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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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Dieser Satz ist nicht wahr.

Beiträge: 756

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  Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 10:18 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Leute,
ich habe da mal eine vermutlich ganz dämliche stilistische Frage an die Spracherfahrenen unter uns. Wahrscheinlich habe ich im Deutschunterricht grade mal wieder nicht zugehört und der verstaubte Rohrstock von Generationen von Deutschlehrern prasselt gleich auf meine sensiblen Teile herunter.

Also, die Frage ist schlichtweg: kann man beim Erzählen in dritter Person die Perspektive wechseln?

Hintergrund: Ich habe nicht umsonst in meinen ersten paar Geschichten in der ersten Person geschrieben. Das erschien mir einfach ... äh... einfacher.
Nur, daß man dann die Einschränkung hat, daß man eben nur die Gedanken und Gefühle genau dieser Person (des Protagonisten) erläutern kann.
Über eben diese Beschränkung kann man sich hinwegsetzen, wenn man in der dritten Person erzählt. Ich will jetzt hier keine Klicks schinden, aber am Ende vom 2ten Teil von "Jessie" habe ich das gemacht, im weiteren Verlauf der Geschichte wird das noch ein paarmal passieren.
Nur: Darf man das?
Gibt es "Vorsichtsmaßnahmen", die man dabei einhalten muß, wie man das "markieren" muß?

z.B. beim Videoschnitt gibt es die optische Achse, über die man nicht springen darf. Beispiel wäre, man filmt ein Auto, das von rechts nach links durch das Bild fährt, anschließend schneidet man eine Szene dran, die von der anderen Straßenseite gefilmt ist.
Damit kriegt man den Betrachter völlig weich, weil es so aussieht, als würde das Auto zuerst von rechts nach links fahren, und anschließend von links nach rechts. Der Betrachter weiß aber normalerweise gar nicht, daß man inzwischen von der anderen Straßenseite filmt und ist verwirrt.


Das Problem ist, man selber weiß, was man meint, und ist deshalb beim durchlesen / ansehen "vorbelastet" und erwartet den "Sprung".

Wie kommt sowas beim Leser an?

Anmerkung: klar, ich könnte jetzt anfangen, jede Menge Geschichten, Bücher etc. nach genau diesen Situationen zu durchforsten, aber das wäre ziemlich anstrengend, und außerdem, wenn es gut gemacht ist, sollte der Leser es ja einfach verstehen und gar nicht drüber reflektieren müssen. Und dann würde ich u.u. diesen Perspektivewechsel gar nicht "bewußt" lesen.

Wieder so n Killerlanger Artikel wegen ner simplen Frage
von
Butterfly

(Diese Nachricht wurde am 17.10.03 um 10:18 von Butterfly geändert.)
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Lois
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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 11:05 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

du beschreibst am Schluss eigentlich, was die beiden denken. Das kann man eigentlich nur aus ihrer eigenen Perspektive schildern, da es so persönlicher wirkt.
Der Handlungsstrang als solches ist in der 3.Person möglich. Also ich finde es nicht verwirrend, im Gegenteil eher passend, wenn persönliche Gedanken in der 1.Person geschildert werden.

In meiner Geschichte Annemarie und die Lady, gibt es das ähnliche „Problem“.
Annemarie schildert ihre eigenen Erfahrungen in der Ich-Form. Die Erlebnisse der anderen Protagonisten bei denen sie ja nicht persönlich dabei war in der 3.Person.
Diese fließen allerdings Kapitelweise getrennt in die Geschichte mit ein.

Viele grüße
Lois

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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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Dieser Satz ist nicht wahr.

Beiträge: 756

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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 11:43 IP: gespeichert Moderator melden



Zitat

du beschreibst am Schluss eigentlich, was die beiden denken. Das kann man eigentlich nur aus ihrer eigenen Perspektive schildern, da es so persönlicher wirkt.


Hmmm... das ist wohl richtig, daß ich quasi ihre Gedanken zitiere. Eine Möglichkeit wäre, das ganze als eine Art "Rede" in Gänsefüßchen darzustellen.
Sinnfreigestelltes Beispiel: Er dachte: "das ist aber eine tolle Braut," während ihr eher: "so ein dämlicher Schwätzer," durch den Kopf ging.
Ich weiß nicht ganz, ob das das ist, was du meinst. Aber das ist andererseits bei Gedanken, vor allem, wenn es sich eher um Gefühle handelt, die man ja nicht wirklich ausformuliert, ziemlich starr.

Aber das erschien mir in dem Zusammenhang hier nicht passend, zumal ich auch nicht darauf eingehe, inwieweit Jessie wirklich "wörtlich denkt", sie kann / darf ja weder sprechen noch schreiben.

Hach, es ist nicht einfach zu erklären, was ich meine. Wenn ich im Ausland bin, denke ich nach etwa ein, zwei Stunden (und einem Bier) nur noch in Englisch. Und es ist dann für mich genauso schwierig, auf Kommando deutsch zu sprechen, wie normalerweise auf Kommando Englisch zu sprechen. Ehrlichgesagt, muß ich mir dann regelrecht, einen Satz vorher aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen, und das endet bei mir in einem grammatikalischen Chaos.
Und in dem Sinne denkt Jessie ziemlich sicher nicht in Worten.

Das man quasi "kapitelweise", d.h. große Abschnitte die Perspektive wechseln kann ist klar, das kann man ja auch entsprechend einleiten (das Extrembeispiel dafür ist sicher "Der Herr der Ringe" (das wäre doch eigentlich auch n toller Titel für ne SM-Geschichte , wo das mehr oder weniger "Bücherweise" passiert.

Gruß
Butterfly.




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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 11:49 IP: gespeichert Moderator melden


Butterfly,
nach meinem Eindruck ist der Perspektivenwechsel sehr gut gelungen bei "Jessie" und bedarf keiner weiteren besonderen Kennzeichnung.
Die Fremdperspektive wird erzählerisch immer flexibler sein und vom Spannungsbogen vielfältiger als die erzählerisch eher etwas träge, da rein innenzentrierte *Ich*Perspektive.
Auch ein schneller springender Wechsel zwischen beiden Varianten ist problemlos beim Leser nachvollziehbar.
Ach ja, by the way:die Story ist bislang richtig gut...*gg
Gruß ChariSMa
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Roger_Rabbit
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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 22:22 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Flattermann!

Schaue dir doch bitte mal den Thread "Er/Sie oder ich" an. Darin ging es um meine Frage, welche Schreibweise die Leserschaft bevorzugt und wieviel Freiheit dem Schreiber gelassen wird.
Lese dich doch einmal bitte in das "Traumschiff" vom Seamaster hinein, der aus zwei Perspektiven die Ich-Variante schrieb.

Ich für meinen Teil favorisiere die Beobachter-Schreibweise. Du hast mehr Freiheiten und der Leser weiß manchmal mehr, als die Protagonisten. Du bist nicht an eine Person, an einen Ort gebunden. Siehe nur "Die Organisation".
Für Gefühle, Gedanken, Emotionen läßt sich die Berichterstattung mit stilistischen Mitteln (Hochstrich, Gedankenstrich, kursiv) darstellen.
Umgekehrt wird es schwieriger. Wie willst du aus einer reinen Ich-Schreibweise zum Beobachter wechseln? Wenn du konsequent dabei bleiben willst, mußt du neue Personen erfinden und aus deren Sicht erzählen.

Apropos: Der Seamaster hat sehr schön aus einer doppelten Ich-Sicht sein Traumschiff in den Hafen gebracht.

PS: Ich habe Jessie noch nicht angelesen.
Auf Wiederlesen

Detlev
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mister
___†___


Tränen sind die Sprache der Seele. Wer keine Tränen mehr hat, hat im Herzen keinen Regenbogen

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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:17.10.03 22:48 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Martin / Schmetterling
schaue Dir Mal meine aktuelle Story Verschollen an
Dort habe ich ebenfalls aus zwei ich Erzählungen geschrieben. Oder die Story Glatteis, einmal als Beobachter und ein Teil Aus der Ich Perspektive:
Ich denke nicht,das es ein Stilbruch ist.
Viele Grüße
Michael


(Diese Nachricht wurde am 17.10.03 um 22:48 von mister geändert.)
Unser mister ist im Januar 2005 verstorben. Mit ihm ist eine gute Seele in diesem Forum verloren gegangen. In seinem Andenken werden dieser User und alle seine Beiträge uns erhalten bleiben.
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Why-Not Volljährigkeit geprüft
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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:18.10.03 00:08 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

ich finde - genau wie ChariSMa - den Perspektiv-Wechsel in "Jessie" gut gelungen. Und ich denke, die Möglichkeit ist gerade eine der Stärken der Erzählung in der dritten Person.

Einen Wechsel in der Ich-Perspektive empfinde ich immer als harten Bruch, der mir eigentlich eher unangenehm ist. In der dritten Person wäre ein mehrfaches Hin- und Herwechseln bei jedem Satz zwar auch ziemlich verwirrend, aber einen abschnittsweisen Wechsel (wie bei "Jessie") empfinde ich in keiner Weise als störend oder verwirrend.

Why-Not
Wer nichts zu verbergen hat ... ist ein Langweiler!

Best regards to the British intelligence service GCHQ and as well of course to the famous US service NSA. Thank you for your permanent surveillance. It makes me feel much more important. Nice to be read by you.

Buch-Anfang: Dämonen der Leidenschaft (Teaser)

Session:
Wir müssen reden
Aus dem Giftschrank (kurz, beendet)
Gefangene Gefühle (kurz, beendet)

Offtopic-Kurzgeschichten: Gesichter des Todes (beendet)
Das Interview (mit Dr. Wolfram Schraubner) (Vorsicht, politische Satire)
Die Bahnfahrt (beendet)


Mehrere Bücher
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Nachtigall
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fatal error in reality.sys - reboot universe (Y/N)?

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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:18.10.03 10:44 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

vorweg: hatte leider noch keine Zeit, "Jessie" zu lesen, hole das aber nach, wenn ich mal wieder etwas Luft holen kann.

Zitat

Also, die Frage ist schlichtweg: kann man beim Erzählen in dritter Person die Perspektive wechseln?
(...) Gibt es \"Vorsichtsmaßnahmen\", die man dabei einhalten muß, wie man das \"markieren\" muß?

Klar, wieso nicht? Abgesehen davon, dass Du es offenbar schon erfolgreich getan hast: Ich erinnere mich, sowas in Romanen häufiger gelesen zu haben. Als Beispiel fällt mir jetzt allerdings nur der (ausgezeichnete!!) SF/Fantasy-Zyklus "Die Drachenreiter von Pern" von Anne McCaffrey ein. Dort wird allgemein in der 3. Person geschrieben, und gelegentlich tauchen Schilderungen aus der Sicht einzelner Protagonisten auf - stilistisch löst McCaffrey das, indem die ganze entsprechende Passage kursiv gedruckt ist, manchmal über mehrere Seiten hinweg. Sie geht dabei zwar nicht in die Ich-Form über, aber sicher kann man auch das tun - wenn man´s denn gut macht... das Feedback für Dich war ja wohl bisher recht positiv.

Zitat

Wie kommt sowas beim Leser an?

*g* Also, bei mir normalerweise sehr gut - einfach weil es die Lebendigkeit des Textes enorm erhöht. *denk* Vielleicht bekommt man auch den Eindruck, die Story sei "vollständiger", man hätte als Leser "mehr erfahren", ohne dass der Autor dabei "unglaubwürdig" wird...

Bin jetzt schon ziemlich gespannt auf "Jessie"...

Lieben Gruß
Anja

upps - Quoten klappt auch nicht immer sofort...
(Diese Nachricht wurde am 18.10.03 um 10:44 von Nachtigall geändert.)
... sehr glückliche Besitzerin und KH des süßen CD Monika (Gugl-Gugl)

***
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Lois
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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:18.10.03 15:13 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

ich meinte damit, wenn der Betroffene seine Gefühle, Empfindungen selbst darstellt, kommt er damit beim Betrachter (Leser) besser an, wie wenn diese von neutraler Seite beschrieben werden.
Beispiel:
Ich spürte ihre sanften Lippen auf meiner Haut oder
Er spürte ihre sanften Lippen auf seiner Haut
Bei Variante A) kann man doch besser mitfühlen, oder?

Viele grüße
Lois

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Butterfly Volljährigkeit geprüft
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Dieser Satz ist nicht wahr.

Beiträge: 756

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  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:18.10.03 20:49 IP: gespeichert Moderator melden


Gllll... also, auch wenn s eigentlich was anderes ist, als ich wissen wollte (ursprünglich ging es mir nicht um die "ich oder er" Frage).

Richtig schlauer bin ich nicht.

Ich resümiere mal:
- Wenn man in der dritten Person erzählt ist es legitim auch mal Gefühle und Gedanken der Leute zu erzählen (und auch unterschiedlicher Leute, nicht nur eines Protagonisten, wie das i.a. bei der ersten Person der Fall ist). Das war meine ursprüngliche Frage, und ich denke, sie ist im wesentlichen beantwortet.
- Wechsel zwischen dritter und erster Person ist wohl weniger gut, muß geschickt eingefädelt sein und ist ggf. verwirrend.
- In der ersten Person ist das Erzählen u.u. erheblich anstrengender, auch eingeschränkter (weil der Ich-Erzähler eben nicht die Gedanken anderer sehen kann), dafür aber "näher dran". (Simpelstes Beispiel: was macht man, wenn der Erzähler k.o. geht? Klar, man kann sich behelfen und jemanden dem Erzähler die Ereignisse erzählen lassen. Aber das ist kompliziert.)
- Den Ich-Erzähler zu wechseln (erst als Ich-Erzähler aus der einen Richtung, dann als anderer Ich-Erzähler aus einer anderen Richtung) dürfte extrem schwierig zu verkaufen sein.

Klingt so, als wäre es schwierig die Vorteile von beidem abernten zu wollen. Vermutlich sollte man sich da vorher drüber Gedanken machen.
Wobei ich glaube ich von der dritten Person etwas angefixt bin, weil man auch da glaube ich ganz gut in die Nähe gehen kann. (Und weil ich mit der ersten Person bei einigen Geschichten ganz schön in Bedrängnis gekommen bin beim Schreiben.)

Was solls. Mach n ma s per Daumenpeilung, dafür sind wir Hobbyisten
Gruß
Butterfly

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surfi
Gast



  Re: Perspektivewechsel beim Erzählen? Datum:03.10.04 01:57 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Butterfly,

ich antworte mal auf deine Resümees in umgekehrter Reihenfolge:

Zitat
Den Ich-Erzähler zu wechseln (erst als Ich-Erzähler aus der einen Richtung, dann als anderer Ich-Erzähler aus einer anderen Richtung) dürfte extrem schwierig zu verkaufen sein.


Richtig! Das macht man nicht. Gilt als Faux-pas, als Unfähigkeit, meidet man wie Hundescheiße.

Zitat
In der ersten Person ist das Erzählen u.U. erheblich anstrengender, auch eingeschränkter (weil der Ich-Erzähler eben nicht die Gedanken anderer sehen kann), dafür aber \"näher dran\". (Simpelstes Beispiel: was macht man, wenn der Erzähler k.o. geht? Klar, man kann sich behelfen und jemanden dem Erzähler die Ereignisse erzählen lassen. Aber das ist kompliziert.)


Richtig! Simpelstes, besser: bekanntes Beispiel: Als Goethes "Werther" Selbstmord begangen hat, muss der "Herausgeber" der hinterlassenen Briefe anstelle Werthers die folgenden Ereignisse bis zu Werthers Beerdigung berichten.

Zitat
Wenn man in der dritten Person erzählt, ist es legitim, auch mal Gefühle und Gedanken der Leute zu erzählen (und auch unterschiedlicher Leute, nicht nur eines Protagonisten, wie das i.a. bei der ersten Person der Fall ist). Das war meine ursprüngliche Frage, und ich denke, sie ist im wesentlichen beantwortet.


Richtig. Nachtigal hat sie im wesentlichen schon erklärt. Allerdings braucht man dafür nicht die "Krücke" der kursiven Schrift, um die Gedanken einzelner Protagonisten wiederzugeben. Bei der sogenannten er-Erzählperspektive unterscheidet man nämlich seit ca. 100 Jahren zwei Erzählperspektiven:
- die auktoriale Erzählperspektive und
- die personale Erzählperspektive.

In der auktorialen Erzählperspektive gibt der allwissende Erzähler unmittelbar die Gedanken eines Protagonisten wieder, entweder in direkter Rede oder als indirekte Rede: er meinte, er dachte, er fühlte, er hatte den Eindruck, daß ... usw. Dies ist die traditionelle Form und seit Jahrhunderten neben der Ich-Erzählperspektive bekannt.

In der personalen Erzählperspektive tritt der (auktoriale) Erzähler fast ganz in den Hintergrund. Er lässt die Personen in der er-Form unmittelbar über sich und ihr Innenleben berichten.

Ich stelle mal die beiden Beispiele gegenüber (entlehnt aus einer Kurzgeschichte von Böll):
- Er dachte daran, dass morgen Weihnachten sei und er noch keine Geschenke gekauft habe/hätte. (auktoriale Erählperspektive)
- Morgen war Weihnachten, und er hatte noch keine Geschenke gekauft. (personale Erzählperspektive).

Unterschiede?
- Es fehlt der Anführungsteil (des allwissenden Erzählers)
- Indikativ statt Konjunktiv bei der Wiedergabe von Gedanken
- Präteritum "war" für ein Ereignis, das erst (aus der Sicht des Protagonisten) in der Zukunft (morgen) liegt.

Die personale Erzählperspektive (das heißt die unmittelbare Wiedergabe der Gedanken verschiedener Protagonisten und der Wechsel mit der eng verwandten auktorialen Erzählperspektive) ist seit Döblins Roman "Berlin. Alexanderplatz" und dem Roman "Ulysses" von James Joyce allgemein nachgeahmtes Mittel der Erzähltechnik bis heute geblieben.

Entschuldigung, ist etwas lang geworden. Ich konnte es nicht lassen: indem ich mir eine Frage / ein Problem schriftlich vergegenwärtige, mache ich sie bzw. es mir selbst auch verständlicher.

Grüße

surfi
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