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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzig
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Datum:05.05.17 06:22 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierzig
Autor: Karl Kollar
Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende
Maria hatte sich extra den Wecker gestellt, denn sie wollte beim Vorbereiten des Frühstück helfen. Im Gegensatz zu Pauls Oma war ihre Erzieherin es nicht gewohnt, viele Personen zu Gast zu haben, außerdem hatte Maria doch recht spontan eingeladen. Sie hätte sich an diesem so wichtigen Tag zwar gern von Paul wecken lassen, doch auch ihn wollte sie damit nicht extra belasten.
Doch als sie nach dem Bad herunter kam, sah sie, dass er schon dabei war, den Tisch zu decken. »Was machst du denn schon hier?« Sie war erstaunt.
»Dir auch einen guten Morgen.« Er lächelte etwas verlegen. »Ich wollte dich eigentlich wecken, aber deine Erzieherin meinte, dass ich lieber besser ausschlafen lassen soll. Ich habe dann gefragt, ob ich mich etwas nützlich machen kann.«
Maria musste lachen. »Und ich habe mir extra einen Wecker gestellt, damit ich beim Vorbereiten helfen kann. Ich habe das Klingeln gar nicht gehört.«
»Ich habe nur geklopft, weil ich dich nicht stören wollte.« Letzteres hatte er allerdings nur gemacht, weil er von außen Schritte gehört hatte.
»Ich wollte dich an diesem wichtigen Tag ausschlafen lassen.« Mrs. Potter trug eine Warmhaltekanne herein. »Wer kommt noch mal alles?«
Maria zählte auf. »Meine Mutter natürlich, Rosalie und Herr Kollar kommen zum Frühstück. Und später kommen auch Sarah und Betty mit ihren Männern.«
Die Erzieherin schaute etwas verschreckt.
»Die Vier kommen aber nicht zum Frühstück.« Maria erkannte die Besorgnis von Mrs. Potter sofort. »Wir treffen uns hier, weil wir gemeinsam zur Sparkasse gehen wollen.«
»Wollte Frau Bayer nicht auch kommen?« Paul erinnerte sich an den gestrigen Abend.
»Ja, das hatte sie gesagt. Doch dann hat Herr Greinert sie doch noch zu einer sehr frühen Besprechung eingeladen.« Maria gab wieder, was sie zuletzt von ihr erfahren hatte.
»Naja, du bringst mit deinen vielen Besuchern das Fest aber auch ganz schön durcheinander.« Mrs. Potter lächelte und ihre Miene zeigte, dass sie trotz allem sehr stolz war auf ihren Schützling.
»Das Gebet ist eben auch etwas besonderes.« Paul gab seiner Freundin einen Kuss.
* * *
»Das war toll gestern.« Doris schwärmte schon wieder vom vorhergehenden Tag, während sie sich auf dem Bett räkelte und darauf wartete, dass sie von ihren Nachtfesseln befreit wurde. »So ein Tag wird so bald nicht wieder kommen.« Sie blickte zu Theo, der schon das Werkzeug in der Hand hatte, mit dem er ihre Ketten öffnen konnte. Sie war etwas nervös, weil dies in der neueren Zeit nur äußert selten passiert war.
»Ich habe eine Überraschung für dich. Also beeile dich.« Er beugte sich zu ihr herunter und öffnete die sonst immer verschlossenen Eisenmanschetten.
Doris wägte kurz ab, ob sie sich auf eine Diskussion bezüglich der angekündigten Neuigkeit einlassen sollte, doch dann entschied sie sich dafür, sich lieber im Bad zu beeilen. Er würde vorher doch nichts verraten, und sie würde damit nur Zeit verlieren.
Als sie aus dem Bad zurück kam, musste sie schmunzeln. »Die Ketten fehlen mir richtig. Ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass ich mich ohne sie richtig unwohl fühle.« Erst jetzt fiel ihr Blick auf die Kommode, auf der Theo die Überraschung offenbar schon ausgebreitet hatte. Sie erkannte einige goldfarbene Schmuckketten, die mit kleinen roten und blauen Steinen besetzt waren.
»Du hast extra Schmuck für mich machen lassen?« Doris war sehr erfreut.
»Besonderer Schmuck!« Theo grinste bis über beide Ohren. »Ich war extra bei einem Goldschmied.«
»Du bist ein Schatz.« Doris nahm eine der Ketten in die Hand.
»Für meine Beste nur das Beste.« Theo lächelte stolz.
»Wie macht man das denn auf?« Doris hatte eines der offensichtlichen Armbänder in der Hand und suchte den Verschluss. »Ich sehe da überhaupt nichts.«
»Es ist aus Titanstahl gearbeitet, welcher ganz dünn vergoldet wurde. Sehr robust« Theo ging noch nicht auf die Frage ein. »Die Steine sind allerdings nur gefärbtes Glas.«
»Das macht ja nichts.« Doris war davon nicht enttäuscht. »Aber jetzt möchte ich ihn anlegen.«
»Willst du dich nicht erst mal anziehen?« Theo hatte immer noch dieses leicht angespannte Lächeln im Gesicht.
Doris war mit dem Ankleiden nicht minder schnell als zuvor im Bad. Gleich darauf stand sie wieder erwartungsvoll vor der Kommode und nahm das Armband erneut in die Hand. »Und wie öffnet man das jetzt?«
»Man braucht einen Schlüssel.« Theo griff sich an den Hals, zog an seiner Halskette und holte ein Medallion hervor. Er klappte es auf und holte einen geradezu winzigen Stift hervor. »Damit kann man es aufschließen.«
»Das war doch bestimmt sehr teuer?« Noch hatte Doris die Zusammenhänge nicht vollständig erkannt.
»Er hat mir nur die Materialkosten berechnet, weil ich ihm dafür sein Gartentor repariert habe.« Theo kam mit dem Schlüssel näher.
Doris streckte fast automatisch den Arm aus und sah zu, wie ihr Verlobter mit Hilfe des winzigen Schlüssels den Schmuck um ihr Handgelenk legte. »Warum aus Titan? Es gibt doch billigeres Material.«
Theo grinste. »Weil es sehr robust ist und mit normalen Mittel nicht zu beschädigen ist.«
Langsam dämmerte es seiner Freundin. »Du schließt mich in den Schmuck ein?«
»Könnte man so sagen.« Theo grinste noch mehr. »Und jetzt gib mir bitte deinen anderen Arm.«
Wie hypnotisiert streckte Doris auch ihren anderen Arm vor, und noch bevor sie ihre Gedanken alle sortiert hatte, sah sie, das Theo auch ihr zweites Handgelenk mit einem Schmuckarmband versehen hatte. An diesem Armband baumelte eine kurze Kette herunter. Sie stutzte etwas und blickte zu ihrem anderen Arm. Auch dort baumelte ein kurzes Stück Kette herunter.
»Wofür sind die kurzen Ketten?« Doris´ Stimme zitterte ein wenig.
»Jetzt lass uns erst einmal frühstücken.« Theo hatte noch immer das Grinsen im Gesicht.
* * *
Leonie erwachte, als sie eine Berührung im Gesicht spürte.
»Aufwachen, meine Liebe.« Holger streichelte ihr zärtlich über die Wange. »Heute ist ein wichtiger Tag.«
Leonie schlug die Augen auf. Sie spürte sofort, dass sie noch die Ledermanschetten und Hand- und Fußgelenke trug, doch sie waren nicht mehr mit dem Bett verbunden. Sie richtete sich auf und wischte sich den Schlaf aus den Augen. Erst jetzt realisierte sie, dass Holger neben ihr auf ihrem Bett saß.
»Ich wollte dir auf jeden Fall einen guten Morgen wünschen und fragen, ob du die Nacht genossen hast.« Wie sie es sich gestern Abend noch gewünscht hatte, war Holger heute schon sehr früh zu Selma gekommen, um auf jeden Fall bei ihrem Erwachen dabei zu sein.
»Ich hatte einen tollen und zugleich sehr seltsamen Traum.« Leonie dachte nicht darüber nach, dass sie ihre Gedanken einem fast noch Fremden anvertraute. Sie fühlte seit ihrer erste Begegnung mit ihm fast so etwas wie ein Urvertrauen.
»Inwiefern seltsam?« Holger gab sich ehrlich interessiert.
»Es war wie vorgestern, als ich die gemeinen Armschienen tragen musste.« Sie blickte fasziniert auf die Kommode, wo die angesprochenen Foltergegenstände immer noch lagen. »Nur das diesmal die Schienen fest in die Ärmel mit eingebaut waren.«
»Wie ging dann das Anziehen?« Holger hatte schon eine Idee, von was Leonie geträumt haben könnte.
»Es wurde einfach ein langer Reißverschluss geschlossen.« Leonies Stimme wurde leiser. »Und dann konnte ich meine Arme nicht mehr beugen, wie bei den Handschuhen auch.« Sie blickte wieder zur Kommode.
»Und mit einem zweiten Reißverschluss wurden die Arme dann längs am Körper fixiert.« Holger lächelte. »Und es war ein Kleid aus Leder.«
»Ja. Woher weißt du das?« Leonie wurde es auf einmal unheimlich.
»Ich habe dir doch gestern die Broschüre von Klaus Hörmann gezeigt.« Holger grinste.
»Dem Kunstsattler?« Leonie erinnerte sich nach einem kurzen Moment.
»Ja.« Holger bestätigte es. »Genau der.«
»Und?« Leonie begriff die Zusammenhänge noch nicht.
»Das war einer seiner Entwürfe.« Holger streichelte ihr vorsichtig über den Kopf. »Ich habe für das nächste Wochenende einen Besuchstermin ausgemacht, damit du dich mit seinen Entwürfen vertraut machen kannst.«
Leonie wischte sich noch einmal die Augen aus. Zu einer Antwort war sie in diesem Augenblick nicht fähig.
»Du sollst dich doch mit den Kostümen vertraut machen, die du vorführen sollst.« Holger lächelte stolz. »Und eines seiner Modelle darfst du behalten. Quasi als Lohn.«
Leonie hob erstaunt den Kopf. Doch zu einer Antwort war sie immer noch nicht in der Lage.
»Komm bitte nach unten, wenn du fertig bist.« Holger stand auf. »Sie wartet mit dem Frühstück auf uns.«
* * *
Amelie von Grünberg blinzelte, als ein Sonnenstrahl in ihre Augen fiel. Verträumt blickte sie zu ihrem Verlobten, der neben ihr noch zu schlafen schien.
Sie verzichtete darauf, ihn zu wecken, denn dazu hätte sie sich sehr mühsam in ihrem engen Leder-Schlafsack zu ihm hinüber robben müssen, und sie wusste, wie anstrengend das werden konnte. Ihre Arme waren längs am Körper in den inneren Ärmeln fixiert, und sie konnte sie und ihre Finger nur millimeterweise bewegen.
Stattdessen genoss sie die Ruhe des Morgens und den Blick aus dem Fenster und ließ sich dabei von der Sonne kitzeln.
Sehr gern dachte sie zurück an den vergangenen Abend, an dem sie mit den anderen Darstellern im Rathaus noch zusammen gesessen und nach dem Buffet die gereichten Getränke genossen hatte.
Es hatte sich keiner daran gestört, dass die vier Mädchen im Rathaus noch bis tief in die Nacht mit ihren Ketten am Tisch saßen. Im Gegenteil, sie hatten teilweise sogar Komplimente dafür bekommen, weil ihre Fesseln so echt ausgesehen hatten. Dass die Ketten echt waren, war nicht zu erkennen.
Unter dem Tisch, wo es die anderen nicht sehen konnte, tauschte sie mit Leonhard intime Zärtlichkeiten aus, während sie ihre Ketten klirren hörte. Es war ein Traum gewesen.
»Guten Morgen mein Schatz.« Leonhard schlug die Augen auf.
Amelie erwiderte den Gruß. »Das war ein schöner Tag gestern.« Sie drehte den Kopf zur Decke. »Lässt du mich bitte heraus? Ich müsste dringend ins Bad.«
»Aber gern, mein Schatz.« Er beugte sich zu seiner Verlobten und zog den langen Reißverschluss auf. Doch wie sonst auch musste er auch ihre Arme aus den Ärmeln ziehen, erst dann war Amelie in der Lage, sich weiter aus dem Schlafsack zu befreien. Sofort sprang sie aus dem Bett und lief ins Bad.
»Ein teures Vergnügen.« Leonhard sprach mehr zu sich selbst, als er den Schlafsack zum Lüften umdrehte und über das Bettgestell am Fußende hängte.
»Aber er ist jede einzelne Mark wert...«, ergänzte Amelie durch die offene Badezimmertür.
* * *
»Danke, das war sehr lecker.« Rosalie legte ihr Besteck beiseite und wischte sich mit der Servierte den Mund ab.
»Ich möchte mich ebenfalls noch einmal herzlich für die Einladung bedanken.« Herr Kollar nahm einen Schluck Kaffee. »Ich bin schon sehr auf das Gebet gespannt.«
Maria verdrehte die Augen und stöhnte ein wenig. »Den Satz habe ich in den letzten Tagen schon so oft gehört.« Doch dann lächelte sie.
»Es ist aber auch etwas Besonderes.« Es war Marias Mutter anzuhören, wie stolz sie auf ihre Tochter war. Zwar hatte das Gebet nichts mit ihrem Programm zu tun, doch letzteres war eine wichtige Grundlage für Marias jetzige Fähigkeiten. »Wie geht es heute los?«
»Renate holt die Katerina für die Sponsorenbesuche ab.« Paul gab wieder, was er über den Ablauf des Festes wusste.
»Wir gehen zunächst alle zur Sparkasse für den offiziellen Emfang«, ergänzte Rosalie. »Der Bürgermeister will uns dann das Museum zeigen.« Sie blickte kurz zu ihrer Flugbekanntschaft.
»Und die Kleiderkammer möchte er uns auch zeigen.« Herr Kollar berichtete, dass er sich das gewünscht hatte. »Ihr Fest findet zwar nur alle sieben Jahre statt, aber es kann sich mit den anderen Festen durchaus messen.«
»Sie können vergleichen.« Rosalie hatte ein wenig von dem behalten, was sie im Flieger über die anderen Feste erfahren hatte. »Aber der Höhepunkt kommt morgen, wenn die Katerina vor dem Altar steht.« Sie blickte ein wenig neckisch zu ihrer Freundin.
Maria nahm den Blick auf. »Wir haben das schon mit der Pfarrerin besprochen. Morgen heiratet die Comtess Katerina den Prinzen Anselm.« Sie stoppte ihre Gedanken und vermied es in diesem Moment zu Paul zu blicken.
Frederike hatte den Wink zwar auch bemerkt, doch auch sie vermied es, das Thema zu vertiefen. »Wann kommt Frau Bayer?«
Maria blickte auf die Uhr. »Sie wollte gleich nach der Besprechung vorbei kommen.«
* * *
»Das war ein sehr schöner Tag gestern.« Leonie blickte Holger verliebt an.
»Möchte noch jemand Kaffee?« Selma hielt die Kaffeekanne hoch.
»Wenn noch welcher da ist, gern.« Florian reichte seine Tasse hin.
»Ja, das ist wohl war.« Holger erwiderte den Blick von Leonie. »Das Fest bietet außergewöhnliche Möglichkeiten.«
Anna erkannte die Zusammenhänge sofort. »Was ist so schön daran, gefangen zu sein?«
»Ich weiß es nicht.« Leonie zuckte mit den Schultern. »Meine Schwester und ich befassen uns damit, seid wir denken können.«
»Wie das?« Florian nahm einen Schluck Kaffee.
»Wir haben immer schon die Gefangenen gespielt, sei es als Indianermädchen oder als die Prinzessin, die vom bösen Ritter entführt wurde.« Leonies Stimme hatte etwas Wehmütiges, als sie von ihrer Jugend erzählte. »Und die Fesseln wurden dabei immer professioneller.« Sie blickte etwas verlegen zu Holger.
»Wie war es denn bei deiner Fotosession?« Selma erinnerte sich daran, dass Anna diesen Termin ausgemacht hatte, bei dem sie der Freund der Reporterin in Fesseln ablichten wollte.
Anna stammelte kurz, dann räusperte sie sich. »Ich mache das, weil er mir dafür Geld zahlt.« Es war ihr wichtig, ihre Beweggründe zu erläutern. »Aber es war schön.«
»Siehst du?« Leonie wurde aufmerksam. »Es hat dir auch gefallen.«
»Nein, so war es nicht gemeint.« Anna lächelte verlegen. »Ich meinte nur, dass ich die Kamera schon nach kurzer Zeit völlig vergessen hatte.«
»Ich bin sehr auf die Bilder gespannt.« Florian berichtete, dass sie von jedem gelungenen Bild einen Abzug bekommen sollten. »Du hast teilweise recht heftig mit der Kamera geflirtet.« Er hatte Mühe, keine Eifersucht zu zeigen.
»Ich habe mir einfach vorgestellt, du wärst die Kamera gewesen.« Anna wurde rot. »Sein Gesicht habe ich ja kaum gesehen.«
»Wie bist du mit den Seilen zurecht gekommen?« Florian hatte seine Frau bisher noch nicht danach gefragt.
»Es war genau so, wie Maria es mir gesagt hat.« Anna fühlte sich erleichtert. »Ich habe mir vorgestellt, du würdest mich festhalten.«
»Habt ihr schon Seile gekauft?« Holger fragte das Naheliegende.
»Nein!« Anna gab sich empört. »Es reicht mir, dass ich damit Geld verdienen kann. In meiner Freizeit will ich frei sein.«
»Das verstehe ich überhaupt nicht.« Leonie lachte.
»Es ist eben nicht jeder so veranlagt wie du.« Selma griff den Gedanken auf. »Wichtig ist vor allem, dass es in beiderseitgem Einverständnis stattfindet.« Sie blickte übertrieben deutlich zu Leonie und Holger.
»Wir haben schon Kontakt zu dem Sattler aufgenommen.« Holger erzählte, dass Herr Hörmann ihnen schon einige seiner Entwürfe gezeigt hatte.
»Ich habe sogar schon davon geträumt.« Leonie hatte etwas schwärmerisches in der Stimme. »Ich freue mich schon sehr.«
»Worauf freust du dich?« Florian hatte den Zusammenhang noch nicht erkannt.
»Er ist ein Künstler, ein Kunstsattler.« Selma versuchte, die Wissenslücken zu stopfen. »Er ist berühmt für seine restriktive Kleidung, die er im Rahmen von Kunstausstellungen präsentiert.
»Und ich darf für ihn modellen.« Leonie strahlte über das ganze Gesicht. »Und ein Stück darf ich sogar behalten.«
»Ich glaube, du hast dich sogar schon entschieden.« Holger lächelte. »Zumindest, wenn ich an deinen Traum denke.«
»Ein Lederkleid mit Ärmeln, die versteift und fixiert werden können.« Leonies Stimme war leise. »Und einem sehr engen Rock.«
»Mit einem verschließbaren Gehschlitz.« Holger blickte Leonie sehr verliebt an.
»Er hat aber auch Entwürfe, bei denen ein Monohandschuh integriert ist.« Selma berichtete, dass sie sich alle seine Ausstellungen angesehen hatte. »Schade, dass es früher so etwas noch nicht gegeben hat.«
»Es gab früher keine Fesselkleidung?« Leonie war etwas erstaunt.
»Nein, ich meinte die Ausstellungen.« Selma lachte über das Missverständnis. »Es gab schon immer geeignete Kleidung, um junge ungehorsame Damen unauffällig unter strenger Disziplin zu halten.« Sie seufzte. »Doch mit der heutigen Mode geht das leider nicht mehr.«
»Eigentlich schade.« Leonie seufzte ebenfalls. »Heute fallen ja schon Hosen mit zusammengenähten Beinen unangenehm auf.«
Es brachte ihr einen sehr verwunderten Blick von Holger ein.
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundvierzig
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Datum:08.05.17 05:36 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Einundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
Danke, dass ihr euch schon so früh die Zeit genommen habt.« Robert Greinert bat seine Gäste, die Betreuerin des Prinzenpaares, den Kassierer und den Chef der Wachmannschaft zu sich herein. »Ich möchte auch gleich zur Sache kommen.«
»Was ist denn dieses Mal so anders?« Herr Schulte, der schon das vierte Fest als Kassierer erlebte, war ein wenig verwundert.
»Sag bloß, das hast du noch nicht mitbekommen?« Renate war verblüfft. »Maria trägt das Gebet und wir haben viele prominente Besucher.«
Robert Greinert griff zu der Liste, die er bereit gelegt hatte. »Zunächst ist in der Sparkasse der offizielle Empfang durch den Direktor und den Bürgermeister.«
»Dort sind noch alle zusammen.« Renate gab wieder, was sie schon über den Vormittag wusste.
»Genau.« Robert blickte auf seine Liste. »Die drei Freundinnen der Katerina bekommen dann noch einmal Tanzunterricht.«
»Warum braucht es das?« Herr Schulte erinnerte an die vergangenen Feste, bei denen diese Tänze nicht extra geübt werden mussten.
»Es sind alles Freundinnen von Maria, die unbedingt bei dem Fest mitmachen wollten.« Renate gab wieder, was sie wusste.
»Meinen Mädchen war es mehr als recht.« Carlos, der den Tanzverein leitete und auf dem Fest auch die Wachmannschaft stellte, lächelte. »Soviel fadenscheinige Ausreden wie dieses Mal hatte ich noch nie.«
»Und dann sind da ja auch noch die Ehrengäste aus Brasilien und Australien.« Es fiel Robert schwer, seinen Stolz nicht zu zeigen. »Der Bürgermeister hat sich bereit erklärt, sich um sie zu kümmern. Er wird ihnen das Museum und die Kleiderkammer zeigen.«
»Das Prinzenpaar hat nach dem Empfang erst den Fototermin mit den Sponsoren und ist dann beim Archtekturbüro Walter vorstellig.« Renate gab ihre Aufgaben wieder.
»Walter? Das ist doch so weit draußen, fast im Nachbarort.« Herr Schulte war verwundert.
»Sie haben sich bereit erklärt, ins Rathaus zu kommen.« Robert konnte den Einwand entkräften. »Das ist ja einfach für sie.«
»Um zwölf Uhr treffen wir uns alle wieder im Rathaus, die Metzgerei Sauer richtet das Mittagessen aus.« Robert drehte sich zu Herrn Schulte. »Kannst du dich um die drei Mädchen kümmern und sie zum Unterricht begleiten?«
Herr Schulte war etwas nachdenklich. »Das müsste sich einrichten lassen.« Normalerweise hatte er sich auf dem Fest nur um die Finanzen zu kümmern.
* * *
»Jetzt sehen wir aus, wie ganz normale Europäer.« Betty strahlte über beide Ohren.
»Und es ist schön, einmal nicht der Etikette unterworfen zu sein.« Sarah beschrieb, dass sie sich gerade sehr frei fühlte.
Zu viert gingen sie die wenigen Straßen zu Marias Haus. Lediglich ihre persönlichen Neigungen wollten sie hier auch etwas verstecken. Sie wussten nicht, wie die Bewohner einer kleinen Bayerischen Stadt auf zwei gleichgeschlechtiliche Paare reagieren würden.
Durch die Zwänge ihrer Heimat machte es ihnen auch hier nichts aus, zwei normale Paare vorzuspielen. Selbst Betty hatte kein Problem damit, Hand in Hand mit Bertram durch die Straßen zu schlendern. Auch im Hotel traten sie als zwei normale Paare auf, und sie hatten sogar Spaß dabei, weil ihnen allen bewusst war, dass es alles nur Fassade war. Nur eines war ihnen wichtig: Zwischen ihren Hotelzimmern sollte es nach Möglichkeit eine Verbindungstür geben.
»Ah, der Besuch aus Brasilien.« Andrea sah eine gute Möglichkeit, ihre Artikel über das Fest zusätzlich noch mit etwas Glamour auszustatten. Aus den Gesprächen mit Maria hatte sie schon erfahren, dass es Vertreter des dortigen Hochadels waren.
Maria erkannte die Zusammenhänge sofort. Sie ging auf Andrea zu und bat sie um ihr Stillschweigen. »Reicht es nicht, dass sie aus Brasilien sind?«
»Ich hatte die Schlagzeile schon vor mir gesehen.« Andrea war etwas geknickt. »Warum wollen sie denn unerkannt bleiben?«
»Wir sind in unserer Heimat einer strengen Etikette unterworfen.« Zur Überraschung aller meldete sich Sarah zu Wort. »Hier sind wir frei und können endlich einmal wir selbst sein.« Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Bitte machen sie uns diese Gelegenheit nicht kaputt.«
»Darf ich dann wenigstens ein Märchen erzählen?« Andrea klopfte ihre Ideen ab. »Das Märchen von den Königskindern, die zusammen kommen sollten, dies aber gar nicht wollten?«
»Wenn keiner erfährt, dass wir damit gemeint sind, dann gern.« Sarah blickte sich um, so als wolle sie das Einverständnis der anderen Personen einholen.
»Darf ich noch einige Fragen stellen?« Andrea gab sich bewusst zurückhaltend. »Wie war das mit ihrem Vater und dem Börsencrash?«
Sarah blickte sich verwundert zu Maria um.
»Ich wusste nicht, dass ihr kommen würdet.« Maria war sichtlich verlegen. »Ich habe keine Namen genannt.«
»Komm, so schlimm ist es nicht.« Betty schaltete sich ein. »Hier kennt uns nur eine einzige Person.«
»Nein, zwei Personen.« Frederike mischte sich an. »Frau Baseling, wir haben sie bisher als sehr vertrauenswürdig kennenlernen dürfen. Bitte enttäuschen sie uns jetzt nicht.« Sie hatte weder das Gesicht verzogen, noch ihren Tonfall geändert. Dennoch war der Druck deutlich im Raum zu spüren, der ab sofort auf Andrea lastete.
»Ich muss aber auch an meine Zukunft denken.« Andrea fühlte sich etwas bedrängt.
»Ich hätte etwas für sie.« Frederike hatte ihre Idee blitzschnell abgewogen. Sie würde Andrea ihre Sorgen anvertrauen und wenn die Reporterin es aufgeklärt hatte, würde sie schon wieder in den Staaten sein. Sie bat Andrea, ihr auf den Flur zu folgen, dann berichtete sie von ihrem Verdacht. »Bitte finden sie heraus, was damals wirklich passiert ist.« Immer, wenn der Alltagsstress etwas nachließ, kamen in ihr wieder die Gedanken an damals hoch. Sie brauchte Klarheit über die wenigen Stunden, an die sie überhaupt keine Erinnerung hatte.
»Und wenn sich ihr Verdacht bewahrtheitet?« Andrea hatte angebissen.
»Das Risiko muss ich eingehen.« Frederike seufzte. »Ich brauche endlich Gewissheit.« Der Gedanke, direkt oder indirekt am Tod der Baronin schuld zu sein, quälte sie schon lange. »Aber bitte sagen sie meiner Tochter nichts davon.«
Andrea war nicht die Reporterin, die mit jeder Kleinigkeit an die Öffentlsichkeit musste. Sie hatte Geduld und konnte auf die große Story warten. Außerdem spürte sie, dass hier eventuell ein schmerzhaftes Geheimnis verborgen war, und sie war sich im Moment überhaupt nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte.
* * *
Claudia hielt den Blumenstrauß in ihrer Hand und hatte ihren Blick zu Boden gesenkt. Seit ihrer großen Blamage von gestern hatte sie nur noch einen Gedanken. Sie wollte sich bei Maria entschuldigen und sich zugleich auch dafür bedanken, dass sie ihren Sturz gestern am Stand ihres Vaters als einen Kniefall gedeutet hatte und so die sonst sehr peinliches Situation auf diese sehr elegante Weise gerettet hatte.
Claudia hatte sehr hoch gepokert und sprichwörtlich alles verloren. Ihren Vater hatte sie gegen sich aufgebracht, in der Brauerei konnte sie sich auf absehbare Zeit nicht mehr blicken lassen und ihre angeblichen Freundinnen würden noch lange über ihre Blamage spotten.
Sie fühlte sich auf einmal deutlich auf der Seite, auf der sie bisher immer Maria gesehen hatte, und sie begriff so langsam, was sie dem armen Mädchen angetan hatte und wie grausam es gewesen war.
Nur gelegentlich blickte Claudia auf, um die Richtung ihres Weges zu kontrollieren, ansonsten hielt sie ihren Bick zu Boden gesenkt. Sie kannte den Weg zu Marias Haus, und sie betete, dass ihre Freundinnen um diese Zeit das taten, was sie sonst immer taten, nämlich lange ausschlafen.
Schließlich hatte sie ihr Ziel erreicht und drückte sehr verschüchtert auf den Klingelknopf. Sie erwartete nicht, hereingebeten zu werden, doch sie wollte Maria zumindest den Blumenstrauß persönlich überreichen.
Wie üblich hatte ihre Erzieherin die Tür geöffnet, und Claudia fragte mit sehr leiser Stimme nach Maria.
»Maria, da ist jemand für dich.« Die Stimme von Mrs. Potter schallte und sehr enerigisch laut durch das Haus.
Claudia war durch die laute Stimme noch eingeschüchterter, sie versuchte sich geradezu hinter den Blumen zu verstecken.
Maria kam an die Tür und war sichtlich erstaunt, die Brauerstochter an der Tür stehen zu sehen.
Claudia schluckte noch einmal, dann streckte sie den Arm mit den Blumen aus. »Ich erwarte nicht, dass wir Freundinnen werden, aber ich möchte dich bitten, meine Entschuldigung zu akzeptieren.«
Maria war nur im ersten Moment sprachlos, dann nahm sie die Blumen entgegen. »Komm doch bitte herein.« Sie machte eine einladende Handbewegung.
* * *
»Wie sieht es aus? Seit ihr startklar?« Renate hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich ihre Jacke auszuziehen. Sie blickte sich um und ihr Blick blieb auf Maria hängen. »Nach den Berichten in der Zeitung wollen die Sponsoren, dass sie von der Katerina mit dem Gebet besucht wird.« Sie seufzte. »Es sind viele Sponsoren.« Sie sprach nicht weiter.
Frederike begriff sofort, was Frau Bayer eigentlich sagen wollte. »Wie lange wird es dauern?«
»Wir konnten es schon etwas komprimieren.« Renate holte tief Luft. »Aber es werden wohl zwei Stunden am Vormittag und zweieinhalb am Nachmittag werden.«
»Und dann noch mal drei Stunden für den Ball« Marias Mutter hatte ein sogenvolles Gesicht. »Das wird heftig.«
»Es wäre sehr wichtig.« Renates Blick reichte Frederike ihre Liste und zeigte ihre Verlegenheit.
»Maria, Paul, kommt bitte einmal mit?« Sie stand auf und ging zur Tür. »Ich muss einmal mit euch reden.«
Die Beiden kamen der Aufforderung nach und verließen den Raum.
»Ganz Landsbach ist in Aufruhr?« Herr Kollar gab sich sehr interessiert.
»Kann man wohl sagen.« Renate keuchte ein wenig. »Ich bin echt froh, dass das Fest nur alle sieben Jahre stattfindet.«
»Es besteht also nur aus diesem Wochenende?« Karl hatte wieder seinen Notizblock gezückt und begann, sich Notizen zu machen.
»Nein, das ist so nicht richtig.« Renate lehnte sich an den Türrahmen. »Wir beginnen ja schon ein Jahr vorher mit den Vorbereitungen.«
»Und das Katerinenjahr gibt es doch auch noch.« Rosalie ergänzte das, was sie schon von Maria erfahren hatte.
»Um was handelt es sich dabei?« Herr Kollar gab sich sehr interessiert.
»Es ist so ähnlich wie bei einer Weinkönigin.« Renate erklärte die Hintergründe. »Die Katerina hat in dem Jahr noch viele Auftritte bei allen möglichen Gelegenheiten.«
»Und dabei trägt sie immer das Gebet?« Rosalies Gesicht zeigte, dass sie sich ebenfalls Sorgen um ihre Freundin machte.
»Naja, bisher haben die Mädchen immer nur einen Handschuh getragen.« Renate holte tief Luft. »Und je nach dem, wie gut sie damit klar gekommen sind, haben sie den auch noch in dem Katerinanjahr getragen.« Renate überlegte, ob sie auch noch die Baroness erwähnen sollte, die ursprünglich für die Rolle ausgewählt wurde, doch dann behielt sie das für sich. Mit Maria war es sehr viel einfacher.
»Hier ist die Liste von Renate mit den Sachen, die ihr alle dabei haben solltet.« Frederike reichte Paul das Papier, welches sie gerade bekommen hatte. »Ich habe euch schon eine Tasche gepackt.« Sie reichte Paul die Tasche. »Müsst ihr euch noch umziehen?«
»Herr Steinhagen hat sich das Kleid mit den Spaghetti-Trägern gewünscht.« Maria blickte ein wenig verlegen an sich herunter.
»Spaghetti-Träger? Kleid?« Frederike trug wegen ihres Berufes wegen schon seit Ewigkeiten keine Kleider mehr.
»Er hat für Maria zehn Kleider bei der Schneiderin bestellt.« Paul gab wieder, was er bei Frau Bartels erfahren hatte.
»So so, du hast einen heimlichen Verehrer?« Frederike musste schmunzeln. »Dann solltet ihr ihn aber auch nicht enttäuschen.«
»Wollten sie uns nicht noch etwas sagen wegen der Tragedauer des Gebetes?« Paul war etwas verwundert.
»Ich denke, ihr wisst sehr gut, was wann wichtig ist.« Sie blickte Paul und Maria gespielt streng an.
Innerlich atmete Maria tief durch, als sie erkannte, welche Freiheit sie von von ihrer Mutter erhielt und welches Vertrauen sie in sie setzte. »Danke, Mama.« Ihre Stimme zitterte ein wenig.
* * *
»Schön, dass ihr alle pünktlich seit.« Fritz, der Leiter der Barock-Pfeiffer, betrat als erster die kleine Bühne mitten auf dem Marktplatz und begann sofort, die bereitgestellten Stühle zu verteilen. »Macht euch bitte spielfertig, dann gehen wir zu dem Empfang in die Sparkasse.«
Immer wieder blickte Florian geradezu verzaubert auf seine Frau, die in dem Barock-Kleid sehr anmutig aussah und sich auch ein wenig anders als sonst bewegte. Der Rock hatte fast eineinhalb Meter Durchmesser und ließ allein schon deswegen die Taille der Trägerin sehr gut zur Geltung. Sie trug heute nur ein geliehenes Korsett unter dem Kleid, und obwohl es ganz geschlossen war, saß es doch sehr locker.
Anna war darüber allerdings eher erleichtert, weil sie beim Flöte spielen lieber auf ein Korsett verzichtete, auch wenn ihre Familie früher darauf bestanden hatte.
»Hier ist dein Notenständer.« Florians Worte rissen sie aus ihren Gedanken. Sie nahm den Ständer entgegen und baute ihn auf, um dann gleich danach auch ihre Notenmappe darauf zu legen. Sie nutzte die kleine Atempause, um sich ein wenig auf dem Marktplatz umzusehen. Es sah letztendlich genauso aus wie gestern, nur die zehn Stände, an denen die Katerina gearbeitet hatte, fehlten jetzt. An dieser Stelle wurde im Moment eine zweite Bühne aufgebaut, so dass der Platz von zwei Seiten bespielt werden konnte und so die Umbaupausen der Musiker und Tanzgruppen geschickt überspielt werden konnten.
»Spielt ihr sofort?« Florian blickte auf die Uhr.
»Nein.« Fritz schüttelte den Kopf. »Unser Auftritt beginnt erst um zehn Uhr.« Der Chef der Musikgruppe blickte hoch und drehte den Kopf in Richtung der Sparkasse. »Wir sind vorher beim Empfang eingelden.«
»Wie kommst du mit dem Korsett klar?« Karin stellte ihre Flöte auf den Ständer und wandte sich an Anna. »Passt es dir?«
»Es ist mir etwas zu groß.« Anna war ein wenig verlegen.
»Schade.« Karin lächelte. »Ich hätte es dir gern geschenkt.«
»Seit ihr fertig?« Fritz blickte sich um. »Dann lasst uns gehen.«
* * *
Immer wieder blickte Maria sich unauffällig zu der traurigen Gestalt um, die auf dem Weg in die Sparkasse hinter ihnen her schlich. Von der einst so stolzen Brauerstochter war so gut wie nichts mehr zu sehen, und Maria war kurz davor, sogar Mitleid mit ihr zu empfinden. Doch dann gingen ihre Gedanken in die Vergangenheit, und sofort fiel ihr wieder ein, wie gemein Claudia bisher zu ihr gewesen war und wie wenig sie dem entgegensetzen konnte.
»Du siehst echt toll aus in dem Kleid.« Pauls Kompliment riss sie aus ihren Gedanken.
Maria lächelte verlegen. »Ich musste gerade nachdenken.«
»Über Claudia?« Paul ahnte, was seine Freundin beschäftigte. »Ich kann ja kaum glauben, dass sie das ist.« Er blickte ebenfalls kurz einmal nach hinten.
»Wer bist du und was hast du mit Claudia gemacht?« Maria lachte. »Der Witz ist zwar alt, aber hier passt er wirklich.«
»Total ausgewechselt.« Paul erinnerte sich an das Ende des Frühstück von eben. »Sie hat dir sogar Blumen gebracht. Was hat sie denn gesagt?«
»Sie hat mich um Entschuldigung gebeten.« Marias Stimme zeigte, wie wenig sie von dem Verhalten hielt. »Einfach so. Sie macht es sich sehr einfach.«
»Du lässt sie zappeln?« Paul war ein wenig verwundert.
»Ich habe die Blumen entgegengenommen und habe sie auch kurz ins Haus gebeten, weil ich ein höflicher Mensch bin.« Maria versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Ich bin bestimmt nicht nachtragend, aber ich musste so oft unter ihr leiden.«
»Du meinst, sie muss sich deine Freundschaft erst verdienen.« Paul öffnete die Tür des großen Sparkassenportals.
»Ich hätte es nicht ´Freundschaft´ genannt.« Maria seufzte. »Aber ich möchte sicher sein, dass sie auch so bleibt.« Sie betrat hinter ihrem Freund das Rathaus.
»Ah, schön, dass ihr schon da seit.« Renate Bayer empfing das Prinzenpaar noch vor der Treppe, die zum großen Saal hinauf führte. »Ich habe extra noch dafür gesorgt, dass für euch immer Organgensaft bereit steht.«
Beide blickten ihre Betreuerin ein wenig verwundert an.
»Natürlich dürftet ihr auch Sekt trinken.« Renate bemerkte die Fragen den Blicke sofort. »Aber wenn ihr bei jedem Empfang Sekt trinkt, dürftet ihr heute Abend nicht mehr tanzen können.«
»Okay, das ist einzusehen.« Paul nickte. »Wir sollten heute wirklich auf Alkohol verzichten.«
Maria lächelte ebenfalls.
»Jetzt kommt nach oben.« Renate schritt die Stufen voran. »Die meisten anderen Gäste sind schon da.«
Maria blickte auf die Uhr, die an der Wand hingt. »Wir sind aber pünktlich.« In iher Stimme schwang ein wenig Empörung mit.
Renate drehte sich um und lachte. »Die Ehrengäste und Hauptdarstellerin dürfen natürlich auf die Minute kommen. Alle anderen waren schon etwas früher geladen.«
Das die Brauerstochter hinter ihnen die Treppe empor stieg, schien Renate gar nicht zu bemerken. Doch Herr Wetzler stand oben an der Treppe und blickte sehr ungeduldig auf seine Tochter. »Da bist du ja endlich. Hast du ihr die Blumen überreicht?« Eine Antwort wartete er allerdings nicht ab. »Jetzt komm, es geht gleich los.« Dass Claudia bei den Worten ihres Vaters zusammenzuckte ließ darauf schließen, dass er sie zu der Entschuldigung gedrängt hatte.
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Lippe
Kann Lust Denn Sünde Sein?
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RE: Maria
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Datum:11.05.17 08:15 IP: gespeichert
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Sehr geehrter gag-coll!
Schon lange verfolge ich Ihre Geschichte. Irgendwann habe ich begonnen Maria zu lesen, zu dieser Zeit begann grade die Reise in die USA.
Danke für diese wunderbare Geschichte. Ich selber finde die Hilflosigkeit in Fesseln sehr anregend.
Bitte setzen Sie Ihre Geschichte fort! Ich warte sehnsücktig auf die weiteren Teile!
Um Ihnen dieses Kompliment zu machen habe ich mich extra angemeldet. Ich sehe jeden Tag nach ob ich weitere Kapitel lesen darf.
Hochachtungsvoll
Die Lady
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundvierzig
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Datum:11.05.17 12:16 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Zweiundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
»Ich danke ihnen, dass sie sich kurz für mich Zeit genommen haben.« Frederike schloss die Tür des kleinen Besprechungsraums neben dem Sparkassensaal, nachdem sie es mit dem Bürgermeister und dem Sparkassendirektor betreten hatte.
»Sie sagten, es sei wichtig.« Auf Herrn Steinhagens Stirn zeigten sich ein paar Sorgenfalten. »Ist mit ihrer Tochter alles in Ordnung?«
»Ja und nein.« Frederike hatte um diese Besprechung gebeten, weil sie sich ernsthaft um die Gesundheit ihrer Tochter Sorgen machte. Sie äußerte dies. »Wie sie wissen, hat die Katerina heute einen durchgeplanten Tagesablauf mit vielen Auftritten.« Sie war ein wenig verlegen, weil sie nicht wusste, wie die beiden wichtigen Herren auf ihr Anliegen reagieren würden. »Wir müssen dabei aber auch auf Marias Gesundheit achten.«
»Natürlich.« Der Bürgermeister Herr Heinrich schien noch nicht zu wissen, was Marias Mutter bewegte. »Was ist denn das Problem?«
»Meine Tochter soll ja das Gebet zeigen.« Frederike holte tief Luft. »Und zwar bei allen Sponsoren und dann heute Abend auch auf dem Ball.«
»So war es vereinbahrt, und ihre Tochter hat dafür ja auch trainiert.« Herr Steinhagen stutzte. »Sie meinen, dass es ihr trotzdem noch zuviel werden könnte?«
»Genau das meine ich.« Marias Mutter spürte, dass sie ihren Vorschlag jetzt unterbreiten konnte. »Wie wäre es, wenn die Katerina jetzt nicht gleich mit dem Gebet auftritt, sondern wenn es ihr erst nach den Reden angelegt wird, dann aber vor alller Augen.«
Die beiden Herren mussten sich nur kurz gegenseitig ansehen. »Das ist ein sehr guter Vorschlag.« Der Bürgermeister reichte Frederike die Hand. »So machen wir es.«
»Sie haben recht.« Herr Steinhagen war in diesem Moment auch ein wenig verlegen. »Ich hatte immer nur diesen Auftritt hier im Sinn, aber ihre Tochter hat ja auch noch drei andere Termine.«
»Ich gehe zu ihnen und werde es ihnen sagen.« Frederike ging zur Tür.
»Sagen sie es bitte auch Frau Bayer.« Herr Steinhagen hielt die Tür auf. »Sie muss darüber informiert sein.«
* * *
Mit ein wenig Erleichterung betrat Frederike den kleinen Raum, der dem Prinzenpaar zur Vorbereitung zur Verfügung gestellt wurde. Paul war gerade dabei, die Riemen auszupacken, mit denen er Marias Arme fixieren würde. Maria stand vor dem Spiegel und machte ein paar der Lockerungsübungen, die sie in der Klinik gelernt hatte.
»Ich habe es abgeklärt.« Frederikes Stimme zeigte, dass sie über ihr Verhandlungsergebnis sehr erfreut war. »Die Katerina muss nicht mit dem Gebet den Saal betreten.«
Paul und Maria blickten Frederike verwundert an.
»Wieso denn das?« Paul war verwundert. »Sie waren doch alle so heiß darauf.«
»Das sind sie auch.« Frederike lächelte, dann wandte sie sich an ihre Tochter. »Aber ich möchte nicht, dass du den ganzen Tag und auch noch den Abend damit herumläufst.«
»Was wurde vereinbart?« Maria erkannte sofort, dass sich ihre Mutter sehr um ihre Gesundheit sorgte.
»Es werden erst die Reden gehalten und dann bekommt die Katerina das Gebet angelegt.« Frederike erzählte kurz von der kleinen Unterredung, die sie gerade erfolgreich hinter sich gebracht hatte. »Ich werde Frau Bayer noch darüber informieren. Wisst ihr, wo die sich gerade aufhält?«
»Ich glaube, die kümmert sich um die Getränke.« Maria berichtete davon, dass ihre Betreuerin um nicht alkoholische Getränke bemüht war.
»Ich gehe sie mal suchen.« Frederike ging zur Tür. »Bitte nehmt alles mit, was ihr für das Gebet braucht.«
»Du weißt, was du zu tun hast?« Maria blickte ihren Freund sehr ernst an.
Paul wollte erst ein wenig leichtfertig antworten, doch dann erkannte er die Wichtigkeit des Augenblicks und schluckte kurz. »Ich denke, ich kann alle Handgriffe, und ich werde nicht zittern.«
»Wie viel Riemen brauchst du eigentlich dafür?« Maria blickte auf den kleinen Haufen mit Lederriemen, die ein wenig im hereinfallenden Sonnenschein glänzten.
Paul trat an den Tisch heran, auf dem die Riemen lagen. »Ich brauche einen kurzen für deine Hände und drei für die Ellenbogen.« Er sortierte den kleinen Haufen und legte die Riemen der Länge nach nebeneinander.
Maria blickte wortlos auf seine Hände, die fast ein wenig mit dem Leder spielten.
»Es würde vielleicht auch nur mit einem Riemen für die Ellenbogen gehen, aber die könnten leicht herunter rutschen.« Paul lächelte verlegen. »Mit drei Riemen sieht es einfach schöner aus.«
»Es fühlt sich auch schöner an.« Maria gab ihm einen kurzen Kuss. »Wenn du es machst.«
»Na, ihr Turteltäubchen.« Renate stand auf einmal im Raum. »Seid ihr bereit?«
Aus dem Saal war lautes Stimmengewirr zu hören, bis auf einmal ein Gong ertönte. Augenblicklich setzte Ruhe ein.
In die einsetzende Stille war die Stimme von dem Sparkassendirektor Herrn Steinhagen zu hören. »Meine Damen und Herren, begrüßen sie bitte zusammen mit mir die diesjährige Katerina mit ihrem Prinzen.«
Sofort setzte Applaus ein und Paul und Maria betraten zusammen den Sparkassensaal. Hinter ihnen trug Frau Bayer die Riemen, die Paul später für das Gebet brauchen würde.
»Sie werden sich vielleicht wundern, warum die Katerina dieses Jahr nicht mit dem traditionellen Handschuh auftritt.« Der Direktor blickte kurz in die Runde, so als würde er eine Antwort erwarten. »Maria Beller wird dieses Jahr als erste Darstellerin der Katerina überhaupt die Originalhaltung tragen.«
Er machte eine Pause, und als der einsetzende Applaus abebbte, fuhr er fort. »Diese Haltung, die damals der Herzog seiner so wichtigen Geisel aufzwang, um sie für die Verlobung unmöglich zu machen, ist sehr anstrengend, und deswegen wollen wir erst unsere Reden halten, und dann werden wir das besondere Kunststück bestaunen.«
Er ging zu dem Rednerpult und holte einen Zettel aus seiner Jackettasche. »Doch zuvor möchte ich einige Ehrengäste begrüßen.«
»Sie trägt es ja gar nicht.« Hans stand mit seinem gezückten Fotoapparat neben Andrea und machte ein paar Bilder.
»Was trägt sie nicht?« Andrea hatte mit einer anderen Reaktion ihres Freundes gerechnet.
»Na das Korsett.« Hans gab sich verwundert. »Das Venuskorsett.« Er machte wieder ein paar Bilder. »Deswegen sind wir doch hier.«
»Du bist unmöglich.« Andrea gab ihm einen Stoß in die Seite. »Du kannst wieder die Zeit nicht abwarten.« Sie blickte nach vorn auf die kleine Bühne, wo sich das Prinzenpaar neben das Rednerpult gestellt hatte. »Du weißt doch, dass wir dafür einen Termin bekommen haben. Und jetzt sei bitte ruhig und mache schöne Bilder.«
»Besonders begrüßen möchte ich auch Marias beste Freundin, Frau Dörtling, die extra wegen dem Fest aus Australien angereist ist.« Er wartete den Applaus ab.
»Ebenso bin ich auch sehr stolz darauf, dass wir auch vier Gäste aus Brasilien hier begrüßen dürfen. Maria hat sie während ihres Klinikaufenthaltes in den Staaten kennengelernt, und jetzt beehren sie unser kleines Landbach mit ihrem Besuch. Ich freue mich sehr, dass sie unser Fest gestern mit ihren so schicken Uniformen bereichert haben.«
Maria suchte unwillkürlich den Blick von Sarah, denn sie wusste, dass die echte Prinzessin sehr viel Wert darauf legte, dass man ihren wahren Status als Mitglied des brasilianischen Hochadels nicht kannte. Als der Direktor gleich danach auf den gestrigen Tag zu sprechen kam, entspannte sich Sarahs Miene deutlich.
»Gestern gab es schon den traditionellen Festzug und das Arbeiten der Katerina auf dem Marktplatz.« Der Direktor machte eine Pause. »Ich möchte der Rede des Bürgermeisters nicht vorgreifen, doch auch dieses Mal war die Liebe stärker als die äußeren Zwänge.«
Er blickte noch einmal neben sich. »Wie sie mir verraten haben, haben sich die beiden Darsteller Maria Beller und Paul Mohr auch privat gefunden und sind bereit, gemeinsam ins Leben zu treten.«
Während des anschließenden Applauses blickte er kurz zu Marias Mutter, die gerade dabei war, sich eine Träne aus dem Gesicht zu wischen.
»Wir wollen aber auch an die Baroness denken, die ursprünglich für diese Rolle vorgesehen war, die jedoch durch ihren so schweren Unfall aus dem Verkehr gezogen wurde.« Er deutete eine kleine Verbeugung an. Dabei verschwieg er allerdings, dass im Moment keiner wusste, wo sich die Baroness gerade aufhielt. Doch da man in der Vergangenheit diverse Eskapaden von ihr gewöhnt war, nahm man es nicht weiter zur Kenntnis.
»Und nun wollen wir das Glas erheben auf ein weiterhin so schönes und friedliches Fest.« Er griff zu seinem Glas und brachte einen Toast aus.
* * *
Als nächster trat der Bürgermeister ans Pult. Auch er begrüßte die Anwesenden, dann verkündete er. »Ich möchte ihnen einen Überblick über die damaligen Geschehnisse geben, soweit sie uns überliefert sind.«
Er sprach zunächst über die zeitliche Einordnung der Ereignisse, die zu dem Fest geführt hatten. »Das genaue Datum ist nicht überliefert, aber alle Quellen sind sich einig, dass es im 13. Jahrhundert passiert sein muss.«
»Wie es damals nach einem Krieg üblich war, nahm der Herzog als Gewinner die Tochter des verfeindeten Grafen als Geisel mit zu sich ins Reich.« Er beschrieb, dass das am Vortag mit der Heimkehr von der Schlacht dargestellt wurde. »Der Herzog befahl dann seinem Sohn, sich persönlich um die Geisel zu kümmern. Die Comtess wurde vom Prinzen bei allen wichtigen Leuten vorgestellt, und wie das Leben auch damals schon spielte, haben sie die beiden ineinander verliebt.«
Er machte eine bedeutsame Pause, während der Maria die Hand von Paul ergriff und sie festhielt.
»Natürlich ging das damals über eine längere Zeit.« Er berichtete davon, dass die Katerina als Geisel in der Stadt bekannt gemacht wurde und dass sie deswegen bei den Zünften jeweils ein wenig mitzuarbeiten hatte. »Dabei wurde sie immer von dem Sohn des Herzogs begleitet, und wegen der Folgen davon feiern wir heute das rauschende Fest.«
Er machte wieder eine kleine Pause.
»Das Fest wäre bestimmt in Vergessenheit geraten, wenn sich der Herzog nicht eine besondere Grausamkeit ausgedacht hatte, um die Verbindung zwischen seinem Sohn und der Comtess zu verhindern.«
Er informierte über die Intrige des Herzogs, die darin bestand, der Comtess die Arme sehr grausam auf den Rücken zu fesseln. »Doch die Liebe zwischen den beiden war stärker, und was sich auf dem Verlobungsball zugetragen hat, das werden uns Paul und Maria zusammen mit der Theatergruppe heute Abend vorführen.«
Mit einem Zuklappen seiner Mappe deutete er das Ende seiner Rede an. Wieder kam Applaus auf.
* * *
Herr Wetzler trat als nächster an das Pult, denn er hatte als Vertreter der Sponsoren um diesen Termin gebeten. Auch er begrüßte mit fröhlicher Stimme die Ehrengäste, doch dann wurde seine Stimme auf einmal sehr ernst. »Wir möchten uns noch einmal bei der Katerina für unseren Fehler entschuldigen.« Er verbeugte sich symbolisch vor Maria, die mit einer Handbewegung ihre Dankbarkeit ausdrückte.
»Die inneren Werte sind das allein Wichtige. Titel zählen nicht, auch nicht das Aussehen, sondern nur das, was man aus seinen Fähigkeiten macht.« Er machte eine bedeutsame Pause.
»Natürlich, ein Adelstitel verlangt ein wenig Respekt. Aber erst, wenn dahinter auch eine anerkennenswerte Leistung steht, ist dieser Respekt auch gerechtfertigt. Wenn das Leben nur darin besteht, schnelle Autos zu fahren und sich auf Partys zu amüsieren, dann ist das kein Leben, welches diesen Respekt rechtfertigt.« Es war deutlich zu spüren, wer mit der Rede gemeint war, obwohl er keinen Namen genannte hatte.
»Aber auch die andere Seite sollte man betrachten. Wer eine Person einfach nur wegen des Titels und nicht wegen der Leistung bewundert, sollte sein eigenes Weltbild überprüfen.« Sein Blick fiel überdeutlich auf seine Tochter, die neben ganz nah an der kleinen Bühne stand. »Ich nehme mich da selbst nicht aus. Auch ich und meine Kollegen haben nur auf den Titel geschaut, und obwohl Frau Beller uns ein atemberaubendes Kunststück vorgeführt hat, waren wir geradezu verblendet.«
Maria hatte die Ablehnung damals sehr getroffen, und noch immer gab es ihr einen kleinen Stich ins Herz, als sie durch die Worte von Herrn Wetzler daran erinnert wurde.
»Worte können sehr verletzen, und sie sind schnell gesagt.« Er machte eine deutlich Pause. »Wir tun alle gut daran, unsere Werte und unser Weltbild zu überdenken, und unsere Worte immer wieder auf Korrektheit und Fairness zu überprüfen, bevor wir sie äußern.« Wieder machte er einedeutliche Pause.
»Umso mehr freue ich mich darüber, dass wir nicht nur alle daraus gelernt haben, sondern dass wir in Frau Beller ein außergewöhnlich schöne, charmante und überaus fähige Katerina gefunden haben, die alle bisherigen Feste in den Schatten stellen wird. Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit.« Er verließ den Platz vor dem Pult und ging wieder an seinen Platz.
* * *
Als nächster Redner trat Robert Greinert an das Mikrofon. »Danke, Herr Wetzler, für diese mahnenden Worte, die leider viel zu selten wirklich berücksichtigt werden.« Erst jetzt zog er sein Manuskript aus dem Jackett und auch er begann seine Rede zunächst mit der Begrüßung der Ehrengäste.
»Mir wurde die Rolle des Vorsitzenden erst sehr spät angetragen in Folge der turbulenten Ereignisse um die überraschende Verhaftung des Barons. Deswegen möchte ich auch gar nicht viel sagen, sondern uns nur ein weiterhin so harmonisches Fest wünschen. Und natürlich sind wir alle sehr gespannt auf das Kunststück, welches uns Maria Beller vorführen wird. Ich danke ihnen.« Er blickte zu Frederike, die sich ebenfalls als Rednerin gemeldet hatte.
* * *
Marias Mutter begann ihre Rede anders als alle ihre Vorredner. Sie sprach als erstes ihre Tochter an und äußerte ihren Stolz als Mutter darüber, welche Ehre Maria hier zugedacht wurde. Erst danach begrüßte auch sie die Ehrengäste.
Sarah zitterte innerlich ein wenig, denn Marias Mutter kannte ihre wahre Herkunft. Doch zu ihrer Erleichterung erwähnte auch Frederike Sarah nur als eine Freundin von Maria. »Ich freue mich sehr, einmal wieder in der alten Heimat zu sein und sogar das Katerinenfest mitfeiern zu dürfen, auf dem meine Tochter die Hauptrolle spielen darf.«
Leichter Applaus kam auf. Frederike blickte sich derweil im Saal um, weil sie ein paar ganz bestimmte Herren suchte. Sie entdeckte sie schließlich ganz am Rande des Saales, wo diese ihrerseits aufmerksam ihre Tochter vorn auf der Bühne musterten.
Sie dankte Herrn Wetzler für seine weisen Worte und fügte den Wunsch hinzu, dass viel mehr Wert gelegt werden sollte auf die inneren Werte, und dass es nicht nur nach dem Äußeren gehen sollte. »Wahre Schönheit kommt von Innen.« Wieder machte sie eine Pause.
»Natürlich weiß ich am besten, dass meine Tochter gut für das ´Gebet auf dem Rücken´ vorbereitet ist, und ich bin selbstverständlich sehr stolz auf sie. Auch ich habe früher davon geträumt, einmal die Katerina darstellen zu dürfen.« Frederike machte eine kleine Pause. »Doch als Mutter habe ich auch den Wunsch, sie sofort aus dem Gebet zu befreien, weil es eben eine sehr grausame Haltung darstellt.«
Wieder hielt sie kurz inne. »Aber lassen sie sich versichern, dass Maria wirklich in der Lage ist, diese Haltung auch für längere Zeit einzunehmen. In der Klinik, die ich in den Staaten leite, hat sie das trainiert und wurde dabei von den besten Ärzten und Orthopäden betreut. Es gab auch schon mal eine Gelegenheit, wo sie ihre Fähigkeiten in seinem sehr feierlichen Rahmen sehr würdevoll vorführen konnte. Das wird sie auch hier tun, und ich freue mich darauf! Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit.« Sie verließ die Bühne und setzte sich auf ihren Platz.
* * *
Herr Steinhagen trat wieder an das Mikrofon. »Wir kommen jetzt zum ersten Höhepunkt des Tages. Der Katerina wird das Gebet angelegt. Ich möchte sie aber bitten, eine kleine Ungenauigkeit in unserer Darstellung zu übersehen.« Er blickte kurz zum Prinzenpaar und lächelte sie an. »Natürlich war es der Herzog selbst oder noch eher eine ihm gehorsame Dienerin, die der Katerina das Gebet angelegt hat.«
Er gab Paul und Maria das Zeichen, mit dem Anlegen des Gebetes zu beginnen.
»Dass es hier der Prinz selbst tut, ist natürlich falsch, aber da Paul und Maria sehr gut aufeinander eingespielt sind und weil es sich um eine sehr gefährliche, weil ungesunde Aktion handelt, wenn man es falsch macht, wollen wir heute darüber hinweg sehen.«
Der Direktor musste dem Paar allerdings noch ein zweites Zeichen geben, erst dann setzte sich das Paar in Bewegung und trat vor an den Bühnenrand.
Zunächst stand Maria mit dem Gesicht zum Publikum, doch sie erkannte sofort, dass Paul so arbeiten müsste, ohne dass es das Publikum sehen konnte. »Ich werde mich besser umdrehen, dann können sie es sehen.« Es hatte noch einen anderen Grund, warum sie dies Variante bevorzugte. Bei der Vorstellung im Rathaus stand sie erst mit dem Gesicht zum Publikum und musste in die Gesichter sehen. So konnte sie diesen Blick vermeiden und würde eventuell eine erneute Ablehnung leichter ertragen.
Sie war sich immer noch nicht sicher, wie Leute, die mit dem Thema nicht vertraut waren, auf ihre seltsame Haltung reagieren würden.
Maria hatte die Augen geschlossen und versuchte auf die Geräusche zu hören, doch letztendlich hörte sie nur Pauls Atmen. Er ging ruhig, doch sie spürte allein an seinen Berührungen, wie angespannt er innerlich war.
Nach dem vierten Riemen hörte sie sein leises ´Fertig´ und sie öffnete die Augen. Auf die bisher atemlose Stille folgte auf einmal ein tosender Applaus, und als Maria sich langsam zum Publikum drehte, sah sie, dass jeder von seinem Platz aufgestanden war und im Stehen applaudierte.
»Bitte drehen sie sich noch einmal.« Der Direktor konnte den Applaus kaum übertönen, Maria verstand ihn nur, weil er dazu eine kreisende Handbewegung machte.
Er trat wieder ans Mikrofon und bat um Ruhe. »Ich freue mich, dass ihnen die Darbietung von unserer so ehrgeizigen Darstellerin gefällt.«
Wieder brauste der Applaus auf.
»Wir können dann mit den Erinnerungsfotos für die Sponsoren beginnen.« Er griff zu einer Liste und las die Reihenfolge vor, dann gab er Hans und seiner Freundin ein Zeichen.
»Sie trägt das Korsett ja immer noch nicht.« Hans war sichtlich enttäuscht.
»Du verdienst echt eine Ohrfeige.« Andreas Stimme zeigte, wie aufgebracht sie war. »Da führt Maria ein echtes atemberaubendes Kunststück vor, und du kannst nur an deine Unterwäsche denken.«
»Es ist nicht nur Unterwäsche.« Hans blickte noch einmal zur Bühne und wollte erst weitersprechen, doch dann besann er sich. »Wir müssen jetzt die Fotos machen.«
»Wir?« Andrea wollte zwar keinen Streit mit ihrem Freund vor Fremden, doch sie hasste es, wenn er einfach so über sie verfügte.
»Jetzt sei nicht so empfindlich.« Hans verdrehte die Augen. »Würdest du mir bitte helfen, das Stativ aufzubauen?«
Andrea schluckte ihre Wut herunter, weil sie wusste, dass eine weitere Diskussion nichts bringen würde. Außerdem hatte sie in der Vergangenheit schon oft solche Dispute führen müssen, doch geändert hatten sie nie etwas.
* * *
»Und was passiert jetzt?« Karl Kollar blickte noch einmal in den Saal, als er dem Bürgermeister aus dem Saal folgte.
»Den Sponsoren wurden jeweils einige Fotos mit der Katerina versprochen, mit denen sie später Werbung machen dürfen.« Der Bürgermeister hielt die Tür auf und wartete, bis Karl, Rosalie und die vier Brasilianer den Saal verlassen hatten.
»Das liebe Geld.« Karl lächelte. »Die anderen Feste haben ähnliche Finanzierungsmodelle.«
»Naja, die Sponsorengelder erlauben es uns, keinen Eintritt zu nehmen.« Herr Heinrich ging zum Treppenhaus. »Nur heute Abend in der Stadthalle kostet es Eintritt.« Er stutzte kurz. »Sie sind natürlich alle eingeladen.«
Rosalie und die Anderen bedankten sich.
»Erwarten sie bitte nicht zu viel von unserem kleinen Museum. Es sind nur ein paar Vitrinen mit Informationen über die vergangenen Feste.« Er ging zur Außentür und hielt sie ebenfalls auf. »Einfach gerade über den Marktplatz. Aber vorher sind sie noch bei mir zu einem kleinen Empfang eingeladen.«
»Wir sagen dankeschön.« Sarah hatte sich zur inoffiziellen Sprecherin der Brasilianer gemacht, seit sie erkannt hatte, wie gut ihr Inkognito hier gewahrt wurde.
* * *
Zehn Sponsoren hatten sich gemeldet, weil sie ein Erinnerungsfoto mit der Katerina haben wollen und dafür hatten sie auch einen Extra-Betrag gezahlt.
Wegen des knappen Terminplan, und weil alle dafür Verständnis hatten, Maria nicht über Gebühr zu belasten, waren sie damit einverstanden, dass es quasi im Fließbandverfahren gemacht wurde.
Meistens stellte sich Maria zu dem entsprechenden Ehepaar in die Mitte und zeigte im Halbprofil sowohl ihre Arme als auch ihr Gesicht mit einem strahlenden Lächeln. Nur Claudia hatte sich ein Foto allein mit der Katerina bestellt. Doch während Hans wie bei den anderen auch die Fotos machte, musste er Claudia mehrmals zum Lächeln nötigen.
Maria nutzte die kurzen Wartezeiten, um sich etwas im Saal umzublicken. Auch ihr waren die älteren Herren aufgefallen, die am Rande des Saales standen und sie doch die ganze Zeit mit deutlichem Interesse musterten. Sie vermied es, sie direkt anzusehen.
Erst gegen Ende, als die meisten Sponsoren nach ihrem Foto schon gegangen waren, kamen auch sie näher und musterten Maria aus der Nähe. Interessanterweise waren ihnen die Arme in ihrer so außergewöhnlichen Haltung aber gar nicht so wichtig, hatte Maria den Eindruck. Sie schienen mehr auf ihre Gesamterscheinung zu achten.
Maria war sich ziemlich sicher, dass es sich bei ihnen um die Auftraggeber ihrer Mutter handelte, denn sie waren nicht aus Landsbach und machten teilweise auch einen etwas exotischen Eindruck, obwohl sie alle den üblichen schwarzen Anzug trugen.
Zur ihrer eigenen Überraschung war sie aber nicht nervös, als sie glaubte, vom ihnen gemustert zu werden. Sie hatte mittlerweile, auch wegen der Unterstützung, die sie durch Paul bekam, genügend Selbstbewusstsein, um sich dieser Musterung zu stellen. Außerdem gab ihr der zumindest nach außen offensichtliche Sieg über Claudia zusätzlich Mut und Kraft.
Noch spürte sie in ihren Arme nicht ein einziges Anzeichen von Unbehagen, und so konnte sie die ganze Zeit das ehrlichste Lächeln zeigen, zu dem sie in der Lage war.
Nur einmal traten kurz Sorgenfalten auf ihre Stirn, als sie Franz-Ferdinand, den Neffen des Barons, bei den Zuschauern entdeckte. Er hatte sich bisher zwar immer vorbildlich benommen und sogar zweimal irgendwelche Rüpel abgewehrt, doch Maria blieb skeptisch. Obwohl er sich seit dem immer wie ein Gentleman benommen hatte, fühlte Maria dennoch, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung war. Doch sie behielt ihren Verdacht für sich, denn selbst Paul teilte ihre diesbezügliche Meinung nicht, als sie ihn vor kurzem darauf angesprochen hatte.
* * *
»Der Empfang war schön.« Anna lächelte, während sie mit Florian und den anderen Musikern zurück auf den Marktplatz unterwegs war.
»Nehmt bitte gleich Platz.« Fritz zeigte auf die Bühne, dann trat er an Anna heran. »Mein Großvater ist heute anwesend, und er hat sich ein Stück gewünscht, welches wir zwar im Repertoire haben, aber wir haben es bisher nicht angespielt.«
Anna spürte die nicht ausgesprochene Frage. »Was ist es denn?«
»Es handelt sich um die Badinerie von Bach.« Fritz lächelte etwas verlegen. »Du kennst es bestimmt.«
Anna stöhnte laut auf. Es war das Lieblingsstück ihres Vaters, und sie hasste das Stück, weil sie es in der Vergangenheit so oft für ihn spielen musste.
Florian, der noch in der Nähe war, kam sofort auf sie zu, und an ihrer Miene erkannte er sofort, dass sie etwas an ihre Familie erinnert hatte. »Was ist denn los, mein Schatz?«
»Ich soll die Badinerie spielen.« Anna blickte recht traurig.
Jetzt war auch Fritz aufmerksam geworden. »Was ist Anna, ist sie dir zu schwer?«
»Nein, das ist es nicht.« Anna wischte sich ein paar Tränen weg.
»Was ist es dann?« Fritz wunderte sich sehr über Annas so heftige Reaktion.
»Gibt es Probleme?« Auch Karin hatte Annas Miene bemerkt.
Anna wischte sich die Augen aus, dann suchte ihre Hand die Hand von Florian. »Es war das Lieblingsstück von meinem Vater.« Sie schluchzte.
»Darf ich euch kurz einmal allein sprechen?« Florian spürte, dass er hier helfen musste. Er bat das Paar ihm kurz hinter die Bühne zu folgen. Dort berichtete er, warum Anna so auf heftig das Stück reagierte.
»Warum willst du das Stück überhaupt spielen?« Karin schaute ihren Mann fragen an.
»Gustav ist da, und er hat es sich gewünscht.« Fritz war ein wenig verlegen.
»Es ist also ein Stück Vergangenheitsbewältigung.« Karin drehte sich zur Bühne um. »Ich rede mit Anna. Ich habe schon eine Idee, was ich ihr sagen kann.«
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundvierzig
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Datum:12.05.17 05:41 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Dreiundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
»Nehmt bitte Platz.« Theo hatte sich extra einen Tisch ausgesucht, der im Ratskeller etwas abseits gelegen war, weil ihre Gesprächsthemen sicherlich nicht für Jedermanns Ohren gedacht waren. Er wartete, bis Holger und Leonhard sich gesetzt hatten, dann nahm er auch Platz.
»Was machen unsere Damen jetzt?« Leonhard lehnte sich zurück.
»Die haben doch Tanzunterricht.« Holger erinnerte ihn daran, dass sie vom Kassierer abgeholt wurden. »Wir sehen sie gegen Mittag im Rathaus wieder.«
»Und wir warten auf sie?« Leonhard war ein wenig irritiert. »Es stört mich etwas, dass ich nicht auf Amelie aufpassen kann.«
»Mir geht es mit meiner Doris auch so.« Theo lächelte. »Aber ich weiß, dass sie in guten Händen sind.«
»Du hast echt Glück mit Leonie.« Leonhard lächelte zu Holger. »So fesselverrückt wie sie habe ich selten eine Frau erlebt.«
»So?« Holger sah noch etwas unsicher aus. »Du meinst, das macht sie nicht nur wegen des Festes?«
»Ich kenne sie und ihre Familie schon länger.« Leonhard blickte fast etwas verschwörerisch um. »Und glaube mir, sie ist praktisch in Fesseln aufgewachsen.«
»Von so einer Frau habe ich immer schon geträumt.« Holgers Stimme zitterte.
»Ich denke, sie ist verliebt in dich.« Er blickte Holger kurz an. »Und du auch, oder?«
»Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dem Ganzen trauen darf.« Holger lächelte verlegen. »Bisher hat Frau Mohr viel für uns getan.«
Die Bedienung kam an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen.
»Drei Bier, oder?« Theo blickte sich kurz um, und als kein Widerspruch kam, wiederholte er es. »Drei Bier.«
»Auf Frau Mohr kannst du dich verlassen.« Leonhard konnte Holger ermutigen. »Sie hat viel Erfahrung in solchen Sachen.«
Holger blickte etwas verwundert auf.
»Sie war früher Erzieherin in einem ganz strengen Haus.« Er gab ein wenig von dem wieder, was er aus dem Leben seiner zukünftigen Schwiegermutter erfahren hatte.
* * *
Florian kam mit besorgter Miene von der Bühne und blieb kurz vor den wenigen Stuhlreihen stehen, die vor der Bühne für die Zuhörer aufgebaut waren.
Selma winkte ihm kurz zu und zeigte auf den Stuhl neben sich.
Florian blickte noch einmal zur Bühne, dann ging er zu Pauls Oma und nahm neben ihr Platz. »Schön, dass sie zum Zuhören gekommen sind.«
Selma blickte kurz zur anderen Seite, wo sich Mrs. Potter ebenfalls zum Zuhören hingesetzt hatte. »Wir dachten, dass wenigstens wir kommen, wenn die anderen alle mit dem Fest beschäftigt sind.«
»Ist mit Anna alles in Ordnung?« Mrs. Potter beschrieb, dass sie sowohl Annas trauriges Gesicht als auch Florians Besorgnis aufgefallen war.
Florian beugte sich ein wenig vor und erklärte die Zusammenhänge.
»Oh ja, so etwas kann durchaus schwer sein.« Selma blickte ebenfalls zur Bühne. »Was wird sie jetzt machen?«
»Die Frau vom Leiter hat mir ihr gesprochen.« Florian hatte immer noch den besorgten Blick. »Mal sehen, was passieren wird.«
»Die Badinerie ist eigentlich ein sehr schönes Stück.« Selma lächelte ein wenig. »Wir werden ja sehen, ob sie es spielen wird.«
Immer wieder blickte Florian vor zur Bühne, und die angespannte Erscheinung von Anna bewirkte, dass auch er sich noch nicht zurücklehnen konnte.
* * *
»Nach dem Sektempfang und dem Austausch der Gastgeschenke möchte ich ihnen nun unser kleines Museum zeigen.« Bürgermeister Heinrich öffnete die Tür. »Wie schon gesagt, es ist nur ein Raum mit ein paar Vitrinen und einigen Fotowänden.«
Karl, Rosalie und die Brasilianer traten ehrfürchtig ein und blickten sich um.
»Frau Bayer könnte die Führung besser halten, sie kennt sich mit den Ausstellungsstücken besser aus, und sie selbst war auch einmal eine Katerina.« Herr Heinrich schloß die Tür. »Wie sie sehen können, ist das Fest immer auch einem gewissen Zeitgeschmack unterworfen.«
Er ging zur ersten großen Vitrine. »Hier sind verschieden Kleider, die die Katerina getragen hat. Eigentlich dürfen die Darstellerinnen das Ballkleid und die Ketten als Erinnerungsstücke behalten, doch manche von ihnen haben sie uns dann für das Museum gegeben.«
»Die Katerina musste immer so einen Handschuh tragen?« Karl blickte auf die kleinen Fotos, die auch in der Vitrine ausgestellt waren und die die jeweilige Katerina mit dem Kleid zeigten.
»Das ist ja der Kern unseres Festes.« Er zeigte auf das zweite Kleid, das in der Vitrine ausgestellt war. »Bei diesem Kleid wurde der Handschuh unter dem Kleid getragen. Deswegen hat es keine Arme.«
Betty trat näher an die Vitrine heran. »Das sieht sehr faszinierend aus.« Sie blickte sehr verliebt zu Sarah.
Herr Heinrich ließ seine Besucher noch ein wenig die Kleider bestaunen, dann trat er an die nächste Vitrine. »Früher gab es nur einen einzigen Satz von Ketten, der auch schon damals etwas verrostet war.« Er wartete, bis seine Besucher näher gekommen waren.
»Ist das Blut?« Rosalie zeigte auf die rostigen Schellen.
»Das ist natürlich nur rote Farbe.« Herr Heinrich lächelte. »Aber es gab eine Zeit, wo so etwas in Mode war.«
Er zeigte auf die glänzenden Ketten, die daneben lagen. »Seit wir die Kunstschmiede bei uns im Ort haben, sind die Ketten geradezu luxuriös geworden. Die Darstellerinnen sind sich einig, dass sie sich sehr gut tragen lassen. Auch der Geschmack hat sich gewandelt. Heute sind saubere glänzende Ketten gefragt.«
»Welch ein Unterschied.« Sarah staunte.
»Wobei Schwerteles auch Ketten herstellen könnten, die alt und verrostet aussehen würden.« Herr Heinrich ging zu der kleinen Fotowand. »Hier sehen sie Fotos von den bisherigen Festen.«
Karl sah sich die Bilder sehr interessiert an. Es waren Aufnahmen aus allen Epochen seit die Fotografie erfunden wurde, beginnend mit der Prinzregentenzeit. Auch einige Fotos mit Hakenkreuzfahnen waren zu sehen. »1942 gab es kein Fest«, stellte er fest. »Das ist bei den anderen Festen auch so. Die beiden Kriege waren immer ein deutlicher Einschnitt.«
»Unser Fest ist, solange wir es feiern, nur ein einziges Mal ausgefallen und das war während des zweiten Weltkriegs.« In der Stimme des Bürgermeisters war ein gewisser Stolz zu hören.
Karl rechnete kurz nach. »Dann war es 1914 aber kurz vor Beginn des Krieges.«
»Damals, so erzählt man sich, war es vor Beginn des Krieges noch eine andere Stimmung.« Der Bürgermeister ging langsam weiter zur dritten Vitrine. »Und hier sind einige der Handschuhe, die von den jeweiligen Darstellerinnen getragen wurden. Je nach ihren Fähigkeiten und ihrer Gelenkigkeit waren die Handschuhe mal weiter und mal enger.«
»Das ist schon etwas komisch.« Karl wunderte sich. »Eigentlich sind das ja Fesselungsgegenstände.«
»Das ist das Besondere an unserem Fest, weil die Katerina laut der Überlieferung ja ohne ihre Arme tanzen musste. Es war immer schon so ein Handschuh, seit es Bilder von dem Fest gibt.«
Er zeigte auf einen kleinen unscheinbaren Zettel, der in der Mitte der Vitrine ausgestellt war. »Hier ist der älteste Hinweis auf unser Fest.« Es war eine Rechnung eines Sattlers, der für die Arbeit an einem Handschuh einen Gulden und fünf Kreuzer verlangte. »Sie ist datiert auf Juni 1865.«
Karl nickte. »Die meisten dieser Feste scheinen zwar eine lange Tradition zu haben, doch tatsächlich sind sehr viele erst in der Zeit des Historismus entstanden.«
Herr Heinrich blickte auf die Uhr. »Schauen sie sich noch etwas hier um. In Kürze werde ich sie dann noch zur Kleiderkammer führen.«
* * *
»Du warst gut.« Paul schloß die Tür ihrer kleinen Raumes und machte sich daran, die Riemen von Marias Gebet wieder zu öffnen.
»Was machst du da?« Marias Tonfall zeigte, dass sie natürlich wusste, was ihren Freund bewegte, und dass sie sich nur spielerisch ein wenig sträuben wollte. »Es ist doch nur eine kurze Strecke.«
Paul stutzte einen Moment, denn er hatte bemerkt, dass Maria gerade versuchte ein Spiel zu spielen. »Die Prinzessin ist schon etwas komisch.« Er öffnete den nächsten Riemen. »Sie möchte von ihrem Prinzen anscheinend gar nicht befreit werden.«
Jetzt war es an Maria zu lächeln. »Ich wollte dem Prinzen doch bloß Arbeit ersparen.«
»Das ist sehr lieb von euch, meine Liebe, aber die Königin hat mir gewisse Vorschriften mit auf den Weg gegeben.« Paul lächelte ebenfalls. »Außerdem soll das Gebet doch geheim bleiben.« Seine Stimme wurde verschwörerisch. »Nur ausgewählte Personen dürfen es überhaupt zu Gesicht bekommen.«
Maria griff den Gedanken auf. »Wer ist der nächste Audienzbesucher?« Erst nachdem sie die Frage ausgesprochen hatte, fiel ihr auf, dass dieser Satz zu ihren Lieblingszitaten aus den Sissi-Filmen gehörte, und sofort sah sie sich wieder in der Rolle der Prinzessin, die ihre Besucher erwartete.
»Unser Gesandter in Paris«, antwortete Paul gemäß der Stelle aus dem Film, den er sich in den Tagen ohne Maria mehrmals angesehen hatte. Doch dann lachte er. »Das Architekturbüro Walter wartet im Rathaus auf uns.«
»Dann haben wir ja noch ein paar Minuten Zeit«, antwortete Maria in Bezug auf den Film, in dem Sissi sich eine Pause von zwei Minuten ausgebeten hatte. Gleich nachdem Paul ihr die Arme befreit hatte, umarmte Maria ihren Freund und gab ihm einen langen Kuss. »Danke für diesen tollen Auftritt.«
Es klopfte, und gleich danach steckte Renate ihren Kopf zur Tür herein. »Seid ihr fertig?«
Maria entließ Paul aus ihrer Umarmung. »Es kann weitergehen.« Sie seufzte ein wenig.
»Ich soll euch an die Gymnastik erinnern.« Renate war es ein wenig unangenehm, doch es war im Rahmen des Festes auch ihre Aufgabe, auf die Gesundheit des Paares und vor allem der Katerina zu achten.
Maria verdrehte die Augen. »Die haben wir schon gemacht.«
Paul blickte sie verwundert an, sagte aber nichts.
»Ja, ja, ist ja schon gut.« Maria schluckte noch einmal, dann begann sie mit ihren kleinen Übungen.
Erst nach einiger Zeit erkannte sie, wie Paul sie nur mit einem Blick und ganz ohne Worte dazu gebracht hatte, zu gehorchen und die von ihr so wenig geliebten Übungen zu absolvieren. Ein seltsames Gefühl regte sich in ihr.
Renate sah sich die Übungen einige Zeit lang an, dann blickte sie wieder auf ihre Uhr. »Ich denke, wir sollten dann gehen.«
Maria ließ erleichtert die Arme sinken, doch dann erschrak sie innerlich und blickte verlegen zu Paul. Aber er war zu ihrer Erleichterung schon dabei, die leichten Sommerjacken vom Ständer zu nehmen.
* * *
»Ich weiß nicht, was die Frau mit ihr gemacht hat, aber jetzt spielt sie wie verwandelt.« Florian war sichtlich erleichtert.
»Und sie hat die Badinerie wirklich schön gespielt.« Selma äußerte ihre Bewunderung.
»Das Stück war schon dran?« Florian war überrascht. »Ich kenne mich mit dieser Musik überhaupt nicht aus.«
»Aber sie scheint ihnen trotzdem gefallen zu haben.« Selma lächelte verschmitzt.
»Ich kannte Musik dieser Art bisher überhaupt nicht.« Florian war etwas verlegen. »Aber ich muss sagen, dass sie trotz allem sehr zu Herzen gehen kann.«
»Das liegt aber auch an der Musikerin.« Mrs. Potter beugte sich vor und schmunzelte. »Ich glaube, sie spielt nur für sie.«
»Meinen sie wirklich?« Florian blickte kurz zur Seite.
»Ich denke, jetzt wo sie die Badinerie gespielt hat, kann sie auch nichts mehr durcheinander bringen.« Selma lächelte. »Schauen sie doch, wie sehr sie strahlt.«
»Sie lässt sich nicht einmal durch das Korsett stören.« Mrs. Potter blickte auf die prachtvollen Kostüme der Damen.
»Was hat es eigentlich mit diesen Korsetts auf sich?« Florian gestand gern ein, dass er über diesen Aspekt seiner Beziehung zu Anna so gut wie gar nichts wusste. »Frau Beller hat gesagt, dass Anna mit dem Tragen des Korsetts nur langsam aufhören darf. Ich weiß aber nichts über die Hintergründe.«
»Es hat zwei Aspekte.« Selma sprach etwas leiser. »Zum einen unterbindet das Korsett die Bauch- oder besser Zwerchfell-Atmung, die beim Musizieren eigentlich recht wichtig ist. Deswegen ist es um so beeindruckender, wie gut Anna mit dem Korsett klar kommt.« Sie blickte kurz zur Bühne. »Und was die Tragedauer betrifft: Wenn sie das Korsett lange trägt, bildet sich die Rückenmuskulatur zurück. Dagegensteuern kann man mit Sport, zum Beispiel Rudern.«
»Deswegen hat mich Anna schon nach einem Sportverein gefragt und hat davon geschwärmt, sie wollte mich auf den See hinaus rudern.« Florian winkte seiner Frau zu. »Das hat mich sehr überrascht, denn eigentlich soll doch der Kavalier seine Dame romantisch rudern. Aber jetzt verstehe ich die Zusammenhänge.«
»Sie sollten sie in dieser Hinsicht unterstützen und hinter ihr stehen.« Selma lehnte sich zurück.
* * *
Die Familie Walter als einer der vier Hauptsponsoren war auf den Vorschlag eingegangen, den Besuch der Katerina im Rathaus stattfinden zu lassen. So konnten Maria unnötig lange Wege erspart werden. Auf drei kleinen Tischen hatten sie einige ihrer Projekte in Form von kleinen Modellen ausgestellt.
Neben Frau Walter als Chefin waren auch ihr Vater und ihr Mann sowie ihre Tochter Paula anwesend. Gemeinsam hatten sie die kleinen Modellhäuser aufgebaut, und dabei war deutlich zu sehen, wie stolz der Vater auf seine Tochter war, die sich schon sehr für den Beruf ihres Vaters interessierte. Beim Aufbau der Modelle hatte sie begeistert mitgeholfen.
Doch über Marias Armhaltung war die Architektentochter etwas enttäuscht. »Damit ist man ja völlig hilflos.« Sie seufzte. »Mir hat der Handschuh wirklich besser gefallen.«
»Du meinst den Monohandschuh?« Paul fand die Tochter ebenfalls sehr sympathisch. Er griff in die Tasche, die er für Maria trug und holte die weisse Lederhülle heraus.
»Papa?« Die Tochter blickte ihren Vater mit großen Augen an. »Kannst du nicht fragen, ob die Katerina nicht lieber den Handschuh tragen kann?«
»Aber das mache ich doch gern.« Maria antwortete sofort.
Es waren zwei Gründe, die sie dazu bewegten. Zum einen war der Handschuh tatsächlich wesentlich bequemer als das Gebet, und zum anderen wusste sie, dass sie das Gebet heute noch sehr oft tragen musste und jede Minute, in der sie jetzt ihre Muskeln schonte, kam dem Abend zugute, wo sie das Gebet lange zu tragen hatte.
Sie selbst hätte es nie gewagt, einfach so um ihre Befreiung zu bitten, doch der süßen Architektentochter konnte sie den Wunsch einfach nicht abschlagen.
Sie wartete, bis Paul die Riemen des Gebetes gelöst hatte, dann nahm sie den Handschuh und reichte ihn Paula. »Möchtest du ihn schließen?«
»Gern.« Paula nahm den Handschuh entgegen und strahlte, doch dann stutzte sie. »Ich weiß aber nicht, wie das geht.«
»Mein Freund wird es dir zeigen und dir helfen.« Sie blickte kurz zu ihrem Freund und lächelte ihn ermutigend an.
Paul erklärte kurz den Umgang mit dem Handschuh, dann trat er auf Paula zu und führte ihre Hände.
»Aber das hält man doch nicht lange aus, oder?« Paula gab sich sehr aufmerksam.
»Ich trainiere das schon mehrere Jahre.« Maria war es mittlerweile egal, was die Leute darüber dachten. »Es ist nur wichtig, dass sich die Muskeln langsam daran gewöhnen können.«
»Und wofür haben sie das trainiert?« Der alte Herr Walter war hellhörig geworden.
Maria machte unauffällig das Zeichen, mit dem sie gegenüber Paul andeutete, dass sie diesen Dialog nicht weiterführen wollte. Renate hatte ihnen den Tipp gegeben, ein paar solcher Zeichen zu vereinbaren.
Das Vorbild dafür war die englische Königin, die ihrer Dienerin allein mit dem Tragen der Handtasche gewisse Botschaften übermitteln konnte. Auf diese Weise konnte die Katerina Unwohlsein signalisieren, ohne die Sponsoren unnötig zu verärgern.
Es war jetzt an Paul, passend das Thema zu wechseln. Er räusperte sich etwas übertrieben, dann ließ er kurz den Handschuh los und zeigte er wahllos auf eines der Modell und fragte, wo dieses Gebäude stand.
Die Ablenkung funktionierte. Herr Walter berichtete stolz und ausführlich, wo sich dieses Gebäude befand und was sich während des Baues so alles Interessantes zugetragen hatte, und die Frage seines Schwiegervaters war damit vergessen.
Nach einiger Zeit fragte Herr Walter, ob seine Tochter Maria den Handschuh wieder abnehmen wolle. Doch zur Überraschung aller antwortete Paula, dass Maria den Handschuh weiter tragen solle.
Ihre Mutter Frau Walter war entsetzt. »Aber mein Schatz.«
»Ich glaube, es gefällt ihr gut.« Paula lächelte. »Und es ist bestimmt leichter zu tragen als das komische Gebet.«
Maria konnte es nicht verhindern, dass sie etwas rot wurde, weil ihr das Ansinnen der Tochter gefiel und weil Paula natürlich auch recht hatte. Der Handschuh war wesentlich leichter zu tragen als das Gebet.
Mittlerweile waren auch Andrea und Hans eingetroffen, und der Fotograf begann sofort, Maria mit dem Handschuh neben den Architekturmodellen abzulichten, so wie die Familie es bestellt hatte.
»Warum trägt Maria eigentlich nicht das Gebet?« Hans wunderte sich ein wenig.
»Es war der Wunsch meiner Tochter.« Frau Walter seufzte ein wenig. »Sie meint, dass das für Maria einfacher ist.«
»Der Handschuh kann wirklich bequem sein.« Andrea nickte. »Ich habe das kürzlich einmal ausprobiert.«
Hans ließ vor Verblüffung die Kamera sinken. »Warum hast du davon nichts gesagt?«
Auf einmal realisierte Andrea, was sie gerade gesagt hatte. Sie war sichtlich verlegen.
Hans war etwas verärgert. »Komm du mir nach Hause.«
Andrea seufzte. Insgeheim sah sie sich schon so hilflos, wie sie es kürzlich bei Leonie erlebt hatte, und sie wusste, dass sie sich Hans so nicht ausliefern wollte.
Maria glaubte, die Sorgen der Reporterin erkannt zu haben. Sie ging zu ihr, um ihr einige ihrer Verteidigungsübungen vorzuführen.
»So wehrlos wie es aussieht, ist man mit dem Handschuh gar nicht.« Sie spürte, dass sie Andrea Mut machen musste. »Im Notfall kannst du ihnen immer in die Eier treten. Das kühlt sie ab.«
Natürlich waren das nicht Marias eigene Worte, sie gab nur wieder, was sie beim Selbstverteidigungskurs gelernt hatte. Und sie spürte, dass Andrea und vor allem Hans eine klare Ansage gebrauchen konnten.
Paul schluckte, obwohl er überhaupt nicht gemeint war. Zugleich war er aber auch ein wenig stolz auf das Selbstbewusstsein seiner Freundin.
Frau Walter nahm ihre Tochter in den Arm. »Aber jetzt hätte ich gern noch ein paar Aufnahmen mit dem Gebet.« Sie streichelte ihr über den Kopf. »Wir machen es auch ganz schnell.«
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Lippe
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RE: Maria
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Datum:12.05.17 19:41 IP: gespeichert
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Hochverehrter gag-coll!
Vielen Dank für die zwei wundervollen, inspirierenden Vortsetzungen der bezaubernden Geschichte um Maria.
Gleich heute früh kam eine neue und gestern kurz nach meinem Kommentar. Danke für dieses Geschenk!
Es ist für mich immer ein Moment zum träumen. Ich bin schon sehr gespannt darauf wie es weiter geht und was es neues von der eingeschlossenen reuigen Adeligen gibt!
Mit den besten Wünschen für ein schönes Wocgenende,
hochachtungsvoll
Ihre Lady
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Fachmann
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RE: Maria
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Datum:12.05.17 21:01 IP: gespeichert
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Hallo gag-coll
Ich will nicht viele Worte machen, ich finde deine Geschichte einfach klasse und sage Danke für die Fortsetzungen.
Ich wünsche dir ein schönes entspanntes Wochenende
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Stamm-Gast
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RE: Maria
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Datum:12.05.17 22:55 IP: gespeichert
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Hi gag_coll
Ich schließe mich meinen Vorrednern an.
Als Kommentar von mir sage ich nur.....
T O P P
Auch von mir ein schönes Wochenende!
Gruß
Gozar
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundvierzig
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Datum:15.05.17 06:15 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Vierundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
»Wie sie es gesagt hatten, es war nur ein kleines Stück.« Karl war erleichtert, als der Bürgermeister ihm die Tür zur Kleiderkammer aufhielt. Er keuchte ein wenig. Hinter ihm betraten Rosalie und die vier Brasilianer die alte historische Kornkammer in ihrer neuen Verwendung.
»Die Leute haben die Anweisung, nach dem Umzug die Sachen gleich zurück zu bringen.« Herr Heinrich seufzte. »Aber nicht alle halten sich daran.« Er lächelte ein wenig verlegen.
»Sie ist ja trotzdem gut gefüllt.« Karl schaute sich um. »Das erste Fest war Anfang des 19. Jahrhunderts.«
»Das können sie erkennen?« Der Bürgermeister war beeindruckt.
»Man sieht deutlich den jeweiligen Modegeschmack und das historische Verständnis. Und da das Fest nur alle sieben Jahre stattfindet, dürften viele Kostüme gleich neu angefertigt worden sein.« Karl lächelte. »Und außerdem haben fast alle Historienspiele in der Zeit des Historismus begonnen.«
»Sie können das ja gut vergleichen.« Der Bürgermeister machte eine entsprechende Handbewegung. »Schauen sie sich ruhig um.«
»Was ist das hier?« Karl zeigte auf einen einzelnen Kleiderständer, an dem neben altmodischer Kleidung sowohl Bärenfellen als auch diverse Ketten hingen. »An so etwas kann ich mich gar nicht erinnern.«
»Sie haben recht.« Bürgermeister Heinrich lächelte. »Die ´geraubten Jungfrauen´ sind dieses Jahr ausgefallen. Es gab sowohl eine Schwangerschaft als auch einen Todesfall.«
»Das ist schade.« Karl lächelte. »Ich hätte die Gruppe gern gesehen.«
»Dabei hat das gar nichts mit unserem Fest zu tun.« Herr Heinrich dachte kurz nach. »Es geht auf eine alte Sage zurück, die in dieser Gegend passiert sein soll. Aber da fragen sie lieber Herrn Schulte. Er kennt sich damit besser aus.«
»Das werde ich machen.« Karl bedankte sich für die kleine Führung.
* * *
»Wie war es beim Tanzen?« Leonhard war sichtlich erleichtert, als er seine Verlobte wieder in die Arme schließen konnte. Er hatte etwas Unruhe in seiner Stimme.
»Das war ein sehr fesselnder Tanzunterricht.« Amelie lächelte geheimnisvoll. »Aber auch berührend.«
»Bitte?« Leonhard hatte eigentlich eine andere Antwort erwartet.
»Herr Schulte hat uns begleitet.« Sie lächelte und blickte zu dem älteren Herrn mit den weißen Haaren, der sich im Moment allerdings außerhalb ihrer Hörweite befand. »Er war so verlegen.«
»Warum das?« Leonhard spürte, dass ein wirklich bewegender Moment hinter seiner Verlobten lag.
»Er sollte uns Fesseln anlegen.« Amelies Miene zeigte ein breites Lächeln. »Aber er scheute sich sehr davor, uns zu berühren.«
»Ich dachte, ihr wart beim Tanzen?« Leohard war etwas verwundert. »Hätte ich dich doch begleiten sollen?«
»Nein, es war alles in Ordnung.« Amelie lachte. »Wir waren beim Tanzunterricht, aber heute Abend müssen wir gemäß der Tradition einen Tanz ohne unsere Arme tanzen.«
»Wieso denn das?« Leonhard war etwas verwundert.
»Heute Abend werden wir Kleider tragen, in denen unsere Arme versteckt sind, aber jetzt musste sicher gestellt sein, dass wir die Arme nicht benutzen können.« Sie hielt kurz inne. »Es war ein Traum.«
Es war ihm furchtbar unangenehm, doch der Kassierer Herr Schulte musste den Damen, die er zum Tanzunterricht begleitete, die vorbereiteten Fesseln anlegen. Der Tanz war bewusst ohne Arme zu tanzen.
»Heute Abend werden sie entsprechende Kleider tragen, doch jetzt müssen wir etwas improvisieren.« Er schluckte deutlich sichtbar. »Es tut mir sehr leid, und ich habe so etwas auch noch nie gemacht, aber ich muss sicherstellen, dass sie jetzt so tanzen, wie es heute Abend sein wird.«
»Gestern brauchten wir das aber nicht.« Amelie hinterfragte die Anweisung.
»Das wurde in der Nachbesprechung gestern extra noch mal angesprochen.« Herr Schulte hatte eine deutlich Rötung im Gesicht. »Heute Abend werden sie entsprechende Kleider tragen, bei denen die Arme nicht sichtbar sind, und wir sollen heute genau das schon einmal proben.«
»Dann machen wir es doch einfach.« Amelie begriff sofort, was den alten Herrn bewegte. »Wenn es ihnen hilft, kann ich mich um die beiden Mädchen kümmern und sie müssen nur mich anfassen.«
Herr Schulte hatte Schwierigkeiten, seine Erleichterung zu verbergen. »Das würde mir sehr entgegenkommen.«
»Was für Fesseln sind denn vorgesehen?« Amelie war begeistert. Sie hatte ursprünglich erwartet, nur am Freitag die Fesseln tragen zu dürfen, jetzt ergaben sich zwei weitere tolle Gelegenheiten.
»Er hat euch drei gefesselt?« Leonhard war verwundert.
»Nein, das haben wir ihm erspart. Ich habe mich um Doris und Leonie gekümmert und dann habe ich mir selbst die Fesseln angelegt. Er musst mir dann nur noch bei dem rechten Arm helfen.« Sie lachte. »Ich glaube, er war sehr erleichtert darüber.«
Leonhard nahm sie in den Arm. »Meine Prinzessin.« Er gab ihr einen langen Kuss.
* * *
Die Pause nach Mittagesssen wurde genutzt, um sich über die Ereignisse des Vormittags auszutauschen. Karl hielt sich mit seinen Berichten zunächst etwas zurück, erst als er von Sarah aufgefordert wurde, von den Kettenkostümen zu berichten, taute er ein wenig auf. »Es gibt hier eine Sage von verschleppten Frauen.« Er beschrieb die Kostüme, die dazu gehörten und die sie in der Kleiderkammer gesehen hatten.
»Ja«, bestätigte Renate. »Die Sage wird gern auf dem Fest thematisiert, weil sie so schön in die historischen Ereignisse passt.«
»Nur gestern ist mir gar nichts Diesbezügliches aufgefallen.« Leonhard wunderte sich ein wenig.
»Das kommt, weil die Gruppe, die es sonst darstellt, wegen Schwangerschaft und einem Trauerfall absagen musste.« Karl gab wieder, was er darüber schon erfahren hatte. »Es soll auf eine alte Sage zurückgehen, aber so genau wusste es der Bürgermeister nicht.«
»Die Geschichte der entführten Jungfrauen?« Herr Schulte war hellhörig geworden.
»Sie kennen die Sage?« Karl wurde aufmerksam.
Herr Schulte nickte zurückhaltend.
»Können sie uns darüber etwas erzählen?« Rosalie war neugierig.
Der Kassierer lehnte sich zurück und wartete auf einen angenehmen Lautstärkepegel, dann begann er mit leiser Stimme zu erzählen.
»Es geht auf eine alte Sage zurück. Wandergesellen waren in die Stadt gekommen, und obwohl sie sehr wüst und wild aussahen, hatten sie doch sehr ordentlich und zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber gearbeitet.
Doch als es um das Bezahlen ging, waren die Bürger nicht mehr bereit, den versprochenen Lohn zu zahlen und die Gesellen zogen enttäuscht ab. Aber in der Nacht kamen sie wieder, lockten die Töchter der Auftraggeber nach draußen und entführten sie.
Immer wieder kam einer der Gesellen in die Stadt, um den versprochenen Lohn abzuholen, doch erst nach einem Jahr waren die Stadtbewohner endlich bereit, den ausgemachten Lohn zu zahlen.
Als die Mädchen nach einem Jahr zurück in die Stadt kamen, berichteten sie davon, dass sie von den Gesellen zwar gut behandelt, doch stets in Ketten gehalten worden waren.«
»Leute, denkt ihr auch, was ich denke?« Amelie grinste bis über beide Ohren. »Dann könnten wir doch...? Doris, Leonie, seid ihr dabei?«
Leonie grinste. »Du führst doch etwas im Schilde.«
Auch Leonard war von der Idee angetan. »Es wäre doch schön, wenn wir auch noch einen Betrag zum Fest leisten könnten.«
Theo hatte die besondere Gelegenheit ebenfalls sofort erkannt. »Wir spielen die wilden Wandergesellen aus der alten Sage..«
»Naheliegend.« Leonhard lachte. »Also dann, auf in die Kleiderkammer.«
Doch Doris bremste ihren Verlobten. »Sollten wir das nicht erst mit dem Vorstand besprechen?«
»Das wäre schön, wenn sie das machen würden.« Herr Schulte lächelte. »Die Gruppe hat sich immer mitten auf dem Marktplatz versammelt und die Mädchen in Ketten vorgeführt. Dabei wurden sie oft von den Geschäftsleuten unterstützt, denn unterschwellig war die Botschaft klar. ´Leute, zahlt eure Rechnungen, sonst geht es euren Töchtern schlecht.´«
Alle am Tisch lachten.
»Braucht ihr Unterstützung?« Renate keuchte, denn langsam wurde es ihr zuviel.
»Nein, das schaffen wir allein.« Leonhard lächelte. »Aber es wäre sehr nett, wenn wir uns aus der Kleiderkammer bedienen könnten.«
Renate war ein wenig erleichtert. »Herrn Schulte wird sich um euch kümmern.«
* * *
»Ich wusste nicht, dass dir die Badinerie so zu schaffen macht. Du hast es toll gespielt.« Fritz hielt eine Hand hinter dem Rücken versteckt.
»Es war ein Stück Vergangenheitsbewältigung.« Anna lächelte etwas verlegen. »Das Stück hat mir letztendlich geholfen, mich weiter von meinem Vater zu lösen.«
»Du hast wunderbar gespielt.« Fritz hielt auf dem Rücken einen kleinen, aber prächtigen Blumenstrauß, den er jetzt hervorholte und Anna überreichte. »Ein kleines Dankeschön, dass du für Maria eingesprungen bist.«
Anna wurde etwas rot. »Das habe ich doch gern gemacht.«
* * *
»Was hast du denn mit Claudia gemacht?« Rosalie legte ihr Besteck beiseite, dann wischte sie sich mit der Serviette den Mund ab. »Sie ist ja völlig verändert.«
Maria blickte ihre Freundin verwundert an. »Ich habe gar nichts gemacht.«
Paul saß neben ihnen. »Ich glaube, Claudia hatte die Baroness als Katerina erwartet und wollte ein wenig vom Ruhm abbekommen.« Er zählte die einzelnen Ereignisse auf. »Ich denke, sie hatte sich das ganz anders vorgestellt.«
»Das geschieht ihr recht.« Rosalie lachte. »Sie war schon immer so hochnäsig.«
»Dabei hat ihr Vater nur eine Brauerei.« Paul griff die Stimmung auf. »Sie hat jetzt sogar schon zwei Erinnerungsfotos mit der Katerina.«
»Deine Reaktion mit der Geisel war echt toll.« Rosalies Stimme zeigte ihre Bewunderung. »Damit hast du das Spiel gerettet und hast sie auch noch das Gesicht wahren lassen.«
»Sie an deiner Stelle hatte wahrscheinlich nur gelacht.« Paul war ebenfalls sehr stolz auf seine Freundin. »Wo ist sie jetzt eigentlich?«
»Ich glaube, sie hat die Nase voll.« Maria berichtete, dass sie gleich nach dem gewünschten Foto wieder zum Firmenwagen zurück gegangen war. »Ich hoffe, wir sehen sie so bald nicht wieder.«
Sie hatte auf die Freundschaftsanfrage von Claudia bisher nur ausweichend geantwortet. Sie wollte Claudia nicht zur Freundin haben, doch sie ahnte, dass sie schlecht beraten war, wenn sie das Angebot direkt ausschlagen würde. Es war sicher besser, sie weiterhin etwas zappeln zu lassen. Insofern war sie froh, Claudia erst einmal nicht mehr sehen zu müssen.
* * *
»Es war schön im Museum und in der Kleiderkammer.« Sarah ließ sich auf das Bett im Hotel fallen.
»Maria sah wirklich schön aus mit dem Gebet.« Betty schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf das Bett neben ihre Geliebte, dann gab sie ihr einen Kuss. »Ich habe eine tolle Idee.«
Sarah rollte sich über ihre Geliebte. »Was hast du denn vor?«
»Wie wäre es, wenn du gleich mit dem Gebet zur Bäckerei gehst?« Betty strahlte bis über beide Ohren.
»Meinst du, das wäre geschickt?« Sarah ließ sich von der Begeisterung nicht anstecken. »Es ist doch schließlich Marias Fest.«
»Aber wenn sie das Gebet so lieben, dann wäre es doch gut, wenn es von zwei Mädchen getragen wird.« Betty befreite sich von der auf ihr liegenden Sarah. »Außerdem musst du trainieren. Du hast es jetzt schon zwei Tage lang gar nicht getragen.« Ihre Stimme hatte dabei etwas sinnliches.
»Meinst du, wir könnten es wagen?« Sarah blickte verliebt auf ihre Freundin.
Es klopfte, und nach dem ´Herein´ streckte Juan seinen Kopf zur Tür herein.
»Was meinst du, Juan?« Betty überfiel ihn sofort. »Sollte Sarah es wagen?«
»Wir müssen gleich wieder los.« Juan blickte bewusst aus dem Fenster »Um was geht es?« Er vermied es, auf das Bett zu sehen.
»Wir überlegen, ob Sarah bei dem nächsten Termin das Gebet tragen sollte.« Sie wiederholte die Argumente von ihr und von Sarah.
»Und ich soll jetzt entscheiden?« Juan zuckte zunächst mit den Schultern, doch dann lächelte er. »Warum nicht. Wenn ihr meint, dass Sarah mal wieder üben müsste.« Die besondere Leidenschaft seiner Frau war ihm eigentlich gleichgültig, trotzdem achtete er darauf, dass sie glücklich war.
* * *
Maria erkannte auf den ersten Blick, dass auch Sarah ihr ´Gebet auf dem Rücken´ angelegt hatte, als sie mit ihr und den anderen Brasilianern auf dem Weg zur Bäckerei-Filiale am Marktplatz zusammentraf. Doch als Gastgeberin war sie höflich genug, um es einfach zu übersehen.
Auch Paul hatte das Gebet bemerkt, und obwohl Maria nichts gesagt hatte, war ihm doch ihre Reaktion aufgefallen, als sie die Armhaltung bei der Prinzessin bemerkt hatte. Er fasste sich ein Herz und sprach Sarah darauf an. »Ich finde es etwas unpassend, weil du Maria damit ein wenig die Show stiehlst.«
»Oh, das war überhaupt nicht meine Absicht.« Sarah wurde auf einmal ganz rot im Gesicht. »Ich habe eigentlich nur Betty nachgegeben, weil sie mich dazu gedrängt hat.« Sie blickte ihre Geliebte mit funkelnden Augen an.
»Ich war ein wenig eifersüchtig.« Betty versuchte so etwas wie eine Trotzmiene aufzusetzen. »Warum sollte Sarah nicht zeigen dürfen, dass sie es auch kann.«
»Es ist unsensibel, denn damit stiehlt Sarah Maria die Show. Sie ist die erste Darstellerin in der Geschichte des Festes, die das Gebet tragen kann, und wenn Sarah es nun auch zeigt, dann schmälert es ihre Leistung, und verdirbt auch die Sensation. Bitte bleibe etwas im Hintergrund damit.« Paul gab sich vorsichtig, denn er war zwar auch mit Betty und Sarah befreundet, doch hier waren klare Worte gefragt. »An einem anderen Wochenende wäre es kein Problem, aber heute ist es wirklich ungeschickt.«
* * *
Gabi, eine der Verkäuferinnen in der Bäckereifiliale, rückte noch einmal alle Brote zurecht und wischte die wenigen Krümel weg, die noch auf dem Arbeitsfläche lagen. Für den Auftritt der Katerina hatte die Fabrik extra noch einmal frische Backwaren geliefert, obwohl die Filiale schon geschlossen hatte.
Ihre Kollegin Anja sah sie verwundert an. »Was bist du denn heute so pingelig? Wir haben doch schon zu.«
»´Sie´ kommt.« Mehr sagte Gabi nicht.
Sofort brach auch bei Anja so etwas wie Hektik aus. »Ich bin mir sicher, sie wird wieder etwas finden.« Sie seufzte, während sie die Stehtische zurechtrückte. »Man kann es ihr einfach nicht recht machen.«
»Wenn sie nur nicht so eine strenge Art hätte.« Auch Gabi stöhnte. »Ein Blick von ihr und man fürchtet die Kündigung.«
»Zum Glück kommt sie nur selten in den Laden.« Anja seufzte tief.
Herr Friedrich betrat den Verkaufsraum. Normalerweise trug er als Chef der Großbäckerei den üblichen Anzug, doch heute hatte er sich extra für den Besuch der Katerina wieder in seine alte Bäcker-Kluft geworfen und hatte sich auch die entsprechende Kopfbedeckung aufgesetzt.
»Ist alles bereit? ´Sie´ wird gleich kommen.« Es war seiner Stimme anzuhören, dass er nicht minder Respekt vor seiner älteren Schwester hatte. Auch er blickte sich um und zeigte eine gewisse Nervosität, als er auf die langsamen Schritte auf der Treppe hörte.
»Eigentlich geht es ja heute um ganz etwas Anderes.« Gabi stöhnte.
»Das ist schon richtig, aber der Laden muss in Ordnung sein.« Die laute Stimme von Emilie Friedrich war schon zu hören, bevor sie den Laden betreten hatte.
Karl Friedrich hatte schon lange aufgegeben, mit seiner Schwester zu diskutieren. Er blickte kurz zu seinen Verkäuferinnen, um sie wenigstens ein bisschen zu beruhigen.
Wie üblich sah sich Frau Friedrich im Verkaufsraum um, scheuchte Gabi und Anja herum und ließ sie lauter Nichtigkeiten korrigieren. »Heute kommt ein Mädchen, das vorgibt, das ´Gebet auf dem Rücken´ zu beherschen.« Ihre Stimme wurde noch energischer. »So ein Blödsinn, das schafft heute doch heute keine mehr. Diese Gören sind doch alle so verzogen.«
Gabi blickte aus dem Schaufenster. »Ich glaube, sie kommen.« Ihre Stimme zeigte, wie sehr sie durch die Schwester des Chefs eingeschüchtert war.
* * *
Herr Friedrich empfing seine Gäste persönlich an der Ladentür. »Ich freue mich, dass sie trotz ihrer knappen Zeit den Besuch möglich machen konnten.« Er blickte kurz in den Laden. »Meine Schwester und ich sind sehr gespannt auf das Gebet.«
Sarah trat zwar mit den anderen ein, doch sie hielt sie bewusst im Hintergrund. Es war wirklich nicht ihre Absicht gewesen, Maria die zu Show stehlen, deswegen versuchte sie ihre Arme zu verstecken. Sie lächelte etwas verlegen.
»Ich habe ein paar Häppchen vorbereiten lassen.« Der Bäckermeister gab seinen Angestellten ein Zeichen. »Ich denke, Sekt hatten sie schon genug.«
»Und nun möchte Maria uns etwas vorführen.« Herr Friedrich gab das Signal für Paul.
Sofort machte Marias Freund sich ans Werk. Er hatte mittlerweile eine gewisse Routine entwickelt und entsprechend bereitete ihm auch die Aufmerksamkeit der anderen Leute keine Probleme mehr.
Frau Friedrich hatte sich bisher mit kritischer Miene im Hintergrund gehalten, doch jetzt kam sie etwas näher. Sie blickte mit aufmerksamer Miene auf Maria und hob nur kurz ihren Kopf, um ihre Angestellten herbei zu holen. »Sehen sie sich das an, meine Damen.«
Einmal fiel ihr Blick auf die anderen Zuschauer, und als sie Sarah erblickte, stutzte sie. Die Prinzessin stand zwischen Juan und Betty und trug die Arme auf dem Rücken versteckt, so gut es eben in der Situation ging. Doch natürlich fiel sie durch ihre Körperhaltung auf.
»Du Mädchen, komm doch mal nach vorn.« Sie blickte Sarah auffordernd an.
Bettys Geliebte blickte sich unsicher um, dann trat sie einen Schritt nach vorn.
»Dreh dich einmal um!« Noch war die Stimme von Emilie Friedrich unverändert hart und herrisch.
Sarah blickte Maria entschuldigend an, dann kam sie der Aufforderung nach.
»Karl, bring zwei Stühle für diese außergewöhnlichen jungen Damen, die sich noch zu benehmen wissen.« Eine gewisse Faszination hatte sich in ihre Stimme geschlichen. »Und ihr, bringt etwas Sekt.« Sie wandte ihren Blick nicht von den Armen ab.
»Verzeihung, aber ich trinke keinen Sekt.« Maria hatte erkannt, dass sie selbst sprechen musste. Von einer Anderen hätte es Frau Friedrich nicht akzeptiert. »Ich brauche heute Abend einen klaren Kopf.«
»Ein vernünftiges Mädchen.« Sie rief ihrem Bruder hinterher. »Bring auch etwas Orangensaft mit.« Sie blickte zu Sarah. »Aber du darfst doch, oder?«
Sarah nickte. Sie war immer noch sehr verlegen.
Betty nahm das Glas entgegen und reichte es Sarah zum Trinken.
»Sollte das nicht lieber dein Mann machen?« Emilie blickte streng auf Betty.
Juan zuckte kurz zusammen, auch Betty zeigte sich erschrocken.
Emilie blickte noch einmal sehr aufmerksam auf Sarah und Betty. Dann wurde ihre Stimme auf einmal sehr weich. »Das ist auch eine schöne Lösung.« Sie blickte zu Juan und Bertram. »Und ihr seid auch ein Paar?«
Es war sehr still in der Filiale.
Sehr verlegen nickten Juan und Bertram. Der Respekt vor der hochgewachsenen älteren Frau brachte es einfach mit sich.
»Ich wünschte, uns wäre so etwas eingefallen.« Emilie war sehr wehmütig. »Doch dazu ist es leider nicht mehr gekommen.«
Anja keuchte auf einmal. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Mutter, als sie noch lebte, eigentlich sehr viel Zeit in der Bäckerei verbracht hatte. Sie wurde rot.
Herr Friedrich brachte die zwei Stühle und stellte sie bereit. Trotzdem nahmen Maria und Sarah erst nach erneuter Aufforderung auf ihnen Platz.
»Karl, ich hatte dich immer kritisiert, als du diese jungen Gören mit deinem Geld versorgt hast.« Emilie wandte sich an ihren Bruder. »Jetzt sehe ich, dass es doch nicht zum Fenster hinaus geschmissen ist.«
Sie blickte wieder zu Sarah und Maria. »Wenn das Fest vorbei ist, kommt ihr mich einmal besuchen und dann werde ich euch von den alten Zeiten erzählen.« Sie holte tief Luft. »Ich hätte damals sehr gern die Katerina gespielt, doch so kurz nach dem Krieg hatten wir wirklich andere Sorgen. Und mein Vater hätte es auch nie erlaubt.«
»Vater hat damals die Bäckerei wieder aufgebaut.« Karl ergänzte die Worte seiner Schwester.
»Ich konnte auch das Gebet, wenigstens für ein paar Minuten, doch es war einfach nicht die richtige Zeit.« Das Bedauern in Emilies Stimme war deutlich zu hören. »Die Leute hatten andere Sorgen.«
»Du konntest das Gebet?« Karl war verwundert. »Davon wusste ich nichts.«
»Es wusste nur eine andere Person.« Emilie blickte kurz zu Anja. »Und sie hat nie etwas verraten.« Ihr Blick fiel wieder auf die beiden Gebetsträgerinnen. »Ich bin sehr stolz, dass wir das Fest und diese sehr talentierte Darstellerin unterstützen dürfen.«
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Erfahrener
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RE: Maria
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Datum:16.05.17 14:39 IP: gespeichert
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Sehr geehrter gag-coll!
Vielen Dank für eine weitere Folge von Maria.
Wie jedesmal. Da gibt es ja ganz neue Entwicklungen....eine ganze Stadt tief in die Sehnsucht nach Fesseln und restricktive Erziehung verwickelt. Was ist da nur un der Bäckerei los?
Ich denke Maria könnte nich unendlich viel länger werden wenn Sie in dieTiefe gehen wollen!
Danke, ich hoffe es geht bald weiter.
Hochachtungsvoll
Die Lady
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Bondage_Frau |
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Sklave/KG-Träger
nähe Stuttgart
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RE: Maria
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Datum:16.05.17 17:40 IP: gespeichert
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Vielen Dank für diese tolle Geschichte!
Beste Grüße
BF In der Ruhe liegt die Kraft!
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kamikazekifferin |
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Stamm-Gast
Von nichts kommt nichts
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RE: Maria
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Datum:16.05.17 21:07 IP: gespeichert
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Zitat | Sehr geehrter gag-coll!
Vielen Dank für eine weitere Folge von Maria.
Wie jedesmal. Da gibt es ja ganz neue Entwicklungen....eine ganze Stadt tief in die Sehnsucht nach Fesseln und restricktive Erziehung verwickelt. Was ist da nur un der Bäckerei los?
Ich denke Maria könnte nich unendlich viel länger werden wenn Sie in dieTiefe gehen wollen!
Danke, ich hoffe es geht bald weiter.
Hochachtungsvoll
Die Lady |
Ich habs immer Gewusst.... Landsbach ist ein Sündenpfuhl
Gruß
Kami
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Story-Writer
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundvierzig
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Datum:17.05.17 06:35 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Fünfundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
»Ich finde es echt toll, dass wir jetzt schon wieder die Ketten zeigen dürfen.« Doris stand mit den anderen vor der Kleiderkammer. Gemeinsam warteten sie auf Herrn Schulte, der ihnen beim Umkleiden helfen sollte.
»Ich hoffe, sie warten nicht schon zu lange?« Der Kassierer kam um die Ecke und hielt in seiner Hand ein großes Schlüsselbund. »Ich freue mich, dass sie für ausgefallene Gruppe einspringen wollen.«
»Das machen wir doch gern.« Amelie stürmte geradezu in die Kleiderkammer, als Herr Schulte die Tür geöffnet hatte.
Leonhard ging langsam hinter ihr her und schüttelte den Kopf dabei. Manchmal war ihm die Leidenschaft seiner Verlobten etwas unheimlich.
»Nun musst du mich schon wieder in Ketten legen.« Leonie blickte Holger verliebt an.
»Ja, so sieht es aus.« Es war Holger anzusehen, dass er wie Leonhard auch mit der heftigen Leidenschaft seiner neuen Freundin noch so seine Probleme hatte.
Nur Doris und Theo genossen den Augenblick ohne weitere Kommentare.
Kurz darauf waren die drei Paare umgezogen, und die Mädchen schauten interessiert zu, wie sie von ihren Männern wieder in die Ketten gelegt wurden.
Herr Schulte war ein wenig irritiert. »Sie haben eigene Ketten?«
»Schwerterles haben sie für den Festumzug gefertigt.« Amelie hatte sich schon auf solche Fragen eingestellt. »Sie sind eine Maßanfertigung.«
»Das hier gehört auch noch zu dem Kostüm.« Herr Schulte holte drei weitere Ketten aus dem Schrank. An den Enden war jeweils ein breiterer Ring angebracht. »Die Frauen wurden an Ketten durch die Stadt geführt.« Er war sichtlich verlegen.
Doris ging auf ihn zu, nahm sich eine der Ketten in die Hand und legte sich das Halsband um den Hals, dann reichte sie Theo die Kette und blickte ihn verliebt an.
Leonhard nahm sich die zweite Kette und legte sie seiner Verlobten ebenfalls um. »Das Fest ist ein ungeheurer Glücksfall für uns.«
Nur Leonie und Holger zögerten noch ein wenig. Amelie sprach sie schließlich an. »Was ist mit euch, wollt ihr nicht?«
Holger seufzte ein wenig, und es war ihm anzumerken, dass diese Äußerung nicht gespielt war. »Ich kenne dich gerade mal ein, zwei Tage und muss dich schon wieder in aller Öffentlichkeit als meine Gefangene präsentieren.«
»So kann jeder gleich sehen, dass wir zusammengehören.« Leonie nahm sich das Halsband und legte es sich um den Hals. »Würdest du es bitte zumachen?« sagte sie in einem Tonfall, als ginge es darum, den Reißverschluss eines Abendkleides zu schließen.
»Du bist eine sehr faszinierende Frau.« Holger kam der Bitte nach und nahm so auch Leonie an die Kette.
»Was müssen wir auf dem Marktplatz eigentlich machen?« Leonhard fragte Herrn Schulte, als sie die Kleiderkammer verlassen hatten und auf dem Weg zum Auftrittsort waren.
»Eigentlich gar nichts.« Herr Schulte versuchte sich an die vorangegangenen Feste zu erinnern. »Die Gruppe saß einfach nur zusammen an einem kleinen Lagerfeuer und hielt dabei die Frauen deutlich an den Ketten.«
Leonhard blickte sich um. Er und die anderen beiden Herren waren nicht wieder zu erkennnen. Jetzt trugen sie mittelalterliche Arbeitskleidung und trugen dazu noch ein paar symbolische Werkzeuge mit sich herum, weil sie ja Wandergesellen darstellten. Auch die Frauen trugen ein einfach Kleid aus Leinen und darüber ihre in der Sonne glänzenden Ketten.
»Manchmal bringen die Geschäftsleute von sich aus etwas zu essen oder zu trinken vorbei. Aber abgesprochen ist nichts.« Herr Schulte verwies noch einmal auf den ursprünglichen Sinn des Auftritts.
Amelie lachte. »Ja, die Mahnverfahren damals waren etwas rabiater als heute.«
* * *
Es war nur ein kurzer Weg quer über den Marktplatz, bis sie bei dem Geschäft der Familie Sauer waren. Auf dem Weg dahin wurden sie von wilden bärtigen Gesellen aufgehalten, die ihre Frauen in Ketten hinter ihnen herzogen. Doch erst als Amelie lachte, erkannten Paul, Maria und die anderen, wer sich ihnen gerade in den Weg gestellt hatte. »Was macht ihr denn hier?«
»Wir spielen die gefangenen Jungfrauen aus der alten Sage.« Amelie strahlte kurz über das ganze Gesicht, dann nahm sie wieder die Trauermiene an, die die anderen beiden Kettenmädchen auch zeigten.
»Wir dachten, dass wir so auch noch einen Beitrag zum Fest leisten könnten.« Leonhard sprach für die Gruppe, denn die anderen beiden Paare waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
»Eine schöne Idee.« Maria erkannte sofort, was es den Mädchen bedeutete, sich so in den Ketten zeigen zu dürfen. »Wir zeigen jetzt noch einmal das Gebet, diesmal bei Sauers.«
»Na dann viel Spaß.« Leonhard blickte noch einmal auf Marias Arme, auf denen noch ein paar Abdrücke der Riemen zu sehen war. »Übernimm dich bitte nicht.«
»Er passt auf mich auf.« Maria legte den Arm um Paul. »Mehr als mir lieb ist.« Sie lachte, dann gab sie ihm einen Kuss.
* * *
»Wo sind denn die Brasilianer?« fragte Maria leise, als sie die Metzgerei betraten.
»Sarah wollte sich wieder umziehen, und die anderen begleiten sie.« Pauls Erleichterung war deutlich zu hören. »Hoffentlich ist sie mir nicht böse?«
»Ich glaube, sie wird es richtig verstehen.« Maria lächelte, dann wandte sie sich Herrn Sauer zu, der sie schon erwartungsvoll ansah.
»Meine Mutter fühlte sich heute nicht so gut, doch sie möchte sie auf jeden Fall sehen.« Er machte eine deutliche Pause. »Nach dem kleinen Umtrunk wird meine Tochter Anna sie und ihren Mann zu ihr bringen.«
Maria hatte noch nicht Luft geholt, als Anna Sauer schon neben ihr stand und ihr das Tablett mit Gläsern entgegen hielt. »Links ist O-Saft pur und in der Mitte ist es gemischt.«
Maria nahm sich ein Glas Orangensaft vom Tablett, dann lauschte sie der Rede, die Herr Sauer hielt.
»Mein Vater hat euch schon informiert?« Anna trat an das Paar heran. »Ich führe euch nach oben.«
»Wollen sie das Gebet nicht sehen?« Paul war etwas verwundert.
»Doch schon.« Annas Augen leuchteten. »Ich bin sogar sehr darauf gespannt.« Sie führte das Paar zu einer Treppe. »Doch erst ist Oma dran.« Es war Annas Stimme deutlich anzuhören, dass sie vor ihrer Großmutter sehr viel Ehrfurcht hatte.
Maria ließ sich davon anstecken, denn auch sie wusste, dass sie in wenigen Augenblicken der ältesten noch lebenden Darstellerin der Katerina gegenüberstehen würde. Zudem hatte Frau Sauer das Fest auch noch zu politisch äußerst schwierigen Zeiten erlebt.
Nach Annas Anklopfen traten sie ein. Paul war erstaunt. Es sah aus wie in einem Biedermeier-Zimmer, so wie er es im Museum kennengelernt hatte. Und mittendrin saß Frau Sauer am Tisch und legte die Zeitung beiseite.
»Kommt herein und nehmt Platz«, begrüßte sie ihre Gäste mit leiser Stimme.
Anna drehte sich wieder zur Tür, doch sie wurde von ihrer Oma aufgehalten. »Du bleibst.« Sie lächelte. »Du möchtest das Gebet doch sicher auch sehen.«
Anna lächelte etwas verlegen.
Maria blickte Paul auffordernd an. Insgeheim hoffte sie, dass Frau Sauer nicht auf dem Versprechen bestehen würde, das sie ihr gegeben hatte, denn entgegen aller Planungen wusste Maria jetzt schon, dass sie in der Kutsche das Gebet tragen würde.
Sofort holte Paul die Riemen aus der Jackentasche und blickte Frau Sauer erwartungsvoll an.
»Ich habe es ja zuerst nur für ein Gerücht gehalten.« Frau Sauer streichelte Maria leicht über den Kopf. »Aber ich bin mir mittlerweile sicher, dass du es wirklich kannst.« Sie gab Paul ein Zeichen.
Paul brauchte für die vier Riemen diesmal wirklich nicht lange, und sogar Maria war überrascht, als sie von ihm das übliche Signal bekam.
»Komm einmal näher, mein Kind.« Frau Sauer war sichtlich gerührt, als Maria an sie heran trat und sich vor dem Stuhl niederkniete. »Von uns hat das keine geschafft.« Sie strich Maria zärtlich über die Arme. »Sag mir, wie lange hast du dafür trainiert?«
Maria brachte nur ein ´sehr lange´ über die Lippen, so sehr war sie von der Situation in den Bann gezogen.
»Wir haben damals alle davon geträumt.« In diesem Moment hatte sie einen sehr sehnsüchtigen Blick. »Aber es war immer außerhalb unserer Fähigkeiten. Früher wussten noch mehr Leute von dem Gebet, doch heute ist es so gut wie in Vergessenheit geraten.«
Maria sah mit Erstaunen, dass eine Träne über das Gesicht der alten Frau lief.
»Dass ist das noch erleben darf.« Frau Sauer wischte sich die Tränen weg. »Du bist die Beste von uns allen.« Sie strich ihr über das Gesicht.
Als Maria den ganzen Inhalt dieses Satzes begriff, musste sie weinen, so ergriffen war sie.
Paul war wie immer sehr aufmerksam und wischte ihr die Tränen weg.
»Das machst du gut, mein Junge.« Frau Sauer blickte ihn an. »Passe nur immer gut auf deine Frau auf. Sie ist etwas sehr Kostbares.«
In diesem besonderen Moment wollte Paul nicht widersprechen. »Das mache ich.« Er legte einen Arm um Maria, um seine Worte zu bekräftigen.
* * *
Auf dem Weg von der Metzgerei zum Rathaus gingen Paul und Maria schweigend nebeneinander her. Sie waren noch sehr ergriffen von der Begegnung mit der alten Frau Sauer und sie ließen sich auch nicht von der Anwesenheit der Anderen ablenken.
Renate erkannte sofort, wie beschäftigt das Paar noch mit dem Besuch war, deswegen verzichtete sie darauf, sie in ihrer Stimmung zu stören. Sie hatte schon in der Metzgerei erkannt, dass die Begegnung mit der alten Frau Sauer für Maria etwas Besonderes gewesen sein musste. Als sie danach in der Metzgerei wunschgemäß das Gebet präsentierte, war sie seltsam abwesend und ließ sich auch durch die vielen Bewunderer nicht aus der Ruhe bringen.
So sorgte sie nur dafür, dass sie den Weg ins Rathaus fanden, wo zunächst eine kleine Kaffeepause und noch eine kurze Auffrischung der Tänze angesetzt war. Danach war bis halb sieben für alle eine Pause vorgesehen.
* * *
»Und was passiert jetzt?« Karl war an allen Vorgängen, die das Fest betrafen, sehr interessiert.
»Nach der Kaffeepause sollen jetzt die Tänze noch einmal aufgefrischt werden.« Rosalie gab wieder, was sie schon von Maria erfahren hatte.
»Der Verlobungstanz...« Karl kratzte sich am Kopf.
»Und der Tanz der Dienerinnen«, ergänzte Rosalie. »Da hat es ja noch einige Überraschungen gegeben.«
»Und was passiert dann?« Karl lächelte verlegen. »Falls ich sie nicht nerve.«
»Kein Problem.« Rosalie lachte. »Ich müßte ohnehin auf Maria warten.« Sie machte eine kleine Pause. »Weiter geht es dann um acht mit dem Ball, dazwischen ist Pause.«
»Was kann man bis dahin unternehmen?« Karl begriff, dass er die Zeit allein verbringen musste.
»So gut wie alle fiebern auf den Abend hin.« Rosalie war ein wenig verlegen. »Vielleicht gibt es in der Stadthalle so etwas wie ein Café oder so etwas ähnliches.« Sie spürte die nicht ausgesprochene Frage. »Ich werde Maria begleiten.«
»Okay, dann mache ich mich mal auf die Suche.« Karl reichte ihr die Hand. »Ich muss ohnehin noch meine Notizen vervollständigen.«
* * *
»Wieso Theaterstück?« Maria blickte Renate verwundert an. »Davon wussten wir nichts.«
Renate war für einen Moment irritiert. »Eure Texte habt ihr doch bekommen und sie auch gelernt, oder?«
»Ja schon.« Maria war ein wenig verärgert. »Aber wir wussten doch nicht, dass wir Theater spielen müssen.«
»Warum erfahren wir das erst jetzt?« Auch Paul war von den Neuigkeiten deutlich irritiert.
»Damit ihr euch nicht so viel Sorgen macht.« Die Betreuerin des Paares war sichtlich bemüht, ihre Sorgen zu zerstreuen. »Das sind alles sehr nette Schauspieler, und sie machen es euch ganz leicht.« Sie griff zu einer Mappe, die sie bisher verdeckt gehalten hatte. »Das Stück wurde extra so geschrieben, dass ihr ganz leicht erkennen könnt, wann welcher Satz an der Reihe ist.«
»Deswegen mussten wir also diese komischen Texte lernen.« Maria lächelte. »Jetzt ergibt das Ganze Sinn.«
»Ich freue mich, dass ihr es auch gemacht habt.« Renate war erleichtert. »Wir machen jetzt einen Probelauf, damit ihr erkennt, was ihr zu tun habt und wann welcher Text an der Reihe ist.«
»Unser Prinzessinnenspiel...« Maria lächelte.
»Eure Hoheit haben Recht.« Paul deutete eine Verbeugung an und lächelte. »Darf ich die Prinzessin ins Theater führen?«
Renate blickte dem Paar verblüfft hinterher.
* * *
»Was machen wir jetzt?« Sarah blickte sich um, als sie und die anderen Brasilianer das Rathaus verlassen hatten.
»Wir gehen ins Hotel.« Betty hatte ein verdächtiges Leuchten in den Augen. »Wir machen uns etwas frisch. Und dann sollten wir uns langsam umziehen. Es wartet ein schönes Kleid auf dich.«
»Ich dachte, wir treten wieder in Uniform auf?« Sarah war ein wenig irritiert.
»Die Herren schon.« Betty grinste breit. »Doch für dich wird es wieder Zeit für das schöne Ballkleid.«
»Oh je, das wird ein strenger und hilfloser Abend.« Sie verdrehte die Augen.
Betty küsste sie zur Antwort.
»Die Bäckersfrau war wirklich unheimlich.« Sarah war immer noch beeindruckt. »Sie hat uns sofort durchschaut.«
»Naja, immerhin war sie in der gleichen Situation wie wir.« Juan mischte sich ein. »Und sie musste sich verstecken.«
»Das hatte sie gesagt?« Betty war erstaunt.
»Nein, natürlich nicht.« Juan ergriff die Hand seines Freundes. »Aber zwischen den Zeilen hat sie es geradezu herausgeschrieen.«
»Die eine Verkäuferin war sichtlich getroffen.« Bertram ergänzte seine Beobachtungen. »Sie schien davon nichts gewusst zu haben.«
* * *
»Hier werden sie morgen stehen.« Andrea blickte sich in der Kirche um. »Kannst du mir Fotos von vorn und von hinten machen?«
»Meinetwegen.« Hans brummte ein wenig. »Was wird sie denn tragen?« Insgeheim hoffte er noch auf ein paar spannende Fotos.
»Das Fest sieht ein Brautkleid vor.« Andrea ging in Richtung des Altars. »Was dachtest du denn?«
Hans lächelte verlegen. Die Antwort verkniff er sich.
Trotzdem verdrehte Andrea die Augen. »Du bist geradezu versessen. Gibt es irgendwas, mit dem ich dich ablenken könnte?« Sie war sich sicher, dass die Antwort ´nein´ war.
»Wenn du einen Handschuh trägst.« Hans grinste. Auch er wusste, wie ungern sich seine Freundin ihm auslieferte, auch wenn sie es selbst nicht zugeben würde.
Andrea blickte ihn nur verwundert an. Doch tief in ihrem Inneren arbeitete es heftig. War sie bereit, dieses Opfer zu bringen? Und für wen würde sie dieses Opfer bringen? Für ihn oder für sich selbst? Wäre es das wirklich wert?
* * *
»Danke schön, das war es.« Der Spielleiter der kleinen Laienspielgruppe war sehr zufrieden. »Ich denke, so können wir das Fest spielen.«
»Warum habt ihr uns nicht früher etwas davon gesagt, dass wir Theater spielen müssen?« Maria war immer noch sichtlich bewegt.
»Wir wollten euch nicht zusätzlich belasten.« Mrs. Potter lächelte verlegen. »Außerdem bist du das Prinzessinnenspiel doch auch gewöhnt.«
»Und natürlich wisst ihr auch, welche Geschichte ihr erzählen sollt«, ergänzte Selma. »Aber habt keine Sorgen, die anderen Schauspieler und der Moderator werden euch beistehen und euch auch mit dem Text helfen.«
Paul legte die Hand um Maria. »Es lief doch eben schon sehr gut.« Im Gegensatz zu seiner Freundin war er recht zuversichtlich.
»Wir haben die Szene eben aus Zeitgründen übersprungen.« Maria blickte etwas abwesend zu Boden, während sie sprach. »Aber das Gebet legt die Dienerin an, nicht der Prinz.« Ihre Stimme blieb dabei völlig ruhig.
Paul erkannte sofort, was Maria bewegte und er wusste auch sofort, dass er dies sehr ernst zu nehmen hatte. »Claudia spielt die Dienerin.« Er sagte nur diesen einen Satz, und doch erkannte jeder sofort, welcher Konflikt sich damit auftat.
»Du musst mir zeigen, wie das Gebet anzulegen ist.« Claudia war etwas forsch an Paul herangetreten, doch dann bemerkte sie die Blicke, das Paar austauschte, und sie trat wieder zurück.
Paul war alamiert, denn er wusste, wie angespannt das Verhältnis zwischen seiner Freundin und der Brauerstochter war. Ihrer Miene nach zu urteilen, war Maria drauf und dran, alles hinzuwerfen. Denn sonst hätte sie sich die Demütigung gefallen lassen müssen, von Claudia gefesselt zu werden. Von dem Mädchen, dass sie seit langem immer wieder quälte, ohne dass es dafür einen Grund gegeben hätte.
Paul überlegte fieberhaft, doch ihm fiel nichts ein, mit dem er die Situation hätte retten können.
Doch auch Claudia hatte Marias Zögern und ihre Miene bemerkt und sie blickte sehr besorgt zu ihrem Vater, der ebenfalls bei der Laienspielgruppe mitspielte.
Auch Frederike war aufgebracht. Sie ahnte, wie viel Kraft es ihrer Tochter an kostete, sich ihrer Peinigerin auszuliefern, doch auf der anderen Seite wartet ein großes Vermögen auf sie, wenn sie dieses Opfer bringen würde. Doch dazu durfte sie ihr jetzt noch nichts sagen.
Es zerriss sie geradezu, doch es gab nichts, was sie tun konnte, um ihrer Tochter die Situation zu erleichtern.
»Das Spiel ist wichtiger.« Herr Wetzler hatte die angespannte Situation natürlich auch bemerkt. »Lasst eure Differenzen außen vor.« Dabei blickte er allerdings sehr intensiv auf seine Tochter.
Schließlich erkannte Claudia, dass sie den nächsten Schritt machen musste. »Maria?« Sie wartete, bis Pauls Freundin sie anblickte. »Ich weiß, dass ich dich oft gequält habe. Doch lass uns das vergessen und das Fest gemeinsam gut spielen.«
Schließlich richten sich alle Blicke auf Maria. Es war sehr still im Raum, während Maria immer deutlicher klar wurde, dass sie die Entscheidung dieses Mal selbst treffen musste. Doch noch schwieg sie.
»Du liebst ihn sehr.« Es war ungewohnt für Claudia, sich so intensiv mit den Gefühlen anderer Leute zu befassen. Dennoch horchte sie auf, als sie den tiefen Seufzer von Maria hörte.
Es irritierte Maria sehr, wie tief Claudia in ihre Gedanken eindringen konnte. Doch eine Antwort blieb sie immer noch schuldig.
»Ich wollte der Baroness den Handschuh anlegen.« Claudia erkannte, dass sie sich offenbahren musste. »Das sollte für mich der Höhepunkt des Festes werden, für das ich solche Opfer gebracht habe.«
»Und jetzt musst du mir das Gebet anlegen.« Maria versuchte den Gedanken zu folgen.
»Das Gebet ist die Sensation schlechthin.« Claudia war auf einmal sehr nachdenklich. »Ich weiß nicht, ob ich die Ehre wirklich verdient habe.« Sie machte eine Pause. »Du hättest es sicher sehr gern gesehen, wenn Paul dir das Gebet angelegt hätte.«
»Mit dem Theaterstück ist alles anders.« Maria seufzte. »Wenn ich das nur vorher gewusst hätte.«
»Wem sagst du das.« Claudia suefzte ebenfalls. »Die Baroness hätte das doch bestimmt verbockt und er hätte es ebenfalls kaputt gemacht.«
Maria war erstaunt.
»Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, und ich glaube, ich habe sehr viel falsch gemacht.« Claudia suchte Marias Blick. »Kannst du mir eines Tages einmal verzeihen?«
»Habt ihr euch nun wegen der Armhaltung geeinigt?« Der Spielleiter war hinzugetreten, und sofort hatte er die Anspannung bemerkt. Von Herrn Wetzler ließ er sich über die Probleme informieren.
Er erkannte die Dimensionen sofort. »Wie wäre es, wenn die Dienerin in der Szene von einem Mönch begleitet wird, der sich um das Gebet kümmern wird? Schließlich geht es ja um ein Gebet.« Es war ihm anzuhören, dass er noch nicht erkannt hatte, was es mit dem Gebet wirklich auf sich hatte.
»Wenn das gehen würde?« Claudia hatte mittlerweile auch erkannt, was der Kern des Konfliktes war. »Aber wieso ein Mönch?«
»Weil wir noch ein Mönchskostüm haben. Darunter lässt sich viel verstecken, zum Beispiel die Uniform des Prinzen.« Er grinste breit.
»Wenn das gehen würde?« Maria hob langsam den Kopf und suchte Pauls Blick. »Ehrwürdiger Bruder Paul, euch werde ich gern meine Arme für das Gebet anvertrauen.« Ihr Gesicht wandelte sich dabei zusehens zu einem Strahlen.
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Stamm-Gast
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RE: Maria
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Datum:17.05.17 21:33 IP: gespeichert
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Meine Güte gag....
jetzt hast Du es schon wieder geschafft mich zum heulen zu bringen.
Ich denke "Bruder Paul" wird ein sehr guter Mönch sein und sein Werk in Ehren ausführen.
PS. Etwas Wunschdenken... Lass Maria und Paul vor aller Augen "wirklich" den Bund des Lebens beschließen. Das würde doch dem Fest die Krone aufsetzen.
Mach bitte gaaanz schnell weiter !
Gruß Gozar
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Story-Writer
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundvierzig
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Datum:19.05.17 06:24 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Sechsundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
»Und du träumst wirklich von einem Leben in Fesseln?« Holger hatte einige Probleme, diese Frage auszusprechen. Erst als Selma ihm mehrfach zugewunken hatte, fasste er sich ein Herz und sprach Leonie auf ihren Traum an.
Leonie ging verträumt neben Holger her auf dem Weg zu Selmas Haus. »Im Prinzip schon.« Ihre Stimme war auf einmal sehr nachdenklich. »Aber im realen Leben lässt sich so etwas natürlich nicht umsetzen.«
»Was gefällt dir so daran?« Selma wusste, dass sie ein paar strategische Fragen zu stellen hatte.
»Ich mag es, wenn ich so gefesselt bin, dass ich mich noch mühsam bewegen kann, wenn ich gegen die Fesseln kämpfen kann und mich gleichzeitig aber darauf verlassen kann, dass sie nicht nachgeben werden.« Sie stutzte. »Das klingt bestimmt paradox.«
»Ich verstehe dich sehr gut.« Holger ergriff ihre Hand. »Und ich bin fest entschlossen, dir deinen Traum so nahe wie möglich zu bringen.«
»Aber ich muss doch zur Uni in die Stadt.« Leonies Seufzer zeigte, dass sie sich schon oft über das Thema den Kopf zerbrochen hatte.
»Naja, es gebe da schon einige Möglichkeiten.« Selma lächelte. »Was meint ihr, warum die jungen Mädchen früher immer so ruhig und artig waren?«
Leonie seufzte. »Sie waren gut erzogen.«
»Das auch.« Selma grinste. »Aber hauptsächlich, weil sie sich in ihren Kleidern so gut wie nicht mehr bewegen konnten.«
»Das war aber auch eine andere Mode damals«, gab Holger zu bedenken.
»Unter einem Rock lässt sich viel verstecken.« Selma blickte zu Leonie. »Und ich denke, du bist nicht der Typ Frau, der unbedingt Hosen tragen muss.«
Als Antwort stöhnte Leonie leicht auf.
»Die Handschuhe waren doch auch sehr unauffällig.« Holger hatte sich damit schon vertraut gemacht. »Im Winter kannst du die außerdem problemlos unter einem Pullover verstecken.«
»Ich habe auch noch ein Paar, die nur bis zur Mitte des Unterarms reichen. Die sind unauffälliger als die oberarmlangen Handschuhe.«
»Beinschienen, die Handschuhe.« Leonies Blick ging ins Leere. »Damit wäre ich sehr hilflos und keiner könnte es sehen.«
»Du brauchst natürlich etwas Ausgleichssport wegen der mangelnden Bewegung.« Holgers nebenbei geäußerten Worte zeigten, dass auch er sich schon mit dem Thema beschäftigt hatte. »Sonst wäre es sehr ungesund.«
Leonie blieb auf einmal stehen und blickte Holger verwundert an. »Du hast dir darüber schon Gedanken gemacht?«
»Ich habe mich schon mit dem Sattler verständigt. Er hat tolle Ideen.« Holger blieb ebenfalls stehen und legte den Arm um Leonie. »Und alles, was du auf seinen Ausstellungen vorgeführt hast, darfst du behalten.« Er holte tief Luft. »Einiges davon ist durchaus alltagstauglich.«
»Und von mir könnt ihr auch noch Sachen haben.« Selma wusste, dass ihre Anwesenheit nicht störte. »Ihr müsst euch nur mit Paul und Maria einigen.«
»Holger, ich liebe dich.« Leonie blickte ihr Gegenüber lange an. Die Worte kamen direkt aus ihrem Herzen. »Nimm mich bitte gefangen, für immer.«
Holger legte jetzt beide Arme um seine Freundin und blickte ihr lange in die Augen. »Ich habe noch nie ein Mädchen kennengelernt, dass mich so sehr in den Bann gezogen hat wie du. Du sollst für immer meine Gefangene sein, wenn du es möchtest.«
»Sehr gern, Holger. Sehr gern.« Leonie kam mit ihrem Gesicht näher. Gemeinsam versanken sie in einen langen Kuss.
* * *
»Das war doch bisher ein sehr erfolgreicher Tag.« Mrs. Potter schloss die Haustür, nach dem Paul, Maria und ihre Mutter eingetreten waren.
»Das finde ich auch.« Frederike ließ sich auf das im Flur stehende Sofa fallen.
»Maria, Paul?« Mrs. Potter hatte auf einmal einen sehr strengen Tonfall. »Ihr geht jetzt auf euer Zimmer und ruht euch aus.«
Maria blickte sich verschüchtert um. So sprach ihre Erzieherin nur, wenn sie sich über ein grobes Fehlverhalten ärgerte. Doch Pauls Freundin empfand es diesmal als ungerecht. »Was haben wir denn falsch gemacht?« Sie ergriff Pauls Hand.
»Gar nichts.« Die Stimme von Mrs. Potter wurde wieder etwas weicher. »Aber es tut euch gut, wenn ihr jetzt etwas Pause macht.«
»Und ein paar Gymnastikübungen würden auch nicht schaden«, ergänzte Marias Mutter.
»Aber natürlich.« Maria war sichtlich erleichtert. »Komm, Paul! Wir gehen nach oben.« Sie zog ihn in Richtung der Treppe.
»Halten sie es für richtig, sie jetzt allein zu lassen?« Frederike blickte etwas nachdenklich zur Treppe.
»Ich halte sie für vernünftig genug.« Mrs. Potter verteidigte ihre Entscheidung. »Außerdem hängt das Schlüsselbund immer noch dort am Haken.«
Frederike blickte kurz in die Richtung, die Marias Erzieherin angedeutet hatte. Eine Frage formte sich in ihrem Gesicht.
»Ich habe Paul geraten, den Schlüssel hier zu lassen, wenn sie wegen des Festes unterwegs sind.« Mrs. Potter blickte ebenfalls kurz nach oben.
»Ein guter Rat.« Frederike lächelte.
* * *
»Die Festleitung hat mich davon überzeugt, dass du im Theaterstück auch noch Ketten tragen musst, denn du stellst immer noch eine Geisel dar.« Theo lächelte, als er sah, wie Doris in Unterwäsche vor dem Schlafzimmerspiegel stand und den Schmuck begutachtete, den er ihr heute Morgen schon angelegt hatte. »Ich habe sie dir in die Tasche gepackt.«
»Er sieht wirklich schön aus.« Doris lächelte verträumt. »Jetzt sag mir, was ist die Überraschung?«
Theo ging zu seinem Teil der Schrankwand und öffnete sie. Er holte ein Ballkleid heraus, dass er Doris präsentierte. »Das hier ist Teil eins der Überraschung.«
»Wo hast du denn das her?« Doris war sofort verzaubert.
»Die Schneiderin hat es für uns angefertigt als Dank dafür, dass wir so viel für das Fest getan haben.« Er zupfte ein wenig an dem Kleid herum. »Wenn du es angezogen hast, kann ich dir den zweiten Teil der Überraschung zeigen.«
»Und was ist jetzt die Überraschung?« Doris drehte sich mit dem Ballkleid vor dem Spiegel und bewunderte die Arbeit der Schneiderin.
»Du hast doch heute morgen schon bemerkt, dass an deinen Armbändern kleine Ketten herunterhängen.« Theo liebte es, seine Verlobte ein wenig hinzuhalten.
»Ja, habe ich.« Doris schmollte ein wenig. »Und jetzt will ich endlich wissen warum.«
»In deinem Kleid ist eine ähnliche Kette eingearbeitet.« Theo lächelte. »Ich werde dir jetzt die Arme damit verbinden.« Er griff an das Medallion und holte den winzigen Schlüssel hervor.
Doris sah atemlos zu, wie Theo erst den linken, dann den rechten Arm mit der Kette verband, die im Kleid an der Taille heraus kam. »Du sperrst mich in das Kleid ein?« Ihre Stimme war sehr leise.
»Nicht nur das.« Theo trat hinter Doris. »Mal sehen, ob das hier genauso gut klappt.«
Auf einmal spürte Doris einen Zug an ihren Armen, dem sie sofort nachgab, bis ihre Arme nur noch eine Handbreit von ihrer Taille entfernt waren. Gleich darauf spürte sie, wie Theo etwas auf ihrem Rücken machte. Sie war sprachlos.
»Ich habe ihr gesagt, dass ich später auch mit dir tanzen möchte.« Theo trat wieder in ihr Blickfeld. »Dafür kann ich dir die Arme wieder freigeben.«
Doris war total verzaubert. Sie blickte ihren Verlobten wortlos an. Langsam näherten sich ihre Lippen.
* * *
»Zum Glück gelten unsere Regeln hier nicht.« Amelie ließ sich in ihrem Hotelzimmer sofort auf das Bett fallen. Doch dann sah sie, dass ihr Verlobter zum Schrank ging.
»Das sehe ich nicht so.« Leonhard sprach in einem bewusst ganz ruhigen Ton. Er öffnete die Schranktüren und nahm den zusammengerollten Schlafsack heraus.
Amelie war alamiert. Wenn er diesem ruhigen Ton benutzte, wurde es stets ungemütlich für sie. »Bitte Leonhard, ich bin auch ganz ruhig.«
Seelenruhig breitete Leonhard den Schlafsack neben Amelie aus. »Wenn ich Madame dann bitten dürfte.«
Amelie hatte schon mehrfach versucht, sich gegen ihn zu wehren, doch er war einfach viel stärker als sie. Sie wusste, dass sie einen eventuellen Kampf gegen ihn verlieren würde. »Aber nur unter Protest.« Sie begann sich auszuziehen.
»Protestieren darfst du.« Leonhard griff kurz in seine Tasche. Er wollte sich überzeugen, das er einen ganz bestimmten Gegenstand eingesteckt hatte. ´Noch´ fügte er in Gedanken hinzu.
Eigentlich liebte Amelie den Schlafsack, weil er sie mit wenigen Handgriffen völlig hilflos machte. Besonders faszinierend fand sie die Ärmel, die innen in der Lederhülle angebracht waren, und die ihre Arme so wundervoll aufnahmen und fixierten. Und wenn Leonhard dann auch noch den langen Reißverschluss zu machte, hatte sie fast immer die Augen geschlossen, um die zunehmende Enge in Verbindung mit dem Geräusch des Reißverschlusses zu genießen.
Doch es gab auch Momente, wo sie ihre Freiheit nur ungern aufgab. »Warum?« Amelie versuchte einen schwachen Widerstand, während sie sich in die Lederhülle legte.
»Du sollst dich entspannen.« Leonhard nahm ihren linken Arm und führte ihn langsam, aber unnachgiebig in die davor vorgesehene Öffnung.
»Aber das kann ich doch auch so.« Amelie versuchte, sich zumindest mit Worten gegen ihr drohendes Schicksal zu wehren, obwohl sie wusste, dass dies aussichtslos war. Insgeheim liebte sie diese Situationen, doch das hätte sie nie zugegeben.
»Jetzt rede nicht, sondern mache es dir gemütlich.« Er griff zum rechten Arm und schob ihn in die andere Armhülle.
»Der Herr haben Humor.« Amelie setzte ihre Schmollmiene auf. Doch innerlich war sie angespannt. Gleich würde er den Reißverschluss zumachen, und dann wäre ihr Schicksal für die nächsten Stunden besiegelt. Dann war sie wieder vollständig auf ihn angewiesen und nur durch Worte konnte sie ihn ein wenig beeinflussen. Doch natürlich wusste sie auch, dass es sinnlos war, um ihre Befreiung zu bitten, wenn er dazu noch nicht bereit war.
Als sie fühlte, dass ihr rechter Arm auch korrekt in dem Ärmel angekommen war, schloss sie die Augen. Jetzt gab es nichts mehr, was sie noch tun konnte, um ihre drohende Gefangenschaft anzuwenden.
Leonhard kannte seine Verlobte sehr gut, und als er ihre geschlossenen Augen sah, wusste er, dass trotz ihres Protestes alles in Ordnung war.
Natürlich wusste er von seiner körperlichen Überlegenheit, trotzdem liebte er es auch, wenn Amelie sich mit aller Kraft gegen eine Fesselung wehrte. Er griff zum Reißverschluss und zog ihn langsam zu.
Der Schlafsack war eine Maßanfertigung, und stellenweise musste er die beiden Lederhälften erst aneinander ziehen, bevor er den sehr robusten Reißverschluss weiter schließen konnte.
Das letzte Stück oberhalb ihrer Brüste konnte er mit einer Hand zuziehen, und das nutzte er aus, um unbemerkt von Amelie in seine Tasche zu greifen. Er wollte den Knebel bereit haben, bevor Amelie etwas davon bemerkten konnte. Denn das Gummiteil zum Aufblasen ließ sich dann am leichtesten in ihren Mund einsetzen, wenn sie es gar nicht erwartete.
Wie sonst auch gab er ihr einen Kuss auf die Lippen, und als Amelie den Mund öffnete, um den Kuss zu erwidern, schob er den Knebel in ihren Mund und drückte ihren Mund wieder zu. Sofort pumpte er das Gummiteil auf und erreichte so, dass sich der Knebel an ihren Zahnreihen festklemmte, so dass sie ihren Mund auch nicht mehr öffnen konnte.
Jetzt hatte Amelie nur noch ihren Augen, um ihren erneuten und jetzt sogar heftigeren Protest auszudrücken. Sie funkelte ihn mit einem bösen Blick an, denn mit diesem so perfiden Knebel hatte sie in dem Moment überhaupt nicht gerechnet.
Doch Leonhard hatte ein ebenso perfides Mittel, um sich gegen ihren sonst so unwiderstehlichen Blick zu wehren. Er nahm einfach die Augenbinde vom Nachttisch und streifte sie seiner Verlobten über den Kopf.
Ein heftiges Zucken im Schlafsack war die Antwort, und erst als er seine Hand auf ihren so streng verpackten Körper legte und sie streichelte, ließen die Zuckungen nach. Er wusste, dass Amelie dabei war, sich mit ihrer Hilflosigkeit und Isolation abzufinden.
Er griff zum Telefon. »Zimmerservice? Bringen sie mir bitte einen Kaffee auf mein Zimmer.«
Nach einer kurzen Pause nannte er noch seine Zimmernummer. Er legte auf und grinste. Natürlich hatte er sich schon beim Beziehen des Zimmers davon überzeugt, dass das Bett von der Zimmertür her nicht einsehbar war.
Amelie achtete nicht auf solche Details, das wusste er. Und richtig, es kam sofort wieder etwas Leben in den Schlafsack, kaum dass er den Hörer aufgelegt hatte.
»Ich werde dir jetzt auch noch die Ohren verstopfen.« Er hatte sich zu ihrem Kopf herunter gebeugt und sprach leise, aber noch so laut, dass Amelie es unbedingt hören musste. Gleich darauf schob er die Ohrenstöpsel, die ebenfalls auf dem Nachttisch bereit lagen, in ihre Ohren.
Wieder kam etwas Leben in Amelies Körper. So wie er ihre Zuckungen beobachtete, schien sie sich wirklich sehr wild gegen ihre Fesselung zu wehren, obwohl sie wissen musste, dass es ein aussichtsloser Kampf war.
Wieder streichelte er mit seinen Händen über ihren Körper, bis sie sich beruhigt hatte. Schließlich zeigten ihre ruhigen Atemzüge, dass sie sich auf einer sicher sehr schönen Traumreise befand.
* * *
Sarah klopfte kurz an der Tür zum benachbarten Hotelzimmer, dann trat sie in das Zimmer ihres Mannes und des Geliebten ein. Bevor sie sprach, vergewisserte sie sich, dass die Tür geschlossen war. »Ich habe einen Plan, um Betty eine kleine Lehre zu erteilen, doch dazu brauche ich eure Hilfe.«
»Was möchtest du denn machen?« Juan hatte ein ganz bestimmtes Lächeln im Gesicht seiner zukünftigen Frau bemerkt.
»Ich möchte Betty eine perfide Lektion erteilen.« Ihre Stimme wurde leiser. »Als kleine Rache für das Gebet in der Bäckerei.«
»Und wie stellst du dir das vor?« Juan war durchaus bereit, seiner Frau einen solchen Gefallen zu tun.
»Ihr müsst sie in das Ballkleid stecken.« Obwohl sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprach sie sehr leise. »Mit drei Leute sollte das zu schaffen sein.«
»Wir sind aber nur zu zweit.« Auch Bertram war von dem Plan angetan.
»Stimmt.« Sarah erkannte den Fehler in ihrem Plan. »Und ich werde zu dem Zeitpunkt schon in dem Kleid stecken, werde also völlig hilflos sein.« Sie gab sich nachdenklich. »Ich glaube, ich werde Paul einweihen, er wird uns bestimmt helfen.« Diesen Punkt hatte sie übersehen, sie war sich jedoch sicher, dass Marias Freund ihnen gern helfen würde.
»Aber wie soll das genau gehen?« Bertram wiederholte die Frage seines Freundes.
»Ich habe folgendes Plan.« Sarahs Stimme wurde verschwörerisch leise. »Ich werde Betty bitten, euch zu zeigen, wie sie mir das Ballkleid anzieht. Als mein künftiger Ehemann solltest du das wissen.«
»Und das wird funktionieren?« Juan war noch etwas skeptisch.
»Ich kenne Betty gut, sie wird mir sicher auf den Leim gehen.« Sarah grinste.
* * *
»Leonie, ziehe dich bitte gleich aus.« Selma schloss die Haustür hinter sich und führte das Paar ins Wohnzimmer. »Holger kann dir helfen, ich habe alle nötigen Schlüssel bereitgelegt.«
Holger betrat nach Leonie das Zimmer und blickte sich um. Auf dem Tisch lag ein kleiner Schlüsselbund, und an der Schrankwand hing deutlich sichtbar das Kleid, welches Leonie auf der Generalprobe schon getragen hatte.
Selma sah, dass ihr Schützling etwas zögerte. »Nun mach schon, wir haben nicht so viel Zeit.«
Es störte sie ein wenig, dass Holger sie jetzt schon in ihrer Unterwäsche sehen sollte, doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie eigentlich immer noch in das Keuschheitsensemble eingeschlossen war, mit dem sie sich auf der Hütte so gern präsentiert hatte. Trotzdem betete sie, dass Holger bleiben würde, wenn er es sehen würde. Sie war sich immer noch nicht sicher, wie er reagieren würde.
Seufzend kam sie der Aufforderung nach, und nachdem Holger ihr bei den Ketten geholfen hatte, stand sie gleich darauf in ihrer Stahlunterwäsche im Raum. Sie hielt innerlich die Luft an.
Holger hatte zunächst höflich weggeschaut, doch als Selma erneut drängelte, gab er seine Zurückhaltung auf und war einigermaßen erstaunt, als er Leonie mit dem Keuschheitsensemble vor sich stehen sah. »Das ist etwas Hochwertiges. Wer hat den Schlüssel?« fragte er nach einer Schrecksekunde mit fachkundiger Miene.
»Die Schlüssel verwalte im Moment ich«, antwortete Selma. Diesen Moment hatte sie schon länger geplant und erwartet.
Holger blickte zwischen Leonie und Selma hin und her. Es war deutlich, das er etwas fragen wollte, sich aber nicht so recht traute.
Selma lächelte. »Nach dem Fest kannst du die Schlüssel bekommen.« Sie blickte zu Leonie. »Falls du damit einverstanden bist.«
Leonie seufzte. »Ich hatte mich eigentlich schon darauf gefreut, den Gürtel endlich wieder loszuwerden.« Sie berichtete kurz, wie es dazu gekommen war, dass sie ihn trug.
Holger hörte fasziniert zu. »Du magst es, so eingeschlossen zu sein?« Er war sehr verwundert.
Leonie war verlegen. »Ich finde es schön, wenn ich da nicht dran kann, weil jemand anders die Kontrolle darüber hat.« Sie hatte in diesem Moment einen knallroten Kopf.
»Das würde sich machen lassen.« Holger lächelte. »Du bist voller Überraschungen. Ich mag dich.«
Leonie wurde etwas rot. »Ich freue mich, dass es dir gefällt.« Sie seufzte laut. »Du bist der Allererste, der sich davon nicht abstoßen lässt.«
Selma räusperte sich. »Wir müssten dann mit dem Kleid anfangen, sonst reicht die Zeit nicht.«
»Ich bin schon sehr auf das Kleid gespannt.« Leonie lächelte. »Vorgestern habt ihr mich ja ziemlich überrumpelt.«
»Aber es hat dir gefallen?« Selma wollte es noch einmal hören. »Du bist ja ganz gut damit zurecht gekommen.«
»Es war ein klein wenig zu groß.« Leonie trat näher an das Kleid heran, um es zu begutachten. »Das sind ja alles Dreifach-Nähte.« Sie blickte abwechseln zu Selma und zu Holger.
»Damit du dich in dem Kleid auch sicher fühlen kannst.« Selma lächelte erwartungsvoll. »Du würdest es also tragen, wenn es dir passen würde?«
Leonies Stimme klang verträumt. »Das wäre ein Traum.«
»Dann nehmt bitte das Kleid und folgt mir.« Selma ging in den Nebenraum.
Leonie blickte noch einmal auffordernd zu Holger, dann ergriff sie das Kleid und kam der Bitte nach.
Sie stellte fest, dass sie in diesem Zimmer des Hauses bisher noch nicht gewesen war. Es sah aus wie in einem Schneideratelier.
»Ich habe früher viele Kleider selbst genäht«, erklärte Selma stolz.
»Es sieht aus wie ein ganz normales Kleid.« Holger war ebenfalls fasziniert. »Sehr elegant mit den oberarmlangen Handschuhen.«
»Natürlich sieht so ein Fesselkleid äußerlich wie ein normales Kleid aus.« Selma lächelte, nachdem sie ein Maßband zur Hand genommen hatte. »Es sind die Details, die im Inneren versteckt sind.«
»Welche sind das?« Holger war sichtbar interessiert.
»Leonie, strecke bitte deine Arme zur Seite aus.« Selma gab zunächst ihrem Schützling die Anweisung und nahm diverse Maße, dabei ging sie auf Holgers Frage ein. »Ein Arm wird mit in das Kleid eingeschlossen, der anderen ist mit einem Reißverschluss längs am Körper befestigt.«
Leonie blickte Selma erstaunt an.
»Den Reißverschluss kannst du öffnen, wenn ihr tanzen wollt.« Pauls Oma blickte zu Holger. »Hier ist außerdem eine Extra-Lasche in das Kleid eingenäht, damit du sie besser festhalten kannst.«
Leonies Freund war sichtlich beeindruckt.
»Des Weiteren gibt es einen Unterrock, der zum Tanzen ebenfalls mit einem Reißverschluss geöffnet werden kann.« Selma legte das Kleid auf den Tisch und machte sich daran, ein paar Nähte abzustecken. »Und die oberarmlangen Handschuhe haben eine Doppelfunktion. Zum einen lässt sich damit die Arm-Attrappe besser tarnen, und zum anderen sind bei dem freien Arm die Finger aneinander genäht.«
Leonie stöhnte leise.
»Eigentlich gehört auch noch ein strenges Korsett unter das Kleid, aber das verträgt sich nicht mit deiner hübschen Unterwäsche.« Selma lächelte. »Es gibt allerdings auch Gürtel, die sich trotz eines Korsetts tragen lassen. Wenn ihr wollt, kann ich euch ein paar Propekte überlassen.«
»Sehr gern, danke.« Für einen kurzen Moment wurde Leonie bewusst, dass sie außer dem Keuschheitsgürtel, den Schrittbändern und dem Metall-BH keine weitere Kleidung trug. Doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Kleid gerichtet.
Selma setzte sich jetzt an die Maschine und nähte die vorbereiteten Stellen etwas enger. »Wegen der Dreifach-Nähte dauert es etwas, aber das muss sein. Es soll ja sicher sein.« Sie blickte zu Holger.
Wieder stöhnte Leonie leise.
»Ich habe dir deine Schuhe bereit gestellt.« Selma zeigte darauf. »Ziehe sie bitte gleich an. Wenn wir mit dem Kleid fertig sind und ich dich darin eingenäht habe, würde es sonst sehr mühsam für dich werden.«
Holger blickte interessiert auf die Stiefelletten, auf die Selma gedeutet hatte. Sie hatten einen sehr hohen Absatz und wurden mit einer kurzen Schnürung geschlossen.
Leonie zitterte sehr, als sie der Bitte nachkam. Neben den Stiefelletten lagen zwei kleine offene Vorhängeschlösser. Leonie nahm sie wortlos und ohne Zögern, und verschloss sich die Stiefel, nachdem sie die Schnürung festgezogen hatte. »Sie werden mich in das Kleid einnähen?« Natürlich hatte sie diesen Satz gestern schon gehört, doch sie hatte es für einen Scherz gehalten.
»Genau das werden ich machen.« Sie sah von der Maschine auf und blickte etwas verträumt aus dem Fenster. »So war das früher.«
»Ich kann also auch keinen anderen bitten, mir das Kleid zu öffnen?« Sie dachte mehr laut, als dass sie eine Frage stellte.
»So ist es.« Selma zeigte auf eine Stoffbahn. »Hiermit wird die Schnürung verdeckt. Ich muss die Naht erst wieder auftrennen, um dich aus dem Kleid heraus zu lassen.«
Leonie begann etwas zu schwanken. Sofort trat Holger zu ihr und hielt sie fest.
»Es gäbe natürlich auch noch die Variante des Kleides, bei der beide Arme im Kleid eingeschlossen sind.« Selma sprach etwas lauter, um die Maschine zu übertönen. »Aber ich denke, dass ihr miteinander tanzen wollt.«
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Fachmann
Sei vorsichtig mit dem was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.
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RE: Maria
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Datum:19.05.17 07:49 IP: gespeichert
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Mal wieder eine ganz tolle Fortsetzung und ich kann nur Danke sagen.
Ich bin gespann wohin sich die Sache bei leonie entwicket, permanentes Leben in Fesseln, bin echt gespannt.
Noch etwas, wir haben lange nichts von Sophie gehört, wann taucht sie denn wieder in der Geschichte auf?
Freue mich auf die nächste Fortsetzung und wünsche ein schönes Wochenende
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Freak
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RE: Maria
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Datum:19.05.17 10:00 IP: gespeichert
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Ich finde es schade, dass die Dienerin "ungestraft" davonkommt, nachdem sie der Prinzessin das Gebet angelegt hat. Vielleicht findet sich noch ein alter Text, in dem ihr dafür eine Schandgeige angelegt wird.
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RE: Maria - Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundvierzig
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Datum:22.05.17 05:21 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 14 - Das Katerinenfest - Teil Siebenundvierzig
Autor: Karl Kollar
(noch Samstag, 25. September 1984 - Festwochenende)
Uschi, die Freundin der Reporterin war etwas genervt, als sie bei Andrea klingelte. »Was ist denn so wichtig, dass du mich am Samstag Abend noch sprechen willst?« fragte sie gleich nach der Begrüßung.
»Jetzt komm erst einmal herein.« Andrea schloss die Tür hinter ihrer Freundin. »Ich brauche deine Hilfe.«
»Für was?« Uschi stöhnte ein wenig.
»Ich muss ihn ablenken.« Andrea gab sich etwas kurz angebunden.
»Wen?« Die Freundin war ungeduldig. »Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.
»Na wen schon?« Andrea verdrehte die Augen. »Hans!«
»Und womit willst du das machen?« Uschi kannte das manchmal etwas angespannte Verhältnis ihrer Freundin zu dem Fotografen.
Andrea holte tief Luft. »Du sollst mir den Handschuh anlegen.« Sie zeigte auf den Tisch, wo sie den Monohandschuh schon bereit gelegt hatte.
»Bist du dir wirklich sicher?« Uschi wurde nachdenklich. »Für wen bringst du so ein großes Opfer?«
»Für Maria.« Andrea erläuterte ihren Plan. »Ich will verhindern, dass er sich in die Garderobe schleicht und sie heimlich fotografiert.«
»Und du meinst, mit dem Handschuh geht das?« Ihre Freundin hatte einen sehr zweifelnden Blick.
»Es wird ihn zumindest ablenken und sicher auf andere Gedanken bringen.« Andrea zögerte. »Du müsstest mich allerdings begleiten. Allein traue ich mich das nicht.«
»Ich hätte dich damit auch nicht mit ihm allein gelassen.« Uschi blickte noch einmal auf den Tisch. »Du bist doch heute auch auf dem Ball, oder?«
Andrea bestätigte es. »Ich gehe nur etwas früher hin.«
»Dann passt es ja.« Uschi blickte noch einmal zum Handschuh. »Und du bist sicher, dass du ihn den ganzen Abend tragen willst?«
»Nein, bei Weitem nicht.« Andrea war entsetzt. »Ich muss nur die Zeit überbrücken, wenn Maria in der Garderobe ist.« Sie zeigte den Zeitplan, den sie heimlich bei Renate abgeschrieben hatte.
»Und du bist wirklich sicher, dass dein Plan funktioniert?« Die Freundin war etwas verwundert. »Ich dachte, er soll nichts davon wissen.«
»Ich habe mich neulich verplappert.« Andrea war sehr verlegen. »Und auf dem Fest bin ich unter Leuten.«
»Du meinst, er wird sich dann zurück halten?« Uschi runzelte die Stirn.
»Ich hoffe es zumindest. Und wenn du ihn mir wieder abgenommen hast, musst du ihn versehentlich einstecken.« Sie grinste. »Dann hätte ich etwas Zeit gewonnen.«
»Ich bin nach dem Fest eine Woche im Urlaub.« Uschi griff den Gedanken auf.
»Super, dann habe ich noch eine Gnadenfrist.« Andrea seufzte leicht. »Natürlich weiß ich nicht, wo du den Handschuh gelassen hast.«
»Ich hoffe wirklich für dich, dass dein Plan wirklich aufgeht.« Es war Uschi anzuhören, dass sie sich Sorgen um ihre Freundin machte.
»Das hoffe ich auch.« Andrea seufzte wieder.
»Und du willst wirklich mit dem Handschuh durch die Stadthalle laufen?« Uschi erinnerte sich daran, dass Andrea sich in der Beziehung bisher eher öffentlichkeitsscheu gegeben hatte.
»Ich ziehe mir einen Poncho darüber.« Andrea hatte diesen Aspekt schon berücksichtigt. »Oder ich hänge mir ein Tuch um.«
Uschi runzelt die Stirn.
Andrea lachte nervös. »Du musst es mir über die Schultern legen.«
»Aber dann ist der Handschuh nicht zu sehen.« Uschi blieb weiter skeptisch.
»Stimmt.« Andrea war etwas nachdenklich. »Aber die gekreuzten Riemen vor der Brust wird er erkennen. Er soll ruhig etwas spekulieren. Hauptsache, er ist von Maria abgelenkt.«
»Aber das wird doch nicht lange reichen.« Uschi war immer noch nicht von dem Plan ihrer Freundin überzeugt.
»Wir haben bald einen offiziellen Termin bei ihnen. Dort bekommt er das Foto, das er haben möchte.« Andrea begann, ihre Tasche zu packen. »Ich möchte heute nur dafür sorgen, dass er Maria in der Garderobe nicht stört.«
»Sie wird es dir hoffentlich danken.« Uschi ging zum Tisch und nahm den Handschuh in die Hand.
»Das wäre mir gar nicht so wichtig.« Andrea nahm den Handschuh aus Uschis Händen und packte ihn ganz oben in ihre Tasche. »Ich denke, ich habe alles. Lass uns gehen.«
* * *
»Na, seid ihr ausgeruht?« Frederike blickte zur Treppe, als sie die Schritte von Paul und Maria hörte.
Eigentlich erübrigte sich die Fragen, denn als sie die Treppe herunter kamen, hielten sie sich an der Hand und strahlten erwartungsvoll.
Paul trug die Uniform für das Fest, während Maria noch in ihrer Alltagskleidung unterwegs war. Mit der Schneiderei war ausgemacht, dass sie die Kleider für die Katerina gleich in die Stadthalle bringen würde und Maria sich erst vor Ort umziehen sollte.
Trotzdem hätte Maria ihre Ballettstiefel gern sofort angezogen, doch ihre Mutter konnte sie davon überzeugen, es erst in der Stadthalle zu machen. »Damit hat es etwas mehr Dramatik« hatte sie argumentiert und ihre Tochter war einverstanden.
Frederike ging zu dem kleinen Schlüsselbrett, wo im Moment als einziges Schlüsselbund das von Paul für Maria hing. Sie nahm es in die Hand und suchte einen bestimmten Schlüssel. »Dieser hier?« Sie hielt einen davon hoch und blickte dabei zu Marias Erzieherin.
»Nein, der kleine daneben.« Mrs. Potter korrigierte Marias Mutter.
Paul fiel sofort auf, dass sie ihr den Schlüssel für Marias Keuschheitsgürtel gezeigt hatte, einen Schlüssel, den er selbst bisher nur in Notfällen benutzt hatte.
»Maria, kommst du bitte?« Sie bat ihr Tochter, ihr ins Gästebad zu folgen. In der Hand hielt sie dabei einen kleinen rosa Gegenstand. An der Tür drehte sie sich noch einmal zu Marias Freund um. »Paul, du könntest bitte schon mal die Tasche packen. Ich habe alles auf dem Tisch bereit gelegt.«
Paul war ziemlich in Gedanken, als er der Bitte nachkam. Er fragte sich, was mit Maria im Bad passierte. Er hatte einen ganz bestimmten Verdacht.
Seine Hände zitterten, als er die bereitgelegten Gegenstände einpackte. Dabei waren unteranderem Marias knielange Ballettstiefel, das Venuskorsett, aber auch der Monohandschuh und die Riemen für das Gebet sowie noch eine extra Tasche. Paul vermutete, dass sie noch ein paar Toilettenartikel oder Schminksachen enthielt.
Kaum war er damit fertig, als sich die Tür des Badezimmers schon wieder öffnete. Maria kam als erstes heraus und nach einem nur ganz kurzen Blick erkannte Paul sofort, was passiert war. Maria hatte ein sehr gerötetes Gesicht, und das ließ nur einen einzigen Schluss zu. Bestimmt hatte ihre Mutter einen Vibrator in den Keuschheitsgürtel eingesetzt, denn es gab sonst keinen Grund, den Gürtel zu öffnen.
Doch er traute sich nicht, danach zu fragen.
Auch Maria machte einen etwas konsternierten Eindruck, weil ihre Mutter sich so sehr eingemischt hatte, doch auch sie traute sich nicht, etwas zu sagen.
Frederike ging wortlos zum Schüsselbrett und hängte das kleine Bund wieder an seinen Platz.
»Welche Jacke möchtest du tragen?« Mrs. Potter stand an der Garderobe und blickte zu Maria.
Maria blickte kurz zwischen der Garderobe und ihrer Mutter hin und her, dann senkte sie den Kopf. »Ich träume schon lange davon, auf diesem Weg das Cape tragen zu dürfen. Und Paul hat es abgeschlossen.« Den letzten Satz hatte sie besonders leise gesagt.
»Warum nicht?« Frederike gab Mrs. Potter ein Zeichen.
Diese nahm das Cape vom Haken und reichte es Paul. »Die Prinzessin bittet um ihre Hilfe.«
Zu seiner eigenen Überraschung zitterten seine Hände nicht, als er das Cape entgegen nahm. Er klappte es auf und trat auf Maria zu.
Maria blickte noch einmal fragend zu Mrs. Potter, und erst als diese freundlich nickte, hob sie ihre Arme und steckte sie in die Ärmel des Capes, die sie vor allem in Pauls Gegenwart zu gern benutzte. »Danke mein Prinz, ihr seid so hilfsbereit.« Sie lächelte ihrem Freund zu.
Gleich darauf hatte Paul das Cape bis über die Schultern hochgezogen und war dabei, es am Kragen zu verriegeln.
»Stecke bitte die Schlüssel ein, sonst wird es peinlich«, flüsterte Maria recht leise.
Paul lächte verlegen. »Mache ich sofort.« Gleich nach dem der Riegel zugeschnappt war, holte er sich das Schlüsselbund, kontrollierte noch einmal die Anzahl der Schlüssel und steckte es dann ein.
»Ich glaube, es ist Wind angesagt.« Marias Stimme war leise, aber dennoch gut im Raum zu verstehen.
Paul wusste sofort, was sie damit wirklich sagen wollte. Er sollte das Cape richtig verschließen, also auch die Bänder am unteren Saum an ihren Beinen befestigen. Er kniete sich vor sie hin und band das Cape an ihren Beinen fest.
Natürlich wussten alle, dass letzteres völlig überflüssig war, denn mit den gefangenen Armen und dem Kragenriegel war es Maria auch ohne die Bänder nicht mehr möglich, sich aus dem Cape zu befreien. Doch sie liebte den Gedanken, dem Cape ganz ausgeliefert zu sein. Und sie hoffte darauf, dass Paul sie auf dem Weg zur Stadthalle wieder in den Arm zu nehmen.
»Wo hast du denn die Fernbedienung?« Frederikes Stimme riss Maria aus ihren Gedanken.
»Die liegt auf meinem Nachttisch.« Sie wurde etwas rot dabei, denn sie fühlte sich ertappt.
»Kannst du die noch holen?« Frederike blickte aus dem Fenster, so dass ihre Miene nicht sichtbar war, als sie es aussprach.
Maria schluckte. »Nein, ich kann sie so nicht mehr festhalten.«
»Das ist richtig.« Frederike hatte Mühe, das Grinsen in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Paul, kannst du sie holen und mir geben?«
Paul zögerte deutlich sichtbar. Nur langsam ging er auf die Treppe zu, um der Bitte nachzukommen.
Erst als Frederike mit sehr trockener Stimme über die Funktion des Orgasmus als Schmerzmittel dozierte, erkannte Paul, warum das Vorhaben von Marias Mutter auch auch seiner Sicht richtig und vernüftig war.
Trotzdem hatte er ein mulmiges Gefühl, als er ihr die Fernbedienung überreichte. Es störte ihn, dass Maria so ihrer Mutter ein wenig ausgeliefert war. Doch als er bemerkte, dass er so etwas wie Eifersucht gegenüber Marias Mutter bemerkte, musste er doch schmunzeln. Dazu gab es bisher keinen vernüftigen Grund.
»Lasst uns gehen.« Mrs. Potter hatte dem Vorgang wortlos zugesehen. »Frau Bartels soll nicht unseretwegen warten müssen.« Sie ging zur Tür und öffnete sie.
»Außerdem freue ich sehr auf das Kleid.« Maria hatte ein Strahlen in der Stimme, als sie ihrer Erzieherin folgte.
Paul griff sich wortlos die Tasche vom Tisch und verließ ebenfalls das Haus.
Frederike zog hinter sich die Tür ins Schloß, dann trat auch sie auf den Kiesweg vor dem Haus.
* * *
»Morgen in der Kirche muss ich noch einmal die schweren Ketten tragen.« Doris war auf dem Weg in die Stadthalle und sie wurde begleitet von Theo sowie ihren Eltern. »Frau Bayer hat es mir gebeichtet.«
»Das war aber eine schlechte Nachricht.« Ruth Schwerterle, ihre Mutter, seufzte ein wenig.
Doris war zunächst etwas verwundert, doch als sie ihre Mutter ansah, erkannte sie, dass diese einen Scherz gemacht hatte.
Obwohl Ruth ihre Tochter in Ketten vor sich sah, war sie doch sehr stolz auf sie, weil sie bei ihrem selbstgewählten Alltag sehr glücklich war. Wehmütig blickte sie auf Theo und Doris, denn sie wusste, dass sie ihre Tochter bald in seine Hände geben würde.
Natürlich war sie zuerst sehr verschreckt gewesen, als sie von der Ketten erfahren hatte, doch als sie sah, wie glücklich ihre Tochter damit war, wurde ihr klar, dass sie trotz der erschreckenden Aussichten zu der Verbindung ihren Segen geben musste.
»Ich weiß, dass es eine besondere Gelegenheit ist.« Doris gab sich sehr vernünftig. »Und deswegen bin ich fest entschlossen, jede Sekunde zu genießen.«
»Solange du nicht in Ketten heiraten willst...« Ruth lächelte etwas gequält.
»Wie gefällt ihnen das heutige Geschirr?« Theo mischte sich ein. »Es sieht doch sehr unauffällig aus.«
»Es sieht wirklich schön aus, und es ist wirklich unauffällig.« Ruth musterte den Schmuck ihrer Tochter. »Aber das ist doch bestimmt nur Spielzeug, oder?«
»Glauben sie mir, das ist aus Titanstahl gearbeitet und sehr robust.« Theo erzählte, wie er zu dem Schmuck gekommen war. »Obwohl es sehr filigran aussiehst, hält es genauso wie die großen Ketten.«
»Es sieht gar nicht aus wie Ketten, sondern nur wie außergewöhnlicher Schmuck.« Ruths Stimme wurde auf einmal weich.
»Willst du damit sagen, dass ich den Schmuck zum Brautkleid tragen dürfte?« Doris war stehen geblieben und blickte ihre Mutter verwundert an.
Ruth erkannte auf einmal, auf welch dünnes Eis sie gerade gelockt wurde. »Ich möchte mich jetzt noch nicht festlegen.« Sie seufzte. »Unsere Verwandtschaft möchte da sicher auch mit reden.«
Doris seufzte nur, dann ging sie weiter.
* * *
»Warum habt ihr denn den großen Kleiderbeutel mitgeschleppt?« Betty war etwas verwundert, als sie gemeinsam mit den anderen Brasilianern die Garderobe in der Stadthalle betrat.
Sarah grinste. »Da ist das Ballkleid für dich drin.«
»Da will ich mal sehen, wie ihr das schaffen wollt.« Betty setzte zunächst eine Spottmiene auf. »Schließlich seit ihr nur zu zweit.« Sie blickte triumphierend auf Sarah, die schon seit dem Hotel sehr hilflos in ihrem Ballkleid steckte und sich fast gar nicht mehr bewegen konnte.
In diesem Moment klopfte es.
»Zu dritt.« Jetzt triumphierte Sarah. »Ich war gerade bei Paul und Maria und habe gefragt, ob Paul mithelfen kann, dich in das Kleid zu stecken.«
»Ihr kennt euch doch damit überhaupt nicht aus.« Betty fühlte sich in die Enge getrieben, denn sie wusste, dass sie sich gegen die drei Herren nicht hätte wehren konnte.
»Doch, wir kennen uns aus.« Juan grinste. »Du hast es uns doch gerade erst so schön erklärt.«
Auf einmal realisierte Betty, wie sie von ihrer Geliebten in die Falle gelockt wurde.
»Wir sind zu dritt, und wir werden dir das Kleid anziehen, notfalls mit Gewalt.« Sarah lächelte süffisant. »Aber du würdest es uns einfacher machen, wenn du es freiwillig anziehst.«
Betty blickte entsetzt auf ihre Geliebte, die sie gerade eben noch mit sehr viel Lust in ihr Fesselkleid gesteckt hatte. »Aber warum?«
»Ich sage nur ´Gebet in der Bäckerei´.« Juan lächelte ebenfalls. »Das ist Sarahs Antwort.«
»Von dir geht das alles aus?« Betty war empört, denn von ihrer Geliebten hatte sie so etwas nicht erwartet.
»Komm, das Opfer kannst du schon mal bringen.« Sarah lächelte süffisant. »Ich mache es doch auch.«
Betty blickte sich um. Sie sah in vier entschlossene Gesichter. »Ich fürchte, da habe ich wohl keine Wahl.« Bisher wusste sie aber nur aus den Erzählungen von Sarah, wie streng diese Kleider in Wirklichkeit sein würden. »Ich mache freiwillig mit.« Doch dann fiel ihr Blick zu Sarah. »Das gibt Rache. Ich werde ich lange und grausam quälen.«
»Ich bitte darum.« Sarah lächelte nur. »Aber es ist doch nur ein Ballkleid.« Sie trat auf Betty zu und küsste sie auf den Mund. »Ich liebe dich.«
* * *
»Was machen wir jetzt?« Theo blickte sich um, als sie im Eingangsbereich der Stadthalle standen. »Bis zum Ball ist ja noch etwas Zeit.«
»Wir könnten ins Café gehen.« Doris zeigte auf die Glastür auf der linken Seite, die deutlich sichtbar mit »Moni´s Café« beschriftet war.
»Na gut.« Herr Schwerterle war einverstanden. »Gehen wir zu Moni.«
»Hallo Reiner, schön, dass du dich mal wieder sehen lässt« Die Inhaberin Monika reichte der Familie die Hand. »Ich habe einen schönen Tisch für euch am Fenster.«
»Gern.« Herr Schwerterle war ein wenig verlegen. »Ich war schon lange nicht mehr hier.«
»Das kann man wohl sagen.« Moni lächelte. »Deine Familie?«
Reiner stellte seine Begleitung vor. »Und das ist Theo, mein zukünftiger Schwiegersohn.«
Moni blickte Doris verwundert an. »Ich kenne dich noch als das kleine Mädchen.« Sie strich ihr über den Kopf. »An den Kindern merkt man, dass man älter wird.« Sie lachte. »Was darf ich euch bringen?«
»Ich habe noch eine Überraschung für dich.« Ruth stellte ihre Tasse ab und blickte etwas wehmütig auf ihre Tochter. Dann griff sie in ihre Jackentasche. »Ich habe Theo gebeten, dir auch ein schönes Halsband anzufertigen.« Sie reichte ihrer Tochter eine kleine Schachtel.
Doris´ Hände zitterten ein wenig, als sie die Schachtel öffnete. »Eine lange Halskette.« Es fiel ihr sofort auf, dass sie genauso gearbeitet war, wie die Schmuckfesseln, die sie schon trug. Sie blickte sehr glücklich zwischen ihrer Mutter und ihrem Verlobten hin und her. »Vielen Dank.« Sie strahlte.
»Magst du sie ihr gleich anlegen?« Ruth blickte zu ihrem zukünftigen Schwiegersohn.
Theo zögerte etwas. »Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sich diese Kette tragen lässt.« Er nahm die Kette in die Hand. »Man kann dieses Ende an das andere Ende der Ketten befestigen.« Er deutete an, was er mit Worten beschrieben hatte. »Oder man befestigt das Ende hier und erhält ein enges Halsband mit einer Art Leine.«
Doris war verzaubert. Sie blickte ihre Mutter verlegen an, und als diese nickte, lächelte sie. »Bitte die Halsband-Variante.«
»Heute wird jeder glauben, dass es zum Kostüm gehört.« Theo kam dem Wunsch nach und legte seiner Verlobten die Kette um den Hals.
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RE: Maria
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Datum:22.05.17 23:11 IP: gespeichert
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Hallo gag_coll
Wieder einmal eine wunderbare Fortsetzung. Aber auch wieder einmal viiiieeeelll zu kurz
Mach schnell weiter! Ich verzehre mich nach dem nächsten Teil der Geschichte!!!
Gruß Gozar
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Stamm-Gast
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RE: Maria
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Datum:23.05.17 05:31 IP: gespeichert
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Hallo gag_coll,
ich schließe mich Gozar an.
Schreib schnell das nächste Kapitel. Deine Geschichte ist wirklich toll!
Gruß
Machtdom Meine Geschichte:
Schule für Sklavinnen
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