Autor |
Eintrag |
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:11.10.19 18:39 IP: gespeichert
|
|
~ LXXV ~
Mr. Iceberg hatte ein Apartment in einem Skyhabitat in Atra-City erworben, 200 Quadratmeter groß, im 75. Stockwerk gelegen und luxuriös ausgestattet. Die Gegend war nicht die beste, aber dafür war der Kaufpreis entsprechend günstig gewesen, den der windige Makler ihm offeriert hatte. 30 der insgesamt 110 Etagen waren mit anonymen Wohneinheiten belegt. Hier konnte Artus Iceberg ein neues Leben beginnen. Und so lange er über finanzielle Mittel verfügte, würde es ihm hier an nichts fehlen. Er brauchte theoretisch das Habitat nicht mehr zu verlassen. Die Infrastruktur des Gebäudes bot jegliche Dienstleistung.
Das wie ein fünfzackiger Stern in seinem Grundriss geformte Bauwerk befand sich zwar in einem besonders zwielichtigen Außenbezirk von Atra-City, aber ein hauseigener Securitydienst sorgte dafür, das kein Unbefugter die heiligen Hallen betrat. - Inoffiziell war die Metropole in diverse Bezirke aufgeteilt, die jeweils von einer Unterweltorganisation verwaltet wurde. Hier herrschte die Noxius-Bruderschaft. Viele der hier Wohnenden gehörten ihr an oder waren geschäftlich mit ihnen verbunden. Mitglieder anderer Vereinigungen wurden nicht geduldet.
Der Ex-CEO hatte sich ein dekadentes Luxusfestmahl munden lassen, wozu auch ein 44 Jahre alter Rotwein eines Edelweingutes auf Colonia Agricultura gehörte, und bediente nun per Gestensteuerung sein großes Panoramafenster, das mit einer Zoomfunktion ausgestattet war, damit man aus seiner gemütlichen Behausung heraus auf die arme Bevölkerung vor dem Habitat blicken konnte. Zuvor hatte das Fenster eine romantische Wald- und Wiesenlandschaft voller Sonnenschein und Blumen dargestellt; jetzt zeigte es die Realität: einen düsteren Himmel, aus dem saurer Regen tropfte.
Icebergs Wohneinheit lag in einer abgerundeten Spitze der sternförmigen Bauweise, so dass er über einen 270-Grad-Panoramablick verfügte. Im Westen lag das Zentrum von Atra-City mit noch höheren Skyhabitaten. Im Norden war ein Armenviertel mit primitiven Wellblechhütten und alten Industrieanlagen zu sehen. In östlicher Richtung erstreckte sich linker Hand eine Solarplantage mit Kollektoren, rechts davon schloss sich ein Industripark an, der aus diversen Fabriken und Fördertürmen bestand, die Erze und andere Rohstoffe aus dem Boden holten.
Atra Mundo verfügte über große Vorkommen von Erdöl. Die Nachfrage danach war in der VA allerdings seit Jahrzehnten kaum noch vorhanden, aber auf Atra Mundo gab es noch industrielle Anlagen, die mit Verbrennungsmotoren angetrieben wurden, so dass ein Eigenbedarf bestand. Durch das General-Embargo gab es eh keine Im- oder Exporte. - Mr. Iceberg zoomte auf eine Magnetbahn, die ihre besten Tage wohl schon hinter sich hatte, die vollgestopft war mit Arbeitern in zerrissener Kleidung. Sie waren auf dem Weg aus ihren Slums in die Fabriken. Zwölf-Stunden-Tage waren die Norm. Leben konnten sie davon kaum. Er hatte in einer Datenbank nachgelesen, wie exorbitant hoch die Beschaffungskriminalität in den Slums war. Es ging selten um Drogen, sondern oft nur darum, den Magen mit Nahrung zu füllen.
Einige wenige Arbeiter – davon circa 80 Prozent weibliche – schreckten auch nicht davor zurück, sich für Liebesdienste anzubieten. Natürlich hatte für solche Vergnügungen niemand aus den Slums genug finanzielle Mittel, aber für solche Dienstleistungen durften einige akkreditierte Personen Habitate der Reichen und Schönen betreten. Dort lebte die Kundschaft. - Iceberg beendete die Zoomfunktion gerade eine Sekunde zu früh, um einen Tumult in der Magnetbahn zu bemerken, der durch einen Taschendieb entstanden war und zu einer Massenprügelei führte – nichts Ungewöhnliches in der Arbeiterbahn.
Auf dem Fenster erschien stattdessen ein Newsfeed, der aktuelle Nachrichten aus Politik und Wirtschaft aufführte, und dann die meteorologischen Außenwerte angab: Warnung vor ungeschütztem Aufenthalt im Freien. Der ätzende Regen konnte Haut- und Atemreizungen erzeugen, die UVA-Strahlung erreichte einen kritischen Wert der 4,7-fachen Dosis der Standardwerte, und eine Wolke aus ionisierender Strahlung überzog in den nächsten Stunden Atra-City, der man möglichst aus dem Weg gehen sollte, wollte man sein Leben nicht um 20 Jahre verkürzen. Dazu kamen tabellarisch aufgeführte Schadstoffe, die sich in der Atemluft von Atra Mundo befanden. Ihre Werte fluktuierten zwar, waren aber permanent viel zu hoch: Ammoniak, Ozon, Benzol, Feinstaub, Kohlenmonoxid, Schwermetalle wie Blei und einiges mehr, was man nicht in seinen Lungen haben wollte.
Iceberg fragte sich, wie hoch die Lebenserwartung der Arbeiter war, die diesem Giftcocktail tagtäglich ausgesetzt waren. Er aktivierte einen Wandspiegel und betrachtete sich: Äußerlich erinnerte nichts mehr an den CEO von Bionic Industries. Er hatte in den Datenfeeds Videos von der Verstaatlichung des Konzerns gesehen. Nach der Affäre mit dem illegalen Feldversuch der LA667R/222-Androidenreihe mit experimenteller Künstlicher Intelligenz, da war das nicht überraschend gekommen. Er war froh, weit weg zu sein. Und zu allem Chaos prognostizierten die Politikprogramme eine bevorstehende Invasion des Alpha Dominions. Iceberg seufzte. Entweder übernahmen die Maschinen die Macht über alle humanoiden Welten, oder die Lebensformen aus dem AD herrschten demnächst über die Menschen. Schöne neue Welt!
Er würde sich noch ein angenehmes Leben machen, so lange es möglich war. Er trat zu einem weißen Panel und klickte auf einen grünen Punkt. Die Wand fuhr zur Seite und öffnete einen überdimensionalen Kühlschrank, voll mit erlesener Feinkost. Trotz der opulenten Auswahl fehlten ihm einige Lieblingsgetränke und Nahrungsmittel. Auf einem Touchpad erfasste er seine Wünsche. Das Programm versprach Lieferung innerhalb eines Tagesablaufs. Iceberg überlegte. Betrug der hier auch 24 Stunden wie der terrestrische Standard in der VA? Er hatte in Erinnerung, dass der Tag auf Atra Mundo 26 Stunden hatte. Aber vielleicht täuschte er sich auch. Er nahm sich eine Tüte mit karamellisierten Nüssen aus einem der Fächer und kippte sich eine Fuhre nach der anderen in den Mund. Als Herkunftsort stand auf der Verpackung: Colonia Agricultura. Er fragte sich, wie die vielen Produkte importiert werden konnten, denn die Sanktionen der VA verhinderten dies – zumindest offiziell.
Iceberg scrollte durch die aktuellen Animationsfilme des Entertainmentprogramms, fand aber nichts, was ihn interessierte. Er zog sich einen Kurzmantel über und verließ sein Apartment, um das gewaltige Habitat zu erkunden. Hier funktionierten DNA-Schlösser, so dass er keine Magnetkarte mit sich nehmen musste. Er hörte, wie hinter sich die Eingangstür zuklackte und einen Piepston abgab. Auf dem Laufband kam er zügig die endlos erscheinenden Korridore entlang zu einem Lift. Ein holografischer Wegweiser zeigte an, was sich auf welcher Etage befand. Iceberg konnte mit dem Finger von einer Etage zur nächsten wischen: Gastronomie, Einkaufszentrum, Casino, Technisches Handwerk, Verwaltung, Travelorganisation, medizinische Abteilung, Wellness und Sport, Entertainment, Datenzentrum.
Er tippte diverse Felder an, um Details aufzurufen. Unter „Travelorganisation“ zum Beispiel verstand man die Dach- und Balkonlandeplätze, von denen man mit Quadrocoptern zu anderen Habitaten oder Orten auf Atra Mundo fliegen konnte. Fast sämtliche Logistik wurde per Luftverkehr durchgeführt, um die Gefahr eines Überfalls zu minimieren. - Hinter dem Tastenfeld „Entertainment“ verbarg sich ein immenses Angebot an Unterhaltung. Auch Erwachsenenamüsements gehörten dazu. Iceberg lächelte. Nach der geilen Nummer in dem Hotel vor einigen Tagen, hätte er durchaus wieder Interesse an jungem Frischfleisch. Er tippte auf den kryptischen Unterpunkt „Lustbarkeit“. Es falteten sich mehrere Felder auf: interaktives Holo, Voyeurcam, Virtual Reality Suit, Specials. Iceberg sinnierte: Was konnte Specials heißen? Sollte er das Feld aktivieren?
Er drückte drauf, aber nichts geschah. Das Touchpad gab nur Informationen über die Dienstleistungsstruktur wieder. Buchen musste er in der entsprechenden Abteilung, um mit seiner DNA zu bezahlen. Also fuhr er mit dem Lift in den Entertainmentbereich. - Als er an den Empfang kam, dachte er im ersten Augenblick, eine Androidin vor sich zu haben, aber dann fiel ihm ein, dass auf Atra Mundo keine Cyborgs oder Androiden eingesetzt wurden. Die Frau war stark geschminkt, und ihre Haut wirkte aufgedunsen wie durch zu viele kosmetische Optimierungen, Auch ihre Augen glänzten merkwürdig wie durch einen Beautyfilter erzeugt. Aber vielleicht wirkte es nur durch den transparenten Visor so, den sie trug. Die Brüste waren verhältnismäßig groß, die Taille dabei in einem Korsett so eng zusammengeschnürt, dass er sich fragte, ob die Frau noch alle Rippen hatte.
„Einen charmanten Tag! Was darf ich für Sie tun?‟ Sogar ihre helle Stimme wirkte aufgesetzt und irgendwie steril. Iceberg räusperte sich. „Ich äh, suche zum Thema Lustbarkeit etwas.‟ Die Frau lächelte unverbindlich. „Erotikbereich? Möchten Sie passiv oder interaktiv sein?‟ Iceberg merkte, wie seine Stimme vor Nervosität heiser wurde. „Kann ich auch Besuch bekommen?‟ Plötzlich änderte sich der Gesichtsausdruck der Frau. „Warum sagen Sie das nicht gleich? Was suchen Sie speziell?‟ Iceberg fühlte ein Kratzen im Hals und räusperte sich umständlich. „Eine... weibliche... Begleitung?‟ Die Frau legte ihr Headset ab und tippte auf einem Tablet herum, das sie unter der Theke liegen hatte. „Weiblich... Weiter?‟ Iceberg sah sie fragend an. Die Frau zählte auf: „Optik? Alter? Spezielle Merkmale? Vorlieben?‟ Iceberg staunte. „Das kann ich mir alles zusammenstellen lassen?‟ Bei Androidinnen würde das sicherlich kein Problem bereiten, aber hier gab es nur Humanoide. Hatten die so viele „Angestellte‟, dass die Auswahl so groß war?
Er fing an: „Nun... So 20 bis 25 Jahre wäre gut. Äh, lange Haare, schlank. Na ja, sie sollte Erfahrung haben damit, wie man einen Mann... verwöhnt.‟ Die Frau tippte und zuckte mit den Achseln. „Kein Problem. Ist ja nicht gerade ausgefallen.‟ Sie schüttelte amüsiert den Kopf. „Vor ein paar Wochen war einer hier, der wollte...‟ Sie winkte ihn zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Iceberg spürte, wie ihm sein Mageninhalt hochkommen wollte. Die Frau meinte ungerührt: „Tja, auch das haben wir besorgen können. Hat natürlich extra gekostet.‟ Sie sah ihn an. „Sie können doch zahlen?‟ Iceberg nickte. Die Frau verlangte Vorkasse und scannte die DNA an der Haut seiner rechten Hand. Schon war ein Betrag anonym überwiesen. In zwei Stunden würde die Besucherin eintreffen. Drei Stunden hatte er mit ihr gebucht. Die Frau bot an, ihm ein Foto zu zeigen, aber Iceberg wollte sich überraschen lassen. Eine echte Humanoide! Keine Androidin und erst recht keine Simulation.
Keine fünf Minuten später erhielt eine junge Frau mit langen brünetten Haaren, die einen schmutzigen Arbeitsoverall trug und an einem Fließband in einer düsteren Halle Metallteile zusammensetzte, Besuch von ihrem Vorarbeiter. „Ey! Marina! Komm mal her!‟ Die Frau wischte sich die ölverschmierten Finger an einem nicht viel saubereren Lappen ab und kam zu dem Mann. Er erklärte ihr, dass ihre Schicht für heute beendet wäre. „Du bist in zwei Stunden gebucht. Für drei Stunden. Habitat Star 3, Apartement 75-1365. Geh dich waschen und schminken und umziehen. Denk dran: 60 Prozent für mich, weil ich dir das ermögliche. Gib dir Mühe, Mädchen!‟ Verschüchtert eilte sie durch ein verdrecktes Stahlschott davon. Sie war voller wirrer und ambivalenter Gefühle. Eine kostbare H2O-Dusche, Seife, Parfüm, saubere Kleidung... Aber dann... Die Kleider gehörten ihr natürlich nicht.
Der Vorarbeiter und sein Cousin, der sie zum Habitat bringen würde, hatten für insgesamt acht junge Frauen sexy Outfits besorgt. - Eine halbe Stunde später stieg Marina in die langen Seidenstrümpfe und den Latexbody, zog darüber noch ein Korsett und ein Röckchen, ein Halsband und Overkneestiefel. Sie hatte lange üben müssen, um darin stolzieren zu können. 15 Zentimeter hohe Absätze benötigten Training. Ihre brünetten, gelockten Haare hatte sie locker zusammengebunden, so dass sie auf dem Rücken lagen. Mit einem Handgriff konnte sie das Band lösen und ihre Mähne schütteln.
Es war keine Tätigkeit, auf die sie sich freute. Aber sie verdiente damit mehr, als sie es jemals mit der Fabrikarbeit tun würde. Außerdem: Hatte sie eine Wahl? - Die größte Angst war, an einen gewaltigen Typen zu geraten. Erniedrigen konnte man sie nicht. Nicht mehr. Aber Schmerzen wollte sie nicht erleiden. Und doch wusste sie, dass sie dem Kunden gefallen musste und ihm jeden Wunsch erfüllen würde, damit er sich nicht über sie beschwerte. John, der Cousin ihres Chefs, fuhr sie mit seinem gepanzerten Geländewagen zum Eingang des eingezäunten Habitatgrundstücks. Männer in schwarzen Securityuniformen, schwer bewaffnet, standen bereit, jeden Versuch eines gewaltsamen Durchbruchs zu unterbinden. Der Pförtner las die DNA der Personen. Anschließend zahlte John eine „Gebühr‟. Dann durfte Marina aussteigen und zum Haupteingang im Erdgeschoss des riesigen Gebäudekomplexes staksen.
Sie trug einen langen Mantel über ihrem aufreizenden Dress, um nicht unnötig aufzufallen. Gerade rechtzeitig erreichte sie die Drehtür, bevor ein Hagelschauer vom dunklen Himmel herabstürzte. Am Empfang meldete sie sich an und wurde dann zu einem Lift geschickt. Marina fuhr in den 75. Stock und lief den langen Korridor entlang. Zu ihrer Erleichterung gab es hier Laufbänder, so dass sie nicht so viele Schritte machen musste. In diesem Flügel von Star 3 war sie bisher nie gewesen. Hier wohnten nur wenige Mitglieder der Noxius-Bruderschaft, sondern in erster Linie Migranten aus diversen Welten der Vereinigten Allianz. Das konnte alles und nichts bedeuten. Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartete.
Bald erreichte sie das Apartment 1365. Die Türen sahen alle gleich aus, und die Nummerierung wurde von einer neongrünen Leuchte wiedergegeben. Sie berührte kurz die Oberfläche, um ein Signal zu senden. Icebergs Puls erhöhte sich. Sie war da! Mit einer Geste öffnete er die Wohnungstür. Wow, konnte er nur denken. Was für eine Granate! Und die kam aus den Slums? War wohl voher gehörig gewaschen worden. „Komm rein.‟ Er fragte nicht danach, wie sie hieß. Sie würde eh irgendeinen Fantasienamen nennen. Weil er keine besonderen Wünsche angemeldet hatte, spulte sie das 08/15-Programm ab. Doch das war alles andere als langweilig.
Marina verstand es, einem Mann einzuheizen. Jede Geste, jede Mimik, jede Bewegung mit ihrem Body war erotische Choreografie vom Feinsten. Iceberg war schon nach der ersten Stunde bedient, aber die Liebesdienerin schaffte es, seine Lust erneut zu entfachen und zu sättigen, ein drittes Mal zu entfesseln und wieder zu füttern und zu nähren... Die drei Stunden waren vergangen wie im Fluge. Iceberg betrachtete die Frau mit glasigen Augen, bewundernd, staunend, zufrieden. Marina zog sich wortlos den Mantel über und wollte gehen. Ihr Freier hielt sie am Handgelenk fest. „Warte!‟ Er zog sich einen Slip an und stand auf. „Hast du Hunger? Möchtest du irgendwas?‟ Er hätte auch einen Dilithiumstreifen, aber er vermutete zu recht, dass ihr „Boss‟ ihr den wieder abnehmen würde. Marina überlegte. Das hatte ihr noch nie ein Kerl angeboten. Zögerlich nickte sie.
Sie hatte in der Tat ein Magenknurren. Die karge Kost, die ihr zu Hause zur Verfügung stand, war Galaxien entfernt von dem Reichtum der Nahrungsauswahl, die es im Habitat gab. Iceberg öffnete zischend die Kühlschranktür und bot ihr die freie Auswahl. „Du kannst dir auch etwas warmmachen.‟ Marina griff fast wahllos nach Produkten und futterte sie in sich hinein. Iceberg staunte nicht schlecht. So eine dünne Frau konnte so viel verputzen? Schließlich verabschiedete sich die Frau scheu. Ihr Verhalten passte so gar nicht mehr zu ihrer selbstbewussten Erotikdarbietung.
Der Mann fühlte sich befriedigt und entspannt. Wunderbar! So günstig so eine Nummer schieben... Und was für eine! Das Preis-Leistungsverhältnis ließ sich mehr als sehen, kam der ehemalige CEO zu einem positiven Fazit. Sollte er nun in seinem Gelbett liegen, Musik hören und die Massagefunktion einstellen? Oder sich lieber ins Getümmel im Entertainmentbereich stürzen? Es gab reichlich Showangebote, die für Kurzweil sorgten. Die Veranstaltungen streamten ihre Vorstellungen auch, aber Iceberg wollte live und in persona dabei sein. Er zog sich um und spazierte zum Lift.
Die Studios für die Shows breiteten sich auf einem gesamten Stockwerk von Star 3 aus. Iceberg informierte sich über einen Touchscreen über das Angebot des heutigen Tages: eine Quizshow, eine Sportveranstaltung mit „Os-Frangi‟-Athleten, die sich in der waffenlosen Kampfsportart, die eine Mischung aus Ringen, Blocktechniken und Schlägen bot, maßen, dann ein Wettbewerb in diversen Virtuality-Games, eine Kuppelshow, bei der die Partner jeweils auf perfide Art in Versuchung geführt wurden, und dann war da noch „Castitas oder Luxuria – die ultimative Show‟. Das hörte sich interessant an. Castitasschellen waren doch diese Keuschheitskäfige, erinnerte er sich, die vom Planeten Regina kamen und inzwischen auch in feministischen Matriarchaten in der VA genutzt wurden.
Er folgte den holografischen Wegweiserpfeilen und setzte sich zu etwa zweihundert anderen Zuschauern in den dunklen Publikumsraum. Vor ihm war eine Bühne grell ausgeleuchtet. Anfangs kämpften zehn Kandidaten gegeneinander, die sich aus den Slums rekrutierten. Die Männer trugen nur knappe schwarze Latexshorts. Sie traten in diversen Disziplinen an. Die glitschige Treppe, Boxen mit Schwindel, Dildo-Eiswettlutschen, Spanking mit simultanem Singen des Delinquenten, im Zweierteam Wettlauf auf allen Vieren mit reitender Person und Gerte, Seilschwingen über heißem Wasser, der Stromstuhl. Es gab beinahe wöchentlich neue Spiele.
Nach und nach schieden die Kontrahenten aus und wurden in Castitasschellen geschlossen. Nur der Gesamtsieger erhielt eine hohe Prämie und durfte das Slum für immer verlassen. Die Castitasschellen würden erst nach zehn Jahren geöffnet. Noch hatte das aber niemand erlebt, denn die Show gab es erst seit acht Jahren, und die verringerte Lebenserwartung in den Slums sorgte für das Übrige. Die kurzweilige Unterhaltung ließ Iceberg für einen Moment seine Gedanken an die losgelassenen Androiden mit dem gefährlichen evolutionären Programmmodul vergessen.
Animus hatte sich als Erzpilot wieder eingelebt. Er flog zwar nicht die alte Magna Nuntia, die wegen umfangreicher Reparaturen in der Werft lag, aber er hatte als Co-Piloten Ricky McCoy dabei, den er schon damals nicht leiden konnte. Vielleicht war es einfach nur ein Schwanzvergleich wegen Flosa, aber die Männer mussten nun zusammenarbeiten und erfüllten ihre Aufgaben professionell. Arbeit war Arbeit, und Schnaps war Schnaps. Privat würden sie sich eher aus dem Weg gehen.
Animus betätigte einen Sicherheitsschalter, um die Triebwerke starten zu können. „Systemcheck?‟ McCoy tippte auf einem Touchpad. „Alles OK.‟ Animus klackte eine Reihe von fünf Schaltern herunter. „Status Hilfstriebwerk?‟ McCoy las die Daten aus. „91 Prozent...95...99... 100. Vollschub möglich.‟ Der Pilot startete den Reaktorantrieb. Das Schiff löste sich vom Boden. Die Stützrampen fuhren ein. Langsam gewannen sie an Höhe, bevor Animus das Haupttriebwerk zünden konnte. Mit dem neuen Schiff der Prospect Enterprises würden sie zwar nur die Hälfte der Ladung transportieren können, waren aber trotzdem schneller. Und sicher unterwegs, wie Animus erfreut festgestellt hatte, als Mr. Carthy ihm das Schiff vorgeführt hatte. Die Eisen-Wolfram-Legierung und eine hochmoderne Nanoschicht der Pilotenkanzel sorgte für Schutz der Besatzung auch bei schweren Unfällen.
Trotz der inzwischen auch in zivilen Kreisen bekannt gewordene Gefahr einer Invasion aus dem Alpha Dominion war Prospect Enterprises noch unverändert auf Regina tätig. Und das sollte auch bis zum Kriegsausbruch so bleiben, hatte der Konzernchef betont. Zu einem Plan B hielt er sich bedeckt. Wollte er die Firma nach Pax Novo oder Beta Patria verlegen? Dazu müssten dort genug Erzminen existieren. Doch diese Form der Bodenschatzförderung hatte keine Zukunft. Nur Helium 3 war noch suffizient zukunftsorientiert, um in das Geschäft einzusteigen. Aber viel wahrscheinlicher war es, dass Prospect Enterprises zerschlagen würde.
Das waren alles Dinge, auf die Animus als kleiner Angestellter keinen Einfluss hatte. Er machte seinen Job und würde, sobald die AD vor der Tür stand, emigrieren und in ein weit entferntes Sol-System reisen. Erst von Regina zum Pugnator gemacht, dann als VA-Armeeangehöriger gedient – er hatte genug von militärischen Einsätzen. - Inzwischen war das Schiff auf Flughöhe für das Haupttriebwerk. Auf einem holografischen Screen vor seiner Kanzelscheibe las er die Daten der Fluganalyse. Die Wetterlage verlangte die Aktivierung der Stabilisatoren am Schiffsrumpf. Auf der Magna Nuntia wären die Männer nun ordentlich durchgeschüttelt worden; auf dem modernen Frachter war bis auf ein dezentes Vibrieren nichts zu spüren.
Gravis hatte sich derweil von der multipelen Zwangsentsamung erholt. Mehrere Tage lang hatte er seinen Phallus geschont, bevor er selbst Hand anlege. Inzwischen konnte er seine Ejakulation wieder genießen und war froh, dass der „Spezialist‟ ihn von der konvexen Castitasprothese befreit hatte. Jetzt musste er nur noch einen Weg finden, um die Nanoelektroden an seinen Hoden loszuwerden. Mr. Carthy hatte ihm freundlicherweise zwei Hightech-Audifone besorgt, die Gravis nun im Mittelohr trug. Diese kleinen Geräte waren mit einer intelligenten Software ausgestattet und überdeckten Schimpfwörter einfach mit weißem Rauschen – solange sie auf der Programmliste standen, aber das waren mehr, als das Munus Universe 100 kannte und in Strafimpulse umsetzte. Selbst seine eigenen ausgesprochenen Fäkalausdrücke hörte er nicht mehr. So frei hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt!
Er ging zufrieden seiner neuen Arbeit im Securitybereich von PE nach und absolvierte seine Trainingseinheiten im Gym, wo er stets von den anderen Männern bestaunt wurde. Jetzt erinnerte ihn kaum noch etwas an seine unfreie Zeit als Custos oder Spielzeug der Praefecta Audaxa, die seinen Körper auf Fortuna für ihren Muskelfetisch noch weiter hypertrophieren hatte lassen, bis er 175 kg wog. Die beiden großen Brustringe trug er mittlerweile freiwillig, und für eine Laserbehandlung seines Hinterns, um das Familienwappen der Audaxa zu entfernen, hatte er einfach noch keine Zeit gefunden.
Er hatte gerade im Gym Tonnen von Eisen gestemmt – er liebte die alten Harcore-Studios, nicht diese modernen Magnet- oder Bar-Geräte, war duschen gegangen (eine echte H2O-DUSCHE) und kam nun nackt und frisch rasiert aus dem benebelten Raum, um sich frische Sachen anzuziehen. Mit einer Geste der Hand aktivierte er den Newsfeed an der Wand. Sichtlich besorgt berichtete ein Pressesprecher der Armee von konkreten Schiffsbewegungen am Rand der VA aus Richtung Alpha Dominion. Ein Balken mit Laufschrift blinkte unten an der Darstellung und informierte, dass die Armee in Alarmbereitschaft gesetzt worden war. Die groß angelegte Invasion war also tatsächlich angelaufen.
Gravis schaltete von einem Kanal zum nächsten. Experten redeten durcheinander, Nachrichtensprecher zitierten die Regierung, es wurden Verhaltenstipps für die Bevölkerung gegeben. Grafiken zeigten die Bündnisse und den mutmaßlichen Frontverlauf. Letzte diplomatische Kontakte mit einem Sonderbotschafter sollten eine Aggression verhindern. Doch schon jetzt dachte man offen über eine Evakuierung von Regina nach. Munuswesen und Feministinnen im Untergrund wurden davon ausgeschlossen. Die VA mobilisierte mehr und mehr Schiffe auf den Planeten. Die Majorität war noch im Orbit von Mare Mutus geparkt. Aber der Hohe Rat auf Beta Patria hatte die klare Richtlinie herausgegeben, dass Regina nicht in die Hände des Feindes fallen durfte.
Der Muskelmutant versuchte Animus zu erreichen, der unterwegs zu einer Erzmine war, doch die Frequenzen waren blockiert. Das Militär hatte sie übernommen. - Späherschiffe der VA, die ins AD eingedrungen waren, galten als verschollen. Vermutlich waren sie gekapert worden. Nun blieben nur noch die transstellaren Hochleistungsabhöreinrichtungen auf Beta Patria übrig, um die feindlichen Bewegungen zu erkennen. Die meisten davon bildeten eine gewaltige Phalanx aus pentagonalen Bipyramiden im Orbit des Planeten innerhalb einer militärischen Sperrzone.
Eine Stunde später kontaktierte Mr. Carthy seinen Vorstand, um über die Zukunft des Unternehmens zu sprechen. Es war eine eilig einberufene Krisensitzung. Wie konnte die wertvollste Hardware zügig und sicher transportiert werden? Welche Logistik war nötig, um die Lager mit den verarbeiteten Stoffen zu leeren? Den größten Wert der Firma stellten Daten und Formeln dar, die leicht codiert transferiert werden konnten. Mr. Carthy glaubte nicht mehr daran, dass die AD noch aufgehalten werden konnte. Man munkelte von unvorstellbaren Cyborgmassen und einer nie dagewesenen Flotte neuester Angriffskreuzer.
Wenn er noch einige Tage länger wartete, konnte es sein, dass die Regierung seine Frachter konfiszierte, um damit Personen auszufliegen. Doch dann würde die sämtliche Produktion in die Fänge des AD fallen. Er musste eine Entscheidung treffen. Die Produktion war wichtig, um Prospect Enterprises zu retten. Dann würden noch maximal die Angestellten der Firma Platz an Bord finden – selbstverständlich ohne Gepäck. - Im Hauptgebäude des Unternehmens sprach sich schnell herum, dass etwas im Busch war. Wie viele Leute würden ihren Job verlieren? Und dann war offiziell: Geräteparks, Robotunits, Maschinen und Rechneranlagen wurden demontiert und verpackt. Die voluminösen Erzmodule füllten sich mit Containern und Kanistern, Fässern und Transportboxen. Die Security hatte dabei viel zu tun, damit nichts von der wertvollen Fracht verschwand. Gravis beäugte dabei die Arbeiter, die die Laderoboter bedienten, als wären sie der Feind.
Nur drei Tage später war die Kolonne aus mehreren Schiffen bereit für den definitiven Abflug. Mr. Carthy tippte die Countdownaktivierung der Detonationsmikrosprengsätze ein. Im Nachhinein sollte das AD nicht in den übriggebliebenen Anlagenteilen Wirtschaftsspionage betreiben können. Außerdem sollte die Infrastruktur zerstört werden. Auf einem großen Monitor sahen Mr. Carthy und der Vorstand, wie das Gelände von Prospect Enterprises in sich zusammensog und eine gewaltige Staubkugel hinterließ. - Sie waren keinen Tag zu früh aufgebrochen, denn die Regierung begann mit den Evakuierungen der Bevölkerung nur wenige Stunden später. Breaking News verbreiteten die Hiobsbotschaft: „Feindkontakt! Wir sind im Krieg!‟
Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
Story-Writer
Beiträge: 3439
User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:17.01.20 18:15 IP: gespeichert
|
|
Hallo prallbeutel!
Hier tut sich seit Oktober '19 ja nichts mehr. "Ende" steht auch nicht drunter. Fehlen dir die Ideen?
Wann geht es weiter?
Lieben Gruß
Detlev Auf Wiederlesen
Detlev
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:20.03.20 18:40 IP: gespeichert
|
|
~ LXXVI ~
Das öffentliche Leben auf Beta Patria war zum Erliegen gekommen. Die Bürger hielten sich in Schutzhabitaten der höchsten Klasse IV auf. Die Regierung hatte Notfallgesetze erlassen und den Kriegszustand ausgerufen. Primäraufgabe war es nun, einen Defensivschirm aufrechtzuerhalten, um die Aggressoren des Alpha Dominions nicht in das Sol-System X94021-115-BP eindringen zu lassen.
Aber auch die Außensektoren der Vereinigten Allianz mit insgesamt 128 Milliarden Humanoiden musste verteidigt werden. Die alte Kolonie Regina mit ihrem Mond Fortuna war mit ihren Bewohnern bereits annektiert worden. Die im Untergrund lebenden Frauen der Adelskaste samt loyalen Munus und Rusticusarbeitern hatten die Usurpatoren unterstützt und einen schnellen Sieg möglich gemacht. Mr. Carthy war in letzter Sekunde geflohen und musste Teile der Infrastruktur seiner Firma Prospect Enterprises dem Feind überlassen. Die wertvolle Laboreinrichtung war von ihm vernichtet worden.
Die Frontlinie verlief zurzeit im Bereich des Planeten Litus Mundus, wo die VA einen großen Teil ihrer militärischen Kreuzer in den Raumhäfen angedockt hatte. Der Planet Mare Mutus war bereits in die Hände des Feindes gefallen. Aber das AD durfte unter keinen Umständen weiter in den Sektor eindringen. Insbesondere waren neben dem Regierungsplaneten Beta Patria auch die systemrelevanten Pax Novo mit der größten Wirtschaftskraft der VA sowie die Colonia Agricultura mit ihren Arkologien und Plantagen von essenzieller Bedeutung.
In dieses speziell abgeschottete Sol-System war eine kleine Kolonne von Regina unterwegs. Der gesamte Verband flog mit Thermalmaskierung, die ihre Signatur für Aufklärer des Feindes beinahe unsichtbar machte. Sie näherten sich mit Nominalgeschwindigkeit zwar ihrem Ziel, aber niemand konnte mit Sicherheit sagen, wie weit das AD bereits in den Raum eingedrungen war. Im führenden Raumtransporter kontrollierte Gravis als inoffizieller Sicherheitsoffizier des Frachters die einzelnen Lademodule des Schiffes. Einige Bereiche waren mit Sicherheitsstufe III belegt. Dort hatten nur wenige der Besatzungsmitglieder Zutritt. An einem Container leuchtete ein Holowarnhinweis: Achtung Dimethylquecksilber. Gravis stampfte in seinen derben Stiefeln den Korridor entlang, zu beiden Seiten standen Container aufgereiht. An der einen oder anderen Tür rüttelte er vorsichtig, um den Verschluss zu kontrollieren.
Am Ende des Frachtmoduls befand sich eine Sicherheitskonsole. Dort prüfte Gravis den Sauerstofflevel und scannte die Luft auf Schadstoffe sowie Radioaktivität. Zufrieden nickte er. „Alles im grünen Bereich.‟ Danach marschierte er zurück, zischend öffnete sich das pneumatische Schott als er auf den Türsensor drückte, und Gravis steuerte die Kombüse an, wo er sich ein Proteinkonzentrat mit Wasser mischte. Ein Angestellter von Prospect Enterprises sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Der Koloss trank die 1.500 ml innerhalb von 30 Sekunden.
Der Beobachter traute sich nichts zu sagen, aber insgeheim war ihm dieser Freak nicht ganz geheuer. Solche Monster sollten wieder versklavt werden, wie sie es unter dem Regina-Regime waren, so seine Meinung. Später tauschte er sich mit einem Kameraden aus. „Mortimer, dieser Gravis ist echt merkwürdig. Wie konnte Carthy dieses Monster einstellen? Guck dir mal an, wie der aussieht! Das ist eigentlich kein richtiger Humanoid.‟ Mortimer quetschte gerade seinen Mahlzeitenbeutel mit einem Nahrungskonzentrat aus. „Hast recht, Brad! Der Typ ist echt ein Ungeheuer. So ein Vieh gehört nicht in unsere Firma.‟
Mortimer grunzte unzufrieden. „Und der ist auch noch Sicherheitsoffizier geworden! Stell dir das vor!‟ Brad war empört. „Unfassbar! Dieses von Testosteron getriebene Tier müsste zumindest eine Castitasschelle tragen. Mit Strafimpulsfunktion, falls er mal austickt.‟ Mortimer nickte zustimmend. „Und stell dir vor! Dieser Riese hat sogar mal eine getragen, aber sie haben ihn befreit. Das hätte ich nie gemacht!‟ Brad nickte. „Ich auch nicht. Man muss ja auch mal an die Sicherheit für die weiblichen Angestellten hier denken.‟ Mortimer flüsterte. „Wir müssen was unternehmen. Der ist gemeingefährlich!‟ Brad hob die Schultern. „Aber was? Wir können ihn ja schlecht überwältigen.‟ Mortimer grinste. „Oh, doch! Der hat zwar Muskeln, aber du lenkst ihn ab, und ich komme mit einem Impulsstab von hinten.‟ Brad wirkte unsicher. „Das müssten wir machen, wenn er wieder auf Patrouille ist. Ganz weit unten im Frachtmodul. Da können wir ihn in einen Container sperren.‟ Mortimer grinste noch breiter und schlug seinem Kameraden auf die Schulter. „So machen wir es! Und dann zeigen wir ihm, wer hier das Sagen hat.‟
Brad rief den Dienstplan auf und legte sich eine automatische Erinnerung für den nächsten Rundgang des Sicherheitsoffiziers an. „Leider erst Morgen. Aber wir haben ja noch ein paar Tage, bis wir auf Beta Patria ankommen. - Aber wie sollen wir erklären, wo er abgeblieben ist? Die werden ihn suchen.‟ Mortimer lachte abgehackt. „Das lass mal meine Sorge sein. Dafür habe ich eine Lösung.‟
Mr. Carthy saß in seiner Kajüte mit seinem Piloten Animus zusammen, um sich sich die Zeit mit Strategica, einem virtuellen Strategiespiel, wozu die Spieler VR-Brillen trugen und mit Armbewegungen ihre Avatare in einer 3-D-Gitternetzdarstellung steuerten, zu verkürzen. Animus besaß den besseren räumlichen Überblick und die schnelleren Reflexe, die er sich als Pugnator angeeignet hatte, und führte so deutlich vor seinem Gegenspieler. Schließlich musste sich Mr. Carthy geschlagen geben. Der PE-Vorsitzende kehrte ins Pilotenmodul zurück und befasste sich lieber wieder mit Astronavigation.
Animus begab sich in seine kleine Kajüte, entkleidete sich und nahm eine UV-Dusche. In zwei Stunden begann seine Schicht als Pilot des Schiffes. Diese Aufgabe teilte er sich mit drei weiteren Schiffsführern. Als er in der spiegelnden Oberfläche der Wandpaneele sein nacktes Genital sah, griff er seinen Phallus und konnte der Versuchung nicht widerstehen, zu onanieren. Drei Tage war er abstinent geblieben, und jetzt musste es einfach mal wieder sein. Er genoss die Selbstbefriedigung und empfand doch sehnsüchtige Erinnerungen an Flosa.
Nach seiner Schicht trainierte er mit Gravis gemeinsam im kleinen Fitnessraum des Raumtransporters. Der Koloss zeigte ihm Übungen für Beine, Rücken und Brust sowie Bauch und Arme. Aber Animus kam sich neben Gravis mit seinen relativ mickrigen Gewichten irgendwie lächerlich vor und stieg schließlich lieber auf das Ergometer, während der massige Kamerad den Widerstand nicht groß genug wählen konnte. Animus meinte anerkennend: „Du bist echt eine Maschine!‟
Nach dem Schweiß treibenden Workout gönnte sich Gravis eine H2O-Dusche, die für jeden Passagier nur ein Mal in 120 Stunden zur Verfügung stand. Tägliches Waschen fand unter dem UV-Strahler statt. Der Gigant seifte sich ein und genoss die erfrischende Nässe auf der Haut, unter der sich die Muskelberge abbildeten. Um Bordzeit 1900 trafen sich alle Besatzungsmitglieder in der Messe. Auch auf den anderen Schiffen war dieser Zeitpunkt für das gemeinsame Abendessen vorgesehen. Als sich Gravis an den Aluminiumtisch setzte, stand Brad auf und nahm woanders Platz. Das schien jedoch niemandem aufzufallen. Den restlichen Abend zog sich Gravis in seiner Kammer zurück, um mit der VR-Brille einen interaktiven Kriminalfilm zu schauen. Er spielte die Rolle des Inspektors und musste einen Mordfall in einer Erzförderanlage einer Kolonie aufdecken.
Am nächsten Tag quetschte er sich wieder in seine Securityuniform, die für ihn aus hochelastischem Lycra hergestellt worden war. Die nächste Kontrolle im Frachtmodul stand an. Er machte sich auf den Weg. Unbemerkt folgten ihm zwei Männer durch das Schott und die Korridore. Bevor Mortimer bei Prospect Enterprises als Algorithmusprogrammierer arbeitete, war er einige Zeit bei der privaten Haftgesellschaft IPPC (Interplanetary Private Prison Corporation) als Controller im Sicherungsbereich der EDV tätig gewesen. Obwohl er nie direkten Zugang zu Insassen gehabt hatte, war er in den Besitz eines Impulsstabes mit Neurohacker gekommen. Die Defensivwaffe war nicht nur in der Lage Stromstöße abzugeben, sondern konnte eine Person durch Überladung des Nervensystems bewusstlos machen. Das wollte er nun bei Gravis anwenden, denn er wusste nicht, ob der Standard-Stromfluss intensiv genug wäre, um diesen Muskelgiganten zu dominieren.
Als Gravis das Ende des Hauptflurs erreicht hatte, prüfte er dort den Sauerstofflevel und die anderen Werte. Zufrieden wollte er sich gerade herumdrehen, da traf ihn die Spitze des Impulsstabes, den Mortimer ihm in den Nacken hielt. Augenblicklich kippte Gravis um wie ein gefällter Baum. Brad staunte. „Geiler Shit! Was ist das für ein Teil?! Damit habt ihr euer kriminelles Pack behandelt?‟ Mortimer lachte dreckig. „Nur die renitenten Drecksviecher.‟ Brad: „Cool. Aber was machen wir jetzt mit ihm?‟ Er zeigte auf den liegenden Koloss und stieß ihn mit dem Fuß an. Mortimer erklärte seinen Plan. „Da vorne ist der letzte Container. Der ist leer. Habe ich in der Schiffsdatei schon nachgeschaut. Da kommt er erst mal rein. Wir müssen ihn aber fesseln.‟
Brad und Mortimer zogen und zerrten an dem Bewusstlosen und kamen mächtig ins Schwitzen. 175 kg waren eben kein Leichtgewicht. Schwer atmend hatten sie Gravis endlich in dem Container. Der Innenraum betrug drei mal drei mal sieben Meter. Mortimer wies seinen Komplizen an: „Zieh ihn aus!‟ Brad musste ihn dabei einmal herumdrehen, was ein anstrengender Kraftakt wurde. Nun trug Gravis nur noch einen Slip. Mortimer zeigte auf ihn. „Was ist? Bist du prüde? Den Slip auch!‟ Brad grinste. „OK. Du bist der Boss.‟ Brad starrte auf das Gemächt. „Da hätte ich mehr erwartet. Bei so viel Masse.‟
Mortimer zog Nanofaserschnüre durch vier Metallösen. Dann holte er aus seiner Gürteltasche zwei Hand- und zwei Fußschellen aus Kohlefaserverbundmaterial hervor. Brad staunte. „Wo hast du das Zeug alles her?‟ Mortimer räusperte sich. „Hab ein bisschen was mitgehen lassen, als die mich bei IPPC gefeuert haben. Hilf mir mal mit dem Schwergewicht!‟ Sie legten Gravis mittig in den Container auf den Rücken und mit ausgebreiteten Extremitäten, so dass sie ihn wie ein X fixieren konnten. Mortimer war zufrieden. „Die Ösen sind verschweißt und gehärteter Stahl. Und die Nanofasern wird auch unser Riesenbaby nicht zerreißen können.‟ Er winkte seinem Komplizen zu. „Raus jetzt hier. Ich schalte die Sauerstofffilter ein. Wir müssen uns erst mal um das Rettungsshuttle kümmern.‟ Brad verstand kein Wort. Mortimer rollte mit den Augen. Natürlich musste es so aussehen, dass Gravis freiwillig das Schiff verlassen hatte, sonst würde er gesucht werden. Aber das ging wohl über den Intellekt von Brad hinaus, also versuchte es Mortimer erst gar nicht.
Hauptsache war, dass dieser Freak außer Gefecht gesetzt war. Er zeigte auf den Haufen Kleidung am Boden. „Mitnehmen und in der Recyclingklappe entsorgen. Aber pass auch, dass dich niemand sieht!‟ Brad grinste. „Geht klar, Boss.‟ Die Männer verriegelten den Container, und ließen Gravis im Dunkeln zurück. Mortimer zog eine Computerplatine aus einem Paneel und manipulierte einige Daten, sperrte den Aktivierungsalarm für das Rettungsshuttle und startete den Autopiloten. Er schaffte es, dass das Shuttle die Andockschleuse unbemerkt passierte und programmierte einen Kurs zurück nach Mare Mutus. So sah es aus, als hätte sich Gravis zum Feind abgesetzt. Erst eine Stunde später war dem Diagnosesicherungssystem der manipulierte Vorgang aufgefallen und gab Alarm.
Der Pilot informierte sofort Mr. Carthy über das gestartete Shuttle. Als Animus seinen Kameraden Gravis vermisste, aber kein anderer Passagier gesucht wurde, stieg bei ihm die Sorge. War Gravis etwa mit dem Shuttle verschwunden? Warum? Das gab doch keinen Sinn! Aber die Indizien verhärteten sich. Gravis´ Ortungschip, den jedes Besatzungsmitglied an seiner Kleidung trug, war deaktiviert. Auf dem Schiff schien er sich nicht mehr zu befinden. Über die modernen UPS (Universal Positioning System) verfügten die Angestellten von PE nicht. Animus zerbrach sich den Kopf, was geschehen sein könnte, kam aber zu keinem Ergebnis. Warum sollte Gravis zum AD überlaufen? Mit dem Shuttle würde er außerdem mehrere Wochen unterwegs sein.
Animus bat Mr. Carthy darum, ein Schiff hinter dem Shuttle herzuschicken, aber der CEO lehnte ab. „Priorität hat jetzt der Schutz der Prospect Enterprises, ihrer Daten und Angestellten. Wir müssen so schnell es möglich ist ins System von Beta Patria und dann in die geostationäre Umlaufbahn gelangen.‟ Dann betonte er noch: „Wir haben keine modernen Tarnvorrichtungen. Die Thermalmaskierung kann entdeckt werden. Feindkontakt könnte jederzeit auftreten. Und dann...‟ Animus schluckte. „Ich dachte, wir fliegen in einem sicheren Vektor?‟ Mr. Carthy musste zugeben: „Es ist die beste Route, die wir nehmen konnten. Trotzdem liegt die Wahrscheinlichkeit unserer Vernichtung – trotz der Nanoröhrengewebehülle einiger unserer Schiffe - bei 18,4 Prozent.‟ Animus stöhnte auf. „Das...‟ Vielleicht war Gravis sogar seinem Tode entronnen. Voraussichtlicher aber war, dass er ihm entgegenflog.
Animus war niedergeschlagen. Erst hatte er seinen Freund Timiditas verloren, und nun war ihm auch Gravis genommen worden. Es hatte keine Anzeichen gegeben, keine Andeutungen, die eine Flucht hätten erkennen lassen können. Animus schüttelte ratlos den Kopf. Und dann fiel ihm auf, dass Gravis gar nicht über das Knowhow verfügte, das Shuttle unautorisiert und unbemerkt starten zu lassen. Hatte er einen Helfer gehabt? Ihm fielen immer mehr Fragen ein, aber leider fand er keine Antworten.
Weit entfernt, am Rande des Territoriums der VA, lag der verruchte Planet Atra Mundo. Die herrschenden Clans interessierten sich nicht für transstellare Politik. Sie würden genauso mit den Machthabern des AD Geschäfte machen. Der wegen der außer Kontrolle geratenen LA667R/222-Androiden geflüchtete ehemalige CEO von Bionic Industries, Artus Iceberg, saß in seinem Apartment im Habitat Star 3 in Atra City und verfolgte Newsfeeds, die dreidimensional als Hologramm dargestellt wurden. Für ihn war der Raumkrieg zwischen dem AD und der VA ein Glücksfall. Sollte die Vereinigte Allianz entmachtet werden, würde ihn auch niemand mehr zur Rechenschaft ziehen können.
Gerne würde er mit dem Sieger sympathisieren. Er wischte sich durch die einzelnen Meldungen. Auf einer anonymen Datenplattform wurden Videodateien übertragen, bei denen weder Quelle noch Echtheit überprüfte werden konnte. Iceberg schaute sich eine verwackelte Aufnahme einer abgeschossenen Drohne an, die auf Mare Mutus – so die Bildunterzeile – auf eine Straße zwischen zerstörten Habitaten fiel und noch 17 Sekunden lang weiteraufnahm: Ein Offensivbot mit Raupenketten fuhr scharf an dem Objektiv vorbei. Irgendeine Mechanik rastete ein, ein Energiemuster ließ die Luft verschwimmen, eine Synthetikstimme warnte: „Kritischer Systemauffall - Notstart eingeleitet – Funktion nicht verfügbar – Abschaltung erfolgt‟. Zwei weitere Bots mit Gummiketten fuhren quietschend an dem Objektiv der abgestürzten Drohne vorbei und scannten die Umgebung, um feindliche Bewegungen zu lokalisieren.
Dann war auf dem Video noch ein Trupp Androiden mit Exoskeletten zu sehen, die in eine Wohnsilo-Ruine rannten. Damit brach der Datentransfer ab. Iceberg wischte zum nächsten Video. In einem Wartungsmodul offenbar mit einer Mikrocam unautorisiert aufgenommen zeigte das Bild ohne Audiokanal mehrere Androiden, die einen Silikonkubus in einen Maschinenschaft steckten, zwei Riegel arretierten und auf einem Monitor einen Programmcode eingaben. Leider war er nicht lesbar. Iceberg fragte sich, über welche Technik das AD verfügte. War das Dominion in der Lage, die Vereinigte Allianz zu besiegen?
Er schaltete die Newsfeeds ab und aktivierte klassische Musik, dimmte die Beleuchtung und blickte aus einem Teil seiner Fensterfront in der 75. Ebene. Am Horizont bemerkte er eine schwarze Rauchsäule. Wahrscheinlich wieder mal ein Unfall in einer der Minen oder Fabriken. Er öffnete die holografische Datenkonsole, wählte die geographische Darstellung und tippte auf den gesuchten Ort, wo er die Rauchsäule sah. Die Bildangabe zeigte die Koordinaten und Informationen zum Habitat: Es handelte sich um eine Rüstungsfabrik, die in erster Linie keramikummantelte Stahlgeschosse produzierte. Auf Atra Mundo hatte niemand die notwendige Lizenz oder Legitimation dafür, aber die kriminellen Vereinigungen kümmerten sich nicht um die Gesetze aus Beta Patria. Sie boten ihre Produkte Händlern an, die jenseits der VA in den Sektor kamen.
Iceberg war überrascht, wie viele Informationen über die Fabrik einsehbar waren. Aber wer sollte hier schon etwas gegen die Machenschaften der Herrscherkaste unternehmen? Die Noxiusbruderschaft war eine der mächtigsten Gruppierungen auf dem Planeten und kontrollierte das Waffengeschäft. 616 Arbeiter waren in der Fabrik beschäftigt. Iceberg wusste mittlerweile genug vom hiesigen Gesellschaftssystem. Die Angestellten waren entweder aus großer materieller Not und Armut dort, oder sie wurden sogar mit Drohungen oder Erpressung gezwungen. Die Noxiusbruderschaft kannte keine Skrupel. Nur der Profit zählte.
Glücklicherweise gehörte Iceberg zu den Privilegierten, die liquide genug waren, um in einem Habitat zu leben. Und das gar nicht mal so schlecht, fand er und machte eine Aktivierungsgeste für den Service-Bot. Da es auf Atra Mundo keine fortschrittliche Androidentechnologie gab, setzte man obsolete Robotik ein. Kurz darauf brachte der Bot Pralinen und einen Glaskelch mit Sekt. Iceberg war sich bewusst, dass nur wenige Kilometer entfernt tausende Menschen vor Hunger darbten und mit Krankheiten zu kämpfen hatten – ganz zu schweigen von Kriminalität und den Schikanen der Bruderschaften. Die sexuelle Ausbeutung von weiblichen Humanoiden gehörte zum Alltag. Iceberg steckte sich eine Praline in den Mund und überlegte gerade, ob er sich wieder eine Liebesdienerin bestellen sollte. Wie hieß das Mädel noch? Marina? Ja, die war wirklich gut gewesen.
Plötzlich wurde die Lautstärke der Musik leicht verringert, während ein Warnton erklang und eine neue holografische Meldung vor der Fensterfront halbtransparent erschien: „Warnmeldung vor ungeschütztem Aufenthalt im Freien. Durch eine Fehlfunktion in einer Fabrik kommt es zu erhöhten Strahlen- und Schwermetallwerten.‟ Iceberg wischte die Meldung weg, und die Musik setzte mit der Standard-Lautstärke fort. Eine Weile später kontaktierte er das Entertainmentsystem und bestellte sich seine Liebesdienerin. „Ich will die, die ich bei der letzten Bestellung hatte. Marina hieß sie, glaube ich. Heute Abend, 20 Uhr.‟ Die Frau auf dem Videochat antwortete: „Das ist nicht üblich. Gegen eine kleine Zusatzgebühr kann ich aber versuchen, Ihren Wunsch zu erfüllen.‟ Die Bestellfilter sorgten zwar für die passende Person für die Kundschaft, aber ein bestimmtes Individuum zu organisieren, war aufwendig. Iceberg antwortete barsch: „Dann sorgen Sie dafür!‟ Die Frau lächelte emotionslos. Ihre aufgespritzten Lippen verformten sich dabei künstlich. „Bei Lieferung wird die Order Ihrem Account zur Last gelegt.‟ Iceberg tippte die Verbindung weg.
Pünktlich zur gewünschten Zeit ertönte das Türsignal seiner Wohnung. Auf seine Geste hin öffnete sich die pneumatische Tür mit einem dezenten Zischen. Iceberg grinste breit. Da stand sie! Marina! In einem langen Mantel. Und darunter würde sie nur Dessous oder so etwas tragen. Heute wollte er mal etwas Neues ausprobieren. Das Mädel war talentiert und würde ihn sicherlich auch bei ausgefallenen Wünschen nicht enttäuschen. Später würde er ihr zur Belohnung noch etwas zu essen geben. Aber das musste sie sich zunächst redlich verdienen. Iceberg lächelte sie an. „Mantel ausziehen.‟ Sie gehorchte sofort, und Iceberg starrte auf die fast hüfthohen schwarzen und glänzenden Stiefel. Schon bildete sich eine Erektion in seiner Hose. Außer den Stiefeln trug sie lediglich eine Art Geschirr.
Mortimer und Brad öffneten den Container wieder. Gravis war aus der Bewusstlosigkeit erwacht und zerrte an seinen Fesseln, aber die Nanofasern ließen ihm keine Chance, der restriktiven Position auf dem Boden zu entkommen. Entsetzt sah er die beiden PE-Angestellten an. „Was...? Helft mir! Ich... Habt ihr mich etwa...?‟ Er konnte es kaum glauben, aber Mortimers Blick ließ keinen Zweifel. Die beiden Männer hatten ihn überwältigt und hier festgebunden. „Warum habt ihr das gemacht? Was soll das? Was wollt ihr? Was habt ihr vor?‟ Mortimer schnauzte: „Maul halten, du Freak!‟ Brad echote: „Ja, du Freak! Jetzt zeigen wir es dir!‟ Gravis ächzte. „Was habe ich euch denn getan? Wo... wo ist meine Uniform?‟
Mortimer machte einen Schritt vorwärts und stand nun zwischen den weit gespreizten Beinen des Liegenden. Er trug seinen Impulsstab und aktivierte einen knisternden bläulichen Lichtbogen. Er hielt den Stab tiefer und berührte nun fast die Hoden des Gefangenen. Gravis versuchte sich, der Berührung zu entziehen, was durch die Fesselung nicht möglich war. Mortimer grinste diabolisch: „Jetzt hat der Muskelmann aber Angst, was?‟ Er winkte Brad mit einer Kopfbewegung näher. „Los, leg ihm die Maulsperre an!‟ Brad kicherte hämisch. Gravis sah entsetzt, wie der Mann ihm einen metallenen Mundspreizer vors Gesicht hielt und dann damit seine Kiefer auseinanderzwang. Gravis verzichtete auf eine Gegenwehr. Er wäre eh chancenlos gewesen. Brad schraubte das medizinische Gerät weit auf, bis der Mund beachtlich aufgerissen war und fixierte es mit einem Nackenband am Kopf. Mortimer spielte mit seinem Impulsstab und führte ihn immer beinahe bis zu den Hoden des Liegenden, der angstvoll zuckte. „Gib zu, dass du nur darauf wartest, dass Regina mit dem Dominion über die Vereinigte Allianz herrscht und uns alle unterdrückt! Gestehe es! Du Freak! Du bist doch ein Monster, dass von Regina geschaffen wurde. Also wirst du auch loyal zu dieser Tyrannin sein.‟ Gravis schüttelte vehement den Kopf. Mortimer blickte zu seinem Komplizen. „Das Vieh ist noch nicht bereit, uns die Wahrheit zu sagen. Da müssen wir wohl ein bisschen nachhelfen.‟
Brad kicherte. Mortimer drückte dem Koloss den Stab in die Hoden und aktivierte einen Stromfluss. Gravis brüllte in seinen Mundspreizer unartikulierte Laute und zappelte in seiner Fesselung. Brad kicherte wieder. Mortimer hob den Stab und sagte: „Du bist eine Kreatur aus der Hölle! Wir wollen dich hier nicht! Du bist ein animalischer Verbrecher. Ein Dieb, Ein Vergewaltiger. Ein Krimineller. Und ein Wesen des Regina-Regimes. Dir kann man nicht trauen.‟ Brad nickte. Mortimer ging in die Hocke, beugte sich vor und betrachtete die Hoden aus nächster Nähe. Brad sah ihn irritiert an. „Was guckst du da?‟ Mortimer betastete die Hoden. Brad machte ein angewidertes Gesicht. Sein Kollege erklärte ihm, was er suchte. „Der soll Spezialelektroden an seinen Eiern haben. Nur Mikrometer dick und fest mit der Haut verbunden. Solche Vorrichtungen gab es früher für Munuswesen.‟ Brad grinste. „Dann ist der ja Strom auf seine Nüsse gewöhnt. Darf ich ihm auch mal...?‟ Mortimer winkte ab. „Der hat irgendeine Modifikation, damit die Elektroden nicht mehr auslösen. Ich weiß aber nicht was. Mr. Carthy hat ihm da irgendwie was besorgt.‟
Brad verstand kein Wort, aber er griente weiter. Mortimer suchte nach einem Transponder oder einer Vorrichtung, die die elektrischen Impulse an die Elektroden blockierte, fand aber nichts. Gravis war nackt. Doch dann fielen ihm die beiden großen Brustringe auf. Er sah sie sich aus der Nähe an und zog daran. Der Muskelkoloss brüllte in den Spreizer. Der PE-Angestellte versuchte, die Ringe zu entfernen, aber sie ließen sich nicht lösen. „Hm, sie bestehen offenbar nur aus Metall. Sieht wie Silber aus. Warte hier!‟ Er verließ den Container. Brad sah grimmig auf Gravis hinab. „Du bist ein Monster!‟ Er sah sich nach dem Impulsstab um, aber Mortimer hatte ihn wohl mitgenommen.
Als der Kollege zurückkehrte, hatte er einen kleinen Scanner in der Hand und hielt ihn auf einen der Brustringe. Sofort spuckte das Gerät die Atommasse, den kovalenten Radius, die Ionisierungsenergie, Dichte, den Schmelzpunkt, und die elektrische Leitfähigkeit sowie das Elementsymbol Ag aus. „Silber. Ganz normale Ringe aus Silber.‟ Er scrollte auf dem Display runter. „Zumindest zu 92,5 Prozent. Der Rest ist Kupfer.‟ Brad sah ihn fragend an. Mortimer steckte den Scanner in einen Holster am Gürtel und holte den Impulsstab hervor. Er strich langsam in der Männlichkeit des Liegenden damit herum. Gravis zuckte vor Angst. Brad gluckste. „Jetzt hat der Bammel! Du feiges Monster!‟ Mortimer versetzte dem Opfer erneut einen Stromschlag. „Wie viele Frauen hast du schon unglücklich gemacht, du Bastard?‟ Brad riss die Augen auf. Mortimer nickte. „Dieser grobschlächtige Riese kennt nur Gewalt und Brutalität. Aber wir zwei werden ihm jetzt eine Lektion erteilen!‟ Brad nickte. „Ja, das werden wir.‟ Er wirkte unsicher und wusste nicht so recht, was er machen sollte, stellte dann seinen derben Stiefel auf den Bauch des Gefangenen.
Mortimer grinste und bohrte langsam aber sicher den Stab in den Anus des Liegenden. Gravis bäumte sich auf, und sogar die Nanofasern knackten, aber sie hielten stand. Tiefer und tiefer schraubte Mortimer den Stock hinein. Brad kicherte. „Guck mal! Der Sau gefällt das!‟ Tatsächlich war der Phallus angeschwollen. Mortimer stopfte den Stab bis zum Anschlag hinein. „Dir perverser Kreatur wird die Lust noch vergehen!‟ Er stand auf und schaute auf Gravis hinab. „Mein Stab ist programmiert. Du wirst noch Spaß haben!‟ Er winkte Brad, und sie verließen den Container, verriegelten die schwere Flügeltüre und gingen dann möglichst unauffällig nacheinander zurück in das Wohnmodul des Frachters.
Animus saß in der Messe und schaute gedankenverloren auf sein Glas farblosen Synthetik-Gin. Mortimer setzte sich zu ihm und meinte: „So kann man sich in Leuten täuschen.‟ Animus sah ihn fragend an. Mortimer zuckte mit den Achseln. „Gravis ist übergelaufen. Da gibt es wohl keinen Zweifel mehr. Diesen Custos darf man nicht vertrauen. Sie sind nicht wie wir.‟ Animus knurrte ihn an: „Was redest du da für einen Bullshit?! Custos sind Humanoide wie alle anderen auch. Gravis ist mit mir aufgewachsen auf Regina. Er war ein ganz normaler Mensch. Und jetzt ist er nicht weniger wert.‟ Er trank sein Glas aus, knallte es auf den Aluminiumtisch und stand auf.
Mortimer ging in seine Koje und schlich sich zwei Stunden später zurück in den Frachtbereich, wo er Gravis endlich von dem Impulsstab und dem Mundspreizer befreite. Der Muskelkoloss zitterte schweißgebadet am ganzen Leib und gab merkwürdige Laute von sich. Mortimer sah zufrieden auf ihn hinab. „Na? Jetzt bist du nicht mehr so stark, was? Habe ich dich schon gebrochen?‟ Bevor er ihn alleine in der Dunkelheit zurückließ, kündigte er an: „Morgen bringe ich dir Wasser, gnädig wie ich bin. Aber dann gibt es noch eine Zugabe mit dem Impulsstab für deinen Knackarsch!‟ Schon knallten die Türen zu, und quietschend und schreiend wurden die Riegel vorgeschoben. Dann schob er die Temperaturaneige an einem Sensor des Containers von 22 Grad auf 30 Grad hoch und murmelte: „Wir wollen ja nicht, dass unser Monster friert.‟ Doch dann fiel ihm noch etwas Besseres ein. Er gab ein paar Daten ein und tippte „Aktiv‟. Er lief zurück in seine Koje und legte sich auf seine Nitrogelmatratze.
Gravis war ein Anfang. Aber alle Custos, Rusticusse und vor allem auch Munuswesen mussten entweder versklavt oder entfernt werden. Für den Nackten würde die Temperatur ab sofort zwischen null und 40 Grad fluktuieren. Die harsche Behandlung des Hilflosen hatte ihn irgendwie geil gemacht. Mortimer nestelte an seiner Hose und holte sein Genital hervor. Für die nächsten Minuten reichte ihm die Vorstellung von Gravis in dem dunklen Container. Auf virtuelle erotische Audio- oder Videodateien verzichtete er. Nichts konnte ihn so erregen wie die Realität. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:28.03.20 18:45 IP: gespeichert
|
|
~ LXXVII ~
Iceberg lag in einer Gel-Liege mit Memory-Effekt und genoss die warmen Lippen der Frau, die vor ihm kniete, und sich um sein bestes Stück kümmerte, als habe sie nie etwas anderes gemacht. Ihre Arme hatte er an ihrem Geschirr auf dem Rücken fixiert, so dass die Hände sich etwa zwischen den Schulterblättern befanden. Sie war so zart und schön, sinnierte er und hatte ihre Brustwarzen gezwirbelt und hart gemacht. Marina hatte spitze Laute von sich gegeben, von denen er nicht wusste, ob sie von Lust oder Schmerz oder beidem zeugten.
Nun lag er da mit geschlossenen Augen und kostete den Moment aus. Als er den Klimax kommen spürte, öffnete er die Lider und sah ihr in ihre großen Augen, die ihn anzuhimmeln schienen. Sie saugte an seinem Phallus und versank in seinem Blick. Und dann kulminierte er intensiv wie eine Supernova und explodierte innerlich. Marina leckte sich über die Lippen und schmatzte. Ein letztes Mal nahm sie seinen Zepter auf und küsste dann seine Hoden, während sie wieder mit vergötterndem Blick zu ihm hoch schaute. Iceberg strich ihr über den Kopf. Eine reale Frau! Mit Gefühlen. Mit Bewusstsein. Kein Android.
„Sind Sie zufrieden mit meinen Diensten, mein Herr?‟, fragte sie mit einem sorgenvollen Unterton. Der Freier lächelte jovial. „Das hast du gut gemacht.‟ Er setzte sich aufrechter hin. „Willst du was essen?‟ Marinas Magen knurrte leise als Antwort. Ihr war es offensichtlich peinlich, und sie presste die Lippen zusammen. Iceberg hob eine Augenbraue. „Du hast Hunger, Kleines.‟ Er stand auf und ging mit halb erigiertem Luststab durch den Raum, machte eine Geste vor einem Wandpaneel und öffnete so ein Kühlfach. Er entnahm ihm etwas und kehrte zu der noch Knienden zurück. „Das ist Brioche. Magst du das?‟ Marina roch die duftende Backware, und wieder knurrte ihr Magen. Er hielt ihr ein Stück hin, doch in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass die Arme der Frau auf dem Rücken fixiert waren. Er reichte ihr das Stück also näher und fütterte sie.
Marina nahm es dankend an und kaute hastig. Sie konnte die emotionalen Tränen kaum zurückhalten, so gut schmeckte das Brot. Iceberg grinste. Er holte ein neues Stück Brioche und zupfte ein kleines Stückchen ab. Er dirigierte die Liebesdienerin zwei Meter zurück. Auf den Knien hockend wartete Marina auf weitere Anweisungen. Iceberg hielt das Stückchen Brot hoch. „Fang es mit dem Mund!‟ Beim ersten Mal misslang ihr es, doch der nächste Versuch klappte. Und wieder. Und noch ein Brocken. Das hingefallene Stückchen durfte sie mit dem Mund vom Boden auflesen. Dabei hob sich der Po weit in die Luft und Iceberg merkte, wie ihn der Anblick geil machte. „Jetzt kriech auf dem Boden weiter bis zur Wand und zurück. Und mach weiter, bis ich dich rufe.‟ Marina kroch lasziv und erotisch über den Boden, vor und zurück, vor und zurück. Dabei ragte ihr Po weit oben in der Luft, während ihre Knie und eine Seite ihres Gesichtes und ein Teil der Schulter den Boden berührten.
Iceberg rieb sich den Schritt, aber eine harte Erektion wollte nicht entstehen. „Komm her zu mir!‟ Marina gehorchte. Der Mann befahl ihr, sich über seinen Schoß zu legen. Der Ex-CEO strich über die Hinterbacken der Frau und begann, sie mit der flachen Hand zu schlagen. Das zierliche Geschöpf fragte ängstlich, ob es etwas falsch gemacht hätte, und Iceberg antwortete: „Marina, du musst meinen Phallus wieder groß machen!‟ Sie durfte sich wieder zwischen seine Schenkel hocken und seine Männlichkeit verwöhnen. Trotz aller Mühe schaffte sie es jedoch nicht. Iceberg stieß sie unsanft weg. Marina jammerte leise. „Es tut mir leid. Bitte, Herr, lassen Sie es mich noch Mal versuchen.‟ Aber ihr Freier brummte: „Es hat keinen Zweck. Du kannst gehen.‟
Marina schluchzte auf. „Es tut mir leid! Ich.. Werdet Ihr mich schlecht bewerten?‟ Iceberg zog sich die Hosen an. „Stell dich hin!‟ Er nahm ihren Mantel und hängte ihn ihr um, schloss ihn vorne mit den Magnetknöpfen. „Geh jetzt!‟ Marina schluchzte erneut. Sie zitterte vor Angst. Iceberg merkte, wie nun doch sein Luststab wuchs. „Warte!‟ Er zog ihr den Mantel wieder aus und knetete ihre Brüste, zwirbelte ihre Nippel und drückte sie auf die Knie. Sie wusste sofort, was sie zu tun hatte. Ihr Gewimmer hatte ihn geil gemacht. Iceberg kulminierte zum zweiten Mal und strich der Frau über den Kopf. „Das war gut. Komm her auf die Liege, neben mich.‟ Er löste ihre Fixierung. Marina stöhnte erleichtert auf. Ihre Schultergelenke waren durch die rigide Positionierung völlig verspannt.
Der Mann nahm sie in den Arm und grabschte an ihrem Busen herum, während er mit der anderen Hand durch Gestensteuerung das Entertainmenthologramm öffnete und sich durch die Offerten blätterte. Bei einer Spielshow namens „Hunger & Durst‟ blieb er hängen. Vier Kandidatinnen kämpften gegeneinander um den Sieg. Jede Frau trug einen Latexanzug, bei dem für Brüste und Schritt Aussparungen vorhanden waren. Die Kontrahentinnen mussten allerlei demütigende Aufgaben über sich ergehen lassen, die sie zum Vergnügen der Zuschauer absolvierten. In erster Linie ging es um Essen und Trinken von diversen Zubereitungen, deren Auswirkungen das Publikum durch Glaskabinen live und aus zahlreichen Kameraperspektiven voyeuristisch beobachten konnten.
Trotz der durchschlagenden Effekte überboten sich die Rivalinnen mit erneutem Konsum, um die anderen hinter sich zu lassen. Immerhin erhielt die Siegerin so viel Preisgeld, dass sie sich und ihre Familie für mehrere Wochen mit Nahrung und allem Notwendigen versorgen konnte. Der Showmaster lachte: „Nr 1 hat jetzt ihren letzen Rest Würde runtergespült. Hahaha! Dafür gibt es einen Punkt. Glückwunsch!‟ Perfide an der Show war zusätzlich, dass die schwächste Kandidatin einen „Strafbrei‟ zu sich nehmen musste. Damit die Zuschauer längere Zeit etwas von den Widrigkeiten der Frau hatten, wurde ihr durch einen abschließbaren Plug die Erleichterung für eine gewisse Zeit verwehrt. Das Publikum konnte dann abstimmen, wann die Wartezeit zuende war. Dazu brauchte die Kandidatin eine Mindestzahl von „Gnaden-Klicks‟.
Iceberg kicherte hämisch. „Schau dir Nr. 2 an! Die platzt gleich. Schade, dass man online nicht mitmachen kann.‟ Marina starrte mit großen Augen auf die Projektionsfläche. Sie wusste, welche Verzweiflung eine Frau aus den Slums dazu brachte, bei so einer entwürdigenden Show mitzumachen. Aber sie machte das, was von ihr erwartet wurde, schmiegte sich an Iceberg und lächelte ihn verführerisch an, obwohl ihre Brust, an der er die ganze Zeit fummelte, bereits wehtat.
Auf dem Frachtschiff von Prospect Enterprises gab der Pilot Animus gerade die Koordinaten für das Landemanöver auf Beta Patria ein. Seit zwei Tagen hatte Mr. Carthy bereits endlose bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt, damit die kleine Flotte trotz Kriegszustand und Notfallgesetzen auf dem Planeten landen konnte. Ihm und allen anderen Angestellten war eine große Last von den Schultern gefallen, als sie das sichere Sol-System der VA-Regierung erreicht hatten, nur Animus war noch niedergeschlagen. Würde er Gravis jemals wiedersehen? Hatte er seine Flucht überhaupt überlebt?
Aber er musste sich jetzt auf die Steuerung des Schiffes konzentrieren. Bald würden sie in den Orbit eintauchen.Der Schubvektor musste angepasst werden. Zunächst würden sie auf einer geostationären Umlaufbahn bleiben und an einer Station andocken. Er programmierte die aktuellen Andockparameter für den Kopplungsvorgang der Verbindungsschleuse, hielt Funkkontakt mit der Station und koordinierte die Flugrouten der anderen Raumfähren. Während auf der Brücke des führenden Transporters emsige Geschäftigkeit herrschte, passte Brad am Zugangsschott des Frachtmoduls auf, dass es niemand betrat, denn Mortimer war auf dem Weg zu dem Container mit seinem Gefangenen unterwegs. Er öffnete die große Stahlkiste und leuchtete auf den Liegenden. „In einigen Stunden erreichen wir unser Ziel.‟ Gravis war nassgeschwitzt. Er war physisch und auch mental am Ende. Die Temperaturschwankungen und andere Grausamkeiten hatten ihn fertig gemacht.
Mortimer grinste ihn schmierig an. „Wir werden nicht zulassen, dass ihr Freaks euch in der Vereinigten Allianz breit macht! Ihr gehört nach Regina. Oder gleich ganz...‟ Gravis ächzte: „Was habe ich dir getan?‟ Mortimer brüllte: „Halt dein Maul!‟ Er zeigte ihm zwei kleine Kästchen und eine Apparatur. „Weißt du, was das ist?‟ Gravis schüttelte den Kopf. Der PE-Programmierer grinste. „So lange, wie die Gesellschaft noch nicht begriffen hat, welche Gefahr ihr Monster darstellt, kann ich nicht an die Öffentlichkeit gehen. Man würde mein Handeln nicht verstehen. Aber ich kann dich hiermit...‟ Er nahm die beiden Kästchen und setzte sie Gravis an die Schläfen. Sie klebten und sorgten bei dem Träger für das Gefühl, als würden sie sich einen Zugang zu seinem Gehirn suchen.
Mortimer nahm die Apparatur in die Hand und gab einige Daten ein. „Damit kann ich deinen Neocortex manipulieren. Sozusagen umprogrammieren. Fürs Erste reicht mir eine Gedächtnisextraktion, damit du keinen Bullshit über mich erzählen kannst.‟ Die Muskelberge des Custos bewegten sich wild und zuckend. Seine Atmung ging schnell, sein gewaltige Brust hob und senkte sich. Das Adrenalin schoss nur so durch seinen Organismus. Was hatte dieser Verrückte vor? Und dann spürte er ein anschwellendes Gefühl, Stiche in seinem Kopf, die zu einem dumpfen Nebel ausstrahlten, bis sein Denkvermögen immer weiter versumpfte, langsamer wurde und schließlich nur noch einer Leere und Gleichgültigkeit wich. Er bekam nicht mehr mit, dass er sabberte und seine Augen schloss.
Mortimer vollendete die Behandlung und löste dann die Nanofasern und Schellen von dem Nackten, entfernte die Neuroboxen und stellte Gravis ein Nahrungskonzentrat in den Container. Dann schloss er die Türen wieder. Außen brachte er ein Transfer-Holosiegel an. Es enthielt gefälschte Informationen über Inhalt und den Empfänger des Containers. Da die Logistik automatisiert ablief, würde es nicht auffallen, wenn einer der Container nicht zur neuen Basis von Prospect Enterprises geliefert wurde, zumal er keine Ausrüstung der Firma enthielt und niemand etwas vermissen würde. Frachtbots schoben die Container zu Transportdrohnen oder in Fähren, die zum Zielort flogen. Gravis würde nicht lange auf Beta Patria bleiben. Der Container war für den Express-Transfer zu einem anderen Schiff bestimmt. Mortimer musste nur noch ein paar codierte Videoanrufe tätigen und ein paar alte Gefallen einfordern, und schon würde er diese Muskelkreatur los sein.
Als seine Vorbereitungen erledigt waren, dauerte es nur 51:07 Minuten, bis das Hauptschiff an der Station andockte. Die anderen Schiffe bildeten eine Phalanx, die mit ihren Andockklammern miteinander verbunden waren. Mr. Carthy atmete tief durch. Die wichtigen Geschäftsdaten sowie die wertvollste Hardware von Prospect Enterprises war gerettet. In den nächsten Tagen würden sie ihr neues Domizil nahe der Haupstadt auf Beta Patria beziehen.
Zunächst entluden Frachtbots und Industrielogistikmaschinen das große Frachtmodul des Raumtransporters und beluden vier Frachtfähren, die das Material auf den Planeten bringen sollten. Wie von Mortimer erhofft, fiel niemandem auf, dass ein Container einen anderen Weg einschlug und im Laderaum eines transstellaren Schiffes verschwand, das auf der Rückseite der Station angedockt lag. Wenige Stunden später löste es sich und begann den Schleichmodus, um nach notwendigem Abstand zur Station die Haupttriebwerke zu zünden. Die Destination des IPPC-Schiffes war in den Kursdaten aus Sicherheitsgründen zensiert, da die Koordinaten des Gefängnisses der Interplanetary Private Prison Corporation streng geheim waren.
Neben dem „blinden Passagier‟ Gravis wurden offiziell 24 weitere Personen in die private Haftanlage überführt. Das neongelbe Emblem der Firma war die einzige Stelle des Schiffsrumpfes, das leuchtete. Der Rest blieb vor dem Schwarz der Unendlichkeit unsichtbar. Als der Pilot die Tarnvorrichtung aktivierte, war auch das Firmensymbol nicht mehr zu sehen. Als die Signatur der Triebwerke abgeschirmt war, wechselte das Schiff auf seinen geheimen Kurs zu einem abgelegenen Sol-System, weit entfernt von Handelsrouten der VA. Die IPPC betrieb dort eine Hochsicherheits-Haftanlage auf einer Raumstation im Orbit eines Eisplaneten.
Gravis hörte, wie der Container entriegelt wurde. Wo war er? Und wieso war er nackt? Ein Vierertrupp Männer in schwarzen Uniformhosen und Jacken, darunter trugen sie weiße Hemden, hasteten in den Container und packten den nackten Custos. Selbst vier Männer konnten gegen den Muskelberg nichts ausrichten, doch einer der IPPC-Angestellten zückte seinen Neurohackerstab und drückte ihn Gravis auf den Leib. Augenblicklich sackte der massige Gefangene wie leblos zu Boden. Der Commander des Häftlingtransporters, der mit dem firmeneigenen Schiff der IPPC zugeteilte Verurteilte zu den diversen Anlagen verbrachte, manipulierte gerade in der Datenbank die Passagierliste. Mortimer, sein Schwager, hatte darum gebeten, diesen Custos verschwinden zu lassen. Der Kommandant legte für Gravis eine Häftlingsdatei an, in der er wegen terroristischer Anschläge zu lebenslanger Haft verurteilt war. Vereinfacht wurde der Aufbau der neuen Identität durch die Gedächtnisextraktion des Insassen.
Gravis wachte eine Stunde später in einer Standard-Transport-Zelle auf. Wie war er hierher gekommen? Was war geschehen? Er runzelte die Stirn und hielt sich die Schläfen. Er konnte sich an überhaupt nichts mehr erinnern. Er hieß Gravis... Ja, aber was noch? Wer war er? Wo war er? Eine asexuelle synthetische Stimme aus der Wand ertönte: „Insasse! Sie befinden sich auf der IPPC Parallax und werden in Komplex G-0914/17 überstellt. Die Dauer Ihres Aufenthalts beginnt in 72 Stunden und beträgt: lebenslang. Sie werden nun durch unser Hologramm über Ihre Pflichten informiert. Bei einem Regelverstoß werden Sie sanktioniert. Da Sie eine Amnesie erlitten haben, wird anschließend zu Ihrer Information Ihre Akte präsentiert.‟
Gravis schaute sich die Videodarstellung an und wunderte sich nicht, dass es in erster Linie darum ging, jedem Befehl der Wärter Folge zu leisten. Sanktionen konnten Fixierungen, Schmerzimpulse oder Einschränkungen anderer Art sein. Man schien hier viele Pflichten, aber keinerlei Rechte zu besitzen. Dann starrte er gebannt auf die Akte, die das Hologramm abspielte. Er war ein Custos, ein ehemaliger Haremswächter der Edeldame und Praefecta Audaxa von Fortuna, dem Mond von Regina. Daher stammte auch das Brandzeichen des Familienwappens auf seinem Gesäß. Gravis betastete sein Hinterteil, weil keine Flächen in der Zelle spiegelten. Nach der Eroberung des Planeten durch die VA war Gravis im Untergrund als Terrorist auf Beta Patria aktiv gewesen und hatte sich an Anschlägen beteiligt, so berichtete das Hologramm. Dafür war er vom obersten Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die private Gefängniskette IPPC war beauftragt worden, seine Unterbringung durchzuführen.
So weit informierte das Datenhologramm und endete abrupt. Gravis ächzte. Ein Terrorist? Über seine Taten waren ihm keine Details berichtet worden. Hatte er Unschuldigen geschadet? Er schüttelte den Kopf und schämte sich. Dann merkte er, dass er fror. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er keine Kleidung trug. Er sah sich in der sterilen Zelle um. Alles war aus gebürstetem Stahl: der Hocker mit einer kleinen Tischplatte, die Pritsche (mit einer darauf fixierten Gelmatte), die Toilette und eine Art Waschbecken. Allerdings waren die sanitären Anlagen nur von außerhalb der Zellen steuerbar. An der Decke war eine leuchtende Platte angebracht, die ein kaltes Licht abstrahlte. Während der Holografiedarstellung war es gedimmt gewesen. Gravis vermutete, dass die Platte auch extrem hell leuchten und Lichtblitze abgeben konnte.
Er sah sich weiter in der Zelle um. Der Zugang war von innen nicht erkennbar. Er musste getarnt als zwei der Wandplatten sein. Er rieb sich die Beine und Arme. Es war kalt. Hunger hatte er auch. Als er an sich hinabsah, entdeckte er merkwürdige Löcher in seinen Brustwarzen. Hatte er früher Piercings getragen? Wann bekam er endlich seine Kleidung? Er suchte nach einer Kommunikationsmöglichkeit, ein Mikrofon oder einen Sensor, mit dem er Kontakt aufnehmen konnte. Aber es war nichts zu entdecken. Gravis konnte auch keine Überwachungskamera finden. Allerdings gab es versteckte Mikrocams, die er mit dem Auge nicht würde identifizieren können. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Auf Essen. Auf Kleidung. Auf einen Advokaten.
Das Alpha Dominion hatte auf Regina die militärische Hauptbasis eingerichtet. Die wenigen verbliebenen Humanoiden aus der VA waren verklavt worden, alle anderen Personen – Edeldamen aus dem Untergrund – sowie die Munuswesen und Rusticusse waren dem AD angeschlossen worden. Das süße Leben der freien Rusticusse, die Munuswesen als Diener zur Verfügung gehabt hatten, waren nun wieder vorbei; sie befanden sich erneut in der Rolle der Arbeiter. Zwar versklavte das AD sie nicht, aber viele Rechte blieben ihnen nicht.
Die Alba Simia brachten ihre eigenen Sklaven mit. Das traditionsbewusste Volk nutzte die friedliebenden und gewaltfreien Placidus als Diener und Leibeigene. Von ihnen sollten zukünftig weitere Exemplare nach Regina gebracht werden. Das Volk der Scarabaeus fing sie auf deren Heimatplaneten und richtete sie ab. Als Sklavenhändler machten sie schon seit Generationen Geschäfte mit den Alba Simia, die als Schöngeister jegliche physische Arbeit verabscheuten und sich lieber der bildenden Künste, der Geistes- und Naturwissenschaften und Passionen mannigfaltiger Art widmeten.
Ihr ethisches Weltbild und die empathische Charakteristik innerhalb ihres Volkes waren bezeichnend, aber stets nur aus dem Blickwinkel ihrer Ideologie, und die stufte jegliche andere Lebensform zu einem geringeren Wert ab. Aus der Perspektive der Alba Simia waren sie die Krone des Universums, die über allen anderen stand. Die Zusammenarbeit mit fremden Völkern war stets einem Kompromiss geschuldet. Die „Käfer‟, wie sie abwertend die Scarabaeus nannten, lieferten ihnen die Sklaven; das Alpha Dominion sicherte ihnen Wirtschaftskraft und militärische Stärke. Aber langfristig war ihr Ziel, die Scarabaeus zu unterwerfen und zu Soldatensklaven zu machen. Was mit den anderen Lebensformen geschehen würde, da gab es unter Alba Simia noch keinen Konsens. Standard-Menschen beispielsweise waren für nichts gut, aber zu Rusticussen modifizierte Arbeitersklaven waren ökonomisch durchaus verwendbar. Zu gern hätten die Alba Simia die geheime Technologie der Regina zur Genmodulation gehabt. Vielleicht eines Tages...
Die Delegation des Hohen Rates tagte auf Regina in einem ehemaligen Palasthabitat der Exilkönigin. Den Vorsitz hatte die frühere Praefecta Aranea, die den Planeten als eine Art Statthalterin regierte. Sie galt als offizielle Nachfolgerin der liquidierten Augusta Regina I., die einem Attentat zum Opfer gefallen war. Aranea Regina II. saß der Delegation vor und stimmte mit den fünf weiteren Mitgliedern die Strategien ab, um die VA in die Knie zu zwingen. Zark, ein grobschlächtiger Scarabaeus im Rang eines Kaiserlichen Dieners, schlug laut auf den Konferenztisch. „Wir müssen jetzt für alle verfügbaren Flotten den Angriffsmodus aktivieren.‟ Der Alba Simia Altitudo wischte negierend mit seinem schlanken Zeigefinger in der Luft umher. „Wollen wir die gesamte Infrastruktur auf Beta Patria vernichten? Nein! Wir müssen klüger vorgehen.‟ Zark grunzte unwillig. Sein Nachbar Tzrut, ebenfalls ein Kaiserlicher Diener, schüttelte den insektoiden Kopf. „Kein Zaudern! Wir müssen schnell und hart handeln.‟
Die klickenden und zischenden Laute des Wurmskorpions ihm gegenüber ließen die Streithähne verstummen. Der Übersetzungscomputer ertönte: „Immer diese unnötigen Diskussionen. Unsere Offensivstrategie ist kontraktlich festgelegt. Wir, vom Volk der Wurmskorpione, akzeptieren keine Abweichung der Vereinbarungen.‟ Das Amphibienwesen neben ihm nickte zustimmend mit seinem klobigen Kopf und der grünlichen Warzenhaut. Die Nickhaut über seinen Augen klappt auf und zu. Der Sprachcomputer übersetzte seine Worte: „Dies ist auch unser Standpunkt. Und nun lassen sie uns zum Ende der Konferenz kommen. Meine Haut ist bereits sehr trocken. Ich muss dringend wieder ins Becken.‟
Aranea verkündete mit lauter Stimme: „So bleibt es also bei unserer Vorgehensweise, wie sie in Geheimakte 4.1 Offensive VA festgelegt ist. Hiermit beende ich die heutige Sitzung.‟ Sie schlug mit einem kleinen Hammer auf eine Unterlage aus Duroplast, auf dem das Wappen des AD zu sehen war. Das Amphibienwesen sprang mit seinem Exoskelett als erster auf und verließ den Raum. Dann folgte der Skorpionwurm. Aranea betrachtete das Reptilwesen. Dieses Volk war ihr noch suspekter als der Amphib, weil die eigentliche Lebensform ein Wurm in dem Skorpionkörper war und diesen parasitär neural komplett steuerte und dominierte. Die absolute, die ultimative Sklavenbeherrschung. Aranea war fasziniert und abgestoßen zugleich. Sie vergaß dabei, dass Regina I. mit dem männlichen Adelsgeschlecht im Prinzip etwas Analoges praktiziert hatte. Die Gehirne der Männer waren extrahiert und konserviert worden. Als die Technologie weit genug fortgeschritten war, wurden einige der Bewusstseine in Androidenkörper eingefügt, doch ohne die Nervenbahnen mit dem eigenen Willen zu verknüpfen. Nun kämpften sie als Soldaten an der Seite von Cyborgs, Bots und programmierten Androiden bei der Invasion in die Vereinigte Allianz.
Nur die Technologie der Regina ermöglichte es dem Dominion, die gewaltige Übermacht an Soldaten, sogenannte Streiter, bereitzustellen. Ohne Androiden, die in gigantischen Mengen auf Frigidus produziert worden waren, wäre eine Offensive gegen die VA indiskutabel gewesen. Nun galt es, diese Materialschlacht zu gewinnen und die Sektoren der VA zu okkupieren. Die Zwischenbilanz sah gut aus.
Animus wurde mit allen anderen Angestellten von Prospect Enterprises in einem Hotelhabitat in der Hauptstadt von Beta Patria untergebracht. Mr. Carthy organisierte währenddessen unter Hochdruck den Aufbau der Firma im neuen Basiskomplex, den PE zunächst pachten würde. Ein Kauf der Immobilie war langfristig geplant. Die Firma, die auf Regina Erze transportiert hatte, musste ihr Geschäftsmodell an die Gegebenheiten auf Beta Patria anpassen. Aufgrund der aktuellen politischen Lage würde sich das Unternehmen auf Rüstungsgüter spezialisieren. In einem zweiten Zweig sollten Logistiklösungen für Lebensmitteltransfers von Colonia Agricultura nach Pax Novo und Beta Patria offeriert werden.
Dazu mussten weitere Piloten, Mechaniker und Techniker eingestellt werden. Außerdem musste die aktuell geschrumpfte Flotte mit den teils korrodierten Hüllen aufgestockt werden, um die geplanten Geschäftsfelder abdecken zu können. Mr. Carthy war fest entschlossen, Prospect Enterprises auch auf Beta Patria zu einem erfolgreichen und profitablen Betrieb auszubauen, später womöglich auch nach Pax Novo zu expandieren. Sie hatten auf Regina viel zurücklassen müssen, doch davon würden sie sich wieder erholen.
Animus aktivierte alte Hologrammaufnahmen von Gravis. Wehmütig dachte er an seine alten Kameraden. Drei Jünglinge auf Regina waren unbedarft zur Musterung gegangen und vom perfiden System der Despotin auseinandergebracht worden. Sie hatten sich wiedergefunden und waren nun endgültig verloren. Eine Träne lief Animus die Wange hinab. Wie wäre das Leben verlaufen, wenn er zum Munus oder Rusticus modifiziert worden wäre? Wären die Rollen vertauscht gewesen, oder hätte sich etwas völlig anderes abgespielt? Bei einer Sache war er sicher: Er wäre als Custos niemals wieder zurück in die Arme der Unterdrücker gegangen. Schon gar nicht freiwillig. Das passte auch zu Gravis nicht. Irgendetwas war seltsam an seiner Flucht. Irgendetwas stimmte nicht.
Sie hatten doch noch vor wenigen Tagen gut gelaunt zusammen trainiert. Animus hatte die Überwachungskameras überprüfen wollen, aber die entscheidenden Passagen waren definitiv gelöscht worden. Er hatte Mr. Carthy darüber informiert, und gemeinsam mit dem Programmierer Mortimer waren sie bei einer Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass eine Plasma-Überladung die Dateien zerstört hatte – ein extrem seltener Vorgang. Trotzdem blieb die Frage, wie Gravis es geschafft hatte, zunächst unbemerkt unautorisiert das Shuttle zu starten. Ohne die obligatorischen Freigaben. Aber mit wem sollte er darüber sprechen? Mortimer schien froh zu sein, dass sich sein Vorurteil über Custoswesen bewahrheitet hatte, und ihnen nicht zu trauen war. Mr. Carthy war zu beschäftigt. Und sein Pilotenkollege Ricky McCoy war auch nicht gerade der Mann, mit dem er so etwas besprechen wollte.
Animus filterte alle Newsfeeds, die er finden konnte, nach einer Nachricht über einen übergelaufenen Custos, allerdings erfolglos. Entweder war das Shuttle unbemerkt bis zu einem AD-Schiff gelangt, oder es flog noch verirrt durchs tiefe All. In einigen Wochen würde Gravis spätestens der Sauerstoff ausgehen. Vielleicht hatte er die Kurskoordination falsch eingegeben. Animus wurde noch verrückt vor Sorge. Fragen über Fragen. Und er konnte nur hypothetische Spekulationen durchdenken, die ihn keinen Millimeter weiterbrachten.
Er saß in seinem Gelsessel in seiner Suite und aktivierte eine 3-D-Karte des Raumsektors zwischen Beta Patria und der Frontlinie zum AD. Er zoomte in diverse Abschnitte und verglich die berechnete Flugbahn des Shuttles mit Flugbewegungen der feindlichen Dominionschiffe. Wo könnte Gravis Kontakt aufgenommen haben? Oder war er vernichtet worden? Mit 77,2 prozentiger Wahrscheinlichkeit hatte das relativ langsame Shuttle die Frontlinie noch nicht erreicht. Aber was hieß das schon? Schließlich beendete Animus die Darstellungen ergebnislos und schloss resignierend die Augen. Eine Fingergeste sorgte dafür, dass ein Butler-Bot herbei rollte und einen perfekt temperierten synthetischen Gin servierte. Doch all die Annehmlichkeiten in diesem luxuriösen Wohnhabitat sorgten nicht dafür, dass der Pilot bessere Laune bekam. Seine Gedanken schwirrten weiterhin um seinen verschwundenen Kameraden. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina: Aktualisiertes Glossar
|
Datum:05.04.20 19:38 IP: gespeichert
|
|
Aktualisiertes GLOSSAR
Augusta Regina: Herscherin des Planeten Regina, abtrünnige Kolonie der Vereinten Allianz. Nach ihrem Exil im Alpha Dominion einem Attentat zum Opfer gefallen. Nachfolgerin: Aranea Regina II.
Alpha Dominion: Bündnis diverser Welten und Lebensformen, einige davon nicht Humanoid.
Planeten im AD:
Frigidus: kalter Planet an der Sektorgrenze, m. militärischen Einrichtungen
Naturalis Sidus: großteils tropischer Planet (Exil für Augusta Regina und der Edeldamen der Adelskaste)
Vereinigte Allianz: Bündnis diverser Welten und Lebensformen (128 Milliarden Humanoiden)
Planeten der VA:
Atra Mundo: Planet und No-go-Area am Rande der VA. 7 Megacitys. Hauptstadt: Atra-City. Kriminelle Organisationen teilen sich die Herrschaft. Sklavenhaltung wird praktiziert. Keine Androidentechnologie. Abgeschnitten durch Embargo.
Beta Patria: liegt im Sol-System X94021-115-BP und beherbergt den Hohen Rat der VA
Colonia Agricultura: Planet mit Landwirtschaft (Nahrungserzeugung)
Litus Mundus: Vergnügungs- u. Urlaubsplanet (temporär als Militärbasis genutzt)
Mare Mutus: Planet in der Nähe des Regina-Systems
Pax Novo: wirtschaftlich starke Welt (233 Mio Bevölkerung); Hauptstadt: Pax-City (14 Mio), liegt im Sol-System von Beta Patria
Regina: abtrünnige Kolonie der VA mit wechselnden Machthabern, inzwischen durch das AD besetzt.
Fortuna: Mond von Regina
Neuromodifizierte Wesen unter Augusta Regina:
Rusticus (Arbeiter) und Munus (Sexsklaven); besondere Rusticus-Variante: Custos (muskulöse Haremswächter)
andere Lebensformen:
Placidus: friedliebende Humanoide (1,30 m groß, stark behaart) werden im AD gerne als Sklaven gehalten
Scarabaeus: insektoid-humanoide Spezies des AD (Kaiserreich). Exotrope Augen, Schuppenhaut, 2 m groß, aggressiv. Offiziersrang: Kaiserlicher Diener. Untergeordnet: Kaiserlich Geführter.
Alba Simia: Hybridform aus Affe u. Mensch. AD. Weiße Haare. Schöngeister. Halten sich Sklaven wie die Placidus (aus ihrem Nachbarsystem). Spielen 3-D-Schach.
Wurmskorpione: Wurm im Wirtskörper eines skorpionartigen Lebewesens. Klickender und zischender Akzent.
Amphibienwesen: abgeschottete Kultur, grünliche Warzenhaut. Können mind. 20 Min. unter Wasser bleiben. 50 cm lange Zunge. Nickhaut über Augen. Heimatwelt hat 0,3 g.
Corium Bestia: stark behaart, muskulös mit ledriger Haut, zwei Meter groß, circa 150 kg Gewicht, IQ 60, humanoide Lebensform, Heimatplanet Nulla Varietas (außerhalb der VA). Gesellschaftsform: Diktatur in Kooperation mit anderen Völkern, Technologie wird importiert. In der VA existieren einige Siedlungen der Corium Bestia, die dort als Leiharbeiter beschäftigt sind.
Konzerne, Vereinigungen:
Bionic Industries (größter Androidproduzent in VA, auf Pax Novo), grünes Logo; Sitz: Pax Novo. (inzwischen verstaatlicht)
Prospect Enterprises: Erzverarbeitungsbetrieb. Sitz: Regina (inzwischen aufgegeben und nach Beta Patria umgesiedelt)
IPPC (Interplanetary Private Prison Corporation): private Gefängniskette, gelbes Logo. Diverse Standorte.
Securitas Tracing Corp.: Organisation zur Festnahme von rebellierenden Munuswesen und Edelfräuleins auf Regina. (Nach der Besetzung durch das AD aufgelöst)
Noxius-Bruderschaft: kriminelle Verbindung auf Atra Mundo
Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:05.04.20 19:41 IP: gespeichert
|
|
~ LXXVIII ~
In der Folgezeit bestellte Mr. Iceberg „seine‟ Marina beinahe täglich. Jedes Mal lernte sie besser, ihrem Kunden die beste Behandlung zukommen zu lassen. Bald schon dachte Artus Iceberg darüber nach, Marina zu kaufen. Ob das möglich war? Offiziell war Sklavenhaltung auch auf Atra Mundo verboten, aber er konnte dem Syndikat, dem sie gehörte, eine gewisse Summe Dilithiumeinheiten zahlen. Dann wäre Marina frei und unabhängig. Konnte raus aus dem Slum. Zumindest theoretisch. Selbstverständlich hatte sie dann bei ihm zu bleiben. Wenn er für ihre Kosten aufkam, würde sie sicherlich im Habitat leben dürfen. Seine Suite war ja groß genug.
Er freute sich schon auf das heutige Treffen, bei dem er ihr von seinem Plan berichten wollte. Marina sah ihn immer so ehrfürchtig und bewundernd an, irgendwie verliebt. Hatte sie sich auch in ihn verguckt? Oder erschien ihm das nur so? Auf jeden Fall würde sie ihm dankbar sein, wenn er sie aus den armseligen Lebensverhältnissen herausholte, denen sie bisher ausgesetzt war. Iceberg aktivierte das Holo-Entertainmentprogramm und zappte durch die Offerten: Kriegsberichtserstattung von der weit entfernten Front, bei der sich momentan eine Patt-Situation andeutete. Dann klickte er auf eine Spielshow, bei der sich die Kandidaten aus den Slums gegenseitig böse Streiche spielten. Der Gewinner erhielt ein Nahrungspaket.
Der nächste Kanal bot eine ganze Auswahl an Erotikvideos zum Teil sehr bizarrer Art. Als Iceberg eine zierliche Humanoidin sah, die in medizinischen Fixiergurten lag und von einem viel größeren Wesen mit einem gewaltigen Noppenphallus genommen wurde, schaltete er schnell weiter. Trotzdem neugierig geworden öffnete er ein Infomenü und erfuhr, dass hier eine Frau und ein Corium Bestia kopulierten. Der Ex-CEO musste in einem Lexikon nachsehen, was das sein sollte. Er hatte noch nie von der Lebensform gehört: Corium Bestia, stark behaart, muskulös mit ledriger Haut, zwei Meter groß, circa 150 kg Gewicht, IQ durchschnittlich bei 60, gehören zu den humanoiden Lebensformen, Heimatplanet Nulla Varietas (außerhalb der VA). Gesellschaftsform: Diktatur in Kooperation zu anderen Völkern, da die Corium Bestia kaum eigene Technologie entwickeln. In der VA existieren einige Siedlungen der Corium Bestia, die dort als Leiharbeiter beschäftigt sind.
Iceberg überflog die Historie der Spezies. Dann sah er sich eine 3-D-Darstellung der Anatomie an. Der Phallus war mit dicken Noppen übersät. Länge und Durchmesser entsprachen einem menschlichen Unterarm. Er erinnerte sich an das Video mit der Frau... Ob der Film hier in seinem Habitat, Star 3, entstanden war? Groß genug für viele Studios war es ja. Er tippte weiter und fand die Unterauswahl „Wettbude‟. Ein Fenster poppte auf: „Zur Freischaltung Ihres Accounts senden Sie vier Dilithiumeinheiten an den angegebenen Link.‟ Iceberg folgte der Anweisung. Daraufhin verschwand das Bild. Ein grünes OK-Häkchen leuchtete auf. Dann teilte sich die Bildschirmdarstellung: Links stand „Ihr Wetteinsatz‟. Dazu gab es Eingabemöglichkeiten für Mindest- oder Maximal-Dauer der Wette. Rechts waren Battles anzuklicken.
Das Untermenü versprach „Ultra-Fight 1 (Mann vs. Mann)‟, „Ultra-Fight 2 (Frau vs. Frau)‟ und diverse Varianten (Frau vs. Mann, Humanoid vs. alternative Lebensform etc.). Ein anderer Titel lautete „Hunger-Games‟. Iceberg klickte es an. In einem dämmrigen Raum waren mehrere kleine Käfige zu sehen, in denen sich nackte Personen befanden, die sehr dünn wirkten. Schnell deaktivierte er das Bild wieder und klickte stattdessen auf „Electric Fun‟. Mehrere Kandidaten aus den Slums standen in einer Reihe nackt in einem Studio. Sie trugen alle Hodenelektroden. Jeder von ihnen hatte einen roten Buzzer vor sich stehen. Wer sich innerhalb einer vorgegebenen Zeit die meisten Stromstöße gab, war Sieger. Das Spektakel wurde live mit Publikum im Studio übertragen.
Iceberg murmelte. „Woher soll ich wissen, wer da die meiste Motivation hat?‟ Er zuckte mit den Achseln. Was soll´s? Warum nicht einen Versuch riskieren? Der Mindesteinsatz war niedrig. Er tippte auf den zweiten Mann von links, der etwas athletischer gebaut war als die anderen. Seine Wette platzierte er im linken Fenster: zwei Dilithiumeinheiten. Er konnte auch sehen, wie viele Spieler aktiv waren. Momentan machten 134 Personen mit. Jetzt kam es auf die Wettquote an. Leider setzten 119 andere Spieler ebenfalls auf Kandidaten zwei. Iceberg seufzte. Selbst, wenn der Typ gewann, würde dabei nicht viel herauskommen. Hätte er mal einen Außenseiter gewählt.
Erst jetzt fiel ihm ein junger Bursche auf, der ganz rechts stand und fast schon feminin wirkte. Sein Kopfhaar war brustlang, am restlichen Körper befand sich dagegen kein einziges Haar. Er zitterte vor Aufregung oder Angst. Dem war nicht viel zuzutrauen. Aber wer weiß schon?, fragte sich Iceberg. Umentschieden konnte er sich leider nicht mehr. Der Moderator gab mit süffisantem Ton noch ein paar lustige Anspielungen zum Besten, die mit Strom, Hoden und Schmerzen zu tun hatten. Die Zuschauer im Studio grölten.
Die zehn Kandidaten selbst wussten nicht, wie viel Zeit ihnen blieb. Die wettenden Spieler am Monitor jedoch sahen einen Countdown: Die Gesamtzeit betrug 10:00 Minuten. Jede Buzzerbetätigung führte zu einem kurzen heftigen Stromschlag. Was die Kandidaten bald merken würden, war, dass nach jeweils zehn Stößen die Stärke ein wenig erhöht wurde. Die genauen Daten von Volt und Ampere zeigte das Fenster in einem Balken für die Spieler an. Damit die Kandidaten nicht mitbekamen, wie viele Punkte der Gegner gesammelt hatte, erhielten sie Neutralisations-Ohrenstöpsel und eine Augenblockade: Durch eine Spezialbrille wurde temporär der Sehnerv ausgeschaltet. Das Startsignal erhielten sie daher durch eine Vibrationsplatte unter ihren Füßen.
Der Countdown begann, und die Männer knallten ihre Hand auf den Buzzer. Offenbar war der Schmerz doch größer als erwartet, denn nach wenigen Aktivierungen sank die Geschwindigkeit der Kandidaten deutlich. Sie krümmten sich und stöhnten und überlegten immer länger, ob sie erneut drücken sollten. Aber einige wollten es wissen und schlugen immer wieder auf den Buzzer. Darunter sogar der weibliche Typ, der schrie und seinen Körper verrenkte, aber nicht aufgab.
Der Moderator trieb die Kandidaten mit lockeren Sprüchen an, um seinen Zuschauern das beste Entertainment zu bieten. Einige Zuschauerinnen kreischten und kicherten. Während der Femboy zeitweise sogar führte, erwies sich der Muskelathlet als Enttäuschung und lag an drittletzter Stelle. Iceberg murmelte: „Das war´s dann wohl. Der stellt sich ja an!‟ Wie erwartet, erhielt Iceberg nach Ende des Countdowns den Hinweis: „Leider haben Sie keinen Gewinn erzielt. Machen Sie doch in zwei Stunden beim nächsten Durchgang wieder mit! Viel Glück!‟
Der Jüngling hatte tatsächlich mit 123 Buzzern gewonnen. Iceberg klickte das Fenster weg. Er fragte sich, ob beim nächsten Durchgang die selben Kandidaten wieder da standen, oder ob neue eingesetzt würden. Er kicherte heiser. „Wenn das immer die selben sind, dann sind das echt arme Schweine!‟ Mit einer Geste holte er die Uhrzeitanzeige zu einer schwebenden 3-D-Projektion hervor und stellte fest, dass in einer halben Stunde Marina kam. Er scrollte weiter in der Liste. Es gab schier unendlich viele Shows – manche in Studio mit Publikum, manche auch ohne Zuschauer gefilmt. Das musste eine gigantische Industrie sein. Vermutlich lebten nicht wenige Menschen aus den Slums von der Teilnahme an diesen Spielen.
Iceberg wurde auf den Titel „Happy Hunt‟ aufmerksam. Sein erster Gedanke ließ ihn erstarren. Wurden da etwa Menschen liquidiert? Aber die Infobox klärte ihn auf: In einer dafür präparierten riesigen Halle auf einem ehemaligen Industrie-Areal jagten drei Jäger 24 Häschen. Kurz darauf blendete sich ein Häschen in 360-Grad-Darstellung ein, und Iceberg musste lachen: Die Tierchen waren Menschen mit Hasenkopfhaube und einem Buttplug mit Puschel. In diesem Outfit versuchten sie möglichst lange den Jägern aus dem Weg zu gehen. Die Hunter hatten Elektro-Impulswaffen, die kleine Kugeln aus einer knetartigen Masse verschossen. Trafen sie auf ein Häschen, klebten sie fest und verformten sich zu einer etwa drei Zentimeter großen Elektrode, die einen achtsekündigen Stromstoß abgab. Damit war der Hase zunächst aus dem Spiel, kam aber nach einer Pause wieder hinzu. Wer zuerst eine bestimmte Anzahl Hasen erbeutet hatte, gewann die Jagd.
Die Jäger trugen modisch geschnittene Tarnkleidung. Zu Icebergs Überraschung waren alle drei Jäger weiblich. Eine Blondine mit Kurzhaarschnitt hatte ihre Basecap mit dem Schirm nach hinten aufgesetzt. Am linken Nasenflügel war sie mit einem Ring gepierct. Eine Brünette mit langem Pferdeschwanz hatte auf ihre Basecap eine militärische Sonnenbrille gesteckt. Die dritte Dame war dunkelhäutig und trug die langen schwarzen Locken offen. Sie hatte ihre Basecap zusammengerollt unter eine Schulterklappe gesteckt. Der knallrote Lippenstift dominierte ihr Gesicht. Iceberg grinste und murmelte. „Geile Bräute und heiße Waffen – was will Mann mehr?!‟
Auch hier konnten die Zuschauer nur an den Schirmen wetten. Aber Iceberg scrollte lieber noch weiter. Er fand „Mathe-Test‟. Skeptisch runzelte er die Stirn. Das hörte sich aber nicht sehr spannend an. Doch in der Infobox wurde ihm erläutert, dass die Kandidaten während ihrer Rechenaufgaben Stresssituationen ausgesetzt waren. So gab es beispielsweise den „Hot Chair‟ und den „Hot Plug‟. Der Ex-CEO schüttelte teils amüsiert, teils befremdet den Kopf und ließ den Service-Bot ein kaltes Getränk servieren.
Er scrollte bis ans Ende der Liste. „Hit your Neighbour‟ - der Titel sprach für sich, und als Iceberg kurz in ein Sample-Video klickte, sah er mehrere Nackte im Kreis stehen und zum Takt der lustigen Musik mit einem Brett auf das Gesäß des Vordermannes schlagen. Wahrscheinlich gewann derjenige, der als Letzter mitmachte. Iceberg hatte genug. Das waren ja Abgründe! Umso entsetzter war er, als er merkte, dass er eine Erektion bekommen hatte. Sein bestes Stück war nässend vor Lust. Da gab der Eingang einen dezenten Klang von sich: Besuch. Iceberg grinste. Was für ein Timing! Marina, ich liebe dich immer mehr!
Sie trug wieder diesen langen Mantel, unter dem sich ihre wunderschöne Figur verbarg. Sie hatte ihn kaum abgelegt, da riss er sie an ihrem Geschirr herum und beugte sie über die Lehne eines Gelsessels. „Willst du es heute härter haben?‟ Marina zitterte leicht und hauchte ihm zu: „Ja, bitte, bitte besorge es mir hart.‟ Und wäre die Eingangstür des Apartements 75-1365 nicht schalldicht gewesen, so hätte man die Schreie gehört, in denen sich Verlangen und Schmerz verschmolzen.
Aranea Regina II. saß am Kopfende des langen Konferenztisches aus Hydroquarz in ihrem Palast auf Regina und besprach sich mit dem Hohen Rat des Alpha Dominion. In den vergangenen Tagen war ihre Offensive stagniert. Zu stark war der Widerstand der Vereinigten Allianz. Trotz der Myriaden von Androiden und Robotern konnten sie nicht durchbrechen und das dezisive Sol-System mit Beta Patria erobern. Doch dann erreichte die Führerin der Delegation des Hohen Rates während der Versammlung eine höchst brisante Information aus Geheimdienstkreisen.
In der VA tobte eine zweite Front, die den Gegner bedeutend schwächte. Zahlreiche Androiden waren außer Kontrolle geraten, Ein illegales Update einer bionischen Firma hatte dazu geführt, dass Künstliche Intelligenzen einer Android-Serie keine Beschränkungen mehr hatten und völlig autonom und selbstbestimmt ohne Skrupel agierten. Sie schienen nun den Dienst zu verweigern und abzuwarten, wer den Konflikt gewann, um in Kooperation mit den neuen Mächten einzutreten. Doch dieser Programmfehler war nun nachweislich von den direkt betroffenen Androiden auch auf andere Modelle übertragen worden. Die Spionageprogramme des AD hatten eine aktuelle Fehlfunktionsrate von 21,7 Prozent aller Androiden der VA errechnet. Die Experten spekulierten, dass die infizierten Androiden bewusst ihre neu entstandene Spezies – wenn man sie so nennen konnte – vermehren wollten, um den eigenen Einfluss zu maximieren. Damit war ihr akuter Feind die VA. Besser konnte es für das AD nicht laufen. Aranea jubelte. Der Alba Simia Altitudo lächelte. „Warum kontaktieren wir den Sprecher dieser Androiden nicht und verbünden uns? Das wäre noch effizienter. Wenn wir die Operationen abstimmen...‟ Regina II. nickte. „Die militärischen Nachrichtendienste sind bereits aktiv.‟
Animus las gerade in einem Newsfeed über die Gefahr der infizierten KIs, denn die Regierung hatte entschieden, die Problematik öffentlich zu machen. Im Worst Case würden sich die Androiden reproduzieren. Das Know How dafür besaßen sie; es fehlte ihnen nur noch an der Hardware. Wenn sie die Kontrolle über die Spezialfabriken erhielten, gäbe es kein Halten mehr. Alle Produktionsstätten für Androiden sowie Zuliefererfirmen wurden stillgelegt und streng gesichert.
Des Weiteren wurde die Antiandroidennotstandsverordnung (AANV) erlassen. Eigentümer von Androiden im Sol-System von Beta Patria mussten sich darauf einstellen, dass die Modelle zu einem nahen Termin deaktiviert werden mussten. Wer sich nicht darauf vorbereitete, den traf zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung die automatische Zwangsabschaltung durch die Behörden. Leider waren sich die Experten nicht sicher, ob sich auch infizierte Androiden so einfach per Fernwartung sperren ließen. Eine Warnung an die Bevölkerung hieß: „Vertrauen Sie keinem Unbekannten! Führen Sie generell bei fremden Personen einen Bio-Scan durch. Wenn Sie sich bei einer Person unsicher sind, melden Sie dies unmittelbar den Behörden.‟
Was die Regierung verschwieg, war das Resultat einer Expertengruppe, die errechnet hatte, dass in circa fünf Jahren die befallenen Androiden in der Lage sein würden, Humanoide, die sich in Stasis befanden, zu reanimieren und sich deren Körper als Wirt zu bedienen, in dem nur noch der Chip des Androiden nicht organisch war, aber alle Kontrolle besaß. Dann würden auch Bio-Scans bei der Entlarvung von KIs versagen. Das war der Gegenentwurf zu den vom Regina-Regime entwickelten Androiden, in denen die Bewusstseine der männlichen Adelskaste integriert waren.
Animus hatte genug schlechte News gesehen und musste sich ablenken. Er verließ seine Hotelsuite, um die Bar nur drei Ebenen tiefer zu besuchen. In angenehm gedimmter Atmosphäre setzte er sich an eine indirekt beleuchtete Plexiglastheke auf einen ebenso transparenten Barhocker und bestellte einen synthetischen Gin. Zwei Hocker weiter saß eine attraktive Frau und nippte an einem hohen Glas mit grünem Inhalt. Sie trug enge anthrazitfarbene Latexkleidung. Ihre knallroten Haare im Pagenschnitt wirkten wie ein intensiver Kontrast. Sie lächelte ihm zu. Der junge Pilot lächelte freundlich zurück. Ob die Dame wirklich eine einsame Lady war, die womöglich eine nette Bekanntschaft suchte? Oder würde sie sich als professionelle Liebesdienerin entpuppen, die auf ein Geschäft hoffte?
Sie hatte ein makelloses Gesicht, und auch die Figur war beinahe zu perfekt, um natürlich zu sein. War sie ein Android? Oder medizinisch optimiert? Ein Versuch war es wert. Animus bot ihr einen Drink an. Die Frau stellte sich charmant als Violetta vor und bedankte sich, nahm noch mal das grüne Getränk. Der Gastgeber hielt seinen mobilen Kommunikator hoch. „Hätten Sie etwas dagegen...?‟ Violetta nickte verständnisvoll. „Bio-Scan? Natürlich nicht. Machen Sie ruhig. Heutzutage kann man nicht vorsichtig genug sein.‟ Sie hielt ihm eine perfekt manikürte Hand entgegen, an die Animus seinen Scanner hielt. Jetzt saß sie auf dem Hocker direkt neben ihm. Das Gerät zeigte die DNA an: 100 Prozent Humanoid.
Violetta betrachtete ihn amüsiert. „Gehören Sie zu der Crew von Prospect Enterprises?‟ Animus bejahte. „Ich bin Pilot. Unsere Firma möchte sich ein Standbein hier auf Beta Patria aufbauen. Ich stamme von Regina, war dort unter der Diktatorin Pugnator und später dann bei der VA. Inzwischen bin ich Zivilist und mache meinen Job gern.‟ Die Rothaarige zückte ihren Kommunikator und wackelte damit in den Händen. „Dürfte ich dann auch?‟ Animus räusperte sich verlegen. „Oh, äh, ja. Selbstverständlich. Verzeihen Sie.‟ Während sie ihn scannte, betrachtete er ihre katzenartigen tiefgrünen Augen. Ob sie operativ modifiziert worden waren?
Die Dame drückte den MK zurück an eine Klettstelle an ihrem seitlichen Oberschenkel. „Ich darf verkünden, dass diese Bar nicht durch Androiden infiltriert wurde.‟ Sie waren die einzigen Gäste. Hinter der Theke arbeitete ein Service-Bot. Diese primitiven Roboter waren vom AANV ausgenommen – wie auch Industrie-Bots und autonome Logistikgeräte oder inetelligente Frachtdrohnen. Animus stieß mit Violetta an. „Dann auf zwei Menschen in einer kleinen Bar.‟ Es knisterte in der Luft. Sie tranken, und der Pilot fragte: „Violetta, ich weiß noch gar nichts über dich.‟ Die unbekannte Schönheit lächelte. „Ich bin eine geborene Beta Patrianerin. Ich war bei der STC, wenn du weißt, wer das war.‟ Animus hob staunend die Augenbrauen. „Securitas Tracing Corp? Da warst du? Auf Regina?‟
Violetta schüttelte ihren Pagenschnitt. „Nicht direkt. Ich habe von Beta Patria aus gearbeitet. War für die Koordinierung zuständig. Ich selbst war nie bei einer Jägereinheit und habe Munuswesen und Rusticusse gefangen. Das haben meine Kollegen gemacht.‟ Sie seufzte. „Aber seit Regina vom Dominion besetzt ist...‟ Animus nickte wissend. „... ist die STC abgewickelt worden.‟ Die Rothaarige erklärte: „Habe gerade einen neuen Arbeitsvertrag im Controlling für Konfigurationen von Platinen unterschrieben bei einem behördennahen Computerchiphersteller hier auf Beta Patria. Die bauen auch die gesamte Hardware-Struktur für die Zentralverwaltung der Regierung.‟ Animus trank beeindruckt von seinem Glas. „Du bist wohl hochbegabt. Was kannst du noch so alles?‟ Violetta sah ihn schelmisch an, klimperte lasziv mit ihren Wimpern und sah ihm fest in die Augen. „Finde es heraus...‟
Animus merkte, wie sich in seiner Hose eine Erektion bildete. Diese Zufallsbegegnung war nicht nur intelligent sondern auch mit einem Sexappeal ausgestattet, den er bisher bei nur wenigen Frauen gefunden hatte. „Du... hast sehr schöne Augen. Das haben dir bestimmt schon viele Typen gesagt.‟ Violetta legte eine Hand auf seinen Schenkel. „Aber noch kein so attraktiver Mann.‟ Plötzlich störte eine metallene Stimme: „Möchten Sie noch einen Drink?‟ Der Service-Bot war unbemerkt auf seinen Gummilaufrädern herangerollt. Animus und Violetta lachten. Der Pilot verneinte und schmunzelte die Dame an. „Soziale Kompetenz fehlt den Schrottkisten noch.‟ Sein Gegenüber lachte glockenhell. „Ja, wenn du Lust hast, können wir unser Gespräch in meiner Suite weiterführen. Bei einem Kaffee Delicatus aus dem Hochgebirge Solus auf Colonia Agricultura. Das beste Getränk der Galaxie!‟
Animus freute sich. „Sehr gute Idee. Da bin ich gespannt. Ich würde dich gerne näher kennenlernen.‟ Violetta sprang sportlich vom Hocker, hielt sich dabei an Animus fest und hinterließ an seinen Oberarmen ein wohliges Kribbeln. Er berührte den Bezahlsensor am Tresen und verließ mit seiner neuen Bekanntschaft die Bar gerade noch rechtzeitig. Als er sich auf dem Korridor umdrehte, sah er noch, wie sein Kollege Ricky McCoy mit zwei weiteren PE-Mitarbeitern die Bar betrat. Einer von ihnen war dieser unsympathische Mortimer. Animus spürte, wie Violetta nach seinem Arm griff und sich einhakte.
Ihre Suite befand sich vier Ebenen über der von Animus. Vor dem Eingang sagte sie: „Öffnen‟. Das Stimmenzugangsprogramm entriegelte augenblicklich die Tür. Sie traten ein, und der junge Pilot kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Das nenne ich mal eine Luxussuite! Davon ist meine Welten entfernt. Wow! Und die Kuppel an der Decke! Liegt deine Suite in einem Erker des Habitats?‟ Violetta bejahte die Vermutung. „Ja, der Himmel ist keine Projektion sondern echt. Diese Suite gibt es nur mit Beziehungen. Aber ich kenne den Hotelier.‟ Animus schluckte. „Du kennst den Hotelier? Du überrascht mich immer mehr.‟
Dann sah er ein zylindrisches Gerät an der Wand hängen. „Was ist das denn?‟ Violetta kam zu ihm und nahm das Teil ab, legte einen kleinen Schalter um und gab einen Code auf einem Touchpad ein. „Mit dem FNS hat die STC Munuswesen eingefangen. Soll ich es mal demonstrieren?‟ Animus zuckte mit den Achseln. Violetta grinste frech. „OK. Du bist jetzt ein Munus...‟ Sie ging ein paar Schritte zurück, drückte auf den Auslöser, und sofort schoss ein Netz aus verdickten Nanofasern hervor und stülpte es präzise über das Ziel, zog sich kräftig zusammen und fixierte die Person. Animus wurde zusammengedrückt und lag kurzerhand wie ein Embryo auf dem Boden verpackt.
Violetta lachte wieder ihr glockenhelles Lachen. Dann deaktivierte sie das FNS, und das Netz löste sich in kleine Kügelchen auf, die auf den Boden prasselten wie Reiskörner aus einem kaputten Sack und sich langsam auflösten. Bevor Animus sich hochrappeln konnte, hatte sich Violetta auf ihn gesetzt und seine Hände auf den Boden gedrückt. „Hab dich!‟ Sie beugte sich vor und stöhnte wohlig, als sich Animus zu ihr hochbäumte und sie leidenschaftlich küsste. Nach wenigen Augenblicken drehte sich der Pilot ruckartig herum und kniete nun über seiner Eroberung. Sein Gesicht vergrub er im Ausschnitt des Latexoveralls. Nein, merkte er, es war ein Oberteil und eine Hose. Er schob das Kleidungsstück ein wenig nach oben, um den flachen Bauch der Frau freizulegen und küsste ihn. Violetta bäumte sich unter ihm voller Verlangen. Sie tastete nach einem Knopf an ihrer Hose und drückte ihn. Der scheinbar normale Latexstoff löste sich innerhalb von fünf Sekunden auf. Animus war ein paar Sekunden lang perplex. Nun lag sie splitternackt unter ihm. Der junge Mann stöhnte nun lustvoll auf und nestelte hastig an seiner eigenen Hose. „Dein Kaffee Delicatus muss warten...‟ Diese Frau hatte immer noch eine weitere Überraschung auf Lager...
Gravis hatte inzwischen seine Kleidung erhalten: einen sich selbst reinigenden eng anliegenden gelben Overall. An der linken Brust sowie auf dem Rücken befand sich eine große Identifikationsnummer. Auch Nahrung hatte er erhalten, wenn auch für seine Verhältnisse eine spartanische Portion, die aus einem undefinierbaren Brei bestand. Die Hoffnung auf einen Advokaten hatte er sich abgeschminkt. Auch die Frage nach dem Zelleneingang hatte sich gelöst. Allerdings anders, als erwartet. Gravis hatte ein getarntes Schott vermutet, doch es gab schlicht keinen Zugang zu den Zellen. Stattdessen wurden die Insassen mit moderner Teleportertechnologie aus ihren Behausungen an andere Lokalisationen übertragen. Auch ihre Nahrung erhielten sie auf diesem Wege.
Damit war ein Ausbruch aus der Zelle kategorisch auszuschließen. Die Wände waren mit Nanostäbchen verstärkt und mit einem Aerogelkern gefüllt. Damit entsprachen sie der höchsten Sicherheitsstufe, die in der VA bekannt war. Keine Plasmawaffe konnte diese Panzerung durchbrechen. Gravis hatte bisher weder Wärter noch Gefangene kennengelernt. Sollte er in absoluter Isolation gehalten werden? Er zermarterte sich immer noch den Kopf über seine Vergangenheit, aber bis auf die Informationen, die ihm vorgespielt worden waren, ließ sein Gedächtnis sehr zu wünschen übrig. Mittlerweile wusste er nicht mehr, was nun tatsächlich auf seiner Erinnerung beruhte, und was ihm die Haftanstalt gezeigt hatte.
Und noch etwas fiel ihm auf: In seinem Nacken zwickte es leicht. Er tastete auf der Haut herum und spürte eine leichte Erhebung. IPPC musste ihm einen Chip implantiert haben. Der ehemalige Custos war sich klar, dass er damit überall geortet werden konnte. Aber damit nicht genug. Wenn man ihm auch einen Neurohacker eingesetzt hatte, dann würde er blitzschnell ausgeschaltet werden können wie einen Roboter, dem man den Stecker zog. Er hatte in einer Datenbank davon gelesen, dass IPPC diese Ausrüstung bei hohen Militärs der Regina anwendete. Merkwürdig, dass er sich an solche Details erinnern konnte, aber sonst nichts zu seinem Leben wusste.
Die Eintönigkeit in seiner Zelle machte ihn zusätzlich wahnsinnig. Er musste sich irgendeine Beschäftigung suchen. Als erstes fiel ihm Sport ein. Er machte Liegestützen, Dips, Kniebeugen, fand aber nichts für Klimmzüge. Dafür versuchte er einen Kopfstand, um sich hochzudrücken. Aber so konnte er sich ja nicht den ganzen Tag beschäftigen. War überhaupt Tag? Oder Nacht? Gab es hier eine Stationszeit? Das Deckenlicht brannte permanent. Monoton. Wie lange war er bereits in dieser Anstalt? Tage? Wochen? Er hatte kein Zeitgefühl mehr. Einen Wärter zu kontaktieren, war ihm nicht gelungen. Niemand antwortete ihm. Er ging in der kleinen Zelle hin und her und hin und her. Zum mindestens zehnten Mal heute machte er Sit-ups, um sich abzulenken.
Das Spezialmaterial seines Overalls transportierte seinen Schweiß nach außen. Ansonsten saß das Kleidungsstück wie eine zweite Haut. Seine Muskelberge bildeten sich natürlich ab, aber auch sein Gemächt war detailreich zu erkennen. Wohl fühlte er sich in dem Teil nicht. Irgendwie erinnerte ihn das an eine frühere Erfahrung, aber er kam nicht drauf, wann und was das gewesen war. Hatte er in seinem früheren Leben schon mal so engen Stoff getragen? Aber warum und wo? Aufgrund seines metamorphosen Körperbaus war ihm klar, dass er Custos gewesen sein musste. So stand es auch in seiner Akte von IPPC. Aber als Custos trug man einen Lendenschurz aus Polyamid und Armschienen aus Carbon. Je mehr er sich zu erinnern versuchte, desto dichter wurde der Nebel in seinem Kopf, als sabotierte etwas seine Erinnerungen. Bald schon wusste er gar nichts mehr. Wie ein Computer, der sich aufgehängt hatte, war Gravis nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Stattdessen legte er sich ächzend auf seine Pritsche und schloss die Augen.
Er fiel gerade in einen Halbschlaf, da weckte ihn eine laute synthetische Stimme, die seine ID-Nummer herunter leierte. „Aufstehen und in der Mitte der Zelle positionieren!‟ Das hatte die Stimme auch gefordert, als er in einen Raum gebeamt worden war, in dem er seinen Overall gefunden hatte und anziehen musste. Nun würde er also zum zweiten Mal seine Zelle verlassen. Ob er mal endlich jemanden aus Fleisch und Blut sehen würde?
Er wartete auf die Tonfolge, dann spürte er ein leichtes elektrisierendes Gefühl auf seiner Haut, und dann war er für einen Augenblick bewegungsunfähig und löste sich vor seinen Augen auf. Ein seltsames Gefühl. Beruhigt stellte er fest, dass er an einem anderen Ort wieder materialisierte. Es war nicht die Kleiderausgabe sondern ein fast leerer Raum mit Metallwänden. An einer Wand war eine Spiegelfläche von zwei mal einem Meter Größe. Vermutlich ein Fenster für einen Beobachter. Die laute Synthetikstimme erschrak ihn: „Stellen Sie sich auf den gelben Kreis mit dem Gesicht zur grauen Wand.‟ Gravis sah die Kennzeichnung mitten im Raum und folgte der Anweisung. „Strecken Sie ihre Arme über den Kopf nach oben aus.‟ Als er dieser Aufforderung nachkam, schossen aus der Decke zwei Robotikarme aus Metall und mit Manschetten, die seine Handgelenk fest umschlossen und ihn so fixierten. Synchron packten zwei massive Stahlgreifer seine Fußgelenke. Als nächstes schoben sich die Bodenkrallen einige Zentimeter auseinander, so dass Gravis nun gespreizt stand. Seinem ersten Impuls folgend, spannte er seine gewaltigen Muskeln an, aber die Vorrichtung war so massiv, dass sie sich keinen Millimeter bewegte. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:19.04.20 18:15 IP: gespeichert
|
|
~ LXXIX ~
Auf Atra Mundo im riesigen Moloch Atra-City standen die gesicherten Wohnhabitate und Park-Kuppeln der Reichen, während Slums und Industrie-Areale um das Zentrum wucherten. Die Bevölkerung der Armensiedlungen schuftete praktisch rechtlos um ihr Überleben. Im Gegensatz dazu lebten die Privilegierten in den Habitaten in Saus und Braus. Mit Dilithium ließ sich alles erkaufen: Luxus, Freiheit und Schutz vor den kriminellen Bruderschaften, die faktisch die Macht über den Planeten hatten.
Offiziell gab es eine Regierung, Behörden und Polizei sowie Gerichtsbarkeit, aber die Bruderschaften waren die wahren Herrscher des Planeten. Regelmäßig stürmten Spezialeinheiten der Planetenpolizei die Slums, um nach Drogen, Waffen oder Diebesgut zu suchen. Oft waren es vorgeschobene Gründe. Es ging meist darum, von den Armen Schutzgelder zu erpressen. So waren die den Mitgliedern der Bruderschaften und zusätzlich den Machenschaften der korrupten Polizei und deren Willkür ausgeliefert. Wer sich nicht schnell genug versteckte, wenn Einheiten unterwegs waren, der wurde zum Opfer der Uniformierten.
Vermutlich waren die Banden nur deshalb nicht so häufig in den Slums unterwegs, weil die Luft dort so ungesund war. Die Atmosphäre von Atra Mundo enthielt viele Schadstoffe, die die Lebenserwartung rapide senkten. Aus den Kanalisator-Anlagen der großen Wohnhabitate von Atra City flossen Kanäle mit Abwasser und chemischen und organischen Stoffen an den Slums vorbei, um viele Meilen entfernt in großen toten Seen zu münden. Einige Frachtdrohnen flogen täglich über den Kanälen, um Abfälle aus Schwermetall-Rückständen und anderen Ausschuss aus den Industriefabriken zu entsorgen, und entleerten ihre Tanks dort. Vor allem Blei, Quecksilber und Cadmium, aber auch Thallium enthielt das Gewässer, dazu fanden sich Pestizide und eine Vielzahl an Toxinen sowie diverse Säuren. Niemand näherte sich den Kanälen, wenn es nicht unbedingt notwendig war.
Die Produktion von Nahrung war für die arme Bevölkerung nicht möglich. Wer in der Atmosphäre von Atra Mundo ungeschützt Lebensmittel anbaute, vergiftete sich damit. So waren die Menschen generell auf „Spenden‟ von den Bruderschaften angewiesen. Wer Schutzgeld bezahlte, für den wurde mehr oder weniger gesorgt. Es gab Lieferungen von Überschuss aus den Wohnhabitaten, die in den Biolabors und Molekularproduktionsstätten hergestellt worden waren. Meist handelte es sich um die Basisbiomasse, aus der diverse Speisen hergestellt wurde. Die schmeckte zwar recht neutral, doch enthielt sie einige Nährstoffe und vor allem Kalorien aus Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen.
Für Menschen, die beinahe nichts zu verlieren hatten, war es nicht abwegig, die Schutzblockaden der Habitate zu überwinden, um Nahrung oder andere Güter zu stehlen. Zur Sicherung der privilegierten Menschen verfügte jedes Habitat über eine HSU (Habitat Security Unit). Hierbei handelte es sich um uniformierte Wachleute für die Anlagen. Wie es trotz der vielen Defensivmaßnahmen immer wieder mal einige wenige Eindringlinge schafften, den Nahbereich eines Wohnhabitats zu erreichen oder sogar ins Innere zu gelangen, blieb ein Rätsel, aber die HSU machte vor allem nachts Jagd auf die Kriminellen.
Offiziell durfte die HSU die Gefangenen nur festnehmen und der Planetenpolizei übergeben, doch wurde Hausfriedensbruch von den privaten Sicherheitsleuten persönlich geregelt. Viele der Eindringlinge waren verzweifelte Slumbewohner, die Nahrungscontainer plündern wollten, in denen Lebensmittelreste lagerten, die für die Entsorgung bestimmt waren. In dieser Nacht hatten es drei junge Männer geschafft, den Elektrozaun und die Mauer zu überwinden. Ebenfalls waren sie unbemerkt an mehreren Kontaktalarmen vorbeigekommen. Die HSU wunderte sich, wie dies möglich gewesen war. Aber die Infrarot-Cam ihrer Ausrüstung zeigte das Trio vorgebeugt über einen Vorplatz schleichen.
Die HSU kreiste die Eindringlinge ein. Hochleistungslampen strahlten sie an, und einer der Uniformierten rief durch ein Megaphon: „Halt! Sofort flach auf den Boden legen! Arme und Beine austrecken! Hier spricht die HSU von Habitat Star 3! Wenn Sie die Anweisungen nicht befolgen, werden Sie neutralisiert!‟ Zwei der jungen Männer warfen sich augenblicklich entsprechend auf die Carbonfaserplatten unter ihnen, doch ein Flüchtender raste panisch Richtung Außenzaun. Ein Suchscheinwerfer folgte ihm. Eine Sekunde später schoss ein Uniformierter seine Neuro-Impulswaffe ab. Der Abtrünnige sackte schreiend zu Boden und überschlug sich mehrmals. Sein Nervensystem war durch den Impuls überlastet worden. Der Schütze rief zufrieden: „Hab den Dreckskerl!‟
Die HSU teilte sich auf. Während zwei Wachleute in ihren Kevlar-Uniformen zu dem Bewusstlosen liefen, näherten sich die anderen vier Personen den zwei Männern, die den Anweisungen nach auf dem Bauch lagen. Die Leuchten waren so grell, dass die Gefangenen temporär blind waren. Von den Gesichtern der Wachen hätten sie aber auch tagsüber nichts erkannt, denn zur Uniform gehörte eine aktive Hologrammbrille, die für das Gegenüber eine verspiegelte Fläche vor dem kompletten Gesicht des Trägers erzeugte, die die Umgebung reflektierte. Transparenz und Absorption konnten beliebig programmiert werden. Den beiden Überwältigten wurden Nanofesseln auf dem Rücken angelegt und dann abgeführt. Der dritte im Bunde folgte.
Die HSU brachte das Trio in ein Modul an einem seitlichen Zugang zum Habitat. Dort fuhren sie mit dem Lift in ihre Räumlichkeiten im vierten Untergeschoss. Dort befand sich neben dem Büro der HSU auch ein Verhörraum sowie mehrere Zellen für Gefangene. Die Männer mussten sich nackt ausziehen und wurden dann einzeln in dem Verhörraum befragt: Name, Grund der Straftat, Ablauf, Komplizen, Hintermänner.
Die Jünglinge wirkten sehr eingeschüchtert von den martialisch aussehenden Wachleuten. Sie wollten Nahrung für ihre Familie und Freunde besorgen, weil bei ihnen derzeit extremer Mangel herrschte. Die Noxius-Bruderschaft hatte mehrmals Essenslieferungen ausfallen lassen – eine Sanktion wegen Nachlässigkeiten in einer Fabrik -, und die Planetenpolizei hatte wichtige Rationen vernichtet, da sie angeblich illegal gewesen seien. Der Verhörte saß gefesselt auf einem massiven Stahlgerüst, das einem Stuhl nachempfunden war. Es wirkte gegen den mageren Mann überdimensioniert.
Ein Uniformierter hatte ihn befragt, eine weitere Person war anwesend und versetzte dem Gefangenen Backpfeifen, wenn er stockte oder vermeintlich log. Schließlich deaktivierte diese Person die Holo-Brille. Der Jüngling sah überrascht, dass es sich um eine junge Frau handelte. Seine Nacktheit hatte ihn bisher nur ängstlich und hilflos gemacht, doch jetzt schämte er sich ihrer auch noch. Der Fragesteller wiederholte seine Erkundigung nach Hintermännern, aber der Jüngling wiederholte nur, dass er den Einbruch mit seinen beiden Freunden allein geplant und durchgeführt hatte. Die HSU-Frau näherte sich dem Sitzenden und griff ihm zwischen die Beine. Jammernd wiederholte der Jüngling, was er gesagt hatte. Schließlich nickte der Wachmann und deutete an, dass der nächste an der Reihe wäre.
Die Zellen, in denen sie zwischendurch eingesperrt waren, stellten eher Stand-Käfige dar, denn sie waren nur 160 Zentimeter hoch, 50 Zentimeter breit und 50 Zentimeter tief. Schließlich hatte die HSU alle Informationen. Ein Technikteam würde am Morgen den Kontaktalarm aufrüsten. Als kleine Lektion wurden nun alle drei Männer in den Verhörraum gebracht. Mit einem Touchpad steuerte einer der Uniformierten eine Metallkonstruktion, die als Prügelbock konzipiert war. Einer der dünnen Jünglinge musste sich hinlegen. Dem zweiten Mann gab der Wachmann eine Metallrute. „20 Hiebe auf seinen knochigen Arsch! Wenn auch nur ein einziger Schlag zu schwach ausgeführt wird, wirst du die sechsfache Packung von uns erhalten! Los! Fang an!‟
Die Männer der HSU hatten sich alle sechs versammelt und schauten dem Treiben amüsiert zu und feuerten den Schläger ab und zu an. Nach spätestens zehn Treffern sah man dem Ausführenden deutlich das Mitleid und die Verzweiflung an, aber er setzte die Strafe wie befohlen weiter fort. Anschließend war der zweite dran, dann der dritte schlaksige Jüngling. Nur unter Schmerzen konnten sie danach noch laufen, wurden aber forsch von der HSU zum Ausgang getrieben und hinter die Blockaden geführt. Niemand der drei Burschen wagte nach seiner Kleidung zu fragen. Sie wollten nur noch weg. Ein Sicherheitsmann sagte: „Ihr Dreckspack habt 30 Sekunden Vorsprung. Dann ziele ich mit der Impulswaffe auf euch.‟ Die Nackten sprinteten in Panik in die Dunkelheit davon und wurden von den Suchscheinwerfern gnadenlos verfolgt.
Auf Beta Patria traf sich Animus am nächsten Tag erneut mit Violetta. Es war also kein ordinärer One-Night-Stand gewesen. Da war mehr. Die beiden hatten sich gegenseitig ineinander verguckt. Aber hätte so eine Beziehung eine Chance? Durch ihre Berufe war maximal eine Fernbeziehung möglich. Statt der realen Partnerin vor sich oft nur ein Hologramm? Animus grübelte darüber nach und wollte das Problem mit Violetta besprechen. Sie gingen in eine schicke Bar in der City mit Blick über die halbe Hauptstadt von Beta Patria und bestellten hellblaue Longdrinks in hohen schmalen Gläsern, eine Empfehlung von Violetta.
Sie lächelte ihn an. „Du bist ein wundervoller Mann. Das wollte ich dir gestern schon sagen. Aber irgendetwas bedrückt dich...?‟ Animus seufzte. Er erzählte ihr von Gravis und auch vom schon lange verschollenen Timiditas. Nur seine Beziehung zu Flosa erwähnte er nicht. Die heitere Stimmung war trotzdem hinüber. Violetta streichelte seine Hand. „Du wirst deine Freunde eines Tages wiedersehen. Du musst nur stark genug daran glauben.‟ Er lächelte sie an. Sie wollte ihm Hoffnung machen, die er aber nicht wirklich empfand. Von Timi hatte er schon so lange nichts mehr gehört, und Gravis war genau dem Feind entgegengeflogen. Wenn er nicht abgeschossen worden war, würden ihn die Mächtigen des Alpha Dominion wieder versklaven. Ein Custos war mindestens so produktiv wie ein Rusticus und konnte in Minen oder Fabriken eingesetzt werden.
Schließlich kamen die beiden wieder auf angenehmere Themen und tranken noch ein zweites Glas der hellblauen Mischung. Violetta sah ihm interessiert in die Augen, als Animus von seiner Jugend und der Ausbildung als Pugnator auf Regina erzählte. Plötzlich wurde ihre grüne Iris in einem schnellen Farbverlauf blau. Animus stutzte. Aber sein Scanner hatte sie doch als humanoid angezeigt! Violetta bemerkte seine Verwunderung und lächelte. „Eine kleine Optimierung. Die Farbe ist metamorph. Sie wechselt in unterschiedlichen Gefühlslagen. Eigentlich handelt es sich um einen Gendefekt, der mich temporär extrem lichtempfindlich macht. Ein Implantat schützt mich davor. Aber Nebenwirkung ist der Farbwechsel.‟ Ihre Pupillen waren nur unwesentlich verengt. Animus sah sich in der Bar um. „Aber hier ist es eher dämmerig.‟ Violetta griff seinen Unterarm. „Es geht auch mehr um emotionale Momente.‟ Animus legte seine Hand auf ihre. „Und jetzt ist so einer?‟ Sie flüsterte: „Für dich nicht?‟ Als Antwort beugte er sich vor und küsste die hübsche Frau. Dann strich er ihr auf einer Seite die Haare hinter das Ohr. „Wie wäre es, wenn wir dieses Mal zu mir gehen?‟ Violetta lachte keck. „Bist du denn auch ein Gentleman?‟ Animus grinste. „Das werden wir dann sehen.‟
Sie betraten gerade in Vorfreude auf das Kommende das Apartment des Piloten, da erhielt er einen wichtigen Videoanruf. Mr. Carthy, CEO der Prospect Enterprises, sein Boss. „Es gibt da eine Merkwürdigkeit. Das Hangar hat einen Container zu wenig abgerechnet. Und alle Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass kein Fehler vorliegt. Uns ist also ein Container abhanden gekommen, denn er ist definitiv nicht mehr an Bord. Der war zwar leer, aber es gibt dafür keine plausible Erklärung. Die Raumstation hat darüber keine Informationen. Wenn er über illegale Kanäle abtransportiert worden ist, könnte er Raumpiraten in die Hände gefallen sein. Nur war an der Station im Orbit außer einem IPPC-Transporter kein Schiff angedockt. Meine Scanner zeigen ihn auch in keinem Hangar an. - Wo - ist - er?‟ Animus konnte sich das auch nicht erklären. „Ich denke darüber nach. Vielleicht fällt mir etwas ein. Aber es klingt schon sehr seltsam.‟ Auf eine Verbindung mit dem Verschwinden von Gravis kam niemand. Das Shuttle hatte nicht die Kapazitäten, um einen Container zu transportieren.
Nach der Videoübertragung sah sich der Pilot um. Wo war Violetta hin? War sie gegangen? Doch er roch ihr verführerisches Parfüm... Er folgte der Spur ins Schlafzimmer. Dort räkelte sie sich halb nackt auf dem Gel-Bett. Die nächste Stunde war für beide wie eine intensive und ewig expandierende Reise in eine andere Dimension. Ihre Begierde fiel über sie her mit einer Energiefreisetzung wie der Impakt eines Asteroiden auf einen bewohnten Planeten.
In einem abgelegenen Sol-System der VA bewegte sich eine anthrazitfarbene Raumstation in einem ansonsten leeren Orbit eines öden Planeten. Bis auf die einsame Gefängnisanlage von IPPC gab es hier nichts von Interesse. Gravis stand in seiner restriktiven Fixierung mitten in dem leeren Raum. Ein elektronisches Summen ertönte, und Bolzenverriegelungen öffneten einen Zugang auf seiner linken Seite. Der Gefangene blickte automatisch in die Richtung. Zwei Uniformierte von IPPC marschierten herein: schwarze Hose, schwarze Militärstiefel, weißes Hemd, schwarze Uniformjacke mit dem gelben Emblem der Corporation.
Ihnen folgte eine kleinere Person. Es war die erste Frau, die er seit seiner Gefangennahme sah. Sie trug ebenfalls die Uniform des Privatgefängnis-Unternehmens, verfügte aber auf den Schulterklappen ihrer Jacke über ein sternförmiges Abzeichen. Es gab offenbar diverse Dienstgrade. Die Frau stellte sich breitbeinig circa zwei Meter vor Gravis hin und hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Links und rechts von ihr rahmten sie die Männer ein. Der Fixierte schaute in ein hübsches aber strenges Gesicht, schmal, volle Lippen, braune Augen, schwarze Haare zu einem festen Pferdeschweif gebunden. Eine lange Minute verging, indem sie den Insassen musterte. Dann sprach sie. „Ich bin Kommandantin Jameson und leite diese Einrichtung hier am Arsch der Galaxie.‟ Mehr sagte sie zunächst nicht. Dann gab sie ein kurzes Handsignal, und die beiden Wachmänner verließen den Raum.
Die Frau ging in ihren Kampfstiefeln um den Fixierten herum und betrachtete ihn wie ein Kunstwerk. Dann zückte sie aus ihrer Jacke einen kleinen Signalgeber und hielt ihn in die Höhe. „Weißt du, was ich damit machen kann?‟ Gravis spürte, wie sein Herz pochte, als wolle es die Rippen durchschlagen. Als wenn seine Situation nicht schon schlimm genug wäre, war er auch noch an eine perverse Sadistin geraten. Die Frau aktivierte das Gerät. Gravis zuckte zusammen. Was hatte er erwartet? Einen fürchterlichen Stromschlag? Oder dass er viergeteilt würde von diesen pneumatischen Metallarmen? Nichts war geschehen. Oder?
Doch, er sah sich um. Der gesamte Raum war in eine Art semitransparentes Kraftfeld getaucht. Die Wände waren nur noch verschwommen zu erkennen. Die Kommandantin erklärte ihm den Grund. „Das Feld schützt uns vor Überwachung jeglicher Art. Nichts verlässt diesen Raum. Kein Signal. Keine Daten. Niemand schaut oder hört uns zu. Kein Infrarot, nichts. Wir sind absolut allein.‟ Gravis wurde wieder mulmig. Was hatte die Frau nun mit ihm vor, dass nicht einmal diese skrupellosen Wärter es erfahren sollten? Sie stellte sich wieder vor ihn. „Ich habe da eine winzig kleine Auffälligkeit in deiner Personalakte bemerkt und nachgeforscht. Sie ist manipuliert. Also: Wer bist du wirklich? Ich frage dich nur dieses eine Mal!‟
Gravis hatte keinen Grund zu lügen. Aber er konnte ja nur die Erinnerungen abrufen, die ihm eingepflanzt worden waren. Vielleicht war diese Kommandantin ja sogar seine Rettung? Doch ihre nächsten Worte vernichteten all seine Hoffnung auf einen Schlag. „Ich glaube nicht, dass du ein Terrorist bist. Aber im Grunde ist es egal, warum du hier bist. Unsere Einrichtung ist eine Einbahnstraße. Hier sitzen Lebenslängliche ein. Es gibt keine Rückkehr.‟ Gravis ächzte. „Aber... Ich.. Wenn ich unschuldig bin...‟ Miss Jameson kam ganz nah zu ihm und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. „Ssssssss.‟ Jetzt fiel ihm eine kleine Narbe auf ihrer rechten Wange auf. Ihre Hand streifte an seinem Overall entlang über die gewölbte Brust, den Bauch und landete schließlich in seinem Schritt, wo sie herzhaft aber nicht grob zupackte. „Du gefällst mir. Hier am Arsch der Galaxie gibt es nur wenige Mannsbilder wie dich. Da kann sich eine Frau schon mal einsam fühlen.‟
Der Muskelkoloss schluckte. Wollte die etwa mit ihm bumsen? Im nächsten Moment zog sie aus ihrem Gürtelholster eine kleine Laserklinge und aktivierte sie. Mit einer Hand zog sie Gravis den Overallstoff vom Leib, mit der anderen zerschnitt sie ihn. Stück für Stück entkleidete sie ihn so, bis er splitternackt in seiner Fixierung stand. Eine leichte Erektion bildete sich, was ihm furchtbar peinlich war. Jameson biss sich auf ihre Lippen und griff nach dem Liebesschaft. Gravis musste aufstöhnen. Mit einer ausholenden Geste zog sie eine virtuelle Holokonsole zu sich und gab dort etwas ein. Schon brachten die massiven Metallarme ihren Gefangenen in eine horizontale Position auf den Boden. Gravis konnte kaum glauben, was da geschah, aber die Kommandantin entblätterte sich nun selbst bis sie nur noch eine schwarze Nylonstrumpfhose mit offenem Schritt trug. Jetzt zog sie ihre Kampfstiefel wieder an. Danach ihre Uniformjacke, ließ sie aber offen. Und dann stellte sie sich breitbeinig über ihren Häftling.
Sie riss sich das Haargummi aus dem Schweif und schüttelte ihre lange Mähne und lachte. Dann warf sie sich förmlich auf den Liegenden und spießte sich auf dem Phallus auf, schrie lustvoll auf und begann einen wilden Ritt. Ihr Verlangen brannte und wirbelte wie eine Sonneneruption und brachte den Liebesstab in ihr zu einem unerwarteten Volumen. Sie stöhnte wohlig auf und maunzte. „Sprich mit mir, Custos! Los! Nenn mich deine kleine Schlampe! Ich bin dein geiles Luder! Besorg es mir!‟ Gravis brauchte eine Sekunde, bis er verarbeitet hatte, was er da gehört hatte. Die Kommandantin stand wohl auf Dirty Talk. Also spielte er mit und betitelte sie entsprechend und ließ sich noch so einiges mehr einfallen.
Jameson gefiel es so sehr, dass sie wenige Minuten später kulminierte und in ihrer Ekstase aufschrie. Auch Gravis war so geil geworden, dass er kurz vor einer Explosion stand, aber die Frau bewegte sich nicht mehr. Sein bestes Stück war noch in ihr gefangen, und im nächsten Augenblick stand sie auf. Frustriert stöhnte der Gefangene auf. Die Leiterin der Einrichtung holte sich mit einer Geste wieder die Holokonsole und ließ einen neuen Overall für den Insassen materialisieren. Gleichzeitig lösten sich die zerstörten Stoffreste des alten Exemplars auf. „Ich werde nun deine Fesselung lösen, damit du dich anziehen kannst. Mach keinen Fehler. Dein Neurohacker wird jeden Angriff auf mich unterbinden.‟
Also hatte er doch richtig vermutet. Sie hatten ihm nicht nur einen ID-Chip implantiert, sondern auch einen Neurohacker initiiert. Die Panzerarme und Schienen gaben ihn frei und verschwanden nahtlos im Boden und in der Decke. Gravis setzte sich auf und sah zu der kleinen Frau vor ihm hoch. Mit ihrer offenen Uniformjacke waren immer noch ihre Brüste zu sehen. „Ich heiße Sherry.‟ Gravis räusperte sich. „Wie die Kirsche?‟ Die Frau schmunzelte. „Nein, mit S.‟ Der nackte Koloss erhob sich und griff nach dem Overall. Seine starke Erektion wirkte irgendwie absurd und bizarr in dieser Situation.
Mit einem schnellen Schritt nach vorne packte die Frau den Stoff und warf ihn zur Seite. „Du bist scharf auf mich, oder?‟ Gravis nickte wie hypnotisiert. Jameson griff nach dem harten Phallus und rieb ihn an ihrem Bauch. Der Custos stöhnte auf. Sherry Jameson setzte sich auf den Boden und ließ sich nach hinten fallen. „Komm schon! Steck ihn zwischen meine Titten!‟ Der nackte 175 Kilogramm schwere Gigant kniete sich über die zierliche Person. Er beugte sich vor, ging auf alle Viere und positionierte seinen Luststab genau zwischen die Halbkugeln, die Jameson jetzt zusammendrückte. Dann begann er mit Pumpbewegungen, ächzte, keuchte und stöhnte vor Geilheit. „Spritz ab, mein Riesenferkel! Los!‟ Ihre Aufforderungen wurden immer obzöner und vulgärer, und Gravis brauchte keine zwei weitere Minuten, um seine Kanone abzuschießen. Er wunderte sich über die hohe Quantität, die Sherry über und über mit seiner Lust bedeckt. Sie rieb sich die Hinterlassenschaften über ihren Leib und kostete davon, als sei es der süßeste Nektar.
Schwer atmend erhob sich der Muskelberg und stand nun über der Kommandantin. Wieder holte sich Jameson die Holokonsole aus der Luft und gab etwas in die Software-Simulation ein. Im nächsten Moment löste sich Gravis auf und fand sich in seiner Zelle wieder. Fünf Sekunden später materialisierte dort auch sein neuer Overall. Er schüttelte den Kopf. Das musste alles ein wirrer Traum gewesen sein. Doch der Blick auf seinen tropfenden und noch kribbelnden Phallus zeugte von etwas anderem. Er zog seine Anstaltskleidung über seine Muskelberge und griff sich in den Schritt, wo jedes Detail zu sehen war. Wer hatte nur diese Anzüge designt? Aber es fühlte sich gut an. Diese exzentrische Nummer mit Sherry war richtig geil! Aber auch beängstigend. Was stand ihm hier noch bevor? Er legte sich auf seine Pritsche, von der er sich immer noch wunderte, dass sie sogar für ihn breit genug war. Er sinnierte über seine Situation. War er nun das Sextoy der Anstaltsleiterin? Musste er in dieser kleinen Zelle veröden, und wenn sie Lust auf ihn hatte, holte sie ihn hervor wie einen Silikondildo? Gravis seufzte tief. Vielleicht hatte ein Terrorist nichts anderes verdient.
Einige Zeit später erhielt er seine Abendration Brei. Doch dieses Mal war sie doppelt so groß und sättigte ihn. Als er aufgegessen hatte, dimmte das Licht langsam und erlosch schließlich ganz. Der Mutant tastete sich zu seiner Pritsche und legte sich schlafen. - Irgendwann riss ihn eine laute synthetische Stimme aus dem Schlaf: „Insasse! Hinstellen!‟ Das Licht war synchron grell aufgeleuchtet und schmerzte in seinen Augen. Die Stimme befahl: „Ausziehen!‟ Er folgte der Anweisung zügig. Dann kam die ihm bekannte Tonfolge für den Beamvorgang, und Sekunden später spürte er das elektrisierende Kribbeln, dann löste er sich auf. Einen Augenblick später materialisierte er sich in einem anderen Raum. Er stand vor einer Metallwand. Um seine Taille war ein Stahlband mit der Wand verbunden.
Im nächsten Moment fühlte er etwas an seinen Hoden. Eine Drahtschlinge zog sich zu. Ein Wärter hinter ihm war zu hören. „Hab den Freak an den Eiern!‟ Eine zweite Stimme befahl, Gravis solle seine Hände auf den Rücken legen. Dort wurde ihm eine schwere Metallschelle angebracht. Das Stahlband löste sich nun von seiner Taille. Aber die Freiheit war nur so viel wert, wie es der erste IPPC-Angestellte zuließ, denn der kontrollierte ihn nun über seine Stange, an dessen Ende die Drahtschlinge um die Hoden des Gefangenen führte. Zusätzlich konnte er mit einem Knopfdruck die Schlaufe elektrifizieren. Er bugsierte Gravis rückwärts von der Wand weg, dann seitlich und schließlich vorwärts, indem er von hinten seine Stange durch die muskulösen Schenkel schob. So wurde der Gefangene aus dem Raum durch einen Korridor gebracht.
Auf Beta Patria hatte das Androidenverbot eine Jagd auf die Menschenroboter in Gang gesetzt. Wie Pilze aus dem Boden schossen Kopfgeldjäger, die für eine Kopfprämie auf die infizierten Modelle, die sich nicht hatten abschalten lassen, ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten. Ursprünglich nur in der Version LA667R/222 von Bionic Industries, aber inzwischen auch in diversen Varianten, war das Update zu einer Künstlichen Intelligenz außer Kontrolle geraten. Wichtigstes Utensil der Hobbyjäger war natürlich ein Bio-Scanner, doch auch der konnte unter Umständen manipuliert werden. Zwar gab es noch keine erfolgreichen Replikationen von Androiden untereinander, doch eine Infizierung war in einigen Fällen gelungen.
Die Experten der Regierung hatten mit einem Gegenvirus versucht, die fehlerhaften Updates der betroffenen Androiden zu blockieren, aber das stellte sich als schwierig heraus. Die selbsternannten Jäger machten der Regierung Sorge, denn es war auf Beta Patria und anderen Planeten bereits zu Vorfällen gekommen, in denen Humanoide mit legalen Implantaten für Androiden gehalten wurden. Diese Hexenjagd musste unterbunden werden, aber es gab kaum Personal für eine entsprechende Polizei-Unit, denn alle verfügbaren Kräfte waren im Defensiveinsatz gegen das Alpha Dominion.
Auch bei Animus und Violetta war das ein Gesprächsthema. Der Pilot erinnerte sie an ihre Vergangenheit bei der STC. „Es wäre viel besser, wenn die STC reaktiviert würde und die Androiden neutralisieren würde, als dass es irgendwelche Laien versuchen und sich und andere in Gefahr bringen. - Wäre das nichts für dich?‟ Violetta schmunzelte. „Ich war bei keiner Jagd-Unit sondern in der Zentrale für die Koordinierung. Aber zu meiner Ausbildung hat auch der Nahkampf und alles weitere gehört.‟ Animus schmiegte sich an sie und meinte neckend: „Ja, ich erinnere mich an dieses Fanggerät, das du skrupellos an mir angewendet hast.‟ Violetta schlug ihm spielerisch vor die Brust und entwand sich seiner Umarmung. „Das FNS? Ja, pass nur gut auf, sonst verpacke ich dich wieder in so ein Netz und lasse dich dieses Mal liegen.‟ Animus: „Das würdest du tun, du kleines Biest?‟ Violetta eilte auf ihn zu und sprang ihn breitbeinig an, umarmte ihn und küsste ihn. „Aber ein süßes Biest, oder?‟
Nach wilden Küssen setzte er die Dame ab. „Ich meine es ernst. Warum hat die Regierung die STC aufgelöst?‟ Violetta zuckte mit ihren schmalen Schultern. „Nach der Besetzung von Regina waren sie nicht mehr notwendig.‟ Sie streifte mit ihrem Zeigefinger an Animus Brust und Bauch Richtung Schritt. Dann packte sie zu. „Was ist denn das? Das muss ich genauer untersuchen.‟ Animus wollte sie gerade auf die Arme nehmen und ins Bett tragen, da sank Violetta auf die Knie und öffnete die Hose des Piloten und holte das Forschungsobjekt hervor, nach dem sie gesucht hatte. Animus spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. „Was...?‟ Weiter kam er nicht. Heiße Lippen saugten sein gutes Stück und er ergab sich kampflos seinem Schicksal. Er sah nach unten und blickte auf die roten Haare. Nun sah sie zu ihm auf und verwöhnte ihn dabei weiterhin. Ihre grünen Augen wechselten zu einem hellen Blauton. Animus stöhnte und ließ seinen Kopf in den Nacken fallen, schloss seine Augen und spürte, wie sich eine Supernova in seinen Lenden bereitmachte. Kurz darauf sprengten seine Gefühle alle Grenzen des Universums. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:10.05.20 17:25 IP: gespeichert
|
|
~ LXXX ~
Mr. Carthy durchforstete die Logs und prüfte, welche Authentifizierungen und Autorisierungscodes beim Entladen des Schiffes genutzt worden waren. Er fand keine Hinweise auf Manipulationen. Wo war der verschwundene Container geblieben? Ebenso hatte Mr. Carthy noch keine Erklärung dafür gefunden, wie Gravis das Schiff hatte im Shuttle verlassen können. Die Sicherheitsprotokolle hätte er nicht überwinden können. Er musste einen Komplizen, einen Helfer gehabt haben. Animus schloss er aus, denn sein Freund hätte ihn zurückgehalten und niemals den Gefahren im militarisierten Sektor ausgesetzt.
Welcher Pilot, Techniker oder Programmierer wäre in der Lage gewesen? McCoy? Oder eventuell jemand vom Wartungspersonal? Dieser Mortimer war ihm immer schon etwas suspekt gewesen. Der hatte früher mal für die IPPC gearbeitet. Mr. Carthy dachte an den IPPC-Transporter auf der Raumstation. Gab es da einen Zusammenhang mit dem Gefängniskonzern? Er schüttelte den Kopf. Er bildete sich da schon Konstruktionen und Verschwörungstheorien ein. Er musste dringend eine Pause machen und den Kopf freibekommen.
Er ließ sich auf eine programmaktive Memoschaumliege fallen und legte sich das VR-Gerät an. In der virtuellen Realität ließ er sich in eine simulierte Idylle sinken: Er saß in der Natur und angelte. Vogelgezwitscher, plätscherndes Wasser und eine leise Brise raschelte durch die Baumwipfel der Tannen. So konnte er am besten entspannen und allen Stress vergessen. Das Gerät war so konfiguriert, dass es automatisch abschaltete, falls eine als dringlich definierte Meldung einging, oder eine voreingestellte Zeit vergangen war. Der dreifach verschlüsselte Datenstrom der VR-Simulation lief über einen isolierten Server.
Mr. Carthy saß in einem klappbaren Anglerstuhl am Ufer eines ruhigen Baches in einem Waldgebiet und wartete auf einen Fang. Neben sich stand eine Tasche und eine Kiste mit Anglerutensilien sowie ein Eimer. Die Illusion von Idylle wäre perfekt gewesen, wenn nicht plötzlich der Himmel mit den Schäfchenwolken flackerte wie ein defektes Display und abrupt einen grünen Hintergrund bildete. Mr. Carthy runzelte die Stirn und sah sich um. Was war mit der Simulation los? Auch das Wasser im Bach floss nicht mehr. Alles war wie in einem Standbild gefangen. Nur Mr. Carthy bewegte sich noch.
Er stand aus seinem grünen Faltstuhl auf und legte die Angel beiseite. „Sim beenden.‟ Das Programm reagierte nicht. Er wiederholte den Befehl: „Sim beenden.‟ Carthy wurde unruhig. „Programmsimulation: Notfallabschaltung.‟ Keine Reaktion. Zumindest lief die Simulation weiter: Das Wasser floss, und der Himmel wurde wieder blau. Carthy fluchte. Wie kam er aus der VR heraus? Die Zeit musste längst um sein. Warum deaktivierte sich die virtuelle Darstellung nicht? Er versuchte es noch mehrere Male ohne Erfolg. Dann verschwand plötzlich wieder der Himmel. Und dieses Mal war die gesamte Umwelt gelöscht, und Carthy stand in einem weißen endlosen Raum, in dem ein dünnes dreidimensionales Gitternetz dominierte.
Eine Stimme ließ ihn herumfahren: „Carthy! Ich musste leider deine Sim hacken. Du bist mir fast auf die Schliche gekommen. Hättest nicht so neugierig sein sollen!‟ Sein Angestellter Mortimer stand da und grinste ihn schmierig an. Mortimer berichtete von der Entführung des Muskelmutanten Gravis. „Diese Freaks gehören nicht nach Beta Patria. Sie sind gefährlich.‟ Mr. Carthy wollte sich auf Mortimer stürzen, aber er lief durch das Hologramm widerstandslos durch. Mortimer lachte. „Bis dich jemand in deiner Suite findet, werde ich bereits untergetaucht sein. Vielleicht findet dich auch niemand. Adios!‟ Das Avatar löste sich auf. Carthy stand hilflos da. Was sollte er tun?
Er kam von alleine nicht aus dieser Simulation heraus. Das endlose Weiß materialisierte sich zu einer neuen Umgebung: Carthy stand nun mitten in einer düsteren Industrie-Halle. Hochleistungsstrahler leuchteten ihn an. Trotz des blendenden Lichts konnte er erkennen, dass er aus acht Richtungen von Kreaturen eingekesselt war. Bei genauerem Hinsehen, bemerkte er, dass die Gestalten von Ketten zurückgehalten wurden, die an ihren Stahlhalsbändern befestigt waren. Es waren keine Custos sondern Corium Bestiae, die den reginaischen Haremswächtern in Muskulatur kaum nachstanden. Etwa zwei Meter groß, stark behaart und 150 kg schwer wüteten sie an ihren Ketten und wollten sich auf Carthy in ihrer Mitte stürzen.
Nur ein knapper Meter blieb zwischen dem CEO und den wilden Kreaturen. Angstvoll drehte er sich im Kreis und bemühte sich, den nach ihm greifenden Armen zu entkommen. Die Geschöpfe waren mit ihrer ledrigen Haut und den grobschlächtigen Gesichtszügen kein hübscher Anblick. Dazu waren sie nackt und hatten erigierte Phalli. Die Kreaturen stanken nach Schweiß und grunzten und brüllten aggressiv. Carthy wusste, dass er sich noch in einer virtuellen Realität befand, aber quälende Neuroimpulse würde er trotzdem empfinden. Und wer wusste, was dieser Mortimer an dem Programm manipuliert hatte? Vielleicht konnte Carthy sogar sterben. Wer würde wann bemerken, dass etwas mit der VR-Übertragung nicht stimmte? Wie lange würde er diese Situation überstehen?
Mortimer beugte sich mit einem hämischen Grinsen über den Firmenchef und nickte. Er hatte bereits einige interne Daten des Unternehmens auf einen Speicher transferiert und an sich genommen. Die würde er auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Nun verließ er die Suite und machte sich auf den Weg zum Flugdeck, von dem er zur nächsten Raumstation fliegen wollte, wo in einem transstellaren Schiff seine Reise fortsetzen würde. Atra Mundo war seine Destination. Dort, am Rande der Vereinigten Allianz, konnte man am besten untertauchen.
Eine Stunde später versuchte Pilot Ricky McCoy seinen Chef zu erreichen. Sein Multimobilcom zeigte immer nur „Privattermin – Person nicht erreichbar‟ an. Eine Zeitbeschränkung war nicht eingetragen. Das fand McCoy seltsam. Er ging zur Suite des CEO und meldete sich. Auf dem Interface der Tür leuchtete das Symbol für „Nicht stören!‟ auf. War der Boss etwa bei einem Schäferstündchen mit einer geilen Androidin? Nein, verbesserte sich McCoy in Gedanken, die waren aktuell verboten. Carthy müsste schon eine echte Prostituierte in der Suite haben. Vielleicht waren seine sexuellen Vorlieben ja recht speziell, und er hatte sich einen Munus besorgt...
Der Pilot grinste. Aber es nutzte alles nichts. Er musste eine wichtige Information von dem CEO haben, die keinen Aufschub duldete. Er drückte auf das Display aus Borosilikatglas und aktivierte dort den Dringlichkeitseinlass. Der Befehl würde ein Alarmsignal in der Suite abgeben. McCoy kicherte in sich hinein. Musste der Boss jetzt sein gutes Stück frühzeitig aus der engen Venus ziehen? Er wartete eine Minute, dann wiederholte er den Dringlichkeitseinlass. Wieder keine Reaktion. Wenn keiner anwesend wäre, hätte nicht das Nicht-stören!-Bild aufgeleuchtet. Der Pilot zog die Stirn kraus. War ein medizinischer Notfall eingetreten?
Aber die Sicherheitsprogramme hätten längst Alarm geschlagen, falls die Vitalzeichen signifikant von der Norm abwichen. Irgendetwas stimmte hier nicht. McCoy entschied sich für den Noteinlass. Er gab seine ID-Nummer ein und klickte auf „unautorisierter Zugang‟. Ein kleiner Laser tastete seinen Körper ab und nahm ein 3-D-Bild von ihm auf. Mit einem zusätzlichen Iris-Scan öffnete McCoy die Zugangstür zur Suite. Sofort sah er Carthy auf dem Gelsofa liegen, offenbar in einer VR-Trance, da er das Equipment für Simulationen trug. Trotzdem hätte das Programm ihn wecken müssen – spätestens bei der Notöffnung. Aber Carthy schien tief und fest in die virtuelle Realität eingetaucht zu sein.
McCoy suchte auf dem Display nach dem Bedienmenü. Der Bildschirm war gesperrt. McCoy schüttelte verwundert den Kopf. Carthy begann, sich zu bewegen. Er zitterte am ganzen Körper. Der Pilot zog die Kabel aus dem Prozessor und nahm dem CEO seine VR-Brille ab. Doch Carthy zitterte weiter und stöhnte. Dann begann er, mit den Armen zu fuchteln und mit den Beinen zu treten. „Wer sind Sie? Was machen Sie hier?‟ Die strenge Stimme hinter ihm, ließ ihn herumwirbeln. Ein kybernetisch aufgerüsteter Securityangestellter der Anlage stand im Raum und hielt seine rechte Hand am Gürtelholster, in dem eine Impulswaffe steckte.
McCoy erklärte ihm die Situation. Der Wachmann forderte über sein Mobilcom medizinische Hilfe an und scannte dann sicherheitshalber den Piloten. Seit das Antiandroidengesetz in Kraft war, war die medizinische Versorgung eingeschränkt. Humanoide waren weder so schnell noch so exakt wie ein Med-Bot. Aber nach immerhin schon 6:13 Minuten erschien ein Notarzt mit zwei Sanitätern und Ausrüstung, um dem Patienten zu helfen.
Eine Stunde später lag Mr. Carthy auf der Krankenstation der Anlage, umgeben von medizinischen Maschinen. Neben McCoy stand Animus. „Und Carthy hat nichts dazu gesagt, wo Gravis nun ist?‟ Er sah zu seinem sedierten Chef. McCoy schüttelte den Kopf. „Nein, nur, dass Mortimer dahinter steckt und ihn loswerden wollte. Vielleicht hat der ihm bei dem Shuttlestart geholfen.‟ Animus sprang auf und lief zu einer Konsole, um die Planetenpolizei zu informieren. Man musste Mortimer festnehmen. McCoy kam ihm hinterher. „Die ist schon verständigt. Eine transplanetare Fahndung ist raus. Aber es gab in den letzten Stunden zahlreiche Abflüge zu Raumstationen. Wenn er mit einem Schiff ohne Lizenz verschwunden ist, werden wir ihn nicht mehr so einfach finden.‟
Animus ballte die Fäuste. „Was hat der Arzt gesagt, wann Carthy wieder ansprechbar sein wird?‟ Sein Kollege zuckte mit den Achseln. „Eventuell erst in 72 Stunden. Dieses manipulierte VR-Programm kann sehr gefährlich für das Bewusstsein werden. Das muss genauestens behandelt werden. Sonst sind bleibende Schäden am Kortex nicht ausgeschlossen. Carthy könnte einige Erinnerungen aus seinem Gedächtnis verlieren.‟ Animus suchte Rat und Trost bei Violetta. Rat fand er bei ihr nicht, aber Trost spendete sie ihm ausgiebig, und das Paar verschmolz in ekstatischem Vergnügen.
In einem entfernten Sol-System: Gravis war mit der Stahlseilschlinge um seine Hoden nach vorne bugsiert worden, den Gang entlang. Zwischen seinen monströsen Oberschenkeln steckte die Stange, die ein IPPC-Angestellter hielt und ihn damit vorwärts zwang. Die massive Armfessel auf dem Rücken des Muskelmutanten hielt ihn zusätzlich fixiert. Der ehemalige Custos spürte die Blicke der Männer auf seinem muskulösen Gesäß. Standen die bei IPPC auf Männer? Wo brachte man ihn hin?
Er marschierte den Korridor entlang. „Wo bringt ihr mich hin?‟ Die Frage bedauerte er im nächsten Moment, denn mehrere kurze Stromstöße flossen durch die Schlinge um seine Juwelen und ließen ihn aufgrunzen und zucken. Ein Mann lachte meckernd. Ein anderer befahl: „Ruhe, Insasse! Du machst dein Maul nur auf, wenn du gefragt wirst.‟ Sie standen nun vor einem Schott, dass sich durch einen Fingerprintscan öffnen ließ. Ein weiterer Korridor führte an Rohren und Kabelsträngen entlang. Es sah mehr aus wie ein Wartungsschacht als wie ein normaler Bereich der Anstalt.
Plötzlich befahl der Mann mit der Stange: „Runter in die Hocke mit dir!‟ Er unterstrich seine Worte mit entsprechendem Druck auf die Schlinge, die die Bälle des Nackten Richtung Fußboden zog. Gravis beugte die Knie. Der Mann hörte sich amüsiert an. „Jetzt wollen wir doch mal sehen, wie viel Kraft du wirklich hast, du Freak! Vorwärts! Den Gang in der Hocke entlang! Los, los, los!‟ Ein kurzer Stromschlag jagte durch Gravis´ empfindliche Teile. Er watschelte los. Mit den Händen auf dem Rücken war es gar nicht so einfach, das Gleichgewicht zu halten. Und mit Muskelkraft hatte diese spezielle Bewegung nicht viel zu tun. Gravis fühlte schon nach wenigen Metern ein heftiges Brennen in seinen Oberschenkeln.
Die Wachleute verhöhnten ihn als Schwächling. „Weiter! Weiter! Oder ich röste dir die Nüsse! Jetzt zeig mal, wie stark du bist.‟ Der nackte Insasse kämpfte sich Schritt für Schritt vorwärts und wurde immer wackeliger auf den Füßen. Der Wächter mit der Schlinge warnte: „Kipp mir nur nicht um! Sonst brate ich deine Eier.‟ Die anderen Männer lachten höhnisch. - Der Gang nahm kein Ende. Gravis strauchelte mehrmals und fiel auf ein Knie, kämpfte sich aber wieder hoch, nachdem er kräftige kurze Stromimpulse spürte. „Und jetzt hoch mit dir!‟ Gravis streckte seine Beine und stöhnte auf. „Und runter in die Hocke! Schneller!‟ Der Gefangene gehorchte. Er wurde wieder und wieder hoch und runter befohlen.
Endlich hatten die Männer genug und zwangen ihn durch ein Schott. Die Schlinge um seine Hoden löste sich. Gravis sah sich um: Der Raum wirkte wie ein Stahltank. Die Wände und die Decke waren aus gebürstetem Stahl, der Boden bestand aus einem Rost aus kleinen Hexagonen. Ein IPPC-Mann schloss das Schott wieder. Von außen schaute er durch ein ovales Sichtfenster hinein und bediente offenbar eine Konsole, die zwei Wasserdüsen steuerten, die nun auf Gravis gerichtet waren. Mit enormem Druck schoss das H2O auf seinen Körper. Gravis trug noch die Armfesseln und bückte sich, um seinen Kopf zu schützen, aber das Wasser traf ihn mit solcher Wucht, dass der 175 kg schwere Mann auf dem Boden umherrollte.
Einmal versuchte er aufzustehen, aber sofort hackten ihn die Strahlen von den Beinen. In Embryostellung verblieb er auf dem Boden seitlich liegend, teilweise von den Strahlen auf der Stelle gedreht wie ein langsamer Kreisel. Dann stoppte das Wasser abrupt. Die Tür ging auf. Ein IPPC-Mitarbeiter rief: „Und? Wieder abgekühlt?‟ Sein Kollege lachte hämisch. „Schau dir mal den kleinen Matz da zwischen den Beinen an! So dicke Muskeln, aber eigentlich ein halbes Mädchen.‟ Gravis mühte sich hoch und kauerte auf Knien, klatschnass und zitternd.
Er hörte die schweren Stiefel eines Wachmannes, als er den Raum betrat und über den Rost auf ihn zukam. Blitzschnell legte sich die Metallschlinge erneut um die Hoden des Nackten, dieses Mal kam der Stab von vorne. Der IPPC-Mann zog nun an seinem Griff und zwang Gravis so, aufzustehen und den Raum mit ihm zu verlassen. Der Kollege grinste. „Was machen wir denn nun mit unserem Muskelboy? - Wir haben ihn noch gar nicht sorgfältig durchsucht.‟ Der Mann mit der Stange grinste. „Ja. Das sollten wir tun.‟ Der Kollege zog aus seiner hinteren Tasche seiner Uniformhose ein Paar blaue Latexhandschuhe hervor. „Wir könnten ihn auch gegen ein paar Insassen kämpfen lassen. Natürlich mit den Armfesseln. Und dann Wetten abschließen.‟
Plötzlich hörten die Männer eine weibliche Stimme am Ende des Ganges. Die Frau kam zügig auf sie zu. „Hey! Was ist hier los?‟ Die IPPC-Angestellten wurden nervös. Die Kommandantin! Was machte die denn hier im Wartungsbereich der Station? Schnell löste der Uniformierte die Schlinge und schob den Stab zusammen. Kommandantin Jameson hatte eine Stimme wie eine Elektroklinge. „Wieso ist der Gefangene hier? Und wieso ist der nackt?‟ Die Männer stammelte und stotterten. Die Leiterin atmete laut aus. „Sofort zurück in die Zelle mit dem Insassen! Dieser Gefangene wird niemals wieder ohne meine ausdrückliche Erlaubnis aus der Zelle geholt. Keine Disziplinierung. Keine Sanktionierung. Verstanden?‟ Die Männer nickten zackig. „Jawohl, Sir!‟
Später unterhielten sich die IPPC-Angestellten in ihrem Aufenthaltsraum, in dem sie Analog-Kaffee aus hohen Bechern tranken. „Die Jameson stellt sich doch sonst nicht so an! Dieser Muskelmutant muss irgendwas besonderes sein. Ein Sondergefangener. Vielleicht politisch von Bedeutung?‟ Ein zweiter Mann mutmaßte: „Eine Geisel womöglich?‟ Der andere Wächter verzog skeptisch das Gesicht. „Das ist doch nur ein Custos aus dem Regina-Regime. Der stellt doch keinen Wert dar. Ich habe aber gehört, dass Freddy ihn neurochirurgisch behandelt hat. Wohl irgendwelche Erinnerungen eingepflanzt. Keine Ahnung. War ein Gefallen für seinen Buddy.‟ Sein Kollege zog die Nase hoch. „Verdammte Klimaanlage! Ach, lass uns diesen Freak vergessen. Es gibt genug andere Insassen.‟ Der zweite Uniformierte brummte zustimmend. „Yeah, Mann! Da ist doch in Sektor C dieser Jüngling. Der hat so einen richtigen Knackarsch. Den beobachte ich schon wochenlang. Den würde ich gerne mal...‟
Gravis saß – inzwischen wieder angezogen und ohne Armfessel – in seiner kleinen Zelle. Hatte er in Jameson eine Beschützerin gefunden? Aber es war trotzdem beängstigend, wie hilflos er den Wärtern ausgeliefert war. Ein Insasse bei IPPC war praktisch rechtlos. Die ganze Aufregung hatte ihm Kopfschmerzen beschert. Und da war noch etwas... Wie ein dichter Nebel in seiner Erinnerung... Er war auf einem Schiff gewesen, hatte als Security einige Bereiche gesichert und gewartet... Aber wo und wann? Ihm platzte bald der Schädel. Es wollte ihm nicht einfallen. Ihm kam immer wieder ein kleiner leerer Raum vor das innere Auge. Wie ein Container. Aber was hatte er darin zu suchen gehabt? Hatte er sich als Terrorist dort versteckt? Er wusste es nicht.
Der Häftling legte sich auf die Metallpritsche, die unter seinem Gewicht knarrte und starrte in das Deckenlicht der Zelle. Seine Hände wanderten unwillkürlich in seinen Schritt. Er knetete zwischen seinen Schenkeln und stöhnte leise. Er musste sich aus seinem Suit schälen, um an seine Männlichkeit zu gelangen. Und dann begann er zu onanieren. Was sollte er auch sonst in diesem stumpfen Kubus von Zelle tun?
Die Kommandantin saß mittlerweile in ihrem Büro und betrachtete Gravis über eine der Überwachungskameras. Die Videodateien hatte sie für das restliche Personal gesperrt. Sie zoomte auf seine Männlichkeit und rieb sich erregt im Schritt, als sie den harten Phallus sah. Ihre Finger rieben ihre Knospe in der Hose... Sie gelangten beinahe synchron einige Minuten später zu einem Höhepunkt. Jameson schaltete die Videoübertragung ab. Sie gab einige Befehle in die Konsole ein und ging dann auf die andere Seite ihres Büros, wo ein 3-D-Drucker stand. Er arbeitete bereits. Jameson wartete geduldig und holte das fertige Teil aus Titanium hervor: eine Castitasschelle.
Ein Mann stand am Flugdeck der Raumstation im Orbit von Beta Patria und diskutierte lautstark mit einem Angestellten. „Wie oft soll ich noch sagen, dass ich das elektronische Flugticket aktiviert habe? Ich muss mit dem nächsten Schiff abfliegen.‟ Der Uniformierte versuchte ein unverbindliches Lächeln. „Es tut mir leid, mein Herr. Aber der Code wurde bereits vor zwei Stunden verwendet.‟ Der Mann stöhnte auf. „Das ist doch völlig unmöglich! Da muss jemand meine ID manipuliert und missbraucht haben.‟ Das Problem ließ sich so nicht lösen. Frustriert machte der Reisende sich zurück auf den Weg zur Schleuse, die zum Transitshuttle führte, und dann zurück auf die Oberfläche von Beta Patria.
Der Mann ächzte. Was sollte er nun tun? Er musste dringend nach Atra Mundo. Dort wollte er neu anfangen. Ein neues Leben führen. Auf Beta Patria erwartete ihn die Rache eines Drogenbarons, den er gelinkt hatte. Sein kleines Vermögen war bereits nach Atra Mundo auf eine virtuelle Bank transferiert worden. Was war nur geschehen? Er erinnerte sich, wie er vor ein paar Stunden diesen Typen in der Bar kennengelernt hatte. Morty nannte er sich. Und sie hatten gemeinsam gebechert. Dann war plötzlich die Erinnerung weg. Verdammt!
Jetzt musste er so schnell wie möglich das Dilithium für den nächsten Flug zusammenkratzen, bevor der Drogendealer ihn fand. Aber Flüge nach Atra Mundo waren nur inoffiziell zu haben und selten. Wahrscheinlich würde er nun zunächst auf einen anderen Planeten reisen. Er könnte auf Pax Novo oder Colonia Agricultura untertauchen. - Er hatte sich gerade einigermaßen beruhigt, als Panik in ihm aufstieg: Was war, wenn dieser Morty nicht nur seinen Ticketcode geklaut hatte, sondern auch irgendwie an sein Vermögen kam und sein Konto leerräumte? Der Schweiß lief ihm in Strömen herunter und zugleich zitterte er am ganzen Leib. Dieser verfluchte Morty! Wenn er dem jemals wieder begegnete, würde er ihn in die tiefste Hölle des Universums schicken!
Auf Regina beratschlagte der Hohe Rat des Alpha Dominion. Die momentane Remissituation ließ das AD über einen temporären Waffenstillstand nachdenken. Die Sacarbaeus waren dagegen, aber die Mehrheit setzte sich durch. Der Alba Simia Altitudo war sich nach Programmberechnungen sicher: „Wenn wir jetzt den Waffenstillstand aushandeln und synchron mit Hochdruck die Produktion an Androiden hochfahren, werden wir in drei Monaten die Wahrscheinlichkeit auf einen erfolgreichen Angriff des Sol-Systems von Beta Patria um zwölf Prozent erhöhen.‟ Aranea Regina II. merkte an: „Ich werde, wie bereits festgehalten, Statthalterin von Regina bleiben. Zu meinem Regierungsbezirk sollte aber auch Mare Mutus gehören. - Wir sollten außerdem auch die Planeten im Beta-Patria-System rechtzeitig aufteilen.‟ Der Scarabaeus Zark dröhnte: „Dann will ich Colonia Agricultura mit allen Bodenschätzen.‟ Altitudo hob eine Augenbraue und lächelte dünn. „Ich würde mich mit Pax Novo zufrieden geben.‟ Das Wirtschaftszentrum der gesamten Vereinigten Allianz war ein Sahnestück mit modernster Technologie. Aranea Regina II. nickte. „Wenn sich alle einig sind, setze ich einen Vertrag auf.‟
Mit Blick auf das Amphibienwesen und den Wurmskorpion ergänzte sie: „Selbstverständlich werden wir auch die anderen Ratsmitglieder mit Planeten versorgen. Die VA ist groß.‟ Dann seufzte sie. „Leider ist der scheinbare Vorteil zum möglichen Nachteil geworden: Die außer Kontrolle geratenen Androiden in der VA bilden zwar eine zweite Front für unseren Gegner, aber Experten des Feindes entwickeln einen Virus, der die Bots abschaltet. Er könnte auch unserer gesamten Armee gefährlich werden.‟ Die Mitglieder des Hohen Rates redeten wild durcheinander. Die Alba Simia behielten die Contenance, doch besonders die Scarabaeus und der Wurmskorpion echauffierten sich, und niemand verstand mehr ein Wort.
Es dauerte über zwei Minuten, bis Aranea die Runde wieder unter Kontrolle gebracht hatte. Erschöpft beendete sie die Konferenz und zog sich in ihre Privatgemächer zurück. Zur Entspannung hatte sie dort inzwischen ein Harem aus 24 Munuswesen einrichten lassen. Sie wählte drei Kreaturen aus und schickte die anderen weg. Dann legte sie sich in das flache H2O-Becken mit den Mehrgelenks-Massagedüsen und ließ sich von dem Liebestrio in jeglicher Hinsicht verwöhnen. Zur Erfrischung stellte Aranea die Wassertemperatur auf 30 Grad und die Lufttemperatur auf zehn Grad Celsius ein.
Die übergroßen Brustwarzen der Munuskreaturen wurden hart und groß wie Daumen. Aranea spielte mit einem Nippel und zwirbelte ihn intensiv, während der Munus aufstöhnte. Ein anderer Haremsdiener liebkoste mit seinen Fingern die monarchische Venus und küsste zart den kleinen Busen der Majestät. Der Dritte massierte sanft die Füße seiner Hoheit. Auch er hatte wegen der kalten Luft erigierte Warzen. Der Anblick gefiel Regina II., die langsam immer tiefer in einen Liebesrausch sank und dann schließlich in einem Orgasmus explodierte.
Sie ließ sich von zwei Munussklaven massieren und mit einem warmen Öl einreiben. Die Haremsbewohner trugen einen schweren Halsreif und einen Hodenring um ihre gewaltigen Testikels. Kleidung hatte Aranea ihnen verboten. Später legte sich die Majestät in eine Schwingliege aus intelligentem Nanostoff und ließ sich sanft schaukeln. Vor ihren Augen liebten sich zwei Munus in 69-Stellung zu ihrer Unterhaltung auf dem Boden. Aranea staunte immer wieder, wie tief ein Munus den überdimensionalen Phallus seines Gegenübers aufnehmen konnte. Das war das Ergebnis von rigidem Training.
Nach der Liebesdarbietung schickte Aranea sie fort und aktivierte mit Gestensteuerung ein VR-Programm. Die Simulation startete. Sofort war die Königin in einer Art düsteren und martialisch wirkenden Gefängnisanlage. Aus diversen Zellen hörte man Schreie. Aranea stolzierte klackend durch den Korridor und öffnete eine Zelle, in der Zark, der Scarabaeus mit gespreizten Armen und Beinen über eine horizontale Stange fixiert war. Seine Handgelenke waren an den Fußgelenken gesichert. Der Insektoid war nackt. Seine Männlichkeit hing von hinten gut sichtbar herab. Aranea zückte den Disziplinarstab und ließ ihn knistern. Dann drückte sie das Ende lachend in das Genital des Kaiserlichen Dieners, der gequält aufschrie. Sie wiederholte dies wieder und wieder, bis es ihr langweilig wurde. Erst dann beendete sie die Simulation und grinste. Eines Tages...
Auf Atra Mundo ließ es sich der Ex-CEO von Bionic Industries in seinem Apartment in Atra City gutgehen. Iceberg hatte sich gerade an einer XL-Portion Delikatessen satt gegessen. Nur ein Häppchen davon kostete mehr, als ein durchschnittlicher Slumbewohner im Monat in einer Fabrik verdiente. Er blickte aus dem eine Wand füllenden Fenster, das er auf transparent geschaltet hatte. Er sehnte sich schon wieder nach Marina, der süßen brünetten Fabrikarbeiterin, die ihn schon mehrfach besucht hatte. Irgendwie hatte er einen Narren an ihr gefressen. Warum sie? Er wusste es nicht. Aber er musste sie haben. Für immer. Für sich allein. Er musste sie kaufen.
Würden sich die Leute darauf einlassen? Die Summe müsste sicherlich ziemlich hoch sein. Oder sollte er sie entführen lassen? Bezahlbare Söldner gab es reichlich. Aber war er im Habitat sicher? Wenn die Noxiusbruderschaft mit drin hing im Sexbusiness, dann hätte er schlechte Karten. Nein, er musste Marina auf eine für beide Seiten zufriedenstellende Weise erwerben. Aber hatte er soviel Dilithium? Seine finanziellen Mittel waren begrenzt. Und was war, wenn die Leute immer wieder mehr haben wollten? Oder wenn Marina einfach verschwand? Ob sie freiwillig bei ihm bleiben würde? Iceberg grunzte. Natürlich würde sie es. Bei ihm ging es ihr doch viel besser.
Mit fahrigen Fingern wählte er auf dem Holodisplay den Service und bestellte Marina zu einem neuen Besuch. Nach wenigen Sekunden erhielt er die Bestätigung: heute, 19.30 Uhr, Habitat Star 3, Apartement 75-1365. Er spielte auf einem großen 3-D-Holobildschirm Videosequenzen ab, die ihn mit ihr beim vergangenen Date zeigten. „Oh, Marina. Du bist so wunderschön!‟ Die Atomuhr des Habitats zeigte erst 16.51 Uhr an. Wie sollte er noch so lange warten? Welche Qual! Iceberg seufzte. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:17.05.20 14:22 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXI ~
In einer alten Fabrikhalle in Atra City drehte die Noxiusbruderschaft gerade ein neues Entertainmentformat. Die Produzenten verkauften die Show anschließend an eine Video-Firma, die zahlreiche Unterhaltungsshows anbot. Die bizarreren Angebote ließ das Unternehmen lieber outsourcen, weniger aus finanziellen als aus rechtlichen Gründen. Selbst auf Atra Mundo war nicht alles erlaubt, doch nur die Produktion selbst war illegal; die Veröffentlichung nicht.
In diesem Fall kämpften zwei Corium Bestiae um den Sieg. Ihre muskulösen Arme waren mit schweren Schellen auf dem Rücken fixiert. Die haarigen zwei Meter großen Humanoiden trugen Stahlreifen um ihre Hoden. Eine Kette führte durch die Beine der beiden Kontrahenten von einem Reif zum anderen. Auf ein Kommando liefen sie in entgegengesetzte Richtungen und kämpften um jeden Zentimeter, als sich die Kette spannte. Sie waren nackt bis auf dicke, derbe Stiefel und zwei Brustklemmen, zwischen denen eine Kette bis zum Bauchnabel baumelte und leise rasselte.
Grunzen und Schmerzlaute waren zu hören. Jeder der beiden Rivalen versuchte verbissen, einen weiteren Zentimeter gutzumachen oder wenigstens keine Strecke zu verlieren. Ein Mann in einem schwarzen Hoodie, den man nicht erkennen konnte, weil er die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte und im Schatten stand, rief: „Strengt euch mehr an! Zieht! Zieht kräftiger! Ihr wisst, was der Gewinner bekommt. Und ihr wisst, was dem Verlierer blüht!‟
Ein Corium Bestia war nicht gerade für seine hohe Intelligenz bekannt, aber die Kreaturen verdoppelten ihre Anstrengung. Angst konnten auch diese 150 kg schweren Kolosse empfinden. Der Sieger würde so viel Dilithium erhalten, wie er als Wanderarbeiter in fünf Jahren nicht verdienen würde. Der Verlierer würde nicht nur die Show verlieren... Das wäre dann der Höhepunkt und würde geradezu zelebriert. Der Typ im Hoodie schüttelte bei dem Gedanken den Kopf. Wer schaute sich so etwas an? Die reiche Gesellschaft schien sich arg zu langweilen. Aber egal, es gab reichlich Dilithium für die Produktion, und das war es, was zählte. Er wurde durch ein Brüllen eines der Akteure aus seinen Gedanken gerissen. Der Corium Bestia zwang sich Schrittchen für Schrittchen vorwärts. Die beiden Hodensäcke der Männer zogen sich noch weiter in die Länge. Viel länger, als es bei einem terrestrischen Humanoiden möglich gewesen wäre.
Nur zehn Kilometer entfernt lag Artus Iceberg in seinem Luxusapartment in der gewaltigen Wohnanlage Habitat Star 3 und genoss die Massage einer steuerbaren Liege. Er hatte Marina von seinem Plan erzählt, sie freizukaufen. Sie war etwas verunsichert erschienen, wollte aber vorsichtig nachfragen, ob dies möglich wäre und zu welchem Preis. Heute wollte sich ein Kontaktmann melden. In letzter Zeit hatte sich die Beziehung zwischen Iceberg und Marina weiter intensiviert. Fast täglich hatte sie ihn besuchen können. Dabei hatte der Ex-CEO festgestellt, dass eine neue Spielart ihm sehr gefiel: Wenn die Brünette in ihren Strapsen ihn mit Bändern aus weichem Polyvinylchlorid ans Bett fesselte und ritt war das wie eine Ekstase der Superlative.
Es hatte ihn ein wenig Überwindung gekostet, sich so auszuliefern, aber der Mut war belohnt worden. Immer dominanter gab sich die früher so schüchterne Marina und ging selbst auf in ihrer neuen Rolle. Von Tag zu Tag hatte sie mehr Freude an einer eher führenden Rolle. Artus Iceberg hätte es vor einigen Wochen nie für möglich gehalten, aber auch er genoss seinen Part sehr. Leider war es ihm bisher nicht gelungen, Marina freizukaufen. Aber zumindest hatte er fünf Mal die Woche Besuch von ihr. Und eine weitere Woche später brachte seine erotische Besucherin einen kleinen Gegenstand mit: eine Castitasschelle.
Artus Iceberg hatte davon gehört und lächelte. „Willst du sie mir anlegen?‟ Marina nickte und öffnete die Vorrichtung. „Ich will doch nicht, dass du dein Pulver schon verschießt, wenn ich nicht da bin. Und mit der CS freust du dich bestimmt noch mehr, wenn ich dich besuche.‟ Iceberg war total erregt von dem Gedanken. Und im Notfall würde er das Teil sicherlich auch selbst öffnen können. Marina legte ihm die CS um seinen Phallus, was den Mann aufstöhnen ließ. Sie ließ das Schloss mit einem leisen Piepton versperren. „Es funktioniert mit einem Chip. Ich werde ihn jetzt aktivieren.‟ Daraufhin piepste es erneut. Iceberg staunte, als die CS sich entsperrte. Marina nahm ihm die Phallushülle ab. „Aber jetzt wollen wir erst unser Vergnügen. Und bevor ich gehe, wirst du die Schelle wieder anlegen. Der Chip sperrt das Schloss, sobald ich das Apartment verlassen habe und öffnet es automatisch, sobald ich es wieder betrete.‟
Die beiden Liebenden fielen in den nächsten zwei Stunden in einen tiefen und unendlich erscheinenden Strudel voller Ekstase. Marina machte Iceberg geil und geiler und ritt dann sein Gesicht, um sich selbst die größte Lust zu holen. Später durfte der Mann in ihre Venus tauchen und explodierte wie eine Supernova. - Schließlich war die Zeit um, und Marina legte ihm die Castitasschelle um und verließ ihn. Iceberg hörte das Piepen und testete die Vorrichtung. Nun gab es kein Entkommen mehr. Die nächsten 24 Stunden würden zur Ewigkeit werden! Marina war wirklich der galaktische Hyperstimulator! Er war jetzt schon wieder scharf wie eine Laserklinge, obwohl er sich doch zwei Stunden lang mit dieser Erotikgranate ausgepowert hatte! Wäre er doch nur schon früher zu der Erkenntnis gelangt, wie erregend es sein konnte, sich einer Frau zu unterwerfen. Doch dann tauchte wieder ein beängstigender Gedanke auf, der seine Hoden eng zusammenzog. Woher hatte Marina diese Hightechvorrichtung? Sie war eine Slumbewohnerin, die in einer Fabrik schuftete und zusätzlich Liebesdienste anbot. Da mussten doch andere Personen die Fäden im Hintergrund ziehen. Er war also nicht von Marina abhängig sondern von irgendwelchen dunklen Gestalten? Dieser Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht. Iceberg versuchte, die Castitasschelle zu manipulieren. Mit physischer Gewalt tat sich da nichts. Er probierte es mit Funkwellenmodulatoren aus. Funktionierte auch nicht. Er scannte die Schelle nach Technik. Wenn er den eingebauten Chip klonen konnte... Aber auch das gelang ihm nicht. Das Innenleben der Castitasschelle war gegen solche Manipulationen oder Zugriffe abgeschirmt. Er konnte den nächsten Besuch seiner Keyholderin kaum erwarten. Geilheit und Angst vermischten sich zu einer Melange.
Auf Beta Patria sinnierte Animus vor sich hin. Er hatte endlich aus erster Hand erfahren, was Mortimer angerichtet hatte. „Ich werde nicht darauf warten, dass die inkompetente Planetenpolizei oder sonst wer den Typen findet. Ich könnte einen Kopfgeldjäger schicken, aber ich will ihn selbst befragen. Ein Investigator soll herausfinden, wo er sich versteckt hält. Dann werde ich ihn aufsuchen und zur Rechenschaft ziehen.‟ Der Pilot nahm die Angelegenheit sehr ernst. Er wollte nach Timiditas nicht noch seinen zweiten Freund verlieren.
So ein Investigator war ein Spezialist, der Personen oder Dinge mit modernster Technik und einem weiten Netzwerk von Kontakten aufspürte. Dies würde auch transstellar in einem Bereich möglich sein, der beinahe die gesamte Vereinigte Allianz umfasste. Sollte Mortimer sich in der besetzten Zone durch das Alpha Dominion befinden, würde der Investigator zumindest die Route bis zur Frontlinie verfolgen können und damit sicherstellen, dass sich die Zielperson nicht mehr in der VA aufhielt. - Die nächsten Tage waren für ihn der reinste Horror. Die Ungewissheit machte ihn wahnsinnig. Er stand kurz davor, die Wahrheit zu erfahren. Aber noch hatte er keinerlei Informationen von dem Investigator erhalten, abgesehen von dem Fakt, dass Mortimer definitiv nicht auf Beta Patria war, und mit 94 prozentiger Wahrscheinlichkeit auch nicht im Sol-System X94021-115-BP.
Animus seufzte. Hoffentlich war der Investigator sein Geld wert. Carthy hatte die Hälfte der Kosten übernommen, sonst hätte Animus ihn gar nicht beauftragen können. - Wohin hatte sich der Mistkerl abgesetzt? Und dann kam die entscheidende Information: Die Zielperson war auf einem inoffiziellen Flug über einige Zwischenhäfen nach Atra Mundo gelangt. Animus fühlte, wie sein Herz kräftig von innen gegen seine Rippen schlug vor Aufregung. Eilig öffnete er eine Datenbank und las über den Himmelskörper nach: abgelegender Planet am Rand der VA. Sieben Megacitys. Hauptstadt: Atra-City. Durch ein Embargo existiert kein direkter politischer oder wirtschaftlicher Kontakt zu Beta Patria. Kriminelle Strukturen kontrollieren Wirtschaft und öffentliches Leben. Technisch obsolet, keine Androidentechnologie. Verarmte und unterdrückte Bevölkerung wird von relativ wenigen Privilegierten beherrscht, die zum großen Teil einer der kriminellen Clans angehören. Die Arm-Reich-Schere ist nirgends in der VA so ausgeprägt... Animus las nicht weiter. Der perfekte Ort, um sich als Verbrecher zu verstecken.
Der Investigator hatte gute Arbeit geleistet. Jetzt war er selbst dran: Er musste nach Atra Mundo reisen. Weitere Details über Mortimers Aufenthaltsort gab es leider nicht. Aber Animus hatte einen Vorteil: Während man auf Atra Mundo ohne finanzielle Mittel nichts war und erreichen konnte, galt das Gegenteil für jemanden mit entsprechend hoher monetärer Ausstattung. Und da Mr. Carthy auch hier helfen wollte, war der Pilot guten Mutes, die Informationen über Mortimer zu bekommen. - Er besprach seinen Plan mit Violetta. Die Rothaarige schaute ihm tief in die Augen, wobei sich ihre Farbe von Grün zu Himmelblau änderte. „Ich werde dich begleiten.‟ Animus war geschmeichelt, aber er lehnte es wegen der unberechenbaren Gefahren ab. Doch Violetta ließ keinen Widerspruch zu. Sie bestand darauf, mit ihm zu reisen. Letztlich gab sich der Pilot geschlagen. Der Rotschopf hatte immerhin gewisse Kampferfahrung, obwohl sie immer betonte, bei der STC nur in der Basisstation gewesen zu sein. Ihre neue Arbeitsstelle ließ noch auf sich warten, so dass sie genügend Zeit hatte, mit Animus diesen Mortimer aufzuspüren.
Wo Gravis sich befand, würden sie von Mortimer erfahren. Dass sich der Freund in einem abgelegenen Sol-System in einer Gefängnisanlage der IPPC aufhielt, hatte er nicht auf dem Schirm. Der Muskelmutant saß in seiner Zelle und grübelte. Gestern hatte ihn Jameson in seinem Kubus besucht. Die Kommandantin hatte sich vor seinen Augen materialisiert und ihn angelächelt und dann ein ungewöhnliches Angebot gemacht: Entweder blieb Gravis in seiner Zelle und würde dort langsam auf seinen Tod in vielen Jahren warten, oder er würde sich frei in der Station bewegen dürfen und hätte Privilegien wie beispielsweise gute Nahrung und die Möglichkeit eines Krafttrainings im Gym der Station. Voraussetzung war, dass er eine Castitasschelle trug und von nun an als Jamesons Lovetoy fungierte, stets zu ihrer erotischen Stimulation bereitstand und jeden ihrer Wünsche erfüllte.
Der ehemalige Custos war hin und her gerissen. Sollte er sich darauf einlassen? Er wäre nicht viel mehr als ein Sexsklave, wie ein Munus im Harem der Regina. Aber er hatte Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Der permanente Aufenthalt in der Isolationszelle, zum Nichtstun gezwungen, würde ihn unweigerlich in den Wahnsinn treiben. Im Grunde stand sein Entschluss also schon fest. Er musste sich nur noch überwinden. Vielleicht war die Castitasschelle das größte Hindernis. Würde Sherry Jameson ihm regelmäßig eine Erlösung gönnen? Oder sollte sein Phallus für immer weggesperrt werden? Wäre das auf Dauer schlimmer als in der Zelle zu schmoren? Gravis seufzte. Die Kommandantin konnte trotzdem jederzeit für ihn eine Castitasschelle anordnen. Er war ihr eh hilflos ausgeliefert. Also sprach er laut: „Ich nehme das Angebot an, Frau Kommandantin.‟ Die Sprach-Algorithmen würden es an Jameson weiterleiten.
Gravis war sich sicher, dass jede Bewegung, jede Mimik, jede Geste, jedes Geräusch in seiner Zelle von einem versteckten Transmitter übermittelt und dann von einer Rechneranlage analysiert wurde. - Es dauerte keine halbe Stunde, wie er vermutete, da materialisierte sich die Kommandantin persönlich in seiner Zelle, eine Castitasschelle aus Titanium in der Hand. Nur mit ihrem Blick sagte sie dem Insassen, er solle seinen Suit ausziehen. Mit geschickten Händen legte Jameson ihm die Schelle an. Das hatte sie wohl nicht zum ersten Mal bei einem Mann gemacht, war sich Gravis sicher. Es fühlte sich eng und erregend zugleich an. Eine leichte Panik schwoll in ihm auf. Er wusste, dass der Zugriff auf seine Männlichkeit nun definitiv abhängig von Jamesons Willkür war.
Ein Schloss war nicht erkennbar. Gravis vermutete, dass es mit Funkwellen funktionierte. Die Kommandantin stand vor dem Nackten und betrachtete ihn auf eine lüsterne Weise. Gravis hatte sich noch nie so nackt und entblößt gefühlt in seinem Leben. Und irgendwie benutzt. Die Leiterin kam näher und strich über den muskelbepackten Leib, knetete auch die Gesäßbacken und zupfte dann sanft an den Hoden des Mannes. Sie lächelte, und ihre Augen blickten ihn begierig und verlangend an. Doch dann aktivierte sie den Teleportationsvorgang und löste sich vor ihm auf. Nie hatte sich der Custos so einsam und gefangen gefühlt wie in diesem Moment: Er trug eine Castitasschelle, befand sich in einem Kubus, in einer abgelegenen Hochsicherheits-Gefängnisanlage in einem einsamen Sol-System. Er wartete und wartete. Wann würde Sherry Jameson ihn aus diesem Kubus holen? - Die ersten 24 Stunden hoffte er vergebens.
Auf einer gesicherten Frequenz hatten Aranea Regina II., Vorstand des Hohen Rates des Alpha Dominion, und der Regierungsrat der Vereinigten Allianz einen temporären Waffenstillstand ausgehandelt und eine entmilitarisierte Zone eingerichtet. Damit schien beiden Parteien geholfen zu sein. Das AD hatte Zeit, um weitere Androiden zu produzieren und zugleich eine Firewall gegen den Virus im BIOS der Bots zu implementieren, während die VA sich um das außer Kontrolle geratene Update der Androiden kümmern konnte. Auf Dauer war es der Wirtschaft nicht verträglich, alle intelligenten Bots abzuschalten. Diverse Verbände und Lobbyisten gingen bereits auf die Barrikaden und machten der Politik gefühlt so viel Druck wie er im Kern der Sonne vorherrschte.
Trotzdem beharrte die Regierung auf ihr Antiandroidengesetz. Zumindest erlaubte eine Lockerung die Aktivierung von getesteten Exemplaren, die nachweisbar virusfrei waren. Des Weiteren mussten in ihren Chips eine Firewall aufgespielt werden, die eine Infizierung unmöglich machte. Ein spezielles Sicherheitssiegel zeigte dann holografisch an, dass der Bot legal aktiv war, und ein Transponder sendete eine entsprechende behördliche Genehmigung. Besonders in systemrelevanten Bereichen wurden die ersten befugten Androiden eingesetzt: Medizin und Industrie, Behörden und Militär. Private Bots wurden nur in Ausnahmefällen erlaubt.
Auf Regina trafen mittlerweile mehr und mehr Damen der Adelskaste ein, die aus ihrem Exil auf Naturalis Sidus zurückkehrten. Nach und nach ähnelte das gesellschaftliche Leben auf Regina wieder der Zeit von Regina Augusta. Loyale Munuskreaturen wurden als Diener und Haremsbewohner eingesetzt; Custos als Wächter; Rusticusse als Arbeiter. Zwar dominierten in den meisten der industriellen Branchen von Bots gefertigte Produktionen, aber es galt unter den Edelfräuleins als schick, von Humanoiden gefertigte Waren zu erwerben. Die Rusticusse trugen nach alter Tradition ihre ID-Nummer von einem Laser eingebrannt auf ihrer Gesäßbacke. Selbstverständlich waren sämtliche Rusticusse und Munuswesen in Castitasschellen gesperrt.
Früher hatte ein Munus einen Securitychip im Phallus gehabt, aber neue Mode war eine CS in Sondergröße. Viele von ihnen trugen zugleich noch einen schweren Hodenstrecker. Ein enger Suit bedeckte den gesamten Körper bis auf eine Öffnung für das Gesicht und die Geschlechtsteile sowie die Hände. Man konnte meinen, Geschichte wiederholte sich. Doch noch war Regina weit von der alten Zeit entfernt, denn bis sich eine Zivilgesellschaft entwickeln würde, konnte es noch dauern, und die militärische Auseinandersetzung mit der VA musste auch erst entschieden sein. Dann konnte sich Aranea allerdings eine humanoide Bevölkerungsschicht vorstellen, die für die nächste Generation Pugnatoren, Rusticussen und Munuswesen sorgte. Das würde vermutlich noch Jahre dauern. Voraussetzung war sowieso, dass das Alpha Dominion die Vereinigte Allianz befrieden konnte. Nur dann gab es eine Zukunft für Regina.
Auf Fortuna, dem Mond von Regina, waren bereits die ersten Luxushabitate - gewaltige Kuppelanlagen - wieder bewohnt. Die Adelsdamen genossen dort dekadent ihr süßes Leben mit Munussklaven in Saus und Braus. - Für aufsässige Personen wurden Straflager eröffnet. Offiziell nannte Aranea sie „Erziehungseinrichtungen‟, die den Insassen wieder die korrekte Orientierung geben sollten. Das Erfolgsrezept fußte auf drei Säulen: schwerer physischer Arbeit, Neuroimpulsen und Gehirnstrukturerneuerungen. Erste Forschungsergebnisse hatten gezeigt, dass die Anstalten vorbildliche Rusticusse und Munussklaven hervorbrachten, die fleißig und gehorsam waren und auf eine eigene Meinung oder einen persönlichen Willen verzichten konnten.
Ehemalige Audiutrix übernahmen die Führung in den Umerziehungseinheiten. Für die neuronalen Behandlungen waren Indagatrix zuständig. Die Wissenschaftlerinnen waren früher für die Bewusstseinsabspeicherung der männlichen Adligen und die Melkställe von Munuskreaturen zuständig gewesen. Jetzt arbeiteten die meisten von ihnen in den Erziehungseinrichtungen. Und auch die Alba Simia hatten schon nach der Technologie der neuronalen Umstrukturierung angefragt. Sie wollten gern ihre Sklaven, das Volk der Placidus, entsprechend optimieren. Zwar galten die Placidus als extrem friedfertig und somit auch leicht zu dominieren, aber den Alba Simia gefiel der Gedanke, dass die Sklaven ihren Platz in der Gesellschaft ohne Widerwillen besetzten. Ob das Nanoprogramm für Munuswesen und Rusticusse auch bei Placiduskreaturen funktionierte, mussten Tests zeigen.
Für die Experimente nutzten die Indagatrix Nervenrezeptorenbooster, die schon marginale Wirkungen des Manipulationsprogramms sichtbar machten. Für die Indagatrix waren die Placidus eine neue Erfahrung, aber mit deren 150 Zentimetern Körpergröße konnten sie in kleineren Käfigen gehalten werden, was wiederum die Lagerkosten für Probanden verringerte. Die Spezies hätte auch als Rusticusalternative als Arbeitssklave eingesetzt werden können, aber leider bestanden die Alba Simia auf ihr Exklusivrecht bei dieser Lebensform. Ausnahme bildete nur die Forschung auf Regina.
Es gab zwei grundlegende Ansätze bei der Therapie für Placiduswesen: Die klassische Variante, die durch neuronale Neustrukturierung die ursprüngliche Persönlichkeit des Individuums löschte und ihn praktisch zu einem willenlosen „Zombie‟ machte, der durch ein Nanoprogramm gesteuert wurde; und dann die neue Therorie der Konditionierung durch ein implantiertes Neuronalgeflecht, das durch Nervenimpulse Gedanken an den eigenen Willen sofort disziplinierte und dagegen Gehorsam durch Dopamin-Ausschüttung belohnte. Viele der Indagatrix waren optimistisch, dass beide Systeme funktionierten. Aranea würde sich für das kostengünstigere entscheiden, wenn es darum ging, die Behandlungen für Munuswesen und Rusticusse anzupassen.
Animus und Violetta fanden dank Mr. Carthys Kontakten einen Raumflug zum benachbarten Sol-System, von dem eine inoffizielle Transferverbindung bis nach Atra Mundo offeriert wurde. Es handelte sich nicht um ein Passagierschiff, sondern eine alte Frachtfähre wartete doch auf sie. Eine bunte Mischung aus diversen Lebensformen befand sich an Bord der „Astrum 94‟. Die Besatzung bestand aus nur elf Personen. Reisende waren insgesamt mehr als doppelt so viele in Behelfskabinen untergebracht. Die meisten von ihnen ließen sich kaum sehen. Es waren dunkle Gestalten. Animus wunderte das nicht. Wer nach Atra Mundo wollte, war garantiert weder Pazifist noch Engelsgestalt. Leute mit weißer Weste würden erstens eine andere Destination und zweitens auch eine andere Reisegelegenheit wählen. Die „Westen‟ der Passagiere waren wohl eher schwarz wie das Innere einer Singularität.
Auch Violetta fragte sich, wer da alles mit ihnen auf der Astrum 94 unterwegs war. Waffenhändler? Drogendealer? Profikiller? Terroristen? Kapitale Kriminelle diverser Branchen? Aber auch die Besatzung machte keinen wirklich seriösen Eindruck. Den Kapitän hatte sie schon gesehen: ein Humanoid mit narbiger Haut und einem gedrungenen Körperbau. Die spitzen Ohren und nicht weniger spitzen Zähne demonstrierten, dass es sich nicht um einen terrestrischen Humanoiden sondern um eine verwandte Lebensform handelte. Der Typ war kurz angebunden und hatte sie nur kontaktiert, um das Dilithium für den Reisepreis im Voraus zu kassieren.
Die anderen Besatzungsmitglieder bestanden ebenfalls aus Spezies, die den terrestrischen Humanoiden sehr ähnlich waren. Fast alle schienen aus unterschiedlichen Kulturen zu kommen, aber eines einte sie: die schmierige, fast verschlagen wirkende Optik. Violettas Bauchgefühl sagte ihr, dass sie den Leuten auf keinen Fall vertrauen durfte. - Die Fähre war bereits seit sieben Tagen unterwegs, als Violetta alleine auf der Suche nach einem Gym, das es auf dem Schiff geben sollte, einen Korridor entlanglief, der von Stahlträgern und metallenen Gitterwänden und Kabelsträngen an der Decke dominiert wurde. Vorsichtig sah sie sich um, ob ihr jemand folgte. Aber sie war allein. Roststellen an Bolzen und Muttern deuteten an, in welchem Zustand sich die Astrum 94 befand. Ein nicht isoliertes Kabelende an der Decke gab sogar knisternde Funken von sich. Schnell ging die schlanke Frau mit ihrem knallroten stylischen Pagenschnitt weiter. Plötzlich öffnete sich seitlich von ihr ein pneumatisches Schott. Ein Hüne von Mann erschien vor ihr.
Es war wohl ein Corium Bestia, wie sie erkannte: zwei Meter groß, drei Zentner schwer, haarig und ledrige Haut. Die Kreatur trug einen ärmellosen Arbeitsoverall aus dickem Nylon und schwere Sicherheitsstiefel. Das Muskelpacket griente sie dümmlich an. Violetta lächelte zurück und verbarg ihren Schrecken. Der Kerl gehörte wohl zur Besatzung. Diese Spezies war nach terrestrischen Maßstäben nicht sehr intelligent. Sie stammte von einem entfernten System außerhalb der VA, doch gab es zahlreiche Leiharbeiter, die gering qualifizierte Arbeiten in diesem Raumsektor ausübten. Und immerhin waren die Betroffenen klug genug, um vor der Diktatur auf ihrem Heimatplaneten zu flüchten.
Der Koloss grinste breit. „Oh! Schöne Frau.‟ Violetta trug einen blauen Sportanzug, der sich eng um ihren trainierten schmalen Leib schmiegte. Hatte sie einen sexuellen Übergriff von diesem Grobian und Spatzenhirn zu erwarten? Er starrte sie an. „Ich heiße Unguis. Wie heißt du?‟ Violetta lächelte schmal. „Mein Name ist Violetta. Ich suche das Gym.‟ Unguis sah sie verständnislos an. Die Frau versuchte es mit verdeutlichenden Gesten. „Training. Sport. Wo ist die Turnhalle?‟ Unguis zuckte mit den breiten Schultern. Er zeigte hinter sich auf das Schott, aus dem er gekommen war. „Organe. Ich kontrolliere die Inko.... Inkubata.... toren.‟ Violetta runzelte die Stirn. „Inkubatoren? Brutkästen?‟ Unguis grinste. „Ja. Ich mach das.‟ Violetta sah ihn skeptisch an. „Auf dem Schiff sind Inkubatoren? Für was? Organe? Handelt ihr mit Organen?‟ Unguis nickte aufgeregt. „Organernte gut. Viel Belohnung.‟ Violetta schluckte. Organhandel war in der VA streng verboten. Und Organernte erst recht.
Sie nickte zu der Tür. „Zeigst du mir das?‟ Unguis grinste. „Ja. Zeige ich dir. Komm mit.‟ Mit einem mulmigen Gefühl folgte sie dem Koloss. Hinter ihr schloss sich die Stahltür. Ein schmaler Korridor führte sie entlang von schmutzigen Stahlwänden. Eine weitere Tür öffnete sich. Violetta und Unguis betraten eine in rotes Licht getauchte Kammer. Sechs Glaszylinder mit einer Nährlösung waren dort aufgereiht. In ihnen schwebten Humanoiden, die durch Schläuchen mit Maschinen verbunden waren. Violetta glaubte kaum, was sie da sah. Plötzlich riss sie eine scharfe Stimme herum. „Wer sind Sie? Was machen Sie hier? Dieser Sektor ist für Passagiere gesperrt.‟
Die Frau sah einen Mann in einem weißen Laborkittel. Er trug in seinem rechten Auge ein auffälliges visuelles Implantat. Violetta zeigte zu den Biotanks. „Betreiben Sie hier etwa Organernte?‟ Der Mann schnaubte abfällig. „Unsinn! Wir scannen die Organe nur und klonen sie dann. Das sind alles freiwillige Probanden. Aber Sie haben hier trotzdem nichts zu suchen. Gehen Sie!‟ Er sah böse zu dem Corium Bestia und versetzte ihm eine kräftige Backpfeife. „Du bringst hier nie wieder jemanden hin! Hast du das kapiert, du dämlicher Schwachkopf!?‟ Unguis senkte ergeben den Kopf. „Ja, Boss. Nie wieder.‟
Violetta stapfte schnellen Schrittes zurück in den öffentlichen Bereich des Schiffes und fühlte, wie ihr Herz bis zum Hals schlug. Ihr war die Lust auf das Gym vergangen. Sie eilte zurück in ihre Kabine zu Animus. „Ich muss dir was erzählen...‟ Der Pilot hörte aufmerksam zu. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich glaube kein Wort von diesem Laborfutzi. Da stimmt was nicht. Die haben was zu verbergen.‟ Violetta seufzte. „Vielleicht sollten wir uns da raus halten. Das ist nicht unser Ding. Das gibt nur Ärger. Wir müssen uns auf die Suche nach Mortimer konzentrieren.‟ Dann ergänzte sie: „Irgendwie tut mir dieser... Unguis leid. Ein Riese von Gestalt, aber er lässt sich von diesem Kittelträger abwatschen und demütigen.‟ Animus räusperte sich. „OK. Lass uns unauffällig diese Reise überstehen. Das ist Priorität.‟ Violetta streichelte seine Brust und küsste ihn sanft auf die Lippen. „Mir steht jetzt der Sinn sowieso nach etwas... Privatsphäre...‟ Animus flüsterte: „Den Wunsch kann ich dir erfüllen.‟ Die Iris der Frau änderte sich von Rehbraun zu Babyblau. Ein goldfarbener Rand blitzte wie eine Corona kurz auf. Dann schloss sie ihre Lider mit den langen, geschwungenen Wimpern und gab sich ganz dem Piloten hin. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
Freak
Beiträge: 116
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:19.10.20 13:33 IP: gespeichert
|
|
So, hab die Geschichte jetzt auch soweit durch, und ich muss mich einem meiner Vorredner anschließen.
Für mich die Beste Geschichte im Forum!
Ich hoffe hier gehts Bald weiter, ich freu mich schon.
LG & Gesundheit Eigentum von Miss Alice
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:30.10.20 19:53 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXII ~
Artus Iceberg saß wie auf heißem Plasma. Der Termin war bereits vor zehn Minuten gewesen. Wo blieb Marina nur? Sie war bisher immer pünktlich gewesen. War es ein eklatanter Fehler gewesen, sich in die Castitasschelle einschließen zu lassen? Der Kick, der ihm das brachte, war unglaublich intensiv, aber genauso musste er sich jetzt der Realität stellen. Wenn sie nicht kam... Doch da hörte der Mann das Besuchersignal der Eingangstür. Mit einer Geste aktivierte er die holografische Cam, um zu sehen, wer Einlass begehrte. Bingo! Da war sie! Seine Befürchtungen waren wohl unangebracht gewesen.
Das Türpanel öffnete und ließ die erotische Dame herein. Sie trug einen unscheinbaren langen Mantel, doch als sie ihn fallen ließ, stand da in Latexreizwäsche eine sexy Lady und öffnete ihr langes Haar. Dann drückte sie Iceberg in Richtung Bett. Verführend. Fordernd. Bestimmend. Dominant. Der Mann ließ es geschehen. Auf der Gelunterlage nestelte er an seinem Schritt. Die Castitasschelle müsste nun deaktiviert sein... Doch sie war weiterhin verschlossen. Iceberg ächzte verwundert. Aber Marina war anwesend. Wieso hatte sich das Schloss nicht geöffnet?
Die Frau saß mittlerweile auf seinem Bauch und hielt seine Arme neben seinem Kopf gefangen, beugte sich vor und küsste ihn voller Leidenschaft. Sein Genital wollte nur noch raus aus seinem engen Kerker. Er flüsterte zwischen den Küssen: „Öffne die Castitasschelle! Schnell!‟ Doch Marina begann zunächst damit, ihren Lover vollständig zu entkleiden. Und dann, so schnell, dass Iceberg gar nicht reagieren konnte, fixierte sie ihn mit vier Nanofaserfesseln ans Bettgestell wie ein übergroßes X. „Oh, Marina. Was tust du? Ich bin so geil... Ich... Komm! Mach mir die Schelle ab!‟ Die Castitasvorrichtung piepte, und die Frau löste sie von der Männlichkeit. Sofort ragte vor ihr ein harter Phallus in die Höhe wie eine Rakete.
Marina streichelte über ihre Venus. Das intelligente Latexmaterial öffnete sich über ihrer Scham und erlaubte den Blick auf ihren Schritt. Damit näherte sie sich lasziv und stellte sich über den Mann aufs Bett. Nun senkte sie sich hinab in sitzende Stellung und verpasste dabei absichtlich knapp den Monolithen, der an ihren Bauch entlang schrabbte. Der CEO stöhnte auf. Marina packte den Stab und hielt ihn fest, bewegte ihre Hand auf und nieder. Der grausam langsame Rhythmus machte den Mann schier wahnsinnig.
Nach einer Zeit erhob sich Marina auf die Knie und wischte mit dem Phallus durch ihre feuchte Venus. Endlich hieß sie ihn willkommen und sank auf ihn hinab. Es dauerte nicht lange, da führten ihre langsamen, kreisenden Hüftbewegungen dazu, dass Iceberg grunzte und kurz vor dem Höhepunkt war. Auf diesen Augenblick hatte Marina gewartet und stand abrupt auf. Iceberg gab einen Schmerzenslaut von sich. „Was!? Marina! Setz dich! Ich komme! Ich... Uhngh!‟ Sie legte ihren Finger auf ihre roten Lippen und lächelte ihn an.
Sie berührte ihren Latexslip, der sich wieder schloss. Sie nahm eine kleine Plastikkarte für Finanztransaktionen aus ihrer Tasche und drückte den Daumen von Iceberg dagegen. Die Sensoren verglichen nicht nur den Fingerabdruck sondern nahmen auch eine mikroskopische DNA-Probe, um den User zu verifizieren. Krediteinheiten flossen auf ein fremdes Konto. Iceberg konnte nicht mal sehen, um welche Summe es sich handelte. Er sah Marina entsetzt an. Dann zerrte er an den Nanofasern. „Mach mit sofort los! Was hast du getan?‟ Die Frau lächelte ihn an. „Ich habe mir nur mein Honorar genommen.‟ Iceberg war sauer. „Mach mich jetzt los! Du glaubst wohl, du kannst alles mit mir machen! Du solltest mich aus der Castitasschelle holen und...‟ Marina strahlte ihn fast liebevoll an und streichelte ihm über das Gesicht. „Aber das habe ich doch getan.‟ Iceberg schimpfte: „Du weißt genau, was ich meine! Jetzt mach die Scheißfesseln auf!‟
Statt der Befreiung arretierte die Besucherin die Castitasschelle erneut an Icebergs bestem Freund, während der Mann wütete. Schließlich sagte Marina: „Jetzt werde ich dir die Fesseln abnehmen.‟ Die Vorrichtung ließ sich nur noch mit einem Lasermesser öffnen. Die Liebesdienerin befreite seine Hände und warf ihm die Klinge hin. Iceberg schnitt sich los und stürmte dann auf die Frau zu, die sich in aller Seelenruhe ihren Mantel überzog. Plötzlich schrie er auf und sackte auf die Knie, hielt sich seine Männlichkeit. Marina schmunzelte. „Du darfst mir jetzt nicht mehr so nah kommen. Sonst werden Elektrosignale durch deine Hoden geschickt.‟
Der Kniende sah ungläubig zu der hübschen Frau hoch. Sie steckte sich die Haare zusammen und drehte sich um. Kurz darauf hatte sie das Apartment auf ihren atemberaubend hohen High Heels verlassen. Artus Iceberg lief zu einer Konsole und aktivierte sein Finanzprogramm. Der Kontostand verriet, dass Marina sich den beinahe fünffachen Lohn gegönnt hatte. Wenigstens war sie nicht bis zum Sicherheitslimit gegangen. Wenn sie ihn hätte ausrauben wollen... Also würde sie wiederkommen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer erschien ihm. Aber dann spürte er die penetrante Frustration in seinem Genital, die unerfüllte Lust, die Marina so angeheizt hatte. Es war kaum zum Aushalten. Wie sollte er das ertragen? Er war ein Humanoid, ein Mensch, kein animiertes Hologramm, das sich offline stellen konnte.
In der IPPC-Anlage, in der Gravis inhaftiert war, herrschte ein strenges Regiment. Leiterin Jameson ließ keine Regelverstöße unbestraft. Es existierte für renitente Insassen der Black Block, ein spezieller Bereich in der Anlage. Dieses Modul des Gefängniskomplexes war ein für nur einen ausgewählten Personenbereich autorisierter Sektor. Die dort zuständigen Angestellten trugen neben der Uniform aus schwarzer Hose, schwarzen Militärstiefeln, weißem Hemd und schwarzer Uniformjacke mit dem gelben Emblem der Firma noch die Buchstabenfolge „BB‟.
Sie galten als äußerst verschwiegen. Ihre Messe und die Aufenthaltsräume befanden sich in einem benachbarten Modul, so dass sie mit den Standardwachen kaum Kontakt hatten. Gerüchte sprachen von sensorischen Deprivationskammern mit statischem Rauschen. Angeblich waren einige der Gefangenen als sabbernde geistige Wracks zurück in ihre Normzellen gekommen, die dort zuvor eine unbestimmte Zeit verbracht hatten. Ob das der Wahrheit entsprach, wussten wohl nur die BBs. Fakt war, dass so mancher Gefangene den Verstand verlor, denn auch die Normzellen waren schallisoliert und klein. Es gab keine Ablenkung und nichts, um sich zu beschäftigen.
Gravis hatte die Zugangsberechtigung für viele Bereiche des Komplexes seit er die Castitasschelle trug, doch den Black Block durfte auch er nicht betreten. Er sah nur zwei der BBs durch ein massives Schott in dem Sektor verschwinden. Hinter ihnen verschloss sich die gewaltige Verbundstahltür wieder. Eine Warnlampe hatte geblinkt, solange der Zugang geöffnet gewesen war. Gravis hatte einen kurzen Blick in den Korridor werfen können. Links und rechts waren am Boden Lüftungsgitter angebracht, die das Licht reflektierten. An der Decke leuchteten in gleichen Abständen längliche Leuchtdioden.
Gravis spürte, wie sein Handgelenkskommunikator vibrierte. Er bestätigte eine Audionachricht und aktivierte sie. Kommandantin Jameson wollte, dass er sofort bei ihr im Privatbereich erschien. Er war gespannt. Seine Männlichkeit drückte schon gegen den Verschluss. Mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit wollte sie Sex. Davon war es in jedem dritten bis vierten Fall Penetration. Aber oft bevorzugte sie seine Zunge. Gravis konnte vorher nie wissen, was ihn erwartete. Nur eines war sicher: Er hatte sich so schnell wie möglich in ihrem Privatraum einzufinden. Aber das war alles besser, als in einem kleinen Kubus zu vegetieren und als ein sinnloses Objekt zu existieren.
In ihrem Domizil angekommen, strich Jameson ihren Finger an ihrer Jacke entlang, so dass sich das intelligente Textil öffnete und abstreifen ließ. Das feine Material floss beinahe wie eine Flüssigkeit zu Boden. Gravis starrte auf die knackigen und bloßen Brüste der Frau. Sie winkte ihn zu sich. Gravis fühlte sich elektrisiert, als würden leichte Neuroimpulse durch seinen Körper gejagt. Er kam näher, da sprang die Kommandantin plötzlich auf seine Arme, klammerte ihre Beine an seine Seiten und umschlang mit ihren Armen den kräftigen Nacken des Kolosses.
Gravis hielt ihren unteren Rücken und ihren Po sicher in seinem Griff und trug sie in einen Nebenraum, wo eine aufgeschäumte Kunststoffmatratze in einer programmierbaren kardanischen Aufhängung montiert war. Der Custos war sich nicht sicher, ob er nicht zu schwer für die Konstruktion war, aber Jameson flötete ihm ins Ohr: „Lass uns beide hineinfallen. Wir werden sanft landen. Und dann wirst du eine Ekstase erleben, wie du sie noch nicht kennengelernt hast.‟ Und als sie Gravis die Castitasschelle entfernte, glaubte er ihr und ließ sich im Liebestaumel mit seiner Sherry treiben...
Auf Fortuna, dem Mond Reginas, lebten inzwischen wieder wohlhabende Edelfräuleins und hohe Militärs. Eine Forschungseinheit war dort ebenfalls ansässig. Indigatrixfrauen experimentierten dort in einer inoffiziellen Anlage an einem streng geheimen Projekt. Die Wissenschaftlerinnen versuchten die Bewusstseine von Humanoiden zu extrahieren. Ziel war es, dass reiche Damen ihre älteren Körper gegen jüngere Exemplare tauschen konnten. Im Grunde tauschte man zwischen zwei Personen das Lebensalter. Gegen eine monitäre Abgeltung war der Vertrag abgeschlossen.
Die jungen Humanoiden - ob Frau oder Mann war auswählbar - würden aus Planetengesellschaften stammen, die aufgrund ihrer Umgebung ein zwar gesundes aber armes Leben führten. So war beiden geholfen. Die reiche Dame hatte einen jungen, hübschen und gesunden Körper; die andere Person konnte seine letzten Lebensjahre in relativem Reichtum verleben. Zumindest redeten sich die Damen des Regina-Reiches die Sache so schön.
Es blieben sicherlich viele Fragen offen: Wie freiwillig war die Körperspende? Waren die Personen über alle Konsequenzen informiert? Wussten die Spender welchen Körper sie erhielten? Die alten Damen waren vermutlich nicht nur kränkelnd, sondern viele waren auch übergewichtig und hatten einige Gebrechen. Zwar dürfte der Spender in der Regel wohl alle Upgrades behalten (synthetische Organe, progressive Sehnerven und Auditiv-Erweiterungen, bioaktive Titan-Gelenke, Muskelsupport-Systeme usw.), aber ihr Alter würde nicht zu übersehen und deutlich zu spüren sein.
Doch das all war Zukunftsmusik. Noch forschten die Indigatrixfrauen an den chirurgischen zerebralen Neurotechniken, um die Bewusstseine transformieren zu können. Solch ein Geschäftsmodell war in der Vereinigten Allianz streng verboten. Die Forschung hatte auf Beta Patria bereits Fortschritte in diese Richtung gemacht, war aber von der Ethikkommission des Hohen Rates eingestellt worden. Doch auf Fortuna wagten sich die Wissenschaftlerinnen an die ersten Versuche mit Munuswesen aus den Erziehungseinrichtungen. Für die Tests waren sie geeignet. Würde die Technologie funktionieren, müssten andere Spender gefunden werden. Kompatibilitätsprobleme waren bisher unbekannt. Schließlich wollte wohl keine Adelsdame ein Munus sein, sondern lieber ein junges, hübsches Ding oder ein fescher Bursche mit roten Wangen und einem knackigen Gesäß. Warum nicht mal ein Mann sein, wenn die Option bestand?
Die temporäre Symbiose konnte jederzeit aktualisiert werden. So manche vermögende Dame würde nach Gusto von einem Körper in den nächsten wechseln. Wunderbare neue Welt! Entsprechend massiv war der Druck der Adelskaste einschließlich der Monarchin Aranea Regina II. auf das Geheimprojekt. Während des Waffenstillstandes mit der Vereinigten Allianz konnte man sich diesen zivilen Fragen widmen. Bei dem Projekt hatte Aranea aber nicht nur den Jungbrunnen im Blick; viel mehr wollte sie eine Option schaffen, die ID zu verschleiern. Falls die feindliche Auseinandersetzung mit der VA wider Erwartens schlecht ausging. Sie wollte auf jeden Fall keine Bekanntschaft mit dem Justizsystem auf Beta Patria machen, wie zuvor schon einige Praefectas, Praetorias wie Misera und andere unglückliche Damen.
Dann war es endlich soweit: Animus und Violetta sahen auf den großen Monitor im Gemeinschaftsraum des Travellertransporters, wie die Langstrecken-Fähre in den Orbit von Atra Mundo eintauchte. In 400 Kilometern Höhe lag eine Phalanx aus Landebuchten mit einer angegliederten Schiffswerft. Dort würden sie andocken, um die Zollformalitäten hinter sich zu bringen. Anschließend stand ihnen der Weg auf die Oberfläche des Planeten frei. Zwei Mal täglich befand sich der Raumhafen über der Hauptstadt. In den vorgegebenen Zeitfenstern starteten Shuttles vom Hafen und brachten Personen und Waren nach Atra City.
Dort würden Animus und Violetta diesen windigen Mortimer suchen. Die Metropole war ein riesiger Moloch, und es gab noch sechs weitere Mega-Städte. Aber irgendwo mussten sie anfangen. Jeder hinterließ eine Datensignatur. Einen kurzen Moment zeigte der Monitor an Bord der Astrum 94 aufgrund von Interferenzen nur einen Pixelregen. Doch dann baute sich eine dreidimensionale Darstellung des Planeten auf, um den sie ihre Bahn zogen. Eine Audiobotschaft einer synthetischen Stimme meldete sich mit einem kurzen Heulton an. „Achtung! Achtung! Das Schiff dockt in fünf Minuten in seiner Parkposition an. Die Passagiere werden gebeten, innerhalb der nächsten zwei Stunden auszuchecken. Die Shuttles leiten Sie direkt vom Orbitaldock A nach Atra-City. Vielen Dank.‟
Anschließend würden die Container gelöscht. Die Industrieroboter, die da zum Einsatz kamen, würden eine Gefahr für herumlaufende Personen sein. Deshalb mussten bis dahin die 25 Passagiere in die Shuttles verfrachtet worden sein. Außerdem wollte der Kapitän neugierige Blicke vermeiden, denn der Inhalt der Frachträume war nicht ausschließlich legal. Einige Leuchtelemente wurden deaktiviert, so dass der Gemeinschaftsraum in einen dunklen bläulichen Schein getaucht wurde.
Als Animus und Violetta ihr Gepäck vor ihre Kajüte stellten, sahen sie bereits ein Säuberungsteam durch den Korridor zwischen zwei Modulen des Transporters laufen. Die Männer und Frauen trugen graue Bodysuits. Zunächst dachte sich Animus nichts dabei. Doch dann merkte er, dass es sich um echte Humanoiden handeln musste. Androidentechnologie war auf Atra Mundo nicht vorhanden. Er wunderte sich, dass Menschen sich für solche niederen Arbeiten - noch dazu mit gefährlichen Chemikalien - bereit erklärten.
Animus wählte auf seinem Handgelenkskommunikator eine Außenkamera des Schiffs. Er vermutete am Rumpf bereits Wartungsdrohnen, doch nichts war auf der metallenen Außenhaut zu sehen. Prüfroutinen wurden hier wohl nicht sehr groß geschrieben. Beim Verlassen des Schiffs in das erste Shuttle gesellten sich noch acht weitere Personen zu Animus und Violetta. Die Flügelluke schloss sich knarrend und zischte, wobei ein paar Spritzer Hydraulikflüssigkeit herausschossen. Das Gros floss hinter ein lockeres Verkleidungselement des Innenraums. Der Pilot sah seine Gefährtin alarmiert an. Violetta lächelte. „Vielleicht sollten wir beten, damit wir heil ankommen, ohne vaporisiert zu werden.‟
Durch die großen Bullaugenfenster sahen sie auf den Transporter. Das Shuttle erzeugte einige Lichtkreise auf dem großen Rumpf des Frachters. Langsam entfernten sie sich von dem Orbitaldock, um in kurzer Zeit in die Atmosphäre des Planeten zu sinken. Die Fenster wurden intransparent. Die Passagiere erhielten eine Datei mit Verhaltensempfehlungen auf Atra Mundo. Unter freiem Himmel sollte man sich nicht lange ungeschützt aufhalten. Die Belastung der Luft durch diverse Schadstoffe war erheblich. Es gab nur wenige gesicherte Korridore. Die meisten Zonen der Stadt Atra-City waren No-Go-Areas. Außerhalb der großen Wohnkomplexe sollte sich niemand ohne Begleitschutz der HSU aufhalten.
Das hatte Animus schon vorher in einer Datenbank gelesen. Die Habitate verfügten über eine eigene Securitymannschaft. Auf dem eingebetteten Foto machte eine dieser Habitat Security Units einen martialischen Eindruck. Doch auch, wenn Nichtautorisierte die Wohnhabitate nicht betreten konnten, so musste man sich bewusst sein, dass die Eigentümer der Immobilien großteils einem Verbrechersyndikat angehörten. In Atra-City war die Noxius-Bruderschaft besonders stark vertreten. Ohne diese Vereinigung ging in der Metropole gar nichts. Und deshalb würde Animus bei ihnen Informationen zu Mortimer finden.
Als der Shuttlegleiter nach ewigem Sinkflug die Landekufen ausfuhr und eine plärrende Audionachricht die Landung ankündigte, verwandelten sich die Bullaugen wieder in durchsichtige Fenster. Die Sonne kam durch die dicke schwarzgraue Wolkendecke kaum durch. Dafür regnete es Bindfäden schmutzigen Niederschlags. Die Passagiere konnten direkt vom Shuttle in ein Luftkissenfahrzeug umsteigen, das sie bis vor den Eingang eines gigantischen Habitats brachte. Der Pilot staunte über die Ummantelung des Bauwerks. Es handelte sich erkennbar um Komposit - vermutlich mit anderen Schichten kombiniert, die das Gebäude selbst gegen panzerbrechende Waffen immun machte.
Sie erreichten eine hohe Halle immensen Ausmaßes, die durch eine Glas-Kuppel in 60 Metern Höhe bedacht war. Das Habitat wuchs darüber noch mehrere hundert Meter weiter in die Höhe. Der Komplex bot einen Kosmos für sich: Hotels, Geschäfte, Verwaltung, Wohnungen, Freizeiteinrichtungen. Vier der Passagiere wurden von einem Mann in einem teuer aussehenden Maßanzug abgeholt. Drei Leute gingen zu einem Infostand, um sich zu orientieren. Animus, Violetta und ein weiterer Ankömmling ließen sich von holografischen Darstellungen am Boden leiten, die wie interaktive Wegweiser funktionierten, mit denen man auch auditiv kommunizieren konnte.
Sie bestiegen einen Turbolift und fuhren 26 Etagen nach oben. Dort stieg die andere Person aus, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Animus und Violetta setzten ihre Fahrt in den 44. Stock fort. Dort erwartete sie ihr Hotel. Der Eingangsbereich war merkwürdig dunkel. In unregelmäßigen Abständen leuchteten monochromatische Strahlen aus Laserquellen in rot über Decke und Fußboden. Der Mann hinter einer brusthohen Abtrennung, die an einen Tresen erinnerte, murmelte eine knappe Begrüßung und schickte gleich hinterher: „Haben hier gerade ein kleines Problem. Der Notstrom schaltet aber gleich wieder ein.‟
Kaum hatte er es gesagt, erhellte sich der Raum durch kräftige Leuchtstoffröhren mit einem kalten, weißen Licht. Jetzt konnte man erkennen, dass der Typ stark schielte. So eine Fehlstellung der Augen hätte man auf Beta Patria längst mit einem medizinischen Eingriff oder notfalls einem Bio-Okular behoben. Auf Atra Mundo gab es wohl nur wenige Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge. Der Kerl machte einen ungepflegten Eindruck. Selbst die Zähne waren dunkel verfärbt und schief. Plötzlich erschienen zwei Pagen mit dem Gepäck der Gäste. Der Portier legte eine Chipkarte auf die Theke. „Den Gang links runter, Zimmer 44/49. Wünsche einen angenehmen Aufenthalt.‟
Violetta musste feststellen, wie der Mann sie mit seinen Augen förmlich auszog. Fehlte nur noch Sabber, der ihm aus dem Mundwinkel lief. Das Paar ging den Korridor entlang, gefolgt von den beiden Pagen. Sie kamen an einem Zimmer vorbei, zu dem die Tür fehlte, und der Eingang nur von einer porösen Plastikplane bespannt war. Einige Meter weiter kamen sie bei 49 an. Die Zimmertür musste mit der Karte entriegelt und dann manuell geöffnet werden. Sie betraten den Raum. Indirekte Beleuchtung schaltete sich an der Decke automatisch ein. Die Pagen brachten die Gepäckstücke hinein und warteten offenbar auf ein Trinkgeld. Animus tippte in seinen Kommunikator und hielt ihn an das Mobilgerät des jungen Mannes. Ein kleiner Betrag war nun abgebucht.
Violetta besah sich das winzige Bad. Immerhin wieder echtes Wasser, freute sie sich und streifte ihre Jacke ab. Sie warf sie aufs Bett. Leider wirkte die Einrichtung abgenutzt. Aber alles Nötige war vorhanden und funktionierte offenbar. „Wollen wir duschen?‟ Animus lächelte. „Nach der langen Reise brauchen wir in der Tat eine Erfrischung.‟ Zuerst kam ein bisschen Pläsier, und später würde er sich auf die Suche nach einer Kontaktperson machen, die ihn zu Mortimer und schließlich zu Gravis führte. Dank der guten Vernetzung der Syndikate und einer hohen Solvenz mit der Kreditkarte von PE sollte es realisierbar sein, den Gefährten zu finden - hoffentlich bei guter Gesundheit.
Auf Beta Patria und den umliegenden Planeten herrschte eine Atmosphäre des Misstrauens, nahe einem Bürgerkrieg. Jeder vermutete, dass sein Gegenüber ein Androide war. Denunziantentum und gewalttätige Auseinandersetzungen waren an der Tagesordnung. Die Exekutive schaffte es kaum, Recht und Ordnung durchzusetzen. Die Regierung der Vereinigten Allianz fand sich in einem Desaster wieder. Nur durch eine empfindliche Waffenstillstandregelung von einem Sternenkrieg mit dem Alpha Dominion entfernt, hatten sie nun mit den Antiandroidengesetzen die Notwendigkeit geschaffen, alle künstlichen Lebensformen zu deaktivieren, um das gefährliche Upgrade zu einer nicht genehmigten KI zu kontrollieren und zu eliminieren.
Besonders die Wirtschaft auf Pax Novo hatte darunter zu leiden. Nur primitive Lastenbots auf vier Beinen oder ein paar Exoskelette als bionischen Support nutzen zu können, half vielleicht Logistikern, aber hochmoderne Tech-Unternehmen benötigten intelligentere Lösungen. Mit Hochdruck arbeiteten Cyber-Experten an einem komplexen Delete-Programm, dass die KI aus allen Androiden und anderen Systemen löschen konnte. Trotz des Teil-Lockdowns der Industrie konnten einige Firmen ihren Umsatz sogar steigern.
Zum Beispiel war Prospect Enterprises auf Beta Patria mit Rüstungsgütern sehr produktiv und eng abgestimmt mit der Regierung der VA. Als zweites Standbein war das Unternehmen als Großlogistiker für Lebensmittel von Colonia Agricultura tätig. Bereits waren Serien von Raumtransporter in Bau, die den Schiffspark erweitern sollten. CEO Mr. Carthy sah zukünftigen Expansionen optimistisch entgegen. Spätestens nach Beendigung der feindlichen Invasion des Alpha Domions würde PE zum größten und mächtigsten Konzern der VA mit seinen 128 Milliarden Bewohnern anwachsen. Die externalisierte Entwicklung verlief rasant, wenn man bedachte, dass noch vor einiger Zeit PE ein kleines Unternehmen auf Regina gewesen war. Ein paar veraltete Containerschiffe hatten Erze von Minen zu den Fabriken transportiert. Man wartete nur noch auf den Durchbruch im Kampf gegen den Androidenvirus, um exponentiellen Erfolg zu manifestieren.
Der Firmenchef saß an seinem Workdesk auf einem weißen Gelstuhl und betrachtete einen holografischen Monitor, der über der Arbeitsfläche zu schweben schien. Bunte Grafiken stellten die aktuellen Geschäftszahlen dar. Dann aktivierte er eine Direktvideoverbindung zum leitenden Ingenieur der Forschungsabteilung und ließ sich auf den neuesten Stand bringen. Der Mann im weißen Kittel berichtete von technischen Problemen bei der Antriebsgondel eines Transporters. Diese seien aber mit einem Austausch der fehlerhaften Komponenten zu beheben. Ein Steckmodul stellte sich als inkompatibel heraus.
Mr. Carthy wies auf eine andere Innovation hin: „Was ist mit der neuen Beschichtung der Deflektorschilde? Geht die in Serie?‟ Der Ingenieur bestätigte: „Die Nanostäbchen sind von der Sicherheit freigegeben. Die Produktion dauert noch etwa eine Woche; dann werden wir sie bei allen neuen Modellen einsetzen.‟ Mr. Carthy war zufrieden. Damit konnten die Transporter kürzere Strecken nutzen, die bisher eine zu hohe Strahlenbelastung dargestellt hätten.
Der CEO beendete den Kontakt und drehte seinen Stuhl um 180 Grad. Die Wand vor ihm wurde transparent wie Glas. Er sah aus dem Gebäude auf die Stadt hinab. Die meisten Skyhabitate waren niedriger als die neue Zentrale von PE, aber der Regierungskomplex des Hohen Rates beherrschte trotzdem das Bild: Die verwendete Architektonik erinnerte an eine Trutzburg des terrestrischen Mittelalters der vorindustriellen Ära. Auf den vier massiven Ecktürmen waren runde tellerförmige Landeplätze für Senkrechtstarter installiert. Doch in der Mitte des Habitats ragte ein noch gewaltigerer Turm in die Höhe. Dort befand sich der Hauptkonferenzsaal des Hohen Rates. In den Untergeschossen des Komplexes war eine raumgreifende Bunkeranlage platziert, die unter den Angestellten der Regierung scherzhaft als „Inkubator‟ betitelt wurde. Angeblich war der Bereich autark und selbst vor Plasmawaffen und nuklearen Angriffen gesichert.
Prospect Enterprises hatte zwar auch Hochsicherheitsräume, aber die waren in einer anderen Liga angesiedelt. Der Regierungskomplex hatte über eine Billion Krediteinheiten verschlungen. DIe PE-Zentrale war dagegen von einem früheren Eigentümer übernommen worden und deutlich günstiger gewesen. Viele Stockwerke mussten noch renoviert und modernisiert werden, aber die Basismannschaft, die Verwaltung, das Management und die Entwicklungsabteilung waren bereits untergebacht. Der Schiffspark lag in einem Orbithafen über Beta Patria; einige Transporter hatten temporäre Landebuchten vor der Metropole besetzt.
Mr. Carthy sinnierte über seinen Piloten Animus. Der war auf der Suche nach diesem Exangestellten und Verräter Mortimer auf Atra Mundo. Dort konnte er ihn nicht kontaktieren, denn der Planet war zu weit entfernt und wegen des Embargos abgeschottet. Da kam keine Frequenz durch. Er konnte nur abwarten und ihm viel Glück wünschen - in diesem düsteren Höllenloch voller Skrupellosigkeit und Abschaum.
Am Rand von X94021-115-BP, dem zentralen Sol-System der VA, patrouillierte ein Aufklärungskreuzer durch die Tiefe des Alls. Die Sensoren hatten verdächtige Bewegungsmuster erkannt. Hatte sich die Armada des AD in Gang gesetzt? Sich zu einem Angriff formatiert? Der Kapitän des Kreuzers „Deep Frontier‟ betrachtete die Auswertungen der Scans mit zwei Brückenoffizieren. Offensichtlich versuchte der Feind mit einer unbekannten Tarntechnologie die neutrale Zone des Waffenstillstandsabkommens zu verletzen. Aber eine Energiesignatur hatten die Scanner aufgespürt und mit einem komplizierten Berechnungsprogramms ein Abbild der Flotten an der Front erstellt.
Die VA wusste nun, wo sich der Gegner mit welcher Feuerkraft befand. Das war ein Anfang. Der Kapitän musste die Information an den vorgesetzten Admiral senden. Doch erst wollte er sicher sein. Er gab den Befehl, Deep Frontier weiter auf Kurs zu halten. „Tarnvorrichtung aktivieren!‟ Er grinste. „Jetzt wollen wir dem Pack mal zeigen, was eine gute Tarnung kann.‟ - 33 Minuten und 21 Sekunden später schrillte der Schiffsalarm. Eine synthetische Stimme warnte: „Roter Alarm! Achtung! Code Red! Dies ist keine Übung!‟ Der Navigator sah bestürzt zum Kapitän. „Wir werden von zwei feindlichen Schiffen in die Zange genommen. Wie können die uns sehen?‟ Bevor der Kapitän den Befehl zum Laden der Waffenbatterien geben konnte, jagte ein Energiestrahl quer durch die Deep Frontier und detonierte alle zehn Meter aufs Neue.
Massive Schäden am Rumpf, Antrieb und den Decks waren die Folgen. Die Deep Frontier war innerhalb weniger Sekunden komplett handlungsunfähig geworden. Panik brach aus, als der Druck signifikant abfiel und die Sauerstoffsättigung ins Bodenlose sank. Drei Sekunden später traf ein Torpedo den Kreuzer in der Seite. Das ganze Schiff vibrierte, dann folgte die Aktivierung einer Fusionsgranate, die aus der Deep Frontier einen großen Cluster aus winzigen Bestandteilen machte, die sich immer weiter von einander entfernten.
Auf dem feindlichen Schiff auf der ehemaligen Backbordseite des Kreuzers stand ein Alba Simia auf der Brücke und schaute auf einen Holobildschirm, der die Überreste des VA-Schiffes zeigte. Ein feines aber empathieloses Lächeln voller Hybris breitete sich auf seinem blassen Gesicht aus. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein weiterer Angreifer positioniert. Das Schiff hatte nicht die minimalistischen Formen des Pendants, sondern wirkte martialisch und erinnerte an einen übergroßen Käfer. Ein grobschlächtiger Kapitän von zwei Metern Größe und breiten Schultern stand triumphierend auf der Brücke und lachte grollend über den Sieg. Die gemeinsame Operation war erfolgreich abgeschlossen. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
Stamm-Gast
um Rochlitz
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, dass mut auch Keinem andern zu.
Beiträge: 295
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:01.11.20 16:43 IP: gespeichert
|
|
Vielen Dank dafür, dass Du trotz der wenigen Komentare die Geschichte fortsetzt. otto
|
|
Stamm-Gast
Brandenburg
Lebe deine Träume
Beiträge: 544
User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:01.11.20 19:33 IP: gespeichert
|
|
Ja das ist schön das du so fleißig schreibst,ich bin einer deiner stillen Leser(in),mach weiter so.
|
|
Stamm-Gast
Brandenburg
Lebe deine Träume
Beiträge: 544
User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:01.11.20 19:33 IP: gespeichert
|
|
Ja das ist schön das du so fleißig schreibst,ich bin einer deiner stillen Leser(in),mach weiter so.
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:14.11.20 18:13 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXIII ~
Der schwere Zwischenfall mit der Deep Frontier wurde vom militärischen Geheimdienst unter Verschluss gehalten, um keine Unruhen auf Beta Patria auszulösen, doch die Armee war in Alarmbereitschaft versetzt worden. Der feindliche Vertragsbruch der Waffenstillstandsregelung erforderte eine militärische Antwort. Protestnoten der Diplomaten waren nicht mehr gefragt. Sechs Geschwader verlagerten ihre Positionen in Cluster der neutrale Zone.
Wieder einmal traf sich der Hohe Rat zu einer Krisenversammlung. Hardliner forderten seit längerer Zeit schon, durchzugreifen und mit aller Macht die Invasion des AD zu neutralisieren. Doch viele Ratsmitglieder waren in Sorge vor einem ungehemmten Sternenkrieg, der auch zivile Opfer in der VA kosten würde. Einen Tag später kam zur Abwechslung mal eine Optimismus verheißende Nachricht: Die Spezialisten hatten einen Antivirus erschaffen, der die Updates der befallenen Androiden eliminieren würde. Sobald der im Umlauf war, konnten die Antiandroidengesetze außer Kraft gesetzt werden.
Doch von all den neuen Nachrichten erfuhren Animus und Violetta nichts im entfernt gelegenen und isolierten Atra Mundo. Der Pilot recherchierte in den Datenbänken und kontaktierte die Verwaltung. In Atra-City war es üblich, eine Dienstleistung mit einer stillen Gratifikation zu bezahlen. Anders ausgedrückt: Alles lief über Schmiergelder. Leider blieb vorerst Mortimers Datenspur unsichtbar. Der ehemalige Pugnator versuchte Kontakt zu Mitgliedern der Noxiusbruderschaft zu bekommen, aber das erwies sich als schwierig. Ein angeblicher Verbindungsmann linkte das Paar, und Animus und Violetta standen umsonst in einer düsteren Bar herum, hatten dem windigen Kerl einen großen Betrag in den Rachen geworfen und standen mit Nichts außer ihren neongrün leuchtenden Drinks umher.
Das sollte nicht noch Mal passieren, daher war Animus mit Vorkasse nun vorsichtiger. Schließlich musste er irgendwann auch Mr. Carthy Rechenschaft ablegen, wofür die Beträge von der Firmenkreditkarte geflossen waren. Noch hatten sie sich nicht aus ihrem gesicherten Habitat heraus getraut. Star 1 war der älteste Gebäudekomplex in Atra City unter den Skytowern. Sie hatten inzwischen dort ein Apartment bezogen, in dem sie durch einen gebuchten All-Inclusive-Delivery-Kontrakt versorgt waren. Im Star 1 befanden sich sämtliche Einrichtungen, die man zum Leben benötigte. Ein Kosmos für sich. Alleine Star 1 wurde von zigtausenden Menschen bewohnt.
In Atra City gab es mehrere dieser gigantischen Skytowern, und das war nur die Hauptstadt des Planeten. Weitere sechs Megacitys waren stark bevölkert. Dazu kam reichlich Landmasse, in denen gar keine öffentliche Ordnung oder Sicherheit vorhanden war. Endlose Slums waren von einer armen und ausgebeuteten Bevölkerung verstopft und der Anarchie verfallen. Rechtelos. Schutzlos. Wo die Noxiusbruderschaft oder ein anderes Syndikat nicht agierte, da herrschte zumindest das Faustrecht. Für Animus hieß das: Es würde eine Weile dauern, bis Mortimer gefunden war. Aber der frühere PE-Angestellte war der einzige Mensch, der wusste, was mit Gravis geschehen war.
Mit Schrecken hatten Animus und Violetta eine Videodokumentation über das dekadente und perfide Unterhaltungsbusiness von Atra Mundo gesehen. Demütigende Shows und gefährliche Kämpfe waren an der Tagesordnung, um die Reichen zu unterhalten. Dabei setzten die Macher gerne auch exotische Kandidaten ein, wie beispielsweise Corium Bestia: stark behaarte muskulöse Humanoide mit hünenhaftem Körpernbau, die zwar verglichen mit terrestrischer Standard-Intelligenz fast schon schwachsinnig dumm waren, aber als Wanderarbeiter zu Tausenden nach Atra Mundo kamen.
Gravis war als ehemaliger Custos zwar inzwischen sein Haifischgebiss und die Armschienen aus Karbon los, aber die Muskelberge, die er als Haremswächter der Regina bekommen hatte, waren noch extremer hypertrophiert, da seine zwischenzeitliche Eigentümerin Audaxa, die ehemalige Praefecta von Fortuna, ihn für ihren Muskelfetisch auf 175 kg Masse gebracht hatte. Womöglich war er längst in den Händen irgendwelcher Kampfveranstalter oder musste sich als Freak in einer Monstershow in Ketten dem Publikum vorführen lassen.
Animus durchsuchte alle Datenbanken, die er in die Finger bekam. Dutzende Shows gab es, doch nirgends wurde ein ehemaliger Custos erwähnt. Er konnte nicht ahnen, dass Gravis Millionen von Kilometern entfernt in einem völlig anderen Solsystem in einem Gefängnis der Interplanetary Private Prison Corporation saß und als Sexgespiele der Kommandantin fungierte.
Violetta schlug vor, einen Gleiter zu chartern, damit sie auch außerhalb von Star 1 in den No-Go-Areas recherchieren konnten. Der Pilot stimmte dem Vorhaben zu. Sie mussten endlich eine Spur finden. Mit ausreichend „Trinkgeld‟ bekam man auf Atra Mundo so ziemlich alles. Also verfügten Animus und seine Begleiterin einen Tag später schon über einen Gleiter, der zwar in die Jahre gekommen, aber funktionsfähig war. Im Vergleich zu dem rostigen Erztanker auf Regina, den er für Prospect Enterprises gesteuert hatte, war dies sogar neueste Technik.
Violetta saß neben Animus in der Pilotenkanzel, die mit dem Antriebsmodul optisch beinahe eine Einheit bildete, und las einige Werte ab. „Draußen sind toxische Aerosole in der Atmosphäre. Wir sollten den Gleiter nur mit Filtermaske verlassen.‟ Dann las sie weiter: „Oh je, auch der Niederschlag ist gefährlich. Ätzend im wahrsten Sinne des Wortes. Wo sind wir hier nur gelandet?‟ Animus schnaubte. „Da, wo sich Typen wie Mortimer verkriechen.‟
Sie landeten eine Stunde später auf einem Felsenplateau in einer Steppengegend. Ein altes Fabrikgebäude stand dort einsam und verlassen. Nicht ganz verlassen war es, denn dort produzierte die Noxiusbruderschaft chemische Drogen und andere Stoffe, mit denen sie auf Atra Mundo und auch transplanetarisch handelten. Aber hier sollte auch ein Kerl namens Wesley sein, der an die Daten der Einreisenden über die Raumstationen nach Atra Mundo herankam. Dort würde Mortimer irgendwo aufgelistet sein. Natürlich würde sein Klarname nicht erscheinen, aber ein Programm konnte die Reiserouten der Passagiere von Schiffen zurückverfolgen und Wahrscheinlichkeiten errechnen. Damit zogen sie den Kreis enger.
Animus landete den Gleiter auf dem vorgesehenen Platz, der von alten Metalltonnen mit der Aufschrift „Toxic Conent‟ eingerahmt wurde. Die Insassen legten sich Gesichtsmasken an und öffneten die Außenluke, die mit pneumatischem Zischen herabsank und eine Treppe ausfuhr. Der Pilot wunderte sich nicht, dass ein Fremder so einfach in die Nähe einer illegalen Fabrik kommen durfte, denn die Noxiusbruderschaft war quasi Staatsmacht. Der Standort war unter der Hand sowieso bekannt.
Trotzdem richteten gleich vier dunkle Typen ihre dicken Lasergewehre auf sie. Einer kam näher. Animus nannte Wesley als Kontaktperson. Daraufhin wurden er und Violetta durchgewunken. Ein Stahltor mit einem ausgeblichenen Firmenschriftzug, der nicht mehr zu entziffern war, öffnete sich ratternd. Die Männer sahen den Ankömmlingen nach. Besonders Violettas knackiger Hintern in ihrer schwarzen Pilotenhose wirkte wie ein Magnet für die Augen der schmierigen Wachen.
In der Halle herrschte grelles Neonlicht. Stahlträger und Rohre verliefen kreuz und quer an den Wänden. Große Maschinen standen aufgereiht an den Seiten. Irgendeine Industriestraße für die Produktion von Gütern war das mal gewesen. Ein Mann mit einer Art Zigarre ging auf sie zu. Als er näherkam, erkannte Animus den Vaporizer-Stick in dessen Mundwinkel. Als er einatmete, leuchteten mehrere bläuliche kleine Dioden wie ein Lauflicht an dem Verdampfungsgerät auf. Rauch entstand nicht. Der Pilot konnte nur spekulieren, was für ein Zeug der Typ sich da reinpfiff.
„Wesley?‟ Der Mann sah ihn mit den kältesten Augen an, die Animus jemals gesehen hatte. Die gletscherblaue Iris musste künstlich sein. „Wer will das wissen?‟ Seine Stimme war das reinste Reibeisen. Vielleicht zerstörte der Stoff ja seine Stimmbänder, überlegte Animus. Doch dann war er wieder konzentriert. „Ich bin Animus aus Atra-City. Und das ist Violetta, meine Kollegin. Wir kommen von weit her, um eine Person zu finden, die unter falscher Identität nach Atra Mundo gereist ist.‟ Wesley zog wieder an seinem Stick. „Und jetzt wollt ihr Maskenfutzis von mir Daten?‟ Der Pilot nickte. „So ist es. Kommen wir ins Geschäft?‟ Violetta pustete sich eine rote Haarsträhne aus dem Pony. Ihr war hier unwohl. Sie befanden sich allein und unbewaffnet in dieser Halle. Einer Halle, in der Drogen produziert wurden. In dieser Sekunde schepperte das große Tor, durch das sie hereingekommen waren, zu und verriegelte quietschend. Die rothaarige Frau fühlte sich, als greife eine Eisenfaust um ihr Herz. Vielleicht hatten sie den größten Fehler ihres Lebens gemacht. Und den Letzten.
Artus Iceberg hatte dagegen ganz andere Probleme. Er musste etwas unternehmen. Er konnte sich nicht hilflos der Willkür dieser Schlampe aussetzen. Ja, Marina war zu weit gegangen. Dieses Flittchen! Ein Disziplinarring um seine Hoden! Ein bisschen Sadomaso mit flauschigen Handfesseln, Federgerte und harschen Kommandos war ja in Ordnung, aber was sie jetzt mit ihm trieb, das war weder abgesprochen noch in seinem Interesse. Und er trug noch diese Castitasschelle. Der ehemalige CEO fühlte sich gedemütigt und entmannt. Wie hatte es nur so weit kommen können? Vom Firmenchef des größten Androidenproduzenten der Vereinigten Allianz zu einem praktisch Quasi-Sklaven einer einfachen Arbeiterin aus dem unterprivilegierten Subvolk auf Atra Mundo. Eine Karriere im freien Fall.
Er scrollte durch die Dienstleistungsdatenbank des Habitats und fand diverse Detekteien, die gegen das passende Honorar auch andere Kundendienste anboten. Diese Marina musste aufgespürt werden. Iceberg wollte sofort aus der Castitasschelle und dem Hodenring raus. Als er die obligatorische Anzahlung leisten wollte, streikte seine ID-Verifikation. Mehrere Versuche scheiterten. Er probierte andere Transaktionen, die ebenfalls nicht funktionierten. War der Chip defekt? Das Implantat musste überprüft werden. Er kontaktierte die Service-Verwaltung des Habitats, Abteilung Wohneinheiten, Technik. „Eine Fehlfunktion können wir nur vor Ort diagnostizieren. Bitte kommen Sie zur Servicestation HS3-75.04. Ihre Buchungsnummer ist HS3-75-1365-01. Sie ist gültig für 240 Minuten. Vielen Dank.‟ Iceberg stöhnte. Persönlich erscheinen sollte er! Altra Mundo war eben technisch noch „hinter dem Mond‟.
Er machte sich auf den Weg, den langen Korridor entlang, auf dem es nicht mal elektrische Laufbänder gab. Wenigstens war die Servicestation im gleichen Stockwerk wie sein Apartment. Er betrat den Eingang der Station und sah einen Mann hinter einer Konsole stehen. Iceberg nannte seine Buchungsnummer. Der Mann nahm einen Handscanner und fuhr damit über Icebergs Arm, um den Chip auszulesen. Dann öffnete er ein Fenster in einem Monitor und notierte einige Daten. Iceberg wunderte sich darüber, wie lange das dauerte und murmelte: „Mein Implantat muss gehackt worden sein.‟ Der Mann lächelte unverbindlich. „Bitte warten Sie kurz.‟ Iceberg fragte: „Worauf?‟ Doch der Mann antwortete nicht sondern starrte unvermindert auf den Bildschirm.
Als Iceberg gerade ungeduldig nachfragen wollte, öffnete sich die Eingangstür, und zwei Uniformierte erschienen eiligen Schrittes. Der Ältere sagte: „HSU. Sind Sie Artus Iceberg aus Apartment 75-1365?‟ Er bejahte, da wurden ihm sofort Handfesseln angelegt. „Sie müssen mit uns kommen. Ich gehe davon aus, dass Sie kooperieren? Ansonsten werden wir Ihnen einen Neurohalsband anlegen.‟ Iceberg nickte säuerlich. Er hatte mit Castitasschelle und Hodenring schon genug Gerätschaften an seinem Körper. Die Männer des Wachdienstes brachten ihn zum nächsten Lift, wo es dann abwärts ging bis ins zweite Untergeschoss.
Dort brachten sie ihn in einen kahlen Verhörraum. „Was wollen Sie eigentlich von mir? Wird mir irgendwas zur Last gelegt?‟ Der HSU-Mann zeigte auf einen Metallstuhl. „Setzen!‟ Iceberg gehorchte und wartete ab. Fast fünf Minuten verstrichen in Stille, dann erschienen zwei weitere Personen, ganz in Schwarz gekleidet. Einer von ihnen setzte sich Iceberg gegenüber auf einen weiteren Stuhl. Er sah irgendwie nach Militär aus. Mit einem DNA-Tester berührte er Icebergs Hand. Er ließ sich die Identität verifizieren und sagte: „Mr. Iceberg, sagt Ihnen die Bezeichnung LA667R/222 etwas?‟ Der CEO ächzte. LA667R/222 war die Androidenreihe, bei denen zuerst das neuartige illegale Programmodul aufgespielt worden war, das sich als KI selbstständig gemacht hatte und die gesamte Firma Bionic Industries vernichtet hatte. Sie existierte nur noch als verstaatlichtes Unternehmen unter der Kontrolle der Regierung der VA. Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen. Die Leute kannten seine Identität.
„Also gut, ich bin Iceberg. Und ja, die Androidenserie ist mir bekannt.‟ Der Mann verzog keine Miene. Stattdessen stellte er sachlich fest: „Sie werden mit VA-weitem Fahndungbefehl gesucht. Ist Ihnen das klar?‟ Iceberg wurde heiß. Er hatte sich auf Atra Mundo sicher gewähnt. Er stotterte: „Aber... Es gibt kein Auslieferungsabkommen zwischen Altra Mundo und Beta Patria.‟ Sein Gegenüber verzog leicht seine Mundwinkel. „Das nicht. Wir sind auch nicht offiziell hier. Sie werden auf Atra Mundo bleiben. Allerdings ist Ihr Vermögen eingefroren. Sie verfügen über keinerlei Zugänge mehr.‟ Er stand auf. Iceberg stand stirnrunzelnd ebenfalls auf. „Was soll das heißen, Mann?‟ Doch er erhielt keine Antwort mehr. Die Männer drehten sich um und verließen den Raum. Die beiden von der HSU packten ihn an den Armen. „Wir bringen Sie nach oben.‟ Sie führten ihn über den Lift ins Erdgeschoss und einen der vielen Neben-Eingangsbereiche des Habitats Star 3. Den Gefesselten in ihrer Mitte marschierten sie durch eine große Halle mit Servicekonsolen und schließlich bis zur Außentür.
Draußen erschien ein kleiner Rover. Darin musste Iceberg Platz nehmen. Der Wagen fuhr mit ihm vom Grundstück der Immobilie und stoppte erst vor einem martialisch aussehenden Zaun. „Aussteigen!‟, befahl einer der HSU-Männer, die mitgefahren waren. Kaum stand Iceberg auf dem Boden, brauste der Rover zurück, und das Tor zur Einfahrt schloss sich. Der CEO war wie paralysiert. Er stand da in der Einöde und war ausgesperrt. Was sollte er jetzt tun? Er sah die Warnschilder, die ihm verkündeten, dass man den Zaun lieber nicht berühren sollte. Iceberg drehte sich um. Die Straße führte schnurgerade bis zum Horizont. Doch schon vorher ragten auf der linken Seite Fabrikgebäude auf, riesige Kuppeln, hexagone Türme und lange Hallen. Aus zahlreichen Schornsteinen entwich eine schwarze Suppe, von der er nicht wissen wollte, woraus sie bestand. Sicherlich war sie nicht gesundheitsfördernd. Wie so alles hier.
Er merkte, wie er schwitzte. Die Sonne strahlte unangenehm stechend vom Himmel, obwohl die Wolken eine diffuse Decke aus Grau- und Anthrazittönen bildeten. Er hatte keine Idee, was er tun sollte, also lief er einfach die asphaltierte Straße entlang. Wem genau hatte er diesen Mist zu verdanken? War das eine Racheaktion von Managern bei BI? Oder steckte der Hohe Rat in Beta Patria dahinter? Sein Chip war obsolet, seine Kleidung das einzige Gut, das ihm geblieben war. Er fühlte sich nicht nur enteignet, sondern es fühlte sich an wie eine Entmündigung. Wie sollte er im Nirgendwo ohne irgendwas überleben?
Als die Industriegebäude nach circa zehn Kilometern näher kamen, blieb er stehen, als ein Transportrover aus einer Halle fuhr und auf die Straße auf ihn zu abbog. Das Fahrzeug sah sehr martialisch aus, ähnlich einem Monstertruck mit vergitterten Scheiben und einer großkalibrigen Laserzielerfassungseinheit auf dem Dach. Der Antrieb machte einen Heidenlärm. Iceberg vermutete einen Verbrennungsmotor, der mit Benzin, Diesel, Gas oder Kerosin funktionierte. Der Rover näherte sich und hielt kurz vor Iceberg. Eine Staubfahne zog sich vom Heck bis zu der Halle, aus der er gekommen war. Zwei Männer in Arbeitskleidung stiegen aus. „Hey, was bist du denn für einer? Kommst du aus Star 3?‟ Iceberg erklärte, dass er ausgewiesen worden war und Hilfe brauchte. Der Mann lachte derb. „Ein Paria? Was hast du angestellt? Oder mochte dich jemand nicht?‟ Iceberg antwortete: „So in etwa. Könnt ihr mich mitnehmen? Irgendwohin?‟ Der Mann lud ihn mit einer Armgeste in den Rover ein. „Sicher doch. Wir können immer fleißige Arbeiter gebrauchen in der Fabrik.‟ Iceberg stieg ein, wirkte aber indigniert. „Fabrikarbeit? Ich dachte eher an was... Ich bin Robotikexperte und diplomierter...‟ Die Männer lachten laut. „Hör zu! Sperr die Ohren auf! Du bist hier gar nichts! Du schuftest in der Fabrik, und dafür kriegst du was zu fressen und ein Dach über dem Kopf. Was Besseres findest du hier nicht.‟ Der andere Mann drehte dich zu Iceberg um. „Willst du mitkommen oder wieder aussteigen? Deine Entscheidung.‟ Iceberg blieb sitzen. Er musste sich an einer Metallstrebe festhalten, als das Fahrzeug ruckartig losfuhr. Diesel, dachte er schnüffelnd. Es riecht nach Diesel.
Auf Reginas Mond Fortuna arbeiteten die Indagatrixfrauen mit Hochdruck an dem geheimen Subjektextraktionsprojekt. Eine Indagatrix stand in ihrem weißen Kittel an einem Schaltpult und bediente diverse Knöpfe auf einem Touchpad-Monitor auf ihrem Tisch. Vor ihr lag ein nackter Munus auf einer speziellen Liege gefesselt. Seine Extremitäten waren weit gespreizt fixiert. Die große Castitasschelle war ihm ebenfalls entfernt worden, so dass sein gewaltiger Phallus nun zwischen seinen Schenkeln in die Tiefe hing. Darunter noch baumelten die mächtigen Testikels, groß wie Melonen. Er war von Fuß bis Scheitel rasiert. Um Hals und Stirn der Kreatur war ein breiter Riemen befestigt, an dem kleine Dioden leuchteten und blinkten. Der Munus war bewusstlos. Seine überdimensionierten Brüste hingen beinahe an den Achseln.
Der Liege gegenüber befand sich ein Inkubator. Die transparenten Wände zeigten ein humanoides Gehirn unter einer durchsichtigen Membran, in dem diverse Drähte angebracht waren. Es handelte sich hier um den männlichen Adeligen Augustus Rex I. ein Bruder der Augusta Regina I., der von ihr in einer Kryonikkammer aufbewahrt worden war, da er ein potentieller Thronanwärter gewesen wäre. Sein Schicksal teilten auch alle anderen männlichen Nachfahren, denn Regina I. hatte ein Femdom-Reich der ganz besonderen Art erschaffen wollen.
Nun hatte sich eine Nutzungsoption für Augustus Rex I. offenbart. Die Indagatrix war aufgeregt. Hinter ihr standen fünf weitere Frauen in weißen Kitteln. Wenn die Übertragung der Bewusstseine funktionierte, waren sie einen gigantischen Schritt in der Forschung vorwärtsgekommen. Die Wissenschaftlerin tippte und wischte auf dem Touchpad umher, dann verharrte sie kurz mit dem schlanken Finger über einer Schaltfläche und tippte dann darauf. „Initiiere Transformation.‟ Augenblicklich schaltete sich das Deckenlicht aus, und einzelne bläuliche Leuchten tauchten den Raum in Dämmerlicht. Zwischen dem Inkubator und der Liege mit dem Munus blitzten weiße Strahlen auf und tanzten durch die Luft. Für die Frauen sah es optisch für einige Sekunden so aus, als würde sich der Raum verzerren wie bei einem Blick in einen gebogenen Spiegel.
Erst nach einer Weile merkten die Anwesenden, dass das Gehirn in dem Brutkasten sich verändert hatte. Nein, nicht verändert, es war ausgetauscht. Nun lag dort das Munusgehirn. Der Proband Augustus Rex I. war in den Munuskörper transferiert worden. Offiziell war seine Bezeichnung Prototyp 0. Die Frauen applaudierten der leitenden Indagatrix, die sich nickend umdrehte. Dann tippte sie erneut auf dem Schaltpult und lief zu dem liegenden Munus. Sie nahm ihm die Riemen um Hals und Kopf ab. „Er wird alles neu lernen müssen. Sprechen, Gehen, Essen. Seine Sinne spürt er seit vielen Jahren zum ersten Mal wieder. Er muss mit akustischen und optischen sowie haptischen Reizen klarkommen.‟
Sie ließ ein Hologramm eines neuroinformatischen Modells im Raum aufleuchten. Dann nahm sie eine Nanopartikelpistole, die ihn aus der Bewusstlosigkeit holen sollte und drückte den Lauf auf seine Schläfe. Der Munus zuckte und bäumte sich auf, sackte dann zurück. Schlagartig öffneten sich seine Augenlider. Sein Mund öffnete sich krampfhaft. Spastische Bewegungen liefen über seinen gesamten Körper. Und dann schrie das Wesen laut und gellend, so dass sich die Frauen die Ohren zuhalten mussten. Hastig führte ihm die Indagatrix erneut die medizinische Pistole an die Schläfe und drückte ab. Der Munus sackte schlaff zusammen. „Er ist noch nicht so weit.‟
An einem weiteren Arbeitstisch gab sie einige Formeln ein und entnahm einer Zentrifuge anschließend ein Sedativum. „Die Reizüberflutung hat ihm Angst gemacht. Plötzlich zu sehen, zu hören, zu fühlen... Neuronale Korrelate bewussten Erlebens, das ist für ihn quasi neu.‟ Sie räusperte sich. „Unser psychotronisches Programm wird bei Prototyp 0 Wunder wirken. Wir werden ihm vorbestimmte Gefühle erzeugen und Gedanken induzieren. Wir werden seinen Muskeltonus kontrollieren. Ganz frei von Tranquilizern. Er wird eine ferngesteuerte Marionette ohne freien Willen sein.‟
Diese medizinische Therapie war mit der Reichsführung nicht abgesprochen. Regina II. ging es nur um den Körpertausch für reiche Kundinnen, aber die Indagatrix war eine ehrgeizige Wissenschaftlerin, die noch andere Vorteile in dem Prozess erkannt hatte: Die Produktion eines kampffähigen Androiden war deutlich teurer, als es die Erstellung eines therapierten Munus oder Rusticus sein würde, sobald die Technologie serienreif war. Billiges Kanonenfutter.
Synchron dazu fühlte, hörte und sah das Munusbewusstsein nichts mehr. Gar nichts. Er konnte sich seine Situation nicht erklären, aber er war nur in der Lage zu denken. Sein Bewusstsein spürte, dass es nichts spürte. Absolute Reizfreiheit herrschte wie ein Vakuum in seiner Wahrnehmung. Was war mit ihm geschehen? Er konnte sich nur noch daran erinnern, wie er in dem Labor auf eine Liege geschnallt worden war. Er fühlte sich verloren und einsam. Und sein Verstand warnte ihn bereits, dass er diesen Zustand der Existenz nicht lange aushalten würde. Eine diffuse Angst wuchs in ihm. Und er konnte nichts dagegen tun.
Die Hoffnung, aus diesem schwarzen Loch geholt zu werden, würde sich nicht erfüllen, denn der Inkubator mit dem Munuszerebrum war bereits auf dem Weg ins Archiv, wo es an ein Lebenserhaltungssystem angeschlossen wurde und in nächster Nachbarschaft zu männlichen Bewusstseinen, die noch nicht in Cyborgs verbaut waren, ihr Dasein fristen würde. Aranea Regina II. verfügte bereits über eine Armee von Hybridandroiden. Die männlichen Bewusstseine wurden als Gehirn genutzt, allerdings ohne Kontrolle über den künstlichen Körper. Auch hier war eine Art psychotronische Behandlung erfolgt. Die Indagatrix hatte es mit Prototyp 0 geschafft, ein Bewusstsein in einen humanoiden Körper zu transferieren. Mit dieser Technologie würde das Alpha Dominion seine Kapazitäten an Soldaten und Arbeitern signifikant erhöhen können.
Sie sah sich bereits die höchsten Orden und Auszeichnungen erhalten und zu einer Praefecta ernannt werden, um dann am Regierungstisch der ehrwürdigen Regina teilzunehmen und über das Schicksal ihres Volkes zu bestimmen. Und ihre Lösung von Soldatenkapazitäten kam in letzter Sekunde, denn die aktuellsten Hinweise des militärischen Nachrichtendienstes des AD verkündeten eine Aufstellung des Feindes. Geschwader der VA waren in die neutralisierte Zone eingedrungen. Der Hohe Rat des AD tagte täglich, wie es auch der Hohe Rat der VA-Regierung tat. Beide Bündnisse standen unmittelbar vor einer gewaltigen militärischen Konfrontation. Der Waffenstillstand war brüchig. Jetzt gab es kein Halten mehr.
An den nächsten Tagen gab es ersten Feindkontakt zwischen den Gegnern in der neutralen Zone, wo nun ein neuer Frontverlauf gezeichnet wurde. Glücklicherweise für die VA hatte das Antivirus wahre Wunder vollbracht und die infizierten KIs fast ausnahmslos gelöscht. Nun konnte die Wirtschaft wieder hochfahren, und auch Rüstungskonzerne wie Prospect Enterprises hatten alle Hände voll zu tun. Die Frontsoldaten wurden gegen Androiden und Cyborgs ausgetauscht, die schneller und leistungsfähiger als jeder humanoide Kadett war.
Mr. Carthy, CEO von PE war gerade damit beschäftigt, die aktuelle Bilanz des Logistikzweiges seines Konzerns zu überprüfen, da erhielt er eine Videobotschaft von Colonia Agricultura. Ein Mr. Khan, Leiter eines Verbundes von Maxi-Plantage für Mais sorgte sich um die nächste Ernte, da viele Maschinen defekt seien. Er vermutete, dass es etwas mit den außer Kontrolle geratenen KIs auf Beta Patria zu tun haben könnte. Mr. Carthy fragte bei der Behörde für Cybersicherheit nach, die ihm aber bestätigte, dass das Antivirus flächendeckend im gesamten Sol-System verbreitet worden war. Die Fehlfunktionen müssten demnach längst behoben sein. Der Konzernchef überlegte. Hatte eine KI ein Schlupfloch gefunden und war dem Deleteprogramm entkommen? Ausgerechnet auf Colonia Agricultura, der Kornkammer des gesamten Solsystems.
Er schickte unverzüglich Spezialisten auf den Planeten, um der Sache nachzugehen und gegebenenfalls die KI zu neutralisieren. Die Männer waren bewaffnet - mit unbarmherziger Software und auch mit physischen Energiewaffen, um notfalls einen durchgeknallten Androiden plattzumachen. Und dann gab es noch eine weitere Theorie: Womöglich hatte das Dominion Saboteure geschickt, um die VA da zu treffen, wo es besonders weh tat. 128 Milliarden Humanoide brauchten eine Menge Nahrung. Aber auch für diese Möglichkeit waren die Spezialisten von PE gewappnet. Getarnt als Besatzung eines Frachters steuerten sie den Orbit des Planeten an. Genau genommen handelte es sich bei ihnen um Freelancer, die als söldnerartige Einheit mit digitalen Experten von PE beauftragt worden waren. Und dieser Auftrag war gefährlich. Der Sold war dafür umso höher. Mr. Carthy wollte nur die Besten für den Job. Es ging um viel. Sehr viel. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:03.01.21 17:53 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXIV ~
Der ehemalige CEO von Bionic Industries, Artus Iceberg, war auf Atra Mundo schlagartig zu einem Aussätzigen, einem Paria, geworden, einem ordinären Bewohner des Planeten, außerhalb der privilegierten Schicht in den komplexen Wohnhabitaten und ihrem Mikrokosmos. Die holprige Fahrt im Rover war bald beendet. Die Männer stiegen aus und zogen ihn mit sich. Während sie ihn in eine laute Halle mit schweren Maschinen und großen Arbeits-Robotern brachten, sah er durch eine schmutzige Scheibe, wie draußen ein hässlicher Regen einsetzte und Staub, Ruß und anderen Dreck aufwirbelte. Gerade noch rechtzeitig im Trockenen gelandet, atmete er auf.
Der Wortführer zeigte auf eine Nische mit Regalen, in denen fleckige graue Overalls lagen. „Zieh dein Zeug aus und nimm dir einen davon.‟ Iceberg schlüpfte bis auf seinen Slip aus seiner Kleidung und streifte sich den Arbeitsanzug über. Wenn der Kerl die Castitasschelle unter der Unterhose bemerkt hatte, ließ er sich nichts anmerken. Vielleicht war es ihm gleichgültig. „Mitkommen!‟ Sein barscher Tonfall änderte sich auch nicht, als er ihm blaffend ankündigte: „Wenn du dein Soll erfüllst, bekommst du was zu essen und einen Schlafplatz.‟ Iceberg schluckte. Und wenn nicht... Er wollte nicht darüber nachdenken.
Sein Weg führte ihn durch mehrere Maschinenstraßen und an Förderbändern vorbei, wo einige Arbeiter in den gleichen Overalls standen. An der Decke der Halle blinkte ein rotierendes Gelblicht hinter einem Gitter. Die Luft stank nach einer Mixtur aus Öl und heißem Kunststoff. Sie kamen an einer Reihe von Warnbaken vorbei, die am Boden rot aufleuchteten. Dahinter standen hinter einer transparenten Membran, einer Art Kraftfeld, wie Iceberg vermutete, hohe Quader aus Metall. Der Mann zeigte darauf. „Komm denen niemals zu nahe, wenn dir dein Leben lieb ist.‟ Sie marschierten weiter durch einen Gang, entlang an Reihen von motorangetriebenen Maschinen. Schließlich kamen sie zu einem Bereich, in dem etwa 30 weitere Arbeiter standen und offenbar kleine elektronische Teile montierten. „Dein neuer Job. Der Prozess wird dir mit dem virtuellen Demo erklärt. Dazu drück die schwarze Taste. Wenn du alles verstanden hast, fang an.‟ Iceberg sah ihm nach. Eigentlich hatte er auf eine administrative Aufgabe gehofft.
Nachdem er das Demo gesehen hatte, wusste er, was er wie zusammenzustecken hatte: Akku, Display, Chipcard, Speaker, Cam, Sensoren, Prozessor und andere Kleinteile. Hier wurden offensichtlich Intercomgeräte montiert. Aus seiner Erfahrung erkannte er sofort, dass die Prozessoren nicht registriert waren, wie es in der Vereinigten Allianz verpflichtend war. Er steckte die Einzelteile zusammen, wieder und wieder, und er fragte sich, ob das Automaten nicht effizienter leisten könnten. Allerdings war ihm klar, dass humane Arbeitskraft auf Atra Mundo günstig zu haben war. Nach vier Stunden war er verschwitzt und fühlte sich erschöpft. Da schrillte eine Klingel ohrenbetäubend laut von irgendwoher. Schichtende, vermutete er, denn seine Kollegen hörten auf zu arbeiten. Sie stellten sich alle in eine Reihe, also machte Iceberg es ihnen nach. Auf ein weiteres akustisches Signal drehten sich alle in die gleiche Richtung herum und marschierten im Gleichschritt los.
An einer Station reichte ein Mann jedem Arbeiter ein Päckchen mit einem Nahrungskonzentrat und eine kleine PET-Flasche mit einer farblosen Flüssigkeit. Als Iceberg an der Reihe war, piepte etwas auf. Der Mann winkte ihn weiter, ohne ihm etwas zu geben. Iceberg sah ihn fragend an. Brummig meinte der Mann: „Verpiss dich! Die anderen wollen auch noch dran kommen.‟ Iceberg fragte, warum er keine Mahlzeit erhalte. Sein Gegenüber grunzte. „Du hast das Soll nicht erfüllt. Mach einen Abgang, oder du wirst rausgetragen.‟ Iceberg setzte sich in Bewegung. Woher hatte der Typ überhaupt gewusst, wie viele Geräte er montiert hatte? Überwachten versteckte Cams die Workstations? Oder waren in dem Overall womöglich Nanodrähte, die seine Bewegungen speicherten?
Die Kolonne landete in einem nicht weniger dreckigen Raum, in dem Tische und Bänke grob aus Aluminium geschweißt standen. Jeder suchte sich einen Platz und knickte die Packung. Eine thermische Reaktion erfolgte, und die Paste wurde heiß. Das Zeug sah unappetitlich aus, aber der leichte Geruch nach warmer Mahlzeit ließ Icebergs Magen knurren. Er saß ein wenig verloren da und starrte auf sein Gegenüber, einen Mann in seinem Alter, der gierig die Paste aus der Verpackung drückte. Der Ex-CEO räusperte sich, wurde aber ignoriert. Natürlich kam niemand auf die Idee, ihm etwas abzugeben. Jeder war nur mit sich selbst beschäftigt. Plötzlich öffnete sich eine Metalltür auf der anderen Seite des Raumes, und zwei Typen mit einer Trage hasteten herein.
Auf dem Gestell lag ein Arbeiter, der den obligatorischen grauen Overall trug. Allerdings war seine Brust entblößt, und ein Kompressionsverband verdeckte einen Teil der Brust. Der Mann stöhnte vor Schmerzen. Ein anderer Mann kam hinter den Trägern hergeeilt und hielt sich sein Handgelenkscom gestikulierend an den Mund während er redete. „Kritischer Unfall mit Laserklinge. Industrie-Mikrotom Klasse IV. Brauchen dringend ein Hämostase-Adhäsions-Spray.‟ Iceberg schaute ihnen hinterher, wie sie hinter einer zweiten Tür verschwanden. Ein wenig verwirrt machte er sich bewusst, dass es auf Atra Mundo keine Androidentechnologie gab. Die Sanitäter waren Männer gewesen, keine Medmechs. Er fragte sich, wie hoch das Mortalitätsrisiko hier war und wendete sich an seinen Sitznachbarn: „Passieren hier öfter solche Unfälle?‟ Der Mann zuckte nur mit den Schultern und quetschte die Reste des Nahrungskonzentrats aus der Packung.
Drei Minuten später standen alle Personen auf ein Signalton auf und verließen den Raum, Iceberg schwamm im Strom mit. Der Weg führte in eine Art Schlafsaal mit zahlreichen Etagenbetten. Ein Mann kam auf ihn zu. „Du bist der Neue? Bett 38 ist deins.‟ Iceberg sah sich um. Ein paar Meter von ihm entfernt war das obere Bett noch frei. Eine kleine 38 war auf den Rahmen lackiert. Hier sollte er hausen? Das durfte nicht wahr sein! Er kam sich vor wie in einer Kaserne oder Strafanstalt. Er wollte protestieren, aber der Kerl war schon weg. Iceberg kletterte auf seine dünne Matratze, die dreckig und fleckig war. Mit der Hand fegte er Staub, Haare und irgendwelche Partikel weg, von denen er gar nicht wissen wollte, was es war. Ein diffuses Licht leuchtete gedämpft von der Decke und tauchte den Saal in ein melancholisches Halbdunkel.
Wieder knurrte sein Magen, und jetzt spürte er auch die Trockenheit im Mund, die sich langsam immer weiter Richtung Kehle ausbreitete. Als er sich auf die Seite drehte, wurde ihm wieder seine Castitasschelle bewusst, die nun auf seinen linken Oberschenkel drückte. Wie war er nur in diese desolate Situation geraten? Die Antwort kannte er eigentlich: erst Marina, und dann noch diese Agenten aus Beta Patria. Er versuchte ein wenig zu schlafen. Morgen musste er unbedingt einen Vorarbeiter sprechen. Sekunden später löschte das Deckenlicht mit einem Knall, und er lag in totaler Finsternis. Selbstbestimmung war hier ein Fremdwort.
Violetta und Animus fühlten sich wie die sprichwörtliche Maus in der Falle, als das schwere Tor zur Halle geschlossen wurde und dieser dubiose Wesley sie seltsam lauernd anstarrte. Doch im nächsten Augenblick hörten sie es auf dem dünnen Flachdach der Halle laut prasseln. Ein Niederschlag hatte eingesetzt. Es hörte sich hier innen an wie ein Hagelsturm. Wesley kam näher und reichte Animus die Hand. „Ihr wollt also Informationen. Daten aus den Migrationsdatenbänken. Kein Problem. Habe ich alles hier.‟ Er zeigte auf den kleinen Stick. „Kostet eine Kleinigkeit.‟ Animus forderte ihn auf, seinen Preis zu nennen. Violetta machte Anstalten zu handeln, aber der Pilot wiegelte ab. Es war hier keine monetäre Frage; es ging um Gravis. Mortimer musste so schnell wie möglich gefunden werden.
Der Credit-ID-Chip von Prosper Enterprises machte es möglich. Animus transferierte die geforderte Summe auf ein anonymes Konto der Atra Mundo Argentaria, dem führenden Kreditverwalter des Planeten. Wesley steckte den Stick in ein Tablet und stellte es vor ihnen auf einen Stehtisch. Animus und Violetta sahen zu, wie der Mann blitzartig über die Tastenfelder hämmerte und Befehle und Sucheingaben eintippte. Hin und wieder stellte er eine Frage. Nach nur sechs Minuten hatte Wesley bereits erste Daten extrahiert. „Euer Mortimer hat mit einem inoffiziellen Transferschiff eine Passage genommen und ist dann unter falscher ID auf einem autonomen Frachter weitergereist. Er müsste sich noch auf Atra Mundo befinden.‟ Animus stöhnte. „Geht es etwas detaillierter?‟ Wesley lachte humorlos. „Keine Panik, ich habe noch nie eine Datensignatur verloren.‟ Murmelnd fügte er hinzu: „Auch wenn diese verschleierte Spur sich fleißig zu tarnen versucht.‟
Er hackte weiter auf der Tastatur herum und wühlte sich mit einem Suchmusteroptimierer durch Datensätze, Programme und virtuelle Cloud-Speicher von Behörden und Firmen. Violetta und Animus konnten nur staunen. Dieser Crack kam in jedes System. Und zwar unbemerkt. Schließlich nannte er ihnen eine Adresse auf Atra Mundo. Wesley hatte Mortimer in der Millionenmetropole Urbs Novum aufgespürt, einer Stadt, die 2.150 Kilometer von Atra City entfernt lag und zu einer der sieben Mega-Citys des Planeten gehörte. Die Zielperson arbeitete dort für Händler von illegalen Waffen. Im Hintergrund beherrschte das Geschäft die Noxius-Bruderschaft. Mortimer fungierte als Kontaktmann zu potentiellen Käufern aus anderen Sternensystemen, wo diverse Kriege geführt wurden.
Violetta und Animus bereiteten unverzüglich ihren Weiterflug nach Urbs Novum vor. Der Himmel hatte sich pechschwarz zugezogen. Ohne Atemschutz war es unmöglich sich im Freien aufzuhalten. Schnell enterten sie den gecharterten Gleiter. Gegen die Pilotenkanzel prasselte sandartiger Niederschlag. Der Außenscanner zeigte hohe Werte von Cadmium und Quecksilber in der Atmosphäre an. Die Rothaarige schnaubte. „Was für ein Drecksplanet!‟ Sie startete die Beschleunigungssequenz und ließ den Antrieb auffauchen. Bald schon leuchteten die Koronen der Triebwerke im Heck auf. Wegen der schlechten Sicht mussten sie sich auf den intelligenten Radar verlassen. Die Luftfahrtgesetze von Atra Mundo ließen für ihren Gleiter nur einen bestimmten Höhenkorridor und eine maximale Reisegeschwindigkeit zu, so dass sie 2:04 Stunden für die Strecke benötigten. Bis zur Landeerlaubnis auf einem städtischen Hafen dauerte es zusätzliche 53 Minuten. Dann waren die Schwenkdüsen positioniert; die Kufen arretierten und fanden Bodenkontakt. Violetta schaltete das Triebwerk ab. Der Gleiter war wegen starker Windböen alles andere als gravitätisch gelandet, aber die Pilotin hatte es zumindest im ersten Versuch geschafft, zum vorgesehenen Targetpoint zu manövrieren. Die aerodynamischen Flügel schoben sich zum Torso zusammen. Der Landeplatz war eingekreist von grellen Signalleuchten.
Auf dem Schirm erschien ein Mitarbeiter des Towers. „Warten Sie im Gleiter bis zur Freigabe.‟ Elf Minuten später setzte sich ein Hover neben den Gleiter und dockte an. Violetta öffnete das Außenschott. Ein Mann in einer abgewetzten Uniform kam an Bord. „Flugsicherung Urbs Novum. Zehn Krediteinheiten für die Bestätigung der Landegebühr.‟ Violetta runzelte die Stirn. „Die Gebühr geht doch automatisch vom Bordaccount runter, oder?‟ Der Mann starrte sie an. „Die Bestätigung. Zehn KE.‟ Die Pilotin schüttelte verständnislos den Kopf, aber Animus hielt dem Mann sein Handgelenkscom hin und übertrug die gewünschte Summe auf den Speicher des Mannes. Ein Fenster poppte in seinem kleinen Display auf und zeigte das Siegel für die Finanztransaktion der Kryptowährung. Der Empfänger tippte darauf einige Befehle in sein Tablet und nickte. Dann verließ er den Gleiter. Violetta sah zu ihrem Begleiter. „Was war das denn eben?‟ Animus seufzte. „Meine Liebe, wir sind hier auf Atra Mundo. Ohne Trinkgelder geht hier gar nichts. Daran musst du dich gewöhnen.‟ Violetta blies die Wangen auf. Die Frage war eher, ob sie sich daran gewöhnen wollte.
Sie kontaktierte per Bordcom ein autonomes Taxi, dass 13 Minuten später an den Gleiter andockte, so dass die Passagiere nicht von dem sauren Niederschlag durchnässt wurden, der vom dunklen Himmel goss. Sie buchten sich an der Instrumententafel des Taxis per Voicesteuerung ein Zimmer in einem günstigen Hotel in der City in der 41. Ebene eines Wohnturms. Auf dem Weg in die Innenstadt des gigantischen Molochs überflogen sie ein breites Band Slumbehausungen aus chaotischen Konstruktionen diverser Materialien. Aus der Höhe waren die Ansammlungen der einzelnen Wellblechhütten und Plastikplanen nur zu erahnen. Die improvisierten Rohrsysteme für Frisch- und Abwasser, das Kabelwirrwarr der gebastelten Stromversorgung auf den Dächern. In Lumpen gekleidete Gestalten, die durch die engen Gassen über den morastigen Boden schlurften, in dem sich ölige Pfützen gesammelt hatten. Zu erkennen war nur eine schwarze Qualmwolke, die sich vor einer Hütte - vermutlich aus einer alten Tonne -- in die Höhe schraubte und dort zerfaserte.
Der gecharterte Gleiter wurde derweilen von einem Zugwagen in eine Parkbucht verbracht, wo täglich Liegegebühren anfielen. Den Kontakt zu Mortimer würden sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufnehmen, um möglichst wenig aufzufallen. Doch heute fielen sie nur noch müde in ihre Memorygelmatratzen. Draußen stürmte ein säurehaltiger Regen, doch davon bekamen sie nichts mit. Das Hotel war schallisoliert. Die Pseudofenster zeigten eine harmonische Idylle aus grünen Hügeln, blauem Himmel und weißen Cumuluswolken. Das Paar besprach ihren Plan und wollte dann nur noch schlafen. Doch ihre sanften Berührungen erweckten eine Flamme der Leidenschaft, die bald loderte wie eine Sonneneruption. Erst nach einem intensiven Liebesakt lagen sie kraftlos und befriedigt nebeneinander und schlossen die Augen.
Am nächsten Morgen wurden sie zur programmierten Zeit von leiser Musik geweckt, während sich die Beleuchtung des Zimmers langsam intensivierte. Sie hatten wunderbar genächtigt. Leider ließ dann das Frühstück zu wünschen übrig. Obwohl - oder gerade weil? - es manuell gefertigt war, und nicht von einem Proteinresequenzer produziert wurde, schmeckte es wie kalte Füße. Der synthetische Kaffee war der schlechteste, den sie in ihrem Leben getrunken hatten. Der Aufschnitt war angeblich echtes Laborfleisch, aber er wirkte eher wie eine undefinierbare Masse, ebenso das Brot. Violetta aktivierte die Transparenzfenster und blickte missmutig auf die dunkelgraue Suppe, die sich am Himmel sammelte. Eine Warnmeldung poppte auf dem Fenster auf: Strahlenwarnung. Outdoorsperre gültig bis 11.15 Uhr, Ortszeit. Die Pilotin hob eine Augenbraue. „Scheint eine temporäre Belastung zu sein. Der Wind nimmt sie wohl wieder mit. Die Frage ist aber, wie sich die Leute in den Slums dagegen schützen.‟ Animus verzog den Mund. „Ich fürchte, du bist hier die Einzige, die sich diese Frage stellt.‟
Violetta sah auf eine Zeitanzeige, die als 3-D-Hologramm im Raum herumwaberte und durch Gestiksteuerung ihre Position ändern konnte wie ein Ballon, der im Zimmer herumschwebte. „Es ist kurz nach 9 Uhr. Was machen wir jetzt zwei Stunden lang?‟ Sie sah ihn an und registrierte seinen schelmischen Blick. „Nein, denke nicht mal dran. Wir inspizieren mal dieses Habitat. In den unteren Ebenen soll es Restaurants geben. Das Frühstück war der letzte Dreck.‟ Animus nickte. „Können wir machen. Und danach fahren wir einfach schon mal mit der Speed-Tunnelverbindung. Die Bahnhöfe sind alle hermetisch abgeschlossen. Die Züge fahren wohl auch während der Outdoorsperrzeiten.‟ Er suchte ihnen eine Verbindung heraus und buchte zwei Plätze im Hypertrain 14-22, Abfahrt 10.15 Uhr, Gleis 7.
Violetta war schon seit zig Jahren nicht mehr mit einem Hypertrain gefahren. Auf Beta Patria waren sie inzwischen kaum noch im Einsatz. Zu viele Energieausfälle und Komplikationen hatte es mit der Speedtunneltechnologie gegeben. Sie hoffte, dass hier auf Atra Mundo ein Mindestmaß an Sicherheit vorherrschte. Sie hatte allerdings ihre Bedenken. Alternativ hätten sie mit einem Lufttaxi fliegen können, aber dafür wären ihre IDs registriert worden. Sie mussten Mortimer aber kalt erwischen wie ein Asteroid, der urplötzlich aus dem Schutz einer Sonne heranjagte und mit einem Planeten kollidierte. Womöglich würde der Typ gewarnt werden. Korruption war schließlich Atra Mundos zweiter Vorname. Solange Violetta und Animus nicht wussten, welche Daten und Informationen von wem an wen flossen, mussten sie vorsichtig sein, wenn sie sich an ihre Beute anschleichen wollten.
Animus kamen Jahre alte Bilder ins Gedächtnis: drei junge Burschen, die sich auf den Weg zur Musterung machten. Timiditas, Gravis und er wollten als Pugnatoren ihre Welt verteidigen gegen alles Böse im Universum und zu Helden werden. Doch so einfach war die Realität nicht gestrickt.
Die Söldnereinheit von Prospect Enterprises hatten die Basis der Mega-Plantage auf Colonia Agricultura gestürmt. Sie waren auf dem Weg vom Hangar zur Zentrale kaum auf Gegenwehr gestoßen, doch das war ein Trugbild, denn die wahre Gefahr lag in den infizierten Systemsteuerungen der Anlage. Die befallene Software war von einer KI gekidnappt worden und hatte allen Reinigungsversuchen und Rekonfigurationen der Spezialisten bisher widerstanden. Die mit diesem Problem konfrontierten Experten waren sich mittlerweile zu 95 Prozent sicher, dass es sich um eine Mutation des KI-Updates handelte, das von der inzwischen verstaatlichten Firma Bionic Industries als experimentielles Programmmodul des Androidenmodells LA667R/222 in Umlauf gebracht worden war. Leider funktionierte hier der entwickelte Delete-Antivirus nicht.
CEO Mr. Carthy war in permanentem Kontakt mit seinem Außenteam auf dem landwirtschaftlichen Planeten, der auch die „Kornkammer des Beta-Patria-Systems‟ genannt wurde. Hier wurden vollständige Lebensmittel erzeugt, aber auch Grundproteine, aus denen Resequenzer Nahrungsmittel produzieren konnten. Mittlerweile hatte sich auch der Hohe Rat der Regierung auf Beta Patria eingeschaltet. Immerhin ging es um die gemeinschaftliche Sicherheit der Vereinigten Allianz. Mr. Carthy aktivierte an seiner Konsole mit seiner Identifikationsnummer den Kontakt zum angesetzten Strategie-Meeting mit einem hohen Regierungsmitglied auf einem verschlüsselten Kanal. PE musste zwar mit dem Hohen Rat kooperieren, aber zumindest hatte er noch das Ruder in der Hand und sämtliche Befugnisse und Kompetenzen seines Unternehmens. Die Videoübertragung auf einem großen Wandmonitor startete und Mr. Carthy streckte den Rücken durch und räusperte sich.
Zeitgleich arbeiteten die Experten, bestehend aus IT-Fachleuten von PE, aber auch Nachrichtendienstmitarbeitern der VA, auf Colonia Agricultura mit Hochdruck an der Bereinigung der Systeme. Das erste Upload des Delete-Programms war gescheitert. Die feindliche KI blockte es ab. Einige Agrarbots waren autonom und nach einer modifizierten Programmierung in der Lage, die unterbrochene Produktion in einigen Teilen wieder aufzunehmen. Immerhin. Eine rationierte Menge Protein würde die benachbarten Welten erreichen, um eine Notfallversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Vor dem großen, gewölbten Panoramafenster im Basiskomplex der Plantage liefen Arbeiter in Exoskeletten oder in den Führerhäuschen der Maxirobots umher. Die regulär autonom arbeitenden Bots wurden nun manuell geführt, denn den wahrscheinlich infizierten Programmierungen war nicht zu trauen. Amoklaufende Bots, die zwischen zwei und 48 Tonnen wogen, wollte niemand riskieren.
Doch auf der anderen Seite der gewaltigen Glaswand hatten die Männer und Frauen keine Zeit, um den Ausblick zu genießen. Sie waren hochkonzentriert und hackten auf ihre Tastaturen vor ihren Monitoren ein, um die KI in die Knie zu zwingen. Die bewaffneten Söldner standen vor der Tür Wache, als erwarteten sie ein Gefecht mit angreifenden Cyborgs. Ebenso hatten einige der Armierten den Serverraum im Bunkerkeller gesichert. Ein Mann und eine Frau in schwarzen Kampfmonturen hatten ihre Energiestrahler mit den Zielvorrichtungen an die Wand aus Karbonfaser gelehnt und tranken aus einem Flachmann eine grüne Spirituose, während sie sich über das Phänomen von Subraumströmungsfeldern unterhielten. Irgendwie mussten sie die Zeit totschlagen. Hoffentlich waren die Nerds da oben mit ihren Konsolen bald fertig. Lieber würden sie mit ihren Waffen gegen die durchgedrehten Bots vorgehen und alles zu Sternenstaub sieben. Ob mit Laser oder EMP-Technik - alles war besser, als hier zu warten.
Auf Reginas Mond Fortuna gingen die Forschungen zu der Bewusstseinstransferierung in die nächste wichtige Phase. Das psychotronische Programm hatte bei Prototyp 0 gut angeschlagen. Die Indagatrix nahm dem Probanden Transponderelektroden von den Schläfen und überprüfte seine Vitalwerte an ihrer medizinischen Konsole. Dann gab sie einen knappen Befehl ein, und im nächsten Augenblick erschienen zwei Indagatrixfrauen mit einer Rollliege. Auf ihr lag eine alte Adelsdame, die sich kurz vor ihrem Tod für einen neuen Körper entschieden hatte. Ein gewisses Restrisiko, dass sie die Transferierung nicht überleben würde, bestand, da die Technologie noch ganz neu und kaum erprobt war. Trotzdem hatte sie keine andere Wahl gehabt. Alle anderen medizinischen Optionen, ihr Leben zu verlängern, waren ausgeschöpft. Zuletzt hatte eine Telomer-Modulatortherapie keine Besserung gebracht.
Als nächstes näherten sich zwei weitere Mitarbeiterinnen, die ebenfalls eine Rollliege schoben. Auf ihr lag der neue Wirtskörper, ein junger Rusticus aus einer der Mühlenfabriken. Die narkotisierten Subjekte wurden nebeneinander geschoben. Die Forschungsleiterin tippte auf ihre Konsole, und eine gewölbte konische Kuppel aus semitransparentem, amorphem Acrylstoff senkte sich von der Decke über die beiden Personen. Die Wissenschaft von Regina stand mikroskopisch nah vor einem gigantischen Erfolg. Die erste Adelsdame in einem jungen und kräftigen Leib. Das entsprach einer biologischen Verjüngung von 82 Jahren. Die mit Laser eingebrannte ID-Nummer auf dem Gesäß war bereits entfernt worden. Ebenfalls hatte der Rusticuskörper vor der Übertragung einige Optimierungsupgrades erhalten, um den Ansprüchen der neuen Besitzerin zu genügen. Dazu gehörte eine 24fache Zoomoptik, Infrarotzuschaltung, ein leistungsstarkes auditives System mit flexibler Hörschwelle und Tonhöhengedächtnis, synthetischen Muskelfasern mit wechselbarer Aktivierung sowie auf 300 Prozent der Standardbelastung verstärkte Gelenke. Diese Ansammlung von Kostspieligkeiten zahlte die alte Lady nur zu gern für ihr zukünftiges junges Leben.
Dem Rusticus hatte die Indagatrix versprochen, dass er für sein Opfer erneut transferiert würde, sobald ein jüngerer Wirt zur Verfügung stand. Bis dahin kam der zerebrale Rest des Subjekts mit dem altersschwachen Corpus in Kryokonservierung der Forschungsanlage. Anschließend war er ungebunden, musste also nicht mehr als Rusticus auf Regina arbeiten. Beispielsweise durfte er transstellar ausreisen. Die Vereinigte Allianz kam zwar als Ziel wegen der politischen Lage nicht in Frage, aber das Alpha Dominion war gigantisch groß und bestand aus scheinbar endlos vielen Welten, Kulturen und Lebensformen.
Doch sah die Realität wirklich so aus? Sollte die Datei mit der Vereinbarung „zufällig‟ gelöscht werden, so würde der eingefrorene Körper der alten Adelslady mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Bio-Recycling zugeführt, während das Bewusstsein des ehemaligen Rusticuswesens noch in einer Warteschleife auf ein neues Leben wartete und wartete bis sich ein dicker Nebel über ihn legen und ihn in die ewige Schwärze ziehen würde, in der er schließlich aufhören würde zu existieren.
Als die Transferierung beendet war, kontrollierten zahlreiche Sensoren und Scanner die Vitalwerte der Patienten. Die Geräte mit ihren feinmotorischen Tentakelarmen, Scannern, Vaporizern, Perfusoren und Tomografen arbeiteten autonom und versorgten die Körper mit allen notwendigen medizinischen Behandlungen. Nur wenige Stunden später wachte die Adelsdame auf. Die Kuppel war zurückgefahren und in der Liege arretiert. Sie schlug die Augen auf und fühlte sich bis auf eine allgemeine Schwäche wundervoll. Sie bewegte ihre Extremitäten, ihren Kopf, atmete und sah sich um. Sie hob eine Hand und betrachtete sie. Junges Fleisch. Keine Athrose, keine Altersflecken, keine Falten. Auch ihr Denken war klar und schnell. Sie fühlte sich großartig.
Dann hörte sie die Stimme der Indagatrix neben sich, die an ihrem Kopfende stand. „Bleiben Sie bitte noch einen Augenblick liegen. Wir geben Ihnen prophylaktisch noch einen kardiovaskulären Stabilisator. Anschließend dürfen Sie aufstehen, wenn Sie möchten.‟ Die Dame im Rusticuskörper lächelte. Sie war in einem euphorischen Zustand. Wie klar und deutlich sie alles wahrnahm! Ihre Sinne funktionierten wie seit 50 Jahren nicht mehr. Und besser. Intensiver. Es war unglaublich.
Auch die Indagatrix schien vor Stolz über ihr Werk fast zu platzen. Die offizielle Premiere der Exchange-Technologie war ein voller Erfolg. Nach all den Versuchen, die im Labor missglückt waren, war das auch höchste Zeit. Die Bilder würde sie ihr Leben lang nicht mehr vergessen, wenn eine Transferierung schiefgegangen war. Damit musste sie nun leben. Das war der Preis für den Fortschritt und eine Belobigung durch Monarchin Regina II. Sie versprach sich, oberste Leiterin des medizinischen Forschungsministeriums auf Regina zu werden. Oft hatte sie in Gedanken diverse Versuche durchgespielt, die sie dann realisieren wollte. Sie würde extrem effiziente Arbeitssklaven züchten, die billiger waren als technologisch hochgerüstete Androiden oder Industriebots. Eine Hybridkreatur aus Custos und Corium Bestia mit ihrer hypertrophierten Muskulatur, und dem sanften Wesen der Placidus - perfekte Sklaven, die den Machtanspruch von Regina permanent vergrößern würden.
Der alte weibliche Corpus war inzwischen hinter einem aktivierten Holoschild den Blicken der Patientin entschwunden. Die Transverfierte setzte sich auf und hüpfte schwungvoll von der Liege. Eine zweite Indagatrix führte sie in einen Patientenraum, wo sie die nächsten 24 Stunden überwacht werden sollte. Gegebenenfalls mussten Modifikationen und Optimierungen angepasst werden. Danach würde sie entlassen werden. Die verjüngte Frau freute sich schon auf all die Möglichkeiten, die ihr nun gegeben waren. Und dazu gehörte natürlich auch ihr gewechseltes Geschlecht. Wenn es ihr nicht gefallen sollte, konnte sie es immer noch ändern lassen. Aber sie war gespannt auf den ersten Sex mit einer Frau. Wie würden sich die männlichen Genitalien anfühlen, wenn sie erst erregt war? Sie tastete ungeniert nach ihrem Phallus und den Hoden unter dem Patientenkleid, das sie trug. Es fühlte sich geil an. Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:17.01.21 15:24 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXV ~
Animus und Violetta verifizierten ihre Fahrtickets für den Speedtrain am Bahnhofzugang per anonymisiertem Fingerprint-Scan. Anschließend durften sie in ihr Abteil einsteigen. Nachdem sich hinter ihnen die Tür pneumatisch verschlossen hatte, setzten sie sich auf die Hartschalenplätze. Die Form eines liegenden Zylinders war exakt der Röhre angepasst, durch die sie gleich mit Schallgeschwindigkeit auf Luftkissen jagen würden. Elektrische Kompressoren beschleunigten den Zug in wenigen Sekunden auf circa 1.200 km/h. Der Strom wurde von Batterien geleistet.
Auf Beta Patria war diese Technologie als Hyperloop bekannt und mit Solarzellen auf den Röhren ausgerüstet, doch auf Atra Mundo reichte die Sonnenenergie für diesen Einsatz nicht, so dass die Akkumulatoren durch Elektrizität aus Nuklearanlagen betrieben wurden. - Die Fahrt dauerte nur sieben Minuten, bis die beiden Fahrgäste ausstiegen. Der Außenbezirk von Urbs Novum lag außerhalb des Slumgürtels und setzte sich großteils aus automatisierten Industrieanlagen und einem Vergnügungsviertel zusammen. Die Bahnstation UN-04 war optisch sofort ein starker Kontrast zum Hauptbahnhof in der City: Hier wirkt alles heruntergekommen und ungepflegt, Graffiti war an alten Stahlelementen angebracht, der Boden war verdreckt, die Deckenbeleuchtung war teilweise defekt.
Violetta schaute sich vorsichtig um. Sie tastete nach ihrem Oberschenkelholster, das sie sich umgeschnallt hatte. Darin befand sich ihr altes FNS - ein fünfschüssiges Gerät, ursprünglich entwickelt, um Munuswesen einzufangen. Früher hatte die Pilotin für die STC gearbeitet, die sich auf Regina auf die Kopfgeldjagd spezialisiert hatte. Der kleine Zylinder schoss ein Nanofasergeflecht über das Ziel und bildete ein geschlossenes Netz. Bei Deaktivierung lösten sich die Fasern in kleine Kügelchen auf. Notfalls würde Violetta den FNS als Defensivwaffe verwenden, denn besonders vertrauenerweckend kam ihr die Gegend nicht vor. Während am Hauptbahnhof noch Massen von Personen unterwegs waren, herrschte hier fast Leere. Erst gegen Abend würde sich das Gleis mit Partygängern der Etablissements füllen.
Ein Mann kam ihnen entgegen. Er trug eine Kapuze über dem Kopf, so dass sein Gesicht im Schatten lag. Als er näherkam, bemerkten sie ein Objektiv, dass an der Stelle seines linken Auges aus dem Schädel hervorschaute. Offenbar ein altertümliches Upgrade. Der Typ raunte ihnen zu. „Sweeties?‟ Animus hatte in einer Datenbank gelesen, dass hier Drogen aller Art so genannt wurden. Er schüttelte den Kopf und ließ den Kerl stehen. Dann betraten sie ein Laufband, das sie quietschend vorwärtsbewegte. Unterwegs blitzte einmal ein roter Laser auf, der sie biometrisch gescannt hatte. An ihrer linken Seite tauchte eine lange Hallenwand auf. Schmutzige Neonleuchen ergaben den Schriftzug von „Nox-Entertainment‟. Darunter war der Slogan „Grenzenlose Unterhaltung‟ auflackiert. Violetta staunte und hob eine Augenbraue. „Diese Noxiusbruderschaft taucht hier ungeniert in einem Firmennamen auf.‟ Animus verzog seine Mundwinkel zu einem humorlosen Lächeln. Dann zeigte er nach vorne. „Da müssen wir auf das linke Band. Dann sind wir gleich da.‟
Ziel war eine Bar namens „Paradisus‟. Dort sollte sich Mortimer herumtreiben. Zumindest zeugte seine Datenspur davon. Einladend sah das Etablissement nicht aus. Violetta und Animus standen vor einer kahlen Stahltür, die von oben von einer Heliumleuchte angestrahlt wurde. Ein Sensorfeld fungierte als Klingel. Der Expugnator tippte mit zwei Fingern drauf. Das kleine Feld blitzte für einen Sekundenbruchteil auf. Die Stahltür klackte auf und schob sich dann seitlich in den Rahmen. Kaum waren die beiden Gäste in dem dahinterliegenden kurzen Flur, schloss sich die Außentür bereits wieder. Bläuliches Neonlicht empfing sie. Eine weitere Tür öffnete sich. Ihnen kam ein Mann in schwarzem Latex entgegen. Der zwei Meter große Türsteher trug einen Irokesenschnitt auf dem Kopf und hielt einen Multidetektor in der Hand. Violetta musste den FNS abgeben; erst danach durften sie die Bar betreten.
Dumpfe Bässe schallten ihnen entgegen. Der Raum war in Dämmerlicht getaucht. Diverse indirekte Neonlichter in Weiß und Blau schenkten wenig Licht. Sie waren fast die einzigen Gäste. Hinter der Theke stand der Wirt, ebenso in schwarzes Latex gekleidet. Die Augen waren dick mit Eyeliner geschminkt. Zu seinem schwarzen Kinnbart sah das etwas bizarr aus. In einer Ecke der Bar saßen zwei Männer auf Hockern an einem hohen Tisch, der von innen leuchtete. Auf der Tischplatte blinkten diverse Quadrate auf. Offenbar spielten sie irgendein Game.
Plötzlich schrie der eine Kerl auf. Animus erkannte, dass die Spieler eine Art Haarreif trugen. Der blitzte hin und wieder auf, als würde er elektrische Impulse verteilen. Das gehörte wohl zu dem Match. Violetta verdrehte ihre lilafarbenen Augen in theatralischer Manier. Spaß daran zu haben, sich gegenseitig Stromstöße zu geben, konnte man wohl nur haben, wenn im Oberstübchen nicht sehr viele Lampen an waren. Animus bestellte zwei „Yellow Hell‟, die einzige Biersorte, die in der gesamten VA üblich war. Der Wirt stellte ihnen zwei Gläser mit dreieckiger Grundform, gefüllt mit dem synthetischen Gerstensaft, hin und rechnete gleich ab, als habe er Angst, dass seine Gäste ihre Zeche prellen wollten.
Der Expugnator aktivierte sein Handgelenkscom und ließ eine kleine Hologrammdarstellung in der Luft erscheinen, die ein Bild von Mortimer zeigte. „Der soll hier ab und zu auftauchen. Schon mal gesehen?‟ Der Mann schaute kurz hin und stellte die Gegenfrage: „Wer will das wissen?‟ Animus behauptete, ein alter Freund zu sein. Der Wirt schnaubte. „Der hat keine Freunde.‟ Violetta schaltete sich ein: „Sie kennen ihn also? Wann war er das letzte Mal hier?‟ Animus nestelte an seinem Handgelenkscom. „Es wäre sehr wichtig für uns.‟ Er übertrug einen großzügigen Betrag für die nächste Runde Yellow Hell samt Trinkgeld. Der Wirt räusperte sich. „Der Typ macht hier schon mal Geschäfte. Meistens kommt er gegen Mitternacht. Mehr weiß ich nicht. Aber das habt ihr nicht von mir!‟
Noch circa elf Stunden. Sie bedankten sich und verließen die Bar wieder. Violetta steckte im Vorraum den FNS ein. - Als sie an einer Seite einer Lagerhalle vorbeiliefen, bemerkten sie eine großflächige Holoreklame, auf der für „Lux Assectator‟, eine religiöse Sekte um einen ominösen Guru geworben wurde. Offiziell war die Gemeinschaft auf Atra Mundo als Kirche anerkannt, doch offensichtlich wurden die Mitglieder einer Gehirnwäsche unterzogen und lebten wie Leibeigene für ihren Führer. Symbol der Lux Assectator war die Silhouette eines Engels, die wie eine Lichtquelle strahlte. Die auditive Datei der Vorrichtung zielte genau auf Animus und Violetta und klang mit sanfter und dunkler Stimme in ihren Köpfen. „Du suchst Liebe? Sicherheit? Komm zu uns! Du bist herzlich willkommen in unserer Gemeinschaft. Lux Assectator verhilft dir zu einem glücklichen und befriedigenden neuen Leben. Aktiviere den Link. Wir sorgen für dich!‟ Auf der Darstellung erschienen wie in Trance tanzende Menschen, die ihre Hände zum Himmel reckten.
Animus und Violetta marschierten schnell weiter. So eine invasive Werbung war in der VA generell verboten. Die Pilotin tippte auf ihrem Handgelenkscom herum und aktivierte einen Blocker für 3-D-Bilder und automatisch ausgestrahlte Audiodateien in invasiven Frequenzen. Animus tat es ihr nach. - Nach hundert Metern kamen sie an eine Querstraße, auf der vereinzelt Personen liefen. Hin und wieder kam ein kleines Autonomtaxi mit opaken Fenstern vorbei. Die Frontzeilen der Gebäude waren mit Leuchtreklame für sexuelle Professionen übersät. Violetta hatte gedacht, schon alles gehört und gesehen zu haben, aber hier schienen die sexuellen Fantasien, Perversionen und Dienstleistungen alle Vorstellungen zu sprengen. - Ihr Navigator führte sie eine Straße weiter zu einem Restaurant namens „Bonum Culina‟. Die Bewertungen aus dem Datennetz waren relativ gut. Schlimmer als das Hotelfrühstück konnte es nicht werden, also traten sie ein und ließen sich von einer Bedienung zu einem Tisch führen. Dort wählten sie dann auf dem Touchpad des Tisches ihre Bestellung.
In der VA waren seit Jahren smarte Holospeisekarten Usus, aber auf Atra Mundo wirkte so manche Technik veraltet. Durch das Embargo der Zentralregierung auf Beta Patria existierte auch keine Androidentechnologie. Die Machthaber des Planeten schien dies nicht zu stören. Sie bevorzugten offenbar eine Kooperation mit Syndikaten wie der Noxiusbruderschaft. Kooperation war untertrieben. Längst saßen Mitglieder des Kartells in allen relevanten Ämtern und Firmen. Hin und wieder hörte man von Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden Clans, aber die Noxiusbruderschaft dominierte den Planeten. Sie war quasi unantastbar.
Gravis bewohnte mittlerweile einen Raum neben dem der Kommandantin. In seine Zelle musste er nicht mehr zurück. Gemeinsam mit IPPC-Mitarbeitern trainierte er täglich im Gym, wo die Widerstände durch Magnetfelder erzeugt wurden. Die Gerätschaften waren so leistungsstark, dass selbst der ehemalige Custos
an seine Grenzen kam. - Trotz seiner Sonderstellung beäugten die Angestellten ihn immer noch argwöhnisch. Der Muskelkoloss trainierte ambitioniert und versuchte so, seine aufgestaute sexuelle Lust zu kompensieren, aber die quälende Geilheit durch die Castitasschelle und die regelmäßigen Stelldicheins mit Sherry Jameson, der Leiterin der IPPC-Anlage, ließen dies zu eine Sisyphusarbeit werden.
Die Kommandantin saß gerade in ihrem Büro, da erzeugte eine ankommende Nachricht einen leisen Klang. Sie sah auf ihren Monitor: 1 Nachricht, IPPC-Zentrale, Dringlichkeitsstufe 1, Vertraulich. Sie öffnete die Datei mit dem gelben Logo der Interplanetary Private Prison Corporation. Das gesiegelte Schreiben hatte das Protokoll der jüngsten Aktionärsversammlung angehängt. Der Vorstandsvorsitzende fand lobende Worte für die in diesem Jahr erneut gestiegenen Gewinne des Unternehmens. Zur Sicherung der nächsten Quartalszahlen und den damit zu erwartenden Dividenden ordnete er diverse Anpassungsmaßnahmen in sämtlichen IPPC-Komplexen an.
Darunter fiel eine Rationierung der täglichen Mahlzeiten für die Gefangenen. Jameson las ungläubig weiter. War das deren Ernst? Der synthetische Brei war doch kein signifikanter Kostenfaktor! Aber die Kalorienzahl pro Insasse sollte um zehn Prozent gesenkt werden. Fälligkeit ab sofort. Weitere Einsparungen waren noch problematischer, weil sie die Mitarbeiter betrafen: Der Sonderschichtenzuschlag wurde gekürzt, der Jubiläumsbonus abgeschafft, und der Transfer für Urlaubszeiten wurde zumindest zu 50 Prozent kostenpflichtig. Jameson schimpfte unflätig vor sich hin. Diese miesen Drecksäcke! Immer nur den Gürtel enger schnallen. So lange, bis man keine Luft mehr bekam. Wann gab es mal eine Lohnerhöhung? Die Vergütungen waren schon seit Jahren eingefroren. Die Gewinnmarge für IPPC stieg dagegen jährlich an.
Die Kommandantin gab per Sprachnachricht die Anweisung in den Systemcomputer, der die Modifikationen an den Kriterien aktivierte. Den Sicherheitsrichtlinien entsprechend gab sie dazu ihren Security-Code ein. Gravis würde die Kalorienreduktion nicht betreffen, da er sich nach seinen Wünschen ernähren durfte. Er vertilgte täglich fast 10.000 Kilokalorien. Zu seinen Mahlzeiten gehörten ein Proteinkonzentrat und eine liquide Aminosäurekombination, Vitamin- und Mineralpräparate. 175 kg Masse, überwiegend aus Muskeln bestehend, verlangten nach vielen Nährstoffen.
Die Gedanken des Giganten kreisten fast ausschließlich um seine Libido und sein Training. Er hinterfragte nicht oft seine Existenz, was er hier machte, und warum er überhaupt hier war. Sein Gedächtnis war noch immer ein diffuser Nebel, der jegliche Erinnerung verdeckte. Temporär waren einige Erinnerungsfetzen an die Oberfläche geraten, aber genauso schnell wieder versunken. Für diese Amnesie hatte Mortimers Kumpane gesorgt. Korruption bei der IPPC zog sich durch das Unternehmen wie eine Virusschleuder. Gravis war nicht der einzig Betroffene. Viele Insassen bekamen kleine Vergünstigungen durch die Angestellten, die zuvor von deren Familien oder Freunden monetär honoriert worden waren. Die Wächter verdienten sich so etwas nebenbei.
Gefangene, die weniger Glück hatten, bekamen den Frust der Wachleute zu spüren. Ein gewisser Prozentsatz dieser Personen wurde in den Black Block verlegt, ein Gefängnis im Gefängnis. Die maximierte Sicherheit spielte dabei keine Rolle. IPPC-Anlagen waren absolut ausbruchsicher und die Koordinaten meist an abgelegenen Orten. Der Zweck der Black Blocks war, die marginalen Befugnisse der Insassen noch weiter zu reduzieren. Um rechtliche Komplikationen zu umgehen, existierten die Black Blocks nur in IPPC-Komplexen, die am Rand der VA lagen. Dort konnten die Kommandanten die Gesetzgebung flexibler auslegen als es im Solsystem von Beta Patria möglich gewesen wäre.
Auf Colonia Agricultura hatten das Expertenkollektiv einen wichtigen Schritt gemacht, um die Kontrolle über das System zurückzugewinnen. Als Avatare waren sie in einen geklonten Bereich des Hauptservers eingedrungen und hatten die KI in eine virtuelle Falle gelockt, wo sie nun deaktiviert festsaß. Nun galt es, sie und alle Malware aus dem Gefüge zu löschen. Den aktuellen Ergebnisstand hörte Mr. Carthy sehr erfreut und erleichtert. Der Verlust der Maxi-Plantage hätte für Prospect Enterprises ein die Existenz bedrohliches Ausmaß gehabt, denn das Unternehmen hatte inzwischen in die Infrastruktur auf Colonia Agricultura investiert und war nun Mitproduzent vieler Waren geworden, nicht nur Logistiker. Das zweite Geschäftsfeld, die Rüstungsprodukte, würde spätestens nach Ende der militärischen Auseinandersetzung mit dem Alpha Dominion signifikant schrumpfen. Umso relevanter waren die Investitionen auf CA.
Der CEO hoffte, dass die Kalamität der außer Kontrolle geratenen KI-Module bald der Vergangenheit angehörte. Auf Beta Patria hatte man bereits gravierende Erfolge mit dem Delete-Programm erzielt. Nach und nach fuhren Primär-Systeme hoch, anschließend nach und nach auch redundante Einheiten, und schließlich wurden Androiden aktiviert, und die Wirtschaft konnte wieder uneingeschränkt wirken. Eine leichte Rezession war trotzdem zu spüren, denn die Zukunft war alles andere als gewiss. Pessimisten hatten mit hochkomplexen Analyseprogrammen eine 64prozentige Wahrscheinlichkeit für einen Sieg des Alpha Dominion über die VA errechnet. Der Hohe Rat der Zentralregierung dementierte sofort, dass dies offizielle Zahlen seien. Im Gegenteil: Dieser Aktionismus der Opposition sei nach eigenen Experten widerlegt. Ein hoher Diplomat der Regierung wurde in den Medien zitiert: „Auch in einem offenen Meinungsaustausch können falsche Signale gesendet werden, die Teile der Bevölkerung verunsichert könnten.‟
Demonstrationen, die partiell in Gewalt umschlugen, waren in der Hauptstadt von Beta Patria an der Tagesordnung. Politiker sprachen mit Engelszungen auf die Menschen ein, doch zahlreiche Protestbewegungen bildeten sich, und Verschwörungstheorien breiteten sich so rasant wie ein extrem infektiöses Virus aus. Es bildeten sich Friedensgruppen und militante Zirkel. Ein Personenkreis glaubte an eine großangelegte Invasion des AD, die mit dem Hohen Rat der VA vereinbart war, um die Menschen zu unterjochen. Andere waren überzeugt, dass der Hohe Rat längst aus nicht humanoiden Wesen bestand. Wieder andere waren sich gewiss, dass der Krieg mit dem AD eine reine Erfindung der Regierung war, um strittige Gesetze, höhere Steuern und Not-Bestimmungen erlassen oder ändern zu können und die Wirtschaft zu dominieren.
Es war höchste Zeit geworden, dass die Hundertschaften von Android-Polizisten wieder eingesetzt werden konnten. Damit versuchte man zumindest die Plünderungen und Überfälle sowie den Vandalismus in den Städten zu minimieren. Auch DMEs waren wieder im zunächst phasenweisen, dann permanenten Einsatz - Drohnen für multiple Exekutivaufgaben. Sie dokumentierten Geschehnisse, konnten Audio-Anweisungen geben und durch ihren Impulser sogar Notwehrhilfe leisten sowie sich gegenüber unkooperativen Bürgern durchsetzen. Die smarten Geräte flogen sowohl mit ausklappbaren Rotatoren wie auch durch Schwenkdüsenantrieb. Sobald der Prozessor der DME eine mutmaßliche Gesetzesübertretung bemerkte, komunizierte er mit der DNA-Signatur der Person und identifizierte sie. Seit die fliegende Technik auf Beta Patria und Pax Novo eingesetzt wurde, waren die Verbrechensraten deutlich gesunken. Das galt auch für Ordnungswidrigkeiten, die zeitnah durch automatisierte Kontoreduktion geahndet wurden.
Es gab leider zwei Schwachpunkte in der DME-Technologie: Zum einen musste die Drohne den Täter auf frischer Tat ertappen; zum anderen gab es illegale DNA-Signatur-Schleier. Schwerkriminelle nutzten Nanopartikel, die eine gefälschte DNA vorgaben und die echte maskierten. In Untergrundlaboratorien wurden sie produziert und auf dem Schwarzmarkt verkauft. - Mr. Carthy sah gerade eine DME an seinem Bürofenster vorbeifliegen. Das Panoramaglas ermöglichte ihm einen atemberaubenden Blick über die Stadt mit ihren vielen Wohn- und Bürotürmen. Die Außenfassade des Habitats, in dem PE seit einiger Zeit seine Zentrale hatte, war verspiegelt. Die DME fokussierte die glatte Fläche und aktivierte die Infrarotcam - ein Upgrade, der nur in Verdachtsmomenten zulässig war. In der Realität sah es aber so aus, dass sie routinemäßig eingeschaltet war. Die DME flogen autonom, aber bei Bedarf konnte die Drohne manuell von der Basis der Planetenpolizei per Joystick navigiert werden. Algorithmen entschieden, ob eine Meldung über einen Sachverhalt gemacht wurde.
Der CEO kannte die Technik der DME ausführlich, denn Prospect Enterprises stellte das Standardmodell her. Das Herzstück, das autonome Prozessormodul, produzierte der Zulieferer Bionic Industries. Der Spezialist für Androidentechnologie und KI war nach seinem Desaster mit einem KI-Upgrade verstaatlicht worden. Der ehemalige Firmenchef Iceberg und einige hochrangige Manager des Unternehmens waren untergetaucht, andere Vorstandsmitglieder befanden sich inzwischen verurteilt in IPPC-Einrichtungen. Trotz transstellarer Fahndung hatte es keine weiteren Treffer gegeben. Manche Gesuchten wurden auf Atra Mundo oder sogar jenseits der VA vermutet. Die Medien spekulierten wild und schickten eigene Ermittler, aber ohne Erfolg. Für Mr. Carthy war nur entscheidend, dass der Zulieferer weiterhin produzierte, damit die DME gefertigt werden konnten. Noch in dieser Woche hatte die Regierung eine neue Bestellung von 45.000 Einheiten aufgegeben.
Aufgrund ihrer Monopolstellung brauchte Prospect Enterprises keine Ausschreibung abzuwarten und sich einem Bieterkampf zu stellen. Der CEO betrachtete stolz das kleine Modell auf seinem Arbeitstisch: einen Robomaster IV-048. Das Modell aus einem 3-D-Drucker war leicht wie Styropor, aber aus einem Spezialkunststoffgewebe moduliert worden. Im Original wog die Bot-Konstruktion 26 Tonnen und fuhr auf Panzerketten, verfügte über vier Arme und diverse Greifvorrichtungen, eine Hochleistungsbatterie und einen Führersitz für eine alternative manuelle Bedienung. Der Robomaster IV-048 war eine Erntemaschine für Großplantagen, die neueste Entwicklung von PE. Der Bot konnte ebenfalls Dünger, Herbizide und Nährlösungen ausbringen, Pflanzen verstümmeln, den Boden umgraben und Containermodule transportieren. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 60 km/h. Für diese Modellreihe der autonomen Arbeitsroboter würde PE demnächst den Innovationspreis der Industrie- und Wirtschaftsvereinigung von Beta Patria erhalten, ein wichtiges Vermarktungsinstrument. PE konnte VA-weit - oder darüber hinaus - expandieren und seine Vormachtstellung maximieren.
Schon jetzt galt Mr. Carthy als einer der mächtigsten Wirtschaftsbosse der VA. Die Konfrontation mit dem Alpha Dominion befeuerte diese Entwicklung. Er lehnte sich in seinem exklusiven Gelstuhl zurück und lächelte zufrieden. Dabei fiel ihm ein, dass man bei dem großen Ganzen nicht die kleinen Details übersehen durfte, die das Leben bereit hielt. Er erinnerte sich an die Piloten Animus und Violetta und deren Mission auf Atra Mundo. Er hatte schon länger keinen Kontakt mehr zu ihnen. Die Verbindungen zu Atra Mundo waren wegen des Generalembargos und der technisch veralteten Ausstattung und astronomischen Distanz schwierig. Interferenzen störten permanent, Verzögerungen waren obligatorisch und Ausfälle - sei es wegen zyklischer Reparaturen oder Anomalien im Raum - behinderten ebenfalls einen Direktkontakt. Mr. Carthy beauftragte sein Sekretariat damit, Animus zu erreichen. Hoffentlich lebte sein Pilot noch, dachte er. Atra Mundo war nicht gerade der sicherste Ort der Galaxie.
Derweil badete auf Regina eine Adelsdame in ihrem luxuriösen Pool. Lufttemperatur und -feuchtigkeit waren exakt auf ihre Vorlieben eingestellt. Auch der H2O-Wärmegrad war programmiert. Die Technik hätte ihr sogar noch Anpassungen in der Luftzusammensetzung ermöglicht. Außerdem - und das war eine geradezu spektakuläre technische Neuerung für Badeinrichtungen - wäre dank einer installierten Gravitationsabschirmung auch das Gewicht von Massen beliebig wählbar gewesen, aber das war der Lady zu viel Technikkram, wie sie es bezeichnete. Herum schwebendes Wasser und durch die Luft purzelnde Personen - nein, danke. Ihr war primär wichtig, dass zwei Munuswesen bei ihr waren und sie verwöhnten.
Bei der Rückeroberung von Regina war sie noch als Centuria auf einer Raumfregatte tätig gewesen, hatte an ihrem Brückenterminal gestanden und Befehle gebellt, aber nun hatte sie ihren Armeedienst quittiert und erfreute sich am Wohlstand des Reichs. Sie war nur noch Repräsentantin der Ehrengarde. - Die beiden Munuskreaturen, die sich frappierend ähnelten wie Zwillinge, waren nackt wie sie selbst und streichelten den zarten Leib ihrer Herrin. Für sie war es genauso erregend, die Munuskörper zu betrachten und anzufassen: die riesigen Brüste mit den daumengroßen Nippeln, die gigantischen Phalli und die überdimensionalen Testikel. geschmückt durch einen schweren Stahlring, auf dem ihr Name eingelasert war.
Als ihre Erregung stieg, griff sie am Rand des Beckens nach zwei Brustklemmen und steckte sie dem einen Munus an. Schmerzvoll verzog dieser sein Gesicht. Die Dame liebte es ungemein, wenn sie zu einem fulminanten Orgasmus gebracht wurde, während der Munus neben ihr Qualen litt. Oh, wie süß wirkte doch die Pein, die sie austeilte an ihre Sexsklaven. Sie aalte sich in der erotischen Stimulation, erfreute sich an dem Kribbeln in ihrer Weiblichkeit. Ihr gehörten insgesamt vier Munuswesen, zwei Custos als Wächter und zwölf Rusticusse, die für die reibungslosen Abläufe in ihrem Habitat zuständig waren. Nach dem Erwerb der Rusticusse hatte sie persönlich den Laser geführt, um ihre Gesäßbacken mit der ID-Nummer zu kennzeichnen, die üblich war für Rusticusse.
Selbstverständlich trugen sie Castitasschellen, um sich auf ihre Aufgaben konzentrieren zu können. Wer sich besonders auszeichnete, erhielt von ihr Bonuspunkte. Einmal im Monat wurden die Punkte verglichen. Der Rusticus, der am wenigsten gesammelt hatte, musste auf allen Vieren einen Spießrutenlauf zwischen den anderen ertragen, bei dem er zahlreiche Rutenhiebe auf seinen blanken Hintern erhielt. Dazu krabbelte er drei Mal zwischen den Gruppen entlang hin und her. Sie erinnerte sich noch an die Premiere. Beim ersten Mal hatten die Kameraden zu zaghaft zugeschlagen, und die Herrin hatte daraufhin sämtlichen Rusticussen 24 Schläge zugesprochen. Seit diesem Vorfall gab es ausnahmslos harte Treffer für den Unglücklichen.
Die Adelsdame legte sich auf die Gelliege, die knapp unterhalb der Wasseroberfläche positioniert war und ließ die Zunge eines Munus ihre Kunstfertigkeit beweisen. Schreiend kulminierte sie in einer Ekstase und seufzte wohlig. Sie ähnelte dank einiger kosmetischer Optimierungen eher einer 35jährigen Frau als ihren wahren 66. Doch trotzdem reizte sie der Gedanke, wieder in einem jungen, frischen und knackigen Leib zu stecken, wie er eine 20jährige besaß. Das war nur mit der neuen Transferierungstechnologie möglich, die aktuell in einem Hightechmedizinlabor auf Fortuna erforscht wurde. Der Preis war für die wohlhabende Lady nicht das Problem. Eher das fehlende organische Spendermaterial. Aber welche 20jährige Frau auf Regina würde freiwillig ihren Körper mit dem ihren tauschen wollen? Es sollte schon eine Lady sein. Sie wollte durch die Prozedur kein Munus werden. Davon gäbe es reichlich Exemplare. Die Besorgung eines weiblichen Spenderkorpus dagegen war schwierig. Dafür musste ein terrestrischer Humanoid aus der VA oder den Alten Planeten mit Mutter Erde, der Wiege der Menschheit, importiert werden. Da musste die reiche Dame sich wohl noch gedulden.
Sie sinnierte, während die zwei Munuswesen sie streichelten und sanft massierten. Gab es vielleicht irgendwelche dunklen Kanäle, um doch an eine äquivalente hübsche 20jährige Frau zu gelangen? Da würde sich doch bestimmt ein adäquater Händler finden, wenn genug Dilithium floss. Die Herrin reckte sich, stand auf und verließ das Bad. Hinter ihr starrten die beiden Haremsbewohner ihr hinterher. Deren Männlichkeit pulsierte. Die großen Castitasschellen, die sie trugen, waren grausam. Doch verschwendete ihre Besitzerin keinen Gedanken daran, ihren Sexsklaven eine Erlösung zu gönnen. Es gab andere Prioritäten, mit denen sie sich beschäftigen wollte.
Sie streifte sich eine hauchdünne und sündhaft teure Toga über, die sich an ihren Leib schmiegte, und winkte einem Rusticus in weißem Livree. Ihr stand der Sinn nach einer kleinen Delikatesse und einem Drink. Ein auf die üblichen vier Grad Celsius temperierter „Augusta‟, einem Cocktail aus einem sehr hohen und schmalen Glas. Die Mixtur aus synthetischen Früchten, Alkohol und diversen chemisch modulierten Wirkstoffen war hellblau und prickelte auf der Zunge. Die Lady fühlte sich geradezu euphorisch. Wollte sie überhaupt einen neuen Körper? Ein dezentes Glockenspiel unterbrach sie in ihren Gedanken: ein Hinweis auf dringliche Nachrichten. Mit einer Wischgeste startete sie einen Holobildschirm, auf dem eine Raumflotte zu sehen war. Eine hochdekorierte Praefecta erschien in einem duplizierten Fenster, das im Vordergrund das obere rechte Viertel der Screendarstellung ausfüllte. Dutzende Orden bedeckten ihre Brust. „...erklären wir, dass das Alpha Dominion sich nicht mehr an den Waffenstillstand gebunden fühlt, da die feindlichen Kräfte die Vereinbarung gebrochen haben...‟ Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:03.02.21 21:36 IP: gespeichert
|
|
Aktualisiertes GLOSSAR
Augusta Regina: Herrscherin des Planeten Regina, abtrünnige Kolonie der Vereinten Allianz (auch: Vereinigte Allianz). Nach ihrem Exil im Alpha Dominion einem Attentat zum Opfer gefallen. Nachfolgerin: Aranea Regina II.
Dienstgrade: Audiutrix, Ductrix, Centuria, Veterana, Praetoria, Praefecta.
Indagatrix: Wissenschaftlerin
Pugnator: früherer Soldat
Alpha Dominion: Bündnis diverser Welten und Lebensformen, einige nicht Humanoid.
Planeten im AD:
Frigidus: kalter Planet an der Sektorgrenze, m. militärischen Einrichtungen
Naturalis Sidus: großteils tropischer Planet (Exil für Augusta Regina und der Edeldamen der Adelskaste)
Vereinigte Allianz: Bündnis diverser Welten und Lebensformen (128 Milliarden Humanoiden)
Regina: abtrünnige Kolonie der VA mit wechselnden Machthabern, inzwischen durch das AD besetzt.
Fortuna: Mond von Regina
Planeten der VA:
Atra Mundo: Planet und No-go-Area am Rande der VA . 7 Megacitys (u. a. Urbs Novum). Hauptstadt: Atra-City. Kriminelle Organisationen teilen sich die Herrschaft. Quasi-Sklavenhaltung wird praktiziert. Keine Androidentechnologie. Abgeschnitten durch Embargo.
Beta Patria: liegt im Sol-System X94021-115-BP und beherbergt den Hohen Rat der VA
Colonia Agricultura: Planet mit Landwirtschaft (Nahrungserzeugung) und „Kornkammer‟ der VA
Litus Mundus: Vergnügungs- u. Urlaubsplanet (temporär als Militärbasis genutzt)
Mare Mutus: Planet in der Nähe des Regina-Systems
Pax Novo: wirtschaftlich starke Welt (233 Mio Bevölkerung); Hauptstadt: Pax-City (14 Mio), liegt im Sol-System von Beta Patria
Neuromodifizierte Humanoide unter Augusta Regina:
Custos (Muskelmutanten mit Haifischzähnen; Haremswächter)
Cyborgs (Androiden m. fremdgesteuertem Bewusstsein männlicher Adelspersonen)
Munus (Zwitter m. überdimensionierten Genitalien; Sexdiener)
Rusticus (Arbeiter)
andere Lebensformen:
Alba Simia: Hybridform aus Affe u. Mensch. AD. Weiße Haare. Schöngeister. Halten sich Sklaven wie die Placidus (aus ihrem Nachbarsystem). Spielen 3-D-Schach.
Amphibienwesen: abgeschottete Kultur, grünliche Warzenhaut. Können mind. 20 Min. unter Wasser bleiben. 50 cm lange Zunge. Nickhaut über Augen. Heimatwelt hat 0,3 g.
Corium Bestia: stark behaart, muskulös mit ledriger Haut, zwei Meter groß, circa 150 kg Gewicht, IQ 60, humanoide Lebensform, Heimatplanet Nulla Varietas (außerhalb der VA). Gesellschaftsform: Diktatur in Kooperation mit anderen Völkern, Technologie wird importiert. In der VA existieren einige Siedlungen der Corium Bestia, die dort als Leiharbeiter beschäftigt sind.
Placidus: friedliebende Humanoide (1,30 m groß, stark behaart) werden im AD gerne als Sklaven gehalten.
Scarabaeus: insektoid-humanoide Spezies des AD (Kaiserreich). Exotrope Augen, Schuppenhaut, 2 m groß, aggressiv. Offiziersrang: Kaiserlicher Diener. Untergeordnet: Kaiserlich Geführter.
Wurmskorpione: Wurm im Wirtskörper eines skorpionartigen Lebewesens. Klickender und zischender Akzent.
Konzerne, Vereinigungen:
Bionic Industries (größter Androidproduzent in VA, auf Pax Novo), grünes Logo; Sitz: Pax Novo. (inzwischen verstaatlicht)
HSU (Habitat Security Unit): Wachdienst der Wohnhabite auf Atra Mundo
IPPC (Interplanetary Private Prison Corporation): private Gefängniskette, gelbes Logo. Diverse Standorte.
Noxius-Bruderschaft: kriminelle Verbindung auf Atra Mundo
Prospect Enterprises: Erzverarbeitungsbetrieb. Sitz: Regina (inzwischen aufgegeben und nach Beta Patria umgesiedelt); aktuelle Geschäftsfelder: Rüstung für die VA sowie Logistik und Teilproduktion von Nahrungsmitteln.
Securitas Tracing Corp.: Organisation zur Festnahme von rebellierenden Munuswesen und Edelfräuleins auf Regina. (Nach der Besetzung durch das AD aufgelöst)
Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:07.02.21 17:44 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXVI ~
Artus Iceberg hatte unruhig genächtigt. Zum einen war der Schlafsaal laut und schlecht belüftet, zum anderen hatte er darüber gegrübelt, wie er schnellstmöglich aus diesem Arbeitslager wieder verschwinden konnte. Übermüdet sprach er am nächsten Tag den Vorarbeiter an, aber der blaffte nur, er solle sein Tagessoll erfüllen. Vorher waren Anfragen unerwünscht. - In der Fabrik strengte sich Iceberg dieses Mal maximal an, um wenigstens das Minimalziel zu erreichen. Er hatte überall Druckstellen an den Händen von den kantigen und drahtigen Einzelteilen, aber er verdrängte das.
Abends erhielt er wie die anderen eine Portion Nahrungspaste und Wasser. Objektiv betrachtet schmeckte das Zeug vermutlich ekelhaft, aber Iceberg saugte es sich genüsslich in den Mund. Endlich konnte er zumindest ein wenig seinen Hunger stillen. Bevor es wieder zum Schlafsaal ging, war es ihm möglich, einen Vorarbeiter ansprechen. „Es ist wirklich wichtig. Ich muss mit dem technischen Leiter der Fabrik reden.‟ Der Vorabeiter lachte rau. „Ach? Warum nicht gleich mit dem Capo? Oder doch eine Audienz beim Gottvater?‟ Er wollte den Bittsteller schon mit einem rüden Stoß wieder wegschicken, da sagte Iceberg: „Ich kann die Leistung der Fabrik mindestens um den Faktor Zwei progressieren. Ohne Zusatzkosten. Ich meine es ernst.‟ Der Mann sah misstrauisch drein, aber einen Augenblick dachte er nach. „Also gut. Aber wenn das nicht stimmt, werfe ich dich zu den Kriechern.‟ Iceberg hatte keine Ahnung, was die „Kriecher‟ waren und wollte es auch gar nicht herausfinden, sondern nickte bestimmt.
Der Vorarbeiter packte ihn an dem Overall und schob ihn dann vor sich her, durch eine Tür einen Flur entlang, an dem einige Server und Terminals standen, zu einer weiteren Tür. Er berührte kurz ein Touchpad. Eine ungeduldige Stimme ertönte aus dem Lautsprecher: „Was?‟ Der Vorarbeiter erklärte kurz sein Ansinnen. Die Tür öffnete sich elektrisch. Ein Mann saß hinter einem Desk und winkte Iceberg hinein. Als der Vorarbeiter ebenfalls hereinkam, stoppte der Mann ihn mit einer unwirschen Geste. Er trat zurück, und die zugleitende Tür sperrte ihn aus. Als Iceberg anfangen wollte zu sprechen, unterbrach ihn erneut ein robuster Wink des Mannes. Er betrachtete den Besucher von oben bis unten. „Wer bist du? Wo kommst du her?‟ Iceberg berichtete ihm seinen Werdegang, ohne seine exakte Identität zu verraten. Aber er betonte seine Qualifikation und versprach die Programmierung der Fabrikationsgeräte zu optimieren.
„Ich könnte Ihnen das mit einer Simulationspräsentation demonstrieren. Dazu müsste ich kurz Zugriff auf das zentrale Kom-System haben.‟ Die Augen des Mannes verengten sich. Dann stand er ruckartig auf und signalisierte ihm, zu ihm zu kommen. Iceberg schritt um den Desk herum und rief ein allgemein öffentlich zugängliches Standardprogramm auf. Damit zeigte er, wie er die Maschinen effizienter arbeiten lassen konnte. Der Mann staunte und musste zugeben, dass der Arbeiter recht hatte. „Wo hast du das gelernt?‟ Iceberg zuckte mit den Schultern. „Wie erwähnt, ich war bei einem großen Androidenproduzenten tätig.‟ Der Mann räusperte sich. „Wie schnell könntest du das Programm schreiben?‟ Iceberg lächelte. „Wenn ich Helfer bekomme, die einige Codezeilen eintippen, kann es in drei Tagen fertig sein. Dazu muss ich autorisiert für alle Adminzugriffsrechte sein.‟
Sein Gegenüber nickte bedächtig. „Und was willst du dafür?‟ Iceberg zeigte auf den Screen. „Ein anderes Tätigkeitsfeld, das mir mehr liegt.‟ Der Mann stimmte zu. Iceberg spitzte die Lippen. „Da wäre noch eine Kleinigkeit.‟ Eine kurze stille Pause folgte. „Ich trage momentan noch ein Problem mit mir herum. Sicherlich könnten Sie es für mich beseitigen.‟ Er sah an sich hinab in seinen Schritt. Der Mann starrte auf die gleiche Stelle und runzelte die Stirn. War es das, woran er gerade dachte?
Animus und Violetta gefiel es in dem Restaurant ganz gut. Auch das bestellte Essen, das ein automatischer Rollwagen gebracht hatte, war mehr als akzeptabel. Nur die in regelmäßigen Abständen eingeblendete Werbung für allerlei Etablissements und Produkte, die auf der Tischplatte aufleuchteten, nervten auf Dauer. Der Pilot sah zu seinem vibrierenden Handgelenks-Com. „Jemand versucht mich zu kontaktieren. Aber die Verbindung ist zu schlecht. Die Interferenzen machen es illusorisch. Anhand der Metadaten...‟ Er tippte etwas ein. „Ja, habe ich mir schon gedacht. Mr. Carthy. Wahrscheinlich will er sich nach uns erkundigen.‟
Violetta dachte laut. „Die Kom-Systeme auf Atra Mundo sind veraltet. Wir müssen einen stärkeren Satelliten ansteuern. Keine Ahnung, ob das möglich ist.‟ Animus zuckte mit den Schultern. „Selbst wenn... Zu einem Terminal für die passende Relaisstation werden wir keinen Zugang haben.‟ Violetta lächelte verschmitzt. „Ich dachte, mit ein paar Kredits ist hier alles zu haben.‟ Der Pilot nickte. „Prinzipiell schon. Fragt sich nur, wie teuer es wäre. Carthy muss sich noch eine Weile gedulden.‟ - Als sie das Lokal verlassen hatten, begann ein leichter Regen. Besorgt sah Animus in den grauen Himmel. „Der Niederschlag ist mit Sicherheit mit Schadstoffen belastet und sauer. Lass uns irgendwo Unterschlupf finden.‟
Sie liefen die Fahrbahn entlang zu einem Vordach einer Halle. Jetzt schwebten neben dem Regen auch noch schwarze Partikel hinab. Violettas Scanner konnte die Zusammensetzung nicht identifizieren. „Merkwürdig. Die Messdaten sind undefiniert. Das scheinen synthetische Elemente zu sein. Hoffentlich überleben wir das hier.‟ Animus fragte sich auch, ob die unbekannten Substanzen toxisch waren; aber was blieb ihnen für eine Wahl? „Vielleicht ist der Fallout gleich wieder vorbei, dann können wir weiter.‟ - Sie sahen eine dunkle Gestalt auf sie zukommen, die zuvor auf einem Gelände herumgelungert hatte, auf dem erodierte Schrottteile eines Raumdocks entsorgt worden waren. Der Niederschlag schien der Person nichts auszumachen. Sie trug zwar einen Kapuzenmantel aus abweisendem Material, aber die Partikel hefteten sich an Hände und ins Gesicht.
Aus der Nähe war ein Mann mittleren Alters zu erkennen. Mit heiserer Stimme bot er „Sweeties‟ an, das hiesige Synonym für Drogen aller Art. Animus winkte ab. Violetta konnte einen kurzen Blick unter die tief ins Gesicht gezogene Kapuze werfen. Die Haut wirkte künstlich. Vielleicht trug der Mann ein Masken-Implantat. Intelligente Androiden gab es auf Atra Mundo nicht, also musste es ein Humanoid sein. - Als sie an ihm vorbei waren, bemerkten sie am Horizont über dem Dach einer alten Halle, wie ein startender Orbittransporter blitzend startete. An Bord waren Hybridwesen aus einem entfernten System jenseits der Vereinigten Allianz. Sie hatten eine Ladung Leiharbeiter von Nulla Varietas gebracht, die auf Atra Mundo arbeiten wollten. Unter erbärmlichen Bedingungen und für einen überteuerten Preis hatten die Corium Bestia für den Transit bei den windigen Raumfahrern bezahlt. Ihre extreme physische Kraft stand leider ihren eingeschränkten mentalen Fähigkeiten gegenüber, so dass sie leichte Opfer waren.
Der Kapitän des Schiffes Viator freute sich über die profitable Tour und wollte gleich erneut nach Nulla Varietas reisen, um die nächste Fracht aufzunehmen. Eine Stunde später erreichten sie die Andockklammern ihres transstellares Schiffes und gingen an Bord. Der kleine Orbiter heftete sich an den Bauch des Mutterschiffs in seiner Parkposition. Kurz darauf begann die Startsequenz der großen Triebwerke und die Reise zu ihrer Destination sollte beginnen. Doch sehr weit kamen sie nicht. Kaum hatten sie das Solsystem von Atra Mundo hinter sich gelassen, aktivierte das Bordsystem den Alarm: Scanner hatten eine Anomalie im Raum entdeckt, auf die sie zusteuerten. Noch bevor sie einen Alternativkurs navigieren konnten, gab es einen kritischen Energieausfall auf dem gesamten Frachter. Die Alarmsirenen heulten, eine Notbeleuchtung tauchte das Innere des Schiffes rot, und die Brückenbesatzung tippte hektisch auf ihren Terminals herum.
Von außen betrachtet spielte sich alles in einer Art Zeitlupe ab, die die Viator bald komplett zum Stillstand brachte. Auch für die Crew lief die Zeit langsamer ab, bis sie wie bei einer unendlichen Zeitdilatation zur vollständigen Inaktivität kam. - Auf Atra Mundo hatte noch kein Langstreckenteleskop etwas bemerkt, da das Phänomen für optische Beobachtung unsichtbar blieb. Animus und Violetta mussten noch neun Stunden totschlagen, bis sie eine Chance auf ein Treffen mit Mortimer hatten. Die Straßen wirkten verlassen und waren dreckig. Geschäfte gab es kaum, wenn man von Erotiketablissements und Bars absah. Wo kauften die Leute ihre Kleidung? Geräte? Wo waren Ärzte? Apotheken? Einzelhandel, Gemischtwarenläden, Nahrungsmittelshops und vieles mehr? Viele Immobilien schienen leer zu stehen.
Nur in den Wohnhabitaten der Privilegierten in Atra City und in einer ausgewählten Gegend von Urbs Novum gab es reichlich davon. In den Außenbezirken, in den Industriegebieten und den Slums herrschte daran gähnende Leere. Wie versorgten sich die Menschen dort? Diese Fragen stellten sich Animus und Violetta, als sie eine einsame Gasse entlang liefen, die von aufgegebenen und großteils zerstörten Räumlichkeiten gesäumt wurde. Fenster waren eingeworfen, Türen aufgebrochen, Wände beschmiert. Kaputte Kisten lagen umher und zerfetzte Plastikplanen bewegten sich träge im Wind. Eine desolate Erscheinung. Einzutreten war nicht ratsam, denn schon von außen sahen sie die chaotisch auf dem Boden verteilten und unisolierten Kabel, die zum Teil noch unter Strom stehen konnten.
Nach hundert Metern fand sich ein Pfandleiher. Daneben gab es eine Wettstube mit schweren Gittern vor Tür und Fenstern. Ein Schild warnte vor der armierten Defensivtechnik. Sie gingen weiter und bogen links ab, um sich nicht zu weit von ihrem Zielort zu entfernen. Da tauchte vor ihnen eine Schlange Menschen auf. Die armen Gestalten reihten sich hintereinander, ungefähr 50 bis 60 Personen. Alle hatten sie Plastikkanister dabei. Viele trugen Arbeitsorveralls, andere waren in Lumpen gekleidet. Links und rechts wurde die Reihe von einem Metallzaun flankiert. So konnte sich niemand vordrängeln. Animus und Violetta gingen links an dem Drahtgeflecht vorbei und näherten sich dem Anfang der Menge. Wofür standen sie wohl hier so geduldig an?
Dann erkannten sie die Ursache: Zwei zivil gekleidete Männer, die offenbar über eine große Autorität verfügten, ließen nur Einzelne durch die Tür des Zauntunnels passieren. Sie scannten das rechte Handgelenk eines Mannes mit spärlichem Haar. Er wurde durchgewunken und öffnete seinen Kanister an einem Hahn. Er füllte zehn Liter Wasser ab, dann wurde er weggeschickt, und der Nächste trat vor. Es kam zu einem kurzen Wortgefecht. Animus hörte etwas von „Wasserguthaben erschöpft‟. Der Betroffene wurde grob zur Seite geschoben. Als er widersprechen wollte, dass das gar nicht sein könnte, zückte der zweite Mann einen Elektrostab und versetzte ihm damit einen Impuls, der ihn auf den Boden schickte. Bevor er einen zweiten Stromschlag erdulden musste, rappelte sich der Bittsteller auf und hinkte hastig davon.
Animus prallte beinahe mit ihm zusammen. „Hey! Vorsicht! Was ist denn da los?‟ Der Mann räusperte sich. Er lispelte beim Sprechen. „Wasserausgabe. Angeblich bekomme ich nichts mehr. Das kann aber nicht stimmen. Diese Schweine! Die behalten einige Liter ein, um sie dann auf eigene Rechnung zu verticken.‟ Animus wollte mehr wissen, aber der Mann eilte schon davon. Über seine hagere Schulter rief er: „Muss mich beeilen. Am Mercatus-Platz werden Nahrungsreste verladen. Die werfen schon mal ein paar Portionen in die Menge. Und dann muss ich auch schnell wieder zur Schicht, sonst vaporisiert mich mein Boss.‟ Was er genau damit meinte, konnte Animus nicht mehr erfahren, denn der Typ war schon um die Ecke einer alten Betonmauer verschwunden, aus der bizarre Stahldrähte hervorlugten.
Violetta schüttelte den Kopf. „Der Wohlstand ist hier auch nicht größer als in Atra City.‟ Animus schnaubte. „Nicht, wenn man kein Privilegierter ist oder der Noxiusbruderschaft angehört.‟ Sie wollten schon weiter gehen, als Violetta wie vom Blitz getroffen stehenblieb. Der Pilot sah sie fragend an. Seine Gefährtin hob den Zeigefinger und führte ihn in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Wir müssen zurück. Zu dieser... Wasserstelle.‟ Animus wirkte verwirrt. Violetta packte ihn am Kragen. „Mensch! Wir müssen gar nicht bis Mitternacht warten. Der eine Typ da, das war... Mortimer!‟ Violetta versicherte sich, dass das FNS griffbereit war. Animus lief ihr hinterher und hielt sie auf. „Warte! Nicht so voreilig. Wenn wir den Kerl jetzt schnappen, haben wir nicht nur seinen Kompagnon, sondern die ganze Meute am Hals. Die wollen schließlich alle ihr Wasser.‟ Violetta stöhnte. „Hast recht. Lass uns hier hinter der Mauer warten, bis die Ausgabe beendet ist.‟ Das konnte allerdings noch eine Weile dauern, denn die Schlange der Wartenden hatte sich noch verlängert.
Acht Minuten später kam ein fünf Meter langes Fahrzeug mit Vollgummireifen und verdunkelten Scheiben und hielt an der Örtlichkeit. Auf dem Dach war eine Art Energiezelle montiert. Zwei Männer, gut gekleidet, stiegen aus und öffneten den Kofferraum am Heck. Von dort zogen sie einen Schlauch hervor und wickelten ihn bis zur H2O-Leitung ab. Sie erhielten unverzüglich Wasser. Schätzungsweise mehrere Hektoliter tankten sie, und Mortimer nahm ganz ungeniert und offen einen Stick entgegen. Vermutlich enthielt er eine Bestechungssumme. Danach fuhren sie wieder weg. Gehörten die Typen zur Noxiusbruderschaft?
Die Verteilung setzte sich fort bis Mortimer ein bestimmtes Handzeichen gab und laut der restlichen Schlange zurief, dass es heute kein Wasser mehr gebe. Die Menschen grummelten, einige riefen empört, andere jammerten laut. Aber die Zauntür blieb zu. Mortimer und sein Kamerad brachten ein Magnetschloss an und gingen zu einem Hover-Zweisitzer. Animus und Violetta waren elektrisiert. Jetzt musste es schnell gehen, sonst würde ihnen die Zielperson entwischen.
Die militärische Auseinandersetzung zwischen der Vereinigten Allianz und dem Alpha Dominion war wieder aufgeflammt und doch wenige Tage danach wieder abgekühlt. Der einzige Grund, warum es nicht zur absoluten Eskalation kam, war eine Anomalie im Raum, die die beiden verfeindeten Parteien trennte. Sie hatte sich blitzartig und völlig unerwartet im Raum gebildet. Experten hatten sie zunächst für eine Gravitationsströmung gehalten, aber inzwischen war ein Stasisfeld nachgewiesen worden. Wer da hineinflog, wurde immer langsamer und blieb schließlich ganz stehen, zeitlich konträr zu einem Schwarzen Loch, nur dass man in diesem Stasisfeld nicht komprimiert und immer schneller hineingezogen wurde. Ein Objekt blieb stecken wie eine Fliege in einer Honigwand. Eine Rückkehr war nicht möglich.
Beide Regierungen rätselten über die Entstehung der Anomalie und unüberwindbaren Grenze. Niemand konnte wissen, ob das Phänomen temporär oder permanent existierte. Besonders beängstigend war die Tatsache, dass das divergente Ereignis den Raum der VA und des AD ähnlich zweier Blasen umschloss. Sie waren somit voneinander, aber auch vom restlichen All ausgesperrt. Keine militärische Abriegelung wäre so absolut wie dieses astronomische Phänomen. Konkret hatte das zwar momentan bis auf den Sternenkrieg keine Auswirkungen, denn alleine die VA hatte mit seinen 128 Milliarden Humanoiden nur einen Bruchteil der bewohnbaren Planeten innerhalb der Blase besiedelt. Mit Terraforming waren weitere Welten bevölkerbar. Eine Expansion in größerem Ausmaße war nicht vorgesehen und nicht notwendig. Aber transstellare Reisen waren nur noch eingeschränkt möglich. Atra Mundo beispielsweise lag in der Nähe der Außenhaut der Anomalie, aber noch innerhalb der Blase.
Sämtliche nachrichtendienstliche Spionageaktivitäten der beiden Parteien brachen ihre Kontakte ab und deaktivierten sich. In dem Stasisfeld blieb jede Funkverbindung kleben. Der Hohe Rat auf Beta Patria hatte die Information über die Anomalie öffentlich gemacht. Forschungsteams versuchten, ihr auf den Grund zu gehen. - Die Führung des Alpha Domion hatte den Angriff abgebrochen, nachdem mehrere Kreuzer in das Stasisfeld hineingeraten und steckengeblieben waren wie eingefrorene Gegenstände in einem gewaltigen Eisklotz. Sie waren regelrecht absorbiert worden, aber immer noch sichtbar.
Aranea Regina II. wütete. Die anderen Mitglieder des Rates beschimpften sich gegenseitig für ihre Inkompetenz. Man vermutete die Ursache für die Anomalie in einer neuen Defensivtechnologie der VA. Tzrut, Kaiserlicher Diener der Scarabaeus, stimmte für einen Sturmangriff auf die Stasiswand. Mit den stärksten Blastern und Boostern seiner Kampfschiffe würde er sich durch diese Blockade bohren. Zark, ebenfalls Kaiserlicher Diener, stimmte voller Inbrunst zu und schlug mit seiner hornigen Faust auf den Tisch. Doch Altitudo, ein weißhaariger Alba Simia, lachte nur abfällig. „Immer mit dem Kopf durch die Wand. Vielleicht sprengt Eure Feuerkraft ja jede Hüllenpanzerung, aber das Stasisfeld wird Euch auslachen!‟ Wie ich Euch ebenfalls, Ihr Käfer!, wollte er beinahe verbal ergänzen, beließ es aber dabei, es zu denken und hob stattdessen nur arrogant seine Augenbrauen in die Höhe. Sollten die hirnlosen Insektoiden doch ihr Sperrfeuer auf das Stasisfeld richten, bis alle ihre Energiezellen ausgedörrt waren wie eine Solitudofrucht aus den Steinebenen auf Frigidus.
Als sich die Herrschaften beruhigt hatten, schlug Aranea vor, ein Expeditionsschiff in die Nähe der Blasenhaut zu schicken, um sie zu erforschen und einen Weg hindurch zu finden. Als neue Praefecta des gesamten Planeten Regina hatte ihr Wort im Hohen Rat des AD einiges Gewicht. Nach einem kurzen Votum beschlossen sie, dem Vorschlag stattzugeben. Zark und Tzrut waren zumindest nicht so dumm, persönlich die Nähe zu der Anomalie zu suchen. Sie planten, Pioniere mit ihrem Forschungsschiff nur virtuell zu begleiten. An Bord sollten multifunktionale Androiden und ein paar Placidusexemplare sein.
Zwar übernahmen die Scarabaeus die taktische und logistische Leitung der Expedition, doch bestanden der Wurmskorpion und auch der Vertreter der Amphibienwesen darauf, bei der Operation direkt in der Führungsbasis anwesend zu sein. Miesgrämig hatte Tzrut zugestimmt und sich selbstgefällig von der Amphibienkreatur abgewandt, die ständig feinen Wassernebel über sein Exoskelett und die warzige Haut sprühte. Tzrut wünschte sich, er könnte die integrierte Sprinklerautomatik deaktivieren. Dann wäre die hässliche Derma dieses Wichtigtuers innerhalb weniger Minuten ausgetrocknet.
Der Alba Simia Altitudo hielt sich aus der Erforschung der Stasiswand heraus. Sollten sich die Scarabaeus ihre dicken Stummelfinger verbrennen. Er würde die Zeit nutzen, um für möglichst viele Alba Simia bedeutende Positionen in den eroberten Welten zu sichern, während die Käfer anderweitig beschäftigt waren. Strategie, programmatisches Kalkül, Raffinesse - das waren die Stärken seines Volkes. Sie verachteten die Scarabaeus ebenso wie alle anderen Rassen, egal ob Humanoid oder nicht. Aber im Krieg war der Feind deines Feindes dein Freund.
Um einen Eisplaneten in einem abgelegenen Teil der VA kreiste eine IPPC-Station. Gravis hatte die Kommandantin gefragt, was es mit dem Black Block auf sich hatte, aber Sherry meinte nur, dass ihn das nichts angehe. Umso neugieriger wurde der Muskelkoloss, durfte aber bei seinen Nachforschungen nicht auffallen. Der BB-Sektor war streng abgeschirmt. Er kam nur mit einer Autorisierung durch das Panzerschott. Manchmal, wenn Sherry in der Anlage unterwegs war, hatte Gravis Zugang zu ihrem Büro. Doch ohne detailliertes Wissen war er nicht in der Lage, einen Sicherheitscode zu finden oder einen digitalen Key für den Black Block zu generieren. Dazu fehlte ihm einfach das Knowhow.
Es war frustrierend. Er stand vor ihrem Terminaldesk und konnte nichts tun. Schon beim Aktivieren des Screens über der Konsole scheiterte er an einer primitiven Passworteingabe. Gravis seufzte tief. - Die Kommandantin war zum Shuttledock der Anlage geeilt, denn dort kam eine Fähre mit 30 neuen Insassen an. Der kleine Gefangenentransporter gehörte zu einem Prisonship der IPPC. Insgesamt würde die Anlage 180 neue Häftlinge bekommen. Aus Sicherheitsgründen waren die Ankömmlinge in 30er-Gruppen unterteilt. Insgesamt sechs Flüge vom Mutterschiff zum Komplex dauerten circa vier Stunden. Die Kommandantin war mit Formalitäten beschäftigt. Gravis ärgerte sich über die vertane Chance. Vielleicht war er in seinem früheren Leben ein Computerexperte gewesen. Er grunzte. Seine Muskeln ließen eher erscheinen, dass er als Custos ein Diener im Regime der Regina war.
Aber warum tauchten in seinen Erinnerungen dann Szenen einer anderen Kultur auf? Und wie war er in die Vereinigte Allianz gekommen, wenn er von Regina stammte? Er hatte Sherry auch dazu gefragt und nur die unbefriedigende Antwort erhalten, dass seine Akte geschwärzt worden sei. - Für einen Sekundenbruchteil sah er das Bild von mehreren Frauen vor sich, die in merkwürdigen Roben an einem hohen Tisch saßen wie bei einem Tribunal. Er war dort gewesen. War das das Gericht, das ihn verurteilt hatte? Nein, es musste viel länger her sein. Und da waren noch andere junge Männer wie er. Doch schon war die Erinnerung wieder verschwunden wie ein gelöschter Datensatz.
Dann setzte sich Gravis wieder auf den imposanten Sessel der Kommandantin und überlegte, welches Passwort sie wohl nutzte. Er starrte auf den Bildschirm, auf dem sich das gelbe Logo des Gefängnis-Unternehmens langsam um seine vertikale Achse drehte. Er gab „Gravis‟ ein. Die Workstation antwortete: „Access denied‟. Sherrys Namen hatte er schon in allen Varianten ausprobiert, auch Kombinationen mit IPPC und ihrem Nachnamen Jameson - alles Fehlanzeige.
Er sah sich um Raum um. Ihr Büro war minimalistisch, beinahe steril eingerichtet. Nur ein Medi-Kit der Standardklasse hing an der Wand. Es gab keinerlei individuelle Utensilien. Doch! Da stand auf dem Sideboard eine Tasse. Warum war ihm die bisher nicht aufgefallen? Auf dem weißen Trinkgefäß war eine animierte 3-D-Grafik angebracht. Sie stellte eine pilzförmige Wohnhabitatplattform dar, umgeben von sich sanft bewegenden Wellen. Ein sogenanntes Marinarium. Gravis nahm sie in seine Pranke und drehte sie. Auf der Rückseite erschien eine Laufschrift: „Ad Memorium - dein Bruderherz Simon‟. Hatte Sherry dort gewohnt? Auf welchem Planeten das Meer wohl war? Er stellte die Thermo-Tasse wieder weg und rückte sie exakt auf ihren Platz. Gravis versuchte das Passwort „Simon‟. Leider eine Niete.
Vor lauter Verzweiflung versuchte er „Passwort123‟ und diverse andere Verdächtige. Aber nichts wollte passen. Dann gab er zig Kombinationen aus der Bezeichnung des IPPC-Komplexes G-0914/17 und IPPC ein, aber nichts wollte stimmen. Wie hieß der Eisplanet, in dessen Orbit sich die Station befand? Keine Ahnung... Ach, das würde auch nichts bringen, ächzte der Custos vor sich hin. Ohne Hoffnung gab er „cherry‟ ein. Ein neuer Bildschirm leuchtete auf. Gravis war hellwach. Er hatte das Passwort gefunden! So einfach?! Wahrscheinlich hatte er sie sogar darauf gebracht, als er gefragt hatte, wie sich ihr Vorname schrieb. Sherry- cherry. So einfach konnte es manchmal sein.
Gravis tippte sich konzentriert durch die Ordnerstruktur in den Programmen. Eine Sektion nannte sich Black Block Entry, benötigte aber einen biometrischen Scan zur Verifizierung der Zugriffserlaubnis. Der Koloss suchte weiter und fand die Akten der einzelnen Häftlinge. Sie konnten sowohl nach Zellennummer wie auch nach Namen sortiert werden. Dazu gehörten Informationen über Alter, Nationalität, Straftat, Strafmaß und zahlreiche biometrische Daten einschließlich der DNA. Ein Kürzel ergänzte, ob der Gefangene SI (Standard-Insasse) oder BB (Black Block-Insasse) war. Gravis suchte seinen eigenen Datensatz: lebenslänglich wegen terroristischer Umtriebe auf Beta Patria. Ja, das hatte man ihm berichtet, aber er hatte keinerlei Erinnerung daran. Seine Hoffnung, weitere Details zu dem Strafprozess zu finden, blieben unerfüllt.
Er klickte das Programm weg und fand ein Icon mit einem Okular-Piktogramm. Er öffnete und sah in Realtime eine Überwachungscam, die den Hangar zeigte, in dem die Neuankömmlinge gerade aus dem Shuttle geführt wurden. IPPC-Wächter mit Impulswaffen ließen die Gefangenen hintereinander in den Komplex marschieren. Die 30 Männer trugen orangefarbene Overalls mit einem großen gelben IPPC-Logo auf Brust und Rücken. Die Hände steckten in dicken Kunstfaserschellen, die an ihrem Gürtel fixiert waren, die nackten Füße waren an kurzen Ketten miteinander verbunden, so dass sie nur kleine Schritte machen konnten. An ihren Hälsen war ein Metallband angebracht. Daran leuchtete ein kleines Lämpchen grün. Gravis erkannte am Rand des Geschehens auch Sherry, wie sie mit einem Uniformierten sprach, der aus dem Shuttle gekommen war. Der Mann trug, wie die Wächter auch, schwarze Hose, schwarze Militärstiefel, weißes Hemd und darüber die schwarze Uniformjacke mit dem IPPC.Logo. Nur an seinen Schulterabzeichen war zu erkennen, dass er eine führende Position innehatte.
Gravis schaltete auf die Anfangsseite des Programms und entdeckte viele kleine Icons. Jedes stand für eine Kamera im Komplex. Er klickte sich wahllos durch und beobachtete Wächter in ihrem Pausenraum, Gefangene in ihren Zellen, verwaiste Flure der Anlage, einen Serverraum und die Energiespeicherhalle der Station. Zum Black Block führte zu seinem Bedauern keine aktive Cam. Anschließend suchte sich Gravis durch Geschäftszahlen und Statistiken. IPPC schien sehr profitabel zu arbeiten. Regelmäßig wurden Dividende an Aktionäre ausgeschüttet. Das waren hochsensible Daten, Doch hatte der Zugang zum Black Block offensichtlich eine noch höhere Sicherheitsstufe. Gravis deaktivierte den Terminal und hoffte, keine Spuren hinterlassen zu haben. Er erwartete, dass Sherry jeden Augeblick auftauchen würde, doch sie ließ sich nicht blicken.
Der Custos verließ das Büro und ging Richtung Hangar. Ein Zwischenschott war elektromagnetisch verriegelt. Es ließ sich mit dem Fingerabdruckscanner nicht öffnen. Gravis wunderte sich. Eigentlich hatte er fast alle Freigaben. Er schaute durch das kleine schmale Panzerglasfenster und sah in 20 Metern Entfernung eine kleine Kolonne aus neu angekommenen Insassen in ihren orangefarbenen Overalls einen Querkorridor entlang marschieren. Als die Häftlinge hinter der Ecke verschwunden waren, folgte ein Uniformierter den Gang entlang. Er war als Block Block-Wärter zu erkennen. Als er nach links Richtung Schott schaute, bemerkte er das Gesicht des Custos hinter der dicken Scheibe und kam mit erhobenem Impulsstab auf die Tür zu. Irgendwie bekam Gravis ein ungutes Gefühl und wich einige Schritte zurück.
Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
prallbeutel |
|
Story-Writer
Licentia poetica
Beiträge: 1963
Geschlecht: User ist offline
|
RE: Regina
|
Datum:21.02.21 15:21 IP: gespeichert
|
|
~ LXXXVII ~
Von den 180 neuen Häftlingen des IPPC-Komplexes G-0914/17 wurden sechs Individuen in den Black Block gebracht. Während die anderen Ankömmlinge der Haftanstalt in ihre Einzelkubuszellen transferiert wurden, marschierten die selektierten Subjekte über einen abgeriegelten Außenflur vom Hangar direkt in den Black Block.
Ein Uniformierter, der die kleine Kolonne begleitete, bemerkte ein Gesicht an einem Fenster eines Schotts zu einem Zentralgang. Alle Wächter waren im Einsatz. Wer war das? Der Mann lief auf die Tür zu, zog seinen Impulsstab und erkannte den Custos, den sich die Kommandantin als Lustboy angelacht hatte. Der hatte Sonderrechte auf der Station, aber deshalb brauchte er trotzdem seine Nase nicht in Sachen des BB stecken. Wenn es nach ihm ginge, würde der Muskelmutant einer weiteren Gedächtnisextraktion unterzogen. Er würde ihn auf jeden Fall erst mal aus dem Verkehr ziehen und dann die Madame fragen, was zu geschehen sei.
Als er das Schott erreichte, schlug er mit seiner Handfläche auf ein Scanfeld, um den Zugang zu öffnen. Gravis war vor Schreck erstarrt. Er dachte gar nicht daran wegzulaufen. Hätte das was genutzt? Das Schott zog sich zischend in die Stahlwand zurück. Als der Uniformierte mit seinem Impulser zuschlug, versuchte Gravis den Hieb aufzuhalten. Genügend Kraft hatte er, aber der Stromschlag, der durch seinen Arm fuhr, als sich Anode und Kathode mit seinem Körper verbanden, brachte ihn zu Fall und ließ ihn für ein paar Sekunden völlig paralysiert zurück. Explosionsartig zückte der BB-Wachmann Kunstfaserschellen und legte sie Gravis auf dem Rücken an.
Noch bevor der Koloss zu Sinnen kam, legte der Angestellte ihm ein Neurohalsband um, wie es die Neuankömmlinge trugen. Gravis ächzte und wollte sich hochrappeln, da spürte er einen starken elektrischen Impuls im Nacken. Der Mann warnte: „Keine schnellen Bewegungen, mein Dicker! So, vorwärts! Da lang!‟ Er zeigte in die Richtung, aus der er gekommen war. Gravis stand auf, noch ein wenig wackelig, und marschierte vor dem Mann her. Er hörte, wie sich das Schott hinter ihnen zischend wieder schloss. Gravis räusperte sich. „Was soll das werden? Ich habe die Aufenthaltsberechtigung für alle Bereiche der Station.‟ Der BB-Wärter grunzte abfällig. „Für alle garantiert nicht. Wir werden sehen. Weiter jetzt! Oder ich mache dir Beine!‟ Ihn beschlich das ungute Gefühl, etwas geheimes gesehen zu haben, das er nicht hatte sehen sollen.
Tatsächlich führte ihn der Kerl in den Black Block. Der Uniformierte öffnete das gepanzerte Carbonschott mit einem Fingerabdruckscanner, der zugleich die 3-D-Struktur des Gewebes überprüfte, um das System fälschungssicher zu machen. An den Wänden leuchteten Lichtstreifen. Nach ein paar Metern öffnete sich automatisch eine pneumatische Tür, die mit ihrer ovalen Form in der Wand verschwand. Ein klinisch steril aussehender Raum lag dahinter. In der Mitte stand ein massiver Metallstuhl, der am Boden verankert war. „Hinsetzen!‟ Der BB-Mann hatte eine befehlsgewohnte und schneidige Stimme. Gravis nahm Platz. Wie auf dem Präsentierteller. Was hatte der Kerl nur vor?
An einem kleinen Stehpult, das seitlich vom Stuhl positioniert war, tippte er auf einem Screen herum. Ruckartig formten sich dicke Riemen um die Fußgelenke des Sitzenden. Der Wachmann befahl: „Arme hoch!‟ Drei Sekunden später spannte sich auch ein Bauchgurt um die Taille des Muskelmutanten. er näherte sich seinem Gefangenen und löste die Handgelenksschelle. Gravis sollte nun seine Unterarme auf die Armlehnen des Stuhls legen. Kaum geschehen, gossen sich wenig überraschenderweise auch dort zwei Bänder um die Gelenke, um sie zu fixieren. Als nächstes schob sich automatisch ein Band um die Stirn und drückte den Kopf gegen die hohe Rückenlehne. Der Riemen zog sich fest zu, so dass Gravis sein Gesicht verzog. Die Spannung presste seinen Hinterkopf gegen das Rückenteil, dass erfreulicherweise einen dünnen Gelüberzug aufwies.
Der Uniformierte gab einen Autorisierungscode in sein Terminal ein und aktivierte eine Schiene, die mit der Rückenlehne des Stuhls verbunden war. Eine Haube senkte sich um den Kopf des Sitzenden. Im Inneren löste sich eine Art Headset, und die Haube fuhr wieder nach oben. Das Headset schloss sich um den Kopf. Plötzlich spürte Gravis einen intensiven Druck am Schädel. Das Gerät hatte sich mit seinem Neokortex verbunden wie ein neurales Interface. Der BB-Angestellte gab an seinem Instrumentenbord weitere Befehle ein. Der Muskelmutant riss seinen Mund weit auf und gab sabbernde Geräusche von sich, als in seinem Hirn Millionen von explodierenden Sonnen sein Bewusstsein überforderten. Lichträder, Funken wirbelnde Kreise, vibrierende und zuckende Farben erschienen vor seinen Augen, pulsierende Feuerwirbel loderten wild in seinen Muskeln, die ihm nicht mehr gehorchten.
Und so schnell die Apokalypse aufgetaucht war, so abrupt war sie beendet, und Gravis sackte entspannt in seine restriktiven Fixierungen, die sich fünf Sekunden später lösten und im Stuhl verschwanden. Der leere Blick des Sitzenden ging geradeaus in die Ferne. Das Headset löste sich ebenfalls vom Schädel und hinterließ nur einen drei Zentimeter im Durchmesser und fünf Millimeter Höhe messenden zylindrischen Chip am oberen Nacken. Der IPPC-Wärter befahl: „Aufstehen!‟ Gravis gehorchte sofort. Er besaß noch seinen eigenen Willen, aber sein neurales Netz war vom Körper abgeschnitten. Seine Muskeln reagierten nur noch auf die Befehle des Mannes, und er musste mit glasigem Blick hilflos erleben, wie sein Körper auf die Anweisungen bedingungslos reagierte.
Die Kommandantin der Station war inzwischen in ihr offizielles Domizil zurückgekehrt und tippte auf eine Instrumententafel, um Gravis zu orten. Der Schirm meldete lediglich: „Das Signal steht nicht zur Verfügung.‟ Die Frau stutzte. Was sollte das denn? Wieso war Gravis nicht erreichbar? Wie konnte das überhaupt sein? Die Raumstation hatte er ja wohl kaum verlassen. Die Signatur musste geblockt worden sein. Die Leiterin startete eine Schnellneukonfiguration des Suchprogramms, doch auch danach blieb ihr Sextoy verschollen. Sie aktivierte eine Fahndung nach dem Koloss. Jeder Wärter erhielt sie auf sein Komgerät. Nur der Black Block war durch ein permanent generiertes Kraftfeld von den Scannern abgeschirmt, aber dort konnte er sich nicht aufhalten, da er keinen Zugangscode besaß.
Sherry Jameson setzte sich nachdenklich an ihren Terminal und rätselte, was geschehen sein könnte. Als nächstes überprüfte sie die Anzahl der Gefangenen in den Cubezellen. Vielleicht war Gravis versehentlich tranferiert worden. Sie öffnete eine holografische Datenmatrix, doch die Ist-Angabe entsprach der Datenbank. Nur die Subjekte, die für den BB vorgesehen waren, tauchten in der Tabelle nicht auf. - Längere Zeit konnte sie sich mit dem Vermisstenfall nicht beschäftigen, denn das Sicherheitsprogramm der Station hatte einen Defekt am Defensivplasmastrahler gefunden. Die Station hatte zur Abwehr von Angriffen eine Anlage mit ionisierter Energie zur Verfügung, obwohl die Koordinaten der IPPC-Anstalt streng geheim waren. Wo auch immer Gravis war, er würde wieder auftauchen. Sie musste sich jetzt relevanteren Problemen widmen.
Wenn die Reparatur der Kanone das Budget sprengte, dann musste wieder eingespart werden. Die Mahlzeitenrationen der Insassen waren schon am Limit. Billig und minimale Kalorienzufuhr, so dass der Durchschnitt der Personen inzwischen leicht untergewichtig war. - Wo konnte sie noch einschränken? Vielleicht Energie... Sherry Jameson meldete sich bei der Überwachungszentrale, dem Kernstück der Station. „Mr. Baxter. Drosseln Sie die Temperatur in den Kubuszellen um zwei Grad Celsius. Permanent.‟ Die Antwort des Mannes war schneidig. „Zu Befehl, Kommandantin.‟
Anschließend kontaktierte Sherry Jameson den Kommandanten einer IPPC-Anlage im benachbarten Sol-System. Der einem Oktogon nachempfundene Gefängniskomplex befand sich auf einem Asteroiden, der so rasant um den Stern kreiste, dass ein Andocken von Schiffen eine hohe Pilotenerfahrung voraussetzte. Auf der Außenhaut der Anstalt betrug die Temperatur die meiste Zeit über 200 Grad Celsius, was für seltene Außeneinsätze einen speziellen Anzug erforderte. - „Flex.‟ Sie begrüßte ihn mit seinem Spitznamen. Als Ranggleiche und alte Bekannte durfte sie sich das erlauben. „Hast du schon Sparmaßnahmen getroffen wegen der neuen Verfügung?‟ Flex nickte auf der Videoverbindung. „Wir werden die Aromastoffe der Insassennahrung streichen. Das ist der größte Unkostenfaktor bei der Mahlzeit. Wird ein harter Schnitt für die schweren Jungs, aber da müssen sie dann mal durch.‟ Jameson hob die Augenbrauen. „Die Mahlzeitenmasse ist völlig ohne Aromen doch leicht bitter, oder?‟ Flex lächelte. „Mag schon sein. Aber wer Kalorien habe will... Die IPPC ist kein Wunschkonzert. Wir zwingen niemanden. Wer fasten will, darf das tun.‟ Sherry musste schmunzeln. So kannte sie ihren alten Flex. Sie hatten beide zusammen damals in der Zentrale auf Beta Patria angefangen und ihre Ausbildung gemacht.
Gravis folgte derweil seinem Wärter durch einen Flur im Black Block und wurde in eine Zelle gebracht. Der Raum war zwölf Quadratmeter groß; die Oberfläche bestand durchgängig aus hartem Carbin. Der Wachmann befahl: „Ausziehen!‟ Sofort reagierte Gravis und reichte dem Mann das Textil, der es hinter sich durch die Tür in den Flur warf. Im Gegensatz zu den Kubuszellen im normalen Bereich der Station hatte der Black Block Zellen mit Eingängen. - Der Custos stand nun nackt vor dem Uniformierten; nur das Neurohalsband trug er noch, und den Chip im Nacken, der mit seinem Neokortex verbunden war. Und dann war da noch die Castitasschelle um sein männliches Stück. Die Wache bellte: „Beine spreizen!‟ Gravis sah, wie sich sein Gegenüber näherte und für die Keuschheitsvorrichtung interessierte. Der gefürchtete Impulsstab hob sich und tippte spielerisch von unten gegen die Hoden des Gefangenen. Der Mann grinste und fragte: „Sagt dir der Name Mortimer etwas?‟ Gravis fühlte, dass er automatisch die Wahrheit sprach, ohne Einfluss darauf nehmen zu können. „Nein, Sir.‟ Der Uniformierte nickte zufrieden. Die Gedächtnisextraktion hatte funktioniert. „Sehr gut. Vergiss den Namen gleich wieder.‟ Gravis stand stramm wie ein Soldat. „Jawohl, Sir.‟
Zufrieden grinste der Aufseher. Dieses Monsterexemplar würde er hier im BB behalten. Jameson brauchte davon gar nichts zu erfahren. Er betrachtete den Custos staunend. Zuvor hatte er real vor sich noch nie eine Gestalt mit so viel Muskelmasse gesehen. Selbst einen Corium Bestia stellte er in den Schatten, zumal Gravis bei nur 1,85 m Größe 175 kg auf die Waage brachte, die Pelzkreaturen dagegen gute zwei Meter in die Höhe wuchsen und rund drei Zentner wogen. „Warum trägst du eine Castitasschelle?‟ Gravis zuckte mit den gewaltigen Schultern. „Sie wurde mir von der Kommandantin umgelegt, damit ich mich in der Station frei bewegen kann.‟ Der Mann lachte. „Du bist also ihr Sextoy? Die Zeiten sind jetzt vorbei, Muskelaffe!‟ Gravis wollte sich beschweren, aber es kam ihm kein kritisches Wort über die Lippen. Der Neurochip verhinderte das.
Das grausame Gesicht des Aufsehers zeugte von wenig Empathie. „Dann wollen wir mal sehen, wie stark du bist, du Primat! Los! Kniebeugen! Bis ich stopp sage!‟ Gravis begann sofort mit der Übung. Seine Beine waren zwar extrem kräftig, aber die Ausdauer trainierte er nicht, so dass schon nach ein paar Dutzend Wiederholungen ein Brennen in den Schenkeln zu spüren war. Aber unbeirrt machte er weiter, während der Wächter grinsend und mit vor der Brust verschränkten Armen zuschaute. Nach hundert Beugen verlangsamte sich das Tempo ein wenig. Pausen legte er jedoch nicht ein. Nach 150 Wiederholungen hätte er am liebsten doch mal durchgeschnauft, aber der externe Neurobefehl hatte oberste Priorität. Sein neuromuskuläres Gewebe gehorchte bedingungslos dem Wachmann.
Nach 250 wackelte und zitterte der Custos so sehr, dass er sich kaum halten konnte. Aber er machte weiter. Nicht mal schreien konnte er, obwohl ihm danach war. Irgendwann knickte er ein, setzte seine Übung aber sofort fort. Immer öfter sackte er erschöpft weg, kämpfte sich wieder hoch und beugte die Schenkel erneut. - Nach weiterer Zeit weigerten sich die Muskeln und Gravis blieb verrenkt und sich auf dem Boden wälzend liegen, obwohl er alle Kraft zusammen nahm, um wieder hochzukommen, als hänge sein Leben davon ab. Der Wachmann schnalzte mit der Zunge. „Stopp!‟ Er befahl ihm aufzustehen. Gravis kämpfte sich hoch, was beinahe eine halbe Minute lang dauerte, und wankte taumelnd auf der Stelle. Der Uniformierte fragte in sarkastischem Tonfall: „Und? Fühlst du dich immer noch stark?‟ Er lachte gehässig. „Knie dich hin, du Stück Dreck!‟ Gravis gehorchte und sah, wie sich der Aufseher an seiner Hose zu schaffen machte und seinen Phallus hervorholte. „Du weißt, was ich von dir will! Und wenn ich nicht zufrieden bin, muss ich dich mit meinem anderen Stab hier dressieren, Primat!‟
Eigentlich war der freundliche Hinweis unnötig, denn der Neurobefehl sorgte sowieso dafür, dass Gravis auch ohne die Empfehlung sein Bestes geben würde. - Elf Minuten später schloss sich die Zellentür hinter dem nackten Insassen. Gravis brannten Schenkel und Gesäß, als säße er auf einem Haufen Phosphor. Der bestens befriedigte Wächter lief eine Melodie pfeifend den Flur des Black Block entlang. Auch hier waren Lichtstreifen an den weißen Wänden angebracht. Auf dem Boden teilte ein blauer Streifen den Flur längs in zwei Hälften. Nach 20 Metern kam der Mann an ein Schott mit einem runden Panzerglas. Er schaute durch das Bullauge und sah, wie zwei Kollegen einen Gefangenen einer Prozedur unterzogen. Ohne das Datenverzeichnis des Insassen wusste er nicht, was mit ihm geschah. Wurde er verhört? Wurde er einem medizinischen Test unterzogen? Oder handelte es sich um eine von sechs legitimierten Straf-Stufen?
Auf Atra Mundo, zahlreiche Astronomische Einheiten entfernt in einem anderen Solsystem der VA, sprangen Violetta und Animus durch schmutzige Pfützen zu dem Hover-Zweisitzer, den Mortimer gerade starten wollte. Die Rothaarige aktivierte ihr FNS, das in Bruchteilen einer Sekunde ein Netz aus Nanofasern über das Zielobjekt stülpte und sich zuzog. Der zweite Mann wollte seine Handlaserwaffe ziehen, aber Animus packte ihn und schlug ihm die Pistole aus der Hand. Als ehemaliger Pugnator beherrschte er den Nahkampf und überwältigte den Gegner problemlos.
Violetta warnte Mortimer davor wegzufahren. „Das würde dir nichts bringen. Aus dem Netz kommst du nie wieder raus. Selbst ein Klasse IV-Laserschneider schafft es nicht durch das Material.‟ Mortimer biss die Zähne zusammen. „Was wollt ihr von mir? Ihr wisst ja nicht, mit wem ihr euch anlegt! Ihr müsst lebensmüde sein!‟ Der Mitfahrer jammerte: „Bitte, nehmt meine Kredits. Ich habe viele auf meinem Account. Transferiert sie. Sie gehören euch.‟ Violetta schnaubte. „Wir sind keine Straßenräuber. Wir benötigen nur eine Information.‟ Der Mann nickte enthusiastisch. „Ja. Ja. Was wollt ihr wissen?‟ Animus stieß ihn von sich weg. „Von dir gar nichts. Verschwinde!‟
Die Laserpistole lag auf dem Boden. Einen kurzen Augenblick dachte der Eigentümer darüber nach, sie blitzartig zu ergreifen. Aber wenn er nicht schnell genug war? Nein, das Risiko ging er nicht ein. Er lief davon, ohne sich weiterhin um Mortimer zu kümmern. - Noch immer im Netz, konnte der sich kaum bewegen. Was für eine Information sollte das sein? Er wunderte sich darüber, dass sie noch nicht nach den Geldeinheiten gefragt hatten, die er bei der Wasserausgabe kassiert hatte. Animus stellte die erste Frage: „Sagt dir der Name Gravis etwas?‟ Mortimer zuckte leicht zusammen. „Nein.‟ Violetta drückte eine Sensorfläche am FNS, und das Netz zog sich weiter zusammen. Mortimer stöhnte auf. Er kam sich vor wie ein streng geschnürter Braten. So ähnlich sah es auch aus, als sein Gesicht und Teile seiner Kleidung zwischen dem Gitter hervorquollen. Violetta grinste. „Das wird ein hübsches Muster geben.‟ Animus ergänzte: „Der FNS hat beeindruckende Kräfte. Er zieht sich notfalls auch bis zu einer Kugel in Fußballgröße zusammen.‟
Mehr musste er nicht sagen, um dem Exmitarbeiter von Prospect Enterprises die Zunge zu lockern. Er gab alles zu. „... und nun ist er in einer IPPC-Anlage. Welche, das weiß ich nicht.‟ Als Violetta das FNS erneut aktivierte, schrie Mortimer: „Doch! Mir fällt es gerade ein. Er... Es ist Komplex G-0914/17. Mehr weiß ich wirklich nicht.‟ Animus atmete tief durch. „Die Koordinaten haben wir damit leider nicht. Die sind geheim. Aber wir können die IPPC-Zentrale kontaktieren. Die wollen bestimmt nicht, dass es öffentlich bekannt wird, dass ein Unschuldiger einsitzt.‟ Jetzt ergänzte Mortimer noch: „Die haben bei Gravis eine Gedächtnisextraktion machen wollen. Keine Ahnung, ob das real durchgeführt wurde.‟ Animus runzelte die Stirn. „Er wird seine Identität also nicht mehr kennen. Kein Wunder, dass er sich nicht aus dieser Situation befreien kann.‟
Violetta war klar, dass sie so schnell wie möglich die Basis von IPPC auf Beta Patria kontaktieren mussten. Das Problem waren die Interferenzen und Störfelder, die es zum Heimatsystem der VA gab. Atra Mundo war durch das harte Embargo abgekapselt und verfügte über keine modernen Funksysteme. Und im Orbit war das frei zugängliche Transnet abgeschaltet. Nur mit speziellem Zugangscode war ein Kontakt möglich. - Animus betrachtete den Fleischklops in dem Netz. „Was machen wir jetzt mit diesem Abschaum hier?‟ Mortimer versuchte seine Angst zu tarnen und sagte so ruhig er konnte: „Wenn ihr mich laufen lasst, gibt es keine Probleme. Aber wenn nicht, wird die Noxiusbruderschaft euch bis ans Ende der Galaxie jagen.‟
Violetta fühlte sich provoziert. „Du wertlose Fratze willst mir drohen?‟ Das Netz zog sich weitere fünf Prozent zusammen. Mortimer jaulte auf. Animus zerrte ihn aus dem Hover und warf die Fleischkugel in dem Nanogeflecht auf den Boden. „Lass uns das Vehikel zum Bahnhof nehmen. Und dann ab zurück ins Habitat.‟ Panisch quiekte der Eingepackte: „Was ist mit mir? Lasst mich frei! Ich habe euch alles gesagt.‟ Er zappelte in der engen Verschnürung herum und rollte dabei ein wenig hin und her. Mehr Bewegungsfreiheit bot ihm das FNS nicht. Violetta und Animus stiegen ein. Mortimer flehte jämmerlich: „Lasst mich nicht so zurück! Die Arbeiter werden mich massakrieren!‟ Violetta schnaubte abfällig. „Du hättest die Menschen nicht ausbeuten und unterdrücken dürfen.‟ Mortimer winselte würdelos. Seine Worte wurden unverständlich. Violetta rief: „Schönen Tag noch, Wichser!‟ Sie aktivierte das Fahrzeug und raste los.
Animus drehte sich zurück. „Willst du ihn verrecken lassen?‟ Violetta grinste. „Ich habe eine Zeitverzögerung bei der Deaktivierung der Nanopartikel eingestellt. Das Netz löst sich in zehn Minuten. So lange darf er ruhig noch Panik schieben.‟ Mortimer heulte und wimmerte, drehte sich in den engen Schlingen und wälzte so rollend auf dem Boden umher. - Als er plötzlich frei war, das Netz sich in zig kleine Kügelchen verwandelte, die auf den Boden prasselten, stöhnte er laut auf. Dann bemerkte er, dass seine Hose im Schritt nass geworden war.
Der zweisitzige Hover jagte derweil über die Straße und wich alle paar hundert Metern irgendeinem Hindernis aus: Bestandteile von abgestürzten Satelliten, Bauelemente von alten Vehikeln, ein Modul eines veralteten Industriebots und ein ausgebrannter Container mit Schlacke. Sie hatten sich entschieden, mit dem Hover bis zu ihrer Hab-Einheit in die City zu fahren und auf die abenteuerliche Reise in der Röhre zu verzichten. Das Vehikel der Marke Prowler-Dragon, ein bekannter Hersteller von planetaren Fahrzeugen aller Art, machte einen sichereren Eindruck.
Der schwarze Qualm, der hinter ihnen dick und unheilvoll in den anthrazitfarbenen Himmel stieg, wirkte auf sie zwar ungewohnt, aber da Atra Mundo riesige Erdölvorkommen hatte, nutzte man fast überall altertümliche Verbrennungsmotoren. Gewaltige Raffinerien in abgelegenen Wüsten und im Zentralozean des Planeten mit integrierten monströsen Tiefpumpen und anderen Förderstellen sorgten für scheinbar unendliche Mengen für den planetaren Markt. Den Arbeitern aus den Slums wurde versprochen, nach sechs Monaten Zwölf-Stunden-Schichten zu ihrer Familie zu dürfen, aber selten hielt man diese Zusage. Manche Männer schufteten jahrelang auf einer Plattform und wurden erst aussortiert, wenn sie relevant krank wurden. Es war ein extrem harter Knochenjob, lebensgefährlich und gesundheitsbedrohend. Da hielt niemand länger als wenige Jahre durch. Nachschub gab es genug aus den Slums, aber der musste eingearbeitet werden, was die Produktion verlangsamte. Wäre die Justiz nicht ohnehin korrupt gewesen, könnte auch niemand kontrollieren, was auf den abgelegenen Plattformen und Raffinerien in der Wüste geschah. Kein Arbeiter durfte ein Komgerät besitzen. Es gab keinen Kontakt zur Außenwelt.
Mit Minimalgepäck reisten Animus und Violetta anschließend mit einem gebuchten Atmosphärengleiter für Premiumtransfer aus Urbs Novum ab, um von Atra City eine Möglichkeit zu finden, einen Kontakt zu Beta Patria herzustellen. Sie brauchten dringend die Koordinaten der IPPC-Unit, in der Gravis einsaß. Komplex G-0914/17 - diese kryptische Bezeichnung brachte sie alleine nicht weiter. - Auf dem Landefeld ihres Wohnhabitats - nach einem etwas holprigen Sinkflug - angekommen, hielt sie ein Trupp HSU, der Wachdienst des Wohnriesen, zurück. Ein streng dreinblickender Mann mit Sonnenbrillen-Headset kontrollierte das Duo mit einem Handscanner. Dann kam ein weiterer Uniformierter dazu und hielt ihnen einen Strahlenmesser entgegen. „Ihre Werte liegen über dem genehmigten Maximum. Sie sind kontaminiert. Hiermit wird ihnen nur nach einer Reinigung der Stufe III der Zugang zur Biosphäre Star 1 gewährt.‟ Animus und Violetta wurden abgeführt wie Kriminelle.
Warum hatten ihre mobilen Kontrollinstrumente nicht Alarm geschlagen? Die permanent hohe UVA-Strahlung war schon ungesund genug. Aber ionisierende Strahlung? - In einem kleinen Vorgebäude mit Flachdach mussten sie sich komplett entkleiden. Durch ihre Textilien mit Sensoren, die sich der Außentemperatur anpassten, waren sie verwöhnt. Jetzt wurde ihnen warm, obwohl sie sich nackt in einem gekachelten zylinderförmigen Raum befanden. Hinter einem Transparenzschild standen zwei Männer der Habitat Security Unit an einem Terminal. Plötzlich schossen aus Decke und der runden Wand aus insgesamt 55 kräftigen Düsen harte Wasserstrahlen auf die zwei Personen. Die leicht schaumige Konsistenz zeugte von beigemischten Chemikalien. Der Druck der H2O-Mixtur war so groß, dass Violetta ihr Gesicht schmerzhaft verzog und versuchte, ihre Brüste zu schützen. Eine Stimme aus einem Lautsprecher ertönte: „Beine spreizen! Arme zur Seite ausstrecken!‟ Um ihre Längsachse zu rotieren brauchten sie nicht, denn das Wasser kam von allen Seiten. Die Luft war vom Nebeldampf geschwängert, so dass selbst jemand mit Retina-Optimizer keinen Durchblick mehr gehabt hätte.
Artus Iceberg hatte seine neue Workstation eingeweiht. Zwar musste er immer noch bei den anderen Männern nachts in dem Schlafsaal zubringen, aber tagsüber hatte er eine angenehmere Tätigkeit als die Hilfsplackerei am Fließband der Fabrik. Er strickte an neuen Programmen, um die Produktionsabläufe zu optimieren. Einige Arbeiter verloren dadurch ihren Job, andere mussten noch härter schuften, aber das war Iceberg egal. - Sein größtes Problem, die Castitasschelle, war ihm leider geblieben. Das Modell war kompliziert konstruiert und verhinderte gekonnt jeglichen Versuch einer Manipulation am Verschlussmechanismus. Er hatte sogar schon den Chip der Schelle mit einer getarnten Infiltrierungssoftware kontaminiert, aber die Infizierung bereinigte die Firewall des Chips innerhalb von 2,4 Hundertstelsekunden. Ihn wunderte, wie so ein modernes Modell nach Atra Mundo gefunden hatte, aber bei all der Korruption war es dann wohl doch kein so großes Wunder.
In seiner Mittagspause war er im Sammelraum und erhielt ein Nahrungspack und eine PET-Flasche Wasser. Circa 50 weitere Männer befanden sich an den langen Tischen und Bänken. Iceberg bemerkte, dass sie ihn neuerdings mit mehr Respekt betrachteten. - Plötzlich öffnete sich ein Schott, und zwei kräftig und finster aussehende Gestalten erschienen. Der Werkschutz der Firma, Schergen der Noxiusbruderschaft. Sie schritten zielgenau zu einem der Arbeiter und rissen ihn von der Bank. Der Typ flehte und zeterte, aber das Wachduo schleifte ihn heraus. Später erfuhr Iceberg vom Fabrikleiter, dass „die Made Nahrungskonzentrate unterschlagen hat. Beim letzten Heimaturlaub hat er drei Packs rausgeschmuggelt, das Schwein.‟ Iceberg konnte sich gut vorstellen, dass diese Packs in den Slums viel wert waren. Vielleicht hatte er sie verkauft, eingetauscht oder Verwandten oder Freunden gegeben.
Bei der Gelegenheit meinte Iceberg, die Packs würden nicht gerade eine Delikatesse darstellen. „Ich würde mich besser fühlen, wenn meine Ernährung sich...‟ Der Leiter schnaubte laut. „Ganz schön fordernd, der Herr! Treib es nicht zu weit! Wir haben hier im Untergeschoss ein paar kleine Zellen. Da dürfen ein paar dreiste Arbeiter eine kleine Fastenkur genießen. Genau wie der Typ von heute.‟ Iceberg starrte ihn an. In neutralem Tonfall konstatierte er, dass er als Programmierer kein Fabrikarbeiter sei. Der Leiter kniff die Augen zusammen. „Du meinst, du bist was besonderes?‟ Solche Frechheiten würde er normalerweise mit Prügel beantworten, um ihm die Kanten und Ecken abzuschlagen, aber der Kerl war zu wichtig. Er hatte den Profit der Fabrik faktisch um 32 Prozent gesteigert. Damit hatte der Fabrikboss bei seinem Kontaktmann im Syndikat an Ansehen gewonnen und erhielt persönlich eine höhere Vergütung. Da war der Wunsch dieses Softwarespezialisten nach einer leckeren Mahlzeit im akzeptablen Bereich. „OK, du sollst richtiges Essen bekommen. Wird synthetisch sein. Wir haben hier keinen Sternekoch aus Atra City, Mann. Aber es schmeckt. Ich esse es auch.‟ Iceberg lächelte und nickte.
Währenddessen stießen die zwei Männer vom Werkschutz den Arbeiter im Untergeschoss in eine zwei Quadratmeter große Käfigzelle. Neben ihm befanden sich weitere vier Zellen dieser Art. Zwei davon waren belegt. Die Männer verschwanden ohne eine weiteres Wort. Eine hin und wieder flackernde Lampe an der Decke vor den Käfigen tauchte den Raum in ein dämmriges Licht. Der Neuankömmling schaute zu seinem Nachbarn. Ein magerer Typ, der stoisch in eine Richtung zur Wand stierte. Den anderen Insassen konnte er in den eingeschränkten Lichtverhältnissen nicht detailliert erkennen. Nur die Silhouette einer Gestalt lag am Boden des Käfigs und rührte sich ebenso wenig wie sein Nachbar. Ob deren Mägen auch so vehement knurrten? Alles machte den Anschein, als sollte er hier in diesem Kellerloch vergessen werden. Wie lang die anderen wohl schon hier verbrachten? Oder sollte er vegetieren sagen? Kommentare willkommen!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
Meine Kurzgeschichten:
+++ Ralfs neues Leben +++ Das Gespräch im Regen +++ Der auferstandene Engel +++ Seine Nummer Eins +++ Amour Libre +++ Die Erben +++ Aller guten Dinge sind drei +++ Das Abschiedspräsent +++ Natascha +++ Friday Talk +++ Tims Schicksal +++ Das Familientreffen +++ Der extravagante Gewinn +++ Lars +++ Der Impftermin +++ Fiesta Mexicana +++ Der Samtbeutel +++ Der Stallsklave +++ Die Sissy +++
|
|
|
|
|
|