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Deep Wishes
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  Haus Waldstetten Datum:11.12.24 16:22 IP: gespeichert Moderator melden


„Haus Waldstetten“ ist die Fortsetzung meiner Geschichte „Sechs Monate“. Die Hauptperson ist wieder Katrin Ferner, die sich aufgrund einer persönlichen Krise dazu entschließt, in die psychiatrische Einrichtung nach Bodenhain zurückzukehren. Bodenhain arbeitet weiterhin vorzugsmäßig mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen und legt Wert auf Formen der Reizreduzierung bis hin zur sensorischen Deprivation, damit die Patientinnen zur Ruhe kommen und ihr Nervensystem keine Überforderung durch Sinneseindrücke ausgesetzt sind, die sie nicht verarbeiten können.
Teilweise treten Personen in der neuen Geschichte auf, die auch schon in „Sechs Monate“ vorgekommen sind.


Prolog

Gurte überall – ein Bauchgurt, ein Schrittgurt, die Schulterhalterung, je zwei Gurte an den Armen und an den Beinen, die Fuß- und Handgelenke sind gesichert und als Krönung eine Kopffixierung. Außer meinen Fingern, die in dicken Patientenhandschuhen stecken, und meinen Zehen kann ich überhaupt nichts mehr bewegen. Vollfixierung im Netzbett.
Ein sabberndes, lallendes Etwas hat mich die Schwester genannt. Kein Mensch, erst recht keine Frau. Ein Ding, das zwar noch einigermaßen klar denken, sich aber nicht mehr artikulieren kann und rundum auf Hilfe angewiesen ist. Ein Lätzchen mit einer Auffangtasche wurde mir umgebunden, um den dauernd laufenden Speichel aufzufangen. So heftig sediert zu sein ist schon unangenehm, ich fühle mich ziemlich Matsche im Kopf.

Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht, als ich unbedingt wieder nach Bodenhain zurückwollte?



Abgeholt

Noch eine Viertelstunde, dann sind sie da. Ich schaue auf meine zerbissenen Finger, spüre das Jucken der Wunden auf meinen Unterarmen und bin mir sicher, der Schritt ist richtig. Ich gehe noch mal ins Bad, setze meine Brille auf und sehe mich lange im Spiegel an. Bin ich verrückt oder bin ich es nicht? Warum zieht es mich zurück nach Bodenhain?
Ja, nach der Trennung von Sven geht es mir sehr schlecht. Ich war es selbst, die die Nähe nicht mehr aushalten konnte, aber jetzt fehlt er mir unsäglich. Vielleicht habe ich unter der Trennung mehr gelitten als er, ich weiß es nicht. Aber es kam bei mir wieder dieser Selbsthass hoch und der Wunsch, mich zu bestrafen. Beißen, kratzen, ritzen – das volle Programm. Meine Arme, meine Hände, mein Bauch sehen fürchterlich aus.
Ja, ich möchte mich bestrafen. Und vielleicht auch deswegen nach einem Jahr zurück in die Klinik. Einfach nicht mehr selbst entscheiden müssen, andere machen lassen. Ich bin so müde, so kraftlos.

Ich hatte einige Besuche bei meinem Psychiater, geholfen hat es nicht. Wollte mich dann in Bodenhain selbst einweisen, nichts zu machen. Dann hat mein Arzt das in die Hand genommen und siehe da, es ging dann ganz schnell.

Ich gehe zurück in den Flur, nehme meine Reisetasche und dann herunter zur Haustür. Da höre ich schon ein Motorengeräusch und ein Kleinbus setzt rückwärts in unsere Auffahrt. Zwei Männer steigen aus und kommen auf mich zu. „Guten Morgen. Sind Sie Frau Ferner?“ fragt einer der beiden. Ich nicke. „Wir sind von der Klinik Bodenhain und möchten Sie abholen. Sind Sie bereit?“ Ich nicke noch mal, schließ die Haustür und gehe auf die beiden zu. „Nach Absprache mit der Ärztin sollen wir Sie in einem Rollstuhl transportieren,“ sagt der andere, „kommen Sie bitte mit.“ Er macht die Seitentür des Fahrzeugs auf und ich blicke auf einen großen Patientenrollstuhl, der im Fahrzeuginnern festgemacht ist. Wie oft habe ich bei meinem ersten Klinikaufenthalt in so etwas gesessen. Bequem sitzend, aber festgeschnallt, manchmal bis zur Bewegungsunfähigkeit. Es kribbelt in mir drin, ja, ich möchte es, möchte mich fallen lassen. Ich steige ein und setze mich vorsichtig in den Rollstuhl. „Wir schnallen Sie jetzt an,“ sagt der einer der beiden Männer und legt vorsichtig einen Brustgurt um meinen Oberkörper. Dann zwei Schnallen links und rechts an meinen Hüften festgemacht, zwei breite gepolsterte Gurte über meine Schultern gezogen und dahinter festgeschnallt – schon bin ich transportfertig. Die Männer steigen ein, der Fahrer lässt den Motor an und fährt los. Auf nach Bodenhain.



Die Fahrt

Man braucht ungefähr eine Dreiviertelstunde über Land nach Bodenhain. Ich schaue aus dem Fenster und lasse meine Gedanken schweifen. Der Rollstuhl vermittelt mir ein Gefühl der Geborgenheit. Wenn nur das Jucken der Wunden auf meinen Armen nicht wäre, könnte es eine entspannte Fahrt sein. Ich beginne mich wieder zu kratzen, da läutet ein Handy. Der Beifahrer nimmt ab. Ich verstehe nicht wirklich, um was es geht. Er legt auf und wendet sich dann an den Fahrer: „Planänderung. Wir sollen sie nach Waldstetten bringen. Alles belegt im Haupthaus.“ Und dann dreht er sich zu mir um: „Die Firma brummt. Alles voll in Bodenhain. Sie hatten heute früh gleich drei Einweisungen. Wir sollen Sie jetzt nach Waldstetten bringen, in unsere Dependance.“ „Und ist das noch weit?“ frage ich. „Ein kleiner Umweg nur“, ist die Antwort. „Wissen Sie,“ fährt er fort, „Bodenhain platzt aus allen Nähten. Da hat die Geschäftsführung Haus Waldstetten dazu gekauft. Ich muss Ihnen sagen, es ist dort nicht so modern wie in Bodenhain, aber man arbeitet dran. Ist ein Haus mitten im Wald, aus den Dreißigern. War unter den Nazis als Freizeitheim für die HJ gebaut worden. Später hat es irgendwann die Lebenshilfe übernommen, aber es dann wegen seiner abgelegenen Lage wieder verkauft. Nun gehört es zu Bodenhain, eine ganze Abteilung ist dort eingezogen.“
Ich nicke. Warum nicht. Sehe ich mal was Neues.

Irgendwann biegt der Bus von der Landstraße ab und fährt über eine einsame, nur geradeaus führende Straße durch einen Kiefernwald. Ein bisschen trist hier, denke ich, der graue Himmel passt dazu. Dann hält der Wagen vor einem umzäunten Gelände mit einem großen Metalltor. Der Beifahrer ruft an: „Behrends hier, wir kommen mit Frau Ferner. Macht ihr bitte das Tor auf? Danke!“. Das Tor schiebt sich langsam auf, wir fahren durch, halten dann kurz an und der Beifahrer schließt das Tor wieder.

Der Zaun, das Tor – alles gut gesichert. Einfach das Gelände verlassen, wie das in Bodenhain zumindest theoretisch möglich war, ist hier nicht drin, schießt es mir durch den Kopf. „Welche Abteilung ist eigentlich hierhin ausquartiert?“ frage ich. „Station D“, ist die Antwort.



Zwangseingewiesen

Station D. D wie dauerhaft. Wie ein Flashback überkommt es mich. Station D. Dreimal war ich dort kurzzeitig. Die Nächte angeschnallt im Netzbett. Die Käfige. Das willkürliche Ausgeliefertsein. Die Ungewissheit, wann ich wieder auf die Normalstation komme.
Und nun bin ich wieder auf Station D. Von Anfang an. Scheiße.

„Bitte, nein“, rufe ich, „drehen Sie um, ich will da nicht hin, ich will nicht auf Station D.“ „Aber Frau Ferner,“ beruhigt einer der Männer, „nun keine Panik. Es ist doch zu Ihrem Besten.“ „Nein, nein,“ schreie ich und fange an, mir in die Hände zu beißen. Der Beifahrer zückt sein Handy und ich höre gerade noch, wie er von „mit Frau Ferner ist es gerade nicht so einfach“ spricht. Dann hält der Bus vor einem flachen lang gestrecktem Gebäude. „Sie sind jetzt besser ruhig,“ sagt einer der beiden. Dann machen sie den Rollstuhl los, ziehen
mich über die Rampe nach draußen und schieben mich dann ins Haupthaus herein. Da ist er wieder: der vertraute warme Geruch nach abgestandener Luft, Essen und Urin. Ich werde still und blicke mich angstvoll um, kaue dabei auf meinen Fingern. Zwei Pfleger kommen auf mich zu. „Guten Tag, Frau Ferner, willkommen in Haus Waldstetten! Wir bringen Sie gleich zur zuständigen Ärztin für das Aufnahmegespräch.“

Sie schieben meinen Rollstuhl einen langen Gang entlang und halten bei einer Tür. Es wird angeklopft und auf ein „Herein!“ werde ich in das Arztzimmer gerollt. Ich erschrecke, als ich die Ärztin sehe. Ich kenne sie und ich habe sie gehasst. Es ist Frau Dr. Hahn, die mir schon bei meinem ersten Aufenthalt in Bodenhain das Leben schwer machte. Auch das noch!
„Hallo, Frau Ferner,“ begrüßt mich die Ärztin, „willkommen bei uns in Waldstetten. Ich glaube, wir kennen uns.“ „Ja“, murmele ich, „ich war vor einem Jahr in Bodenhain.“ „Genau,“ antwortet sie, „und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte man sie gar nicht erst entlassen dürfen. Ich habe mir noch mal gründlich Ihre Akte angesehen. Es wundert mich nicht, dass Sie nun wieder hier sind.“ „Frau Dr. Hahn,“ traue ich mich zu sagen, „ich will hier nicht sein. Ich wollte nach Bodenhain, aber auch das möchte ich jetzt nicht mehr. Ich möchte wieder nach Hause und in ambulanter Behandlung sein.“ „Gute Frau Ferner,“ kommt die liebenswürdige Antwort. „Ich fürchte, das ist unmöglich. Ihr Psychiater hat Sie zwangseinweisen lassen. Wussten Sie das nicht? Wegen schwerem selbstverletzendem Verhalten. Ein richterlicher Beschluss nach Aktenlage liegt mir bereits vor. Das heißt, Sie sind jetzt hier in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Unser Ziel ist es, Sie durch die Behandlung zu stabilisieren und deeskalierend zu wirken.“ Zwangseinweisung – bei diesem Wort läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Deshalb habe ich also so schnell den Platz in Bodenhain bekommen. Aber das heißt auch, ich kann hier nicht mehr weg oder erst dann, wenn meine Prognose günstig ist.

„Frau Ferner, hören Sie mich?“ fährt Frau Dr. Hahn fort. Ich schaue Sie wieder an. „Wichtig ist, dass Sie kooperieren und wirklich an sich arbeiten wollen. Und diesmal ohne Aufstände gegen unser System. Die Behandlung sieht wie auch bei Ihrem ersten Aufenthalt eine Reizreduzierung vor sowie verhaltenstherapeutische Maßnahmen mit dem Zwecke der Selbstregulierung. Diese müssen in Ihrem Fall auch Zwangsmaßnahmen beinhalten. Aber das kennen Sie ja schon. Bei besonders akuten Fällen, und dazu zähle ich auch Ihren Fall, ist zusätzlich eine Zwangsmedikamention angesagt. Haben Sie mich soweit verstanden?“ Ich nicke erschöpft, traue mich aber doch nachzufragen: „Was meinen Sie genauer?“
„Reizreduzierung heißt, dass Sie eine Zeitlang von Außenreizen akustischer, visueller und taktiler Art etwas abgeschirmt sind. Sie werden einen Helm mit Gehörschutz tragen sowie eine Brille mit starken Gläsern. Zum Schutz Ihrer Hände eine Schutzjacke oder Patientenhandschuhe. Wenn alles gut läuft, werden diese Maßnahmen nach und nach zurückgefahren. Zum Zwecke der Selbstregulierung gibt es am Ende jeder Woche ein Feedback-Gespräch, wonach entschieden wird, ob die Maßnahmen verstärkt oder abgeschwächt werden oder ob sie auf diesem Level so bleiben. Haben Sie noch weitere Fragen?“ Ich verneine. An die starke Brille kann ich mich natürlich noch gut erinnern, habe sie ja einige Wochen getragen. Sie half mir am Anfang wirklich dabei abzuschalten. Jetzt also erneut, nun gut, werde ich überleben.

„Gut. Die Herren bringen Sie gleich auf Station 2. Dort habe ich bereits meine Anweisungen gegeben und alles ist für Sie vorbereitet. Und denken Sie daran: Sie bestimmen durch Ihre Kooperation mit, wie lange Sie in der Geschlossenen bleiben. Vorher muss ich Ihnen jedoch noch ein Neuroleptikum verabreichen. Mir wurde mitgeteilt, Sie haben sich gerade wieder gebissen, und da müssen wir jetzt einfach gegensteuern.“

Bei diesen Worten treten die beiden Pfleger vor und befestigen meine Handgelenke mit zwei Ledergurten an den Seitenlehnen des Rollstuhls. Ich bin so überrascht, dass ich den Mund kaum aufbekomme. „So“, sagt die Ärztin, „ich spritze Ihnen jetzt etwas. Das hat Depotwirkung, wir müssen die nächste Spritze also erst in zwei Wochen setzen.“ Dann schiebt sie meinen rechten Ärmel nach oben, murmelt etwas von „das sieht ja wirklich schlimm aus“ desinfiziert meine Haut und spritzt das Medikament in meine Vene. „So, fertig. Das ist etwas sedierend, es wird Ihnen helfen. Sie werden auf der Station zunächst im Beobachtungszimmer sein. Das ist ein Einzelzimmer, die Ruhe wird Ihnen guttun. Dort wird Ihnen dann zunächst das Mittagessen gereicht, dann ist Mittagsruhe. Nach der Mittagsruhe beginnen die therapeutischen Maßnahmen. Haben Sie jetzt noch Fragen?“ Ich schüttele den Kopf. „Nun, und damit Frau Ferner nicht in Versuchung gerät, die ganze Station zusammenzuschreien, legen wir ihr jetzt einen Ballknebel an. Das kennt sie ja schon von früher.“ Frau Dr. Hahn kramt in einer Schublade und dann kommt sie mit dem Knebel in der Hand auf mich zu. „So, schön einmal den Mund aufmachen.“ Ich öffne brav den Mund und schon spüre ich den harten Ball zwischen den Schneidezähnen. Flinke Finge befestigen den Ledergurt an meinem Hinterkopf. „Der bleibt drin, bis zum Beginn der therapeutischen Maßnahmen, also auch während der Mittagsruhe,“ befiehlt sie. „Einen schönen Tag noch, Frau Ferner. Bis morgen.“ Und dann schieben mich die Pfleger auf den Flur.

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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:18.12.24 20:16 IP: gespeichert Moderator melden


Die Gurte

„Zwangseingewiesen, zwangseingewiesen“ hämmert es in meinem Kopf, während ich durch die langen Flure geschoben werde. Mantraartig wiederhole ich es still vor mich hin. „Zwangsmaßnahmen, Zwangsmedikamention, richterlicher Beschluss“ - die Worte der Ärztin hallen in meinem Hirn wieder. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht, mich wieder in Bodenhain einweisen zu lassen? Hatte ich das alles vergessen? Und jetzt hier in diesem Haus ist alles noch viel schlimmer.

Allmählich beginnt das Neuroleptikum zu wirken. Der Gang, durch den ich geschoben werde, wirkt wie ein Tunnel. Die Wände fangen an unscharf zu werden und ganz klar kann ich nur das sehen, was gerade aus vor mir ist. Ich merke, wie mir der Speichel aus den Mundwinkeln tropft, und mache durch ein Grunzen darauf aufmerksam. Tatsächlich reagiert der Pfleger darauf und putzt mir vorsichtig das Kinn trocken.

Dann geht es durch um eine Ecke und durch eine Glastür. „Gleich sind wir in Ihrem Zimmer“, kündigt der Pfleger an und dann werde ich in einem hellen Raum geparkt, wo nur ein Pflegebett drinsteht.

„So, ich kümmere mich jetzt mal um Ihr Essen und hole eben eine Platte für Ihrem Rollstuhl“, sagt der Pfleger. Er verschwindet kurz, kommt dann wieder und befestigt eine Tischplatte für das Essen am Rollstuhl. Dann nimmt er mir den Ballknebel ab. „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Dominik.“ Ich blicke in ein hübsches, freundliches Gesicht. Dominik hat kurze schwarze Haare, markante Züge, ist schlank und scheint gepflegte Hände zu haben. Ich finde ihn sofort attraktiv. „Ich heiße Katrin“, bringe ich hervor, „Katrin Ferner.“ Wie schwer mir das Sprechen fällt, wie als wenn ich betrunken wäre. Meine Zunge fühlt sich pelzig an und mir fällt es schwer, mich zu konzentrieren.

„Das Mittagessen werde ich Ihnen anreichen und dann geht es zum Mittagsschlaf ins Bett“, kündigt Dominik an. Ich blicke auf das Bett und entdecke ein komplettes S-Fix-Set darauf. Was habe ich das vermisst!

Dominik stellt nun das Essen auf den Tisch, es gibt Kartoffelpüree, Sauerkraut und Würstchen. Esse ich eigentlich ganz gerne, aber mir fehlt der Appetit. Ich kann mich noch nicht darauf einlassen: vor drei Stunden war ich noch ein freier Mensch und nun sitze ich festgeschnallt in einem Rollstuhl, werde gefüttert und sabbere vor mich hin. Ja, sabbere, denn mir fällt es schwer, das Essen im Mund zu behalten. Dominik wischt mir immer vorsichtig und sorgsam das Kinn ab. „Ist nicht so schlimm, Frau Ferner, ich fürchte, Sie können das Neuroleptikum nicht so gut vertragen. Frau Dr. Hahn wird Ihnen beim nächsten Mal weniger verabreichen. Wie das Zeug so wirkt, ist ja bei jedem Menschen anders.“
Nach dem Essen bitte ich Dominik, zur Toilette gehen zu dürfen. Er schnallt mich los und hilft mir aus dem Rollstuhl. Meine Beine fühlen sich an wie aus Pudding und Dominik führt mich zur Toilette. „Ich lass Sie dann mal allein“, sagt er, „und lehne die Tür nur an. Wenn Sie Hilfe benötigen, rufen Sie bitte.“

Ich erleichtere mich, gehe dann vorsichtig ins Zimmer zurück und setze mich aufs Bett. „Es ist Order, Ihnen den Ballknebel über Mittag anzulegen. Darf ich bitten?“, fragt der Pfleger und hält mir den roten Ball vor den Mund. Ich öffne ihn bereitwillig und schon spüren meine Zähne den Ball zwischen sich. Dominik befestigt die Schnallen an meinem Hinterkopf und fügt hinzu: „Wie Sie sich sicher schon denken können, muss ich Sie fixieren. Ziemlich sogar. Legen Sie sich einfach bitte bequem hin.“ Ich lege mich auf den Rücken und Dominik fängt mit dem breiten Bauchgurt an und verschließt ihn sorgfältig, ohne ihn allzu stramm zu ziehen. Dann legt er meine Hände in Position, zieht die gepolsterten Gurte um meine Handgelenke immer enger und sichert sie schließlich mit kleinen Magnetschlössern. Ich mag es, wie er an mir herumhantiert. Sehe seine feingliedrigen Hände und wünsche mir, er möge mich berühren. Und als Dominik mir den Schrittgurt anlegt, werde ich trotz der Sedierung horny. Er verbindet ihn mit dem Bauchgurt und zieht dann eine Schulterhalterung bis neben meinem Kopf fest. Nun kann ich nur noch liegen, mich noch niemals aufrichten. „Jetzt noch die Füße“, murmelt Dominik, spreizt meine Beine etwas auseinander und legt die gepolsterten Gurte um meine Fesseln. Dann streicht er an meinen Oberschenkeln die Hose glatt und legt die Halterung an. Ich stöhne vor Wollust, auch wenn es sich mit dem Knebel anders anhört.

„So, wir sind fertig. Legen Sie bequem oder soll das Kopfteil noch höher?“ Ich nicke und Dominik richtet es etwas auf. „Soll ich Ihnen noch die Brille abnehmen?“ Ich schüttele meinen Kopf. „Dann wünsche ich einen guten Mittagsschlaf,“ sagt der Pfleger, zieht die Seitengitter hoch und lässt mich allein.

Allein mit meiner Lust, aber ich werde plötzlich immer müder. Einmal geht die Tür noch auf. Dominik kommt zu mir und hat eine Art Messschieber in der Hand. „Ich muss noch schnell was erledigen,“ sagt er und nimmt mit dem Werkzeug zunächst an meinen Wangen Maß, dann an meinem Gesicht. „Es ist wegen der Maske,“ erklärt er und geht. Welche Maske? denke ich und dann schlafe ich wohlig ein.


Eingekleidet

„Hallo, Frau Ferner, hören Sie mich?“ Eine Frauenstimme dringt in meinen Schlaf und widerwillig öffne ich die Augen. „Na, Sie haben ja gut geschlafen. Nun ist es Zeit, aufzuwachen und mit der Therapie anzufangen. Ich bin Schwester Margot, die Stationsschwester hier auf der 2. Ich werde Sie jetzt mal losmachen.“ Ich schaue in ein Gesicht von undefinierbarem Alter, irgendwas um die 50, und die Frau löst nach und nach sämtliche Fixierungen des S-Fix-Systems. Ich murmele irgendwas Sinnloses in meinen Knebel und lasse mir dann von der Schwester aufhelfen. „So, zuerst geht es jetzt mal in den Hygieneraum,“ kündigt sie an, „die zwei Kolleginnen werden Sie begleiten.“ Zwei andere, ungefähr gleichaltrige Schwestern stehen rechts und links neben mir und führen mich aus den Zimmer, quer über den Flur in einen anderen gefliesten Raum. Dort sehe ich eine Liege und einen Gynokologiestuhl. „So, Frau Ferner, Sie werden jetzt Ihre Klinikwäsche anziehen. Und gerade am Anfang Ihres Aufenthaltes hier müssen Sie eine Windel tragen. Also, bitte ziehen Sie sich jetzt aus,“ sagt eine der beiden Frauen. Ich fühle mich immer noch total schlapp und gehorche bereitwillig. Ich gebe meine Kleidung den Frauen. „Bitte auch Ihre Brille. Sie werden dann eine von unseren bekommen.“ Ich nehme meine Brille ab, die samt meiner Kleidung in einer großen Plastikkiste verstaut wird.

Ich stehe nur noch im Höschen da und dann werde ich zum Gynostuhl geführt, auf dem ich Platz nehme. Ein breiter Gurt wird über meinen Bauch gespannt und ein weiterer Gurt um meinen Kopf. „Wir werden Sie jetzt unten herum rasieren und Ihnen dann einen Windel anlegen.“ Mein Busch wird abrasiert und eine warme, dicke Windel schließt sich um meinen Unterleib. „Fertig. Wir machen Sie dann mal los.“ Die beiden helfen mir auf und ziehen mir dann eine gelbe Plastikhose über die Windel. „Wenn mal was ausläuft…“ und dann schlüpfe ich einen wunderschönen hellgelben Pflegeoverall, der mit Reißverschlüssen an den Beinen verschlossen wird. „Für das schnelle Saubermachen“, wie mir erklärt wird.
Wie in Trance lasse ich alles mit mir geschehen, ich finde die ganze Prozedur noch nicht einmal erniedrigend, sondern lasse sie einfach machen.

„Und jetzt bitte einmal die Arme nach vorne“ und schon werden die Ärmel einer weißen Jacke über meine Hände und Arme gestreift. Meine Hände finden vorne keinen Ausgang, Die Jacke wird rasch über meine Schultern gestreift und mit mehreren Schnallen fest hinter meinem Rücken und an meinem Hals verschlossen. „Wir wussten von Ihrem letzten Aufenthalt hier her noch Ihre Größe. Ha, sie passt wie angegossen,“ kommt als Kommentar. Die Schwestern verschränken meine Arme und befestigen die losen Enden ebenfalls an meinem Rücken. Der feste Segeltuchstoff spannt sich um meine Schultern und den Oberkörper, mir wird ganz warm darin und ich spüre trotz Sedierung ein eigenartiges Kribbeln tief in mir drin. Meine Zwangsjacke, ich darf sie wieder tragen. Dann wird noch der Schrittgurt stramm gezogen und ich bin diesem Teil unerbittlich ausgeliefert.

Die Stationsschwester meldet sich nun zu Wort: „Wir haben den richterlichen Beschluss für sämtliche Fixierungsmaßnahmen bei Ihnen aufgrund des hohen Grades an Selbstgefährdung. Sie sollten sich darauf einstellen, dass bei Ihnen, wie bei fast allen Zwangseingewiesenen die Maßnahmen in den ersten Wochen bestehen bleiben, bis eine Gefährdung ausgeschlossen werden kann. Nun nehme ich Ihnen aber erst mal den Knebel ab.“

Sie stellt sich hinter mich und befreit mich von dem Teil. Ich lecke mir die ausgetrockneten Lippen und möchte etwas sagen, aber meine Aussprache ist lallend und schleppend. „Immer die Zwangsjacke?“ bekomme ich noch hin. „Am Anfang ja,“ ist die Antwort, „bessert sich Ihr Verhalten, können Sie darauf verzichten. Das entscheidet dann Frau Dr. Hahn im wöchentlichen Feedback-Gespräch.“

Einigermaßen kann ich mich auch ohne Brille im Spiegel erkennen. Die dicke weiße Jacke, die gelben Beine des Overalls, hübsch sehe ich aus.
„Frau Ferner, Sie sind hier wegen selbstverletzendem Verhalten und wir halten nun in verhaltenstherapeutischer Hinsicht dagegen,“ erklärt Schwester Margot. „Sie werden nun bis auf weiteres eine Gesichtsmaske tragen, die das Beißen verhindert, sowie eine unserer reizreduzierenden Brillen. Dazu, damit Sie bei einem möglichen Fallen, nicht zu Schaden kommen, einen Schutzhelm. Das mag für Sie vielleicht ein bisschen viel auf einmal sein, aber denken Sie daran, es nützt Ihnen sich selbst zu regulieren.“ Und dann schiebt eine der Schwestern ein Schränkchen auf Rädern in den Raum und ich muss mich auf die Liege setzen. „Sie kennen den Film „Das Schweigen der Lämmer“? fragt Schwester Margot. „Solche Beißschutzmasken wie in diesem Film haben sich auch in unseren Einrichtungen als sinnvoll herausgestellt. Keine Angst, Sie werden damit sprechen können und die Atmung ist auch nicht behindert. Und an das Fremdgefühl im Gesicht gewöhnt man sich schnell.“ Und dann holt sie tatsächlich solch eine Horrormaske aus dem Schränkchen. „Sehen Sie hier“, sagt Margot, “durch das Mundgitter werden Sie gut atmen können. Die Maske müssen Sie zunächst immer tragen, nur zum Essen wird sie Ihnen abgenommen.“ Und dann wird sie mir angepasst und die Gummigurte um den Kopf gezogen. Ich sehe mich im Spiegel, mein halbes Gesicht samt Nase von der braunen Maske verdeckt. Vor dem Mund die Gitterstäbe. Ich schüttele mich. Bin ich das, Katrin, in Zwangsjacke und Beißschutzmaske? Ich versuche etwas zu sagen, aber nur schwer kommen die Worte aus meinem Mund: „Ich möchte das nicht. Ich beiße auch nicht mehr, ganz bestimmt nicht.“ „Das sind medizinisch-therapeutische Maßnahmen, die in Ihrem Fall absolut sinnvoll sind,“ ist die dürftige Antwort, „Sie wollen doch irgendwann einmal Haus Waldstetten wieder verlassen, oder?“
Ich schaue mich im Spiegel an. Und fasse es nicht. Und bin gleichzeitig fasziniert von meinem Aussehen. „Gibt es hier noch andere, die, die so aussehen wie ich?“ „Natürlich nicht alle, aber in Einzelfällen schon. Waldstetten ist ja spezialisiert für die schwereren Fälle. Aber wir sind noch nicht fertig.“

Schwester Margot holt nun einen braunen Lederhelm und eine dickrandige Brille mit großen Gläsern hervor, an deren Bügeln zusätzlich ein Gummigurt angebracht ist. „Das kennen Sie ja schon“, kündigt sie an, “Sie werden mit der Brille nur das klar sehen können, was in Ihrem Nahbereich ist. Alle anderen Reize können Sie damit ausblenden. Laut Frau Dr. Hahn fangen Sie mit einer hohen Stärke an, plus zehn auf beiden Gläsern. Sollten sie vom Tragen Kopfschmerzen bekommen, dann melden Sie sich bitte. Dagegen kann man ja was tun.“ Und dann zieht sie mir die Brille an. Wie bei einer Schwimmbrille ist der Mittelsteg flexibel, so dass sich die Brillenränder der beiden Gläser perfekt an mein Gesicht schmiegen. Die Bügel finden an meinen Ohren Halt, der Gurt an meinem Hinterkopf sorgt dafür, dass die Brille perfekt sitzt. Augenblicklich versinkt die Welt in Unschärfe. Ich sehe nur noch die Schwester deutlich, die direkt vor mir steht. Von allem anderen sehe ich nur unscharfe Farben.
„Wir werden Sie gleich für den Rest des Nachmittages in die Weichzelle bringen. Dort können Sie sich erst einmal an die neuen Eindrücke gewöhnen und völlig zur Ruhe kommen. Aber vorher müssen wir Ihnen diesen Helm aufsetzen. Auch ihn werden Sie jetzt nahezu permanent tragen. Er schützt Sie nicht nur, falls Sie mal fallen sollten, sondern hat auch noch einen integrierten Gehörschutz, damit Sie auch auf akustische Reize nicht mehr so reagieren können.“

Dann wird mir auch schon der braune Helm übergestülpt, schön farblich mit meiner Maske abgestimmt, und schon wird die Welt leiser. Die Schwester befestigt den Kinngurt und dann helfen mir zwei starke Arme auf und stellen mich vor den Spiegel.
Die starken Gläser der Brille vergrößern meine Augen enorm. Aber sonst ist von meinem Gesicht nichts mehr zu sehen. Die abscheuliche Maske nimmt die untere Hälfte ein, die Brille und der Helm den Rest. Das bin ich nicht mehr, das ist jemand Fremdes, der mich da ansieht.

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Redballgagged89
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Luzern


Bevor ich ins Gras beisse, rauche ich es zuerst weg!

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  RE: Haus Waldstetten Datum:18.12.24 21:23 IP: gespeichert Moderator melden


Super Geschichte. Genau nach meinem Geschmack. Bitte weiter so.
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Doran
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  RE: Haus Waldstetten Datum:19.12.24 22:34 IP: gespeichert Moderator melden


Ein toller Bericht. Die Völlige Hilflosigkeit gefällt mir auch sehr gut. Bitte weiter berichten.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:20.12.24 16:20 IP: gespeichert Moderator melden


Vielen Dank für euer tolles Feedback. Nun geht es schon weiter.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:20.12.24 16:25 IP: gespeichert Moderator melden


Wie in Watte

Ich werde vorsichtig in die Mitte genommen und dann geht es über den Flur in Richtung Weichzelle, oder besser gesagt Gummizelle. Die beiden Schwestern stützen mich, denn meine Beine fühlen sich noch immer ganz schwach an. Sehen kann ich kaum etwas, hören auch nur gedämpft, ich fühle mich wie in Watte. Sie führen mich über den Flur, eine Tür geht auf und ich befinde mich in einem hellen Raum. Die Schwestern setzen mich vorsichtig auf eine gepolsterte Liege und lassen mich dann allein. Ich bleibe erst einmal wie benommen sitzen, stehe dann auf und versuche einige Schritte zu gehen. Mir ist etwas schwindelig und der weiche Boden gibt mir nicht unbedingt Sicherheit. Schließlich falle ich auf die Knie und dann lege ich mich auf den Boden. Das wird mir allerdings bald zu unbequem und irgendwie gelange ich zu der Liege. Rückwärts an die Wand gelehnt drücke ich mich hoch und dann mache ich es mir auf der Liege möglichst bequem. Langsam döse ich wieder weg, ich kann meine Gedanken nicht klar halten.

Irgendwann bemerke ich, dass jemand vor mir steht und mich beobachtet. Ich kann nicht erkennen, wer es ist, sehe nur etwas Weißes. Wahrscheinlich Frau Dr. Hahn, denke ich. Die weiße Gestalt entfernt sich dann wieder.

Draußen wird es langsam dunkler und das Licht in der Gummizelle geht an. Ich bleibe liegen und lasse meine Gedanken treiben. Aber ich kann sie nicht festhalten, alles nur Fetzen.
Dann sind plötzlich wieder die beiden Schwestern da, helfen mir auf und führen mich aus der Zelle. Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist und wo es hingeht, bis ich mich wieder in meinem Zimmer, dem Beobachtungszimmer, wiederfinde. Ich werde auf einen Stuhl gesetzt und dort sofort mit einem breiten Brustgurt festgeschnallt. Dann wird ein Tisch herangeschoben, ich rieche Wurst und Käse. Also Abendessenzeit. Zwei Hände lösen die Maske von den Gurten und dann beginnt ein erlesenes Essen. Ich werde wieder gefüttert und trinke aus der Schnabeltasse. „Eigentlich mag ich keine Wurst auf Brot, nur Käse“, wage ich zu sagen und bekomme tatsächlich eine vernünftige Antwort: „Gut, dass Sie`s sagen. Dann gibt es morgen Abend nur Käse.“

Nach dem Essen wird mir die Maske wieder angelegt. Hannibal Katrin ist bereit. Dann wird meine Windel kontrolliert, sie ist noch schön trocken. „Darf ich zur Toilette?“ bitte ich und auch diese Bitte wird mir erfüllt. Toilette ja, aber mit Aufsicht. Und dann natürlich einer frischen Windel. Danach werde ich zum Bett geführt und dann zieht man mir endlich die Zwangsjacke aus. Ich recke und strecke mich ausgiebig, bevor mich die S-Fix-Gurte wieder empfangen.

Kein Waschen, kein Zähneputzen, ich bekomme nur einen dünneren Overall an, dicke Patientenfäustlinge werde über meine Hände gestreift und dann werde ich wie heute Mittag wieder rundum fixiert. Ich bin so fertig, dass ich alles mit mir geschehen lasse und bald schlafe ich ein.

In der Nacht werde ich ein paar Mal wach. Die Fixierung ist ungewohnt und anstrengend und durch kleinere Bewegungen versuche ich, mir etwas Erleichterung zu verschaffen.
Ich bin froh, als ich morgens geweckt werde. Nach der Befreiung von den Gurten führen mich zwei Schwestern ins Bad. Dort ziehen sie mich aus und führen mich zu einem seltsamen Gestell, eine Art Türrahmen. Mir wird eine Fessel aus Plastik um meinen Hals gelegt, links und rechts gehen Plastikgurte davon ab, die an den Seiten des Rahmens befestigt werden. Dann bekomme ich Fuß- und Handfesseln aus dem gleichen Material angelegt, die ebenfalls stramm am Rahmen befestigt werden. Ich stehe nun mit gespreizten Beinen nahezu bewegungsunfähig in diesem Rahmen und eine Schwester beginnt, mich nun ausgiebig einzuseifen und abzuduschen.

Nach der Säuberungsaktion bekomme ich wieder Windel, Gummihose, Pflegeoverall an und dann natürlich wieder die Zwangsjacke. Ich fühle mich immer noch ziemlich Matsche und lasse alles an mir geschehen. Später dann die Raubtierfütterung, Zähneputzen (also doch!), Maske wieder an und dann ab in die Gummizelle. Ich liege dort wieder auf der Liege, bin immer noch leicht benommen und fühle mich weiterhin wie in Watte.
Nach dem Mittagessen erwartet mich wieder S-Fix. Heute Mittag ist Dominik leider nicht da, irgendeine Schwester macht sich an mir zu schaffen. Etwas ruppig, wie ich finde, und sehr stramm fixiert. Dann werden die Gitter hochgezogen und ich kann mich wieder meinen müden Gedanken hingeben.

Und nach dem Mittagschlaf dann tatsächlich etwas Abwechslung. Erst die Zwangsjacke an und dann darf ich in einem Pflegerollstuhl Platz nehmen. Sofort werde ich dort mit einer breiten Weste festgeschnallt. Dann kommen Gurte um meine Füße, damit ich damit ja kein Unheil anrichte. Gurte um meine Oberschenkel verhindern, dass ich auch nur den Gedanken hege, ich könne aufstehen. Und damit ich nicht mit dem Kopf schlage, wird mein Helm noch an der Kopfstütze befestigt.

Und dann werde ich nach draußen geschoben. Geräusche dringen gedämpft zu mir durch, ich sehe schemenhaft, aber obwohl alles bei mir so eingepackt ist, spüre ich die frische Luft. Der Rollstuhl wird irgendwo draußen geparkt und ich genieße den aufkommenden Wind. Für wie wenig man schon dankbar sein kann!

Ich fühle mich immer noch wie abgeschossen, kann nicht wirklich einen klaren Gedanken fassen. Menschen kommen auf mich zu, stellen sich um meinen Rollstuhl und gehen wieder weg. Es fühlt sich alles so irreal an. Gestern Morgen bin ich noch ganz normal aufgewacht und nun sitze ich voll fixiert in diesem Monstrum, fühle mich völlig benebelt und kann mich nicht rühren.

So langsam müsste ich mal auf die Toilette. Ich wage mehrmals eine fragendes „Hallo“, aber immer noch kommen die Worte wie Bröckchen aus meinem Mund. Dann setzt mich mein Rollstuhl plötzlich in Bewegung und ich werde in die Sonne geschoben. Ich versuche mich noch einmal zu melden, doch derjenige, der mich geschoben hat, geht einfach weg. Es wirkt alles so gespenstisch.

Und dann immer wieder dieses eine Wort, das mir durch den Kopf geht: Zwangseingewiesen. Wie ein Mantra taucht es in meinen Gedanken auf und ich kann es nicht wegscheuchen, so bedrohlich wirkt es auf mich. Während ich so in der Sonne sitze, muss ich es auch mehrfach ausgesprochen haben, denn plötzlich wird mein Ohrenschutz angehoben und eine Stimme fragt mich: „ Führen Sie Selbstgespräche?“ Mir ist das megapeinlich, jetzt sabbel ich auch schon vor mich hin. Sofort verstumme ich. „Ich werde es mal notieren,“ sagt die Stimme, „das kann ja auf eine Psychose hindeuten.“



Netzbetten im Schlafsaal

Am Abend und am nächsten Tag wieder das gleiche Programm, nur dass ich mich wesentlich besser fühle. Auch die Waschprozedur, festgeschnallt im Rahmen stehend, lasse ich über mir ergehen. Dann werde ich wieder in den Auszeitraum, natürlich weiterhin in Zwangsjacke, gefahren und nach der Mittagsruhe wieder voll fixiert im Rollstuhl nach draußen. Mittlerweile kann ich durch die starken Gläser ein wenig besser sehen, meine Augen haben sich wohl ein wenig daran gewöhnt.
In der Nacht schlafe ich zum ersten Mal, seit dem ich in Waldstetten bin, wenigstens einigermaßen gut. Ich habe aber auch den Eindruck, dass die Fixiergurte nicht mehr ganz so stramm angezogen werden.

Am nächsten Morgen dann eine Überraschung: Ich werde von einer Schwester geweckt und Frau Dr. Hahn steht plötzlich vor meinem Bett. Die Schwester löst die Gurte meines Helmes und nimmt ihn mir vorsichtig ab. „Guten Morgen, Frau Ferner,“ beginnt die Ärztin, „Sie haben sich bisher ja recht gut hier eingefügt, so dass wir an erste Lockerungen denken können. Heute Morgen dürfen Sie sich ganz alleine duschen. Ihre Brille nehme ich mit und lasse etwas schwächere Gläser einbauen. Sie bekommen auch einen neuen Helm, aber ohne Ohrenschutz. Sie sollen sich dann langsam wieder an die akustischen Reize gewöhnen. Nach dem Frühstück werden Sie das Beobachtungszimmer verlassen und sozusagen richtig auf Station kommen. Wir haben für Sie ein PIB vorgesehen, dann entfällt auch die Vollfixierung.“ Was ist ein PIB?“ frage ich. „Ein Psychiatrisches Intensivbett“, ist die Antwort. „Auf der Station finden in den meisten Patientenzimmern umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen statt. Da wir zudem mit Fachkräftemangel zu tun haben, müssen die Patientinnen sich am Tag, zumindest bei schlechteren Wetter wie heute in ihren PIBs aufhalten. Wegen des momentanen Raummangels stehen diese in einem Schlafsaal. Das geht leider im Moment nicht anders. Und jetzt macht die Schwester Sie los, bringt sie zur Dusche und dort dürfen Sie sich viel Zeit lassen. Einen schönen Tag noch.“ „Ach ja. Ihre Brille bitte noch.“ Und dann wird mir das Teil, das ich seit einigen Tagen und Nächten ununterbrochen trage, abgenommen. Meine neue Sicht ohne Brille ist ziemlich unscharf, zumal ich ja auch sonst eine, wenn auch schwächere, trage. Aber so verschwommen sehe ich sonst nicht.

Das Duschen ist dann eine Wohltat. Ich lasse mir wirklich viel Zeit dabei, wasche mir ausgiebig die Haare und mache mich dann in Ruhe fertig. Nachdem ich angezogen bin, wird mir wieder die Zwangsjacke übergestreift, aber diesmal deutlich lockerer als sonst zugemacht.
Nach dem Frühstück im Beobachtungszimmer wird mir angekündigt, dass gleich das PIB käme. Ich bin gespannt, was damit gemeint ist und staune nicht schlecht, als ein altertümliches Netzbett hereingerollt wird. „Bitte, Platz nehmen“, werde ich aufgefordert und dann wird mir geholfen, mich ins Bett zu setzen. Über mir und an der Seite sehe ich die festen Netze, die über Metallrahmen befestigt sind. Meine Beine und Füße werden schnell fixiert, der Rest meines Körpers zum Glück nicht. Ich bekomme meine Gesichtsmaske angezogen, das Seitennetz wird hochgefahren und mit dem Kommentar „das ist nun ihr neues kleines Zuhause“ werde ich samt Bett in Bewegung gesetzt. Ich werde über den Flur geschoben, dann öffnet sich eine Schiebetür und es verschlägt mir den Atem. Ein beißender Geruch strömt mir entgegen und ich kann gerade so ungefähr zehn Netzbetten mit Bewohnerinnen in einem Raum erkennen. An eine freie Stelle der Tür genau gegenüber wird mein Bett geparkt und die Bremsen werden angezogen. Eine mir unbekannte Schwester öffnet das Bett, setzt mir meine Brille auf und stülpt mir dann den neuen Helm über den Kopf. Augenblicklich ist mein einigermaßen klares Sehen auf wenig mehr als zwei Meter begrenzt. Mein Helm wird wieder schön festgeschnallt, dann das Netzgitter hochgezogen und mit einem launischen „ich wünsche einen ruhigen Vormittag“ werde ich verabschiedet.
Ich schaue nach links und rechts und kann so gerade in den beiden Netzbetten die anderen Patientinnen erkennen. Zu meiner linken sitzt eine älteren Frau, genau wie ich auch in eine Zwangsjacke gepackt, und schaukelt monoton hin und zurück. Dabei summt sie ununterbrochen die gleiche Melodiefolge. Im Bett auf der rechten Seite liegt eine jüngere Frau. Ein roter Ballknebel verschließt ihre Mund, hinter ihren dicken Brillengläsern hat sie ihre Augen geschlossen und auch sie hat eine Zwangsjacke an. Mein Gott, wo bin ich hier gelandet.

„Ah, unser Neuzugang,“ ertönt irgendwann eine kräftige Stimme, „ich bin Schwester Brigitte und Sie sind …. die Frau Ferner. Natürlich zwangseingewiesen, wie alle hier auf der Station. Ich soll Sie abholen, es wird ein EEG gemacht.“ Und schon löst sie die Bremsen des Bettes, zieht es hervor und schiebt mich dann über einen langen Flur in das Behandlungszimmer. Dort werde ich schon von Frau Dr. Hahn erwartet. Die Schwester öffnet das Netzbett, löst die S-Fix-Gurte und hilft mir aus dem Bett. Ich setze mich in eine Art Zahnarztstuhl und werde wieder schön festgeschnallt. Ich bekomme eine Haube aufgesetzt, mittels derer die Elektroden auf bestimmte festgelegte Punkte der Kopfhaut platziert werden. „Wir müssen doch herausbekommen, was zu Ihren Aussetzern führt,“ wird mir erklärt. Die ganze Prozedur dauert vielleicht eine halbe Stunde, mittlerweile fehlt mir jedes Zeitgefühl.

Irgendwann kommt Frau Dr. Hahn wieder herein. “So, wir sind fertig,“ kommentiert sie, „Herzlichen Glückwunsch! Es liegen keine Auffälligkeiten vor. Es finden sich keine Hinweise auf irgendwelche Funktionsstörungen. Das heißt, wir können weiterhin über verhaltenstherapeutische Maßnahmen auf Ihre Probleme eingehen und Ihnen weiterhelfen. Sie bleiben jetzt hier bitte noch etwas sitzen. Später gibt es dann Mittagessen.“
Schwester Brigitte befreit mich dann von der Haube und kündigt mir an, in etwa einer halben Stunde würde sie mich zum Essen abholen.

Und irgendwann kommt sie auch und schnallt mich los. An den Griffen meiner Zwangsjacke führt sie mich in den Speisesaal, wo es ganz schön laut her geht. Und – o Wunder – ich darf zum ersten Mal, seitdem ich hier bin selbständig essen! Die Schwester befreit mich von meiner Maske und von der Jacke und platziert mich an einen Vierer-Tisch. Damit ja nichts passieren kann, essen hier alle mit einem Plastiklöffel von einem Plastikteller und trinken aus einem Plastikbecher. Aber ich bin schon froh, diesmal nicht gefüttert zu werden.
Mit den die anderen Frauen am Tisch kann ich wenig anfangen. Sie stieren nur auf ihre Teller und schaufeln ihr Essen in sich hinein.

Nach diesem trostlosen Essen ist es dann aber auch schon wieder mit der relativen Freiheit vorbei. Ich bekomme meine Gesichtsmaske und die Zwangsjacke wieder angezogen und werde in den Schlafsaal geführt. Dort warte schon mein Netzbett auf mich, in das ich mich zur Mittagsruhe hinlegen muss, diesmal wieder schön mit dem S-Fix angeschnallt.

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Redballgagged89
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  RE: Haus Waldstetten Datum:20.12.24 17:56 IP: gespeichert Moderator melden


Danke für die rasche Fortsetzung. Ich wäre happy, wenn Frau Ferner wieder härter unter Medikamente gesetzt wird..ein medizinischer Ballknebel oder so. Nur als inspiration gedacht.
Danke nochmals für diese tolle Geschichte.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:22.12.24 15:50 IP: gespeichert Moderator melden


Schwester Gerda

Draußen regnet es den ganzen Nachmittag und daher „müssen die Damen leider in ihren Betten bleiben“ wie es gönnerhaft heißt. Zum Glück werde ich aus den S-Fixgurten entlassen, so dass ich mich in meinem Netzbett immerhin ein klein bisschen bewegen kann. Aber natürlich ist mir unendlich langweilig. Wenn ich wenigstens lesen dürfte -aber wie soll ich dann die Seiten umblättern?

Das Abendessen darf ich dann wieder selber zu mir nehmen und zur Nachtruhe geht es nach und nach in den Waschraum. Das ist schon eine logistische Aufgabe für zwei Schwestern, dafür zu sorgen, dass zehn, zwölf psychisch angeschlagene Frauen in ihren jeweiligen Fixierungen sauber und dann bettfertig gemacht werden. Ich bin eine der letzten, die dran ist, und bekomme einiges vom Gespräch zwischen Schwester Margot und Schwester Brigitte mit. Besonders bei einem Namen werde ich hellhörig: „Ab morgen wird unsere Station etwas entlastet. Vom Haupthaus kommen zwei Abordnungen.“ „Weißt du mehr dazu?“ „Ein Mann soll kommen. Aber ich weiß nicht, wer. Und Gerda. Hast du schon mal mit der zusammengearbeitet?“ „Nein, die kenne ich nicht.“ „Hast auch nichts verpasst. Die ist ziemlich von sich eingenommen. War mal eine kurze Zeit Oberschwester, so ca. vor einem Jahr. Hat sich aber zu weit aus dem Fenster gelehnt und bei einer Patientin völlig falsch entschieden. Danach haben die Ärztinnen ihre Entscheidung wieder rückgängig gemacht und seitdem ist mit Gerda überhaupt nicht mehr auszukommen.“

Und da durchzuckt es mich. Diese Patientin war ich und ausgerechnet Gerda werde ich hier wieder treffen. Na, dann gute Nacht.
„Es sollte mich nicht wundern, wenn wieder was vorgefallen ist und Gerda quasi zwangsversetzt wird. Nun, lustig wird das nicht. Für niemanden. Für dich nicht, für die Kolleginnen nicht, für die Patientinnen nicht und auch nicht für mich. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Stimmung gegen mich macht und mir meinen Posten neidet.“ „Ach, komm, Margot, du bist doch hier anerkannt.“ „Na ja, aber Gerda und Frau Dr. Hahn haben irgendein dickes Ei miteinander. Ich habe da echt kein gutes Gefühl.“

Und ich auch nicht. Bisher waren hier alle ganz nett zu mir, aber bei Gerda ist es anders. Wir haben eine gemeinsame Geschichte und die ist für mich sehr negativ belastet. Die Frau hat mich von Anfang an nicht gemocht und mir manche dicken Strafen eingebracht. Wenn Sven und Frau Dr. Herenthal nicht gewesen wären, wäre ich schon damals für immer auf Station D geblieben. Aber, das muss ich mir eingestehen, da bin ich jetzt auch und ich sehe wegen meiner Zwangseinweisung keine Chance bald hier wieder weg zu kommen. Und nun auch noch Gerda…

Und am nächsten Morgen nach dem Frühstück, wir sitzen und liegen wieder alle schön in unseren Netzbetten, begegne ich meiner Feindin. Schwester Margot erklärt ihrer neuen Kollegin alle Gepflogenheiten auf der Station und sorgt dafür, dass sie die Patientinnen kennen lernt. Und dann stehen sie vor meinem Bett. „Das ist Katrin Ferner“, fängt Margot an, „ebenfalls eine Zwangseinweisung. Sie hätte eigentlich ins Haupthaus gemusst, aber wegen Platzmangel ist sie hier gelandet.“ „Und hier ist die völlig richtig“, unterbricht Gerda sie. „Nicht wahr, Frau Ferner, wir kennen uns doch, auch wenn ich Sie wegen Ihrer hübschen Gesichtsmaske nicht sofort erkannt habe.“ „Selbst verletzendes Verhalten“, erklärt Margot, „die Maßnahme soll aber nur vorübergehend sein.“ „Oh, das haben bei Frau Ferner schon viele gedacht und sie sind immer wieder enttäuscht worden. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre die Dame nie entlassen worden. Und dass ich recht hatte, sieht man ja daran, dass sie wieder hier ist. Und dann noch auf richterliche Anordnung. Ja, Frau Ferner, auf gute Zusammenarbeit. Und ich denke, die wird diesmal etwas länger dauern. Übrigens, Frau Ferner, ich habe einen Kollegen mitgebracht. Den kennen Sie sicher auch noch. Eddie. Ja, man sieht sich immer zweimal im Leben.“

Oh, Eddie, der auch noch. Noch einer, der mir bei meinem ersten Aufenthalt das Leben schwer machte. Und dabei ist der Typ so saudumm, er merkt es nur nicht. So ein großer Mist, in den ich hier hereingeraten bin.

Heute ist das Wetter ganz passabel. Die Sonne scheint und es ist wohl wieder etwas wärmer. Und da tönt schon Eddies Stimme: „Guten Morgen, meine Damen, ich darf Sie jetzt alle nach draußen fahren. Bitte anschnallen und los geht die Fahrt!“ Und dann schiebt er ein Netzbett nach dem anderen heraus auf die Terrasse, die fast das ganze Haus umgibt und reiht uns schön nebeneinander draußen auf. Endlich mal etwas Abwechslung. Mit wie wenig man schon zufrieden ist.

Mein Bett steht als letzte ganz am Rand der Terrasse. Wegen der dicken Gläser meiner Brille sehe ich erst im letzten Moment, dass Schwester Gerda auf mich zusteuert. „Ja, Frau Ferner, so sieht man sich tatsächlich wieder. Und wissen Sie was, Frau Lorenz ist auch da.“ „Kim Lorenz?“, frage ich. Mit Kim hatte ich einige Wochen ein Zimmer geteilt und mich etwas für sie verantwortlich gefühlt. „Ja, genau diese Frau Lorenz. Die war und ist ja noch durchgeknallter als Sie. Und jetzt sind Sie beide wieder zusammen. Sie ist sogar bei Ihnen im Schlafsaal. Wahrscheinlich haben Sie sie noch nicht durch Ihre Glubscher gesehen.“ Gerda tut so, als wolle sie gehen, dreht sich aber doch noch mal nach mir um. „Wissen Sie was, Frau Ferner, mit Ihrer Hannibal-Lector-Maske gefallen Sie mir ausgesprochen gut. Das Problem allerdings ist, dass Sie damit sprechen können. Und damit haben Sie schon viel Unheil angerichtet. Wegen Ihnen war ich drauf und dran meine Stelle zu kündigen. Aber ich habe mich durchgebissen und nun bin ich hier und immer noch im Dienst.“ Und dann zischt sie mir zu: „Wir werden noch viel Spaß miteinander haben…“.
Und weg ist sie. Ich komme ins Grübeln. Kim ist also auch hier irgendwo draußen. Kennt sie mich wohl noch? Sie war ja immer sehr zurückgezogen und in sich gekehrt. Hat selbst mit mir nur wenig gesprochen. Gerda hatte es auch auf sie abgesehen gehabt. Hoffentlich hat sie hier nicht wieder so freie Hand.


Lockerungen

Das wöchentliche Feedback-Gespräch mit Frau Dr. Hahn brachte mir tatsächlich einige Erleichterungen. Endlich brauche ich keine Zwangsjacke mehr zu tragen. Nun gut, meine Hände stecken außer beim Essen in dicken Patientenfäustlingen, mit denen ich natürlich nichts greifen kann. Aber ich kann meine Arme wieder bewegen. Und da die Renovierung des Aufenthaltsraumes abgeschlossen ist, müssen wir nicht mehr so lange in unseren Betten ausharren – nur noch bis zur morgendlichen Visite und während der Mittagsruhe. Ich muss auch nicht festgeschnallt im Rollstuhl sitzen, sondern kann als eine der wenigen aus dem Schlafsaal frei herumgehen. Allerdings muss ich aus Sicherheitsgründen, wie es heißt, wieder den Schutzhelm tragen, weiterhin allerdings ohne Ohrenschutz.

Dabei habe ich Kim entdeckt und versucht, mit ihr zu sprechen. Aber sie scheint sehr unter Psychopharmaka zu stehen. In ihrem großen Pflegerollstuhl versinkt Kim fast, die Gurte halten sie einigermaßen aufrecht. Durch ihre dicken Brillengläser schaute sie mich nur ungläubig an und senkte danach wieder ihren Blick. Vielleicht hat sie mich auch nicht erkannt. Der Helm, meine Maske und meine Brille lassen mich schon arg fremd aussehen.

Mir wurde mittlerweile auch die zweite Spritze des Neuroleptikums gespritzt. Aber wahrscheinlich war die Dosis besser auf mich abgestimmt. Ich fühle mich weit weniger wie in Watte und kann mich besser konzentrieren. Allerdings bemerke ich mit Sorge, dass meine zielgerichteten Bewegungen etwas statisch werden, fast schon roboterhaft. Das muss ich unbedingt am nächsten Freitag mit der Ärztin besprechen.

Gerda lässt mich erstaunlicherweise weitgehend in Ruhe. Außer ein paar dahingezischten Bemerkungen habe ich noch nichts von ihr abbekommen. Und ihr Handlanger Eddie scheint auch nichts von mir zu wollen. Hoffentlich bleibt es so.

Zu meiner großen Freude sehe ich Dominik wieder. Der Arme war heftig erkrankt, aber jetzt ist er wieder im Dienst. Und er ist der erste, der sich tatsächlich etwas Zeit für einen nimmt. Dominik sucht das Gespräch, erkundigt sich ernsthaft nach meinem Wohlergehen und hat mir versprochen, die Sache mit meinen Bewegungseinschränkungen mit Frau Dr. Hahn zu besprechen. Das sei wohl eine häufige Nebenwirkung des Medikamentes.
Wie ich übrigens von Dominik erfahren habe, will er nach der Pflegeausbildung Medizin studieren. Er hat die Ausbildung vorgeschaltet, damit er weiß, was auf ihn zukommt, und da, wie er mit einem Lächeln zugab, sein Notenschnitt beim Abitur nicht so ganz den Anforderungen entsprach. Nach ein paar Wartesemestern, so hofft er, wird er wohl den Studienplatz bekommen.

Mittlerweile habe ich auch Dr. Härich kennengelernt, den Assistenzarzt und Vertreter von Frau Dr. Hahn. Ein unscheinbarer, eher zurückhaltender Mensch, der mir aber immerhin in dürren Worten die frohe Botschaft überbrachte, ich müsste wegen guter Führung keine Gesichtsmaske mehr tragen. Schwester Margot macht sich an mir zu schaffen und nimmt mir das Teil ab. „Keine Beißschutzmaske mehr,“ kommentiert sie lakonisch, „also enttäuschen Sie uns nicht.“

So langsam läuft mit der dem Ende zugehenden Renovierung endlich ein Beschäftigungsprogramm an, zumindest hat es so den Anschein. Ein Therapeut bietet zweimal in der Woche eine Rhythmikgruppe an. Was heißt anbieten – es gehört zum Pflichtprogramm. Ist zwar nett, etwas Abwechslung zu haben, aber ich komme mir ziemlich blöd dabei vor, mit meinen dicken Fausthandschuhen eine Trommel zu bearbeiten. In der Gruppe ist kaum jemand, der wenigstens einigermaßen den Rhythmus halten kann. Und der etwa verpeilte Typ da vorn macht es einem auch nicht gerade leichter. Es kommt auf jeden Fall nichts dabei heraus als chaotischer Krach, von einen Zusammenspiel ist nicht annähernd zu reden.


Läuse

Eines Morgens nach dem Frühstück wird es hektisch. Frau Dr. Hahn hat Urlaub und Schwester Margot ebenfalls, also treibt uns Gerda direkt vom Esssaal wieder in unsere Netzbetten. Ich weiß nicht, was los ist, es herrscht nur irgendwie große Aufregung. Und dann kommt Gerdas großer Auftritt: „Liebe Patientinnen“, kündigt sie an, „leider wurden bei einigen von Ihnen heute Morgen Läuse und Nissen in den Haaren gefunden. Nach Absprache mit Dr. Härich müssen wir Sie alle behandeln, damit wir der kleinen Tierchen Herr werden. Sie werden nach und nach in Ihren Betten ins Untersuchungszimmer gefahren. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung, wir werden die Lage in den Griff bekommen.“ Dabei verrät ihre Stimme, dass die gute Schwester mehr als beunruhigt ist. Naja.

Als die ersten beiden Frauen in ihren Netzbetten von Eddie und einem anderen Pfleger vom Untersuchungszimmer in unseren Schlafsaal zurückgebracht und neben meinem Bett geparkt werden, traue ich meinen Augen nicht. Die Behandlung besteht aus einer radikalen Rasur der Haare, zwar keine Glatze, aber raspelkurz. Die werden das doch nicht auch bei mir machen, denke ich noch, und dann setzt sich schon mein Bett in Bewegung. Im Untersuchungszimmer erwartet mich schon Gerda. „So, Frau Ferner,“, sagt sie, „dann mal raus aus dem Bett und hier zum Haare schneiden Platz nehmen.“ „Aber ich habe doch keine Läuse“, wende ich ein. „Richtig, und damit das auch so bleibt, werde ich Ihnen jetzt eine schicke Kurzhaarfrisur verpassen. Nur keine Angst, die Haare werden ja nachwachsen.“ Als die Seitengitter hochgeschoben werden und die beiden Pfleger rechts und links von meinem Bett stehen, bekomme ich Panik. Ich lasse mir doch von Gerda nicht die Haare abrasieren. Nun werde ich laut und als die Pfleger mich anfassen wollen, schlage ich mit meinen Fäustlingen nach ihnen. „Das habe ich mir doch bei Ihnen schon gedacht, dass das nicht so einfach ist. Aber wenn es im Guten nicht geht, dann eben anders,“ schreit Gerda. Und dann hält mich Eddie in Rückenlage ganz fest, der andere Typ fasst meinen Arm und Gerda setzt mir eine Spritze. Augenblicklich werde ich ohnmächtig.

Als ich wieder aufwache, spüre ich die ungewohnte Kälte am Kopf. Unwillkürlich versuche ich mit den Händen nach meinem Kopf zu greifen, aber vergebens, sie sind festgeschnallt. Ich sitze fixiert im Pflegerollstuhl und kann auch irgendwie den Mund nicht schließen. Vor meiner Brust hängt eine Art Lätzchen und ich merke, wie mir der Speichel läuft. Ich versuche mich bemerkbar zu machen, kann aber nur ein paar unartikulierte Laure ausstoßen. Jedoch laut genug, dass Gerda sie hört. „Ja, hallo Frau Ferner,“ tut sie katzenfreundlich, „Sie haben einen kurzen Ausflug ins Land der Träume angetreten. In der Zeit haben wir einige Vorkehrungen getroffen, dass Sie nicht wieder auf uns los gehen und uns anschreien. Dieser Whitehead-Mundspreizer ist ein wunderbar effektives Gerät. Zwar nicht so angenehm für die Patienten, aber wie gesagt, sehr wirksam. Mindestens bis zum Mittagessen bleibt der drin und danach wird Dr. Härich entscheiden, wie es mit Ihnen weitergehen soll. Dass Ihr Aufstand Konsequenzen haben wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Und dann holt sie einen Spiegel und hält ihn vor mein Gesicht. Ich schreie auf, als ich meine verunstalteten Haare sehe, dazu den martialischen Metallspreizer in meinem Mund und dann die großen Augen hinter den dicken Brillengläsern. Und zusätzlich der Speichel, der auf das Lätzchen tropft.

Ich schließe die Augen und Gerda schiebt mich in den Aufenthaltsraum. Es lief doch hier relativ gut, denke ich, und nun? Vor meinem inneren Auge sehe ich noch mal mein Spiegelbild, hoffentlich sieht mich Dominik nicht so. Mir gruselt vor mir selber, ich fühle mich so absolut hässlich und bin es wahrscheinlich auch. Und ich habe Angst. Was werden die noch mit mir machen?

Die Antwort erfahre ich nach dem Mittagessen, bei dem ich ausgerechnet von Gerda gefüttert werde. Aber vorher verbringe ich gefühlt drei Stunden mit diesem Mistding im Mund. Sprechen ist unmöglich, der Speichel läuft aus meinem Mund und so langsam schmerzt mich die Maulsperre. Was für eine Wohltat, als Gerda die Scharniere löst und ich meine Kiefern wieder bewegen kann!

Nachdem ich mit dem Essen fertig bin, schiebt mich Gerda zum Ärztezimmer, wo Dr. Härich hinter seinem Schreibtisch auf mich wartet. „Liebe Frau Ferner“, säuselt er, “es tut mir sehr leid für Sie, aber heute waren Ihre Aggressionen gegenüber dem Pflegepersonal ein ganz klarer Rückschritt in Ihrer Entwicklung. Schwester Gerda kennt sie im Gegensatz zu mir ja schon etwas länger und wir haben uns bezüglich der weiteren und verschärften Maßnahmen abgestimmt. Diese lauten: intensive sensorische Deprivation, Aggressionsprophylaxe, gegebenenfalls Sturzprophylaxe. Jedoch zunächst keine erhöhte Sedierung wegen der Nebenwirkungen bei der derzeitigen geringen Dosierung, es sei denn, es gibt einen akuten Rückfall. Alles Weitere wird Ihnen Schwester Gerda auf der Station erklären. Ich rate Ihnen, mitzuarbeiten, damit diese zugegebenermaßen strengen Maßnahmen bald wieder allmählich zurückgefahren werden können.“ Und damit bin ich entlassen.

„Sie haben es ja selbst gehört“, kommentiert die Schwester, als wir wieder auf der Station sind. „Es ist schon alles vorbereitet. Ja, als hätte ich es vorausgesehen. Eddie macht sie jetzt erst einmal los und dann können Sie Ihre Schutzjacke anziehen.“ Der Pfleger befreit mich von den Gurten in meinem Rollstuhl. Ich stehe auf und recke mich erst einmal. „Und nun schön die Arme nach vorne,“ befiehlt Gerda und schon werden mir die dicken Ärmel übergestreift. Eddie schließt schnell die Schnallen auf meinem Rücken und an meinem Hals, verschränkt meine Arme und zieht die Enden stramm. Zum Schluss schließt er noch den Schrittgurt und nun ist die Welt wieder sicher vor mir. „So gefallen sie mir doch am besten“, begutachtet Gerda mich. Eddie setzt mich zurück in den Rollstuhl und schließt den breiten Brustgurt.
„So, liebe Frau Ferner, es war die Rede von intensiver sensorischer Deprivation. Und dazu brauchen wir das hier“ – sie hält mir dicke Kopfhörer vor die Nase – „das hier“ – was das ist erkenne ich nicht sofort – „und das hier.“ Und dabei hält sie sich selbst eine Brille vor die Augen. Diese vergrößert ihre Augen enorm, die Gläser sind groß und scheinen megadick zu sein. Ansonsten ist das Modell identisch mit dem, was ich seit Wochen fast ununterbrochen trage. Dann faltet Gerda eine weiß-braune Lederapparatur auseinander und ich erkenne mein geliebtes Knebelgeschirr wieder. Das musste ich bei meinem ersten Aufenthalt immer wieder mal tragen, wenn sie mich ruhigstellen wollten, und jetzt ist es wohl wieder so weit. Ich freue mich schon.

„Ich habe für Sie das stärkste Modell aus unserem Fundus“, kündigt Gerda mir an, „plus 15 Dioptrien. Sie werden erst einmal nichts mehr erkennen können.“ Schnell nimmt mir sie die Brille ab und setzt mir die neue auf, auch diesmal mit einem breiten Gummigurt unverrückbar an meinem Kopf festgemacht. Und tatsächlich, ich sehe nichts mehr, nur noch alles verschwommen. „Damit Sie nun auch wirklich nichts mehr sehen können, was Sie nicht angeht,“ erklärt sie, „und damit wir Ihre Kommentare nicht mehr hören müssen, bekommen Sie nun dieses hübsche Teil.“
Und damit legt sie mir das Knebelgeschirr an. Ein dickes Stück Leder verdeckt eng meinen Mund, an meinen Nasenflügeln laufen Lederriemen zu weiteren Ledergurten hoch, die um meinen rasierten Kopf befestigt werden. Und damit ich das Knebelgeschirr auch wirklich nicht verliere, verschließt ein Gurt um meinen Hals es unerbittlich. „So, jetzt wird es gleich ganz leise um Sie herum und dann bringt Eddie Sie für den Rest des Tages in den Auszeitraum. See you later.“ Mit diesen Worten stülpt sie mir die Kopfhörer über und damit verlassen mich alle Eindrücke der Welt um mich herum. Der Rollstuhl setzt sich in Bewegung, Eddie schiebt mich zur Gummizelle und lädt mich dort ab. Und dann bin ich allein.

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Redballgagged89
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  RE: Haus Waldstetten Datum:22.12.24 17:39 IP: gespeichert Moderator melden


Danke für die schnelle und tolle fortsetzung. Ich bin feuer und flamme mit deiner geschichte. Ich schaue 3-4 mal am tag obs eine fortsetzung gibt. Danke für alles

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Giba2000
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  RE: Haus Waldstetten Datum:22.12.24 18:41 IP: gespeichert Moderator melden


Um es Frau Ferner etwas erträglicher bei gleicher Wirkung zu machen, könnte ihr die Riesenbrille wieder abgenommen und durch mit Binden befestigte Augenmullkompressen ersetzt werden.
Damit das Knebelgeschirr am kahlen Kopf nicht reibt, könnte sie vor dem Anlegen einen umfangreichen Kopfverband bekommen, der auch die Ohren verschließt.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:22.12.24 19:14 IP: gespeichert Moderator melden


@ redballgagged89: Ich freue mich über dein Lob und dein Mitfiebern.
Die Geschichte ist im Wesentlichen fertig. Muss sie hier und da noch etwas überarbeiten. Aber es wird bald weitergehen.
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Redballgagged89
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  RE: Haus Waldstetten Datum:22.12.24 23:05 IP: gespeichert Moderator melden


Ja wenn dir die inspiration ausgeht, kannst du mir ja die erlaubnis dafür geben, sie weiter zu schreiben.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:23.12.24 11:35 IP: gespeichert Moderator melden


Der Richter

Ich gehe halb blind durch die Zelle, stoße gegen die Wände und versuche gegen meinen Koller anzukämpfen. Der Kopfhörer nervt und deshalb reibe ich meinen Kopf an den Wänden, um ihn irgendwie abzustreifen. Mal links, mal rechts, so stramm sitzt er gar nicht, ich schüttele dann noch heftig meinen Kopf und das Teil fällt auf den Boden. Endlich. Wenigstens kann ich wieder hören, Stimmen auf dem Gang und die ständigen Geräusche in einer großen Einrichtung.

So langsam muss ich mal auf die Toilette. Ich versuche zu rufen, aber heraus kommt aus meinem Knebelgeschirr nur ein Blöken. Ich versuche ganz lange einzuhalten, aber irgendwann kann ich nicht mehr und erleichtere mich in meine Windel. Oh, wie gut das zunächst tut. Bis ich merke, wie schwer die Windel wird, gehe ich noch einige Male hin und her und dann sinke ich in eine Ecke und lasse meinen Tränen freien Lauf.

Abends holt mich ein Pfleger aus der Gummizelle ab und setzt mich in einen Rollstuhl. Dann fährt er mich in den Esssaal, nimmt mir das Knebelgeschirr ab und dann erwartet mich schon Schwester Gerda.
„Na, so sieht man sich wieder. Einen entspannten Nachmittag gehabt?“ fragt sie. „Schwester Gerda, meine Windel ist voll. Bevor ich esse, könnten Sie vielleicht…“ „Oh, Sie sind inkontinent, Frau Ferner? Das wusste ich ja noch gar nicht. Nein, jetzt haben wir keine Zeit zum Windelwechsel. Später, vor dem Schlafen gehen. Jetzt wird gegessen,“ ist die Antwort. Und dann bekomme ich irgendeinen Fraß reingeschaufelt. Ich habe überhaupt keinen Appetit und lasse die Prozedur über mich ergehen.

Als sie endlich fertig ist, wage ich die Frage, die mir schon so lange im Kopf herumgeht: „Schwester Gerda, warum hassen Sie mich so?“ Die Schwester ist überrascht, aber sie fängt sich schnell: „Ich hasse niemanden, auch nicht Sie. Wie kommen Sie darauf? Frau Ferner, Sie sind krank, sehr krank. Und ich tue das, was medizinisch geboten ist. Hassen? Tzz, tzz.“ Und dann setzt sie mir das Knebelgeschirr auf, so dass ich wieder stumm geschaltet bin. „Ach, übrigens, dass Sie Ihren Kopfhörer abgestreift haben, war gegen die ärztliche Anweisung. Seien Sie doch nicht so renitent.“ Und mit diesen Worten stülpt sie mir das Teil wieder über und ich versinke in meiner stillen Welt.

Knebelgeschirr, Kopfhörer, die superdicken Brillengläser, S-Fix im Gitterbett, Zwangsjacke, Rollstuhl und Gummizelle – das ist meine Welt für die nächsten Tage. Ich langweile mich endlos, ich glaube, ich verblöde, aber irgendwann ist Freitag, Zeit für das wöchentliche Arztgespräch. Dr. Härich meint es gut mit mir. Er empfiehlt, auf die Kopfhörer erst einmal zu verzichten, und statt Zwangsjacke die dicken weichen Fäustlinge anzuziehen. Aber alles andere bleibt und ich hangele mich von Gitterbett zum Frühstück, vom Frühstück zum Gitterbett, vom Gitterbett zum Mittagessen, dann in die Weichzelle und abends wieder sorgfältig mit den Gurten vollfixiert ins Gitterbett zurück.

Dann kündigt mir Schwester Gerda irgendwann mittags richterlichen Besuch an. „Richter Ahrends ist hier und möchte Sie kennenlernen. Damit Sie mit ihm kommunizieren können, verzichten wir dann auf das Knebelgeschirr und nehmen Ihnen die Brille ab. Ich hoffe, Sie zeigen sich von Ihrer besten Seite!“ Sie nimmt mir das Leder ab und setzt mir die dicken schweren Gläser ab. Was für eine Wohltat! Meine Augen brauchen eine Weile, um wieder klar sehen zu können. Dann führt sie mich in ein Büro.

Dort sitzt ein unglaublich dicker Mann hinter dem Schreibtisch und begrüßt mich. „Darf ich mich vorstellen, Ahrends vom Amtsgericht. Sie sind, mmh“, er sucht irgendwas in seinen Unterlagen, „Sie sind also Frau Ferner. Frau Ferner, wie geht es Ihnen?“ „Soll ich ehrlich sein?“ frage ich zurück. „Schlecht, sehr schlecht. Ich will hier nicht mehr sein.“ „Nun, das Leben ist kein Ponyhof. Ich bin hier, um die Zwangseinweisung zu überprüfen und habe Ihre Akte durchgesehen. Ich werde dem Gericht wahrscheinlich empfehlen, die Zwangseinweisung bis zu unserem nächsten Treffen so lange aufrecht zu erhalten, wie es medizinisch geboten ist.“ „Heißt das, ich muss hier bleiben?“ schrecke ich auf. „Frau Ferner, Sie sind medizinisch hier in besten Händen,“ säuselt der Mann. „In besten Händen?“ schreie ich ihn an. „In besten Händen? Im Bett immer fixiert, tagelang in Zwangsjacke und mit Knebelgeschirr. Das nennen Sie in besten Händen?“ „Frau Ferner“, wieder diese scheußliche Freundlichkeit, „ich bin nicht befugt, über ärztliche Maßnahmen zu entscheiden, bin aber sicher, sie sind medizinisch notwendig. Ich entscheide über Ihren Aufenthaltsort und der wird wohl für die nächsten Wochen hier sein.“ „Die nächsten Wochen?“ „Ich werde noch mit Ihrem Psychiater sprechen, der Sie eingewiesen hat, und ich habe hier den Bericht von Haus Waldstetten. In ein paar Wochen bin ich wieder hier und dann sehen wir weiter. Ich weiß Sie hier sehr gut aufgehoben.“ Das ist zu viel für mich. Ich springe auf und schreie den Mann an: „Noch Wochen, in dieser Hölle?“ Damit baue ich mich vor seinem Schreibtisch auf. „Bitte, Frau Ferner, beruhigen Sie sich doch“, beschwichtigt der Richter. Schwester Gerda legt mir die Hand auf die Schulter und drückt mich auf den Stuhl zurück. „Ach, bitte notieren Sie,“ wendet er sich an die Schwester, „im Hinblick auf eine gesetzliche Betreuung der Patientin, die Sie angeregt haben, werde ich noch mit dem Betreuungsgericht sprechen. Frau Ferner, wir hier sind fertig. Sie können jetzt gerne wieder auf Station. Oder haben Sie noch eine Frage?“ Wir klingen die Worte Zwangseinweisung und gesetzliche Betreuung noch durch den Kopf. Ich könnte diesen Affen in seiner schmierigen Art ohrfeigen. Und als er sich hinter seinem Schreibtisch hervorwälzt, um mir väterlich seine Pranke auf die Schulter zu legen und mir gute Besserung zu wünschen, ist es um mich geschehen. Ich springe auf, schubse ihn beiseite, schüttele auch Gerda ab und laufe zur Tür – geradewegs in die Arme zweier Pfleger. Die halten mich fest, ich winde mich in ihren Griffen, trete um mich, höre Gerda „Akutfall“ schreien und werde auf eine Liege geworfen. Kräftige Hände schnallen mich fest, ich sehe das Gesicht von Dr. Härich, spüre die Spritze im Arm und dann wird es Nacht.


Ganz unten

„Frau Ferner, hören Sie mich, Frau Ferner“, weckt mich die Stimme des Arztes. Ich schlage meine Augen auf und versuche zu antworten, aber meine Stimme gehorcht mir nicht. Ich brabbele nur ein paar unverständliche Laute vor mich. „Ich glaube, Sie sollten sich erst einmal gründlich ausruhen“, schlägt der Arzt vor und lässt mich in der Obhut der Pfleger. Ich realisiere, dass ich angeschnallt in einem Rollstuhl sitze, jedoch keine Handschuhe mehr anhabe, keinen Helm mehr, ja auch keine Brille. Trotzdem erscheint mir alles sehr unscharf, ich kann nur wie durch einen Schleier sehen.

Ich versuche meinen Arm zu heben, aber er gehorcht mir nicht. Mein Kopf ist durch ein Lederband an der Kopfstütze festgeschnallt, sonst könnte ich ihn überhaupt nicht aufrecht halten. Meinen Mund kann ich kaum schließen, immer wieder lässt meine Gesichtsspannung nach und der Speichel läuft. „Wir fahren Sie jetzt erst einmal in den Aufenthaltsraum“, sagt ein Pfleger, „Sie sind noch zu sehr geschwächt, um eigenständig gehen zu können.“ Ich versuche zu fragen, wie lange dieser Zustand dauern wird, aber heraus kommt wieder nur ein undeutliches Genuschel. Dann wird mir noch ein Gummilatz umgelegt und ich werde weggefahren.

Das Abendessen kann ich kaum zu mir nehmen, weil mein Mundschluss nicht funktioniert. Die Nahrung läuft einfach wieder aus meinem Mund. Es ist furchtbar, ganz klar zu denken, wieder richtig wach zu sein, und festzustellen, dass die einfachsten Bewegungen nicht mehr funktionieren. Später werde ich von starke Armen auf die Wickelliege gehoben, bekomme ein frische Windel und dann geht es ins Netzbett. Zum ersten Mal seit längerer Zeit werde ich nicht fixiert, in meinem Zustand kann ich ja sowieso niemanden etwas antun.

Am nächsten Morgen ist Frau Dr. Hahn wieder da und führt ihre Visite zusammen mit Dr. Härich bei mir durch. „Das gefällt mir nicht, das gefällt mir ganz und gar nicht“, wendet sie sich an den Kollegen. „Frau Ferner reagiert hochempfindlich auf Neuroleptika. Sie haben sie ja regelrecht abgeschossen. Ich denke, wir müssen Frau Ferner über eine Sonde ernähren, sonst hat sie zu wenig Nährstoffe und kommt überhaupt nicht aus ihrem Zustand heraus.“ „Was meinen Sie, wie lange kann das anhalten?“ fragt Dr. Härich. „Ich weiß es nicht“, antwortet die Ärztin, „ vielleicht drei Wochen? Irgendwann ist aber ein Kipppunkt erreicht und dann wird die Patientin zum permanenten Pflegefall.“ „Ich will es ja nicht hoffen“, fügt sie hinzu. Und das Ganze höre ich bei vollem Bewusstsein, unfähig mich mitzuteilen oder mich zu rühren.

Und so wird mir noch an diesem Vormittag eine Magensonde gelegt, damit ich ihnen nicht verhungere. Eine sehr unangenehme Geschichte. Ab sofort werde ich mehrmals am Tag mit spezieller Sondennahrung versorgt.

Die nächsten Tage vergehen alle gleich. Nachts werde ich regelmäßig im Bett gedreht, damit ich mich nicht wund liege. Das gleiche auch tagsüber bei meiner langen Mittagsruhe. Gefüttert werde ich weiterhin im Rollstuhl über die Sonde. Schmecken tue ich so natürlich nichts. Es ist ein absolut reizloses Dasein. Und das Schlimme ist, dass ich alles total mitbekomme, auch wenn ich wie ein debiler Idiot aussehe mit meinem meist offenstehendem Mund.

Nach ca. zwei Wochen bekomme ich bei der täglichen Visite von Frau Dr. Hahn ein Gespräch von ihr mit Schwester Margot mit. „Wenn der Zustand von Frau Ferner noch weitere zwei Wochen so anhält, dann erwarte ich keine grundlegende Besserung mehr.“ „Das heißt, wir können ihr nicht mehr helfen?“ „Nein, die Patientin ist ja hundertprozentig pflegebedürftig. Wir haben auf längere Sicht gar nicht die Kapazitäten, sie rund um die Uhr zu versorgen. Wir müssen ihren Platz hier frei machen. Die Warteliste ist lang genug.“ „Und was passiert dann mit ihr?“ „Nun, wir müssen uns jetzt schon um einen Platz im Pflegeheim kümmern.“ „Und das ist dann die Endstation?“ „Ich fürchte, ja.“
Als ich das mitbekomme, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Schlimmer kann es nicht kommen.

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Redballgagged89
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  RE: Haus Waldstetten Datum:24.12.24 23:01 IP: gespeichert Moderator melden


Danke vielmals für die erneut rasche und tolle fortsetzung. Gehts noch weiter oder ist es zu Ende? Hoffe nicht, dass sie im pflegheim landet. Muss doch noch ein platz im waldstetten für sie freigemacht werden, als Dauerpatientin.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:26.12.24 21:35 IP: gespeichert Moderator melden


Hoffnungen

Am nächsten Morgen taucht Dominik plötzlich wieder auf. „Hallo Frau Ferner, ich habe erfahren, was passiert ist. Ich war länger nicht hier, hatte einige Prüfungen zu absolvieren. Aber in den kommenden zwei Wochen habe ich Dienst, auch bei Ihnen.“ Ich bin froh, jemand zu sehen, der mich mag, auch wenn ich alles andere als anziehend aussehe. Ich bin ein sabberndes Etwas mit kurz geschorenem Haar. Dominik greift nach meiner rechten Hand. „Versuchen Sie mal, Ihre Hand in meine zu drücken,“ fordert er mich auf. Tatsächlich schaffe ich es Druck aufzubauen. „Prima, und jetzt fünf Mal.“ Ich gehorche ihm widerspruchslos. „Und nun die andere Hand. Ja, so ist es gut.“ Und dann geht die Aktivierung weiter. Dominik macht mir Mut, mich anzustrengen und meine Muskeln anzuspannen. Und ich strenge mich an. Jetzt wo er da ist, habe ich weder Hoffnung, aus meinem hilflosen Zustand herauszukommen.

Und ich weiß nicht, ob es seine Zuwendung ist oder ob die Sedierung jetzt doch endlich allmählich nachlässt: an jedem Tag mache ich merkliche Fortschritte. Nach drei Tagen kann ich wieder frei sitzen und willkürlich Arme und Beine bewegen. Auch mein Mund schließt sich wieder. Allerdings kann ich weiterhin nur unscharf sehen. Zwar etwas besser als vorher, aber es erscheint mir noch recht verschwommen.
Frau Dr. Hahn schaut nun häufiger vorbei und ist sichtlich erleichtert über meine Fortschritte. Sie hat tatsächlich eine Physiotherapeutin aus dem Haupthaus geholt, die mit mir zweimal täglich Übungen macht und mir für die Zwischenzeit Hausaufgaben aufgibt. Und am Ende dieser Woche ist es so weit. Ich stehe vorsichtig alleine auf und gehe – zwar noch etwas wackelig – mehrere Schritte ohne Begleitung. Ich freue mich total und falle der Therapeutin um den Hals. Sie piept Dominik an und freudestrahlend mache ich ein paar Schritte auf ihn zu. „Wir müssten nun unbedingt am Muskelaufbau arbeiten,“ meint die Physio, „aber leider haben wir hier drin so gut wie keine Möglichkeiten. Noch nicht einmal Treppen gibt es hier. Aber morgen bringe ich einige Materialien mit.“

Und so gehen auch in der folgenden Woche die Therapieeinheiten weiter, bis ich fast wieder bei meiner alten Kraft bin. Essen und trinken kann ich auch wieder. Ich bin so froh, dass es wieder aufwärts geht. Kaum auszudenken, wenn ich wirklich ein Pflegefall geblieben wäre!
Und das Schöne ist, meine neu gewonnene Selbständigkeit wird durch keine Restriktionen eingeengt. Die lassen mich hier einfach machen. Ich gehe zur Musiktherapie und zur Gymnastik, esse selbständig mit den anderen oder verbringe Zeit im Aufenthaltsraum. Schwester Gerda, mein Quälgeist hat noch einige Tage Urlaub und kann sich daher nicht einmischen.

Am Donnerstagmittag setzt sich Dominik zu mir. Wir sind mittlerweile beim Du. Ich lächle ihn an und sage ihm, wie gut es mir tat, dass er sich um mich gekümmert hat. Er strahlt zurück und teilt mir mit, dass er sich über meine Fortschritte auch über Maßen gefreut habe. „Allerdings, Katrin, morgen ist mein letzter Tag vor meinem sogenannten Urlaub. Ich werde vier Wochen nicht hier sein, weil ich meine schriftlichen Prüfungen habe und vorher zur Vorbereitung überstundenfrei genommen habe,“ und er lächelt wieder so süß, „wenn ich wiederkomme, möchte ich noch weitere Fortschritte sehen.“

Mein Herz macht einen kleinen Aussetzer. Dieser Mann ist gerade mein Anker hier, mein Lichtblick, und bald muss ich vier Wochen ohne ihn auskommen. Aber da sind noch mehr Sachen, die mich bewegen. „Ich habe ein paar Fragen, kann ich sie dir jetzt stellen?“ frage ich Ihn mit neuem Ernst in der Stimme. „Gerne,“ antwortet er, “worum geht es denn?“ „Nun, eigentlich sollte ich gar nicht hier sein,“ fange ich an. „Wenn in Bodenhain ein Platz frei gewesen wäre, wäre ich dorthin gekommen. Weißt du, wie die Pläne der Ärzte sind? Wann kann ich wieder hier weg und ins Haupthaus überwechseln?“ „Oh, ich werde heute noch in Ihrer Patientenakte gucken oder, falls da nichts steht, mich erkundigen. Aber wenn es da Pläne gäbe, hätte man es dir schon sagen müssen.“ „Und kannst du nicht gleich nachsehen? Es wäre sehr wichtig für mich.“ „Okay, ich mach schon. Bis später. Aber mach dir bitte nach dieser Sache mit dem Richter nicht zu viel Hoffnungen.“

Und zehn Minuten später ist Dominik mit besorgten Gesicht zurück. „Es gab tatsächlich vor kurzem die Mitteilung vom Haupthaus, dass da nun ein Platz für dich frei sei. Und dies ist abgelehnt worden mit der Begründung, dass du aufgrund deines mentalen Zustandes zurzeit und voraussichtlich auch in Zukunft hier besser aufgehoben seist.“ Und als er meine Enttäuschung sieht, fügt er noch hinzu: „Es tut mir leid, dir keine bessere Nachricht überbringen zu können.“ Ich atme schwer. Die folgenden Fragen müssen nun einfach heraus: „Dominik, sei bitte ehrlich. Hast du schon erlebt, dass jemand Waldstetten verlassen hat.“ Er wird etwas verlegen. „Nur Pflegefälle“, erwidert er stockend. „In den neun Monaten, in denen ich hier bin, ist tatsächlich noch nie jemand ins Haupthaus gewechselt oder gar entlassen worden.“ „Und warum bekommt hier niemand Besuch?“ „Ja, in den ersten drei Monaten ist kein Besuch gestattet und danach werden alle Anfragen abgewimmelt mit dem Hinweis, dass dies für die Heilung nicht förderlich wäre.“ „Der Richter hat was von Entmündigung gesagt. Meinst du, er macht ernst?“ „Nun ja, das weiß ich nicht so genau. Ich kann mir aber vorstellen, dass hier viele Patientinnen unter Betreuung stehen.“ „Noch was, Dominik, ich kann seit der Spritze nicht mehr gut sehen. Ich habe sowieso keine ganz guten Augen, aber so unscharf war es noch nie. Gibt es da irgendeinen Zusammenhang mit der Sedierung?“ „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nur, dass Dr. Härig dir ein Hammer-Mittel verabreicht hat. Und ich habe gehört, dass es bei einigen Menschen zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann.“

„Und, Dominik, noch eine für mich ganz wichtige Frage: hältst du mich für verrückt?“ Und da kommt die Antwort spontan und ohne Herumdruckserei – und ich glaube, dass sie ehrlich ist: „Nein, Katrin, das bist du nicht. Ein bisschen unkontrolliert vielleicht, aber wenn ich ehrlich bin, hast du hier in dieser Einrichtung nichts zu suchen.“ „Dominik,“ sage ich nun etwas fester, „ich will hier raus. Die halten mich ja sonst, wie du gesagt hast, für immer hier. Die machen mich verrückt. Und wenn Schwester Gerda wiederkommt, weiß ich nicht, ob ich mich noch kontrollieren kann. Und dann haben sie erst recht einen Grund.“
Er wirkt jetzt sehr nachdenklich: „Hast du enge Verwandte, die man verständigen kann?“ „Nein, wir waren nur eine sehr kleine Familie. Meine Eltern leben nicht mehr. Außer zwei Freunden (und dabei denke ich an Melanie und Sven) habe ich niemanden mehr.“ „Und was ist mit dem Psychiater, der dich für Bodenhain eingewiesen hat?“ „Zwangseingewiesen,“ verbessere ich ihn, „ich fürchte, für den guten Mann war ich eher lästig. Mein Smartphone wurde ja bei meiner Ankunft einkassiert wie die anderen Sachen. Wie kann ich ihn jetzt erreichen?“ „Ich muss noch nachdenken,“ sagt Dominik, „ wie komme ich denn an seine Telefonnummer und an die deiner Freunde? An dein Handy käme ich schon heran.“ „Der Psychiater heißt Aschdorf. Dr. Aschdorf in H. Weißt du was, ich gebe dir meine PIN, das ist nämlich mein Geburtstag, und würdest du dir dann die Nummern von Melanie und Sven aufschreiben und sie am Wochenende anrufen? Es wäre sicher gut, wenn jemand da draußen weiß, wo ich gelandet bin.“ „Das will ich gerne machen. An deine Sachen komme ich als zuständige Pflegekraft ganz legal heran. Und dann werde ich die beiden informieren.“ „Oh, vielen, vielen Dank dafür. Du musst wissen, Sven war ein Pfleger in Bodenhain. Und nach meiner Entlassung dort, kündigte er auch bald und wir waren eine Zeitlang zusammen. Aber das ging leider wieder auseinander… Vielleicht hat Sven eine Idee, wie man mir helfen kann.“ „Und wer ist Melanie?“ „Sie war auch in Bodenhain. Wir waren in einem Zimmer. Und nachdem wir entlassen worden waren, wurde sie meine beste Freundin.“ „Ich möchte dir gern helfen. Aber jetzt müssen wir aufhören. Schwester Margot guckt schon zum dritten Mal zu uns herüber. Vertraulichkeiten gelten als unprofessionell und werden nicht gern gesehen. Ich gehe jetzt lieber. Morgen mehr davon.“ Dominik steht auf und geht zu Schwester Margot, erklärt ihr irgendwas. Morgen sehe ich ihn wieder, leider zum erst einmal letzten Mal.

Beim Frühstück am Freitag kommt er kurz zu mir. „Schwester Margot ist misstrauisch. Sie hat mich heute zu anderen Patienten eingeteilt. Nur so viel: ich habe die Nummern und werde mich kümmern. Und, Katrin, falls wir uns heute nicht mehr sehen: ich wünsche dir alles Gute. Gerda tritt nachher wieder ihren Dienst an. Lass dich nicht von ihr provozieren.“


Der Isolationsraum

Am Nachmittag kommt es im Aufenthaltsraum, in dem ich mich langweile, zur unausweichlichen Begegnung. Schwester Gerda ist wieder da; frisch erholt und voll Tatendrang. „Oh, hallo Frau Ferner,“ ist ihre Begrüßung,“ wie ich sehe, geht es Ihnen wieder gut. Dann wird ja bald Ihre Therapie starten können. Morgen Vormittag sind Sie bei den Ärzten vorgeladen.“ Ich sage lieber gar nichts und lasse die Schwester reden. „Na, hat es Ihnen die Sprache verschlagen? Gut, lieber so als ihre aufsässigen Reden. Aber ich habe Sie ja vor meinem Urlaub in einem ganz anderen Zustand gesehen. Im gewissen Sinne pflegeleicht. Zumindest musste man vor Ihnen nicht auf der Hut sein. War auch nicht schlecht.“ „Ach, lassen Sie mich doch in Frieden,“ presse ich nun doch hervor. „Sie können ja doch noch sprechen,“ grinst mich die Schwester an, „na mal sehen, wie lange noch.“ Und damit lässt sie mich erst einmal stehen.

Zehn Minuten später kommt sie mit Eddie vorbei. „Hier liegt einiges im Argen,“ erklärt sie ihm. „Sehen Sie Frau Ferner?“ fragt sie den Pfleger. „Wenn jemand so hoch aggressiv ist, wie kann man sie dann so ohne weiteres herumlaufen lassen?“ „Frau Ferner“, baut sie sich vor mir auf, „ was genau morgen an Maßnahmen besprochen wird, weiß ich nicht. Aber eins weiß ich, so ungeschützt lasse ich sie nicht herumlaufen. Wir ziehen Ihnen die Patientenhandschuhe an. Das ist ja das Mindeste.“ Und da reitet es mich und ich kann meine Widerrede nicht verhindern: „Dürfen Sie das überhaupt? Ist das mit den Ärzten abgesprochen?“ „Tzz, tzz, tzz. Meinen Sie, ich tue unerlaubte Dinge. Natürlich darf ich das, wenn Gefahr in Anmarsch ist. Und das ist bei Ihnen immer gegeben. Und nun die Hände nach vorne.“ Ich gehorche lieber und Eddie zieht mir die dicken gepolsterten Fäustlinge über die Hände und schließt sie fest um meine Unterarme. „Und ehe sie weiter hin so renitent daher reden, haben wir Ihnen Ihr Knebelgeschirr mitgebracht, das Eddie Ihnen nun anlegt. Und wenn Sie noch mehr wollen, Ihre Schutzjacke oder ein Rollstuhl ist stets in Reichweite.“ Und schon legen sich die Ledergurte um meinen Kopf und meinen Hals, das Vorderteil schließt sich eng um meinen Mund, ich rieche wieder das vertraute Leder und dann kann ich nur noch grunzen. „Ja, so gefallen Sie mir richtig gut“, kommt die hämische Bemerkung der Schwester. „Bis zum Abendessen werden Sie nun hoffentlich still sein.“

Da höre ich Dominiks Stimme: „Schwester Gerda, vielleicht wussten Sie es nicht, aber Frau Ferner ist zur Zeit ohne Restriktionen.“ „Oh, ein Auszubildender will mir erklären, wie ich die Patientinnen zu behandeln habe. Ein Auszubildender untergräbt meine Autorität vor den Patientinnen. Eddie, bringen Sie Frau Ferner, so wie sie ist, in die Weichzelle. Und mit Ihnen, Herr Schlegel, wird noch ein Gespräch anstehen, im Beisein der Klinikleitung. Am besten heute noch. Verlassen Sie sich darauf.“

Nachdem ich eine Zeitlang in der Gummizelle verbracht habe, werden mir zum Essen die Handschuhe und das Knebelgeschirr wieder abgenommen. Später bekomme ich eine Nachtwindel in die Hand gedrückt, ich solle mich bettfertig machen. Und dann nach der Abendtoilette rasch ins Netzbett. „So langsam ist die Renovierung der Räume abgeschlossen“, erklärt mir Eddie, “dann wird der Schlafsaal allmählich aufgelöst. So weit ich weiß, soll das hier drin Ihre letzte Nacht sein. Und morgen früh ziehen Sie wieder eine Windel an.“ „Wieso das denn?“ frage ich. Er zuckt nur mit den Achseln: „So lautet die Order.“

Am nächsten Morgen lege ich mir also eine Windel um, ziehe meinen Overall an und gehe zum Frühstück. Kaum bin ich fertig, werde ich von einem fremden Pfleger angesprochen, einem wahren Hünen: „Ich bringe Sie jetzt ins Sprechzimmer. Und keine Mätzchen bitte.“ Er fasst mich am Arm und führt mich über den Gang in das Zimmer zu Frau Dr. Hahn. Die fällt gleich mit der Tür ins Haus: „Guten Morgen, Frau Ferner, ich mach`s kurz. Es ist schön, dass es Ihnen wieder besser geht und wir mit der Anti-Aggressionstherapie beginnen können. So eine Sache wie bei Richter Ahrends darf nie wieder vorkommen und deshalb werden Sie jetzt an einer sehr restriktiven Therapie teilhaben. Glauben Sie mir, es wird das Beste für Sie sein. Sie machen jetzt alles, was wir sagen, klar? Marcel, fangen Sie an.“

„Bitte zunächst die Hände nach vorne,“ fordert mich der bullige Pfleger auf und dann streift er mir die Ärmel der Zwangsjacke darüber, zieht von hinten die Gurte stramm, kreuzt meine Arme, befestigt die Schlaufen an meinem Rücken und zieht zum Schluss den Schrittgurt stramm. „So, die Jacke bleibt an. Zunächst ununterbrochen,“ befiehlt die Ärztin. Dann legt Marcel mir einen kurzen Gurt um die Knöchel, so dass ich nur noch kleine Schritte gehen kann. „Sehen Sie,“ säuselt die Ärztin, „kein Schlagen und kein Weglaufen mehr. Und auch kein Sprechen.“ „Machen Sie den Mund auf,“ befiehlt der Pfleger und er fuchtelt mit einer Art großen Schnuller vor meinem Gesicht herum. Ich öffne brav meinen Mund, das Ding dringt in meinen Mundraum und der Schnuller wird mit einem Gurt an meinem Hinterkopf befestigt. „Was soll das?“ lalle ich. Ungerührt befestigt Marcel einen Schlauch mit einem kleinen Ballon an der Kappe vor meinen Lippen und dann beginnt er den Knebel aufzupumpen. Dieser füllt immer mehr meinen Mundraum, bis ich nur noch fiepen kann. „Das Teil werden Sie außer beim Essen tagsüber immer tragen. Zumindest die nächste Zeit. Nachts werden wir Ihnen Ihr Knebelgeschirr anlegen. Jegliche Kommunikation ist vorerst untersagt,“ erklärt die Ärztin, „Sie gehören zu den ersten, die in unseren neu gestalteten Isolationsraum kommen. Nach zwei Wochen sind, wenn Sie sich bewähren, erste Lockerungen vorgesehen. Es hängt also an Ihnen, wie lange Sie die Schutzjacke tragen und ab wann Sie wieder sprechen dürfen. Marcel wird Sie nun hinfahren.“ Er drückt mich in einen Rollstuhl, schnallt mich an und dann geht es über verschiedene Flure in einen Trakt des Gebäudes, den ich noch gar nicht kenne. Er öffnet eine Tür und gerade so erkenne ich, dass in dem großen Raum in jeder Ecke eine Art Käfig steht. Abgeteilte Ecken mit Maschendraht bis hoch zur Decke, jede vielleicht drei mal drei Meter groß. Ein Bett steht darin und sonst nichts. In zwei Käfigen kann ich Patientinnen erkennen, die auf ihren Betten sitzen. So einen Raum kenne ich vom Haupthaus. Da wurde ich bei meinem ersten Aufenthalt ein paar Mal weggeschlossen.

„So ich zeige Ihnen erst einmal die Örtlichkeiten,“ sagt Marcel, „denn das soll für die nächsten vier Wochen Ihr Zuhause sein. Dann sehen wir weiter.“ Er öffnet eine Tür und schiebt mich in eine Art Hygieneraum mit Dusche und einer Wickelunterlage, an den Fixiergurte herunterhängen. „Ist natürlich für den Windelwechsel,“ kommentiert er. „Und hier,“ und damit rollt er mich einmal quer durch den Raum, „nehmen Sie Ihr Essen ein.“ Ich sehe eine Polsterbank mit hohen Lehnen und mehrere Gurte, die an der Wand befestigt sind. „So, und jetzt in Ihr Zimmer.“ Er öffnet einen der Käfige, der den beiden schon besetzten gegenüber liegt und fährt mich herein. „Sie haben jetzt genug gesehen“, kündigt er mir an, „zur sensorischen Deprivation setze ich Ihnen eine Brille auf. Viel werden Sie dadurch nicht erkennen können.“ Ich habe geahnt, dass das noch für mich vorgesehen war. Das Ausblenden der visuellen Reize steht hier ja ganz hoch im Kurs. Marcel verschwindet eben im Hygieneraum und kommt dann mit Brille und Helm zurück. Es ist die gleiche Brille mit den superstarken Gläsern, die ich vor dem Treffen mit dem Richter tragen musste. Schon platziert Marcel sie vor meinen Augen und befestigt die Bügel und Gummigurte am Hinterkopf. Augenblicklich versinkt alles in noch milchiger Unschärfe, als ich sowieso schon sehe. Dann stülpt er mir den gepolsterten Helm über den Kopf – natürlich als Schutzmaßnahme und auch etwas, was ich schon fast vermisst hatte – und dann hilft er mir aus dem Rollstuhl. Er führt mich zum Bett, schließt die Tür ab und wünscht mir noch einen erholsamen Aufenthalt. Dann höre ich, wie er den Raum verlässt und die Tür von außen abschließt. Ich lasse mich auf das Bett fallen und dann ist fast Stille. Ich höre nur noch das Fiepen der beiden anderen Frauen, wahrscheinlich genauso verschlossen wie ich.

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Redballgagged89
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  RE: Haus Waldstetten Datum:27.12.24 10:17 IP: gespeichert Moderator melden


Danke für die vielen fortsetzungen über die weihnachtstage. Deine geschichte ist super.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:27.12.24 20:41 IP: gespeichert Moderator melden


Danke dir für deine Meinung. Das beflügelt.
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:27.12.24 20:46 IP: gespeichert Moderator melden


Im Käfig

Doch schon bald wird die Ruhe gestört. Die Tür geht wieder auf und ich höre Schwester Gerdas Stimme. „So, angekommen, Frau Lorenz, ein Zimmer ist noch für Sie frei. Marcel, setzen Sie ihr bitte Brille und Helm auf und führen Sie die Patientin in ihre neue Unterkunft.“ Ah, denke ich, Kim ist also auch hier. Ich höre, wie die beiden sich an ihr zu schaffen machen, höre ihr unterdrücktes Wimmern und dann, wie eine Tür auf- und dann bald wieder abgeschlossen wird.

„So und nun alle mal herhören, liebe Damen,“ beginnt Gerda, „ich bin Schwester Gerda und für diesen Raum hier zuständig. Der Isolationsraum ist ganz neu und Sie haben die Ehre, diesen als allererste Patientinnen nutzen zu dürfen. Ihr Mindestaufenthalt beträgt vier Wochen. In diesen vier Wochen werden Sie diesen Raum nicht verlassen und Ihr Zimmer nur zum Essen, Duschen und Windelwechsel. Sie alle vier beginnen mit einer recht strengen Therapie. Nach und nach können bei guter Kooperation die Maßnahmen zurückgefahren werden, bei auffälligem Verhalten jedoch auch verstärkt werden. Haben Sie mich soweit verstanden? Dann nicken Sie mit dem Kopf.“ Ich tue wie geheißen und Gerda scheint mit dem Feedback sehr zufrieden zu sein. „Wir werden Sie weitgehend allein lassen. Jedoch stehen Sie alle vier unter permanenter Kamerabeobachtung, so dass wir jederzeit eingreifen können. Ein miteinander Sprechen ist zunächst strengstens verboten. Deshalb werden Sie erst einmal dauernd Ihre Knebel tragen. Außer beim Essen natürlich, und auch da herrscht Redeverbot. Wer dagegen verstößt, hat die Konsequenzen zu tragen. Das Essen wird Ihnen angereicht werden, so dass Sie Ihre Schutzjacken den ganzen Tag tragen können. Zur Abendhygiene bekommen Sie diese ausgezogen. Die Nacht verbringen Sie fixiert in Ihren Betten. Sie werden permanent eine Windel tragen. Der Windelwechsel ist morgens, mittags und abends. Das wäre es an Informationen und nun wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Es liegt an Ihnen, diesen nicht unnötig zu verlängern.“ Und mit dieser beeindruckenden Rede verlässt sie mit Marcel den Raum.

Und dann ist wieder Stille, bis auf das schwere Atmen mit dem Knebel und hin und wieder das Geräusch von herumschlurfenden Schritten. Ich weiß die ganze Situation noch nicht einzuordnen, fatalistisch habe ich heute Morgen alles hingenommen, um meine Ruhe zu haben und um nicht aufzufallen. Nun, Ruhe habe ich hier eine ganze Menge, wahrscheinlich mehr als mir lieb ist. Ich lege mich aufs Bett, auf dem natürlich die Gurte drapiert sind. So langsam wird mein Mund trocken, der aufgepumpte Gummiknebel im Mund macht mir so langsam zu schaffen. Die Zwangsjacke ist zum Glück nicht allzu stramm angezogen, so dass mir die Arme nicht einschlafen.
Ich versuche etwas zu dösen, doch irgendwann meldet sich meine Blase. Ich rutsche hin und her, werde immer nervöser, aber ich weiß, ich werde es nicht bis zum Mittag einhalten können. Irgendwann stehe ich auf und erleichtere mich. Was für eine Wohltat! Natürlich wird die Windel jetzt merklich schwerer, aber das ist die Sache wert.

Später höre ich wieder Schwester Gerda, diesmal durch einen Lautsprecher: „Meine Damen, in einer halben Stunde ist Mittagessenzeit. Gleich kommt jemand, um Sie frisch zu machen.“ Und nach dieser freundlichen Ankündigung kommen auch schon zwei Pflegerinnen herein, ich höre, wie Türen aufgeschlossen werden, Schritte sich in Richtung Hygieneraum entfernen und wiederkommen. Und die die fertig sind, werden wohl, wie ich vermute, bereits auf die Bank zum Mittagessen gesetzt. Dann wird die Tür meines Käfigs geöffnet. Die beiden Frauen nehmen mich in ihre Mitte und führen mich zum Wickeltisch. Dort befreien sie mich erst einmal von meiner Zwangsjacke, legen mir aber sofort Patientenfäustlinge an. Dann werde ich ohne viele Worte auf die Liege gesetzt, mein Oberkörper wird heruntergedrückt und dann fixieren mich die beiden mit Lederriemen unter der Brust und an der Stirn. Meine Arme werden in offene Schalen geführt und dort ebenfalls fixiert. Und dann machen sie die Pflegerinnen an die Arbeit, öffnen den Beinreißverschluss meines Overalls, entfernen die volle Windel und säubern mich. Dann eine frische Windel an, der Reißverschluss wird wieder geschlossen und ich werde allmählich aus meinen Fixierungen befreit. Zum Schluss werden mir die Handschuhe wieder ausgezogen und ich bekomme sofort die Zwangsjacke wieder an. Geredet wird nur das Nötigste mit mir, kurze Anweisungen und Befehle.

Dann führen mich die zwei zu meinem Essensplatz. Ich setze mich auf die gepolsterte Bank, wo ich dann sofort wieder fixiert werde. Ich könnte ja auf den Gedanken kommen, das erlesene Mittagessen zu verlassen! Zuerst wird mein Oberkörper fest mit einer Fixierweste an die Rückwand geschnallt, dann legt sich ein Lederriemen um meinen Hals und ein weiterer Riemen wird mit meinem Helm verbunden. Unverrückbar sitze ich nun da und warte auf das Essen.

„So, meine Damen, nachdem Sie nun alle zum Essen Platz genommen haben, noch einige Anweisungen,“ lässt sich Schwester Gerda vernehmen. „Sie bekommen jetzt Ihre Knebel abgenommen. Das wird aber kein Grund sein, zu sprechen. Dies ist absolut verboten und wird mit einer Strafe geahndet. Halten Sie sich also dran.“ Und dann wird aus dem Ventil meines Knebels und dem meiner Nachbarin die Lust herausgelassen und der Knebel aus meinem Mund geholt.

Dann geht die Fütterei los. Pürierte Nahrung mit einem Plastiklöffel, lecker, lecker. Ich habe keine Ahnung, was für einen Brei ich jetzt esse, ist mir auch ziemlich egal. Ab und zu wird mir eine Schnabeltasse aus Plastik an den Mund gehalten, aus der ich irgendeinen widerwärtigen Fruchtsaft trinke. Ich hasse Plastikgeschirr, aber das interessiert hier natürlich keinen. Irgendwann habe ich brav den Inhalt meines Tellers leer gegessen. Ich bekomme mit einem Feuchttuch den Mund abgewischt und dann wird mir gesagt, ich solle nun warten, bis die beiden anderen Patientinnen ihr Essen bekommen haben.

Doch endlich werde ich von meinen Gurten befreit. Vorher bekomme ich den Knebel wieder in den Mund gesteckt, der dann sofort aufgepumpt wird, bis ich meine Zunge kaum noch bewegen kann. Man hilft mir beim Aufstehen und ich werde zurück in meinen Käfig gebracht, wo ich dann untätig den Nachmittag verbringe. Viele Gedanken gehen durch meinen Kopf, doch ich kann keinen festhalten. So unscharf meine Sicht ist, so sind auch meine Gedanken. Macht das die völlige Anregungsarmut? Ich weiß es nicht, aber ich fürchte, nach vier Wochen hier drin bin ich wirklich verrückt.

Abends beim Essen und Wickeln wieder die gleiche Prozedur, nur dass ich danach meine Zwangsjacke nicht mehr anziehen muss. Dafür werde ich schön sorgsam und ganz fest mit den Gurten am Bett fixiert. Vorher aber eben noch die Fäustlinge anziehen. Dann einmal das S-Fix-Komplett-System mit Schrittgurt und Schulterhalterung. Dann nimmt man mir den Helm ab und befreit mich von meinem Knebel. Doch ich schaffe es gerade, zweimal erleichtert durch den Mund zu atmen, da wird mir schon mein Knebelgeschirr übergestülpt, so dass ich nicht in Versuchung gerate, mit den anderen zu sprechen.

Ich nehme an, man hat mir ein mildes Schlafmittel ins Abendessen getan, denn augenblicklich werde ich müde und schlafe in der Nacht erstaunlich gut. Am Morgen werde ich dann von zwei fremden Schwestern geweckt und sofort in den Hygieneraum geführt. Die beiden ziehen mich bis auf die Handschuhe und die Brille völlig aus und dann werde ich zu der Dusche geführt. Dort legen sie mit dem Duschrand verbundene Plastikgurte um meine Handgelenke, meine Knöchel und schließlich meinen Hals, nehmen mir endlich die Handschuhe ab und drehen das warme Wasser auf. Was für eine Wohltat am frühen Morgen! Ich werde eingeseift und darf ich geraume Zeit unter dem warmen Wasserstrahl stehen, bis ich dann für den Tag fertig gemacht werde: natürlich wieder Windel, Patientenanzug, Zwangsjacke, ein Gurt um die Waden und zum Schluss den Helm. Das Frühstück gibt es wie alle Mahlzeiten erst, wenn wir auf unseren Bänken fixiert sind. Und dann ab in die Käfige und die Welt hat wieder Ruhe vor uns.



Voll fixiert

Und so vergehen die Tage. Morgens duschen, gewickelt werden, Zwangsjacke, Fütterung, der Knebel, ab in den Käfig, irgendwann eine frische Windel, wieder Fütterung und so weiter. Abends dann ins S-Fix mit Knebelgeschirr. Ich verliere völlig das Gefühl für die Zeit. Nur durch die Oberlichter sehe ich, ob es Tag oder Nacht ist. Ich habe aber keine Ahnung, wie lange ich schon in diesem Raum bin. Zehn Tage, vierzehn Tage, ich weiß es nicht. Die Zeit ist wie Watte. Oder vielleicht wie ein Fluss, der sich nicht festhalten lässt. Und alles ist gleich und alles fühlt sich wie selbstverständlich an. Automatisch strecke ich morgens meine Arme der Zwangsjacke entgegen, ich bin dankbar, wenn mir der Lederhelm aufgesetzt wird. Die Brille trage ich Tag und Nacht unterbrochen. Nur einmal, als beim Duschen zu viel Wasser hinter den Gläsern war, wurde sie mir abgenommen und gereinigt. Ohne sah ich dann nur noch verschwommen und ich freute mich, als sie mir wieder umgeschnallt wurde. Damit kann ich mittlerweile wenigstens ein, zwei Meter weit sehen. Auch an den aufpumpbaren Knebel habe ich mich gewöhnt; er ist wie ein riesiger Schnuller und ich komme damit nicht in Versuchung zu sprechen, denn das ist uns ja streng verboten.

Was mich freut, ist, dass ich noch keinen Stuhlgang in der Windel hatte. Es gelingt mir immer ganz gut auszuhalten, bis in den Wickelraum geführt werde und kann mich dann dort ganz normal auf der Toilette erleichtern.
Nur heute Nachmittag ist das anders. Ich merke, dass ich muss, und fürchte, ich schaffe es nicht bis zum Abend. Irgendwas muss jetzt passieren, aber in die Windel kacken kann und tue ich nicht. Ich fange an, auf mich aufmerksam zu machen, die sehen doch durch die Kameras, wenn wir unruhig werden. Ich fange an, mich mit dem Oberkörper gegen das Käfiggitter zu werfen. Und als das noch keinen Erfolg hat, stelle ich mich mit dem Rücken daran und schlage mit dem Hinterkopf dagegen. Der Maschendraht scheppert ziemlich und ich versuche mich trotz Knebel bemerkbar zu machen. Jemand von den anderen drei macht wohl mit und es entsteht gerade ein ziemlicher Lärm. Irgendwie scheint es uns Spaß zu machen, bis die Tür aufgerissen wird und wir die Stimme von Schwester Gerda kreischen hören: „Jetzt sind Sie ja völlig verrückt geworden. Hören Sie auf, sofort!“ Ich höre noch mehr Menschen hereinkommen. Dann wird meine Käfigtür aufgeschlossen, zwei Männer packen mich an den Armen, ziehen mich heraus und drücken mich in einen Rollstuhl. Sofort werde ich darin fixiert und dann beugt sich Schwester Gerda zu mir herunter: „Sie, Frau Ferner, haben mit dem Unsinn angefangen. Das habe ich auf dem Bildschirm gesehen. Und Sie werden die Konsequenzen tragen müssen. Freuen Sie sich schon einmal auf 24 Stunden Vollfixierung!“ Und dann wird mein Kopf durch die Schlaufen am Helm an der Kopfstütze fixiert und ich bin völlig unbeweglich. „Wir werden Ihr S-Fix noch etwas ergänzen müssen und dann dürfen Sie dort Platz nehmen und sich wunderbar entspannen.“ „Sie beide“, weist sie kräftige Pflegerinnen an, „lassen Frau Ferner noch einmal zur Toilette und ziehen ihr dann eine 24-Stunden-Windel an.“ Die beiden rollen mich zum Wickelraum und endlich kann ich mich auf der Toilette erleichtern. Dann bekomme ich eine sagenhaft dicke Windel angezogen samt Gummihose und die beiden führen mich zurück in den Käfig. „Wir machen das nicht oft, weil es extrem viel Arbeit bedeutet, aber für Sie, liebe Frau Ferner, ist die 12-Punkt-Sicherung genau richtig. Machen wir uns also an die Arbeit,“ kündigt Gerda an. Sie befreien mich von meiner Zwangsjacke, ich lege mich aufs Bett, immer noch froh, nicht eingekotet zu haben, und dann geht es los.

Überall Gurte: am Bauch, über die Schultern, im Schritt, mehrere an den Beinen und Fußgelenken, an den Armen und Handgelenken. Man zieht mir dicke, steife Handschuhe an und dann ist mein Kopf an der Reihe. Ein breiter Gurt ums Kinn, ein anderer um meine Stirn, nachdem sie mir den Helm abgesetzt haben, und ich bin schön verpackt.
„Die Arbeit muss sich auch lohnen“, resümiert Gerda, „ 24 Stunden in der Vollfixierung und dann sehen wir weiter. Gegessen wird nachher übrigens im Bett. Ich wünsche Ihnen eine wundervolle Zeit der Entspannung. Sie scheinen es ja nötig zu haben.“ Und dann werde ich allein gelassen.

Ich liege ganz still da, natürlich immer noch mit dem Knebel im Mund. Ich versuche herauszufinden, ob ich irgendwo etwas Bewegungsspielraum habe. Ein wenig ist drin. Ein klein wenig kann ich wenigstens meine Arme und Beine bewegen und auch den Kopf etwas drehen. So sollte ich die nächsten Stunden überstehen können.
Ein bisschen kann ich erkennen, dass es draußen immer dunkler wird und die elektrische Beleuchtung angeht. Und irgendwann kommt jemand in meinen Käfig, fährt das Oberteil des Bettes etwas hoch und legt ein Plastiklätzchen um meinen Oberkörper. „So, es gibt jetzt Abendessen“, werde ich informiert und dann lässt die Pflegerin die Luft aus meinem Knebel, holt ihn aus meinem Mund und beginnt mich zu füttern. Viel Appetit habe ich nicht und es wird zum Glück auch keine Zwangsfütterung. Ich bekomme noch etwas Wasser zu trinken und dann wird mir für die Nacht das braun-weiße Knebelgeschirr angezogen. Das Oberteil des Bettes wird zurückgefahren, ich werde mit einer leichten Decke zugedeckt und die Nacht kann nun kommen.

Wahrscheinlich war irgendetwas Sedierendes im Essen, denn ich schlafe schnell ein und wache erst wieder auf, als die typischen Morgengeräusche uns wecken. Natürlich werde ich nicht ins Bad geschickt, sondern bin gezwungen, liegen zu bleiben. So langsam schmerzen meine Beine leicht, ich müsste sie mal dringend bewegen. Als die Schwester kommt und mich vom Knebelgeschirr befreit, spreche ich sie an. Sie legt jedoch nur den Finger an den Mund und schüttelt den Kopf. Doch dann besinnt sie sich anders: „Ich gebe Ihnen nach dem Frühstück ein leichtes Schmerzmittel. Das hilft sicher, aber losmachen darf ich sie nicht.“ Sie setzt mir mein heiß geliebtes Knebelgeschirr auf und ich bin damit erst einmal wieder ruhig gestellt. Und damit beginnt ein endlos scheinender Tag in der Fixierung. Ich döse vor mich hin, bekomme später mein Mittagessen und irgendwann kommt der Pfleger Marcel herein und verkündet, mir dass die 24 Stunden nun vorbei wären. Er macht mich los und hilft mir, mich aufzusetzen und dann zu stehen. Unbeholfen mache ich ein paar Schritte. Schnell setzt er mir meinen Schutzhelm wieder auf und dann wanke ich allein durch meinen Käfig. Die steifen Handschuhe behalte ich an, damit ich auch ja keinen Blödsinn anstelle.

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ChasHH
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  RE: Haus Waldstetten Datum:27.12.24 20:56 IP: gespeichert Moderator melden


Was ist denn mit Dominik? Hat der Drache Gerda ihn ausgeschaltet?
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Deep Wishes
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  RE: Haus Waldstetten Datum:27.12.24 21:44 IP: gespeichert Moderator melden


Katrin wird ihn nicht so schnell wiedersehen. Sie hat keine Ahnung, was mit ihm ist. Er wird aber in der Geschichte noch mal auftauchen.
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