieses Metallding einsperren.

Seufzend zog sie die große Schublade auf und nahm das silber glänzende Metallgestell in die Hand. Es war ein sehr moderner Keuschheitsgürtel, den die Firma Neustahl extra für sie angefertigt hatte. Doch sie wusste natürlich auch, dass sie selbst dann auch nicht mehr an sich heran kam, und deswegen trug sie den Gürtel immer nur dann, wenn es ihre Oma ihr abverlangte.

Das Versteck der Schlüssel kannte Maria schon seit langem, doch hatte sie bisher nie Grund, sich selbst um ihre Befreiung zu kümmern. Immer wenn sie aus der Stadt zurück kam, hatte ihre Oma sie bald darauf aus dem Keuschheitsgürtel befreit. Und sehr oft verschwand Maria danach in ihr Zimmer und legte sich auf ihr Bett, um weiter von dem Prinzen zu träumen, denn sie in der Stadt manchmal gesehen hatte.

Doch heute war es anders, das wusste Maria. Seufzend legte sie den Gürtel auf das Bett und sah mit einer Gänsehaut, wie sich das Licht in dem glänzenden Metall spiegelte.

Jedes Mal, wenn sie sich den Gürtel anlegte, kam es ihr vor, als wäre er schon wieder etwas enger geworden. Doch dies schien nur so, denn der Gürtel war eben sehr eng gearbeitet, und Maria brauchte immer einige Zeit, um sich an die Enge zu gewöhnen.

Sie zog sich ihren Rock aus, legte sich den Gürtel um die Taille und zog das Schrittteil zwischen ihren Beinen nach vorne durch, um es vorn am Gürtel zu befestigen. Sie stöhnte leise, als sie das Schloß zur Hand nahm. Sie wusste, dass sie in wenigen Sekunden versperrt sein würde. Ohne die Schlüssel würde sie nicht mehr aus dem Gürtel heraus kommen.

Sie zögerte und blickte noch einmal auf das kleine, aber sehr robuste Schloß. Sie überlegte und ging langsam und vorsichtig ins Schlafzimmer und blickte sorgenvoll auf das Bett. Die Oma schien zu schlafen. Nur ab und zu war ein leises Stöhnen zu hören. Die Augen waren geschlossen.
Sie ging zu der kleinen Kommode und zog eine der kleinen Schubladen auf. Sie war entsetzt, denn der kleine Schlüsselbund war weg.

Was sollte sie jetzt tun? Zunächst wusste sie nicht weiter. Vom Bett der Oma war ein tiefer Seufzer zu hören und Maria schalt sich eine Närrin. Wie konnte sie an ihr eigenes Vergnügen denken, wenn es ihrer Oma hier so schlecht ging.
Todesmutig nahm sie das Schloß und ließ es am Gürtel einschnappen. Nun war sie sicher geschützt und konnte sich in die Stadt wagen, um den Doktor zu holen.
Doch auch ein wenig Angst schwang mit. Würde sie den Keuschheitsgürtel wohl wieder los werden?

Ein erneutes Stöhnen ihrer Oma riss sie aus ihren Gedanken. Sie musste sich beeilen.
Mit leisen, aber schnellen Schritten ging sie wieder in ihr Zimmer und zog sich den Rock wieder an. Jetzt war zwar von ihrem Tugendwächter nichts mehr zu sehen, aber dafür spürte sie deutlich das unnachgiebige Metall an ihrem Körper.

Sie setzte sich vorsichtig auf das Bett und nahm sich ihre Stiefel zur Hand. Sie waren sehr schick, und sie konnte aufgrund der eher flachen Absätze auch sehr gut darin gehen. Das war wichtig, denn es war ein langer Weg in die Stadt. Sie schlüpfte hinein und zog sich den Reißverschluß zu. Die Stiefel reichten bis kurz unter das Knie und verliehen ihr einen recht sicheren Schritt.

Genauso mochte sie den schweren Ledermantel, denn er kam ihr fast vor wie eine Umarmung oder ein Teil einer Rüstung. Sie fühlte sich in dem Leder sehr geschützt und geborgen.

Maria ging noch einmal ins Schlafzimmer zu ihrer Oma. Sie trat an das Bett und beugte sich zu ihr herunter. Sie flüsterte »Ich gehe dann los.«
Ihre Oma zeigte bis auf ein kurzes Blinzeln keine Reaktion. Maria gab ihr einen kurzen Kuß auf die Stirn, dann drehte sie sich um und ging sorgenvoll aus dem Zimmer. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um. Hoffentlich konnte der Doktor ihr helfen.

* * *
Die schwere Tür fiel ins Schloß, und Maria begann ihren langen Weg zur Stadt. Das Haus ihrer Oma lag schon sehr weit abseits, so dass sie sicher zwei Stunden unterwegs sein würde. Heute würde sie aber nicht so trödeln, wie sie das sonst machte. Es war Maria sehr wichtig, dass sie möglichst schnell bei dem Doktor sein würde. Sie wusste, dass sie danach auf den Markt gehen konnte. Dort gab es immer viel aufregendes zu sehen. Und vielleicht konnte sie ja auch wieder einmal einen Blick auf den Prinzen werfen. Sie träumte oft von ihm.

Die Sonne strahlte vom Himmel und die Vögel sangen, doch Maria hatte heute weder Augen noch Ohren dafür. Zu groß waren die Sorgen um die Oma. Selbst die blühenden Blumen am Wegrand übersah Maria diesmal. Sonst hielt sie oft inne, um sie zu pflücken, meistens, wenn sie auf dem Rückweg waren oder wenn sie Besuche machten. Doch heute...

Maria versuchte noch einen Schritt schneller zu gehen. Sie spürte, wie ihr wärmer wurde. Die Sonne hatte schon richtig viel Kraft. Sie hielt kurz inne und überlegte. Bis kurz vor der Stadt würde sie es wohl wagen können, den Mantel auszuziehen. Er war heute einfach zu warm. Sie schlüpfte aus ihrer Rüstung heraus und legte sich das von der Sonne aufgeheizte Leder über den Arm.

Ob die Wärter am Stadttor sie heute wohl ohne Probleme einlassen würden? Manchmal waren die richtig gemein, und Maria musste erst ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen, bevor sie eingelassen wurde. Sie hoffte, dass es heute einfacher werden würde.

Manchmal, dass wusste sie, halfen auch ein paar Tränen. Und die machten ihr heute überhaupt keine Probleme. Sie musste nur an den Zustand ihrer Oma denken und schon liefen sie. Dazu kam noch die Ungewissheit, ob sie wohl wieder aus dem Keuschheitsgürtel heraus kommen würde.

Maria grübelte darüber, warum der Schlüssel weg war. Ihre Oma hatte in der letzten Zeit oft das Wort ´heiratsfähig´ erwähnt, und ab und zu waren seltsame Schnösel zu Besuch. Maria ahnte, was es bedeutete, doch zu ihrer Erleichterung hatte ihre Oma alle diese â€? Maria musste schlucken, als sie über das Wort nachdachte - ´Freier´ wieder weggeschickt.

Dass jetzt der Schlüssel weg war, würde doch hoffentlich nicht bedeuten, dass jemand... Sie wagte es nicht, den Gedanken zuende zu denken.
Das Stadttor kam in Sicht, und Maria blieb kurz stehen, um sich den Mantel wieder anzuziehen. Nicht weil ihr vielleicht kalt geworden wäre, sondern weil der Mantel ihr sehr viel Schutz vermittelte. Mit tapferem Schritt ging sie auf das Stadttor zu.

Zu ihrer großen Erleichterung waren die Wärter diesmal sehr freundlich und ließen sie ohne Probleme ein. Ein neuer Wächter war dabei, der sich als Paul vorstellte, und dieser begleitete sie sogar bis zum Haus des Doktors.

Nach nur kurzer Zeit hatte der Doktor Zeit für sie. Maria brachte ihr Anliegen vor und beschrieb möglichst genau den Zustand der Oma. Sie zählte auf, was sie schon alles getan hatte, und bat den Doktor inständig, bei der Oma vorbei zu sehen.

Der Doktor hörte ihr aufmerksam zu und versprach ihr, nach der Sprechstunde gleich nach der Oma zu schauen. Maria war erleichtert.

* * *
Ihre Oma hatte ihr verboten, allein auf den Markt zu gehen, das wusste Maria. Und doch war die Versuchung stärker. Außerdem hoffte sie, vielleicht noch einmal dem Prinzen zu begegnen.

Maria war erstaunt, was es auf dem Markt alles gab. Einige wenige Sachen waren ihr bekannt, aber es gab sowohl Tiere als auch Lebensmittel und sonstige Waren, die sie noch nie oder bisher nur hier auf dem Markt gesehen hatte. Sehr interessiert schlenderte sie zwischen den Marktständen hindurch und hielt dabei immer einen Blick hinauf zur Burg gerichtet, ob sie vielleicht einmal einen Blick auf den Prinzen werfen könnte.

Deswegen fiel Maria auch nicht sofort auf, dass sie ins Visier einiger junger Männer geraten war. Erst als sie deutlich hinter ihr her gingen, hatte Maria es bemerkt. Sie beschleunigte ihre Schritte, doch es nutzte nichts, die Männer waren schneller.

Maria hätte jetzt gern den Mantel ausgezogen, denn dann hätte sie noch etwas schneller gehen können, doch dafür war es zu spät. Sie hatten sie eingeholt und drückten sie zu Boden. Einer der Männer machte ihren Mantel auf und schob ihr den Rock hoch. Maria weinte und flehte, doch die Männer lachten nur und ließen sich nicht beeindrucken.

Der Mann, der sie fest hielt, sah den Keuschheitsgürtel. Er fluchte und versuchte am Schloß zu rütteln. Maria spürte, wie kräftig er war, doch der Gürtel war stärker. Maria hielt in dem Moment den Atem an. Tränen liefen ihr durch das Gesicht, doch die Männer waren davon unbeeindruckt.

Eine laute Stimme war zu hören und sie spürte, wie die Halunken von ihr ließen und wegliefen. Jemand streckte ihr eine Hand hin und half ihr auf. Maria konnte zunächst mit ihren verweinten Augen gar nichts erkennen.

Dankbar nahm sie das Taschentuch, welches ihr Gegenüber ihr reichte, und wischte sich damit die Augen aus. Dann sah sie ungläubig, dass ihr der Prinz gegenüber stand. Sie zitterte. Prinz Paul hatte ihr geholfen. Maria war dankbar und bewegt.

Der Prinz lobte sie für ihre Umsicht, so einen guten Keuschheitsgürtel zu tragen. Dennoch war Maria etwas beschämt, denn der Prinz hatte ihre ´Unterwäsche´ gesehen. Doch gleichzeitig freute sie sich über das Lob.

Sie wollte sich bei dem Prinzen bedanken, doch sie stellte fest, dass sie im Mund den Mundschutz trug, und sie brachte deshalb kein Wort heraus. Sie wollte ihm die Hand reichen, doch sie spürte, dass sie ihren Arm nicht bewegen konnte.

Maria erkannte, das sie geträumt hatte. Jetzt lag sie wach im Bett und spürte überall am Körper die Einschränkungen der ´schönen Nacht´.

Leise dran das Wasserplätschern an ihre Ohren, und sie wusste, dass ihre Erzieherin schon ihr Bad vorbereitet. Lange würde es also nicht mehr dauern, und Maria würde sich wieder bewegen können, und sie freute sich schon auf das schön warme Badewasser.

Sie dachte wieder an ihren Traum und seufzte. Wie sollte sie Paul bloß beibringen, dass sie einen Keuschheitsgürtel trug?

Im Traum war es so einfach gewesen und der »Prinz« Paul hatte sie sogar für ihre Umsicht gelobt. Doch das war in einer anderen Zeit gewesen. Wie sollte sie es ihm erklären, dass sie sich oft sogar freiwillig in dieses Monster einsperren ließ, ohne zu wissen, wann sie wieder einmal an sich heran durfte.

Okay, dies musste sie sich eingestehen, oft waren es praktische Gründe, weswegen sie im Gürtel verblieb. Die Absprache lautete zwar, dass sie den Tugendwächter, wie sie ihn manchmal scherzhaft nannte, im Haus nicht zu tragen brauchte. Aber da sie nach der Schule oft gleich wieder weg musste, war es einfach praktischer, wenn sie eingesperrt blieb.

Doch wie würde Paul darauf reagieren? Sie seufzte noch einmal.
30. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 07.01.14 06:41

Danke wieder eine toll geschriebene Fortsetzung .

Aber , ich bin auch endtäuscht !
Das war doch höchstens eine Schönheitsnacht !
Unter einer schönen Nacht hatte ich mir die selbe
Kleidung , aber durch die Mutter vorgegebene
minutengenaues E-stim-kriebbeln und Viberationen
gedacht . So als danke schön und Anreiz der Mutter .
Bei Belohnungen darf Maria ja frei handeln . Paul
würde dann auch nicht so ein schlechtes Gewissen
haben .

Verflucht jetzt quasel ich dir doch in deine Geschichte .
.
31. RE: Maria

geschrieben von Joern am 07.01.14 11:00

Zwei tolle Fortsetzungen kurz nacheinander. Das geht ja wie das Brezelbacken. Ich finde deine gefühlvolle Erzählweise sehr angenehm und auch die immer wieder eingestreuten Hinweise lassen jede Menge Raum um diese herrliche Geschichte ausgiebig weiterzuspinnen. Wenn ich da nur an den Hefter aus der Klinik denke... Seite 20 Variante 5...
wie viele Varianten da wohl noch kommen mögen? Deswegen finde ich es garnicht mal so schlimm, wenn es in der "Schönen Nacht" nicht gleich Vibrationen und E-stim Kribbeln gibt, wie von Fehlermeldung erwähnt. Ich denke mal eine der späteren Varianten bietet da noch genug Raum für weitere Maßnahmen dieser Art. Tja, ansonsten ist das schon sehr tolles Kopfkino der feinsten Sorte.

Was ich mich beim Lesen gefragt habe: Hat Maria in der Schönen Nachte denn den KG nicht dran? Hätte der sich nicht wenigstens unter dem engen Catsuit abzeichnen müssen? War sie nicht auch zusätzlich in doppelten Schenkelbändern, als sie aus dem Kino kamen? Mrs. Potter hat Maria dann allein zum Umkleiden geschickt, während sie mit Paul Marias Nachtausstattung vorbereitete. Sollte Maria tatsächlich in der Lage sein, sich selbst aus KG und Schenkelbändern zu befreien?
Sorry, wegen der Fragen, aber die Story geht mir nun mal eben nicht einfach so vorbei. Ich weiß nur noch nicht, ob ich lieber Pauls oder Marias Rolle darin hätte.

LG Jörn
32. RE: Maria

geschrieben von Joern am 07.01.14 11:00

Noch eine Frage - sorry - mit der Frequenz wie du hier die Fortsetzungen reinstellst drängt sich die Vermutung auf, daß du da schon Einiges im Vorfeld fertig geschrieben hast. Darf man fragen, ob du schon die ganze Story im Kasten hast? Beim 3. Teil der hier veröffentlichten München Trilogie war das ja so. Ist nur reine Neugier meinerseits, dahingehend, inwiefern das Schicksal der Protagonisten schon feststeht oder noch Spielraum für die Entwicklung einerseits, aber auch die Gefahr einer "Unvollendeten" andererseits besteht.

LG Joern
33. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 07.01.14 15:32

Hm Interessante "schöne" Nacht die Maria Verbringen durfte. Nur das mit dem Handschuhkästen kommt mir seltsam vor. Ich hätte Erwartet das da auch eine Art Pflege für die Hände Stattfindet. Ein Interessanter Traum von Maria. Paul hat ja noch eine Woche Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen Maria nächstes WE genauso Einzuschließen.
Ist er dann eigentlich nach Haus gegangen oder hat er im Haus Übernachtet?
34. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:24

Zitat
Noch eine Frage - sorry - mit der Frequenz wie du hier die Fortsetzungen reinstellst drängt sich die Vermutung auf, daß du da schon Einiges im Vorfeld fertig geschrieben hast. Darf man fragen, ob du schon die ganze Story im Kasten hast? Beim 3. Teil der hier veröffentlichten München Trilogie war das ja so. Ist nur reine Neugier meinerseits, dahingehend, inwiefern das Schicksal der Protagonisten schon feststeht oder noch Spielraum für die Entwicklung einerseits, aber auch die Gefahr einer \"Unvollendeten\" andererseits besteht.

LG Joern


Hallo Joern,

die Geschichte besteht aus 14 Kapiteln, wobei ich jetzt 11 Kapitel fertig habe und die Kapitel 12 - 14 sind schon konzipiert. Der Schluß von Kapitel 14 ist auch schon fertig. Allerdings ist es ein offenes Ende, bzw. die Geschichte endet mit dem Katerinenfest. Für die Zeit danach gibt es bisher nur ganz grobe Skizzen und für weitere Ideen bin ich immer empfänglich.
35. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:34

Zitat
Was ich mich beim Lesen gefragt habe: Hat Maria in der Schönen Nachte denn den KG nicht dran? Hätte der sich nicht wenigstens unter dem engen Catsuit abzeichnen müssen? War sie nicht auch zusätzlich in doppelten Schenkelbändern, als sie aus dem Kino kamen? Mrs. Potter hat Maria dann allein zum Umkleiden geschickt, während sie mit Paul Marias Nachtausstattung vorbereitete. Sollte Maria tatsächlich in der Lage sein, sich selbst aus KG und Schenkelbändern zu befreien?


Hmm... da hast du tatsächlich einen Konzept-Fehler gefunden bzw. ich habe mir genau diesen Punkt noch nicht so richtig überlegt. Fakt ist bisher nur, dass Maria das Haus nie ohne den Gürtel verlassen soll. Im Haus gibt es für das Tragen keine Anweisung von Seiten der Mutter. Maria hält es in der Regel so, dass sie im Haus auch im Gürtel verbleibt, weil es einfacher ist und oft zu wenig Zeit ist zum Wechseln. (das wird in den späteren Kapitel noch genauer beleuchtet)
36. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 07.01.14 17:37

Zitat
Ist er dann eigentlich nach Haus gegangen oder hat er im Haus Übernachtet?


Hmm... das habe ich nicht erwähnt. Aber Paul ist am nächsten Morgen beim Frühstück daheim. Ich denke. Mrs. Potter wird ihn nach Hause geschickt haben.
37. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 08.01.14 06:10

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Seine Oma blickte Paul erstaunt an. »Was willst Du denn schon hier?«
»Ich wünsche Dir auch einen schönen Guten Morgen.« Paul hatte sehr gute Laune.

Sie musste ihn nur kurz ansehen und schon konnte sie ihm sagen, was ihn aus dem Bett trieb. »Maria?«

Doch Paul hatte noch eine weitere Überraschung für seine Oma. »Du gehst doch oft in die Kirche, oder? Würdest Du mich heute mal mitnehmen?«

»Du mußt ja schwer verliebt sein. Maria geht auch in die Kirche, nehme ich an?« Sie zeigte auf den gedeckten Tisch. »Jetzt setzt Dich erst mal hin und frühstücke. Bis die Kirche anfängt, haben wir noch Zeit.«

Paul kam der Aufforderung gern nach. Er nahm sich Kaffee und machte sich ein Marmeladenbrötchen. Er überlegte die ganze Zeit, ob er mit seiner Oma über Marias schöne Nacht reden konnte. Immerhin hatten ihn weder Maria noch ihre Erzieherin um irgendein Stillschweigen gebeten.
Oma Selma fragte, ob sie einen schönen Abend verbracht hätten.

Paul seufzte und begann leise zu erzählen. »Es war sehr seltsam gestern Abend.« Er beschrieb Marias Schönheitsprogramm, und es war ihm dabei anzuhören, dass er immer noch nicht von dessen Wirksamkeit überzeugt war.

Doch seine Oma überraschte ihn. »Das kenne ich. Das mußten die Grafentöchter auch oft über sich ergehen lassen.«

Paul blickte seine Oma erstaunt an. »Du mußtest so etwas auch machen?«

»Die Töchter hatten kein so großes Korsett, aber ansonsten waren diese Schönheitsnächte Pflicht.«
Einerseits war Paul beruhigt, dass Maria sich da etwas Bewährtem unterordnete, andererseits litt er sehr mit ihr, denn sie war schon sehr hilflos in dieser Nacht.

»Maria geht in die Christuskirche. Das ist doch die Gemeinde, wo Du auch immer hin gehst?« Paul war wieder in der Gegenwart.

Doch Selma musste ihn enttäuschen. »Das ist die Nachbargemeinde. Ich gehe zu der Schutzengel-Gemeinde.«

Paul war enttäuscht. Er hätte sehr gern Maria in die Kirche begleitet.
Seine Oma kannte ihren Enkel gut, und da sie ein Herz für ihn hatte, bot sie ihm an, heute einmal in die andere Gemeinde zu gehen. »Da war ich schon länger nicht mehr.«

Paul wäre seiner Oma am liebsten um den Hals gefallen.
»Dann mache Dich fertig. In zehn Minuten gehen wir los.«
* * *
Den Weg zu Marias Kirche kannte Paul nicht. Doch er wollte sich auch nicht die Blöße geben, dies zuzugeben. Er wäre sehr gern an ihrem Haus vorbeigegangen, doch da er den Weg nicht kannte, musste er sich von seiner Oma führen lassen. Doch zu seiner Freude sah er, dass ihr Weg sie tatsächlich an Marias Haus vorbei führte. Er zeigte seiner Oma das Haus, sobald das Grundstück in Sicht kam.

Als sie neben Marias Haus ankamen, sah Paul, dass Maria mit ihrer Erzieherin auch schon auf dem Weg war. Er winkte Maria zu.
Maria zögerte erst und warf einen Blick auf Mrs. Potter, dann hob sie ihren Arm und winkte schüchtern zurück.

Als sie näher kamen, fing Oma Selma auf einmal an, etwas vor sich hin zu murmeln. Paul verstand so etwas wie ´Das kann doch nicht wahr sein...´ Er wusste nicht, was seine Oma so bewegte.
Selma blickte Marias Erzieherin prüfend an. »Doro, bist Du es?«
Auch Mrs. Potter blieb stehen und war erstaunt. »Selma?« Sie musste schlucken.

Pauls Oma war genauso erstaunt. »Ich wusste nicht, dass Du das bist.« Sie blickte liebevoll auf ihren Enkel. »Paul hat immer nur von einer Mrs. Potter gesprochen.«
Mrs. Potter war genauso fasziniert. »Du bist die Oma von Paul?«

Paul und Maria blickten sich genauso verwundert an. Doch sie trauten sich auch beide nicht, die Unterhaltung der beiden Damen zu unterbrechen.
»Ihr müsst unbedingt heute zu uns zum Kaffee kommen.« Oma Selma sprach die Einladung mit echter Vorfreude aus. Paul war über den Gedanken, Maria schon am Nachmittag wiederzusehen ebenfalls sehr erfreut.

Mrs. Potter war in diesem Punkt jedoch etwas zögernd. »Maria muss heute nachmittag wieder den Handschuh trainieren.«
Doch Pauls Oma gab nicht nach. »Dann soll sie ihn mitbringen. Ich würde das sowieso gern einmal wieder sehen.«

Sowohl Paul als auch Maria standen etwas begossen daneben, weil sie beide scheinbar nicht gefragt wurden. Doch sie irrten sich. Oma Selma fragte, ob es den jungen Leute Recht wäre.

Doch es war Marias Erzieherin, die die eigentliche Überraschung bereit hielt. »Selma, wir müssen uns soviel erzählen, da kommen die jungen Leute sicher auch mal ohne uns zurecht.«

Irgendwie fühlte Paul sich ermutigt und versuchte Marias Hand zu ergreifen. Maria war zunächst ziemlich unsicher, weil ihre Erzieherin hinter ihr herging. Doch mit einer liebevollen Stimme gab sie zu verstehen, dass sie damit einverstanden war.

* * *

Sehr erleichtert hörte Paul die ersten Klänge des Orgelnachspiels. Er war in diesem Gottesdienst besonders angespannt gewesen, denn zum einen war er schon sehr lange nicht mehr in der Kirche gewesen, und zum anderen wollte er sich weder gegenüber Maria noch gegenüber seiner Oma blamieren.
Er hatte versucht, ordentlich mitzusingen und die Gebete mitzusprechen, zumindest die, die er noch kannte. Er war auch immer mit aufgestanden, wenn die anderen aufgestanden waren. Es dämmerte ihm, dass er mit Maria wohl noch öfter hierher kommen würde.

Sie hatte während des Gottesdiensts nur gelegentlich kurze Blicke ausgetauscht. Beide wollten sich nicht ungehörig verhalten und so Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Auch der Predigt war Paul aufmerksam gefolgt und hatte sogar ein paar der kleinen Pointen entdeckt, die die Pfarrerin gelegentlich einstreute. Trotzdem war Paul froh, dass der Gottesdienst jetzt zu Ende war.
Die Gemeinde wartete noch, bis das Orgelspiel vorbei war, dann standen die Besucher auf und gingen langsam hinaus.

Mrs. Potter erinnerte Maria an die Verabredung, die sie noch beim Kirchenkaffee haben würden. Paul musste kurz nachdenken, dann fiel ihm ein, dass sich gestern der Baron angemeldet hatte. Er war schon neugierig, was dieser von Maria wollte. Doch Paul traute sich von sich aus nicht zu fragen, ob er dabei sein könne.
Doch Maria nahm ihm die Entscheidung ab, denn gleich nachdem ihre Erzieherin sie an den Termin erinnert hatte, nahm sich Maria Pauls Hand und lächelte ihn an. »Du kommst mit.« Sie ließ ihm gar keine Zeit, um zu widersprechen. Und Mrs. Potter schon auch nichts dagegen zu haben. Paul spürte irgendwie die Nervosität der beiden Frauen.

Pauls Oma wünschte ihnen »wenig Ärger« mit dem Baron, dann verabschiedete sie sich. Sie müsse für den Nachmittag noch einiges vorbereiten. Und sie erinnerte Paul daran, rechtzeitig zum Mittagessen daheim zu sein.

Paul versprach, bald zu kommen. »Sobald Maria mich gehen läßt.« Und er streichelte ihr sanft über die Hand. Maria küßte ihn kurz auf die Wange und lächelte.

* * *

Im Gemeinderaum, aus dem es schon nach frisch gebrühten Kaffee duftete, waren noch einige Tische frei. Mrs. Potter ging an einen der liebevoll gedeckten Tische und verteilte recht resolut die Plätze. Unter normalen Umständen hätte Paul vielleicht protestiert, doch in diesem Moment spürte er die Angespanntheit von Marias Erzieherin, und deswegen kam er ihrer Anweisung sofort nach.

Doch gleich darauf erkannte Paul, was sie mit der Sitzordnung bezweckte. Es war nur ein Platz am Tisch frei, und dort würde der Baron sitzen müssen. Ihm gegenüber saß Maria, und Paul sowie Mrs. Potter saßen an je einer Seite zwischen Maria und dem Baron.
Paul begriff, dass sie so Maria etwas schützen konnten. Und sie würden automatisch alles hören, was der Baron zu sagen hätte.

* * *

Er fragte sich immer noch, ob es richtig war, was er jetzt anzustoßen begann. Doch immer, wenn er darüber nachdachte, musste er erkennen, dass es keinen anderen Ausweg gab. Er musste es tun, sonst würde seine Tochter alles ruinieren.

Mit traurigen Schritten betrat der Baron von Harsumstal das Kirchengelände und ging in Richtung des Gemeindesaals. Früher, als die Baronin noch lebte, waren sie oft hier, doch jetzt als Witwer war ihm alles entglitten.

Er ging in Gedanken seinen Plan noch einmal durch, und es gab eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er auch funktionieren könnte. Ein wichtiger Bestandteil des Planes bestand darin, Marias Erzieherin zu überzeugen oder zu überrumpeln. Er wusste, dass sie ihm gegenüber voreingenommen war wegen einer alten Geschichte und er hoffte sehr, dies zu seinem Vorteil ausnutzen zu können, um ihre Entscheidung in seinem Sinne zu beeinflussen.

Natürlich war ihm klar, dass Sophie es nie schaffen würde, selbst wenn sie es versuchen würde. Doch wenn sein Plan aufgehen würde, dann wäre dies auch völlig egal. Trotzdem nahm er sich vor, den stolzen und ehrgeizigen Vater vorzugeben und er hoffte sehr, dass sie es ihm abnehmen würden.

* * *

Mrs. Potter wollte den beiden noch erklären, wie sich gegenüber dem Baron verhalten sollten, doch dieser kam ihnen zuvor. Er kam an ihren Tisch und und blieb zunächst neben dem freien Stuhl stehen.
»Einen wunderschönen Guten Tag möchte ich wünschen.« Er ahnte, das er keine Antwort bekommen würde und sprach deswegen gleich weiter. »Gestatten Sie, dass ich mich zu Ihnen setze, um mein Anliegen vorzutragen.«

Mrs. Potter kam nicht umhin, einen Blick auf den freien Platz zu werfen.

Dies genügte dem Baron, und er setzte sich an den kleinen Tisch. Den unfreundlichen und zweifelnden Blick von Mrs. Potter übersah er dabei.
»Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, bin ich der Vorsitzende des Katerinenfestes. Und in dieser Funktion habe ich die Aufgabe, für die Rolle der Katerina, die von meiner Tochter Sophie gespielt wird, eine zweite Besetzung auszuwählen.« Er machte eine kleine Pause, um die Wichtigkeit dieser Aussage zu betonen.

Als er seine Tochter erwähnte, sah Paul, dass Mrs. Potter die Stirn runzelte. Er verstand sie mittlerweile gut genug, um daraus zu lesen. Der Vater tat sicher gut daran, sich um einen Vertretung zu kümmern. Wenn Sophie eine Eigenschaft fehlte, dann war es Zuverlässigkeit. Das war stadtbekannt.

Marias Erzieherin brauchte nicht lange, um sich eine Meinung zu bilden. Sie kannte das angesprochene Fest zwar nur aus Berichten, aber es würde für Marias Entwicklung nur gut sein. Zumal Maria die Monohandschuhe, die in den Berichten als wichtiger Bestandteil des Festes erwähnt wurden, schon kannte und gut tragen konnte.

Der Baron versuchte ein Lächeln. »Es könnte ja immerhin sein, dass Sophie plötzlich krank wird, und dann sollte ein vorbereiteter Ersatz zur Verfügung stehen.« Er hoffte, dass seine List aufgehen würde. Denn trotz oder gerade wegen seiner verzweifelten Lage kamen ihm die Vorurteile von Marias Erzieherin gerade recht. Er legte den Köder aus. »Sophie wird dieses Jahr die Originalhaltung tragen. Wir haben das aufgrund von historischen Texten ausgearbeitet.«

Jetzt wandte er sich direkt an Maria. »Meinen Sie, Sie wären in der Lage und hätten Zeit, die zweite Besetzung der Katerina zu übernehmen? Ich hoffe ja sehr, das es nicht nötig ist, aber ich muss dafür Sorge tragen.«

Mrs. Potter ging ihm auf den Leim. Sie war von den schlechten Nachrichten über Sophie so voreingenommen, dass sie sich fast in ihrem Stolz verletzt fühlte. »Natürlich wird Maria das machen. Ihr könnt auf sie zählen.« Innerlich war sie empört. Wieso sollte dieses Luder Sophie etwas können, was Maria mit ihrer guten Ausbildung nicht zustande bringen sollte?

Der Baron fuhr fort: »Es ist ja nur der Form halber. Sophie wird das sicher schaffen. Es wird genügen, wenn Maria die eine oder andere Tanzstunde mitmacht, aber mehr Zeit wird sie sicher nicht aufbringen müssen.« Er wollte sie in Sicherheit wiegen. »Und falls Maria Sophie wirklich vertreten müßte, dann wäre sie sicher fast genauso schön anzusehen als Prinzessin!« Der Baron versuchte den liebenden Vater vorzugeben, für den natürlich seine eigene Tochter die schönste der Welt ist. Denn natürlich war ihm klar, dass dieses vermeintliche Kompliment in Wirklichkeit ein bodenlose Frechheit war.

Maria blickte sehr ungläubig von ihrer Erzieherin zum Baron und wieder zurück. Doch sie wagte es nicht, ihr zu widersprechen. Solch große Entscheidungen hätte sie ohnehin nicht allein treffen dürfen.

Paul hingegen glaubte das Spiel des Barons durchschaut zu haben, denn irgendwie schien dieser von den schauspielerischen Qualitäten seiner Tochter gar nicht so sehr überzeugt. Doch auch Paul traute sich nicht, in Anwesenheit von Mrs. Potter zu widersprechen.

Der Baron nahm scheinbar dankbar die Zusage von Marias Erzieherin entgegen, dann verabschiedete er sich höflich und verließ die kleine Runde wieder.
Mrs. Potter drehte sich zu Maria, und in einem sehr vertrauensvollen Ton sagte sie: »Mach Dir keine Sorgen, Maria. Das, was sein verzogenes Töchterlein schafft, das schaffst Du dreimal.« dass sie auf den Baron hereingefallen waren, das erkannte sie nicht.

* * *

Der Baron ging über die Straße zu der Telefonzelle. Noch einmal dachte er darüber nach, ob es wirklich richtig war. In ihm kämpften sein schlechtes Gewissen mit seiner Verzweiflung über seine geschäftliche und gesellschaftliche Lage.

Er zog langsam die Tür auf und trat ein. Aus seiner Tasche kramte er etwas Kleingeld und einen Zettel. Er warf ein paar Münzen in das Telefon und wählte die Nummer, die auf dem Zettel geschrieben war. Ein Name stand nicht dabei.
Die Gegenseite meldete sich mit »Ja?«

Der Baron bemühte sich, leise zu sprechen. »Stichwort Katzenbuckel«
Sein Gegenüber schien sofort Bescheid zu wissen.

Der Baron sprach weiter. »Sie fährt sehr viel mit dem Auto. Lassen sie sich etwas einfallen. Es soll wie ein Unfall aussehen.«

Sein Gesprächspartner erklärte ihm, dass schon alles vorbereitet sei, und dass er nur noch auf das »Los« warte.
Der Baron wollte sichergehen, dass nichts schief ging. »Sie bringen sie auf jeden Fall in das Unfallkrankenhaus?«

Sein Gegenüber war fast etwas gekränkt. »Natürlich, so war es doch abgesprochen.« Er spürte die Nervosität seines Auftraggebers und versuchte ihn zu beruhigen. »Die Sanitäter sind auch vorbereitet. Es wird nichts schief gehen.«

Dann kam doch noch einmal der sich sorgende Vater durch. »Aber es darf ihr nicht wirklich etwas passieren, das müssen sie mir versprechen!« Er wusste, dass er besser nicht auf die Antwort warten sollte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das Geld gibt es im Herbst.«

Sein Gesprächspartner war über die Nöte des Barons informiert und wusste, dass nach dem Fest sicher noch mehr zu holen wäre.
Sie legten auf.

* * *

Er musste einmal tief durchatmen, dann wählte er eine neue Nummer. Die Sekretärin des Chefarztes war dran.
Er wollte den Chef sprechen. Sie fragte, wer spreche. Der Baron nannte den abgesprochenen Namen. Sie stellte durch.

Der Arzt meldete sich. »So soll es also losgehen?« Er wusste sofort Bescheid.
Der Baron kam gleich zur Sache. »Also wie abgesprochen, du musst sie für mindestens ein halbes Jahr aus dem Verkehr ziehen.«

Der Arzt bemühte sich, möglichst wenig Worte zu machen. »Alles?«
Der Baron versuchte sich an die bisherigen Absprachen zu erinnern. »Ja, mach alles so wie abgesprochen. Auch das mit dem Kiefer. Es muss alles so echt sein, dass sie es selber glaubt.«

Der Arzt versuchte ihn zu beruhigen. »Mach dir keine Sogen, sie wird nichts merken.«
»Ich vertraue Dir. Du hast dann was gut bei mir.«

Was mit den Kosten sei, wollte der Arzt noch wissen.
Der Baron hatte insgeheim mit dieser Frage gerechnet. »Sie ist ein Unfallopfer. Stell die Diagnose so, dass es die Kasse zahlt.«
Der Arzt sagte ihm, dass dies leicht möglich sei.

Der Baron war erleichtert, dass er das Krankenhaus nicht auch noch bezahlen musste. Das wäre teuer geworden. Er dankte dem Arzt.
Dieser wiegelte ab. »Ich bitte Dich. Wir Väter müssen doch zusammenhalten bei diesen kleinen Monstern.«

* * *

Nachdenklich verließ der Baron die Telefonzelle und ging mit langsamen Schritten auf sein Auto zu. Er hoffte, dass er seiner Tochter jetzt nicht mehr begegnen musste. Er würde ihr nicht mehr in die Augen sehen können. Doch, so musste er sich eingestehen, das hatte er sowieso schon lange nicht mehr getan.
Sie hatten sich einfach schon zu sehr von einander entfernt. Wenn dieses dumme Fest nicht wäre, in dem all sein Geld steckte, dann wäre alles anders.
Er hatte tiefes Mitleid mit seiner Tochter, dass er ihr so etwas Grausames antun musste, aber er sah einfach keine andere Möglichkeit mehr. Sophie würde es sonst schaffen, alles kaputt zu machen.

Obwohl, dies musste er sich auch eingestehen, es gab nicht mehr viel kaputtzumachen. Seit dem Tod seiner Frau war es immer weiter bergab gegangen. Doch jetzt schien sich trotzdem noch ein viel größerer Abgrund aufzutun, und er war bemüht, ihn mit einem großen Schritt zu überwinden.

* * *

Paul war schon ziemlich nervös und rannte ständig von einem Fenster zum anderen. Gleich nach dem Mittagessen war er nach oben gegangen und hatte sein Zimmer aufgeräumt. Dann hatte er seiner Oma sogar in der Küche geholfen.
Über die Ereignisse hatten sie nur kurz gesprochen. Er war viel zu aufgeregt wegen Marias Besuches. Immer wieder schaute er aus dem Fenster auf den runden Vorplatz, ob er Maria und ihre Erzieherin nicht vielleicht schon kommen sehen konnte.

Endlich sah er, wie sie langsam die Straße herauf kamen. Als sie auf den Wendeplatz vor dem Haus traten, versuchte Paul zu erkennen, was Maria trug, doch er konnte nur ihre langes Cape erkennen. Und sie schien diese seltsamen Stiefel zu tragen, denn sie ging besonders vorsichtig. Paul fiel erst nach einiger Zeit wieder ein, dass Maria diese Stiefel als Ballett-Stiefel bezeichnet hatte.

Er hielt es nicht mehr aus. Obwohl sie noch nicht einmal an der Gartentür waren, lief Paul die Treppe hinuntger und öffnete die Haustür.
* * *
»Hier duftet es ja schon nach Kaffee.« Mrs. Potters Stimme klang erfreut und neugierig zugleich.
Paul wartete, bis beide Frauen im Flur waren, dann schloß er die Haustür.

Oma Selma war jetzt ebenfalls gekommen und begrüßte ihre alte Freundin sehr herzlich.
Maria gab Paul einen Begrüßungskuß und zeigte ihm, dass bei ihrem Cape die Armdurchgriffe verschlossen waren. »Das haben wir beim Anziehen nicht gemerkt. Kannst Du mir die bitte aufmachen?«
Paul warf einen heimlichen Blick auf Marias Erzieherin, doch diese wurde immer noch von seiner Oma begrüßt. Also nahm er sich ein Herz und zog die beiden Reißverschlüsse auf. Er kannte sich mit den vielen Regeln, mit denen Maria umgeben war, immer noch nicht so genau aus, und er wollte eben keine Fehler machen. Aber hier siegte sein Herz, und so hatte er kaum Bedenken, Marias Händen hier etwas mehr Freiraum zu verschaffen. Maria war sehr dankbar, dass sie jetzt Paul und vor allem seiner Oma die Hand reichen konnte. Dieser war gut anzusehen, dass sie sich über den Besuch von Maria wirklich freute.

Mrs. Potter zog sich ihre leichte Jacke aus und reichte sie Paul. Dann nahm sie einen Schlüssel aus ihrer Tasche und schloß Maria das Cape auf. Es fiel Paul schon auf, das sie diesmal das kleine Bund dabei zu haben schien.
Oma Selma war ein klein wenig enttäuscht. Sie wandte sich an Maria. »Schade, ich hatte gedacht, Du würdest deinen Handschuh tragen. Paul hat mir schon viel davon erzählt.«

Maria war ihr Ansehen bei Pauls Oma schon recht wichtig. Sie öffnete die Tasche, die sie unter dem Cape getragen hatte, und zeigte den Handschuh, der darin lag. »Ich müßte bald wieder trainieren. Ich hoffe, das stört euch nicht.«

Oma Selma kam ihr entgegen. »Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mal wieder so einen Handschuh sehen dürfte. Du würdest mir eine große Freude damit machen. Das habe ich Paul auch schon gesagt.«

Auf Marias Gesicht verwandelten sich die Zweifel in ein Strahlen, gemischt mir etwas Erstaunen. Sie blickte Paul fragend an.
Doch seine Oma unterbrach die Stimmung. »Jetzt wollen wir erstmal Kaffee trinken. Ich habe extra Kuchen gebacken.«

* * *

Der Kaffeetisch war liebevoll gedeckt, und Paul hatte sogar einen kleinen Strauß Blumen auf dem Garten auf den Tisch gestellt. Sie nahmen Platz, und Paul bot den Kuchen an, während seine Oma den Kaffee verteilte.

Es fiel Paul auf, dass Maria recht nervös zur Uhr blickte, während sie ihren Kuchen aß. Ihre Erzieherin hatte diesen Blick bemerkt und schien zu wissen, was ihr Schützling wollte. Sie zwinkerte ihr zu. »Wir lassen Dein Training heute etwas später beginnen.« Maria war sowohl dankbar als auch erstaunt, denn sonst gab es so eine Ausnahme nicht.

Oma Selma schien auch zu ahnen, was Maria wollte. »Die Grafentöchter haben so einen Handschuh auch sehr oft getragen,« begann sie recht unvermittelt. »Ich freue mich, dass Du ihn so oft trägst.«

Maria wurde rot. Sie wusste nicht so recht, was sie antworten sollte. Aber sie lächelte dankbar.
Selma sprach weiter, und sie klang dabei ziemlich wehmütig. »Leider ist diese klassische Erziehungsform ja in unseren modernen Zeiten in Vergessenheit geraten. Gewiss, sie ist ziemlich mühsam und anstrengend und sie verlangt den Mädchen einiges ab. Aber Du bist der beste Beweis dafür, dass sie immer noch funktioniert, und dass sie Resultate bringt!«

Maria errötete noch mehr und beugte sich mit einem glücklichen Lächeln über ihren Kuchenteller.
Die Begeisterung schwang in ihrer Stimme mit. »Kind, so eine schöne Haltung und Figur habe ich seit meiner Zeit bei dem Grafen nicht mehr gesehen.«

* * *

Maria hatte ihren Kuchen aufgegessen, und ihre Kaffeetasse war auch leer. Mehr Kaffee wollte sie nicht. Stattdessen begann sie nervös auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen.
Mrs. Potter war in Gedanken noch bei dem, was Oma Selma gerade erzählt hatte, deswegen entging ihr Marias Unruhe zunächst. Doch dann blickte sie kurz auf die Uhr und wandte sich dann an ihren Schützling. »Ich denke, jetzt wäre es Zeit für das Training.«

Maria war erst ziemlich unsicher, ob sie auf die Erlaubnis zum Aufstehen warten musste oder nicht. Doch dann nahm sie sich ein Herz, schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Sie ging zu ihrer Tasche und nahm ihren Handschuh heraus. Sie sortierte gleich etwas die Riemen und ging dann mit dem Lederbündel wieder auf ihre Erzieherin zu. Sie stellte sich neben sie und reichte ihr den Handschuh.

Doch zu ihrer Überraschung blickte Mrs. Potter nur kurz auf den Handschuh und sagte mit bewußt liebevoller Stimme: »Paul wird Dir bestimmt gern bei deinem Training helfen.«

Maria ließ den Handschuh sinken, und für einen Moment wusste sie nicht weiter. Es war ihr anzusehen, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Doch dann glitt auf einmal ein Lächeln über ihr Gesicht, und sie ging mit fast etwas wackeligen Schritten auf Paul zu. Sie reichte ihm den Handschuh und sah ihn voller Liebe an.
Paul war innerlich sehr aufgewühlt. Er hatte sich zwar irgendwie darauf gefreut, Maria wieder in dem Handschuh zu sehen, auch wenn er selbst gar nicht so genau wusste warum. Aber dass er ihr den jetzt sogar selbst wieder anlegen sollte, das hatte er nicht erwartet.

Er nahm das Lederbündel in die Hand und blickte seine Oma fragend an. Er wusste, dass sie sich damit auskennen würde. Sie hatte ja oft von den Grafentöchtern erzählt.
Sie blickte ihn zuversichtlich an. »Das schaffst Du schon.«

Auch Maria versuchte ihm Mut zu machen. »Ich sage Dir, wenn etwas nicht stimmen sollte.« Dann beugte sie sich vor und küßte ihn kurz auf die Wange. »Bitte versuche es.«

Paul nahm das Lederbündel an und ließ es auseinander rollen. Er sortierte konzentriert die vielen Lederriemen, und als er wieder aufblickte, sah er, dass Maria sich mittlerweile umgedreht hatte und ihm die Arme auf dem Rücken präsentierte.

Paul bemerkte es nicht, denn er war viel zu sehr mit dem Handschuh beschäftigt, aber seine Oma lobte Maria, weil sie es auch ohne Hilfe schaffte, ihre Ellenbogen sich auf dem Rücken berühren zu lassen.

Maria drehte ihren Kopf zu Pauls Oma, die mittlerweile auch aufgestanden war und neben Maria stand. Es war Maria anzusehen, dass ihr das Lob sehr gefiel. Doch eine Antwort brachte sie nicht zustande. Dafür war sie im Moment zu aufgeregt.

Paul versuchte sich zu erinnern, was er tun musste. Er blickte mit viel Unsicherheit auf den Handschuh und dann noch einmal auf Marias Arme, die sie ihm mit wachsender innerer Unruhe hinhielt.

»Oh, das ist ja sogar noch ein Handschuh in der alten Art.« Es war Selmas Stimme anzuhören, das es sie sichtlich freute. »Auf der ganzen Länge zum Schnüren und mit sich über der Brust kreuzenden Riemen.« Maria freute sich des Lobes.

Paul wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Doch dann versuchte er sich daran zu erinnern, was er beim letzten Mal gemacht hatte. Er schob Maria die Lederhülle vorsichtig von unten über die Arme und zog sie dann langsam nach oben. Seine Freundin hielt ihre Hände brav aufeinander, so dass sie unten in der engen Spitze des Handschuhs sofort den richtigen Platz fanden.

Seine Oma gab ihm den Tipp, auf das Aussehen des Handschuhs und auf die Lage der Hände zu achten. Sie zeigte ihm, dass Marias Finger sich fast etwas abzeichneten, und dies, so erklärte sie ihm, sei ein Zeichen dafür, das der Handschuh gut säße.

Paul wurde immer nervöser und wollte gleich mit der Schnürung beginnen. Maria spürte dies und deswegen unterbrach sie ihn mit leiser, aber fester Stimme. »Zuerst die langen Riemen.«

Paul wurde etwas verlegen und ließ die Schnüre wieder los. Er nahm die langen Lederriemen zur Hand und überlegte, wie er damit umgehen musste. Doch dann wurde er auf einmal unsicher und blickte seine Oma an. »Kommen die jetzt erst über die Schulter oder erst drunter durch?«

Seine Oma warf einen Blick auf den Handschuh, dann konnte sie es ihm zeigen. Er zog also den Riemen zuerst unter der Schulter durch über die Brust, dann über die Schulter zurück zum Handschuh. Dort wartete schon die Schnalle zum Festmachen.

Dass er den Riemen später noch enger machen musste, das wusste Paul noch, und so wandte er sich gleich dem zweiten Riemen zu, den er genauso fest machte.
Nach einem fragenden Blick zu seiner Oma begann Paul, die Schnürung festzuziehen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde er von seiner Oma unterbrochen. »Das mußt Du anders machen, dann wird der Druck gleichmäßiger verteilt, und für Maria ist es leichter zu tragen.«

Sie trat neben Paul und zeigte ihm, dass er die Schnürung immer in der Mitte anfassen sollte und sie von unten nach oben immer weiter schließen sollte.
Paul kam dem Ratschlag gern nach, denn wenn er Maria schon so etwas seltsames antun musste, dann sollte es für sie doch wenigstens so bequem wie möglich sein.
Selma blickte auf die Schnürleiste, die von Paul immer weiter geschlossen wurde. Sie sprach eher leise und zu sich selbst. »Du könntest aber schon einen etwas strengeren Handschuh tragen.«

Maria hatte die Worte trotzdem gehört, und voller Stolz berichtete sie, dass sie im Sommer von ihrer Mutter eine neue strengere Trainingsausrüstung bekommen würde. »Und ein engerer Handschuh ist sicher dabei.«

Mrs. Potter war von dem Schauspiel sehr angetan. Sie überwand sogar ihren Stolz, dass Pauls Oma sich mit dem Handschuh besser auskannte. Sie legte einige Schlösser auf den Tisch und trug etwas in ein kleines Notizbuch ein, nachdem sie auf die Uhr gesehen hatte.

Selma blickte ungläubig auf die Schlösser auf dem Tisch. Doch sie sagte nichts.

Paul wusste, was er zu tun hatte. Er nahm eines nach dem anderen in die Hand und brachte es an den Schnallen des Handschuhs an. Es war Selma anzusehen, dass sie davon erstaunt war, doch sie sagte nichts. Mrs. Potter hatte den fragenden Blick gesehen, doch auch sie sagte nichts.

Selma war von Maria und der Weise, wie sie den Handschuh trug, sehr angetan. »Du machst das toll, mein Kind.«
Maria freute sich sichtlich über das Lob.

* * *

Oma Selma hatte angeregt, ins Wohnzimmer zu gehen. Sie schritt mit prüfendem Blick voran, dabei schien sie etwas zu suchen. Sie bat Maria zu ihr zu kommen.
Maria ging mit sehr langsamen Schritten auf Pauls Oma zu. Es brauchte keiner Worte, denn Maria wusste, das sie jetzt besonders vorsichtig gehen musste. Sie trug die Ballett-Stiefel, und ihre Arme, mit denen sie sonst die Balance halten konnte, steckten hinten in ihrem Monohandschuh. Zudem wollte sie nicht über eventuelle Falten im Teppich stolpern.

Pauls Oma spürte Marias Unsicherheit und überlegte, ob sie ihr nicht helfen sollte. Aber dann würde sich Maria vermutlich in ihrem Stolz verletzt fühlen, und das wollte Selma nicht. Also wartete sie geduldig, bis Maria neben ihr stand.

Sie bat Maria, sich auf das Sofa zu setzen. Maria kam der Bitte nach. Oma Selma war bemüht, es Maria bequem zu machen, und deshalb schichtete sie links und rechts von ihrem Handschuh einige Kissen auf, sodaß Maria sich trotz ihrer Armhaltung bequem zurücklehnen konnte.

Paul stellte in der Zwischenzeit einige Gläser und Getränke auf den Tisch vor dem Sofa. Er blickte auf Maria und wusste nicht so recht, was er machen sollte.
Maria flüsterte ihm ein »Strohhalm« zu.

Paul grinste, dann ging er noch einmal in die Küche und kam mit einem langen Strohhalm zurück und steckte ihn in Marias Glas.
Maria bedankte sich schüchtern.

Die anderen nahmen auch Platz rund um den Couchtisch. Paul sollte sich neben Maria setzen und ein wenig auf die Kissen achten, damit Maria bequem sitzen könne. Er bekam einen liebevollen Blick von ihr.

* * *

Selma war sehr angetan von Maria und der Art, wie sie den Handschuh trug. »Es ist einfach schön, wieder jemanden zu sehen, der den Handschuh mit so viel Grazie und Würde tragen kann wie Du. Heutzutage sieht man das ja praktisch überhaupt nicht mehr.« Sie seufzte. »Ich glaube, die einzige Gelegenheit in diesen modernen Zeiten ist das Katerinenfest, das ja auch dieses Jahr wieder stattfindet.«

Die fragenden Blicke aus der Runde ließen Pauls Oma erklären. »Die Darstellerinnen der Katerina müssen ja auch so einen Handschuh tragen. Inden vergangenen Jahren gaben sie sich zwar redliche Mühe, aber sie machten aber einen eher jämmerlichen und unbeholfenen Eindruck, weil sie das vorher nie genug geübt hatten.«
Oma Selma blickte auf Maria.

»Du würdest eine schöne Katerina geben.« Oma Selmas Stimme klang ehrlich begeistert. »Du müßtest das Handschuh-Tragen nicht einmal trainieren.«
Die anderen in der Runde blickten etwas ungläubig.

»Ich meine die Darstellerin der Katerina auf dem gleichnamigen Fest.« Sie erklärte, dass bisher jede Darstellerin das Tragen des Handschuhs erst üben musste.

Bei Mrs. Potter kam wieder die Empörung vom Kirchenkaffee hoch. »Und die Sophie will das besser können? Die will sogar das Original tragen?« Ihre Stimme klang sehr erregt.

Oma Selma wurde hellhörig. »Wer? Doch nicht etwa die - Baroness?« Die Pause, die sie vor dem Wort Baroness gemacht hatte, sprach Bände.

Mrs. Potter versuchte es zu erklären. »Doch, genau die.« Sie holte noch einmal tief Luft. »Ihr Vater war vorhin bei uns, weil er für die Rolle eine Vertretung benennen muss, und dafür hat er Maria gefragt.«

Oma Selma nickte zustimmend, so wurde das bisher jedes Mal gemacht.

»Aber er meint«, so fuhr sie fort, »Maria bräuchte sich dabei um nichts zu sorgen, denn Sophie würde das ganz sicher schaffen.«

Ein Stirnrunzeln von Selma war die Antwort. Es war gut zu sehen, was Pauls Oma von der Baroness hielt.

Paul erinnerte sich an die Worte des Barons. »Er sagte, Sophie würde dieses Jahr sogar die Originalhaltung tragen.«
Mrs. Potter bestätigte dies und erzählte, wie der Baron beim Kirchenkaffee vorbei gekommen war.

Ein Lachen von Pauls Oma war die Antwort. »Na, da hat er euch aber einen schönen Bären aufgebunden.«
Die anderen blickten erstaunt zu Selma.

Sie blickte in die verwunderten Gesichter. »Ihr wißt nicht, was die Originalhaltung ist?«
Das Schweigen war Antwort genug.

»Die Haltung ist ziemlich in Vergessenheit geraten und läßt sich nur sehr schwer erreichen. Sie wurde früher mal ´das Gebet auf dem Rücken´ genannt.« Sie macht eine Pause und schien zu überlegen. »Ich müßte eigentlich noch eine Zeichnung davon haben. Es ist nicht leicht zu beschreiben.«

Sie stand auf und ging zum Wohnzimmerschrank. Sie kam mit dem Album zurück, aus dem sie Paul schon das Bild der Grafentöchter gezeigt hatte. Sie legte das Buch vorsichtig auf den Tisch und schlug es auf. Sie blätterte langsam von hinten nach vorn.
»Ah, hier ist es.« Sie nahm eine sehr alt aussehende Papiermappe heraus. »Bitte seid sehr vorsichtig, es hat schon sehr gelitten.«

Sie machte die Mappe auf und blätterte sehr vorsichtig darin herum. Es waren hauptsächlich Modeskizzen aus längst vergangenen Zeiten. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie legte die Zeichnung vorsichtig auf den Wohnzimmertisch, nachdem sie kurz Platz gemacht hatte.

Alle in der Runde blickten atemlos auf die Zeichnung, die eine junge Frau von vorn und von hinten sowie auch von der Seite zeigte. Sie trug so etwas wie ein eng anliegendes Sporttrikot. Doch das eigentlich erstaunliche war ihre Armhaltung.

Ihre Oberarme lagen hinter dem Rücken und folgten dabei der Kontur ihres Brustkorbes so, dass sie von vorne von den Schultern abwärts nicht sichtbar waren. Ihre Unterarme lagen aneinander und zeigten zwischen ihren Schulterblättern nach oben, so dass ihre Hände nahe ihrem Hals auf dem Rücken lagen. Das enge Trikot verbarg die Arme fast vollständig.

Ähnlich wie beim Tragen eines Monohandschuhes wurde die Trägerin zu einer sehr stolzen und aufrechten Haltung gezwungen, die auch ihre Brust in einem tiefen Ausschnitt sehr schön zur Geltung kommen ließ. Anders als bei einem Monohandschuh war jedoch ihre sehr schlanke Taille völlig unverdeckt von allen Seiten sichtbar und schien sich wie ein wohlgeformter Blütenkelch zu ihren Brüsten und Schultern hin zu entfalten.

Die Frau auf der Zeichnung strahlte von allem etwas aus - Ästhetik, Stolz, aber auch eine gewisse unschuldige Erotik, viel mehr, als dies mit einem klassischen Monohandschuh möglich gewesen wäre.

Mrs. Potter war die erste, die wieder Worte fand. »Das ist die Originalhaltung?« Sie blickte noch einmal ungläubig auf die Zeichnung. »Das wird dieses Luder doch nie schaffen.« Sie sprach aus, was alle dachten.

Oma Selma blickte Maria forschend an. »Du würdest das vielleicht hinbekommen, Maria.«

Maria blickte Pauls Oma überrascht an.
38. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 08.01.14 07:14

ich mag die Geschichte von Mal zu Mal mehr =)
Ich habe schließlich fünf Jahre kein einziges Kommentar geschrieben, aber hier muss ich dich einfach nach jeder Fortsetzung loben! Einfach spitze.
Ich bin sehr gespannt!
Der zweite, neue Handlungsstrang um die Grafentochter wird bestimmt auch sehr interessant. Aber lass die Geschichte zwischen Paul und Maria bitte nicht darunter leiden =)


Alles Liebe
39. RE: Maria

geschrieben von Joern am 08.01.14 09:44

Danke für die neue Fortsetzung.

Und wieder werfen neue Ereignisse ihre Schatten voraus. Auf Sophie kommen anscheinend sehr schwere Zeiten zu und wenn ich raten müßte, sehe ich sie demnächst in Gips und/oder Schienen. Da ich selbst ein Faible für orthopädische Korsetts und Apparate habe könnte ich mir da schon Einiges vorstellen, was die nötige Ruhe und Regelmäßigkeit in das offensichtlich unstete Leben der Baroness bringen würde. Naja, das Stichwort "Katzenbuckel" am Telefon läßt ja auch einiges erahnen und es ist ja wohl auch eine Versorgung des losen Mundwerks von Sophie geplant. Jeder kriegt eben was er verdient und Maria hat mit dem Training der "Originalhaltung" auch gleich eine neue Herausforderung gefunden. Bestimmt wird das anstrengend und schmerzhaft für sie, aber mit Pauls Unterstützung könnte es klappen...

LG Joern
40. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 08.01.14 12:17

Da ist die Gute Mrs Potter aber dem Baron gehörig auf den Leim gegangen. Er hat das ja ganz Geschickt Angefangen und nur Paul hat das Bemerkt.
Ich glaube nicht das Sophie in der Geschichte Auftaucht höchstens als Randnotiz das die Baroness doch soo schwer Verletzt ist das sie Unmöglich am Fest Teilnehmen kann. Marias Training wird sich wohl Verschärfen aber mit Pauls Unterstützung schafft sie das Bestimmt. Diese Orginal Haltung ist bestimmt Unheimlich schwer selbst für Geübte Trägerinnen eines Monohandschuhs. Das muß doch Unheimlich wehtun.
41. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 08.01.14 13:03

`` Diese Orginal Haltung ´´wird in Bondagegeschichten meist ``Back prayer ´´ genannt .
Im Original sieht man dies nur sehr selten bei guten Shibarimodeln . Auf die schnelle fand
ich nur ein Bild mit Google
http://kirinawa.com/kinbaku/images/kinbaku%20%2857%29.jpg


Ansonsten wieder eine tolle Fortsetzung und der Gedanke , dass es Sophie wie Sabrina im
Minutenbuch ergehen könnte macht doch einiges gut . Nur das alles die Kasse tragen soll
stinkt mir ! Kannst du den Baron nicht auch in ein Gipsbett packen ?
42. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 06:38

Zitat
`` Diese Orginal Haltung ´´wird in Bondagegeschichten meist ``Back prayer ´´ genannt .


Ich dachte dabei eher an so etwas:
http://25.media.tumblr.com/tumblr_m4mzgf...wj7y6o1_500.jpg
oder so etwas http://25.media.tumblr.com/tumblr_ljhn2m...f68eno1_500.jpg
43. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 06:40

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

»Magst Du mir deinen Handschuh mal genauer zeigen?«

Maria wollte es immer noch nicht so recht glauben. Doch weil sie wollte Pauls Oma nicht enttäuschten wollte, kam sie der Bitte nach. Sie stand auf und ging zu ihr hinüber, dann drehte sie sich mit dem Rücken zu ihr hin.

Selma war bemüht, ihrer Stimme einen möglichst liebevollen Klang zu geben. »Darf ich Dich anfassen, mein Kind?«
Maria brachte es in diesem Moment nur zustande zu nicken.

Oma Selma versuchte Maria nur sehr zärtlich anzufassen. Sie prüfte den Sitz des Monohandschuhs und versuchte, Marias Ellenbogen noch weiter aneinander zu drücken. Dann faßte sie Maria an die Schultern und zog diese noch etwas weiter zurück.
»Du bist wirklich sehr gelenkig, mein Schatz.«

Es war Maria anzusehen, dass sie sich über das Urteil von Pauls Oma freute. Sie flüsterte ein leises »Danke«.
»Du solltest wirklich bald einen strengeren Handschuh tragen.« Sie faßte Maria noch einmal an die Schultern. »Auch die Schulterriemen könnten noch weiter angezogen werden.«

Maria versuchte ein Keuchen zu unterdrücken, als Selma ihre Taille untersuchte. »Du könntest auch ein strengeres Korsett tragen.«
Wieder war Marias Stimme leise, aber sehr stolz. »Im Sommer...« Weiter sprach sie nicht, denn sie war verwundert über die nächste Untersuchung.

Selma hatte ihre Brüste untersucht, und obwohl sie auf kurz aber fest drückte, gab Marias Bluse nicht nach. Auch wenn Pauls Oma nichts sagte, war doch zu sehen, dass sie schwer beeindruckt war.

Sie schien fertig zu sein. »Danke für Deine Geduld, mein Kind. Du kannst Dich wieder setzen.«
Vorsichtig ging Maria wieder zu ihrem Platz.

»Du könntest das »Gebet auf dem Rücken« bestimmt tragen.« In Selmas Stimme schwang einige Begeisterung mit. »Einige Wochen Training und Du wärst dann soweit.«
Maria blickte noch mal auf faszinierende Zeichnung. Ein freudiges Strahlen ging über ihr Gesicht.
»Wenn Deine Mutter es erlauben würde, dann könnte ich Dir dabei sogar helfen.«

Marias Augen leuchteten seltsam, und sie schien sich von der Zeichnung überhaupt nicht lösen zu können. Sie schien ihre Arme im Handschuh bewegen zu wollen, doch dieser hielt sie unerbittlich in der Haltung fest.

Paul wollte es auch nicht so recht glauben. »Und das hat die echte Katerina getragen?«
Pauls Oma freute sich über das Interesse ihres Enkels. Sie blickte kurz auf die Gesichter ihrer Gäste, und als sie sah, dass diese auch recht interessiert schauten, begann sie zu erzählen.

»Irgendwann im vierzehnten Jahrhundert führte der hiesige Herzog einen Krieg gegen den benachbarten Grafen. Es ist heute nicht mehr so ganz nachzuvollziehen, warum es überhaupt dazu gekommen ist. Eine Erklärung besagt, es sei wegen der Verschiebung einer Grenze gewesen, die der Graf versucht habe. Andere sagen, das der Graf öfters einmal einen Handelszug für den Herzog abgefangen habe.

Auf jeden Fall hat der Herzog den Grafen in einer Schlacht besiegt, und um den Grafen auch weiterhin unter Kontrolle zu halten, nahm er die Grafentochter, die Comtess Katerina, als Geisel und führte sie in einem Triumphzug in die Stadt.«
Sie machte eine Pause.

»Wie es in der damaligen Zeit üblich war, wurde auch die adeligen Gefangenen in Ketten gelegt. Es war wohl weniger wegen der Fesseln, als mehr wegen der Demütigung. Doch weder Katerina noch ihre Dienerinnen, die auch Ketten trugen, ließen sich davon beeindrucken. Die Tochter machte einen stolzen und selbstbewußten Eindruck, so erzählte man.«
Sie nahm einen Schluck Wasser.

»Es war dem Herzog bewußt, dass er die Grafentochter gut behandeln musste, wenn sie ihren Wert als Geisel nicht verlieren sollte. Da er sich selbst aber bei den Friedensverhandlungen befand, beauftragte er seinen Sohn Anselm damit, sich um die Comtess zu kümmern.«

Sie blickte in die Runde und grinste. »Ihr ahnt es sicher schon, der Herzogssohn hat sich bald darauf in die Grafentochter verliebt. Ob es Berechnung war oder Naivität, wurde nie bekannt. Offiziell war der Herzog gegen eine Verbindung mit der Familie des Grafen.«
Sie schien einen Moment nachzudenken.

»Es war eine Art Programm für die Grafentochter vorgesehen. Sie sollte bei jedem in der Stadt als Geisel bekannt gemacht werden. Deswegen wurde sie zunächst bei den Zünften vorgestellt und sollte dort jeweils ein paar Stunden mitarbeiten. Der Sohn des Herzogs musste sie dabei beaufsichtigen. Oft half er ihr aber auch bei den Arbeiten.

Nach den Zünften wurde Katerina bei den Honoratioren der Stadt vorgestellt. Auch dabei war sie immer in Begleitung. Irgendwann gab es den ersten zärtlichen Kuß, und die beiden waren sich bald einig.«

Maria hatte die Augen geschlossen und lehnte sich leicht gegen Pauls Schulter. Paul legte fast unbewußt seinen Arm um Marias Schulter und genoß ihre Nähe. Doch dann wurde er sich bewußt, was er da gerade getan hatte, und blickte erschrocken zu seiner Oma und kurz zu Marias Erzieherin. Doch beide nahmen seine Aktion entweder nicht wahr oder billigten sie. Er entspannte sich und lauschte weiter den Worten seiner Oma.

»Sie versuchten es zunächst geheim zu halten, doch bald machte das Gerücht in der Dienerschaft die Runde und erreichte schließlich auch die Ohren des Herzogs. Dieser rief seinen Sohn zu sich und machte ihn noch einmal auf seine Aufgabe sowie auf den Status von Katerina als Geisel aufmerksam. Besonders wies er darauf hin, dass er keine familiäre Bindung zur Familie des Grafen wünschte.

Doch der Sohn zeigte sich bockig. Er stand zu seinen Gefühlen und ignorierte sämtliche Anordnungen und Befehle seines Vaters.
Es vergingen einige Wochen, dann ließ der Vater bekannt geben, dass er einen Ball veranstalten würde, und auf diesen Ball würde sein Sohn sich verloben. Anselm befand sich in einer Zwickmühle. Gemäß dem damaligen Protokoll war so ein angekündigter Verlobungsball verbindlich. Und gleichzeitig wusste er, dass sein Vater alles unternehmen würde, um die Verbindung zur Comtess verhindern zu können.«

Diesmal war es Maria, die Pauls Oma unterbrach. Eigentlich paßte es nicht zu ihr, doch sie schien sehr mit dem Glück des Paares mitzufiebern. »Aber sie haben sich doch bekommen, oder?«

Selma war trotz allen auch dankbar für die Unterbrechung, denn sie griff erst mal zu ihrem Glas. Nach einem guten Schluck sprach sie dann weiter.
»Der Vater ergriff damals die Initiative. Er ließ verlauten, Katerina sei nach wie vor eine Geisel, und sie habe deswegen die ganze Zeit auch gefesselt zu sein. Es war wohl so, dass dies in der letzten Zeit ziemlich lasch gehandhabt wurde. Das Paar war über diese Entscheidung nicht besonders glücklich, doch sie mußten sich fügen.

Der Herzog hatte sich mit seinen Beratern besprochen, und diese hatten ihm geraten, dafür Sorge zu tragen, das Katerina bei dem Fest nicht mit dem Prinzen tanzen konnte. Doch gemäß ihres Ranges konnte er sie auch nicht von dem Fest ausschließen, zumal auch ihr Vater, der Graf, eingeladen war.«

Selma schien einen Moment nachzudenken.
»Es ist nicht mehr klar, wer letztendlich die Idee mit der besonderen Armhaltung hatte, doch dies hatte dem Herzog sofort gefallen. Denn auf der einen Seite ermöglichte es für den Herzog die Einhaltung des Protokolls, und auf der anderen Seite konnte die Comtess den Verlobungstanz ohne Arme nicht tanzen, und sie wurde damit »unmöglich« gemacht.

Die Schneiderin war es schließlich, die indirekt dafür sorgte, dass Grafentochter und Herzogssohn von den Plänen erfuhren, denn sie musste ja für das besondere Kleid extra noch einmal Maß nehmen, und insbesondere die besondere Armhaltung war etwas neues, deswegen wußten die beiden, was auf sie zukommen würde.«
Alle im Wohnzimmer hielten an dieser Stelle fast den Atem an. Es war wie in einem Märchen, und alle fragten sich, wie es weiter gehen würde.

»Die beiden Liebenden haben also durch die Schneiderin und eine mitleidige Dienerin des Herzogs von den Plänen erfahren, und letztendlich war es Katerina, die darauf gedrängt hat, den Verlobungstanz ohne Arme zu üben.«

Paul unterbrach seine Oma. »Sie waren sicher sehr verliebt?« Dabei blickte er erst seine Oma an und dann Maria. Er spürte, wie sie sich zärtlich an ihn schmiegte.

Die Oma fuhr fort: »Kurz vor Beginn des Balles wurde der Herzogssohn unter einem Vorwand weggelockt. Zwei dem Herzog ergebene Dienerinnen nahmen Katerina und zwangen sie in das grausame Kleid, welches ihre Arme komplett versteckte. Dazu mußten sie ihre Arme in der Haltung«, sie zeigte auf die Zeichnung, »gefesselt werden. Eine Vorbereitung hat sie damals nicht bekommen.«

Alle in der Runde hatte in diesem Moment Mitleid mit Katerina.
»Sie wurde angewiesen, den Mund zu öffnen, und gleich darauf wurde ihr ein Stoffbündel in den Mund geschoben und mit einem Tuch über den Lippen fixiert. Darüber wurde ein kunstvoller Schleier gebreitet.

Die Schneiderin hatte perfekte Arbeit geleistet. dass ihre Arme an dem Kleid fehlten, fiel überhaupt nicht auf, und auch der Schleier paßte perfekt zu der restlichen Erscheinung. Es gab keinen Grund, etwas an der Erscheinung der Grafentochter in Frage zu stellen. Und doch war sie grausam gefesselt und zum Schweigen gezwungen.«
Selma macht eine bedeutsame Pause.

»Doch die Liebe zwischen Anselm und Katerina war stärker.«

Das Telefon klingelte, und Oma Selma stand auf und verließ das Zimmer. Man hörte, wie sie am Telefon sprach. Es war aber nicht zu verstehen, worum es ging.
Auch Mrs. Potter stand auf und schien sich heimlich etwas zu recken. Dann ging sie zum Fenster, um in den Garten zu blicken.

Maria schmiegte sich noch einmal an Paul an. Sie drehte ihren Kopf zu ihm, blickte ihn sehr verliebt an und flüsterte: »Bitte küß mich.«
Von sich aus hätte Paul die Hilflosigkeit von Maria nicht ausnutzen wollen, aber dieser liebevollen Bitte kam er gern nach. Ihre Lippen trafen sich.

* * *

Anselm wurde immer nervöser. Gleich würde der Verlobungstanz beginnen. Er hatte dieses Ritual schon oft erlebt, wenn er und seine Familie bei anderen Festen eingeladen war. Oft genug war das Aussuchen der Braut nur noch eine formale Angelegenheit, denn längst war alles verabredet, und eine wirkliche Wahl gab es nicht.
Doch heute betraf es ihn selbst, und er sollte sich heute seine Braut aussuchen. Und er wusste, dass der Verlobungstanz verbindlich war. Es war fast wie ein Vertragsabschluß.

Anselm wusste, dass er auf jeden Fall seine Katerina heiraten wollte. Genauso war ihm aber klar, dass sein Vater alles versuchen würde, um genau dies zu verhindern.
Anselm hatte schon mit einigen der anwesenden Damen getanzt, doch bisher hatte er seine Braut nirgens entdeckt. Er wusste, dass sie anwesend war, denn auch ihr Vater war eingeladen. Aber wo war Katerina?

Schließlich entdeckte er auf der gegenüberliegenden Seite eine kleine Gruppe von Frauen, die alle einen Schleier trugen. Jede dieser Damen trug ein Tuch über den Schultern, so dass ihre Arme nicht zu sehen waren. Anselm war klar, dass seine Katerina eine von ihnen sein würde.

In den letzten Tagen, die er noch mit Katerina verbringen konnte, hatten sie ein paar Zeichen verabredet, weil sie wußten, dass der Herzog bestimmt Mittel ergreifen würde, um ihre Verlobung zu verhindern.

Der Prinz tanzte in die Nähe der verschleierten Frauen, und jedes Mal, wenn er sie anblickte, sah er, dass eine der Frauen mit dem Kopf ein Dreieck andeutete.
Er war erleichtert, er hatte seine Katerina erkannt und sie hatte ihm signalisiert: »Er war grausam, aber mir geht es gut.«

Schließlich kam der Verlobungstanz, und alle im Saal waren sehr gespannt, wen der Prinz auswählen würde. Dieser ging zielstrebig auf die verhüllten Gestalten in der Ecke zu. Und jetzt zeigte sich ein Fehler in den Plänen des Herzogs. Durch den Schleier konnte niemand sehen, wen der Prinz da wirklich ausgewählt hatte. Der Herzog und seine Umgebung wußten es zwar, aber er konnte nicht einschreiten, ohne das Gesicht zu verlieren. So musste er dem Treiben zusehen ohne dass er eingreifen konnte.

Sie tanzten wunderbar miteinander, und dass Katerina ihre Arme nicht benutzen konnte, fiel keinem auf, der es nicht wusste. Alle Figuren waren korrekt, und selbst die Figuren, die die Dame alleine tanzen musste, stimmten.

Katerina wusste sich sogar mit dem Prinzen zu verständigen. Die Zeichen, die sie zuvor für alle Fälle vereinbart hatten, kamen ihnen jetzt zugute. Zudem hatte Anselm ohnehin eine Bosheit seines Vaters erwartet.

Alle waren von der Wahl des Prinzen sehr angetan.

Er wollte Katerina die Demütigung ersparen, den Knebel zeigen zu müssen. Obwohl es nicht geplant war, tanzten sie beide durch die offene Tür hinaus in das Nebenzimmer, wo nur wenige sie sehen konnten. Sie blieben nur einen winzigen Moment draußen, und als sie wieder in den Saal kamen, trug Katerina ihren Schleier noch. Doch es schien, dass sie jetzt etwas erleichtert war. Wer ganz genau hingesehen hatte, konnte sehen, dass Anselm beim Hereinkommen kurz etwas weggeworfen hatte.

Gegen Ende des Tanzes traten sie vor den Thron, wie es das Protokoll vorsah...

* * *

»Und dann haben sie geheiratet?« Mrs. Potter stellte als erste die Frage, die allen im Kopf herumschwirrte.

Oma Selma lächelte. »Ja, dann haben sie sich bekommen. Der Herzog hatte sozusagen verloren gegen die Liebe.«

»Und wie lange musste sie ihre Arme so grausam tragen?« Marias Stimme war noch ziemlich leise.

Selma lächelte wieder. »Das ist nicht so genau überliefert. Einige Quellen deuten daraufhin, dass sie gleich nach der Verlobung wieder »frei« war, in anderen ist die Rede davon, dass sie erst in der Kirche nach dem Ja-Wort Gnade bekommen hat.«

Sie ließ den anderen Zeit, etwas darüber nachzudenken. »Heute wird es so gespielt, dass sie in der Kirche noch die Arme auf dem Rücken trägt.«
Paul traute sich zu fragen: »Und wie läuft das Fest so ab?«

Statt einer Antwort stand Pauls Oma auf und ging zur Terrassentür. »Die Sonne scheint nicht mehr so stark. Wollen wir uns nicht nach draußen setzen? Und dort erzähle ich Euch von den heutigen Festen.«

Paul spürte sofort, dass Maria mit dem Vorschlag nicht einverstanden war, denn er spürte, wie sie sich aufrichtete und versteifte. Sie suchte den Blick ihrer Erzieherin, und diese schien auch sofort zu wissen, was Maria beschäftigte. Allerdings blickte sie ihren Schützling ermutigend und auffordernd an.

»Ich darf mit dem Handschuh nicht nach draußen.« Marias Stimme zitterte etwas. Doch als sie sah, dass Oma Selma sichtlich enttäuscht war, überlegte sie selber, warum das so war. Sie wollte Pauls Oma eigentlich nicht enttäuschen. »Ich war mit dem Handschuh noch nie so draußen.«

Oma Selma war in diesem Moment sehr verständnisvoll. »Das verstehe ich gut. Aber ich kann Dich beruhigen, die Terrasse kann man von außen nicht einsehen.«

Maria zögerte noch. Selma ging zu einer Schublade und nahm ein großes Seidentuch heraus. Dies hängte sie Maria so um die Schultern, dass von ihrem Handschuh nichts mehr zu sehen war. »Paul, magst Du Maria hinaus führen?«

Paul kam der Bitte gern nach und half Maria beim Aufstehen. Dann legte er einen Arm um ihre Schultern, und langsam gingen sie zur Terrassentür. Sehr vorsichtig setzte Maria ihre Stiefel nach draußen und blickte sich sofort scheu um.

Zu ihrer Erleichterung war es wirklich so, wie Selma gesagt hatte. Die Terrasse war von keiner Seite einzusehen. Paul spürte, wie Maria sich zunehmend entspannte.
Er führte Maria zu der kleinen Bank und half ihr, sich dort hinzusetzen. Dann half er seiner Oma, den Tisch und die anderen Stühle dazu zu stellen. Als letztes ließ er noch die Markise herab.

Es stand ein Tablett mit Gläsern bereit, und Paul fragte nach den Getränkewünschen. Er ging noch einmal hinein und kam mit einem Korb mit Flaschen und ein paar Kissen zurück. Er stellte die Flaschen auf den Tisch, dann nahm er die Kissen und versuchte, Maria ein möglichst bequemes Sitzen zu ermöglichen.
Maria spürte, dass Oma Selma gern noch mehr von ihrem Handschuh gesehen hätte. Sie nahm sich all ihren Mut zusammen und bat Paul, das Tuch wieder hineinzubringen. »Ich denke, das brauche ich doch nicht.«

Oma Selma freute sich über Marias Geste. »Das ist schön von Dir, ich danke Dir.« Sie schaute noch einmal fasziniert auf Marias so streng verpackte Arme. »Es gibt heute nicht mehr viele Mädchen, die so einen Handschuh tragen. Du machst das wirklich toll.«

Maria fühlte sich sehr geschmeichelt. Doch etwas bewegte sie. »Was müßte ich denn als Katerina so machen?«

Mrs. Potter musste zugeben, das auch sie sich mit dieser Frage beschäftigte. Sie wollte ebenso erfahren, was sie dem Baron zugesagt hatten.
Oma Selma blickte Maria prüfend an. »Losgehen wird es am Freitag auf dem großen Sportplatz. Du wirst schon mit dem Kostüm dorthin gehen oder mit dem Auto gebracht werden. Dort werden Dir die Ketten angelegt.«

Marias erschrak. »Ketten?« Doch dann schien sie etwas nachzudenken. »Ja richtig, Katerina war ja eine Geisel.«

Selma blickte verständnisvoll. Maria wäre bei weitem nicht die erste Darstellerin, die sich vor den Ketten fürchten würde. »Die Hand- und Fußmanschetten werden extra für Dich neu geschmiedet, damit sie gut sitzen und Du sie gut tragen kannst.«

Maria keuchte.

»Und diese Manschetten werden dann mit Ketten verbunden.« Sie schaute noch einmal prüfend auf Maria. »Ich glaube, Du könntest sogar die schweren Ketten tragen.«
Einerseits fühlte Maria sich geschmeichelt, andererseits wollte sie doch auch wissen, was denn die andere Möglichkeit wäre.

»Es gibt auch noch Ketten aus Aluminium. Die sind schön leicht, aber dafür haben sie keinen so schönen Klang.«

Maria schien nachzudenken.

Oma Selma beantwortet die Frage, die Maria noch gar nicht gestellt hatte. »Fast jede Darstellerin hat die schweren Ketten getragen.«

Mrs. Potter war auch an Marias möglichen Aufgaben interessiert. »Wie lange müßte sie das denn machen?«
Oma Selma musste nicht lange überlegen. »Der Festzug dauert üblicherweise ungefähr eine Stunde. Es dauert einige Zeit, bis es losgeht, und zusammen mit der Arbeit auf dem Marktplatz -« Sie rechnete zusammen. »Ungefähr drei Stunden. «

Maria schaute fast etwas geringschätzig. »Naja, das würde ich schon hinkriegen.«
Paul mischte sich jetzt auch ein. »Arbeit auf dem Marktplatz?«

»An dem Festwochenende ist auf dem Platz vor dem Rathaus ein historischer Markt aufgebaut mit altem Handwerk und Gewerbe.« Oma Selma freute sich über das Interesse ihres Enkels. »Und die Katerina muss an jedem dieser Stände etwas tun.«

Maria schaute recht ungläubig. »Mit den Ketten?«

»Ja, das soll darstellen, dass Katerina damals bei den Zünften arbeiten musste, um überall als Geisel bekannt zu sein.«
Maria schien sich das vorzustellen. »Wie lange dauert das, und was muss ich da so tun?«

»Das dauert ungefähr eine Stunde. An jedem der Stände ungefähr fünf bis zehn Minuten. Es sind eher symbolische Handlungen.« Pauls Oma dachte einen Moment nach. »Du musst ein Brot aus dem Ofen holen, zwei bis drei mal mit dem Hammer in der Schmiede auf den Amboß schlagen, und ähnliches.«

Maria war noch am Zweifeln.

»Bisher hat das noch jede Katerina-Darstellerin hinbekommen.« Selma versuchte Zuversicht auszustrahlen.

Mrs. Potter hatte allerdings Zweifel, ob die Baroness es schaffen würde. Und zwar weniger aufgrund ihrer Kraft sondern eher, weil sie vermutlich nicht wusste, an welchem Ende ein Hammer anzufassen wäre.

»Außerdem kannst Du Dich danach gleich ausruhen.« Selmas Stimme hatte jetzt etwas beruhigendes. »Denn jetzt kommt der erste Auftritt des Herzogssohns.«

Marias Blick bekam etwas verträumtes. Sie blickte zu Paul.

Oma Selma sah diesen Blick und musste Maria enttäuschen. »Die Rolle des Prinzen ist schon vergeben. Ich glaube, dieses Jahr soll er von einem Neffen des Barons dargestellt werden.«

Ein verschämtes Lächeln ging über Marias Gesicht, sie fühlte sich ertappt. Aber es stimmte, sie fände es toll, wenn Paul der Prinz sein könnte.

»Was passiert denn beim Auftritt des Prinzen?« Jetzt war auch Mrs. Potter neugierig geworden.

»Es rollt eine Kutsche auf den Marktplatz, auf der ein Thron aufgebaut ist. Katerina wird darauf Platz nehmen, und dann kommt der Prinz und wird sie mit symbolischen Fesseln an diesen Thron binden.«

Oma Selma nahm wieder einen Schluck Wasser und blickte kurz in die fragenden Gesichter.

»Naja, es sind schon echte Fesseln, ich glaube Eisenschellen. Aber es ist eben nur ein Spiel. Wenn sich die Katerina-Darstellerin heftig bewegen und sich wehren würde, dann würden die Fesseln sicher sofort aufgehen.«

Innerlich war Maria in diesem Moment etwas enttäuscht, ohne dass sie wirklich wusste warum.

»Der Prinz stellt sich dann neben die Prinzessin und die Kutsche fährt los.«

»Wo geht es jetzt noch hin?« wollte Maria wissen.

»Die Kutsche dreht nur noch eine Runde auf dem Marktplatz, und dann fährt sie durch das große Tor ins Rathaus hinein. Das Tor schließt sich, und damit ist das Spiel vorbei.«

Es war Marias Blick anzusehen, dass sie über das Spiel nachdachte.

»Fast immer gibt es dann vom Publikum einen solch großen Applaus, dass die Prinzessin und der Prinz sich noch einmal zeigen müssen. Aber dann ist es für den Freitag geschafft.«

Maria sah bis jetzt noch ganz zuversichtlich aus. Sie lehnte sich etwas vor und versuchte ihre Arme im Handschuh etwas zu strecken.
Paul blickte sie fragend an.

Maria lächelte, »Ich mag mich nur mal ein wenig strecken.« Sie wollte nicht, dass Paul sich wegen des Handschuhs und ihres Wohlbefindens Sorgen machen sollte.
»Am Samstag wird den ganzen Tag das Friedensfest gefeiert. Überall auf dem Marktplatz wird ein historisches Fest dargestellt. Es gibt viel Musik und Tanz.« Selma schien sich zu erinnern. »Das war früher für die Kinder immer das schönste. Denn wegen des Festes gab es schulfrei.«

»Was muss die Katerina denn am Samstag machen?« wollte Maria wissen, die sich mit dem Handschuh wieder in ihre Kissen gekuschelt hatte.

Oma Selma musste erst nachdenken. »Seltsam, das fällt mir erst jetzt richtig auf. Der nächste Auftritt der Comtess ist erst am Abend beim Verlobungsball.«
Doch dann musste sie sich korrigieren. »Nein, sie hat vorher doch was zu tun. Sie wird den Tag über die verschiedenen Sponsoren besuchen. Das hat nur noch indirekten Bezug zum Original. Früher wurde sie bei den Honoratioren des Ortes vorgestellt.«

Es war Selma anzusehen, dass sie diese Entwicklung bedauerte. »Die Sponsoren dürfen mit der Katerina werben.«

»Trägt sie dabei auch die Ketten?« wollte Mrs. Potter wissen.

»Entweder die Ketten oder etwas ähnliches. Das liegt an der Darstellerin und ihren Kräften.« Selma blickte verträumt auf Maria. »Aber spätestens gegen 15 Uhr ist Schluß, damit sich die Katerina auf den Ball vorbereiten kann.«

Marias Augen begannen zu leuchten. Sie versuchte ihre Arme ein wenig zu bewegen.

»Das Ballkleid der Katerina ist jedesmal eine Überraschung. Es wird für jede Darstellerin neu geschneidert, denn jede geht mit dem Handschuh anders um.«
Eine gewisse Spannung lag in der Luft. »Fast alle Mädchen haben so einen Handschuh wie Du getragen. Und der wurde dann unter dem Kleid versteckt.« Oma Selma hatte kurz die Augen geschlossen und schien sich die Bilder ins Gedächtnis zu rufen. »Es gab nur ein Mädchen, welches den Handschuh nicht geschafft hat. Die trug dann so eine Art Tasche um die Arme.«

Marias Blick sprach Bände.

»Aber bei jeder Darstellerin waren die Arme gut verpackt, und sie musste ohne sie tanzen.«

Mrs. Potter schien nicht so tief zu träumen. »Aber das ist doch gefährlich für die Darstellerin, oder? So ganz wehrlos?«

Selma gab ihr recht. »Ja, das ist jedes Mal ein wichtiges Thema. Und deswegen wird die Darstellerin auch ständig von Dienerinnen und Dienern begleitet, die keine anderen Aufgabe haben als sie zu beschützen.« Sie blickte Maria prüfend an, während sie weiter sprach. »Einige der Schauspielerinnen haben während dem Fest sogar so etwas wie einen Keuschheitsgürtel getragen.«

Maria musste husten. Mrs. Potter blickte auf einmal ganz verschreckt zu Maria hinüber.

Oma Selma lächelte in sich hinein. Sie hatte genau die Reaktion bekommen, die sie erwartet hatte. Doch es gab auch einen realen Grund für den Schutz. »Das vermittelt ihnen zusätzliche Sicherheit und erlaubt, dass sie selbstbewußter auftreten.«

Maria nahm wieder einen Schluck Wasser.

»Und außerdem bekommt die Katerina vorher Unterricht in Selbstverteidigung und sie lernt, welche Mittel ihr dann noch bleiben.«

»Und der Prinz?« Marias Augen wechselten zwischen Paul und seiner Oma hin und her.

»Der kann sie auch beschützen. Zumindest nachdem sie getanzt haben.«

Maria war fasziniert. »Und wie läuft der Ball ab?«

Oma Selmas Blick bekam jetzt auch etwas Verträumtes. »Oh, das ist der erste Höhepunkt des Festes. Alle tragen historische Kostüme. Die Musik spielt.« Sie blickte auf Maria. »Und sie tanzen Tänze nach historischem Vorbild.«

»Und Katerina?« Marias war sehr an ihrer eventuellen Rolle interessiert.

»Um es der Darstellerin nicht unnötig schwer zu machen, muss sie nur einen Tanz tanzen, nämlich den Verlobungstanz.«

Maria war fast etwas enttäuscht.

»Aber fast jede Darstellerin hat dann von sich aus den einen oder anderen Tanz mehr getanzt.« Sie dachte einen Moment nach. »Bei meinem zweiten Fest gab es eine Darstellerin, die wirklich alles mitgetanzt hat. Die war wirklich toll, obwohl sie auch einen Handschuh unter dem Kleid trug.«

Maria war zuversichtlich. »Ich werde auch viel tanzen.«

Ein fragender Blick von ihrer Erzieherin ließ sie sich korrigieren. »Ich würde viel tanzen.« Sie schien dabei fast etwas enttäuscht.

»Und dann kommt der Sonntag.« Oma Selmas Stimme klang geheimnisvoll. »Das Fest geht weiter mit dem Einzug der Braut in die Kirche.«

Maria bekam sofort einen sehr verträumten Blick. Unwillkürlich blickte sie zu Paul, ihre Blicke trafen sich.

»Die Braut ist immer etwas sehr besonderes. Sie trägt fast immer ein schulterfreies weißes Kleid mit sehr weitem Rock und langer Schleppe. Doch auch hier trägt sie einen passenden weißen Handschuh. Das sieht jedesmal toll aus.«

Selma blickte in verwunderte Gesichter. »Katerina behielt auch nach der Verlobung ihren Status als Geisel und musste weiter Fesseln tragen. Erst nach dem Eheversprechen in der Kirche durfte sie endlich frei sein. Zumindest wird es heute so gespielt.«

»Und sie geben sich wirklich da Ja-Wort.« Maria war erstaunt.

Selma schien ihre Gedanken zu erraten. »Es ist eben nur gespielt.« Sie dachte kurz nach. »Aber es gab einmal ein Darstellerpaar, das stand zwei Wochen später wieder vor dem Altar und hat dann richtig geheiratet.«

Maria blickte verträumt zu Paul. Dieser fing den Blick zwar auf, fühlte sich aber nicht so recht angesprochen. Er lächelte verunsichert zurück.

»Sind dann die Pflichten der Katerina beendet?« wollte Mrs. Potter wissen.

Ein Lächeln ging über Selmas Gesicht. »Jetzt kommt ein sehr angenehmer Teil, Katerina sitzt zusammen mit ihrem Ehemann in der Kutsche, und in einem neuen Umzug werden sie noch einmal mit Musik durch die Stadt geführt. Und überall jubeln ihnen die Leute zu.« Selma spürte die Frage. »Aber hier hat sie die Arme frei, denn das Publikum möchte eine glücklich winkende Braut sehen.«

Marias Augen leuchteten. »Aber dann ist es vorbei.«

»Für das Wochenende ist es vorbei, ja.« Selma war in Gedanken auch noch bei dem letzten Hochzeitszug. »Aber dann beginnt das Katerinenjahr. Es ist so etwas ähnliches wie bei einer Weinkönigin, und die Katerina hat noch viele Auftritte.«

Auf einmal war Maria recht aufgeregt. »Und muss sie dort auch den Handschuh tragen?« Ihre Augen leuchteten schon wieder.

»Das kommt auf den jeweiligen Anlaß an. Aber bei den Sponsoren trägt sie ihn fast immer.«

Mrs. Potter räusperte sich, und Maria zuckte zusammen. Sie schien jetzt fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen zu haben. »Ich habe mich wohl etwas zu sehr gehen lassen.« Aus ihrem Gesicht war die Begeisterung wieder verschwunden. »Ich bin ja nur die zweite Besetzung.«

Oma Selma spürte den Stimmungswechsel auch. Sie wollte ablenken. »Ich würde Euch gern den Garten zeigen.«

Mrs. Potter war von der Idee recht angetan. Doch dann fiel ihr Blick auf Marias Stiefel.

Maria hatte den selben Gedanken. Sehr vorsichtig blickte sie ihre Erzieherin an. »Ich würde gern hier oben bleiben.« Dabei warf sie einen Blick auf ihre Stiefel.
Zu ihrer Erleichterung hatte Mrs. Potter dagegen nichts einzuwenden. »Dann bleibt ihr beiden hier oben, und Selma und ich schauen uns den Garten an.«

»Das ist eine gute Idee, Doro« Selma war aufgestanden. »Lassen wir die jungen Leute hier oben und plaudern wir von den alten Zeiten.«

Mrs. Potter stand ebenfalls auf. Sie blickte noch einmal etwas nachdenklich auf Maria und ergänzte: »Ihr könnt ja noch etwas für die Schule tun. Wie steht es mit der Mathearbeit?« Dann ging sie hinter Selma die kleinen Stufen hinunter in den Garten.

Sowohl Paul als auch Maria zuckten beide etwas zusammen. Doch Marias Erzieherin hatte recht, sie mußten langsam wieder an die Schule denken.

Paul bot sich an, seine Bücher und etwas zu schreiben zu holen. Er blickte auf Maria und grinste etwas, dann stand er auf. »Ich hole dann mal die Bücher«
Maria lächelte ihm hinterher.

Als er wieder kam, zitterte Pauls Stimme etwas. »Darf ich mal was fragen?« Er legte die Bücher auf den Tisch.

Maria blickte ihn erstaunt an.

»Es ist mir schon häufiger aufgefallen. Immer wenn Deine Erzieherin sich räuspert, zuckst du zusammen und bist danach meistens etwas traurig.«

Ein Lächeln glitt über Marias Gesicht. »Ach, das hat aber nicht wirklich eine Bedeutung. Das ist eher ein Spiel.«

Paul blickte sie verblüfft an. »Ein Spiel?«

Maria war amüsiert. »Naja, eigentlich geht es um meine Stiefel.« Sie hob ein Bein, um einen der Stiefel zu zeigen. »Am Anfang mochte ich die Stiefel überhaupt nicht, weil ich keine Übung hatte, darin zu gehen.«

Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Er strich mit der Hand vorsichtig über den Stiefel und blickte Maria verwundert an.

»Und außerdem musste ich lernen, mich gut zu benehmen. Und wir haben dann ein Spiel daraus gemacht. Immer wenn sie der Meinung war, dass etwas von mir schlecht war, hat sie sich geräuspert, und ich hatte einen Strafpunkt auf meinem Konto.«

Paul war jetzt fast etwas ungehalten. »Und was war eben falsch?«

»Ach, ich habe mich wohl zu sehr in die Rolle der Katerina reingedacht.« Ihr Blick hatte kurz wieder etwas verträumtes. »Und wenn ich zehn Punkte zusammen habe, dann muss ich bei der nächsten Gelegenheit die Stiefel tragen.«

Paul begann so langsam zu verstehen.

»Aber heute trage ich die Stiefel gern, und diese Motivation bräuchte es eigentlich nicht mehr.« Maria schien in diesem Moment etwas verwundert zu sein. »Aber ich kann doch nicht...« Es schien sie zu beschäftigen.

Paul wollte ihr helfen. »Soll ich ihr sagen, dass Du die Strafe nicht mehr brauchst?« Ob er den Mut dazu haben würde, wusste er allerdings nicht.

»Untersteh Dich.« Maria war fast beleidigt. »Misch Dich da bitte nicht ein.«

Paul spürte, das er zu weit gegangen war. »Bitte sei mir nicht böse.« Er blickte sie lieb an.

»Sie wird sich sonst nur eine neue Strafe ausdenken. Und mit dieser komme ich ganz gut zurecht.« Sie blickte ihn verschmitzt an. »Dann laß uns noch etwas über Mathe reden.«

Paul war erleichtert.

* * *
44. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 09.01.14 07:19

gag_coll: ja den Backprayer den du gepostet hast meinte ich auch. Der deines Vorposters ist ja doch eine sehr leichte Form die die meisten noch hinbekommen würden. Bei einem "richtigen" Backprayer sieht es da schon anders aus! Ich kenne nur zwei Personen die es können, die eine weil Übung den Meister macht und die andere weil es mir scheint als hätte sie Gummibänder


Klasse Fortsetzung!!!
45. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 09.01.14 08:48

Wer sich diese haltung mal anschauen möchte, der sollte mal auf www.myvideo.de gehen und dort als Suchfunktion mal
"reverse prayer"
eingeben, dann findet man schon einige Videos die eine solche Haltung zeigen. Einige sind wirklich gut, andere weniger. Halt einfach mal durch blättern.

Mfg Rainman
46. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 09.01.14 14:31

Maria scheint sich ja auf die Rolle der Katerina richtig zu Freuen trotz oder grade wg dem Backprayer? Ich vermute mal Oma Selma hat bemerkt das Maria einen KG trägt. Klar das Maria nicht möchte das Paul Mrs Potter wg der Strafe Anspricht. Lieber eine Strafe die man gut Verträgt als eine Strafe die Wirklich eine ist.
47. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 09.01.14 18:22

Eine sehr schöne Geschichte .
Ich bin wirklich gespannt wie es weiter gehen wird und was der Baron noch so in Schilde führt .
48. RE: Maria Kapitel 6 - Das Wochenende - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 09.01.14 19:44

Maria
Kapitel 6 - Das Wochenende - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Baron von Harsumstal saß an seinem Schreibtisch und hatte einige Schriftstücke vor sich liegen. Eigentlich kannte er den Inhalt auswendig, doch er nahm sie immer wieder zur Hand, um darin zu lesen. Denn sie stellten seine allerletzte Hoffnung dar.

Das erste Schriftstück stammte aus dem vorangegangen Jahrhundert. Es war die kurze und nüchterne Bestätigung eines Notars. [...] Gemäß ihren Wünschen haben wir Zweihunderttausend Mark in Gold angelegt. Zur Auszahlung kommt das Geld nur dann, wenn bei dem betreffenden Fest es eine Darstellerin schafft, das »Gebet auf dem Rücken« zu tragen. [...]

Er legte den Brief wieder beiseite und dachte nach. Seine Tochter würde das nie schaffen, selbst wenn sie bereit wäre, es zu versuchen. Doch selbst das hielt er für ausgeschlossen.

Der zweite Brief war eine Bankauskunft aus heutiger Zeit und nicht weniger nüchtern. [...] können wir Ihnen mitteilen, dass der Wert des Goldes sich mittlerweile verzwanzigfacht hat und im Moment bei knapp vier Millionen Mark steht. Beachten sie jedoch die besonderen Bedingungen, die mit der Auszahlung verknüpft sind.[...]

Er seufzte. Das Geld wäre genug, um seine finanziellen Probleme zu lösen. Doch dann musste er an seine verstorbene Frau und an seine Tochter denken. Das Geld würde an dem jetzigen Zustand auch nichts ändern. Er wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und nahm sich den dritten Brief zur Hand.

Dieser stammte aus dem gleichen Notariat und enthielt weitere Bedingungen. [...] das Vermögen kann nur zur Auszahlung an die Darstellerin kommen, wenn diese ihr fünfundzwanzigstes Lebensjahr vollendet hat oder verheiratet ist. Bis dahin soll es der Vorsitzende des Festes zu treuen Händen verwalten. [...]

Es war ein Glück, so dachte der Baron, dass dort nicht die Rede war vom Vater der Darstellerin, sondern vom Vorsitzenden. Bisher war dies zwar immer dieselbe Person, doch mit Maria würde sich dies ändern.

* * *

Mrs. Potter und Pauls Oma kamen die Stufen herauf. »Und dann habe ich die Stelle bei Baron Grünberg angenommen.« berichtete Oma Selma.

Mrs. Potter blickte sie sehr interessiert an.

Selma erklärte, dass es eine Erzieherinnenstelle im alten Stil gewesen wäre. »Doch jetzt wollen wir erst mal Abendbrot essen.«

Paul nahm dies sofort als Signal und begann, die Bücher zusammen zu packen.

Maria blickte ihre Erzieherin an und bat mit leiser Stimme um die Schlüssel. »Meine Trainingszeit ist bestimmt vorüber, dann kann Paul mich aus dem Handschuh rauslassen.«

Mrs Potter kramte in ihrer Handtasche und reichte Paul einen Schlüssel. Gleichzeitig nahm sie ein kleines Notizbuch und machte eine kurze Eintragung. Dann blickte sie wieder zu Maria. Sie versuchte, ihrer Stimme einen weichen Klang zu geben. »Paul, bitte warte mal einen Moment.«

Paul hatte gerade das letzte Schloß geöffnet und war gerade dabei, den ersten Riemen zu öffnen, doch jetzt hielt er inne. Er legte die Schlösser auf den Tisch und schaute etwas ratlos zwischen Maria und ihrer Erzieherin hin und her.

Mrs. Potter wandte sich noch einmal an Paul. »Deine Oma hat mich um einen Gefallen gebeten. Allerdings müsst ihr beide auch damit einverstanden sein.«

Alle Blicke richteten sich auf Maria. Diese ließ ihren Blick etwas verwirrt zwischen Paul und seiner Oma wandern. Doch dann schien sie zu begreifen, was Pauls Oma von ihr wollte. Sie ließ den Blick erstaunt auf Selmas Gesicht ruhen.

Selma blickte Maria an. »Du würdest mir eine große Freude machen.« Sie war fast etwas beschämt. »Ich durfte es schon so lange nicht mehr erleben.«

In Pauls Gesicht war deutlich zu lesen, dass er keine Ahnung hatte, was jetzt von Maria erwartet wurde. Er wollte sie jetzt eigentlich aus dem Handschuh heraus lassen, denn er war der Meinung, das sie ihn jetzt wirklich lange genug getragen hatte.

Auf einmal dämmerte es auch ihm. »Maria soll den Handschuh weiter tragen?« Seine Stimme klang vorsichtig, er wollte sich nicht schon wieder in die Nesseln setzen. »Beim Abendessen etwa auch?« Jetzt endlich hatte Paul auch verstanden, um was es hier gerade ging und war entsprechend hin- und hergerissen. Auf der einen Seite wollte er Maria gern die Demütigung ersparen, hier gefüttert werden zu müssen, andererseits wollte er seiner Oma aber auch die kleine Freude nicht verderben.

Maria nahm ihm schließlich die Entscheidung ab. »Laß nur, das geht in Ordnung.« Sie blickte ihn liebevoll an und küßte ihn auf die Wange. »Du wirst mir dann Häppchen schneiden und mich füttern.« Dabei war ein seltsames Leuchten in ihren Augen zu sehen.

»Ich bin stolz auf Dich.« Mrs. Potter war neben Maria getreten und strich ihr liebevoll über den Kopf.

Maria blickte sie erstaunt an. Doch dann glitt ein glückliches Lächeln über ihr Gesicht.

* * *

Selma hatte schon fertige Schnittchen vorbereitet, die Paul jetzt nur noch aus dem Kühlschrank holen musste. Er stellte die Platte auf den Tisch und sah noch einmal nach den Getränken. Dann nahm er selbst neben Maria auch am Tisch platz.

»So war es früher oft bei Baron Grünberg. Es ging sehr streng zu, und die Töchter kamen oft fast den ganzen Tag nicht aus dem Handschuh heraus.« Oma Selmas Stimme klang fast etwas wehmütig.

Paul war über diese Behandlung etwas empört. »Aber du hättest sie doch rauslassen können, oder?«

Selma kannte ihren Enkel gut. Sie lächelte. »Ich hatte sehr oft Mitleid mit den Töchtern. Aber zumindest die großen der beiden hatten es meistens auch verdient.«
Sie bekam erstaunte Blicke. »Ja, die jüngste kam öfters mal zu mir ins Zimmer, und dort habe ich sie heimlich für ein paar Minuten aus dem Handschuh gelassen.«

Paul musste jetzt fast etwas lachen. »Ich dachte immer, Du wärst so eine strenge Erzieherin gewesen?«

Die Runde musste auch lachen.

»Aber was wollt ihr denn trinken?« Oma Selma zeigte auf die verschiedenen Flaschen. »Greift bitte zu.« Sie reichte die Platte mit den vorbereiteten Schnittchen herum.

Paul nahm die Platte und legte sich zwei Schnittchen auf den Teller. Dann reichte er die Platte zu Maria.

Diese blickte ihn verblüfft an und grinste »Witzbold.« Dann stupste sie ihn mit ihrem Handschuh etwas in die Seite.

Paul bemerkte seinen Fehler erst jetzt. »Entschuldige, das war keine Absicht.« Er wurde rot. »Was magst Du denn?«

Maria wählte zwei der kleinen Brotscheiben, die mit Käse belegt waren. Paul legte sie ihr vorsichtig auf den Teller. Dann reichte er den Teller weiter. Er blickte Maria noch einmal bittend an. »Bitte entschuldige, das ist so neu für mich.«

Als Antwort küßte sie ihn kurz auf die Wange. »Das ist schon in Ordnung.«

Paul nahm ein Messer zur Hand und zerteilte Marias Schnittchen in mundgerechte Häppchen. Er blickte sie wieder fragend an.

Doch Maria wirkte in diesem Moment seltsam abwesend. Sie hatte die Augen halb geschlossen und blickte auf ihren Teller herunter. Ihr Atem ging auf einmal etwas heftiger.

Paul blickte sie erstaunt an. Er wusste nicht, was er machen sollte. Fast etwas hilflos blickte er zu seiner Oma.

Auch ihr war der seltsame Zustand von Maria aufgefallen, doch es schien, als wisse sie Bescheid. Sie deutete Paul an, Maria den Arm um die Schultern zu legen und sie an ihn heran zu ziehen. Dann begann sie auf einmal wieder von ihrem Garten zu erzählen, und ihr fiel ein, dass sie Mrs. Potter unbedingt noch eine Blume zeigen wollte. Die beiden standen auf.

Paul hatte immer noch nicht verstanden, was da gerade passierte. Doch er ahnte, dass Maria jetzt Halt brauchte. Er spürte ein Zittern in ihrem Körper und hörte ein leises Stöhnen dazu. Doch er verstand nicht.

Erst als sie langsam die Augen wieder öffnete, tat er ohne dass er recht begriff das vermutlich einzig richtige, er gab ihr einen langen Kuß.

* * *

Paul winkte noch einmal die Straße hinab, dann war Maria mit ihrer Erziehrerin um die Ecke gebogen und damit außer Sichtweite. Der Abschied war ihm schwer gefallen. Er war immer noch total verwirrt von den Ereignissen dieses Wochenendes und besonders eben von dem außergewöhnlichen Abendessen. Er glaubte fast, dass er geträumt hatte. Doch der leere Teller auf dem Terrassentisch erinnerte ihn daran, wie lieb und romantisch er eben noch Maria gefüttert hatte nach diesem seltsamen Ereignis. Allerdings hatte bis jetzt keiner ein Wort darüber verloren, und er selbst traute sich auch nicht danach zu fragen.

Seine Oma kam aus dem Haus und lobte ihn. »Du hast Dich eben sehr vorbildlich verhalten. Du hast genau das richtige gemacht.«

Jetzt fand er endlich den Mut zu fragen. »Aber was ist denn da eben eigentlich passiert? Was war denn mit Maria los?«

Seine Oma zögerte ein wenig mit ihrer Antwort. Sie schien die richtigen Worte zu suchen. »Maria ist eben in Deinen Armen gekommen. Sie hatte einen Höhepunkt, oder wenn Du es direkt hören willst, einen Orgasmus.«

Jetzt begriff Paul endlich und wurde dabei knallrot. Er wusste gar nichts mehr zu sagen. »Ich ... Sie...«

Selma sprach weiter. »Sie hat in dem Moment Halt gebraucht, und genau den hast Du ihr gegeben.«

Paul blickte seine Oma fassungslos an.

»Du sorgst Dich sehr um sie. Du liebst sie, und das ist schön so.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Liebe ist, wenn das Wohlbefinden eines anderen Menschen entscheidend für das eigene Wohlbefinden ist.«
49. RE: Maria

geschrieben von Tigerauge am 09.01.14 22:31

Eine wirklich wunderbare Fortsetzung ich bin der Meinung, dass der Baron in der Geschichte leer ausgehen sollte.
50. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 09.01.14 22:45

Also ich muß sagen das es wieder eine schöne Fortsetzung war und hoffe genau so das der Baron ins leere schaut er hat es nicht anders verdient.
51. RE: Maria

geschrieben von Joern am 10.01.14 09:12

Ich liebe diese Geschichte. Du verstehst es sehr gut die Spannung auf hohem Niveau zu halten und auch ich hoffe, daß es zu guter Letzt ein Happy End geben wird und der perfide Plan des Barons sich ins Gegenteil verkehrt. Mir stellt sich gerade die Frage ob Paul ind Maria schon im heiratsfähigen Alter sind... Evtl. braucht es ja für den Hauptdarsteller auch noch eine Zweitbesetzung, wenngleich ich mir Paul auch gut in der Rolle der Zofe vorstellen könnte, die Maria während des Festes betreut. Immerhin ist er ja inzwischen bestens mit den Befindlichkeiten einer streng gefesselten jungen Dame vertraut. Wie geht es eigentlich mit Sophie weiter? Bestimmt tut es ihr ganz gut mal für eine Zeitlang "ruhiggestellt" zu werden.

LG Joern
52. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 11.01.14 23:49

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Bislang war es ruhig auf dem Polizeirevier, so wie es eigentlich fast jeden Montag war. Der Beamte hatte sich zurück gelehnt und genoss den leichten Dienst. Seine Mittagspause lag schon hinter ihm, deswegen er wagte es, sich schon etwas auf den baldigen Feierabend zu freuen.
Das Telefon klingelte. Sein Blick fiel routinemäßig auf die Uhr, es war kurz nach halb Eins. Er nahm ab und meldete sich: »Polizeirevier Landsbach Süd« Er nannte noch seinen Namen dazu.

»Hier ist ein Unfall passiert«, sagte die Stimme am anderen Ende. Die Stimme klang erstaunlich ruhig, dies fiel dem Polizisten schon auf. Fast war es, als würde sein Gegenüber bewusst leise sprechen. Normalerweise waren die Anrufer immer sehr erregt.

Der Beamte fragte gewohnheitsmäßig nach Ort und Art des Schadens.
»Ein Wagen ist von der Straße abgekommen und hat sich vermutlich mehrmals überschlagen.«

Er machte sich Notizen. Dann stellte er die nächste Frage: »Und wo?«
»In der Teufelskurve in Richtung Stadtauswärts«

Innerlich stöhnte der Beamte. In dieser Kurve passierten oft schwere Unfälle. Er fragte sich, wann die Stadt deswegen endlich mal was tun würde. Dann erkundigte er sich nach den Unfallopfern.

»Eine junge Frau, sehr extravagant angezogen. Sie war nicht ansprechbar und hatte keine Papiere dabei. Aber sie wurde schon von Sanitätern vor Ort versorgt.«
Die Laune des Polizisten wurde schlechter.

Er fragte nach dem Autokennzeichen. Die Stimme gab es durch.

Dann wollte der Polizist noch wissen, wer denn den Unfall meldete. Doch die Gegenseite hatte aufgelegt. Der Anrufer wollte anscheinend anonym bleiben.
Der Beamte schickte einen Streifenwagen an die bewusste Stelle. Er bedauerte, dass es schon fast traurige Gewohnheit war. In dieser Kurve kamen die Fahrer oft von der Straße ab und leider besonders die jungen und unerfahrenen von ihnen.

In dem Kennzeichenregister fand er schließlich das angegebene Kennzeichen und wurde blass. Es gehörte Sophie Baroness von Harsumstal.

Doch dann vergaß er für einen kurzen Moment seine Pflicht als Polizist und freute sich insgeheim. Es hatte in der letzten Zeit soviel Ärger mit dieser Frau gegeben. Sie glaubte, für sie würden die Gesetze und Verordnungen nicht gelten und sie könnte so fahren, wie sie wollte. Er fühlte fast so etwas wie Genugtuung. Doch dann kam wieder seine Professionalität durch und er leitete die im weiteren erforderlichen Schritte ein.

* * *

So eine Impertinenz! Was bildete dieser Kerl sich ein? Sophie war verärgert. Nur weil er als Butler von ihrem Vater eingestellt war, gab dies ihm noch nicht das Recht sie, die Baroness, so herum zu kommandieren und sie zu bevormunden.

Sie schüttelte mit dem Kopf. Warum sollte sie nach zwei Gläsern Sekt nicht mehr Autofahren? Schließlich frühstückte sie immer so. Außerdem war heute der Kaviar aus und das mochte sie überhaupt nicht. Der Butler sollte gefälligst seinen Job machen und sie nicht schon um elf Uhr aus dem Bett schmeißen.

»Termin mit dem Berufsberater« hatte er gesagt. Wieder schüttelte sie ungläubig mit dem Kopf. Warum sollte sie denn einen Beruf ergreifen? Ihr Vater hatte das Geld und sie lebte für ihre Parties. Und so sollte es auch bleiben.

Der geliebte Blick in den Spiegel besänftigte sie etwas und sie kontrollierte noch einmal ihr Aussehen. Das lange blonde Haar fiel locker um ihre Schultern. Doch am Haaransatz war wieder etwas ihrer tatsächlichen Haarfarbe zu sehen. Sie beauftragte den Butler, einen Termin beim Frisör auszumachen. Dabei wussten alle ihre vielen Liebhaber, dass sie in Wirklichkeit dunkle Haare hatte.

Sie zog sich die langen Stiefel an und nahm sich die kurze rote Lackjacke vom Haken. Sie wusste, dass die Männer sie so mochten. Sie war es gewohnt, auf hohen Absätzen unterwegs zu sein und auch das Autofahren machte ihr damit keine Probleme. Sie stöckelte zum Schlüsselbrett und nahm sich den Schlüsselbund zu einem der Autos ihres Vaters. Hoffentlich war das Cabrio aufgetankt, sie hasste es, wenn die die Familienkutsche nehmen musste.

Das Verdeck des Wagen war auch nicht offen. Warum gehorchte ihr keiner hier? Sie hatte es doch gestern Abend nach der Party laut und deutlich gesagt, bevor sie in ihr Zimmer getorkelt und auf ihr Bett gefallen war. Sie drückte den Knopf und wartete ärgerlich, bis das Dach verschwunden war. Dann ließ sie den Motor an und mit einem Aufheulen des Motors fuhr sie los.

Vor der roten Ampel bremste sie. Immerhin hatte sie erst gestern wieder von der Polizei eine Ermahnung bekommen, dass sie sich auch an die Regeln zu halten hätte. Doch sie kannte den Einfluss ihres Vaters und wusste, das ihr nicht wirklich etwas passieren konnte. Wenn wenig Verkehr war, sah sie nicht ein, warum sie nicht frei fahren sollte.

Neben ihr hielt ein Mercedes, in dem zwei Männer saßen. Wie immer genoss es Sophie, wenn die Männer sie bewunderten und sie anhimmelten, und so warf sie sich auch für diese Zwei in Pose, als sie sah, dass der Beifahrer die Scheibe runter kurbelte. Dann wurde es schwarz vor ihren Augen...

* * *

Immer wieder nahm die Krankenschwester den kurzen Bericht zur Hand. Eigentlich wäre es ja Routine, die Angehörigen zu verständigen nach so einem schweren Unfall und sie machte dies ja auch nicht zum ersten Mal. Und sie hatte auch genügend Professionalität, um ihre privaten Gefühle da heraus zu halten. Doch diesmal war das Gefühl der Schadenfreude schon besonders groß. Endlich hatte es mal diese Schnepfe erwischt.

Die Schwester las noch einmal die kurzen und nüchternen Zeilen. Die Baroness hatte es heftig getroffen. Sie musste so gut wie überall eingegipst werden und es wäre sehr fraglich, ob sie vor einem halben Jahr wieder genesen könne.

Sie wählte die angegebene Nummer. Es meldete sich ihr Vater der Baron von Harsumstal. Die Schwester begann zunächst mit ihrer dienstlichen Routine mit ein paar vorbereitenden Worte und dabei kam es ihr kurz so vor, als wisse der Baron schon Bescheid. Doch dann verwarf sie ihren Gedanken wieder und berichtete, was sich zugetragen hatte und las den kurzen Bericht des Chefarztes vor. Dabei fand sie es schon ziemlich seltsam, wie ruhig ihr Gegenüber blieb. ´Komische Familie´ dachte sie insgeheim.

Es fiel dem Baron erst im letzten Moment ein, dass er vielleicht den sorgenvollen Vater geben sollte und so fragte er zum Abschluss des Telefonats nach den Besuchszeiten. Natürlich hatte er so bald nicht vor, im Krankenhaus aufzutauchen. Doch es machte bestimmt einen besseren Eindruck, wenn er vorgab, sich um seine Tochter zu sorgen.

Er bedankte sich für den Anruf und legte auf. Dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen.

* * *

Andrea blickte noch einmal ärgerlich auf die Uhr, dann klappte sie ihren Notizblock zu und rief nach der Kellnerin, um zu zahlen. Dieses Luder von Baroness war die Unzuverlässigkeit in Person. Dabei hatte Andrea sich zuerst sehr gefreut, dass sie von ihrem Chef den Auftrag für ihre erste eigenen Reportage bekommen hatte.
Doch je mehr sie sich mit der Baroness befasste, desto klarer wurde ihr, das sie damit einen sehr undankbaren Auftrag bekommen hatte. Dies war nun schon der sechste Termin, den Sophie aus irgendwelchen Andrea nicht bekannten Gründen platzen lies.

Dabei hatte es zu Beginn einfach und nett ausgesehen. Sie hätte die Baroness auf dem Weg zum Katerinenfest begleiten sollen. Da die Reporterin erst vor kurzem nach Landsbach gezogen war, wusste sie nicht, worum es sich bei dem Fest handeln würde, da dieses nur alle sieben Jahre stattfand.

Schon bei den ersten Kontakten hatte Andrea zu spüren bekommen, das es mit der Baroness nicht einfach werden würde. Ständig gab es irgendwelche Ausflüchte und selbst wenn ein Termin eine Woche vorher ausgemacht war, ließ die Baroness ihn platzen.

Andrea zahlte und packte wütend ihren Block und das Diktiergerät wieder ein. Doch dann kam ihr ein Gedanke. »Nicht mit mir.« Sie stand auf und ging zu ihrem Wagen. ´Ich gehe jetzt zum Baron und werde mich beschweren.´ Mehr als hinauswerfen kann er mich ja nicht.´ Andrea war mehr als geladen, als sie zu ihrem Auto ging.

Den Weg kannte sie von ihren bisherigen Versuchen. Sehr bald fuhr sie auf den Hof des großen Anwesens und stellte ihr Auto auf dem kleinen Parkplatz neben die anderen Wagen. Mit entschlossenen Schritten ging sie zu dem großen Eingangsportal. Sie klingelte und schon nach kurzer Zeit wurde ihr vom Butler geöffnet. Mit dem Butler verband Andrea eine gewisse Sympathie. So wie sie ihn bei den vergangen Besuchen kennengelernt hatte, hatte auch er gewaltig unter den Launen der Baroness zu leiden.

Doch diesmal kam es ihr vor, als befände sich im Gesicht des Butlers eine winzige Spur des Triumphes, als sie nach der Baroness fragte. Aber dann hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle und sagte bedauernd, dass die Baroness nicht im Hause sei.

Andrea war darauf vorbereitet und wünschte deswegen den Baron zu sprechen. Zu ihrer Überraschung wurde sie vom Butler daraufhin gleich nach oben in das Arbeitszimmer geführt. Als sie den nobel eingerichteten Raum betrat, spürte sie ohne das sie es groß erklären konnte, eine sehr gelöste Stimmung vor. Sie nahm dies positiv, denn dann würde der Baron vielleicht eher auf ihre Beschwerde eingehen.

»Guten Tag, meine Liebe« Die Stimme des Barons klang am Anfang ungewöhnlich heiter, erst im Verlaufe des Satzes wurde sie ruhig und seltsam traurig. »Sie wollen sicher zu meiner Tochter.«

Andrea hatte sich schon überlegt, was sie vorbringen wollte. »Wir hatten für heute einen Interviewtermin ausgemacht, wegen dem Fest, und sie ist wieder nicht gekommen.« Sie war bemüht, ihre Stimme resolut klingen zu lassen.

Der Baron blickte sie ernst an. »Meine Tochter ist im Krankenhaus. Sie hatte einen schweren Autounfall.«

Andrea hatte sich wieder auf eine dieser flachen Ausreden eingestellt, deswegen realisierte sie erst nach kurzer Zeit, was der Baron gesagt hatte. »Oh, das tut mir leid.«

»Ich habe es eben erst von den Ärzten erfahren.« Er war bemüht, seine Stimme betroffen klingen zu lassen.

Andrea fürchtete um ihre Geschichte. »Ist sie schwer verletzt?«

Der Baron merkte, dass er auf diese Art von Fragen noch keine Antworten parat hatte. Er blickte sie etwas hilflos an.

Mit ihrer Sensibilität nahm Andrea dies wahr und wusste, das sie hier zunächst nicht nachhaken sollte. Dennoch wollte sie ihren Job machen. »Aber das Katerinenfest wird sie doch spielen können oder?«

Baron Harsumstal war dankbar, dass sie von sich auch das Thema angeschnitten hatte. »Die Ärzte haben mir da sehr wenig Hoffnung gemacht. Sie hat eigentlich überall schwere Knochenbrüche und es wird mit der Heilung sehr lange dauern.«

Andrea musste kurz darüber nachdenken, dass an den Gerüchten, Sophie würde sich nie anschnallen, wohl etwas dran sein musste. »Könnte ich Sophie wohl besuchen?« Andrea wollte sich alle Möglichkeiten offen halten.

Der Baron blickte kurz aus dem Fenster. Er überlegte, wie er Andreas deutlich spürbaren Ehrgeiz und ihre Neugier wohl am ehesten zu seinen Gunsten benutzen konnte. »Das können Sie gern machen. Aber die Ärzte sagen, dass sie nicht sprechen kann, weil ihr Kiefer komplett geschieht werden musste.« Er machte eine bedeutsame Pause, wie wenn er die Schwere von Sophies Verletzungen betonen wollte. »Sie ist wohl mit dem Kopf auf das Lenkrad geschlagen.«

Er nahm sich einen Stift und schrieb etwas auf einen Zettel. »Sehr wahrscheinlich wird Maria Beller sie vertreten. Ich habe Ihnen hier die Adresse aufgeschrieben.« Er reichte ihr den Zettel. »Morgen tagt der Festausschuss und ich werde sie als neue Erstbesetzung vorschlagen.«

Andrea nahm sich den Zettel und steckte ihn ein. Sie spürte, dass es wohl Zeit wäre zu gehen. Sie wünschte dem Baron noch einen guten Tag und gute Besserung für seine Tochter, dann verließ sie das Zimmer. Der Butler stand bereit und führte sie zum Auto.

* * *

Der Baron nahm sich sein Notizheft zur Hand und machte ein paar Eintragungen. Er musste damit rechnen, dass in den nächsten Tagen noch mehr dieser Pressevertreter auftauchen würden. Bei der Bekanntheit seiner Tochter war dies leider abzusehen. Es war wichtig, dass er allen die gleiche Geschichte erzählte, sonst würde seine Intrige auffliegen und dass konnte er jetzt nicht riskieren.

Außerdem hatte es eben ein paar Fragen gegeben, auf die er noch keine Antworten wusste. Das durfte in Zukunft aber nicht mehr passieren, wenn er sein Ziel erreichen wollte.

Der Baron stand auf und ging zum Fenster. Eben stieg die Reporterin ins Auto. Sie hatte wohl noch versucht, den Butler zu befragen. Das konnte sie ruhig machen, denn er wusste nichts.

Er wartete, bis das Auto der Reporterin wieder auf der Straße war und ging erleichtert zu seinem Schreibtisch zurück, immerhin war ihm jetzt wenigstens eine Sorge abgenommen. Er brauchte sich keine Gedanken mehr machen, wie er denn möglichst unauffällig die Presse informieren könne. Dies hatte sich soeben von selbst erledigt. Zum ersten Mal hatte der schlechte Ruf seiner Tochter etwas Gutes bewirkt.

Doch es galt noch Weiteres zu veranlassen, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Er musste ein paar einflussreiche Leute von seinen Ideen überzeugen.
Während er aus dem großen Notizbuch ein paar Nummer heraus schrieb, dachte er noch einmal über die Vergangenheit nach. Damals war er auch voller Hoffnung dem Konsortium beigetreten, als sich erste Anzeichen von Sophies Entwicklung zeigten. Er hatte dort viele Freunde gefunden, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten und sie hatten sich versprochen, für einander einzustehen, wenn es Probleme geben sollte. Er hoffte, dass er jetzt offene Ohren finden würde.

Ganz unten unter die Liste mit den Telefonnummern setzte er noch eine weitere Nummer, die wichtigste, nämlich die von Frederike Beller, Marias Mutter. Er hoffte, er hätte bis zu dem Anruf genügend Argumente und Fürsprecher gewonnen, um sie zu der Einwilligung bewegen zu können.
Er nahm sich einen zweiten schon vorbereiteten Zettel zur Hand, dort hatte er sich schon einige Argumente und Stichwörter notiert. Er hoffte, dies in Verbindung mit den Beschreibungen zu dem Fest würden reichen.
Er wählte die erste Nummer.

* * *

Frederike Beller war verwundert. Ein Anruf aus Landsbach von Baron Harsumstal? Was würde der wohl wollen? Sie drückte die entsprechende Taste, um den Anruf vom Apparat der Sekretärin zu übernehmen und meldete sich.

»Wie ist das Wetter?« Der Baron war bemüht, sehr freundlich zu klingen.

Frederike blieb misstrauisch. »Regnerisch, aber Sie rufen doch nicht an, um nach dem Wetter zu fragen?«

»Naja, unter alten Freunden kann man doch nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.« Der Baron spürte, dass es wohl nicht einfach werden würde.
Frederike wurde nur sehr ungern an diese Zeit erinnert. »Warum rufen Sie an?«

»Sie sind doch eine alte Landsbacherin und kennen sicher noch das Katerinenfest?« Er sah ein, dass er zum Kern seines Anliegen kommen musste.

Da sich Frederike regelmäßig den Landsbacher Boten nachsenden ließ, stand sie noch ein wenig mit ihrer alten Heimat in Kontakt und wusste ungefähr, was so passiert war. »Ja natürlich. Diese Jahr wird es wieder stattfinden. Mit ihrer Tochter als Katerina.« Sie kannte das Fest noch aus ihrer Kindheit und hatte die Mädchen bewundert, die den Handschuh tragen durften. Zudem hatte ihre Erzieherin ihr gestern noch mitgeteilt, dass Maria die Zweibesetzung zugesagt hatte.
»Meine Tochter hatte einen schweren Unfall und liegt mit sehr schweren Verletzungen in der Klinik.« Er begann scheinbar ausführlich von den Verletzungen zu berichten.

Frederike unterbrach ihn. »Und warum erzählt ihr mir das?«

Er lies die Katze aus dem Sack. »Maria hat mir die Vertretung für so einen Fall zugesagt. Doch es gibt Schwierigkeiten mit den Sponsoren.« Er erklärte, dass die beteiligten Firmen ihre Werbeverträge in Gefahr sähen. Die Finanzierung des nächsten Festes wäre ernsthaft in Gefahr.

Frederike verstand die Zusammenhänge immer noch nicht. Sie fragte nach, warum.

Die Bekanntheit seiner Tochter war es. Damit wollten die Firmen später werben dürfen.

Marias Mutter konnte dies nachvollziehen.

»Es wäre doch sehr schade um das schöne Fest und die lange Tradition.« Er hoffte, ihr Heimatgefühl zu treffen.

So langsam wollte Marias Mutter wissen, worauf der Baron hinaus wollte. Sie fragte danach.

»Meine Tochter wollte ja die Originalhaltung tragen.« Er hoffte, das Frederike sich von seinem kumpelhaften Versuch täuschen ließ. »Aber da habe ich ja auch nicht dran geglaubt. Aber ihre Tochter würde das bestimmt zustande bringen.«

Frederike versuchte sich daran zu erinnern, was denn die Originalhaltung war. Nach kurzem Nachdenken fiel es ihr wieder ein, weil sie damals extra mal eine Zeichnung dafür angefertigt hatte. »Wissen Sie, was Sie da von meiner Tochter verlangen?«

Das wollte der Baron nicht hören. »Sicher, es wird nicht einfach. Doch wenn Maria das Gebet schaffen sollte, dann wäre das die Sensation und die Sponsoren wären sicher mehr als zufrieden mit dem Ersatz.«

»Aber wie soll Maria das denn lernen?« Frederike hatte noch nicht begriffen, was der Baron von ihr wollte.

»Mit einer Änderung von Ihrem Programm müsste das doch eine Kleinigkeit sein.« Der Baron war für die Vorlage dankbar.

Frederike fühlte sich geschmeichelt, erst später erkannte sie, dass sie hier dem Baron auf den Leim gegangen war.

»Ungefähr ein Viertel der Werbeeinnahmen wird die Darstellerin der Katerina bekommen, so ist es festgelegt. Das würde dann alles Maria zustehen.«
Marias Mutter überlegte noch. Sie musste zugeben, dass der Gedanke, Maria könnte das Gebet auf dem Rücken tragen, sie auch reizte. Es war zwar ihre eigene Tochter, der sie das zumutete, aber Maria könnte diese komplizierte Haltung wirklich schaffen. In Gedanken machte sie schon Pläne, was Maria bis dahin noch lernen musste und an welchen Maschinen sie üben würde.

»Und für ihre berufliche Laufbahn kann das Fest auch nur von Nutzen sein.« Der Baron spürte insgeheim, das er gewonnen hatte.

* * *

Frederike Beller nahm sich einen Block zur Hand und machte sich Notizen. Sie bat bei den beiden Orthopäden um einen Termin für eine Besprechung und forderte zudem Marias letzte Röntgenbilder an.

Dann ging sie ging zum Tresor und nahm ein kleines Notizbuch heraus. Es standen nur einige Telefonnummern darin, das wusste sie. Aber die Eigentümer dieser Geheimnummer wollten auf keinen Fall, das eine Verbindung zu ihnen hergestellt werden konnte und deswegen achtete Frederike peinlichst darauf, mit diesen Nummern sorgsam umzugehen.

Sie blätterte kurz dann hatte sie die Nummer gefunden, die sie suchte. Ihr Gegenüber meldete sich nur mit »Ja?«. Sie nannte ihren Namen. Ihr Gegenüber schien sofort Bescheid zu wissen. »Wie geht es denn unserem Schützling?«

Marias Mutter war froh, dass sie nur Gutes über ihre Tochter berichten konnte. Besonders hob sie hervor, das sie jetzt endlich einen Freund gefunden hatte.

Ihr Gegenüber dankte ihr für die gute Arbeit.

Frederike holte tief Lust, dann berichtete sie über die neue Aufgabe, die anstehen würde und die bisher überhaupt nicht eingeplant war.
Ihren Gegenüber schien dies nicht zu überraschen. »Das haben wir schon diskutiert und wir würden es befürworten, wenn ihr Schützling das Gebet schaffen würde.«

Frederike war sprachlos. Sie hatte angenommen, das sie den Wunsch des Baron hier verteidigen müsste. Doch es war nicht nötig.

Auch beim nächsten Gesprächspartner stieß sie mit der Mitteilung zum Gebet auf offene Ohren. Und selbst als sie die finanzielle Seite klären wollte, wurden ihr zusätzliche Mittel für diese Ausbildungsänderung bereitgestellt.

Sie brachte das so wichtige Notizbuch wieder zurück in den Tresor, schloss die Tür und ging zum Fenster. Es fing an dunkel zu werden. Ob es wirklich das richtige war? Immerhin war es ihre Tochter. Doch dann musste sie sich eingestehen, dass ihre Skrupel wohl etwas zu spät kamen.

Sie fragte sich, was Maria in diesem Moment wohl machen würde. Sie schaute auf die Uhr. In Europa war noch tiefe Nacht und Maria schlief hoffentlich tief und fest. Sie ahnte sicher noch nichts von der großen Aufgabe, die auf sie wartete.

* * *

Gestern hatte Andrea vom Baron erfahren, das die Baroness einen schweren Autounfall hatte. Sie hatte beim Krankenhaus um einen Termin für ein Interview gebeten und zu ihrem Erstaunen schon für heute bekommen. Dies kam ihr zwar etwas komisch vor, aber warum sollte nicht auch mal eine junge unerfahrene Reporterin Glück haben. Sie freute sich. Denn normalerweise wurde die Presse mit Fußtritten aus dem Krankenhaus gejagt. Besonders wenn es um Prominente ging. Doch bei Sophie schien es anders zu sein.

Mit einem frischen Band im Diktiergerät machte sie sich auf den Weg zum Krankenhaus. Eigentlich hatte sie sich hatte darauf eingestellt, am Telefon Fragen zu stellen. Doch zu ihrer Überraschung sollte sie heute sogar einen Termin bei Chefarzt persönlich bekommen. Und sie würde auch bei Sophie im Krankenzimmer vorbei schauen. Nur ein Interview der Baroness sei aus medizinischen Gründen nicht möglich. Andrea war sehr zuversichtlich.

* * *

Auf die Presse war der Chefarzt überhaupt nicht gut zu sprechen. Sie brachten ständig nur Unruhe in den Klinik-Alltag und schrieben dann doch nur Mist. Doch in diesem speziellen Fall kam ihm die neugierige Reporterin genau recht. Er hoffte, dass er überzeugend genug sein würde. Je mehr Leute glaubten, dass die Baroness tatsächlich so schwer verletzt sei, desto besser.

Er hatte sich extra Zeit für die Reporterin genommen und bot sie zunächst in sein Büro. Er erzählte von dem Unfall und seinen schlimmen Folgen. »Sie hat vermutlich versucht, sich mit den Händen abzustürzen, ist dann aber auch noch mit dem Kopf auf das Lenkrad aufgeschlagen.«

Er machte eine wichtige Pause und ließ Andrea so Zeit, sich die möglichen Verletzungen auszumalen.

»Sie hat fast überall Knochenbrüche, deswegen mussten wir sie fast komplett eingipsen.«
Andrea machte sich eifrig Notizen.

»Auch ihren Kopf mussten wir komplett eingipsen, weil ihr Kiefer mehrfach gebrochen ist. Sie wird durch einen Schlauch ernährt.«

Andrea stellte fest, dass sie neben der »gesellschaftlichen Schadenfreude« durchaus so etwas wie Mitleid mit Sophie hatte.

»Getrunken hatte sie auch. Wir haben fast zwei Promille festgestellt.« Der Chefarzt war sich nach wie vor nicht sicher, wie überzeugend er wohl war. Er hoffte, das die Reporterin ihm die Geschichte abnehmen würde.

Zum Glück wollte Andrea nichts weiter wissen. »Kann man sie besuchen?«

»Wir können gern mal in ihr Zimmer gehen. Aber sie dürfte von der langen Operation noch müde sein.«

Er wollte die Reporterin auf keinen Fall mit Sohpie alleine lassen, denn es hätte ja sein können, das die Baroness wider erwarten doch ein Mittel zur Kommunikation finden würde.

Sie traten in das Zimmer ein und Andrea war trotz der Ankündigungen des Arztes entsetzt. Auf dem Bett war von Sophie wirklich nichts zu sehen, sondern nur ein dicker Gipspanzer mit Armen und Beinen. Nur zwei Augen blickten aus den dafür vorgesehenen Löchern. Andrea hatte trotz ihrer sonstigen Vorurteile Mitleid mit Sophie. Sie bekam eine Gänsehaut.

Der Arzt wollte es noch mal erklären. »Wir mussten sie komplett eingipsen, um sie ruhig zu stellen und ihre vielen Knochenbrüche zu heilen zu lassen.«
Auf einmal viel ihm siedend heiß ein, das es gar keine Röntgenbilder von Sophie gab. Er hoffte sehr, dass Andrea ihn nicht danach fragen würde. In Gedanken notierte er, das er das Problem lösen musste.

Doch Andrea hatte genug gesehen und wollte nur noch raus. Denn sie fühlte sich schuldig wegen ihrer Vorurteile und ertrug es nicht, hier neben der so erbarmungswürdigen Sophie stehen zu müssen.

Sie bat den Arzt, vor die Tür gehen zu dürfen.
Der Arzt folgte ihr.

»Und wann wird Sophie wieder gesund sein?« Diese Frage wollte sie noch beantwortet haben.

Der Arzt versuchte sich an die Absprachen zu erinnern. »In einem halben Jahr können wir ihr wohl erlauben, wieder mit dem Gehen zu beginnen.«
Andrea war mit der Antwort zufrieden. Sie verabschiedete sich von dem Arzt und verließ das Krankenhaus.

* * *

Mrs. Potter hatte das Mittagessen vorbereitet und räumte gerade etwas die Küche auf, als das Telefon klingelte. Sie ging ran und meldete sich. Ihre Auftraggeberin war dran und sagte, dass es wichtig sei. Deswegen verzichteten beide auf den sonst üblichen Smalltalk.

»Kennen Sie das Katerinenfest?« Marias Mutter klang recht freundlich, aber trotzdem bestimmt.

Mrs. Potter berichtete kurz vom Nachmittag bei Pauls Oma, die sich mit dem Fest gut aus kannte.

Frederike Beller war zufrieden. »Das ist gut. Maria wird an dem Fest die Katerina spielen. Ich möchte, das sie alles veranlassen und gewähren, um Maria dies zu ermöglichen.«

Mrs. Potter verstand noch nicht. »Aber sollte dies nicht die Baroness machen?«

Marias Mutter war verwundert, dass diese Nachricht sich noch nicht verbreitet hatte. »Sophie hatte einen schweren Autounfall und fällt deswegen aus.«
Jetzt fiel auch der Erzieherin die Anfrage des Barons vom Sonntag wieder ein. Sie erzählte von der Zusammenkunft mit dem Baron.

Frederike war bemüht, ihre Stimme sanft klingen zu lassen. »Bitte lassen sie ihre Gefühle gegenüber den Harsumstals ruhen. Ich wünsche eine harmonische und effektive Festvorbereitung.«

Mrs. Potter fühlte sich ertappt. Sie versprach eine gute Zusammenarbeit.

»Es soll bitte noch keiner erfahren«, die Stimme der Auftraggeberin klang geheimnisvoll, »aber Maria soll auf dem Fest die Originalhaltung tragen. Das Konsortium würde es sehr begrüßen, wenn meine Tochter dieses schaffen würde.«

Mrs. Potter war sprachlos. »Weiß sie das schon?«

»Ich werde versuchen, es ihr schonend beizubringen.« Im Moment hatte sich die Stimme der Mutter gegenüber der der Wissenschaftlerin durchgesetzt. »Sie wird das in den Ferien bei mir trainieren. Aber Sie können es ihr in einem geeigneten Moment ruhig schon sagen.«

»Darf Paul es auch wissen?« Mrs Potter musste sofort an Marias neuen Freund denken.

Frau Beller schien einen Moment nachzudenken. »Er darf es wissen. Sonst versuchen sie bitte es geheim zu halten. Ich werde alles notwendige veranlassen.« Sie machte eine kleine Pause. »Bitte seien sie in Bezug auf Maria ab jetzt sehr flexibel. Das Fest ist sehr wichtig und es sind alle damit einverstanden, dass Marias Programm im Notfall solange ausgesetzt wird. Dies dürfen sie selbst entscheiden.«

Mrs. Potter fragte nach Prioritäten.

»Es wird für das Fest viel Vorbereitungen geben, Tanzstunden, Unterricht und Benimm, sowie Sprachunterricht. Maria sollte es möglich sein, an allen Veranstaltungen teil zu nehmen.«

Mrs. Potter versprach, dies ihrem Schützling möglich zu machen.

* * *

Paul war sehr zufrieden. Wieder hatte Maria die Mathematikaufgabe selbstständig gelöst. Er lobte sie.
Maria freute sich sichtlich über das Lob. Doch auf einmal glitt ein Schatten über ihr Gesicht. Paul sah dies zwar, aber er verstand zunächst nicht, was seiner Freundin die Stimmung trübte.

Doch dann hörte auch er die deutlichen Schritte von Marias Erzieherin auf der Treppe. Er spürte, wie ein wenig von Marias guter Laune verschwand.

Mit bewusst sanften Schritte betrat Mrs. Potter das Zimmer und genauso sanft klang ihre Stimme, als sie Maria an ihre Probe erinnerte.

Paul nahm an, das Mrs. Potter Maria wieder selbst zur Probe bringen würde und deswegen wollte er sich verabschieden, als sie beide von Marias Erzieherin überrascht wurde. Sie wandte sich an Paul: »Möchtest Du Maria zur Probe begleiten?«

Paul blickte kurz zu Maria und sah, dass diese von der Aussicht genauso erfreut war. Er sagte gern zu.

Maria begann ihre Sachen zusammen zu packen. Die Flöte, auf der sie vorhin noch geübt hatte, packte sie in den Kasten und letzteren in ihre Tasche, in der schon der Notenständer und die Noten waren. Dann blickte sie fragend zu ihrer Erzieherin, die ihr Cape schon bereit hielt.

»Wie wollt ihr das Cape tragen?« fragte Mrs. Potter mit sehr liebevoller Stimme.

Maria war von der Frage ihrer Erzieherin anscheinend genauso überrascht wie Paul. Sie blickte zwischen Paul und Mrs. Potter hin und her und fast meinte Paul, bei Maria ein Leuchten im Gesicht zu sehen. Doch dann schien sie sich zu besinnen. »Ganz normal« Ihre Stimme klang leise und unsicher.

Paul war überrascht, das Maria hier eine Wahlmöglichkeit zu haben schien. Doch noch größer wurde seine Überraschung, als Mrs. Potter auf einmal auf ihn zu kam. Sie griff in die Tasche und reichte Paul ein kleines Schlüsselbund. Ihre Stimme klang feierlich. »Paul, Du sollst jetzt ein eigenes Schlüsselbund für Maria bekommen.« Sie zeigte ihm einen der Schlüssel. »Dieser hier ist für das Cape« Sie nahm einen anderen Schlüssel in die Hand. »Und dieser passt in die meistens der Vorhängeschlösser.«

Paul wusste überhaupt nicht, was er sagen sollte. Sein Blick ging hilflos zwischen Maria und Mrs. Potter hin und her. Schließlich brachte er ein leises »Danke« über die Lippen. Ein vorsichtiger Blick zu Maria zeigte ihm, dass diese von diesem Geschenk auch eher überrascht war.

Anschließend reichte sie ihm das Cape und bat ihn, Maria dabei zu helfen. Er kam dieser Bitte mit zitternden Händen nach.
Nachdem Paul den Reißverschluss zugezogen hatte, bekam er von Maria einen Kuss »Danke!«

Doch beide wussten noch nicht so recht, wie sie mit der neuen Situation umzugehen hatten.

* * *

Es war Petra, eine der anderen Flötistinnen, die die Neuigkeit mit zur Probe mitbrachte. »Wisst ihr, wer heute einen Unfall hatte und bei uns eingeliefert wurde.«

Die anderen Musiker blickten Petra erstaunt an. Sie arbeitete im Unfallkrankenhaus, doch es war ungewöhnlich, dass sie etwas aus der Arbeit berichtete.

»Unsere liebe Baroness.« Sie verdrehte etwas die Augen. Dabei strahlte die Schadenfreude über das gesamte Gesicht.

»Und wisst ihr, was die beste Nachricht ist?« Sie blickte mit einem breiten Grinsen in die Runde.

Die anderen Musiker blickten sie neugierig an.

»Sie muss wegen der vielen Verletzungen mindestens ein halbes Jahr in der Klinik bleiben und kann deswegen an dem Fest nicht teilnehmen.«

Die Nachricht freute alle. Die Baroness mochte keiner und alle hatten erwartet, dass sie das Fest ruinieren würde.

Jemand fragte, wer denn nun die Katerina spielen würde. Es herrschte Ratlosigkeit trotz der guten Stimmung. Paul hatte eine Ahnung, traute sich aber nichts zu sagen.

Der Bassist überlegte. »Meine Frau ist im Festausschuss und der tagt im Moment nebenan. Wir werden es bald erfahren.«

Fritz wollte zwar nicht die gute Stimmung verderben, aber er erinnerte daran, dass sie ja eigentlich proben wollten. Er sagte das erste Stück an.

* * *

Baron von Harsumstal lehnte sich zurück und blickte noch einmal auf die schon anwesenden Personen. Sie waren bisher fast alle seiner Einladung gefolgt, obwohl er noch keine der brisanten Neuigkeiten bekannt gegeben hatte. Nur die Betreuerin der Hauptdarsteller fehlte noch.

Er fragte sich, wie sie wohl auf die neue Situation reagieren würden. Er schaute in die Runde und versuchte die einzelnen Personen zu taxieren.

Da war sein Vertreter Robert, ein eher konservativer Mann, dem hier im Ort eines der Einzelhandelsgeschäfte gehörte. Er war mit der Entwicklung von Sophie nie einverstanden gewesen und es würde ein leichtes sein, ihn für Maria zu gewinnen.

Der Baron nahm sich vor, auf dieser Versammlung und auf der von Morgen noch nichts von dem »Gebet auf dem Rücken« zu sagen, es würde seinen Plan nur gefährden, wenn es zu früh bekannt werden würde.

Er ließ seinen Blick noch einmal schweifen und blickte zum Protokollführer. Dieser war auch ein Geschäftsmann, der ein Bauunternehmen leitete. Auch ihm war an einem reibungslosen Festverlauf gelegen und er würde sicher auch keinen Ärger machen.

Dann blieb noch der Kassenwart, bei ihm war sich der Baron nicht sicher. Er war einer der Direktoren der Sparkasse und diese hatte sich viel davon versprochen, wenn sie mit Sophie werben konnten. Hier wäre Maria sicher kein passabler Ersatz. Der Baron musste sich darauf einstellen, von dieser Seite Gegenwind zu bekommen. Andererseits, so wollte er argumentieren, würde das Fest mit Maria sicher auch ein Erfolg werden.

Die einzige Frau in der Runde erschien. Ihr oblag die Betreuung der Hauptdarsteller und auch ihr war sicher sehr daran gelegen, nicht mit Sophie zusammen arbeiten zu müssen.

»Ich freue mich, dass ihr alle hergekommen seid.« Der Baron war bemüht, einen Ton der Harmonie entstehen zu lassen.

Nachdem er die Beschlussfähigkeit festgestellt hatte, präsentierte er die heutige Tagesordnung. »Es wird Euch sicher aufgefallen sein, das mit dem heutigen Tag große Änderungen anstehen.« Er bemühte sich, jetzt etwas mitleiderregend zu klingen. »Meine Tochter hatte einen schweren Autounfall und kann an dem Fest nicht teilnehmen. Deswegen müssen wir den Ablauf für das Fest und die Vorbereitung noch einmal neu planen.«

Robert fragte nach, ob der Baron denn schon eine Zweitbesetzung für die Rolle der Katerina ausgesucht hatte.

»Das möchte ich ja mit Euch besprechen.« Der Baron versuchte den besorgten Vater zu geben. »Ich hatte am Sonntag Maria Beller gefragt, ob sie das übernehmen könnte. Sie hat zugesagt.«

In der Runde war ein deutliches Aufatmen zu vernehmen.

Doch der Kassenwart hatte mit dem Ausfall von Sophie so seine Probleme. »Und es ist ausgeschlossen, dass Sophie es nicht vielleicht doch machen kann?« Er kramte in seinen Unterlagen. »Wir haben da ein paar wichtige Sponsorenverträge, die ausdrücklich Sophie verlangen.«

Insgeheim hatte der Baron mit solchen Einwänden gerechnet. »Er nahm eine Mappe zur Hand und reichte sie dem Direktor der Sparkasse. »Hier sind die Berichte der Polizei und des Krankenhauses.«

Der Kassenwart begann die Berichte zu lesen.

* * *

Maria setzte ihre Flöte ab und blickte fast etwas abwesend auf ihre Noten. Sie hatte eben zum dritten Mal ihren Einsatz verpasst.

So nach und nach hörten auch die anderen Gruppenmitglieder mit dem Spielen auf. Fritz wurde schon langsam etwas unruhig. »Maria, was ist denn heute los?«
Alle in der Runde sahen, dass Maria auf einmal einen recht verwirrten und unkonzentrierten Eindruck machte.

Pauls Freundin blickte auf die anderen und entschuldigte sich. »Verzeiht mir, ich bin heute etwas unkonzentriert.«

»Du gefällst mir heute gar nicht.« Carla war wie immer recht aufmerksam. »Fehlt Dir was?«

Maria Blick war fast etwas abwesend. Sie blickte verwundert in die Runde. Ihre Stimme klang leise. »Ich glaube, ich bin die neue Katerina.«
53. RE: Maria

geschrieben von ok2601 am 12.01.14 20:50

Gratulation

diese Story ist absolut super, stielistisch und inhaltlich.

Baronesschen, könnte sich zu einer sehr interessanten Nebenhandlung entwickeln.
Orthopäden haben da so ihre mittel, aus einem partygirl eine folgsame tochter zu machen.
Kommunikation dauerhaft zu unterbinden oder zu erschweren.
Gips kann durch plastik und stahl ersetzt werden,was nach der "heilung" sowieso erforderlich wäre.
Ihre soziale Stellung ist damit, dahin.
Sie kann dann froh sein wenn sie einer überhaupt noch ansieht.


Weiterhin wünsche ich dir noch viel erfolg bei den nächsten Folgen.
54. RE: Maria

geschrieben von AK am 13.01.14 16:57

Super story. Habe soe gerade fast ohne pause verschlungen. Freue mich schon auf die vortsetzung.
55. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.01.14 17:03

Soviel zum Thema: Berufswunsch Tochter!
Das dürfte sich erledigt haben und nach der Reha wird die "Baronesse" wirklich eine Baronesse sein, Wohlerzogen Höflich und mit guten Manieren.
Vielleicht kommt sie in ein Internat wo ihr das gute Benehmen Beigebracht wird.
Allerdings hoffe ich dass das Training für das Gebet auf dem Rücken nicht zu hart für Maria wird und das Paul auch weiter zu ihr hält und ihr hilft.
Kein Wunder das Maria beim Gedanken die Katerina zu Spielen und das Gebet tragen zu müssen Abwesend ist.
56. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.01.14 19:05

Ich habe in 7/1 im Zusammenhang mit Sophie einen bewußten Widerspruch eingebaut und wollte mal fragen, ob euch der aufgefallen ist?
57. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.01.14 19:35

Ok ich habs jetzt 3mal gelesen find den Widerspruch nicht Karl.
58. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.01.14 20:06

Zitat
Soviel zum Thema: Berufswunsch Tochter!
Das dürfte sich erledigt haben und nach der Reha wird die \"Baronesse\" wirklich eine Baronesse sein, Wohlerzogen Höflich und mit guten Manieren.
Vielleicht kommt sie in ein Internat wo ihr das gute Benehmen Beigebracht wird.


Wie ich es schon angedeutet habe, ist die Geschichte Maria mit dem Kapitel 14 bzw. dem Katerinenfest zuende...

Eine Nachfolgegeschichte soll sich dann mit der (Um)-Erziehung von Sophie befassen... mit Maria als Vorbild und ggfs. auch als Trainerin. Aber dafür gibt es bisher nur drei bis vier Stichwörter... und ich bin für alle Ideen und Wünsche, was die Erziehung betrifft offen.
59. RE: Maria

geschrieben von Petbitch am 13.01.14 23:23

Ich fands super geschrieben
60. RE: Maria

geschrieben von Petbitch am 13.01.14 23:23

Ich fands super geschrieben
61. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 14.01.14 06:38

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Der Kassenwart blickte auf und sah den Baron zweifelnd an. Doch dann klappte er die Mappe zu und reichte sie weiter. »Wer ist denn die Neue? Hat sie wenigstens Format?«

Insgeheim hatte der Baron mit dieser Frage gerechnet und er brachte die Argumente vor, die er sich zurecht gelegt hatte. Am Ende seiner Worte waren alle am Tisch zuversichtlich, dass das Fest mit Maria vielleicht doch ein Erfolg werden könnte.
Er blickte in die Runde und spürte, dass er es vermutlich geschafft hatte. Selbst der Kassenwart hatte versprochen, noch einmal mit den Sponsoren zu reden und auf die veränderte Situation aufmerksam zu machen.

»Da wäre noch die Ausbildung der Katerina.« Der Baron nahm eine andere Liste zur Hand. Er warf einen Blick darauf und wandte sich an seinen Robert, der sich um alle Belange rund um die Ausbildung der Katerina zu kümmern hatte. Er hatte den Kontakt zu den verschiedenen Lehrern und machte die Termine aus. »An welchen Terminen hat meine Tochter bisher teilgenommen?« Der Baron wusste, dass er sich die Frage eigentlich hätte sparen können, doch der Form halber musste er sie stellen.

Sein Vertreter seufzte. Auch er nahm eine Liste zur Hand, doch auch er musste nicht darauf blicken, um die Antwort geben zu können. »Keinen einzigen.«
Für einen Moment ließ der Baron seine wahren Gefühle durchblicken. »Das hätte mich auch gewundert.« murmelte er leise. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle und ging zu der Tafel, auf der er eine kleine Skizze gemalt hatte. Sie zeigte den zeitlichen Verlauf bis zum Fest und deutlich sichtbar war ein Zeitraum von drei Wochen, der mit USA beschriftet war.

Er nahm einen Stift und begann die Skizze zu erklären. »Maria wird in den Sommerferien drei Wochen in den USA sein zu einer wichtigen medizinischen Untersuchung. Dies ist seit längerem geplant und kann nicht verschoben werden.« Er zeigte den Bereich auf der Tafel, als wollte er damit die Wichtigkeit betonen.
»Das bedeutet«, so sprach er weiter, »das wir die Ausbildung der Katerina auf die restliche Zeit zusammenfassen müssen.« Er blickte auf seinen Verteter, der die Termine ausmachte. »Könnten sie das koordinieren?«

Robert stöhnte. »Das wird nicht einfach. Es sind allein zehn Tanzstunden, vier Sprachstunden und einiger theoretischer Unterricht.«
Insgeheim hatte der Baron sich schon überlegt, wie er auf die verschiedenen Einwände reagieren würde. »Dann sorgen sie dafür, dass mehrere Termine an einem Tag stattfinden.«

Sein Vertreter versprach es.
Die Betreuerin des Prinzenpaares fragte, wer denn dann die Rolle des Prinzen übernehmen sollte.

An dieser Stelle merkte der Baron, dass er etwas wichtiges vergessen hatte. Die Rolle des Herzogssohns. Er versuchte Zeit zu gewinnen und blätterte etwas in seinen Unterlagen. Doch er fand keine wirklich befriedigende Antwort. »Mein Neffe wird den Herrzogssohn spielen. So wie bisher geplant.«
Der Baron ging wieder zum Tisch und nahm platz. »Ich habe für morgen Abend eine große Sitzung angesetzt, bei der auch die Sponsoren und das Prinzenpaar anwesend sein werden. Dort werden wir die neue Katerina vorstellen.«

Er wandte sich an Robert. »Könnten sie es schaffen, bis Morgen Abend einen groben Ausbildungsplan auszuarbeiten und die Termine dafür abzustimmen?«
Als der Baron das entsetzte Gesicht des zweiten Vorsitzenden sah, fügte er ein »Es wäre sehr wichtig« hinzu.

Schließlich kam ein »Ich will es versuchen.«

Fritz realisierte als erster, was Maria gerade gesagt hatte. Doch auch er war sich nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte. »Bist Du Dir da sicher?«
Maria legte ihre Flöte aus der Hand und blickte ihre Musiker nachdenklich an. »Der Baron war am Sonntag bei uns und hat ´sie´ gefragt.« In der Runde wussten alle, das Maria ihre Erzieherin meinte. »Und wir haben zugesagt, das ich einspringe, wenn der Baroness etwas zustoßen sollte.«

Carla legte ihren Arm auf Marias Schulter. »Du wirst eine wesentlich bessere Katerina geben. Ach Kinder, das wäre zu schön.«
Auch die anderen Musiker im Raum brachten ihre Freude und vor allem auch ihre Erleichterung zum Ausdruck. Das Fest fand immerhin nur alle sieben Jahre statt und es wäre schon sehr schade gewesen, wenn es diesmal von der Baroness ruiniert worden wäre.

Die allgemeine Freude steckte Maria an. »Ich freue mich auch.« Doch dann wurde sie nachdenklich. »Seltsam, der Baron war noch so zuversichtlich, dass seine Tochter es schaffen würde.«

Fritz blickte stolz auf Maria. »Denk nicht mehr an sie.« Er blickte kurz zu seiner Frau. »Du gibst der Rolle viel mehr Würde und du wirst eine gute Katerina sein.« Doch dann glitt ein kleiner Schatten durch sein Gesicht. Er blickte auf einmal etwas ernster. »Aber du wirst uns fehlen.«

Maria hatte den Stimmungsumschwung in seiner Stimme bemerkt, doch sie verstand nicht, was er meinte. Sie blickte ihn fragend an.

Er lächelte. »Naja, wenn Du als Katerina die Ketten oder den Handschuh trägst, kannst Du ja schlecht bei uns mitspielen.«

Erst jetzt begriff Maria und deswegen war sie auch ein klein wenig enttäuscht. Sie hatte sich sehr auf die Auftritte auf dem Fest gefreut und vor allem auf die Aussicht, bei den Auftritten die erste Stimme spielen zu dürfen.

Fritz, der immer sehr einfühlsam war, ahnte, was Maria in diesem Moment dachte, tröstete sie. »Freue Dich auf deine Rolle. Und die erste Stimme kannst Du ja trotzdem üben.«

Karin wurde etwas skeptisch. »Wenn Du überhaupt noch Zeit findest, zu den Proben zu kommen.« Sie erzählte, dass Kerstin als Katerina fast jeden Abend unterwegs war.

Marias Augen begannen zu leuchten. Sie blickte sich zu Paul um, der wieder mit zu Probe gekommen war. Sie lächelte. Diesmal war er nicht eingeschlafen.


Das Telefon klingelte. Missmutig nahm Franz-Ferdinand den Hörer ab. »Freiherr von Schleihthaal, bitte?«
Wenn er als Jura-Student auch sonst wenig von seinem Adelstitel hatte, konnte er ihn doch immerhin dafür nutzen, um sich am Telefon beeindruckend zu melden. Meistens waren es ohnehin nur seine Mitstudentinnen, die ein Rendezvous mit ihm haben wollten. Doch danach verlangte es Franz-Ferdinand nur selten.
Die Stimme am anderen Ende kannte er. »Ach du bist es, Onkel Friedrich.« Er begrüßte den Baron ungern mit dem Titel, der ihm zugestanden hätte, denn vom Adelsrang gesehen stand sein Onkel Baron Harsumstal weit über ihm. Und das wurmte ihn oft.

»Wie Du sicher schon weißt,« Der Baron wusste, dass er es noch nicht wissen konnte, »hatte Deine Cousine einen schweren Unfall und fällt somit für das Fest aus.«
Das Schicksal seiner Cousine war Franz-Ferdinand eigentlich gleichgültig, aber ihren aktuellen Lebenswandel lehnte auch er ab.
»Das bedeutet, dass Du als ´Herzogssohn´ mit einer anderen Darstellerin vorlieb nehmen musst«

Franz-Ferdinand fragte sich, wenn aus seiner Familie der Baron wohl ausgewählt hatte. Er brummte ein »Ja?«

»Du wirst mit Maria Beller das Fest spielen?«

Auf einmal war der Neffe hellhörig. »Was? Wer ist das? Doch nicht etwa eine bürgerliche?«

»Ich möchte Dich einladen, morgen Abend ist eine Festsitzung außer der Reihe. Ich würde Euch beide gern vorstellen.«

Franz-Ferdinand war verärgert. Was fiel seinem Onkel ein, einfach so über seine Zeit zu verfügen. »Da kann ich nicht. Wir müssen das letzte Examen von Ludwig besprechen.« Eigentlich wollte er ´begießen´ sagen, aber im letzten Moment konnte er sich noch beherrschen. Allerdings ahnte er, dass sein Onkel genau wusste, was dieses Besprechen wirklich war.

Der Baron stöhnte und geriet langsam in Sorge. Er konnte es nicht zulassen, dass jetzt ausgerechnet sein Neffe ihm einen Strich durch die Rechnung machen würde. »Dann schau sie Dir wenigstens mal an. Ich möchte, dass ihr das Fest zusammen spielen sollt.«

Der Neffe rang sich ein »Mal sehen« heraus, dann legte er auf.

Der Baron machte ein sorgenvolles Gesicht und ärgerte sich. Warum hatte er bloß die Rolle des Herzogssohns nicht bedacht. Sein so mühsam gezimmerter Plan könnte ins Wanken kommen und das musste er unbedingt verhindern.

* * *

Jetzt wo er offiziell Schlüssel für Maria bekommen hatte, fiel Paul der Umgang mit Marias Cape etwas leichter. Er holte es von dem Haken, wo er es vor der Probe aufgehängt hatte und trat zu Maria. Er breitete das Cape aus und hielt es Maria so hin, das sie leicht hinein kommen könnte. Dabei fragte er sich, ob Maria wohl wieder die Ärmel in dem Cape benutzen würde. Er ahnte, dass Maria wohl ziemlich hilflos war, wenn ihre Arme so festgehalten wurden. Er blickte Maria fragend an.
Doch Maria war noch so in Gedanken, dass sie gar nicht auf Paul achtete. Sie steckte fast automatisch ihre Arme in die bereitgehaltenen Ärmel.

Paul war schon etwas verwundert, denn er hatte insgeheim damit gerechnet, dass Maria heute die Bewegungsfreiheit ihrer Arme bevorzugen würde. Doch um ihre Stimmung nicht zu stören, ließ er sich viel Zeit und schloss ihr Cape bewusst sehr langsam. Denn es war ihm bewusst, dass es den anderen Musikern vielleicht auffallen würde, dass Maria ihnen jetzt nicht mehr die Hand reichen konnte. Andererseits, so sagte er sich, sie wären bestimmt die eine oder andere Besonderheit von Maria gewöhnt.

Erst als Paul sehr langsam den Kragenriegel zusammen schob und es leise »Klick« machte, schien Maria zu erwachen. Erst jetzt versuchte sie ihre Arme zu bewegen und stellte natürlich fest, das sie dieses nicht mehr machen konnte. Sie blickte Paul etwas erschrocken an. »Ich wollte die Ärmel gar nicht nutzen.«
Paul sah recht fasziniert, wie Maria ihren verbliebenen Freiraum auslotete. Doch dann vertrieb er seine egoistischen Gedanken und begann zu überlegen. Er tastete nach seinem neuen Schlüsselbund und fragte Maria, ob er Maria das Cape wieder öffnen sollte.

Maria hielt auf einmal in ihren Bewegungen inne. Sie schien zu überlegen. Auf einmal sah Paul, wie sie ihre Arme bewusst langsam in ihren Gefängnissen zu bewegen schien. Ihre Augen glänzten. »Nein, lass nur, dass ist ja ganz bequem so.« Und um Paul zu beruhigen, küsste sie ihn kurz auf die Wange.
Paul blickte sehr fasziniert auf Maria und ihre sehr stolze Haltung.

»Maria, hast Du noch einen Moment Zeit?« die Stimme von Karin klang etwas hektisch, als sie eilig auf Maria zu kam.
Paul bekam einen Schreck, denn er wusste nicht, ob die anderen Musiker über Marias besonderes Cape Bescheid wussten oder ob Maria ihren Zustand geheim halten wollte.

Maria drehte sich langsam zu Karin hin und blickte sie etwas unsicher an.
Doch zum Glück schien Karin die Besonderheit des Cape nicht wahrzunehmen. Oder sie hatte sich längst dran gewöhnt. Paul wusste es nicht.
»Wenn Du möchtest, dann kann ich Kerstin fragen, ob sie Dich mal besuchen kommt.« Der Blick von Karin hatte in diesem Moment etwas träumerisches. »Sie war damals eine tolle Katerina und wird Dir sicher sehr viel Tipps geben können.«

Maria nahm das Angebot dankbar an. »Sie soll mal kurz anrufen, dann können wir einen Termin ausmachen.«

Karin wünschte Paul und Maria noch einen schönen Abend, dann drehte sie sich um und ging zu ihrer Tasche zurück.

Paul nahm unbewusst Maria in den Arm und flüsterte ein »Ich hatte schon Angst, sie hätte was gemerkt«

Maria blickte ihn an und lächelte. »Mach Dir keine Sorgen, die anderen wissen fast alle Bescheid.«

Auf der einen Seite fand Paul es beruhigend, andererseits hätte er auch gern mehr über Marias Geheimnis gewusst.

* * *

Sie gingen langsam auf die Straße. Paul hatte Maria zärtlich und sehr vorsichtig in den Arm genommen. Er versuchte sensibel darauf zu achten, ob Maria mit dieser Umarmung einverstanden war. Doch da er keinerlei Anspannung spürte und sich Maria sogar etwas an ihn schmiegte, schien alles in Ordnung zu sein.
Nach einiger Zeit blieb Maria stehen und ein Leuchten war in ihrem Gesicht zu sehen. Sie schluckte. »Paul, ich würde Deine Oma gern noch mal etwas fragen. Meinst Du, sie hätte mal Zeit für mich?«

»Oh, wir können kurz bei uns vorbei gehen, um diese Zeit ist sie immer noch auf.« Auch wenn Paul nicht wusste, was Maria wohl von seiner Oma wissen wollte, freute ihn diese Anfrage sehr.

Maria wollte abwiegeln. »Oh, um diese Zeit mag ich aber nicht mehr stören.«

»Du störst nicht.« Jetzt spürte Paul eine Spannung in Marias Körper, doch er wusste, wie er damit umzugehen hatte. »Wir gehen jetzt einfach zu ihr. Sie freut sich sicher über Deinen Besuch.«

In Maria kämpften ihr sehnsüchtiger Wunsch, noch einmal einen Blick auf die Zeichnung mit dem »Gebet auf dem Rücken« mit ihrer guten Erziehung und dem Wissen, dass es wohl eher unhöflich war, um diese Zeit noch fremde Leute zu besuchen.

Doch beim Weitergehen spürte Maria eine immer stärker werdende Dominanz von Paul. Er ließ ihr einfach keine Wahl mehr, sondern schob sie sanft voran. Besonders deutlich wurde dies an der Kreuzung, wo sie zu Pauls Haus abbiegen mussten So langsam begriff Maria, dass sie sich in diesem Moment Paul unterzuordnen hatte. Auf einmal kribbelte es in ihrem Bauch.

Paul fiel auf, dass die Anspannung ihres Körpers wieder nachgelassen hatte.

* * *

Zu Marias Erleichterung war Pauls Oma tatsächlich noch wach. Sie saß auf der Bank vor dem Haus und strickte an einem Pullover. Als sie die beiden kommen sah, stand sie auf, legte ihr Strickzeug weg und kam ans Gartentor. »Das ist schön, dass Du Maria mitbringst.«

Beiden begrüßten Pauls Oma artig und fast etwas übertrieben höflich.

Selma lächelte. »Was führt Dich zu mir?« Sie blickte fragend auf Maria. Irgendwie wusste Selma, dass Maria nicht so einfach von ihrem Weg abweichen würde. Es musste einen Grund für diesen Besuch geben.

Marias Stimme war sehr leise. »Ich hätte da eine Frage.«

Selma lächelte hintergründig. »Gern, kommt nur herein.«

Sie öffnete die Haustür und bat die beiden herein. Dabei warf sie einen sehr interessierten Blick auf Marias Cape. Fast schien es, als würde sie durch das Cape auf Marias gefangene Arme blicken wollen.

Maria blickte Paul auf einmal etwas sorgenvoll an. »Ich muss ´sie´ anrufen, dass ich später komme.« Paul wusste sofort, wer gemeint war. Er zeigte Maria das Telefon.

Es war deutlich zu sehen, dass Maria in alter Gewohnheit das Cape hoch heben wollte. Doch sie musste sofort feststellen, dass sie in dem Cape gefangen war. Sie lächelte in sich hinein und blickte Paul fragend an. »Könntest Du für mich anrufen?« Sie nannte ihm die Nummer.

Paul musste erst einmal schlucken, denn er hatte immer noch großen Respekt vor Marias Erzieherin. Doch er wollte Marias Bitte auf jeden Fall nachkommen. Mit etwas zitternder Hand wählte er die Nummer und wartet.

»Mrs. Potter.« hörte er die Stimme aus dem Hörer.
»Hier ist Paul,« in diesem Moment fiel ihm ein, dass er vielleicht auch seinen Nachnamen nennen sollte. »Paul Mohr. Ich soll von Maria ausrichten, dass sie später kommt.«

»Warum kommt sie später?« Ihre Stimme klang streng und Pauls Herz rutschte noch weiter die Hose herunter.

Er musste sich räuspern, bevor er weiter sprechen konnte. »Wir sind bei meiner Oma, weil Maria sie etwas fragen möchte.«

Auf einmal klang die Stimme von Mrs. Potter viel freundlicher. »Na dann ist ja gut. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend.«

Sie verabschiedeten sich und Paul legte auf. Er war sehr erleichtert und blickte Maria freudig an. »Sie wünscht uns einen schönen Abend.«

Maria kam zu Paul her und küsste ihn auf die Wange. »Danke, das war sehr nett von Dir.« Sie versuchte ihn zu streicheln. »War sie sehr streng?«

Paul war wegen dieser Frage überrascht, doch dann erzählte er, wie sie erst streng und dann aber sehr freundlich geklungen hatte.

»Ja«, bestätigte Maria, »das macht sie oft so.« Sie lächelte.

Oma Selma war neugierig geworden. »Was wolltest Du denn fragen, Maria?«

Maria drehte sich zu Selma hin und blickte sie erwartungsvoll an. »Ich würde gern noch einmal einen Blick auf die Zeichnung mit der Originalhaltung werfen.«

Oma Selma musste Maria nur ganz kurz in das Gesicht blicken, um ihre wahren Absichten zu erkennen. »Du möchtest die Arme auch so tragen können.«

Maria blickte Pauls Oma erstaunt an. »Woher...« Sie staunte. »Ich meinte, wieso weißt Du das?«

Selma streichelte Maria sanft über den Kopf. »Ich habe am Sonntag Deine leuchtenden Augen gesehen. Und jetzt, nach dem Unfall...« Für einen Moment blickte Selma etwas nachdenklich. Doch dann wandte sie ihren Blick wieder auf Pauls Freundin. »Ich denke, Du würdest das schaffen. Du musst nur tüchtig trainieren.«

Paul verstand zwar nicht so recht, worüber die beiden genau sprachen, aber jetzt mischte er sich ein. »Aber Maria muss doch ohnehin schon ständig üben.« Wobei Paul immer noch nicht wusste, für was Maria diesen faszinierenden Handschuh trug.

Maria blickte ihn mit leuchtenden Augen an. »Ja.« Sie strahlte.

Oma Selma blickte die beiden an. »Kommt, wir gehen ins Wohnzimmer.« Doch dann warf sie noch einen Blick auf Maria. »Willst Du Dein Cape nicht lieber ausziehen?«
Maria blickte Selma verwirrt an. Sie wusste nicht so recht weiter. Sie wäre gern der Bitte von selber nachgekommen, doch die besonderen Eigenschaften des Cape unterbanden dies zuverlässig. Sie konnte sich nicht selber aus dem Cape befreien, sie war darin gefangen. Maria fühlte auf einmal ein seltsames Kribbeln im Bauch.

Doch Paul war auch sehr aufmerksam und Maria sah, dass er schon sein neues Schlüsselbund in den Händen hielt. Maria lächelte.

Vorsichtig schaute Paul, das er auch den richtigen Schlüssel hatte dann machte es leise »Klick« und er konnte den Kragenriegel öffnen und dieser gab auch den Reißverschluss frei. Langsam zog Paul diesen nach unten.

Zu beider Überraschung trat Selma jetzt vor Maria und fragte, ob sie das Cape mal genauer in Augenschein nehmen dürfte.
Im ersten Moment wurde Maria rot, doch dann ließ sie Pauls Oma gewähren.

»Ich wollte mal sehen, wie die Ärmel gearbeitet sind.« Ihre Stimme klang sehr interessiert. »Einfach mal sehen, ob sich seit damals viel verändert hat.«
Paul war sehr verwundert. Er dachte eigentlich, dass er seine Oma genug kennen würde.

Maria wäre Selma gern etwas entgegen gekommen, doch solange das Cape um ihre Schultern lag, konnte sie sich darin so gut wie gar nicht bewegen.
Pauls Oma schob das Cape langsam von Marias Schultern und blickte sehr dabei aufmerksam auf die in den Ärmeln steckenden Arme. »Viel Platz bleibt Dir in den Ärmeln nicht oder?«

Maria seufzte zuerst etwas. »Ja, es ist sehr eng darin.« Doch dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Es fühlt sich toll an und ich mag es gern.« Sie blickte zu Paul. »Wenn Paul dabei ist.« fügte sie verliebt dazu.

Langsam zog Selma das Cape nach unten. »Sag mir bitte, ab wann Du die Arme bewegen kannst.« Sie blickte sehr fasziniert auf Marias immer noch gefangene Arme.
Es war gut zu sehen, wie Maria fast fieberhaft versuchte, der Bitte nachzukommen. Doch erst als die Ärmel schon bis zum Ellenbogen herunter gezogen waren, hatte Maria genügend Freiraum, um selbstständig die Arme aus den Ärmeln zu ziehen.

»Eine sehr gute Arbeit, dieses Cape.« Aus Selmas Stimme klang ehrliches Lob.

»Das haben wir uns zusammen ausgedacht. In den Ferien.« Marias Stimme klang sehr stolz. »Meine Mutter und ich.« Sie kämpfte noch etwas mit den Ärmeln. »Ich wollte unbedingt Ärmel haben und meine Mutter bestand auf einem Cape.« Sie grinste. »Als ich den inneren Ärmeln zugestimmt habe, hatte ich mir die allerdings etwas anders vorgestellt.«

Selma musste lachen.

»Zum Glück muss ich die bei ihr nicht tragen.« Maria verzog ganz leicht das Gesicht. Jeder wusste, wer gemeint war. »Aber bei Paul fühlt es sich toll an.« Sie war jetzt ganz aus dem Cape geschlüpft, nahm es in die Hand, um es sorgfältig zusammen zu legen. Dann erst legte sie es auf die Garderobe.

»Na dann kommt mal mit ins Wohnzimmer.« Sie ging voran.
Sie bot den beiden Plätze an, dann ging sie an den Wohnzimmerschrank und holte die Mappe heraus. Sie legte es vorsichtig auf den Wohnzimmertisch und schlug die betreffende Seite auf.

Maria hielt den Atem an. Wieder war dieses Leuchten in ihren Augen zu sehen.

Auch Paul blickte auf die Zeichnung und so langsam begann er zu begreifen, um was es Maria ging. Er blickte sie verwundert an. »Das willst Du schaffen?«

Maria blickte ihn an und in diesem Moment, als Paul Marias Augen sah, war sogar ihm klar, wie sehr Maria schon von dem Bild gefangen war.

Oma Selma begann auf einmal zu grübeln. »Warte mal, ich glaube, da habe ich auch noch eine andere Zeichnung.« Sie zog die Mappe zu sich hin und blätterte sehr vorsichtig darin. Schon nach wenigen Seiten hatte sie es gefunden.

Die Zeichnung zeigte eine junge Frau, die einen schwarzen Catsuit trug. Sie kniete und saß auf ihren Fersen. Doch das erstaunliche war die Armhaltung. Die Arme lagen über Kreuz auf dem Rücken und wurden von Riemen jeweils zur gegenüberliegenden Schulter gezogen. Die Riemen verliefen über die Schulter, um dann vorn zu einer Art Gürtel geführt zu werden. Durch ihren Schritt verliefen vom Gürtel nach unter verlaufende Riemen. Die Frau zeigte ein sehr stolzes, wenn auch leicht gequältes Gesicht.

Maria blickte sehr fasziniert auf die Zeichnung. Sie stöhnte leise und biss sich auf die Lippen.
Oma Selma hatte Marias Faszination bemerkt. Fast beiläufig, so sollte es rüber kommen, erwähnte sie, dass hier vermutlich einfach eine Zwangsjacke aus Leder umgearbeitet wurde.

Es war Paul, der eher unbewusst den Anstoß gab »So eine hast Du doch auch, Maria. Nur in Weiß.«

Maria griff den Gedanken auf. »Stimmt, die hat sogar rote Riemen.« In ihrer Stimme klang Begeisterung. Erst dann ging ihr durch den Kopf, um was es wirklich ging. »Du meinst, wir sollten sie »so« machen?« Bei dem ´so´ hatte Maria noch einmal eindringlich auf die Zeichnung geblickt.

Selma wollte die beiden ermutigen. »Das wäre eine sehr gute Idee.«

Maria blickte sie nachdenklich an. »Wie? Du meinst...«

Selma nickte. »Wenn Du das Gebet trainieren willst, dann wäre so eine Jacke ein sehr guter Anfang.«

Maria schaute etwas zweifelnd. »Aber ob sie das erlauben wird? Immerhin ist das meine Strafjacke.« Sie seufzte etwas.

Auf einmal sah Selma sehr entschlossen aus. »Das mache ich schon.« Sie stand auf. »Wie war noch mal die Telefonnummer?«

Maria nannte die Zahlen. Selma ging aus dem Zimmer. Beide blickten ihr nach.
Paul drehte sich wieder zu der Zeichnung. Er sah noch einmal recht intensiv auf die kniende Frau. Eine seltsame Faszination überkam ihm dabei. »Sie kann ihre Arme gar nicht mehr bewegen«, stellte er flüsternd fest.

Aus Maria sprach die Vorfreude. »Du hast recht. Das ist eine sehr interessante Haltung.«

Selma kam zurück. »Paul, magst Du kurz mal zu Doro gehen und die Jacke holen? Sie weiß Bescheid.«

Maria entglitt ein kurzes »Super«. Dann drehte sie sich zu Paul. »Ach ja bitte, das wäre sehr nett.«

* * *

Pauls Herz klopfte laut, als er jetzt an Marias Haus klingelte. Gleich darauf waren ihre resoluten Schritte zu hören. Die Tür ging auf.
»Ah, Du bist es, Paul.« Sie machte eine einladende Handbewegung. »Komm kurz rein. Ich habe die Jacke schon bereit gelegt.« Ihre Stimme klang ausnehmend nett.

Auf dem kleinen Tischchen neben dem Telefon lag ein weißes Etwas. Auf den ersten Blick hätte man es für einen normal zusammengelegten Pullover halten können. Doch zum einen war deutlich das besondere Material zu erkennen und zum anderen störten einige der roten Riemen, die hier und da aus dem Bündel heraus ragten.
Mrs. Potter ging zu dem Tisch und gab Paul die Jacke. Sie blickte ihn ermunternd an. »Ich bin schon sehr gespannt, wie Maria damit zurecht kommen wird.«

Doch auf dem Tisch lag noch ein kleiner Stoffbeutel. Als Marias Erzieherin den in die Hand nahm, war ein metallisches Klirren zu hören. »Hier ist noch etwas Zubehör. Ich weiß nicht, ob Selma das auch braucht.« Sie reichte Paul auch den Stoffbeutel und Paul war wegen seines Gewichtes erstaunt.

Was mochte wohl in dem Beutel drin sein, schwer und nach Metall klingend? Doch dann war es ihm klar, das es sicher einige Vorhängeschlösser waren, wie sie bei Maria nur allzu oft anzutreffen waren.

Paul blickte Mrs. Potter unsicher an. Wie viel hatte seine Oma ihr denn schon gesagt. Paul wusste nicht, ob er in diesem Moment etwas verraten durfte. Er rang sich zu einem »Danke« durch.

Marias Erzieherin schien Pauls Unruhe zu spüren. Sie ging zur Haustür und öffnete sie. »Na dann viel Spaß mit der Jacke. Ich warte auf Euch.«

Paul blickte sie erstaunt an, dann begriff er, dass sie ihm gerade so einige Brücken gebaut hatte. Dankbar wünschte er Mrs. Potter noch einen schönen Abend, dann ging er mit zunächst langsamen höflichen Schritten aus dem Haus. Doch als er auf dem Kiesweg war, beschleunigte er seine Schritte.

Er dachte über das eben Erlebte nach. Mrs. Potter war sehr freundlich gewesen und er hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass er dies gar nicht wahr genommen hatte. Jetzt schämte er sich fast etwas.

* * *

»Oh, die ist ja von vorn zu schließen.« Oma Selma war erstaunt.

»Das durfte ich mir aussuchen.« In Marias Stimme war sehr viel Stolz zu hören.

Oma Selma hielt Maria die Jacke hin und Maria steckte langsam einen Arm in den bereitgehaltenen Ärmel.

»In den Handgelenken ist ein Gummizug.« Ihre Stimme war leise. »Kannst Du mir da rein helfen.«

Selma verstand im Gegensatz zu Paul, was Maria wollte. Sie fasste oben an den Ärmel und hielt ihn fest. Jetzt konnte Maria mit etwas Druck ihre Hand in den eingearbeiteten Handschuh stecken.

»Hast Du darin auch Fingerhüllen?« Selmas Stimme klang sichtlich interessiert.

»Das hatten wir erst überlegt«, sie blickte scheu zu Paul, »aber so streng sollte es dann doch nicht werden.«

Selma bedauerte dies. »es könnte für das Gebetstraining nützlich sein, wenn Du die Hände nicht drehten kannst.« Sie fasste Marias Hand an. »Aber der Handschuh ist ohnehin recht eng gearbeitet. Das müsste auch so gehen.«

Sie half Maria mit dem zweiten Arm. Dann zog sie ihr die Jacke die Schultern hoch.

Selma blickte Paul an, der etwas verloren neben Maria stand. »Magst Du Maria mal die Jacke schließen? Ich halte sie solange fest.«

Paul wunderte sich, was dieser ganze Zirkus sollte, doch seiner Oma wollte er nicht widersprechen. Er fragte sich allerdings, ob seine Oma Maria oder ihre besondere Jacke festhalten wollte.

Er kniete sich vor Maria hin und versuchte die beiden Enden der Jacken zusammen zu ziehen, um den Reißverschluss unten ineinander zu schieben. Doch zu seinem Erstaunen blieb ein Spalt von knapp fünf Zentimeter offen. Er blickte Maria ratlos an. »Die geht nicht zu. Ist sie zu eng?«

Maria wusste im ersten Moment auch nicht, was zu tun wäre. Doch da sie wusste, dass sie die Jacke schon oft getragen hatte, musste es einen Weg geben. »Sie sitzt immer sehr sehr eng. Ich glaube, Du musst kräftig ziehen.«

Paul versuchte es. Es kostete ihm sichtlich Kraft, die beiden Enden zusammen zu bringen und den Reißverschluss zu schließen.

Die Jacke schien aber nur in der Taille so eng gearbeitet zu sein. Ab Marias Brustkorb war die Jacke viel leichter zu schließen.

»Sollten wir den Schrittriemen auch noch schließen?« In Oma Selmas Stimme klang eine seltsame Faszination mit.

Maria war erschrocken. »Nein, das geht nicht.« Dabei blickte sie verängstigt zu Paul. Sie wollte ihr Geheimnis nicht hier vor Paul offenbaren.

Selma trat an Maria heran und fasste sie an ihre Taille. Dann folgte ein prüfender Griff auf Marias Bauch. Sie nickte verständlich. Dann fasste sie kurz an Marias Bein kurz über dem Knie. »Trägst Du den Gürtel immer?«

»Nur wenn ich draußen bin.« ihre Stimme klang ängstlich.

»Das ist sehr weise, mein Schatz.« Selma ging zum Schrank und holte ein Maßband sowie einen Stift und Zettel heraus. »Ich werde dann für die Trainingsriemen maßnehmen.«

Sie trat zu Maria und begann verschiedene Strecken an Maria auszumessen und zu notieren.

Dann setzte sie Stift und Maßband ab und blickte Paul und Maria mit einem sorgenvollen Blick an. »Ich müsste jetzt ein paar Maße nehmen, wenn Maria ihre Arme in der vorgesehen Haltung hat.«

Maria versucht von sich aus, mit ihrem weiß verpackten Arm die Haltung einzunehmen, aber sie musste bald erkennen, dass dieses noch nicht möglich war.

»Ich versuche Euch das erst zu erklären, damit es dann schnell gehen kann.« Sie trat hinter Maria.

»Ich werde Maria Arm in die ungefährer Position schieben, die ich brauche beziehungsweise die Maria später trainieren muss« Sie blickte zu ihrem Enkel. »Paul, Du musst dann den Arm so festhalten und wenn ich es sage, einmal kurz noch etwas nach oben ziehen. Ich versuche, ganz schnell zu messen, dann kannst Du wieder loslassen.«

Sie wandte sich an Maria. »Mein Kind, das wird sicher weh tun. Bitte versuche es durchzuhalten. Ich mache es auch ganz schnell.«

Maria blickte sie ganz zuversichtlich an. »Macht nur, ich werde es aushalten.«

Selma kontrollierte noch einmal, dass alles an seinem Platz bereit lag, dann trat sie hinter Maria und blickte Paul noch einmal an.

Paul nickte.

Sie fasste Maria Arm und zog ihn mit den Fingern voran zu der gegenüberliegenden Schulter. »Jetzt festhalten.«

Sobald Paul Marias Arm sicher in der Hand hatte, griff sie schnell zum Maßband und nahm zwei Strecken ab. »Geht es, Maria?«

Maria hatte ihren Kopf zur Seite gedreht. Sie wollte nicht, dass einer der beiden ihr schmerzverzerrtes Gesicht sehen konnte.

Doch gleich darauf war es geschafft. Paul durfte Marias Arm langsam loslassen.

Die gleiche Prozedur spielte sich für den anderen Arm ab.

»Das war es schon.« Oma Selmas Stimme klang erleichtert.

Sie blickte noch einmal auf ihren Zettel mit den notierten Maßen. »Ich hoffe, ich habe noch genügend Lederriemen dafür.« Sie ging ins Nachbarzimmer und es war zu hören, dass sie dort etwas durchsuchte.

Schließlich kam sie zurück. »Paul, ich muss dich bitten, Morgen noch zu mal zu Tier-Meier zu gehen.«

Paul blickte sie verwundert an. »Ich brauche noch eine rote Hundeleine sowie ein Halsband für Hunde.«

Jetzt verwandelte sich Pauls Blick in Empörung. »Wofür denn das? Soll ich Maria etwa...? Er sprach nicht weiter.

Oma Selma lachte. »Nein, Du Dummchen.« Sie gab ihm einen Stubs. »Maria kommt natürlich nicht an die Leine.« Sie lachte. »Aber Meier hat das beste Leder überhaupt. Und die Hundeleinen sind sehr günstig bei ihm. Ich brauche die Riemen für die Jacke.«

Doch Maria hatte auf einmal einen total verklärten und abwesenden Blick. Sie schaute sehr verliebt zu Paul und schien zu träumen.

62. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 14.01.14 08:34

Toll so gefällt es mir , aufwachen und dann `` Frühstück mit Maria ´´
wieder toll geschrieben und doch wieder einen Haufen Fragen offen gelassen

Wie so Plant der Herr Baron so gross ? Er hat doch nur die mündliche Zusage der Erzieherin .
Bei solchen Summen geht es doch nicht ohne Rechtsbeistand und Eltern .
Lassen sich Maria und ihre Mutter 3 Wochen ihrer sehr knappen gemeinsamer Zeit Rauben ?
Ich hoffe in dem kleinen Telefonbuch stehen Leute , die dem Baron einen dicken Strich
durch seine finanziellen Träume machen oder Paul und Maria werden noch während des
Festes Heiraten ( Maria natürlich in Ketten und Paul legt sie dann an die Leine )
Diesen Traum Marias habe ich aus den letzten beiden Sätzen deiner fantastischen
Fortsetzung herausgelesen .

Danke mach bitte weiter so
63. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 14.01.14 09:17

Das Maria sich gerne von Paul an die Leine legen lassen würde Vermute ich auch. Ob Maria wohl in der Strafjacke mit Übergelegten Cape von Paul nach Hause gebracht wird?
Oh man der Neffe scheint ja auch so eine Pfeife zu sein, nicht ganz so Schlimm wie Sophie aber es Reicht wohl. Dann haben wir Leser ja Vielleicht doch das Glück und Erleben beim Fest Paul und Maria als Paar die sich dann zumindest Verloben. Für eine Heirat ist es wohl noch zu Früh.
Eigentlich ist es Schade das diese Geschichte mit dem Fest Enden soll. Ich Zumindest würde gern Lesen wie Paul&Maria mit dem Fest Zurechtkommen und den ganzen PR Terminen.
64. RE: Maria

geschrieben von ok2601 am 14.01.14 14:12

Wenn du für die Baroness noch stichworte brauchst, sag mir die richtung . Vielleicht kann ich dir helfen helfen.
65. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 14.01.14 14:12

Ich muß sagen wieder eine gelungene Fortsetzung .
Bin sehr gespannt wie es weiter gehen wird .
66. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 14.01.14 21:21

Hallo gag_col

Finde deine Geschichten echt toll. Wenn man sie liest, fühlt man sich mittendrin. Du hast eine echt tolle "schreibe". Ich verschlinge deine Geschichten echt gerne. Aber leider hast du auch eine Unart wie alle anderen Autoren auch. DU hörst immer im spannensten Moment auf!

Nun zu deiner Bemerkung zu Kapitel 7 Teil 1. Ich habe das schon beim lesen mitbekommen. Habe mir einfach gedacht, das du halt uns Leser überraschen wolltest und fand das auch echt gut gelungen.

Wenn du nach dem Katerinenfest mit Maria weitermachen möchtest fände ich das toll. Bin ja mal gespannt, ob Paul dann auch noch eine Rolle spielt. Und vor allem, ob der Baron mit seinen Intrigen durchkommt, oder ob er für seine Boshaftigkeit doch noch die Quitung bekommt.
Bitte laß uns nicht wieder 2 Tage auf die nächste Fortsetzung warten.

Mfg Rainman.
67. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 15.01.14 10:43

Hallo gag_col

Super Schreibstil mach weiter so
68. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 16.01.14 05:45

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Der Direktor des Gymnasiums warf einen Blick in seinen Terminkalender. Für heute, Mittwoch Morgen, hatte sich ein Baron von Harsumstal angesagt, er wäre der Vorsitzendes des Festausschusses. Es ginge um das Katerinenfest.
Da er erst das zweite Jahr in der Stadt und in dieser Schule war, bat er seine Sekretärin zu sich herein und fragte sie, ob sie etwas über dieses Fest wüsste.

Die Schulsekretärin konnte ihm die wesentlichen Einzelheiten des Festes erklären, ein wenig von dem historischen Hintergrund und genauso etwas zu den drei Tagen, an denen es statt fand. »Aber ich weiß nicht, was wir damit zu tun haben sollen, denn es findet immer zu Ende der Sommerferien statt.« waren ihre abschließenden Worte.

Der Direktor wollte nachhaken. »Wie war es denn beim letzten Mal?«
Die Sekretärin musste erst einmal etwas nachdenken, bevor sie antworten konnte. »Die letzte Darstellerin hat ein Jahr später das Abitur gemacht. Sie war eine Schülerin von uns.«

Der Direktor überlegte, ob es diesmal auch so sein würde.

»Nein, dieses Jahr wird die Tochter des Barons die Katerina darstellen.« Sie verzog das Gesicht. Doch dann verwandelte sich ihr Gesicht in Verwunderung. »Aber die hat doch den schweren Unfall gehabt« sagte sie mehr zu sich selber als zu ihrem Chef.

Dieser blickte sie verwundert an. »Unfall?«

»Haben sie es heute nicht in der Zeitung gelesen?« ihre Stimme klang verwundert.

»Ach da bin ich noch nicht dazu gekommen.« Er nahm sich den Landsbacher Boten zur Hand.
»Gleich auf Seite eins.« Sie zeigte ihm den Artikel. »Leider gibt es kein Foto.«

Er begann zu lesen.

* * *

Es klopfte an der Klassenzimmertür. Die Klasse war verwundert.

Der Hausmeister trat herein. »Maria Beller möchte bitte einmal zum Direktor kommen.«

In der Klasse war es auf einmal sehr still. Es war schon lange nicht mehr vorgekommen, dass jemand zum Direktor gerufen wurde. Meistens ging es dabei um irgendwelche gröberen Streiche oder ähnlicher Unfug.

Doch warum Maria? Diese war die Unschuld in Person. Paul wunderte sich.

Maria stand vorsichtig auf und blickte noch einmal zu Paul, bevor sie mit für ihre Verhältnisse eiligen Schritten die Klasse verließ.

Ein Tuscheln setzte ein. Dass Maria zum Direktor musste, war wirklich etwas außergewöhnliches.

* * *

Mit Herzklopfen klopfte Maria schüchtern an die zum Schulsekretariat. Nach einem kurzen »Herein« trat sie ein.

»Schön, das Du kommst.« Die Schulsekretärin begrüßte sie, dann drückte sie eine Taste auf der Sprecheinrichtung. »Maria Beller ist hier.«

Sofort ging die Tür zum Direktorenzimmer auf und der Schulleiter bat Maria, doch herein zu kommen.

»Nimm Platz.« Er zeigte auf einen Stuhl und Maria setzte sich kam der Anweisung nach.

Jetzt erst bemerkte sie, dass der Direktor einen weiteren Besucher hatte. Baron von Harsumstal. Maria wusste nicht, was sie davon halten sollte.

»Maria«, die Stimme des Direktors klang irgendwie wichtig, »der Herr Baron hat mir gesagt, das er Dich ausgewählt hat, ersatzweise die Rolle der Katerina für seine verunglückte Tochter zu übernehmen.«

Er machte eine Pause, in der Maria einmal heftig schlucken musste

»Ich freue mich für Dich und wünsche Dir alles Gute dafür.«

Maria war etwas verwundert. Um ihr das zu sagen, musste sie extra herkommen?

»Baron von Harsumstal hat mich gebeten, dich wenn nötig von der Schule frei zu stellen.« Er nahm ein Stück Papier zur Hand. »Das ist natürlich schwierig ein Jahr vor dem Abitur.« Er schaute sich das Blatt an. »Aber deine Leistungen sind fast überall sehr gut.«

In Gedanken setzte Maria den Satz fort: ´Nur in Mathematik könnte es besser sein.´ Aber seit sie die Nachhilfe von Paul bekam, war sie der Meinung, dass es besser werden würde.

»Ich denke«, so sprach der Direktor mehr zu sich selber als zu Maria, »wir können dem Ansinnen des Herrn Barons nachgeben.«

Maria verstand noch nicht ganz, was dies bedeuten würde.

»Aber Du musst versprechen, Dich über die aufgefallenen Stunden zu informieren und es gegebenenfalls nachholen.

Maria musste sich erst räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich verspreche es.« So ganz hatte sie immer noch nicht begriffen, was hier gerade passierte.

* * *

Obwohl Paul mit Marias Erzieherin jetzt auch schon sehr freundliche Momente erlebt hatte, stand er doch wieder mit Herzklopfen vor dem Tor und klingelte. Er hatte Maria diesmal nicht von der Schule mit nach Haus gebracht, weil er in der Stadt noch die Sachen für seine Oma besorgt hatte.

Der Verkäufer bei Tier-Meier hatte Paul gefragt, für was für einen Hund das Halsband wäre und Paul wurde rot, weil er darauf keine Antwort hatte. Es fiel ihm bloß ein »möglichst groß bitte« ein. Der Verkäufer hatte ihn etwas seltsam angesehen, doch dann bekam Paul das, was auf seinem Zettel stand.

Seine Oma war mit den Sachen zufrieden gewesen und sie hatte sich gleich an die Arbeit gemacht, um Marias Jacke für dieses seltsame Gebet um zuarbeiten. Paul hatte allerdings noch nicht so richtig verstanden, was Maria mit dieser Jacke dann machen würde. Aber bei den vielen Seltsamkeiten, die er bisher so erlebt hatte fiel diese Jacke schon nicht mehr ins Gewicht.

Paul hörte ein Summen und er drückte gegen das Tor. Beim Zugehen auf das Haus sah er, wie sich die Haustür öffnete und zu seiner großen Freude sah er, dass Maria ihm geöffnet hatte. Er winkte und sah dabei, dass Maria diesmal auch frei zurück winken konnte. Diesmal schien sie nicht eingeschränkt zu sein.

»Schön, dass Du gekommen bist. Wir müssen doch noch lernen. Morgen ist die Mathearbeit.« Ihre Stimme klang fast etwas begeistert. Paul fragte sich, ob das an ihm lag oder vielleicht sogar an der anstehenden Schularbeit. Fast konnte man meinen, Maria würde sich über die Arbeit freuen.

Auf einmal war die Stimme von Mrs. Potter zu hören, die gerade auf den Flur trat. »Heute werdet ihr nicht mehr lernen.«

Sowohl Paul als auch Maria blickten sie beide verwundert an. »Ihr habt genug getan. Heute solltet ihr mal entspannen.« Paul sah, dass sie Marias Handschuh in den Händen hielt.

Fast schien es, als war Maria etwas enttäuscht, doch dann blickte sie Paul verliebt an. »Ich muss heute wieder trainieren. Hilfst Du mir?« Sie lächelte und blickte auf den Handschuh in den Händen ihrer Erzieherin.

Diese reichte Paul den Handschuh und blickte ihn auffordernd an. »Magst Du? Du weißt ja jetzt, wie es geht.«

Pauls Hand zitterte etwas, als er den Handschuh entgegen nahm. Er begann die Riemen zu sortieren, dann lockerte er etwas die Schnürung und trat an Maria heran.
Er versuchte sich an die Worte zu erinnern, die er sich zurecht gelegt hatte. »Nun denn liebe Prinzessin, seit Ihr bereit, Euer Training zu beginnen?«

Maria blickte Paul sehr erstaunt an, dann jedoch glitt ein großes Lächeln über ihr Gesicht. Sie machte einen Knicks, dann blickte sie auf zu Paul und fast etwas ehrfürchtig sprach sie leise: »Ja, mein Prinz, ich bin bereit. Gebt mir die Freiheit, in dem Ihr sie mir nehmt.«

Paul spürte die feierliche Stimmung und war bemüht, das etwas seltsame Spiel weiter mit zuspielen. »Nun legt also Eure Arme bereit für den Handschuh.« Er musste schlucken, denn eine seltsame Erregung überkam ihm.

Doch als er dann langsam die Lederhülle über Marias Arme schob, wurde ihm wieder etwas nüchtern und er versuchte sich an alle Tipps seiner Oma zu erinnern, was das Anlegen dieses seltsamen Dings betraf.

Seit er wusste, dass seine Oma früher diese Trainingssachen früher auch gemacht hatte, gab ihm dies ein gewisses Gefühl von Sicherheit und er hoffte, es diesmal gleich so hin zubringen, dass sowohl Maria als auch ihre Erzieherin zufrieden waren.

* * *

Marias Augen leuchteten. So gut saß der Handschuh schon lange nicht mehr. Sie spürte überall einen gleichmäßigen Druck und nirgends wurde etwas eingeklemmt oder drückte etwas. Sie war sehr zufrieden mit Paul und drehte sich wieder zu ihm hin.

»Danke mein Prinz«, ihre Stimme klang fast etwas zitternd. »Der Handschuh sitzt heute besonders gut.«

»Es ist gern geschehen, meine Prinzessin.« Paul fühlte sich sehr geschmeichelt. Er war bemüht, weiter zu machen. »Es freut mich, wenn der Prinzessin meine Arbeit gefällt.«

Mrs. Potter trat näher und warf einen Blick auf die Schnürung des Handschuhs. Zu Pauls großem Erstaunen schien sie das Spiel mit zuspielen. »Oh ja, Prinzessin, eine vorzügliche Arbeit. Ein großes Lob für Euren Prinzen.« Sie blickte Paul schmunzelnd an.

Paul wusste in diesem Moment gar nicht, wie ihm geschah.

Mrs. Potter reichte ihm die Schlösser. »Nun lasst es uns vervollständigen.«

Mit jedem »Klick«, welches jetzt zu hören war, wurde Pauls Gänsehaut stärker. Sie schienen es diesmal richtig zu zelebrieren. Paul wollte auf keinen Fall als erster aus der Rolle fallen, doch er wusste auch nicht was er jetzt machen könnte oder sollte.

»Wie wäre es, mein lieber Prinz«, die Stimme von Mrs. Potter klang seltsam heiter, »wenn ihr nun die Prinzessin in ihre Gemächer begleitet?« Sie blickte ihn aufmunternd an. »Dort wartet ein sehr gemütliches Plätzchen auf Euch beide.«

Paul stellte sich neben Maria und war etwas unsicher, ob er sie wieder umarmen dürfte. Immer wenn Maria in ihrem Handschuh so hilflos war, wollte er dies auf keinen Fall ausnutzen.

Maria schien diese Unsicherheit zu spüren und sie wollte ihm entgegen kommen. »Mein Prinz«, sie blickte ihn an. »Ich könnte euren helfenden Arm gebrauchen.«

Dankbar für dieses Zeichen legte Paul seinen Arm um Marias Schulter und zog sie etwas zu sich heran. Fast war ihm, als würde er ein Zittern in Marias Körper spüren. Deutlich jedoch spürte er, wie Maria mit ihren verpackten Händen versuchte, ihn etwas auf dem Rücken zu streicheln. Sie war bemüht, den winzigen Freiraum, den ihr der Handschuh bot, auch auszunutzen.

* * *

Das kleine Sofa in dem Raum, in den Maria sie beide führte, sah wirklich sehr gemütlich aus. Maria ging auf das Sofa zu und setzte sich vorsichtig hin. Dann blickte sie Paul liebevoll und auffordernd zugleich an.

Paul setzte sich neben sie. Sofort lehnte sich Maria an ihn und flüsterte. »Haltet mich fest, mein Prinz.«

Paul kam dieser Bitte sehr gern nach. Beide genossen die Ruhe und ihre gegenseitige Nähe.

»Wie ging noch mal der Sinus-Satz?« Auf einmal war Marias Stimme wieder etwas nüchtern. Sie sagte das auf, was sie gelernt hatte.

Paul konnte sie loben. Sie hatte den Satz richtig gelernt und wusste jetzt auch wie er anzuwenden war.

Er nahm ihren Stimmungswechsel auf und stellte diesmal eine Fangfrage.

Im ersten Moment fing Maria an, ernsthaft nachzudenken, dann jedoch erkannte sie die Fangfrage und fast liebevoll stubste sie ihn mit ihren verpackten Händen in die Seite. Sie schob ein liebevolles »Du Schuft« hinterher.

Paul freute sich, dass sein kleiner Scherz gelungen war. Zudem stellte er fest, dass er immer dann, wenn er Maria so provozierte, eine gewisse Faszination von ihrer Hilflosigkeit ausging. Er überlegte, ob er wohl mal mit seiner Oma drüber sprechen könne. Etwas an Marias Zustand zog ihn unheimlich an und er verstand noch nicht warum.

»Das geht jetzt nicht, Maria muss ihren Mittagsschlaf halten.« Die Stimme von Mrs. Potter war sehr deutlich im Haus zu hören.

Eine fremde Stimme schien etwas zu antworten.

»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass sie Sie jetzt nicht empfangen kann. Sie schläft.«

Sowohl Paul als auch Maria zuckten beide zusammen. So energisch hatte die Stimme der Erzieherin schon lange nicht mehr geklungen.

Doch ihr Gesprächspartner schien dies nicht zu beeindrucken. Er wurde ebenfalls etwas lauter. »Dann wecken Sie sie eben.« Fast schien es, als wolle er sie durch seine Lautstärke wecken.

Maria blickte Paul ängstlich an. »Wer ist das bloß?«

Paul sah ebenfalls ziemlich aufgebracht aus. »Und was will er wohl von Dir?«

Es schien, als würde Maria erst jetzt ihr tatsächlicher Zustand bewusst »Wer auch immer das ist, er darf mich so nicht sehen.« Sie blickte auf die Riemen über ihrer Brust und auf die auf dem Rücken verpackten Hände, die sie hektisch hin und her bewegte.

»Ich könnte Dir den Handschuh öffnen.« Paul war schon dabei, seinen Schlüsselbund zu suchen.

»Nein«, Maria musste nicht lang überlegen, »das wird zu lange dauern. Außerdem darf ich das nur im Notfall.« Sie hatte eine Idee. »Geh schnell in mein Zimmer und hole mein Cape. Es müsste im Schrank ganz rechts hängen.«

Paul war schon aufgestanden.

»Nein, warte, ich komme gleich mit.« Maria stand ebenfalls auf.

Die Schritte von Mrs. Potter waren überdeutlich auf der Treppe zu hören. Es schien aber, als würde sie diesmal ganz bewusst sehr langsam gehen.
Auf dem Weg in ihr Zimmer fiel Paul auf, das Maria leise mit zählte. Er verstand erst nicht.

»Geht das nicht etwas schneller?« Die fremde Stimme klang sehr ungeduldig, doch es schien, als ließe sich Mrs. Potter davon nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, Sie blieb stehen, um ihm zu antworten.

Paul und Maria hatte inzwischen das Zimmer erreicht und Maria war gerade bei »Neun«. Jetzt dämmerte es ihm, dass Maria die Stufen mit zählte.
Paul sah das Cape über einem der Stühle liegen. Schnell nahm er es hin und hängte es über Marias Schultern. Genauso schnell hatte er Reißverschluss und Kragenriegel geschlossen.

Maria blickte hektisch an sich herunter. Sie schien fast so etwas wie Panik zu haben. »Schnell, mach die Bänder auch noch fest.«

Paul wusste, dass das Cape innen noch Bänder hatte, die ein Hochziehen verhindern sollten. Er kniete sich vor Maria hin und hob das Cape etwas hoch. Er löste die Schleife und wollte die Bänder um Marias Bein schlingen. »Die sind zu kurz.« Er blickte zu ihr hoch.

Maria war mit dem Zählen mittlerweile bei 13 angekommen und sechzehn Stufen waren es bloß. Zudem waren jetzt auf einmal weitere Schritte auf der Treppe zu hören. Der unbekannte Besucher schien ebenfalls herauf zu kommen. »Schnell, hebe meinen Rock hoch. Da muss ein Ring sein.«

Paul ließ sich von Marias Hektik anstecken, denn er war bemüht, sehr schnell ihren Wünschen nach zu kommen.

»Nein, ich lasse Sie hier nicht vorbei.« Selbst von der sehr eisigen Stimme von Mrs. Potter ließ der Besucher sich nicht beeindrucken. Immerhin waren seine Schritte jetzt nicht schneller als die von ihr.

Paul sah, dass Maria einen Metallring um ihren Oberschenkel trug. Sofort sah er auf der Außenseite den kleinen Ring und dort hin band er die Bänder des Capes. Auf die Schnelle machte er zwei Knoten.

Er war gerade mit dem zweiten Band fertig geworden, als Mrs. Potter mit dem Besucher in das Zimmer trat.

Dieser stürmte an der Erzieherin vorbei zu Maria und blickte sie geringschätzig an. »So, ein Mittagsschlaf.« Er zerrte an Marias Cape. »Und was ist das hier.«

Mrs. Potter war die erste, die wieder Worte fand. »Das ist zu ihrem Schutz.«

Der Fremde trat einen Schritt zurück und blickte verachtend auf Maria. »Ihr könnt Sophie doch nie das Wasser reichen.« Er war sichtlich aufgebracht und blickte Maria geringschätzig an. »Damit Sie es weiß, ich bin nur hier, weil mein Onkel es wünscht.«

Maria blickte ihn verschüchtert und ängstlich an. Sie wusste keine Antwort. Dabei hatte sie weniger Angst vor dem Besucher als mehr Angst vor der Entdeckung ihres Handschuh. Doch sie versuchte sich zu beruhigen, Paul hatte das Cape verschlossen und sie wusste aus leidvoller Erfahrung, dass sie dann nicht mehr heraus kam. Es kam aber auch genauso keiner an sie heran.

»Welche Sprachen spricht Sie?« Dabei blickte er aus dem Fenster.

Maria begriff überhaupt nicht, dass sie gemeint war.

»Redet Sie nicht mit mir?« Seine stimme klang noch seltsamer.

Mrs. Potter nannte Englisch und Französisch.

Er schüttelte den Kopf. »Sie hat weder das Format noch die Größe von Sophie.« Auch jetzt blickte er Maria nicht an.

Diese stand mit offenem Mund da und schaute sehr verwundert.

»Das kann doch mein Onkel nicht ernst meinen, dass ich mit Ihr spielen soll. Mit Euch nicht!« Er drehte sich um und lief laut stampfend aus dem Zimmer. Gleich darauf war er auf der Treppe zu hören und einen Moment später klappte recht deutlich die Haustür zu.

»Wer war denn das?« Paul fand als erster wieder Worte.

Mrs. Potter blickte ihn bedrückt an. »Das war seine Hoheit Freiherr Franz-Ferdinand von Schleihthal, der Neffe von Baron Harsumstal.« Ihre Stimme war fast etwas belegt. Dann blickte sie zu Maria. In ihrer Stimme klang fast so etwas wie Mitleid. »Er wird auf dem Katerinenfest den Herzogssohn spielen.«

Maria erstarrte. »Was?« Sie stotterte fast. »Mit dem... soll ich?« Eine Träne lief über ihre Wange. Auf einmal schien ihr Traum zu zerplatzen.

Mrs. Potter ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. »Ich fürchte, mein Schatz«, sie streichelte sie über das Cape, »das wirst Du Dir nicht aussuchen können.«
Paul war verwundert. Es war das erste Mal, dass Marias Erzieherin Gefühle zeigte.

Maria war für einen Moment trotzig. »Aber mit dem Schnösel doch nicht.«

Mrs. Potters Stimme klang leicht verändert. »Die Prinzessinnen früher konnten sich ihren Mann auch oft nicht aussuchen. Und die mussten ein Leben lang mit ihm auskommen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Oder muss ich mich noch mal räuspern?«

Maria blickte sie verklärt an. »Die Prinzessinnen... Früher.« Es schien, als erkannte sie gerade die ganze Dimension ihres Traumes.

»Immerhin bleibt Dir die Hochzeitsnacht erspart.« Paul brachte den Satz eigentlich recht trocken, doch er bewirkte, dass alle drei trotz der Stimmung etwas lachen konnten.

»Du wirst auch diesem Kerl zeigen, was in Dir steckt.« Sie blickte auf Marias Cape. »Wollt ihr nicht vielleicht noch etwas spazieren gehen? Jetzt wo Du das Cape schon an hast?«

Es wäre sicher besser für Maria, wenn sie jetzt auf etwas andere Gedanken kommen würde. »Aber bleibt besser in Rufweite, wer weiß, was heute noch passieren wird.«

* * *

Sie waren noch nicht bei der Haustür, als es schon wieder am Tor klingelte. Mrs. Potter warf einen Blick durch das Fenster und stöhnte leise vor sich hin. »Noch eine von der Bande.« Doch dann erinnerte sie sich an die ermahnenden Worte ihrer Auftraggeberin und ließ deswegen ein »Der Baron« folgen.

Baron Harsumstal kam schnell näher. »Ich hoffe, ihr habt kurz etwas Zeit? Es hat sich etwas wichtiges ereignet.« Eine formale Begrüßung hatte er ausgelassen.

»Was führt Euch zu uns, Baron?« Mrs. Potter bemühte sich, neutral zu klingen.

»Ihr habt es sicher schon gehört,« seine Stimme klang leicht nervös, »meine Tochter hatte einen schweren Unfall.«

Die Erzieherin blickte ihn wissend an. »Ja, wir haben schon davon gehört.« In ihrer Stimme kämpften Schadenfreude und Mitleid miteinander.

Der Baron war weiterhin bemüht, den sorgenden Vater vorzugeben. »Die Ärzte sagen, dass sie auf keinen Fall an dem Fest teilnehmen kann und jetzt hoffe ich, Maria ist in der Lage, zu ihrem Wort zu stehen?« Er blickte Maria fragend an.

Diese wollte zunächst ihren Ärger über den Neffen loswerden. Sie erzählte, was sich gerade abgespielt hatte.

Der Vater von Sophie seufzte. »Ja, mein Neffe schießt da im Moment etwas quer. Ich werde ihm noch mal ins Gewissen reden.« Letzteres war nicht mal gelogen, Baron Harsumstal ärgerte sich gewaltig über den auf einmal so schwachen Punkt in seinem Plan. Er versuchte, seinen Köder auszulegen. »Ihr habt am Sonntag gesagt, Maria würde die Originalhaltung auch tragen können?«

Mrs. Potter ging ihm wieder auf den Leim, diesmal allerdings aus Eitelkeit. »Ich bin mir sicher, Maria würde das Gebet tragen können.«

Der Baron nahm dies erleichtert zur Kenntnis. »Heute Abend wäre eine außerordentliche Sitzung des Fest-Vorstandes. Wir wollen die Ersatzbesetzung für die Katerina besprechen. Es wäre sehr gut, wenn ihr kommen könntet.«

»Wann beginnt das denn? Maria muss heute noch ihren Sport machen.« Doch dann erinnerte sie sich an die Worte von Marias Mutter, die die Prioritäten neu gesetzt hatte.

»Es wäre gut, wenn ihr das verschieben könntet.« Der Baron nannte die Uhrzeit.

Mrs Potter wollte andererseits auch nicht das Gesicht verlieren. Sie blickte noch einmal streng auf Maria, dann auf die Uhr. »Das sollte gehen. Wir werden kommen.«

* * *

Es tat ihm zwar weh, aber er musste das einzige Druckmittel benutzen, welches er gegenüber seinem Neffen hatte. »Wenn Du weiter Geld zum Studieren bekommen möchtest, dann wirst Du beim Fest mit Maria tanzen, ist das klar?«

Franz-Ferdinand hatte außer chronischer Unlust nicht wirklich Argumente vorzubringen, warum es denn nicht gehen würde. Das eine Bürgerliche unter seine Würde sei, dass ließ der Baron nicht gelten. »Du sollst sie ja auch nicht heiraten, sondern nur das verdammte Fest mit ihr spielen.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch.

»Ist das dein letztes Wort?« Der Neffe glaubte noch, uneinsichtig sein zu können.

»Ich warne Dich, ich werde meinen gesamten Einfluss geltend machen, um dich von der Uni und der Burschenschaft auszuschließen, wenn Du jetzt quer schießt.«

Franz-Ferdinand musste schlucken. Er ahnte, dass sein Onkel nicht bluffte. Er hatte wirklich einflussreiche Kontakte, die er sonst sehr gewinnbringend zu nutzen verstand. Er begriff, dass er hier wohl den kürzeren ziehen würde. Er versprach, sich mit Maria abzufinden. Aber leicht würde er es ihr nicht machen.

* * *

Eigentlich bräuchte es die Namensschilder nicht, denn hier in Landsbach kannte doch jeder jeden. Doch es hob die Bedeutung der Versammlung und es gab dem Baron ein wenig Sicherheit, keinen vergessen zu haben. Zu seiner Überraschung hatten alle Angesprochenen die Teilnahme an dieser etwas überstürzt angesetzten Versammlung zugesagt. Alle bis auf seinen Neffen, dachte der Baron verärgert. Doch vielleicht hatte es auch etwas Gutes, das er fehlte, denn so konnte er nicht quer schießen. Nach seinem Auftritt bei Maria und vorhin bei ihm war dem Baron wichtig, seinen Neffen im Auge zu behalten. Er hoffte sehr, dass er ihn noch zur Vernunft bringen konnte.

Er nahm sich noch einmal die Tagesordnung zur Hand. Bei jedem der Punkte hatte er sich schon überlegt, wer da jeweils Einwände erheben könnte und wie er diesen begegnen würde. Es durfte jetzt nichts mehr schief gehen.

Das Schlagen der Rathausuhr erinnerte ihn daran, dass er vor der Sitzung seine neue Hauptdarstellerin noch etwas einweisen wollte. Er hoffte, dass Maria seiner Bitte um frühes Erscheinen folgen würde.

* * *

Diesmal konnte Maria sich selbst an dem Treppengeländer festhalten, als sie die Stufen zum Rathaussaal hinauf ging. Paul brauchte sie nicht festzuhalten. Doch dafür war sie ziemlich aufgeregt. Sie fragte sich, was der Baron wohl noch von ihr wollte. Aber sie war seiner Bitte um frühes Erscheinen gern nachgekommen.
Außerdem freute es sie, dass sie dafür ihren Sport ausfallen lassen durfte. Das war immerhin das erste Mal gewesen. Sonst hatte ihre Erzieherin immer sehr streng darauf geachtet, wunderte sich Maria.

Auch hatte sie diesmal nicht darauf bestanden, dass das Cape ordentlich verschlossen war. Im Gegenteil, sie hatte Paul und ihr sogar geraten, das Maria den Umgang mit dem Cape diesmal selbst probieren sollte. Maria hatte festgestellt, dass sie es ohne den Kragenriegel und mit offenen Durchgriffen bequem selbst an- und ausziehen konnte.

Als sie den großen Sitzungssaal betrat, kam ihr der Baron gleich entgegen und reichte ihr die Hand. Maria war sehr erleichtert, dass sie diesen Gruß korrekt erwidern konnte. Gleich darauf zogen sie sich ihr Cape aus und reichte es Paul, der schon den Arm danach ausgestreckt hatte. Sie flüsterte eine liebes »Danke« dazu.

»Bitte entschuldigt, dass ich Euch gleich so überfalle, aber wir haben nicht viel Zeit, bis die anderen eintreffen.« Die Stimme des Barons klang ziemlich nervös und angespannt.

Maria blickte ihn fragend an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

»Ich möchte Euch bitten«, seine Stimme hatte jetzt etwas verschwörerisches, »heute noch nichts von der Originalhaltung zu sagen. Die Versammlung soll erst mal davon ausgehen, dass ihr den Handschuh tragt wie die anderen Mädchen auch.«

Maria sagte ihm zu, daran denken zu wollen. Dann fiel ihr ein, dass sie ja auch ein Anliegen hatte. Sie hatte Paul mitgebracht, obwohl dieser nicht eingeladen war. Sie fragte, ob er bleiben könne.

Dem Baron kam diese Anfrage recht gelegen, denn so konnte er den freien Platz neben Maria kaschieren. Wenn Paul dort saß, gab es hoffentlich keine Fragen zu seinem Neffen. Es würde auf jeden Fall besser aussehen, als wenn der Platz des »Herzogssohns« leer bleiben würde.

Der Baron nahm eines der noch leeren Ersatztischkärtchen und fragte Paul nach seinem Namen. Dieser gab bereitwillig Auskunft und der Baron schrieb den Namen auf das Kärtchen. Das Feld mit der Funktion ließ er einfach leer. Dann bat er die beiden, sich schon einmal hinzusetzen. Die Anderen würden gleich kommen.

* * *

Paul nutzte die Wartezeit, um sich die einzelnen Namensschilder anzusehen. Die meisten der Namen sagten ihm nichts. Doch er war erstaunt über die verschiedenen Funktionen, die hier vertreten waren. Vier Leute kamen aus dem Katerinenfest-Vorstand, so stand es auf dem Schild, dann war ein Vertreter des Bürgermeisters da sowie einige Stadträte. Es wurde ihm so langsam bewusst, dass dies wohl eine wichtige Sitzung werden würde.

Es war ein ein Arzt der Unfallklinik anwesend sowie einige Vertreter der Sponsoren. Auch ein Orthopäde hatte seinen Platz sowie die Darstellerin vom letzten Fest. Paul war beeindruckt.

So nach und nach füllten sich die Plätze und als alle Platz gefunden hatten, stand der Baron auf und begrüßte die Anwesenden. Er kam sofort zu dem Unfall seiner Tochter und dass sie wohl für länger im Krankenhaus bleiben müsste. Er verwies auf den Arzt, der darüber berichten würde. »Deswegen habe ich diese Versammlung einberufen, damit wir entscheiden können, wie es mit dem Fest weiter gehen soll. Maria Beller wäre bereit, die Vertretung für Sophie zu übernehmen. Ihr Freund begleitet sie heute.«

Auf einmal richteten sich alle Blicke auf Maria. Sie blickte den Baron etwas unsicher an. Aufgrund einer kleinen Handbewegung des Barons stand Maria auf und verbeugte sich kurz. Es war ein kurzer zaghafter Applaus zu hören.

Der Baron sprach weiter. »Robert wird dann den neuen Ausbildungsplan vorstellen. »Er wies auf den Platz des zweiten Vorsitzenden. »Und die Meinung der Sponsoren wollen wir dann auch noch hören.« Er warf einen Blick auf die vier Herren gegenüber.

Dann verwies er noch auf die letzten beiden Punkte der Tagesordnung: »Noch anstehende Fragen und die endgültige Entscheidung werden wir dann unter »Verschiedenes« und »Beschlussfassung« abhandeln.«

Er warf einen Blick auf seine Notizen. »Dann möchte ich noch meinen Neffen entschuldigen, der heute keine Zeit hat.« Der ärgerliche Ausdruck in seinem Gesicht war nicht gespielt.

Er blickte einmal in die Runde. »Sind soweit alle einverstanden?«

Es kam kein Widerspruch.

»Dann würde ich sagen, dass wir direkt mit dem Bericht aus dem Krankenhaus beginnen.« Er bat den doch recht jungen Arzt um seinen Beitrag.
Der junge Mann stellte sich als der Assistenzarzt der Station vor, auf der Sophie lag. Er nahm seine Unterlagen zur Hand und blickte unsicher in Richtung des Barons. »Der Chef hat mir einen Bericht mitgegeben, denn könnte ich vortragen.«

Im Moment war der Baron noch etwas unsicher, in welche Richtung dies gehen würde. Es musste vor allem überzeugend sein, so dass keiner Sophies Zustand anzweifeln würde.

Doch als der Arzt mit dem Vorlesen begann, wusste er, dass der Chef der Klinik genau das richtige gemacht hatte. Es war ein anscheinend sehr ausführlicher Bericht, der mit medizinischen Fachausdrücken nur so gespickt war.

Doch schon nach dem vierten Satz wurde er vom zweiten Vorsitzenden unterbrochen. »Bitte sagen Sie uns doch einfach nur, ob die Baroness auf dem Fest spielen kann.«

Der Arzt wurde nervös und begann in den verschiedenen Seiten hin und her zu blättern. Schließlich hatte er etwas gefunden, was die Frage beantwortete. Vor Ende September sei nicht damit zu rechnen, dass die Patientin überhaupt in der Lage wäre, aufzustehen, zitierte er aus dem Bericht.

Der Baron bedankte sich sehr freundlich bei dem Arzt. Insgeheim war er sehr zufrieden. Besser hätte es wohl nicht laufen können.

Doch er blickte mit leichten Sorgen auf seine Notizen. An dieser Stelle hätte er eigentlich mehrere Kandidatinnen präsentieren müssen, aus denen dann die Beste ausgewählt werden würde. Er hoffte sehr, dass er dies mit den Problemen rund um Marias verkürzte Ausbildung kaschieren konnte.

Er räusperte sich, dann gab er das Wort an seinen Vertreter Robert Greinert weiter. Dieser stellte sich ebenfalls kurz vor, dann reichte er einen kleinen Stapel Papier weiter. »Ich habe hier mal einen Entwurf gemacht, wie eine verkürzte Ausbildung aussehen könnte.«

Er wartete, bis sich jeder ein Blatt genommen hatte. »Wir müssen bis zum USA-Aufenthalt fertig sein.« Er machte eine kleine Pause, damit sich jeder zurecht finden konnte.

Besonders Paul und Maria blickten sehr interessiert auf die Übersicht. Es hatte fast so etwas wie ein Stundenplan. Allein zehn Tanzstunden standen darauf, vier mal Sprachunterricht, diverse Termin bei den Sponsoren und mehrere Besuche beim Kunstschmied. Auch ein Probenwochenende war vorgesehen.

»Im Prinzip haben fast alle Lehrer die neuen Termine schon zugesagt.« Er betonte dies deutlich, als wolle er seine eigene Leistung herauszustellen. »Nur die Geschichtslehrerin habe ich noch nicht erreicht, da kämen dann noch drei oder vier Stunden dazu.«

So langsam dämmerte es Maria, dass sie in der nächsten Zeit wohl sehr oft mit Franz-Ferdinand zu tun haben würde. Sie stöhnte innerlich und fragte sich sofort, ob sie das wirklich durchhalten würde. Doch dann erinnerte sie sich an die Worte ihrer Erzieherin, die sie an das Schicksal und die Pflichten einer echten Prinzessin erinnert hatte.

»Maria?« die Stimme von Robert riss sie aus ihren Gedanken.

»Oh, Entschuldigung, ich habe nicht zugehört.« Maria war wirklich verlegen.

»Ich hatte euch gefragt«, die Stimme klang trotzdem nett, »ob ihr mit dem Plan zurecht kommen werdet.«

Maria musste erst kurz überlegen, dann kam ihre Stimme etwas leise. »Das werde ich schaffen.«

Robert sprach weiter. »Es wird sicher noch zu der einen oder anderen Verschiebung kommen, doch da sind alle sicher flexibel genug.« Er versuchte einen zuversichtlichen Eindruck zu machen. »Wir dürfen nur den fünfundzwanzigsten Juli nicht aus den Augen verlieren.« Das war Marias Flug nach Amerika.

Der Baron übernahm wieder das Wort und dankte seinem Vertreter für die schnelle und gute Arbeit. Zu Maria blickend, ließ er ein »Wir werden das schon schaffen« hören. Maria kam es fast vor, als hätte er ihr eben zugezwinkert. Dann gab er das Wort weiter an den Kassenwart.

Dieser stand auf und nahm ebenfalls ein Blatt Papier zur Hand. »Ich habe mit den Sponsoren Kontakt aufgenommen.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Sie möchten vor allem wissen, ob Maria Beller den Handschuh der Darstellerin überhaupt tragen kann, bevor sie weiteres entscheiden.«

Es entstand Gemurmel. Sophie hätte den Handschuh auch nicht tragen können, dies wusste eigentlich jeder. Deswegen war die Forderung der Sponsoren eigentlich eine Frechheit. Doch der Baron hatte genau diesen Einwand voraus gesehen.

Er wandte sich an Kerstin. »Liebe Frau Richards, habt ihr das gemacht, um das ich Euch gebeten hatte?«

Kerstin griff zu ihrer großen Tasche und machte sie auf. Sie nahm ein großes Lederbündel heraus und legte es auf den Tisch. »Das ist mein Handschuh vom letzten Fest.« Es war stets Brauch, dass die Darstellerinnen ihn als Erinnerungsstück behalten durften.

Der Baron blickte auf die Uhr. »Ich schlage vor, dass wir eine kurze Pause machen, dann wird Maria uns vorführen, dass sie diesen Handschuh tragen kann.«
Natürlich quälten den Baron noch leise Zweifel, ob Maria es wirklich schaffen würde. Er ging zu ihr und bot ihr an, zunächst in den kleinen Nachbarraum zu gehen.

* * *

»Hallo Maria«, Kerstin reichte ihr die Hand, »Ich freue mich für Dich. Du wirst das sicher schaffen.«

Maria hatte noch etwas Zweifel im Blick. Aber sie wollte ihr Bestes geben. Sie legte ihre Arme auf den Rücken.

Kerstin blickte Paul fragend an. »Magst Du kurz mit anfassen? Ich weiß nicht mehr genau, wie das ging, aber bei mir brauchte es immer zwei Leute zum Anlegen.«

Paul kam der Aufforderung gern nach. Immerhin hatte er schon etwas Erfahrung mit Marias seltsamen Handschuhen.

Maria spürte, wie sich auch diese Lederhülle ihre Arme hoch schob. Sie lächelte, als Paul ihr die Riemen über die Brust legte und wieder am Handschuh befestigte. Sie hatte bisher die Arme streng festgehalten, jetzt versuchte sie vorsichtig, sie etwas zu bewegen. Doch da sie überhaupt keinen Widerstand spürte, hielt sie ihre Arme wieder unter Spannung und blickte Paul an. »Du kannst ihn zumachen.«

Paul war ebenfalls erstaunt. »Der Handschuh ist komplett geschlossen.«

Kerstin blickte bewundernd auf Marias Arme. »Man, bist Du beweglich. So weit habe ich das nie geschafft. Ich konnte den Handschuh gerade so tragen.«

Maria wollte jetzt selber ausprobieren, wie viel Platz der Handschuh ihr bot. Sie löste die Anspannung und war erstaunt, als sie ihre Arme fast zehn Zentimeter auseinander nehmen konnte. ´Das ist ja ein Witz´, dachte sie bei sich, doch sie sprach es nicht aus, weil sie Kerstin nicht verletzten wollte.

Erst jetzt wurde Maria klar, dass sie zum ersten Mal einen Monohandschuh in Gegenwart von Fremden tragen durfte. Sie wurde nervös.

Auf einmal hatte Kerstin eine Idee. »Das machen wir ganz dramatisch.« Sie grinste und blickte Paul an. Sie reichte ihm ihr Halstuch. »Kannst Du, wenn ich es dann vor den anderen sage, Maria die Arme soweit zusammenbinden, wie sie sie vorhin hatte?«

Paul blickte etwas unsicher auf Maria. Doch diese hatte Kerstins Idee verstanden und fand sie gut. Sie wollte Paul ermutigen. »Probiere es einfach mal.«

Kerstin reichte Paul das Tuch und Paul legte es vorsichtig um ihre Unterarme knapp unter den Ellenbogen. Er zog vorsichtig zusammen. Maria machte ihm Mut. »Ich sage schon, wenn es zu weit ist.«

Es war nur noch ein ganz kleiner Spalt über, als Maria leicht stöhnte. Sofort hörte Paul auf zu ziehen und ließ das Tuch wieder ein klein wenig lockerer.

Kerstin war zufrieden. »Ja, das geht gut so.« Es war gut zu sehen, wie locker der Handschuh saß. »Das sollte sie überzeugen.« Sie kicherte. »Das wird gut.« Sie blickte Paul und Maria siegesgewiss an. »Macht einfach nur, was ich Euch sage, dann werden wir sie überzeugen.«

* * *

Zunächst ging nur Kerstin in den Raum.

Paul bleib anweisungsgemäß bei Maria zurück. Er warf einen Blick auf Maria. Kerstins Tuch war locker um ihre Schultern gelegt, so dass es bei einem Blick von hinten den Handschuh verbarg und vorn nur einen Blick auf die Riemen erlaubte.

Von draußen hörten sie Kerstins Stimme. »Maria kann den Handschuh tragen.«

»Das wollen wir schon sehen.« Es war einer der Sponsoren, der sich schon von Sophie ordentlich an der Nase herumgeführt fühlte.

Kerstin bat Maria herein zu kommen. Es waren zwar die Riemen zu sehen, aber der Blick auf den Handschuh war durch das Tuch verdeckte.

»Seht ihr, sie kann es doch nicht.« Es war derselbe Sponsor, der schon Zweifel geäußert hatte. »Er will uns schon wieder täuschen.«

Kerstin hatte mit einem Einwand dieser Art gerechnet. Sie hatte die Situation gut eingeschätzt. Jetzt wollte sie Maria den kleinen Triumph gönnen. »Sie haben Recht, meine Herren, der Handschuh passt doch nicht.«

Sie ging auf Maria zu und bat sie, sich umzudrehen, dann zog sie mit einem Ruck das Tuch von den Schultern. »Er ist zu groß!«

Sie blickte Paul an und reichte ihm das Tuch. »Jetzt.«

Paul nahm es entgegen und wie eben geprobt, band er es Maria um die Arme und zog ihre Arme bewusst sehr langsam zusammen. Jetzt hatte er verstanden, worauf es ankam.

Es waren erste Stimmen im Saal zu hören. »Nein, hör auf.« und »Wir glauben es.«

Doch Paul zog langsam weiter bis kurz vor den Punkt, bei dem Maria vorhin gestöhnt hatte. Er machte einen Knoten.

Der Baron hatte bisher nur still zugeschaut. Jetzt erhob er sich und ging auf Maria zu. »Danke für diese beeindruckende Vorführung. Wir sind sehr stolz auf Dich.« Er streichelte ihr leicht über den Kopf.

Marias Augen strahlten.

Doch der Baron wollte auch die letzten Zweifler herum kriegen. Er bat den Orthopäden, sich Maria in dieser Haltung anzusehen.

Der angesprochene Mediziner trat vor Maria und fragte sie, ob er sie mal berühren dürfe.

Maria nickte. Zu einer Antwort war sie im Moment nicht fähig.

Er tastete Maria vorsichtig an einigen Stellen ab, dann blickte er sehr zufrieden in Richtung des Baron. »Sie haben recht, Maria ist sehr gelenkig. Ich habe keine Einwände, wenn sie genügend Training bekommt.« Er blickte Paul an. »Kannst Du sie jetzt wieder befreien?«

Paul kam der Bitte gern nach, denn insgeheim war ihm diese Vorführung nicht ganz geheuer.

Nach dem er das Tuch entfernt hatte, ließ Maria ihre Arme kurz noch etwas in der vom Tuch aufgezwungenen Haltung, dann erst ließ sie locker.

»Den Handschuh auch?« Paul blickte fragend in Richtung Kerstin.

Sie kam auf Paul und Maria zu und gemeinsam öffneten sie Maria die Riemen. Paul zog den Handschuh von Marias Armen herunter.

»Darin hätte ich ja stricken können.« Maria flüsterte dies sehr leise in Richtung Paul. Dieser grinste, denn er wusste, wie Maria sonst die Arme hielt.

* * *

»Bitte nimm mich in den Arm.« Paul war Marias Bitte gern nachgekommen. Gemeinsam kamen sie von der Versammlung zurück. Sie waren auf dem Weg zu Pauls Oma, wo Maria heute noch die neue Trainingsjacke probieren wollte.

»Du warst echt toll.« Paul wollte etwas Nettes sagen.

Maria freute sich über das Lob. »Dabei habe ich doch eigentlich gar nichts gemacht.« Sie grinste.

Paul wollte Marias Leistung aber nicht schmälern lassen. »Aber Du hast durch die Vorführung alle überzeugt.« Er dachte laut darüber nach, dass dies wohl sehr wichtig für den Baron war.

Maria blieb stehen und drehte sich zu Paul hin. Sie strahlte sehr glücklich. »Ich habe den Handschuh zeigen dürfen.« Das war ihr sehr wichtig.

Paul schlang beide Arme um seine Freundin und zog sie an sich heran. »Ich bin sehr stolz auf Dich.«

Ihre Lippen trafen sich. Es wurde ein langer Kuss.

»Ich würde Dich auch gern umarmen.« In Marias Stimme klang etwas Sehnsucht.

»Na komm«, Pauls Stimme klang belustigt, »daran bist Du jetzt aber wirklich selber schuld.« Er erinnerte sie daran, dass sie die Ärmel tragen wollte.

Spielerisch kämpfte Maria mit ihren Armen in dem Cape. Es war sehr gut gearbeitet und Paul spürte, dass sie ihre Arme kaum bewegen konnte. »Ich weiß.« Maria grinste. »Du kommst ja nicht auf solche Ideen.« Sie blickte ihn herausfordernd an.

Paul kam ins Grübeln. »Ich dachte, Du machst das alles nur für Deine Mutter.«

Maria wurde ein klein wenig rot. »Naja, es gefällt mir aber auch, so wenig tun zu können.«

Paul war sich nicht sicher, ob er seine Freundin richtig verstanden hatte.« Du meinst, ich sollte Dich...« Er wusste nicht, was er genau sagen sollte. »Und Du magst es?«

Maria blickte ihn mit leuchtenden Augen. »Bei Dir fühlt sich das ganz anders an als bei ´ihr´.« Ihre Stimme zitterte. »Es ist so aufregend.«

In diesem Moment war das Schlagen einer Kirchturmuhr zu hören.

Maria seufzte. »Wir müssen weiter gehen. Ich will sie gleich anrufen.«

69. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 16.01.14 12:13

Ich Plädiere dafür diesen Schnösel von Neffen Abzusetzen und Paul die Rolle des Prinzen zu geben.
Maria Vertraut ihm und fühlt sich wohl bei ihm wenn sie so Eingeschränkt ist.
Außerdem scheint dieser Freiherr wohl keine Manieren zu kennen oder Bildet sich sonst was auf seinen Titel ein. Man geht nicht so einfach in ein Fremdes Haus und Veranstaltet dann so ein Theater. Doros Bemerkung: "Noch einer von dieser Bande" fand ich sehr Amüsant.
Das Maria im Handschuh von Kerstin Stricken könnte glaub ich allerdings nicht, aber Maria wollte wohl nur Feststellen wie weit die Beweglichkeit im Handschuh war.
Vielleicht sollte man den Neffen mal ins Dschungelcamp schicken und einige Prüfungen machen lassen.
70. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 16.01.14 15:41

Wieder eine tolle Fortsetzung .
Dieses mal war es für den Baron mal ein erfolg , bin gespannt wie es weiter gehen wird .
71. RE: Maria

geschrieben von BlackV am 16.01.14 19:43

Wieder eine tolle Fortsetzung .... allerdings wäre ich dir nicht böse wenn du diesen widerwärtigen Neffen von Adelauch verunglücken lassen würdest .... an ihre Seite gehört Paul ... und nicht so ein unerzogener Rotzbengel
72. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 17.01.14 01:06

Eine wirklich gelungene Fortsetzung
73. RE: Maria Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Vierter und letzter Teil

geschrieben von gag_coll am 17.01.14 06:37

Maria
Kapitel 7 - Neue Aufgaben - Vierter und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Oma Selma saß wieder draußen auf ihrer Bank, als Paul mit Maria im Arm vor dem Haus ankam. Sie sah schon mit dem ersten Blick, dass sich etwas besonderes ereignet haben musste Selma unterdrückte ihre Neugier und hieß die beiden erst mal herein kommen.

Maria war wie immer sehr pflichtbewusst. »Darf ich sie bitte an anrufen? Ich soll ihr sofort berichten.«

Oma Selma warf einen Blick auf Maria, dann musste sie lächeln. »Sollte Dir Paul nicht erst mal das Cape ausziehen?«

Maria musste auch lächeln. Sie hatte fast etwas enttäuschtes im Blick. »Ja, das wäre wohl besser.«

Paul kam der Bitte nach, dann zeigte er Maria, wo das Telefon stand.

Selma bat Maria, von ihr Grüße zu bestellen, dann bat sie Paul nach draußen. »Ich wollte Dir noch etwas sagen, bevor Maria die Jacke probiert.« Ihre Stimme klang fast etwas geheimnisvoll.

Paul blickte sie aufmerksam an.

»Marias erste Erfahrung in der Jacke muss unbedingt etwas positives sein.« Sie hörte sich sehr wichtig an. »Nimm sie zärtlich in den Arm und streichle sie.«

Paul war ernsthaft bemüht, den Gedanken seiner Oma zu folgen. »Küssen darf ich sie wohl nicht?«

»Zwinge es ihr nicht auf, aber gehe darauf ein, wenn sie es möchte.« Selma wollte Paul gut vorbereitet haben. »Es kann sein, dass Maria wieder kommen wird.«

Paul musste erst einen Moment überlegen, bevor er wusste, was seine Oma meinte. Er wurde rot.

»Es ist sehr wichtig, dass sie jetzt in der Jacke etwas schönes erlebt. Später wird sie es sehr schwer haben, also mache es ihr jetzt leicht.«

Paul fühlte einen großen Druck auf sich lasten und er hoffte, immer das richtige zu tun.

Seine Oma schien seine Sorgen zu spüren. »Ich bin ja in der Nähe. Sei einfach sehr aufmerksam.«

Maria kam nach draußen. »Sie lässt ebenfalls schön grüßen.«

Oma Selma bedankte sich. »Und wie war es jetzt auf der Versammlung? Was hat der Baron gemacht?«

»Oh, es war sehr gut vorbereitet.« Paul und Maria waren sich da einig. Paul zeigte seiner Oma den Plan für Marias weitere Ausbildung.

Oma Selma warf einen kurzen Blick darauf, dann blickte sie Maria leicht bedauernd an. »Das wird aber nicht einfach.«

Maria war zuversichtlich. »Ich werde es schaffen.«

Pauls Oma fragte nach den Geschehnissen.

Ihr Enkel erzählte von der guten Vorbereitung und dem Verlauf. »Und gegen Ende kam die große Abstimmung. Es waren sich alle einig und Maria wurde einstimmig gewählt.«

Maria ergänzte: »Nur der Kassenwart bat sich einen Vorbehalt aus. Ich soll mich sobald wie möglich bei den einzelnen Sponsoren vorstellen.«

»... mit dem Handschuh.« Sogar in Pauls Stimme klang jetzt Stolz mit.

Oma Selma nickte mit dem Kopf. »Ja ja... Das liebe Geld.«

Maria griff Pauls Einwurf auf. »Ich darf dabei den Handschuh sogar tragen.« Ihre Augen strahlten.

Oma Selma blickte Maria nachdenklich an. Doch sie sagte nichts, stattdessen nahm sie Marias neue Trainingsjacke zur Hand. »Wir könnten sie dann probieren. Aber dazu gehen wir rein.«

Oma Selma hatte die Jacke auf den Tisch gelegt und zeigte Maria und Paul die Änderungen, die sie gemacht hatte. »Ich habe hier an den beiden Schultern eine jeweils eine Schlaufe angebracht, damit die Riemen nicht von den Schultern rutschen können.« Sie zeigte auf das aufgenähte Stück. »Und die Riemen an den Händen habe ich ausgetauscht.« Sie breitete die Ärmel aus und holte die Riemen an den Fingerspitzen hervor. »Jetzt sind die beiden Riemen gleich lang.«

Marias Augen leuchteten. »Ich bin ja sehr gespannt.«

Oma Selma drehte die Jacke um. »Die anderen Riemen sind unverändert. Die können wir so brauchen, wie sie schon waren.« Sie machte noch darauf aufmerksam, dass in den Riemen zum Festschnallen der Arme noch ein paar Löcher fehlen. »Die müssen wir jetzt noch anbringen.«

Sie hatte ein paar Büroklammern als Markierungen vorbereitet. Sie wandte sich an Paul. »Könntest Du bitte mal die Lochzange aus der Werkstatt holen?«

Paul kam der Bitte gern nach. Er verließ den Raum.

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, als Selma etwas auf Maria zu ging. Sie versuchte ihre Stimme bewusst liebevoll und zärtlich klingen zu lassen, obwohl sie Pauls Freundin etwas ziemlich heikles fragen wollte. »Maria, wann trägst Du den Keuschheitsgürtel? Wie oft meine ich.«

Maria musste zunächst schlucken, doch dann spürte sie irgendwie, dass sie zu Pauls Oma Vertrauen haben konnte. »Ich soll ihn eigentlich immer nur tragen, wenn ich draußen bin. Daheim müsste ich ihn nicht tragen. Doch oft ist es praktischer, wenn ich ihn tagsüber gar nicht erst ablege.«

Selma begriff. »Er ist also vorrangig zu Deinem Schutz?«

Maria fühlte sich verstanden. »Ja, genauso wie dieser seltsame BH auch. Im Training bin ich oft recht hilflos.«

»Und in der Nacht?« wollte Selma wissen.

Maria spürte, wie sie leicht rot wurde. »Da brauche ich ihn nicht zu tragen.« Sagen tat sie mit ihren Worten aber viel mehr.

»Warum trägst Du die Schenkelbänder?«

Maria seufzte. »Die gehören zum Programm. Wegen der damenhaften Bewegung.« Ein winziges bisschen Spott klang in ihrer Stimme mit.

»Weiß Paul schon davon?« Selma dachte an ihren Enkel.

Auf einmal wurde Maria traurig. »Nein.« Sie seufzte. »Und ich weiß auch immer noch nicht, wie ich ihm das erklären soll.«

Selma schien eine Idee zu haben. »Dürfte er es denn wissen?«

Maria dachte nach. »Eigentlich schon.«

Ein Lächeln glitt über das Gesicht von Pauls Oma. »Vertraust Du mir?«

Das »Ja« von Maria klang noch recht unsicher.

»Dann lass mich nur machen.« Im Gegensatz zu Maria klang Selma Stimme sehr zuversichtlich. »Was trägst Du denn darunter?«

»Einen ganz normalen Gymnastik-Anzug.« Maria wunderte sich.

In diesem Moment ging die Tür auf und Paul kam mit der Lochzange zurück.

Selma dankte ihm, dann nahm sie die Jacke zur Hand und erklärte, worauf es jetzt ankam. »Wir wollen ausmessen, wo wir in den Armriemen Löcher brauchen. Aber dazu muss Maria die Jacke einmal anziehen.«

Sie drehte sich fast etwas übertrieben zu Maria hin. »Zieh Dir bitte Rock und Bluse aus, dann ist es leichter.« In Wirklichkeit konnte sie so Maria zuzwinkern, ohne das Paul es sehen konnte.

Maria war im ersten Moment sehr erschrocken, doch dann erinnerte sie sich an die Bitte um Vertrauen. Sie knöpfte sich also langsam die Bluse auf, zuerst die Knopfleiste, dann die Knöpfe an den Ärmeln. Der Stahl-BH kam zum Vorschein, und das Schloss, mit der er verschlossen war, war recht deutlich zu sehen.
Ohne weiteres Zögern zog Maria den Reißverschluss ihres Rockes auf und ließ diesen mit einer gewissen Dramatik zu Boden fallen. Sie stieg heraus und bückte sich, um ihn aufzuheben. Sowohl der Keuschheitsgürtel als die Schenkelbänder waren nicht mehr zu übersehen. Zumal sich das Metall deutlich von dem Sporttrikot abhob.

Paul wurde mit jeder Bewegung von Maria nervöser. Er blickte ziemlich irritiert zwischen Maria und seiner Oma hin und her. Es war gleich doppelt verwirrt, zum einen natürlich von Marias sehr seltsamer Stahl-Unterwäsche, aber nicht minder davon, das seine Oma überhaupt keine Reaktion zeigte, sondern so tat, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt, dass Maria ihre seltsame Metallunterwäsche zeigte.

»Hilfst Du Maria bitte beim Anziehen?« Oma Selma reicht Paul die Jacke. »Ich bereite das Maßnehmen vor.«

Es war Paul anzusehen, dass es ihn sichtlich irritierte. Seine Hände zitterten.

Doch auch in Maria war eine gewaltige Anspannung zu spüren. Es war die Anwesenheit von Selma, welche bei ihnen beiden beruhigend wirkte.

Paul hielt Maria die Jacke so hin, dass sie ihre Arme in die engen Ärmel stecken konnte. Dann kniete er sich vor sie hin und schloss den Reißverschluss Jetzt hatte er sein Gesicht direkt vor ihrem Stahl-Höschen, doch er sagte nichts.

Oma Selma hatte ihm heimlich aus den Augenwinkeln zugesehen. »Die Riemen zwischen Beinen bitte auch, jetzt brauchen wir die.«

Paul nahm die Riemen, die vorn an der Jacke angebracht waren in die Hand, doch dann ließ er sich wieder los und blickte zu seiner Oma hin. »Das kann ich nicht.« Seine Stimme zitterte.

Selma war bemüht, ihre Stimme sehr bestimmt und doch auch liebevoll klingen zu lassen. »Bitte trau Dich. Genau dafür trägt Maria doch den Keuschheitsgürtel. Damit ist sie sicher geschützt und du tust ihr nicht weh.«

Hätte Paul in diesem Moment auf Maria geblickt, dann hätte er gesehen, wie sie bei dem Wort ´Keuschheitsgürtel´ zusammenzuckte. Doch er wandte nur langsam seinen Blick wieder zurück zu Maria. Seine Hände zitterten sehr, als er die beiden Riemen durch ihre Beine zog.

Maria hielt in diesem Moment den Atem an. Gewiss, durch den Gürtel spürte sie im Schritt keine der Berührungen der Riemen. Aber ihre Schenkelinnenseiten waren nicht geschützt und jede Berührung von Paul ließ Blitze durch ihren Körper schießen. Sie biss sich auf die Lippen, um ein Stöhnen zu vermeiden. Sie wollte es Paul nicht noch schwerer machen.

Pauls Oma war an ihn herangetreten und prüfte die Spannung der Riemen. Sie bat ihn, es noch zwei Löcher enger zu machen. »Es ist wichtig, dass die Jacke von unten gut festgehalten wird.«

Maria fragte sich in diesem Moment, wie es wohl sein würde, wenn sie die Jacke mal ohne den schützenden Gürtel tragen würde. Ein seltsames Ziehen ging durch ihren Bauch.

Paul stand auf und blickte Maria verwundert an. Er rang sich ein »Trägst Du immer so etwas?« heraus.

Marias Stimme war sehr leise, als sie ihm antwortete. »Immer wenn ich raus gehen möchte.«

Oma Selma hatte den beiden zugesehen und war mit dem Ablauf sehr zufrieden. Sie hatte nicht weiter eingreifen müssen und Paul hatte sehr gut reagiert. »Gut, dann wollen wir mal maßnehmen.«

Sie bat Maria, ihren Arm so auf den Rücken zu legen wie sie es auf der Zeichnung gesehen hatte. Maria schaffte dies fast bis zum Schulterblatt.
Selma nahm den langen von ihr angebrachten Riemen und schob ihn unter der Lasche auf der Schulter durch. Sie bat Paul, ihn doch vorn durch die Schnalle zu ziehen. »Bitte festhalten.«

Das gleiche tat sie mit Marias anderem Arm. Diesmal hielt sie selber den Riemen in der Schnalle fest. Sie nahm die bereitgelegten Büroklammern und markierte die Stelle auf dem Riemen. »Hier müssen die Löcher anfangen«

Sowohl Paul als auch Maria begriffen, was sie meinte.

Selma blickte Maria fragend an. »Welchen Arm sollen wir nehmen?«

Maria war der linke Arm lieber.

»Ich möchte jetzt noch wissen, wie weit wir die Riemen noch kürzen können. Dazu soll Paul den Arm noch einmal hoch drücken.« Sie erinnerte das Liebespaar daran, wie sie es gestern gemacht hatten.

Maria biss die Zähne zusammen und wollte gerade mit einem leichten Stöhnen beginnen, als Selma auch schon ein »Danke« sagte. Paul ließ sofort wieder los und Marias Arm lockerte sich.

Selma war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Sie bat Maria, die Jacke noch einmal auszuziehen. Maria lächelte und blickte Paul fragend an. Selma bemerkte ihren Fehler und lächelte. »Oh sorry, ja, bitte Paul, die Jacke noch einmal ausziehen. Ich muss damit noch mal an die Maschine.«

Das wäre zwar nicht nötig gewesen, aber Selma sah eine gute Gelegenheit, Paul und Maria sich ein wenig mit Marias seltsamer Unterwäsche befassen zu lassen. Sie bot den beiden an, sich auf das Sofa zu setzen, während sie mit der Jacke auf die Nähmaschine zu ging. »Ich werde die Enden der Riemen noch kürzen und vernähen.«

* * *

Paul war immer noch sehr verwirrt wegen der Ereignisse. Besonders die sehr seltsame Unterwäsche aus Metall irritierte ihn sehr. Natürlich hatte er im Museum mal so etwas wie einen Keuschheitsgürtel gesehen, doch er hielt das bisher für ein Relikt aus der Vergangenheit.
Aber er genoss nach wie vor die Nähe zu Maria. Sie saßen zusammen auf dem Sofa und blickten beide interessiert zu Selma. Paul traute sich nicht, den Arm um Maria zu legen und Maria traute sich nicht, darum zu bitten. Irgendwie lag eine viel zu große Anspannung in der Luft.
Nur gelegentlich warf Paul einen Blick auf Marias so seltsam verpackten Körper. Schließlich rang er sich zu einer Frage durch. »Trägst Du das in der Schule auch?«

Maria war nicht ganz klar, was Paul genau meinte, aber er konnte eigentlich nur ihre Stahl-Unterwäsche meinen. Sie wackelte etwas mit den Beinen, um die Kette etwas in Bewegung zu bringen. Als Paul seinen Blick darauf gerichtet hatte, sagte mit leiser Stimme. »Das brauche ich nicht, wenn ich einen engen Rock trage.«

Die beiden Metallringe um die Oberschenkel hatte Paul schon heute Nachmittag gesehen, doch in der Hektik hatte er keine Zeit gehabt sich darüber zu wundern. Jetzt konnte er die Schenkelbänder in aller Ruhe betrachten und besonders fiel ihm die kurze Kette zwischen den Beinen auf. Er erkannte endlich, warum Maria immer nur so kleine Schritte machen konnte. Er rang sich ein »Du bist sehr tapfer« ab.

Nur ganz langsam wich Marias Anspannung und ein wenig Glücksgefühl nahm den Platz ein. Sie drehte sich zu ihm hin. »Danke«

Selma hantierte weiter ziemlich umständlich mit der Jacke herum. Sie wollte den beiden noch etwas Zeit lassen, ihre Erlebnisse zu verdauen.

Maria wurde mutig. »Du kannst es ruhig mal anfassen. Ich spüre davon nichts.«

Pauls Hand zitterte sehr, etwas als sie sich Marias Busen näherte. Erst als er realisierte, das er wirklich nur Metall spürte, ließ seine Nervosität etwas nach.

* * *

Selma stand auf und fragte Paul nach der Lochzange.

Paul und Maria standen beide vom Sofa auf. Paul blickte sich im Raum um und holte die Zange von der kleinen Anrichte.
»Ich denke, dass machen wir zu dritt. Paul macht die Löcher, ich halte den Riemen fest und Maria, bitte halte das Maßband.« Selma wusste, das sie natürlich auch die Löcher hätte anzeichnen können, doch sie wollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Paul und Maria erreichen. »Bitte alle eineinhalb Zentimeter ein Loch genau in die Mitte.«

Insgeheim lächelte sie. Das wäre natürlich auch leichter gegangen, aber es war sehr schön anzusehen, wie konzentriert die beiden zusammen bemüht waren, die Löcher akkurat in die Mitte und im richtigen Abstand zu setzen. Vergessen waren Keuschheitsgürtel und Schrittbänder. Selma war sehr zufrieden.

Nach dem der zweite Riemen mit den gleichen Löchern versehen war, blickte Selma noch einmal auf ihre beiden Schützlinge. Sie schienen sich beruhigt zu haben. Besonders Maria machte einen sehr gelösten Eindruck und Paul schien sich auch gut unter Kontrolle zu haben.

»Dann wollen wir die Jacke mal ausprobieren.« Sie war bemüht, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, doch auch Selma war in diesem Moment etwas aufgeregt. Das Vorhaben von Pauls Freundin war doch etwas außergewöhnliches.

Marias Augen leuchteten. Sie blickte noch einmal an sich herunter und konnte es immer noch kaum glauben. Sie trug ihr Keuschheitsgeschirr in der strengen Variante und Paul hatte sich nicht daran gestört. Ein großer Stein war ihr damit vom Herzen gefallen.

Selma reichte Paul die Jacke. »Hilfst Du Maria bitte beim Anziehen? Ich schaue dann noch mal, ob alles richtig sitzt.« Sie überlegte einen Moment. »Die Arme machst Du bitte noch nicht fest.«

Es kam Paul schon sehr seltsam vor, von seiner Oma hier so befremdliche Anweisungen für seine Freundin zu bekommen, doch als er Maria anblickte, sah er, dass sie auch auf seine Taten wartete.
Seine Herz klopfte laut, als er Maria die Jacke hin hielt.

Maria war ebenfalls sehr aufgeregt, als sie ihre Arme in die Ärmel steckte, die ihr Freund bereit hielt.

Paul zog die Jacke hoch und legte sie um Marias Schultern. Dann trat er vor sie und schloss den Reißverschluss Diesmal ließ er sich von dem Keuschheitsgeschirr gar nicht mehr irritieren.

Selma war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. »Die Riemen zwischen den Beinen bitte auch, die sind jetzt wichtig, weil die Arme am Gürtel ziehen werden.«
Pauls Hände zitterten etwas. Es war noch lange nicht selbstverständlich, dass er seine Freundin einfach so in eine Zwangsjacke einsperren würde und entsprechend groß war sein Respekt. Ohne den Stahlgürtel zwischen Marias Beinen hätte er das Anlegen der Schrittriemen vermutlich abgelehnt. So wusste er zumindest, dass Maria davon nichts spüren würde und das beruhigte ihn.

»Fertig.« Seine Stimme zitterte noch mehr als seine Hände.

Beide blickten Selma mit Spannung an. Jetzt würde es passieren.

Pauls Oma trat langsam hinter Maria und bat sie um einen Arm. Paul sollte sich vor Maria aufstellen und bereit sein.

Maria legte einen Arm auf ihren Rücken, so wie sie es schon beim Maßnehmen gemacht hatte.

Selma war mit der Armhaltung schon recht zufrieden. Sie nahm den Lederriemen an den Fingerspitzen und schob ihn durch die Lasche über der Schulter. Sie bat Paul, ihn ganz langsam nach vorn zu ziehen.

Paul kam der Bitte nach. Knisternde Spannung lag im Raum. Auf einmal spürte Paul Widerstand. Er hörte auf zu ziehen.

»Bis hier hin erst mal.« Auch die Stimme seiner Oma verriet etwas von ihrer Anspannung. »Bitte führe den Riemen jetzt in die Schnalle am Gürtel. Auf der anderen Seite.«

Paul schaute einmal auf den Gürtel und wusste, wie es gemeint war. Er zog den Riemen durch die Schnalle und fragte mit leiser Stimme. »Gleich ins erste Loch?«

Selma ließ Maria dies entscheiden, doch diese war unentschlossen. Sie schob ihren Arm etwas nach oben. »Welches Loch wäre das?«

Paul zog den Riemen etwas an und schaute nach. »Das wäre das zweite.«

Marias Stimme klang in diesem Moment mutig. »Dann bitte das vierte.«

Doch Selma widersprach. »Maria, Du solltest es gerade am Anfang langsam angehen. Das zweite Loch reicht.«

Im ersten Moment war Maria enttäuscht, doch dann nahm sie den Rat von Pauls Oma an. »Gut, das zweite.«

»Jetzt bitte den anderen Arm.« Selma kam Maria zu Hilfe, den sie musste ja jetzt den zweiten Arm über den ersten Arm darüber legen.

Maria spürte, wie Paul auch diesen Riemen fest zog. Jetzt konnte sie die Anspannung aus ihren Armen lösen und trotzdem blieben diese in ihrer Position. Marias Atem ging etwas heftiger. Die neue erzwungene Haltung war sehr aufregend.

Selma ahnte, das es wohl nicht mehr lange dauern würde, bis Maria kommen würde. Sie bat sie, sich jetzt auf das Sofa zu setzen. Paul sollte sie dabei begleiten.
Selma gab Paul ein Zeichen und dieser legte seinen Arm um Maria. Zärtlich begann er Maria zu streicheln.

Marias Atem ging heftiger. Die sehr gelöste Stimmung und das Vertrauen zu Paul und seiner Oma erlaubten ihr, sich in ihre Gefühle fallen zu lassen. Sie war sehr erregt. Pauls Berührungen elektrisierten sie. Sie schloß die Augen und keuchte. Ein Zittern ging durch ihren Körper.

Maria drehte ihren Kopf etwas unsicher zu Paul und blickte ihn verliebt an. Langsam kamen ihre Lippen sich näher.

* * *

Selma blickte zufrieden auf das Liebespaar auf dem Sofa. Es war genauso gekommen, wie sie es vorausgeahnt hatte. Maria war nach ihrem Höhepunkt sehr glücklich und ließ sich in ihrer Wehrlosigkeit von Paul verwöhnen.

Oma Selma schaute auf die Uhr. Zulange sollten Marias Arme beim ersten Mal nicht in dieser Haltung gefangen sein. Es tat ihr zwar etwas weh, aber sie musste die romantische Stimmung jetzt unterbrechen. Sie ließ ihre Stimme bewusst leise klingen. »Für heute soll es genug sein.« Als sie Marias enttäuschtes Gesicht sah, fügte sie hinzu. »Gerade am Anfang darfst Du es nicht übertreiben.«

Maria sah es ein und seufzend bat sie Paul, ihr die Arme wieder zu befreien.

Paul war noch ganz benommen von den Ereignissen, deswegen kam er der Bitte nur langsam nach. Zu viel war auf ihn eingeströmt, als das er noch normal denken konnte. Ihm kam es vor, als würde er träumen.

»Aber ich bin mir ziemlich sicher«, jetzt war die Stimme von Selma wieder normal, »dass Du das Gebet auf dem Rücken schaffen wirst.«
Maria blickte sie etwas unsicher an. Sagen konnte sie noch nichts.

»Aber eben hat Maria es doch schon fast geschafft.« Paul streichelte Maria noch einmal sehr zärtlich.

»Ja schon,« Selma lächelte verständnisvoll, »aber auf dem Fest müssen die Arme über mehrere Stunden so getragen werden. Und das muss lange und hart trainiert werden.«

Maria drehte sich noch einmal zu Paul und küsste ihn. »Danke.«

Selma tat es zwar etwas weh, aber es war ihr wichtig, dass Maria gut vorbereitet war. »Es wird sehr schwer für Dich werden. Du wirst viel Kraft brauchen. Aber Du kannst es schaffen.«

Zu einer Antwort war Maria nicht fähig, doch ihr Blick zeigte Entschlossenheit.
74. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 17.01.14 13:26

Gratuliere zur gelungenen Fortsetzung der Geschichte.
Ich muß sagen du weißt wie man die Spannung aufrecht hält . Ich bin gespannt wie es weiter geht .
75. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 18.01.14 20:09

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

»Freitag ist sicher etwas kurzfristig, aber vielleicht könnten Sie es trotzdem einrichten?« Die Stimme am Telefon klang ernsthaft bemüht, aber zugleich auch entschuldigend.

»Das ist ja schon Morgen.« Im ersten Moment war Mrs. Potter fast empört, doch dann schien sie darüber nachzudenken. »Ich muss heute ohnehin noch einkaufen, ich denke es lässt sich einrichten.«

»Maria würde sich sicher sehr freuen.« Die Stimme strahlte eine gewisse Begeisterung aus. »Es wäre wirklich gut, wenn sie es möglich machen könnten.«

Schließlich sagte Mrs. Potter es zu. »Sie wird eine schwere Zeit vor sich haben, dann wäre es vielleicht gut, wenn es mit so etwas Schönem anfängt.«

Sie verabschieden sich und legen auf. Mrs. Potter nahm sich ihren Einkaufzettel und überlegte. Dann griff sie zu einem Stift und schrieb noch einiges dazu. Wieder klingelte das Telefon. Sie ging ran.

* * *

Andrea lauschte dem Klingelton und fragte sich zweifelnd, ob sie diesmal wohl mehr Glück haben würde. Ihre bisherigen Versuche bei der Baroness waren mehr als nur frustrierend verlaufen. Dieses arrogante Biest hielt es nicht für nötig, sich an irgendwelche Absprachen oder Termine zu halten.

Es wurde abgenommen. Andrea erschrak, als sie die sehr strenge Stimme von Mrs. Potter hörte. Sie fühlte sich irgendwie total eingeschüchtert. Doch diesmal wollte sie sich nicht unterkriegen lassen. Sie musste sich erst etwas räuspern. »Mein Name ist Andrea Baselitz. Ich bin Reporterin vom Landsbacher Boten und mache eine Reportage über die Katerina.«

Mrs. Potter stellte sich dumm. »Und was wollen sie dann von uns?«

Andrea spürte, dass sie es auch hier schwer haben würde. Doch diesmal wollte sie sich nicht abwimmeln lassen. »Baron von Harsumtal hat mir gesagt, dass Maria Beller die Vertretung für seine Tochter übernehmen würde.« Sie holte noch einmal Luft. »Er hat mir diese Nummer gegeben und ich würde gern ein Interview mit Maria als der künftigen Katerina machen.«

Mrs. Potter seufzte innerlich. Das mit der Presse gefiel ihr gar nicht, denn sie ahnte, dass dies sicher nur der Anfang sein war. Sobald bekannt sein würde, das Maria die Rolle der Grafentochter übernehmen wird, würde die Presse auf sie ein stürmen.

Auf der anderen Seite schrieb Maria morgen die wichtige Mathearbeit, und da wäre ein wenig Ablenkung bestimmt nicht schlecht. Immerhin hatte diese Andrea eine sehr sympathische Stimme. Lieber jetzt, und mit einer netten Reporterin als später mit einer unsympathischen! »Sie könnten heute Nachmittag zum Kaffee vorbei kommen.«

Sie überlegte, ob sie jetzt schon Marias Training erwähnen sollte, doch dann gab sie den Gedanken wieder auf. Das war noch zu früh.

Andrea war erleichtert. Diese Einladung klang sehr viel anders als die Plattheiten und Ausreden, die sie sich bisher bei der Baroness und ihrem Vater hatte anhören müssen. Irgendwie spürte sie eine recht unprofessionelle Vertrautheit. »Ich könnte etwas Kuchen mitbringen.«

»Wann werden Sie kommen?«

Andrea schlug eine Uhrzeit vor.

Mrs. Potter dachte kurz nach, dann sagte sie, dass dies gehen würde. Dann verabschiedeten sie sich.

Insgeheim freute sich Marias Erzieherin über die neue Aufgabe für ihren Schützling. Es würde sehr gut zeigen, wie das Programm bisher schon gewirkt hatte. Mrs. Potter war sehr gespannt, wie Maria sich als Katerina geben würde und wie gut sie mit den Einschränkungen der Rolle klar kommen würde. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr war sie über die Reporterin erfreut, denn so gab es Maria die Gelegenheit, sich langsam an den Aspekt zu gewöhnen, dass sie zukünftig mit ihrer doch recht strengen Fesselung in der Öffentlichkeit stehen würde.

Sie nahm sich noch einmal ihren Einkaufszettel zur Hand und schrieb ein paar weitere Sachen auf die Liste. An der Wand hing der neue Ausbildungsplan für Maria. Mrs. Potter warf einen Blick darauf und sah, dass für heute ein Tanztraining angesetzt war. Der Kurs wurde vom hiesigen Sportverein veranstaltet, und deswegen fragte sie sich, was Maria dort wohl lernen würde. Eigentlich konnte es im Rahmen des Festes nur um historische Tänze gehen. Doch darüber wusste sie bisher nicht viel.

Sie freute sich sehr über Marias neue Aufgabe. Insgeheim, auch wenn sie dies niemals zugeben würde, war sie froh, dass sich endlich mal etwas Abwechslung für Maria ergeben würde. Ihre Mutter hatte ihr die neuen Prioritäten mitgeteilt und dies bedeutete eben sehr viel zusätzliches Lernen und Zusatzunterricht verschiedenster Art. Teilweise waren sogar mehrere Termine an einem Tag angesetzt.

Sie wusste zwar immer noch nicht so ganz genau, was von Maria genau erwartet wurde, doch sie war entschlossen, Maria auf dem Weg zum Fest in jeder Hinsicht beizustehen.

* * *

Paul ging langsam neben Maria her und dachte nach. Seit er gestern Marias Keuschheitsgürtel und die Schrittbänder gesehen hatte, wusste er, warum seine Freundin nur so kleine Schritte machen konnte. Doch gerade deswegen war er sehr stolz auf Maria, denn es beeindruckte ihn sehr, wie gut sie mit ihrem Schicksal umzugehen wusste Trotzdem fragte er sich um so mehr, warum Maria dies alles auf sich nahm.

Doch er hatte noch nicht den Mut, diese Frage auch auszusprechen. »Du warst gut heute.« Paul dachte an den Matheunterricht. »Herr Peters hat dich sogar gelobt.«

Maria lächelte, trotzdem war sie noch unsicher. »Wie wird es morgen laufen?« Sie seufzte und dachte an die so wichtige Mathearbeit.

Sie gingen schweigend weiter. Paul war sehr zuversichtlich, dass Maria diesmal eine gute Note bekommen würde.

* * *

Mrs. Potter stand schon an der Haustür und begrüßte sie. »Wie war es heute?« Auch sie war an Marias schulischen Leistungen interessiert.

Maria war zurückhaltend. »Es lief gut.«

»Maria hat sogar ein Lob von Herrn Peters bekommen.« Paul ahnte, dass Maria dies in ihrer Bescheidenheit vermutlich verschweigen würde.

Mrs. Potter freute sich darüber. Dann berichtete sie, dass sich für heute Nachmittag eine Reporterin angesagt hatte.

Maria war enttäuscht. »Schade, ich wollte doch die neue Jacke ausprobieren.« Es war ihr anzusehen, dass sie sich auf den geplanten Spaziergang sehr gefreut hatte.

Paul schien nachzudenken. »Wann will die Reporterin denn kommen?«

Mrs. Potter nannte die Uhrzeit. Paul blickte einmal auf seine Uhr und einmal auf Maria. Dann ging ein Leuchten über sein Gesicht. »Ich beeile mich mit dem Mittagessen und dann komme ich gleich vorbei. Dann können wir vorher noch spazieren gehen.«

In Marias Augen war ebenfalls ein Leuchten zu sehen, als sie ihre Erzieherin fragend ansah. Diese nickte wohlwollend.

* * *

Die umgearbeitete Jacke sah toll aus, wie sie so unschuldig auf dem Tisch lag. Das weiße Leder glänzte leicht im Sonnenlicht, und die roten Lederriemen bildeten einen sehr hübschen Kontrast dazu. Paul strich fast zärtlich über das Leder und dachte darüber nach, wie streng es doch seiner Freundin gegenüber sein konnte.

Maria blickte ihn leicht amüsiert an. Doch sie sagte nichts.

»Und was machen wir jetzt mit deinem Konto?« Die Frage von Mrs. Potter riss beide aus ihren Gedanken.

Maria hatte diese Frage befürchtet.

Doch zu ihrer Erleichterung hatte ihre Erzieherin sich dies schon überlegt. »Bis zum Herbst werden wir die Jacke sicher nicht brauchen. Und danach lasse ich einfach eine neue anfertigen.«

Sowohl Maria als auch Paul waren über diese Nachricht erfreut, denn es war ihnen nach wie vor nicht ganz geheuer, wie selbstverständlich Pauls Oma in Marias Tagesablauf eingegriffen hatte.

Mrs. Potter nahm die Jacke vom Tisch und reichte sie Paul. Dabei blickte sie ihn aufmunternd an.

Paul versuchte, sich zusammen zu nehmen, obwohl er doch ziemlich aufgeregt war. Er fasste die Jacke am Kragen und trat damit hinter seine Freundin.

Diese hatte ihre Augen fast geschlossen, als sie jetzt langsam ihre Arme in die Ärmel ihrer ehemaligen Strafjacke steckte. Auch Maria zitterte leicht, als Paul die Jacke langsam an ihrem Oberkörper hoch zog.

Paul ging um Maria herum und schloss mit dem nötigen Kraftaufwand den Reißverschluss der Jacke. Genauso wie gestern kostete es ihn viel Überwindung, die unteren Riemen zwischen Marias Beinen hindurch zu führen und fest zu machen.

Maria ließ sich davon nichts anmerken, sie wackelte nur etwas mit ihren Armen.

Beide spürten, das jetzt ein wichtiger Moment gekommen war. Paul überlegte, ob er Maria mit »Prinzessin« anreden sollte, doch irgendwie schien er zu spüren, dass Maria dafür nicht in der richtigen Stimmung war. Dafür war die Jacke in ihrer veränderten Funktion noch zu neu.

Ohne dass ein Wort gefallen war, legte Maria ihren Arm auf den Rücken, so dass die Hand in Richtung ihres Nackens zeigte. Paul war bereit und zog den roten Riemen vorn an dem Handschuh durch die Öse auf der Schulter. Als er einen leichten Widerstand spürte, stoppte er und brachte den anderen Riemen ebenfalls so in Position. Dann trat er vor Maria.

Sie hatte die Augen geschlossen. Ihr Atem ging deutlich heftiger als sonst. Er erschrak leicht, als Mrs. Potter neben ihm stand. Doch auch sie hatte das besondere der Situation erfasst und legte ihren Zeigefinger auf den Mund, als sie Paul freundlich anblickte.

Paul war reichlich verwirrt. Erst als Marias Erzieherin den über der Schulter hängenden Riemen in die Hand nahm und auf das zweite Loch zeigte, war er in der Lage, weiter zu machen.

Maria hatte die Augen nach wie vor geschlossen. Er nahm den Riemen des rechten Armes und zog ihn zunächst einmal stramm. Doch die Schnalle war noch nicht erreicht. Er blickte auf Maria, die das Strammziehen gespürt hatte.

Sie machte die Augen auf und blickte Paul sehr verliebt an. Dann schob sie ihren Arm noch etwas nach oben. »Du musst etwas ziehen.« Ihre Stimme kam sehr leise.
Paul war bemüht, alles richtig zu machen, gleichzeitig wollte er seiner Freundin unnötigen Schmerz ersparen. Sehr vorsichtig begann er den Zug auf den Riemen zu erhöhen.

»Trau Dich, ziehe ruhig kräftiger.« Maria wollte ihn ermutigen. Ihre Stimme war immer noch sehr leise.

Dermaßen ermutigt, zog Paul etwas kräftiger an dem Riemen. Er konnte ihn in die Schnalle einführen und wie verabredet in dem zweiten Loch festmachen. Der Riemen vom linken Arm ging leichter, da Paul jetzt ein Gefühl dafür hatte, wie stark er ziehen musste.

Mrs. Potter war mit dem Vorgang zufrieden. Sie griff in ihre Tasche und holte zwei kleine Schlösser heraus. Sie nahm sie und brachte sie jeweils in dem Loch nach der Schnalle an. Im ersten Moment wollte Paul lachen, denn auf der Seite würden die Schlösser ja nichts verschließen. Doch dann dachte er an die Gründlichkeit, mit der Marias Erzieherin sonst unterwegs war. Sie wollte sicher damit etwas bezwecken, doch er kam nicht drauf.

Schließlich nahm Paul doch einen Fehler an, und weil er mittlerweile genügend Mut und Vertrauen hatte, sprach er Mrs. Potter darauf an. »Gehören die Schlösser nicht auf die andere Seite?«

Marias Erzieherin lächelte. »Den Tipp hat mir deine Oma gegeben. Sie meint, Maria würde Dich sonst überreden, die Riemen jetzt schon enger zu machen, und das wollen wir verhindern.«

In diesem Moment erschrak Paul, denn jetzt hatte er die Situation begriffen. Er würde alles machen, was Maria sagte. Er dachte mit Schrecken an das Halskorsett.

Marias Blick in diesem Moment sprach Bände. Sie fühlte sich ertappt und wurde etwas rot. In ihr breitete sich fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen aus. »Ich glaube, ich muss jetzt doch meine Ballettstiefel tragen.«

Mrs. Potter erklärte, dass das Programm ausgesetzt war. Doch zum Erstaunen von Paul und der Erzieherin machte Maria auf einmal ein ziemlich enttäuschtes Gesicht.
»Na gut, wenn du es unbedingt willst.« Mrs. Potter zeigte ein überraschtes Lächeln, dann ging sie zum Schuhschrank, holte die Stiefel heraus und reichte sie Paul.

Maria setzte sich auf ihren Schemel und streckte Paul ihre Beine hin.

Nur ganz am Rande fiel Paul auf, wie selbstverständlich und behende Maria sich ohne Zuhilfenahme ihre Arme bewegen konnte. Sie schien wirklich sehr viel Übung zu haben.

Fast routiniert zog Paul Maria die normalen Stiefel aus und half ihr in die Ballettstiefel zu kommen. Er blickte Maria kurz fragend an, und als sie nickte, begann er, die Stiefel am Fuß seiner Freundin fest zuschnüren.

»Ziehe ruhig ordentlich fest. Maria braucht guten Halt in den Stiefeln.« Mrs. Potter stand neben Paul und hatte Marias Cape in der Hand.

Nachdem Paul auch den zweiten Stiefel gut geschlossen hatte, sah er fasziniert zu, wie Maria ohne Hilfe wieder aufstand und selbst auf diesen so schwierigen Stiefeln sicher stand. Er bekam eine Gänsehaut.

Mrs. Potter reichte Paul das Cape und bat das Paar, sehr pünktlich wieder da zu sein. Dann wünschte sie ihnen einen schönen Spaziergang.

* * *

Sie machten nur sehr kleine Schritte und diese auch noch sehr langsam. Und doch war es Paul am Rascheln des Capes aufgefallen, dass Maria oft ihre Arme bewegte.

»Ist alles in Ordnung?« Er hatte gesehen, wie Maria sich ab und zu auf die Lippen biss.

»Es ist alles okay.« Marias Stimme keuchte leicht. »Es ist nur so ungewohnt und aufregend.« Sie holte Luft. »Sehr aufregend.« Sie blickte ihn verliebt an.

Sie gingen ein paar Schritte weiter. Maria blieb stehen und keuchte etwas lauter. Ohne lang zu überlegen blieb Paul ebenfalls stehen und trat vor Maria. Er legte seinen Arm um sie und zog sie fest an sich heran.

Ihren Blick konnte er später nicht mehr beschreiben, doch es lag alles darin - Lust und Liebe, aber auch etwas Angst vor dem Entdeckt werden sowie Verlangen nach mehr. Er sah, wie ihre Lippen näher kamen. Er dachte an die Worte seine Oma und blieb zunächst zurückhaltend. Erst als er sich sicher war, das Maria es wirklich wollte, beugte er seinen Kopf zu ihr hinunter.

Maria schloss die Augen. Paul spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper ging. Zärtlich spielten ihre Zungen miteinander.

* * *

»Was wird die Reporterin wohl wollen?« Paul fand als erster wieder Worte, nachdem Marias Höhepunkt verklungen war und er sie noch lange sehr zärtlich streichelnd in den Armen gehalten hatte.

»Es geht sicher um das Fest.« Maria blickte ihn voller Liebe und Stolz an.

»Da hast Du sicher recht. Immerhin liegt die Hauptdarstellerin im Krankenhaus.«

Maria dachte laut. »Landsbach wird sicher enttäuscht sein, dass die Baroness nicht spielen wird.«

Paul wusste noch nicht viel über die Baroness. »Aber sie soll ja keinen guten Ruf haben.«

Maria wurde nachdenklich. Sie seufzte. »Wer weiß, was ich für einen Ruf habe. So komisch, wie ich immer herumlaufe.«

Paul wollte das überspielen und seine Freundin ablenken. »Zu der Rolle gehört es ja, dass Du den Handschuh trägst.«

»Ich freue mich schon darauf.« Ihre Stimme klang auf einmal etwas verwundert. »Ich darf ihn dann in der Öffentlichkeit tragen. Und sie werden mich hoffentlich nicht mehr auslachen.«

Paul konnte nur ahnen, was seine Freundin in der Vergangenheit zusätzlich zu den Einschränkungen wohl so hatte erleiden müssen.
76. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 19.01.14 14:35

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Andrea drückte auf den Kningelknopf und fragte sich, ob es diesmal besser laufen würde. Sie hörte Schritte. Sie blickte noch einmal auf das kleine Kuchenpaket und fragte sich, ob dies nicht hoffnungslos unprofessionell war. Doch die Stimme am Telefon hatte am Schluss so einladend geklungen.

Die Tür ging auf und Mrs. Potter gab sich Mühe, unvoreingenommen zu sein. Die Reporterin stellte sich vor. »Ich bin Andrea Baselitz und komme vom Landsbacher Boten.« Sie roch den Kaffeeduft und reichte ihr kleines Kuchenpaket vor. »Wie abgemacht.«

Mrs. Potter blickte etwas verwundert auf das Paket, dann nahm sie es entgegen und bat die Reporterin herein. »Maria wartet schon.«

Andrea war sichtlich erleichtert. »Oh, das freut mich. Endlich habe ich mal Glück.«

Mrs. Potter verstand die Bemerkung nicht. »wieso Glück? Der Termin war doch ausgemacht.«

Andrea musste seufzen. »Ich habe schon zehn oder zwölf Termine mit der Baroness ausgemacht, und bei keinem hatte sie Zeit. Immer war irgendwas dazwischen gekommen.« Ohne es zu ahnen, hatte die Reporterin damit bei Mrs. Potter sehr viel Sympathie gewonnen.

Andrea ging hinter Marias Erzieherin her und betrat das Esszimmer, in dem Maria schon mit Paul wartete. »Ich bin sehr erleichtert, dass es diesmal klappt.« Sie begrüßte Maria und Paul. »Wissen Sie, dies ist meine erste Reportage und ich war furchtbar unglücklich, als ich merkte, wie unzuverlässig die Baroness doch ist.«
Irgendwie war der Damm gebrochen, denn jetzt hielt auch Mrs. Potter ihre Meinung über den Baron und seine Sippschaft nicht länger zurück. Es wurde eine sehr gemütliche Kaffeetafel.

Erst als Paul mal nachfragte, fiel es Andrea ein, das sie ja eigentlich wegen Maria und dem Fest da war. Sie nahm ihren Block zur Hand und legte ihren Stift bereit. Sie fragte Maria, was sie denn bisher schon gemacht hätte.

Maria stellte fest, dass sie bisher nur auf der Sitzung des Festausschusses gewesen war.

Andrea ärgerte sich nur noch am Rande darüber, dass der Baron deswegen die Presse nicht informiert hatte. »Was ist denn da passiert?«

Jetzt meldete Paul sie zu Wort. »Maria musste beweisen, dass sie den Handschuh tragen kann.«

Maria erinnerte ihn daran, dass ja auch noch einiges andere besprochen wurde.

Paul blieb dabei. »Aber der Höhepunkt warst Du mit dem Handschuh. Selbst Kerstin war beeindruckt.«

Andrea wurde neugierig. »Was hat es eigentlich mit diesem Handschuh auf sich? Ich habe schon einiges darüber gelesen, aber ich weiß immer noch nicht, was das eigentlich ist.«

Mrs. Potter sah eine gute Gelegenheit. »Einen Moment bitte.« Sie stand auf und verließ den Raum. Gleich darauf kam sie zurück und legte einen von Marias Trainingshandschuhen auf den Tisch, nachdem sie etwas Platz gemacht hatte. Dann begann sie den Tisch abzuräumen. Es lag auch in ihrem Interesse, dass Maria sich bei der Presse gut verkaufte.

Andrea blickte ziemlich verwundert auf das weiße Bündel Leder mit den vielen Schnüren. »Das ist der Handschuh?« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie sich noch gar keinen Reim darauf machen konnte. Sie blickte abwechselnd auf Maria und auf das seltsame Lederbündel.

Maria spürte die Blicke, doch sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.

Mrs. Potter schließlich gab den Anstoß. »Maria, Paul, wollt ihr den Handschuh nicht vielleicht mal vorführen?« Sie blickte die beiden aufmunternd an.
Maria blickte zuerst auf ihre Erzieherin, dann zu Paul. Es war ihr anzusehen, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Doch dann stand sie auf, drehte ihren Rücken zu Paul und legte ihre Arme in Position.

Obwohl Paul Maria jetzt schon mehrmals in den Handschuh eingeschnürt hatte, spürte er doch, dass es jetzt etwas Besonderes war. Diesmal war eine Vertreterin der Presse anwesend und Maria stand ab sofort im öffentlichen Interesse. Doch schon als er die Lederhülle über Marias Arme schob, vergaß er diese Gedanken und war bemüht, den Handschuh genauso schnell wie sorgfältig anzulegen.

* * *

Mit großen Augen beobachtete Andrea das ihr dargebotene Schauspiel. Sie war erstaunt, welche Verwandlung dieses schüchterne Mädchen erfuhr, als der eigentlich auch recht schüchterne Junge sie erstaunlich routiniert und auch recht kraftvoll in diese seltsame Lederhülle schnürte. Eben noch war sie in recht schüchterner Haltung dagestanden. Die Schultern hatte sie nach vorne geneigt und sich selbst eher schützend bedeckt.

Doch nun wurden ihre Schultern gnadenlos in eine stolze, aufrechte Haltung zurückgezogen. Ihr Brustkorb weitete sich und ihre nicht zu großen, aber doch recht ansehnlichen Brüste kamen wundervoll zur Geltung, als sich ihre Bluse über sie spannte, umso mehr, da ihr Brustkorb frei von den auf den Rücken gezogenen Armen geworden war. Und in ihrem eben noch recht schüchternem Gesicht war ein stolzes Strahlen erschienen.

´Mein Gott´, dachte Andrea, ´wo ist das Schulmädchen von eben geblieben? Sogar auf mich als Frau hat sie ihre Wirkung, was müssen erst Männer bei ihrem Anblick empfinden?´

»So wird die Katerina auftreten.« In Marias Stimme war eine Menge Stolz zu hören.

Andrea war sprachlos. »Darf ich dich mal anfassen?«

Ihr sehr intensives Interesse ließ vermuten, dass es mehr als nur dienstlicher Natur war. »Das wird Hans interessieren.« Doch dann erinnerte sie sich an ihren eigentlichen Auftrag und ließ sich über das Fest berichten. Nur gelegentlich stellte sie noch eine Zwischenfrage.
Schließlich blickte Mrs. Potter zur Uhr. Nach einem freundlichen Blick zu Andrea wollte sie Maria an ihren nächsten Termin erinnern. »Maria, so langsam müsstest Du Dich zum Tanztraining fertig machen.«

Andrea nahm dies als Signal, das Interview zu beenden. Sie wollte sich verabschieden. Sie hatte ohnehin schon weit mehr erreicht, als sie sich erhofft hatte.
Doch Marias Erzieherin bot ihr an, Maria und Paul noch bis zum Tanzen zu begleiten. Immerhin war ihr klar, dass Maria wieder dem Darsteller des Prinzen über den Weg laufen würde, und da war etwas Verstärkung sicher recht sinnvoll.

Andrea war sichtlich überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet, und sie freute sich sehr darüber, Maria weiter zu begleiten. Die gemeinsame Abneigung gegenüber der Familie von Harsumstal spielte eine wichtige Rolle dabei, auch wenn es nicht ausgesprochen wurde.

Maria blickte Paul liebevoll an, und mit leiser Stimme bat sie ihn, sie doch bitte aus dem Handschuh heraus zu lassen. Erst jetzt erkannte Andrea den anderen Aspekt des Handschuhs, er machte die Trägerin nämlich sehr sehr hilflos, da sie überhaupt nicht mehr über ihre Arme verfügen konnte. Sie bekam eine Gänsehaut.

* * *

Unter normalen Umständen wäre Andrea das langsame Tempo von Maria wohl sehr auf die Nerven gegangen. Doch jetzt nutzte sie die Gelegenheit, neben dem so faszinierenden Mädchen her zugehen und noch die eine oder andere Frage stellen zu können. Vor allem wollte Andrea wissen, ob das Tragen des Handschuhs schwierig wäre.

Maria lächelte schüchtern. Es war ihr immer noch nicht ganz geheuer, hier so viel von sich preis zu geben. »Oh, das ist jetzt kein Problem mehr, aber am Anfang war es nicht leicht.« Sie schien nachzudenken. »Damals war der Handschuh noch weiter, aber dafür hatte ich auch weniger Übung.«

Andrea blickte voll Bewunderung auf die zarte Gestalt von Maria.

»Ich habe früher viel Ballettunterricht gehabt, deswegen bin ich auch sehr gelenkig.«

Andrea schien laut nachzudenken. »Ob ich das wohl auch könnte?«

Maria wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.

* * *

»Ah, schön, dass Sie wenigstens schon da sind.« Renate Bayer stellte sich als Betreuerin des Prinzenpaares vor, als sie in die große Turnhalle kamen.
Es waren schon viele Leute anwesend, fast alle trugen Sportsachen. Maria blickte erschrocken an sich herunter und war verlegen. »Ich wusste nicht, dass ich was anderes tragen sollte.«

Frau Bayer fühlte fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen. »Bitte entschuldigen sie, das wäre meine Aufgabe gewesen. Ich bin sehr abgelenkt wegen des Prinzen.« In ihrer Stimme war deutlicher Ärger zu hören. »Er sollte heute hier sein, aber natürlich ist er nicht gekommen. Er sagt, in seinen Kreisen wüsste man, wie man zu tanzen hat.«

Paul und Maria ahnten, um wen es ging. Maria war sichtlich erleichtert, nicht mit dem Neffen des Barons zusammen treffen zu müssen. Gewiss, es war ihr klar, dass sie auf dem Fest zusammen spielen mussten, trotzdem war ihr das Zusammensein mit diesem hochnäsigen Neffen ein Greul.

»Die Nachricht vom Festausschuss kam sehr plötzlich«, entschuldigte sich sie noch einmal. »Ich habe die große Änderung nicht erkannt.« Obwohl sie es nicht aussprach, war ihr doch anzusehen, wie sehr erleichtert sie über die geänderte Besetzung war.

Ein Mann in Sportsachen war zu ihnen getreten. Er stellte sich als der Leiter der Tanzgruppe vor und begrüßte die kleine Gruppe. Dann wandte er sich an Maria. »Sie sind die neue Katerina?«

Maria bestätigte es schüchtern. Sie war es nicht gewohnt, gesiezt zu werden.

»Wir Tänzer duzen uns alle, ich bin der Carlos.«

Maria erwiderte den Händedruck und nannte leise ihren Vornamen. Dann fragte sie mit der gleichen Unsicherheit, ob Paul da bleiben könnte.

Carlos blickte einmal in die Runde, dann sah er Frau Bayer fragend an. Diese schien zu wissen, was er erfahren wollte. »Er ist nicht gekommen. Er hätte Tanzunterricht nicht nötig.« Sie holte tief Luft. »Der Baron hat auch schon nachgefragt.«

Irgendwie schien Carlos dies nicht zu überraschen. »Aber Maria braucht einen Partner. Allein kann sie die komplizierten Schritte nicht machen.« Auf einmal richteten sich alle Blicke auf Paul.

Dieser war mehr als überrumpelt, doch als er Marias lieb bittenden Blick sah, konnte er nicht nein sagen. »Ich will es gern probieren.«

Carlos winkte auf einmal einer anderen Tänzerin zu und zeigte etwas mit den Händen, dann kurz auf Maria. Die dermaßen angesprochene Frau schien Bescheid zu wissen. Sie ging an eine Tasche, holte etwas heraus und kam auf die Gruppe zu.

Sofort hatte Maria das Gebilde in den Händen der Tänzerin als einen Monohandschuh erkannt und ihr Herz begann lauter zu schlagen. Sie hatte es noch immer nicht so richtig verarbeitet, dass sie jetzt ihren geliebten Handschuh in der Öffentlichkeit tragen durfte und dass sich daran keiner stören würde.

Carlos nahm den Handschuh entgegen und wandte sich wieder an Maria. »Du weißt, dass zu der Rolle gehört, dass Du ohne Deine Arme tanzen musst?«

Maria blickte ihn wortlos an. Paul sah das Leuchten in Marias Augen. Sagen konnte sie in dem Moment nichts. Sie ließ ihren Blick zwischen Paul und Carlos hin und her wandern. Sie machte in dem Augenblick einen sehr verunsicherten Eindruck, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.

Carlos schien die Unsicherheit zu spüren. »Keine Angst, Dir wird nichts passieren.« Dann wandte er sich an die Tänzerin, die den Handschuh gebracht hatte. »Elisabeth, magst Du Maria den Handschuh anlegen?«

Marias Herz klopfte laut. Langsam legte sie ihre Arme auf den Rücken.

»Das ist der Handschuh, mit dem Kerstin immer trainiert hat. Mal sehen, ob Du ihn tragen kannst.« Elisabeth schob die Lederhülle langsam an Marias Armen hoch.
Dann hörte Maria das Ratschen des Reißverschlusses und die erstaunte Stimme von Elisabeth. »Oh, mir scheint, Dir ist der Handschuh etwas zu groß, oder?«

Maria war höflich genug, um sich nicht zu beklagen. »Das wird schon gehen.« Ihre Stimme war in dem Moment recht leise.

Paul hatte dem Schauspiel recht interessiert zugesehen. Er wusste auch, wie eng Marias Handschuhe üblicherweise waren, doch auch er war höflich genug, nicht zu widersprechen. Als auch die Riemen über Marias Brust festgeschnallt waren, begann Carlos etwas über die Tänze zu erklären, die zu lernen waren.

* * *

Doch schon nach dem ersten Tanz sah Paul, dass Maria einen recht unglücklichen Eindruck machte. Er sprach sie darauf an.

»Ob ich hier wohl meinen eigenen Handschuh tragen könnte?« Sie war dankbar, dass Mrs. Potter angeregt hatte, ihn mitzunehmen. »Mit diesem komme ich nicht zurecht, der ist viel zu weit.«

Paul streichelte vorsichtig und zärtlich über Marias Arme, dann stand er auf und ging zu Carlos. Er trug das Anliegen vor.

Carlos zeigte sich verständnisvoll. »Sicher, das ist bestimmt recht ungewohnt. Natürlich kann sie auch ihren eigenen Handschuh tragen.«

Mit einem Lächeln kam Paul zu Maria zurück. Er nahm das weiße Lederbündel aus der Tasche und befreite Maria von dem Tanzhandschuh. Dann legte er wie gewohnt aber trotzdem hochkonzentriert Marias eigenen Handschuh an.

In der Konzentration bemerkten weder Maria noch Paul, dass die anderen Tänzer sich um sie geschart hatten, als erkennbar war, wie streng dieser Handschuh Marias Arme auf dem Rücken zusammen hielt. Es gab Applaus, als Paul gerade den letzten Verschluss geschlossen hatte.

Beide blickten sich verblüfft um. Carlos trat vor und blickte Maria bewundernd an. »Wahnsinn, das kannst Du toll.« Dann klatschte er in die Hände. »Jungs und Mädels, lasst uns weiter machen. Es ist noch viel zu lernen.«

* * *

Maria genoss es sichtlich, so im Mittelpunkt zu stehen. Sie spürte die vielen Blicke auf ihren Handschuh, doch wegen der komplizierten Tänze und Schrittfolgen war sie bemüht, diese zu ignorieren und sich stattdessen auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.

Paul war ebenfalls mit den Tänzen sehr beschäftigt. Nur gelegentlich erlaubte er sich einen Blick auf Maria, die jetzt einen sehr glücklichen Eindruck machte.
Der strenge Handschuh machte es Maria tatsächlich leichter, sich auf die Tänze zu konzentrieren, denn er nahm ihren Armen, mit denen sie vorher in dem zu weiten Handschuh unwillkürlich herum gerudert hatte, nun fast jede Bewegungs­möglichkeit, und so fiel es ihr leichter, das Gleichgewicht zu halten.

* * *

»Na endlich sind Sie da.« Die laute Stimme von Renate Bayer tönte in die Tanzpause. Die Blicke aller richteten sich zum Eingang der kleinen Halle.

Dort standen drei junge Männer in einer seltsamen Studentenuniform und blickten etwas angesäuert in die Halle.

Maria zuckte zusammen, als sie in einem der drei den Mann erkannte, der sie neulich schon so seltsam belästigt hatte. Franz-Ferdinand stürmte auf die Tanzfläche, blickte auf die anderen Tänzer und dann auf Maria. Er schien sie wieder zuerkennen. Er ging auf sie zu.

Maria hielt den Atem an.

Der Neffe des Barons blieb vor Maria stehen und blickte Maria sowohl auffordernd als auch belustigt an. »Nun, was ist? Wir sollen doch tanzen.«

Carlos klatschte kurz in die Hände. Dies schien das Signal für das Ende der Pause zu sein. Die Tänzer erhoben sich und gingen auf ihre Position. Der kleine Rekorder spielte wieder.

»Was ist denn das für eine schrottige Musik? Danach kann ich nicht tanzen.« Franz-Ferdinand murrte.

»Das ist eine Gavotte«, erklärte Carlos. »Und nun lasst uns beginnen.«

Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Franz-Ferdinand sah nur für kurze Zeit auf die Tänzer und ihre seltsamen Bewegungen, dann blickte er zu seinen Freunden, die noch am Eingang standen und sich offensichtlich über ihn lustig machten.

Carlos kam auf ihn zu. »Warum machen Sie nicht mit? Ihre Partnerin wartet auf Sie.«

Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Erwartung, Angst und Misstrauen an. Sie wusste nicht, ob er ihre verpackten Arme schon entdeckt hatte. Andererseits, so sagte sie sich, gehörte es zu der Rolle, die sie spielte.

»So einen blöden Tanz will ich nicht tanzen.« Er blickte die ganze Zeit zu seine Freunde, die sich vermutlich gerade über Marias Handschuh lustig machten.

Maria wurde es langsam unheimlich. Sie spürte die Ablehnung des Prinzendarstellers und befürchtete noch Schlimmeres. Sie drehte sich um, um nach Paul zu sehen.
In diesem Moment sah Franz-Ferdinand Marias verpackte Arme und ging auf sie zu. Er grabschte sie grob an den Handschuh und wollte ihn von ihren Arme herunter ziehen. »Damit kann man doch nicht tanzen, wie soll das denn gehen?«

Maria stockte der Atem.

Doch schon in der nächsten Sekunde waren alle Männer aus der Tanzgruppe bei Maria. Zwei Männer zogen sie von Franz-Ferdinand weg und die anderen hielten ihn fest.

»So nicht, mein Freund.« Carlos blickte dem Rüpel ins Gesicht und verwies ihn der Halle. Dann ging er mit eiligen Schritten auf Maria zu.

Paul war zu seiner Freundin getreten, hatte sie in den Arm genommen und versuchte sie zu trösten.

Auch Renate war entsetzt. Sie ging zum Telefon, nachdem sie sich vergewissert hatte, das Maria nichts geschehen war.

»Du siehst, das wir immer für Dich da sind und dich beschützen.« Carlos erklärte, dass dies ihre wichtigste Aufgabe auf dem Fest war.

Maria hatte sich von dem ersten Schreck erholt. Doch ihr Blick zeigte Sorgen. ´Wie würde es nur auf dem Fest werden?´

Carlos sah den Blick und fragte, ob sie für heute nicht Schluss machen sollten.

Doch Maria, ehrgeizig wie immer, wollte weitermachen. »Ich würde bloß gern mal einen Schluck trinken auf den Schreck.«

Carlos wandte sich an seine Frau, die eine Flasche und ein Glas besorgte.

Sie hielt es Maria hin, dann wurde sie verlegen. »Du kannst ja gar nicht....«

Maria warf Paul einen Blick zu und dieser nahm das Glas in die Hand. Er ging zu Maria und hielt es vorsichtig an ihre Lippen. Maria konnte langsam trinken.
»Na, das macht ihr aber auch nicht zum ersten Mal.« Carlos grinste.

Maria wurde leicht rot.

»Aber das ist doch in Ordnung.« Er ging zum Rekorder und ließ die Musik wieder weiterlaufen. Sie tanzten weiter.
77. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 19.01.14 14:54

Gut mitgedacht von Mrs Potter um zu Verhindern das Maria sich aus Übermut Verletzt nur weil sie meint es würde Enger gehen.
Ob Maria die Neue Jacke oder zumindest den Handschuh beim Interview mit der Reporterin tragen wird? Paul könnte ja auch dabei sein als Moralische Unterstützung.
Nachtrag zu 8/2: Das ist ja gut gelaufen mit dem Interview. Ob Andrea sich auch mal an einen Monohandschuh wagt?
Ich hoffe das wars dann für den Schnösel von Neffen und ich hoffe Paul darf die Rolle des Prinzen spielen. Das würde Bestimmt ein Erfolg für das Fest wenn das Liebespaar nicht nur gespielt ist sondern sich wirklich Liebt.
78. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 15:07

Wieder mal eine super Fortsetzung.
Ich erwarte mit Spannung den nächsten Teil.


Mfg Rainman
79. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 15:13

Doppelpost!

Warum weis ich aber leider auch nicht.

Mfg Rainman.
80. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 19.01.14 18:01

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Baron Harsumstal beugte sich noch einmal über die Grundriss-Zeichnungen seines Schlosses. Jetzt kam ihm zugute, das seine Familie im Keller einen Schutzraum hatte einbauen lassen. Wobei Schutzraum untertrieben war. Es war eher ein große Vierzimmerwohnung, aber eben ohne jegliche Verbindung zur Außenwelt. Sie war für den Krieg eingerichtet worden, aber seitdem sehr vernachlässigt worden. Diese große Räume konnten ihm in ihrer Abgeschiedenheit jetzt sehr nützlich sein.

Er wählte die Nummer des Architekten und wartete. Als abgehoben wurde, ließ er sich von der Sekretärin zum Chef durch verbinden. Er nannte seinen Namen, und nach der Begrüßung seines alten Studienkollegen erklärte er sein Anliegen. »Im Keller gibt es bei mir noch die alten Luftschutzräume, meine Tochter möchte sich die einrichten und Du müsstest mal sehen, was da so zu machen wäre.«

Der Architekt fragte, welchen Zweck die Räume haben sollten. »Es soll so eine Art WG werden, für zwei Frauen.«

Der Baron wollte, dass keine weiteren Fragen nach dem Zweck kommen würden, deswegen versuchte er das Gespräch in eine andere Richtung lenken.

Der Architekt wollte sich das Ganze einmal ansehen, er schlug einen Termin vor.

Dem Baron war dies sehr recht, trotzdem machte er klar, dass die Bezahlung dafür aber erst im Herbst erfolgen könne.

»Du hast sowieso noch etwas gut bei mir«, war der abschließende Satz des Architekten, dann verabschiedeten sie sich und legten auf.

Baron Harsumstal ging aus seinem Büro auf den langen Korridor. Sein Weg führte ihn zunächst zu dem alten großen Schlüsselkasten, dort nahm er das Kellerbund heraus. Mit Knarren und Quietschen öffnete er die Tür zum Schlosskeller. Er war dort nur noch selten herunter gegangen, erst jetzt gab es wieder einen Grund, wenn auch einen recht traurigen.

Er seufzte, während er den Lichtschalter suchte. Dass es soweit kommen musste tat ihm auf der einen Seite leid, andererseits sah er keine andere Möglichkeit mehr. Seine Tochter war schon aus dem Weg geräumt und ebenso würde Maria sehr bald nach dem Fest einen mysteriösen Unfall haben. Sie würden nur noch ihr Auto finden und von Maria würde es keine Spur geben.

Natürlich würde dies erst passieren, nachdem er sich das Preisgeld für die Originalhaltung und die Gewinne aus dem Fest gesichert hatte.
Zielstrebig ging er auf die Räume zu, die er als Gefängnis für die beiden Frauen geplant hatte. Zunächst begutachtete er die Eingangstür, die die einzige Verbindung zur Außenwelt darstellte, wenn man einmal von dem damals sehr ausgeklügelten Lüftungssystem absah.

Er müsste nur die innere Klinke durch einen Knauf ersetzen lassen, dann könnte man von innen die Tür nicht mehr öffnen. Schalldicht waren die Räume, und es gab auch genügend Vorräte, um eine längere Zeit zu überleben.

Er erinnerte sich daran, dass die Vorräte vor einigen Jahren erst erneuert worden waren.
Er hoffte sehr, dass sein Plan aufgehen würde. Wenn er alles geregelt hatte, dann würde er anonym einen Tipp geben, wo die Frauen zu finden wären. Dann aber hätte er sich erfolgreich abgesetzt.


Obwohl es ihnen beiden sehr viel Spaß gemacht hatte, waren Paul und Maria doch froh, als das Tanztraining zuende war. Aufgrund der historischen Musik und den altertümlichen Schrittfolgen hatte es die beiden so richtig in die Vergangenheit zurück versetzt und träumen lassen, wenn die Schrittfolgen gelegentlich etwas einfacher waren.

Auf einmal hatte Paul eine Idee. Er verbeugte sich vor Maria und versuchte, seine Stimme möglichst höflich klingen zulassen. »Möchte die Prinzessin ihren Handschuh jetzt vielleicht ablegen?«

Im ersten Moment war Maria verwundert, dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. »Danke mein lieber Prinz,« antwortete sie mit verblüfften Gesicht. »Ich bin ob Eurer Fürsorge gerührt.« Doch dann schien sie nachzudenken. »Ich glaube, ich werde gleich in meinem Handschuh verbleiben.«

Paul blickte sie erstaunt an. Immerhin hatte Maria den Handschuh heute fast den ganzen Nachmittag lang getragen.

»Die Hofdame hat mir doch angetragen, nach dem Tanzen ohne Aufschub nach Haus zu kommen.« Sie grinste leicht.

Jetzt grinste Paul ebenfalls, er ahnte, dass Maria das Tragen des Handschuhs genoss »Wie es ihrer Hoheit beliebt.« Er ging das Cape holen. »Darf ich Euch dann in Euren Umhang helfen?«

»Danke, mein Prinz, Ihr seid zu gütig.«

Carlos blickte die beiden verwundert an. »Ihr übt schon für das Fest?«

Sowohl Paul als auch Maria lächelten. »So ähnlich« Dann verabschiedeten sie sich.

Paul hoffte, dass er die Stimmung seiner Freundin richtig einschätzte. Zärtlich legte er seinen Arm um Maria und war sehr erleichtert, als er spürte, dass Maria damit einverstanden war. Langsam gingen sie los.

»Das war echt aufregend.« Marias Stimme war leise, als sie nach einiger Zeit etwas sagte. »Es hat sich keiner an dem Handschuh gestört.«

Paul konnte nur ahnen, was in diesem Moment seine Freundin beschäftigte. »Du warst toll.« Mehr fiel ihm in diesem Moment nicht ein.

Sie gingen schweigend weiter.

* * *

Wieder stand Mrs. Potter vor der Haustür und wartete auf Maria.

Paul wünschte ihr höflich einen guten Abend.

Sie erwiderte den Gruß, ihre Stimme klang sehr wohlwollend, dann wandte sie sich wieder an Maria. »Verabschiede Dich von Paul, dann komm bitte herein.« Dann ließ sie die beiden vor dem Haus stehen, ging hinein und lehnte die Tür nur an.

Marias Stimme war leise. »Danke für den schönen Abend.«

Sie küssten sich.

* * *

Mit Erstaunen sah Maria, dass ihre Erzieherin das Laken aufgezogen hatte, auf dem viele Riemen angebracht waren, mit denen sie fast völlig bewegungslos fixiert werden konnte. Maria blickte ihre Erzieherin schüchtern fragend an.

Mrs. Potter hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Euer Programm ist zwar ausgesetzt, aber ich dachte, dass Euch eine ruhige Nacht vor der Mathearbeit Morgen ganz gut tun könnte.«

Verträumt blickte Maria auf das Bett. Dann spürte sie, dass ihre Erzieherin wohl auf eine Reaktion von ihr wartete. »Wie... Ach so... Ja.« Sie blickte nachdenklich auf die zugegeben sehr bequeme Matratze, die sie selbst mit entworfen hatte. Sie versuchte sich zu erinnern.

Die untere Lage war aus sehr stabilem Sackleinen, an dem auch die vielen Lederriemen befestigt waren. Dann folgte eine Lage Schaumstoff, die mit einen Baumwolllaken gesteppt war. Ganz oben wurde sie mit einem Laken aus weicher Seide bezogen. Die Riemen waren im Prinzip ähnlich gearbeitet. Das komplette Laken wurde ähnlich wie ein Spannbettlaken aufgezogen, aber dann noch wie ein Korsett auf der Rückseite der Matratze fest gespannt. Maria liebte das Gefühl der weichen Seide auf der Haut, welche doch genauso unerbittlich war. Wie würde es sich wohl anfühlen, wenn Paul sie einmal festschnallen würde?

Mrs. Potter folgte Marias Blick und versuchte, den Gedanken ihres Schützlings zu folgen. »Ja... Er wird dich sicher auch bald mal ins Bett bringen und Dir die Riemen anlegen.«

Maria fühlte sich ertappt und wurde rot. Zu einer Antwort war sie nicht fähig.

Ihre Erzieherin zeigte unerwartet Gefühle. »Das ist doch in Ordnung. Ich freue mich für Dich.«

Maria blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Ein noch viel entspannteres Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Du möchtest Dich sicher noch umziehen.« Mrs. Potter hielt den großen Schlüsselbund in ihrer Hand.

Marias Blick fiel auf die große Ansammlung von Schlüsseln. Wie würde es wohl sein, wenn Paul seine Schlüssel benutzen würde? Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Arme immer noch in dem Handschuh steckten, in den Paul sie eingeschnürt hatte. Ihr Herz klopfte laut, als Mrs. Potter begann die Schnürung zu lösen.

* * *

Langsam kam Maria aus dem Bad. Ihr verträumter Blick fiel auf das Bett und die vielen Riemen, die ihr gleich eine ruhige Nacht ermöglichen sollten. Anfangs war es sehr ungewohnt für sie gewesen, sich gar nicht bewegen zu können. Aber sie musste zugaben, dass das Fehlen jedes Bewegungsspielraumes verhinderte, dass sie sich vor wichtigen Ereignissen unruhig hin und her wälzte, und dass sie so besonders ruhig und tief schlafen konnte.

Quasi aus Gewohnheit zupfte sich Maria noch einmal ihren Schlafanzug zurecht. Es war eine Mischung aus Pyjama und Catsuit, sehr bequem und sehr weich. Maria wusste, dass sie sich in wenigen Momenten fast überhaupt nicht mehr bewegen können würde. Je nach Stimmungslage setzte sie sich manchmal auf die Matratze und legte sich einige der Riemen selbst an, zumindest die, an die sie gut heran kam.

Doch heute war sie in Gedanken bei dem eigentlichen Grund für die ruhige Nacht, nämlich die morgige Mathematikarbeit in der Schule. Erst als ihre Erzieherin sie bat, ihre Arme neben ihren Körper zu legen, spürte Maria, wie sie schon fast überall festgehalten wurde.

Sie wollte einmal an sich herunter blicken, aber sie stellte fest, dass ihr Kopf schon fest mit der Matratze verbunden war. Sie konnte nur noch ihre Arme bewegen, und sie wusste von den vergangenen Malen, dass es damit auch gleich vorbei sein würde. Selbst ihre Finger würde sie dann nicht mehr bewegen können. Ganz zum Schluss wurde dann noch die Augenbinde über das Gesicht gezogen.

Dies war quasi auch das Signal, dass die Prozedur fertig durchgeführt worden war. »Ist die Prinzessin mit ihrer Hofdame zufrieden?« Die Stimme von Mrs. Potter klang sowohl feierlich als auch eine Spur amüsiert.

Maria war verblüfft. An dieser Stelle hatten sie schon lange nicht mehr gespielt. Sie lächelte. »Doch, es ist alles zu meiner Zufriedenheit. Ich denke, ich werde eine ruhige Nacht haben.« Sie musste etwas überlegen, wie sie es früher gespielt hatten. »Ich bedarf Eurer Hilfe nicht mehr, Ihr könnt Euch dann zurück ziehen.« Sie liebte dieses schöne Paradoxon.

* * *

Es war Freitag Morgen und damit Zeit, in Australien anzurufen. Maria wählte die lange Nummer und hörte auch bald den Klingelton. Sie musste nicht lange warten.

Rosalie wollte sofort alles über Paul wissen, und Maria bemühte sich, in kurzen Worten alles wichtige zu berichten. Denn wegen der Schule blieb ihnen wenig Zeit.
Dann erzählte sie, dass sie auf dem Fest die Katerina darstellen durfte und dass sie deswegen mit Franz-Ferdinand zusammen auftreten und tanzen musste

Rosalie wollte es nicht glauben. »DER Franz-Ferdinand?« Sie schrie es fast in den Hörer. »Ist der immer noch so hochnäsig?«

Maria seufzte und berichtete von ihrem ersten Zusammentreffen sowie von dem unsäglichen Auftritt beim Tanzen.

Rosalie bedauerte ihre Freundin. »Der war schon immer so. Nimm es hin, Du kannst ihn nicht ändern.«

Maria seufzte noch einmal.

Rosalie berichtete noch ein paar Neuigkeiten aus Australien.

»Drücke mir die Daumen, wir schreiben heute Mathe.« bat Maria ihre Freundin.

Rosalie versprach es.

Dann verabschiedeten sie sich.

* * *

Die ganze Zeit schon spürte Paul Marias Händedruck und er spürte, wie erleichtert sie doch war. Die Mathearbeit war vorbei und jetzt war die Schule aus. Paul war zuerst recht unsicher gewesen, weil Maria ihr Cape diesmal ganz anders tragen wollte und er wusste nicht, ob er ihr wieder bei etwas Verbotenem helfen würde. Sie hatte ihre Arme frei haben wollen und bestand auch darauf, dass die Durchgriffe geöffnet waren.

Insgeheim überkam ihm eine Gänsehaut, als er darüber nachdachte, wie sehr Maria doch von sehr seltsamen Regeln umgeben war und mit welcher Geduld sie dieses hin nahm.

Die Aufgaben aus der Mathearbeit waren ihm sehr leicht gefallen und er fragte sich, wie es wohl Maria ergangen war. Er begann vorsichtig nach ihren Ergebnissen zu fragen.

Maria schien sehr viel richtig zu haben.

* * *

Andrea blickte Hans, den Fotografen verliebt an. »Du wirst sehen, Maria ist etwas ganz Besonderes.«

Hans wunderte sich. »Ich verstehe aber trotzdem nicht, warum Du Deinen Artikel zensieren lassen willst.«

Sie lächelte. »Ja, Du hast recht, wie haben gelernt, dass man so etwas nicht machen soll, aber ich möchte Vertrauen aufbauen. Maria ist so zart und ganz anders als Sophie. Und ihr Handschuh ist mehr als faszinierend.«

Der Fotograph blieb skeptisch.

»Du wirst sehen, sie ist etwas Besonderes, ich fühle es.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Und sie kann etwas ganz Außergewöhnliches, auch wenn ich nicht verstehe, wozu...«

* * *

Mrs. Potter stand an der Haustür und wartete auf Maria und ihren Freund. Sie hoffte sehr für sie, dass die Arbeit gut gelaufen war. Maria hatte es sehr schwer und oft genug bedauerte sie ihren Schützling, wenn sie gerade mal wieder besonders streng sein musste Sie sah die beiden auf das Grundstück kommen und sie kannte Maria schon lange genug, um ihren lockeren und leichten Schritt zu erkennen. So ging sie nur, wenn sie sehr gute Laune hatte. Dies war eine der wenigen Möglichkeiten, die das Programm ihr ließ.

Für heute hatte sich wieder die Reporterin angesagt, die auch sehr unter der Baroness zu leiden hatte. Mrs. Potter war daran interessiert, dass Maria heute bei dem Fototermin eine gute Figur machte. Seit sie mit Paul zusammen war, schien Maria den Handschuh etwas verändert zu betrachten. Es kam ihr vor, als würde Maria im Stillen ihre Hilflosigkeit nun erst richtig genießen. Paul las ihr nämlich jeden Wunsch von den Augen ab, war sehr umsichtig und mindestens genauso zärtlich.

Sie musste sich allerdings eingestehen, dass von Maria in ihrem Handschuh wirklich ein gewisser Zauber ausging. Es freute sie sehr, dass Maria durch das Katerinenfest mit dem Handschuh jetzt so in die Öffentlichkeit gerückt wurde. Sie kannte ihren Schützling gut genug um zu wissen, dass Maria insgeheim die Möglichkeit, den Handschuh jetzt frei und von allen akzeptiert in der Öffentlichkeit zu tragen sehr genoss Auch wenn sie auch dabei stets bescheiden blieb.

* * *

»Hier wäre der Artikel, so wie ich ihn einreichen möchte.« Andrea legte ein dicht bedrucktes Blatt Papier auf den Tisch und blickte Mrs. Potter, Maria und Paul fragend an. Es war still, als die drei den Artikel lasen.

Nur gelegentliche Geräusche von Hans störten die Stille, der damit beschäftigt war, ein paar Scheinwerfer aufzubauen. Er war es auch, der die Ruhe dann endgültig störte. »Ich wäre dann soweit.«

Mrs. Potter sah zuerst von dem Artikel auf. »Das gefällt mir sehr gut.« Doch in ihrem sehr zufriedenen Blick mischten sich ein klein wenig Sorgen. Sie äußerte dies. »Wie wird bloß der Baron auf den Artikel reagieren?«

Andrea wusste hierauf keine Antwort.

Maria sagte nichts, aber ihr Blick zeigte ebenfalls Zufriedenheit und auch Stolz.
81. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 18:46

Hallo gag_coll.

Boah, was fürn Stück story.

Ich hoffe ja immer noch, das der Baron für seine Heimtücke doch noch die Quitung bekommt. Alleine dafür seine Tochter (auch wenn Sie ein Zicke sondergleichen ist) und auch noch Maria in ein dunkles Loch zu werfen ist schon ein starkes Stück. Anscheinend hat die ganze Familie einen an der Klatsche.

Als du angedeutest hast, das Maria als Erzieherin für Sophie angestellt werden sollte, hatte ich eher darauf gehofft, das Paul seine Freundin unter seine Fittiche nimmt und Maria sich Sophie annimmt.
Naja, ich las mich mal überraschen, wie du das Ende in Angriff nimmst. Aber ich hoffe ja immer noch auf ein Happy End.

Mfg Rainman.
82. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 19.01.14 20:42

Schöne Fortsetzung Karl. Ich hoffe das der Plan des Barons nicht Aufgeht. Er will wohl Doro und Maria im Keller Einsperren. Der muß ganz schön Pleite sein.
Die Tanzstunden sind ja gut gelaufen und Maria war richtig Glücklich weil sich Niemand am Handschuh gestört hat.
Was wurde denn am Artikel Zensiert? Marias Name oder das sie Erfahrung im Tragen des Handschuhs hat?
83. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 19.01.14 21:11

Zitat
Doro


Hallo Gummimike.

Heist die Tochter vom Baron nicht Sophie?? Oder sollte ich mich verlesen haben??


Mfg rainman.
84. RE: Maria

geschrieben von bounty am 19.01.14 21:47

Hallo Karl,

mit Spannung verfolge ich nun schon seit einiger Zeit diese Geschichte (auch wenn ich nur selten meinen Senf dazugebe).

Es ist schön zu lesen wie du einfühlsam die Entwicklung von Maria und ihrem Freund Paul beschreibst.

Etwas verwundert bin ich über die Entwicklung des Barons. Bisher hielt ich ihn für einen zwar arroganten aber ehrenwerten Aristokraten der den Ruf seiner Familie schützen will, wenn auch mit drastischen und rigiden Mitteln. Ich dachte er wollte nur verhindern, dass seine Tochter das Katerinenfest ruiniert und gleichzeitig seine Versäumnisse in ihrer Erziehung berichtigen. Nun bin ich gespannt welche Schweinerei er hier ausheckt.

Eigentlich gehört dieser Schnösel Franz-Ferdinand an die Seite seiner Cousine in den Keller, denn auch er könnte so einige Lektionen in Sachen Anstand durchaus gebrauchen.

Ich bin gespannt wie sich die Story weiterentwickelt und warte ungeduldig auf die kommenden Teile.

lg, bounty
85. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 07:20

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Andrea blickte Maria erwartungsvoll an. »Wir würden Dich gern mit den Handschuh fotografieren.« Es lag mehr in ihren Worten, doch sie war höflich genug, dieses nicht auszusprechen. Sie ahnte, dass der Handschuh für Maria nach wie vor etwas Einschneidendes war, welches ihr sehr viel Freiheit nahm.

Mrs. Potter hatte den Handschuh schon bereitgelegt, jetzt nahm sie ihn von der Kommode und reichte ihn Paul. Mittlerweile sehr routiniert schnürte er die Arme seiner Freundin in den Handschuh ein und doch spürte auch er dabei das besondere dieser Situation.

Andrea bekam leuchtende Augen, als sie noch einmal Marias Verwandlung betrachtete.

Auch Hans war es deutlich anzusehen, dass er Maria mit dem Handschuh bewunderte. »Toll, dass Du so etwas tragen kannst.« Insgeheim fragte er sich noch, warum sie so etwas konnte, aber er traute sich nicht, dieses auszusprechen. Stattdessen blickte er Andrea mit leuchtenden Augen an. Er grinste: »Kannst Du so etwas auch tragen?«

Andrea bekam auf einmal einen recht verklärten Blick und wurde rot. Sie stammelte etwas. Dann schien sie sich wieder in ihrer Gewalt zu haben. »Das könnte Dir so passen.« Sie warf noch einen Blick auf Maria. »Jetzt mach die Bilder«, fügte sie lächelnd hinzu.

»Darf ich Dich berühren?« Es war Hans anzumerken, dass er Maria mit sehr viel Respekt und Ehrfurcht behandeln wollte. Ohne dass es ihm richtig bewusst war, ahnte er, wie hilflos Maria mit diesem besonderen Handschuh war.

Maria war innerlich sehr aufgeregt. Nach außen hin versuchte sie Ruhe zu zeigen. Sie nickte schüchtern.

Hans fasste sie vorsichtig bei den Schultern und drehte sie in die Position, die er haben wollte. »Ich möchte dich einmal von vorn ablichten und einmal von der Seite.« Er zeigte ihr die erste Position, bei der sie von vorn aufgenommen würde und bei der von dem Handschuh nur die über der Brust gekreuzten Riemen sichtbar wären.

Bei der zweiten Position sollte sie sich seitlich zur Kamera hinstellen und dabei über die Schulter nach hinten blicken. Dabei sollte sowohl ihr Lächeln wie auch ihr Handschuh deutlich sichtbar sein.

Nach den ersten Klicks der Kamera hatte Maria ihre Scheu verloren und immer deutlicher wurde sichtbar, dass sie es genoss, mit dem Monohandschuh vor der Kamera zu stehen. Trotzdem versuchte sie aufmerksam den Anweisungen von Hans zu folgen. Mal sollte sie in die Kamera blicken, dann wieder auf bestimmte Gegenstände. Manchmal durfte sie auch zu Paul blicken. Der Fotograf ermutigte sie, in ihrer Haltung auch einmal Gefühle zu zeigen. Sie sollte etwas mit Paul flirten, ihm einen Kuss zuwerfen und lieb lächeln.

Es war deutlich zu sehen, wie sehr Maria die Situation genoss Sie schwebte auf Wolken, weil sie ihren Handschuh nicht mehr verstecken musste Spätestens, wenn der Bericht in der Zeitung war, würde es der ganze Ort wissen. Maria strahlte.

»Okay, danke, das war es.« Die abschließenden Worte von Hans rissen Maria aus ihren Träumen. Die innere Anspannung ließ nach. Sie blickte ihre Erzieherin fragend an und als diese nickte, ging Maria zum Tisch und setzte sich neben Paul.

Hans legte die Kamera zurück in den Koffer, dann begann er die beiden Scheinwerfer abzubauen. Es war ihm anzusehen, dass er von Marias besonderer Erscheinung auch noch sehr gefangen war.

Es klingelte. Mrs. Potter warf einen Blick auf Marias Terminplan und erhob sich. »Das dürfte Kerstin Richards sein, die Katerina vom letzten Fest.« Sie ging aus dem Zimmer.

Andrea half dem Fotografen schweigend beim Zusammenpacken, beide waren noch sehr von Marias Erscheinung gefangen.

Als Mrs. Potter mit dem nächsten Besucher herein kam, waren Andrea und Hans mit dem Packen fertig.

»Ah Frau Richards, gut das ich sie treffe.« Andreas Stimme war im ersten Moment noch etwas seltsam belegt. »Ich würde sie gern noch einiges über ihren damaligen Auftritt fragen, wann kann ich denn mal vorbeikommen?«

Kerstin hatte Mühe, ihren Blick von Marias Armen abzuwenden. Sie bat Andrea verlegen , die Frage zu wiederholen.

Andrea kam der Bitte nach und diesmal fügte sie gleich einen Terminvorschlag an, mit dem Kerstin sich einverstanden erklärte.

Hans ergriff seine beiden Kisten und blickte Andrea auffordernd an. »Wir könnten dann gehen.«

Sie verabschiedeten sich mit Handschlag und dankten noch einmal für die Geduld. Nur Maria gaben sie aus verständlichen Gründen nicht die Hand.

Hans strich Maria noch einmal kurz über die Schulter und blickte sie bewundernd an. »Tapferes Mädchen.«

Andrea konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sie warf zuerst noch einen Blick auf den Handschuh, dann blickte sie Maria fragend an.

Maria ahnte, was das Anliegen der Reporterin war. Obwohl ihr das Interesse noch nicht ganz geheuer war, nickte sie vorsichtig.

Andrea strich mit ihrer Hand zärtlich über die so streng verpackten Arme von Maria. Es war deutlich zu sehen, wie sehr Andrea von dem Monohandschuh fasziniert war.

Kerstin war näher getreten. Auch sie blickte sehr gebannt auf Marias so streng fixierte Arme. Sie musste sich räuspern. »Ich bin sprachlos. Ich wusste gar nicht, dass das so möglich ist.«

Andrea schaffte es, sich von dem Anblick zu lösen. Sie warf noch einen letzten Blick auf Maria, dann verließ sie zusammen mit Hans das Haus.

* * *

Maria suchte den Blick von Paul. Sie wollte ihn auffordern, ihr den Handschuh zu öffnen.

Doch die Frage von Kerstin kam ihr zuvor. »Das ist ja irre.« Auch ihr Blick hatte sich von Marias Armen einfangen lassen. »Darf ich Dich einmal anfassen?«

Maria blickte die letztmalige Katerina aufmunternd an. Zugleich beschloss sie, den Handschuh Kerstin zuliebe noch etwas zu tragen.

Fast ungläubig strichen Kerstins Hände über das weiße Leder, welches Marias Arme so unerbittlich festhielten.

Maria lächelte, als sie die Berührung spürte.

»Du wirst eine tolle Katerina werden.« Kerstins Stimme war leise. »Du musst ja gar nicht mehr üben.«

Maria blickte Kerstin unsicher an. »Meinst Du? Da ist doch sicher noch viel anderes, oder? Was muss ich denn so alles machen?«

Kerstin griff zu ihrer Tasche, die sie über den Stuhl gehängt hatte und holte ein Fotoalbum heraus. Sie ging zum Tisch und legte es darauf. »Ich habe Bilder von meinem Fest dabei, die können wir uns ansehen.«

Maria durfte sich direkt vor das Album setzen, Kerstin und Paul nahmen jeweils an ihren Seite Platz.

Dann begann Kerstin zu blättern. Zu fast jedem Bild konnte sie etwas erzählen, und so konnte sie Maria ein besseres Bild davon machen, was auf sie zukommen würde. Als ihr allerdings deutlich wurde, wie viel sie zusammen mit dem »Prinzen« machen würde, wurde sie etwas traurig.

Kerstin bemerkte dies sofort und sie hakte nach.

Maria blickte Paul bittend an. »Kannst Du es erzählen?«

Natürlich wusste Paul, was seine Freundin in diesem Moment so bewegte. Er erzählte Kerstin, wer dieses Jahr für die Rolle des Herzogssohnes vorgesehen war.
Als er den Namen von Franz-Ferdinand aussprach, stöhnte Kerstin. Sie blickte Maria mit viel Mitleid an. »Du Ärmste, das wird wirklich nicht leicht.«

Maria wollte wissen, wie es denn bei Kerstin gewesen war. Sie blickte wieder auf die Bilder. Maria sah, dass Kerstin damals ziemlich glücklich aussah.

»Der Prinz war damals ein sehr guter Freund von mir,« berichtete sie, »und deswegen hatte ich kein Problem damit, mit ihm zu spielen.«

Maria seufzte.

»Das Fest ist bei mir aber auch nicht ohne Folgen geblieben.« Kerstin lächelte hintergründig. »Ich habe mich damals in meinen Tanzlehrer verliebt. Wir haben dann bald nach dem Fest geheiratet.«

Sie schaute verträumt auf die Bilder. »Den Handschuh habe ich später nie mehr getragen.«

* * *

Die Einladung für das Abendessen hatte Kerstin dankend abgelehnt, nachdem sie noch viel über das Fest und seinen Ablauf erzählt hatte.

Mrs. Potter war in die Küche verschwunden, weil sie das Abendessen vorbereiten wollte.

Maria blickte Paul liebevoll an. »Jetzt könntest Du mich so langsam mal aus dem Handschuh heraus lassen.«

Paul kam der Aufforderung sofort nach, und gleich darauf konnte seine Freundin ihre Arme wieder frei bewegen.

Maria blickte etwas belustigt auf den Handschuh, den Paul auf die Kommode gelegt hatte. »Das ist schon seltsam, seit das Programm ausgesetzt ist, trage ich ihn viel länger als sonst.« Doch dann wurde sie nachdenklich. »Ich will es ja ganz anders tragen.« Ihre Augen bekamen etwas verträumtes. »Auf dem Fest.« Sie schielte etwas auf den Flur, wo die neue Trainingsjacke hing und auf sie wartete.

»Heute nicht mehr«, die Stimme von Mrs. Potter klang auf einmal sehr streng.

Paul zuckte zusammen und blickte fast erschrocken zu der Erzieherin hin, dann glitt sein Blick zu Maria.

Seine Freundin schien von dem strengen Ton auch berührt, aber sie wagte nicht, etwas zu erwidern. Sie schien solche Zurechtweisungen gewöhnt zu sein.
Paul hätte sich sowieso nicht getraut, sich gegen Mrs. Potter zu stellen, zumindest nicht wegen einer solchen Kleinigkeit.

Doch gleich darauf war die Stimme der Erzieherin wieder freundlich, als sie beide aufforderte, noch einmal zuzugreifen und es sich schmecken zu lassen.

Paul war schon verwundert über diese seltsamen Stimmungswandel, doch er kam dieser Aufforderung gern nach. Es fiel ihm nur auf, dass Mrs. Potter entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten sehr oft auf die Uhr sah. Auch schien sie es heute mit dem Tisch abräumen überhaupt nicht eilig zu haben, im Gegenteil, sie begann nach dem Essen noch mit etwas Plauderei, in dem sie Maria nach der Mathearbeit fragte.

Paul wunderte sich sehr, denn für solche Plauderstündchen war sonst nie Zeit. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.

Auf einmal war eine leise Melodie zu hören und Mrs. Potter blickte erleichtert auf. »Sie sind da.«

Maria kannte diese Melodie, doch sie verstand noch nicht, was gerade passierte.

Mrs. Potter lächelte. »Ihr solltet einmal vor die Tür gehen.« Sie blickte Maria, aber auch Paul kurz an.

Maria ging mit für ihre Verhältnisse sehr eiligen Schritten nach draußen. Paul ging ihr hinterher. Als sie die Tür öffnete, war sie sehr überrascht. Ihre Musikgruppe hatte sich in ihren Kostümen draußen aufgestellt und sie brachten Maria ein Ständchen. Sie spielten eines von Marias Lieblingsstücken.

Maria stand neben Paul und war sehr gerührt. Sie hielt Pauls Hand.

Nach dem ersten Stück kam Fritz auf sie zu und hielt eine kleine Rede. »Wir freuen uns für Dich über deine neue Aufgabe und wünschen Dir für die Katerina viel Erfolg.« Er äußerte aber auch sein Bedauern darüber, dass Maria auf dem Fest deswegen nicht mitspielen könne. »Nun darfst Du Dir noch ein Stück wünschen.«

Maria entschied sich für einen der historischen Tänze, den sie besonders gern spielte.

Nach dem Abschlussstück trat auch Mrs. Potter vor die Tür. Sie bedankte sich ebenfalls für das schöne Ständchen und bat die Musiker noch auf einen kleinen Umtrunk herein.

Jetzt war es Paul auf einmal klar, warum Marias Erzieherin vorhin die Trainingsjacke so barsch abgelehnt hatte.

* * *

Natürlich wollten alle wissen, was Maria für die Rolle der Katerina schon hatte lernen müssen.

Maria berichtete von den ersten Kontakten mit ihrem Spielpartner Franz-Ferdinand. Sie sprach es nicht aus, aber ihre Meinung über ihn kam deutlich herüber.

Jemand in der Runde warf ein »arroganter Schnösel« in den Raum.

Maria konnte nur zustimmen.

»Wir haben auch noch keine guten Erfahrungen mit ihm gemacht«, merkte Fritz an.

»Selbst in der Uni benimmt er sich sehr seltsam.« Carlas Stimme war fast etwas aufgebracht. »Er hält sich für etwas Besseres. Und wer nicht Mitglied in seiner Burschenschaft ist, gilt bei ihm gar nichts.«

Sie bedauerten Maria. »Du wirst es nicht einfach haben.«

Maria seufzte.

Karin machte ihnen klar, dass Maria in ihrer Rolle ihm dann ziemlich ausgeliefert sein würde.

Sowohl Paul als auch Maria waren ziemlich ernüchtert, als ihnen dieses klar wurde.

Paul fing sich als erster. »Ich werde die Prinzessin vor allem Unbill und Ungemach beschützen.«

Maria blickte ihn an. »Danke sehr mein Prinz. Ich weiß euer Bemühen sehr zu schätzen.«

Fritz blickte die beiden amüsiert an. »Fangt ihr schon wieder an?« Er grinste.

»Klar, wir sind ständig im Training!« lächelte Paul.

Fritz hob sein Glas. »Dann lasst uns mal auf die neue Katerina anstoßen.«

Ein wenig beschämt hob auch Maria ihr Glas.
86. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 20.01.14 09:09

Es ist wieder eine tolle Fortsetzung ,bin gespannt wie es weiter geht.
87. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 20.01.14 09:30

Stimmt Rainman, aber ich geh davon aus der Baron will Maria und ihre Erzieherin Mrs Dorothea Potter dort Einsperren. Die Tochter dürfte da keine Rolle spielen.
Der Fotograf hat gut erkannt das Andrea zu gern auch mal einen Monohandschuh tragen möchte aber sie traut sich nicht zu fragen ob Maria bzw Mrs Potter ihr Helfen würden.
Der Auftritt von Marias Musikgruppe war echt klasse.
Ich hoffe ja das dieser Schnösel von Freiherr Abgesetzt wird. Der mit Maria? Das würde nicht gut gehen. Für den ist das doch eher eine Lästige Pflicht statt wie bei Maria eine Berufung.
88. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 20.01.14 15:25

Super Fortsetzung
89. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 20.01.14 19:21

Danke , danke , danke , danke

4x weil ich vier Teile nach einander lesen konnte
ich finde toll was und wie du schreibst mache bitte so weiter !

Mein Wunsch währe
Schnösel weigert sich aus Eitelkeit !
Paul muss einspringen , grosser Erfolg für beide !
Aber auch paul muss einmal in den Handschuh .
Andrea ist eine gute Reporterin und deckt historische Hintergründe auf .
Hans und Andrea spielen zusammen .
Baron sperrt sich selber im Keller ein .
Maria trainiert Sophie und bringt ihr demut bei

Aber das währe nur mein Wunsch !
Ich lasse mich gerne überraschen

.
90. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 20:45

Zitat
Stimmt Rainman, aber ich geh davon aus der Baron will Maria und ihre Erzieherin Mrs Dorothea Potter dort Einsperren. Die Tochter dürfte da keine Rolle spielen.


Da muss ich widersprechen. Der Baron plant da tatsächlich das Einsperren seiner Tochter.
91. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 20.01.14 20:56

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Oma Selma saß schon am Frühstückstisch und war in die Zeitung vertieft, als Paul ihr einen guten Morgen wünschte. Sie erwiderte den Gruß. Dann legte sie die Zeitung weg und sie widmeten sich dem Frühstück. »Maria kommt ja sehr gut raus in dem Bericht.« meinte Selma anerkennend.

Paul war überrascht. »Oh, ist der Bericht schon drin?« Er legte sein Brötchen zur Seite und griff sich den Lokalteil.

Seine Oma nannte ihm die Seitenzahl und er schlug die Seite auf. Der Bericht erstreckte sich mit den zwei Bildern über fast eine halbe Seite. Paul überflog ihn rasch und ließ seinen Blick einige Zeit auf den beiden Bildern ruhen. Er fühlte eine Menge Stolz auf Maria. »Der Artikel ist genauso, wie die Reporterin ihn uns vorgelegt hat. Und die Bilder sind toll. Maria strahlt ja richtig.«

Seine Oma musste ihm recht geben. »Ja, es ist eine sehr schöne Darstellung. Nur der Neffe kommt nicht gut weg. Das könnte noch Ärger bedeuten.«

Paul wollte dies überhören. Er sprach aus, was ihn schon seit langem bewegte. »Maria freut sich sehr über den Handschuh und dass sie ihn jetzt so zeigen darf. Es bedeutet ihr viel.«

Selma schien nachzudenken. »Ja, den Eindruck hatte ich auch.« Sie machte eine bedeutsame Pause. » Sei sehr behutsam mit Maria. Ich glaube, sie ist wirklich etwas Besonderes.«

Paul wurde nachdenklich. »Sie will ja dieses Gebet tragen. Ich glaube, sie ist sehr ehrgeizig.«

Selma blickte ihn ernst an. »Ich denke, sie könnte es schaffen, aber es wird sie viel Kraft kosten. Du musst ihr beistehen und sie beschützen.« Sie seufzte. »Wenn doch bloß dieses Ekel nicht wäre.«

Paul musste nicht lange überlegen um zu wissen, von wem seine Oma sprach. Er seufzte ebenfalls.

* * *

Baron Harsumstal legte die Zeitung beiseite. Über den Bericht über Maria war er sehr froh, denn dieser kam seinen Zwecken sehr entgegen. Er hoffte, dass mit diesem Bericht die Landsbacher die Gedanken an seine missratene Tochter vergessen würden und sich mehr Maria zuwenden würden.

Sophie hätte es nie geschafft, die Rolle zu spielen, dazu war sie viel zu launenhaft und verzogen. Er hatte überhaupt keinen Einfluss mehr auf seine Tochter, dies musste er sich eingestehen. Und den Handschuh zu tragen, dazu hätte er sie überhaupt nicht bringen können.

Er warf wieder einen Blick in die Zeitung und auf das sehr faszinierende Bild von Maria. Das Mädchen hatte eine tolle Ausstrahlung und er hoffte sehr, dass mit ihr ein erfolgreiches Fest möglich war. Nur kurz hatte der Baron Mitleid wegen der Zukunft für Maria. Aber er musste sie für einige Zeit aus dem Weg räumen, um sich erfolgreich absetzen zu können.

Wenn bloß sein blöder Neffe nicht wäre. Gestern gab es schon wieder Beschwerden wegen des Tanztrainings. Er beschloss, ihm noch einmal ins Gewissen zu reden. Vielleicht würde der Bericht in der Zeitung eine Änderung seines Verhaltens bewirken. Doch dann verwarf der Baron den Gedanken wieder und seufzte.

* * *

Maria stellte ihre Tasse ab und blickte noch einmal sehr glücklich auf das Bild in der Zeitung. So richtig konnte sie es immer noch nicht fassen. Jetzt konnte sie jeder sehen, wie anmutig und stolz sie ihren Monohandschuh trug und wie glücklich sie damit aussah.
»Jetzt werden sie nicht mehr lachen, wenn sie mich sehen.« Sie sprach aus, was sie bewegte.

Ihre Erzieherin teilte diese Meinung nicht so ganz, doch sie wollte Maria ihre gute Laune nicht verderben. Sie versuchte abzulenken. »Weißt Du schon, was Du heute machen möchtest?«

Maria warf einen Blick auf den großen Wandkalender, der seit Mittwoch neben dem Fenster hin. »Heute Vormittag kommt die Schneiderin. Ich wollte vorher etwas von meinem Sport nachholen. Ich muss gelenkig bleiben.« Sie blickte noch einmal verträumt auf die Zeitung.

Mrs. Potter war von dem Eifer ihres Schützlings sehr angetan. »Das ist eine gute Idee.« Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich bereite schon mal alles vor und Du kommst dann runter, wenn Du Dich umgezogen hast.«

* * *

Es war eigentlich so ein Saunaanzug aus etwas dickerem Plastik, der die Durchblutung und das Schwitzen fördern sollte. Doch Maria trug ihn auch deswegen gern, weil sich das Plastik auf der Haut ganz besonders an fühlte, wenn es erst einmal ihre Körpertemperatur angenommen hatte.

Die erste Berührung mit dem noch kalten Plastik ließ sie immer erst einmal kurz zusammen zucken. Doch schon kurz darauf war ihr Körper bis auf Kopf, Hände und Füße überall von Plastik umgeben und sie hörte das leise, aber ständige Knistern und Rascheln. Sie liebte und hasste dieses Geräusch zugleich, da es relativ fest mit ihrem Sport verbunden war.

Gleich danach legte sie sich das Sportkorsett um und versuchte, die Schnürung wenigstens locker zu schließen. Für die strenge Schnürung war ihre Erzieherin zuständig. Maria freute sich. Im Treppenhaus war das Rascheln des Plastiks besonders laut zu hören. Irgendwie gehörte es bei ihrem Ritual, sich von ausgewählten Maschinen quälen zu lassen, dazu. Immerhin waren die Maschinen speziell für ihr Programm zusammengestellt und Maria hatte mit der Zeit eine Art Hassliebe ihrem Sport gegenüber entwickelt.

* * *

Das Telefon klingelte. Paul ging ran und meldete sich.

Es war Herr Peters, der Mathematiklehrer von Paul und Maria. »Ich wollte Dir, Paul, nur für die gute Nachhilfearbeit danke. Maria hat in der Arbeit 13 Punkte geschrieben.«

Paul machte fast so etwas wie einen Luftsprung. Das hätte er nicht einmal gehofft.

»Ich habe Maria nicht angerufen, Du magst ihr vielleicht die schöne Nachricht überbringen?« Nur im Nebensatz erwähnte Herr Peters das Ergebnis von Pauls eigener Arbeit, aber die 15 Punkte waren ihm in diesem Moment herzlich egal.

Paul dankte ihm für die schöne Nachricht, dann verabschiedeten sie sich und er legte auf. »Ich muss zu Maria«, rief er seiner Oma zu, während er sich seine Jacke von der Garderobe nahm und mit sehr eiligen Schritten das Haus verließ. Es kochte in ihm vor Freude, er war fast wie benebelt. So schnell wie diesmal war er noch nie bei Maria gewesen. Sein Herz klopfte diesmal besonders laut. Er lief bis vor zur Haustür und klingelte. Unter normalen Umständen wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass diesmal Mrs. Potter die Tür nicht direkt öffnete. Aus der Sprechanlage war ihre Stimme zu hören. »Kommen Sie herauf, wir warten schon auf Sie. Wir sind im Salon.«

Es hätte Paul vielleicht auffallen können, das er bisher nicht mit Sie angesprochen wurde. Aber er war so voller Freude, dass er es überhörte. Er stürmte die Treppe hoch zum Salon. Im letzten Moment fiel ihm ein, dass er anklopfen sollte.

»Kommen Sie rein.« kam es von drinnen. Paul trat ein und hielt vor Schreck den Atem an.

* * *

Maria zog ihren Bademantel aus und grinste etwas. »Ohne die Schenkelbänder fehlt mir richtig etwas.« Sie spreizte ihre Beine, um die ungewohnte Freiheit, die sich ihr bot, auch auszunutzen.

Auf den ersten Blick sah es aus, als wäre Maria nackt. Aber wenn man genauer hin sah, war zu sehen, das Maria einen hautfarbenen Latex-Catsuit trug. Dadurch, dass er sehr genau passte, warf er so gut wie keine Falten und war deswegen kaum wahrzunehmen. Am ehesten fiel noch der überaus gleichmäßige Farbton ihrer Haut auf.

»Wann wollte die Schneiderin kommen?« fragte Maria.

Mrs. Potter sah auf die Uhr: »Roswita müsste jeden Moment kommen.«

Es klingelte.

»Das wird sie sein.« Mrs. Potter ging zur Sprechanlage und ließ den Gast herein.

Maria kamen die schnellen Schritte schon etwas seltsam vor. ´Die Schneiderin hat es doch sonst nicht so eilig´, dachte sie.

Paul kam strahlend in den Salon und legte sofort los. »Maria, weißt Du, was passiert ist?«

Mrs. Potter und Maria erstarrten beide.



Erst jetzt spürte Paul die sonderbare Stimmung und er blickte an Maria herunter. Er erschrak, als er zu erkennen glaubte, dass Maria nackt war.

In diesem Moment war von der Tür ein »Entschuldigen Sie bitte, aber unten war offen.« zu hören. Die Schneiderin war jetzt auch da.

Paul war sensibel genug zu spüren, dass er wohl unerwartet in etwas hinein geplatzt war, was jetzt peinlich zu werden drohte. Er wollte Maria auf keinen Fall bloßstellen. Auf der anderen Seite wollte er aber auf jeden Fall die gute Nachricht überbringen. Er war fast wie gelähmt.

Mrs. Potter war die erste, die sich wieder unter Kontrolle hatte. Sie wog die Möglichkeiten ab. Marias Latex-Anzug hatte er sicher gesehen, da gab es wohl nichts mehr zu verheimlichen. Die Liebe zwischen Paul und Maria wollte sie auch nicht aufs Spiel stellen, sie durfte jetzt keinen von beiden bloßstellen oder vor den Kopf stoßen.

Paul schien etwas sehr Wichtiges auf dem Herzen zu haben. Sie musste so tun, als wäre alles in Ordnung. Sie beschloss, ihn so bald wie möglich einzuweihen.
Doch zuerst wollte sie wissen, was er denn eigentlich sagen wollte. Sie versuchte, ihre Stimme möglichst neutral klingen zu lassen. »Was gibt es denn so Wichtiges?«

Paul blickte einigermaßen verwirrt zwischen Maria und Mrs. Potter hin und her. Dann fiel ihm die gute Nachricht wieder ein. Er erzählte von dem Anruf des Mathematiklehrers und nannte das Ergebnis. Maria vergaß für einen Augenblick alle ihre bisherige Erziehung, sie stieß einen Freudenschrei aus und lief auf Paul zu, um ihn zu umarmen.

Innerlich war Mrs. Potter entsetzt. Selbst wenn er das Latex bis jetzt übersehen haben sollte, jetzt dürfte er es sicher gespürt haben. Jetzt gab es wirklich kein zurück mehr. Trotzdem freute sich auch sie sich über Marias sehr gute Leistung.

Die Schneiderin war es, die wieder etwas Ruhe herein brachte. »Wenn es jetzt nicht passt, dann kann ich auch später wiederkommen.«

Es drehten sich alle zu der Schneiderin um.

Mrs. Potter ergriff die Gelegenheit. »Nein, wir sind fertig. Sie können beginnen.«

Die Schneiderin blickte bittend in die Runde. »Da wären noch einige Kartons im Auto, es geht schneller, wenn wir die zusammen heraufholen.«

Mrs. Potter sah eine sehr gute Gelegenheit. »Sie können mit Maria schon mal anfangen, Paul und ich holen die Kartons herauf.«

Paul kam es bei Weitem nicht in den Sinn, dieser Anordnung zu widersprechen. Er war gern bereit zu helfen.

Mrs. Potter kam dies ebenfalls sehr gelegen, denn so konnte sie unauffällig Paul und Maria trennen. Paul hätte den Latexschutzanzug nicht sehen sollen. Jetzt hoffte sie, dass er nicht danach fragen würde.

* * *

Es war fast wie eine Prüfung. Paul musste jeden Gegenstand aus Marias schöner Nacht benennen und dann zeigen, wie er ihn bei Maria anlegen würde.
Er war ziemlich aufgeregt.

Mrs. Potter war mit seinen Ausführungen sehr zufrieden. Sie lobte ihn mehrmals, weil er sich wirklich gut vorbereitet hatte.

Trotzdem hatte Paul ein ziemlich flaues Gefühl im Magen.

Maria wollte ihm auf jeden Fall helfen. Sie wies mehrmals auf die »strenge Mappe« hin, wo er alles im Detail nachlesen könne. Sie machte ein abschätzige Bemerkung über die Gründlichkeit ihrer Mutter.

Mrs. Potter hörte dies, aber sie blickte diesmal nur amüsiert. Sie machte noch einmal auf die einzige Abweichung aufmerksam, Maria war es für diese Nacht freigestellt entweder die leichte oder die strenge Haube zu tragen. Ansonsten war sie mit den Vorbereitungen sehr zufrieden.

Auch Maria machte einen sehr zuversichtlichen Eindruck. Sie freute sich besonders darauf, endlich mal mit Paul allein zu sein, auch wenn sie sich ihre gemeinsame erste Nacht sicher anders erträumt hatte.

* * *

Auf den Monohandschuh-Unterricht war Maria besonders gespannt. Sie war neugierig, was der Unterrichtende wohl von ihren Fähigkeiten halten würde. Auf der anderen Seite fragte sie sich auch, wie wohl die anderen Darstellerinnen der Katerina mit diesem Thema umgegangen waren. Nicht jede brachte solche Voraussetzungen mit wie sie selbst.

Mrs. Potter hatte sich bald nach dem Mittagessen verabschiedet. So hatten Paul und Maria zunächst ein paar sehr kostbare Minuten, in denen sie ganz allein waren und die sie unbefangen miteinander verbringen konnten. Doch Marias Vorfreude auf den Unterricht ließ nicht wirklich Ruhe aufkommen. Paul spürte ihre innere Ungeduld, obwohl sie äußerlich einen sehr ruhigen Eindruck machte. Doch mittlerweile konnte er schon etwas in seine oft noch sehr rätselhafte Freundin hinein blicken.

»Ob ich wohl meinen Handschuh mitnehmen sollte?« Maria blickte Paul mit lustvollen Augen an.

Paul fühlte sich durch den Blick geschmeichelt, doch er bemühte sich, ernst zu bleiben. »Stand davon etwas im Stundenplan?«

Maria nahm die umfangreiche Mappe zur Hand, die Renate zur Vorbereitung da gelassen hatte. Fast hastig begann sie darin zu blättern. Schließlich hatte sie die richtige Seite gefunden. Sie ließ ihren Blick über den Inhalt schweifen, dann blickte sie Paul etwas ratlos an. »Hier steht nichts davon.«

Paul dachte nach. »Die Darstellerin wird so etwas wohl nicht besitzen.«

Maria musste lächeln.

»Es ist ja nicht jede so wie Du.« dachte er laut und lächelte zurück. Dabei ging ihm durch den Kopf, wie seltsam Marias Alltag doch war. Dann blickte er zur Uhr. »Wir müssen dann bald los.«

Maria warf noch einmal einen Blick auf das weiße Lederbündel, welches im Moment sehr unschuldig auf der Kommode lag. Dann schien sie sich entschlossen zu haben. Fast etwas übertrieben theatralisch zog sie den Handschuh zu sich heran und begann ihn sowohl vorsichtig als auch sorgfältig zusammenzufalten. Ihr Blick hatte beinahe etwas Verliebtes dabei.

Paul sah ihr staunend zu, als sie ihn fast liebevoll in ihre Tasche packte.

Maria stand auf und ging zu ihrem Schrank. Sie nahm das weiße Cape heraus und hängte es sich um. »Machst Du mich zu?« Sie lächelte Paul an.

* * *

Es war ein recht kleines Haus mit einem sehr gepflegten Vorgarten, vor dem sie jetzt standen. Auf dem Klingelschild stand in kleinen Buchstaben ´Weiterer´. Paul drückte auf den Knopf, dann warteten sie. Es dauerte lange, bis sich etwas tat. Sehr lange. Irgendwie hatte Paul ein ungutes Gefühl, aber er wollte Maria nicht die Vorfreude verderben.

Endlich ging die Tür auf und ein älterer Mann schob sich langsam aus dem Haus. Er blickte stirnrunzelnd auf die beiden Besucher. »Was wollt ihr hier?«

»Wir kommen wegen des Trainings.« Marias Stimme klang verunsichert.

Das Gesicht des Mannes verdunkelte sich. Er blickte das Paar jetzt ziemlich unfreundlich an und bat sie herein. Er murmelte etwas.

Paul glaubte so etwas wie »verzogene Bagage« verstanden zu haben.

»Habt ihr den Bericht dabei, Baroness Sophie?« Herr Weiterer gab sich keine Mühe freundlich zu sein.

Paul glaubte sich verhört zu haben. Fast wollte er mit Marias Namen herausplatzen, doch dann kam seine Freundin ihm zuvor.

»Welchen Bericht?« Maria verstand noch gar nicht, was gerade ablief.

»Den von Doktor Frauenstein.« In der Stimme kam jetzt noch Kälte dazu.

Maria blickte ratlos. »Wer soll das sein?«

»Ich dachte mir schon, dass Euch dafür die Zeit fehlt, Baroness Sophie.« Er wurde noch etwas ungehaltener. »Keinen Sinn für Pflichten mehr, nur noch Vergnügen im Kopf.« Er holte verärgert Luft. »Verzogene Bagage.« Diesmal war es deutlich zu verstehen.

Paul begriff endlich. Der alte Mann verwechselte Maria mit Sophie, der bislang bekannten Darstellerin. Anscheinend hatte Herr Weiterer noch nichts von Sophies Unfall erfahren. Er versuchte das Missverständnis aufzuklären. »Aber das ist doch nicht Sophie...«

Er konnte nicht weiter sprechen, denn der alte Mann fuhr ihn grob an. Er solle sich da heraus halten. »Nur noch Männer im Kopf, aber keinen Sinn für Pflichten.« Er wandte sich wieder an Maria. »Habt ihr den Bericht mitgebracht, Baroness Sophie?« Seine Stimme klang schon ziemlich verärgert.

Maria blickte ihn verängstigt an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, da sie nicht wusste, welchen Bericht er meinte. Fieberhaft versuchte sie, sich an ihren Ausbildungsplan zu erinnern. Doch da war nirgends von einem Arztbesuch die Rede gewesen. Doch auf einmal fiel ihr ein, dass sie ja noch beim Orthopäden einen Termin hatte. Sie musste sich erst räuspern und schlucken, bevor sie antworten konnte. »Ich habe den Termin erst am Dienstag.«

»Und was wollte ihr dann heute schon ihr, Baroness Sophie?« Er blickte verärgert auf Maria. »Ich darf erst mit Euch trainieren, wenn ich den Bericht gelesen habe.«

Nur nebenbei fiel es Paul auf, dass er trotz seines Ärgers bemüht war, stets den richtigen Titel für Sophie zu benutzen.

Maria begriff noch nicht, was diese Worte für sie bedeuteten. Sie versuchte zu erklären, dass es wegen ihrem Urlaub zu Terminschwierigkeiten kam.
Doch kaum hatte sie das Wort Urlaub ausgesprochen, da konnte sie auch schon nicht mehr weiter sprechen, da ihr der Mann ins Wort fiel. »Urlaub, ja natürlich. Nur an das eigene Vergnügen denken.« Er war fast außer sich. »So kenne ich es. Und dazu keinen Respekt mehr vor dem Alter.«

Maria begriff, das sie mit Erklärungen nicht weiter kam. Sie nahm ihren Handschuh aus ihrer Tasche und blickte den Mann verunsichert an. »Dürfte ich denn trainieren?«

Die Antwort kam messerscharf. »Nein, nicht ohne den Bericht.«

Maria lief eine Träne über die Wange.

Der alte Mann ließ sich davon nicht beeindrucken. Oder vielleicht doch? Auf jeden Fall schien er nachzudenken. »Ihr könntet schon einmal etwas Gymnastik machen.«

Paul konnte nur ahnen, was in diesem Moment in Maria vorging. Bis vor Kurzem hatte er sie noch sehr freudig und erwartungsvoll erlebt. Er wusste, wie sehr sie sich auf den Handschuhunterricht gefreut hatte.

Paul sah sehr verzweifelt zu, wie der Lehrer Maria ein paar sehr einfache Gymnastikübungen zeigte. Er wollte Maria unbedingt helfen, doch er hatte einfach keine Idee, wie er das anstellen könnte. Doch dann hatte er eine Idee. Er flüsterte Maria kurz seinen Plan zu, dann zog er sich seine Jacke über und ging hinaus. Auf dem Weg hierher hatte er einen Zeitungskiosk gesehen und diesen suchte er jetzt auf, um dort eine Zeitung von heute zu kaufen. Der Bericht über Maria würde Herrn Weiterer sicher überzeugen.

Doch auch von dem Bericht in der Zeitung ließ sich der alte Mann nicht beeindrucken. Mit einem wirschen »Die schreiben doch eh nur, was sie wollen!« wischte er die Zeitung weg, als Paul ihm den Bericht über Maria zeigen wollte.

* * *

»Bitte halte mich fest.« Marias Stimme war recht leise. Ihre Enttäuschung war deutlich zu hören.

Paul legte zärtlich seinen Arm um seine Freundin. Er wusste auch nicht, was er sagen sollte. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Keiner brachte ein Wort heraus. Nur langsam tauchten sie wieder aus der betrübten Stimmung auf.
92. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 20.01.14 23:55

Hallo Karl hast du dich bei den Zeilen Irgendwie Vertan? Der 8. Absatz passt so gar nicht in den Zeitablauf und ich meine über Maries Schöne Nacht hast du schon in einem Früheren Kapitel geschrieben.
Wie hat denn Paul nun auf den Latexanzug Reagiert und was hat die Schneiderin Vermessen?
Toll das Marie 13 Punkte geschafft hat, da hat Paul gute Nachhilfe gemacht. Aber Marie hat sich ja auch Angestrengt um ihren Liebsten und auch Mrs Potter nicht zu Enttäuschen.
Was hat es mit dem Monohandschuh Unterricht auf sich? Sollte der erst Später beginnen und ist wg Maries Urlaub Vorverlegt? Der Lehrer scheint ja recht komisch zu sein.
Der Baron will echt Marie und Sophie in eine Wohnung sperren? Das kannst du doch Marie nicht Antun mit dieser Verzogenen Göre allein zu sein, und auch noch Eingesperrt.
93. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 20.01.14 23:56

Eine schöne Fortsetzung wieder ,
Aber die arme Maria kann einem leid tun .
94. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 04:52

Schöne Fortsetzung nur ich bin bei deinen Zeitsprüngen in dieser Fortsetzung nicht ganz mitgekommen
95. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 05:57

Zitat
Schöne Fortsetzung nur ich bin bei deinen Zeitsprüngen in dieser Fortsetzung nicht ganz mitgekommen

Hallo Bea,
Das passiert eigentlich alles am Samstag... Womit genau hast du denn Schwierigkeiten...
96. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 05:59

Zitat
Was wurde denn am Artikel Zensiert? Marias Name oder das sie Erfahrung im Tragen des Handschuhs hat?

Hallo Mike,
das war anders gemeint: Die Reporterin hat ihren Bericht vor der Veröffentlichung der Familie zum Lesen gegeben und ihnen Gelegenheit zum Einspruch gegeben. Ich glaube aber das Mrs. Potter mit dem Artikel zufrieden war.
97. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 06:02

Zitat
Hallo Karl hast du dich bei den Zeilen Irgendwie Vertan? Der 8. Absatz passt so gar nicht in den Zeitablauf und ich meine über Maries Schöne Nacht hast du schon in einem Früheren Kapitel geschrieben.

Hallo Mike,
Maria hat jede Woche eine schöne Nacht... und letzte Woche durfte Paul Maria helfen. Heute muss er es allein machen, ohne die Hilfe von Mrs. Potter
98. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 09:06

Aso ich hatte mit den Absatzende Schneiderin und traumhafte Nacht Probleme da sie so plötzlich kommen
99. RE: Maria

geschrieben von MichaelaSM6 am 21.01.14 10:16

Danke für diese Geschichte - sie verleitet dazu, sich ständig auf Abwege zu begeben, seine ganz privaten Erzählstränge weiterzuspinnen.

Freue mich auf mehr.
100. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 21.01.14 10:45

Nicht nur du Bea ich auch.
Ich hatte Erwartet was darüber zu Lesen was die Schneiderin nun an Maria Anpasst und ob Paul sich Gedanken über den Latexanzug macht.
Da kam der Sprung zur schönen Nacht sehr Überraschend.
101. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 17:16

Ach so... jetzt habe ich das "Problem" verstanden... Mrs. Potter wird das Haus schon am Vormittag verlassen und möchte sich deswegen vorher überzeugen, ob Paul sich mit den Gerätschaften der "schönen Nacht" auskennt. Dies passiert noch vor dem Monohandschuh-Unterricht. Die tatsächliche schöne Nacht (Paul und Maria allein) findet erst "heute abend" statt.
102. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 21.01.14 17:17

Ach so... jetzt habe ich das "Problem" verstanden... Mrs. Potter wird das Haus schon am Vormittag verlassen und möchte sich deswegen vorher überzeugen, ob Paul sich mit den Gerätschaften der "schönen Nacht" auskennt. Dies passiert noch vor dem Monohandschuh-Unterricht. Die tatsächliche schöne Nacht (Paul und Maria allein) findet erst "heute abend" statt.
103. RE: Maria

geschrieben von Oliver KG am 21.01.14 17:34

Hallo,
Die Geschichte gefällt mir sehr.
Ich hoffe du gehst noch ein wenig mehr auf den Latex Catsuit ein.
Viele Grüsse
104. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 21.01.14 17:52

lieber gag_coll

ohne deine erklärung jetzt dachte ich das die schöne nacht vor dem training war und deswegen die schöne nacht nicht so schön war da maria gespannt auf das training war.

aber wenn die nacht noch kommt bin ich gespannt und ob der doofe trainer noch zur vernunft kommt und sich bei maria entschuldigt wäre toll
105. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 22.01.14 07:56

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar

In der Küche stand ein kleines Schild: »Stärkt Euch noch einmal. Es steht was im Kühlschrank. Und dann alles Gute für die Schöne Nacht!«

Maria entdeckte einen kleinen Teller mit leckeren Schnittchen. Sie stellte ihn auf den Tisch neben das Schild. Es erinnerte sie daran, was heute noch an lag.

Paul hatte ein ziemliches Grummeln im Magen, als er über das Schild und seine Bedeutung nachdachte. Doch auch er griff zunächst zu und ließ sich wie seine Freundin die Schnittchen schmecken.

Maria fasste sich als Erste wieder. »Den Handschuh-Unterricht hatte ich mir schon anders vorgestellt.« Die Enttäuschung war deutlich in ihrer Stimme zu hören.

Paul griff es auf. »Wann hast Du denn den Termin beim Orthopäden?«

Maria blickte auf den großen Kalender an der Wand. »Am Dienstag?«

»Das heißt, bis dahin darfst Du den Handschuh nicht mehr tragen?« Er grinste.

Maria blickte ihn verblüfft an. Dann erkannte sie den Witz. Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Das wäre ja noch schöner.« Ihre Laune besserte sich etwas.

Paul freute sich, dass er Maria wenigstens ein wenig aus ihrer trüben Stimmung reißen konnte.

Maria blickte auf die Uhr und seufzte. »Ich gehe mich dann mal umziehen. Ich mag heute nur noch ins Bett.«

Paul schreckte auf und blickte Maria unsicher an.

Diese fing diesen Blick auf und kam auf ihn zu. Sie nahm seine Hand und streichelte sie. »Das wirst Du schon schaffen. Ich helfe Dir.«

Paul dachte mit. »Aber da war doch...«

Maria ahnte, was er wollte. »Ich darf heute die leichte Haube tragen, ich kann dir also die ganze Zeit sagen wenn etwas nicht stimmt.« Sie war sehr froh, dass ihr der verhasste Mundschutz erspart blieb. Sie sprach dies laut aus.

Doch Paul war zu Marias Erstaunen auf einmal neugierig. »Was hat es eigentlich mit diesem Mundschutz auf sich?« Dadurch, dass Maria ihn nicht tragen musste, traute er sich danach zu fragen.

Maria war über das Interesse von Paul in diesem Moment gar nicht so erfreut. Doch sie wollte ihn auch nicht zurückweisen, denn irgendwann musste er ja doch alles erfahren ? sollte er alles erfahren... ....in diesem Moment wollte sie den Gedanken nicht zu Ende denken, da sie ahnte, dass er sie sehr weit führen würde ? weiter, als sie es in diesem Moment wahrhaben wollte. »Komm, wir gehen hoch, dann kann ich es Dir zeigen.«

In ihrem Zimmer angekommen, ging Maria auf den Tisch zu und nahm die kleine Box heraus, in der Mundschutz untergebracht war. Sie nahm ihn heraus und hielt ihn Paul hin.

Dieser nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn neugierig. Doch so richtig verstand er noch nicht.

»Es ist sehr demütigend, weil ich danach gar nichts mehr sagen kann. Es macht mich sehr hilflos.« Unbewusst wurde Marias Stimme sehr leise.

Pauls Stimme zitterte ebenfalls etwas. »Und wie...« er konnte nicht weiter sprechen. Er blickte in Marias Augen. Ganz langsam, fast unbewusst hob sich sein Arm und der Mundschutz näherte sich Marias Mund.

Maria spürte auf einmal ein ganz seltsames Kribbeln im Bauch. Sie sah ihm tief in die Augen und langsam öffnete Sie ihren Mund. Sehr behutsam schob Paul den Mundschutz in Marias geöffneten Mund. Er spürte einen kurzen Widerstand und hielt inne. Doch ein Blick in Marias Augen ermutigten ihn, weiter zu machen.
Ihre beiden Herzen klopften laut.

Sehr vorsichtig schob Paul das Plastikteil weiter in Marias Mund. Erst als es die Lippen seiner Freundin passiert hatte, signalisierte sie ihm, dass es genug war. Langsam schloss sie ihren Mund und blickte ihn mit großen Augen an.

Ohne groß nachzudenken legte Paul seinen Arm um Maria und zog sie langsam an sich heran. Sie blickten sich tief in die Augen. Langsam näherten sich ihre Lippen.

Marias Herz klopfte sehr laut. Es war so aufregend. Paul hatte ihr den sonst so verhassten Mundschutz eingesetzt und sie entdeckte auf einmal völlig neue, ja mehr als angenehme Gefühle dabei. Sie genoss seine Zärtlichkeit und begann leise zu stöhnen. Mehr blieb ihr nicht wegen der sehr gut sitzenden Mundfüllung.

* * *

Nur sehr langsam ließen sie wieder voneinander ab. Marias Augen leuchteten und strahlten. Sie blickte mir sehr verliebten Augen auf den Tisch, auf dem die Sachen für die schöne Nacht lagen. Nur kurz fragte sie sich, wie sich wohl die anderen Sachen an fühlen würden, wenn Paul damit umging.

Paul hatte ihren Blick aufgefangen und nahm dies als Signal, anzufangen. Er hoffte, dass er sich alles richtig gemerkt hatte und blickte Maria fragend an. »Du möchtest anfangen.«

Maria versuchte »Ja« zu sagen, doch sofort spürte sie die Knebelwirkung ihres Mundschutzes. So blieb ihr nur ein vorsichtiges und schüchternes Nicken. Dann griff sie sich die beiden Stiefel und setzte sich langsam auf das Bett.

Paul blickte sich verwundert um. »Müsstest Du Dich nicht erst umziehen?«

Es war, als würde Maria aus einem Traum gerissen werden. Sie blickte Paul verblüfft an. Dann machte sie langsam den Mund auf und nahm sich selbst den Mundschutz heraus. »Es ist wohl besser wenn ich das erst später trage.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Du hast Recht, ich muss mich noch umziehen.«

Auf dem Tisch lag ebenso deutlich das große Schlüsselbund, welches Maria sich jetzt griff. Sie blickte noch einmal sehr verliebt auf Paul, dann ging sie ins Nebenzimmer. »Bis gleich.«

Paul ging zum Tisch und warf einen Blick auf die Gegenstände, die auf dem Tisch lagen. Er nahm sich die Mappe zur Hand und begann darin zu blättern. Es waren diverse Schönheitsprogramme darin beschreiben. Paul erschauderte, denn es gab Vorschriften, die noch weitaus strenger waren. Und es gab auch welche, die noch aufwendiger anzulegen waren. Er fragte sich, warum Maria all dies bloß auf sich nahm. Gleichzeitig überkam ihm ob der großen Hilflosigkeit und Ausgeliefertheit ein seltsamer Schauer. Von dieser Mappe und ihren Konsequenzen ging eine seltsame Faszination aus.

* * *

Leise öffnete sich die Tür und eine fast schneeweiße Maria trat herein.

Wieder erschauderte Paul, denn er wusste noch von letzter Woche, dass später, wenn Maria fertig »verpackt« war, von diesem Weiß nichts mehr zu sehen sein würde.
Er räusperte sich und dachte noch einmal über die Worte nach, die er sich zurecht gelegt hatte. Er hoffte, Maria damit eine Freude zu machen und ihnen beiden ein wenig die Nervosität zu nehmen. »Nun denn Prinzessin, seid ihr bereit für Eure Schöne Nacht?«

Maria blickte ihn verblüfft an, dann lächelte sie. »Ja, mein holder Prinz, die Prinzessin ist gewappnet.« Sie ging auf ihn zu und blickte ihn mit verliebten Augen an. »Doch zuvor sehnt sich die Prinzessin nach einem Gute-Nacht-Kuss« Sie blickte ihn bittend an.

Dieser Bitte kam Paul gern nach. Er nahm Maria in seine Arme und während er spürte, dass sie diesmal offensichtlich kein Metall trug, näherten sich ihre Lippen. Ihre Körper schmiegten sich sanft und zärtlich aneinander.

* * *

Maria seufzte. »Wir müssen anfangen, mein Prinz.«

Paul warf noch einmal einen Blick auf die Mappe und seine Stimme zitterte. »Nun denn, wenn es Euer Wunsch ist.« So langsam hatte er sich an dieses Spiel gewöhnt.

Maria nahm sich die Stiefel, die schon neben dem Bett standen, und schlüpfte hinein. Sehr behende hatte sie sich die Stiefelschnürung geschlossen und blickte suchend um sich.

Paul lächelte amüsiert. »Es scheint, die Prinzessin bedarf meiner Hilfe gar nicht.«

Maria lächelte ebenfalls, doch dann ließ sie ihren Blick suchend über den Tisch gleiten. »Wo sind denn die eisernen Siegel?«

Paul schaute verwundert erst auf Maria, dann auf den Tisch. Erst als er dort die kleinen Vorhängeschlösser liegen sah, wusste er, was Maria meinte. Er warf einen genaueren Blick auf die Schlösser und sah, dass sie sogar eine Beschriftung hatten. Er suchte die beiden für die Stiefel heraus und gab sie Maria. »Ich bewundere die Sorgfalt ihrer Hoheit.«

Maria war nicht ganz klar, ob er sie oder ihre Erzieherin und das Programm meinte. Sie führte die Bügel an die vorgesehenen Stellen und ließ die Schlösser mit einem leisen »Klick« ein schnappen. Wieder stellte sich bei Paul die Gänsehaut ein und er war mehr als fasziniert von der Konsequenz, mit der Maria sich dem Programm unterordnete. Auch wenn er immer noch nicht wusste, was das Programm eigentlich war.

Erst Marias Keuchen riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah, wie sie versuchte, sich am Bett festzuhalten und aufzustehen. Es fiel ihm wieder ein, dass jetzt das große Korsett an der Reihe war. Er fühlte einen großen Kloß im Hals. Zunächst musste er Maria helfen, das Trapez zu erreichen. Er ging auf Maria zu und stellte sich neben sie, um ihr notfalls helfen und sie festhalten zu können. Doch er wagte es nicht, sie jetzt zu berühren. Er hatte noch die Worte von Mrs. Potter im Ohr, dass Maria dies stets allein machen wollte.

Doch zu seiner Überraschung flüsterte Maria leise. »Ihr könnt mich schon etwas festhalten, mein Prinz, dann fällt es mir leichter.«

Paul wunderte sich sehr, doch er wusste nichts zu sagen.

Maria ahnte, um was es ihm ging. »Ich mag es nur nicht so sehr, wenn sie mich anfasst.« Sie blickte Paul sehr verliebt an.

Dermaßen ermutigt legte Paul seinen Arm um Marias Schultern und führte sie in Richtung des Trapezes. Er wartete, bis sie ihre Arme in den Schlaufen eingehängt hatte und sich festhielt.

»Danke mein Prinz, jetzt könnte ihr mir die Rüstung anlegen.« Ein leises Zittern war in ihrer Stimme zu hören.

Paul stutzte einen Moment, dann erst fiel ihm ein, dass sie mit Rüstung das sehr strenge Korsett meinte. Er ging zum Tisch, um die riesige Lederhülle zu holen.
Diesmal wusste er, wie er mit dieser schweren Lederhülle umzugehen hatte und deswegen tat sich Maria leicht, die Arme nacheinander durch die Löcher zu stecken und dann wieder in die Lederschlaufen zu hängen. Dann stieß sie mit den Füßen den Hocker weg.

Paul nahm das erste der vielen Schnürbündel zu Hand und begann seine Freundin wunschgemäß in das Korsett ein zuschnüren. Er erschauerte immer noch bei dem Gedanken, wie streng dieses Korsett doch war.

* * *

Es dauerte lange bis das Korsett so geschlossen war wie letzte Woche. Nur mit viel Mühe gelang es Paul, die letzten Schnüre fest zu ziehen. Dann war seine erleichterte Stimme zu hören. »Ich hoffe, die Prinzessin ist zufrieden mit ihrem Prinzen.«

Maria versuchte ihren Körper in der Lederumhüllung zu bewegen, doch als sie spürte, wie streng sie eingeschnürt war, glitt ein entspanntes Lächeln über ihr Gesicht. »Ich bin sehr zufrieden mit Euch, mein Prinz« Sie blickte auf ihr Bett. »Jetzt könnte ihr mir helfen, zum Bett zu kommen.«

Paul war verwundert. Er hätte doch jetzt eigentlich das Trapez langsam herunter lassen müssen. Er äußerte dies.

»Nur ein Stück.« Maria blickte ihn herausfordernd an. »Ich möchte einmal versuchen, hiermit zu gehen, wenn mich mein Prinz gut festhält.«

Paul blickte sie verunsichert an. So hatten sie letzte Woche dies aber nicht getan. Doch er wollte Maria den Wunsch nicht abschlagen.

Nur Millimeterweise kam Maria voran, da sie wegen dem Korsett und den Stiefeln ohne Absatz nur winzigste Schritte machen konnte. Doch ihr Ehrgeiz war ihr gut anzusehen, zumal sie spürte, dass Paul sie nicht umfallen lassen würde.

Paul war hochkonzentriert und versuchte jede auch noch so winzige Regung von Maria sofort wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren. Er wollte ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Gleichzeitig bewunderte er ihre Kraft und ihre Entschlossenheit, mit der sie gegen ihre Einschränkungen kämpfte.

Sie keuchte heftig. Doch nur sehr langsam kam das Bett näher. Es war nur ein sehr leiser Freudenschrei, als Maria mit ihren Beinen sanft gegen das Bett an stieß. Sie hatten es geschafft. »Jetzt könnt ihr mich zur Ruhe betten.« Auch Maria hatte sich ein paar Sätze zu ihrem Spiel überlegt. Ihre Augen strahlten sehr, als Paul sie mit viel Kraft in die Mitte des Bettes geschoben hatte.

Paul hatte sich fast etwas erschöpft neben sie gesetzt und wollte jetzt gerade aufstehen um weiterzumachen, als Maria plötzlich seine Hand ergriff. Sie blickte ihn verliebt an und flüsterte ein leises »Danke.«

Paul wurde mutiger. Er setzte ein verblüfftes Gesicht auf und blickte Maria mit deutlich gespieltem Ernst an. »Mir scheint, die Prinzessin kann sich noch zu frei bewegen?«

Maria lächelte kurz, dann griff sie den Gedanken auf. »Ihr könntet recht haben, mein Prinz.« Sie versuchte den Kopf zu heben, um in Richtung Tisch zu blicken. Doch zu beider Erstaunen war ihr dies schon nicht mehr möglich. Dennoch wollte sie im Spiel bleiben. »Was habt ihr denn noch anzubieten, mein lieber Prinz?«

Jetzt, da das Schwerste vorüber war, konnte Paul sich etwas entspannen. Er ließ seinen Blick zum Tisch wandern. »Da wären noch ein paar feine Korsetts für die Arme.« Er musste schlucken. »Und noch ein paar warme Handschuhe.«

Maria lächelte wegen seiner netten Formulierung. Dann hielt sie ihm den Arm hin. »Nun denn mein Prinz, ihr dürft fortfahren.«

Mit den beiden Armkorsetts tat sich Paul diesmal besonders leicht.

Schon bald darauf zeigten ihm Marias strahlende Augen, wie sehr sie mit Paul zufrieden war.

So ermutigt, nahm Paul die beiden Handschuhkästen vom Tisch. Er klappte einen auf und schob ihn unter Marias Hand. Sanft streichelte er noch einmal über Marias Hand und hörte, wie Maria dabei leise stöhnte. Dann klappte er den Kasten zu und drückte ihn so lange zusammen, bis das Schloss einrastete. Genauso verfuhr er mit dem anderen Handschuh.

Er blickte auf den Tisch. Dort lagen noch die beiden Kopfhauben, der Mundschutz und jede Menge Riemen. Lange und kurze.

Maria hob ihren so streng eingepackten Arm, um ihm zu zeigen, was er noch machen musste Ein Wort brachte sie im Moment nicht heraus.

Doch Paul verstand auch so, was er als nächstes tun musste Gleich darauf konnte Maria auch ihre Arme nicht mehr bewegen.

* * *

Paul wandte sich den beiden Kopfhauben zu und nahm in jede Hand eine. Links die einfache und rechts die strenge mit dem Mundschutz. Er ging auf Maria zu und blickte sie stumm an.

Maria spürte die Anspannung genauso. Sie ließ ihren Blick ein paar Mal zwischen den beiden Masken hin und her pendeln. Es war ihr anzusehen, dass sie mit sich kämpfte. Schließlich blieb ihr Blick auf der strengen Variante haften.

Paul folgte ihrem Blick und vor Erstaunen brachte er zunächst kein Wort heraus. Doch dann erinnerte er sich an letzte Woche und so beugte er sich zu Maria herunter und gab ihr einen langen zärtlichen Kuss »Gute Nacht, meine Prinzessin. Ich hoffe, ihr werdet eine ruhige Nacht haben.«

Maria musste trotz der Anspannung etwas lachen. »Danke mein Prinz. Ich denke, ich bin mit Euch zufrieden und es wird eine ruhige Nacht werden.« Dann fiel ihr Blick wieder auf den Mundschutz und trotz all der Strenge fühlte sie wieder so ein Kribbeln im Bauch.

Dennoch lag ihr noch etwas am Herzen. »Bitte bleibt bei mir diese Nacht. Streichelt mich, bis ich einschlafe.«

Paul musste schwer schlucken, er brachte es nur noch fertig zu nicken. Wieder fixierte Maria ihren Blick auf dem Mundschutz, und langsam machte sie ihren Mund auf.

Paul war fast so etwas wie hypnotisiert, als er sehr vorsichtig Maria den Mundschutz einsetzte.

Maria schloss ihren Mund und blickte Paul sehr verliebt und glücklich an.

Paul nahm die Haube zur Hand und schob sie über Marias Kopf. Er hörte ihr leises Stöhnen und fühlte sich davon ermutigt. Wie letzte Woche schaffte er es, Maria so auf die Seite zu drehen, dass er die Haube schließen konnte. Dann drehte er Maria zurück auf das Bett.

Er blickte noch einmal auf den Tisch. Dort lagen immer noch ein paar Riemen. Doch er brachte es nicht übers Herz, Maria noch weiter zu fixieren.
Stattdessen hatte er etwas anderes vor. Er zog sich jetzt ebenfalls für die Nacht um, holte von dem anderen Bett im Nachbarzimmer Decke und Kissen für sich selbst und legte sich dann neben sie. Zärtlich begann er sie zu streicheln, und obwohl Maria sehr streng eingepackt war, war sie doch sensibel genug, um die Berührungen ganz leicht zu spüren.

Sie stöhnte ganz leise, und Paul fühlte selbst durch das so streng geschnürte Korsett, wie sie sich versteifte und erschauerte.
Bald darauf zeigte ihr ruhiger Atem, dass sie eingeschlafen war.

Paul legte sich dicht neben sie, drehte sich zu ihr und legte eine Hand auf ihren so harten Lederpanzer, durch den inzwischen ihre Körperwärme gut zu spüren war. Bald war auch er mit einem entspannten Lächeln eingeschlafen.
106. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 22.01.14 10:35

Eine tolle Fortsetzung,
ich bin gespannt was Mrs. Potter sagen wird wenn sie beide findet.
107. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 22.01.14 13:07

Lieber gag_coll

diese Fortsetzung war um Welten besser als die letzte in punkt auf die Abhandlung weiter so
108. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs

geschrieben von Fehlermeldung am 22.01.14 16:08

Wieder ganz tool geschrieben Danke für die Fortsetzung

Zitat
Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Teil Sechs
Autor: Karl Kollar


Paul ging zum Tisch und warf einen Blick auf die Gegenstände, die auf dem Tisch lagen. Er nahm sich die Mappe zur Hand und begann darin zu blättern. Es waren diverse Schönheitsprogramme darin beschreiben. Paul erschauderte, denn es gab Vorschriften, die noch weitaus strenger waren. Und es gab auch welche, die noch aufwendiger anzulegen waren. Er fragte sich, warum Maria all dies bloß auf sich nahm. Gleichzeitig überkam ihm ob der großen Hilflosigkeit und Ausgeliefertheit ein seltsamer Schauer. Von dieser Mappe und ihren Konsequenzen ging eine seltsame Faszination aus.




Währe ich an Pauls stelle gewesen , hätte ich mir durch eine Kuss- und Streichelfolter
einige Antworten geholt .
Orgasmen bei Maria sind ihm doch nicht fremd .
Zumindest hätte ich auf den freiwillig getragenen Mundschutz verzichtet
Wann wenn nicht in solch einer Nacht sollten Gedanken und Fragen ausgetauscht werden .

.
109. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 23.01.14 03:23

Schöne Fortsetzung Karl und deutlich Verständlicher als die Vorherige.
Da waren doch ziemliche Sprünge drin.
Ich stimme Fehlermeldung nicht zu das Maria und Paul auf den Mundschutz hätten Verzichten sollen. Ich denke so hat Maria noch mehr Vertrauen zu Paul Aufgebaut und wird ihm bestimmt von sich aus mehr Erzählen was es mit den ganzen Sachen auf sich hat. Wenn Paul jetzt darauf bestanden hätte mehr zu Erfahren indem er Maria zwingt hätte er sehr viel Kaputt gemacht.
Das Maria durchaus auch Spass an der Sache hat zeigt sich ja auch dadurch das sie sich gern von Paul helfen lässt. Bei Doro wär sie nie in Korsett und Stiefeln zum Bett getippelt.
110. RE: Maria

geschrieben von Fehlermeldung am 23.01.14 03:57

Mensch Mike lass mich doch ein wenig träumen !
Ich habe doch nur geschrieben was ich für ein böser Bube gewesen währe .
Und nicht wie es weiter gehen sollte .
111. RE: Maria Kapitel 8 - Ernüchterung - Sieben und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 23.01.14 06:52

Maria
Kapitel 8 - Ernüchterung - Sieben und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

»Oh, hier duftet es ja lecker.« Die Stimme von Mrs. Potter klang sowohl freundlich als auch erstaunt. Sie blickte wohlwollend auf den sehr hübsch gedeckten Mittagstisch.

Maria und Paul freuten sich über das Lob. Doch Paul wollte bescheiden bleiben. »Ich koche oft für meine Oma und mich.« Es war Paul deutlich anzumerken, wie erleichtert er darüber war, dass Maria »schöne Nacht« jetzt hinter ihm lag.

Sie nahmen Platz und ließen es sich schmecken.

»Es schmeckt wirklich so gut, wie es schon gerochen hat.« In ihrer Stimme klang viel Anerkennung mit.

»Ich hatte mich ja so auf das Handschuh-Training gefreut.« begann Maria auf einmal unvermittelt.

Ihre Erzieherin blickte auf. Sie kannte ihren Schützling gut genug um den Unterton zu hören. »Erzähl« bat sie.

Maria begann mit leiser Stimme von dem Besuch bei Herrn Weiterer zu erzählen. »Wenn ich wenigstens schon die Untersuchung vom Orthopäden gehabt hätte. Er hat mir quasi verboten, den Handschuh vorzuführen. Ich war den Tränen nahe.«

Paul stimmte zu. »Der alte Herr wollte auf nichts hören.«

Mrs. Potter seufzte. »Das war sicher nicht schön. Wie lief es denn gestern Abend?« Sie wollte weg von dem Thema.

Paul wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Noch immer war er sehr beeindruckt von Sachen, die Maria auf sich nahm und er wusste nach wie vor nicht genau, warum sie das machte.

Maria hingegen war mit ihrem Freund zufrieden. »Du hast es sehr gut gemacht. Sei nicht so bescheiden.« Sie stupste ihn in die Seite.

Paul blickte sie erstaunt an. Dann musste er trotz der Anspannung auch etwas lachen.

* * *

»Du, ich würde Deiner Oma gern eine Freude machen, wenn sie heute zu uns kommt.« Sie stellte den Teller, den sie gerade abtrocknete, auf den Tisch und blickte Paul bittend an.

Paul brauchte nicht lange nachzudenken, um zu wissen, was sie bewegte. »Du möchtest wieder den Handschuh tragen.«

Das Leuchten in Marias Augen war die Antwort.

»Dann müsste ich dich wieder füttern?« fragte Paul mit herausfordernder Stimme.

Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Lust und gespielter Naivität an. »Das wird dann wohl nötig sein.«

Mrs. Potter drehte sich vom Abwaschbecken weg und blickte das Pärchen kurz an. Dann klang ihre Stimme gespielt streng. »Wie wäre es, wenn ihr erst noch den Kaffeetisch decken würdet?«

Beide fühlten sich auf eine sehr zärtliche Weise ertappt und wandten sich wieder ihren Aufgaben zu.

»Meint ihr nicht,« ihre Stimme wurde noch strenger und Maria zuckte leicht zusammen, »das Selma sich über die neue Jacke noch mehr freuen würde?« Auf einmal war da ein Lächeln in ihrer Stimme.

Maria und Paul erkannten, dass sie der Erzieherin auf den Leim gegangen waren. Marias Augen wurden größer. »Dürfte ich denn?«

Die Erzieherin hatte gut verstanden, was die Jacke für Maria bedeutete. »Wenn ihr es nicht übertreibt.« Beide wussten, was gemeint war.

* * *

Es klingelte, und obwohl Paul wusste, dass es nur seine Oma war, war er etwas aufgeregt. Ein kurzer Blick auf Maria und ihre seltsame Jacke zeigten ihm den Grund dafür. Natürlich wusste Paul, für welchen besonderen Anlass Maria diese Jacke trug. Trotzdem fand er es toll, dass seine Oma dabei so eine wichtige Rolle spielte.

Aber da er ja bei Maria und Mrs. Potter nur zu Besuch war, konnte er nicht einfach aufspringen und zur Tür rennen. Erst als die Stimme von Mrs. Potter durch den Raum klang »Könnt ihr mal aufmachen?« blickte Paul mit fragendem Blick auf Maria.

Diese blickte ihn ermunternd an. »Ich kann ja nicht.« Dabei zuckte sie sehr süß mit ihren Schultern.

Jetzt konnte Paul aufstehen und mit einigermaßen sicheren Schritten zur Haustür gehen.

Maria ging mit bedächtigen Schritten hinterher. Sie war sehr begierig darauf, Pauls Oma ihr neues Trainingsgerät zu zeigen.

»Guten Tag Maria«, sie blickte Pauls Freundin erfreut an.« Das ist schön, dass Du die Jacke schon trägst.« Dann begrüßte sie Ihren Enkel.

Maria brachte nur ein verschämtes, aber stolzes Lächeln zustande.

Selma reicht Paul ihre Jacke, dann bat sie Maria, sich einmal um zudrehen. »Wie lange trägst du die Jacke jetzt schon?«

Maria musste sich erst einmal räuspern, bevor sie antworten konnte. »Ich habe sie eben erst angezogen.«

»Bewege mal deine Arme.« Selma fasste Maria vorsichtig an den Schultern an.

Maria war bemüht, dem Wunsch nachzukommen. »Du bist wirklich sehr gelenkig.«

Maria brachte ein leises, aber stolzes »Danke« hervor.

»Ich denke, du kannst ab morgen ein Loch enger tragen.« Sie spürte die Frage, die Maria sich nicht auszusprechen traute. »Ich werde es Doro sagen.«

Mrs. Potter kam auf den Flur. »Was willst Du mir sagen?« Sie begrüßten sich. »Kommt doch herein.«

Pauls Oma bemerkte, dass es schon gut nach Kaffee duftete. Dann deutete sie auf Marias Arme und erwähnte ihre Gelenkigkeit. »Maria darf ab Morgen die Arme ein Loch enger tragen.«

Die Erzieherin nahm es zur Kenntnis. Insgeheim freute sie sich über ihren besonderen Schützling.

Sie nahmen an der Kaffeetafel Platz. Paul verteilte den Kuchen und schenkte den Kaffee ein. Dabei fiel ihm auf, dass Maria von einer gewissen Unruhe getrieben war. Er konnte nur ahnen, was sie bewegte.

Es war die Erinnerung an das letzte Mal, als sie von Paul gefüttert werden musste, die Maria so erregte. Sie fragte sich, ob es diesmal wieder passieren würde.

Selma war neugierig. »Aber jetzt erzählt mal, wie war Euer Wochenende?« Beide Frauen blickten das Pärchen fragend an.

Paul fiel auf, das er seit Samstag Morgen nicht mehr nicht mehr bei seiner Oma gewesen war. Er berichtete von dem Anruf des Mathe-Lehrers und wie sehr er sich darüber gefreut hatte. Er war ja gleich zu Maria gelaufen, um die schöne Nachricht zu überbringen. Er wurde rot »Doch da bin ich wohl in etwas hinein geplatzt.«

Mrs. Potter musste lächeln, »Ja, du hast uns schon ziemlich erschreckt, denn wir hatten eigentlich mit der Schneiderin gerechnet.«

Marias Augen strahlten immer noch. »Es war aber eine schöne Nachricht.«

Oma Selma blickte neugierig auf das junge Paar.

»Maria hat in der Mathearbeit dreizehn Punkte geschrieben, also eine Eins minus.« Paul Stimme überschlug sich fast vor Lob.

Oma Selma freute sich ebenfalls für Maria.

Doch dann wurde Paul auf einmal sehr nachdenklich. Seine Stimme war hörbar verunsichert. »Ich dachte erst, du wärst nackt gewesen.« Das Sprechen fiel ihm sichtlich schwer. »Aber was hast du denn da angehabt?« Ihm war aufgefallen, dass er bis dahin noch nicht darüber gesprochen hatte.

Maria blickte ihre Erzieherin verlegen an. Sie wusste nicht, wie sie es erklären sollte.

Mrs. Potter fing diesen Blick auf und lächelte. »Das war ein hautfarbener Latex-Catsuit.«

Es war Pauls Gesicht anzusehen, das ihm diese Erklärung nicht wirklich weiter half. Aber er sah, das seine Oma verständnisvoll nickte. Er beschloss für sich, seine Oma später noch einmal danach zu fragen.

Jetzt schien es Maria leichter zu fallen, darüber zu reden. »Der ist von früher, von dem Weihnachtskleid.«

Mrs. Potter musste lächeln. »Das solltest Du aber besser von vorn erzählen.«

Maria holte noch einmal tief Luft. »Das Kaufhaus in der Fußgängerzone hatte in der Adventszeit eine ganz besondere Werbeaktion. Sie suchten eine Weihnachtsprinzessin, die für das Kaufhaus mehrmals auftreten sollte und dabei ein ganz besonderes Kleid tragen sollte.« Marias Augen leuchteten und es war ihr deutlich anzusehen, wie glücklich sie damals wohl gewesen sein mochte.

»Es war so ein Kleid mit sehr engem Korsett und einem großen Reifrock. So wie aus den Sissi-Filmen. Ein Museum hatte es zur Verfügung gestellt, und da es sehr klein war, kam kaum jemand für das Tragen in Frage. Zudem konnte es nur getragen werden, wenn die Trägerin sich vorher in ein strenges Korsett ein schnüren ließ.«

Marias Stimme wurde leiser. »Ich habe meine Mutter bekniet, dass ich mich für die Aktion bewerben durfte. Zuerst wollte sie es nicht erlauben, doch ich blieb hartnäckig.«

Mrs. Potter wandte sich kurz an Selma. »Frederike hat ihr damals viel zu viel durchgehen lassen.«

Maria blickte ihre Erzieherin mit einer Mischung aus Angst und Erstaunen an.

Erst als ein Lächeln im Gesicht der Erzieherin zu sehen war und damit die Worte als einen Scherz erkennen ließ, entspannte Maria sich wieder. »Doch schließlich hatte ich sie soweit, dass sie mich zu einer Anprobe begleitete. Es waren ohnehin nur noch vier Kandidatinnen übrig. Das Kleid hatte schon sehr kleine Maße und doch war ich optimistisch, dass es mir vielleicht passend könnte.« Ihre Augen strahlten, während sie erzählte. »Doch dabei war noch eine recht seltsame Bedingung. Das Kleid war sehr kostbar und es sollte nicht durch die Transpiration der Trägerin beschmutzt werden, deswegen musste die Trägerin so einen dünnen Schutzanzug darunter tragen. Das hat die drei anderen Kandidatinnen vertrieben.«

Immer noch war in Marias Augen so etwas wie Triumph zu sehen. »Ich werde nie vergessen, wie ich das Kleid das erste Mal tragen durfte. Ich war sehr aufgeregt und meine Mutter musste mich oft bremsen und beruhigen. Diesen seltsamen Schutzanzug habe ich gar nicht wahrgenommen, er lässt sich wirklich wie eine zweite Haut tragen. Darüber wurde mir ein Korsett geschnürt, sehr eng, ich konnte kaum noch Luft holen.«

Es war gut zu sehen, wie Maria jetzt noch sich an das Gefühl zu erinnern schien. »Dann kam das Kleid darüber. Es konnte gerade so geschlossen werden. Da es ein historisches Kleid war, musste ich darin eingenäht werden. So war das früher. Das war sehr aufregend. Ich sah aus wie Sissi. Dann hatte sie noch eine barocke Perücke vorbereitet und die wurde mir aufgesetzt. Ich war sehr stolz, als ich mich im Spiegel sehen konnte. Ich hatte dann diverse Auftritte und konnte mich mehrere Tage lag wie Sissi fühlen. Das war schöner als Weihnachten. Und dann durfte ich diese seltsame Gummihaut und das Korsett behalten. Das war toll.«

Sie seufzte »Meine Mutter hat es nicht gern gesehen, wenn ich es trug, deswegen habe ich es anfangs immer nur heimlich getragen. Sie hat mich mehrmals dabei ertappt, aber sie hat nichts gesagt. Ich habe bloß gespürt, das es ihr wohl nicht recht war. Aber da sie nicht geschimpft hat oder verlangt hat, dass ich es ausziehen soll, habe ich es anbehalten.«

»Doch dann kam Amerika und damit wurde alles anders.« Marias Stimme wurde auf einmal seltsam ernst. »Sie hat mir nicht wirklich ein Wahl gelassen. Obwohl sie mich gefragt hat und wir drüber gesprochen haben, war sowohl ihr als auch mir klar, das es für mich nur eine Lösung gäbe.«

Mrs. Potter unterbrach sie. »Erzähle bitte der Reihe nach.«

Maria musste einen Moment überlegen. »Ja, gut. Eines Tages kam ein wichtiger Brief aus Amerika. Ihr damaliger Chef hatte sie für die Leitung einer Klinik dort vorgeschlagen und sie wurde angenommen. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Es war für mich sofort klar, dass ich nicht dorthin wollte. Aber ich wollte ihr auch nicht im Weg stehen. Ich glaube, in der Nacht habe ich fast nur geweint.«

Maria warf einen bedeutungsvollen Blick auf ihre Erzieherin. »Doch schon am nächsten Tag stand eine Erzieherin in der Tür und ich glaube, die ersten Tage habe ich mich wohl sehr blöd benommen.« Sie schien nachzudenken. »Ich war rebellisch, denn ich wollte keine Erzieherin, aber auch nicht meiner Mutter im Weg stehen. Ich war hin und her gerissen.«

Mrs. Potter musste lächeln. »Deine Reaktion war total verständlich. Ich hätte wohl auch so reagiert.«

Jetzt schien es fast, als wollte die Erzieherin weitererzählen. »Ich musste dich bloß ein paar Tage beobachten um zu wissen, wie ich mit dir umzugehen hatte.«

Maria blickte sie vergnügt an. »Ja, das hast Du wirklich sehr schnell geschafft.« Sie schien kurz nachzudenken. »Ich glaube der Schlüssel war, dass Du mir das Korsett erlaubt hast. Und nicht nur das, Du hast auch dafür gesorgt, dass ich ein neues viel strengeres bekommen habe. Das hat mich sehr beeindruckt.«

»Ich habe gespürt, wie sehr dich die Prinzessinnen und ihre Mode fasziniert haben. Und das habe ich ausgenutzt.«

Maria lächelte dankbar. »Das war eine schöne Zeit. Wir haben gespielt.«

Sowohl Paul als auch Oma Selma blickten etwas verständnislos. Nur am Rande bemerkte Paul, dass Maria beim Schwelgen in ihren Erinnerungen ihre Erzieherin plötzlich duzte wie eine alte Freundin.

»Wir haben Hofzeremoniell gespielt. Prinzessin und Hofdame.«

Paul kam dies recht bekannt vor.

Jetzt war es Maria, die den Faden unterbrach. »Doch dann wurde es auf einmal ernst. Meine Mutter hat mir angeboten, dass ich an einem Experiment teilnehmen sollte. Sie sollte neue Erziehungsmethoden entwickeln und ich sollte ihre Ideen und Methoden ausprobieren. Sie ist extra nach Deutschland gekommen, um uns ihre Ideen zu erklären.«

Marias Stimme klang immer noch sehr beeindruckt: »Anfangs musste ich ziemlich schlucken. Mein ganzer Tagesablauf wäre vorgegeben und ich müsste ständig gehorchen und würde überall unter Kontrolle stehen, sogar die Schule würde sie einweihen.«

Paul wurde sichtlich nervös.

»Sie hat mir viel Zeit zum Nachdenken gelassen, und auch Mrs. Potter war in dieser Zeit sehr nachgiebig. Immer wieder habe ich ihre Unterlagen durchgeblättert und mich mit dem künftigen Programm vertraut gemacht. Und immer stärker wurde in mir ein Gefühl, das mir sagte, ´Ja, das möchte ich auf mich nehmen.´ Irgendwas sagte mir, das ich in dem Programm Geborgenheit und Sicherheit finden könnte. Sie war mittlerweile wieder zurück in die Staaten und ich habe mit ihr telefoniert. Sie war sehr entgegenkommend. Sie hat von mir verlangt, noch eine Woche darüber zu schlafen, und dann wollte sie meine Entscheidung haben. Das Ende dieser Woche konnte ich kaum erwarten. Wie das Programm ausseht, habt ihr ja schon mitbekommen. Es ist schon einige Abwechselung dabei, aber im großen Rahmen ist alles streng vorgegeben.«

Es herrschte kurz Stille. Alle schienen über das Gesagte nachzudenken.

Mrs. Potters Stimme klang wichtig. »Doch jetzt wird sich das alles ändern.«

Maria blickte etwas fragend in das Gesicht ihrer Erzieherin.

»Jetzt wirst du bald die Katerina spielen und dafür ist das Programm aufgehoben.«

Maria sagte ein »Ja richtig.« Sie versuchte etwas mit den Armen zu zucken. »Dafür trainiere ich ja schließlich.«

»Wie läuft es denn mit den Festvorbereitungen?« wollte Selma wissen.

Paul hatte den Eindruck, dass seine Oma absichtlich das Thema wechselte.

»Es fängt nicht gut an.« Maria stöhnte leise. »Ich habe meinen Spielpartner kennen gelernt, den Neffen vom Baron, Franz-Ferdinand.« Sie erzählte, wie sie mit ihm zusammengetroffen war und wie arrogant und egoistisch er sich aufgeführt hatte.

Oma Selma schien ihn zu kennen, genauso wie Mrs. Potter. Beide waren erstaunt bis entsetzt, dass dieser die Rolle des Herzogssohns spielen sollte. Sie bedauerten Maria.

»Und dann war da auch noch der Lehrer für das Handschuhtragen.« Die Enttäuschung war immer noch deutlich in ihrer Stimme zu hören. Sie blickte traurig zu Paul. »Könntest Du es erzählen?«

Paul war noch sehr in Gedanken versunken und fasziniert von den Dingen, die er bisher erfahren hatte. Doch jetzt riss er sich zusammen und berichtete den beiden Damen, was sich bei dem alten Lehrer zugetragen hatte und wie starrsinnig er sich benommen hatte. »Ich glaube, er dachte ständig, dass er die Baroness vor sich hatte. Er hat Maria immer Sophie genannt.«

Selma war überrascht. »Ich kenne ich eigentlich von früher her. So starrsinnig war er damals allerdings nicht. Ich werde mit ihm reden.«

Maria war immer noch enttäuscht. »Er wollte mich überhaupt nicht anhören und er hat auch nicht erlaubt, dass ich ihm meinen Können vorführe.«

* * *

Paul ging schweigend neben seiner Oma her. Er war sehr in Gedanken versunken und dachte über dieses so außergewöhnliches Wochenende nach. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er durch den Themawechsel zu den Festvorbereitungen über den eigentlichen Sinn und Zweck von Marias seltsamem Erziehungsprogramm noch gar nichts erfahren hatte.

Auch seine Oma war von dem Kaffee-Nachmittag noch sehr beeindruckt. »Maria ist schon etwas Außergewöhnliches.«

Paul musste sich erst räuspern, bevor er antworten konnte. Seine Stimme klang sehr ernst: »Wie kann ich ihr am besten helfen?«

»Es wird noch sehr viel Neues auf euch einströmen.« Sie blickte liebevoll zu ihrem Enkel. »Sei immer sehr vorsichtig und geduldig. Sorge dafür, dass Du immer für Maria da sein kannst.« Sie gingen ein paar Schritte weiter. »Sie wird oft Halt brauchen und nur Du kannst ihr den geben.«

Neben seiner Verliebtheit fühlte Paul auch ein wenig Stolz.

»Ich habe den Eindruck, ihr Erziehungsprogramm ist für Euch beide gut, und wenn ihr weiterhin so füreinander da seid, dann wird es Euch fest zusammenschweißen. Du hast in ihr einen großen Schatz gefunden. Hüte ihn gut.«
112. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 23.01.14 06:54

Das war das letzte Update vor meinem Urlaub. Kapitel 9 gibt es frühestens am 3. oder 4. Februar oder auch später.

Ihr könnt euch ja bis dahin mal überlegen, wie es mit Sophie nach dem Fest weitergehen soll. Das soll für die Zeit danach der Schwerpunkt sein.
113. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 23.01.14 09:13

Wie Urlaub?? Ist der Überhaupt Genehmigt?
Endlich sind die meisten Fragen die Teil 5 Aufgeworfen hatte geklärt. Das Kaffeekränzchen war sehr Aufschlussreich. Wobei ich gerne Gelesen hätte wie Paul und Maria den Morgen Erlebt haben.
114. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 23.01.14 09:35

Lieber gag_coll

Erstmal schönen Urlaub.

Dir ist wieder eine traumhafte Fortsetzung gelungen, aber ich stimme Mike zu das Aufwachen fehlt irgendwie

In punkto Sophie hoffe ich das sie die erste ist die sich dem Programm von Marias Mutter unterziehen muss und das Marias Mutter rechtzeitig über die Pläne vom Baron erfährt
115. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 23.01.14 17:32

Ich wünsche dir erstmal einen schönen Urlaub .
Ich bin gespannt wie es weiter geht , wobei ich auch sagen muß das mir auch der morgen nach der schönen Nacht gefehlt hat .
116. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 23.01.14 17:33

Ich wünsche dir erstmal einen schönen Urlaub .
Ich bin gespannt wie es weiter geht , wobei ich auch sagen muß das mir auch der morgen nach der schönen Nacht gefehlt hat .
117. RE: Maria

geschrieben von oliviasklavin_tv am 25.01.14 11:19

Hallo !

Erstmal schönen Urlaub, auch wenn der sicherlich von der Leserschaft nicht genehmigt wurde.

Ich habe Deine Geschichte, nun endlich in einem "Rutsch", lesen können.Sie ist sehr strukturiert und sehr mitreißend.

Manche Kapitel werfen immer neue Fragen auf, wie und was noch mit den einzelnen Charakteren passieren wird( der Baroness, dem Baron und seiner komischen "Erbschaft" ,dem Umbau und weiteren Zweck des ehemaligen Luftschutzraumes usw.).

Jetzt erstmal viel Spaß im Urlaub und vll mit der schnellen Fortsetzung.

Lg
Olivia(KG-Trägerin)
118. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 25.01.14 23:20

Das Preisgeld für das Gebet auf dem Rücken, worauf der Baron Spekuliert, ist keine Erbschaft.
119. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 01.02.14 18:19

Hi werte leser mal ne kleine frage zu Marias schöner Nacht... wie schauts denn aus, wenn sie in ihrem Panzer steckt und mal aufs Klo muss? Mal ebend so aus dem Panzer ausschnüren geht nicht bin selber stolze besitzerin eines Ganzkörperpanzers und weiss, wie lange das Schnüren dauert.

Ich finde maria sympathisch weiter so

mit fesselnden grüßen
Kami
120. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 12:37

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Mit zitternden Händen wählte die Reporterin Andrea Baseling die Nummer von Maria und ihrer Erzieherin. Es war aber weniger die Angst vor dem schwierigen Termin, die sie so zittern ließ. Es war mehr die Frage, ob sie den Mut aufbringen würde, zu fragen. Zu gern würde sie sich einmal in solch einen Monohandschuh einschnüren lassen, wie Maria ihn so anmutig tragen konnte.

Doch zunächst musste sie überhaupt erst einmal einen Termin bekommen. Andrea wusste, dass Maria aus diversen Gründen einen sehr vollstopften Terminkalender hatte und sie hoffte nicht nur aus beruflichen Gründen, dass sie Zeit für einen Termin finden würden. Denn da war etwas an diesem Mädchen, was sie besonders faszinierte.

Mrs Potter meldete sich.

Andrea nannte ihren Namen und trug ihr Anliegen vor. Zu ihrem Erstaunen schien die Erzieherin Marias Termine sehr genau im Kopf zu haben. Sie bot ihr an, am Freitag Nachmittag vorbei zu kommen, da hätte Maria zwei Stunden frei. Sie müsse dabei allerdings trainieren.

Die Reporterin war erleichtert und aufgeregt zugleich. Sie sagte den Termin zu, dann ließ sie noch Grüße an Maria ausrichten und verabschiedete sich.

Andrea freute sich, denn sie wußte, was Maria trainierte. Sie würde dann sicher wieder den Handschuh tragen, den die Reporterin so unheimlich faszinierend fand.

Dennoch ärgerte sie sich. Zum einen, weil sie nicht den Mut zum Fragen gefunden hatte. Zum anderen aber auch, weil ihr Chef diese Reportage in der Bedeutung heruntergestuft hatte. Seit die Baroness diese Rolle sozusagen verloren hatte, war die Begleitung der Katerinadarstellerin unwichtig geworden. Ein einfaches Mädchen aus dem Volk sei bei weitem nicht so nicht öffentlichkeitswirksam, hatte ihr Chef ihr erklärt.

Sie war da ganz anderer Meinung. Sie fand es sehr faszinierend, wie anmutig und auch stolz Maria diesen so strengen Monohandschuh tragen konnte.

* * *

Andrea hatte die Tage bis Freitag kaum abwarten können. Jetzt hatte sie sich auf eigene Kosten ein Taxi genommen und war auf dem Weg zu ihrem zweiten Interview mit dieser so faszinierenden jungen Frau. Ein Woche war vergangen, in der Maria sicher einiges im Rahmen der Ausbildung für die Katerina hatte machen müssen und Andrea fragte sich, was es wohl so alles zu erfahren gäbe.

Wieder ging sie in Gedanken die Ereignisse durch, die dazu geführt hatten, dass Maria mit dieser Rolle betraut wurde. Die Comtesse hatten einen schweren Unfall gehabt und war für das nächste halbe Jahr wegen den schweren Verletzungen nicht eimmal in der Lage zu gehen, geschweige denn die Rolle auf dem Fest zu spielen.

Es war allgemein bekannt, dass die Comtesse oft ohne sich anzuschnallen Auto fuhr. Trotzdem war die Reporterin über die Schwere der Verletzungen sehr erstaunt, zumal es nicht bekannt war, wie kaputt das Auto war. Es wurde bloß in den Zeitungen berichtet, die Baroness wäre gegen einen Baum gefahren. Es gab aber auf der betreffenden Straße, wo sich der Unfall ereignet haben sollte, nur drei Bäume und keiner davon zeigte eine größere Beschädigung.

Es war außerdem sehr erstaunlich, wie schnell der Baron einen Ersatz gefunden hatte. Ein Verdacht keimte in ihr hoch. Doch dann schalt sie sich eine Närrin. Warum sollte der Baron seine Tochter aus dem Weg räumen wollen, das ergab überhaupt keinen Sinn. Andrea schob ihr berufliches Mißtrauen zur Seite.

Ob sie es diesmal schaffen sollte? Sie würde den Handschuh gern einmal probieren, aber sie wußte nach wie vor nicht, wie sie danach fragen sollte.

* * *

Es kam Andrea vor, als freue sich die Erzieherin von Maria über ihre Ankunft. Das war bei weitem nicht selbstverständlich. Im Gegenteil, oftmals war die Presse überhaupt nicht gern gesehen. Andrea war über diese Aufnahme sehr erleichtert. Sie legte ihre Jacke ab und folgte Mrs. Potter in das Wohnzimmer.

Sofort fiel ihr Blick auf Paul und Maria und sie sah, daß er gerade die abschließende Schleife in der Schnürung von Marias Handschuh band. Sie blickte neugierig auf Maria und ihren Handschuh. Sie war sowohl fasziniert von der Anmut Marias auch von ihrer Hilflosigkeit in diesem so seltsamen Gegenstand.

Ein klein wenig wunderte sie sich, denn sowohl Paul als auch Maria waren sehr förmlich gekleidet. Paul trug zur schwarzen Stoffhose ein weißes Hemd und Maria hatte einen schwarzen fast wadenlangen Rock zu weißen Bluse an. Dazu schwarze sehr schicke Stiefel und eben den Monohandschuh in ebenso schönem wie unschuldigem Weiß. Mrs. Potter erwähnte den Termin bei der Sparkasse, der sich gleich an das Interview anschließen würde.

Sie trat auf die beiden zu und reichte Paul die Hand. Er erwiderte den Gruß.

Sie blickte auf Maria und war sehr erstaunt, als diese ihre in der Lederhülle verpackten Armen rechts an ihrem Körper vorbei nach vorne schob und Andrea auffordernd und mit einem verschmitzten Lächeln anblickte.

Die Reporterin brauchte einen Moment, bis sie erkannte, was diese Geste bedeutete. Maria wollte ihr ebenfalls die Hand reichen. Andreas Hand zitterte fast etwas, als sie Marias verhüllte Hände ergriff und ihr so ebenfalls andeutungsweise die Hand schütteln konnte.

Mrs Potter kam in das Wohnzimmer und trug einen Kuchen vor sich her. »Jetzt gibt es erst mal Kaffe und Kuchen.«

Unbewußt blickte Andrea auf Marias verpackte Arme. Doch Maria hatte diesen Blick entdeckt und spürte die Verwunderung der Reporterin. Sie drehte sich halb zu Paul hin und strich ihm mit ihren Armen zärtlich den Rücken entlang. »Er wird mir helfen,« antwortete sie auf die nicht gestellte Frage.

Andrea mußte schlucken, so sehr war sie von Maria fasziniert.

Mrs Potter unterbrach sie. »Jetzt nehmt doch erst mal Platz.«

Die Reporterin war von der familiären Wärme, mit der sie empfangen wurde, verunsictert, deswegen ließ sie Paul und Maria den Vortritt. Sie setzte sich dann auf den verbliebenen Platz. Sie blickte verstohlen auf Marias Platz und sah, daß in ihrer Tasse ein Strohhalm steckte.

Die Erzieherin schenkte den Kaffee ein. Paul versorgte sich und seine Freundin mit Milch und Zucker, während Andrea ihren Kaffee am liebsten schwarz trank.

Maria beugte sich vor und mit einer erstaunlichen Geschicklichkeit nahm sie den Strohhalm in den Mund und nahm einen vorsichtigen ersten Schluck Kaffee.

Paul legte sich zwei Stück Kuchen auf den Teller, dann nahm er seine Gabel zur Hand und trennte ein kleines Stück ab. Er spießte es auf und vorsichtig näherte er sich damit Marias Mund. Sie lächelte ihn dankbar an, dann öffnete sie ihre Lippen und nahm das Stück von der Gabel.

Andrea war so fasziniert, dass sie selbst ihren Kaffee total vergaß. Es machte so einen selbstverständlichen Eindruck, wie Maria hier gefüttert wurde. Eigentlich wäre es doch total demütigend, so essen zu müssen, doch zwischen Paul und Maria war es etwas ganz anderes. So unheimlich liebevoll sorgte Paul für seine hilflose Freundin, während Maria die Behinderung durch den Handschuh überhaupt nichts ausmachte. Im Gegenteil. Ihr Blick zeigte sehr viel Stolz und Glück. Auf einmal wußte Andrea, was es war.

Es war Liebe!
121. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 02.02.14 13:04

Wieder eine gelungene Fortsetzung bin gespannt wie es weiter geht.
122. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 02.02.14 13:19

Sieh an Andrea ist von dem Monohandschuh Fasziniert und möchte auch mal einen tragen.
Dann könnte sie ja mit Maria zusammen das Tragen Trainieren, aber dazu muß ihr wohl erst einer Angepasst werden.
Schön das es endlich Weitergeht Karl.
123. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 02.02.14 14:21

Sehr gelungene Fortsetzung

Ich hoffe Andrea traut sich einen monohandschuh zu tragen
124. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 15:11

Zitat
wie schauts denn aus, wenn sie in ihrem Panzer steckt und mal aufs Klo muss? Mal ebend so aus dem Panzer ausschnüren geht nicht


So genau weiß ich das auch nicht. Maria hat uns ja nicht gezeigt, was sie noch unter dem weißen Catsuit trug. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass sie eine Erwachsenenwindel darunter trug. So etwas hat sie in der Klinik ihrer Mutter mal tragen dürfen und war davon sehr angetan.

Zitat
bin selber stolze besitzerin eines Ganzkörperpanzers und weiss, wie lange das Schnüren dauert.


Hmm... das klingt sehr faszinierend. Ich würde gern mehr über deinen Panzer erfahren und würde mich freuen, wenn du etwas erzählen könntest...
125. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 02.02.14 18:49

Hallo cag_coll.

Schön, das du wieder aus deinem Urlaub zurück bist.
Und schon hast du wieder eine faszinierende Fortsetzung veröffentlich, wenn auch für meinen Geschmack viel zu kurz.

Und du hast jetzt endlich auch gelüftet, ob die Reporterin den Mut aufbringen würde sich der herausforderung eines Monohandschuhs zu stellen.

Mfg Rainman
126. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Zwei

geschrieben von gag_coll am 02.02.14 20:25

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter unterbrach Andreas Gedanken, in dem sie sie an den Zweck ihres Besuchs erinnerte. Doch Andrea war noch zu sehr verzaubert von der Ausstrahlung von Maria, um sofort darauf zu reagieren. So bat die Erzieherin Maria, von ihren Erlebnissen in der Woche zu erzählen.

Andrea versuchte sich innerlich wach zu rütteln, dann griff zu ihrer Tasche und nahm ihr Diktiergerät heraus. Sie schaltete es an und legte es dann zwischen sich und Maria auf den Tisch.

Maria war noch etwas mit Kauen beschäftigt, als sie der auffordernde Blick der Reporterin erreichte. Sie schluckte hinunter und blickte kurz noch einmal zu ihrer Erzieherin. Diese warf ihr einen ermutigenden Blick zu, so als hätte Maria um Erlaubnis gefragt.


Maria war mit einigen Erwartungen zu dem Geschichtsunterricht für die Hauptdarstellerin gegangen, so erzählte sie, doch im Nachhinein betrachtet war es für sie nur eine einzige Enttäuschung. »Eigentlich hätte ich mir das sparen können.« Sie blickte liebevoll zu Paul. »Deine Oma hat das wesentlich schöner erzählt.«

Sie beugte sich leicht zu ihm hin und schaffte es, ihn mit ihren in der Lederhüllen gefangenen Armen zu streicheln. Dabei stellte sie einige Vergleiche an. »Bei Deiner Oma konnte man richtig träumen. Am Montag hingegen war es einfach nur nüchtern. Fast nur Jahreszahlen.«

Deutlich spürte die Reporterin, das Maria von dem Termin ziemlich enttäuscht war.

Andrea fragte nach den Hintergründen des Festes. Sie hatte sich natürlich informiert, aber es war sicher auch interessant zu erfahren, wie die Hauptdarstellerin ihre Rolle sah.

Maria berichtete von den historischen Begebenheiten, sehr ausführlich und nur selten fand Paul noch etwas zu ergänzen. Beim Happy-End hatte Maria einen gewissen Glanz in den Augen und blickte Paul verträumt an.

Andrea hoffte, diesen Blick in ihrem Bericht einfangen zu können. Sie war beeindruckt, wie gut Maria ihre Rolle kannte.


»Danach mußte ich gleich zum Sport,« Marias Stimme klang beeindruckt. »Der Festausschuß hat mich da hingeschickt.«

Andrea verstand nicht ganz, warum dem Festausschuß der Sport so wichtig war. Sie fragte nach.

Maria nahm einen Schluck mit dem Strohhalm, dann erklärte sie. »Ich war bei den Kampfsportlern. Sie haben mir beigebracht, wie ich mich ohne Arme dennoch verteidigen kann.«

Andrea war sichtlich interessiert.

»Wichtig ist vor allem, beherzt aufzutreten. Und sich nicht einschüchtern zu lassen.« Sie blickte in Richtung ihrer Beine. »Und die Beine richtig einsetzen. Sie haben mir sogar gezeigt, wie ich die Ketten für mich einsetzen kann.«

Mrs Potter war an den Aufgaben ihres Schützlings ebenfalls interessiert. »Natürlich wird die hilflose Darstellerin auf dem Fest rund um die Uhr bewacht,« fügte sie hinzu, »trotzdem verleiht es der Rolle mehr Ausdruck, wenn die Darstellerin weiß, welche Verteidigungsmöglichkeiten ihr verbleiben.«

Auch Paul war von Marias Engagement sehr beeindruckt. Er streichelte Marias Schulter und blickte sie mit einem gespielten Vorwurf an. »Ich muß versichtig sein.«

Maria wußte, auf was er anspielte. Sie lächelte entschuldigend. »Das mit dem Schienbein war ein Versehen.« Sie streichelte ihn mit ihrem Handschuh, blickte ihn liebevoll an und tröstete ihn. »Das wird nicht wieder vorkommen.«

Paul blickte sie sowohl verliebt als auch besorgt an.


»Am Dienstag wart ihr beim Sportverein zum Tanzen?« Andrea sagte, dass sie früher gelegentlich auch dort getanzt hatte.

Marias Blick betrübte sich etwas. »Der Prinz war wieder nicht da.« Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie etwas bedrückte. »Doch das Tanzen war schön.« Doch dann blickte sie mit einem erneuten Lächeln zu Paul. »Du machst das wirklich gut.«

Er wiegelte bescheiden ab.

Maria stupste ihn mit den Armen in die Seite. »Jetzt sei nicht so bescheiden, du machst das gut.«

Paul mußte lächeln.

Andrea blickte verwundert zu Paul.

»Ich bin für den Neffen des Barons eingesprungen.« Paul merkte an, daß er dafür die Schritte könne. »Aber ich werde das ja nicht brauchen. Der Baron hat versprochen dafür zu sorgen, dass der Prinz beim nächsten Termin erscheinen wird.« Irgendwie war bei ihm Erleichterung zu spüren.

Andrea zog nur kurz die Augenbrauen hoch.


Maria fiel ein, dass sie vorher ja noch beim Orthopäden war. »Er hatte nichts auszusetzen.«

Paul erinnerte an die Lockerungsübungen.

Sie lachte. »Ja, ich soll gelegentlich auf die Lockerheit meiner Arme achten.« Sie machte eine Pause und schien zu träumen. »Aber das muss ich ja sowieso machen.«

Ihr fiel ein, dass sie die Dienstagsprobe bei ihrer Musikgruppe ausfallen lassen mußte. Es klang ein wenig Traurigkeit in ihrer Stimme mit.

Paul wollte sie trösten. »Aber dafür hast Du es ja jetzt schriftlich, dass Du den Handschuh tragen darfst.«

Maria lächelte ihn an. »Ja, Du hast recht. Ich konnte ihn am Mittwoch auch gleich vorzeigen.«

Andrea blickte ein wenig verwirrt.


»Am Mittwoch hat uns Herr Weiterer besucht.« Maria erklärte, dass dieser Herr jeder Katerina-Darstellerin das Tragen des Monohandschuhs beigebracht hatte.

Andrea lächelte, denn sie wußte, dass Maria diesen Unterricht nun wirklich nicht mehr brauchte.

Paul beschrieb, wie der Lehrer sie die ganze Zeit mit Sophie verwechselt hätte und nur geschimpft hatte. »Als er dann erfahren hat, dass Maria noch nicht beim Orthopäden war, ist er ganz ungehalten geworden.«

»Aber vorgestern war er ganz anders.« Es war Maria anzuhören, dass sie noch bewegt war von dem Besuch. »Er hatte einen Blumenstrauß dabei und entschuldigte sich. Er hätte mich mit der Baroness verwechselt und es täte ihm sehr leid, dass er so geschimpft hatte.«

In Marias Stimme war deutlich zu hören, wie gern sie diese Entschuldigung angenommen hatte. »Ich konnte ihm dann aber trotzdem den Bericht vom Orthopäden zeigen.«

Paul erwähnte noch, wie sehr er Maria dann noch für ihre Gelenkigkeit gelobt hatte.

»Dann kam auch schon Frau Bayer und hat uns abgeholt. Es stand auf dem Plan, dass die zukünftige Katerina sich einmal das Museum des Festes in aller Ruhe ansehen durfte.«


Maria sprach es das erste Mal aus. »Es ist schon sehr aufregend, dass ich den Handschuh jetzt überall tragen darf.«

Andrea blickte sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid an. Doch dann stutzte sie. »Du hast Den Handschuh auch im Museum angehabt.« Nur nebenbei fiel ihr auf, dass sie über den Handschuh wie über ein normales Kleidungsstück sprach.

Paul platzte fast vor Stolz auf seine so seltsam talentierte Freundin. »Wir wurden sogar vom Bürgermeister empfangen.«

Andreas Blick wurde immer verwunderter.

»Das Museum ist in dem Zimmer neben dem Bürgermeister untergebracht,« erklärte Paul. »Es wird aber nur in den Jahren um das Fest herum geöffnet und auch nur am Sonntag Nachmittag.« Er blickte stolz auf seine Freundin. »Für Maria gab es eine Ausnahme.«

»Bei dem Termin hätte auch der Darsteller des Prinzen anwesend sein sollen, aber der hatte mal wieder was besseres zu tun.« Es war deutlich in Marias Stimme zu hören, was sie von dem Neffen des Barons hielt.

Paul erwähnte, dass er aufgrund von Renates Anregung hin mitgekommen sei.

»Der Bürgermeister hat mit dem Handschuh so seine Probleme gehabt,« erinnerte sich Maria mit einem deutliche Lächeln in der Stimme. Er hatte ihr erst die Hand schütteln wollen und bot ihr etwas zu trinken an. Dann erst war sein Blick wieder auf den Handschuh gefallen und ihm fiel sein Fehler auf. Er hatte sich entschuldigt und gab an, dass dies sein erstes Fest sei und dass er mit den Besonderheiten des Festes noch so seine Schwierigkeiten hätte.

Maria hatte ihn nur angeblickt und gelächelt. »Das ist kein Problem, für mich ist es ja auch noch sehr ungewohnt.« Im Nachhinein dachte sie darüber nach, dass es vielleicht ein wenig anders gemeint war, als es als Botschaft angekommen war. Aber das sollte ihr Geheimnis bleiben.

Er hatte sie persönlich zum Museum geführt und dann aber an Frau Bayer übergeben. »Sie können das bestimmt besser erklären als ich.« Er entschuldigte sich und verwies auf seine anderen Termine.

Renate war in das Museum vorangegangen. Sie wartete, bis Maria und Paul ebenfalls eingetreten waren, dann ging sie zur ersten Vitrine und zeigte auf das ausgestellte Kleid. »Dieses Kleid wurde entsprechend den historischen Angaben nachgeschneidert. Es entspricht dem was wir als allererste Aufzeichnungen besitzen.«

Maria warf einen Blick auf das Kleid und war sehr beeindruckt, denn schon auf den ersten Blick war die sehr schmale Taille des Kleides sichtbar. Die Trägerin dieses Kleides trug darunter sicher ein strenges Korsett. Unbewußt strich Maria sich mit den Armen so gut es ging an ihrer Seite entlang, um ihr eigenes Korsett spüren zu können.

Renate verwies auf den locker über den Schultern zu tragenden Umhang, der einen Teil des Handschuhs verbarg, den die Trägerin dazu ja tragen mußte.

Maria war fasziniert.

Renate ließ ihr Zeit, das Kleid zu bestaunen, dann ging sie zur nächsten Vitrine. »Dieses Kleid ist ebenfalls eine Besonderheit. Es wurde Anfang des Jahrhunderts getragen und die Darstellerin hat es damals der Stadt gespendet, denn es war nur zum Fest zu tragen.«

Maria war an die nächste Vitrine getreten und sie sah sofort den Grund dafür. Deutlich war zu sehen, dass bei diesem Kleid der Handschuh unter dem Kleid zu tragen war. Die Rückenpartie des Kleides war entsprechend größer gearbeitet, dafür hatte das Kleid weder Ärmel noch Armansätze. Aber auch bei diesem Kleid war Maria durch die deutliche schmale Taille beeindruckt. Sie fragte sich, wie wohl ihr eigenes Kleid ausfallen würde.

In der nächsten etwas kleinere Vitrine wurde es sehr martiialisch, denn hier waren die Ketten ausgestellt, die die Katerina während der Heimkehr von der Schlacht tragen mußte. Maria erschrak, als sie das erste Kettengeschirr erblickte. Es war weniger die Menge an Eisen, die sie so erschrecken ließ als viel mehr ihr Zustand. Sie sahen wirklich alt und rostig aus. An einigen Stellen glaubte sie sogar so etwas wie Blut zu entdecken.

»Früher gab es nur diesen einen Satz von Ketten, den dann jede Katerina tragen mußte, das war früher gewiss nicht einfach.« Renates Stimme ließ ihre Gefühle deutlich werden.

Maria blickte auf die Ketten und eine Gänsehaut kroch ihr langsam über die Arme. Sie zählte vier kleine Metallringe, einen mittleren und einen noch etwas größeren. Gerade als sie sich fragte, wie diese Ketten wohl zu tragen seien, lenkte Renate ihren Blick auf die nächste wieder größere Vitrine, in der eine Schaufensterpuppe das Tragen der Ketten zeigte.

»Diese Ketten hat einer der jüngeren Katerinen dem Museum gespendet«, erklärte Renate. »In der jüngeren Zeit werden die Ketten jedesmal neu angefertigt und die Darstellerinnen dürfen sie als Erinnerung behalten.«

Maria war einigermaßen gefaßt, als sie auf die Figur blickte. Die Puppe trug keine weiteren Kleider, so dass die Ketten voll zur Geltung kamen. Um die Hand- und Fußgelenke trug die Puppe je einen schweren Eisenring. Eine kurze Kette verband jeweils die Arme und Beine miteinander. Von der Verbindungskette zwischen den Händen verlief noch eine Kette zu dem ebenfalls recht dicken Eisenring, den die Puppe um den Hals trug.

»In früheren Jahrhunderten«, so erklärte Renate, »trug die Darstellerin auch noch einen Ring um die Taille, der mit den Händen verbunden war. Aber das wird heute nicht mehr gemacht.«

Maria schmiegte sich fest an Paul an, der hinter sie getreten war und seine Arme um sie geschlungen hatte. Auch er empfand großen Respekt vor dem Anblick der Ketten.

»Morgen«, Marias Stimme stockte etwas, »Morgen habe ich einen Termin beim Schmied.« Ihre Stimme hatte in dem Moment fast etwas weinerliches.

Renate waren diese Gefühle nicht unbekannt. »Du brauchst keine Angst zu haben. Der Kunstschmied Herr Schwerterle ist sehr begabt und geschickt. Die Ketten lassen sich sehr bequem tragen und wirken nur so martialisch. Du kannst uns vertrauen.«

Maria blieb erst einmal sehr skeptisch.

Renate wußte, dass sie Maria jetzt ablenken mußte. Sie bat sie, doch zu der gegenüberliegenden Vitrine zu kommen.

Maria fiel es fast etwas schwer, sich vom Anblick dieser so streng aussehenden Ketten loszureißen.

»Hier siehst Du Fotos aus von den vergangenen Jahren sowie eine Übersicht über die vergangenen Darstellerinnen.«

Maria blickte auf die Fotos und war über die Ablenkung recht dankbar. Sie schaute auf die einzelnen Fotographien und zu ihrer deutlichen Erleichterung blickte sie überall in das eher strahlende Gesicht der jeweiligen Katerina.

Auf einem Bild erkannte sie Kerstin wieder und als Renate auf ein anderes Bild zeigte, erkannte Maria, dass Renate selbst auch einmal die Katerina gespielt hatte. »Du siehst, ich weiß, wovon ich rede«, sagte sie, um Maria etwas zu beruhigen.

Dann zeigte sie ihr noch die kleine Sammlung von Plakaten, die ebenfalls von der Stadt stolz präsentiert wurden.

Der Höhepunkt der Ausstellung war allerdings die letzt Vitrine, denn hier wurden die Handschuhe der Katerinen ausgestellt. Maria suchte mit ihren verpackten Händen die Hände ihres Freundes und ließ sich von ihm zärtlich festhalten. Erst dann wagte sie einen genaueren Blick auf die Vitrine.

Renate ließ Maria einen Moment Zeit, um sich mit dem Anblick vertraut zu machen. Dann wurde sie fast etwas übertrieben sachlich. »Dies sind verschiedene Handschuhe, die von den jeweiligen Katerinen wirklich getragen wurden.« Es war deutlich, daß auch sie von den Handschuhen auch sehr bewegt war. »Man sieht sehr gut, wie der jeweilige Modegeschmack zu der jeweiligen Zeit war.«

Maria suchte mit ihren Händen Halt bei Paul, während sie staunend die einzelnen Handschuhe begutachtete. Zum einen waren die Formen interessant, es gab sehr weite Handschuhe, aber auch Handschuhe, die fast genauso streng waren wie Marias jetziger Handschuh. Genauso war sie aber auch von dem Aussehen der Handschuhe fasziniert, denn es gab sowohl schlichte als auch sehr reich und verspielt verzierte Handschuhe.

Gemeinsam war ihnen allerdings, dass sie stets die Aufgabe hatten, die Arme der mehr oder weniger gelenkigen Trägerin erbarmungslos auf dem Rücken festzuhalten und ihr damit jegliche Armfreiheit zu nehmen.

Sowohl Maria als auch Paul standen in Ehrfurcht vor der Vitrine. Fast unbewußt schmiegte sich Maria an Pauls Körper und genauso ohne ihren Willen streichelte sie seinen Körper, was Paul erwiderte.

Sie blickten sich an und sehr sehr zärtlich näherten sich ihre Lippen.

* * *

Maria beugte sich vor zu ihrem Strohhalm und nahm einen Schluck Kaffee. Dann blickte sie Paul sehr verliebt an und wiederholte diesen Kuß kurz. Andrea sah höflich weg.

* * *

»Mit großen Herzklopfen sind wir dann am nächsten Tag zum Schmied gegangen,« es war Maria noch anzumerken, wie viel Unbehagen sie da gehabt hatte. »Doch dann war es ganz harmlos.« Sie lächelte. »Es war nur die Tochter da, die mir erklärt hat, was sie tun muß.«

Maria beschrieb, was Doris ihr erklärt hatte. »Sie hat mir die Bereiche um meine Hand- und Fußgelenke mit mehreren Lagen Gips umwickelt, der dann nur aushärten mußte. Das war alles.« In der Stimme war die Erleichterung deutlich zu hören.

Andrea wunderte sich etwas.

»Aus den Gipsformen werden dann Abgüssen gemacht, mit denen der Vater von Doris dann die Eisen umschmieden kann. Sie sagte, sie würden das immer so machen.«

Andrea horchte bei diesem Satz auf. Sie fragte sich insgeheim, wer sich wohl sonst noch so in Ketten legen ließ.

»Nächsten Donnerstag soll ich dann zur Anprobe kommen.«

Paul erinnerte sich. »Doris hat uns noch ihre Ketten gezeigt, die der Vater mal für sie angefertigt hatte. Innen sind sie weich gepolstert und haben auch keine scharfen Kanten, an denen die Trägerin sich verletzten könnte.«

Maria erinnerte sich daran, dass das Geschirr von Doris auch einen Ring um die Taille besaß, so wie es früher üblich gewesen war. Sie fragte sich, wie ein Ring um ihre Taille aussehen würde. Ob sich das Geschirr wohl noch ändern ließ?

Andrea beschloß nebenbei, sich einmal genauer bei dem Schmied und seiner Kundschaft umzusehen.
127. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 03.02.14 10:08

Lieber gag_coll

jetzt verwöhnts du uns aber 2 geschichten an einem Tag danke dafür
128. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 03.02.14 13:51

Zitat
jetzt verwöhnts du uns aber 2 geschichten an einem Tag danke dafür


Naja, der erste Teil wasr auch etwas kurz.

Falls es hier Verständnisprobleme mit der Reihenfolge gibt: Die Reporterin Andrea kommt am Freitag zu Maria und läßt sich erzählen, was sich die Woche über ereignet hat. Manchmal (wie zum Beispiel im Museum) gibt es dann einen ausformulierten Rückblick.
129. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 04.02.14 15:07

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Paul erinnerte an den Sprachunterricht. Er griff in seine Hosentasche und nahm einen Korken heraus. Er wischte ihn noch einmal mit der Serviette ab, dann näherte er sich damit Marias Mund.

Andrea blickte verwundert auf seine Hände.

Maria blickte ihn verlegen. »Stimmt, das war ja Mittwoch auch noch. Ich mußte mir so einen doofen Korken in den Mund stecken und dann blöde Sätze aufsagen.« Dann blickte sie belustigt auf den Korken und öffnete ihren Mund. Langsam und zärtlich schob Paul den Korken zwischen Marias Zähne. Sie schloß ihren Mund, bis die Zähne den Korken festhielten.

»Barbara saß nah am Abhang, sprach gar sangbar - zaghaft langsam; Mannhaft kam alsdann am Waldrand Abraham a Sancta Clara.«

Sie mußten lachen und Maria fiel der Korken aus dem Mund.

Paul war sehr aufmerksam und fing ihn auf noch bevor er zu Boden fallen konnte. Er steckte ihn wieder in die Hosentasche und küßte Maria kurz.

»Blöd ist bloß, wenn der Korken rausfällt.« Maria blickte Paul dankbar an. »Dann brauche ich Hilfe.« Sie zuckte süß mit ihren gefangenen Armen.

* * *

»Am Donnerstag war dann wieder eine Tanzprobe.«

Obwohl Andrea es schon an Marias Tonfall erkannte, fragte sie nach. »Ist der Prinz gekommen.«

Marias Blick wurde etwas betrübt. »Nein, Paul mußte wieder einspringen.« Sie blickte ihn dankbar an und versuchte ihn wieder etwas mit ihren Armen zu streicheln.

Andrea versuchte sich zu erinnern. »Und wie kommst Du klar, wenn Du ohne Arme tanzen mußt?«

Marias Augen leuchteten. »Das geht ganz gut, ich denke, die wichtigen Tänze kann ich schon gut.« Auf einmal sprühte der Ehrgeiz aus ihr heraus. »Aber ich will alles mittanzen.«

Paul bekam in diesem Moment fast so etwas wie Angst, als er daran dachte, was Maria sich da so alles vorgenommen hatte. Sie wollte ja auch die Originalhaltung tragen und dann auch noch alles mittanzen? Spätestens jetzt erkannte er, dass er auf dem Fest für Maria wohl rund um die Uhr da sein müßte.

* * *

»Vorher waren wir noch bei der Schneiderin.« Marias Stimme zeigte Begeisterung.

Paul blickte sie warnend an und gab ihr einen leichten Stups in die Seite.

Maria sah ihn dankbar an und berichtete mit scheinbar ruhiger Stimme vom Maßnehmen für das Kleid für die Katerina, welches die Schneiderin anfertigen sollte. Sie war für Pauls Warnung dankbar, denn was sich genau ereignet hatte, durfte keiner erfahren.

Dass Maria auf dem Fest die Originalhaltung »Das Gebet auf dem Rücken« tragen würde, sollte so lange es irgendwie ging geheimgehalten werden. Nur die Schneiderin war eingeweiht, denn sie mußte das Kleid für diese Haltung anfertigen.

Das Maßnehmen war für Maria sehr aufregend, denn sie mußte dafür die Arme zum ersten Mal wirklich in dieser Haltung für ein paar Minuten tragen.

Es war alles gut vorbereitet und Paul und die Schneiderin hatten sich gut abgesprochen, so dass Maria die Arme nicht länger als unbedingt nötig in dieser für sie noch sehr schmerzhaften Haltung tragen mußte.

Obwohl alles so wie vorbereitet klappte, zeigte es Maria dennoch, dass sie noch sehr viel trainieren mußte, um diese Haltung über viele Stunden ertragen zu können.

* * *

Es klingelte. Mrs Potter stand auf und ging langsam zur Tür. Sie blickte dabei auffordernd auf Maria und Paul. »Das wird der Direktor sein. Seid ihr fertig?«

Andrea blickte fast etwas erschrocken zur Uhr. »Oh, es ist schon so spät? Dann muß ich mich verabschieden.« Mit einem Bedauern in ihrem Blick machte sie das Diktiergerät aus und steckte es in ihre Tasche. Dann stand sie auf und verabschiedete sich mit einem Händedruck von Paul. Wieder streckte Maria ihre Hände nach vorn und Andrea ließ es sich nicht nehmen, auch ihr die Hände zu drücken, dann ging sie zur Tür.

Mrs Potter führte gleich danach den Direktor der Sparkasse herein. Es war ein älterer Herr, der irgendwie sehr viel Würde und zugleich auch Ruhe ausstrahlte. Sie stellte ihn als Rudolf Steinhagen vor.

»Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Er war gleich auf Maria zu gegangen und reichte ihr die Hand.

Als Maria sich leicht umdrehte, um ihre verpackten Arme zu zeigen, wurde der Direktor verlegen und entschuldigte sich. Statt dem Händedruck machte er eine Verbeugung. Jetzt war es an Maria, verlegen zu werden.

»Ich muß sagen, dass meine Mitarbeiter noch untertrieben haben.« Seine Stimme klang beeindruckt und ehrlich zugleich. »Sie werden eine tolle Katerina sein.«

Maria wurde rot.

»Kein Grund zur Bescheidenheit.« Er blickte kurz zu Mrs Potter und dann wieder auf Maria. »Ich hatte es schon am Telefon gesagt, ich bin sehr froh, dass sie die Rolle spielen werden und nicht die Comtesse.«

Mrs Potter fing den Blick auf und schien sich ebenfalls an das Telefonat zu erinnern. »Haben sie sich jetzt überzeugt, dass Maria der Rolle gewachsen ist?«

Der Direktor konnte seinen Blick kaum von Marias Armen ablassen. Es war deutlich sichtbar, wie sehr er von Marias Fähigkeiten und ihrer Anmut fasziniert war.

»Darf ich den Handschuh einmal anfassen?« Seine Stimme war etwas heiser. Er räusperte sich.

Maria empfand irgendwie sehr viel Achtung vor dem alten Herrn. Sie trat einen Schritt näher, drehte sich leicht und bot ihm ihre verpackten Arme an.

Fast etwas verträumt strich er vorsichtig über Marias Arme. »Meine Tochter hätte es auch gern spielen wollen, aber das ging leider nicht. Ihre Rückenprobleme habe das nicht zugelassen.« Das Bedauern war in seiner Stimme deutlich zu hören.

»Um so mehr bin ich froh, dass Sie die Rolle spielen werden.« Er blickte noch einmal zu Marias Erzieherin. »Ich war von Anfang an gegen die Comtesse, aber ich wurde überstimmt.«

Er erzählte ein wenig von den Sitzungen, auf denen oft und lange über dieses für den kleinen Ort doch so wichtige Thema verhandelt und gestritten wurde. »Meine Tochter war auch einmal bei den Bewerberinnen für die Rolle, doch sie hat die Erlaubnis des Arztes nicht bekommen.«

Paul und Maria hörten höflich zu.

Mrs Potter erinnerte an die Uhrzeit.

Herr Steinhagen blickte auf die Uhr, dann lächelte er. »Sie haben Recht, wir sollten dann langsam losfahren.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Aber ohne mich fangen die nicht an.«

Alle vier mußten schmunzeln.

* * *

Vor dem Haus wartete eine große schwarze Limousine, neben der ein Chauffeur in schwarzer Uniform stand. Als er den Direktor aus dem Haus kommen sah, ging er zur hinteren Tür und öffnete diese.

Doch zu seinem Erstaunen ging der Direktor selbst zu der Tür und bat Maria einzusteigen. Dann warf er einen Blick auf Paul. »Können Sie ihr beim Anschnallen helfen?«

Paul kam der Bitte liebend gern nach. Er stieg ein und legte seiner Freundin und dann sich selbst den Sicherheitsgurt an. Der Direktor selbst setzte sich vorn neben den Fahrer. Dieser warf einen sehr erstaunten Blick auf seinen Chef, dann fuhr er los.

* * *

»Und wie kommen Sie mit dem Freiherrn von Schleihtal zurecht?« Der Direktor hatte sich zu ihr umgedreht.

Maria mußte erst einen Moment überlegen, bis ihr einfiel das dies ja der Name des Prinzendarstellers war.

»Ich habe ihn erst einmal erlebt.« konnte sie wahrheitsgemäß berichten. Sie erzählte, wie sich der Neffe beim ersten Tanzen aufgeführt hatte.

Herr Steinhagen war erstaunt. »Aber sie sollen doch das Fest zusammen spielen. Haben sie denn bisher nicht dafür üben müssen?«

Maria seufzte leicht. Sie hatte sich zwar vorgenommen, sich nicht über den Neffen zu beschweren, aber der Direktor hatte bei ihr einen Nerv getroffen. Sie erzählte, wie der Neffe sie bei jedem Termin mit irgendwelchen scheinheiligen Ausreden abgespeist hatte.

»Und wie haben Sie dann geübt?« Es war schon einige Empörung in seiner Stimme zu hören.

Maria blickte dankbar auf Paul, dann blickte sie wieder zum Direktor, der die Antwort nach diesem Blick schon kannte. »Paul ist immer eingesprungen.« Sie versuchte, ihn mit ihren Monohandschuh-Armen zu erreichen, aber dazu saßen sie zu weit auseinander.

Paul bemerkte diese Geste. Er streckte seinerseits den Arm aus und ergriff die Hände seiner Freundin.

Mit einer sehr sonoren Stimme sprach der Direktor aus, was Maria sich insgeheim schon lange wünschte: »Sie hätten es lieber, wenn Paul den Prinzen spielen würde?«

Maria fühlte sich in ihren Gedanken ertappt, doch sie versuchte ihre Stimme entschlossen klingen zu lassen. »Ich spiele das Fest mit seinem Neffen, so wurde es vom Baron festgelegt.« Sie hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden.

Der Direktor blickte sie bewundernd an. »Ihr seid tapfer.«

Maria wurde rot.

* * *

Renate Bayer stand vor der Sparkasse bereit, um Maria zu empfangen. Ihre Miene zeigte große Enttäuschung und Frustration und Maria brauchte nicht lange zu überlegen, was es bedeutete.

Paul sprach es aus. »Er kommt nicht?«

Renates Stimme klang bedauernd und verärgert zugleich. »Er hätte einen wichtigen Termin an der Uni, so hat er sich entschuldigen lassen.«

Paul zuckte etwas zusammen, als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte. Der Direktor blickte ihn aufmunternd an. »Ich zähle auf Sie.« Dann ging er voran durch die Tür in die Sparkasse. »Bitte treten sie ein,« sagte er auffordernd.

Es waren einige Reporter und Fotografen anwesend und zum ersten Mal wurde Maria von einem Blitzlichtgewitter empfangen. Sie blickte verunsichert auf Renate. Diese antwortete ihr mit einem ruhigen aber ermutigenden Blick.

Es war ein kleiner Sektempfang vorbereitet, zu dem der Direktor einlud. Doch dann fiel sein Blick auf Maria und er wurde ein wenig verlegen. »Wie machen wir das denn jetzt mit dem Sekt?« Seine Stimme klang deutlich verunsichert.

Doch seit dem Empfang beim Bürgermeister waren Maria und Paul auf diese Probleme vorbereitet und mit sehr viel Würde konnte Maria dem Direktor seine Sorgen nehmen. »Paul wird mir dabei helfen.«

* * *

»Und was mußtet ihr dann alles machen in der Sparkasse?« Oma Selma hatte das Geschirr vom Mittagessen in die Spülmaschine geräumt und setzte sich zusammen mit ihrem Enkel wieder zu Maria an den Tisch.

Paul erzählte von den weiteren gestrigen Ereignissen. Zuerst hatte der Sparkassendirektor eine Rede gehalten, in der er mehrmals betonte, was für eine außergewöhnliche Erscheinung Maria mit dem Katerinenhandschuh doch sei und dass er sich sehr freue, dass sie als Sponsoren das Fest unterstützen dürften. Er bedauerte es öffentlich, dass der Darsteller des Prinzen so völlig unzuverlässig sei und dass er noch einmal mit dem Vorsitzenden des Festes reden werde.

Maria merkte an, dass er dabei sehr deutlich zu Paul hinüber geschaut hatte.

Oma Selma hatte sofort verstanden, was der Chef der Sparkasse vorhatte. Dennoch war sie skeptisch. »Sicher, dass wäre schön für Euch. Aber ob der Baron dass einfach so zuläßt? Immerhin geht es um seinen Neffen.«

Paul mochte diese Diskussion nicht. Er berichtete von den verschiedenen Fotos, die von Maria gemacht wurden. Wieder stupste Maria ihn an. »Du sollst nicht so bescheiden sein. Du durftest auch mit aufs Foto.« Sie beschrieb, wie der Direktor Paul mit auf das Foto holte. Sie dachte laut und ihre Augen leuchteten dabei. »Wenn es nach ihm gehen würde...« Sie sprach nicht weiter, sondern blickte Paul verträumt an.

»Die Fotos waren schon lustig.« Unbewußt lenkte Paul ab. »Maria mit dem Handschuh hinter dem Bankschalter... Und am Schreibtisch sitzend.«

Maria lächelte, dann bekam ihr Blick etwas Verklärtes. »Wir mußten dann noch in eine Vorstandssitzung, die extra wegen uns einberufen worden war. Es ging um die Termine, die ich dann wahrnehmen soll.« Es fiel Maria noch sichtlich schwer, mit ihrer Popularität umzugehen, und dabei lag das Fest noch in weiter Ferne.

Auch Pauls Stimme klang beeindruckt. »Der Direktor hat ein paar sehr harte Worte gesprochen. Er scheint seinen Kollegen so richtig den Kopf gewaschen zu haben.«

»Er hat dann die einzelnen Auftritte erläutert.« Maria zählte sie auf und erwähnte dabei, dass wegen des Aufenthaltes in Amerika einer der Termine sogar verschoben wurde. »Ich bin sogar als Ehrengast auf dem Sparkassenball geladen.« Marias Stimme klang hörbar verwundert. »Aber ich muß dazu das Kleid vom Fest tragen.«

Alle drei am Tisch wußten, was dies wirklich bedeutete.

* * *

Maria blickte auf die Uhr. »Ich muß noch trainieren.« Dabei blickte sie Paul auffordernd an.

Paul wußte, was seine Freundin von ihm erwartete. Er stand auf, nahm sich den Handschuh, der in der letzten Zeit immer in Reichweite war und legte ihn seiner Freundin mit routinierter Geschicklichkeit an.

Oma Selma war insgeheim Stolz auf ihren Enkel, wie gut er sich mit Marias besonderen Anforderungen abgefunden hatte.

Er griff in seine Hosentasche und blickte Maria strahlend an. »Ich habe etwas für Dich und das Sprachtraining gebastelt.«

Er zog einen Korken heraus, durch den eine Schnur gezogen war. Er griff die Schnur links und rechts vom Korken und trat auf seine Freundin zu. »Bitte den Mund aufmachen«, sagte er mit belustigter Strenge.

Maria blickte ihn verblüfft an, dann lächelte sie und kam der Bitte nach.

Oma Selma beobachtete das Schauspiel und auf einmal wußte sie, wie sie ?es? machen würde. Sie hatte schon lange nach einer guten Gelegenheit gesucht, jetzt bot ihr Enkel ihr ohne sein Wissen eine Steilvorlage. Sie räusperte sich, dann blickte sie ihren Paul belustigt an. »Wofür soll das sein?« Die Frage stellte sie, obwohl sie die Antwort schon wußte.

Paul blickte sie mit stolz im Blick an. »Das ist für Marias Sprachtraining.«

Maria blickte ebenfalls zu Pauls Oma und sagte einen ihrer Übungssätze auf. »Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten, wo warmes Wasser wäre.« Sie mußte lachen und zu ihrer Erleichterung blieb der Korken an seiner Stelle.

Doch Pauls Oma nahm ihnen etwas von der Begeisterung. »Das ist süß, aber ich habe da noch irgendwo etwas viel besseres für diesen Zweck.« Sie ahnte, dass sie damit ihren Enkel ein klein wenig enttäuschen würde, aber diesen Preis würde er später gern zahlen, das wußte sie.

Maria war neugierig geworden. Bisher waren alle Sachen von Pauls Oma für sie sehr spannend und aufregend gewesen und so fragte sie sich, was sie wohl noch für sie hätte.

Oma blickte mit große Geste auf die Uhr und dann auf den Kalender an der Wand. »Wir könnten morgen Nachmittag mal auf den Speicher gehen, dort stehen vier Kisten. In einer davon habe ich etwas, was euch sehr helfen könnte.«

Paul war etwas verwundert. Von diesen Kisten wußte er nichts. Aber er mußte sich auch eingestehen, dass er bisher selten auf dem Dachboden gewesen war.

* * *

Herr Weiterer saß auf der Bank vor seinem Haus, als Maria und Paul zum Termin für das Handschuh-Training kamen. Maria hatte sich von Paul ein Tuch über die Schultern legen lassen, um den Handschuh etwas zu verdecken, den er ihr ebenfalls schon angelegt hatte. Mit einer theatralischen Geste zog Paul jetzt das Tuch von Marias Schultern.

»Ihr macht mir eine große Freude.« Der Lehrer war über die Geste sehr gerührt. »Aber warum seid ihr denn gekommen, ihr braucht meinen Unterricht doch wirklich nicht mehr.«

Maria konnte es auch nicht so genau sagen, sie wußte nur, dass sie den alten Herrn nicht enttäuschen wollte. »Ich wollte meine Pflicht tun.«

Herr Weiterer bat Maria, etwas näher zu kommen und sich einmal umzudrehen. »Ich möchte gern einmal einen Blick auf den Handschuh werfen.«

Maria kam dieser Bitte gern nach. Paul war froh, dass er diesmal den Handschuh mit besonders viel Sorgfalt angelegt hatte.

Der alte Herr sah sich den gut sitzenden Handschuh genau an. Ein paar Tränen flossen über seine Wange. Es waren Tränen der Rührung, aber auch der Erleichterung, das sollten die beiden gleich erfahren. Er bat sie, sich auf die Bank neben ihm zu setzen. »Ich hatte große Sorgen, als ich erfuhr, dass ich auch die Comtesse ausbilden sollte.« Doch dann schien er die Gedanken an das Party-Girl wegzuwischen. Er erzählte von früher, wie nervös die Mädchen jedesmal zu ihm gekommen waren und wie stolz sie dann auf dem Fest ihr Können vorgeführt hatten.

Wieder blickte er mit viel Faszination auf Marias Handschuh und stellte auf einmal eine für Maria sehr heikle Frage. »Wie lange trainiert ihr das schon?«

Irgendwie wußte Maria, dass sie diesen Herrn nicht anlügen durfte. »Seit ungefähr drei Jahren.« Ihre Stimme war leise.

Doch der Herr wollte gar nicht weiter bohren. »Ja, so etwas dachte ich mir schon.« Er lächelte wissend. »So ein Können bedarf eines langen Trainings.«

Er blickte Maria an, dann fragte er, ob er den Handschuh einmal anfassen dürfe. Maria war nicht in der Lage, zu antworten. Sie blickte zu ihm und nickte leicht.

Sehr zärtlich strich Herr Weiterer über Marias so streng verpackte Arme. Maria drehte ihren Oberkörper so vom ihm weg, dass sie ihm ihre Arme hinzeigte. Herr Weiterer lobte auch die sehr schön ausgeführte Schürung. Sie sei sehr schön anzusehen.

Nur leise konnte Maria antworten. »Das hat Paul gemacht.«

Paul bekam von Herrn Weiterer einen lobenden Blick. »Du machst das sehr gut, mein Junge.«

Auf einmal wurde die Stimme des alten Herrn nachdenklich. »Ich habe lange darüber nachgedacht, und jetzt bin ich sicher, dass es richtig ist.«

Das Paar war etwas ratlos, denn sie wußten nicht, was Herr Weiterer meinte.

Mit viel Mühe stand er auf und ging mit langsamen Schritten ins Haus.

Paul und Maria blickten sich kurz an. Sie waren beide von diesem Augeblick gefangen. Sie schwiegen.

Der Herr kam zurück und hielt ein Lederbündel in den Händen. Er setzte sich wieder neben Maria und breitete das Lederbündel auf seinen Knien aus. »Das ist der Handschuh meiner Tochter. Ich möchte ihn euch schenken.«

Maria war sprachlos. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.

»Sie hat ihn damals zu Weihnachten bekommen, hat ihn aber leider nie tragen können.« Es war viel Wehmut in seiner Stimme. »Es gab sehr viel Probleme mit ihrem Rücken.«

Er legte den Handschuh demonstrativ auf Marias Schoß. »Bei euch weiß ich ihn in guten Händen. Ihr wisst ihn zu würdigen.« Er wischte sich seine Tränen weg, dann blickte er zu Paul. »Du kannst sehr stolz sein auf deine Frau.«

Paul brachte nicht den Mut auf, ihm zu widersprechen. Zu groß war die Achtung vor diesem Mann und dem besonderen Moment.

In der Ferne schlug eine Kirchenglocke. »Ihr habt heute bestimmt noch einen Termin. Ich möchte euch nicht länger aufhalten.«

Beiden nahmen dies als Signal, um aufzustehen. Paul reichte dem Herrn die Hand zum Abschied, während Maria einen feierlichen Knicks probierte.

Herr Weiterer blickte sie anerkennend an. »Ihr wisst, wie es sich gehört. Ich bin stolz, Euch geholfen zu haben.«

Paul legte seinen Arm um Marias Schulter und zog sie an sich heran. Dann gingen sie langsam zum kleinen Gartentor. Maria schob ihren verpackten Armen so weit zur Seite, dass sie Pauls Rücken berühren konnte. Schweigend gingen sie zurück.

Erst später fiel ihm ein, dass er eigentlich Marias Handschuh hatte zudecken wollen, aber in diesem Moment war ihnen beiden nicht wichtig, dass jeder Marias Handschuh so offen sehen konnte. Zu sehr waren beide noch von der Ausstrahlung des alten Herrn beeindruckt.
130. RE: Maria

geschrieben von Novizin Bea am 04.02.14 15:56

Und wieder eine tolle Fortsetzung ich hoffe das Paul als Prinz auftreten darf und das die beiden auf dem Fest wirklich heiraten
131. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 05.02.14 06:53

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Vier
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter stand wie üblich schon an der Haustür, als das Paar langsam den Kiesweg entlang schritt. Die Erzieherin kannte Maria lange genug, um sofort zu erkennen, dass sie der Besuch bei dem Monohandschuh-Lehrer wohl sehr beeindruckt hatte. Sie bat die beiden wortlos ins Haus, dann wandte sie sich an Paul. »Deine Oma hat ein paar Sachen für Dich vorbei gebracht.« Sie zeigte auf die kleine Sporttasche.

Paul war etwas verwirrt.

»Maria hat bestimmt nichts dagegen, wenn Du ihr noch einmal bei ihrer »schönen« Nacht hilfst.« Sie lächelte ermutigend, trotzdem zuckte Paul bei Erwähnen dieses Wortes leicht zusammen.

Maria blickte ihn verliebt an. »Oh ja, bitte bleib da.«

Paul sah Marias Blick und wußte, dass er alles für sie tun würde. Er nickte leicht.

Es war selbst für Marias Verhältnisse noch viel zu früh, um schon ins Bett zu gehen, dennoch bestand die Erzieherin darauf, in Marias Zimmer zu gehen.

Paul war erstaunt, denn der Tisch mit den Sachen für die schöne Nacht war noch leer und er erkannte, dass es Maria genauso ging.

Mrs. Potter löste ihr kleines Rätsel auf. »Die Prinzessin darf sich heute einmal selbst aussuchen, wie sie die Nacht verbringen möchte und der Prinz«, sie blickte Paul ermutigend an, »wird ihr dabei helfen.«

Paul war im ersten Moment ziemlich verwirrt, doch dann erinnerte er sich an das Prinzessinnenspiel. Er blickte zu Mrs. Potter und sah, dass diese auffordernd zwischen ihm und Marias Handschuh hin und her blickte. Er mußte sich erst räuspern, dann konnte er seine Frage formulieren. »Die Prinzessin möchte jetzt sicher ihren Handschuh ausziehen?«

Maria blickte ihn sowohl verblüfft als auch sehr erfreut an. »Oh ja, mein Prinz, das wäre jetzt mein Wunsch.«

Übertrieben theatralisch begann Paul die Riemen des Handschuhs zu lösen, dann öffnete er die Schürung des Handschuhs und zog ihn langsam an Marias Armen herunter.

Maria schien die Aussicht, einmal selbst über ihre Nacht bestimmen zu können, sehr zu freuen, denn sie trat sofort an den Kleiderschrank und öffnete ihn. Sehr zielstrebig griff sie hinein und zog etwas heraus. Sie zeigte es Paul und ihrer Erzieherin. Diese warf einen kurzen Blick darauf und nickte wohlwollend. »Das leichte Nachtkorsett.«

Maria legte es auf den Tisch und strich zärtlich darüber. »Das habe ich schon lange nicht mehr getragen.«

Paul war ebenfalls an den Schrank getreten und hatte sich fast unbewußt eines der Halskorsetts gegriffen. Dass er eines der strengeren Sorte erwischt hatte, wußte er nicht.

Maria sah, was er in der Hand hatte und ihre Augen begannen zu leuchten. »Das habt ihr für Eure Prinzessin ausgewählt, mein Prinz?« Sie blickte ihn sehr verliebt an.

Paul reagierte blitzschnell und sehr mutig. »Ich dachte, dass der Prinzessin eine ruhige Nacht sehr gut tun wird.«

»Aber ob meine Hofdame damit einverstanden ist?« An dieser Stelle schimmerte Marias doch ziemlich strenge Erziehung durch.

Paul fragte sich, ob Mrs. Potter überhaupt bereit war, ihn in diesem doch sehr intimen Spiel zu tolerieren. Doch zu seiner Erleichterung ging sie bereitwillig darauf ein. »Der Prinz hat Geschmack, meine Prinzessin.«

Fast wäre Paul der Blick entgangen, doch er sah, wie die Erzieherin ihren Blick kurz zwischen Maria und ihrem Nachtschränkchen wechseln ließ. Er erkannte erst an Marias Reaktion, dass dieser Blick in Wirklichkeit eine Aufforderung oder zumindest eine Ermunterung war.

Maria schluckte erst, doch dann bekam ihr Blick auf einmal etwas Verträumtes, denn als nächstes fiel der Blick der Erzieherin auf Paul.

Maria schien die Botschaft verstanden zu haben. Sie ging zu ihrem Nachtschrank, zog die Schublade auf und nahm ein kleines Kästchen heraus. Paul erkannte es. Er wußte, dass Maria darin ihren Mundschutz aufbewahrte, der sie gleichzeitig zum Schweigen zwingen würde. Sie stellte das Kästchen ebenfalls auf Tisch.

Jetzt war Mrs Potter zum Schrank gegangen und hatte ein großes Bündel herausgenommen. Auch sie hatte ein Interesse daran, dass die Nacht heute nicht ganz so streng ausfiel wie sonst. »Dazu würde doch gut der schwarze Schlafsack passen?« Sie blickte auf Maria und als diese interessiert nickte, legte die Erzieherin den Schlafsack auf das Bett. Doch dann blickte sie auf die Uhr.

»Doch nun laßt uns erst einmal zu Abend essen.« Mrs Potter bat mit einer theatralischen Geste ins Speisezimmer, wo sie schon alles vorbereitet hatte.

Während des Essens erzählten Maria und Paul von dem sehr bewegenden Besuch bei Herrn Weiterer und dem Handschuh seiner Tochter, den Paul den Weg zurück in seiner Hand gehalten hatte.

Irgendwie macht auch Mrs Potter einen ziemlich erleichterten Eindruck, als die Sprache auf den Ausfall von der Comtesse kam.

Es war fast eine Stunde vergangen, als Marias Erzieherin an die schöne Nacht erinnerte und Maria zum Umziehen schickte.

Maria stand auf und verließ das Zimmer.


Mrs Potter blieb sitzen und blickte mit einem fast sorgenvollen Blick auf Paul.

Paul entdeckte diesen auf sich gerichteten Blick und wurde etwas unsicher.

»Paul, ich weiß, dass Du Maria liebst und alles für sie tun würdest.« Ihre Stimme klang bedeutungsvoll. »Doch bei allem, was das Fest betrifft, habe bitte ein Gefühl dafür, wann Maria sich zuviel vornimmt. Du mußt sie dann bremsen und sie gegebenenfalls in die Schranken weisen.«

Paul mußte schlucken.

»Es ist wichtig für Marias Gesundheit. Ich kenne ihren Ehrgeiz, aber es gibt Punkte, wo sie ein deutliches Nein braucht, auch wenn es von Dir kommt.«

Pauls Gedanken überschlugen sich. Doch zu einer Antwort war er nicht fähig.

»Ich weiß, es wird nicht einfach für Dich werden, aber bitte bitte habe immer Marias Gesundheit im Auge.

Paul brachte immerhin ein Nicken zustande.

»Du wirst auf dem Fest die ganze Zeit an ihrer Seite sein. Sei mutig genug, sie zu bremsen, wenn Du das Gefühl hast, dass es für sie zuviel wird.«

´Maria braucht eine starke führende Hand´ dachte sie noch dazu, aber das wagte sie nicht auszusprechen. Aber es würde sicher die Zeit kommen, an dem Paul diese Worte nicht nur hören und verstehen, sondern auch umsetzen würde.

»Die Prinzessin wird gleich fertig sein.« Sie blickte ihn verschmitzt an. »Der Prinz könnte schon einmal den Schlafsack vorbereiten.« Sie stand auf und blickte durch die Tür zu Marias Zimmer.

Paul brauchte erst einen Moment, bis er erkannte, dass er gemeint war. Dann stand er ebenfalls auf und ging mit etwas Kribbeln im Bauch zu Marias Zimmer. Die Erzieherin folgte ihm.

Maria war noch nicht im Zimmer, stattdessen lag auf dem Bett ein schwarzes Bündel.

Paul öffnete die beiden darum geschlungenen Riemen und rollte es auseinander. Auf den zweiten Blick sah er, dass der Schlafsack falsch herum lag. Er drehte ihn so, dass der Kopfteil auch auf Marias Kopfkissen zu liegen kam.

»Du kannst ihn schon einmal aufmachen, dann geht es nachher schneller.« Die Stimme der Erzieherin war ungewöhnlich leise.

Der Reißverschluß ließ sich ganz bis zum Fußende öffnen. Paul schlug den Schlafsackauf und sah, dass er innen anscheinend gut ausgepolstert war. Er faste auf das sehr weich aussehende Innenfutter und er fand seine Vermutung bestätigt, der Sack war von innen sehr weich und bestimmt sehr bequem.

Nur eine Stelle längs am Körper entlang irritierte ihn, denn diese war fast doppelt so dick wie an den anderen Stellen. Paul versuchte sich vorzustellen, wie Maria darin liegen würde und er kam zu dem Schluß, dass sie an dieser Stelle ihre Arme längs am Körper haben würde. Er fragte sich, ob das Ärmel wären und blickte unbewußt Mrs Potter fragend an.

Diese trat auf ihn zu und zeigte ihm stumm die Öffnungen der Ärmel. In diesem Moment verstanden sie sich ohne Worte. Hier würde Maria ihre Arme hinein stecken. Paul konnte nur ahnen, wie wenig Freiraum ihr dann noch bleiben würde. Er war von der baldigen Hilflosigkeit seiner Freundin sehr fasziniert. Die inneren Ärmel waren jetzt deutlich zu sehen und Paul überkam eine Gänseheaut bei dem Gedanken, das seine Freundin gleich ihre Arme darin gefangen nehmen lassen würde.

Er fasste sie kurz ran und vergewisserte sich, die Ärmel waren auf der ganzen Länge längs an der Seite befestigt. Maria würde ihre Arme nicht mehr bewegen können, wenn er einmal den Schlafsack geschlossen hatte. Nachdenklich strich er über das weiche und doch so unerbittliche Leder.

Er war so sehr in Gedanken, dass er gar nicht mitbekam, wie Maria in den Raum kam. Erst durch ein »Die Prinzessn ist bereit« wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Er erhob sich langsam vom Bett und drehte sich zu Maria hin, die sich schon von Mrs. Potter langsam das Nachtkorsett anlegen ließ.

Als er sah, das Maria ein wenig wankte, trat er auf sie zu und hielt sie an der Schulter fest, während die Erzieherin schon damit beschäftigt war, die Schnürung zu schließen.

Pauls zweite Hand strich neugierig über den von Leder bedeckten Körper seiner Freundin und er erschauderte, als er spürte, wie unnachgiebig das Leder doch war. In Gedanken fragte er sich, wie wohl erst das strenge Nachtkorsett aussehen würde, wenn diese nur das leichte sei. Doch dann erinnerte er sich an die letzten Wochen und er wußte es. Und das mußte er sich eingestehen, dies war wirklich die leichtere Fassung.

Marias Blick ging erst zu Paul und dann auf das kleine Kästchen auf dem Nachttisch. Paul nahm es sich und schon fast routiniert legte er seiner Freundin das seltsame Gerät an, welches sie zum Schweigen verurteilte.

»Das Halskorsett möchte Euch sicher der Prinz selbst anlegen.« Mit diesen Worten reichte Mrs. Potter Paul das für seine Größe erstaunlich schwere Halskorsett. Es schien zudem, als gehörten die beiden Korsetts zusammen, denn nachdem Paul es seiner Freundin um den Hals gelegt hatte, erkannte er, dass die Muster auf dem großen Korsett in dem Halskorsett fortgesetzt wurde. Außerdem paßte es sich nahezu nahtlos an das große Korsett an, so das von Marias weißem Catsuit wieder nur ganz wenig zwischen den beiden Teilen hindurchschimmerte. Er trat hinter Maria, um das Halskorsett zu schließen und fast kam es ihm vor, als würde Maria dabei leise stöhnen.

»Der Prinz möchte Euch dann zu Bett bringen.« Es war der Stimme er Erzieherin anzumerken, dass auch sie von der geheimnisvollen Spannung des Augenblicks gefangen war.

Maria ließ sich von Paul ans Bett Führen, dann legt sie sich mit erstaunlicher Behendigkeit auf den vollständig aufgeschlagenen Schlafsack und blickte Paul verliebt an, soweit es ihre nicht mehr vorhandene Kopffreiheit erlaubte.

»Hilft der Prinz, den Platz für die Arme zu finden?« Auch die Stimme von Mrs. Potter war in diesem Augenblick etwas leiser.

Paul mußte erst schlucken, dann trat er ans Bett und ergriff zärtlich Marias Arm, den sie ihm entgegen hielt. Er führte Marias Hand zu der Öffnung des Ärmels, dann half er ihr dabei, den Arm in voller Länge hineinzuführen. Er ging um das Bett herum, dann wiederholte sich das Spiel mit dem anderen Arm. Marias immer größer werdende Hilflosigkeit faszinierte ihn zusehends.

»Die Prinzessin möchte bestimmt auch zugedeckt werden.« Die Stimme der Erzieherin klang in diesem Moment fast liebevoll, auch wenn Paul dies so gut wie nicht bemerkte. Er blickte etwas ratlos auf den noch offenen Schlafsack, dann erst erkannte er, wie er es machen mußte.

Er trat an das Bett heran und klappte die beide Teile des Schlafsacks über Marias unbeweglichen Körper. Er ergriff den Anfasser des Reißverschlusses und zog ihn langsam nach oben, um seine Freundin in dem Schlafsack einzuschließen. Er glaubte ein leises Stöhnen von ihr zu hören.

* * *

Oma Selma hatte sich gefreut, als Paul und Maria ihrer Einladung gefolgt waren und nach der Kirche zu ihr zum Mittagessen gekommen waren. Natürlich hatte sie auch ihre frühere Freundin eingeladen, aber diese gab vor, schon einen anderen Termin zu haben. In Wirklichkeit war es ein gut vorbereiteter Plan von Pauls Oma, den sie mit Marias Erzieherin im Detail abgestimmt hatte.

Der Mittagstisch war schon leergeräumt und Paul hatte gerade Marias umgearbeitete Trainingsjacke in der Hand. Marias Augen leuchteten, als Selma sie unterbrach. »Wartet bitte noch einen Moment, wir müssen vorher noch etwas tun.«

Paul und Maria blickten beide neugierig auf.

»Ich hatte doch von meiner Zeit beim Grafen gesprochen.« Ihre Stimme bekam etwas Sentimentales. »Ich habe da noch ein paar Kisten auf dem Dachboden, die wir herunter holen wollen. Es sind Sachen, die die Grafentöchter damals ausgemustert haben und die weggeworfen werden sollten.« Ihr Blick hatte etwas Verträumtes. »Und Erinnerungen an ´ihn´ sind glaube ich auch darin.«

Paul sah seine Oma erstaunt an.
132. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 05.02.14 08:03

Es ist wieder eine schöne Fortsetzung.
Ich bin gespannt was noch so passieren wird.
133. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 06.02.14 06:52

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Teil Fünf
Autor: Karl Kollar

Ein großes Dankeschön an meine beiden Co-Autorinnen Lia und Redcat

Es waren zwei große und zwei kleine Kisten, die sie vom Dachboden herunter holten. Paul und seine Oma trugen jeweils eine der großen, während Maria eine der kleinen Kisten trug. Sie brachten die Kisten ins Wohnzimmer und nachdem Paul den Tisch weggeschoben hatte, stellten sie die Kisten vor die Couch-Garnitur und nahmen Platz.

Oma Selma blickte noch einmal voller Anspannung auf die vier Kisten und sie hoffte innig, dass ihr Gedächtnis sie nicht im Stich ließ. Sie wußte natürlich, was in welcher Kiste war, aber sie wollte Maria und ihrem Enkel die Sachen in einer gewissen Reihenfolge präsentieren. Sie öffnete den Deckel einer der großen Kisten und war ohne es sich anmerken zu lassen erleichtert, als sie den Inhalt erblickte. Diese Kiste wollte sie zuerst zeigen.

Oben auf lag eine Reitgerte. Unauffällig blickte sie in die Gesichter des verliebten Paares und bekam die Reaktion, die sie haben wollte. Sowohl Maria als auch Paul erschraken etwas. Sie wollte sie etwas über die Gerte nachdenken lassen, darum erinnerte sie Maria an ihr tägliches Training und reichte Paul die umgearbeitete Zwangsjacke. Marias Augen wanderten zwischen der Jacke und der Gerte hin und her. Es war ihr deutlich anzumerken, dass sie ein wenig Angst zu haben schien.

Selma war zufrieden, ihr erstes Ziel war erreicht. Maria sah die drohende Gerte und sollte sich gleichzeitig durch die strenge Jacke in die ihr wohlbekannte Hilflosigkeit ausliefern.

Maria kämpfte mit sich. Ihr Blick wechselte zwischen allen hin und her. Schließlich blieb ihr Blick auf Paul liegen.

Paul schien Marias Gedanken erkannt zu haben. Er blickte ebenfalls auf die Gerte und auf die Jacke. Schließlich hatte er sich entschieden. Er hielt Maria die Jacke auffordernd hin und blickte sie dabei beruhigend an. Er ließ seinen Blick zur Gerte wechseln, so dass Maria ihn verfolgen konnte, dann blickte er wieder auf Maria und schüttelte leicht den Kopf. Dabei blickte er Maria zuversichtlich an.

Maria zögerte sehr, doch schließlich stand sie auf und hielt ihre Arme vor dem Körper ausgestreckt. Ihr Blick hatte fast etwas Ttrotziges.

Selma war zufrieden, denn die erste Prüfung hatte Maria sehr gut bestanden. Sie hatte sich ausgeliefert, obwohl sie wußte, dass sie sich gegen die Gerte dann nicht mehr erwehren konnte. Es würde ihr beim Fest sehr viel helfen.

Sie mußte ihren Enkel nicht ermahnen, er wußte selbst, wie streng Maria ihre Arme in der Trainingshaltung schon tragen durfte. Sie bat die beiden, sich wieder auf das Sofa zu setzen.

Sie setzte sich dazu und ergriff die Gerte, die als einziges offen oben auf der Kiste lag. Sie nahm sie in die Hand und strich nahezu zärtlich darüber. Ihre Augen wurden weich und rührselig und mit leiser Stimme begann sie zu erzählen.

* * *

Sie war als junge Erzieherin auf das Anwesen gekommen. Der Graf und die Gräfin waren freundlich zu ihr gewesen, aber sie hatten eine große Familie, und so war sie mit den vielen Kindern des Grafen sehr beschäftigt.

Auf eine besondere Unterstützung des Grafen konnte sie sich nicht verlassen, sie brauchte alle ihre Kräfte, um die Kinder mit der richtigen Mischung aus Güte und Konsequenz zu erziehen. Das machte sie in ihren jungen Jahren schon hart.

Doch manchmal, wenn die Gören am Abend endlich Ruhe gegeben hatten, dann ging sie gern zu den Schlehenbüschen am Acker. Dort setzte sie sich auf die kleine verwitterte Mauer und gab sich ihren Gedanken hin.

Von weiter hinten hörte sie das Wiehern der Pferde und das Klirren ihrer Geschirre, wenn sie sich aufbäumten. Mit leiser Sehnsucht schweiften ihre Gedanken dann zu dem neuen Stallmeister, ein gerader aufrechter Mann mit klaren strengen, aber nicht kalten Augen. Ein leiser Schauer der Lust durchlief dabei ihren jungen noch jungfräulichen Körper.

Sie hatte ihn heimlich beobachtet, wie er mit den jungen noch wilden Pferden umging, streng aber kontrolliert hantierte er dabei mit der Gerte. Wenn er es mit einem besonderen Wildfang zu tun hatte, dann band er ihn einfach nur an und ließ ihn sich austoben. Der scharfe würzige Geruch des Stalls mischte sich dann mit dem Geruch seines Schweißes, denn er musste die Trense gut festhalten.

Fasziniert hatte sie dabei zugesehen, wie sich seine Muskeln spannten. Nie hätte sie gedacht, dass er diesen Kampf gewinnen könnte. Und doch ließ sich noch jedes Pferd von ihm nach einem solchen Kampf gefügig in den Stall führen und satteln. Dann ritt er es noch einmal, jedoch nur ganz kurz, und ließ ihm nach überstandener Prozedur besonders viel Pflege zukommen. Bei diesen Gedanken fühlte sie sich sehnsüchtig angezogen.

´Pffht´, ein Pfeifen ging durch die Luft und ein brennender Schmerz bemächtigte sich ihres linken Oberschenkels. Sie schnellte hoch. Doch noch bevor sie begriffen hatte, woher das Brennen auf einmal kam, drückte er sie auf die Mauer zurück und herrschte sie an. »Was träumst du hier herum, noch dazu mit so liederlich nach oben gezogenem Rock? Ist es das, was deine Schützlinge von Dir lernen sollen?«

Sie war sprachlos und kämpfte um eine Antwort.

»Ich habe Dich schon neulich beobachtet, als Du Dich im Stall herumgedrückt hast. Du bekommst Dein Brot nicht für diesen Müßiggang.«

»Aber es ist doch alles an Arbeit erledigt«, begann sie zu stammeln.

»Bring Dich in Ordnung, der Graf ist heimgekommen und er schickt nach Dir«, gab er herrisch zurück.

Ohne Widerspruch stand sie auf und machte sich auf Richtung Haus. Brennend spürte sie seinen Blick im Rücken und jetzt fiel ihr ein, woher der Schmerz gekommen war. Er hatte sie ohne Vorwarnung mit der Gerte geschlagen. Wut stieg in ihr auf. Sie war nicht irgendeine Dirne auf diesem Gehöft. Sie war hier Erzieherin, das untergrub ihre Autorität, das konnte sie sich nicht bieten lassen. Sie schnellte herum und wollte ihm wütende Worte entgegenwerfen.

Aber er stand ganz dicht hinter ihr und hielt ihren noch im Drehen begriffenen Körper mit festem, aber nicht schmerzhaftem Griff fest. »Na mach schon«, sagte er fast zärtlich, »der Graf ist heut nicht in gnädiger Stimmung. Ich warte dann im Stall auf Dich.«

Er sah ihr nach, wie sie mit festem Schritt dem Anwesen entgegen ging. ´Ein Rückgrat wie es mancher Mann nicht hat, obwohl sie eher zierlich ist´, musste er dabei unwillkürlich denken. Früh war ihr große Verantwortung gegeben worden und er sah wohl, dass sie drohte, vorzeitig zu verblühen.

Er hatte ihre Wut förmlich riechen können, wie sie sich aufgebäumt hatte. Sollte er diese Blume pflücken bevor sie ungepflückt verblühte?

* * *

Oma Selma strich noch einmal zärtlich über die Gerte, dann legte sie sie auf den Boden.

Maria blickte sie fast atemlos an. Paul war ebenfalls sichtlich fasziniert. Er mußte sich erst räuspern. »Und bist Du dann noch in den Stall gegangen.«

Die Antwort von seiner Oma war geheimnisvoll. »Nicht an jenem Abend.«

Sie griff zur Kiste und nahm ein graues Stoffbündel zur Hand. Sie schlug es auf und eine beige Reithose kam zum Vorschein. »Das hier habe ich auch als Erinnerung an ihn behalten dürfen.« Sie reichte Paul die Hose und nahm sich das nächste Paket. Sie wickelte es ebenfalls aus. Maria erkannte es als eine Bluse.

»Diese Sachen habe ich getragen, wenn ich mit dem Rittmeister ausreiten durfte. Darauf hat er stets bestanden.«

Paul und Maria hörten aufmerksam zu.

»Es war die einzige Gelegenheit, wo ich Hosen tragen durfte. Auch wenn die Hose noch ein paar Besonderheiten hatte.«

Der Rittmeister hatte ein paar Veränderungen einarbeiten lassen und von der Schneiderin wußte sie, dass er für jede seiner weiblichen Begleitungen darauf bestand.

Im Schritt war eine kleine Erhöhung eingearbeitet, nicht so groß, um in sie einzudringen, aber noch dick genug, um sie ständig an ihrer empfindsamsten Stelle zu spüren, besonders wenn sie damit im Sattel saß und ihr Gewicht auf den Sattel drückte.

Die Beine waren sehr eng geschnitten und machten das Gehen mit weiten Schritten kaum möglich. Zudem waren an der Aussenseite noch Ösen angebracht, mit denen die Trägerin am Sattel befestigt wurde. So fest ans Pferd gezurrt, mußte sie damals lange Ausritte mit ihrem Herrn machen.

Die langsamen Trittfolgen waren nicht weiter schlimm, sie merkte zwar die Enge in ihr und ihre genommene Beinfreiheit ließ sie nur wenig korrigieren, doch wenn ihr Herr in den Trab oder glatt in den Galopp ging, fiel es ihr schwer, nicht den Bewegungen in ihrem Inneren nachzugeben. So kamen esn gerade in diesem Gallop immer wieder einmal zu einem leichten Aufschreien, was Teils des Schmerzes teils der Lust zu verdanken war.

Unter dem großen Lindenbaum, der tief im Wald auf einer lichtdurchfluteten Lichtung stand, machten sie oft Rast. Der Weg dorthin war aber teils sehr schwer zu bewältigen. Es ging teilweise über Stock und Stein und das Pferd musste ein paar mal über gefallene Baumstämme springen. Ihr bangte jedesmal davor, denn das waren die Momente wo sie unsanft wieder in den Sattel zurück gezogen wurde.

Wenn sie endlich an der alten Linde angekommen waren, dann stieg ihr Begleiter ab, ging zu ihr und ihrem Pferd und erfreute sich lächelnd an den Strapazen, die ihrem Gesiicht anzusehen waren.

Er band erst das Perd an einen Ast und löste dann die ledernen Stricke, die ihre Hose mit dem Sattel und dem Geschirr des Pferdes verbanden. Sie hatte gelernt zu warten, bis ihr das Absteigen erlaubt wurde und wusste, dass sie nur, wenn sie weiterhin still sitzen würde, dies auch erlaubt bekam.

Der Schweiß tropfte von ihrer Nase und ihr Atem beruhigt sich nur langsam. Das enge Korsett machte ihr nicht nur beim Reiten, sondern auch beim Atmen schwer zu schaffen. Nur wenn sie ruhig atmete, bekam sie gut Luft.

* * *

»Und was hat er auf der Lichtung dann mit Dir gemacht?« Paul nutzte die Pause, die Oma Selma machte.

»Jetzt lass mich erst mal einen Schluck trinken«, Sie stand auf und ging in Richtung Küche. In Wirklichkeit bezweckte sie aber, dass Paul und Maria sich etwas mit den Sachen auf ihrem Schoß beschäftigen sollten.

Maria blickte sehr fasziniert auf die Hose und die Bluse, die vor ihr auf dem Schoß lagen. Sie blickte auf die Ösen, die entlang des Beines deutlich zu sehen waren. »Schau, da wurde sie festgebunden.«

Paul begriff erst langsam, dass Maria sich auf der einen Seite für die Hose auf ihrem Schoß interessierte, auf der anderen Seite aber nichts anfassen konnte, weil sie ihre Arme auf dem Rücken in ihrer Trainingshaltung trug. Er blickte erst Maria an, dann auf die Hose, dann nahm er sie in die Hände, so dass Maria sie genauer betrachten konnte.

Auch für Maria war es ungewohnt. Auf der einen Seite war da ihre Neugier und Faszination gegenüber dieser besonderen Hose, auf der anderen Seite konnte sie selbst aber überhaupt nichts machen, da ihre Hände wie so oft auf dem Rücken festgehalten wurden.

Paul begriff, dass er seine Hände für Maria handeln lassen mußte. So drehte er die Hose langsam hin und her, so dass Maria sich die Details ansehen konnte.

Er wollte sie schon wieder auf den Schoß legen, als ihm die besonders dicke Stelle im Schritt auffiel. Von einer bislang unbekannten Faszination getrieben klappte er das Hosenoberteil auf, um sich und seiner Freundin einen Blick auf das Innere der Hose zu erlauben.

Er wurde rot, als er erkannte, was die dicke Stelle bei der Trägerin bewirken würde, doch zu seiner Überraschung reagierte Maria recht cool auf den Anblick. »Das ist eine gemeine Hose, so etwas kenne ich.« Im Gegensatz zu ihrem Freund wurde sie dabei nicht rot. »So was muß ich gelegentlich auch tragen.« Paul wurde nervös. »Zeig mir mal die Bluse.«

Er war erleichtert, diese gewiss sehr beeindruckende Hose beiseite legen zu können. Er ergriff die Bluse und hielt sie hoch. Es war ein leichter, fast dünner Stoff und sie hätte einen sehr zarten Eindruck gemacht, wenn da nicht überall die Dreifachnähte gewesen wären, die den beiden sofort auffielen. Maria sprach es aus. »Das ist Spezialseide, sehr zart und doch auch sehr robust, nicht zu zerreißen.«

Paul bekam eine Gänsehaut, denn irgendwie ahnte er, dass seine Freundin von praktischen Erfahrungen sprach.

Maria erkannte die weiteren besonderen Details der Jacke sofort. Sie lenkte Pauls Aufmerksamkeit auf die langen Bänder am Ende der Ärmel sowie auf die vielen Schlaufen rings um die Taille. Auch oben auf der Schulter gab es etwas kürzere Bänder.

* * *

Oma Selma kam mit einem Tablett zurück, auf dem sich drei Gläser und eine Karaffe Wasser befanden. In einem Glas steckte ein Strohhalm. Sie blickte ebenfall auf die Bluse und überlegte, wie viel von ihren Erinnerungen sie wohl an das Paar weiter geben konnte. Alles würde sie ihnen sicher nicht erzählen. Ganz sicher nicht von den veränderten Heimritten.

Es war stets der gleiche Ablauf gewesen. Er hatte immer einen Picknickkorb dabei, der gut gefüllt war. Er stellte den Korb neben ihren Platz auf einen Baumstumpf, dann erst ließ er sie vom Pferd absteigen. Sofort wurden ihre Beine oberhalb der Knie von ihm zusammengebunden, so dass sie nur kleine Schritte machen konnte.

Sie schämte sich schon lange nicht mehr für den Anblick, den sie bot. Ihre Brüste waren durch den dünnen Stoff der Bluse gut zu sehen und obwohl die Bluse bis zum engen Kragen geschlossen war, bewirkte ihr erhitzter Körper, dass die Bluse an ihrer Haut klebte und nichts mehr verbarg. Dabei hätte es ohnehin nur noch wenige Knöpfe gebraucht und die Bluse wäre offen gewesen.

Doch er öffnete die Bluse stets nur zu einem ganz bestimmten Zweck. Noch heute biß sie sich auf die Lippen, wenn sie daran dachte. Sie konnte es auch nie verhindern, selbst wenn sie es sich getraut hätte, denn er hatte stets die Bänder am Ende des Ärmels mit den Bändern auf der Schulter verbunden, so dass ihre Hand gezwungenermaßen auf ihrer jeweiligen Schulter zu liegen kam und sie damit ihre Arme nicht mehr nutzen konnte.

Das Licht fiel durch die Baumspitzen auf die Decke und tauchte ihren Körper in ein Spiel aus Licht und Schatten, die Lindenblüten wurden vom leichten Wind durch die Luft getragen und es duftete nach frischem Gras, sowie den Blüten, die der Baum trug. Ein leises Zwitschern begleitete den Zauber, den dieser Ort ausstrahlte.

Wie üblich machte er ihr nur eine Hand frei, dann befahl er ihr, das Picknick zu decken, da er essen wolle. Sie wußte, dass es ein Vergnügen für ihn war, wenn sie sich so abmühte. Und dabei war es mit der Hose und dem Korsett schon schwierig genug.

Wenn sie endlich mit dem Bereiten des Picknicks fertig war, legte sie mittlerweile schon von sich aus ihren noch freien Arm auf den Rückenihre noch frei eHand auf ihre Schulter, denn sie wußte, dass er ihn sie dort festbinden würde.

Er öffnete den Wein und drückte ihr dann die geöffnete Flasche in die Hand, die auf dem Rücken der Schulter festgebunden war. Zu Anfang war sie noch bemüht, sehr vorsichtig einzuschenken, doch sie erkannte bald, dass er nur einen Grund suchte, um sie auf dem Rückweg vom Picknick zu »bestrafen«. So machte sie sich nicht mehr so viel Mühe und es tropfte oft roter Wein auf das weiße Tuch.

Beide nahmen es stets wortlos zur Kenntnis, wußten sie doch beide, was kommen würde. Das Ritual war stets gleich. Wenn er gegessen hatte, fütterte er sie, bis auch sie satt war. Schon diese Demütigung bewirkte ein Kribbeln in ihrem Bauch und sie freute sich auf den weiteren Ablauf.

Der »letzte Bissen« war stets ein Knebel, den er ihr geradezu zärtlich in den Mund steckte und ihm Nacken verschloß. Dann standen sie auf. Er trat auf sie zu und öffnete die Knöpfe ihrer Bluse. Aus seiner Tasche nahm er wie immer zwei kleine Schmuckstücke und klemmte sie an ihre Spitzen, dann schloß er ihre Bluse wieder. Ihr Atem zischte regelmäßig am Knebel vorbei.

Erst jetzt löste er ihren Arm vom Rücken, um ihn sofort wieder oben an der Schulter festzubinden. Dann half er ihr, aufs Pferd aufzusteigen und band sie sofort wieder auf dem Sattel fest. Der Schritt der Hose drückte fest in ihr Geschlecht und ihr Atem ging heftig. Sie gab sie stets Mühe, nicht zu stöhnen. Diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen.

* * *

Oma Selma erzählte von den gemütlichen Picknicks und davon, wie er sie stets mit der Bluse neckte, aber von den Schmuckstücken und dem Knebel erwähnte sie nichts.

Sehr erfreut sah sie Marias sehr faszinierten Blick und wandte sich wieder der Kiste zu.

Sie nahm ein kleines hübsch verziertes Schmuckkästchen heraus und reichte es dem Pärchen. Marias Blick fiel auf die Kiste. Der Schreiner damals hatte sich sehr viel Mühe damit gegeben und kleine Schnitzereien auf dem Kistchen angebracht. Wenn man genau hinschaute und die Bilder in der richtigen Reihenfolge betrachtete, schienen sie eine kleine Geschichte zu erzählen. Man sah eine Frau mit gesenktem Blick, die erst auf Knien und in Fesseln an der Leine ihres Herrn diente, bis sie schließlich immer aufrechter und stolzer in einem Gewand vor dem Herrn stand und ihm lustvoll ihre Hände reichte.

Oma Selma reichte ihrem Enkel einen kleinen Schlüssel. Paul nahm den Schlüssel und öffnete das Kästchen vorsichtig. Im Inneren befanden sich kleine mit weißem Samt ausgelegte Abteilungen. Der Schmuck darin war auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich, jedoch zeigten sich beim genaueren Hinsehen kleine Hinweise, wozu dieser Schmuck außer zum bloßen Schmücken noch gedacht war. Sehr unauffällig waren Ringe in den Schmuck eingearbeitet, die etwas herausstanden und an denen etwas befestigt werden konnte.

Die drei Halsketten, die an der ebenfalls mit weißem Samt ausgekleideten Innenseite des Deckels ihren Platz hatten, fielen als erstes auf. Die aus Leder kunstvoll geflochtene und geknüpfte Halskette hing oben über den anderen beiden. Sie war von einer gewissen Breite, welche den halben Hals bedeckte und in einem Dreieck kurz vor dem Dekolleté endete. Selma erwähnte kurz, dass sie es meist zur Arbeit getragen hatte.

Darunter befand sich ein schmuckes Collier aus Gold und Edelsteinen, welches damals extra für einen Ball angefertigt wurde. Als Unterstes hing dort eine robuste Kette aus Ösen, die ihr Vorbild bei den Kettenhemden des Mittelalters fand, jedoch sehr kunstvoll mit einem Muster verziert, welches sich aus verschiedenen Ösengrößen zusammensetzte. Dazu gab es jeweils die passenden Ringe, Armbänder und Ohrringe, die sich in den anderen Fächern der Schatulle befanden.

Für die erste Verlobung der drei Töchter hatte sie ein Ballkleid bekommen, zu welchem sie den Schmuck tragen durfte. Sie griff in die Kiste und nahm ein Stoffbündel heraus. Sie faltete es auseinander und zeigte es in seiner ganzen Größe. Es war zu erkennen, dass in der Taille ein sehr steifes Korsett eingearbeitet war. Selma hob den Rock hoch und zeigte die Bänder, die in den Unterrock eingearbeitet waren. »Damit die Trägerin keine ungebührlich großen Schritte machen kann.«

Marias Augen glänzten.
134. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 06.02.14 08:19

Eine wundervolle Fortsetzung .
Das lesen deiner Geschichten macht richtig Freude und bringt einen dazu sich das ganze mal vorzustellen ,
135. RE: Maria Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel

geschrieben von gag_coll am 07.02.14 20:43

Maria
Kapitel 9 - Neue Freiheiten - Sechster und letzter Teil von diesem Kapitel
Autor: Karl Kollar

Oma Selma griff wieder in die Kiste. Sie nahm etwas in leuchtendem Rot heraus und legte es Paul und Maria auf den Schloß. Maria brauchte Paul nicht aufzufordern, er wußte jetzt schon selbst, was er für seine Freundin tun mußte. Er nahm es in die Hand und hielt es hoch. Es rollte auseinander und jetzt konnten sie erkennen, dass es eine Bluse war, bei der allerdings die Ärmel eine Besonderheit bildeten. Sie waren mittels einer kurzen Stoffbahn längs am Körper entlang geschnürt.

Beide blickten verwundert auf die Bluse und dann auf Pauls Oma. Diese blickte verträumt auf die Bluse. »Die habe ich oft für den Rittmeister getragen.« Sie sah Marias faszinierten Blick. »Wenn sie Dir paßt, dann schenke ich sie Dir.«

Es war Maria anzusehen, dass sie diese faszinierende Bluse gern sofort angezogen hätte, denn ihre Arme zuckten in ihrem Gefängnis auf dem Rücken.

Oma Selma griff noch einmal in die Kiste und stellte ein paar Stiefel daneben. Sie waren in dem gleichen Rot und auch sie waren entlang der Waden aneinandergeschnürt. Es war deutlich zu sehen, dass der Trägerin damit so gut wie keine Beinfreiheit mehr bleiben würde.

Paul blickte seine Oma erstaunt an.

»Er hat mich oft getragen.« antwortete sie auf die nicht gestellte Frage. Sie schloß den Deckel der Kiste und schob sie beiseite. Dann zog sie die zweite große Kiste heran und lächelte neugierig. »Mal sehen, was hier drin ist.«

Sie klappte den Deckel auf und blickte hinein. Sie tat so, als würde sie den Inhalt wiedererkennen. In Wirklichkeit wußte sie natürlich genau, was sich in dieser Kiste befand. »Dies sind die Sachen, die die Grafentöchter aussortiert haben. Meistens weil ihnen die Farbe nicht gefallen hat. Es mußten dann neue Sachen angefertigt werden.« Das innerliche Aufstöhnen war immer noch gut zu hören.

Wie schon bei der ersten Kiste lagen hier auch drei Rohrstöcke oben auf. Maria stöhnte unbewußt auf und verzog etwas das Gesicht.

Oma Selma hatte mit so einer Reaktion gerechnet, dennoch war sie auch erleichtert, ihr die Sorgen nehmen zu können. »Diese Stöcke wurden zwar extra für die drei Töchter angeschafft, aber sie dienten nur zur Abschreckung und zur Ermahnung. Geschlagen wurden die Töchter nie damit.« Sie legte sie beiseite und nahm nebenbei Marias erleichterten Blick zu Kenntnis.

Maria wandte den Blick von den Stöcken wieder auf die Kiste. Ein Gewirr von kleinen Ketten und einigen Ringen war zu sehen. Sie dachte daran, dass sie auch bald in Ketten gelegt werden würde. Sie erwähnte kurz den Besuch beim Schmied.

Selma lächelte. »Ja, so ähnlich ist dies auch bei diesen Ketten. Sie gehörten der jüngsten und sie musste sie immer zur Strafe tragen, wenn sie mal wieder besonders frech war.« Sie nahm das Eisenbündel aus der Kiste und breitete es auf dem Boden aus.

Maria blickte mit einer gewissen Faszination darauf, denn bei diesem Kettenensemble war auf ein Taillenring dabei. Sie blickte zu Paul, dessen Blick aber schon wieder auf der Kiste lag.

Doch Oma Selma war Marias Blick nicht entgangen. Sie wusste zwar, dass Maria die Ketten nicht passen würden, weil die jüngste Grafentochter größer war als Pauls Freundin, dennoch war es wichtig, Marias Neugier nicht abzuwürgen. Sie nahm die Ketten und legte sie neben die Bodentreppe. »Die könnt ihr später mit hinunter nehmen.«

Maria wollte widersprechen, doch der kurze fast heimliche Finger auf dem Mund sowie verschwörerisches Lächeln liess sie verstummen.

Paul hatte ein großes Notizbuch aus dem Koffer genommen und bevor er es aufschlug, holte er sich mit einem fragenden Blick die Erlaubnis dafür.

»Das ist eines der Protokollbücher.« erklärte seine Oma. »Es berichtet über die Erziehung, die geplanten Demütigungen und auch die Strafen bei Ungehorsam.«

Maria zuckte bei diesen Worten zusammen.

Paul schlug es auf und hielt es so, dass sie beide hineinsehen konnten. Sie sahen eine Liste von Aufgaben, die zu erfüllen waren und die Strafen bei »Nicht-« oder »schlechter« Erfüllung.

Die folgenden Seiten waren gefüllt mit präzisen Tagesprotokollen und einigen Randbemerkungen. Maria blickte etwas glasig auf Pauls Oma.

»Wenn ihr wollt, könnt ihr euch das gern mitnehmen und lesen.« Paul klappte es langsam zu und blickte Maria fragend an.

Doch seine Freundin schien im Moment gerade zu träumen, sie erwiderte den Blick nicht.

»Ich musste es selbst oft meinem Herrn vorlesen, fast jeden Abend wollte er über den Erziehungstand seiner Töchter Bescheid wissen.« Sie lehnte sie zurück und schloß kurz die Augen. »Meist saß er im Kaminzimmer in seinem Sessel nah am Kaminfeuer und nachdem ich ihm einen Wein gebracht hatte, musste ich mich zu seinen Füßen setzen und ihm vorlesen.«

Paul war recht unsicher, was er machen sollte. Schließlich legte er das Buch neben die Kiste.

Selma griff in die Kiste und holte eine bunte Decke heraus. »Das war die ´Picknick´-Decke.«

Paul horchte auf. Der ironische Tonfall sagte ihm, dass es mit der Decke mehr auf sich hatte.

Seine Oma breitete die Decke auf dem Boden aus. »Auf der einen Seite sind in kleinen Bildern die Fähigkeiten abgebildet, die es zu erlernen galt.« Die Bilder zeigten Situationen aus dem Leben junger adeliger Damen.

Doch dann drehte sie die Decke um. »Die andere Seite ist aber viel interessanter. Dort sind die entsprechenden Strafen bei Ungehorsam abgebildet.«

Sowohl Paul als auch Maria blickten aufmerksam auf die kleinen Darstellungen.

»Die vielen kleinen Bänder und Schlaufen dienten dazu, die Töchter auf der Decke festzubinden.« Sie griff noch einmal in die Kiste und holte einen kleinen länglichen Sack heraus, der ein wenig nach Eisen klang. »Dies sind die Eisenstangen, mit denen die Decke auf dem Waldboden fixiert werden konnte.«

Maria war von der Decke sehr angetan. Sie blickte fragend zu Pauls Oma.

Diese verstand den Blick sofort und legte die Decke sowie die Heringe zu den Ketten. Dann griff sie wieder in die Kiste und holte ein dickes Stoffbündel heraus. Sie blickte Maria ermutigend an. »Das hier könnte dich auch interessieren.« Sie stand auf und breitete es aus. »Das war das Wintercape für die jüngste Tochter. Allerdings etwas zu klein, deswegen wäre es noch ganz neu.« Sie ließ Maria den Gedanken allein zu Ende denken. Es könnte ihr passen. Ihre Neugier war sofort geweckt.

Paul spürte die innere Unruhe seiner Freundin und nachdem ihn seine Oma auffordernd ansah, stand er auf und nahm sich das Cape in seine Hände. Er spürte sofort das ungewöhnliche Gewicht des Umhangs. »Oh, das ist aber schwer.«

»Da sind diverse Bleieinlagen drin.« Oma Selma lächelte verschmitzt. »Es sollte ja auch nicht versehentlich vom starken Winterwind hoch geweht werden.«

Maria war sichtlich beeindruckt. »Dürfte ich das mal ausprobieren?« Es freute sie, dass es endlich mal ein Gegenstand war, bei dem ihre gefesselten Arme nicht weiter störten.

»Wartet, ich helfe euch.« Oma Selma trat zu den beiden und griff mit an das Cape. Sie zeigte Paul, wie es zu öffnen war und dann legten sie es gemeinsam über Marias Schultern.

»Oh, ist das schwer.« Maria war über das Gewicht ebenso erstaunt. »Und warm ist es auch.« fügte sie nach kurzer Zeit hinzu.

Pauls Oma lächelte. »Es ist ja auch für kalte Wintertage gedacht.« Sie bat Paul, es doch einmal zu schließen. »Ich möchte nur kurz wissen, ob es sich schließen lassen würde.«

Paul hatte den Reißverschluss zusammengesteckt und zog den Anfasser jetzt langsam höher. Doch im Bereich von Marias Armen ging es nicht weiter.

Seine Oma hatte dies beobachtet und bat ihn zu stoppen. »So geht es doch nicht.« Sie sah Maria an. »Deine Arme müßten in den inneren Ärmeln liegen, dann würde sich das Cape auch schließen lassen.«

Marias Augen begannen zu leuchten.

»Schade«, fuhr Selma fort, »Ich hätte gern gewußt, ob das Halskorsett gepasst hätte.« Als sie Marias erstaunten Blick sah, ergänzte sie. »In das Cape ist eines eingearbeitet.«

Paul öffnete den Reißverschluß wieder, dann nahm er das Cape von Marias Schultern. Er hielt es etwas unsicher in den Händen.

Maria sah sein Zögern. Sie war etwas unsicher. »Es ist ja noch lange hin bis zum Winter, aber -« Sie zögerte etwas. »Ich würde es gern mal ausprobieren.«

Paul legte es auf die Seite.

Selma griff wieder in die Truhe und holte noch ein schwarzes Ungetüm heraus. »Dies hier war das Nachtkorsett für die mittlere Tochter.« Sie hielt es hoch, damit das Paar es in seiner ganzen Größe bestaunen konnte. »Es reichte der Tochter von den Knien bis zum Hals.«

Es war allen klar, dass dieses Korsett für Maria viel zu groß war, doch vor allem war Maria beeindruckt von der Strenge, die das Korsett ausstrahlte. Es reichte von den Knien bis dicht unter das Kinn. Ihre Stimme war leise. »So eines habe ich noch nicht.«

»Hier sind dann noch einige Kleider der größten Tochter.« Der Tonfall machte deutlich, dass die Kleider Maria auch nicht passen würden. »Sie war besonders auf die Etikette fixiert und so waren bei ihr fast immer irgendwie die Arme mit in das Kleid eingeschlossen.« Sie breitete einige der Kleider auf dem Boden aus und zeigte die interessanten Details. Manchmal waren die Ärmel nur an der Seite festgenäht, bei anderen hätte sie die Arme wie bei einem Monohandschuh auf dem Rücken tragen müssen.

Maria war schwer beeindruckt. »Schade, dass ich nicht ihre Größe habe.«

Selma hatte auf einmal eine Idee. »Ich werde mal meine Freundin fragen, die ist gelernte Schneiderin. Bestimmt kann mal die Kleider auch enger machen lassen. «

In Maria kämpften ihre Bescheidenheit mit ihrer Unterwürfigkeit. Sie würde sich sehr gern diesen so reizvollen Kleidern ausliefern, doch andererseits wollte sie auch keine Umstände machen.

Paul nahm beiden unbewußt den Wind aus den Segeln. »Aber das machen wir erst nach dem Fest, oder?« Er erinnerte sich an die mahnenden Worte, dass er sehr auf Marias Belastung aufpassen sollte.

Innerlich seufzten beiden Frauen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.


Damit war die Kiste leer und Selma griff zur ersten der beiden kleinen Kisten. Bei dieser Kiste war sie besonders gespannt, wie Maria reagieren würde. Sie enthielt das komplette Keuschheitsgeschirr, welches damals sehr prunkvoll für die jüngste Tochter angefertigt worden war. Sie wusste selbst nicht, warum dieses damals aussortiert worden war. Selma wollte wissen, wie Maria wirklich zu ihrem Keuschheitsgeschirr stand. Würde sie es als »Strafe« empfinden oder als Schutz?

Es lief so, wie sie es insgeheim erhofft hatte. Zum einen sah sie, dass Marias Arme heftig zuckten, als der Deckel der Kiste geöffnet wurde und sie sah, was sie darin befand. Dann war da Marias Atem, der heftiger ging, als sie Paul bat, den Gürtel aus der Kiste zu nehmen.

Ein wenig tat ihr ihr Neffe leid, der sich jetzt mehr oder weniger unfreiwillig mit einigen Details des weiblichen Geschlechts auseinandersetzen musste. Sie sah, dass seine Hände ein wenig zitterten. Doch Maria war mit ihren Gedanken ganz woanders, so dass es ihr nicht auffiel.

»Schau dir nur diese vielen kleinen Bilder an.« Ihre Stimme zeigte echte Begeisterung. »So einen hätte ich auch gern.«

Paul war bemüht, den Gedanken seiner Freundin zu folgen, auch wenn sie ihn gerade mit recht intimen Details beschäftigte. Aber er hatte sich fest vorgenommen, Maria in jeder noch so obskuren Situation beizustehen und vor allem deswegen war er auch bereit, seine eigenen Gefühle und Gedanken außen vor zu lassen.

Selma hatte in die Kiste gegriffen und hielt ihrem Neffen jetzt auch noch den dazu gehörigen Keuschheits-BH hin.

Paul nahm ihn ebenfalls entgegen und musste trotz seiner Anspannung staunen, als er erkannte, wie detailreich der BH gearbeitet war. In seiner sehr kunstvollen Schnecke zog sich ein Motivband von der Mitte aus nach außen und zeigte lauter kleine Szenen aus dem Leben adeliger junger Mädchen.

Sowohl er als auch Maria waren beide sehr beeindruckt.

Ein kleiner Beutel war noch in der Kiste. Er enthielt einige kleine sehr kunstvoll verzierte Schlösser samt Schlüssel als auch kleine Einsätze für den Schrittteil der Gürtel. Selma erklärte dies, als sie den Inhalt der Beutel ausgeschüttet hatte.

Maria stöhnte ein wenig. Im Gegenteil zu Paul hatte sie die Bedeutung der Worte erkannt. Andererseits freute sie sich auch ein wenig, wie nah sie mit ihrem Erziehungsprogramm an dem realen Leben der adeligen Töchter dran war.

* * *

Selma hoffte, nicht zu dick aufzutragen. »Dann muss es in der vierten Kiste sein.« Mit einer theatralischen Geste öffnete sie den Deckel der letzten Kiste, die sie vom Dachboden geholt hatten.

Paul und Maria waren noch mit den Keuschheitsgeschirr-Sachen beschäftigt.

»Das hier habe ich gesucht.« Selma griff in die Kiste und holte ein Bündel von Lederriemen heraus, in dem die eine oder andere rote Kugel herausschaute.

Maria, die kurz herauf schaute, musste sich Mühe geben, um nicht enttäuscht zu sein. Immerhin hatte sie die Ballknebel aus ihrem Strafprogramm erkannt.

Paul war mittlerweile sensibel genug, um Marias Stimmungswechel zu bemerken. Er blickte selbst ebenfalls zu seiner Oma, doch im Gegensatz zu seiner Freundin fehlte ihm die Erfahrung, um zu erkennen, was seine Oma in ihrer Hand hielt.

Selma legte das Bündel auf den Tisch und zog an einer der roten Kugeln. Sie entwirrte die Riemen und blickte Maria ermutigend an. Doch dann, sie war sensibel genug, erblickte sie so etwas wie Abneigung bei Maria. Sofort war ihr klar, dass Mrs. Potter die Knebel bisher vermutlich immer nur zur Strafe eingesetzt hatte. Sie beschloß, ihre Taktik zu ändern und Maria direkt mit ihrem Verdacht zu konfrontieren. »Du musst die Knebel immer zur Strafe tragen?«

Maria war überrascht und überrumpelt, denn sie hätte sich von sich aus nie über ihre Erzieherin beschweren wollen. Doch es stimmte, diese Bälle im Mund trug sie immer als Bestrafung.

Doch Pauls Oma wartete die Antwort gar nicht ab. »Das ist aber nicht richtig.« Sie suchte aus dem Bündel einen anderen Ball heraus, der etwas kleiner war. »Es geht auch anders.« Sie nahm ein Tuch zur Hand, putzte den Ball ausführlich ab und reichte Paul den Knebel. »Probiert den einmal aus.«

Paul war sehr verunsichert. Er hielt den Knebel zwar in seiner Hand, doch genauso fühlte er, dass Maria die Knebel nicht mochte. Erst als Maria ihm einen Kuss gab und ihm versicherte, dass sie es gern ausprobieren wolle, ließ er sich überreden. Sehr langsam und vorsichtig führte er seiner hilflosen Freundin die Kugel in den Mund und verschloss die Riemen in ihrem Nacken.

»Der Ball ist kleiner und müßte es dir erlauben, damit noch zu reden.« Sie reichte Paul ein Taschentuch. »Bitte achte auf ihren Speichel. Das ist bei dieser Methode leider unvermeidlich.«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie bisher wohl immer wesentlich größere Bälle im Mund gehabt haben musste. Ihre Gesichtszüge entspannten sie sich immer weiter.

Pauls Oma war bemüht, trotz der sehr faszinierenden Situation das Gespräch wieder auf den Punkt zu bringen, von dem alles ausgegangen war. »Nun, was machen die Wiener Waschweiber?«

Maria stutze erst, dann begriff sie, dass Selma auf die Übungssätze von ihrem Schauspielunterricht anspielte. Sie öffnete ihren Mund und sprach langsam ihren Übungssatz. Zu ihrem eigenen Erstaunen störte sie der Ball in ihrem Mund fast überhaupt nicht. Ihr Gesicht begann zu strahlen. Gleich darauf probierte sie noch einen Satz. Auch der Satz klappte sehr gut. Und nur beiläufig nahm sie wahr, dass Paul ihr ab und zu den langsam erscheinenden Sabber abwischte.

Wieder griff Selma in das Gewühl der Lederriemen und zog zielstrebig noch einen Ball heraus. Bei diesem Ball war auffällig, dass er von einem kleinen Netz von Lederriemen umgeben war. Sie legte es etwas auffällig vor sich. Sie wollte Maria nicht drängen, andererseits kam jetzt ihre dominante Seite ein wenig durch und sie hoffte, dass Maria bei ihrer Neugier bleiben würde. Auch wenn sie es im Haushalt des Grafen nie zeigen durfte, von den Kopfgeschirren, die die Töchter gelegentlich tragen mußten, war sie immer besonders fasziniert gewesen.

Doch Maria hatte schon angebissen. »Und was ist das?«

»Das ist ein Kopfgeschirr.« Sie blickte in vier etwas ratlose, wenn auch abenteuerlustige Augen. »Darf ich es euch zeigen?« Irgendwie war ihr klar, dass ihr Enkel sich damit sicher noch nicht auseinander gesetzt hatte.

Paul bemühte sich, Maria zunächst den bisherigen Knebel anzunehmen.

Kaum war die Kugel aus ihrem Mund heraus, als es schon aus Maria herausplatze. »Damit möchte ich immer mein Sprachtraining machen.« Sie lächete etwas verlegen. »Und jetzt möchte ich das ...« Sie zögerte etwas, »das Kopfgeschirr probieren.«

Selma griff nach dem Lederriemengewirr und hielt es hoch. Sie sortierte die Riemen und erklärte dabei mit leiser Stimme die Bedeutung der einzelnen Riemen. Sowohl Paul als auch Maria gaben sich Mühe, aufmerksam zuzuhören. Dann reichte sie es Paul. Sie wusste, dass es sehr wichtig war, dass er es seiner Freundin anlegte. Bei ihm würde Maria mit ihrer Liebe das neue Gefühl um ihren Kopf ganz anders aufnehmen.

Paul war bemüht, das Kopfgeschirr nach den Anweisungen seiner Oma richtig anzulegen und auch nur gelegentlich musste Selma mit ein paar wenigen Worten korrigierend eingreifend. Insgesamt war sie mit der Arbeit ihres Enkels sehr zufrieden.


Marias Atems ging etwas heftiger. Hörbar zischte die Luft zwischen dem Knebel und ihren Lippen vorbei.

Selma war gut vorbereitet. Sie schaltete die vorbereitete Musik an, dann gab sie Paul ein Zeichen, Maria in die Arme zu nehmen.

Das Stöhnen wurde lauter.

Selma erhob sich und verließ leise das Zimmer. An der Tür drehte sie sich noch einmal um und blickte kurz auf das Liebespaar.

Paul hielt Maria im Arm und streichelte sie zärtlich, während seine Freundin heftig mit ihren Gefühlen kämpfte.

Selma schloß die Tür und lächelte. Maria würde auch nach der Katerina sehr oft hilflos sein, dazu kannte sie ihren Enkel zu gut. Er würde alles tun, was Maria von ihm verlangen würde. Es war genauso gelaufen, wie sie es geplant hatte.

136. RE: Maria

geschrieben von AK am 11.02.14 01:59

Super Story. Eine der besten hier.

Würde mich freuen, wen es bald weiter geht.

Freue mich besonders auf die Ketten und auch weitere Details über Marias KG wären spannend. Umd was läuft mit dem KG aus dem Karton?

Greetz AK
137. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 12.02.14 22:47

Hallo cag_coll!

Meine Güte, jetzt läst du uns aber schmoren.
5 Tage ohne Fortsetzung! Willst du uns in den Wahnsinn treiben?

Bitte, bitte, veröffentliche den nächsten Teil.


Mfg Rainman
138. RE: Maria

geschrieben von christoph am 13.02.14 06:14

Ja wir warten alle schon sehr.
139. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 13.02.14 06:49

Kapitel 10 von Maria ist bisher das längste und meiner Meinung nach auch das schönste der bisherigen Kapiteln. Doch urteilt selbst.

Ich möchte noch auf ein liebeswertes Detail aufmerksam machen, weil es sich einfach so ergeben hat: Jedes Kapitel bis auf die ersten drei beginnt mit einem Telefonat und Oma Selma hat am Ende das "letzte Wort".
140. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Eins

geschrieben von gag_coll am 13.02.14 06:51

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Eins
Autor: Karl Kollar

Andrea nahm den Hörer ab und meldete sich. Es war ihr Chef, der sie in sein Büro bat.

Das war kein gutes Zeichen. Sicher war er der Meinung, sie hätte wieder etwas falsches berichtet oder hätte nicht genügend recherchiert. Sie nahm sich ihren Block und machte sich auf den Weg in das Büro.

Dass er ihr einen Sitzplatz anbot, war schon ungewöhnlich. Normalerweise musste sie sich die Strafpredigt im Stehen anhören.

»Warum haben sie den Artikel über das Katerinenfest heruntergestuft?« Seine Stimme klang dabei aber etwas anders als sonst.

Im ersten Moment wollte Andrea widersprechen und sagen, dass diese Anweisung doch von ihm persönlich gekommen war, weil die Baroness nicht die Hauptrolle auf dem Katerinenfest spielen würde. Doch dann schluckte sie ihre Antwort herunter und blickte ihn verlegen und gespielt schuldbewußt an. Eine ihrer Kolleginnen hatte ihr diesen Tipp gegeben. Es war die beste Reaktion, wenn der Chef mal wieder seine Fehler auf seine Angestellten abwälzte, was leider viel zu oft vorkam.

»Ich möchte jetzt zwei Berichte pro Woche von ihnen haben.« Er holte tief Luft. »Einen Bericht für die Mittwochsausgabe und einen fürs Wochenende.«

Andrea hielt sich mit ihrer Reaktion noch etwas zurück. Sie wusste noch nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte.

»Ich möchte ganz detaillierte Berichte.«

Andrea zögerte mit der Antwort.

»Fragen sie diese Maria ganz genau aus. Ich will alles wissen.« Sein Gesicht wurde etwas rötlich. »Lassen sie sich meinetwegen selbst so einen Handschuh anlegen, wenn sie dann besser darüber berichten können.«

Die Reporterin rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum. Doch eine Antwort gab sie noch nicht.

»Laden sie sie zum Essen ein oder was auch immer.« Ihr Chef reichte ihr eine leere Spesenabrechnung, die er schon unterschrieben hatte. »Machen sie etwas daraus.«

Sehr verwundert nahm Andrea das Formular entgegen. So spendabel war ihr Chef noch nie gewesen.

Doch schließlich ließ er noch durchblicken, wo sein Sinneswandel herkam. »Ich möchte die Sparkasse als Anzeigenkunde nicht verlieren.« Letzteres sagte er mehr zu sich selbst.

* * *

Als sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, musste Andrea erst einmal tief durchatmen. In ihrer beruflichen Routine war ihr sofort klar, dass sie jetzt einen Auftrag über sechzehn Artikel über acht Wochen bekommen hatte. Ihre erste eigene Serie.

Doch das eigentlich Aufregende an diesem Auftrag war, dass sie jetzt sozusagen einen dienstlichen Auftrag hatte, den so faszinierenden Monohandschuh auszuprobieren. Natürlich wusste sie, dass es ganz schlechter Stil war, Privates mit Beruflichem zu verbinden. Doch in diesem Fall war ihre persönliche Begierde einfach größer.

Sie war sich auch noch nicht sicher, ob sie Hans jetzt schon davon berichten sollte. Denn er würde sie liebend gern in so einen Handschuh schnüren, davon war sie überzeugt. Und genauso sicher war sie, dass er sie dann so bald auch nicht mehr heraus lassen würde. Unbewußt streichelte sie sich über ihre Gänsehaut am Arm.

Doch dann schob sie ihre privaten Interessen beiseite und begann mit ihrer Arbeit. Sie nahm sich die Unterlagen zur Hand, die sie vom zweiten Vorsitzenden bekommen hatte und die aufgelistet hatten, an welchen Terminen die Darstellerin der Katerina jeweils teilzunehmen hatte. Sie begann sich zu überlegen, wie sie die sechzehn Artikel gliedern sollte.

Aus Marias Stundenplan entnahm sie, wann sie heute aus der Schule kommen würde. Unter einem Vorwand hatte sie eine ehemalige Mitschülerin, die jetzt Lehrerin am Gymnasium war, um das Papier gebeten, aus dem sie jetzt wichtige Informationen für ihre Arbeit ziehen konnte.

Ihr Plan war, Maria direkt auf dem Weg nach Haus abzufangen und einen weiteren Termin zu bitten. Natürlich hätte sie ihre Fragen auch sofort direkt stellen können, aber sie war der Meinung, das würde sehr nach Unaufrichtigkeit aussehen.

Andrea war aber darauf angewiesen, dass sie zu Maria und vor allem zu ihrer Erzieherin ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen konnte. Sie hätte zwar auf ihre Fähigkeiten vertrauen können, in einem beiläufigen Gespräch genügend Informationen für einen einzelnen Artikel zusammen zu bekommen. Doch dann wäre das so mühsam aufgebaute Vertrauen verspielt und einen weiteren Artikel würde es nur unter sehr viel größeren Schwierigkeiten geben.

Sie wusste, dass sie vor allem die Erzieherin auf ihre Seite ziehen musste. Sie hoffte, dass sie diese mit ihrer neuen Aufgabe, einer Serie von 16 Artikeln, begeistern oder zumindest positiv aufgeschlossen beeinflussen konnte.

Auf der anderen Seite gab es noch den fast vierwöchigen Aufenthalt von Maria in den USA bei ihrer Mutter in der Klinik. Andrea hatte noch keine Idee, was sie in den acht Artikeln während Marias Abwesenheit schreiben sollte. Sie hoffte, von Maria dazu Informationen zu bekommen.

Außerdem war da noch ein persönlicher Wunsch, den sie äußern wollte. Zumindest hatte sie sich das fest vorgenommen.

* * *

Die Reporterin versuchte gar nicht erst, es nach einer zufälligen Begegnung aussehen zu lassen. Als sie das Pärchen die Straße entlang kommen sah, stieg sie aus ihrem Auto aus und ging auf sie zu.

»Nun, wie geht es unserer Katerina?« versuchte sie eine harmlose Begrüßung. Marias leuchtende Augen waren ihr eigentlich Antwort genug.

»Die ganze Schule weiß es.« Ihre Stimme war leise, dennoch war der Stolz deutlich zu hören.

Andrea ahnte, dass ihr dies wohl sehr viel bedeutete.

Erst dann fiel Maria es auf, dass sie noch gar nicht auf die Frage geantwortet hatte. »Es geht mir gut.« Doch es lag ein Seufzen in ihrer Stimme, welches Andrea aufhorchen ließ.

Maria spürte einen leichten Stoß in die Seite. Sie wusste sofort, was Paul ihr damit sagen wollte. Sie musste bei der Reporterin aufpassen, dass sie sich nicht versehentlich verplapperte. Schließlich gab es im Zusammenhang mit dem Fest ein großes Geheimnis zu bewahren.

»Mein Chef hat mir aufgetragen, jetzt zwei Mal pro Woche über die Katerina zu schreiben.« Andrea erzählte von ihrem großen Auftrag.

Sowohl Paul als auch Maria begriffen sofort, wie sehr Maria damit in das Licht der Öffentlichkeit gerückt werden würde. Schon der erste Artikel mit dem Monohandschuhbild hatte für Wirbel gesorgt. Dabei war es weniger die Tatsache, dass Maria einen solchen Handschuh trug, sondern mehr die Fähigkeit von Maria, ihre Arme auf dem Rücken zusammenlegen zu können. Auch ohne den Handschuh.

»Die Rolle ist wie ein Geschenk.« Maria strahlte, dennoch klang sie eher nachdenklich. »Jetzt kann ich meinen Mono überall tragen und keiner wird sich daran stören.«

Andrea wunderte sich. »Aber ist es nicht schwer, die ganze Zeit die Arme so halten zu müssen?« Die zweite Aussage, die in Marias Satz lag, überhörte Andrea in diesem Moment. Bisher hatte Maria den Handschuh anscheinend auch schon getragen, aber ihn verstecken müssen.

Maria lächelte. »Ja, es bedarf eines gewissen Talents und eines langen Trainings.«

Andreas Blick wurde sehr nachdenklich. »Ich würde das gern mal selbst ausprobieren.« Sie sagte es mehr zu sich selbst, denn eine positive Antwort erwartete sie nicht.

Maria sah in diesem Moment eine Chance, sich bei der Reporterin für den ersten schönen Artikel zu bedanken. »Ich könnte mal mit meiner Erzieherin reden, sie weiß da bestimmt einen Rat.«

Andrea ließ sämtliche berufliche Regeln außer acht. »Das wäre toll. Ich möchte das unbedingt mal ausprobieren.«

Paul schwieg zu dem Gespräch. Doch er hatte arge Zweifel, ob der Reporterin die Handschuhe von Maria passen würden. Nicht nur, dass sie um einiges größer als Maria war, waren doch die Handschuhe für Maria auf ihr Maß gearbeitet, so dass sie genau über Marias Arme passten. Andrea würde in die Handschuhe nie hinein passen.

»Wann wäre denn Zeit für ein Interview?« Andrea hatte bislang noch keine Idee, welchen Bericht sie am Dienstag Abend abliefern sollte.

»Das wird aber schwer.« Paul hatte das Gefühl, Maria verteidigen zu müssen. »Maria hat einen sehr vollgestopften Terminkalender.«

»Donnerstag gleich nach der Schule ist glaube ich Zeit.« Innerlich seufzte Maria, denn zu der Zeit wollte sie eigentlich intensiv die Originalhaltung trainieren. Dafür war leider nur noch sehr wenig Zeit.

»Oh je«, seufzte Andrea, »ich muß schon Morgen abend den ersten Artikel abliefern.«

»Wir müssen erst zum Sprachunterricht«, Paul zählte auf, »dann ist Geschichtsstunde und danach steht noch das Selbstverteidigungstraining an.«

Andrea war beeindruckt als auch niedergeschlagen. Doch dann hatte sie eine Idee: »Und wenn ich einfach mitkomme?«

Das Paar hatte nichts dagegen. »Aber viel freie Zeit ist trotzdem nicht.«

Andrea war das ganz recht. Insgeheim hätte sie ohnehin noch nicht gewußt, was sie hätte fragen sollen.

* * *

»Wie fühlst du dich so als Prinzessin?« Eigentlich hatte Andrea es nur als Smalltalk gedacht, doch unbewußt öffnete sie bei Maria eine Schleuse.

»Es ist ein Traum.« Marias Stimme strahlte Begeisterung aus. »Ich werde eine echte Prinzessin sein.«

»Und was macht eine echte Prinzessin aus?« Andrea hoffte, dass es die richtige Frage war. Sie spürte mit ihrer beruflichen Routine, dass es viel zu erfahren gab, wenn sie jetzt keinen Fehler machte.

»Anfangs fand ich die Prinzessinnen einfach nur toll mit ihren Kleidern und ich wollte auch so werden.« Ein gewisser träumerischer Unterton war deutlich zu hören. »Später lernte ich mehr über die Aufgaben der Mädchen und mein Traum festigte sich.«

»Die wären...?« fragte Andrea mit echter Neugier.

»Sie leben für ihr Volk und haben nur wenig persönliche Freiheiten.«

Andrea begann zu ahnen, was Maria mit den persönlichen Freiheiten meinte. So routiniert, wie sie den Monohandschuh tragen konnte, schien sie in der Vergangenheit wohl oft auf ihre Armfreiheit verzichtet zu haben, um diese Haltung zu trainieren.

Aber es war ihr ein Rätsel, warum sie das auf sich genommen hatte und welchen Druck wohl ihre Mutter dabei ausgeübt hatte. Sie formulierte eine Frage, um ihren Verdacht zu vertiefen. »Deine Mutter war sicher sehr streng zu dir?«

Doch auf ihre Mutter wollte Maria nichts kommen lassen. »Nein, das war sie eigentlich nie.«

Andrea runzelte die Stirn.

»Ich war schon immer fasziniert gewesen von den Prinzessinnen.« Maria strahlte »Zu Weihnachten gab es immer Mutter-Tochter Fernseh-Nachmittage, wenn »Sissi« ausgestrahlt wurde.«

Andrea hoffte, sich alles richtig zu merken. Ihr Diktiergerät hatte sie leider im Auto liegen gelassen.

»Um mein erstes Korsett musste ich richtig kämpfen.« Ihre Stimme wurde sentimental. »Dann war da die Aktion vom Kaufhaus, das eine Weihnachtsprinzessin suchte. Das war das schönste Weihnachtsgeschenk.« Sie erzählte, wie es zu dem tollen Auftritt gekommen war.

Paul, der die ganze Zeit schweigend neben ihnen her gegangen war, fiel auf, das Maria den Catsuit nicht erwähnte, den er kürzlich erst entdeckt hatte.

»Und wenn ich trainiere«, verteidigte Maria ihre Mutter, »dann war sie immer sehr aufmerksam und hat mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen.«

Andrea traute sich nicht zu fragen, ob mit dem Trainieren der Monohandschuh gemeint war. Sie vermutete es aber.

»Außerdem, wenn die Prinzessinnen so umsorgt werden, dann müssen sie auch Opfer bringen.« Maria seuftze. »Dann muss ich eben mal auf meine Arme verzichten.«

Andrea sprach offen ihre Bewunderung aus.

»Mit 12 habe ich das erste Katerinenspiel erlebt und mir war sofort klar, dass sich so etwas auch mal machen möchte. Doch die Rolle zu bekommen war aussichtslos. Sie war schon direkt nach dem Fest vergeben.« Sie beschrieb, dass sie oft heimlich die Armhaltung der Katerina übte. »Und dann hatte meine Muter eines Tages den Handschuh in der Hand.«

Paul hatte ihre Hand ergriffen und hielt sie fest.

»Ich habe teilweise wirklich von einem »goldenen Käfig« geträumt.«

Andrea war von der Schilderung sehr verzaubert. »Und dann kam der Prinz und hat den Käfig geöffnet.«

»Der Prinz ist gekommen.« Maria drehte sich zu Paul und gab ihm einen Kuss. »Aber der Käfig bleibt zu.«

Andrea fiel auf, dass sie den letzten Satz fast so wie einen Befehl ausgesprochen hatte.
141. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 13.02.14 10:50

Ich muß sagen das wieder eine gelungene Fortsetzung ist .
Und in dem Kapitel sehr viel Gefühl und Liebe in spiel ist.

Mach weiter so bin auf die anderen teile gespannt .
142. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 13.02.14 11:28

Da Stimme ich dir zu Karl dieses Kapitel ist echt schön und Teilweise Romantisch geschrieben.
Was der Sparkassen Direktor doch so alles Bewirken kann ist echt Klasse. Jetzt darf/muß Andrea eine ganze Serie über Maria und das Fest Schreiben.
Und dazu auch noch ohne Probleme bei den Spesen zu bekommen. Der Traum jedes Journalisten, fast Unbegrenzte Spesen.
143. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil zwei

geschrieben von gag_coll am 14.02.14 06:36

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil zwei
Autor: Karl Kollar

Mrs. Potter wunderte sich ein wenig, als sie Maria und Paul in Begleitung der Reporterin sah. Natürlich war die Erzieherin erfahren genug, um sich vor der Presse in Acht zu nehmen. Andererseits hatte Frau Baselitz einen sehr schönen Artikel über Maria und das Fest geschrieben und ein sehr positives Bild von der Katerinadarstellerin entworfen.

Andrea erklärte auch gleich nach der herzlichen Begrüßung den Grund ihres Kommens. Dabei ließ sie die Gelegenheit nicht aus, über ihren sprunghaften Chef zu jammern. »Er ändert ständig seine Meinung und schiebt seine Fehler auf seine Angestellten.« Sie seufzte tief. Doch dann kam sie zum Grund ihrer Anwesenheit. »Er hat mir eine Serie gegeben. Ich soll bis zum Fest jeden Mittwoch und Samstag einen Artikel über Maria und das Fest schreiben.«

»Der Artikel über Maria war schön.« Mrs. Potter wollte die Gelegenheit nutzen, sich bei der Reporterin zu bedanken.

»Oh danke schön.« Andrea freute sich ehrlich über das Lob. Doch dann verfinsterte sich ihre Miene. »Mein Chef war da ja anderer Meinung.«

»Lassen sie sich nicht beirren.«

»Ich glaube, der Sparkassendirektor hat da sehr viel Druck ausgeübt.« sagte Andrea mehr zu sich selbst. »Er murmelte etwas von ´Anzeigenkunden nicht verlieren´.«

»Das sieht Rudolf ähnlich.« Mrs. Potter lächelte. »Herr Steinhagen, meine ich. Ich kenne ihn von früher.«

Andrea freute sich über die freundliche Atmosphäre. Das erlebte sie bei ihren Aufträgen eher selten. Sie griff in ihre Tasche und holte ihre Notizen heraus. »Ich würde ihnen gern zeigen, wie ich mir die Serie vorgestellt habe.«

»Ich bitte um Entschuldigung, aber wir müssen Rücksicht nehmen auf den sehr engen Terminplan von Maria.«

Andrea ärgert sich darüber, dass sie daran nicht gedacht hat.

»Wenn es ihnen nichts ausmacht, dann könnten sie uns das beim Mittagessen erklären, zu dem ich sie recht herzlich einladen möchte. Gekocht habe ich genug.«

Andrea nahm dankend an. Als sie im Esszimmer den großen an der Wand hängenden Kalender sah, musste sie schlucken. Marias Zeit war wirklich sehr dicht verplant. »Ich sehe schon, dass wird nicht einfach.« sagte sie aber mehr zu sich selbst.

»Warten sie bitte, bis Maria von Umziehen zurückkommt?« bat Mrs. Potter die Reporterin. »Paul, du kannst mir bitte in der Küche helfen?«

Paul war sehr verwundert, dass Marias Erzieherin von ihm Hilfe brauchte. Erst im letzten Moment realisierte er, dass sie ihm zugezwinkert hatte.

* * *

»Was ich dir sagen möchte, muss sie nicht unbedingt mitbekommen.« sagte Mrs. Potter, nachdem sie die Küchentür hinter sich geschlossen hatte.

Paul war erleichtert. Insgeheim hatte er sich beim Weg in die Küche schon beim Kartoffelschälen gesehen.

»Maria wird heute den ganzen Nachmittag für das Fest unterwegs sein« Ihre Stimme war leise und klang deswegen noch wichtiger. »Ich bin heute Abend nicht da.«

Paul nahm es zur Kenntnis. Er hatte nicht das Gefühl, etwas erwidern zu müssen.

»Ich möchte dich inständig darum bitten, gut auf Maria aufzupassen. Bitte sorge dafür, dass sie nach spätestens zwei Stunden eine Pause mit dem Handschuh macht. Besser sogar nach eineinhalb Stunden.«

Paul wusste, dass mittlerweile jeder Verständnis dafür hatte, wenn Maria bei der Wahrnehmung eines Termins gleichzeitig auch den Handschuh trainierte. Das sie das eigentlich gar nicht mehr nötig hatte, war noch eine andere Geschichte.

»Aber Maria kann es doch schon so gut.« Paul wollte seine Bedenken äußern. »Die Leute meinen vielleicht, dass Maria gar nicht mehr trainieren müßte.«

»Ach Paul«, Mrs. Potter lächelte, »die meisten Menschen sehen eine Frau gern in einem Monohandschuh, auch wenn sie das nie zugeben würden. Es wird keiner Marias Training in Frage stellen.«

»Aber wird Maria auch auf mich hören?« Paul hatte in diesem Punkt arge Bedenken.

»Du musst ihr selbstbewußt gegenübertreten.« Mrs. Potter versuchte ihn zu ermutigen. »Maria wird sich oft mehr zumuten, als es gut für sie ist. Benutze deinen gesunden Menschenverstand. Zeige ihr, dass du dich ernsthaft um ihr Wohlbefinden sorgst. Sie wird es akzeptieren, wenn es von dir ehrlich gemeint ist.«

Paul begann zu ahnen, dass sein Verhältnis zu Maria sich ändern würde.

»Jetzt könntest du mir tragen helfen, damit die Reporterin nichts merkt.« Mrs. Potter lächelte verschmitzt.

* * *

Andrea bedankte sich für das leckere Essen. Es kam nicht oft vor, dass sie bei ihren Recherchen eingeladen war.

»Sehen sie es als kleines Dankeschön für den netten Artikel.«

Andrea lächelte verlegen.

»Paul, legst du bitte Maria den Handschuh an?« Mrs. Potter hatte die Tafel aufgehoben. »Abräumen tue ich dann später.«

Andrea schaute dem Anlegen etwas ungläubig zu. »Du hast doch jetzt ...« Sie blickte auf den Wandkalender. »Sprachunterricht?«

Maria verstand die Verwunderung nicht ganz. »Ich muss doch trainieren.« Sie lächelte. »Und ausserdem stört er beim Sprachunterricht überhaupt nicht.«

Andrea stockte in ihren Gedanken. Wenn sie jetzt weiter sprechen würde, dann würde sie einige Details von sich verraten, die sie lieber für sich behielt.

Doch Maria schien ihre Gedanken zu erraten. »Seit ich für die Katerina ausgewählt bin, akzeptiert es jeder, dass ich ihn trage. Ich muss mich gar nicht rechtfertigen. Die Rolle bringt es so mit sich.« Dabei war ein Leuchten in ihren Augen zu sehen. Sie gab sich Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken, als sie die zunehmende Enge des Handschuhs spürte.

Mrs. Potter wartete, bis Paul mit der Schnürung fertig war. Dann bat sie Maria um ihre Aufmerksamkeit.

Maria drehte sich relativ schnell zu ihrer Erzieherin hin und blickte zu ihr empor.

»Paul wird mich heute den ganzen Nachmittag vertreten.« Sie blickte ihn kurz aber bestimmt an. »Er wird darauf achten, dass du beim Trainieren genügend Pausen machst.«

Maria schluckte und blickte kurz zu Paul.

»Wenn es gut läuft, dann werden wir das in Zukunft öfters so machen. Du wirst Paul gehorchen, mein Kind?« Sie sprach es als liebevolle Frage aus, aber Maria verstand es so, wie es gemeint war, als Befehl.

»Ja, Madame, ich werde gehorchen.« Ein seltsames Kribbeln war in ihrem Bauch zu spüren. Ihr Blick zeigte, dass ihr noch etwas auf dem Herzen lag.

Doch die Erzieherin wusste auch so, was Maria bewegte. »Heute abend darfst du die Jacke tragen.« Sie blickte kurz zu Andrea, die gerade damit beschäftigt war, die Termine aus dem Kalender abzuschreiben. Sowohl Paul als auch Maria verstanden sofort, was sie damit sagen wollte. »Paul wird dir beim Anziehen helfen.«


Andrea legte ihren Block beiseite und warf noch einmal einen sehr verträumten Blick auf Marias verpackte Arme. Sie kämpfte mit sich. Natürlich wusste sie, dass sie Äußerung ihres Chefs als Scherz gemeint war, aber dieses Mal wollte sie ihn wörtlich nehmen. Sie räusperte sich. »Ich hätte da noch ein Anliegen.«

Mrs. Potter drehte sich zu ihr hin. »Ja bitte?«

»Mein Chef sagt, ich solle mir selbst so einen Handschuh anlegen lassen, damit ich weiß, worüber ich schreibe.« Sie hoffte, es einigermaßen neutral gesagt zu haben, doch spätestens das Funkeln in ihren Augen hätte sie verraten.

»Stehen sie bitte auf und legen sie ihre Arme auf den Rücken.« Mrs. Potter zeigte sich zur Überraschung der Reporterin wenig beeindruckt. »Ich möchte zunächst einmal nur wissen, wie gelenkig sie sind.«

Andrea stand mit zitternden Knien auf und kam der Bitte nach.

»Marias Handschuhe werden ihnen nicht passen«, ergab der kritische Blick der Erzieherin. »Die sind alle viel zu eng.«

Andrea war etwas enttäuscht.

Mrs. Potter dachte kurz nach. »Herr Weiterer ist mir noch einen Gefallen schuldig. Er hat durch seine Aufgaben beim Fest Handschuhe in den verschiedensten Größen. Bei ihm finden sie garantiert etwas Passendes. Wenn sie möchten, dann mache ich einen Termin bei ihm für sie aus.«

Andrea hatte Mühe, ihre Begeisterung zu verbergen. »Ja, das wäre schön.«

Mrs. Potter verließ den Raum.

Andrea wartete und hatte große Mühe, ihre Nervosität zu verbergen. Nach schier endlos scheinenden Minuten kam die Erzieherin zurück. »Sonntag 14 Uhr.« Sie nannte die Adresse. »Ich rate ihnen dringend, sehr pünktlich zu sein. Wenn er etwas nicht mag, dann ist es Unpünktlichkeit.«

Andrea versprach es.

»Sie dürfen aber auf keinen Fall erwähnen, dass sie von der Presse sind. Das ist ganz wichtig.« Ihr eindringlicher Blick unterstrich die Wichtigkeit dieser Aussage. »Gehen sie als Privatperson zu Herrn Weiterer und nehmen sie keine Reportersachen mit, er könnte sonst misstrauisch werden. Ich habe sie als die Tochter einer guten Bekannten empfohlen.«
144. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 14.02.14 10:13

Es ist wieder eine schöne Fortsetzung .

Ich bin gespannt was noch so kommt.
145. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 14.02.14 20:13

Schöne Fortsetzung Karl.
Schön das Paul mehr Verantwortung für Maria bekommt. Da werden schon die Weichen für die Zukunft gestellt.
Wie sich wohl Andrea im Monohandschuh fühlen wird?
Dann bekommt Herr Weiterer doch noch eine Schülerin.
146. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Drei

geschrieben von gag_coll am 15.02.14 07:45

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Drei
Autor: Karl Kollar

Als Paul langsam den Umhang von Marias Schultern zog, kam der Handschuh zum Vorschein. Doch der Lehrer nahm davon überhaupt keine sichtbare Notiz. Er wusste von Marias engem Terminplan und dass sie versuchte, mehrere Dinge gleichzeitig zu trainieren. Stattdessen fragte er nach Marias Hausaufgaben. »Seid ihr mit dem Korken klargekommen?«

Maria war sichtlich nervös. »Eigentlich nicht.«

Der Lehrer stutzte etwas, doch eine Frage stellte er diesbezüglich nicht.

Es kostete Maria einige Kraft, über die »Nebenwirkungen« ihres Monohandschuhs zu berichten. »Wenn ich trainiere«, sie wackelte etwas mit den Armen, »dann kann ich den Korken nicht auffangen, wenn er mir aus dem Mund fällt.«

Der Lehrer schien es einzusehen und war etwas verlegen. »Naja, ohne Korken geht es im Prinzip ja auch.«

Doch Maria konnte ihn überraschen. Sie blickte zuerst Paul an und dann auf ihre Tasche, die ihre Utensilien enthielt. Paul trug sie, wenn sie mit dem Monohandschuh unterwegs war.

Paul verstand sofort, was sie wollte. Er griff hinein und holte den Ballknebel heraus. Zu seiner Erleichterung zitterte seine Hand nicht, als er ihr den Ball anlegte.

»Wie wäre es damit?«, fragte Maria langsam, als sie spürte, dass Paul mit dem Anlegen des Knebels fertig war.

Dem etwas verlegenen Lehrer war anzusehen, wie überrascht er war. »Ja, so geht das natürlich auch.« Das Sprechen fiel ihm schwer. »Diesen...« er geriet etwas ins Stottern. »Diesen Ball könnt ihr ganz ohne schlechtes Gewissen nutzen.«


Andrea hatte sich auf einen der Stühle an der Wand gesetzt und weiter an ihrem Konzept gearbeitet. Nur gelegentlich schaute sie auf. Maria mit dem Monohandschuh und dem Knebel im Mund strahlte eine solche unschuldige Erotik aus, der sich Andrea nur schwer entziehen konnte. Es kostete sie einige Mühe, sich nicht von ihren eigenen Gefühlen mitreißen zu lassen.

Paul stand die ganze Zeit neben ihr, hielt ein weißes Taschentuch in der Hand und beobachtete ihre Lippen. Er wollte ihr die Demütigung ersparen, wegen dem Ball sabbern zu müssen. Wusste er doch, dass Maria wegen dem Ball nicht schlucken konnte und weil sie wegen dem Sprachunterricht ständig den Mund bewegte, bestand eigentlich ständig Sabbergefahr.

Als der Lehrer nach einer halben Stunde wegen der Belastung von Marias Kiefer eine Pause empfahl, wollte Maria dies erst nicht annehmen. Erst ein dringlicher Blick von Paul brachte sie dazu, der Pause zuzustimmen. Dass sie es nur mit Widerwillen tat, war deutlich zu sehen.

Andrea wurde auf einmal klar, warum Maria die vorgeschlagene Pause nur so widerwillig akzeptierte. Es entsprach so überhaupt nicht ihrem Bild einer Prinzessin, dass diese auf einmal eine Erleichterung ihres Schicksals bekommen sollte. Zumindest glaubte sie dies so verstanden zu haben.


Die Stunde war viel zu früh herum. Dies empfand auf jeden Fall Andrea. Sie hätte noch gern weiter die unschuldige Ausstrahlung von Maria genossen, der ihre starke Hilflosigkeit so überhaupt nichts auszumachen schien.

Doch Paul sah dies entsprechend seiner Anweisungen etwas anders. Er nahm Maria den Knebel wieder ab und steckte ihn in die Tasche, nachdem er ihn kurz sauber gewischt hatte. Dann trat er hinter Maria und begann die Schnürung des Handschuhs zu öffnen.

Maria begriff natürlich sofort, was er vor hatte und sie versuchte, sich seinen Händen zu entziehen. Er schien mit dieser Reaktion gerechnet zu haben, denn seine Hände hielten Maria sofort etwas fester an den Schultern fest. »Dein Ehrgeiz in allen Ehren, aber du brauchst eine Pause.«

Andrea konnte Maria nur von hinten sehen, aber das Zittern in ihrem Körper zeigte deutlich, dass sie mit sich selbst und ihren Gefühlen kämpfte. Dabei fand sie die Reaktion sogar verständlich. Diese Befreiung bedeutete ja auch eine Unterbrechung ihres Prinzessinnentraums.

* * *

»Und wie kommt ihr mit dem Herrn von Schleihthal zurecht?« Diese Frage hatte Andrea sich als Thema für den Weg zum Geschichtsunterricht herausgesucht.

Doch Maria wusste zunächst nicht, wer gemeint war. »Mit wem?«

»Na dem Darsteller des Prinzen«, erklärte Andrea, »der Neffe vom Baron Harsumstal« .

Als aufmerksame Journalistin war es ihr nicht entgangen, dass Maria erst Pauls Hand ergriff und dann nach den richtigen Worten suchte. Doch Andrea ließ sich davon nichts anmerken.

»Er war bisher nur einmal kurz beim Tanzunterricht.« Marias Tonfall zeigte deutlich, dass sie über den Neffen sehr unglücklich war. »Er hat dabei aber nur Ärger gemacht.« Sie berichtete, was sich bei der Tanzstunde zugetragen hatte. »Alle anderen Termin habe ich zusammen mit Paul wahrgenommen.«

Paul streichelte ihr durch das Gesicht.

Andrea war klar, dass sie in dieser Richtung besser nicht weiter nachhaken sollte. Es war deutlich, dass es Maria sehr viel Kraft kostete, ihren tatsächlichen Ärger und ihre Enttäuschung zu verbergen. Es passte sicherlich auch nicht in das Bild, welches sie sich von einer Prinzessin gemacht hatte. Sie wollte für ihr Volk leiden und hoffte dabei auf eine gewisse Unterstützung ihres Prinzen. Doch Maria in der Rolle der Katerina hatte vor allem unter dem Prinzen zu leiden.

Andrea sprach das zum ersten Mal aus, was Maria sich insgeheim schon seit langem wünschte. »Es wäre sicher toll, wenn Paul den Prinzen spielen dürfte.«

Ein lauter Seufzer war die einzige Reaktion von Maria.


An einem Haus blieb Maria stehen und drehte sich zu Paul um. »Ist deine Oma wohl zu hause?«

Es fiel Paul erst jetzt auf, dass sie der Weg zum Geschichtsunterricht an dem Haus seiner Oma vorbei führte. »Ich weiß es nicht.« war seine Antwort. »Ich kann mal nachsehen.«

Doch Maria hielt ihn zurück. »Warte einen Moment.« Sie griff in ihre Tasche und nahm sich ihren Knebel heraus.

Andrea schluckte, als sie sah, dass Maria sich mit geradezu beeindruckender Sicherheit selbst den Knebel anlegte. Es hatte den Anschein, als würde sie das täglich machen.

Sie lächelte Paul mit dem Ball zwischen den Lippen zu und flüsterte. »Ich möchte Deiner Oma eine Freude machen und mich für den Ball bedanken.«

* * *

Andrea versuchte, sich die Adresse des Hauses einzuprägen. Sie wollte es vermeiden, jetzt ihren Notizblock zu zücken. Letzteres hätte die sehr prickelnde Atmosphäre kaputt gemacht.

Oma Selma war daheim und begrüßte ihren Enkel erfreut. Maria sagte ihren Trainingssatz mit den Wiener Waschweibern auf und bedankte sich dann noch einmal artig und mit einem Knicks für den Ball.

Es fiel Andrea auf, dass Maria bisher nie das Wort ´Knebel´ erwähnt hatte.

»Wir kommen gerade vom Sprachunterricht« Paul berichtete über die Aktivitäten »und jetzt sind wir auf dem Weg zum Geschichtsunterricht.«

Oma Selma war beeindruckt über den vollen Terminplan von Maria.

Andrea erinnerte daran, dass sie danach noch einen Termin wegen der Selbstverteidingung hätten.

Oma Selma stutze und blickte die Reporterin etwas verwundert an.

Andrea stellte sich vor. »Ich darf eine Serie über Maria schreiben. Sie sind also Pauls Oma?« Sie sah eine Gelegenheit. »Darf ich auch etwas über sie schreiben? Ich brauche einige Artikel, wenn Maria in Amerika ist.«

Oma Selma fühlte sich geschmeichelt. »Wenn sie möchten, kann ich ihnen auch einiges über das Fest erzählen.«

»Oh ja,« Maria zeigte eine für sie ungewöhnliche Begeisterung. »Deine Oma kennt sich gut aus und kann noch besser erzählen.« Faszinierenderweise störte sie der Ball in ihrem Mund so gut wie überhaupt nicht.

»Danke schön.« Oma Selma lächelte Maria an. »Aber jetzt solltest du den Ball wieder abnehmen.«

Maria wurde ein wenig verlegen, dann kam sie der Bitte nach.

Selma nahm ihren Enkel in den Arm. »Passe gut auf sie auf.« Sie strich ihm über den Kopf. »Und lass dich von ihr nicht um den Finger wickeln.«

Paul warf der etwas verlegenen Maria einen liebevollen Blick zu, dann wandte er sich wieder seiner Oma zu. »Ich versuche es.«

Selma warf einen Blick auf die Uhr. »Ich will euch dann nicht länger aufhalten. Herr Kleinert wartet bestimmt schon.« Sie reichte allen die Hand. »Grüßt ihn von mir.«

Paul versprach es.

* * *

Maria hatte eigentlich wieder eine trockene Unterrichtsstunde erwartet. Doch zur Überraschung aller hatte Herr Kleinert diesmal einen Filmprojektor und eine Leinwand aufgebaut.

»Ich möchte euch heute zeigen, wie sich das Fest über all die Jahre so entwickelt hat.« erklärte er gleich nach der Begrüßung.

Sie kannten Herrn Kleinert als Geschichtslehrer vom Gymnasium, doch er verstand es sehr gut, die Schule und das Fest zu trennen. Er bedankte sich für die Grüße von Pauls Oma.

»Macht es euch gemütlich, dann können wir mit dem Kino beginnen.« Er zeigte auf die Sessel und die Couchgarnitur.

Doch Maria zögerte ein wenig und kramte etwas auffällig in ihrer Tasche.

Paul wusste, was sie bewegte. »Maria möchte weiter mit dem Handschuh trainieren.«

»Nur zu.« Herr Kleinert brauchte keine weiteren Erklärungen. »Ich warte mit dem Film auf euch.«


Es wurde eine sehr kurzweilige Stunde. Maria hatte sich mit dem Handschuh zwischen zwei Kissen gesetzt und Paul hatte seinen Arm um sie gelegt.

Wie es schon im Museum zu sehen war, waren die Feste mehr oder weniger deutlich dem Zeitgeschmack unterworfen. Dies äußerte sich vor allem in den verschiedenen Handschuhen.

Gelegentlich gab der Lehrer noch Kommentare zu den Aufnahmen. Besonders beeindruckend waren auch die Szenen, in denen die jeweilige »glückliche Braut« von der Kutsche aus dem »Volk« zuwinkte.


Als das Licht im Raum wieder anging, verabschiedete Herr Kleinert seine »Schüler«. »Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug in die Geschichte gefallen.«

Maria als Hauptperson bedankte sich für die schöne Vorführung, dann drehte sie sich zu Paul und bat ihn, sie aus dem Handschuh heraus zu lassen.

Paul war über dieses Ansinnen mehr als erstaunt. Er hatte sich insgeheim schon mehrere Argumente zurechtgelegt, mit denen er Maria dazu bringen wollte, eine Pause einzulegen. »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er leise, als er die Schnürung öffnete.

»Ich erkläre es dir später«, sagte Maria genauso leise.

Andrea beachtete die kleine Szene nicht. Sie war von den Filmen sehr bewegt und hatte sehr angespannt die vielen Monohandschuh-Trägerinnen bewundert. Dabei war ihr aufgefallen, dass die meisten Handschuhe bei weitem nicht so eng waren wie Maria den ihren trug.

Jetzt hatte sie nur noch einen Wunsch: Schnell nach Hause...
147. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Vier

geschrieben von gag_coll am 16.02.14 07:53

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Vier

Autor: Karl Kollar

Oma Selma bat Paul und Maria zuzugreifen. Sie hatte für das Abendessen fertige Schnittchen vorbereitet. Paul und Maria ließen es sich schmecken.

Doch schließlich hielt es Paul nicht mehr aus. »Du wolltest mir noch etwas erklären. Warum wolltest du nach den Filmen gleich aus dem Handschuh heraus?«

Zu seinem Erstaunen sah er, dass Maria sich schwer tat mit der Antwort.

»Die Mädchen in den Filmen...« Sie stockte. »Die weiten Handschuhe.« Ihre Stimme zitterte.

Oma Selma verstand sehr gut, was Maria bewegte. »Du hast Angst, die Leute könnten meinen, dass du das Training mit dem Handschuh gar nicht mehr brauchst und den Handschuh aus anderen Gründen trägst.«

Maria senkte den Kopf und wurde auf einmal so rot, dass es keine weiteren Antwort von ihr brauchte.

»Mach dir diesbezüglich keine Sorgen.« Sie streichelte Maria über den Kopf. »Die Leute werden nur denken, dass du eine sehr ehrgeizige Katerina bist und dem Fest keine Schande machen möchtest.«

Maria blickte zögernd auf und noch etwas misstrauisch lächelte sie. »Ich darf also weiter... trainieren?« Die Pause vor dem Wort ´trainieren´ sprach Bände.

»Und jetzt solltest ihr aufbrechen, damit ihr rechtzeitig beim Sport seid.« Insgeheim freute es sie, dass durch Maria auch Paul wieder etwas mehr zu sportlichen Aktivitäten genötigt wurde.

* * *

Maria hatte sich schon daheim umgezogen. So konnte sie den lästigen Fragen wegen ihrer stählernen Unterwäsche aus dem Weg gehen. Sie hatte sich schon seit langem mit ihrem Keuschheitsgürtel arrangiert und hatte mittlerweile überhaupt keine Probleme mehr damit, ihn quasi rund um die Uhr zu tragen. Im Gegenteil, er gab ihr ein Gefühl von Sicherheit und half ihr, in der Öffentlichkeit selbstbewusst aufzutreten.

Paul hatte seine Sportsachen noch in der Tasche, die er in der einen Hand trug. Außerdem befand sich in der Tasche auch der Monohandschuh, den Maria im Training tragen würde. Es war für ihn ein eigenartiges Gefühl, als er ihn zu seinen Sportsachen gepackt hatte. Er hatte darauf bestanden, dass Maria den Handschuh erst nach dem Umziehen anlegen sollte und sie hatte sich mehr oder weniger sofort gefügt.

Immerhin genossen es beide, dass sie den Weg zur Sporthalle Hand in Hand gehen konnten.


Der Empfang an der Sporthalle war leider wie immer. Renate Bayer war schon anwesend und mit betretener Miene berichtete sie, dass der Neffe auch diesen Termin nicht zugesagt hatte. Sie seufzte.

Nach dem Umziehen in den Kabinen trafen sich die Sportler zum gemeinsamen Warmmachen, bei dem auch Paul mitmachte. Obwohl es für ihn hier gar nichts zu tun gab, fand er dies doch sinnvoller, als die ganze Zeit nur herumzusitzen und zuzusehen.

Dann begannen die eigentlichen Übungen und dafür musste Maria sich ein schon etwas ramponiertes Kleid aus festem Stoff überziehen. »Das entspricht ungefähr dem Kleid, welches du auf dem Fest tragen wirst.«

Als nächste bat sie Paul, Maria ihren Handschuh anzulegen. »Es ist dir ja lieber, wenn es dein eigener ist.«

Maria nickte etwas verlegen.

Die Mitglieder des Sportvereins waren immer noch davon fasziniert, mit welcher Routine Maria sich in den Monohandschuh einschnüren ließ und wie klaglos sie es hinnahm. Im Gegenteil, es war sogar ein gewisses Leuchten in ihren Augen zu sehen.

Als Paul mit dem Anlegen fertig war, bat die Trainerin Maria auf die Trainingsmatte. »So, wir wiederholen jetzt die Bewegungen vom letzten Mal.«

* * *

Die Trainerin klatsche in die Hände und rief »Einen Moment Pause.« Dann drehte sie sich um und ging zum Eingang der Sporthalle.

Paul und Maria folgten ihr mit dem Blick und sahen mit etwas Erstaunen, dass der Sparkassendirektor an der Tür stand.

Die Trainerin winkte und rief »Paul und Maria, könntet ihr kurz einmal kommen.«

Die beiden kamen der Aufforderung nach und gingen zur Tür. Herr Steinhagen begrüßte sie kurz. »Ich möchte auch gar nicht lange stören.«

Paul fiel auf, dass Marias Arme noch im Handschuh gefangen waren. »Soll ich Maria den Handschuh abnehmen?«

Herr Steinhagen winkte ab. »Es geht hoffentlich schnell.«

Zu Pauls Erstaunen wandte sich der Direktor an ihn. »Ich habe bisher viel Gutes über dich gehört. Du hilfst Maria, wo du nur kannst und hast auch ganz selbstlos alle Übungen mitgemacht.«

Paul wurde etwas verlegen und wollte abwiegeln. Doch Maria stupste ihn mit ihren verpackten Armen aufmunternd in die Seite. »Sei nicht so bescheiden.«

Herr Steinhagen räusperte sich. Irgendwie war ihm anzumerken, dass jetzt etwas Wichtiges kommen würde. »Wärst du, Paul, bereit, an dem Katerinenfest die Rolle des Prinzen zu übernehmen?«

Pauls Miene zeigte deutlich, dass er damit am allerwenigsten gerechnet hatte.

»Bitte, du musst das machen.« Maria war von dem Gedanken so sehr erfreut, dass sie ihre Erziehung vergaß und ihn überrumpelte. »Mach es bitte mir zuliebe.«

»Ich möchte, dass es ein schönes Fest wird,« bekräftigte der Direktor seine Frage. »Und ich habe einen gewissen Einfluss.« Er blickte Paul erwartungsvoll an.

Es waren die leuchtenden Augen von Maria, die ihm die Zustimmung in den Mund legten. »Ja, ich kann die Rolle übernehmen.«

Maria wäre ihm liebend gern um den Hals gefallen, ihre Arme zuckten heftig im Handschuh. Doch so blieb ihr nur ein kurzer, aber sehr liebevoller Kuss.

* * *

Nach dem Sport ließ sich Maria ganz ohne Widerwillen sofort den Handschuh abnehmen. Paul spürte, dass sie in Gedanken schon beim Fest war. Während die anderen Sportler in die Duschen verschwanden, begleitete er Maria auf dem Weg nach Hause. Er wusste, warum Maria lieber allein duschte.

Er freute sich sehr auf den sturmfreien Abend, den sie beide jetzt vor sich hatten.

Doch ein wenig bedrückte ihn auch die Verantwortung, die bald auf ihm Lasten würde. »Der Direktor hat sicher großen Einfluss in der Stadt.« Er ahnte, dass die Frage des Direktors für ihn große Konsequenzen haben würde.

Maria griff den Gedanken auf. »Ich glaube, er hat auch bei der Zeitung Druck gemacht.« Sie erinnerte sich an einige Andeutungen von Andrea und drückte Pauls Hand etwas fester.

Paul wusste nicht, was er antworten sollte.

Maria erwähnte mit einem seltsamen Klang in der Stimme, dass sie noch trainieren wollte. »Mit den vielen Terminen komme ich ja kaum dazu.«

* * *

Paul blickte sehr verliebt auf Maria, die neben ihm eingeschlafen und jetzt auf seinen Schoß gesunken war. Er war bemüht, sich möglichst wenig zu bewegen, denn er wollte Maria nicht wecken. Das Bewegen in dem Sport-Kleid war sicher sehr anstrengend gewesen und auch sonst hatte sie einen sehr anstrengenden Tag gehabt.

Er hatte sich eigentlich sehr auf den »sturmfreien« Abend gefreut, den er sehr romantisch mit seiner Freundin verbringen wollte. Doch es kam anders als er es geplant hatte. Kaum hatte er seine Jacke ausgezogen, als Maria schon mit strahlenden Augen vor ihm stand. Sie hatte sich die Backprayerjacke angezogen und trug einen Ballknebel im Mund. »Machst du sie bitte zu?«

Paul fand den Knebel übertrieben und er verstand nicht, warum Maria ihn sich angelegt hatte. Aber er wollte auch kein Spielverderber sein. Er trat hinter Maria und schloss die Riemen der Trainingsjacke. Dann brachte er ihre Arme in die richtige Position und zog die Riemen so weit an, wie es abgesprochen war. Er hörte Maria leise stöhnen.

»Komm, lass uns aufs Sofa setzen.« bat er Maria und sie folgte ihm. Doch kaum saß sie neben ihm und hatte sich an ihn gekuschelt, als ihr auch schon die Augen zufielen.

Paul lächelte, als er auf dem Tisch den Zettel mit den Übungssätzen liegen sah. Doch er konnte es nicht übers Herz bringen, Maria dafür zu wecken.

* * *

»Rudolf, was kann ich für dich tun?« Der Baron sah von seinem Schreibtisch auf wunderte sich über den spontanen Besuch des Sparkassendirektors. Im Moment gab es eigentlich nichts Finanzielles zu besprechen.

»Es geht mir um das Fest,« begann Herr Steinhagen, und es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm das Thema unangenehm war. »Wie willst du sicherstellen, dass es ein Erfolg wird?«

»Ich bin noch ganz zuversichtlich.« Der Baron ahnte noch nicht, auf welche Frage es hinaus laufen würde.

»Was ist mit deinem Neffen?« Die Stimme des Direktors wurde eindringlich. »Soweit ich informiert bin, hat er bisher an keinem einzigen Termin teilgenommen.«

Der Baron wusste nicht wirklich eine Antwort. Der Direktor hatte ihn an seinem wunden Punkt getroffen.

»Er hat sich bisher gegenüber Maria Beller völlig daneben benommen. Weiterhin gab es diverse Beschwerden.« Seine Stimme wurde noch dringlicher. »Er macht nicht nur die Rolle, sondern auch die Katerina kaputt. Schmeiß ihn raus und nominiere Paul Mohr. Er ist der wesentlich bessere Darsteller für den Prinzen. Und er hat sich bis jetzt schon wesentlich besser vorbereitet als er.«

Der Baron war von dem Vorschlag ehrlich überrumpelt, aber aus ganz anderen Motiven als der Direktor vermutete. Er hatte bisher nur nie den Mut gefunden, seinen Neffen vor die Tür zu setzen. Sein Betragen hatte ihm genauso missfallen.

Jetzt konnte er sich gegenüber dem Neffen rechtfertigen, dass nicht er ihn rausgeworfen hätte, sondern der wichtigste Sponsor des Festes. Der Verweis auf das liebe Geld würde bei seinem Anverwandten eher auf Verständnis treffen.

»Ich werde mit ihm reden.« Der Baron wollte sich nicht zu euphorisch zeigen. Vor allem wollte er nicht zugeben, dass der Direktor bei ihm offene Türen einrannte. Denn die scheinbar so einschneidende Aktion war in Wirklichkeit eine Maßnahme, die genau in die Pläne des Barons passte. Seinem Neffen würde er das dann schon erklären. So wie er ihn einschätze, war ihm der Rauswurf wahrscheinlich sogar lieber als das Fest mit dieser Maria machen zu müssen.

»Nein, das machen wir sofort.« Der Direktor wollte jetzt nicht nachlassen. »Wir fahren jetzt zur Turnhalle und du wirst Paul Mohr offiziell die Rolle übertragen.« Er blickte auf die Uhr. »Und heute abend lässt du das vom Vorstand absegnen.«

Der Baron gab sich kleinlaut. Doch innerlich war er erleichtert. Es war zwar kein Grund zu Jubeln, aber wenigstens konnte ihm jetzt sein Franz-Ferdinand nicht mehr länger dazwischenfunken.

* * *

»Wie geht es unserer so stolzen Prinzessin?« Hell und klar kam die Stimme von Marias Mutter aus dem Telefonhörer, trotz der weiten Leitung bis Amerika.

»Sie übt fleißig für die Rolle.« Mrs. Potter warf einen Blick auf den Kalender, der voller Termine war. »Sie ist fast ständig unterwegs.«

»Und wie steht sie zu Paul?« fragte die etwas besorgte Mutter.

»Die beiden sind schwer verliebt, haben aber kaum Zeit füreinander.« Sie beschrieb, wie sie gestern spät am Abend Maria schlafend in Pauls Armen vorgefunden hatte.

Frederike lächelte durchs Telefon. Doch dann wurde ihre Stimme wieder etwas ernster. »Ich möchte die Regeln für Maria noch ein wenig ändern.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich weiß, dass im Moment wegen des Festes alles sehr locker gehalten wird.«

Mrs. Potter hörte, wie Marias Mutter tief Luft holte.

»Ich möchte sie bitten, Maria nicht mehr automatisch aus dem Keuschheitsgürtel zu befreien.«

»Ja...«

»Wenn sie danach fragt und Paul ist nicht in der Nähe, dann erlauben sie es. Ansonsten suchen sie bitte nach einer passenden Ausrede.«

»Machen sie sich deswegen keine Sorgen.« Mrs. Potter verstand den Auftrag sehr gut. »Maria hat im Moment so wenig freie Zeit, dass sie es bisher überhaupt nicht vermisst. Außerdem ist sie schon öfters in seinen Armen gekommen, trotz allem Schutz.«

Das Grinsen von Marias Mutter war fast zu hören.

Mrs. Potter berichtete von den Neuigkeiten, die sie so eben von Herrn Steinhagen erfahren hatte.

»Pauls Nominierung passt mir gut ins Konzept.« Sie fragte die Erzieherin noch nach der Einschätzung von Marias Selbstverständnis.

»Sie geniesst ihren neuen Zustand sehr,« konnte Mrs. Potter berichten. »Sie ist jetzt schon die Prinzessin, die sie immer sein wollte und sie muss dafür »leiden«. Sie opfert sich auf für die Rolle. Paul an ihrer Seite als der starke Prinz gibt ihr zusätzliche Motivation und Kraft. Es läuft bestens.«

Frederike Beller freute sich über diese Entwicklung, weil es die beiden noch wesentlich weiter aneinander schweißen würde. »Ich möchte sie noch um einen kleinen Gefallen bitten. Bitte notieren sie heimlich, wann Maria wie und wie lange eingeschränkt ist.« Die Unterbrechung ihres sorgfältig ausgearbeiteten ursprünglichen Programms schmeckte ihr überhaupt nicht, aber sie wagte es nicht, gegen ihre Auftraggeber aufzubegehren.

Doch die Erzieherin konnte ihre Sorgen beschwichtigen. »Seit Maria mit Paul zusammen ist und er ihr bei allem hilft, genießt Maria ihre Hilflosigkeit und ist fast die ganze Zeit irgendwie gefesselt.« Sie beschrieb, wie sie Paul erst einmal ermutigen musste, ihrem Wunsch nach ständigem Tragen des Handschuhs entgegenzutreten. »Maria kommt überhaupt nicht dazu, an Zweisamkeit mit Paul zu denken, weil ihr Terminkalender so voll ist und sie entweder etwas zu tun hat oder total erschöpft ist.«

Marias Mutter war über diese Details sehr erfreut. Mit einigen freundlichen Worten und einer kurzen Verabschiedung beendete sie das Gespräch.

* * *

Nachdenklich legte sie den Hörer auf die Gabel und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Während ihre Augen dem bewaldeten Horizont folgten, waren ihre Gedanken bei ihrer Tochter und dem Projekt, welches eine sehr erfreuliche Wendung genommen hatte. Ein männlicher Partner war zu dieser Zeit noch gar nicht vorgesehen, höchstens erhofft. Das Programm wurde dadurch erheblich beschleunigt und erfolgreicher, wenn auch auf eine ganze andere Art und Weise als geplant.

Das Extra-Training für das Katerinenfest war mehr als zu begrüßen, wenn sie es auch ihrer Tochter aus eigenem Antrieb nicht zugemutet hätte. Und es hatte noch einen anderen Aspekt, den Frederike bisher nicht zu hoffen gewagt hatte. Mit dem Fest würde sich Marias Prinzessinnentraum erfüllen und sie wäre mindestens für ein Wochenende eine echte Prinzessin, die zudem noch für ihre Volk leiden musste, so wie das seit langem ihr Traum war.

Und auch das Konsortium war mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Doch mit der neuesten Nachricht aus der Heimat fühlte sie sich etwas überrumpelt. Es gab etwas Wichtiges zu tun. Pauls Reise in die Klinik war für den Herbst geplant. Das musste jetzt unbedingt vorgezogen werden. Sie nahm Stift und Block zur Hand und begann sich Notizen zu machen.

* * *

Andrea war sichtlich stolz auf sich. Sie hatte es in nur wenigen Stunden geschafft, ein einigermaßen spannendes Konzept für ihre sechzehn Artikel zu erarbeiten. Mit einem Strahlen im Gesicht stand sie jetzt vor Marias Haustür und hoffte darauf, dass ihre Ideen gefallen würden.

Wie schon die Male zuvor wurde sie mit der eher ungewohnten Wärme empfangen, auch wenn Mrs. Potter sofort auf die nur wenig vorhandene freie Zeit hinwies. Doch als Andrea ihr Konzept vorstellen wollte, wurde sie etwas abrupt von Mrs. Potter unterbrochen. »Das können sie gleich wieder zerreißen.«

Andrea war entsetzt und tief enttäuscht. Doch dann beugte sie die Erzieherin zu ihr hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Andreas Miene hellte sich in Sekundenbruchteilen wieder auf. »Sind sie sicher?«

Die Erzieherin lächelte zuversichtlich. »Er hat mich heute vormittag angerufen und es mir mitgeteilt. Heute Abend wird es offiziell bekanntgegeben.«

Mit einem breiten Lächeln zerriss Andrea ihr Konzept und nahm einen neuen Bogen Papier zur Hand. Sie begann erste Ideen zu notieren.


Maria kam mit eiligen Schritten die Treppe herunter und Paul folgte ihr.

Mrs. Potter blickte Andrea kurz an und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen.

Andrea lächelte verschwörerisch. Dann drehte sie sich zu Maria. »Es geht zum Tanzen?«

Es war Maria anzusehen, dass die Mittagspause nach der Schule ruhig noch etwas länger hätte dauern können. »Die Pflicht ruft.«

»Darf ich euch begleiten?« fragte Andrea und begann ihre Sachen einzupacken.

»Aber gern.«

* * *

Der Tanzunterricht begann mit den üblichen Ritualen. Zuerst machten alle die Aufwärmübungen, dann ließ sich Maria von Paul ihren Trainingshandschuh anlegen. Dabei wollte diesmal Carlos, der Chef der Gruppe, unbedingt dabei helfen.

Doch letzteres entpuppte sich nur als ein Vorwand, um unauffällig mit Paul und Maria reden zu können. »Ich möchte heute eine kleine nicht angekündigte Notfallübung durchführen.« Er beschrieb, was ungefähr passieren würde und wie sich Paul und Maria verhalten sollten. »Das Stichwort ist ´Schätzchen´.« Er grinste, dann klatschte er in die Hände und bat alle Tänzer auf ihre Plätze.

Die Tänzer und Tänzerinnen stellten sich für den ersten Tanz auf und warteten auf die Musik. Dann begann das Training.

Mitten im zweiten Tanz fiel es auf einmal auf, dass Carlos auf einmal ganz falsche Schritte machte. Es sah fast aus, als wäre er betrunken. Er begann zu taumeln und stolperte etwas auf Maria zu »Hallo Schätzchen« lallte er, »lass uns tanzen.« Dann griff er sie etwas unsanft an der Schulter.

Maria, die seine Absicht sofort erkannt hatte, spielte mit. Sie zuckte erschreckt zusammen und wollte einen Schritt zurücktreten. Doch Carlos hatte sie bereits an der Schulter gepackt.

Es waren kaum fünf Sekunden vergangen, als er auf einmal laut »Stopp« rief, zum Rekorder ging und die Musik ausmachte. Dann drehte er sich zu seiner Gruppe um und seine Augen funkelten böse. »Warum habt ihr nicht eingegriffen?« Er machte ihnen deutlich klar, dass dies ihre wichtigste Aufgabe auf dem Fest sei.

»Aber du bist doch der Chef?« kam etwas schüchtern als Einwand.

Doch dies wollte er nicht gelten lassen. »Wie lautet die wichtigste Regel?« Er machte eine deutliche Pause. »Ohne Ansehen der Person!« Er holte tief Luft. »Und wenn es der Bürgermeister persönlich ist, der Maria bedrängt. Eure einzige Aufgabe ist, sie zu beschützen, denn sie kann sich nicht wehren.«

Er drehte sich zu Maria. »Danke, dass du das kleine Spiel mitgemacht hast.«

Doch dann wurde seine Miene wieder etwas freundlicher. »Und jetzt lasst uns weiter tanzen.«

Paul war von der Übung sichtlich beeindruckt ebenso wie Andrea, die sich hastig Notizen machte.

* * *

Doch bald darauf wurde das Tanztraining wieder von Carlos unterbrochen. Sein Grinsen bis zu den Ohren zeigte, dass es etwas ganz besonders sein musste. Er bat seine Tänzer zu sich und gab eine kleine Pause bekannt. »Wir haben Besuch bekommen.« Er musste die beiden Herrn nicht vorstellen, sie kannte jeder.

Fast alle blickten zum Eingang und sahen dort den Baron in Begleitung des Sparkassendirektors stehen.

»Paul und Maria«, bat Carlos, »tretet ihr bitte vor.«

Er wollte, dass es alle hören konnten. Dann winkte er die Besucher heran.

Der Baron begann. »Nachdem wir schon für die Katerina eine Umbesetzung durchführen mussten, bekommen wir jetzt die zweite Umbesetzung.« Das Sprechen viel ihm sichtlich schwer. »Mein Neffe wird den Prinzen nicht spielen.«

Ein leiser Seufzer der Erleichterung ging durch die Halle.

»Paul und Maria, kommt ihr bitte ein mal zu mir?« Der Sparkassendirektor hatte Mühe, sein Freude zu verbergen und versuchte, eine feierliche Miene zu zeigen.

Beide ahnten, was jetzt kommen würde. Sie traten noch ein paar Schritte vor.

»Paul Mohr«, die Stimme von Herrn Steinhagen klang sehr wichtig, »wären sie bereit, die Rolle des Prinzen zu übernehmen?«

Paul und Maria blickten sich kurz an. Dann antwortete Paul mit etwas wackeliger Stimme. »Ja, ich bin bereit dazu.«

Der Sparkassendirektor drehte sich zu Maria. »Maria, sind sie einverstanden, wenn Paul die Rolle des Prinzen übernimmt?«

Es war Maria deutlich anzusehen, dass sie am liebsten allen um den Hals gefallen wäre. Ihre Arme zuckten deutlich in ihrem Gefängnis. Sie blickte wieder zuerst zu Paul. »Ja, sehr gern.«

Die Tänzer ließen einen spontanen Jubel hören, der erst von Carlos gedämpft werden musste.

»Ich möchte euch beide bitten, heute abend zur Sitzung des Vorstandes kommen. Dort werden wir es dann offiziell beschließen.« Er reichte beiden kurz die Hand.

Maria hatte sich diesmal etwas vorbereitet und streckte ihren Monohandschuh seitlich nach vorn, so dass sie ihm so auch die Hand geben konnte.

»Und jetzt möchten wir euch nicht länger vom Üben abhalten.«

Carlos klatschte in die Hände. »Jetzt wird weiter getanzt. Wir haben noch viel zu üben.«
148. RE: Maria

geschrieben von Rainman am 16.02.14 11:34

Hallo cag_coll

Wow. was für eine Fortsetzung!!
Ich bin tief beeindruckt was du immer so aus den tiefen heraus holst. Einfach Wahnsinn.

Vor allem bin ich ja mal gespannt, wiso Paul jetzt auch von Marias Mutter in der Klinik behandelt werden soll. Bekommt er auch nen KG verpasst??^^
Naja, du wirst uns hoffentlich irgendwann mal aufklären.

Was ich allerdings immer noch nicht ganz verstanden habe ist, warum der Chef der Zeitung erst mit "Gewalt" überzeugt werden mußte, Maria endlich zu akzeptieren. Oder kommt die Aufklärung dieses Rätsels noch?


Mfg Rainman
149. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 16.02.14 12:23

Es ist eine schöne Fortsetzung ich muß auch sagen das ich gespannt bin was die Mutter mit Paul vorhat .
150. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 17.02.14 00:37

Ist doch einfach Rainman. Er war von Maria nicht Überzeugt, sie ist ja nur eine Bürgerliche also nicht Schlagzeilenträchtig.
Vielleicht soll Paul mehr über Marias Training Erfahren in Amerika.
Die Aktion von Carlos beim Tanzen fand ich gut so wurde den anderen nochmal Eingeimpft das Marias Sicherheit über allem Steht egal wer sie Belästigt.
151. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Fünf

geschrieben von gag_coll am 17.02.14 06:41

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Fünf

Autor: Karl Kollar

Maria war nur bedingt traurig, dass sie heute keine Zeit mehr hatte, ihr Gebet auf dem Rücken zu trainieren. Immerhin ging heute ein Wunsch in Erfüllung, den sie nicht zu erhoffen gewagt hatte. Paul würde den Prinzen spielen. Er würde ihr Prinz werden.

Sie waren zu viert auf dem Weg zur Vorstandssitzung. Während Paul und Maria Hand in Hand unterwegs waren, versuchte Andrea, von Mrs. Potter einige Informationen zu Marias Mutter zu bekommen.

Alle freuten sich auf das Ereignis, welches jetzt vor ihnen lag. Andrea hatte sogar ihr Rendezvous mit Hans abgesagt, ihn aber vertröstet damit, dass er die nächsten Tage neue Fotos von Maria machen sollte.


Es war der komplette Vorstand des Festes anwesend. Und die strahlenden Gesichter zeigten deutlich, dass sie alle schon wussten, um was es heute abend gehen würde.

Sogar Renate konnte Maria heute einmal mit einer freudigen Nachricht begrüßen. »Diesmal ist der Prinz gekommen.« Sie schmunzelte.

Paul und Maria freuten sich sehr über den schönen Scherz.

Der Baron begrüßte die Anwesenden und eröffnete die Sitzung. »Wir haben heute nur einen einzigen Tagesordnungspunkt.« Er holte tief Luft. »Die Nominierung von Paul Mohr als Darsteller des Prinzen.«

Die Runde applaudierte.

Doch dann wurde die Stimmung etwas nüchterner. Paul musste Rechenschaft darüber ablegen, was er bisher von der Rolle des Prinzen schon wusste und an welchen Terminen er teilgenommen hatte.

Er konnte berichten, dass er an fast jedem Termin, wo eigentlich der Neffe hätte erscheinen müssen, an dessen Statt teilgenommen hatte.

Die Runde war mit seinen Ausführungen sehr zufrieden, so dass die darauf folgende Abstimmung zur Formalität wurde.

* * *

Maria schwebte geradezu, als sie jetzt neben Paul die Rathaustreppe hinunter schritt. Vor dem Rathaus blieben sie stehen, weil sie auf Robert warteten. Da Marias Musikgruppe in der Nähe probte, wollten sie dort noch kurz vorbei schauen. Robert wollte sie begleiten, weil er seine Frau abholen wollte.

Maria nutzte die Wartezeit, um Andrea zu erklären, was es mit der Musikgruppe auf sich hatte. »Ich hätte auf dem Fest die erste Stimme spielen dürfen,« beschrieb sie voller Stolz und doch auch mit etwas Wehmut.

Andrea hatte von Musik wenig Ahnung, doch sie spürte, dass es Maria sehr viel bedeutete. Außerdem stellte sie erfreut fest, dass sie mit der Musikgruppe Stoff für einen neuen Artikel hatte.


Vor dem Saal, in dem die Gruppe probte, blieb Robert Greinert stehen und drehte sich zu Maria um. »Ich werde euch ankündigen.« Sein strahlendes Grinsen zeigte, dass er eine besondere Idee hatte.

Aus dem Raum war ein Musikstück zu hören. Er schien es zu kennen. »Gleich sind sie fertig.«

Er wartete und tatsächlich verstummte die Musik gleich darauf. Er öffnete die Tür und trat ein. »Ratet mal, wen ich euch mitbringe.« Dass er die Probe unterbrach, störte ihn dabei nicht.

Seine Frau drehte sich ein wenig verärgert um. Doch als sie seine Miene sah, erkannte sie sofort, dass etwas sehr bedeutsames passiert sein musste. »Nun sag es schon.«

»Ich bringe euch das Prinzenpaar für das Katerinenfest.« Er winkte Paul und Maria herein.

Als die beiden im Raum standen, fragte Karin, seine Frau: »Und wo ist der Prinz?« Sie meinte natürlich den Neffen des Barons.

Die Antwort von Robert verblüffte alle. »Er steht vor euch.«

Es war still und er blickte in etwas ratlose Gesichter. Dann berichtete er, was sich gerade auf der Vorstandssitzung zugetragen hatte.

Es war kurz sehr still im Raum. Dann brach Jubel hervor und alle standen auf, um Maria und Paul zu gratulieren.

Nachdem sich der Jubel etwas gelegt hatte, bat Fritz ums Wort. »Ich denke, wir spielen jetzt noch ein Stück für das künftige Prinzenpaar und dann gehen wir gemeinsam etwas trinken.« Er wandte sich an Maria. »Du darfst dir ein Stück wünschen.«

Maria blickte kurz zu Paul, dann nannte sie einen der alten deutschen Tänze als ihren Wunsch.

* * *

Das Geschrei seines Neffens konnte der Baron schon im Treppenhaus zu hören. Der Butler versuchte ihn aufzuhalten und hätte ihn erst standesgemäß anmelden wollen, doch Franz Ferdinand Freiherr von Schleihthal liess sich davon nicht aufhalten. Es war zu hören, wie er einfach an dem Butler vorbei die Treppe hinauf rannte.

Baron von Harsumstal wappnete sich gedanklich für die fällige Aussprache mit seinem Neffen. Insgeheim war er über die Nominierung von Paul Mohr als Darsteller des Prinzen erleichtert, denn dies würde ein erfolgreiches Fest wesentlich wahrscheinlicher machen. Natürlich ahnte er, wie sein recht impulsiver Neffe wohl reagieren würde und er hoffte, dass er die richtigen Mittel dagegen vorbereitet hatte.


Franz-Ferdinand schlug die Tür des Arbeitszimmers weit auf, stürmte bis zum Schreibtisch seine Onkels vor und warf ihm erbost die Mittwochsausgabe der Zeitung auf den Tisch. »Kannst du mir das erklären?«

Obwohl der Baron genau wusste, was sein Neffe wollte, ignorierte er ihn zunächst. »Das ist die Zeitung von gestern. Was ist damit?«

Es wirkte. Diese Bemerkung so ganz neben der Spur brachte den Neffen aus dem Konzept. Er griff sich noch eine Spur erboster die Zeitung und schlug die Seite auf, auf der das Bild von Paul und Maria zu sehen war. »Warum muss ich das aus der Zeitung erfahren?«

Baron Harsumstal wusste auf diese Frage keine Antwort. Natürlich, er hatte vergessen, seinem Neffen Bescheid zu sagen. Aber er hatte dies für nicht so wichtig gehalten, weil der Neffe sowieso nur sehr wenig Interesse an der Rolle gezeigt hatte.

»Wie stehe ich denn jetzt da?« Er legte den Finger auf die Schlagzeile. »Meine Freunde lachen über mich.«

Der Baron hatte Mühe, seine Erleichterung zu verbergen. Es ging dem Neffen gar nicht um den Rauswurf, sondern nur um sein Ansehen bei seinen Freunden. Er versuchte sich zerknirscht zu geben. »Ja, das war ein Fehler. Ich hätte dich zuerst informieren sollen.« Auf einmal hatte er eine Idee. »Aber ich bin ja selbst Opfer.« Er zeigte seinerseits auf das kleine Foto des Sparkassendirektors. »Er hat das alles veranlasst. Ich kann gar nichts dafür.«

Auf die Sparkasse war der Neffe im Moment ohnehin nicht besonders gut zu sprechen, weil sie seinen letzten Kreditantrag abgelehnt hatten. Es wären zu wenig Sicherheiten vorhanden. »Diese Finanztrottel.« So wirkte das Ablenkungsmanöver.

»Es gibt einen ganz wichtigen Grund, warum das Fest unbedingt ein Erfolg werden muss.« Der Baron legte den nächsten Köder aus.

»Warum?« So langsam ließ der aufgestaute Ärger des Neffen nach.

»Versprichst du mir, deinen Mund zu halten?«

»Meinentwegen.«

»Wenn eine Darstellerin es auf dem Fest schafft, die Originalhaltung zu tragen, dann wird dafür ein Preisgeld von zwei Millionen ausgezahlt.« Der Baron berichtete, was er von dem Notar erfahren hatte. Dabei hoffte er, das sein Neffe bei der Erwähnung der Summe sich davon blenden ließe und nicht hinterfragen würde, was denn die Originalhaltung sei. »Wir brauchen das Geld dringend.« Dabei seufzte er theatralisch.

Erst jetzt wurde Franz-Ferdinand hellhörig. »Du hast Geldsorgen?« Es war für ihn ein ganz neuer erschreckender Gedanke, denn bisher hatte er seinen Lebenswandel hauptsächlich über die Zuwendungen seines Onkels finanziert.

»Wenn nicht ein Wunder geschieht, dann bin ich in einem Monat pleite.« Das stimmte zwar so noch nicht ganz, aber sehr viel positiver war die Situation auch in Wirklichkeit nicht.

»Das wusste ich nicht.« der Neffe ließ sich ernüchtert auf den Besucherstuhl fallen.

»Deswegen ist es ganz wichtig, dass Maria Beller das Fest erfolgreich hinter sich bringt.« Er begann seinen Plan zu erläutern. »Beim Fest wird der Notar anwesend sein und kann sich selbst davon überzeugen, dass alle Bedingungen für die Auszahlung erfüllt sind.«

»Aber steht das Geld nicht ihr zu?« Der Neffe glaubte, ein Problem in dem Plan entdeckt zu haben.

»Sicher, aber es gibt noch eine Extra-Klausel in dem Vertrag.« Er lass die Stelle aus dem Brief vor, in der beschrieben war, das Maria entweder verheiratet sein musste oder das fünfundzwanzigste Lebenjahr vollendet haben musste. »Und bis dahin darf der Vorsitzende des Festes das Geld verwalten.«

Der Neffe grinste. »Das bist ja du.«

»Verstehst du jetzt, warum Paul Mohr den Prinzen spielen soll?« Er hoffte auf Einsicht von seinem Neffen.

»Und was ist nach dem Fest? Was ist, wenn Maria heiratet?«

»Das werden wir verhindern.« Er stand auf. »Komm bitte einmal mit.«

Sie gingen durch das Treppenhaus in den Keller des Schlosses. Der Baron nahm einen Schlüssel zur Hand und öffnete eine Tür.

»Die alte Dienstbotenwohnung?« der Neffe erinnerte sich. Wobei es allerdings übertrieben war, sechzehn Quadratmeter als Wohnung zu bezeichnen. Aber früher hatte hier wirklich eines der Dienstmädchen gewohnt. Mit Kochnische, abgeteilter Nasszelle und hinter einem Vorhang eine Schlafgelegenheit.

»Ich habe hier ein paar Sachen umbauen lassen.« Der Baron verriegelte das Türschloß so, dass es nicht zufallen konnte. »Pass vor allem auf die Tür auf, die ist jetzt von innen nicht mehr zu öffnen.«

»Faszinierend«, Franz-Ferdinand begutachtete die Innenseite der Tür, die nur eine glatte Fläche zeigte. Es gab weder eine Klinke noch ein Schlüsselloch.

»Die Fenster sind auch vergittert.« Der Baron zeigte auf die Öffnungen in der Wand. »Hier wird keine die beiden Mädchen finden.«

»Zwei Frauen?« der Neffe war verwundert. »Wer denn noch.«

»Sophie frisst mir die Haare vom Kopf.« Der Baron seufzte. »Deswegen musste ich sie stoppen. Sobald die Ärzte sie entlassen, werden wir sie hier zu Maria bringen, damit sie uns nicht verraten kann.«

»Es wird sie keiner vermissen.« Franz Ferdinand grinste. Auch ihm war das Treiben seiner Cousine mehr als peinlich gewesen.

»Direkt nach dem Fest werden wir Maria hierher bringen.« Er zeigte noch einmal in den Raum. »Sophie kommt später dazu.«

Sie verließen den Raum. Der Baron verschloss die Tür. »Ich habe extra ein Filmteam beauftragt, während des Festes viel zu filmen und Bilder zu machen, damit der Notar genügend Beweise hat, falls Maria nach dem Fest verschwunden sein sollte. Er wird uns das Geld auszahlen.« Er klang sehr zuversichtlich.

* * *

Freitags stand Maria immer etwas früher auf, um für das Telefonat mit ihrer Freundin Rosalie in Australien genügend Zeit zu haben. Diesmal war sie sogar eine ganze Stunde früher aufgestanden, denn sie hatte sehr viel zu erzählen.

»Du bist heute aber früh dran«, wunderte sich Rosalie gleich nach der herzlichen Begrüßung. »Ist »es« passiert?«

Maria verdrehte die Augen. Ihre Freundin zog sie immer wieder mit diesem Thema auf. »Nein«, antwortete sie mit einem Strahlen in der Stimme, »viel schöner.«

»Nun erzähle schon.« Rosalie war hörbar neugierig.

»Paul darf den Prinzen spielen.« Ihre Stimme überschlug sich dabei fast.

»Nein«, Rosalie war hörbar überrascht. »Wie ist es denn dazu gekommen?«

Maria erzählte vom Besuch des Sparkassendirektors beim Training und der Nominierung auf der Versammlung.

»Und was sagen der Baron und sein Neffe dazu?« Rosalie hatte sich schon viele Klagen über Franz-Ferdinand angehört.

»Ich weiß es nicht.« Es war ihr auch gleichgültig. »Aber ich bin doppelt erleichtert.«

»Das passt ja super zu dir als Prinzessin.« Rosalie kannte ihre Freundin gut. »Jetzt wirst du bestimmt noch intensiver trainieren.«

»Die Prinzessin muss eben Opfer bringen für ihr Volk.« Marias Stimme hatte dabei einen recht verträumten Unterton.

»Und die Leute glauben, dass du den Mono noch trainieren musst?« Rosalie sprach das aus, was Maria insgeheim auch schon sehr beschäftigte.

»Ich weiß es nicht.« Maria seufzte. »Es haben mir alle bestätigt, dass ich mir deswegen keine Sorgen zu machen brauche.«

»Na dann wäre doch alles in Ordnung.« Rosalie lächelte durchs Telefon. »Ich weiß doch, wie gern du in Wirklichkeit deine Arme da hineinsteckst und dich dann bedienen läßt.«

Maria wurde etwas rot. Sie war froh, dass ihre Freundin dies nicht sehen konnte. Denn auch wenn sie es nie zugegeben hätte, Rosalie hatte mit dieser flapsigen Bemerkung recht.

»Und was sagt Paul zu seiner neuen Rolle?« Rosalie fragte weiter, als Marias Antwort ausblieb.

»Ich glaube, insgeheim ist er sogar erleichtert.« Maria hatte dies in den letzten Tagen gespürt. »Der Gedanke, dass ich mit Franz-Ferdinand spielen sollte, hat ihn wohl sehr bedrückt.«

»Er liebt dich.« Diesmal lag kein Spott in Rosalies Stimme. »Macht ihm der Druck der Öffentlichkeit nichts aus?«

»Oh nein«, Maria beschrieb, wie gut Paul sich schon mit der Rolle auseinandergesetzt hatte. »Er musste den Prinzen ja bisher schon fast immer vertreten. Ich glaube, er kommt gut damit zurecht.«

»Und hatte ihr jetzt schon einen gemeinsamen Auftritt?«

»Ja«, Maria wurde ein klein wenig verlegen. »Wir haben am Mittwoch die Produktionshallen der Bäckerei Friedrich besichtigt und dafür hatte ich die Ballettstiefel wieder hervorgeholt.«

»Ich dachte, deine Mutter hätte das jetzt ausgesetzt?« Rosalie war etwas verwundert.

»Die Prinzessin fühlte sich dazu verpflichtet.« Marias Stimme zeigte den Prinzessinnentraum an.


Es war das bekannte Ritual, welches Maria jetzt begann. Sie stellte sich gerade vor ihre Erzieherin und blickte dann zu Boden. Sie wartete auf die Erlaubnis sprechen zu dürfen. Nur eine Kleinigkeit war diesmal anders als sonst. Paul stand hinter ihr und hatte ihre bis zum Knie reichenden Ballettstiefel in der Hand.

»Nun Maria«, Mrs. Potter war stets bereit, das Ritual mitzuspielen, wenn ihr Schützling damit anfing. »Was wünscht ihr?«

»Ich bitte um Erlaubnis«, ihre Stimme zeigte eine gewisse Unsicherheit, »bei dem heutigen Termin zusätzlich zum Handschuh auch die Trainingstiefel tragen zu dürfen.«

»Nun denn«, die Erzieherin hatte Paul mit den Stiefeln natürlich schon längst gesehen. »wenn es denn euer Wunsch ist. Ist denn euer Beinkleid auch lang genug dafür?« Es war mit Marias Mutter abgesprochen, dass Maria Sachen aus dem Programm tragen durfte, wenn sie selbst danach fragen sollte.

Maria zeigte ihren Rock, der im Moment deutlich auf dem Boden schleifte. »Und der Prinz wird auf mich aufpassen.«

Als sich nun die Blicke beider Frauen auf ihn richteten, musste Paul erst einmal schlucken. »Ich...« Er musste sich räuspern. »Ich werde gut auf die Prinzessin aufpassen, so dass ihr kein Unheil geschieht.«

»Dann habe ich keine Einwände.« Mrs. Potter freute sich insgeheim über Marias Wunsch.

»Ich bitte um die Erlaubnis, meinen Prinzen küssen zu dürfen.« Marias Stimme strahlte.

»Die Bitte sei euch gewährt.« Dann drehte die Erzieherin sich weg.


»Und ihr habe dann die Bäckerei mit den Stiefeln und dem Mono besichtigt?« Rosalie wollte es nicht so recht glauben.

»Der Mono gehört ja zur Rolle, deswegen konnte ich den auch zeigen.« Maria strahlte mit ihren Worten. »Aber die Stiefel waren unter dem Rock versteckt.«

»Ist denn dein Gang nicht aufgefallen?«

»Schon«, gab Maria zu. »Aber die meisten haben wohl geglaubt, es läge am Handschuh.«

»Wie denkt Paul denn über die Stiefel?«

»Ich glaube, sie gefallen ihm auch.« Maria schwelgte in Erinnerungen. »Er war sehr aufmerksam und hielt mich fast die ganze Zeit im Arm. So konnte ich ihn ebenfalls berühren mit meinen Armen.«

»Ja, sowas sieht dir ähnlich.« Rosalie musste lächeln. »Aussehen wie die Unschuld in Person und heimlich fummeln.«

»Wenn du nicht gleich mit deinem Spott aufhörst, lege ich auf.« scherzte Maria.

»Was wolltet ihr eigentlich in einer Bäckerei?« Rosalie versuchte das Thema zu wechseln.

»Das war einer der verpflichtenden Sponsorenbesuche.« Maria stöhnte ein klein wenig. »Paul fand die ganzen Maschinen ziemlich interessant. Ich habe mich etwas gelangweilt.«

»Naja, für Technik hast du dich noch nie interessiert.«

»Richtig.« Maria lächelte. »Immerhin kriegen wir bis Ende des Katerinenjahrs unsere Frühstücksbrötchen umsonst.«

»Na das ist doch was handfestes.« Rosalie lachte. »Und was habt ihr dann gemacht?«

»In der Bäckerei hat es viel länger gedauert als geplant, so dass ich dann direkt zum Monohandschuh-Training gehen musste. Ich konnte mich nicht mehr umziehen.«

»Aber das hast du doch wirklich nicht mehr nötig.« Rosalie war erstaunt. »Das hättest du doch ausfallen lassen können.«

»Aber dann wäre ich nicht besser als die Baroness.« Maria versuchte sich zu rechtfertigen.


Herr Weiterer saß wieder auf der Bank vor seinem Haus, als Maria mit langsamen Schritten auf das Gartentor zukam. Als er sie die Strasse überqueren sah, stand er zunächst nur auf und schaute sehr aufmerksam auf Maria. Dann kam er zum Gartentor und öffnete es. »Seid willkommen, werte Maria.« Seine Stimme zeigte Bewunderung.

Paul betrat etwas unsicher hinter Maria das kleine Grundstück. Nach der Gartenpforte legte er wieder seinen Arm um Marias Schulter. Er wusste, dass zusätzlicher Halt für Maria nicht unnötig war.

Herr Weiterer hatte diese Geste bemerkt und lobte ihn. »Passe gut auf deine Frau auf. Das Gehen in den Ballettstiefeln erfordert hohe Aufmerksamkeit.«

Maria wurde auf einmal rot und blieb vor Erstaunen stehen. »Woher wissen sie...«

Sie wusste nicht, wie sie es formulieren sollte. Sie hatte sehr gehofft, dass er es nicht bemerken würde.

»Ich freue mich sehr, dass es heute noch Mädchen gibt, die in solchen Stiefeln gehen können.« Er bat das Paar, ihm ins Haus zu folgen.

»Ich habe Kaffee und Kuchen für euch.« Er zeigte ihnen den liebevoll gedeckten Tisch. »Bitte macht mir die Freude und seid meine Gäste.«

Paul und Maria waren zunächst etwas verlegen. Mit soviel Gastfreundschaft hatte sie nicht gerechnet. Doch die Einladung abzulehnen trauten sie sich auch nicht.


»Er hat es sofort erkannt?« Rosalie war verblüfft.

»Seine Tochter hatte auch solche Stiefel, hat er uns dann erzählt.« erzählte Maria. »Daher hatte er die besondere Körperhaltung sofort erkannt.«


»Ich bin so sehr erleichtert, dass nicht die Comtesse die Katerina spielen wird. Diese Freude möchte ich mit euch teilen.« Er bat zu Tisch.

Paul und Maria bedankten sich höflich und nahmen Platz.

»Wißt ihr, dass dies mein letztes Fest sein wird?« Seine Stimme wurde etwas traurig. »Ich bin jetzt schon über achzig und der Arzt sagt, dass mein Herz nicht mehr das kräftigste ist.«

Paul griff zu Marias Hand und hielt sie fest. Beide hatten einen Kloß im Hals.


»Ich hätte wahrscheinlich zu weinen angefangen.« ließ Rosalie durch den Hörer hören.

»Ja, es war nicht einfach am Anfang.« Marias Stimme zeigte, dass sie auch von dem Besuch noch schwer beeindruckt war. »Aber dann hat er uns von den vielen Katerinen berichtet, die er ausbilden durfte. Er erzählte, wie stolz er jeweils war, wenn die glückliche Braut am Altar ja sagte und das Fest schön gespielt hatte.«

Rosalie lauschte gespannt.

»Es hätte ihm das Herz gebrochen, wenn ausgerechnet sein letztes Fest durch die Comtesse verdorben worden wäre.«

»Trugst du eigentlich deinen Handschuh?« fragte Rosalie.

»Nein«, erklärte Maria, »den hatte Paul mir gleich zu Beginn abgenommen. Herr Weiterer hätte es am allerwenigsten geglaubt, dass ich noch trainieren muss. Die Pause war sehr angenehm.«

»Das glaube ich dir gern.«

»Außerdem war die Unterrichtsstunde dann doch zwei Stunden lang.« Maria schwärmte. »Es war toll, seinen Erzählungen zu lauschen. Wir haben es erst gemerkt, als auf einmal ´sie´ klingelte und die Klette im Schlepptau hatte.«

»Die Klette?«

»Ja, die Reporterin von der Zeitung. Sie muss eine Serie über mich schreiben.«

Rosalie wollte die Details wissen.

»Ich hebe dir alles auf.« Maria war etwas genervt. »Der Abschied war dann noch mal etwas besonderes bei Herrn Weiterer.«

»Inwiefern?«

»Er hatte ganz rührend gefragt, ob er mir den Mono einmal anlegen dürfte.« Marias Stimme zeigte, wie sehr sie diese Bitte bewegt hatte. »Ich habe ihm den Wunsch gern erfüllt.«

»Und? Konnte er es?« fragte Rosalie amüsiert.

»Er hat Paul noch viele Tipps gegeben, was er machen muss, damit es für mich besonders bequem ist.«

Rosalie grinste hörbar.

»Aber ich glaube, es war ein ganz großes Geschenk für ihn, dass er so eine strenge Schnürung machen durfte. Als wir uns dann verabschiedeten, hatte er Tränen in den Augen.«

»Mit den Stiefeln hast du ihm sicher auch eine große Freude gemacht.« Rosalie spekulierte.

»Ja, sicher.« Maria war selbst heute noch sehr bewegt von dem Nachmittag. »Obwohl das so gar nicht geplant war.«

»Am Abend hatte die Klette uns alle dann noch zum Essen eingeladen.« Maria hatte etwas Spott in ihrer Stimme. »´Sie´, ich, Paul und seine Oma und der Herr Steinhagen.«

»Der Sparkassendirektor?« Rosalie war erstaunt.

»Ja der.« Maria klang fast etwas stolz. »Ich glaube, er hat dafür gesorgt, dass Paul jetzt den Prinzen spielen darf.«

»Oh Mann«, Rosalies Stimme war wehmütig, »zum ersten Mal bedauere ich den Weggang wirklich. Jetzt wäre ich gerne noch in Landsbach.«

Maria konnte ihr nur zustimmen. »Ich hätte dich jetzt sehr gern hier.«

»Jetzt hast du doch ´ihn´,« versuchte Rosalie einen Trost.

»Der Direktor hatte dann noch eine andere Überraschung für mich.« Marias Stimme klang geheimnisvoll. »Ich war gestern bei der Schneiderin, um das Kleid für das Fest anzuprobieren.

»Jetzt mach es nicht wieder so spannend.«

»Er hat insgesamt zehn Kleider für mich bestellt, die ich anprobieren durfte.«

»Zehn Kleider?« Rosalie war beeindruckt. »Hat er gesagt, warum?«

»Die Schneiderin wusste es nicht. Aber er hatte einen Brief für mich hinterlassen, in dem er sagte, dass er sich ein schönes Fest wünscht und ich seine Kleider mit Würde tragen soll.«

»Und die Kleider gehören dir?«

»Ja, so stand es in dem Brief.« Maria versuchte aus dem Gedächtnis zu zitieren. »Die Sparkasse, denen Herr Steinhagen vorsteht, wünscht, dass ich bei den verschiedenen Terminen im Laufe des Katerinenjahres immer eines dieser Kleider tragen soll.«

»Du Glückliche.«

»Ja, ich glaube, ich bin so etwas wie die Tochter, die er sich immer gewünscht hat.« Maria spekulierte, »und er ist sehr froh, dass nicht die Comtesse auf dem Fest spielen wird.«

Maria berichtete, was sie aus seinem Brief erfahren hatte. Der Direktor war von vornherein gegen Sophie gewesen, aber er hatte sich nicht durchsetzen können. Jetzt hatte er Oberwasser und sah seine Linie gestärkt. Er hätte Interesse daran, dass das Fest bei seinen Wurzeln bliebe. Mit Sophie als Darstellerin wäre es eine peinliche Glamour-Party geworden.


»Dann haben wir noch neue Fotos für die Presse gemacht.« Marias Stimme verriet, dass diese Fotos etwas besonderes waren.

»Nun erzähl schon« Rosalie kannte diesen Tonfall ihrer Freundin gut.

»Paul musste ebenfalls sein Kostüm anziehen.« Marias Stimme klang schwärmerisch.

»Nun mach es doch nicht so spannend.« Rosalie war genervt.

»Es ist eine alte Militäruniform. Blaue Jacke mit viel Schmuck, eine rote Hose und schwarze Stiefel. .« Maria schloss kurz die Augen. »Die Sachen haben ihm nur überhaupt nicht gepasst. Aber für das Foto ging es.«

»Und was hattest du an?« Rosalie seufzte. »Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«

»Ich hatte das Kleid an, welches ich auf dem Ball tragen werden.« Maria musste bei diesen Worten aufpassen, dass sie sich nicht verplapperte. Dass sie das Gebet auf dem Rücken tragen wollte, wusste die Schneiderin und deswegen gab es von dem Ballkleid zwei Ausfertigungen. Einmal das echte Kleid mit der Hülle für die Arme und einmal die Variante für die Presse, die davon noch nicht wissen durfte. »Paul hat mir dann noch den Handschuh angelegt und dann haben wir Fotos gemacht.«

»Fotos?« Rosalie war hellhörig. »Die will ich sehen.«

»Die Klette hatte ihren Freund dabei und der hat Fotos gemacht.« Maria schwelgte in Erinnerung. »Es war toll in den Kostümen. Ich konnte so richtig vom Fest träumen.«

»Das glaube ich dir.«

»Paul sah auch toll aus.« Maria hatte ein Lächeln in der Stimme. »Er durfte sich nur nicht viel bewegen, sonst wäre es aufgefallen, dass ihm die Sachen überhaupt nicht gepasst haben.«

»Ich bin schon sehr gespannt.«

»Am Samstag wird ein Bild davon in der Zeitung erscheinen.« Maria strahlte. »Die Klette sagt, dass sie noch einen schönen Bericht über Paul und mich schreiben wird.«

»Ich freue mich schon.« Rosalie fieberte mit ihrer Freundin mit. »Was war noch?«

»Gestern abend waren wir wieder beim Tanztraining.« Maria strahlte. »Es war das erste Training mit Paul als Prinz. Aber er macht das echt gut. Es wird ein schönes Fest.«

»Dann bis nächste Woche.« Sie verabschiedeten sich.

* * *

Maria hatte schon den ganzen Unterricht lang Probleme, sich zu konzentrieren. Der Grund war, dass sie heute ihren Termin in der Kunstschmiede hatte und diesmal gleich in doppelter Funktion. Sie besuchte einen der Sponsoren des Festes und sollte zugleich die Ketten probieren, die extra für sie geschmiedet wurden und die sie dann auf dem Fest tragen würde. Irgendwie hatte sie eine unbestimmte Angst davor, in Ketten gelegt zu werden.

Mit einigem Herzklopfen ging sie mit Paul und Renate den Weg bis zur Schmiede. Die Betreuerin hatte sie von der Schule abgeholt und klingelte jetzt. Aus der Werkstatt klangen Hammerschläge und gelegentlich das Rauschen des angeschürten Feuers.

»Hoffentlich hören sie uns. Angemeldet sind wir.« Renate freute sich, dass sie jetzt endlich ihr Prinzenpaar zusammen hatte und dass sie keine fahrigen Ausreden mehr vertreten musste.

Innen waren Schritte zu hören, die sich mit einem leisen Klingeln mischten. Schließlich öffnete sich die Tür. »Herzlich willkommen in der Kunstschmiede Schwerterle.« Doris, die Tochter des Schmiedes öffnete und bat die Besucher herein. »Bitte entschuldigen sie meinen Aufzug, ich streiche gerade mein Zimmer.«

Doris trug einen mit etwas Farbe bespritzen Malerkittel und einen netten Papierhut. Viel verwunderlicher waren aber die Ketten, die ihre Handgelenke mit einem Ring um ihre Taille verbanden. Auch zwischen ihren Fußgelenken befand sich eine Kette.

Maria und Paul nahmen sich bei der Hand. Ihnen war der Auftritt von Doris etwas unheimlich.

»Ja, aber die Ketten?« Renate fragte es schließlich.

»Ach die«, Doris lächelte ein wenig verlegen. »Die Ketten sind das Modell, was für die Katerina angefertigt wird. Mein Vater hat mich gebeten, sie mal über einen längeren Zeitraum zu tragen.«

Maria schluckte etwas. »Wie lange trägst du sie schon?«

»Zwei Tage.« Doris lächelte fast etwas stolz. »Sie sind sehr bequem und stören fast überhaupt nicht.«

»Aber du kannst sie doch abnehmen, oder?« Renate fragte eigentlich nur aus Höflichkeit, denn sie rechnete fest mit einem »Ja«.

»Nein«, Doris wurde auf einmal etwas rot. »Mein Freund hat die Schlüssel.« Das Thema schien ihr unangenehm zu sein. »Folgen sie mir bitte in die Schmiede.«

Doris ging voran und die drei anderen folgten ihr. Das leise Klirren der Ketten war dabei nicht zu überhören.


Zwei Männer waren in der Schmiede. Der Vater von Doris legte seinen Hammer weg und begrüßte Renate zusammen mit dem Prinzenpaar. »Ich freue mich, dass ich auch dies Jahr für das Fest arbeiten darf. Meine Tochter haben sie ja schon kennengelernt.« Er deutete auf den anderen Mann. »Das ist mein Geselle, der vielleicht auch mal mein Schwiegersohn wird.«

Doris ging zu ihrem Freund und gab ihm einen Kuss. »Hallo mein Schatz.«

Der Geselle nahm seine Freundin in den Arm und erwiderte den Kuss. »Na, wie weit bist du mit dem Streichen?«

»Die Käfigwand ist schon fertig.« berichtete Doris recht stolz. »Für den anderen Teil brauche ich dann etwas längere Ketten.«

Der Freund gab ihr noch einen Kuss, dann streichelte er ihr lieb durch das Gesicht. »Na klar. Aber jetzt bediene erst einmal die Kundschaft.«

Doris wandte sich dem kleinen Tischchen zu, welches anscheinend extra in der Werkstatt aufgebaut worden war. Es fiel auf, weil es eine weiße Tischdecke trug, die in der sonst eher etwas dunklen Werkstatt hervorstach. Darauf lagen vier Metallringe, von denen jeweils Ketten ausgingen.

Maria stand etwas unschlüssig vor dem Tischchen. »Was muss ich tun?«

»Reich mir einfach deine Hände.« Doris griff zu einem der beiden kleineren Ringe und klappte diesen auf.

Marias Hand zitterte ein wenig, als sie spürte, wie sich langsam das Metall um ihre Haut legte. Zu ihrer Überraschung waren die Ketten aber nicht kalt, sondern angenehm warm.

Doris schien ihre Verwunderung zu bemerken. »Ich habe sie extra für dich angewärmt.« Sie drehte ihren Kopf kurz zu ihrem Freund. »Das könntest du auch mal für mich machen.«

Der Freund grinste nur und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Bei der zweiten Schelle zitterte Marias Hand nicht mehr. Beide waren zu ihrem eigenen Erstaunen sehr bequem.

»Hier, probiere auch mal, ob sie sich gut verschließen lassen.« Herr Schwerterle reichte seiner Tochter einen Schlüssel.

Doris Augen begannen auf einmal zu leuchten, als sie die Schellen verriegelte.

»Es ist ein anderes Schloß«, ließ plötzlich der Geselle von sich hören, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. »Der passt bei dir nicht.«

Doris Blick zeigte kurz so etwas wie Enttäuschung, dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben und lächelte. »Jetzt noch die Beine.« Sie blickte zu dem kleinen Hocker, der direkt neben Paul stand.

Paul war dem Blick gefolgt und stellte den Hocker neben Maria, so das diese sich darauf setzen konnte. Sie streckte ihre Beine aus. Entsprechend dem Wunsch der Schmiede trug sie heute Schuhe, die die Fesseln frei ließen.

Die Beinschellen ließen sich genauso problemlos anbringen und verschließen.

Doris stand auf und machte ihrem Vater platz, der darum gebeten hatte. Er kniete sich vor Maria und prüfte den Sitz der Fußschellen. »Diese müssen besonders gut sitzen, wenn du den ganzen Tag damit herumlaufen wirst.«

Doris seufzte etwas.

»Darf ich dich einmal anfassen?« Herr Schwerterle wartete Marias Antwort ab, dann hob er ihr Bein etwas hoch und rieb ein wenig an der Schelle. Er war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Er drehte sich zu seiner Tochter. »Doris, du hast sehr gut gearbeitet. Kompliment, sie sitzen erstklassig.«

Doris freute sich sichtlich über das Lob. Sie wurde ein wenig rot.

»Laufe mal ein wenig damit herum.« bat der Schmied.

Maria stand vorsichtig auf und machte ein paar schüchterne Schritte.

»Die Ketten quietschen noch etwas.« stellte er fest. »Ist schon Öl dran?«

Doris verneinte.

»Welches Öl benutzt du so in der Regel?«

»Das Feine«, antwortete Doris, »es tropft nicht und fettet auch nicht ab.«

»Naja, beim Abholen sind die Ketten dann auch geölt.« Er schien sich gedanklich eine Notiz zu machen. »Jetzt müssen wir noch etwas die Längen kontrollieren.«

Er drehte sich noch mal zu seiner Tochter. »Welche Längen hast du bei deinen Geschirren?«

Doris musste erst einmal nachdenken. »Ich glaube, das Arbeitsgeschirr ist ein Sechser, während das Ruhegeschirr nur ein Zweier ist.«

»Und dein Sonntagsgeschirr?«

»Das ist ein Vierer.«

»Ich glaube, dann machen wir für das Fest auch ein Vierergeschirr.« Er blickte dabei Maria an, die mit den Zahlenbegriffen allerdings wenig anfangen konnte. Sie nickte etwas schüchtern.

»Du kannst sie wieder aufschließen.« Herr Schwerterle stand auf und wandte sich Renate zu. »Nächste Woche können sie das fertige Geschirr samt Schlüsseln abholen.«

* * *

Als sie sich nach dem anstrengenden Tag daheim auf dem Sofa aneinander kuschelten, stellte Maria die Frage, die sie schon den ganzen Tag beschäftigt hatte: »Würdest du mich auch so in Ketten legen?«

Paul war auf die Frage in dem Sinne vorbereitet, als dass er sie sich selbst auch schon gestellt hatte. »Wenn es dein ausdrücklicher Wunsch ist, dann gern.«

»Gefallen dir die Ketten?«

»Ich finde sie so kalt und unbarmherzig.«

»Was gefällt dir besser?«

Paul musste ihr eingestehen, dass er von dem Monohandschuh sehr fasziniert war. »Ich weiß gar nicht, woran das liegt, aber ich bin dann von dir sehr fasziniert.«

»Am Anfang hatte ich Angst, du würdest es abstoßend finden.«

Paul wurde innerlich nervös. Er musste jetzt schnell das Thema wechseln, sonst hätte er eingestehen müssen, dass er Maria im Handschuh erregend fand. »Doris war schwer verliebt.«

»Ja, das war mir auch aufgefallen. Und das trotz der Ketten.«

Pauls Antwort umfasste nur zwei Worte. »Oder wegen.«

Es waren Marias Augen, die ihm auffielen. Auf einmal waren sie seltsam abwesend. Langsam näherten sich ihre Lippen.


»Und dann hatte sie wieder einen ...« Es kostete Paul Kraft, das Wort auszusprechen. »Einen Höhepunkt.«

Oma Selma nickte verständnisvoll »Ja, das kann ich verstehen.«

»Habe ich etwas falsch gemacht?«

Seine Oma konnte ihn beruhigen. »Nein, es war alles richtig. Die Höhepunkte sind für Maria sogar so etwas wie ein Aufputschmittel, denn sie helfen ihr, ihr Training leichter zu ertragen. Ich habe da etwas für dich heraus gesucht.« Sie reichte ihm zwei Bücher. »Nimm dir Zeit und lies darin. Du wirst vieles besser verstehen danach.«

Paul warf einen Blick auf die beiden Bücher. Es waren medizinische Fachbücher. Bloß die Titel irritierten ihn sehr. »Die weibliche Anatomie.« und »Der weibliche Orgasmus.«

»Kein Grund, rot zu werden.« Seine Oma stand auf und griff zu ihrer Strickjacke. »Ich gehe noch ein wenig spazieren.« Sie strich ihm noch einmal zärtlich über den Kopf.
152. RE: Maria

geschrieben von Gummimike am 17.02.14 10:40

Wurde auch Zeit das Paul die Prinzen Rolle bekommt. In Marias Herz ist er das ja schon lange.
Ich hoffe natürlich das der Plan des Barons nicht Aufgeht. Vielleicht reicht es dem Notar auch wenn Maria sich Verlobt. Ich glaube da hätte niemand was dagegen. Es scheint ja so das es die Erwachsenen freut das Paul und Maria sich verliebt haben. Wurde da ein wenig im Hintergrund dran gedreht das die beiden sich treffen? Der Rest war ja nun wirklich nicht Planbar. Die Ketten scheinen nicht nur Doris zu gefallen. Ich konnte mir gut Vorstellen was Doris in dem Moment dachte als sie den Schlüssel zu Marias Schellen bekam, aber ihr Feund hat ihr den Zahn gleich gezogen. Wunderschöne Fortsetzung Karl.
Hast du eigentlich Vorbilder für das Katerinenfest genommen oder Komplett Ausgedacht?
153. RE: Maria

geschrieben von Exdriver am 17.02.14 11:54

Die Geschichte gefällt mir immer mehr .
ich bin gespannt wie es nach dem fest mit den 2 weiter gehen wird .
154. RE: Maria

geschrieben von kamikazekifferin am 17.02.14 20:52

Ich freue mich, dass Paul und Maria nun das Prinzenpaar sind die Geschichte ist mit sehr viel Gefühl geschrieben. ich lese sie mit freude
155. RE: Maria Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sechs

geschrieben von gag_coll am 18.02.14 21:01

Maria
Kapitel 10 - Der Besuch - Teil Sechs

Autor: Karl Kollar

Andrea mochte den Regen, denn dann konnte sie ihren aufregenden Lackregenmantel tragen, ohne dass sie schief angeschaut wurde.

Anfangs hatte sie kein Verständnis dafür, warum Hans ihr ausgerechnet einen Regenmantel geschenkt hatte. Doch als sie bei einem Spaziergang mit ihm den Mantel als einziges trug und den Lack auf der Haut gespürt hatte, war sie so heiß, dass sie bei dem kleinen Pavillion über ihren Freund hergefallen war.

Sie lächelte. So spontan war sonst eigentlich nicht ihre Art gewesen, aber dieser Mantel hatte sie so sehr angeheizt, dass sie sich völlig vergessen hatte.

Der Mantel war nicht gefüttert, so dass sie den Lack auf der Haut spüren konnte. Und da es heute eigentlich recht warm war, trug sie nur ein Spaghettitop unter dem Mantel sowie ihre Jeans.

Sie liebte Regen im Sommer.

Den Schirm trug sie eigentlich nur zur Tarnung, denn ihr Mantel hatte auch eine Kapuze, die sie aufsetzen könnte. Und natürlich würde sie auch über das Wetter schimpfen, doch meistens gelang ihr letzteres nur halbherzig.


Andrea war froh. Kaum hatte sie den ersten Artikel ihrer Serie geschrieben, als sich quasi von selbst der Stoff für weitere Artikel ergab. Dass Paul Mohr jetzt für die Rolle des Prinzen ausgewählt war, ließ Andreas Kreativität, was das Konzept für ihre Serie betraf, weiter ansteigen. Sie hatte jetzt schon drei Varianten, wie sie die jetzt noch 14 Artikel gestalten konnte.

In der letzten Redaktionssitzung hatte sie von ihrem Chef ein ausdrückliches Lob bekommen. Doch da ihr Chef als sehr wankelmütig bekannt war, gab sie nicht allzuviel darauf.

Sie hatte gestern den Termin in der Schiede sausen lassen müssen, weil sie den Artikel für die Samstagsausgabe schreiben musste. Sie hoffte, noch zu erfahren, was sich zugetragen hatte.

Es war eine der Besonderheiten des Festes, dass zumindest die Ketten der Prinzessin tatsächlich echte Ketten waren. Den Dienerinnen der Prinzessin war es freigestellt, wie ihre Ketten beschaffen waren. Soweit sie wusste, würde die Tochter des Schmiedes eine der Dienerinnen spielen.

Immerhin war ihr Artikel so gut wie ungekürzt übernommen worden und sie hatte sogar ein Farbfoto bekommen. Paul Mohr sah toll aus als Prinz neben seiner Prinzessin.

Andrea drückte auf den Klingelknopf und hörte gleich darauf ein paar leichte Trippelschritte. ´Das könnte Maria selbst sein´, dachte sie bei sich, als sich die Tür langsam öffnete. Tatsächlich öffnete die Darstellerin der Prinzessin die Tür und begrüßte die Reporterin. »Mrs. Potter läßt sich entschuldigen, sie macht gerade den Abwasch.«

Andrea klappte ihren Schirm zusammen und stöhnte ein wenig über das schlechte Wetter. »Es regnet schon die ganzen Tag.«

Maria lächelte. »Mir macht das nichts aus, ich habe mein Cape.« Sie blickte etwas sehnsüchtig zur Garderobe.

Andrea folgte ihrem Blick und erblickte ein weiße Lackcape, welches Maria vermutlich fast bis zu den Füßen reichen würde.

Mrs. Potter erschien im Flur. »Ich bitte um Entschuldigung, dass ich ihnen nicht die Hand geben kann, ich habe gerade nasse Hände.« Sie blickte auf die Uhr und drehte sich zu Maria. »Ihr solltet gleich losgehen, damit ihr rechtzeitig da seit.«

Das Krankenhaus hatte ihnen einen Termin genannt, zu dem sie Sophie besuchen konnten. Andrea fand es sehr bemerkenswert, dass Maria ihren einzigen freien Tag dafür opferte, Sophie im Krankenhaus zu besuchen.

Andrea blickte etwas verwundert zu Maria. »Wo ist denn Paul?« Sie hoffte, dass auch er mit ihrem Artikel zufrieden war.

»Er hat einen Termin bei der Schneiderin.« Maria lächelte. »Er bekommt jetzt eine Uniform, die ihm auch passt.«

Mrs. Potter nahm es zur Kenntnis. »Frau Baselitz, könnten Sie Maria mit dem weißen Cape helfen? Ich habe gerade schmutzige Hände.«

Maria lächelte insgeheim. Aus irgendeinem Grund mochte ihre Erzieherin das Cape nicht.

Andrea ging zur Garderobe und griff sich das Cape. Sie hatte keine Schwierigkeit, es zu identifizieren. Es war das einzige Kleidungsstück in Weiß. Fast etwas ehrfürchtig ergriff sie es und machte es auf. Sie war zu sehr davon fasziniert, als dass sie ihre Erregung verbergen konnte. »Das ist ein schönes Cape.« Sie hielte es vor sich hin und öffnete es. »Es hat ja sogar Ärmel.«

»Ja«, antwortete Maria stolz. »Ich trage es gern.« Sie wusste nicht, ob Andrea etwas von den besonderen Eigenschaften der Ärmel ahnte.

Andrea hielt Maria das Cape hin und Maria hatte keine Mühe, ihre Arme in die Ärmel zu stecken. Als Andrea es bis zu den Schultern hoch zog, war von Maria ein leises Stöhnen zu hören. Andrea stutzte etwas.

»Alles in Ordnung.« versuchte Maria die Reporterin zu beruhigen und ärgerte sich dabei, dass sie sich nicht unter Kontrolle hatte.

Andrea wunderte sich etwas, weil an den Stellen, wo sie es erwartete hatte, Marias Hände nicht zum Vorschein kamen. Sie fragte nach.

»Die Ärmel haben keine Öffnung« Musste Maria zugeben. »Und sie sind festgenäht.« Sie wurde etwas rot dabei.

Andrea brauchte einen Moment, bis sie den Inhalt von Marias Worten verarbeitet hatte. Dann schaffte sie es, das auszusprechen, was sie bewegte. »So ein Cape hätte ich auch gern.«

Maria hatte das Gefühl, sie warnen zu müssen. »Es macht mich ziemlich hilflos.« Sie wackelte etwas mit den Armen, die jetzt in den Capeärmeln steckten. »Bitte machen sie den Kragenriegel auch noch zu.« Sie versuchte ihre Stimme dabei ruhig klingen zu lassen. Dass sie damit in dem Cape eingesperrt war, erwähnte sie nicht.

Andrea kam der Bitte nach.

»Dann können wir losgehen.« Maria blickte kurz zu Andreas Schirm.

Andrea folgte dem Blick, sie ergriff sich den Regenschutz und ging langsam zur Tür. Als sie sah, dass Maria ihr folgte, öffnete sie die Tür.

»Können sie mir noch die Kapuze aufsetzen?«

Normalerweise würde Andrea bei so einem Wetter lieber ein Taxi rufen, zumal sie nun ja ein ganz dickes Spesenkonto hatte. Doch noch viel mehr reizte es sie, neben Maria den Weg entlang zu gehen. Es würde kein langer Weg werden, denn das Krankenhaus lag nur eine Viertelstunde weit entfernt.

Und Andrea fand es sehr aufregend, ihren Lackmantel dabei zu tragen. Auch Maria schien der Spaziergang in dem Cape ganz gut zu gefallen.


»Wie war euer Vormittag?« Andrea packte ihre berufliche Neugier aus.

»Paul kam heute Morgen zum Frühstück.« Ein Strahlen lag in ihrer Stimme. »Er hatte die ersten ?Katerinenbrötchen dabei.«

Andrea hakte bei dem Wort nach. »Katerinenbrötchen?«

Maria beschrieb von dem kleinen Geschenk der Bäckerei als Sponsor. »Er hatte auch die Zeitung dabei. Danke für den schönen Artikel. Es war ein gemütliches Frühstück und Mrs. Potter hat uns den Artikel vorgelesen.« Maria lächelte. »Ich glaube, sie war auch ein wenig stolz, auch wenn sie sonst ihre Gefühle eher verbirgt.«

Andrea versuchte sich gedanklich Notizen zu machen.

»Danach mussten wir etwas für die Schule nachholen.« Sie seufzte ein wenig. »Die Lehrer hatten einige Unterlagen vorbei gebracht.«

Andrea lauschte angespannt.

»Dann hat auch noch meine Musikgruppe angerufen.« Maria erklärte Andrea, um was es sich bei der Gruppe handelte. »Ich muss Morgen für Carla einspringen.« Sie seufzte wieder. »Zum Glück haben sie drei leichte Stücke herausgesucht. Aber die erste Stimme habe ich dabei noch nicht gespielt.«

Andrea verstand nicht viel von Musik, doch sie erkannte, dass es Maria wichtig war. Sie versuchte ein Lob.

»Naja, es geht ja um die Taufe der kleine Selina.« Maria freute sich insgeheim über das Lob. »Ich wollte ja erst nicht zusagen, wegen dem Fest. Aber ?sie? hat mich dann überzeugt.« Sie seufzte noch einmal. »Soviel zum Thema ?freier Tag?.«

Von dem weiteren Vormittag erzählte Maria nichts. Nach dem Telefonat hatte Paul ihr auf ihren Wunsch hin die Trainingsjacke für das Gebet auf dem Rücken angezogen. Dann hatten sie weiter gelernt. Insgeheim mochte es Maria, wenn Paul sie in ihrer Hilflosigkeit so umsorgte. Das ging soweit, dass er sie während des Mittagessens auch gefüttert hatte.

Doch diesmal war es ein wenig anders. Sie spürte, dass Paul wohl etwas auf dem Herzen hatte. Doch er sagte nichts darüber. Er erwähnte nur einmal, dass er etwas gelesen hätte.

* * *

»Sind sie Maria Beller?« Die Dame am Empfang im Krankenhaus hielt einen Zettel in der Hand.

»Ja, die bin ich.« Maria trat an den Schalter. »Was gibt es denn?«

»Ein Paul Mohr hat angerufen.« Sie blickte kurz auf den Zettel. »Es dauert länger bei der Schneiderin, läßt er ausrichten und er käme dann nach.«

»Oh nein.« Maria war entsetzt.

»Dann gehen wir doch schon mal zur Baroness.« schlug Andrea vor, die etwas erstaunt war über Marias Reaktion. »Soll ich dir das Cape ausziehen.«

»Das geht nicht.« Maria wurde knallrot.

»Warum geht das nicht?« Andrea verstand überhaupt nichts.

»Das Cape ist abgeschlossen.« Marias Stimme war sehr leise. Irgendwie war es ihr peinlich.

»Wie bitte?« Andrea glaubte sich verhört zu haben.

»Der Kragenriegel«, Maria fiel es schwer, es zu erklären. »Man kann ihn nur mit einem Schlüssel öffnen.«

»Und Paul hat den Schlüssel?« Andrea wurde es auf einmal unheimlich.

»Ja, so ist es.« Sie schämte sich wegen ihrer plötzlich so ungeplanten Hilflosigkeit.

»Aber«, Andreas Stimme zeigte auf einmal eine seltsame Faszination. »aber dann bist du ja völlig hilflos in dem Cape.« Doch dann hatte sie eine Idee, wie sie die Situation retten könnte. »Weißt du was? Dann behalte ich meinen Mantel ebenfalls an. Dann fällt es nicht so auf.«

Maria lächelte ein wenig. Sie war immer noch verlegen, aber sichtlich froh, keine weiteren Erklärungen abgeben zu müssen. Sehr dankbar über diese Wendung, versuchte sie, auf den eigentlichen Grund für den Krankenhausbesuch zurück zu kommen. »Wir wollten die Baroness von Harsumstal besuchen,« wandte Maria sich an die Dame vom Empfang. »Wo müssen wir denn dann hin?«

»Einen Augenblick bitte.« Die Dame vom Schalter musste erst in ihren Unterlagen nachschauen. »Zimmer 27, dritter Stock.«

Die beiden Besucherinnen bedankten sich, dann gingen sie in Richtung Treppenhaus.

»Treppe oder Fahrstuhl?« fragte Andrea, als sie sich entscheiden mussten. »Treppe wäre gesünder.« Sie blickte kurz auf Marias Cape.

»Oh«, erwiderte Maria, »wir können ruhig die Treppe benutzen. Meine Beine kann ich im Moment frei bewegen.« Sie lächelte und freute sich insgeheim, dass sie heute auf das Anlegen der Schenkelbänder verzichtet hatte.

Während Andrea ein klein wenig keuchte, als sie das dritte Stockwerk erreicht hatte, schienen Maria die Treppen überhaupt nichts ausgemacht zu haben.

Trotzdem hatte Andrea es genossen, hinter Maria her zu gehen und dabei beobachten zu können, wie das Cape jeweils die Bewegungen der Arme einschränkte. Es war deutlich zu sehen, wie wenig Bewegungsspielraum Maria in dem Cape verblieben war. Doch überstrahlt wurde dieser Eindruck von Marias Anmut und der Geschicklichkeit, mit der sie mit ihren Restriktionen umzugehen wusste. Andrea konnte gut sehen, dass sie es anscheinend gewöhnt war, mit wenig Bewegungsfreiraum auszukommen.


»Andrea, was machst du denn hier?« Eine Krankenschwester war aus ihrem Zimmer gekommen und begrüßte die Reporterin und Maria.

»Nathalie, ich freue mich, dich zu sehen.« Sie reichte ihr die Hand.

»Hallo, sie müssen Maria sein,« Natalie reichte auch ihr die Hand.

Maria war es sichtlich unangenehm. »Ja, ich bin Maria.« Sie wurde wieder rot. »Bitte halten sie mich nicht für unhöflich, aber ich kann ihnen nicht die Hand geben.« Es fiel ihr sichtlich schwer, diesen Satz auszusprechen. Sie hoffte insgeheim, dass Andrea nichts über ihren wahren Zustand sagen würde.

Doch Nathalie schien dies gewöhnt zu sein. »Was führt euch denn hier her?«

Maria war froh über die Themawechsel. »Wir wollen die Baroness besuchen.«

»Oh, das freut mich aber sehr.« Nathalie zeigte mit der Hand nach rechts. »Sie liegt gleich neben an.« Sie schaute in ihre Unterlagen. »Wisst ihr, dass ihr seit ihrer Einlieferung ihr erster Besuch seid?«

Maria und Andrea waren wirklich erstaunt.

»Nicht mal ihr Vater kam jemals hierher.« Sie seufzte. »Man kann von ihr denken, was man will, aber im Moment ist sie wirklich zu bedauern.« Sie blickte noch einmal auf die beiden Besucherinnen. »Aber wollt ihr nicht ablegen?«

Maria zuckte kurz zusammen. Doch zu ihrer Erleichterung reagiert Andrea sehr einfühlsam. »Nein, das passt so.«

»Einen Augenblick, ich muss noch dem Chef Bescheid sagen.« Sie griff zum Telefon, wählte und wartete einen Moment. »Besuch für die Baroness.« Sie sagte nur diesen einen Satz, dann legte sie wieder auf. »Ihr möchte bitte auf den Chef warten.«

* * *

»Hallo Sophie«, sagte der Chefarzt, als er das Zimmer betrat. »Schau mal, du hast Besuch bekommen.« Er wartete, bis die beiden Besucherinnen das Zimmer betreten hatten, dann schloss er hinter ihnen die Tür. »Seien sie nicht erschrocken, die Baroness hatte einen schweren Unfall.«

Maria war entsetzt, als sie auf das Bett blickte. Sie sah eigentlich nur eine weiße Gipsfigur, bei der die Augen, die Finger und die Zehen sichtbar waren. »Hallo Sophie.« Sie schluckte, als sie es sagte.

Als einzige Reaktion wackelte die Figur ein wenig mit den Fingern.

Maria wagte einen zweiten Blick. Sophies Körper war wirklich komplett eingegipst wurden. Nur die Finger und die Augen zeigten, dass sie eine Person in dem Gipspanzer befand. An der Stelle, wo die Nase war, führten einige Schläuche hinein, die zu diversen Apparaten führen, die neben dem Bett standen.

Maria stand sprachlos neben dem Bett und blickte etwas hilflos zu Andrea.

Andrea nahm sich einen der bereitstehenden Stühle und brachte ihn zu Maria. Sie stellte ihn neben das Bett und deutete Maria an, sich hinzusetzen. Dann flüsterte sie ihr ein paar Tipps ins Ohr. »Sie weiß wahrscheinlich nicht, wer du bist, und warum du hier bist.«

Es war Maria fast unheimlich, aber sie sah an den Augenbewegungen der Baroness, dass Andrea recht hatte.


Der Chefarzt verließ das Zimmer als erstes. Er hatte sich davon überzeugt, dass er Sophie problemlos mit ihrem Besuch allein lassen konnte.

Andrea blickte auf die Blumen, die sie in ihrer Hand hielt. »Ich gehe mal eine Vase suchen.« Sie war froh, einen Grund zu haben, das Zimmer ebenfalls zu verlassen.

»Ich bin Maria Beller« begann Maria mit leiser Stimme, als die Tür ins Schloss gefallen war. »Dein Vater hat mich ausgesucht, dich beim Katerinenfest zu vertreten.«

Voller Entsetzen sah Maria, wie sich bei dem Wort Vater eine Träne ihren Weg über den Gips suchte. Gern hätte Maria die Träne weggewischt, auch wenn es nur eine symbolische Geste gewesen wäre, doch sie war in ihrem verfluchten Cape gefangen.

Ohne Paul war das Tragen des Capes nur eine Demütigung. Doch dann ärgerte sie sich über ihre Selbstsucht. Sophie wäre wahrscheinlich sehr froh, wenn sie nur in dem Cape gefangen wäre. In dem Gipspanzer machte sie einen unendlich traurigen Eindruck.

* * *

»Oh, das halte ich nicht aus.« Andrea trat ins Schwesternzimmer und begrüßte ihre Bekannte.

»Ja, das ist schon heftig.« Natalie wusste sofort, was sie meinte. »Und man ist so hilflos. Man kann so gar nichts für sie tun.« Sie holte tief Luft. »Aber es ist schön, dass sie jetzt endlich mal jemand besucht.«

Andrea horchte auf.

»Ja, bisher war noch nie jemand bei ihr.« Sie war empört. »Nicht mal ihr Vater hat sich hier blicken lassen.«

»Das ist schon seltsam.« Andrea war nachdenklich. »Ich dachte, sie wäre so beliebt.«

»Ich glaube, sie hat sich bisher nur wichtig gemacht.« Sie hatte ebenfalls keine gute Meinung von der Baroness. »Aber das hier hat sie wirklich nicht verdient.«

»Und sie hatte wirklich so einen schweren Unfall?« Andrea war es gewohnt, die Dinge zu hinterfragen. »Die Maßnahmen sind doch sehr drastisch.«

Andrea und Natalie kannten sich schon aus der Grundschule, deswegen bestand zwischen ihnen eine gewisse Verbundenheit. »Man soll ja nichts schlechtes über seine Chefs sagen, aber da stimmt was nicht.«

Andrea wurde hellhörig. »Was meinst du?«

»Es wurden überhaupt keine Röntgenbilder gemacht, wie es sonst bei so schweren Knochenbrüchen üblich gewesen wäre.« Die Stimme der Krankenschwester zeigte einigen Zweifel. »Sophie wurde sofort komplett eingegipst.«

Andrea ärgerte sich, dass sie ihr Diktiergerät nicht dabei hatte. Es wäre zwar sehr unhöflich gewesen, aber spätestens jetzt hätte sie heimlich auf Aufnahme gedrückt. So musste sie sich die Zweifel der Krankenschwester so einprägen.

»Eigentlich ist es üblich, dass die Patienten sobald wie möglich wieder mit dem Bewegungstraining anfangen. Doch für Sophie ist angeordnet, dass sie erst eine Woche nach dem Fest mit dem Training anfangen soll.« Natalie lebte auch in Landsbach und dachte entsprechend auch in den Festdimensionen.

Die Schwester wunderte sich über noch ein paar andere Details. Sophie sollte einen gebrochenen Kiefer haben, trotzdem sollte sich in ihrem Mund die Blase der Magensonde befinden. »Das passt doch alles nicht zusammen.«

Andrea kam dies alles ebenfalls sehr seltsam vor.

* * *

Es war schon ziemlich gruselig, fand Maria, dass Sophie nur die Augen bewegen konnte und vielleicht ein wenig brummen. Auch mit den Fingern konnte sie wackeln, denn diese waren wie üblich nicht mit eingegipst.

Und dennoch hatte Maria das deutliche Gefühl, dass Sophie ihr zuhörte. Zumindest empfand es Maria so, als sie Sophies Augen beobachtete.

Die Baroness tat ihr unendlich leid. Egal was die Leute über sie redeten und wie sie sich bisher auch aufgeführt hatte, das hier hatte sie sicher nicht verdient. Noch dazu tat es Maria sehr weh, dass Sophie bisher keinen Besuch bekommen hatte.

Maria hatte die ganze Zeit geredet. Irgendwie hatte sie das Gefühl, Sophie unterhalten zu müssen. Zuerst hatte sie beschrieben, warum sie das Cape nicht ausgezogen hatte und wie es für sie darunter aussah und das sie auch ein klein wenig hilflos war. Dann hatte sie von Paul erzählt und von ihren Aufgaben beim Fest. Irgendwie schaffte es Sophie, ihr mit den Augen zu zeigen, dass sie gern zuhörte und es sie auch interessierte.


Es klopfte und gleich darauf trat Paul vorsichtig ein. Sein Blick erstarrte, als er Maria im Cape entdeckte. »Warum trägst du das Cape?« Irgendwie war er unterbewusst eifersüchtig.

»Weil es regnet.« Maria war ein wenig eingeschnappt. »Frau Baselitz hat mir dabei geholfen.«

Paul wurde hellhörig. Maria hatte den Nachnamen der Reporterin noch nie benutzt. Sie schien deutlich angefressen zu sein. Doch Paul hatte noch eine weitere Schreckensbotschaft für seine Freundin. »Ich habe die Schlüssel nicht dabei.« Er wurde rot. »Sie liegen daheim auf meinem Schreibtisch.«

Marias Blick erstarrte.

»Ich wollte sie nicht verlieren bei der Schneiderin,« versuchte er eine Erklärung.

Maria drehte sich wieder zu Sophie und lächelte verlegen. »Er hat die Schlüssel nicht dabei.«

Es schien, als würde Sophie zum ersten Mal wieder lächeln.

* * *

Andrea hatte sich gleich nach dem Krankenhaus von dem Pärchen verabschiedet. »Ich muss jetzt den nächsten Artikel schreiben.« Sie hoffte, dass es die beiden glauben würden. Doch tatsächlich wollte sie einen alten Schulfreund aufsuchen, der jetzt bei der örtlichen Polizei arbeitete. Er war ihr noch einen Gefallen schuldig.

Maria ging nachdenklich neben Paul her. »So völlig hilflos zu sein muss grausam sein.«

Paul wunderte sich, denn Maria war oft hilflos. »Du bist das doch gewöhnt, oder?« Er war sich immer noch nicht sicher, ob Maria ihm noch böse war wegen des Schlüssels.

»Ich meinte Sophie.« Ihre Stimme zeigte, wie sehr sie das Schicksal der Baroness beschäftigte. »Sie konnte nur noch ihre Augen bewegen.«

»Und die Fingerspitzen«, fügte Paul im gleichen Tonfall hinzu.

»Geschieht mir ganz recht, dass ich in dem Cape bleiben musste.« Maria ärgerte sich über ihren Egoismus.

»Ich wusste nicht, dass du es so tragen würdest, dann hätte ich die Schlüssel natürlich dabei gehabt.« versuchte er sich zu entschuldigen.

»Lass nur«, beschwichtigte Maria ihn, »es ist nicht dein Fehler.« Sie seufzte. »Ich habe die Strafe sofort bekommen.«

So richtig wusste Paul nicht, was sie damit meinte, doch auf der anderen Seite war er erleichtert, dass Maria ihm keine Schuld gab. Ihre traurige Stimmung spürte er trotzdem.

»Setzt du mir bitte wieder die Kapuze auf?« bat Maria. »Ich glaube, es beginnt wieder zu regnen.«

Paul kam der Bitte nach und ging dann schweigend neben ihr her. Er spürte den Regen überhaupt nicht.

* * *

Sie hatten extra einen Umweg gemacht, damit Paul die Schlüssel holen konnte. Maria wollte sich nicht die Blöße geben, ´sie´ deswegen fragen zu müssen. Sie fühlte sich schon gedemütigt genug.

Doch als sie schließlich in ihr Zimmer kam, musste sie seufzen. Mrs. Potter hatte den Flötenkasten bereit gelegt und auch die zu übenden Stücke lagen schon auf dem Notenständer bereit.

»Am liebsten würde ich auch absagen.« seufzte sie leise. Doch sie wusste, dass es einfach ihre Pflicht war, den Auftritt zu spielen.

»Du wirst das schon schaffen.« Paul nahm sie noch einmal in den Arm.

Maria griff zur Flöte und begann, das aufgeschlagene Stück durchzuspielen. Es war dabei aber deutlich zu hören, wie betrübt sie war. Die Begegnung mit Sophie machte ihr schwer zu schaffen.


Nach dem ersten Stück legte sie ihre Flöte beiseite und drehte sich zu Paul. »Kannst du ´sie´ fragen, ob sie mir den leichten Schlafsack heraus legt. Ich glaube, ich möchte heute gleich ins Bett.«

Paul spürte die Wehmut seiner Freundin. Er strich ihr noch einmal über die Wange und verließ dann das Zimmer.

* * *

Pauls Herz klopfte laut, als er Marias Bitte vor ihrer Erzieherin vortrug. Doch zu seiner Erleichterung reagierte sie sehr verständnisvoll. Sie ließ sich berichten, was sich im Krankenhaus zugetragen hatte. Als Paul mit seiner Erzählung fertig war, nickte sie verständig. »Ja, da wäre ich wohl auch traurig.« Sie bat Paul mitzukommen.

Er folgte ihr in einen kleinen Raum neben Marias Zimmer, den er bisher noch nicht kennengelernt hatte. Er hatte nur ein kleines Fenster und war mit Schränken vollgestellt. Mrs. Potter ging zielstrebig zu einem Schrank, öffnete ihn und holte ein etwas größeres Bündel heraus. Sie reichte es Paul. »Hier, das dürfte der richtige Schlafsack sein. Er hat Ärmel und keine Kapuze.« Sie klopfte ihm ermutigend über die Schulter. »Macht euch einen gemütlichen Fernsehabend.« Sie nannte ihm einen Film, der angekündigt war.

Paul wartete, bis Maria mit dem dritten Stück fertig war, dann erst betrat er ihr Zimmer und legte den Schlafsack auf ihr Bett.

Maria lächelte ein wenig, als sie den Schlafsack sah. Sie war dabei, ihre Flöte zu putzen und sie wegzupacken. Doch Paul vermisste das Strahlen in ihren Augen. Sie machte immer noch einen sehr betrübten Eindruck.


Zu seiner Überraschung musste Paul nur noch den Reißverschluß schließen, als er aus dem Bad kam. Maria hatte sich irgendwie schon in den Schlafsack verpackt und auch ihre Arme hatte sie in den inneren Ärmeln verstaut.

Er schaltete den Fernseher ein und legte sich dann neben Maria auf das Bett. Doch schon nach dem Vorspann bemerkte er, dass Maria eingeschlafen war.
156. RE: Maria

geschrieben von gag_coll am 18.02.14 21:07

Zitat
Wunderschöne Fortsetzung Karl.
Hast du eigentlich Vorbilder für das Katerinenfest genommen oder Komplett Ausgedacht?


@gummimike: Danke...

Ich möchte es nicht direkt Vorbild nennen, aber zum einen gibt es alle vier Jahre in Landhut die Landshuter Hochzeit. Und in Ansbach gibt es die Barockfestspiele. Aus Landshut und Ansbach ist dann Landsbach geworden.

Die Burg, von der Paul am Anfang träumt, wäre die Burg Trausnitz... und das Schloß des Barons wäre das Schloß in Ansbach (okay, vielleicht zwei Nummern kleiner)

Der Inhalt des Festes ist komplett erfunden, b