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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:13.04.25 18:26 IP: gespeichert
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Schön, dass es eine Aussöhnung gegeben hat
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:16.04.25 13:12 IP: gespeichert
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Kapitel 36: Was mit den anderen Internatsschülerinnen geschah
Nachdem es die Schülerinnen des Internat in Montreux abgelehnt hatten, nach Neuchatel zu gehen, stellte sich die Frage, was mit den ehemaligen Schülerinnen des dortigen Internats geschehen soll. Nahezu alle ehemaligen Schülerinnen befanden sich nach wie vor in der Obhut des schweizerischen Staates bzw. des Familiengericht mit Herrn Prof. Dr. Brinkmann als deren Vormund.
Einige Schülerinnen hatten eine WG gegründet und besuchten die örtliche Schule. Die restlichen Schülerinnen waren immer noch im ehemaligen Berghotel untergebracht und wurden dort unterrichtet.
Es folgte eine ganze Reihe von Konferenzen, auf denen darüber beraten wurde, wie es weiter gehen soll.
Schließlich trafen sich alle Beteiligen im Speisesaal des abgelegenen ehemaligen Hotels. Neben Vertretern von diversen schweizerischen Behörden, nahmen Annabelle und Jessica als Vertreter der Schülerinnen, deren Anwalt, der von der örtlichen Schulbehörde entsandte Direktor, der Vorsitzende des Trägervereins sowie Herr Brinkmann und ich an dieser teil.
Irgendwie muss ich in letzter Zeit einen guten Job gemacht haben. Denn die Schülerinnen haben ausdrücklich darum gebeten, dass auch ich an der Sitzung teilnehme. Annabelle und Jessica hatten sich im Vorfeld mit den übrigen Schülerinnen zusammen gesetzt und sich über deren Vorstellungen informiert.
Allen Beteiligten waren sich relativ schnell darüber einig, dass die jetzige Unterbringung der Schülerinnen in ehemaligen Berghotel nur eine Übergangslösung sein kann. Annabelle und Jessica wiesen zudem darauf hin, dass die entsandten Lehrkräfte zwar ihr bestes tun würden und sie ihnen für ihr Engagement danken würden, jedoch sich die fehlenden Räumlichkeiten – mit dem Speisesaal stand nur ein halbwegs adäquater Raum zur Verfügung – deutlich bemerkbar machen würden. Der Direktor bestätigte dies.
Der Vertreter der Schulbehörde erklärte, dass die örtlichen Schulen keineswegs alle Internatsschülerinnen aufnehmen können. Auch sei die Schaffung von geeigneten Räumlichkeiten vor Ort kurzfristig nicht zu realisieren und solche auch nicht in der näheren Umgebung zur Verfügung stehen würde. Somit sei auch kein Shuttle-Service möglich. Zur Diskussion stand dann die Rückkehr an das Internat in Neuchatel. Es folgte eine lebhafte mitunter kontroverse Diskussion, ob es für die Schülerinnen nicht zu gefährlich sei, wenn diese an den Ort, an denen ihnen so großes Leid zugefügt worden sei, zurück kehren würde.
Herr Brinkmann räumte ein, dass diese Gefahr durchaus bestehen würde. Allerdings würden die Erfahrungen aus Montreux darauf hindeuten, dass junge Erwachsene ihr Trauma in der Regel sehr schnell überwinden, wenn sie an den besagten Ort zurückkehren und sich dort die Verhältnisse grundlegend geändert hätten. Die sei bisher noch nicht abschließend erforscht worden. Allerdings sein eine entsprechenden Studie unter seiner Federführung bereits in Arbeit.
Schließlich ergriff Annabelle das Wort. Sie erläuterte, dass sich die Schülerinnen mit dem Vorsitzenden des Trägervereines zusammengesetzt hätten und abgestimmt haben, unter welchen Voraussetzungen eine Rückkehr der Schülerinnen ins Internat denkbar wäre. Man wäre zu einem für beide Seiten tragfähigen Kompromiss gekommen. Der Vorsitzende des Trägervereines bestätigte dies und versicherte, dass die meisten der vereinbarten Maßnahmen innerhalb von 48 Stunden umgesetzt werden können. Lediglich für die Anfertigung der neuen Internatskleidung würde bis zu vier Wochen benötigt werden. Er bot an, dass die Schülerinnen für eine Übergangszeit Alltagskleidung oder die bisherige Internatsuniform in modifizierter Weise tragen könnten.
Letztendlich wurde beschlossen, allen Schülerinnen anzubieten zu den verhandelten Bedingungen zum Internat zurück zu kehren. Schülerinnen, die das Angebot nicht annehmen, können die Schule vor Ort besuchen und übergangsweise im Hotel weiter wohnen bleiben. Allerdings hat die Schule die Möglichkeit, nur noch maximal 10 Schülerinnen aufzunehmen.
Der Vorsitzende des Trägervereins verlor keine Zeit. Noch am selben Tag beauftragte er uns - sprich das Institut und den Lehrstuhl von Herrn Brinkmann - mit der Betreuung der Internatsschülerinnen. Ausdrücklich vereinbart wurde, dass wir die Betreuung in den Räumlichkeiten des Internats und solange diese notwendig ist, anbieten.
Mit der Schulbehörde kam er überein, dass der entsandte Direktor und die weiteren Lehrkräfte weiterhin die Schülerinnen unterrichten werden. Weiter wurden regelmäßige Kontrolle durch die Schulbehörde auf Kosten des Internats vereinbart.
Schließlich sandte er Frau vom Schaumbourg und den Lehrkräften, die sich nachweislich an Misshandlungen von Schülerinnen beteiligt waren, deren Kündigungsschreiben zu.
Der neue Direktor und der Vorsitzende des Trägervereines machten sich direkt ans Werk und erstellten zusammen mit Annabelle und Jessica eine neue Schulordnung. Dabei wurde weitgehend die Schulordnung für die staatlichen schweizerischen Schulen übernommen.
Nahezu alle Schülerinnen nahmen das Angebot an und fuhren wenige Tage später zurück nach Neuchatel. „Wir haben soviel zusammen durchgemacht, da werden wir jetzt doch keine getrennten Wege gehen“, bekam ich mehrfach zu hören. Nur Nicole, die sich zum damaligen Zeitpunkt noch bei uns in Behandlung befand, zog es vor, in Montreux zu bleiben. Auch die Schülerinnen, die eine WG gegründet hatten und die Schule im Ort besuchten, entschieden sich, nicht ins Internat zurück zu kehren.
Hinsichtlich der Internatskleidung war man übereingekommen, den Rock mit einer weißen Bluse und schwarzen Schuhen zu kombinieren. Je nach Wetterlage können die Schülerinnen - nach eigenem Ermessen - die Weste und/oder den Blazer bzw. weitere Kleidungstücke aus der Internatskleidung dazu anziehen.
An ersten Morgen versammelten sich alle Schülerinnen erstmals zum gemeinsamen Frühstück. Anschließend traten der Vorsitzende des Trägervereines und der „neue“ Direktor von die versammelte Mannschaft.
Beide begrüßten die anwesenden Schülerinnen und besonders Annabelle und Jessica – als deren Sprecherinnen. Der Vorsitzende der Trägervereins entschuldigte sich bei den Schülerinnen für das Leid, was diese nachweislich hier erleiden mussten. Dann informieren die beiden Herren über die Einführung der neuen Schuldordnung. „Im Ergebnis haben wir weitgehend die Schulordnung für staatliche Schulen der Schweiz übernommen. Dies ist schließlich ein Internat und weder ein Gefängnis noch eine Besserungsanstalt.“
Anschließend erläuterte der neue Direktor, wie er sich die Fortsetzung des Unterrichtes, nachdem das Provisorium im abgelegenen Berghotel beendet ist, vorstellt. Er würde das Unterrichtskonzept des Internats gerne fortführen, zumindest was die reine Wissensvermittlung betrifft.
Der Benimm-Unterricht wird weiterhin auf freiwilliger Basis – jedoch im deutlich reduzierten Umfang - angeboten. Er konnte die Dame, die diese bereits im Berghotel übernommen hatte, dauerhaft für das Internat gewinnen. Zusätzlich wird den Schülerinnen angeboten, verschiedener sozialer Einrichtungen zu besuchen. Er habe mit einem derartigen sozialen Engagement an seiner bisherigen Schule sehr gute Erfahrungen gemacht.
Besonders beliebt war bei den Schülerinnen in diesem Zusammenhang die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Die Schülerrinnen waren sich selbstverständlich bewusst, dass sie aufgrund der finanziellen Verhältnisse ihrer Familien ein privilegiertes Leben genießen konnten. Was es aber konkret bedeutet, wenn man als Jugendlicher von einem regelmäßigen warmen Mittagessen oder einem Ausflug in die Berge oder gar einem Urlaub nur träumen kann, erfuhren sie erst durch ihre soziale Arbeit.
Schließlich eröffneten in den ehemaligen Ballräumen, die abseits im Park lagen, den Club Chateau und boten dort die Betreuung von Kinder und Jugendlichen aus sozial schwächeren Schichten dort an.
Das Angebot des Clubs erweiterten sie fortlaufend. Begonnen hatten sie mit einem gemeinsamen warmen Mittagessen, Hilfe bei den Hausaufgaben und Nachhilfe sowie gemeinsamen Spielen danach. Später umfasste dann das Angebot auch noch sportliche Aktivitäten, gemeinsame Ausflüge und Urlaube und nicht zuletzt waren da auch noch die legendären Feten. Aber auch bei Problemen in der Schule oder mit den Eltern vermittelten die Schülerinnen.
Die Wiedereröffnung des Internats war von der Presse mit äußerster Skepsis verfolgt worden. Einige Journalisten glaubten die Veränderung nicht und andere mutmaßten, dass die reichen Kinder ihr Luxusleben abgeschirmt von der realen Welt wieder haben wollten.
Annabelle und Jessica riefen den Reporter an, dem sie seinerzeit das Interview gegeben hatten. Sie zeigten ihn den Räumlichkeiten und erläuterten die Aktivitäten. Auch wiesen sie darauf hin, dass der Club ausschließlich von den Schülerinnen selbst finanziert wird.
Was sich allerdings nur sehr langsam änderte, waren die Vorbehalte von der Öffentlichkeit, die insbesondere von kritischen Berichten in der restlichen örtlichen Presse hervorgerufen wurden. Zuerst meldeten sich die Lehrer von Neuchatels sogenannter Problemschule zu Wort. Sie erklärten, dass sich die schulischen Leistungen ihrer Schüler signifikant verbessert haben, während die Konflikte deutlich zurück gegangen seien. Sie bedankten sich ausdrücklich bei den Schülerinnen für die geleistete Arbeit.
Wenig später fanden die Stadtmeisterschaften statt. An diesen nahm plötzlich eine Sportgemeinschaft „Club Chateau“ teil und konnte einige Achtungserfolge verbuchen. Die Internatsschülerinnen traten übrigens als Betreuerinnen auf, nahmen aber auch als Aktive an den Wettkämpfen teil.
Auch ich nahm als Zuschauerin an den Wettkämpfen teil. Was mir direkt auffiel, war der Zusammenhalt zwischen den betreuten Jugendlichen. So befanden sich die Jugendlichen, die gerade keine Wettkämpfe hatten, auf den Zuschauerrängen, um ihre Mannschaften lautstark anzufeuern. Eine Tatsache, die übrigens nicht nur mir aufgefallen ist.
Höhepunkt stellt traditionell die Rennen der Ruder-Achter auf den See dar. In den letzten Jahren wurden die Rennen von örtlichen Ruderclub klar dominiert. In diesem Jahr trat der Damen-Achter des Club Chateau an und lieferte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Boot, welches mit Internatsschülerinnen und mit von ihnen betreuten Jugendlichen besetzt war, musste ich letztendlich nur knapp dem Boot des Ruder-Clubs geschlagen geben.
Dieser und die anderen Achtungserfolge änderten dann sowohl die Wahrnehmung des Internats als auch von der bisherigen Problemschule.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 17.04.25 um 09:28 geändert
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