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  DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten de
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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:23.03.23 22:59 IP: gespeichert Moderator melden


@ M A G N U S:
Nun, wenn Du weiter so großartig lange Kapitel schreibst, dann nicht
Ernsthaft, das ist jedesmal eine Freude zum Wochenende, Deine Geschichte so zuverlässig und spannend fortgesetzt zu wissen & dann auch zu finden.
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M A G N U S
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Erlangen


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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:24.03.23 21:09 IP: gespeichert Moderator melden


Für Euere Kommentare danke ich Euch, sie spornen mich an, unbeirrt weiter zu machen - und ehrlich, es ist ein wenig wie im Richtigen Leben:
Wenn ich mir auch immer wieder sage, daß ich selbstbewußt genug bin zu wissen, was ich kann, so genieße ich doch das Rauschen des Applauses!



98

Gangolf fläzte sich längs des Sofas und rückte das niedrige Wohnzimmertischchen mit dem gefüllten Bierkrug an seine Seite heran. Unter seinen Kopf plazierte er ein kleines Kissen, unter seinen Schultern ein größeres, so daß er einen guten Blick auf den großen Flachbildfernseher gewann. Nachdem er sich solchermaßen positioniert hatte, ergriff er die Fernbedienung und wählte einen Männerfilm aus. Um Magda das Mithören zu ersparen, stülpte sich Gangolf die Kopfhörer über und tauchte damit in die Illusion des Films ab. Magda saß vor ihm auf dem Boden und massierte seine Füße. Es war das übliche Ritual, das sie bei ihrer Herrin fast jeden Abend zelebrieren mußte, indes unter weitaus schlimmeren Umständen.

Martina bestückte Magdas Brustwarzen üblicherweise mit Nippelklammern, an deren Enden Glöckchen befestigt waren. Martina verlangte von Magda, daß die Glöckchen ständig klingelten; um das hervorzurufen war Magda gezwungen, ihren Oberkörper ohne Unterlaß vor- und zurückzubewegen und dabei die Massagetätigkeiten nicht zu vernachlässigen. Kaum ebbte das Glöckleinläuten ab, erhielt Magda einen höchst unsanften Fußtritt, meistens auf den Bauch, manchmal auch auf die Brüste. Die ohnehin schmerzhaft eingeklemmten Nippel erfuhren dadurch einen scharfen Schmerzimpuls; noch schlimmer wurde es, wenn sich durch die Tritte eine Nippelklammer gelöst hatte und das Blut sogleich schneidend scharf in die Warzen zurückschoß. Magda war zudem verpflichtet, sofort mit einer Hand die abgefallene Klammer wieder anzusetzen, sie durfte dabei nicht versäumen, mit der anderen Hand die Massage von Martinas Füßen fortzusetzen.

'Wie angenehm das bei Gangi ist', durchfuhr es Magda immer wieder, 'er ist nie gewalttätig'.
Ehrfürchtig beugte sich Magda vor und gab jedem der beiden Füße einen Kuß. Während Magda bei ihrer Herrin bereits nach einer Stunde durch die erzwungenen ständigen Oberkörperbewegungen und durch die schmerzhaften Nippelklammern vollkommen erschöpft war, gelang es ihr hier völlig spielerisch, die neunzig Minuten durchzuarbeiten bis zum Ende von Gangolfs Spielfilm. Während sie unentwegt mit ihren schlanken Fingern abwechselnd über die Fußsohlen und die Zehenzwischenräume strich, dachte sie voller Vorfreude auf die Lieferung der bestellten Brunnenschachtrohre.
- „Morgen sollen sie kommen“, murmelte sie leise vor sich hin, „und dann habe ich endlich eine richtige Aufgabe hier, ich werde es der Welt zeigen, daß ich zu `was tauglich bin, nicht die ewige kleine Haushaltshilfe, die Dienstmagd.“

Gangolf bemerkte anhand der leichten Lippenbewegungen, daß Magda etwas gesagt haben mußte; mit einer schnellen Handbewegung nahm er die Kopfhörer von den Ohren und fragte:
- „Was hast du gesagt?“

Magda blickte erschrocken auf und starrte Gangolf mit offenem Mund an.
- „Ah, entschuldige bitte, nichts, nein, ich war nur so im Gedanken, also, bitte ich wollte dich nicht stören, entschuldige bitte.“
- „Aber keine Ursache, ich will bloß nicht unhöflich sein, also wenn du `was sagen willst, so tu' das einfach, ich kann jederzeit den blöden Film unterbrechen, und du mußt auch nicht dauernd da auf dem Boden vor mir sitzen und meine Füße massieren, tu' doch einfach, was dir gefällt.“
- „Mir gefällt das, wirklich, du bist so fürsorglich, so lieb, meine Herrin hätte jetzt einen Tobsuchtsanfall erlitten, wenn ich sie so gestört hätte.“
Gangolf setzte sich auf und streichelte Magdas Kopf mit beiden Händen.

Als der Film zu Ende war, verabschiedete sich Gangolf von Magda und wünschte ihr eine gute Nacht.
- „Ich mach' nur noch schnell die Küche fertig“, gab Magda zur Antwort, als sie sich von ihrem Bodenplatz erhob.
- „Ach, laß' das doch sein, heb' das auf für morgen!“
- „Nein, da will ich doch gleich das Frühstück hinstellen und da muß alles aufgeräumt sein, das haben wir in der Hauswirtschaftsschule gelernt.“

Gangolf gab Magda einen Kuß auf deren Stirn und ging in's Schlafzimmer, wo er sein Nachtgewand anlegte. Er wartete einen Weile, bis er keine Geräusche mehr aus der Küche wahrnahm. Schließlich vernahm er Magdas Schritte auf der Stiege; Magda schlich zwar auf schier tigerhaft-leisen Sohlen, dennoch konnte sie es nicht vermeiden, daß einige Stiegenbohlen bei dem Auftreten deutlich wahrnehmbar knarzten. Gangolf schlich sich zurück in's Wohnzimmer, um erneut einen Film auszuwählen. Er fühlte sich zwar müde, aber noch nicht so sehr, daß er ohne weiteres einschlafen konnte. Nach einigen Minuten holte er sich aus dem Kühlschrank eine Weißweinflasche, welche zu einem Viertel gefüllt gewesen war. Als der Film nach fast zwei Stunden zu Ende war, war auch der Flascheninhalt zu Ende und Gangolf hatte die nötige Bettschwere erreicht.
- „Das muß wieder anders werden“, schalt er sich selber, „das geht nicht immer so weiter, ich werd' richtig zum Alkoholiker!“

Gangolf schwor sich, zur Abstinenz zurückzukehren, zumindest zu einer deutlichen Einschränkung des Alkoholgenusses, sobald die Aufregungen der letzten Tage abgeklungen sein würden. Er gestand sich zwar ein, daß diese im Grund genommen bereits mit dem heutigen Tag verschwunden waren, doch er zog es vor, es nicht so ganz genau zu nehmen. Jäh fiel ihm ein Vers seines Lieblingsdichters Eugen Roth ein:

>Ein Mensch, der spürt, wenn auch verschwommen,
Er müsste sich, genau genommen,
Im Grunde seines Herzens schämen,
Zieht vor, es nicht genau zu nehmen. <

Bevor Gangolf in einen unruhigen Schlaf fiel, gingen ihm tausend Gedanken durch den Kopf, und er war froh, daß Martina nicht mehr auf der Bildfläche erschien.
'Das könnte sich zwar bald ändern', grübelte er, 'ihre sechs Wochen Quarantäne werden bald um sein.'
Dann fiel ihm Ramona ein, die katholische Krankenschwester, die anscheinend spurlos vom Erdboden verschwunden war.
- „Eine Frau muß her“, sagte er sich und hielt mit der Bettdecke Zwiesprache, „eine richtige, nicht bloß eine Dienstmagd, eine richtige Frau zur Familiengründung.“

Gangolf bemerkte zwar schon seit Tagen, daß Magda auf dem besten Weg war, ein selbstbewußteres Leben einzuschlagen, er konnte sich indes nicht vorstellen, mit ihr verheiratet zu sein und mit ihr eine Familie zu gründen. Andererseits sagte er sich, daß sie wohl durchaus die perfekte Mutter wäre, häuslich, sparsam, pflichtbewußt.

Es war schon gegen Morgen, als Gangolf endlich einschlief, in einen richtigen tiefen Schlaf verfiel. Ein Geräusch ließ ihn erwachen, verschlafen blinzelte er in den Raum und gewahrte, daß das Tageslicht bereits durch den zugezogenen Vorhang drang. Wieder drangen seltsame Geräusche an sein Ohr, die er nicht zuordnen konnte. Mühsam setzte er sich im Bett auf und lauschte wieder. Es kam eindeutig von draußen her, nicht aus dem Inneren des Hauses.

Gangolf hätte es auch sehr verwundert, daß Magda früh am Tag derartige Geräusche verursacht hätte, vor allem, wenn sie wußte, daß er noch schlief.
Unter großer Willensanstrengung raffte sich Gangolf auf und trat an das Fenster; langsam zog er die Vorhänge zu den Seiten, als ob er fürchtete, andernfalls von der Morgensonne schmerzhaft geblendet zu werden. Wieder ertönte das dumpfe Geräusch, bald darauf wieder und wieder.
- „Was ist da draußen nur los?“, fragte er sich und öffnete das Fenster. Wieder drang der dumpfe Ton an sein Ohr, diesmal dank des offenstehenden Fensters wesentlich lauter. Er beugte sich so weit wie möglich aus dem Fenster, doch konnte er nicht um die Ecke des Hauses herumsehen, um das merkwürdige Geschehen in den Blick zu bekommen. Gerade in dem Moment, als sich Gangolf von dem Fenster zurückziehen wollte, vernahm er eine tiefe Stimme. Er spitze seine Ohren und vernahm etwas von einer vereinbarten Barzahlung bei Lieferung.

- „Ganold Stumpf hat das mit Chef ausgemacht“, drang von der Ferne an Gangolfs Ohr, und zu dessen größter Verwunderung hörte er Magda antworten:
- „Ach bitte, der schläft noch, der braucht seinen Schlaf, hatte eine kurze Nacht, bitte, lassen Sie die Rohre da, wir brauchen die ganz dringend, ich verspreche Ihnen hoch und heilig, Herr Stumpf wird alles bezahlen, Sie können doch nicht jetzt alles wieder aufladen!“

Jetzt begriff Gangolf, was vorsich gegangen war: Die Schachtringe sind angeliefert worden. Hurtig zog er sich an und eilte hinunter auf den Hof. Kaum daß er aus dem Haus trat, kam ihm Magda mit einem freudestrahlenden Lächeln entgegen:
- „Sie sind da!“, begrüßte sie ihn stürmisch, lief auf ihn zu und umarmte ihn.
Obwohl er ahnte, was geschehen war, fragte er trocken:
- „Wer ist da?“
- „Die Rohre“, jubelte Magda.
- „Die Rohre“, echote Gangolf mit matter Stimme.

Magda verspürte, daß sich Gangolf so gar nicht freute, schuldbewußt wich sie einen Meter zurück und fragte mit zögerlich:
- „Soll ich dir jetzt ein Frühstück machen oder willst du dich nochmals eine Weile niederlegen?“
- „Ah, ja, nein, also ein Kaffee wäre mir jetzt schon ganz recht!“

Magda drängte sich an Gangolf vorbei in das Haus und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Gangolf schlappte weiter in die entgegengesetzte Richtung und betrachtete die abgeladenen Schachtringe.
'Zum Glück hat er die aufgestellt und nicht flach auf den Boden gelegt', bemerkte er und faßte den ersten Ring mit beiden Händen an. Er versuchte den Ring zu bewegen, dieser ruckelte indes nur wenige Zentimeter nach vorne, und kaum, daß Gangolf seine Hände zurücknahm, schaukelte das Betonteil wieder zurück.
- „Verdammt, sind die schwer“, brummte er, wandte sich um und schlurfte zu dem Haus zurück.
- „So eine beknackte Idee“, brummelte er im Gehen weiter. Das aus der Küche zu vernehmende Fauchen der Kaffeemaschine stimmte ihn heiter und es gelang ihm, sich beim Niedersetzen auf den Küchenstuhl eine entspannte Miene anzunehmen. Magda blickte ihn verunsichert an.

- „Komm' her zu mir“, rief Gangolf mit einem müden Lächeln und hob seine Arme an. Magda trat mit drei Schritten zu ihm, er zog sie auf seine Knie und machte ihr begreiflich, sich darauf zu setzen. Sie war über diese versöhnliche Geste sehr froh, lächelte zurück und ließ sich aus seinem Schoß sitzend den Kopf streicheln.
- „Es ist ganz deine Freude, gelt?“ raunte Gangolf ihr in das Ohr.
- „Oh ja, dann habe ich 'was zu tun“, entgegnete Magda mit gleichfalls gedämpfter Stimme.
- „Ja dann wollen wir `mal kräftig frühstücken, und dann frisch an's Werk zu gehen.“
Gerade noch konnte er sich es verkneifen, Schiller zu zitieren; unbewußt schweiften Gangolfs Gedanken an das wohl bekannteste Gedicht des begnadeten Dichters.
'Immerhin hat das Brunnengraben auch im Entfernten `was mit der Glockenherstellung zu tun', kam es ihm in den Sinn, 'wie die Glockenform, so müssen auch die Brunnenringe fest gemauert in den Erden liegen.'

Magda sprang auf und beeilte sich, Gangolf den frisch gebrühten Kaffee einzugießen; im gleichen Moment sprang die Drahtablage des Toasters in die Höhe, die beiden aufgewärmten Semmeln hüpften mit dieser und vermengten ihren Duft mit dem des Kaffees.
'Wie glücklich ein Mensch sein kann', überlegte sich Gangolf, 'selbst wenn es sich um eine Knochenarbeit handelt.'
Am anderen Ende sah Gangolf den Lieferschein und die Rechnung li-gen. Magda bemerkte Gangolfs Blick und reichte ihm die Papiere. Zögerlich erhob sie ihre Stimme:

- „Du Gangi, der Fahrer wollte gleich das Geld haben, aber ich konnte ihn überreden, daß du ihm das Geld überweist, sonst hätte er die Ringe gleich wieder mitgenommen.“
- „Au ja, das habe ich ganz vergessen, früher hatte ich, also bis vor wenigen Tagen, immer ganz viel Bargeld zuhause, aber jetzt nicht mehr, das tut mir Leid, daß ich dich da in Verlegenheit gebracht habe.“
- „Aber nein, der Mann war ganz freundlich, ich hab' ihn ganz tief in die Augen geschaut und dann willigte er ein.“
- „Da sieht man `mal wieder, was dein Charme alles bewirkt“, entgegnete Gangolf mit einem Lächeln.

Magda errötete leicht und wandte sich ab. Sie genossen das reichhaltige Frühstück, ohne viel weitere Worte zu machen. Jeder hing seinen Gedanken nach, Magda erging sich in Vorfreude auf das Brunnengraben, Gangolf versuchte, das Lied vom Lindenbaum zu verdrängen, das jäh seinen Geist umwob und schier nicht mehr von ihm weichen wollte:

„... und immer hör ich's Rauschen, du fändest Ruhe dort!“ - welch' eine todverkündende Ahnung.



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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:31.03.23 20:52 IP: gespeichert Moderator melden


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- „Vielleicht tut die körperliche Anstrengung ja gut“, sagte sich Gangolf, „lenkt ab von den Gedanken, die einem sonst durch den Kopf schwirren!“
Magda kam bereits mit Schaufel und Pickel bewaffnet aus der Scheune, während Gangolf sich noch vollkommen im Unklaren darüber war, wo der Brunnen überhaupt Platz finden sollte.
- „Fünfzehn Rohre“, jubilierte Magda, „die hat der Mann ganz schnell von dem Lastwagen abgeladen.“
- „Der wird auch so einen Kran gehabt haben dafür, nehm' ich an“, entgegnete Gangolf.
- „Ja genau, und wenn die Rohre dann auf der Erde aufschlugen, gab es einen richtig starken dumpfen Schlag.“
- „Das hab' ich bis in's Zimmer hinein gehört. Nun gut, also fangen wir an, also so ganz nah am Haus d'ran möcht' ich den Brunnen nicht haben.“
- „Und da neben dem Mirabellenbaum, das wär' doch schön da, im Schatten von dem Baum“, schwärmte Magda.
- „Ist auch nicht so gut, da graben wir ihm das Wasser ab.“

Es ging noch eine ganze Weile hin und her mit dem Abwägen, welcher Standort der beste wäre; es stellte sich heraus, daß die Nordwest-Ecke des Grundstücks als einzig praktikable Stelle anzusehen war.
- „Jetzt müssen wir erst einmal die Dinger da hinten hinrollen“, gab Gangolf zu bedenken, „am besten fangen wir erst einmal an, ein Loch auszuheben und dann wuchten wir den ersten Ring hinein.“
Beide gingen zu der Nordwest-Ecke des Grundstücks, welche durch Gestrüpp von dem an dem Grundstück vorbeiführenden Feldweg abgetrennt war.

-„Was meinst du, machen wir es hier?“, wandte sich Gangolf an Magda.
- „Ja, also ganz wie du meinst, wenn du meinst, hier ist es gut, dann machen wir das, sehr schön, also fangen wir an!“

'Aller Anfang ist schwer', dachte sich Gangolf, 'hoffentlich wird das weiter unten dann leichter.'
Mit Schaufel und Spaten war zunächst fast nichts anzufangen, denn der dürftige Sauergrasbewuchs gründete sich auf steinigen und mit vielen Wurzeln durchzogenen lehmigen Untergrund. Gangolf mußte die Hacke weit ausholen, um mit gewaltigem Schwung das Erdreich aufzulockern. Magda schaufelte sodann das gelockerte Material beiseite, während Gangolf Luft holte zum nächsten Hieb. Als sie auf diese Weise eine Kreisfläche von etwa achtzig Zentimetern aufgehoben hatten, hielten sie inne und beratschlagten das weitere Vorgehen. Gangolf sprach seine Gedanken aus:
- „Vielleicht hätten wir doch so eine Brunnenbohrmaschine ausleihen sollen, eine Art Erdbohrer, es reichten ja wenige Zentimeter, daß wir dann den Schlauch da in ein schmales Rohr hinuntergeführt hätten und die Pumpe hätte das Grundwasser dann heraufgepumpt.“

Magda fand diese Idee überhaupt nicht gut, und sie war froh, daß die Schachtringe, „Rohre“, wie sie diese nannte, bereits abgeladen im Hof standen; dadurch konnten sie sich nicht mehr anders entscheiden.
- „Ach, das wird schon“, versuchte Magda Gangolf aufzumuntern, „guck', ab hier wird es schon viel leichter, nach unten zu graben.“

Tatsächlich gelang es ihnen, das meiste Erdmaterial nun allein mit der Schaufel aus der Grube zu heben, nur noch selten mußte der Pickel zum Einsatz kommen. Als das Loch etwa knietief ausgehoben war, kamen die beiden Arbeiter überein, den ersten Schachtring einzulegen. Sie gingen zu der Abladestelle auf der anderen Seite des Hofs und streiften sich Arbeitshandschuhe über.

- „Laß' mich das allein machen“, sagte Gangolf, „erstens sind wir uns zu zweit bloß im Weg, schau', die Ringe sind nur 25 Zentimeter breit, und dann ist das viel zu gefährlich, wenn der Ring umkippt, daß er dir auf's Bein fällt oder auf die Füße kippt! Überhaupt werden wir nachmittags zur Stadt fahren und dir ordentliche Schuhe kaufen, denn mit den Gummistiefeln fällt dir immer öfter die Erde in den Schaft, je tiefer wir graben, und deine Chuckis sind da ja auch nicht geeignet für die schwere Dreckarbeit.“

Widerwillig stimmte Magda zu und beobachtete mit gewissem Abstand, wie Gangolf an der zuvorderst stehenden Ring griff und diesen mit seiner ganzen Körperkraft langsam in's Rollen brachte.
- „Leck', is der schwar“, stieß Gangolf aus und verfiel dabei in seinen Dialekt. Nach einigen Metern hielt er ein, richtete sich von seiner gebückten Haltung auf und beklagte sich:
- „Jetzt hab' ich schon die kleinsten Ringe genommen, die es gab, nur 60 Zentimeter Durchmesser und nur 25 Zentimeter breit, und da stand, daß die noch immer noch 75 Kilo schwer sind, das wird dann eine blöde Wuchterei, wenn wir die dann übereinander bringen müssen.“

- „Laß' mich das `mal probieren“, bat Magda, und es geschah, wie es Gangolf vorhergesehen hatte: Noch ehe der Ring sich wieder in die Rollbewegung versetzte, kippte er seitlich um und donnerte mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
- „Oh“, rief Magda auf, „oh, das habe ich nicht gewollt!“

Magda ging neben Gangolf in die Hocke, sie griffen unter den Rand des Ringes und hoben ihn mit gemeinsamer Kraftanstrengung auf die Höhe. Als der Ring wieder o-förmig dastand, wagte Magda nicht mehr, ihre Dienste zum Rollen anbieten, sondern war im Stillen Gangolf sehr dankbar, daß jener diese Arbeit verrichtete.

- „Jetzt müssen wir aufpassen, daß der Ring uns nicht gleich in die Grube wegkippt“, rief Gangolf, als er sich mit dem Ring dem Rand des ausgehobenen Erdloches genähert hatte. Beinahe wäre es ihm gelungen, den Ring an die beste Stelle zu bringen, um ihn von dort aus in das Loch kippen zu lassen, doch rutschte das Betonteil bereits eine Handbreit zu früh ab, so daß der Ring schräg in dem Loch zu liegen kam. Gangolf sprang in den schrägliegenden Ring und versuchte, diesen gänzlich in die Grube zu schieben, doch gelang es ihm selbst mit größter Kraftanstrengung nicht. Magda ersann Abhilfe:

- „Willst du den Schaufelstiel nehmen, dann hast du einen größeren Hebel zum Ansetzen an den Ring.“
- „Gute Idee, könnte funktionieren.“
Magda reichte Gangolf die Schaufel, er drehte sie um und rammte das Ende unterhalb der tiefsten Auflage in den Untergrund der Grube. Tatsächlich gelang es ihm auf diese Weise, den Ring zentimeterweise vorwärts zu bewegen und damit den Ring immer weiter von dem Rand der Grube herunterzudrücken. Schließlich rutschte der Ring in einem Ruck in das Erdloch und blieb in einigermaßen waagrechter Position liegen.

- „Er ist d'rinn“, jubilierte Magda und umarmte Gangolf, als ob sie bereits auf Grundwasser gestoßen wären.
- „Jetzt freu' dich nicht zu früh“, beschwichtigte Gangolf, „die ersten 25 Zentimeter sind geschafft, und ab jetzt wird es immer schwieriger, je tiefer wir graben müssen, den Dreck herauszukriegen.“

Bevor Gangolf weiterjammern konnte, griff Magda zur Schaufel und grub weiter. Sie kam gut voran, immer wieder mischte sich Sand zwischen die Lehmschichten, was das Vorwärtskommen nach unten vereinfachte.
- „So, laß' mich auch `mal machen“, sagte Gangolf. Magda indes entgegnete:
- „Ach Gangi, vielleicht könntest du schon `mal den nächsten Ring heranrollen, zu zweit könnten wir hier nicht schaufeln.“
- „Ja wenn du meinst, aber achte darauf, daß du nie die Füße unter den Ring bringst, vor allem, wenn du die Erde dann unter dem Ring wegkratzt, denn der wird dann mit einem Ruck weiter nach unten sinken!“
- „Ich verspreche aufzupassen!“

Gangolf schlappte über den Hof zu den Schachtringen, die dort ihrer Abholung harrten. Als er den zweiten Ring zur Stelle des zukünftigen Brunnens gerollt hatte, war Magda bereits deutlich tiefer in die Grube nach unten gedrungen. Der Ring rutschte tatsächlich mit seinem Gewicht einige Zentimeter tiefer.
- „Gut, dann können wir ja gleich einmal den zweiten Ring auf den ersten schieben, bevor der noch weiter in die Tiefe abrutscht“, meinte Gangolf, „aber ich werde ihn jetzt nicht direkt da über den ersten Ring abkippen, sonst brechen die Betonringe am Ende noch durch den Aufschlag.“

Gangolf brachte den zweiten Ring neben der Grube zum Kippen, so daß dieser neben dem ersten zu liegen kam. Gemeinsam mit Magda gelang es, den zweiten Ring auf den ersten zu schieben und zu ziehen; dank Nut und Feder an den Ringkanten kam der Ring nun genau auf dem ersten zu liegen.

Das Schaufeln ging ab diesem Punkt deutlich schwerer vonsich, denn der Schacht wuchs schlagartig auf einen halben Meter Tiefe; bei einem Durchmesser von nur sechzig Zentimeter Durchmesser kein großzügiger Platz zum Graben.
- „Mach' jetzt `mal Pause“, forderte Gangolf Magda auf.
- „Mach' doch du `mal Pause“, entgegnete Magda, „das Herrollen ist viel anstrengender, ich könnte das überhaupt nicht, wie du gesehen hattest, ich warf gleich den ganzen Ring um.“
- „Ach komm' jetzt und sei so gut und hol' uns `was zum Trinken.“

Diesem Ansinnen konnte Magda zustimmen, stieg aus den beiden Röhren und überließ Gangolf die Schaufel. Dieser begann mit dem Herumstochern und probierte aus, ob er die Arbeit besser vollführen konnte, wenn er in den Ringen stand oder außerhalb der Gruppe am Rand, um von oben aus die Erde herauszugraben. Immer wieder wechselte er zwischen beiden Arbeitsstellungen hin und her; nach kurzer Zeit kam Magda mit einem Korb zurückgelaufen.

- „Hier hast du dein Bier“, rief Magda und reichte Gangolf eine Flasche, während sie sich die Mineralwasserflasche nahm.
- „Du bist ein Schatz“, bedankte sich Gangolf und nahm einen kräftigen Schluck aus der Patentverschlußflasche.

Als schließlich der dritte Ring auf die beiden sich bereits in der Grube befindlichen gesetzt worden war, wurde das Tiefergraben immer beschwerlicher. Beim Herausziehen der Schaufel rieselte ein Großteil der Erde von der Schaufelfläche; dieser prasselte auf Magda Stiefel. Immer wieder mußte sie sich setzen und die Stiefel von den Füßen ziehen, um den angesammelten Inhalt aus dem Gummi zu schütteln. Als Gangolf während des Heranrollens des vierten Rings Magda dabei beobachtete, ließ er den Ring stehen und ging zu ihr:

- „So, Schluß jetzt, jetzt fahren wir in die Stadt und kaufen dir gescheite Schuhe.“
- „Ach Gangi, meinst du wirklich?“
- „Ja, das meine ich wirklich und zuvor essen wir irgendwo was, ich hab' einen Bärenhunger, also nichts gegen deine Kochkünste, Magda, da kommt keiner daran, aber ich glaube, du hast es dir heute wirklich verdient, dich einfach wo hinzusetzen und dich bedienen zu lassen. Bei dem Projekt Brunnengraben heißt es: Diszipliniert einteilen, nicht gleich am ersten Tag metertief hinabgraben, um dann völlig erschöpft da unten zusammenbrechen und im wahrsten Sinne des Wortes das eigene Grab schaufeln.“

Keiner von beiden hätte gedacht, daß diese Worte prophetische Weissagung enthielten.


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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:07.04.23 12:34 IP: gespeichert Moderator melden


Passend zum heutigen großen Sado-Maso-Tag gibt es die hundertste Fortstetzung, etwas länger als sonst! Allen treuen und untreuen Lesern wünsche ich gesegnte Feiertage!


100


Als Magda und Gangolf im Stadtzentrum von Lüggen ankamen, sahen sie wieder Menschen, die sich unentwegt im Schritt rieben.
- „Sieh' `mal da, überall sind die Menschen, die sich da reiben, die Ärmsten,“ rief Magda besorgt und zeigte im Halbkreis aus dem Autofenster.
- „Der Virus greift umsich, unaufhaltsam“, pflichtete Gangolf ihr bei, „da wird die Maskenpflicht auch bald bei uns kommen, wie in Bayern.“

Magda und Gangolf kehrten in ein italienisches Restaurant am Markt ein; als ihnen beim Eintreten der Geruch des Pizzateigs in die Nase stieg, bemerkten sie, wie hungrig sie waren.
- „Da drüben ist ein kleines Outdoor-Geschäft“, sagte Gangolf und deutete auf die andere Seite des großen Marktplatzes, „da kaufen wir uns dann beide neue Schuhe, extra für den Brunnenbau!“
- „Ach Gangi, du bist so wundervoll, bist du zu allen so aufmerksam?“
- „Zu dir muß ich es besonders sein, weil du dich immer so bescheiden zurücknimmst; wahrscheinlich würdest du am Ende noch barfuß in den Brunnen steigen, wenn ich dich nicht zu gescheiten Schuhen überredet hätte.“
- „Hm, kann schon sein, liegt in meiner Natur“, entgegnete Magda, und sie dachte daran, daß es vielleicht ein gutes Gefühl wäre, barfuß in dem engen Brunnen zu stehen.

Als sie mit dem Essen fertig waren und der Kellner mit der Rechnung kam, zog Gangolf wie gewöhnlich seine Geldbörse aus der Hosentasche; im ersten Augenblick durchfuhr ihm ein leichter Schreck, als er sah, daß er fast keine Scheine mehr einstecken hatte. Er hatte sich noch nicht daran gewöhnt, mit der Karte zu bezahlen, nachdem ihm Inge das Geld aus der Kiste weggenommen hatte. Er war sich auch unschlüssig, wie er diesbezüglich vorgehen sollte, zum einen ärgerte er sich natürlich, daß ihm auf diese Weise viel Geld abhanden kam, anderseits war ihm klar, daß es nicht sein Geld war, das er in der Kiste aufgehoben hatte.

Nachdem der Kellner das Kartenlesegerät geholt hatte und Gangolf die >Transaktion< erfolgreich durchführen konnte, überquerten sie den Platz, um zu dem Outdoor-Geschäft zu gelangen.
An der Ladentür hing ein handgeschriebenes Plakat mit dem vielversprechenden Hinweis von 50 Prozent Rabatt auf alle Waren, allerdings nur heute gültig. In dem Geschäft befanden sich entsprechend viele Menschen, die von dem hohen Preisnachlaß angelockt worden waren.
- „Geben Sie ihr Geschäft auf?“, wollte Gangolf wissen, als ihm ein älterer Verkäufer begegnete.
- „Sie meinen wegen des Rabatts, ja, es könnte schon sein, aber wir wollen auf jeden Fall heute noch so viel wie möglich verkaufen.“

'Erstaunlich', dachte sich Gangolf, 'warum gerade heute', doch er fragte nicht nach, sondern zog Magda mit sich zu den Regalen mit den Wander- und Trekkingschuhen.
- „Die möcht' ich haben“, rief Magda entzückt, als sie pinkfarbene Wanderschuhe sah.

'Wie sie sich verändert hat', überlegte sich Gangolf, 'zum ersten Mal, daß sie so etwas sagt, daß sie was will, daß sie etwas haben will!'
- „Wir brauchen aber welche, die über die Knöchel reichen, sonst fällt dir der Dreck wieder in die Schuhe hinein“, antwortete Gangolf.
- „Ach schade, ich fand die so schön, lila.“
- „Die anderen wird es auch in lila geben, Magda, schau, da hinten stehen die mit dem höheren Schaft!“

Nachdem Magda verschiedene Größen probiert und sich schließlich für das passende Paar entschieden hatte, probierte auch Gangolf verschiedene Modelle, denn er wollte gleichfalls gewappnete sein, wenn er in den Brunnenschacht steigen müßte. Als es wieder an das Bezahlen ging, dachte Gangolf wehmütig an die alten Zeiten, zu denen er alle Anschaffungen einfach bar bezahlte, mit dem Geld aus dem Banküberfall, das er den beiden Räubern abgenommen hatte, als diese auf der Flucht mit den Motorrädern aus der Kurve geschleudert waren.

'Und diese Inge hat sich einfach so einen Bonzen-Karr'n damit gekauft, während wir in Italien waren, aber das ist dem Brause ja egal, nur bei mir, da schnüffelt er dauernd herum!'
Gangolf schluckte seinen Ärger hinunter, der Verkäufer empfahl den Kauf von weiteren Bekleidungsteilen oder sonstigen Zubehörsachen, Jacken, Rucksäcke.
- „Heute 50 Prozent Rabatt“, lockte der geschäftstüchtige Mann, doch Gangolf konnte der Versuchung widerstehen. Als sie das Geschäft verließen, bemerkte er Magdas sehnsüchtige Blicke; immer wieder drehte sie sich um und betrachtete im Gehen die große Auswahl an Dingen.
- „Sag', doch was, Magda, wenn dir sonst noch `was gefällt!“
- „Ja, aber das bezahl' aber dann ich selber, es geht nicht, daß du immer für mich bezahlst!“
- „Aber Magda, ich will dir freilich nicht die Ehre nehmen, aber ...“
Magda fiel ihm in's Wort: „Nichts aber, sonst gehen wir gleich.“

Gangolf willigte ein, er wollte auf keinen Fall Magdas gewaltige Fortschritte in ihrem Prozeß, das Selbstbewußtsein zu finden, zunichte machen. Magda probierte eine Hose mit seitlichen Taschen an den Oberschenkel an und eine robuste Jacke. Gangolf freute sich mit ihr:
- „Einfach toll, daß du dir `mal was neues leistest.“
- „Meinst du, hoffentlich ist das nicht übertrieben, und hoffentlich schimpft mich die Herrin nicht dafür, wenn sie das sieht; ich fürchte, sie wird bald zurückkommen, die Quarantäne wird bald um sein.“
- „Aber Magda, du wirst doch nicht Angst davor haben, daß dich die Martina schimpft, nur weil du dir neues Gewand gekauft hast, was hast du nur für Ängste.“
- „Ach Gangi, wenn du wüstest; du bist so ein guter Mensch, wenn nur alle so wären.“

Zuhause angekommen fand Gangolf eine Benachrichtigung vor, daß eine Lieferung für ihn gekommen wäre und daß er die Ware am Abend in Lüggen abholen könnte, ansonsten würde sie am nächsten Tag nochmals zugestellt werden.
- „Ach verdammt, ausgerechnet jetzt kommt das Zeug, wo wir gerade nicht da waren“, sprach Gangolf, mehr zu sich selbst als zu Magda.
- „Das tut mir leid“, antwortete Magda, „wir hätten doch besser dableiben sollen, wenn du auf ein Paket wartest.“
- „Nicht so schlimm“, entgegnete Gangolf, doch ertappte er sich bei einer Lüge, als er die Worte aussprach. Er würde viel lieber seinen geplanten Keuschheitsgürtel basteln als Brunnengraben. Magda zog sich ihre alten Chucks von den Füßen und schlüpfte in ihre neuen pinkfarbenen Trekkingstiefel.

- „Die sind doch viel zu schön, um dreckig zu werden“, jammerte Magda und strich genußvoll mit ihren Händen über das Obermaterial.
- „Das sind doch Trekkingschuhe, kommt vermutlich von Dreck, den die abhalten und aushalten, die kann man doch leicht abwaschen, sind wasserdicht, also genau das richtige für das Brunnengraben. Aber bevor wir weitermachen, würde ich gerne noch einen Kaffee trinken.“
- „Ja freilich“, rief Magda und schickte sich an, in die Küche zu laufen.
- „Das mach' ich heute, das kann ich gerade noch“, entgegnete Gangolf, „nimm' lieber dein neues Gewand hinauf in deine Kammer, oder noch besser, zieh' es gleich an, bevor wir wieder zur Arbeit gehen.“

Magda willigte ein und kurze Zeit später stand sie in ihrer Outdoor-Bekleidung vor dem großen Spiegel im Flur und betrachtete sich von allen Seiten. Sie wollte es sich nicht eingestehen, doch konnte sie nicht leugnen, neue, bislang für sie unbekannte Gefühle in sich entdeckt zu haben. Nachdem sie sich ausgiebig beäugt hatte, trat sie behutsam in das Wohnzimmer und lächelte Gangolf an, als dieser gerade mit dem Tablett aus der Küche kam.
- „Prächtig siehst du aus, Magda“, begrüßte er die Eintretende, „setz' dich bitte, ich hol' gleich den Kaffee.“

Magda nahm Platz und ließ sich zum ersten Mal in ihrem Leben von jemanden bedienen, von den Kellnern in Gaststätten abgesehen. Gangolf stellte Teller und Tassen auf den Tisch und gruppierte das Milchkännchen und die Zuckerdose. Als er wieder in die Küche ging, um den Kaffee zu holen, bemerkte er im hintersten Augenwinkel, wie sich Magda von ihrem Sitzplatz hinunterbückte und über die Lowa-Schnürstiefel streichelte, zuerst über den linken Schuh, dann auch über den rechten.

'Jeder hat seinen Fetisch, wahrscheinlich muß man die geheimsten innersten Gefühle erst wecken, ehe sie richtig Besitz ergreifen', dachte sich Gangolf und verschwand mit einem verschmitzten Lächeln. Er freute sich für Magda, daß diese mehr und mehr ein Selbstbewußtsein entwickelte, von der geradezu krankhaften devoten Lebensart, welche sie bislang gepflegt hatte.
- „Ach Gangi, danke für alles, es ist so schön bei dir und mit dir, danke, daß ich da sein darf“, entgegnete Magda, als Gangolf mit der Kaffee-kanne hereinkam.
- „Und ich danke dir, daß du mich ein Stück weit in meinem einsamen Leben begleitest!“

Nach dem Kaffeetrinken zogen sich Magda und Gangolf das Arbeitsgewand an, schnürten sich ihre neuen Stiefel und marschierten zur Brunnenbaustelle. Magda hatte zunächst Skrupel, mit den neuen Stiefeln in den Schacht zu steigen, Gangolf ermunterte sie, daß diese Art von Schuhen speziell für schwere Belastungen gemacht sind. Magda gab ihm recht, daß das Arbeiten wesentlich angenehmer war, daß nicht mehr ständig Stein- und Erdbröckchen wie zuvor geschehen in den Schaft der Gummistiefel zu den Füßen gelangten.

Das Erdreich war in der Tiefe erstaunlich locker, es gelang verhältnismäßig leicht, in die Tiefe zu graben. Andererseits wuchs das Problem, den Aushub aus dem Schacht nach oben zu befördern; über die Hälfte einer Schaufelfüllung rutschte ab und fiel wieder zurück. Als Gangolf mit dem fünften Ring herankam, erkannte er Magdas Problem und meinte:
- „So, den Ring setzen wir jetzt noch d'rauf, aber dann hol' ich einen Eimer, den ich dann zum Ausleeren hinaufziehe.“
- „Ja, wahrscheinlich geht das dann besser, ich verliere immer soviel Aushub von der Schaufel, es ist so eng hier drinnen.“

Magda gestand sich ein, daß sie diese Enge gerade liebte, daß dieses Gefühl des Gefangenseins in der schmalen Röhre geradezu erotische Macht ausübte.
- „Und bring' bitte eine kleinere Schaufel mit mit einem kürzeren Stil.“
- „Ja klar, aber jetzt komm' erst `mal heraus, damit wir den Ring noch d'rauf setzen, und ich glaub', für heute reicht's dann auch.“
- „Ach nein, Gangi“, antwortete Magda, während sie sich aus dem ein Meter tiefen Schacht herauswandt, „bitte, noch einen Ring tiefer, es ist ja noch so hell.“

Mit gemeinsamer Anstrengung wuchteten die beiden den fünften Ring über den vierten, sie gingen zur Scheune, um die neuen Utensilien zu holen. Gangolf band ein Seil an den Henkel eines stabilen Baueimers, während Magda nach einer kleineren Schaufel Ausschau hielt.
- „Wart', ich glaub', im Keller liegt noch so eine Kohlenschaufel herum, mir der die früher die Eierkohle in die Schür' gegeben hatten.“

Zu den neuen Werkzeugen gesellte sich die Staffelei, die Gangolf mitnahm, denn der Einstieg und Ausstieg in den mittlerweile auf 1 Meter 25 angewachsenen Schacht war ohne Leiter kaum mehr zu bewerkstelligen.
- „Laß' mich doch jetzt weitergraben“, bot sich Gangolf an, doch wurde er vehement zurückgewiesen:
- „Nein, ich möchte graben, ich möchte da jetzt wieder hineinsteigen und da unten graben, ich find' das so schön, wenn man sieht, wie die Ringe immer weiter nach unten rutschen.“
- „Bitte, ich möchte dir den Spaß nicht nehmen. Aber mach' den Eimer höchstens halb voll, sonst derzieh' ich es nicht.“

Gangolf stellte die Staffelei in den Schacht, Magda stieg darauf hinab. Unten angekommen gab sie ihm Zeichen, die Leiter wieder hinaufzuziehen. An ihrer Stelle ließ Gangolf den Eimer an dem Seil hinab, Magda ging in die Hocke und begann sofort zu Schaufeln, im Nu war der Eimer voll.
- „Doch nicht so voll machen“, rief Gangolf hinunter. Tatsächlich erwies sich der Eimer als zu schwer zum Hinaufziehen.
- „Bitte leer' ihn wieder aus, daß er nur noch halb voll ist“, rief Gangolf hinunter, „morgen bau' ich eine Kurbelvorrichtung, oder noch besser, ich hol' so einen Seilzugmotor vom Baumarkt.“

Anfang Oktober wurde es gegen Abend sehr schnell dunkel; sobald die Sonne hinter den Baumwipfeln des Erlenbruchwaldes verschwand, dauerte es nicht mehr lange, daß sich die Nacht auf das Land herniederließ. Als der fünfte Betonring so weit hinunterrutschte, daß er nicht mehr über das Niveau des umgebenden Erdbodens hervorstand, rief Gangolf:
- „So, Schicht im Schacht“, zog zum letzten Mal den Aushubeimer hinauf und setzte die Staffelei in die Röhre.

Magda meinte:
- „Ach, jetzt schon aufhören, kannst du nicht ein Licht holen, du hast doch so ein langes Verlängerungskabel, also so eine Kabeltrommel und den Handscheinwerfer.“
- „Mit so `was fangen wir gar nicht an, wenn es finster ist, dann ist es ein untrügliches Zeichen, daß Schluß ist; schau', wir sind heute am ersten Tag schon so weit gekommen, fünf Ringe, wenn wir so weiter machen, sind wir bald fertig. Also immer langsam, Kräfte einteilen, schonend mit ihnen umgehen, sonst sind wir morgen schachmatt.“
- „Du wirst schon recht haben“, entgegnete Magda und stieg aus dem Schacht, „es ist halt so toll, da unten zu graben, und dann rutschen die Ringe immer weiter nach unten, daß man das so einfach machen kann, ist einfach toll.“
'Irgendwie bleibst du wohl doch immer das Arbeitstier', überlegte sich Gangolf und zog die Staffelei aus dem Schacht.

Als sich Gangolf kurz vor acht Uhr abends wie üblich auf das Sofa fläzte, gab es an diesem Abend eine Ausnahme: Entgegen der Gewohnheit brachte Magda ihm diesmal nicht das obligatorische Bier, sie ließ sich vielmehr auf einen Sessel fallen. Gangolf war sich im unklaren, ob ihr Verhalten mit der Erschöpfung aufgrund der geleisteten harten Arbeit zu tun hatte oder in dem fortschreitenden Emanzipationsprozeß, in welchem sich Magda befand. Gangolf erhob sich nochmals, um für sie und für sich Getränke zu holen, dann auch Erdnußflips und andere Knabbereien.

♪ Dinng-Donng – ding,ding,ding,Doonnng ♪
ertönte die Erkennungsmelodie der Tagesschau; was Magda und Gangolf anschließend von dem Nachrichtensprecher erfuhren, machte sie sprachlos.


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modex Volljährigkeit geprüft
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Mit KG ist besser als ohne Phantasie

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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:07.04.23 21:12 IP: gespeichert Moderator melden


100 Kapitel - 1000 Dank!
Und immer noch hat man den Eindruck, gleich, im nächszen Kapitel, da fügt sich das Bild zusammen. Andauernde Spannung als Karotte vor dem Osterhasen...irgendwie so, jedenfalls, Chapeau!
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Ihr_joe Volljährigkeit geprüft
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Die Welt ist eine Bühne. Nur... das Stück ist schlecht besetzt. Oscar Wilde

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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:07.04.23 22:20 IP: gespeichert Moderator melden


Ta-ta, ta ta ta taa …

Wie uns soeben mitgeteilt wird hat der fantastische, erotische Kriminalroman
DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN, die 100 Folge erreicht. Aus gegebenem Anlass schalten wir in das bekannte KG Forum und überreichen dem Autor M A G N U S eine Walnuss, Entschuldigung natürlich einen Ostergruß, und bedanken uns für seine wunderbare Geschichte.

Wir schalten zurück ins Studio, dort sitzt einer der untreuen Leser für unser Interview:
„Hallo Ihr_joe, was gefällt ihnen an der Geschichte denn so außergewöhnlich?“

„Warum antwortet er denn nicht? Regie!“

„Der wurde gerade von seiner Herrin abgeholt, wir sollen dem Autor ausrichten: ‚So geht es nicht, meinen Sklaven (Entschuldigung sie meinte Zögling), mit so einem Werk von seinen Aufgaben, abzulenken.‘

Bild aus … Nein das war keine Peitsche … Schalt endlich um …

Krachquitsch
seit ihr Wahnsinnig, das gehört doch nich ge … quischkrach …
Entschuldigen sie die technische Panne, unser Programm geht gleich weiter.

Lächelnd
Ihr_joe



Toleranz beginnt dort, wo das eigene Weltbild aufhört. (Amandra Kamandara)

Storys:
Vergewaltigt! beendet
Der Brief bendet
Die 3 Schlüsselhalterinnen und die Vanilla beendet
Mein Schatz ... eine Fm Geschichte ohne KG beendet/gekürzt
BDSM Kurzgeschichten beendet




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  RE: Live-Schaltung Tagesschau Datum:08.04.23 08:37 IP: gespeichert Moderator melden


Das hätte ich nicht gedacht, daß es zum Jubiläum eine "Live"-Schaltung in das ARD-Hauptstadtstudio geben wird; herzlichen Dank an die Sendeleitung!

Nur zu dumm, daß der Interview-Partner überhaupt nicht zu Wort kam, sondern in Begleitung knallender Geräusche irgendwie aus dem Senderaum vertrieben wurde - indes sagt dieser Vorgang für sich schon alles; nun ja, es bleibt zu hoffen, daß er wenigstens in seiner wie auch immer gearteten Behausung als "treuer Leser" weiterhin Anteil am Leben haben darf!

Daß es weiterhin "andauernde Spannung" gibt, das freut mich sehr, daß das so aufgenommen und wahrgenommen wird, lieber Modex, und ich hoffe, daß auch die vielen stillen Leser das so empfinden, welche sich nicht getrauen, hier einen Kommentar loszuwerden.

Wo bleibt eigentlich einmal eine Negativ-Kritik?
Wie dem auch sei, wünsche ich weiterhin Spannende (Folter?) Unterhaltung, wie lange sich die Geschichte wohl noch dahin ziehen wird? Das Ende wurde ja bereits eingangs angedeutet...

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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:10.04.23 01:45 IP: gespeichert Moderator melden


Auch ich bedanke mich für 100 spannende Folgen deiner Geschichte und hoffe, das der Brunnenbau langsam voranschreitet und somit noch einige Fortsetzungen folgen werden.
Sarah
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M A G N U S
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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:14.04.23 21:29 IP: gespeichert Moderator melden


"... der Brunnenbau langsam voranschreitet und somit noch einige Fortsetzungen folgen werden."

Und ich fürchtete schon, der Fortgang der Geschichte wäre zu langatmig-langsam; aber es stimmt schon: Die Monumental-Geschichten hier im Forum ziehen sich über Jahre dahin und werden dennoch, vielleicht gerade deshalb gern gelesen.

Ich wünsche weiterhin viel Lese-Vergnügen!
Magnus.



101

- „Oh ja, dann können wir ja einfach weiter graben mit dem Brunnen“, rief Magda zuversichtlich aus, als der Nachrichtensprecher mit kühler Stimme verkündete, daß sämtliche Betriebe, die nicht äußerst dringlich zur Aufrechterhaltung der Nahrungs- und medizinischen Versorgung dienten, schließen mußten, „und zum Glück haben wir die Stiefel gekauft und Nahrungsmittel auch gleich für die ganze Woche.“
- „Hast du denn keine anderen Sorgen, als den Brunnen zu graben?“, fragte Gangolf.
- „Nein, eigentlich nicht“, antwortete Magda.
- „Ja denk' doch einmal an die vielen, die gestern nicht zufällig groß eingekauft hatten und jetzt auf Notlieferungen vom Roten Kreuz und anderen Organisationen angewiesen sind.“
- „Ja das ist natürlich schlimm für die“, gestand Magda ein.
- „Jetzt ist mir auch klar, warum der Typ gestern uns die Sachen zum halben Preis verkauft hat, der hat wahrscheinlich schon `was geahnt, durfte es aber nicht sagen.“
- „Also ich finde es richtig“, meinte Magda, „daß die jetzt schlagartig alles zumachen, sonst ist es, wie der Nachrichtensprecher sagte, sonst kommen die alle und machen Hamsterkäufe und das wäre ungerecht für die, die nicht jetzt zum Einkaufen fahren können und so können sie die Sachen aus den Läden gleichmäßig an die Bevölkerung verteilen.“
- „Ja, das wir so sein, wenn die gesagt hätten, erst nächste Woche oder erst in drei Tagen wird dann alles zu sein, dann wären doch alle nochmal gefahren und hätten den Kofferraum vollgehauen voll von Zeugs, was sie vielleicht gar nicht gebraucht hätten in der nächsten Zeit, aber einfach aus Angst horten, einlagern und bunkern und so.“

Magda und Gangolf diskutierten noch eine Weile hin und her, allmählich beruhigten sich ihre Gemüter in der Gewißheit, daß es ihnen bei den strikten Maßnahmen zur Einschränkung der Kontakte verhältnismäßig gut gehen würde.
- „Stell' dir vor, du wärst gestern in deiner Wohnung geblieben oder heute, morgen dürfte ich dich schon nicht mehr abholen“, gab Gangolf zu bedenken.
- „Dann wär' ich einfach mit dem Rad zu dir gekommen“, gab Magda unbekümmert zurück.
- „Ja nichts mit Radfahren, nicht einmal zu Fuß gehen, es ist alles aus, hast du nicht gehört, totale Ausgangssperre, den ganzen Tag über!“
- „Hm“, war alles, was Magda dazu sagen konnte.

- „Ich werd' uns gleich `mal anmelden in dem staatlichen Lieferportal da im Internet, damit die uns im Notfall dann gleich `was bringen können“, meinte Gangolf und wendete sich dem Computer zu.

Das Kreislein des Internet-Browsers rotierte und rotierte, minutenlang war keine Änderung auf dem Bildschirm ersichtlich. Endlich kam eine frustrierende Meldung:
>Wegen Überlastung ist diese Seite augenblicklich nicht erreichbar, bitte versuchen Sie es später, sie aufzurufen.<
- „Das geht ja schon gut los“, brummte Gangolf, „ist aber eigentlich logisch, daß jetzt nach der Tagesschau, wo der totale >Lock down< erstmals verkündet worden ist, alle versuchen, sich beim Lieferservice anzumelden.“
- „Probier' es doch morgen“, empfahl ihm Magda, „vielleicht hat sich bis dahin über Nacht alles ein wenig beruhigt“.
- „Ja, du wirst recht haben, ich glaub' auch, daß heute da nichts mehr geht.“

Mürrisch drehte sich Gangolf um und richtete seinen Blick wieder auf den Fernseher. Für die nächsten eineinhalb Stunden kündigte ein Sprecher eine Sondersendung an. Zu Beginn wurden nochmals alle Vorschriften gezeigt und gleichzeitig verlesen. Anschließend wurden Filmaufnahmen von Hauptstraßen in großen Städten gezeigt: Ein wahres Verkehrschaos ist ausgebrochen, es hatte den Anschein, daß ein jeder nochmals irgendwo hinfahren wollte, bevor die totale Ausgangssperre um Mitternacht in Kraft treten würde.

- „Zum Glück bin ich schon bei dir“, kommentierte Magda das wilde Gehupe in den Stauungen der nächtlichen Straßen.
- „Ein Wahnsinn, das alles“, meinte Gangolf und griff zur Fernbedienung. Gerade als er die Pfeil-nach-oben-Taste drücken wollte, um zum zweiten Programm zu kommen, äußerte sich ein Redner zu dem Verbot des Geschlechtsverkehrs:
- „So wie der Straßenverkehr untersagt wird, wird auch der Geschlechtsverkehr verboten, gleichgültig zwischen welchen Personen. Aus rein epidemiologischer Sicht mag es sehr vernünftig erscheinen, das Ansteckungsrisiko damit zu vermindern, da nachgewiesenermaßen neben den Aerosolen der Geschlechtsakt zur Verbreitung des Virus' maßgeblich beteiligt ist, aber kein Gesetz ist auf Dauer wirksam, solange die Einhaltung nicht überwacht werden kann. Der Effekt wird sein, daß sich die gewissenhaften Paare zurückhalten, die skrupellosen aber das Gesetz brechen werden, da man die Einhaltung desselben nicht kontrollieren kann. Damit werden kurzfristig Kinder geboren, die mit der genetischen Veranlagung von Eltern zur Welt kommen, die es mit der Gesetzesmoral nicht so genau nehmen. Sollte also das Verbot jeglichen Geschlechtsverkehrs über den verkündeten Zeitraum von zwei Wochen hinaus verlängert werden oder die Empfehlung zur Enthaltsamkeit dann weiter ausgesprochen bleiben, wird sich eine durchschnittlich feststellbare Verschiebung in der Genetik feststellen lassen, wenn auch zunächst nur in einem sehr geringen Maße. Das gleiche Szenario gilt mit den Ausgangssperren; findige Menschen wird es immer irgendwie gelingen, sich an den Kontrollen vorbei zu Bekannten zu begeben und es dort, schon allein aus der lähmenden Langweile heraus, zu machen, denn wenn alles Leben zurückgefahren wird, Arbeit wie Freizeit, keinerlei Aktivitäten, kein Sport, kein Spazierengehen, dann bleibt ja eigentlich oft nur noch das Bett. Hingegen werden treue Eheleute, die sich brav an die Gesetze halten, ihre intimsten Handlungen unterbinden und dadurch diese edle Gesinnung in Form ihrer Gene nicht an Nachkommen weitergeben können.“

- „Unglaublich, der Typ hat recht, daran hab' ich noch gar nicht gedacht“, meinte Gangolf, „auf was die alles kommen, ist schon ein Wahnsinn, was die da alles verbieten, wie Luther schon vor fünfhundert Jahren beklagte: >Der Papst würde den Priestern am liebsten noch das Scheißen verbieten!<

Gangolf griff wieder zur Fernbedienung und wechselte zum ZDF, dann zu den dritten Programmen der öffentlich-rechtlichen Sender, überall kamen Sondersendungen zu den weitreichendsten Beschlüssen zur Einschränkung der persönlichen Freiheitsrechte, die es jemals gegeben hatte.

- „Selbst im Mittelalter waren die Untertanen freier, die Leibeigenen, die durften wenigstens zu jeder Zeit auf die Straße hinausgehen“, empörte sich ein Befragter. Ein anderer pflichtete ihm bei:
- „Kennen Sie das >jus primae noctis<, das Recht der ersten Nacht, da konnte sich der Graf an den Jungfrauen vergehen vor deren Verheiratung, aber jetzt, jetzt ist alles verboten, ganz gleich, welcher mit welche.“

- „Was ist denn das für ein Blödsinn“, empörte sich Gangolf und zappte weiter. Endlich fand er auf einem Privatsender einen Spielfilm. Gerade als er umgeschaltet hatte, wurde eine Filmszene gezeigt, wie ein junge Frau auf einem Stuhl gefesselt hilflos dasaß. Gangolf war es peinlich sich einzugestehen, daß ihn die Szene erregte, aber auch Magda blickte gebannt auf die Bildfläche.

- „So möchte ich auch einmal sitzen, die ganze Nacht über“, kommentierte Magda das Gesehene, „irgendwie fehlt mir die Herrin“.
- „Muß das wirklich sein, Magda, genieß' doch deine Freiheiten, beziehungsweise das, was noch übrig sind von ihnen, denn ab jetzt gibt es die nächsten zwei Wochen keine Freiheiten mehr, da mußt du dich doch nicht noch künstlich einschränken lassen.“
- „Ach Gangi, das kannst du nicht verstehen, es ist auch nicht normal, was ich empfinde.“

Gangolf fiel nichts ein, was er darauf antworten hätte können, er zog es vor, Magdas Satz unkommentiert stehen zu lassen.

'Jeder Mensch hat wohl so seine eigenen Empfindungen', überlegte sich Gangolf, 'die sehen bei jedem anders aus, die einen kann man leichter verstehen, die anderen bleiben unverständlich. Immerhin bist du im Bereich Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl vorangekommen, und das ist schon `mal viel Wert.'

- „Mit dem Seilzugmotor wird es jetzt auch nichts“, kommentierte Gangolf mißmutig die Rundfunknachrichten, die er mit Magda beim Frühstückstisch abhörten. Der Rundfunksprecher wiederholte die Anordnungen, die bereits am Abend zuvor sein Fernsehkollege verkündet hatte. Auch das Internet war voll von den Nachrichten und Kommentaren dazu, eine lähmende Fassungslosigkeit machte sich auf allen Informationskanälen breit.

- „Kannst du nicht irgend so einen Kurbelmechanismus bauen“, meinte Magda, „mit dem du dann leichter den Kübel hinaufziehen kannst?“
- „Ja, das werde ich machen.“
- „Gut, dann werde ich schon `mal mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beginnen, bis du soweit bist.“

Gangolf erinnerte sich an einen alten Drehstrommotor, den er irgendwo im Keller herumliegen hatte. Er überlegte, ob er die Welle mit einem Stück Wasserleitungsrohr verlängern könnte, um welches sich das Seil aufwickeln würde. Er verwarf indes die Idee, da er kein Gerät hatte, mit welchem er die Drehzahl des Motors herabsetzen könnte; mit der üblichen Drehzahl des Motors bei direktem Anschluß an das Stromnetz hätte sich die Welle zu schnell gedreht. Somit blieb Gangolf nichts anderes übrig, als eine Vorrichtung mit Handkurbel zu konstruieren. Nach gut zwei Stunden hatte er das Gestell gezimmert mit einer Aufnahme für das Rohr, um welches sich das Seil aufwickeln ließ.

Als Gangolf damit zu dem Brunnen ging, sah er Kinder aus dem Dorf mit ihren Fahrrädern den Feldweg heranfahren, die auf Höhe des Brunnens anhielten und interessiert durch die Büsche schielten. Seit der Lastwagen mit den Schachtringen durch Wesserbarg gerumpelt war, wußte jeder im Dorf, daß Gangolf anscheinend einen Brunnen graben wollte. Für die Kinder war es eine willkommene Abwechslung, eine Baustelle zu besuchen, die Schulen waren ohnehin, wie alle anderen Einrichtungen, geschlossen worden.

Gangolf setzte das pyramidenförmige Gestell über den Brunnenschacht, drückte das Rohr durch die Aufnahmelöcher und fädelte das Seil durch das leicht aus der Mitte angebrachte Loch in dem Rohr. Zum Ausprobieren gab er eine Ladung voll Sand in den Eimer und hängte diesen an das Seil. Er kurbelte den in die Tiefe hinabgelassenen Eimer mit der neuen Vorrichtung hinauf, arretierte die Kurbel, hievte den Eimer vom Haken und entleerte diesen. Zufrieden ging er in das Haus zurück, um Magda von der Einsatzbereitschaft zu verständigen. Er gönnte sich noch einige Schlucke Bier und nahm die halb geleerte Flasche mit hinaus auf die Baustelle. Magda zog sich um, schnürte sich die pinkfarbenen Stiefel und nahm eine Mineralwasserflasche mit.

Die Arbeiten gingen dank Gangolfs Vorrichtung gut voran, Magda konnte nun den Eimer randvoll füllen, problemlos kurbelte Gangolf den Aushub aus dem Schacht.

- „Sag' fei', wenn wir einmal wechseln sollen“, rief Gangolf in den Schacht hinab.
- „Ach nein, du weißt doch, Gangi, daß ich das gern mache da unten graben, das macht mich richtig an.“
- „Ja wenn das so ist“, antwortete Gangolf, „dann will ich dir natürlich deine Freude nicht nehmen.“

Daß Magda auch nach Fertigstellung des Brunnens immer wieder auf dessen Grund hinabsteigen würde, das hätte sich Gangolf nie gedacht; daß die Lust auf das feuchte Ambiente eine so anregende Wirkung ausstrahlen konnte und in Verbindung mit den beengten Platzverhältnissen zu einem dramatischen Ende führen würde, konnte natürlich auch Magda nicht ahnen.














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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:21.04.23 20:24 IP: gespeichert Moderator melden


102


- „Wasser“, rief Magda freudig erregt, „Gangi, es kommt Wasser!“
Gangolf beugte sich über den Schachtrand und blickte hinunter.
- „Ja endlich“, entgegnete er, „ich fürchtete schon, die fünfzehn Ringe würden nicht reichen, wir sind jetzt beim zwölften.“
- „Ah, dann sind wir schon bei drei Meter Tiefe“, echotete es von unten.
- „Äh, ja, wie schnell du im Kopfrechnen bist. Jetzt müssen wir, also du, noch weiter tiefer graben, bevor das Wasser noch höher steigt, damit es dann später hoch im Brunnen steht.“
- „Aber jetzt möcht' ich doch die Gummistiefel anziehen“, rief Magda zu Gangolf hinauf, „damit die neuen Schuhe nicht in den Schlamm kommen. Und jetzt ist es auch nicht mehr so, daß da `was durch den Stiefelschaft hereinkommt.“
- „Ja wenn du meinst, dann bau' ich das Gestell jetzt ab und setz' die Leiter ein, damit du herauskommst.“

Magda vertauschte ihre Trekkingschuhe mit den Gummistiefeln, hurtig stieg sie wieder in den Schacht, Gangolf zog die Leiter zurück, stellte die Seilzugvorrichtung über die Öffnung und ließ den Eimer hinab. Mit dem Graben ging es jetzt deutlich langsamer voran, es erforderte wesentlich mehr Kraft, die schwere wasserdurchtränkte Erde wegzuschaufeln.

Nach einer halben Stunde stand Magda knöcheltief im Wasser, sie konnte nicht mehr sehen, wohin sie die Schaufel setzte. Sie grub immer weiter, schaufelte unentwegt den wasserdurchtränkten Aushub in den Eimer und richtete sich in den kurzen Pausen auf, während Gangolf den Kübel hinaufkurbelte. Immer wieder rutschten die Ringe zentimeterweise tiefer, bis sie schließlich in einem Ruck fast zwei Handbreit absackten. Das Wasser spritzte auf und es kam, wie es kommen mußte, es lief in Magda Gummistiefel hinein. Magda schreckte kurz überrascht auf, ließ sich aber nichts weiter anmerken, im Gegenteil, sie empfand das kühlende Wasser durchaus angenehm, das sich im Inneren der Stiefel verteilte.

- „Wie tief bist du denn jetzt?“, wollte Gangolf wissen.
- „Also der unterste Ring ist jetzt fast ganz im Wasser“, röhrte Magda zum ihm hinauf.
- „Gut, dann haben wir es praktisch geschafft, also du hast es geschafft, du hast ja wie eine Wilde gegraben!“
- „Und du hast wie ein Wilder gekurbelt und den Eimer entleert!“
- „Ja, jetzt paß' `mal auf, wir sollten, wenn es möglich ist, jetzt die Ringe ausrichten, daß der unterste Ring etwa gleichmäßig mit der Wasserkante abschließt.“
- „An einer Seite ist er schon unter dem Wasser, an der anderen schaut er noch ein bißchen heraus.“
- „Ja, dann grab' doch noch an der Stelle, wo er aus dem Wasser herausschaut, vielleicht haben wir Glück und er rutscht dann an dieser Stelle noch tiefer, damit er dann waagrecht d`rinn liegt und damit der ganze Schacht senkrecht steht.“

Tatsächlich gelang es, daß die Ringe auf der einen Seite tiefer rutschten, während sie auf der gegenüberliegenden Seite blieben. Gangolf kontrollierte mit der Wasserwaage den obersten Ring, dieser lugte etwa eine Handbreit über die umgebende Erdoberfläche hinaus.
- „Jetzt noch ein bißchen weiter links“, rief Gangolf hinunter, „dann müßte es passen!“

Gangolfs Wunsch ging nicht in Erfüllung, der Brunnenschacht blieb in seiner leichten Schräglage.
- „Ach, was soll's“, sagte er sich, „Hauptsach', der Kübel geht g'rad `unter, ohne anstreifen; Klasse, also kumm' aufa, Magda, ejtz feier'm g'hörig!“

Voller Freude verfiel Gangolf in seinen angestammten Dialekt, schob die Aufzugsvorrichtung beiseite und stellte die Leiter in den Schacht. Magda stieg hinauf und wunderte sich, wie kühl es oben war.
- „Im Brunnen unten ist es viel wärmer“, berichtete sie.
- „Und das, obwohl du mit deinen Stiefeln eingeschöpft hast!“, resümierte Gangolf.

Wieder kamen Kinder an dem Feldweg vorbei, Gangolf winkte sie heran:
- „Wollt ihr einmal hineinschauen in den Brunnen, aber paßt auf, daß ihr nicht hineinfallt, der ist drei Meter tief!“

Neugierig kamen die Kinder näher, der größte der Jungen trat vor, ging vor dem Brunnen in die Hocke und lugte vorsichtig über den Rand. Nach ihm taten es ihm die anderen Kinder nach. Gangolf ging gleichfalls neben ihnen in die Hocke, um sie notfalls zurückhalten zu können, sollten sie sich zu weit nach vornüber beugen.

Nachdem sich die Kinder wieder auf die Fahrräder geschwungen hatten und Richtung Wesserbarg davongefahren waren, kehrten Magda und Gangolf in das Haus zurück. Magda befreite sich von Stiefeln und nassen Socken, während Gangolf die am Morgen in den Kühlschrank gestellte Sektflasche heraus holte und den Korken knallen ließ.

Nach dem Mittagessen gingen die beiden Brunnenbauer nochmals zur Baustelle; Magda begann, den Brunnenschacht mit dem Aushub nach außen hin zu verfüllen, während Gangolf aus dicken Brettern einen Deckel als Abdeckung für den Brunnen anfertigte. Es war noch nicht einmal vier Uhr am Nachmittag, daß sich die Sonne bereits wieder hinter die Baumkronen senkte, über Gangolfs Hof breitete sich der Schatten aus. Magda hatte den Brunnenschacht mit dem Aushub verfüllt und ging zu dem Haus zurück. Auf dem Hof kam ihr Gangolf mit dem Schachtdeckel entgegen, den er just in dem Moment fertiggestellt hatte.
- „Ah, da hast du ja schon den Deckel“, rief Magda ihm entgegen, „gerade bin ich mit dem Verfüllen fertig geworden!“
- „Sehr schön, mach' doch schon `mal einen Kaffee, ich leg' noch schnell den Deckel auf den Schacht, daß niemand hineinfällt, nicht daß die Kinder wieder kommen und neugierig in den Brunnen schauen!“

Gangolf schleppte den Deckel zum Brunnen und legte ihn auf den knapp über den Boden herausschauenden Schachtrand. Anschließend wälzte er einen großen Stein heran, den er mit Kraftanstrengung auf den Deckel wuchtete.
- „So, der bleibt jetzt hoffentlich da d'rauf liegen“, sagte er zu sich und wandte sich um, zu dem Haus zurückzugehen. Magda hatte zwischenzeitlich die Kaffeemaschine in Gang gesetzt; aus unerfindlichen Gründen hatte sie eine doppelte Menge vorbereitet, als ob sie drei oder vier Personen wären.

- „Erwarten wir Besuch?“, wunderte sich Gangolf, als er die bis oben hin gefüllte Glaskanne erblickte.
- „Oh, nein, uns darf ja niemand mehr besuchen, ich weiß nicht, warum ich so viel gemacht hab', irgendwie bin ich vor lauter Freude ganz durcheinander.“
- „Wenn es nichts weiter ist als daß du zuviel Kaffee gemacht hast, ist das ja gut, zu wenig wäre schlechter.“

Kaum hatten sich beide an den Tisch gesetzt, hörten sie ein Auto in den Hof brausen.
- „Wer rast denn da gar so daher?“, wunderte sich Gangolf und erhob sich. Magda erkannte das Geräusch wieder, sie erbleichte.
- „Hast du den Tod anklopfen hören?“ fragte Gangolf erstaunt.
- „Ja, so ähnlich“, stammelte Magda, „ich glaub', ich weiß', wer kommt!“

Gangolf riß die Haustür auf und erblickte einen Lada – den Lada. Magda lief ihm in den Flur nach und sagte:
- „Ich verstecke mich oben, sag' ihr, ich bin nicht da!“
Gangolf drehte sich um und antwortete:
- „Das ist doch albern, warum willst du dich verleugnen?“

Für ein Versteckspiel war es ohnehin zu spät, Martina kam mit schnellen Schritten auf Gangolf zu und gewahrte hinter ihm Magda. Gangolf hob die rechte Hand zum Gruß und rief:
- „Hallo Martina, schön, dich zu sehen, wie geht es dir, haben sie euch endlich wieder aus der Quarantäne herausgelassen?“

Anstelle eines Grußes gab Martina patzig zur Antwort:
- „Aha, da steckst du also, hatte mir das schon gedacht, als ich dich nicht in deiner Wohnung fand!“
- „Nun komm' doch erst einmal herein“, ergriff Gangolf wieder das Wort und trat zur Seite, um Martina hereinzulassen.
- „Nein, nein, ich muß gleich wieder los, ich wollte nur sehen, wo Magda steckt“, und an Magda gerichtet fuhr sie fort:
- „Pack' deine Sachen zusammen und dann nehm' ich dich nach Lüggen mit!“

- „Ach jetzt komm' doch erst `mal herein und erzähl' von eueren Erlebnissen mit der Quarantäne; Magda hat ohnehin viel Kaffee gekocht, gerade so, als ob wir auf dein Kommen erwartet hätten. Sag' ´mal, darfst du überhaupt Fahren, also seit heute gilt doch striktes Verbot für alles!“
- „Als Krankenschwester bekam ich eine Ausnahmegenehmigung. Also was ist jetzt, Magda?“, schnauzte sie diese an, "sonst fahr' ich wieder ohne dich und da kannst sehen, wie du nach Hause kommst, die sperren euch ein, wenn ihr losfahrt, auf der Bundesstraße bin ich zweimal kontrolliert worden und in Lüggen auch!“
- „Ich bleibe hier!“, rief Magda selbstbewußt aus dem Hausflur heraus auf die immer noch draußen stehende Martina.
- „Hey, bist du frech geworden, ich glaube, du brauchst endlich wieder `mal eine ordentliche Abreibung!“, empörte sich Martina.
Gangolf ergriff das Wort:
-„Sie darf bei mir bleiben, solange sie will!“
- „Ja, das will ich!“, rief Magda und suchte Schutz hinter Gangolfs Rücken.
Martina setze ihren typischen Schmollmund auf und fletschte anschließend die Zähne:
- „Das wirst du noch bereuen!“

Grußlos drehte sich Martina um und schritt zu ihrem Auto.
- „Was ist denn in die gefahren?“, wunderte sich Gangolf und blickte Martina nach, wie diese sich in den Lada schwang, den Motor mit einer unheimlichen Qualmwolke aufheulen ließ und davonbrauste.

'Dieser blöde Gangolf', ärgerte sich Martina, 'der hat meine Magda sicherlich überredet, bei ihm zu bleiben, das wird er mir büßen, mir wird schon was einfallen!'
Beinahe wäre sie der Versuchung erlegen gewesen, Gangolfs Angebot, einen Kaffee mit ihm und Magda zu trinken; nach der stundenlangen Fahrt von der Brenner-Quarantäne nach Laukuv mit Gangolfs Golf wäre eine Erfrischung durchaus angenehm gewesen, doch hatte der Ärger über ihn wegen Magda überwogen.
- „Soll doch die heilige Bettina seinen Karr'n ihm zurückbringen“, sagte sich Martina, „ich bin jedenfalls froh, wieder meinen Lada zu haben, meine russische Lady.“

Martina bremste scharf ab, als sie in Lüggen an das Haus gelangte, in welchem sie für Magda die kleine Wohnung gemietet hatte. Direkt vor der Haustür blieb sie stehen, öffnete die Heckklappe und wuchtete einen Koffer und eine Reisetasche heraus.
- „Eigentlich hätte das Magda machen müssen, das Zeug hochschleppen, schließlich bin ich immer noch ihre Herrin“, brummte Martina verärgert und quälte sich mit dem Gepäck die enge Stiege zu Magdas Wohnung hinauf. Der Gedanke, daß sie die Schlüssel zur Haustür und zur Wohnungstür hatte und somit zu jeder Tages- und Nachtzeit zutritt zu Magdas Behausung, stimmte Martina etwas heiter; in der kleinen Wohnung angekommen, warf sie die Tür mit einem Fußtritt nach hinten geräuschvoll zu. Ohne die Schuhe auszuziehen ließ sie sich auf Magdas Bett-Sofa fallen und genoß es, nach der langen Fahrt von der Italienischen Grenze bis nach Brandenburg alle Viere von sich zu strecken.

Kaum waren Gangolf und Magda in das Wohnzimmer zurückgekehrt, vernahmen sie wieder ein Motorengeräusch, diesmal indes wesentlich leiser.
- „Wer kommt denn jetzt schon wieder?“, wunderte sich Gangolf und erhob sich erneut, um in den Hof hinauszusehen. Er traute seinen Augen nicht: Vor ihm hielt ein Polizei-BMW an, zwei Uniformierte stiegen aus, Mauser und Nisselpriem, beide holten von der Rückbank schwarz-graue Gasmasken, die sie sich überstülpten, um damit Gangolf entgegen zu schreiten und diesen durch das Gummi quakend begrüßten:

- „Guten Tag, Herr Stumpf!“ - Gangolf verspürte, daß es nichts Gutes sein würde, wenn Polizeihauptmeisterin Mauser erneut auftauchte, diesmal gar in Begleitung ihres Chefs, des Dienststellenleiters Nisselpriem.


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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:29.04.23 06:03 IP: gespeichert Moderator melden


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Gangolf stierte fassungslos auf das Blatt Papier, das der Dienststellenleiter der Polizeiwache von Lüggen, Nisselpriem, vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Nisselpriem ließ Gangolf alle Zeit, die er benötigte, um den Inhalt zu begreifen. Magda erhob sich und wollte in aller Stille das Wohnzimmer verlassen.

- „Nein, nein, bleiben Sie ruhig da, Frau Armdran“, sprach Polizeihauptmeisterin Mauser, „wir müssen ohnehin nochmals mit Ihnen reden.“
- „Aber ich sagte neulich doch schon alles“, entgegnete Magda.
- „Wir wollen auch keine Vernehmung durchführen, sondern einfach nochmals reden, es haben sich neue Dinge ergeben, aber jetzt lassen wir erst einmal Herrn Stumpf in aller Ruhe den Haftbefehl durchlesen.“

Magda wurde bleich im Gesicht, Gangolf überflog verstört die Zeilen. Nach einer langen Zeit hob er den Kopf in Richtung Nisselpriem, dann zu Mauser, und sagte:
- „Ich dachte, das wäre erledigt, als ich neulich den Streifenwagen ihres Kollegen herausgezogen habe und dieser mich dann nicht mehr festgenommen hatte.“
- „Sie wurden nicht in Polizeigewahrsam genommen, Herr Stumpf“, ergriff Nisselpriem das Wort, „aber die Kriminalpolizei in Kaiserswuselhausen hat bei Gericht den Haftbefehl erwirkt, und wir sind heute da, den Haftbefehl auszuführen, nichts weiter.“
- „Ich werde jetzt also tatsächlich verhaftet wegen Vergewaltigung; aus Dank dafür, daß ich diese Inge aus ihrem verfluchten Keuschheitsding da befreit hab’, behauptet sie, ich hätte sie vergewaltigt, das gibt’s doch nicht, so eine Gemeinheit, im Gegenteil, ich hab’ ihr geholfen, und dann so `was“, empörte sich Gangolf.
- „Wir können da nichts weiter machen“, antwortete Nisselpriem mit gedämpfter Stimme, „ich kann Sie ja verstehen, Herr Stumpf, wenn ich mich in Ihre Lage versetze, aber wir haben das nicht zu entscheiden, wie gesagt, wir sind nur die Ausführenden.“

Gangolf gab darauf keine Antwort, nach ein paar Sekunden der Stille fuhr Nisselpriem fort und wandte sich leicht seitwärts zu Magda:
- „Frau Armdran, stehen Sie noch zu Ihrer Zeugenaussage, die von meiner Kollegin aufgenommen wurde?“
- „Aber ja, selbstverständlich, was sollte sich denn geändert haben?“, entgegnete Magda erregt.
- „Wissen Sie“, fuhr Nisselpriem fort, „soeben sind wir jemandem begegnet, und die Person meinte, Sie würden von Herrn Stumpf aufgehetzt, beeinflußt, zu Falschaussagen genötigt, Sie wären ihm hörig.“
- „Was!“, brauste Magda auf in einer Weise, wie es Gangolf noch nie von ihr erlebt hatte, „das ist ja unerhört, im Gegenteil, sie ist es doch, die mich abhängig machen will von ihr!“

Nisselpriem blickte erstaunt in Magdas zornigen Gesichtsausdruck, nach einer Weile entgegnete er:
- „Was mich nur wundert, Frau Armdran, ist das, daß Sie Herrn Stumpf verteidigen, wo sie doch selbst vergewaltigt wurden.“

Nun war es Nisselpriems Kollegin Mauser, welche diesen verwundert anblickte; sie wußte nichts von Magdas Vergewaltigung und auch nichts von ihrer Verurteilung wegen Totschlags, als sie den Vergewaltiger angeblich mit einer Vase erschlagen hatte.

Magda ging in die Offensive:
- „Frau Mauser, wir hatten uns vor ein paar Tagen so gut unterhalten, und ich möchte gerne mit Ihnen nochmals reden, von Frau zu Frau, können wir das vielleicht oben machen in meiner Kammer, ohne die Männer?“

Mauser blickte überrascht auf, Nisselpriem nickte ihr zu und meinte:
-„Ja, geht nur hinauf, ich bleibe mit Herrn Stumpf hier.“

Nisselpriem erläuterte Gangolf den weiteren Verlauf; er versuchte, den Sinn der Untersuchungshaft zu erläutern, daß diese scharfe Maßnahme bei Vergewaltigungsvorwürfen häufig angewendet werde, daß jedoch weiterhin die Unschuldsvermutung gelte, bis in dem Prozeß gegebenenfalls ein anderslautendes Urteil gefällt sein würde. Nisselpriem fragte auch, ob Gangolf einen Anwalt hinzuziehen wollte, doch dieser
verneinte, da er zum einen keinen kannte, weil er noch nie einen Rechtsanwalt benötigt hatte, zum anderen, da er sich nicht vorstellen konnte, daß ein Anwalt in der augenblicklichen Situation irgend etwas hätte ändern können.

Gangolf sprach nochmals den Vorwurf an, er würde Magda beeinflussen:
- „Ich nehme an, Sie haben soeben draußen auf dem Feldweg Frau Weiß getroffen, die war nämlich gerade da, bevor Sie gekommen sind, da ist sie gerade weggefahren wieder, und wissen Sie was, warum die jetzt gegen mich hetzt, weil es ihr nicht gelungen ist, daß Magda mit ihr gefahren wäre, sondern daß die lieber bei mir geblieben ist.“
- „Sie sagen also, daß Magda, Frau Armdran, mit dieser Frau Weiß hätte mitfahren sollen, aber jetzt erklären Sie mir doch erst einmal die Verhältnisse hier, ist Frau Armdran denn nicht ihre Freundin?“
- „Nein, eine gute Bekannte, sie richtet meinen Haushalt, sie hat in Lüggen ihre eigene Wohnung, aber ich hab' ihr oben eine Kammer eingerichtet, da kann sie auch übernacht bleiben, und jetzt in der Condoma-Krise ist das natürlich erst recht praktisch, weil sie ja nicht mehr hinaus darf, wie wir alle, und so will sie lieber bei mir bleiben.“
- „Ja und warum hat dann diese Frau Weiß so ein Interesse daran, daß sie mit ihr mitgekommen wäre, richtet sie auch deren Haushalt? Das würde ich ja verstehen, daß sie jetzt ärgerlich ist, wenn sie jetzt dann alles allein verrichten muß, aber daß sie gleich dermaßen scharf mit Ihnen in's Gericht ging, daß Sie Frau Armdran beeinflussen würden, sogar einschüchtern, das verstehe ich noch nicht.“
- „Ja, das ist auch schwer zu verstehen“, antwortete Gangolf, „vermutlich hatte ihr der lange Quarantäne-Aufenthalt negativ zugesetzt.“
- „Sie war in Quarantäne?“
- „Ja, wir waren zusammen im Italien-Urlaub, also ich allein mit dem Motorrad, und sie mit dem Auto, zusammen mit ihrer Freundin, und bei der Rückfahrt, da war gerade dann das mit der Quarantäne an der Grenze zwischen Italien und Österreich; ich bin am Tag davor mit dem Motorrad gerade noch durchgekommen.“

Gangolf gelang es, ohne zu stottern gleich zwei Falsch- und Halbwahrheiten problemlos über die Lippen zu bekommen. Nisselpriem fragte erstaunt nach:
- „Ach, Sie waren zusammen im Urlaub, und dann traut sie Ihnen eine Vergewaltigung zu?“

Im gleichen Moment, in welchem Nisselpriem den Satz zu Ende sprach, bereute er, das Gangolf mitgeteilt zu haben; prompt faßte Gangolf nach:
- „Was, sie hat das wirklich so gesagt, daß sie mir eine Vergewaltigung zutraut?“
- „Ja, eigentlich wollte ich Ihnen das gar nicht sagen.“
- „Und Sie glauben der das, das heißt, diese Inge Langohr hat auf diese Weise mit ihr einen Zeugen, eine Zeugin?“
- „Nein, Herr Stumpf, eine Tatzeugin ist sie sicherlich nicht, es sei denn, sie wäre mit auf der Insel gewesen, sie sagte nur, daß sie Ihnen solch eine Tat zutrauen würde, genauso wie sie diese Magda Armdran belästigen und mißhandeln.“
- „Was, das hat sie gesagt, daß ich die Magda mißhandeln würde?“
- „Äh, ja, so ist es.“
- „Was, ausgerechnet die, genau im Gegenteil, die ist es, die die Magda verprügelt, ganz ohne Grund, aus lauter Lust und Freude an der sadistischen Qual!“
- „Nun machen Sie aber `mal `nen Punkt, Herr Stumpf, sonst kriegen Sie noch `ne Klage wegen Verleumdung auf den Hals.“

Gangolf war fassungslos, er rang nach Luft, als er Nisselpriems Worte vernahm. Unfähig, etwas entgegnen zu können, starrten sich die beiden Männer für ein paar Sekunden wortlos an, bis sie die beiden Frauen die Treppe herabsteigen hörten. Mauser trat als erste ein mit einem irritierten Gesichtsausdruck, hinter ihr folgte Magda, und es war unschwer zu erkennen, daß diese geweint hatte.

- „So, seid ihr jetzt fertig,“ fragte Nisselpriem, doch betonte er seine Worte nicht wie eine Frage, sondern wie ein Feststellung, „dann sollten wir aufbrechen. Herr Stumpf, holen Sie ihre persönlichen Sachen aus dem Bad und dann fahren wir.“

Spätestens als Mauser am Ende der Siedlung nicht rechts, sondern links auf die Bundesstraße eingebogen war, wurde Gangolf unweigerlich klar, daß der Weg Richtung Autobahn führen würde, und nicht nach Lüggen zu der örtlichen Polizeidienststelle. Verzweifelt schloß er die Augen, in welchen er noch das Salz der Tränen verspürte, welche er bei dem Abschied von Magda vergossen hatte.

Als Mauser und Nisselpriem in das Polizeirevier in Lüggen zurückgekehrt waren, kam ihm Brause über den Weg gelaufen, der sich anschickte, nach Hause zu gehen.
- „Olaf, hast du noch schnell ein paar Minuten, ich würde gern mit dir reden, wir haben soeben den Stumpf abgeliefert.“
- „Den Stumpf abgeliefert, wohin denn?“
- „Nach Wuselhausen“, antwortete Nisselpriem, „aber jetzt kommt erst `mal herein, müssen das ja nicht am Gang hier besprechen.“
- „Sach' bloß, ihr habt ihn jetzt in die U-Haft gebracht?“, fragte Brause verwundert und schob seinen Bauch in Nisselpriems Büro.
- „Ja, so ist es, liegt ein Haftbefehl vor, die nehmen das sehr ernst, den Vergewaltigungsvorwurf.“
- „Ist ja nicht zu glauben“, entgegnete Brause.
- „Und dir hat also diese Inge Langohr nicht die kleinste Andeutung gemacht, daß dieser Stumpf da auf der Insel oder sonst wo übergriffig geworden wäre?“
- „Nein, nicht im Geringsten, die war so froh, daß sie ihr Handy von mir wieder bekam und ist dann gleich wieder davongerudert, übrigens mit dem Kajak von dem Stumpf, der hatte ihr das geliehen. Und keiner weiß, was sie eigentlich da so allein auf der Insel gemacht hat.“
- „Eine sehr verworrene Geschichte“, meinte Nisselpriem und strich sich um das Kinn, „gerade als wir zu dem Stumpf wollten, kam uns eine andere Frau entgegen, eine Frau Weiß, die sich ganz negativ über Stumpf ausgelassen hatte, er würde diese Magda Armdran manipulieren, sogar nötigen und sich vergreifen an ihr, allerdings hatte ich nicht den Eindruck, als wir dann bei ihnen waren. Angeblich war diese Weiß sogar mit ihm im Urlaub in Italien, also sie mit dem Auto, Stumpf mit dem Motorrad.“
- „Ja, dann kenn' ich die, stimmt, da kamen sie gerade zurück aus dem Urlaub, an dem Nachmittag, da traf ich sie zufällig auf dem Markt, beim Kaffeetrinken und Eisessen, die Magda Armdran war auch mit dabei“, erinnerte sich Brause. Er verwechselte Martina mit Birgit.
- „Und warum redet die jetzt gar so schlecht über den Stumpf?“
- „Keine Ahnung, was da vorgefallen ist, was sagt denn die Magda dazu?“, wollte Brause wissen.

Nun ergriff Mauser das Wort und klärte ihre beiden Kollegen darüber auf, was sie von Magda unter vier Augen erfahren hatte.

Sprachlos blickten sich die beiden Männer an unter dem Eindruck des soeben Gehörten, alle drei Polizisten blieben noch eine Weile stumm sitzen, ehe sie sich in den Feierabend verabschiedeten.


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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:05.05.23 20:49 IP: gespeichert Moderator melden


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Gangolf rebellierte. Er unterschrieb bei seinem Haftantritt weder die Liste seiner mitgebrachten Gegenstände, die er als >Habe< abgeben mußte, noch die Liste mit den empfangenen Dingen.
- „Machen Sie keinen Ärger, Herr Stumpf, Sie machen nur sich selber das Leben schwerer dadurch“, versuchte ein Justizangestellter Gangolf von dessen Protesthaltung abzubringen.
- „Und was ist die Strafe, kann ich denn noch mehr als in's Gefängnis gebracht werden?“, entgegnete Gangolf.
- „Sehr wohl, wir können Ihre Anträge ablehnen, dann gibt’s nämlich nichts extra!“
- „Anträge? Sie werden doch wohl nicht glauben, daß ich für irgend etwas einen Antrag stelle, daß ich vielleicht beantrage, Scheißen zu dürfen.“
- „Dann gibt es keinen Fernseher, zum Beispiel, Sie werden ihre Aufmüpfigkeit noch bereuen, das garantier' ich Ihnen!“

Als Gangolf weit nach Mitternacht in einen unruhigen Schlaf fiel, träumte er im Gegensatz zu seinen bisher verbrachten Nächten die absurdesten Sachen; der schlimmste Alp betraf den Brunnen, den er erst zwei Tage zuvor mit Magda fertig gegraben hatte: Als Magda Wasser schöpfen wollte, brach der Brunnen ein, Magda flog in den Schacht und die hinunterstürzenden Steine begruben sie.

Am Morgen war Gangolf unfähig, auch nur einen Bissen des Frühstücks hinunterschlucken zu können, obwohl es durchaus ansehnlich aussah; allein die Vorstellung, Gefängnisnahrung zu sich nehmen zu müssen, löste in Gangolf einen Brechreiz aus, und er mußte seine ganze Konzentrationskraft einsetzen, um diesem nicht zu erliegen. Er kostete ein paar Schlucke des lauwarmen Pulverkaffees, er hätte auch Bohnenkaffee bekommen, wenn er diesbezüglich einen Antrag gestellt hätte. Am Vormittag wurde er abgeholt und der zuständigen Haftrichterin vorgeführt. Bei dieser Gelegenheit lernte er seinen zugewiesenen Pflichtverteidiger kennen.
Wie es um dessen Interesse an Gangolfs Fall stand, zeigte sich schon allein dadurch, daß er Gangolf mit >Herr Schlumpf< anredete; die Richterin korrigierte ihn schließlich:
- „Jetzt sagen Sie doch nicht immer Schlumpf zu Herrn Stumpf! Also, Herr Stumpf, jetzt ist da gestern eine Zeugin aufgetaucht, die von Ihren Gewaltausbrüchen gegenüber Frauen berichtete. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?“

- „Sie müssen dazu nichts sagen“, meldete sich der Pflichtverteidiger zu Wort.
- „Ich will aber dazu `was sagen“, entrüstete sich Gangolf, „das ist doch eine ganz unerhörte Gemeinheit, wer ist denn diese Zeugin?“
- „Wenn Sie dazu nichts weiter zu sagen haben, kommen wir jetzt zu der Anklage zurück“, entgegnete die Richterin, ohne auf Gangolfs Frage einzugehen, „Sie bleiben also dabei, Frau Langohr nicht zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben?“
- „Ja, selbstverständlich, zweifeln Sie etwa daran?“
- „Und was sagen Sie zu dem Tatvorwurf der Folter und Freiheitsberaubung?“
- „Was, wie bitte?“, erzürnte sich Gangolf.

Der Pflichtverteidiger meinte wieder, daß Gangolf sich nicht äußern müßte.
- „Folter und Freiheitsberaubung, wie kommen Sie da d'rauf, was soll ich da getan haben?“
- „Frau Langohr gibt an, daß Sie nach der sexuellen Nötigung ihr einen sogenannten Keuschheitsgürtel angelegt haben, um sie damit zu quälen. Nachdem Sie den Schlüssel dabei abgebrochen haben, konnten Sie den mit einem Schloß versehenen Gürtel nicht mehr öffnen und mußten das Metall mit einem Trennschleifer durchtrennen, worauf sich Brandverletzungen auf dem Unterleib des Opfers bildeten.“
- „Nein, nicht wahr, ganz im Gegenteil, Frau Langohr kam zu mir und bat mich, daß ich sie befreien soll von dem Ding, ich hab' bis dahin noch nie so einen Keuschheitsgürtel gesehen, sie war ganz aufgelöst in Tränen, ich hab' ihr ein Kajak geliehen, damit sie auf die Insel im Röthener See paddeln konnte, um dort den Schlüssel zu holen, den sie dort deponiert hatte für den Gürtel, in den sie sich selber eingeschlossen hatte.“
- „Und so eine abenteuerliche Geschichte soll ich Ihnen glauben?“,
entgegnete die Richterin.
- „Das war so, das schwör' ich, und ich hab' auch eine Zeugin, Frau Armdran, die ist doch auch schon von der Polizei befragt worden, die hat doch schon alles zu Protokoll gegeben, bei Frau Wachthauptmeisterin Mauser, ja warum glaubt dann ihr keiner?“
- „Sehen Sie, wenn da nicht die neue Zeugin gestern die Aussage gemacht hätte, daß Sie bekannt seien für sadistische Handlungen, und vor allem, daß Sie die Zeugin Armdran beeinflußt haben, regelrecht hörig gemacht haben, stünde Langohrs Aussage gegen Ihre, mit dem Unterschied, daß Sie eine Zeugin benennen konnten, die zumindest den Foltervorwurf entkräftigte; aber so schätze ich die Glaubwürdigkeit der neu hinzugekommenen Zeugin höher ein, und ich sehe mich gezwungen, die von der Staatsanwaltschaft beantragte Untersuchungshaft anzuordnen. Herr Stumpf, Sie können die Tat jederzeit zugeben und damit das Verfahren verkürzen, insbesondere die U-Haft, also jetzt wäre so eine Gelegenheit.“

Der Verteidiger unterbrach die Richterin:
- „Geben Sie nichts zu, was Sie nicht getan haben, aber ja, wenn Sie die Tat begangen haben, dann könnte es vorteilhaft bezüglich des Strafmaßes sein, zu gestehen.“

Gangolf schluckte und erbleichte, als er begriff, daß es die Richterin ernst meinte. Der Pflichtverteidiger murmelte etwas dahin, ob die Haftgründe vorlägen, gab sich indes keine Mühe, diese zu hinterfragen. Schließlich wurde Gangolf wieder in seine Zelle gebracht, sein Glaube an Gerechtigkeit war restlos erschüttert.

---

Zur gleichen Zeit nagte das schlechte Gewissen in Inge Langohr; sie wollte ursprünglich Gangolf nur etwas Angst einjagen, ohne daß sie sich Gedanken darüber machte, was ihre falschen Behauptungen auslösten. Sie konnte jetzt auch keinen Rückzieher mehr machen, denn sie verlöre ihr Gesicht und machte sich der falschen Verdächtigung schuldig, worauf eine empfindliche Strafe stünde. Inge überlegte lange, wen sie in's Vertrauen ziehen könnte, schließlich fiel ihr nur ihre Praktikantin Barbara Bär ein.
- „Also wenn es sich wirklich so verhält“, gab diese zur Antwort, „dann scheint ja der Gangolf eigentlich ein ganz netter Kerl zu sein, wenn er dir sein Boot geliehen hat und dich dann sogar aus dem Dingsda befreit hat, auch wenn er dabei vielleicht nicht genug aufgepaßt hat.“
- „Ja und nun, was soll ich machen?“, fragte Inge irritiert.
- „Wahrscheinlich ist es das Beste, du bleibst bei deiner Aussage, und da es dann vor Gericht Aussage gegen Aussage steht, wird der Gangolf nicht verurteilt.“
- „Da bin ich mir nicht so sicher, seine Magda war ja nicht mit dabei auf der verdammten Insel, und so kann die gar nichts dazu sagen.“
- „Hm, du meinst also, das Gericht würde eher dir glauben als ihm und dann ihn verurteilen, ja das könnte natürlich schon sein, dann hätte er ziemlich Pech gehabt.“
- „Unschuldig verurteilt worden zu sein, dafür sitzt er dann mehrere Jahre.“
- „Und wenn du deine Anzeige zurückziehst, also irgend eine Geschichte erfindest, daß du dir das irgendwie aus irgendwelchen Gründen eingebildet hattest, auf der Insel, wegen der Erschöpfung nach dem Rudern, der Hitze oder so was, ja, aber dann sitzt du auch, ich glaub', wir haben das einmal irgendwo in der Rechtslehre gehabt, für falsche Verdächtigung, wenn man einem einer schweren Straftat bezichtigt, gibt es Gefängnis.“

Inge erbleichte, als Barbara ihr dieses gesagt hatte. Sie überlegten noch eine Weile hin und her, kamen indes zu keinem anderen Ergebnis, daß Inge auch vor Gericht bei der Verhandlung bei ihrer Behauptung bleiben müsse.

---

Während Inge sich mit einem unguten Gefühl von Barbara verabschiedete, freute sich Martina über ihre Falschaussage, die sie gegenüber Nisselpriem und Mauser gemacht hatte, als diese auf dem schmalen Weg zu Gangolfs Haus ihr entgegenkamen und sie über Gangolfs Wesen befragt hatten.
'Den hab' ich so richtig bei der Polizei angeschwärzt, geschieht ihm recht, was muß er auch meine Magda mir wegnehmen, soll er ruhig Schwierigkeiten kriegen', dachte sich Martina, 'Rache ist süß!'

Zu gerne hätte Martina gewußt, wer das Opfer ist, doch die Polizisten gaben ihr den Namen nicht preis.
Martina hatte sich mittlerweile vollständig in Magdas Wohnung eingerichtet; sie ludt ihre Sachen, hauptsächlich Kleidung und Schuhe, aus der mit Bettina zusammen genutzten Wohnung in Laukuv in ihren Lada und brachte alles nach Lüggen. Sie war sich noch unschlüssig, was sie mit Magdas spärlichen Gegenständen anfangen sollte, für's erste nahm sie deren Kleidungsstücke aus dem Schrank und warf sie in eine Ecke, um ihre eigenen Kleider darin unterzubringen. Während für die bescheidenen Bedürfnisse von Magda der Schrank überdimensioniert gewesen war, entpuppte sich dieser nun als zu klein, etliche Textilien mußte Martina in Koffern eingelagert lassen.

Bettina beschloß, die bislang gemeinschaftlich mit Martina genutzte Wohnung in Laukuv nach deren Auszug aufzugeben; für sie alleine war sie unnötig groß und auch unnötig teuer. Überhaupt wollte sie fortziehen und die Pfarrstelle wechseln, einen entsprechenden Antrag stellte sie bereits bei der Landeskirchenverwaltung. Gerne hätte sie wieder ihr Elektroauto gehabt, das sie in Wesserbarg bei Gangolf zurückgelassen hatte, als sie von dort aus mit Gangolfs Golf in den Urlaub starteten. Sie bemühte sich um eine Ausnahmegenehmigung, um trotz der Ausgangssperre das Haus verlassen zu dürfen, indes genügte es der Verwaltung nicht, daß sie Pfarrerin sei und aus beruflichen Gründen Menschen besuchen müsse, um diesen gerade zu den schlimmen Zeiten der Pandemie Trost und Segen zu spenden.


---

Magda hatte ganz andere Sorgen: Als sie mit Gangolf mit dem Brunnengraben begannen, genügte zunächst die fünfsprossige Staffelei, um mit dieser in die Grube steigen zu können. Als der Brunnen immer weiter in die Tiefe wuchs, mußte Gangolf die schwere große Aluminiumleiter in den Schacht wuchten; diese Leiter hatte eine Länge, daß sie bis zur höchsten Stelle des Hausgiebels reichte. Eigentlich war der Brunnen fertiggestellt, doch wollte Magda nochmals hinabsteigen, um zu prüfen, wie hoch das Wasser über der Brunnensohle stand.
Sie suchte sich einige Latten zusammen, fand indes nur welche mit etwa zwei Meter Länge, so daß sie für die Zargen jeweils zwei Latten zusammennagelte, um auf die erforderlichen drei Meter zu kommen. Anschließend sägte sie von einer weiteren Latte kurze Stücke ab, die sie als Sprossen an die länglichen Latten nagelte. Sie verwendete verhältnismäßig große Nägel, die teilweise die Hölzer an den Rändern aufspringen ließen.
'Hätte ich da erst Löcher bohren müssen?', fragte sie sich, doch als sie sich von dem festen Halt der Sprossen auf den Zargenlatten überzeugt hatte, nagelte sie weiter, ohne sich um das Aufspleißen des Holzes zu kümmern.

Was Magda gleichfalls nicht kümmerte waren die zum Teil beträchtlich großen Äste in den Latten

- Eine verhängnisvolle Unbekümmertheit, wie sich herausstellen sollte.


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Für Wachtmeister Brause war inzwischen Inge Langohr die Tatverdächtige geworden. Obwohl es längst nicht mehr sein Fall war und auch nicht der Fall der Lüggener Polizei, beschäftigte er sich weiterhin um >seinen Fall<, den mysteriösen Bankraub, der für die beiden Räuber tödlich endete. Jahrelang galt die Beute als verschwunden, jüngst tauchte mit Barbara Bär eine Zeugin auf, die von einem großen Geldfund in einer Kiste auf der Insel im Röthener See berichtet hatte.

Brause überlegte sich, daß Langohrs Vergewaltigungsvorwurf lediglich zur Ablenkung diente, um zu verdeutlichen, daß sich Gangolf Stumpf regelmäßig auf der Insel aufhielt und dabei die Gelegenheit nutze, dort über Langohr herzufallen. Und dann fand deren Kollegin Barbara Bär auf der Insel die Geldkiste, doch war das Geld weg, als er zusammen mit jener und Müller auf die Insel kamen. Gleichzeitig kaufte sich Langohr das amerikanische Angeber-Rennauto Corvette. Als Brause dann mit Stumpf ein zweites Mal auf die Insel kam, war auch die Kiste verschwunden.

Brause sinnierte lange hin und her, schließlich beschloß er, nochmals Armdran zu besuchen und sie beiläufig zu ihrem Verhältnis zu Stumpf zu befragen. Als Vorwand diente ihm die Kontrolle der elektronischen Fußfessel, die jene nach wie vor zu tragen verpflichtet war, auch wenn sie sich nun im gesamten Landkreis frei bewegen durfte.

Seit Mausers Ausführungen bei dem Zusammentreffen in Nisselpriems Büro erschien Armdran in einem ganz anderen Licht, Brause konnte noch immer nicht recht glauben, was er da erfahren hatte, andererseits traute er von Anfang an Armdran nicht den Totschlag zu, für welchen diese verurteilt worden war, auch einige Monate im Gefängnis saß und sodann, mit einer elektronischen Fußfessel bestückt, auf Bewährung frei gekommen war.

- „Fahr' gleich zu dem Stumpf hinaus nach Wesserbarg“, riet ihm Nisselpriem, als sich Brause von diesem abmeldete, um Armdran einen Besuch abzustatten, „nach meinem Gefühl hat sich die dort bei ihm häuslich niedergelassen, aber egal, ja, sehe ruhig erst `mal in ihrer alten Wohnung nach, vielleicht ist sie ja doch noch dort.“

Gerade als Brause in den Gewerbehof in der nördlichen Altstadt von Lüggen einbog, an welchem das Haus mit Magdas Wohnung lag, ging die Haustür auf und Martina kam heraus. Sie schleppte einen Holzkasten vor sich her, den sie unsanft vor ihrem Lada auf den Boden fallen ließ. Brause kam ihr Gesicht bekannt vor, konnte es aber nicht mehr einem Namen zuordnen. Er begrüßte Martina und fragte:
- „Guten Tach, was machen Sie da?“

Martina antwortete:
- „Ach, altes Gerümpel da, das hat vor Wochen hier jemand abgestellt.“
- „Sie trauen sich `was, haben Sie keine Angst, erwischt zu werden?“
- „Wovor, daß ich das Zeug wegfahre?“
- „Immerhin gilt ein allgemeines striktes Ausgangsverbot.“
- „Ich bin Krankenschwester, OP-Schwester genau, und da habe ich eine Befreiung, warten Sie.“

Martina öffnete die Fahrertür, beugte sich in das Auto und zog die Bescheinigung heraus. Brause überflog die Zeilen und kommentierte:
- „Ach, Sie sind Frau Weiß, sagen Sie, Sie waren doch vor kurzem mit Herrn Stumpf in Italien, im Urlaub.“
- „Ja“, entgegnete Martina einsilbig.

Brause merkte an Martinas Tonfall, daß diese nicht willig war, ein Gespräch darüber zu entfalten. Er beugte sich zu dem Holzkasten, der auf dem Boden vor dem Lada stand.
- „Das Ding da kommt mir irgendwie bekannt vor“, meinte er, „das stand doch da vor dem Bett von Frau Armdran, sie hat da so ein Tuch darüber gebreitet.“

Martina zuckte mit den Schultern. Brause fuhr fort:
- „Sagen Sie `mal, ist Frau Armdran droben in ihrer Wohnung?“
- „Nein, da ist sie ausgezogen“, entgegnete Martina knapp.
- „Und wohin ist sie gezogen, wissen Sie das zufällig?“
- „Ich traf sie neulich bei diesem Stumpf, der manipuliert sie, nach meiner Meinung, die würde eine Mord begehen für ihn.“
- „Oh, das sind aber harte Worte, die Sie da aussprechen, Frau Weiß! Wie kommen Sie da darauf?“

Martina hob erneut die Schultern und meinte:
- „Ist nur so ein Gefühl, sonst wäre sie doch nicht hier aus ihrer schönen Wohnung ausgezogen und zu dem stumpfen Stumpf da gezogen. Darf ich den Kasten jetzt einladen und wegfahren?“
- „Aber selbstverständlich, aber denken Sie an ihre Maske, Sie haben doch eine?“
- „Ja, haben wir von der Quarantäne mitgekriegt, so ein Mistding.“
- „Ich kann ja auch nichts dafür, Frau Weiß, aber als Polizist muß ich Sie darauf hinweisen, ich hab' meine auch im Auto liegen, na ja, ich fahr' jetzt wieder, alles Gute!“
- „Ja, Ihnen auch.“

Kaum war Brause in sein Fahrzeug gestiegen, erhielt er einen Funkspruch: Aus der zentralen Überwachungsstelle kam soeben eine Meldung herein, daß von der elektronischen Fußfessel der Frau Armdran kein Signal mehr ausging.

- „Ja, das trifft sich ja gut, ich wollte ja ohnehin deswegen zu ihr, um endlich wieder `mal nachzusehen, ob alles in Ordnung ist“, gab Brause zurück.
'Wenn das kein Zufall ist', überlegte er sich, 'kaum schleppt die Weiß so einen Kasten aus dem Haus, an dem nicht nur ein Netzkabel heraushing, sondern auch andere Drähte, kommt aus der Ü-Zentrale die Nachricht über das Ausbleiben von Armdrans Fußfesselsignal'.

Brause überlegte noch eine Weile hin und her, bevor er losfuhr. Kaum war er auf der Hauptstraße angelangt, hielt er nochmals an und rief bei der >GÜL< an, der zentralen Überwachungsstelle für Träger von elektronischen Fußfesseln:

- „Sagen Sie `mal, wo hat sich denn die Überwachte zuletzt aufgehalten, sie darf sich im gesamten Landkreis aufhalten, und der ist groß.“
- „Moment bitte“, antwortete der Beamte von der GÜL, und nach einer Minute sprach er in's Telephon:
- „Herr Kollege, sind Sie noch d'ran?“
- „Ja sicher, haben Sie `was `rausbekommen?“
- „Also nach unseren Aufzeichnungen hat die überwachte Person seit Monaten schon nicht mehr ihre Wohnung in Lüggen verlassen, das ist sehr ungewöhnlich.“
- „Seit Monaten schon?“, echote Brause verwundert, „das kann doch nicht sein.“
- „Kann ich auch nicht mehr dazu sagen, vielleicht spinnt das System, funktioniert `was nicht mit der örtlichen Bestimmung oder so `was.“
- „Nun ja, haben Sie Dank“, verabschiedete sich Brause.

'Da ist `was faul', war sich Brause sicher, 'seit Monaten schon nicht mehr die Wohnung verlassen, und die Armdran saust munter herum. Das wird ja immer interessanter.'

Magda hörte nicht, als Brause mit seinem Polizeiauto in den Hof einbog, sie war gerade erstmals mit ihrer selbstgezimmerten Leiter in den Brunnenschacht gestiegen. Brause ging zum Haus, als nach dem Läuten niemand öffnete, stattete er der danebenstehenden Scheune einen Besuch ab, deren Schiebetor einladend weit geöffnet stand. Er entdeckte sogleich die beiden Kajaks, die übereinander an einer Wand auf Konsolen abgelegt waren. Daneben stand ein Herren- und ein Damenfahrrad. Auch Holzreste lagen herum, ein Fuchssch****z lag auf dem Boden, eine Schachtel voll großer Nägel, Sägspäne.
'Hier hat erst kürzlich jemand gearbeitet', schlußfolgerte Brause, 'Stumpf kann es wohl nicht gewesen sein, der Ärmste sitzt in Wuselhausen.'

Als Brause aus der Scheune herauskam, entdeckte er am anderen Ende des Hofes einen Erdhügel, den er bisher dort noch nicht wahrgenommen hatte. Neugierig setzte er sich in Bewegung und gewahrte kurz darauf auch den obersten Ring des Brunnenschachts, der zwei Handbreit von dem Boden herausragte. Als er kurz vor dem Brunnen war, kam Magda aus dem Schacht herausgestiegen, sie blickten sich überrascht einander an.

Brause ergriff als erster das Wort:
- „Guten Tach, Frau Armdran, was für `ne Überraschung, Sie hier zu finden!“
- „Guten Tach, Herr Brause,“ entgegnete Magda und verließ den Schacht.
- „Haben Sie hier einen neuen Brunnen?“

Magda blickte etwas verlegen um, als ob sie von irgendwo her eine Hilfe bekäme, was sie antworten sollte. Sie bemerkte auf der anderen Seite des Gebüsches Kinder, die auf dem Feldweg von Wesserbarg mit ihren Fahrrädern hergekommen sind und durch das Gezweige neugierig hindurchspähten.
- „Äh, ja, den haben wir gegraben und gerade noch fertig gestellt, bevor sie ihn abgeholt haben.“
- „Sie meinen Herrn Stumpf?“
- „Ja, so `was gemeines, dabei hat er doch gar nichts getan, im Gegenteil, er hat dieser Inge den blöden Keuschheitsgürtel weg gemacht mit der Flex und ich habe dabei mit dem Schlauch das Wasser gespritzt, zur Kühlung, die sollte froh sein, daß es uns gelungen ist.“

Brause hatte die Kinder bemerkt und schlug vor:
- „Können Sie mir das bitte im Haus erzählen, das klingt ja höchst interessant“.
- „Ja gerne, gehen wir hinein.“

Magda setzte die Kaffeemaschine in Gang und entschuldigte sich:
- „Leider habe ich kein frisches Gebäck mehr, eigentlich überhaupt keines mehr, ich glaub', das muß man ja jetzt irgendwie bestellen, leider sind unsere Vorräte jetzt zu Ende gegangen, wissen Sie, wie man das machen soll?“
- „Am einfachsten macht man das über`s Internet“, erläuterte Brause, „aber man kann auch wo anrufen, warten Sie `mal, ich erkundige mich gleich `mal.“

Brause rief in der Dienststelle an und fragte nach der Nummer des Versorgungstelephons, er notierte sie, riß das Blatt vom Block und überreichte es Magda.
- „Hier können Sie anrufen und ihre Wünsche durchgeben, die liefern das dann aus, hängt von der Tour ab, wie die gerade unterwegs sind, aber spätestens am übernächsten Tag sollten sie vorbeikommen. Aber beschreiben Sie denen genau, wie sie hier her kommen, sonst finden die Sie nicht hier in dieser Einsamkeit.“

Magda bedankte sich und legte das Blatt Papier mit der Nummer auf den Wohnzimmertisch. Sie servierte den Kaffee, Brause gelang es, wie es ihm meistens gelang, mit Magda ein Geplauder zu beginnen.
- „Sie haben ja so schöne Stiefel an“, bemerkte er, „das kenne ich gar nicht von Ihnen, ich hab' Sie sonst immer nur mit so flachen Leinenschuhen in Erinnerung.“
- „Ja, die hat mir Gangolf gekauft, extra zum Brunnengraben, die sind so stabil und wasserfest, die kann man dann einfach wieder abwischen.“
Sie streckte ihr linkes Bein vor, und Brause nutzte die Gelegenheit, sich dieses genauer anzusehen.
- „Stört Sie da nicht diese Fußfessel?“

Magda errötete sogleich, als sie die Worte hörte.
- „Nein, er geht schon“, antwortete sie und zog unaufgefordert den Saum der Hose in die Höhe, so daß das elektronische Teil oberhalb des Stiefelrandes zum Vorschein kam.
- „Kann es sein, daß Sie vergessen haben, aufzuladen?“
- „Oh, ja, das kann sein“, stotterte Magda, „ich fürchte, ich habe das Ladegerät in Lüggen gelassen, oh, entschuldigen Sie bitte.“
- „Gerne, ich geb' das gleich `mal durch in die Zentrale, die haben sich nämlich soeben gemeldet, daß die kein Signal mehr kriegen.“

Brause rief in Näherdorf an und meldete der >Gülle<, daß mit der >überwachten Person< alles in Ordnung sei. Erleichtert lächelte Magda und dankte Brause.
- „Sagen Sie, Frau Armdran“, ich hörte, sie wären ausgezogen aus ihrer Wohnung in Lüggen.“

Magda kam in's Stottern:
- „Ja, noch nicht so richtig, aber ich glaub', ich bleib' lieber hier, also Gangolf hat es mir erlaubt, ich glaub', das wär' ihm auch lieb, dann wäre er nicht mehr so allein, wenn er wieder zurückkommt. Wissen Sie, wann das wieder aus ist?“
- „Sie meinen, wann er wieder entlassen wird?“
- „Ja, hoffentlich kommt er bald wieder.“
- „Das können wir nicht sagen, soviel ich weiß, ist er in Untersuchungshaft in Kaiserswuselhausen, da haben wir von Lüggen aus keinen Einfluß.“

Magda blickte ihn enttäuscht an und sprach mit stockender Stimme:
- „Aber Sie glauben doch auch hoffentlich nicht, daß er der Inge `was getan hat, so 'was gemeines, so 'was einfach zu behaupten!“

Nach einer kurzen Pause ergriff Brause wieder den Gesprächsfaden:
- „Frau Armdran, Sie wissen doch aus eigener schlimmer Erfahrung, wie das ist, wenn man von Männern belästigt wird und ich verstehe Sie vollkommen, daß Sie sich gewehrt haben und dabei mit der Vase zugeschlagen haben. Deshalb wurden Sie doch verurteilt, war es nicht so?“

Magda schluckte, sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Verstört blickte sie Brause in's Gesicht und überlegte, ob sie auch ihm die Wahrheit sagen sollte. Brause wartete eine Weile und meinte dann in einem gütlichen Ton:
- „Also ich wollte Sie da nicht verstören mit dieser alten Geschichte, entschuldigen Sie bitte, also wenn Sie darüber reden wollen, dann sagen Sie `was dazu, wenn Sie lieber schweigen wollen, dann ist das auch in Ordnung.“

Magda stammelte:
- „Neulich war Ihre Kollegin da, der hab' ich alles erzählt.“

Es gelang ihr nicht mehr, die Tränen zurückzuhalten, sie ließ ihnen freien Lauf.
























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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:19.05.23 20:58 IP: gespeichert Moderator melden


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Magda war ständig im Gedanken an Gangolf, wie es ihm in dem Gefängnis gehen würde, ob man ihn anständig behandelte, von Seite der Mitgefangenen und von Seite der Justizangestellten. Mit bangem Mut dachte sie an ihren eigenen Gefängnisaufenthalt zurück; sie hatte damals ein halbwegs erträgliches Auskommen: Die Mitgefangenen zollten ihr Respekt und ließen sie weitgehend in Ruhe, als diese erfuhren, daß sie wegen Totschlags verurteilt worden war. Auch von den Gefängniswärterinnen wurde sie geradezu mitfühlend behandelt unter dem Gesichtspunkt der Notwehr nach einer Vergewaltigung.

Der einzige Wehmutstropfen war die nicht hundertprozentig erwiesene Schuld des von ihr Getöteten; zwar war dieser bereits mehrfach vor Gericht gestanden wegen sexuellen Übergriffen, indes konnte ihm nie eindeutig eine Tat nachgewiesen werden.

Um sich von den Grübeleien abzulenken, verfiel Magda in einen wahren Putzfimmel: Sie arbeitete sich durch das Erdgeschoß, dann hinauf in das Dachgeschoß, schließlich fiel sie über den Keller her. Dort bestand am meisten Handlungsbedarf, Gangolf nahm es in den Ecken nicht so genau mit der Reinlichkeit. Die Regale trieften voll Staub, Magda schöpfte aus dem Vollen.

Im Waschraum hingen Gangolfs Neoprenanzüge; obschon sie ständig im geöffnete Zustand frei dahingen, verbreiteten sie den typischen Geruch, den diese Anzüge häufig mit sich trugen. Magda nahm die beiden Anzüge, den Long John und das Neopren-Shorty mit in die Wohnung hinauf, ließ heißes Wasser in die Badewanne einlaufen und seifte den Gummistoff innen und außen gründlich mit Seife ein.

Anschließend bewegte Magda die Anzüge in der Wanne hin und her, bei der Berührung mit dem gummierten Stoff bemerkte Magda das Aufkeimen einer leichten Erregung. Unaufhörlich zog sie das Neopren durch das heiße Wasser, bis ihr schließlich die Kräfte ausgingen und sie sich erschöpft neben die Wanne auf den Boden setzte. Sie genoß das Gefühl der wohligen Müdigkeit, noch nie hatte sie in ihrem Leben einen Neoprenanzug angehabt, nie diesen speziellen Stoff auf ihrer Haut gespürt.

Magda verspürte eine unbändige Lust in ihrem Innersten aufsteigen, welches ihr Müdigkeitsgefühl in den Hintergrund treten ließ. Mit einem Ruck raffte sie sich auf, ließ das Wasser aus der Wanne und spülte anschließend mit dem Brauseschlauch die Kleidungsstücke nochmals gründlich ab. Magda fand, daß die Anzüge in der Scheune besser trocknen würden als in dem Waschraum im Keller, zudem war die Gefahr eines Diebstahls aus der Scheune durch das stabile Schloß verringert worden, welches Gangolf an dem Schiebetor montiert hatte.

Die Dämmerung war über das Land hereingebrochen, doch anstelle sich von den Strapazen der Reinigungsarbeiten auszuruhen, ging Magda nochmals hinaus zum Brunnen, >zu ihrem Brunnen<, wie sie sich selber eingestand. Sie wuchtete den schweren Deckel herunter, stellte die von ihr gefertigte Lattenleiter in den Schacht und stieg in den finsteren Abgrund.

Vorsichtig nahm Magda eine Stufe nach der anderen, sie sagte sich selber, wie gefährlich es wäre, auszurutschen, gerade jetzt, wo sie allein ohne Gangolf hier lebte, wo weit und breit sich keine Menschenseele aufhielt. Am Tag kamen manchmal Spaziergänger oder die Kinder vom Dorf vorbei, aber jetzt, am Abend, in der Nacht, wurde es schnell stockdunkel und der Hof versank mit all seinen Teilen in der Finsternis.

Während Magda dies bedenkend langsam Sprosse für Sprosse nach unten trat, vernahm sie plötzlich ein platschendes Geräusch, Bruchteile von Sekunden später spürte sie bereits das Wasser in ihre Chucks laufen.
'Ach, wie dumm von mir', sagte sie sich, 'ist doch klar, daß da unten das Wasser steht.' Da ihre Füße nun bereits naß geworden waren, stieg sie noch weiter hinab und kam alsbald auf der Brunnensohle zu stehen. Das Wasser reichte ihr bis über das Knie, es drückte den Jeansstoff an die Haut.

Es war für Magda ein neues Gefühl, wie die Nässe sie umgab, nicht wie sonst, wenn sie vom Regen und Wind von oben her und seitlich durchnäßt wurde, sondern still von unten sich ausbreitete und sie gleichmäßig umflutete. Magda freute sich über die Abkühlung, ihr wurde erst jetzt bewußt, wie erhitzt sie von der Arbeit gewesen war. Nachdem sich Schuhe und der untere Teil der Hose mit dem Brunnenwasser vollgesaugt hatten, ging Magda langsam in die Hocke; sie spürte, wie sich Luftblasen aus der Hose herausdrückten und gurgelnd den Weg aus dem Wasser suchten.

Das nachdrückende Wasser ließ den Stoff nun auch an Magdas Oberschenkel kleben, immer tiefer sank sie hinunter, bis sie schließlich auf ihren Fersen zu sitzen kam. Sie überlegte sich sogar, ob sie sich ganz niedersetzen sollte, mit dem Hosenboden auf den Brunnenboden, doch fand sie das übertrieben, ihren Oberkörper wollte sie auf alle Fälle im Trockenen lassen.

Magda lehnte sich vorsichtig zurück, bis sich ihr Rücken an der Brunnenwandung abstützte. Sie blickte nach oben, wo sie durch die Brunnenöffnung die ersten Sternlein im schwarzen Nachthimmel aufblinken sah.
- „Wie unendlich weit seid ihr weg“, rief sie durch die Brunnenröhre hinauf, „hoffentlich kann Gangolf euch auch sehen durch sein vergittertes Zellenfenster, ach, ihr lieben Sterne, bringt ihm euer Licht in seine bedrängte Seele, grüßt ihn von mir, die ich so glücklich-frei hier leben darf!“

Irgendwann begann sie steif zu werden und Magda konnte auch nicht mehr leugnen, daß ihr kalt geworden war. Dennoch war sie erstaunt, wir verhältnismäßig warm es tief unten im Brunnen war, drei Meter unter der Erdoberfläche. Sie tastete vorsichtig nach der Leiter, setzte den linken Fuß auf die unterste Sprosse und stemmte sich empor. Sobald sie die zweite Sprosse verlassen hatte und damit wieder über den Wasserspiegel, triefte das Wasser von ihrer durchnäßten Hose herunter, die Leinenschuhe gaben schmatzende Geräusche von sich.

Nach jeder erglommenen Sprosse hielt Magda kurz inne und schaute zum Himmel hinauf durch die stets größer werdende Brunnenöffnung. Mit dem Gefühl einer leichten Wehmut verließ sie den Schacht, wie ein Vogelkind, das erstmals das Nest verläßt, oder ein Bärenkind die Höhle, in welcher es sich seit seiner Geburt befand.

---

Brause grübelte unentwegt, wie es sein konnte, daß die zentrale Überwachungsstelle sagte, die Überwachte wäre nie aus dem Haus gegangen. 'Das kann doch gar nicht sein', überlegte er, und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen:
- „Der omniöse Holzkasten mit den heraushängenden Drähten“, rief er aus, „das ist es, das muß mit dem irgendwie zusammenhängen, denn gerade als die Weiß den Kasten zu ihrem Auto nach unten geschleppt hatte, riefen die von der Gülle an, daß das Signal fehlt.“

Nach mehreren Minuten intensiven Nachdenkens kam Brause zu der Überzeugung, daß Gangolf hinter allem steckte, er traute diesem die notwendigen technischen Fähigkeiten zu, einen Sender zu bauen, der anstelle des Funksignals der Fußfessel das entsprechende Signal permanent ausstrahlte, aus Armdrans Wohnung. Auf diese Weise konnte sich Armdran unbehelligt überall herum bewegen, und Brause kam ein schwerer Verdacht:

- „Die Armdran hatte doch auch so einen feschen Motorradanzug an, in Lüggen, als ich sie auf dem Markt zufällig entdeckt hatte, und da verplapperte sich die andere Motorradfahrerin, die ich für die Weiß hielt, daß sie gerade von Italien zurückgekehrt wären, also ist doch klar, daß die Armdran auch mit dabei war.“

- „Na, hast du `was Neues herausgekriegt von der Armdran?“, erkundigte sich Nisselpriem, als Brause wieder mit seinem Chef zu einem >Gedankenaustausch< zusammentraf.
- „Die wohnt jetzt bei dem Stumpf auf dem einsamen Hof hinter Wesserbarg da draußen, am Röthener See“, entgegnete Brause, „aber sie hat wohl das Ladegerät für die Fußfessel in ihrer alten Wohnung gelassen und konnte deshalb das Ding nicht aufladen.“
- „Dann sollte sie das aber schleunigst holen und sich dann auch ummelden.“
- „Das wird wohl kaum gehen, jetzt bei der totalen Ausgangssperre, und der Stumpf sitzt in Wuselhausen, wie sollte sie nach Lüggen kommen?“
- „Stimmt auch wieder, na ja, ich werde denen von der Gülle sagen, daß das Ladegerät augenblicklich nicht verfügbar ist, und den Präsident werde ich bitten, das mit der Fußfessel bei ihr vorerst aufzugeben, da wegen der Ausgangssperre ohnehin keine Fluchtgefahr besteht.“

Brause nickte zustimmend und dachte sich: 'Ach, wenn du wüßtest, daß die höchst wahrscheinlich in Italien war mit dem Stumpf, mit dem Motorrad auf Urlaubsreise!' Doch er behielt seine Gedanken für sich, er erwähnt auch nicht, daß Martina den Holzkasten aus Magdas Wohnung entfernt hatte, in welchem er einen Sender vermutete.
- „Und dann, wenn das stimmt, was sie der Mauser gesagt hat, daß sie eigentlich völlig unschuldig ist und die Tat aus reiner Gefälligkeit, aus reinster Menschenliebe auf sich genommen hat.“
- „Glaubst du das wirklich, Olaf?“ fragte Nisselpriem.
- „Ja klar, mir war von Anfang an nicht klar, wie diese kleine, stets zurückhaltende liebe Armdran zu solch einer Tat fähig gewesen sein soll, auch wenn sie zuvor von dem Kerl vergewaltigt worden ist.“
- „Tja, da bin ich gespannt, was die Kriminaler und die Staatsanwaltschaft dazu sagen wird, ob die den Fall neu aufrollen, kann uns im Prinzip egal sein.“
- „So ist es“, pflichtete ihm Brause bei, „aber ich bin mir nicht sicher, ob die Armdran dann auspacken wird, ich fürchte, die ist viel zu rücksichtsvoll und will die Weiß nicht in die Pfanne hauen, auch wenn diese sich so abfällig über ihren Gangolf geäußert hat. Sie hat das ja auch alles der Kerstin im Vertrauen zugesteckt, unsereiner hätte sie das wohl nie gesagt.“
- „Warten wir's ab“, meinte Nisselpriem und machte Anstalten, das Gespräch zu beenden.

- „Eins noch“, bat Brause, „wie geht es jetzt weiter mit dem verschwundenen Geld aus der seltsamen Kiste auf der Insel, die dann auch noch verschwunden ist?“
- „Ach, das auch noch, keine Ahnung, sollen wir das jetzt tatsächlich auch noch den Wuselhausener Kollegen melden?“
- „Ja eigentlich schon, es handelt sich immerhin um viele tausend Euro, und einen Anfangsverdacht haben wir auch schon.“
- „Du meinst, diese, wie hieß sie gleich wieder-“
- „Langohr. Inge Langohr, Abteilungsleiterin der Unteren Naturschutzbehörde drüben im Umweltamt.“
- „Ja, richtig, Langohr, die hältst du also verdächtig, weil sie allein auf der Insel war, nachdem du bereits mit der anderen Frau-“
- „Barbara Bär“, half Brause erneut seinem Chef auf die Sprünge,
- „-nachdem du bereits mit der Frau Bär dort gewesen warst und feststelltest, daß die Kiste leer war, obwohl die Bär fest und steif behauptete, sie hätte zusammen mit der Langnas“
- „Langohr“, korrigierte Brause,
- „verdammt, Langohr natürlich, also daß die so sehr viel Geld dort in der Kiste gefunden hätten, ist wohl doch ein wenig dünn, das Ganze.“
- „Sagen wir `mal so, es ist ein Ansatzpunkt, den man nachgehen sollte, immerhin hat sie plötzlich diesen Kotz-Protz-Karr'n dann gekauft, sie, als die Obernaturschützerin.“
- „Gut, Olaf, ich werde das zur Sprache bringen, daß wir gewisse Anhaltspunkte haben, was die dann d'raus machen, ist deren Sache!“

Gemächlich schlappte Brause in sein Büro zurück, genüßlich lehnte er sich in seinem bequemen Sessel zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und freute sich insgeheim, daß es Herrn Stumpf offensichtlich gelungen war, der Gülle und damit allen Polizisten in Lüggen ein Schnippchen zu schlagen.
'Und jetzt sitzt er wahrscheinlich unschuldig in U-Haft', ließ er seine Gedanken schweifen, 'und die Armdran trägt unschuldigerweise die Fußfessel, und die echten Verbrecher, die Verbrecherinnen vielmehr, die laufen vor unserer Nase frei herum.'

Brause ahnte nicht, daß noch vor Jahresende die verworrenen Kriminalrätsel gelöst sein würden.

























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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:26.05.23 20:58 IP: gespeichert Moderator melden


107

Magda war froh darüber, in Gangolfs Haus zu wohnen, denn hier, in der Abgeschiedenheit des flachen Landes konnte sie sich viel mehr Freiheiten herausnehmen als in ihrer kleinen Wohnung in der Innenstadt von Lüggen. Regelmäßig kamen Kinder vorbei, aber auch Erwachsene nahmen es mit der Ausgangssperre nicht so genau. Gleich hinter Gangolfs Haus begann der Waldstreifen, der den Damisch-Kanal umgab, so daß Magda dort unbehelligt Spaziergänge unternahm ohne Angst, von Polizei und Wachdiensten dabei erwischt zu werden.

Auch innerhalb des Hauses fand Magda reichlich Zerstreuung; fasziniert blätterte sie durch die Bildbände, die Gangolf im Bücherregal aufgereiht hatte. Schließlich fand sie ein schmales Büchlein, das den Kajaksport beschrieb. In zahlreichen Bildern wurde darin alles gezeigt und ausführlich beschrieben, vom Einstieg bis zum richtigen Körpereinsatz zum kräftesparenden Paddeln. Gangolf hatte ihr nie das Kajakfahren angeboten, andererseits war bislang auch nie richtig Zeit dafür.

'Jetzt habe ich Zeit dafür', überlegte sich Magda und beschloß, die Anleitungen in dem Buch, die sich an Anfänger richtete, genau zu studieren und die empfohlenen Übungen zu absolvieren. Sie holte dazu eines der beiden Paddel aus der Scheune und setzte sich damit auf einen Hocker, welcher den Sitz in einem Kajak simulieren sollte. Die Füße stemmte sie, genau wie in den Abbildungen gezeigt, an der Wand ab. Sie war erstaunt, daß es da vorne in den Booten solche Fußrasten gab, an welchen man sich beim Paddeln abstützen sollte, um mit der Muskulatur des Oberkörpers die Armbewegungen zu unterstützen.

Mit leicht angewinkelten Beinen begann Magda mit den Trockenübungen, sie übte fleißig das Eintauchen der Paddel, das Durchziehen und Herausholen, links, rechts, links, rechts, unterstützt mit dem wechselweisen Abstemmen der Beine und Muskelanspannungen des Oberkörpers. Fasziniert betrachtete sie die Photographien der beschriebenen Kajaktouren, daß es da Gepäckluken gab, in welchen man wasserdicht Sachen verstauen konnte, las von wasserdichten Transportbeuteln und Spritzschutzdecken, die man sich überstülpte und an dem sogenannten Süllrand der Einstiegsluke einspannen konnte.

Bezüglich der Kleiderfrage überkamen Magda Bedenken, ob sie ungefragt einen von Gangolfs Neoprenanzügen benutzen sollte, und ob sie überhaupt sein Kajak einfach so nehmen dürfte. Es kam ihr in den Sinn, daß Gangolf sogar dieser Inge das rote Kajak ausgeliehen hatte; von dieser Erinnerung bestärkt beschloß sie, sich zu trauen und ohne Gangolf zu fragen, von Boot und Anzug Besitz zu ergreifen:

- „Was sollte er schon dagegen haben“, sagte sie sich, „er ist in allen Dingen so großzügig, mir gegenüber und auch ganz Fremden, wahrscheinlich würde er sich sogar freuen, wenn ich ihm den Wunsch äußere, Kajak fahren zu wollen.“
Magda trug das Paddel zurück in die Scheune und nahm von dort den Langarm-Neoprenanzug mit, den sie dort nach der Reinigung zum Trocknen aufgehangen hatte. Wieder beschlich sie das Kribbeln in den Händen, als sie über den geschmeidigen Gummistoff strich. Sie streifte ihre abgewetzte Jeans ab, setzte sich auf den Hocker und schob vorsichtig die Füße durch die engen Beinröhren der Neoprenhose. Sie ging dabei sehr behutsam vor, denn sie hatte Angst, durch einen zu festen Zug den Stoff aufzureißen. Sie fragte sich, wie Gangolf mit seinen großen Füßen durch den engen Saum hindurchkam, wenn es ihr mit ihren kleinen Füssen schon so schwer fiel, hindurch zu gelangen. Der restlichen Teil der Hose war wesentlich einfacher anzuziehen; kaum waren ihre Füßchen durch die schwarzen Beinröhren hindurchgezwängt, stellte sie sich auf und hüllte sich in den oberen Teil der Neoprenhose.

Als Magda anschließend die Jacke anlegte und den hinten herunterhängenden Latz durch ihre Beine nach vorne durch den Schritt zog, um diesen am vorderen Jackensaum zu befestigen, war es mit ihr geschehen: Es gelang ihr gerade noch, die zwei Schritte zum Sofa zu vollbringen, auf welches sie sich niederfallen ließ; in ihrem Leben war es der stärkste Orgasmus, der sie ergriffen hatte; selbst die Anprobe der ledernen Motorradkombi war nichts dagegen, als das Neopren im Doppelpack auf ihren Venushügel drückte und sie dabei innerlich zum Rasen brachte.

Die Minuten rannen dahin, in welchen Magda vollkommen erschöpft einfach nur dalag, im hingebungsvollen Halbschlaf, von allem Irdischen entrückt. Das Schrillen des Telephons ließ sie aus ihrer wonnevollen Welt emporschrecken; im ersten Augenblick wußte sie nicht, wo sie war und was sie hörte, indes kehrte schnell die Erinnerung an das Diesseits zurück und mit einem Satz hechtete sie zu dem Apparat und zog ihn hurtig aus der Ladeschale, um das nervtötende Gebimmel abzustellen. Auf dem Display hatte sie den Namen >Bettina< gelesen; schüchtern flötete sie in das Gerät:
- „Ja bitte“.

Gangolf hatte Magda bei der Verabschiedung nach seiner Verhaftung aufgetragen, Telephonanrufe entgegenzunehmen, vor allem, wenn es Anrufer waren, deren Namen eingespeichert gewesen waren. Gangolf ließ auch sein Smartphone zurück in der Annahme, daß man ihm dieses ohnehin wegnehmen würde. Neugierig lauschte Magda am Hörer, ob es die Bettina war, ihre Bettina, die Lebensgefährtin der Martina, Magdas strenger Herrin, derer sie sich zu entziehen gewagt hatte.

- „Magda, bist du das“, kam es aus dem Hörer, „bist du bei Gangolf?“

Magda erkannte ihre helle liebliche Stimme, erfreut diese zu hören, antwortete sie:
- „Ja, Gangolf bat mich, solange zu bleiben, wie ich will, und ich will da bleiben, wenigstens solange er fort ist.“
- „Ah, ist er wieder auf Dienstreise, darf er denn verreisen, also ich darf zum Beispiel nicht aus dem Haus, nicht einmal um Gespräche für eine anstehende Beerdigung zu führen, nur noch alles per Telephon, eine wahnsinnige Zeit ist angebrochen.“

Magda wußte nicht auf Anhieb, was sie Bettina antworten sollte, nach einigen Sekunden der Stille fragte diese nach:
- „Bist du noch d’ran, Magda?“
- „Ja, freilich, also auf Dienstreise ist er nicht, ich glaub’, das kann man so nicht sagen.“
- „Oh, ist `was Schlimmes passiert, mußte er in’s Krankenhaus?“
- „Nein, das nicht, aber du könntest ein gutes Wort für ihn einlegen.“
- „Ein gutes Wort für ihn einlegen“, echote Bettina, „was soll das heißen, mach’ es nicht so spannend!“

Magda räusperte sich und sprach:
- „Gangi wurde verhaftet.“
- „Was, nicht im Ernst“, empörte sich Bettina, „was ist denn geschehen?“

Magda berichtete Bettina, was sich mit Inge zugetragen hatte, und daß diese Gangolf der Vergewaltigung bezichtigt hatte.
- „Nicht zu fassen“, kommentierte Bettina das Gehörte, „Undank ist der Welt Lohn.“

Bettina versprach, umgehend bei der Polizei in Lüggen anzurufen und sich mit Mauser oder Brause zu besprechen. - „Das ist eine ganz hinterhältige Lügnerin, dieses Weib Martina“, ereiferte sie sich, „und sie war jahrelang meine Intimfreundin, ich schäme mich dafür. Und dich hat sie ja auch so schlecht behandelt, diese verruchte Sadistin!“

Aufgebracht berichtete sie von den qualvollen sechs Wochen, in denen Bettina auf engstem Raum in dem Wohncontainer mit Martina eingepfercht unter strikten Quarantänebedingungen dahinvegetieren mußte, und dabei die sadistische Grausamkeit jener Frau kennenlernen mußte, welche sie jahrelang geliebt hatte.

- „Eigentlich wollte ich mich von dir und von Gangolf verabschieden“, kam Bettina auf den Grund ihres Anrufs zurück, „ich bewarb mich für eine andere Pfarrstelle und werde diese große Wohnung hier in Laukuv aufgeben, schon wegen den Erinnerungen, ich fang’ dann irgendwo neu an; das Weib ist auch schon ausgezogen.“
- „Du meinst Martina? “, fragte Magda.
- „Ja klar, die wollte doch zu dir in deine kleine Wohnung ziehen, ist sie das nicht?“
- „Nein, also keine Ahnung, vielleicht doch, sie war total verärgert, wie sie neulich davon ist, sie wollte, daß ich mitkomme und dann traf sie unterwegs beim Wegfahren auf die Polizisten, und denen hatte sie dann gesagt, wie böse Gangi wäre und daß der mich aufgehetzt hätte, nicht mit ihr zu kommen, und dabei bin ich so froh jetzt, so frei zu leben, Gangi war immer so lieb, du weißt ja noch, wie er im Urlaub war, so großzügig!“
- „Ja, da hast du recht, ich rufe gleich an, den Wachtmeister Brause kenne ich, ich glaub’, der kennt mich auch, und wie hieß die andere sogleich?“
- „Mauser“, antwortete Magda, sie war sehr erfreut, daß Gangolf auf diese Weise Unterstützung erhalten würde.

Bettina wünschte Magda viel Glück, Gesundheit und Gottes Segen, sie versprach, sobald als möglich nach Wesserbarg zu fahren, wenn die Ausgangssperre aufgehoben sein würde.

Magda ging in der Küche, um sich einen Kaffee zu bereiten. Gerade als die Maschine ihr unverkennbares Quackeln von sich hören ließ, schrillte es erneut, diesmal die Haustürklingel. Die erwartete Lebensmittellieferung kam, der Lieferant, ein junger Mann, beäugte Magda belustigt, wie diese barfuß, ansonsten aber dick im Neoprenanzug verhüllt die Tür geöffnet hatte.

- „Ich wollte gerade zu einer Bootstour aufbrechen“, gab Magda stotternd eine Erklärung und nahm den Karton entgegen. „Es läuft gerade Kaffee durch, willst du auch einen?“, bot sie den Lieferanten an.
- „Hab’ leider keine Zeit, bin schwer in Eile, muß noch jede Menge ausliefern, darf ja keiner mehr sich was selber einkaufen; aber dennoch vielen Dank, vielleicht ein ander Mal!“

Ihre Nervosität steigerte sich, als Magda sich die Trekkingschuhe schnürte. Gangolfs Bootsschuhe waren ihr wesentlich zu groß, und ihre ausgetretenen Chucks hielt sie für unpassend. Die schwere Hausarbeit gewohnt war es für sie keine besondere Anstrengung, das Boot in der einen Hand, das Paddel und den wasserdichten Beutel mit der Trinkflasche in der anderen zu dem Steg hinunterzuschleppen.

Wie in dem Buch beschrieben stieg Magda in das Kajak und war erstaunt, daß diese Prozedur einfacher erfolgte, als in der Anleitung beschrieben stand. Vorsichtig stieß sie sich von dem Steg ab und wartete, bis sie mit dem Kajak etwas weiter weg getrieben wurde. Dann wagte sie den ersten Ruderschlag und versuchte sich, genau daran zu halten, wie sie es in der Trockenübung auf dem Küchenhocker gelernt hatte.

Es blieb nicht aus, daß Magda Bögen fuhr und in Schlangenlinien den Kanal entlang paddelte, einmal stieß sie auch auf das Ufer, indes steigerte sich ihre Freude von Minute zu Minute. Als sie an die Mündung zu dem Röthener See kam, hörte sie eine Weile mit dem Paddeln auf und genoß den herrlichen Ausblick über die glatte Wasserfläche.

- „Das ist also die geheimnisvolle Insel“, sagte sie sich, doch Magda beschloß, nicht weiter auf den See hinauszurudern, um nicht doch noch von jemanden dort entdeckt zu werden. In einem großen Bogen ruderte sie in den Kanal zurück, welcher im Schatten des dichtem Bruchwalds besäumt lag. Immer mehr machte sich der Kaffee bemerkbar, den sie unmittelbar vor ihrem Aufbruch reichlich genossen hatte, und sie beschloß, an den Steg zurückzurudern, um an Land sich zu erleichtern. Was sie indes nicht bedachte war der Umstand, wie umständlich die Verrichtung der Notdurft in dem festumschlingenden Neoprenanzug vonstatten ging. Sie überlegte sich, ob sie nicht lieber gleich zurück in das Haus gehen sollte, doch gewann die Lust Oberhand, den Kanal weiter hinunter zu paddeln.

Als sie sich schließlich ihrer Notdurft entledigt und sich anschließend wieder in das enge Neopren verpackt hatte, zwängte sich Magda mit großer Freude erneut in die Plastikschale, sie liebte es, mit den Sohlen ihrer Trekkingschuhe die Fußrasten zu spüren, sie genoß das Gefühl des Eingespanntseins in der schmalen Hülle des Schiffsrumpfes, ihre Sehnsucht nach unentrinnbarer Geborgenheit brachte sie an den Rand der Ekstase.

Immer gleichmäßiger erfolgten ihre Ruderschläge, immer unbewußter liefen Arm- und Rumpfbewegungen ab, Magda schweifte im Gedanken ab, sie war wieder bei dem Brunnen, dieser übte eine unsägliche Magie auf sie aus, ein unbegreifliches Verlangen. Erst als sie nach etwa zwei Kilometern aus dem Schatten des Waldes herausgekommen war und vor sich eine Brücke über den Kanal wahrnahm, kehrten ihre Gedanken zurück an die Gegenwart des Daseins, wie die rote Spitze des Kajaks das Wasser vor ihr teilte, wie gelegentlich Spritzer auf dem Neoprenanzug landeten.

-„Ich kehre jetzt lieber um“, sagte sie sich, denn Magda wußte von ihren Fahrradausflügen, daß bei der Brücke eine Schleuse lag, die sie nicht passieren wollte. Sie fürchtete, dort leicht gesehen zu werden. Das Wenden fiel ihr in dem verhältnismäßig schmalen Kanal schwerer als auf dem See, sie blickte nochmals zurück, im Hintergrund gewahrte sie einzelne Häuser von Holzbuch, jene Ortschaft, die ihr bei ihren Fahrradfahrten auf Anhieb gefallen hatte.
- „Irgendwann fahr’ ich bis dorthin“, gelobte sie, „wenn die blöde Ausgangssperre aufgehoben wird.“

Was Magda indes nicht gedacht hatte war die Tatsache, daß ihre erste Bootstour auch ihre letzte gewesen sein würde. Voll der Begierde, aufgewühlt von Lust, stieg sie, kaum daß sie das Kajak wieder ordentlich in die Scheune gebracht hatte, in den Brunnen hinab.


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Es wird noch spannender. Und tatsächlich hattest Du mich mit der Kanufahrt auf eine laut letztem Satz falsche Fährte gelockt. Chapeau!
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M A G N U S
Stamm-Gast

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Warum nur wollen immer alle frei sein!

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  RE: Falsche Fährte! Datum:30.05.23 11:36 IP: gespeichert Moderator melden


In der Tat bin ich selber immer wieder überrascht, was ich mir da alles vor zwei Jahren ausgedacht hatte; die Details habe ich größtenteils vergessen.
Ich wünsche weiterhin gute Unterhaltung!

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latexmonster
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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:30.05.23 22:29 IP: gespeichert Moderator melden


Nun hatte ich diese wunderbare Geschichte bisher verschlungen und bisher nur still mit gelesen - aber sollte sie sich jetzt tatsächlich schon bald dem Ende zuneigen? Hoffentlich ist das nicht so und es kommen noch viele spannende Fortsetzungen…
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M A G N U S
Stamm-Gast

Erlangen


Warum nur wollen immer alle frei sein!

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  RE: Dem Ende zuneigen Datum:31.05.23 21:46 IP: gespeichert Moderator melden


Es freut mich, liebes Latexmonster, daß Dir die Geschichte gefällt, obschon ein Kleiderfetisch kaum eine Rolle spielt: Nur sehr am Rande werden Gefühle angeregt bei der Berührung mit dem Neopren-Stoff, vielleicht wird auch ein leichter Schuh-Fetisch wahrgenommen.

Zu der Befürchtung eines baldigen Endes: Alles auf Erden hat irgendwann ein Ende, auch die wahren Monster-Geschichten hier im Forum; neugierig bin ich, wie lange noch die Galeere von den Rudersklavinnen bewegt wird und wann die Despotin Megara ihr Ende finden wird.

Immerhin steuert die Handlung auf einen Höhepunkt zu, nachdem monatelang die Sache mit dem Brunnen nur sehr vage angedeutet wurde!

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SCHWESTER ANNIKA
Stamm-Gast

Austria


alles bleibt besser

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  RE: DER SCHREI AUS DEM BRUNNEN Ein erotischer Kriminalroman zu Zeiten des Condomaviruses Datum:31.05.23 22:10 IP: gespeichert Moderator melden


hallo, ja die Galeere wird noch länger von den Rudersklavinnen bewegt werden...

Gruß Schwester Annika
gerne trage ich eine Krankenschwestern-Diensttracht
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