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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:02.02.25 06:54 IP: gespeichert
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Erst einmal vielen Dank für Euer Feedback.
Zitat | Sorry für meine norddeutsche Direktheit, aber ich hätte an ihrer Stelle den Vater in den Wind geschossen, und verklagt. |
Ich hatte in der Tat ursprünglich einen anderen Verlauf mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorgesehen - mich aber dann doch anderes entschieden.
Aber keine Sorge: Ich habe den bereits geschriebenen Teil wieder verwendet. Lasst Euch überraschen.
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:07.02.25 15:37 IP: gespeichert
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Kapitel 24: Der Zeitungsartikel (Teil 1)
Als ich dann später – wie immer mit dem Bus und später mit der Seilbahn – nach Hause zum Seiberhof fuhr, war ich froh, dass nun auch Annabelles Vater seinen Fehler eingesehen und sich bei ihr entschuldigt hatte. Ich wusste aus der bisherigen Therapie, wie wichtig dies für Annabelle war.
Es bleibt nur die Frage, warum Eltern ihre Fehler nicht einfach einsehen und sich für diese bei ihren Kindern entschuldigen können? Weder in meinen eigenen Fall, noch bei Annabelle und Jessica hat niemand bezweifelt, dass unsere Eltern nur unser Bestes wollten und der Überzeugung waren, dass sie uns etwas Gutes tun würden.
Nicht nachvollziehen kann ich allerdings, warum sie der Meinung waren, uns zu unserem Glück zwingen zu müssen, anstatt einfach und offen mit uns zu reden. Wir sind schließlich keine kleinen Kinder mehr und waren auch nicht, als unsere Eltern die Fehlentscheidung trafen, unter der wir alle sehr stark zu leiden hatten.
Schließlich erreichte ich den Seiberhof uns freute mich auf einen gemütlichen Abend dort. Ich hatte Euch eingangs von dem Kongress in New York und dem Zeitungsartikel, den ein Reporter über mich geschrieben hatten, erzählt (siehe Kapitel 1: Die Fortsetzung, Anmerkung des Autors). Dieser Artikel fiel mir plötzlich in die Hände. In diesem war zu lesen: „Ein befreundetes Ehepaar hatte selbst seine Tochter auf dem Internat in Montreux angemeldet und dieses in den höchsten Tönen gelobt. Ihre Eltern beschlossen, auch Natalie auch auf dieses Internat zu schicken und lockten sie unter einem Vorwand dorthin. Natalie verspürte von Anfang an eine starke Abneigung gegen das Internat.“
Starke Abneigung war noch untertrieben. Tatsächlich war ich geschockt, als ich sah, zu welchen Marionetten die Internatsschülerinnen gemacht wurden und wie sie zur absoluten Unterwürfigkeit erzogen wurden. Für mich stand fest, dass ich mich nie so behandeln lassen würde und dass dieses Internat für mich nicht in Frage kommt. Für mich stand fest, dass ich mit meinen Eltern wieder nach Hause fahren werde und dort weiter zur Schule gehen werden.
Was ich jedoch nicht wusste, war, dass als ich die Internatsuniform anzog, meine Eltern vereinbarten, dass ich im Internat aufgenommen werde. Später stellten sie mich vor vollendete Tatsachen. Ihr Versprechen, dass sie mich nach zwei Wochen besuchen kommen und dass ich dann das Internat verlassen kann, wenn es mir dort nicht gefällt, brachen sie.
Im Rahmen meiner Therapie hatte Herr Brinkmann meiner Anmeldung im Internat einen großen Raum eingeräumt. So ließ er meine Eltern ausführlich berichten. Ich war sehr froh, dass bei der Behandlung eines so sensiblen Themas Prof. Dr. Brinkmann stets dabei war. Letztendlich konnten sich meine Eltern nicht erklären, warum sie die Warnsignale vollkommen ignoriert haben. Gemeinsam haben wir mit Hilfe von Herrn Brinkmann versucht, dies zu ergründen.
Meine Eltern nannten zuerst einmal die positive Einschätzung des befreundeten Ehepaars sowie die Tatsache, dass ein großes Geschäft mit den USA anstand und meine Eltern befürchteten, dass sie sich um mich nicht mehr kümmern können. Dabei war ich zu diesem Zeitpunkt bereits 18 Jahre alt. Bereits in den letzten Jahren hatten meine Eltern nur wenig Zeit für mich. Dadurch hatte ich zwar viele Freiheiten, die ich aber nicht übermäßig ausnutzt. Mit Recht kann ich behaupten, dass ich nie über die Stränge geschlagen bin und auch meine Schulnoten durchweg gut waren.
Seinerzeit wusste ich allerdings noch nicht, dass das Schulgeld 350.000 Schweizer Franken pro Jahr beträgt. Es gibt sicherlich nicht allzu viele Eltern, die in der Lage und bereit sind, ein derart hohes Schulgeld für ihre Kinder zu zahlen. Somit war es für Frau Durcet finanziell wichtig, dass mich meine Eltern bei ihr im Pensionat anmelden. Dabei ging sie sehr geschickt vor. Zunächst schicke sie mich unter dem Vorwand, dass ich die Internatsuniform präsentieren sollte, erst einmal weg. Dabei wäre es mit Sicherheit ein leichtes gewesen, eine Internatsschülerin herbei zu rufen, damit diese die Uniform vorführen kann. Somit war sie mit meinen Eltern allein und konnte diese davon überzeugen, dass das Internat das Richtige für mich ist – ohne dass ich intervenieren konnte.
Selbstkritisch muss ich allerdings anmerken, dass ich besser auf die Andeutungen hätte hören sollen. Mehrfach wurde mir gesagt, dass ich später als Internatszögling nicht mehr mit einer solchen Nachsicht rechnen kann. Aber ich hätte beim besten Willen nicht geglaubt, dass meine Eltern derart unfair mit mir umgehen und mich gegen meinen erklärten Willen im Internat anmelden.
Dabei waren meine Eltern davon überzeugt, dass sie mir etwas Gutes tun. Gegenüber Herrn Brinkmann erklärte mein Vater, dass ihm mein Unbehagen nicht verborgen geblieben ist. Er fügte an, dass meine Eltern davon überzeugt waren, dass ich mich nach einer Eingewöhnungsphase im Internat wohlfühlen würde und die Zeit dort gut für meine Entwicklung sein wird. „Ich muss auch zugeben, dass Natalie in der Internatsuniform ein sehr erhabenes Erscheinungsbild war.“ Zwischenzeitlich haben meine Eltern allerdings erkannt, welchen schwerwiegenden Fehler sie damit begangen und was sie mir damit angetan haben.
Meine Eltern hatten mir versprochen, mich nach zwei Wochen besuchen zu kommen und dass ich dann das Internat verlassen kann, wenn es mir dort nicht gefällt. Zuerst einmal verhinderte Frau Durcet, dass mich meine Eltern besuchen, indem sie deren Besuchsanträge ablehnte.
Als meine Eltern mich nach drei Monaten endlich besuchen kamen, hatte es Frau Durcet geschafft, dass sie ihr mehr glauben als mir. Selbst meine Eltern sind hierüber nach wie vor geschockt.
Seitdem ich weiß, dass mein Internatsbesuch 350.000 Schweizer Franken pro Jahr kostet, kann ich es auch irgendwie verstehen, dass sie mich nicht während des Schuljahres aus dem Internat nehmen wollten, da das Schulgeld dann nicht erstattet wird. Wobei diesen Verlust meine Eltern ohne Probleme hätten verschmerzen können. Nicht verstehen kann ich allerdings, was gegen ein Wechsel nach dem Schuljahr gesprochen hat. Hierum hatte ich meine Eltern gebeten – ja regelrecht angefehlt. Meine Eltern begründeten es damit, dass sie meine Ausbildung nicht gefährden wollten und man mir ja ansehen würde, dass es mir in Internat gut gehen würde.
Ich kann es nach wie vor nicht verstehen, wie sie zu dieser Einschätzung kommen konnten und warum sie den meiner Meinung nach eindeutigen Hilferuf ignorierten haben. Konkret habe ich meine Eltern unter Tränen gebeten, mich so in Erinnerung zu behalten, wie ich war.
Mit ein wenig Stolz kann ich allerdings auch sagen, dass ich Frau Durcet einiges abverlangt habe. Auch meine Mitschülerinnen haben bestätigt, dass ich ein harter Brocken für sie war. Allerdings hatten sie die Ausweglosigkeit meines Kampfes bereits viel früher als ich erkannt und befürchteten, dass das Ganze ein schlimmes Ende nehmen wird. So war es am Ende ja dann auch.
Zu Beginn meines Internatsaufenthalt hatte ich mich so gut es ging angepasst. Schließlich ging ich davon aus, dass meine Eltern mich bald besuchen kommen und ich dann der Internatshölle endgültig entfliehen kann. So wollte sich die Zeit bis dahin irgendwie überstehen ohne negativ aufzufallen.
Dies änderte sich, als mir meine Eltern eröffnet hatten, was für eine Erklärung sie mir untergeschoben hatten und dass sie mich nicht vom Internat nehmen werden. Ich versuchte in der Folgezeit das Verlassen des Internats zu erzwingen, indem ich die Nahrungsaufnahme verweigerte. Dabei achtete ich peinlichst darauf, nicht gegen die Internatsregeln zu verstoßen. Bei Essen nahm ich beispielsweise eine einzelne Erbse und aß diese anschließend ordnungsgemäß mit Messer und Gabel. Zuerst ließ mich Frau Durcet gewähren. Ich vermute, dass sie gehofft hatte, dass ich über kurz oder lang dann doch aufgeben werde. Aber da kannte sie mich und meine Starrsinnigkeit schlecht. Dann wurden gegen mich immer stärkere Strafmaßnahmen verhängt. Als ich dann einige Zeit in einem absolut dunklen und schalldichten Raum verbringen musste und anschließend in einer Art Kerker angekettet wurde, sah ich ein, dass ich keine Chance habe und gab auf. Aber mein Wille war trotzdem noch nicht gebrochen. So nutzte ich die erste Gelegenheit, um das Internat zu verlassen. Leider wusste ich nicht, dass die Polizei die strikte Anweisung hatte, geflohene Internatsschülerinnen zurück zu bringen.
Brennend würde es mich interessieren, was Frau Durcet über mich denkt. Verflucht sie den Tag, als sie mich in Ihrem Internat aufgenommen hat? War sie wohlmöglich auch noch der Meinung, dass sie uns mit der Erziehung, die wir im Internat erhielten, noch etwas Gutes tut?
Aber nun erst einmal weiter zu meinem Schicksal. Ich wurde seinerzeit in Hand- und Fußschellen zum Internat zurückgebracht und dort durch Frau Durcet verpflichtet, beides weiter zu tragen. Spätestens jetzt, nachdem meine Starrköpfigkeit jede Menge Ärger und Probleme eingebracht hat, hatte ich meine rebellische Art – zumindest vordergründig – endgültig ablegt und mich meines Schicksals ergeben. Meine Strategie war es nun, alle Regeln peinlichst genau zu beachten, um nicht weiter aufzufallen und von Strafmaßnahmen verschont zu bleiben. Diese Strategie hatte ich ja bereits zu Beginn meines Internatsaufenthaltes verfolgt und ich war mit ihr verhältnismäßig gut gefahren. Lange überlegte ich, ob ich nicht das direkte Gespräch mit Frau Durcet suchen sollte. Auch meine Mitschülerinnen konnten mir keinen Ratschlag geben. Schließlich entschloss ich mich, auf sie zu gehen und bat um eine Unterredung unter vier Augen.
Ich muss zugegeben, dass ich Angst vor diesem Gespräch hatte. Unterredungen mit ihr, waren nie angenehm - zumindest für uns Schülerinnen. Sie war gegenüber uns äußerst streng und konnte nur mit ihren Worten uns Respekt einflößen. Aber ich wusste, dass es kein Zurück mehr für mich gab.
Schließlich stand der Termin an und Frau Durcet bat mich herein. Sie begrüßte mich für ihre Verhältnisse recht freundlich und erklärte, dass sie der letzten Woche in ihrer Ferienwohnung in Italien verbracht hat. „Darf ich fragen, wie Ihr Urlaub war, gnädige Frau Direktorin.“, entgegnete ich. Sie antwortete, dass dieser sehr erholsam war und fragte mich, was mein Anliegen sei. „Ich weiß, dass ich – entschuldigen Sie bitte vielmals den Ausdruck, gnädige Frau Rektorin Durcet - Mist gebaut habe. Ich bitte Sie nicht, die Strafmaßnahmen gegen mich zurück zu nehmen oder auszusetzen. Das einzige, was ich will, ist eine faire Chance Ihnen zu zeigen, dass ich auch anders sein kann.“ „Ich bin zwar streng, aber auch gerecht.", bekam ich als Antwort. "Du hast selbstverständlich die Chance, durch vorbildliches Verhalten und gute schulische Leistungen zu erreichen, dass die gegen Dich verhängten Strafmaßnahmen erleichtert oder sogar ganz zurückgenommen werden.“ „Ich danke Ihnen, gnädige Frau Rektorin Durcet, dass sie mir die Chance geben, zu beweisen, dass ich doch ein guter Mensch bin“, antwortete ich ihr und fügte hinzu: „und ich sage es nicht nur, weil es von mir erwartet wird.“ Frau Durcet antwortete: "Ich weiß, dass Du im Kern ein gutes Mädel bist."
Als ich ihr Büro wieder verlassen hatte, war ich über den Verlauf des Gespräches sehr überrascht. Gleiches galt für meine Mitschülerinnen. Als ich diesen von der Unterredung erzählte, waren diese der Meinung, dass Frau Durcet mein 'Friedensangebot' verstanden und dieses angenommen hätte.
Das Einhalten der Regeln hatte ich schnell verinnerlicht. Man muss nur sein Hirn ausschalten und das tun, was von einem erwartet wird. Sollte man dennoch gegen die Regeln verstoßen haben, so war es wichtig, dass man Reue zeigt und verspricht, dass derartige Verstöße nicht wieder vorkommen.
Frau Durcet hielt Wort. Da ich mir in den nächsten Tagen nichts zu Schulden kommen ließ – streng genommen konnte man mich als Musterschülerin bezeichnen – wurden mir die Hand- und Fußschellen nach einer Woche wieder abgenommen.
Es würde mich allerdings brennend interessieren, was Frau Durcet sich seinerzeit gedacht hat. Ich vermute, dass sie froh war, dass die rebellische Schülerin endlich es eingesehen hat und sie somit ein großes Problem weniger hat. Herr Brinkmann bezeichnet mich gerne als seinen schwierigsten aber auch zu gleich interessantesten Fall. Ich würde gerne wissen, welchen Status ich bei Frau Durcet habe. Schwierigster Fall? - Kann sein. Rebellisch war ich aus und auch sehr starrköpfig.
Besonders eindrucksvoll zeigte sich die Folgen meines Sinneswandel ein paar Wochen später. Meine Zimmergenossin Marion und ich hatten große Schwierigkeiten, die vom Pensionat geforderten Leistungen zu erbringen. Die Folge war, dass für uns spezielle Lerneinheiten angeordnet wurden. Anstatt dass sich jede allein für sich mit dem Lernstoff beschäftigt, lernten wir zusammen. Dies war zwar ein klarer Verstoß gegen die Internatsregeln, führte aber auf der anderen Seite dazu, dass sich unsere schulischen Leistungen deutlich verbesserten. In der Folgezeit wurde uns nach und nach so ziemlich alle Vergünstigungen gewährt, die die Internatsregeln vorsahen.
Unsere Strategie war sehr erfolgreich und ging auch über etliche Wochen gut. Doch dann passten wir einmal nicht auf und wurden beim gemeinsamen Lernen erwischt.
Als erstes mussten wir uns natürlich die obligatorische Standpauke von der Direktorin anhören. Ich bat darum, mich erklären zu dürfen und führte aus, dass uns bewusst war, dass unser Verhalten ein Verstoß gegen die Internatsregeln darstellen würde. „Wir haben dies nicht aus Böswilligkeit gemacht, sondern um unserer Lernerfolge der Schulbesuche zu steigern, was uns dann auch gelungen ist.“, fuhr ich fort, während mich meine Zimmernachbarin entsetzt ansah. Ich schlug vor, allen Schülerinnen das gemeinsame Lernen zu ermöglichen und beantragte auf eine Bestrafung von Marion und mir zu verzichten.
Marion war über mein Verhalten entsetzt und fragte mich, als wir wieder auf unserem Zimmer waren, ob ich jetzt von allen guten Geistern verlassen sei. Überaus überrascht waren wir dann beide, als uns mitgeteilt wurde, dass Frau Durcet meinen Antrag stattgegeben und auf eine Bestrafung wegen unseres Verstoßes gegen die Internatsregeln verzichtet.
Seinerzeit wusste ich noch nicht, was Frau Durcet bewogen hatte, eine derartige Nachsicht gegenüber Marion und mir walten zu lassen. Hatte Sie einfach nur einen sehr guten Tag? War sie froh, dass die einst so rebellische Schülerin sich doch in ihr System einfügen kann. Scheute sie einen erneuten Konflikt mit mir?
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 11.02.25 um 09:22 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:07.02.25 17:49 IP: gespeichert
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Bekanntlich hat die Leiterin nur auf eine Gelegenheit gewartet, Natalie ranzukriegen. Das geschah dann, als das Gespräch mit dem Vater durchsickerte.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:07.02.25 22:00 IP: gespeichert
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Zitat | Bekanntlich hat die Leiterin nur auf eine Gelegenheit gewartet, Natalie ranzukriegen. Das geschah dann, als das Gespräch mit dem Vater durchsickerte. |
Hallo ChassHH,
so ganz stimmt es leider nicht. Die Geschichte ist die Fortsetzung vom Mädchenpensionat. Kleiner Tipp: Schau Dir mal dort Kapitel 37 an. Ich bin nämlich Fan von unvorhersehbaren Wendungen.
Zitat | Im Übrigen hatte sie [= Frau Durcet] angeordnet, dass ich dafür, dass ich meinen Eltern nicht die volle Wahrheit gesagt hätte, eine Woche die leicht verschärfte Internatsuniform tragen muss und dann nach zwei Wochen sämtlicher meiner Privilegien zurück bekomme. Sie fügte an: „Ich hatte zuerst überlegt, den Anruf Deines Vaters ganz unter den Tisch fallen zu lassen.“ ...
Die Richterin wollte wissen, warum sie so reagiert hätte. „Es hatte zwar einige Zeit gedauert, aber Natalie von Sternenberg hatte akzeptiert, dass ihre Eltern sie nicht von der Schule nehmen werden und sich mit den hier gültigen Regeln arrangiert. Es bestand somit keine Notwendigkeit eine Drohkulisse in Form von möglichen drastischen Strafen auszubauen.“
Dann wandte sich Frau Durcet an Ihre Mitangeklagten: Können Sie mir erklären, was passiert ist?“
Frau Niedermayer führte aus, dass sich das Lehrpersonal wöchentlich getroffen und hat entschieden, welche Maßnahmen zusätzlich durchzuführen sind und bei welchen Schülerinnen Frau Durcet zu mild war und welche Strafmaßnahmen in diesen Fällen geboten seien. ...
Was mich dann doch überraschte, war das Rückgrat, welches Frau Durcet im Prozess im Gegensatz zu den ebenfalls angeklagten Erzieherinnen zeigte. Sie entschuldigte sich ausdrücklich bei den anwesenden ehemaligen Internatsschülerinnen und plädierte dann auf 'schuldig'. Auf Nachfrage der Richterin erklärte sie, dass sie eine Internatsschule betrieben hätte, deren Ziel es war, Mädchen zu jungen Damen zu formen. Dieses System funktioniert allerdings nur, wenn einerseits ein zugegebenerweise strenges Regelwerk herrscht – aber auf der anderen Seite auch gerecht zugeht. Disziplin ist keine Einbahnstraße. Ich habe leider erst jetzt und damit viel zu spät erfahren, dass offensichtlich mein Lehrpersonal hier eine andere Strategie gefahren und die Internatsschülerinnen teilweise regelrecht gequält hat. |
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:08.02.25 07:57 IP: gespeichert
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War es nicht so, dass Natalie, nachdem der Vater mit der Leiterin telefoniert hatte, übel bestraft wurde, und sie dann aus dem Fenster sprang?
Jedenfalls bekam Natalie die volle Härte zu spüren.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ChasHH am 08.02.25 um 07:58 geändert
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:09.02.25 20:46 IP: gespeichert
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Hallo ChassHH,
zuerst dachte Natalie, dass es so war, wie Du es beschrieben hast.
Im Gerichtsprozess gegen Frau Durcet und ihre Handlagerinnen stellte sich heraus, dass Frau Durcet nur eine milde Strafe gegen Natalie verhängt hatte, diese aber von den Lehrkräften eigenmächtig deutlich verschärft wurde.
Ich habe das entsprechende Kapitel am Wochenende geschrieben und muss nur noch den "Feinschliff" vornehmen. Es lohnt sich auf jeden Fall, weiter zu lesen.
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:11.02.25 09:22 IP: gespeichert
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Kapitel 25: Der Zeitungsartikel (Teil 2)
Im Zeitungsartikel stand weiter: „Bei einem Besuch ihrer Eltern erzählte Natalie diesen erneut, was sie im Internat erdulden musste. Die Eltern versprachen hoch und heilig, nichts von der Unterredung der Internatsleiterin zu erzählen. Auch dieses Versprechen brachen sie, worauf Natalie erneut eine drakonische Strafe bekam.“
Es war der Besuch meiner Eltern nach dem ersten Schuljahr und was im Artikel mit „drakonische Strafe umschrieben wurde, waren in Wirklichkeit 50 Stockschläge, die deutlich verschärfte Pensionatskleidung sowie einen Knebel, damit ich keine Unwahrheiten mehr über das Internat verbreiten kann. Dabei hatte ich meinen Eltern doch nur das berichtet, was mir tatsächlich im Internat widerfahren war.
Die deutlich verschärfte Kleidung bestand aus zwei Halbschalen aus Kunststoff, die mit abschließbaren Schnallen zusammengedrückt wurden. Sie reichten von der Mitte des Oberschenkels bis zum Hals. Auf Höhe des Beckens gab es ein Gelenk, welches fixiert werden konnte. Alle drei Tage wurden mir die beiden Halbschalen abgenommen und ich wurde von oben bis unten mit eiskalten Wasser abgebraust. Die Konstruktion schränke meine Bewegungsfreiheit konsequent ein. Ich konnte meine Beine nicht anwinkeln, musste meinen Körper aufrecht halten und auch meinen Kopf und meine Armen konnte ich nur sehr eingeschränkt nutzen.
Wie konnten meine Eltern mir dies antun. Nicht nur, dass sie mir den verdammten Vertrag untergeschoben haben, mich ins Internat gelockt, dort angemeldet und mich schließlich jetzt noch für mindestens ein weiteres Jahr in der Hölle gelassen haben - sie haben auch noch mit der Institutsleitung gesprochen, obwohl sie mir hoch und heilig versprachen, es nicht zu tun. Was habe ich nur verbrochen, ging es mir ständig durch den Kopf. Zugegeben als Kind und Jugendliche hatte ich viele Freiheiten, die ich nie übermäßig ausgenutzt habe. Das Verhalten meiner Eltern war mir ein Rätsel. Auch war mir vollkommen unverständlich, wieso Frau Durcet jetzt mir gegenüber mit einer solchen Härte reagierte. Schließlich hatte ich Wort gehalten und war in den letzten Monaten nur noch durch vorbildliches Verhalten und gute schulische Leistungen aufgefallen. Wollte sie ihre Macht demonstrieren?
Nach zwei Wochen wurde mir der Knebel entfernt und ich musste nur noch die 'leicht' verschärftes Kleidung tragen. Diese trug ich dann weitere vier Wochen und auch noch, als ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Ich bin der behandelnden Ärztin überaus dankbar, dass sie mir die Uniform gab, damit ich sie als Beweis später vorzeigen kann. Ich weiß nicht, ob man mir die Geschichte ohne die Uniform geglaubt hätte. Vermutlich wäre es mir wie meinen Mitschülerinnen ergangen, denen man Warnvorstellen diagnostiziert und die dann meist mit Psychopharmaka ruhig gestellt hatte.
Seinerzeit war ich ganz unten angekommen und hatte weder den Willen noch die Kraft zum Weiterleben. Ich wusste, dass meine Eltern mich nie aus dem Internat nehmen werden und wusste nicht, wie ich die Zeit bis zum Abitur überstehen soll. Mein Sprung aus dem Fenster wirkte wie eine Befreiung für mich. Anschließend wurde ich schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Dort gelang es den Ärzten in einer dramatischen Operation mein Leben zu retten. Prof. Dr. Gustav Brinkmann wurde von der behandelnden Ärztin hinzugezogen und nahm sich meiner an. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich schaffte er es, mich mental zu stabilisieren.
Was ich damals nicht wusste, war, dass Frau Durcet für mich eine deutliche milderen Strafe als jene, die ich letztendlich bekommen habe, angeordnet hatte. Dies habe ich erst beim Strafprozess gegen sie erfahren, bei dem ich als Nebenklägerin auftrat.
So sollte ich dafür, dass ich mich meinen Eltern anvertraut habe, eine Woche die leicht verschärfte Internatsuniform tragen und nach zwei Wochen sämtlicher meiner Privilegien zurück bekomme. Frau Durcet erläuterte in Prozess, dass sie zuerst überlegt hatte, den Anruf meines Vaters ganz unter den Tisch fallen zu lassen. Dann hatte sie sich doch entschlossen, mir einen kleinen Warnschuss vor den Bug zu verpassen, auch wenn sie meinem Vater versprochen hatte, dass ich keine Bestrafung zu befürchten habe.
Die Richterin wollte seinerzeit wissen, warum sie so reagiert hätte. Frau Durcet erläuterte: „Es hatte zwar einige Zeit gedauert, aber Natalie von Sternenberg hatte akzeptiert, dass ihre Eltern sie nicht von der Schule nehmen nehmen werden und sich mit den hier gültigen Regeln arrangiert. Es bestand somit keine Notwendigkeit, eine Drohkulisse in Form von möglichen drastischen Strafen auszubauen.“
Anschließend wandte sich Frau Durcet an Ihre Mitangeklagten und fragte: „Können Sie mir erklären, was passiert ist?“ Ihre Mitangeklagten führten aus, dass sich das Lehrpersonal wöchentlich getroffen und entschieden hat, welche Maßnahmen zusätzlich durchzuführen sind und bei welchen Schülerinnen Frau Durcet zu mild war und welche Strafmaßnahmen in diesen Fällen geboten seien.
Was mich dann doch überraschte, war das Rückgrat, welches Frau Durcet im Prozess im Gegensatz zu den ebenfalls angeklagten Erzieherinnen zeigte. Sie entschuldigte sich ausdrücklich bei den anwesenden ehemaligen Internatsschülerinnen und plädierte dann auf 'schuldig'. Auf Nachfrage der Richterin erklärte sie, dass sie eine Internatsschule betrieben hätte, deren Ziel es war, Mädchen zu jungen Damen zu formen. Dieses System funktioniert allerdings nur, wenn einerseits ein zugegebenerweise strenges Regelwerk herrscht – aber auf der anderen Seite auch gerecht zugeht. Disziplin ist keine Einbahnstraße. Ich habe leider erst jetzt und damit viel zu spät erfahren, dass offensichtlich mein Lehrpersonal hier eine andere Strategie gefahren und die Internatsschülerinnen teilweise regelrecht gequält hat.
„Und Sie haben von alle dem nichts mitbekommen?“, wollte die Richterin wissen. „Nein“ antwortete Frau Durcet, „die Internatskleidung ist bewusst so gestaltet, dass man Verschärfungen auf den ersten Blick nicht erkennt und ich kann nicht überall sein. Aber das macht doch keinen Unterschied, schließlich hätte ich es merken und dann meinem Personal Einhalt gebieten müssen. Schuldig bin ich so oder so“
Frau Durcet füge hinzu, dass sie jetzt den Hass, der ihr von meiner Seite bei meiner Rückkehr zum Pensionat entgegen geschlagen ist, durchaus verstehen kann und dass sie auch teilweise ganz auf Bestrafungen ganz verzichtet hätte. Wenn aber meine Entscheidungen von meinem Personal untergraben werden, dann ist dies nicht gerade förderlich für die Erziehung unserer Schülerinnen. Die Richterin fragte, wie sie sich die Entscheidung über die Strafmaßnahmen vorstellen müsse.
Frau Durcet zeigte auf mich. Zum Beispiel wurde die Nebenklägerin Natalie von Sternenberg zusammen mit ihrer Mitbewohnerin aufgrund schlechter schulischer Leistung dazu verpflichtet, in ihrem Zimmer, sich intensiv mit dem Unterrichtsstoff zu beschäftigen. Statt alleine, jede für sich zu lernen, haben die beiden sich gemeinsam mit dem Unterrichtsstoff beschäftigt und hatten damit, was ich zugegeben muss, einen sehr großen Erfolg. Mir war sofort klar, dass die Verbesserung der schulischen Leistungen der beiden nicht allein durch fleißiges Lernen zu erreichen war. Ich ließ die beiden Schülerinnen aber gewähren. Meine Lehrkräfte haben dann allerdings noch mehrere Wochen gebraucht, es heraus zu kriegen. Ich musste nun entscheiden, ob die Leistungen der beiden honorieren oder den Verstoß gegen meine Anweisung und die Schulordnung sanktionieren soll. Ich entschied mich dafür die Leistungen zu honorieren.
Nachdenklich machte mich dann, welchen Eindruck Frau Durcet von mir hatte. Auf Nachfrage der Richterin erklärte sie, dass sie mich für überdurchschnittlich intelligent hält und ich sehr strategisch vorgehen würde. Irgendwie hatte sie es im Gefühl, dass ich ihr gefährlich werden kann. Daher hat sie mehrfach überlegt, meinen Eltern einfach zu sagen, dass das Konzept nichts für mich ist. Sie ging allerdings davon aus, dass sie mich in den Griff bekomme wird und räumte ein, dass ein gewisses Maß an sportlichen Ehrgeiz wohl auch dabei war. Sie schloss ihre Ausführungen mit den Worten: „Im Nachhinein muss ich allerdings auch feststellen, dass ich Natalie dann doch deutlich unterschätzt habe.“
Ich muss sagen, dass ich zwischenzeitlich Frau Durcet in einem etwas anderem Licht sehe. Es bleibt dabei, dass sie meine Eltern dazu gebracht hat, dass sie ihr mehr glauben als mir und ihnen eingeredet hat, dass mir das Internat gut tun würde. Vielleicht war sie sogar selbst davon überzeugt. Auch hätte sie besser aufpassen müssen, was ihre Lehrkräfte anstellen und diesen Einhalt gebieten müssen. Alls dies ist nicht zu entschuldigen.
Hierfür hat sie ihre gerechte Strafe bekommen. Allerdings hat sie sich noch im Gerichtssaal bei den anweseneden Internatsschülerinnen entschuldigt, als sie erfahren hat, welche Grausamkeiten wir durch ihr Lehrpersonal hinter ihrem Rücken erleiden mussten. Im Nachgang habe ich hierauf mit einer öffentlichen Videobotschaft reagiert, in welcher ich ihre Entschuldigung annahm.
Mehrfach wurde mir berichtet, dass die Mitgefangenen Frau Durcet weitgehend in Ruhe ließen, während die ebenfalls zu langjährigen Haftstrafen verurteilten Lehrkräften drangsaliert wurden, wenn immer sich die Gelegenheit dazu gab. Die Mitgefangenen forderten konsequent die Ehrbekundungen ein, die zuvor von uns im Internat verlangt wurden. Ich muss ganz klar sagen, dass sich meine Mitleid – wie auch das von meinem ehemaligen Mitschülerinnen – deutlich in Grenzen hielt. Als ich eines Tages die Bitte erhielt, die noch in Institut befindlichen Internatsuniformen dem Gefängnis zur Verfügung zu stellen, kam ich dieser sofort nach. Mit der Ersteigerung der Internatsimmobilie waren diese ebenfalls in meinen Besitz übergegangen. Die ehemaligen Lehrkräfte hatten – vermutlich nicht ganz freiwillig – den Antrag gestellt, anstatt der Gefängnisuniform die Internatskleidung tragen zu dürfen.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 14.02.25 um 16:07 geändert
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Stamm-Gast
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:11.02.25 23:28 IP: gespeichert
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Hallo ZdBdLa
Ich bin ein begeisteter Leser deiner Geschichte.
Ich hab nur eine Frage, dein letzte Abschnitt, ist das noch "Der Zeitungsartikel (Teil 1)" oder bereits Teil 2 ?
Gruß Doromi
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:12.02.25 10:56 IP: gespeichert
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Hallo Doromi,
vielen Dank für Deinen Hinweis. Es freut mich auch, dass Dir meine Geschichte gefällt.
Die Überschrift habe ich korrigiert. Ursprünglich war ein Kapitel vorgesehen. Da dieses zu lang wurde, habe ich es geteilt, dann aber vergessen die zweite Überschrift anzupassen.
Es wird demnächst noch ein Kapitel 26: Der Zeitungsartikel (Teil 3) geben. In diesem berichtet Natalie über ihren Einzug in den Seiberhof / die WG und ihre diesbezüglichen Gefühle und Gedanken.
In Kapitel 27 geht die die eigentliche Geschichte um das Internat in Neuchatel weiter.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 12.02.25 um 12:05 geändert
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:16.02.25 09:03 IP: gespeichert
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Kapitel 26: Der Zeitungsartikel (Teil 3)
Ich war immer noch daheim und las den Zeitungsartikel weiter. Hinsichtlich des Seiberhofes wurde im Artikel lediglich ausgeführt: „Sie zog in eine abgelegene Wohngemeinschaft für junge Erwachsene mit psychischen Problemen ein. Dort lebte auch eine ehemalige Internatsschülerin. Herr Brinkmann hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammen lebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden taten sich sichtbar gut.“
Ich musste daran denken, wie ich seinerzeit in den Seiberhof eingezogen bin. Tatsächlich war mein Umzug dorthin für mich ein sehr großer Schritt. Ursprünglich hatte ich gar keine Lust, das Krankenhaus, in dem ich in den Wochen zuvor wenigstens ein wenig Halt gefunden hatte, zu verlassen – geschweige denn mir irgendwelche Wohngemeinschaften anzusehen. Ich muss zugeben, dass ich auch Angst davor hatte, die geschützte Welt des Krankenhauses zu verlassen. Ich wollte aber den beiden Ärzten, die in der letzten Zeit so viel für mich getan hatten, nicht vor dem Kopf stoßen. So ging ich vor allem Herrn Brinkmann zu liebe mit.
Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie ich zum ersten Mal das Gebäude sah. Es sah genau so aus, wie ich mir einen Bergbauernhof in den schweizerischen Alpen immer vorgestellt habe. Das Haus lag auf einer Lichtung mit einem wunderschönen Blick über das Tal. Vor dem Gebäude stand eine majestätische Eiche, die im Sommer sicherlich viel Schatten spendet. Damals ahnte ich noch nicht, dass es wenige Stunden später eben unter dieser Eiche zu jener schicksalhaften Begegnung mit Mel kommen wird. Aber dazu später.
Das Gebäude selbst hatte ein gemauertes Sockelgeschoss und darüber 1,5 Geschosse aus Holz. Prägend waren die schön bepflanzten Blumenkästen vor den Fenstern und die grünen Fensterläden. Ich dachte mir, dass Heidi in jedem Augenblick, um die Ecke kommen wird. In meiner Kindheit gehörten die Geschichten von Heidi, die frei und unbeschwert durch die schweizerische Bergwelt streifen konnten, zu meinen Lieblingsbücher. Ich hatte mir öfters ausgemalt, wie es sein wird, wenn ich eines Tages wie Heidi die Bergwelt genießen kann. Allerdings hatte ich mit meinen damals 19 Jahren nicht viel gemein mit der Heidi aus dem Roman. Ich war alles andere als frei und unbeschwert.
Ich betrat zusammen mit Herrn Brinkmann und den Betreuern vom Seiberhof das Haus und wir standen in einer großen Küche mit einem Tisch mit Eckbank für mindestens 15 Personen. In der einen Ecke stand ein großer Kachelofen. Die Kücheneinrichtung schien alt und abgenutzt zu sein. Sofort sah ich den Fernseher und die Stereoanlage. Wenigstens das ist vorhanden, dachte ich bei mir und erinnerte mich, dass es derartige Selbstverständlichkeiten seinerzeit im Pensionat nicht gegeben hatte, da Frau Durcet der Auffassung war, dass diese schlecht für unsere Entwicklung seien. Es ist schon verwunderlich, wie sehr ich mich seinerzeit über beides gefreut habe.
In diesem Moment betrat ein Mädchen in meinem Alters den Raum und fragte, ob ich die neue Mitbewohnerin sei. „Ich weiß noch nicht“, antwortete ich, worauf das Mädchen sagte, „ich glaube schon, dass Du hier einziehen wirst.“ Sofort musste ich an den ersten Tag im Pensionat und die Begegnung mit der Mutter Oberin denken und bekam einen fürchterlichen Heulkrampf. „Oh Dich hat es psychisch aber ziemlich stark verwischt“, entgegnete meine potenzielle zukünftige Mitbewohnerin und riet mir dringend, dass Angebot, hier einzuziehen, anzunehmen.
Mit vereinten Kräften schafften es Herr Brinkmann und Louisa, die den Seiberhof zusammen mit ihrem Freund Felix betreibt, dass ich mich beruhige.
„Nun zeigen ich Dir, das freie Zimmer.“, sagte sie anschließend. Wir gingen in den ersten Stock. Es war wirklich ein schönes und großes Zimmer. Die Möbel waren teilweise fast so alt, alt, wie das Gebäude selber. So hätte man das Bett, den Schrank sowie den kleinen Tisch mit der Eckbank und den zwei Stühlen problemlos in ein Museum transportieren können. Als Fremdkörper wirkten hingegen der moderne Schreibtisch mit dem Schreibtischstuhl, der Sessel sowie das Bücherregal. Als ich den Ofen mit dem Topf und die Waschschüssel mit zwei Kannen sah, fragte ich, ob es auf den Zimmern kein fließendes warmes Wasser geben würde. „Leider nein“, antwortete Louisa, „wir planen schon lange, den Einbau einer Zentralheizung mit Warmwasseraufbereitung und übrigens auch die Erneuerung der Küche. Die Gelder, die wir für Euch erhalten, reichen gerade für die laufenden Kosten und von irgendetwas müssen unsere Helfer und wir ja auch noch leben. Daher sind für für größere Investitionen auf Spenden angewiesen.“
Als mich Louisa fragte, was ich über das Zimmer denke, antwortete ich, dass ich mir noch unsicher bin. „Das Zimmer ist sehr schön, aber ich habe doch Zweifel, ob ich es schaffe, hier mein Leben auf die Reihe zu bekommen.“ Herr Brinkmann ergriff das Wort. „Natalie, wie wäre es, wenn Sie probeweise für eine Woche hier einziehen und es erst einmal versuchen?“
„Trauen Sie mir dies zu?“, fragte ich Herrn Brinkmann und sah ihn mit großen Augen an. „Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass Sie es schaffen, hätte ich Ihnen die WG nicht vorgeschlagen und Sie auch nicht hingefahren. Sie haben mir erzählt, dass Ihre Eltern schon immer wenig Zeit für Sie hatte. Folglich mussten Sie schnell früh Ihr Leben selber organisieren. Das Problem ist nur, dass man im Internat versucht hat, Sie zu brechen und zur absoluten Unterwürfigkeit zu erziehen.
Selbstverständlich brauchen Sie noch Unterstützung, aber die bekommen Sie hier. In erster Linie von Felix und Louisa und mein Team und ich sind auch noch da.“ Ich willigte ein. Anders als bei meinen Eltern hatte ich zu Herrn Brinkmann das Vertrauen, dass er seine Versprechen einhält und ich die Einrichtung wieder verlasen kann, wenn es mir dort nicht gefällt.
Herr Brinkmann verabschiedete sich und auch Louisa ging wieder in Richtung Haupthaus. Ich blieb allein zurück. Ich sah mich nochmals um, ging zur Stereoanlage. Ich werde das Gefühl nie vergessen, als ich diese zum ersten mal einschaltete. Nach meinem Aufenthalt im Internat und im Krankenhaus war es für mich, wie eine kleine Befreiung. Es lief gerade ein Lied von den Toten Hosen aus Düsseldorf. Zuerst hörte ich nur zu, um dann mitzusingen. Zuerst ganz leise und dann schließlich aus voller Brust: „Steh auf, wenn Du am Boden bist, steh auf.“ Plötzlich bemerkte ich das Mädchen, welches gerade Zeugin meines emotionalen Zusammenbruchs geworden war. Sie kam auf mich zu und sagte: „Du hast Dich also entschieden, hier einzuziehen. Gute Entscheidung.“ „Nur probeweise“, antwortete ich. Sie sagte noch, dass ich ihr so deutlich besser gefallen würde.
Als etwas kompliziert gestaltete sich dann das Waschen am Abend. Ich hatte mir nie Gedanken über das warme Wasser gemacht. Es kam einfach aus dem Wasserhahn. Dies war daheim in Süddeutschland und selbst im Pensionat so. Jetzt musste ich erst einmal mit dem Topf zum Brunnen vor dem Haus gehen. Da es draußen noch angenehm warm war, war der Ofen in meinem Zimmer noch kalt. Daher musste ich den Topf auf den Herd in der Küche stellen. Während sich das Wasser erwärmte, ging ich mit den beiden Kannen wieder zum Brunnen, füllte diese auf und brachte sie zurück in mein Zimmer. Zwischenzeitlich kochte das Wasser, sodass ich dieses dann auch holen konnte. Nach verrichteter Arbeit musste ich dann die Schüssel in der Küche entleeren. Etwas viel Aufwand für einmal kurz waschen, dachte ich so bei mir.
Auf das Abendessen verzichtete ich. Als ich am Abend einen kleinen Sparziergang unternahm, um ein wenig die Umgebung zu erkunden, kam es zur jenen schicksalhaften Begegnung mit Mel. Plötzlich fiel mir ein Mädchen auf, welches wie ein Häufchen Elend auf einer Bank unter der großen Eiche, die vorm Haus stand, saß. Ich ging zu ihr hin und fragte sie, ob sie auch im Haus wohnen würde, was sie bejahte und sich als Melanie bzw. Mel vorstellte. Als ich sie fragte, was ihr zugestoßen sei, antwortete sie mir: „Dass glaubst Du mir sowieso nicht.“ Worauf ich entgegnete: „Schauen wir mal, erzähle erst einmal und dann sehen wir weiter.“ Sie erzählte, dass ihre Eltern sie kurz nach ihrem 18. Geburtstag als Belohnung für ihre sehr guten schulischen Leistungen auf einen privaten, sehr luxuriösen Mädchenpensionat angemeldet haben. „Zuerst war ich sehr stolz, aber ich merkte ziemlich schnell, dass das Pensionat die Hölle ist.“ Ich fragte sie, ob dieses Pensionat zufällig in Montreux am Genfer See sei, worauf sie mich großen Augen ansah und fragte, woher ich dies wisse. Ich erwiderte, dass ich auch in den 'Genuss dieser Anstalt' gekommen bin. „Wie hast Du die Hölle ausgehalten“, wollte Melanie wissen. „Gar nicht“, antwortet ich. „Als im vierten Stock ein Fenster offen stand, bin ich einfach runter gesprungen, um meinem Leben ein Ende zu bereiten.“
Mich haben meine Eltern vom Internat genommen, als sie merkten, dass es mir nicht gut tut. Nur leider war es da schon zu spät. Ich hatte meinen psychischen Knacks bereits bekommen und wurde danach von Einrichtung zu Einrichtung weitergereicht, bis ich letztendlich hier gelandet bin. Auch die Ehe meiner Eltern ist an den gegenseitigen Schuldzuweisungen zerbrochen.
Wir unterhielten uns fast die ganze Nacht. Mehrfach kam Felix vorbei und bat uns, endlich schlafen zu gehen, was ihn ihm versprachen – dann aber doch nicht taten.
Am nächsten Morgen kamen wir beide ziemlich schlaftrunken zum gemeinsamen Frühstück aller Bewohner des Hauses. Ein Mädchen fragte mich, ob Mel mir ihr Horror-Märchen vom Mädchenpensionat erzählt habe. Sofort fielen mir die Worte von Frau Dr. Meyer wieder ein und ich sagte: „Kommt bitte alle mit auf mein Zimmer. Ich will Euch etwas zeigen und dann reden wir weiter.“ Meinen Mitbewohnerinnen war die Mischung aus Unbehagen und Neugierde sichtlich anzumerken. Anschreiend hat dann schließlich doch bei allen die Neugierde gesiegt. In meinem Zimmer angekommen ergriff ich das Wort: „Auch ich war Insassin in diesem Mädchenpensionats. Glaubt mir, die Ausführungen von Mel sind zutreffend. Und wenn Ihr uns nicht glaubt, hier sind die Sachen, die ich mehrfach unter anderem als Strafe unter anderem für schlechte Schulnoten – es war übrigens eine drei in Mathe – oder wegen des angeblichen Verbreitens von Lügen über das Pensionat – dann für vier Wochen - tragen musste. Die Ärzte im Krankenhaus mussten die Sachen vom Leib schneiden, um mich operieren zu können, aber Ihr seht sicherlich, dass sie alles andere als bequem sind. Und dies ist nur die leicht verschärfte Version. Wie die deutlich verschärfte Version aussieht, wollt Ihr gar nicht wissen. Das Wort „Horror“ könnt Ihr gerne verwenden, aber bitte verwendet nie mehr das Wort „Märchen“ im Zusammenhang mit den Pensionat.“ Alle waren beim Anblick der Kleidung, insbesondere dem Korsett sichtlich geschockt.
Schließlich ergriff das Mädchen, welches sich eben noch über Mel lustig gemacht hatte, die Initiative und ging auf Mel zu und bat sie um Verzeihung. „Aber warum habt Ihr Euch nicht gegen die Schikanen gewehrt“, wollte sie wissen. „Die schöne Fassade wird gewahrt und wenn Du nicht bedingungslos gehorchst, bekommt Du drakonische Strafen und außerhalb des Internats glaubt Dir sowieso niemand. Ihr nicht und noch nicht einmal meine Eltern“, sagte ich. „Und meine Therapeuten auch nicht“, ergänzte Mel. „Ich habe nur noch die Chance gesehen, auf dem vierten Stock zu springen, als ein Fenster offen stand. Wisst Ihr, was das für ein Gefühl ist, wenn Du im vierten Stock am Fenster sitzt und überlegst, ob es nicht einfacher ist, einfach zu springen, weil dann alles vorbei ist?“ Ich bekam – wie sollte es auch anderes sein – einen Weinkrampf. Mel ging auf mich zu und tröstete mich, sodass ich mich wieder beruhigte. Wir gingen wieder in den Frühstücksraum und ich bemerkte, dass die Stimmung sehr bedrückt war. So ergriff ich abermals das Wort: „Ich wollte die Stimmung nicht verderben. Wir alle haben schreckliches erlebt. Ich weiß, die meisten Menschen unten im Tal möchten nicht mit uns tauschen. Aber wir sind jung und haben den Großteil unseres Lebens noch vor uns. Also lasst uns gemeinsam nach vorne sehen.“
Wir versprachen uns gegenseitig für einander einzustehen, was auch kommen möge. Anschließend strecken wir alle unseren rechten Arm nach vorne und schworen uns: „Eine für alle – alle für eine.“
Das Mädchen, welches ich bereits am Vortag kennengelernt hatte, sagte dann noch: "Hier ist Dein Lied, Natalie." Sie griff zu Ihrem Mobiltelefon und es erschallte "Steh aus, wenn Du am Boden bist" Durch den Raum. Am Ende sangen wir alle lautstark mit.
Ich war erst einen Tag im Seiberhof, aber instinktiv wusste ich, dass ich mit Mel eine sehr gute Freundin und mit den weiteren Mitbewohnerinnen ebenfalls gute Freundinnen gefunden hatte.
Wenig später schaute dann Felix bei uns vorbei. Er erkundigte sich, wie es uns geht, als das Telefon klingelte. Er nahm der Hörer ab. Offensichtlich ging es um mich. Felix erzählte, dass ich bereits Anschluss an die Gruppe gefunden habe und mich die ganze Nacht mit einer anderen Bewohnerin mich unterhalten hätte. Er teilte dann noch Melanies Nachnamen und ihren Therapeuten mit.
Als Prof. Dr. Brinkmann erfuhr, dass eine ehemalige Schülerin des Internats ebenfalls im Seiberhof, kam es sofort zum Seiberhof und wollte meinen Aufenthalt dort sofort beenden. Instinktiv verspürte ich, dass es sich lohnt, um meinen Platz dort und das Zusammenleben mit Mel zu zu kämpfen.
Schließlich gelang es mir, Herrn Brinkmann zu überzeugen. Es war mir nicht bewusst, aber ich muss das erste Mal gelächelt haben, seitdem ich Herrn Brinkmann kennen gelernt hatte.
Im Nachhinein betrachtet, war es die richtige Entscheidung. Dies musste auch Herr Brinkmann später sich eingestehen. Gegenüber meinen Eltern erklärte er später: 'Ich will ehrlich sein. Ich hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammen lebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden tun sich sichtbar gut.'
Allein die Tatsache, dass ich immer noch im Seiberhof lebe und mein Leben wieder im Griff habe, zeigt für dies mehr als deutlich. Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich dem Wunsch von Herrn Brinkmann nachgegeben und den Seiberhof wieder verlassen hätte.
„Glauben Sie mir, dass es sehr gut getan hat, sich mit jemanden zu unterhalten, der die Hölle selbst durchgemacht hat und daher nachvollziehen kann, was das Pensionat bedeutet.“, entgegnete ich seinerzeit Herrn Brinkmann. „Die Probewoche ist zwar noch nicht vorbei, aber ich habe mich übrigens bereits jetzt entschieden, hier zu bleiben.“, füge ich in Richtung Felix und Louisa an. „Wie viel Geld braucht Ihr für den Einbau der Zentralheizung und die Renovierung der Küche?“
Als die beiden mir entgegneten, dass sie das Geschenk bzw. die Spende nicht annehmen können, antwortete ich ihnen, dass meine Eltern mir mehr Geld überweisen, als ich jemals ausgeben kann. Im Übrigen, geht mit das Wasser holen und kochen schon jetzt auf die Nerven. Ich bat die beiden nur, meinen Mitbewohnerinnen nicht zu sagen, von wem das Geld stammt.
Die nächsten Tage gingen meine Mitbewohnerinnen morgens immer zur Schule oder zu Arbeit und ich blieb allein im Seiberhof zurück. Anfangs genoss ich die Freiheit und erkundete die Umgebung. Ziemlich schnell wurde es mir allerdings langweilig, sodass ich beschloss, Mel zu ihrer Schule zu begleiten und die Direktorin zu fragen, ob sie mich aufnehmen würde. Der Direktorin war die Verwunderung deutlich anzusehen. Schließlich kommen nicht jeden Tag Schülerinnen zu ihr mit der Bitte, zukünftig ihre Schule besuchen zu wollen. Ich weiß, dass man den Schweizern immer nachsagt, besonders schwerfällig zu sein. Auf die Direktorin traf dieses Vorurteil sicher nicht zu. Sie begrüßte mich als neue Schülerin und erklärte, dass sie mich erst in meine neue Klassen bringen und sich dann um die Formalitäten kümmern würde. So begleitete sie mich zur Klasse und erklärte der ebenfalls verwunderten Lehrerin, dass sie jetzt eine neue Schülerin habe. Es war zum Glück die Klasse von Mel und der Platz neben ihr war auch noch frei. Wenig später kam die Direktorin vorbei erklärte, dass der gesamte 'Formalkram' erledigt sei und ich jetzt auch ganz offiziell Schülerin dieser Schule sei. Sie ergänzte noch, dass sie Herr Brinkmann vorgewarnt hatte, dass ich immer für eine Überraschung gut bin. „Er sagte aber auch, dass Du ein gutes Mädchen bist, Natalie.“
Mit dem Schulbesuch fühlte ich mich endgültig im Seiberhof angekommen. Ich hatte dort neue Freundinnen gefunden, Betreuer, die sich vorbildlich um mich kümmerten und schließlich mit dem Besuch der örtlichen Schule und mit dem im nächstes Jahr anstehenden Abitur auch wieder ein festes Ziel vor Augen. Im Internat war das einzige Ziel, den Tag ohne negativ aufzufallen, zu überstehen. Und Herr Brinkmann und sein Team waren auch noch da. Er war mit meiner Entwicklung zufrieden. Zeigte sie ihm doch, dass ich wieder meine Ziele verfolge und mein Leben wieder in die eigene Hand nahm. Das einzige, was noch ausstand, war die Aussöhnung mit meinen Eltern. Über diese habe ich Euch ja bereits berichtet.
Der Drill in Pensionat hatte im Nachhinein betrachtet auch sein Gutes. So fiel es Mel und mir sehr leicht, dem Unterricht zu folgen und unsere schulischen Leistungen waren durchweg sehr gut.
Einmal als wir von der Lehrerin gebeten wurden, unsere private Unterhaltung zu beenden, sprangen wir beide, wie von der Tarantel gestochen auf uns riefen „Jawohl Frau Lehrerin, es tut uns leid, den Unterricht nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit gefolgt zu haben. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Wir beide sahen uns an und konnten uns anschließend nicht mehr vor Lachen halten, während die Lehrerin und unsere Mitschüler uns nur entgeistert ansahen. Auf die Frage unserer Lehrerin, was das zu bedeuten habe, antwortete ich: „Das wollen Sie gar nicht wissen. Aber glauben Sie, es gab Zeiten, wo wir beide so hätten reagieren müssen, um drakonische Strafen zu verhindern.“ Da unserer Klassenlehrerin nicht locker ließ, versprachen wir ihr, am nächsten Tag über die Verhältnisse im Internat zu berichten.
So nahm ich am nächsten Tag die Kleidung, die ich bei der Einlieferung ins Krankenhaus getragen hatte, mit. Mel und ich führten vor, wie wir uns im Internat haben verhalten müssen und erläuterten, was passiert, wenn wir es nicht tun. Eine Schülerin sagte, dass sie uns um das Erlebte nicht beneiden und dass sie nun das ihrer Meinung nach sonderbare Verhalten von Mel in einem anderen Licht sehen würde. „Aber warum hast uns nicht einfach erzählt, was Dir widerfahren ist?“ „Hättet Ihr mir ohne die Internatsuniform die Geschichte geglaubt?“, entgegnete Mel. „Ehrlich gesagt, wahrscheinlich nicht“, war die Antwort.
Auch Mel erläuterte dann, wie ihre Eltern sie vom Internat genommen haben, als sie erkannten, dass ihr der Aufenthalt dort nicht gut tat. Anschließend versuchten sie, sie in ihr altes Leben zu integrieren. Weiter sagte sie: „Aber keiner hat mir die Geschichten geglaubt. Mir wurden schließlich Warnvorstellungen diagnostiziert. Ich wurde von Einrichtung zu Einrichtung weiter gereicht. Stellt Euch vor, wie das ist: Du hast die Hölle auf Erden durchlebt und keiner glaubt Dir.“
„Natalie hat Dir gut getan“, sagte unsere Lehrerin. „Seitdem sie da ist, bist Du regelrecht aufgetaut“. „Sie wusste selber, welche Hölle man im Internat durchleben muss und hat mit der Internatsuniform zudem den Beweis geliefert, dass ich mir die Geschichten nicht ausgedacht habe.“, antwortete Mel.
Auch ich erläuterte, wie sehr mir Mel geholfen hat. „Als ich zum Seiberhof kam, war ich zwar körperlich wieder hergestellt, aber hatte noch starke psychische Probleme. Ich habe meinen Psychologen und sein Team das eine oder andere Mal zur Verzweiflung gebracht. Auch mir das es gut getan, dass ich mich mit Mel über das Erlebte austauschen konnte. Und auch unsere Mitbewohnerinnen sind auch in Ordnung. Es ist schon komisch. Eigentlich wollte ich dort erst gar nicht einziehen. Ich bin nur mitgekommen, da ich meinem Arzt, der so viel für mich getan hat, nicht vor den Kopf stoßen wollte. Dann hatte mein Arzt Bedenken, dass ich Mel zusammen lebe, aber ich wollte nicht mehr weg.“
Als ich später Herrn Brinkmann von den Ereignissen erzählte, antwortete dieser, dass ich mittlerweile auf einem gutem Weg sei. Die Tatsache, dass wir Witze über unsere Zeit im Internat machen können, zeigt deutlich, dass wir die traumatischen Erlebnisse - zumindest teilweise – verarbeitet hätten. Allerdings zeigen unsere emotionalen Zusammenbrüche, dass auch noch einer weiter Weg vor uns liegt.
Herr Brinkmann hatte zu diesem Zeitpunkt auch die Betreuung von Mel übernommen. Das was anfangs niemand für möglich gehalten hatte, trat ein. Wir machten große Fortschritte. So konnte ich immer mehr das sein, was ich immer wollte: ein ganz normaler Mädchen im Alter von inzwischen 19 Jahren. Wenig später zog auch Marion Seiberhof ein. Wie bereits im Internat teilten wir uns ein Zimmer.
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Erfahrener
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:16.02.25 16:48 IP: gespeichert
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Eine schöne Fortsetzung und es macht Spaß die Story zu verfolgen. Bitte weiter so.
ciao, Tom
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Freak
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Beiträge: 136
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:18.02.25 14:41 IP: gespeichert
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Hallo Tom,
vielen Dank für Dein Feedback. Es hilft einem als Autor.
Jens alias ZdBdLa
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