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Erfahrener
Luzern
Bevor ich ins Gras beisse, rauche ich es zuerst weg!
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:03.01.25 18:20 IP: gespeichert
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Tolle fortsetzung..ich danke dir
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Erfahrener
Luzern
Bevor ich ins Gras beisse, rauche ich es zuerst weg!
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:03.01.25 18:20 IP: gespeichert
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Tolle fortsetzung..ich danke dir
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Fachmann
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:03.01.25 20:06 IP: gespeichert
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Danke für dein nettes Feedback. Morgen geht die Geschichte weiter.
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Fachmann
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:04.01.25 12:11 IP: gespeichert
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Watschelnd wie eine Ente
Die Tage vergehen, außer Gerda und ihren Bütteln Marcel und Eddie und der Nachtschwester habe ich mit niemandem Kontakt. Die Brille schränkt mein Sehen weiterhin ein, allerdings nicht mehr so stark wie am Anfang. Vielleicht passen sich meine Augen allmählich an die Gläser an. Tagsüber gibt es immer noch die Spreizhose an, mit der ich nur krabbeln kann. Ach ja, und den Schnuller muss ich auch wieder tragen und bin so gut wie still gelegt.
Nach ein paar Tagen nach dem Frühstück mit Pfleger Eddie nimmt dieser mir den Helm ab. „Ich habe mit Ihnen zu reden,“ sagt mir Schwester Gerda, die gerade hereingekommen ist, „und ich habe keine Lust, rumzuschreien. Hören Sie mir mal gut zu!“ „Ja, Schwester,“ antworte ich eingeschüchtert. „Also, liebe Frau Ferner, nur herumsitzen oder zu liegen geht auch nicht. Sehen Sie zu, dass Sie etwas in Bewegung kommen. Und dazu will ich Ihnen helfen. Was halten Sie davon?“ Ich habe keine Ahnung, wo Gerda drauf hinaus will und zucke nur mit den Schultern. „Können Sie nicht sprechen?“ fragt mich die Schwester. „Damit es Ihnen ein für allemal klar ist, Frau Ferner, Sie sind von mir und meiner Beurteilung über Sie abhängig. Haben Sie das endlich kapiert? Dr. Härich legt sehr viel Wert auf die Meinung erfahrener Schwestern und fragt mich oft, welche Fortschritte Sie machen. Und ich kann dann leider nur den Kopf schütteln und sagen, wir arbeiten daran. Aber dann müssen Sie auch mitmachen.“ „Aber ich mache doch alles, was Sie wollen,“ antworte ich. „Das war eine falsche Antwort,“ sagt Gerda, „nicht das, was ich will, sondern was mir medizinisch notwendig erscheint. Und da ist noch eine ganze Menge zu machen. Sie sind gefährlich, Frau Ferner, wirklich gefährlich. Für mich sind Sie psychisch schwer erkrankt, aber sonst funktioniert Ihr Gehirn noch gut. Daher auch diese Renitenz. Vielleicht sollten wir Sie da doch etwas sedieren.“ „Sie haben mich doch schon so weit, was wollen Sie denn noch?“ frage ich mit Tränen in den Augen, „Ihre Rache?“ „Was unterstellen Sie mir da?“ fährt mich Gerda an. „Ich will nur alles medizinisch und therapeutisch Notwendige für Sie. Wie oft soll ich das noch sagen? Für mich sind Sie hier genau richtig und sollten permanent hier bleiben.“ „Aber ich bin doch noch nicht entmündigt?“ frage ich kleinlaut zurück. „Nein, noch nicht, Frau Ferner, aber auf einem guten Weg dorthin. Wir arbeiten daran. Leider haben Sie bei Richter Ahrends aus was für Gründen auch immer einen Stein im Brett. Er will noch keinen Vormund für Sie bestimmen. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Deshalb schicken Dr. Härich und ich ihm regelmäßig Berichte über Sie und dass Sie nun wieder in Waldstetten sind, könnte seine Meinung ja ändern.“
„Und nun genug geplaudert, ab zum Training. Damit Ihnen nichts passiert, setzt Ihnen Eddie jetzt einen Schutzhelm aus Leder auf und dann geht’s los.“ Eddie hält einen braunen Lederhelm in der Hand, den er mir überstülpt. Der Helm hat ein breites Polster rund um den Kopf und ist merklich schwerer als der rote, den ich bisher trug. „So, und nun bekommen Sie ein schönes Laufgeschirr mit integrierter Spreizhose angezogen, liebe Frau Ferner.“ Die Schwester zieht mir die Spreizhose aus, nur um mir mit mehreren Gurten ein Laufgeschirr, wie es Kleinkinder tragen, anzulegen. In das Laufgeschirr ist eine Spreizhose integriert, die wieder meine Beine auseinanderbringt. „So, und jetzt aufgestanden, und Sie gehen durch den Raum,“ befiehlt die Schwester. Ich stehe mühsam auf und watschele vorsichtig auf ein Gitter zu, an dem ich mich, so gut es geht, beim Gehen, festhalte. „Gut und jetzt mal bis zur anderen Wand, immer geradeaus,“ lautet der Befehl. Mich mit der linken Hand festhaltend setze ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen, so gut es mir in der Spreizhose und mit verschwommener Sicht möglich ist. Am Ende des Raumes angekommen, soll ich zurückgehen. Doch die Wende gelingt mir nicht und ich falle nach vorne. Gerda kommt, hakt ihren Plastikstab in mein Laufgeschirr ein und hilft mir durch Ziehen, wieder auf die Beine zu kommen. „Jetzt machen wir das noch dreimal,“ kündigt sie an. Mir bricht schon der Schweiß aus. Dennoch gelingt es mir, indem ich mich mit einer Hand am Gitter halte. Danach bin ich aber ganz schön fertig und bin froh, als ich mich wieder in meinen Käfig ausruhen kann. Marcel setzt mir den Schnuller wieder ein und befestigt einen Gehörschutz an dem Lederhelm. So bin ich still gelegt und habe meine Ruhe.
Dieses Fitnessprogramm wiederholt Gerda mit mir am Nachmittag. Sie nennt mich ihr hässliches Entlein und weist mich daraufhin, dass ich auch lernen müsste, zu gehen ohne mich festzuhalten. Morgen solle ich das versuchen.
Am nächsten Tag ist wieder Training angesagt, aber ich traue mich einfach nicht, das Gitter loszulassen. Gerda herrscht mich an, ich solle mich zusammenreißen. Aber ich habe Angst vor den Stürzen, auch wenn ich weich gepolstert bin. Da reißt ihr der Geduldsfaden. Sie telefoniert Marcel herbei, er solle meine Schutzjacke mitbringen.
Und dann wird mir zuerst das Laufgeschirr mit integrierter Spreizhose ausgezogen und ein neues dünnes Oberteil ohne die steifen Handschuhe angezogen. Danach muss ich wieder in die Ärmel meiner Zwangsjacke schlüpfen – was habe ich sie vermisst. Nachdem die Zwangsjacke schön verschnürt wurde, natürlich auch mit dem Schrittgurt, bekomme ich wieder das Laufgeschirr samt Spreizhose angezogen. „Sie haben es ja nicht anders gewollt, Frau Ferner,“ kommentiert Schwester Gerda, „ dann lernen Sie es eben auf die harte Tour.“ Das Training wird furchtbar, immer wieder falle ich hin und Gerda und Marcel ziehen mich hoch. Am Nachmittag geht das schon besser und am Folgetag schaffe ich schon die ganze Strecke zur Wand und zurück. Die Zwangsjacke muss ich jedoch den ganzen Tag über permanent tragen.
Schwester Gerda hat merklich ihren Spaß mit mir. Sie befestigt den Plastikstab an meinem Laufgeschirr und dann gehen wir an einem Nachmittag ein bisschen spazieren, wie sie es nennt. Ich solle doch auch mal etwas Abwechslung haben. Sie führt mich an dem Stab wie an einer Leine und ich watschele in der Zwangsjacke und in der Spreizhose vor ihr her. Es geht durch die Tür auf den Flur und dann führt sie mich in irgendwelche Räume, die ich aber nicht erkennen kann. Wenn ich schräg nach oben schaue, kann ich gerade noch einige anderen Gestalten sehen, wahrscheinlich Schwestern, mit denen Gerda lebhaft diskutiert. Dann zieht sich mich weiter, und das Watscheln fällt mir immer schwerer. Ich kann fast nicht mehr und falle seitwärts auf den Boden. Sofort stehen einige Leute um mich herum und diskutieren. Ich höre Gerda schimpfen, spüre einen schmerzhaften Ruck am Nacken, der versucht mich wieder auf alle Viere zu bringen. Irgendwie macht sich Gerda an mir zu schaffen, gerät ins Stolpern und fällt über mich drüber. „Habt ihr es gesehen?“, kreischt sie, „das war ein körperlicher Angriff auf mich. Ihr habt es alle gesehen. Das wird Konsequenzen haben, Frau Ferner.“ Ich höre ein Raunen und ein Gemurmel. Dann heben mich einige starke Arme hoch, legen mich auf ein Bett und fixieren mich. Ist mir doch egal, Hauptsache nicht mehr wie Gerdas Ente vor ihr her watscheln.
Die Wende
„So, Voll-Fixierung ist angesagt,“ faucht mich Gerda an, als ich wieder in meinem Bett liege. Eddie und Marcel machen sich schon an mir zu schaffen. „Auch die Kopffixierung“, bellt die Schwester, „Frau Ferner, Frau Ferner, ein Angriff auf mich, tzz, tzz. Das ist ja wohl das Letzte. Das heißt 48 Stunden fixiert, damit sie nichts Schlimmes mehr anrichten können. Und wehe, Sie koten ein. Dann können Sie in Ihrem eigenen Gestank liegen bleiben.“ Die Pfleger ziehen die Gurte besonders stramm, so dass mir keine Bewegungsfreiheit mehr bleibt. Und immer noch habe ich die Zwangsjacke und diese furchtbare Spreizhose an. Ich kann nicht mehr und bin froh, als ich endlich alleine bin.
Die Nacht fixiert in der Spreizhose wird schlimm. Allmählich tut mir das ganze Becken weh und ich finde nicht recht in den Schlaf. Am Morgen weckt mich Gerda, stellt den Kopfteil meines Bettes etwas hoch und füttert mich. Dann schnell wieder den Schnuller in den Mund und ich bin mir selbst überlassen. Noch 36 Stunden denke ich.
Aber so weit kommt es nicht. Irgendwann am späten Vormittag kommt Schwester Margot herein, befreit mich von Schnuller, Helm, Brille und schnallt mich von den Gurten los. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht und was los ist. „Sie dürfen aus der Isolation heraus,“ erklärt sie mir, „und dann erst einmal zu Kim Lorenz ins Zimmer. Die kennen Sie ja noch. Ein schöner Aufenthalt in einem unserer renovierten Zwei-Bett-Zimmer. Dr. Härich wird dann mit Ihnen sprechen und erklären, wie es weitergeht.“ „Darf ich denn zurück nach Bodenhain?“ frage ich die Schwester. „Das weiß ich nicht, warten Sie erst einmal das Arztgespräch ab,“ ist die knappe Antwort. Dann befreit mich Schwester Margot von der Spreizhose und hilft mir aus der Zwangsjacke. Ich darf erst einmal in Ruhe zur Toilette und dann duschen und danach bekomme ich die normale Klinikkleidung gereicht und auch meine richtige Brille wieder. Was für eine Wohltat!
An diesem und am nächsten Tag erfahre ich nach und nach, was ungefähr so vorgefallen sein muss. Schwester Gerda hatte sich mit ihrer arroganten und besserwisserischen Art bei den Kolleginnen ganz schön unbeliebt gemacht. Und mit der Entennummer mit mir und dem gefaketen Angriff hat sie einfach überzogen. Eine Schwester hat sie, nicht nur bei dieser, Aktion gefilmt und das Video Frau Dr. Hahn in Bodenhain gezeigt. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass Gerda phantasiereiche Berichte in die Akten eintrug, um gegenüber Liz und mir härtere Maßnahmen anwenden zu können. Und dann hat Gerda auch noch fast alle Videosequenzen von den Käfigen gelöscht, obwohl sie ein halbes Jahr verwahrt werden müssen. Hat sie wohl gemacht, um kompromittierende Aufnahmen verschwinden zu lassen. Zwei hat sie jedoch übersehen und die zeigen sie in schlechtem Licht. Gerda hat wohl mit mir Dinge wie die Spreizhose gemacht, die Dr. Härich mitnichten angeordnet, jedoch geduldet hatte. Frau Dr. Hahn musste reagieren und hat in Abstimmung mit Frau Dr. Schardtwald Schwester Gerda auf unbestimmte Zeit frei gestellt sowie Dr. Härich eine Kollegin, Frau Reichinger, an die Seite gestellt. Die prüft zurzeit alle Berichte von Gerda und die Schwestern erwarten, dass das das Ende von Gerdas Karriere war. Gut wäre das. Ein bisschen Schadenfreude kann ich mir nicht verkneifen, zu übel hat die Frau mir mitgespielt.
Jetzt also mit Kim auf einem Zimmer. Sie ist noch mehr verschlossen als vor einem halben Jahr, als wir schon einmal einige Wochen das Zimmer teilten. Ihre Hände sind mit dicken Patientenfäustlingen versehen, da sie autoaggressive Schübe hat und sich sonst selbst gegen den Kopf schlägt. Ihre Arme stecken auf Höhe der Ellbogen in festen Röhren, so dass sie diese nicht anwinkeln kann und so ihren Kopf nicht trifft. Zur zusätzlichen Sicherheit trägt Kim einen blauen Kopfschutzhelm mit Stahlgitter, wie ich ihn auch getragen habe. Eine große Brille mit dicken Gläsern, um die Außenwelt auszublenden, verdeckt fast ihr ganzes Gesicht. Sprechen tut sie kaum, sie lebt nur noch in ihrer eigenen Welt. Ich fürchte, die Spätfolgen des Crack und anderer Drogen haben ihr Gehirn wohl für immer vernebelt.
Die Enttäuschung
Am dritten Tag nach meiner Entlassung aus dem Isolationsraum kommen die Pfleger Marcel und Eddie bringen mich zu Dr. Härich. Vorher wird mir noch eine Windel und eine Gummihose gereicht, die ich anziehen soll. Ich frage mich natürlich, warum, befolge aber lieber die Anweisung. Der Arzt erwartet mich hinter seinem Schreibtisch, ich darf mich davor setzen, während die beiden Pfleger an der Tür Wache stehen. „So, Frau Ferner,“ beginnt der Arzt, „da ist ja einiges passiert, von dem ich leider keine Ahnung hatte. Aber Hauptsache, Sie sind jetzt wieder gut untergebracht. Wie geht es Ihnen?“ Ich antworte zögernd: „Ganz gut.“ „Nun, das freut mich. Dann wollen wir mal sehen, dass Sie nun allmählich wieder richtig in die Spur kommen. Der Aufenthalt in einem unserer modernen Zwei-Bett-Zimmer wird Ihnen gut tun, nach allem was passiert ist. Ja, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Das hat nun Schwester Gerda auch erleben müssen. Auch wenn es Sie als Patientin nichts angeht, als Betroffene möchte ich Ihnen jedoch mitteilen, dass die Schwester vorübergehend beurlaubt worden ist. Betonung auf „vorübergehend“. Ich weiß nicht, wie unsere Personalabteilung die Angelegenheit beurteilt, ich halte auf jeden Fall große Stücke auf die Mitarbeiterin und ein Verlust ihrer Arbeitskraft würde mich sehr schmerzen.“ Ich schlucke, heißt das, Gerda kommt eventuell wieder? „Da ich gerade über Personalsachen plaudere – Sie sollten wissen, dass wir den Vertrag mit Pfleger Dominik nicht verlängert haben. Da gab es Dinge, die den hiesigen Arbeitsablauf störten. Vielleicht können Sie sich denken, warum ich das ausgerechnet Ihnen sage. Vertraulichkeiten zwischen Personal und Patienten sind von beiden Seiten zu unterlassen.
Und nun nach dieser Einführung, wie geht es nun mit Ihnen weiter? Ich schlage nach einem längeren Gespräch mit der Kollegin Frau Dr. Reichinger vor, Sie bleiben mit Frau Lorenz auf einem Zimmer. Ihre etwas lebhaftere Art kann Frau Lorenz nur gut tun und Sie sind bei jemanden, die Sie schon kennen.“ „Aber ich dachte, ich könnte auch nach Bodenhain?“ werfe ich schüchtern ein. “Nein, das schlagen Sie sich aus dem Kopf. Erstens ist dort zurzeit kein Platz frei und zweitens hatten Sie Ihre Chance, die Sie versemmelt haben. Nein, Ihr Platz ist hier und hier bei uns wird die Therapie weitergeführt werden.“ Ich merke, wie ich rot anlaufe, ich bekomme einen Kloß in den Hals: „Ich will hier wieder weg,“ stammele ich und werde dabei immer lauter, „ich, ich kann das nicht mehr.“ „Liebe Frau Ferner,“ säuselt der Arzt, „beruhigen Sie sich doch bitte wieder. Ich kann ja verstehen, dass Sie psychisch etwas angeschlagen sind, deshalb sind Sie ja auch hier, und vergessen Sie das bitte nicht,“ und hierbei wird seine Stimme lauter, „Sie sind zwangseingewiesen. Und wie lange, hängt von meinen Gutachten ab und damit von ihrem Verhalten.“ Ich springe auf, baue mich vor dem Arzt auf und stütze meine Hände auf den Schreibtisch. „Ich habe mir in Bodenhain nichts zu Schulden kommen lassen, ich habe mich dort tadellos verhalten,“ schreie ich ihn an, „da war nur der Ausflug in die Stadt und ein klein bisschen Alkohol…“ „Frau Ferner, es reicht,“ unterbricht er mich scharf, „ich fühle mich von Ihnen bedroht. So können wir nicht weiterreden. Meine Herren, bitte!“ Ehe ich mich versehe, packen mich Marcel und Eddie. Einer hält mich fest, der andere zieht mir die Zwangsjacke über. Das ist zu viel für mich. Ich winde mich in ihren Armen, trete und schreie. Die Tür geht auf, es kommen noch weitere Pfleger gelaufen und dann liege ich plötzlich, fest eingepackt in der Zwangsjacke und mit mehreren breiten Lederriemen um meine Beine auf dem Boden. Einer hält meinen Kopf fest und Eddie setzt mir einen Ballknebel in den Mund. „Sehen Sie, Frau Ferner,“ kommentiert Dr. Härich, „genau deswegen bleiben Sie hier bei uns. Für den Rest des Tages geht es nun in die Weichzelle. Ich ordne eine 5-Punkt-Fixierung plus Schulterhalterung für die Nacht im Gitterbett an. Grundsätzlich, wenn Sie wieder auf Station sind, Reizreduzierung wie bei Frau Lorenz. Einen schönen Tag noch.“ Und dann heben mich die Pfleger in einen tiefen Rollstuhl, fixieren mich darin und fahren mich zur Gummizelle. Dort nehmen sie mir wegen angeblicher Verletzungsgefahr meine Brille ab und legen mich auf den Boden. Die Tür wird verschlossen und ich bin allein. Wegen den Gurten kann ich mich nicht hinsetzen. Ich liege auf dem Boden und wimmere vor mich hin.
Mittags kommen Eddie und Marcel, lehnen mich an die Wand und füttern mir das Mittagessen. Dann werde ich bis zum Abendessen wieder allein gelassen. Anschließend fahren mich die beiden Pfleger mit dem Rollstuhl in unser Zimmer. Dort wartet schon das komplette S-Fix auf mich. Im angrenzenden Hygieneraum werde ich zunächst auf eine Liege geschnallt und Marcel und Eddie befreien mich von den Beingurten und der Zwangsjacke. Dann zieht mir eine Schwester die volle pitschnasse Windel aus, legt mir eine frische an und die beiden führen mich zum Bett. Dort werde ich sorgfältig und sehr stramm am Bauch, an den Fuß- und Handgelenken, im Schritt und letztlich mit Schultergurten fixiert. Eddie stülpt mir mein Ledergeschirr über den Kopf, die Seitengitter des Bettes ratschen ein und dann kümmern sich die beiden um Kim.
Die Ankündigung
Am nächsten Morgen werde ich nach einer harten Nacht geweckt und Schwester Margot beugt sich über mich. „Guten Morgen, Frau Ferner, nun werden Sie also wieder länger unser Gast sein. Dr. Härich hat einige Maßnahmen vorgeschrieben, womit wir sofort anfangen werden. Danach gibt es dann eine frische Windel und es wird Ihnen und Frau Lorenz hier im Zimmer das Frühstück gereicht.“ Die Schwester löst mich bis auf die Fußgelenke aus der Fixierung und nimmt mir das Knebelgeschirr ab. Meine Hände werden in dicke Patientenhandschuhe gepackt und dann bekomme ich die gleichen steifen Röhren um meine Ellbogen wie bei Kim angelegt. Anschließend schnallt sie mir die Brille mit den extra starken Gläsern um, so dass mein Sichtfeld wieder stark eingeschränkt ist. „Jetzt noch den Helm mit den Ohrenschützern und dann sind Sie fertig“, kommentiert sie. „Erst einmal ohne Gitter, das setzen wir Ihnen nach dem Frühstück ein.“ Und dann bekomme ich meinen Schutzhelm wieder aufgesetzt, der sich so schön um meinen Kopf schmiegt und mich halbtaub werden lässt. „Es liegt an Ihnen, Frau Ferner, ob wir sie noch stilllegen müssen“, kommt die Warnung, „also halten Sie sich lieber zurück.“
Nach dem Frühstück wird noch das Gitter an meinem Helm befestigt und dann ist die Welt wieder sicher vor mir. Kim und ich bleiben auf unserem Zimmer bis zur Arztvisite. Dann kommt Dr. Härich zusammen mit einer Frau und mit Marcel. „Sehr schön, Frau Ferner“, kommentiert er mit lauter Stimme, damit ich ihn verstehen kann, „so, gefallen Sie mir nach gestern schon besser. Marcel, nehmen Sie ihr bitte eben den Helm ab. Dann spricht es sich leichter.“ Jetzt kann ich wieder besser hören. „Frau Ferner,“ fragt die Ärztin, „können Sie mich erkennen?“ „Nur verschwommen,“ antworte ich. „Ich bin Frau Dr. Reichinger und bis auf weiteres für Sie zuständig, wenn Dr. Härich nicht da ist. Dann lernen wir uns auch mal kennen.“ Ich nicke und erwarte, was kommen wird. Dr. Härich übernimmt wieder: „Frau Ferner, wir müssen jetzt angesichts Ihres Zustandes an eine zumindest zeitweilige Entmündigung und damit an eine gesetzliche Betreuung denken. Ich habe Herrn Richter Ahrends Ihren Fall noch einmal unterbreitet und auf die absolute Dringlichkeit hingewiesen. Ich möchte, dass Sie Bescheid wissen und erkennen, dass alle unsere Maßnahmen zu Ihrem Besten sind. Demnächst wird Herr Ahrends hier sein und dann eine Entscheidung treffen. Bis dahin bleiben unsere Therapiemaßnahmen so bestehen. Bei schönem Wetter werden Sie Gelegenheit haben, in der Gruppe nach draußen zu gehen und ein bisschen frische Luft zu schnappen. Haben Sie noch eine Frage?“ Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. „Sie wollen mich also wirklich entmündigen?“ stammele ich. „Nein, nicht ich, letztendlich entscheidet das Gericht. Aber ich befürworte es. Wie gesagt, es ist nur zu Ihrem Besten. Und nun schauen wir uns mal Frau Lorenz an.“ „Ich habe noch eine Frage,“ werfe ich ein. „Ja,“ ist die ungeduldige Antwort. „Wie lange muss ich noch hier bleiben?“ Dr. Härich wirkt gereizt: „Immer wieder diese Fragen. Das kann noch kein Mensch sagen.“ Er zuckt die Schultern: „Vielleicht ein Jahr, vielleicht für immer. Ob die Zwangseinweisung weiterhin verlängert wird, hängt ebenfalls vom Richter ab und der stützt sich auf meine Berichte. Damit Ihnen der Ernst der Lage klar ist: in Ihrer Akte steht ein Z für „zwangseingewiesen“, ein W für „Wiederholung“ und ein EhV für „extrem herausforderndes Verhalten“. Und da fragen Sie, wie lange Sie noch bleiben müssen.“ „Aber das mit dem herausfordernden Verhalten hat doch bestimmt Schwester Gerda geschrieben“, insistiere ich. „Wer das geschrieben hat, ist zweitrangig. Ich stehe auf jeden Fall voll dahinter. Das heißt für uns, dass wir vorsichtig und mit Verantwortung allen Beteiligten gegenüber agieren müssen. Oder anders ausgedrückt, für Sie sind strenge Restriktionen vorgesehen. Und wenn ich einen Rat geben darf: Frau Ferner, nehmen Sie die Situation so an. Sie sind psychisch krank, haben aggressive Schübe und sind meiner Meinung nach eine Gefahr für andere. Lassen Sie hier alles medizinisch und therapeutisch Notwendige einfach mit sich geschehen und machen Sie das Beste draus. Die Zeit wird es zeigen. Und nun, Marcel, setzen Sie der Patientin bitte wieder den Helm auf. Ach ja, wegen der Schreiattacke gestern und weil die Patientin so unruhig ist, setzen Sie ihr bitte für die nächsten zwei Stunden den Butterfly ein und schnallen Sie Frau Ferner bitte bis heute Mittag im Rollstuhl fest. Sicher ist sicher.“
„Sie haben es gehört,“ weist mich Marcel an, „also Mund auf.“ Ich bin noch ganz geschockt von dem, was ich gehört habe, und öffne brav den Mund. Schon schiebt mir Marcel das schwarze Gummi in die Mundhöhle und pumpt Luft durch die vordere Platte in den Knebel. Der wird größer und größer, legt meine Zunge still und weitet meine Wangen, bis ich nur fiepen kann. Dann setzt Marcel mir den Helm auf und führt mich zum Rollstuhl. Er setzt mich hinein, befestigt meinen Oberkörper, meine Füße und meinen Kopf, so dass ich nur meine Arme bewegen kann. Die sind allerdings in diesen Röhren nutzlos und so erwartet mich ein weiterer endlos langer Vormittag.
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KG-Träger
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:04.01.25 15:27 IP: gespeichert
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Vielleicht kann Dominik, jetzt wo er weg ist, Polizei und/oder einen Anwalt für die Patientin holen. Menschenrechte gelten für alle.
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Erfahrener
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Bevor ich ins Gras beisse, rauche ich es zuerst weg!
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:05.01.25 17:28 IP: gespeichert
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Danke für die lange und ausgiebige fortsetzung. Ich freu mich immer, wenn du eine fortsetzung schreibst.
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Fachmann
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RE: Haus Waldstetten
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Datum:05.01.25 20:11 IP: gespeichert
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An der Leine
Nach der Mittagsruhe im kompletten S-Fix – von was soll ich mich eigentlich ausruhen? – muss ich wieder im Rollstuhl Platz nehmen. Kim übrigens auch. Dann werde ich allerdings von Marcel erst einmal wieder ruhig gestellt. Erst bekomme ich ein großes Lätzchen umgelegt und dann wird mir ein Mundspreizer eingesetzt, dessen Lederband gut in meinem Nacken verschlossen wird. Marcel öffnet nun langsam den Spreizer, ich habe keine Chance dagegen und mein Mund öffnet sich. Ich kann nur noch unartikulierte Laute ausstoßen, eine Kommunikation mit anderen scheint mir untersagt zu sein. Dann werden Kim und ich nach draußen gerollt und unter eine Überdachung gestellt. Es tut gut, ein wenig über das bisschen, was von meiner Haut sichtbar ist, also eigentlich nur die untere Gesichtshälfte, den Wind zu spüren. Für wie wenig man schon dankbar ist, ich war schließlich wochenlang nicht mehr draußen.
Und dann kommt der große Moment: Kim und ich werden losgeschnallt und wir dürfen aufstehen. Zwei weitere Patientinnen werden zu uns geführt, alle bekommen einen Gürtel um, an denen ein breites, langes Band befestigt wird. Und dann geht eine Schwester voraus, fasst das eine Ende des Bandes und führt uns vier hintereinander durch das Außengelände. Ich gehe als letzte und hinter mir hält eine weitere Pflegerin das andere Ende des Bandes. Und so geht es stumpfsinnig im Viereck vorwärts. Sprechen kann ich wegen des Spreizers ja nicht, dafür sabbere ich wie blöd vor mich hin. Irgendwann wird jemand aus unserer Viererreihe ungeduldig. Sie zieht immer wieder an dem Band, so dass ich aufpassen muss, nicht zu stolpern. Es wird unruhig, dann stoppt alles, die Frau wird aus unserer Gruppe herausgeholt und dann geht es ohne sie weiter. Ich habe keine Ahnung, wie lange, aber irgendwann darf ich mich auf einen Plastikstuhl setzen und pausieren. In meinem Nacken wird ein Band eingehakt, das wiederum an der Wand befestigt ist. So kann ich aufstehen und ein paar Schritte machen. Aber mein Bewegungsradius ist so klein, dass ich bestimmt nichts Böses anstellen kann. So sinnstiftend verbringen wir den Nachmittag, bevor es dann wieder heißt, im Rollstuhl gut angeschnallt Platz zu nehmen und auf die Station zurückgeschoben zu werden.
Immerhin konnte ich gut meinen Gedanken nachhängen, auch wenn sie sehr düster waren. Ich habe einen Mordszorn auf diesen Dr. Härich. Der will mich unbedingt hier behalten und ich erinnere mich noch an das Gespräch mit Dominik, der von niemanden wusste, der hier wieder weg kam. Aber was soll ich machen – mehr als mich auf die beschissene Situation einzulassen, kann ich im Moment nicht tun. Eigentlich kann ich froh sein, nicht wieder im Käfig zu sitzen. Man lernt halt für das Wenige dankbar zu sein. Ich hoffe, dass sie mich irgendwann wieder sprechen lassen und ich mich wieder etwas freier bewegen kann. Dazu darf ich jedoch nicht mehr auffallen, das muss mein erstes Ziel sein.
Zwei interessante Gespräche
Und dann wird mir zwei Tage später morgens bei der Arztvisite der Besuch von Richter Ahrends angekündigt. Ich solle mich bitte um 10 Uhr bereit machen. Es gehe um die Weiterführung der Zwangseinweisung.
Der gestrige Tag lief fast so ab wie der Tag zuvor, nur dass mir der Butterfly-Knebel erspart wurde. Dafür wurde mir am Nachmittag draußen ein kleiner Ballknebel eingesetzt – jegliche Kontaktaufnahme scheint mir verboten. Eddie setzt mir diesen auch jetzt ein und bringt mich um kurz vor zehn in einen separaten Raum, wo schon zwei Männer warten: Richter Ahrends und zu meiner Überraschung mein Psychiater Dr. Aschdorf. „Sie können uns mit Frau Ferner gerne alleine lassen,“ wendet sich der Richter an Eddie. „Wenn Sie sie wiederholen sollen, rufe ich an. Und nehmen Sie ihr bitte den Helm ab und sorgen Sie dafür, dass die Patientin wieder sprechen kann, damit wir uns unterhalten können.“ Eddie befreit mich von Ballknebel und Schutzhelm und drückt mich dann auf einen Stuhl. Ich höre, wie er das Zimmer verlässt. „Erst einmal guten Morgen, Frau Ferner,“ begrüßt mich Herr Ahrends, „ich habe Dr. Aschdorf mitgebracht, weil es heute um sehr wichtige Dinge gehen wird. Wir haben uns ja schon zweimal gesehen. Die erste Begegnung war nicht so erfreulich, aber da habe ich auch einen Gutteil Schuld daran. Und beim zweiten Mal traf ich Sie in einem dieser Käfige an in einer Art Spreizhose. So weit ich weiß, hat Frau Dr. Hahn sofort reagiert und Ihren Aufenthalt erleichtern können. Nun, es geht heute um die Frage, ob die Zwangseinweisung aufrecht erhalten wird. Normalerweise wird das nach Aktenlage entschieden und die ist von Seiten des Hauses eindeutig. Aber ich habe meine Gründe, das persönliche Gespräch mit Ihnen zu suchen und habe als Hilfe zur Beurteilung Dr. Aschdorf mitgebracht.“ Ich begrüße beide Männer und bin gespannt auf das, was jetzt kommt. Und dann soll ich berichten, über meinen ersten Aufenthalt in Bodenhain und warum ich unbedingt wieder in die Psychiatrie wollte. Die beiden Männer stellen dann detaillierte Fragen über die Gegebenheiten in Haus Waldstetten und schreiben alle meine Aussagen in ihre Laptops. Nach gefühlt einer Stunde beendigen die beiden das Gespräch. „Frau Ferner, wir danken Ihnen für Ihre Offenheit und für Ihre genauen Beobachtungen“ äußert sich der Richter, „ich werde Ihren Fall jetzt gleich mit Dr. Aschdorf beraten. Anschließend muss ich noch zu anderen Patientinnen. Ich würde sagen, gegen halb drei oder drei Uhr sehen wir uns hier wieder. Es gibt noch einiges zu besprechen. Man wird Sie dann zu uns bringen.“ „Darf ich etwas fragen“ bringe ich hervor. „Gerne.“ „Bin ich nun weiter zwangseingewiesen?“ „Ich sehe, diese Angelegenheit nicht so eindeutig wie Dr. Härich,“ antwortet Dr. Aschdorf. „Wir werden uns beraten und Herr Ahrends wird Ihnen seine Entscheidung heute Nachmittag mitteilen.“ Dann telefonieren sie nach Eddie, der mich zurück in mein Zimmer führt. Ich staune, so schlecht ist das gar nicht gelaufen. Die beiden Herren zeigten ein echtes Interesse an mir und betrachteten mich scheinbar nicht als hoffnungslosen Fall. Mal sehen, was der Nachmittag bringt.
Am Nachmittag sitze ich Herrn Ahrends gegenüber. Der kommt sofort zur Sache: „Also, Frau Ferner, die Entscheidung wird lauten, die Zwangseinweisung zu beenden. Die Argumente von Dr. Aschdorf, der Sie ja schon länger kennt, sind überzeugend. Das neueste Kurzgutachten hier aus dem Hause scheint mir sehr von dieser unmöglichen Schwester, die jetzt gerade beurlaubt wurde, beeinflusst zu sein. Dr. Aschdorf wird ein Gegengutachten schreiben, an dem ich mich orientieren werde.“ Ich schaue den Mann erstaunt an und freue mich aufrichtig. „Das heißt dann also, ich bin, wenn Ihre Entscheidung aktenkundig ist, nur noch aus freien Stücken hier. Ich kann dann also das Haus verlassen?“ „Ich fürchte, so einfach wird das nicht sein, aber Dr. Aschdorf und ich haben uns etwas überlegt. Dazu jedoch, Frau Ferner, müssen Sie mir Ihre absolute Verschwiegenheit gegenüber Dritten hoch und heilig versprechen. Letztendlich in Ihrem eigenen Interesse. Tun Sie das?“ „Ja, ich verspreche es,“ antworte ich und bin gespannt auf das, was nun kommt.
„Also erstens: schon in meiner Reflexion nach unserer ersten Begegnung hatte ich den Eindruck, dass Sie hier in Waldstetten möglicherweise falsch sind. Das sagte mir einfach meine Erfahrung mit psychiatrischen Kliniken. Aber ich brauchte mehr Sicherheit. Hier sind wirklich sehr schwere klinische Fälle und da gehören Sie definitiv nicht dazu. Dr. Aschdorf ist sogar der Meinung, Sie hätten nach Ihrem letzten Aufenthalt mehr Geduld in seiner Ambulanz mitbringen sollen und wenn er sich von Ihnen nicht so gedrängt gefühlt hätte, hätte er nicht für die Einweisung gesorgt. Nun denn. Jetzt ist es so, wie es ist und wir müssen in die Zukunft sehen.
Und zweitens: ich denke nicht nur, Sie sind hier falsch untergebracht, ich bin auch überaus entsetzt über die Zustände, die ich in diesem Haus angetroffen habe. Und das bleibt jetzt unbedingt unter uns. Jede Willkürmaßnahme wird hier medizinisch-therapeutisch begründet, egal ob man sich damit über den gesetzlichen Rahmen hinwegsetzt oder nicht. Und Menschen wie Sie, die als Sand im Getriebe empfunden werden, trifft es dann ganz besonders. Wenn ich nur an diese Käfige denke… Ich habe ja einige Psychiatrien von innen gesehen und viele arbeiten tadellos, aber Haus Waldstetten ist in negativer Hinsicht unerreicht.
Nicht ganz unwichtig war in diesem Zusammenhang auch der Bericht von Herrn Schlegel bei Ihrem Psychiater über seine Beobachtungen. Dr. Aschdorf hat mich darüber informiert und ich habe selbst mit Herrn Schlegel gesprochen.“ Ich muss ihn wohl etwas ratlos angeblickt haben, denn Herr Ahrends ergänzt: „Dominik Schlegel wurde mittlerweile entlassen. Vielleicht ist etwas von seinen Aktivitäten hier bekannt geworden. Schade drum. Er hat nämlich wertvolle Hinweise gegeben.“ Also Dominik, denke ich, du Engel!
„Wichtig war auch der Bericht an Frau Dr. Hahn von Seiten einiger Mitarbeiterinnen in Bezug auf diese unsägliche Schwester Gerda. Und wenn ich unterschwellig mitbekomme, dass die Frau womöglich bald wieder auf Patientinnen losgelassen wird, dann wird mir ganz übel. Ich gebe Ihnen mal meine Überlegungen weiter“, fährt der Mann fort, „aber weiterhin streng vertraulich. Auch wenn Sie demnächst nicht mehr zwangseingewiesen sind, wird es für Sie allein fast unmöglich sein, hier wieder herauszukommen. Dr. Härich wird Gutachten um Gutachten verfassen und das Gericht damit bombardieren. Es geht schließlich auch um seinen Ruf.
Meine Idee ist, ich beauftrage für Sie einen gesetzlichen Betreuer mit einer teilweisen Betreuung. Damit sind Sie nicht entmündigt; ist sowieso Quatsch, das gibt es in Deutschland schon seit Jahren nicht mehr. Aber ein versierter Betreuer, gerade wenn er juristisch nicht ganz unterbelichtet ist, hat einfach mehr Möglichkeiten, Sie hier wieder herauszuholen. Mir schwebt da auch schon jemand vor, ein Mitarbeiter vom Gericht, den ich sehr schätze und der meines Wissens nach noch Kapazitäten frei hat. Herr Seehausen könnte Sie dann betreuen und dann dafür sorgen, dass Sie wieder nach Hause kommen. Was halten Sie davon? Vertrauen Sie mir?“ „Oh, nach unserer ersten Begegnung habe ich Sie ganz anders eingeschätzt,“ antworte ich. „Ja, auch ich lerne dazu,“ ist die Antwort. „Ich habe ja keine andere Chance mehr, fürchte ich. Machen wir das doch so, wie Sie es vorschlagen. Wird die Betreuung denn dann wieder aufgelöst, wenn ich zu Hause bin?“ „Ja, wenn Sie sich nichts Wesentliches zuschulden kommen lassen, wird das so sein.
Aber jetzt habe ich noch eine Bitte: ich möchte die Zustände in Haus Waldstetten nach oben melden und brauche dafür noch mehr Informationen über Missstände, Demütigungen, Entwürdigungen usw. Wären Sie bereit, mir diese zu geben? Herr Seehausen könnte Sie hier jede Woche zu einem festen Termin besuchen, am besten Freitagnachmittags, und er soll dafür sorgen, dass Sie beide unter vier Augen in Ruhe sprechen können. Und wenn es beim Spaziergang draußen ist. Er wird mir alle Ihre Beobachtungen weitergeben. Als Zeitraum halte ich acht Wochen für ausreichend.
Also folgender Ablauf ist angedacht: Dr. Aschdorf erstellt unverzüglich ein Gegengutachten und dann sind Sie in ein paar Tagen aus der Zwangseinweisung heraus und nur noch quasi freiwillig hier. Ich spreche mit Herrn Seehausen, von dessen Zustimmung ich ausgehe, und der Ihr gesetzlicher Betreuer in Teilangelegenheiten, nämlich vorrangig der Gesundheitsfürsorge, werden wird. Damit kann er sie schützen, denn er muss über alle medizinischen Maßnahmen informiert sein. Ob das Waldstetten machen wird, wage ich zu bezweifeln, aber den regelmäßigen Besuch bei Ihnen muss man Herrn Seehausen gestatten. Sie schildern ihm das, was Sie für zumindest zweifelhaft in Ihrer Behandlung und der der anderen Patientinnen halten, und er wird sich dann regelmäßig mit mir in Verbindung setzen. Was halten Sie davon?“ „Nun, das war ja jetzt ziemlich viel auf einmal, aber ich glaube, ich möchte da mitmachen,“ antworte ich. „Brauchen Sie noch Zeit zum Überlegen?“ Ich schüttele den Kopf. „Nun dann sollten wir jetzt gleich noch den Antrag auf gesetzliche Betreuung bez. der Gesundheitsfürsorge ausfüllen, damit ich diesen ans Betreuungsgericht weiterreichen kann, einverstanden?“ Und das bin ich. Hier wieder rauszukommen und dabei vielleicht noch etwas zur Verbesserung von uns Patientinnen tun zu können, da möchte ich mitmachen.
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