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Fachmann
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RE: Kerker
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Datum:10.06.08 08:53 IP: gespeichert
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...da ich immer schon "Hummeln im Hintern" hatte
- und somit entsprechende Schwierigkeiten in Schule, Studium, Beruf... - ist so etwas sicherlich für mich "passend" ... .
Ich durfte ein solche Behandlung auch schon erleben, allerdings nicht allzu langanhaltend.
Es war dabei so, dass ich mich, bereits eingesperrt und mit Augenbinde, zu entleeren hatte...
( begleitet bereits von höhnischen Worten ).
Dann hatte ich mich allerdings ( wohl oder übel, sozusagen gezwungenermassen ) brav an die Gitterstäbe zu begeben, damit meine Hände auf
dem Rücken sicher festgeklickt wurden
( zur Verhinderung evtl. weiterer "Aktivitäten" ), und dann bekam ich noch Brustwarzenklammern verpasst ( "damit es nicht so langweilig ist" ;
wenn diese - zumindest zunächst -
relatriv harmlos sind, braucht ja nicht sogleich
eine weitere Aufsicht stattfinden ).
Dann wurde ich mit höhnischen Worten als "Häufchen Elend" in der Einsamkeit einer realen Strafvollstreckung zurückgelassen...
( so ist dies eine passende und wirksame Strafe ).
Es wäre auch eine "Strafbox" denkbar;
damit habe ich indes bis jetzt keinerlei Erfahrungen... .
Es sollte so etwas durchaus länger andauern,
gerade auch ohne irgendwelche weiteren "Altivitäten" ... .
Es ist dabei für mich auch nicht so wichtig,
ob der/die ErzieherInnen weiblich oder männlich sind.
Lieber Joachim,
melde Dich doch mal bei mir... .
Teile mir doch mit, welche ErzieherInnen hier gern
in dem aufgezeigten Sinn agieren ( s.o. ).
Was machen im übrigen die geschäftlichen Aktivitäten ?
Könnte man Dir nunmehr helfen ?
Allerdings mag ich nicht hierfür bei "Professionellen"
die "üblichen" Stunden-/Tagessätze bezahlen
( gerade für "Nichtstun" ... ).
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
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RE: Kerker
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Datum:03.11.08 16:27 IP: gespeichert
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Hallo,
mit großem Interesse habe ich die Beiträge zu diesem Thema gelesen. Der Wunsch nach Fesselung und Gefangenschaft scheint tatsächlich in vielen von uns zu stecken. Nach meiner Erinnerung hat es mal eine Befragung gegeben, nach der ca. 20 Prozent der Bevölkerung den Wunsch haben, gefesselt zu sein oder für einige Zeit in einem Kerker/Gefängnis eingesperrt zu sein. Etwas schockiert war ich allerdings, als ich den Preis für eine "Spezialbehandlung" (400,- Euro bei Avalon) erfuhr.
Für mich und andere Gleichgesinnte habe ich ein Realknast-Event in einem alten Gefängnis in Großenhain/Sachsen organisiert. Dort finden auch andere Veranstaltungen statt, z.B. das prison-camp von CBTSKIN. Das ist allerdings etwas spezieller Natur und nur für wirklich Hartgesottene(es gibt vom pc übrigens eine eigene Website, da können sich Interessierte informieren). Das prison-camp ist keine Konkurrenzveranstaltung,allerdings ergänzen sich beide bei der Abdeckung verschiede-
ner Vorstellungen.
Bei der im Mai 2009 stattfindenden Veranstaltung von mir gibt es keine Gewalt, keine Erniedrigungen, Demütigungen oder ähnliches (also keinen Folter-
knast). Im Vordergrund steht das Einsitzen in einer echten alten Gefängniszelle mit Fesselungen im Rahmen der individuellen Limits. Diese muß jeder Teilnehmer für sich selbst festlegen.
Daneben sind auch "Bestrafungsaktionen" möglich, wenn der einzelne Teilnehmer es ausdrücklich so wünscht. Abwegige oder gar gefährliche Dinge werden nicht durchgeführt !!!
Ob ein weiblicher Wärter dabei sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher. Sofern eine Frau als Wärterin zur Verfügung steht, können Fesselung, Zelleneinschluß und
Strafaktion auf Wunsch von dieser Kollegin durch-
geführt werden.
Am liebsten würde ich das Event kostenfrei durchführen. Aber der Knasteigentümer verlangt (erhebliche) Gebäudemiete und auch die Verpflegung und die Fesselutensilien verschlingen viel Geld. Pro Tag und Teilnehmer sind 50,-Euro kalkuliert, für Wärter 30,-Euro.
So, jetzt habe ich meinen Forumsbeitrag geleistet und mein Projekt vorgestellt. Der Rest liegt bei euch. Auf Fragen werde ich gerne antworten.
Grüße Rainer
Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
Handschellen-, Fußschellen-, Kettenfan, Bondage, Knast-Events
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Sklave67 |
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Sklave/KG-Träger
Berlin
quatsch nicht, tu es
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RE: Kerker
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Datum:03.11.08 19:30 IP: gespeichert
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Zitat |
Hallo Sklave Heiko
Mich interessiert, was Du für Deine Aufenthalte bezahlt hast und welche Leistungen der Preis beinhaltet hat.
Auf der Avalon-Website ist beispielsweise angegeben, dass 6 Stunden tagsüber 400 Euro kosten.
Das wäre ja geradezu ein Schnäppchenpreis.
Zum Vergleich: das Honorar für eine Dominastunde beginnt sonst bei 200-300 Euro.
Deshalb steht auf der Website auch: \"Diese Preise sind Basispreise für Häftlingsaufenthalte, kontrolliert durch eine Dame aus dem Avalon-Team.\"
Hier kommt also noch etwas dazu.
Liebe Grüsse
conny
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Hallo Conny,
es kommt nix dazu, 400 Euro incl. Betreuung duch eine Lady Deiner Wahl. Entweder 6 Stunden am Tag oder auch von 21 - 9 Uhr in der Nacht.
@Folsom: Warum sollte ich nicht von etwas berichten, was ich auch sehr gut kenne und selbst mit aufgebaut habe ? Ist es bereits Werbung wenn ich von meinen eigenen Erfahrungen erzähle (und die habe ich nunmal als Hausdiener des Avalon genau dort gesammelt!) ?
Sicherlich ist der Preis anfänglich gesehen nicht ganz ohne, aber wenn ich überlege in welcher Qualität ich dort betreut werde dann relativiert sich das ganze wieder gewaltig. Jeder Häftling bekommt mindestens Ein Spiel vor der Inhaftierung und nach der Inhaftierung, in der Regel gibt es überraschende Kontrollen und Inspektionen während des Zellenaufenthalt und vieles mehr. Die Zellen sind zwar karg, dafür aber teilweise mit Kameraüberwachung bzw. immer mit Notklingeln etc. ausgestattet. Es gibt verschiedene Arten der unterbringung, von Deluxezelle mit Doppelstockbett und jeder Menge Platz bis zum Kerkerloch (mit Fußbodenheizung und somit auch gut ausgestattet) und in Kürze sogar einer Isohaltionszelle mit totaler Dunkelheit und permanenter Überwachung per Infrarotcamera. Ihr Dürft immer nicht vergessen, die Räumlichkeiten wurden für einen erheblichen Betrag ausgebaut, werden in der Zeit Eurer Anwesenheit komplett beheizt, es stehen reichlich Duschen und Sanitärtrackte zur Verfügung, Ihr bekommt ein wirklich erlebnisreiches und vor allen Dingen sicheres Program geboten und wisst genau das sich an Absprachen auch gehalten wird.
Probiert das bitte mal im OWK !
Und wenn es um den Preis geht (gerade bei längeren Besuchen) dann lässt sich eigendlich auch immer noch eine Sonderkondition aushandeln. Ich weiß jedenfalls, dass die Ladys (die Ihr ebenfalls im voraus aussuchen könnt) bei weitem dafür nicht das bekommen, was Sie ansonsten im Studio verdienen würden, es aber trotzden gerade wegen der tollen Location immer gerne machen, weil es einfach für alle ne Menge Spaß bringt.
Ich hoffe das war jetzt nicht zuviel Werbung gewesen, ich lebe halt den Großteil meines SM im Avalon aus.....
LG
Sklave 67
alias Sklave Heiko
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von Sklave67 am 03.11.08 um 19:31 geändert
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
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RE: Kerker
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Datum:05.11.08 20:02 IP: gespeichert
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die schnelle Reaktion auf meinen Beitrag ist schon bemerkenswert.... Allerdings werden hier Äpfel mit Birnen verglichen.
Bei der Mai-Veranstaltung handelt es sich um eine nichtkommerzielle Veranstaltung von Amateuren für Amateure. Alles ist so kalkuliert, das am Ende die Kosten gedeckt sind, niemand verfolgt irgendwelche finanziellen Interessen. Der größte Kostenfaktor ist die Gebäudemiete, denn der Unterhalt des alten Gefängnisses verschlingt viel Geld und dieser wird bisher von einer einzelnen Person aufgebracht. Auch sind hier keine professionellen Dominas im Einsatz. Dies wird von der Mehrheit der Teilnehmer auch ausdrücklich so gewünscht. Denn nur wer aus Spaß an der Sache mitmacht, kann authentisch an einer solchen Veranstaltung mitwirken. Für Viele wäre der Einsatz von "Professionellen" ein Grund zur Nichtteilnahme.
So, diese Klarstellung war aufgrund der doch etwas
hitzigen Reaktion angebracht.
Also: Wer auf Profibehandlung durch spezielle Damen steht und auch etwas exotischere Wünsche hat, wird an einem Studio wie dem Avalon nicht vorbeikommen.
Wer überwiegend ein Knast-und Fesselerlebnis sucht und für den die Betreuung durch professionelle Dominas zweitrangig ist, der ist bei einer Amateurveranstaltung wie dieser sicherlich besser aufgehoben.
Entscheiden muß natürlich jeder für sich selbst.
In diesem Sinne, viele Grüße Rainer
Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
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Sklave67 |
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Sklave/KG-Träger
Berlin
quatsch nicht, tu es
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RE: Kerker
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Datum:05.11.08 20:26 IP: gespeichert
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So sehe ich das auch, zwei Angebote mit vollkommen verschiedenen Zielgruppen und gut ist es....
LG
Sklave 67
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
Beiträge: 41
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RE: Kerker
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Datum:14.11.08 16:23 IP: gespeichert
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Hallo,
das Mai-Event ist ausgebucht. Ein weiteres Knast-
Event findet wahrscheinlich im September 2009 statt. Fragen zu der Veranstaltung werde ich gerne beantworten.
Bis dann Rainer Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
Beiträge: 41
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RE: Kerker
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Datum:02.01.09 22:10 IP: gespeichert
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Hallo,
für das Realknastevent im September steht nunmehr der Zeitraum vom 12.09.-20.09.09 zur Verfügung. Der Mai-Termin ist ausgebucht.
Vor allem für Paare oder Switcher ist der alte Knast die ideale Spielwiese. Anfragen für den September-Termin liegen bereits vor, also bitte nicht zu lange zögern.
Ein gutes neues Jahr noch Rainer Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
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Frieder |
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Sklave/KG-Träger
Nordschwarzwald
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RE: Kerker
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Datum:02.01.09 22:42 IP: gespeichert
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Hallo
ich habe noch etwas gefunden zum Thema Gefängnis.
24 Std. Knast Experiment. Schaut mal auf diese Seite:
http://www.eroluna.de/dasexperiment/index.html
Ich würde vielleicht auch dahin gehen, aber ich traue mich nicht so recht
und zur Zeit habe ich auch nicht die 400€ übrig.
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Ösiland
Beiträge: 873
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RE: Kerker
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Datum:02.01.09 22:57 IP: gespeichert
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Zitat | Hallo
ich habe noch etwas gefunden zum Thema Gefängnis.
24 Std. Knast Experiment. Schaut mal auf diese Seite:
http://www.eroluna.de/dasexperiment/index.html
Ich würde vielleicht auch dahin gehen, aber ich traue mich nicht so recht
und zur Zeit habe ich auch nicht die 400€ übrig.
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Bruhaha, das soll zum Stichwort "Kerker" passen?
Die nicht nur optische Weitläufigkeit der Anlage und ihre improvisierte Gestaltung sind ja lachhaft. Wer da ein - ich trau mich fast nicht, das Wort zu schreiben - ein "Kerker"-Gefühl bekommt, der muß eine sehr lebhafte und weltfremde Phantasie haben.
Scheint ein Knast-Experiment für Klaustrophobe (Menschen, die Angst vor engen, geschlossenen Räumen haben) zu sein, denn selbst diese werden sich dort wohl fühlen. Einfach lächerlich. Da gehe ich nicht mal hin, wenn ich dafür 400 Euronen bekomme. Ich glaube, die Veranstalter haben Angst vor der eigenen Courage.
whipped scream Love hurts, if it's done right.
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folssom |
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Sklave/KG-Träger
Lieber durch Wahrheit unbeliebt, als durch Schleimerei beliebt
Beiträge: 2198
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RE: Kerker
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Datum:03.01.09 02:26 IP: gespeichert
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Zitat |
Bruhaha, das soll zum Stichwort \"Kerker\" passen?
Die nicht nur optische Weitläufigkeit der Anlage und ihre improvisierte Gestaltung sind ja lachhaft. Wer da ein - ich trau mich fast nicht, das Wort zu schreiben - ein \"Kerker\"-Gefühl bekommt, der muß eine sehr lebhafte und weltfremde Phantasie haben.
Scheint ein Knast-Experiment für Klaustrophobe (Menschen, die Angst vor engen, geschlossenen Räumen haben) zu sein, denn selbst diese werden sich dort wohl fühlen. Einfach lächerlich. Da gehe ich nicht mal hin, wenn ich dafür 400 Euronen bekomme. Ich glaube, die Veranstalter haben Angst vor der eigenen Courage.
whipped scream
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Frieder hat in seinem erst 4. Beitrag in diesem Forum etwas zum Thema Gefängnis im Thread "Kerker" geschrieben.
Ich halte daher deine Antwort für unangemessen und überzogen.
Immerhin sind von 17 Teilnehmern des Experiments vom 25.-26.8.2007 schon nach der Nacht 7 freiwillig ausgeschieden (trotz damals 500€ Kosten).
Zitat eines Gefangenen: "Ja es war ein Experiment, denn es ging noch weit über meine Grenzen hinaus."
Zitat einer Wärterin: "Außergewöhnlich und einfach unvergesslich!!" Sarah
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Switcher
Ösiland
Beiträge: 873
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RE: Kerker
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Datum:03.01.09 09:55 IP: gespeichert
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Mag sein. Was da sonst noch an heftiger Unterhaltung abläuft, weiß ich ja nicht, aber an der Umgebung, an der Örtlichkeit an sich, kann es nicht liegen, daß da fast die Hälfte abbricht.
Jemand fertigmachen kann ich überall, da brauch ich keine sehr behelfsmäßig adaptierte Lagerhalle mit Baustellenzäunen mit neckischen Stacheldrahtapplikationen dazu.
Aber vielleicht kamen die Teilnehmer untereinander nicht aus, immerhin prallen da ja die verschiedensten Geschmäcker aufeinander.
Es gibt einige Fetische, die ich nicht neben mir oder rein optisch in meiner Nähe haben will. Auch hört man ja in der Lagerhalle jedes Wort aller Beteiligten. Auch das paßt nicht zum Kerker mit seiner Abgeschiedenheit, seiner Verlorenheit, seiner Finsternis, seiner Beraubung des Zeitgefühls. Das Ganze ist ein Massenevent, einer nicht absehbaren Masse (da ja die Profile Privatvergnügen sind), ganz im Unterschied zu einem themenorientierten SM-Event. Da kann es schon vorkommen, daß es einigen einfach reicht. Nicht, weil es so hart war, sondern weil es so grauslich und unsympathisch war.
Abgesehen davon wünsche ich allen Beteiligten und den Veranstaltern alles Gute, ich fand eben nur, daß die Location wenig geeignet erscheint. Aber über Geschmack kann man nicht streiten.
whipped scream Love hurts, if it's done right.
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Einsteiger
Koblenz
Beiträge: 19
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RE: Kerker
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Datum:19.01.09 15:38 IP: gespeichert
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Bauzaun ... mehr braucht man eigentlich nicht zu sagen! Das halte ich allerdings tatsächlich für ein Experiment!
Ein Bauzaun ...
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
Beiträge: 41
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RE: Kerker
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Datum:28.03.09 20:36 IP: gespeichert
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Hallo,
letzter Aufruf!!
Durch einige Absagen können noch maximal zwei Teilnehmer an der Mai-Veranstaltung (11.05.-17.05.09 in Großenhain/Sachsen) in der Häftlingsrolle mitmachen. Also nur Mut...
LG Rainer Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
Handschellen-, Fußschellen-, Kettenfan, Bondage, Knast-Events
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Fachmann
Berlin
zu allem bereit
Beiträge: 41
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RE: Kerker
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Datum:04.08.09 22:23 IP: gespeichert
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Knast-Event in Großenhain
Das alte Knastgebäude hat ab Oktober 2009 einen neuen Generalmieter. Daher ist das Event in der Zeit vom 12.09.-20.09.09 zugleich die Abschlußveranstaltung. Wer Interesse an einer Teilnahme hat, kann sich gerne per PN bei mir melden.
Grüße cuffs 77 Hetero, Nichtraucher, keine finanziellen Interessen
Handschellen-, Fußschellen-, Kettenfan, Bondage, Knast-Events
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Freak
Die Gurte sind zu logga noch!
Beiträge: 137
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RE: Kerker
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Datum:16.08.09 12:02 IP: gespeichert
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Wie wäre es mit lieblichen Sommerhäuschen in Schweden? Viele ältere Häuser haben noch einen netten Erdkeller aus grob gehauenen Stein und Lehmboden dazu haben die noch schwere doppelte Türen (um die Wärme draußen zu halten). Die Erdkeller stehen separat auf dem Grundstück und sind recht klein und man kann darin kaum stehen. Eigentlich perfekt...
Googlesuche: "Jordkällare"
~Thobias Die Sterne liegen zu meinen Füßen!
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Freak
Beiträge: 101
Geschlecht: User ist offline
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RE: Kerker
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Datum:02.12.09 23:08 IP: gespeichert
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Zitat | Die Selber Bau Kosten sind auch nicht ohne, zumindest wenn es staat dem feuchten Kerker eine Supermax Zelle sein soll.
Hab bestimt 5000 Euro rum verbaut und bin nicht ans Ziel gekommen damit.
Aber der Anspruch lag auch sehr Hoch an den Detail Grad (Schalldicht, einschlielich Lüftung als Hauptproblem, Speerbare Wasserzufuhr ect.). |
Hallo,
deine Supermax Zelle interressiert mich sehr.
Ich plante schon seit Jahren so etwas aber da wir nun nach einiger Umzieherei keinen Keller haben, habe ich mir unter der Treppe eine Zelle gebaut. Allerdings ist da zu wenig Platz fuer was supemaxrtolles.
Ich habe auch unzaehlige Zeichnungen gemacht ueber die Jahre von Tueren, Freistehende Zellen usw.
Wie hassu denn die Zelle gebaut? Was ist mir der Tuer? Aus was sind die Waende usw usw.
Hassu das alles selbst gemacht?
Musstest du sie wieder abbauen wegen Umzug?
Gruss
Ben
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Sklavenhalterin
Beiträge: 287
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RE: Kerker
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Datum:03.12.09 14:56 IP: gespeichert
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Hallo zusammen!
Ich berichte Euch mal von unseren Erfahrungen. Es wird zwar etwas ausführlicher, aber nur ao kann man manches verstehen
Wir leben in einem Mehrfamilienhaus. Die Kerkerzelle wurde unter der Beton-Kellertreppe eingebaut. Grundmaß der Zelle 80x90 cm. Höhe an der höchsten Stelle, so dass mein Mann an dieser Stelle gerade aufrecht knien kann. Insofern ist kein Stehen, Aufrichten oder Ausstrecken möglich.
Die Wände bestehen aus nacktem Stein, der Boden ist „pflegeleicht“ gefließt.
Die Tür ist massiv, aus aufgedoppeltem Multiplex-Holz mit einer Stärke von ca. 6 cm. Verschlossen wird von außen mit 2 sehr stabilen Klapphebeln, die mit Splinten gesichert werden. Desweiteren gibt es eine kleine Sichtklappe, die auch nur von außen zu öffnen ist. Innen ist die Tür vollkommen glatt. Alles wurde so konzipiert, dass auch ohne Fesselung in der Zelle ein Ausbruch nicht möglich ist.
Befestigungen in der Zelle:
1 Schwerlast Wandanker gegenüber der Tür, mit 2 kurzen Ketten für die Hände. Daran verschraubt (Schraubenschlüssel zum entfernen benötigt) jeweils ein sehr stabiler, abschließbarer Lederfäustling. Die Fäustlinge halten seit Jahren allen ernsthaften Ausbruchs-, Abreiß- oder Zerstörungsversuchen stand. Die Ketten sind so kurz bemessen, dass ca 20 cm Abstand zur Tür bestehen. Klopfen oder gar gegen die Tür bollern ist nicht möglich.
1 Fußkette, die durch ein in der Wand liegendes Rohr von außen längenverstellbar ist. Längste Position der Fußkette Zellenmittelpunkt am Boden, kürzeste Position 0cm.
1 Halskette ebenfalls von außen einstellbar, die in der höchsten Raumecke, am weitesten weg von der Tür durch die Wand geführt wird. Längste Position der Halskette: die Wand runter bis zum Boden + 30cm, kürzeste Position 0cm
2 Eimer: einen für Frischwasser und nötigenfalls sonstige Flüssigkeiten, einen für das kleine / große Geschäft
Komfort:
Der Keller ist ungeheizt. Im Winter wird es wirklich unglaublich kalt.
Ich habe meinem Mann nach dem ersten Aufenthalt so einen Babystrahler zugestanden, der ebenfalls von außen gesteuert wird. Die Zeitschaltuhr ermöglicht verschiedene Ein- und Ausschaltzeiten im 30 Minuten Rhythmus.
Zudem hat er eine Elektro-Fußbodenheizung eingebaut, die den Boden auf max. 15 Grad erwärmt.
Als optionales Zugeständnis erhält er ein dreckiges Handtuch, mit dem er sich notdürftig und auch nur teilweise zudecken kann.
Das einzige Fenster ist mit Folie blind gemacht worden, es ist stockduster. Eine Innenbeleuchtung in der Zelle gibt es nicht.
Deutlicher Hinweis: Das folgend Beschriebene ist zwar real, widerspricht aber allen Sicherheitsaspekten. Bitte nicht nachmachen.
Vorweg: Im Gegensatz zu vielen Paaren hat Erziehung bei uns sehr viel mit echter Bestrafung und daraus folgender Verhaltensänderung zu tun. Ich handele nach dem Motto: Selten, aber wenn dann richtig.
Beispiel: Wenn er geprügelt wird, geschieht dies ohne Aufwärmphase, mit einer Plexiglas-Gardinenstange weil diese schlimmer ist als alles andere und sofort voll durchgezogen. Dafür reichen dann auch schon 20 Schläge. Allerdings ist er so erzogen, dass solche Mittel nur sehr selten zum Einsatz kommen müssen.
Eine der schlimmsten Strafen für Ihn ist die Einkerkerung. Er kam in den vergangenen 2 Jahren, solange gibt es die Zelle, bisher drei mal da rein. Beim ersten Mal war eine meiner Freundinnen mit beim Einschluss dabei und zeigte sich sehr beeindruckt.
Beim ersten Einschluss wusste er noch nicht, was auf ihn zukam. Insofern war er recht entspannt. Seit dem zweiten Einschluss gerät er wirklich in Panik, wenn er merkt, dass er tatsächlich weggeschlossen wird und es nicht bei der Drohung bleibt. Tränen strömen dann in Massen, verbunden mit lauten Beteuerungen, sich wirklich, wirklich zu bessern.
Wenn ich aber einmal einen Entschluss gefasst habe, dann weiche ich davon nicht mehr zurück. Beim dritten Einschluss wurde er im Moment des Türenschlusses geradezu hysterisch. Offenbar hatten die beiden Male davon Eindruck hinterlassen.
Seit 8 Monaten reicht schon die Drohung des Einschlusses um sein Verhalten nachhaltig zu bessern.
Einschluss:
Er kommt nackt in die kalte Zelle. Der Fußboden ist eiskalt, da die Fußbodenheizung, sofern eingeschaltet, erst Stunden später wirkt.
Die Füße erhalten Manschetten und werden an der Fußkette befestigt. Die Hände kommen als geballte Faust in die fest installierten Fäustlinge und diese werden abgeschlossen. Ein Öffnen der Hände ist so ausgeschlossen. Um den Hals kommt die blanke Kette und wird mit einem Schloss gesichert.
Ab dem zweiten Einschluss habe ich direkt nach dem Schließen der Tür die Fußkette auf ihre längste Position gestellt und die Halskette so gekürzt, dass er zwangsknien musste. Nach zwanzig Minuten scheinen die Schmerzen sehr groß zu sein, auch weil keine Entlastung oder Verlagerung des Gewichtes möglich ist. Sein Jammern ist dann schon deutlich im Keller zu hören, was es für ihn gefährlich macht, da ja immer ein Mieter den Kellerflur betreten könnte.
Nach 30 Minuten wird es offenbar wirklich schlimm. Zuletzt kam ich nach 45 Minuten und habe ihn aus der Position befreit.
Das schöne an der Konstruktion ist, dass alles von Außen geht. Halskette lang, Fußkette ganz kurz und schon ist er schlaffertig.
Das geht ganz ohne persönlichen Kontakt und demütigt unglaublich, da er wie eine Sache behandelt wird. Schließlich verändere ich ja nur Kettenlängen.
Zum Schlafen kommt er aber angeblich nicht, weil es trotz der Komfortartikel kalt bleibt. Im zweiten und dritten Termin habe ich nachts unregelmäßig den Babystrahler ausgehen lassen. Das soll psychisch sehr kompliziert sein, weil ihm eh schon kalt ist und er nicht weiß ob ein Defekt vorliegt, bzw. für wie lange der aus bleibt. Er kann ja auch keinen Einfluß nehmen. In beiden Terminen hatte er aber noch sein Handtuch. Ob das zukünftig so sein wird, ist noch offen.
Im zweiten Termin kam er an einem Freitag gegen 23.00 Uhr rein und musste vor dem Schlafen knien. Am Samstag morgen gegen 10.00 Uhr habe ich ihn nicht rausgelassen, sondern während meines Frühstücks mit Kaffee und Toast wieder knien lassen. Danach wurde die Kette wieder verlängert und es gab Wasser im Eimer, aber kein Frühstück. Den Tag verbrachte er ohne Ablenkung im Dunkeln. Er hatte auch keinen Kontakt zu mir. Abends gab es frisches Wasser und 2 Scheiben Brot ohne Belag, die ich am Abend vorher zum Trocknen rauslegte. Danach wider knien und schlafen.
Sonntag morgen nochmals knien während meines Frühstücks, danach habe ich ihn rausgelassen.
Er war ohne Frage völlig fertig. Er hat sich aber unglaublich gefreut, mich zu sehen und wieder mit jemandem reden zu dürfen. Diese Erfahrung war wahrscheinlich auch der Grund, warum er beim dritten Einschluss hysterisch wurde.
Wahrscheinlich habe ich jetzt die übliche Sicherheitsdiskussion am Hals. Berücksichtigt einfach, dass wir uns lange und sehr, sehr gut kennen, meine Einstellung zur Erziehung eine grundlegend andere ist und ich auch den Hinweis gab, dies nicht einfach nachzumachen.
Angel
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Einsteiger
Nehren
Vivere militare est
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RE: Kerker
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Datum:03.12.09 21:51 IP: gespeichert
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Hallo Foris,
mit Interesse bin ich - eher »zufällig« - in diese Diskussion reingestolpert und hab gemerkt: Hoppla, das kennst du ja alles. Sowohl Großenhain als auch Crimmitschau (das mit den Bauzäunen). Die Atmosphäre ist in der Tat völlig unterschiedlich. Hier mal ein Bericht zu beiden:
+++
Fantasie und Realität –
von Knasthotel zu Knasthotel
Wo kann man eine Knast- und Psychiatriestory besser und in-spirierter schreiben als im »Knast« bzw. der »Gefängnispsy-chiatrie«? Das veranlaßte mich im Mai 2009, im Dienste dieses Buches die wohl durchgeknallteste Reise meines bisherigen
Lebens in Angriff zu nehmen:
Nach zweitägigem Besuch bei Freunden in Wien quer durch die Tschechei Richtung Dresden. Viel Landstraße und relativ wenig Autobahn. Um 15 Uhr etwa längere Pause an einer Autobahn-raststätte bei Dresden. Noch 30 bis 40 km über Landstraßen nordwärts (über Meißen nach Großenhain) lagen vor mir.
Telefonate von der Telefonzelle aus.
1879 wurde er gebaut, nicht 1897, wie irrtümlich im Internet beschrieben , der Untersuchungsknast Großenhain, zusammen mit dem benachbarten Amtsgerichtsgebäude, das jetzt leersteht und einen Käufer sucht. Aber 180.000 Euro sind nicht wenig für ein stark sanierungsbedürftiges, wenn auch pompöses Haus, das noch dazu an der lärmenden Hauptdurchgangsstraße Richtung Meißen steht. Seit 1963 hat der Untersuchungsknast keine Häft-linge mehr gesehen.
Der derzeitige Besitzer des unter Denkmalschutz stehenden Ex-Knasts hatte ihn eigentlich nur wegen des großen, asphaltierten Hofs und der vielen vermietbaren Garagen gekauft, hatte dann aber einige Räume hergerichtet und die »Jugendpension Altes Gefängnis« (»Jugendherberge« war ein geschützter Begriff) eröffnet.
Die lief aber nicht so recht. Schwung kam erst in die Sache, als ein SMer aus Hessen den Ort entdeckte und dort einige Jahre lang den »Hobbyknast« betrieb, bis sich diese Phantasie für ihn erschöpft hatte. Jetzt wird der Knast gelegentlich an SM-Gruppen vermietet, darunter wilde Gesellen, die tagelang Cock-and-Ball-Torture und Methoden à la Guantanamo praktizieren, und dabei saufen die Wärter auch noch - man sollte wirklich vorher genau prüfen, wem man sich da ausliefert …
Ich konnte vorher nicht prüfen. Man versicherte mir zwar am Telefon, die in der Woche bis zum 18.5. Einsitzenden seien eher sanfte Typen , sie schätzten das Eingeschlossensein und vielleicht ein bißchen Ketten, Dunkelzelle oder Spanking, aber keinesfalls mehr – dennoch hatte ich ein etwas flaues Gefühl. Orte, wo ausschließlich Männer zusammenkommen (Gefängnis, Militär, Kloster), ziehen Schwule magisch an. Das bedeutet nicht nur, daß man(n) den schönen Anblick fescher Wärterinnen entbehren muß, sondern … Was ist, wenn man mich mit einem 20 kg schwereren und 20 cm größeren Schwulen auf die Zelle sperrt und der dann …
Rückblickend erscheinen solche Befürchtungen lächerlich, aber hinterher ist man immer schlauer.
Ich war der erste, der eintraf. Die anderen würden erst morgen oder noch später eintreffen und auch im Verlauf der Woche zu unterschiedlichen Tagen wieder entlassen werden, und nicht wenige hielten ihre bestellte Haftdauer nicht durch und mußten »vorzeitig begnadigt« werden … Viele überschätzen sich, und sie unterschätzen vor allem die gnadenlose Langeweile. Denn außer den drei Mahlzeiten, Morgen- und Abendtoilette und Hofgang in Fesseln passiert absolut nichts. Einzelhaft. Keine Gespräche auf der Zelle, keine Zerstreuung. Ein bißchen Verhör oder Hand-schellen sind auf die Dauer auch nicht abendfüllend, nicht über Tage hinweg.
Das Sicherheitssystem bestand darin, daß die Häftlinge ihr Han-dy im versiegelten Umschlag mit in die Zelle nehmen und im Notfall zum Rufen der Wärter benutzen durften. Handylose Zeit-genossen wie ich haben Pech gehabt; da darf nachts einfach nichts passieren.
Für mich begann´s gemütlich, mit Würstchen und Bier und Ge-sprächen mit Eigentümer und Aufsehern über all das oben Ge-schilderte. Erst gegen 23 Uhr wurde ich eingesperrt. Ich hatte mir ausbedungen, Schreibzeug mit auf die Zelle nehmen zu dürfen. Die Knastgeschichte würde vielleicht 10.000 Worte umfassen; würde ich 2.000 Worte am Tag schaffen, dann wären fünf Tage Haft gerade richtig, der Tag zu 50,- Euro. (Es ist ein Non-profit-Unternehmen: Den Insassen wird erklärt: »Wir spielen hier keine Spielchen. Bitte keine Aufstands- oder Ausbruchsversuche [Es war auch mal ein Meister im ›lockpicking‹ dort, der in Sekundenschnelle jedes Schloß aufbekam], dazu haben wir nicht die Nerven und die Personalstärke; wir sind hier, weil wir das Eingeschlossensein genießen und die Beklemmungen, die es nach einigen Tagen erzeugt.«)
Schreibzeug gab´s, knastbezügliche Lektüre wurde mir von einem Aufseher auch hereingereicht, so konnte es losgehen. Es ist wirk-lich erstaunlich, was man alles schafft, wenn jede Ablenkung fehlt. Gegen Abend des ersten Tages wurde mir klar, daß die Ge-schichte mit 6.000 Worten zu Ende erzählt sein würde, und dann hatte es wenig Sinn, sie künstlich aufzublähen. Und von diesen 6.000 Worten waren nun zwei Drittel geschrieben. (Denkbar wäre allenfalls, sie – mit erweitertem Szenario – zu einem kom-pletten Roman auszubauen, der dann halb Politthriller, halb SM-Geschichte wäre). Gut, eine zweite angefangene Geschichte könnte ich auch noch zu Ende schreiben, aber spätestens am Ende des zweiten Tages würde ich arbeitslos werden. Und was dann? Sollte ich drei Tage lang Löcher in die Luft stieren, wäh-rend draußen die Sonne schien? Außerdem hatte sich meine de-vote Stimmung wie üblich wieder ziemlich rasch in Luft aufgelöst, hatte Fragen Platz gemacht wie: Warum laß ich mich von diesen Typen herumkommandieren? Was mache ich hier überhaupt? Gereizt tigerte ich auf und ab und vertiefte die »Spuren« in den alten Dielen (die neben den härteren Astlöchern bis zu einen Zentimeter tief ausgelatscht sind), und ich war richtig erleichtert, als ich dem Aufseher mitgeteilt hatte, daß ich nach der zweiten Nacht abbrechen würde. Gut, es blieben Zweifel. Ich hätte ja vielleicht einen Tag verlängern können, ich hätte vom arbeitsamen Teil zum gemütlichen Teil übergehen können, ich hätte mich etwa beim (an sich verbotenen) Onanieren erwischen und ein bißchen bestrafen lassen können, etwa mit
Fesseln …
Nein – es war gut so. Als ich am Montagmorgen auf die Haupt-straße bog und den Wegweiser zur Autobahn Dresden-Berlin sah, war für mich klar, wo ich hinfahren würde. Schließlich hatte ich unsere schöne Metropole an der Spree seit 2006 nicht mehr ge-sehen.
Am Mittag war ich da. Hotel am Anhalter Bahnhof , das Zimmer zu 56,- Euro. Ich entschuldige mich hier bei allen meinen Berliner Autoren, denen ich versprochen habe, bei meinem nächsten Berlinaufenthalt bei Ihnen vorbeizuschauen – aber Hafturlaub ist eine kostbare Zeit. Nächstes Mal!
Mit Ausnahme des ersten Abends war das Wetter herrlich sonnig, kühl und klar. In angenehmer Umgebung schrieb ich meine Geschichten zu Ende, etwa in der »Ständigen Vertretung« bei gutem Kölsch oder in der »Letzten Instanz« – da haben wir doch schon wieder den Bezug zur Justiz! Im »Café Stresemann« entpuppte sich mein Tresennachbar als norddeutscher Staatsan-walt auf Fortbildungsveranstaltung, und unsere stundenlange Unterhaltung ging vom Segeln bis hin zur Erörterung der Rechts-lage bei SM-Publikationen, nachdem ich meinen Beruf genannt hatte. Für ihn war es ein peripheres Thema (er sagte auch ständig »MS« statt »SM«), er meinte etwa: »Von mir aus sollen die sich peitschen, bis das Blut spritzt, sollen das auch darstellen, wie sie wollen, aber das ist meine persönliche Meinung, und die Gesetze sind nun mal so, wie sie sind. Kein deutscher Politiker wird sich für eine Liberalisierung der Pornographie-Gesetzgebung einset-zen, weil ihm das keine Stimmengewinne einbringt, höchstens Stimmenverluste. Die Dänen und die Niederländer sind eben einfach lockerer drauf, da kann man nichts machen. Aber diese Gesetze sind ja so leicht zu umgehen! Einfach einen ausländischen Strohmann suchen, der die Inhalte ins Netz stellt, möglichst jede Verbindung zu ihm vertuschen, dann ist keine Ver¬urteilung möglich!«
Ähnliches hatte ich vor Jahren im »Arbeitskreis § 184« meinen Mit-Listies empfohlen, hatte aber nur flaue Zustimmung geern-tet. Inzwischen gehen ja sogar größere Websites diesen oder ei-nen ähnlichen Weg …
Was soll man dazu sagen? Reisen bildet; in Großenhain bilden sich nur Beklemmungen, in Berlin schon etwas mehr …
Endlich sah ich einmal den Pergamonaltar; nur die Glaskuppel des Reichstags sah ich wieder nicht, die Schlange war mir einfach zu lang ...
Inzwischen packte mich doch die Reue, sogar tätige Reue. Bis zu meinem nächsten Termin in Thüringen am Freitagnachmittag waren es noch zwei Nächte, und warum sollte ich als sparsamer Schwabe eine Übernachtungsmöglichkeit verfallen lassen, die ich schon bezahlt hatte? Also rief ich in Großenhain an, und tatsäch-lich, ich konnte die 36 Stunden bis zum ursprünglich vorgesehe-nen Entlassungstermin am Freitagmorgen noch einmal dort ab-sitzen.
Mittwoch abend bummerte ich in Großenhain an das trotz vorheriger telefonischer Vereinbarung verschlossene Stahltor – absurd: an einem Knast ans Tor bummern, um REINzukommen … (Doch erst als ich eine halbe Stunde und ein Kneipenbier später wieder vorbeikam, war das Tor offen).
Diesmal wurde ich ohne langes Blabla eingeknastet. Die Bedin-gungen waren verschärft: kein Schreibzeug, keine Lektüre, keine Zerstreuung, stundenweise verschiedene Handschellen.
Mit äußerster Mühe stand ich diese 36 Stunden – zwei Nächte und einen Tag – durch. Wohl um die tausend Mal stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf die ferne Kirchturmuhr zu erhaschen – und dann war es zwei Minuten später als beim letzten Blick auf die Uhr … (Die schönen hohen Fenster gibt´s nur an der Schmalseite des Gebäudes, die Zellen haben diesen Luxus nicht, die haben wesentlich kleinere Fenster). Durchs offene Kippfenster konnte man auch die Schläge der Turmuhr hören, sofern sie nicht – wie tagsüber meistens – vom Verkehrslärm überdeckt wurden. Ähnlich wie einst bei den verhaßten Mathe-matik-Doppelstunden beschäftigte ich mich mit Bruchrechnen: Jetzt ist ein Drittel vorbei, jetzt die Hälfte, jetzt 60 Prozent …
Wie verzweifelt muß der Häftling gewesen sein, der den Haftkol-ler bekam und seiner Zellentür die vielen Macken versetzte, die auf einem der »Hobbyknast«-Fotos innen auf einer Zellentür zu sehen sind?
Doch auch wenn die Stunden und Minuten sich wie Kaugummi zogen – irgendwann waren die 36 Stunden oder 2160 Minuten zu Ende, ich schleuderte den orangefarbenen Original-US-Gefangenenanzug auf den Boden, ging ein letztes Mal durch den Zellengang, vorbei an dem abtörnenden riesigen Honeckerbild, und nix wie runter ins Erdgeschoß, um zusammen mit den
Wärtern anständig zu frühstücken. Mit Bohnenkaffee statt
Muckefuck.
Ein, zwei Stunden später war ich auf der Autobahn A 4 wieder westwärts unterwegs. Radio einschalten. Deutschlandfunk, »Le-benszeit«. Eingeleitet wurde die Sendung durch das Geräusch einer zufallenden und geräuschvoll verriegelt werdenden Tür. »Wenn Sie dieses Geräusch noch nie gehört haben, liebe Hörer, dann ist wohl einiges in Ihrem Leben richtig gelaufen …« Thema der Sendung: »Opa im Knast. Der demographische Wandel er-reicht die Haftanstalten.«
Kurz vorbeifahren in Crimmitschau, die Tasche mit dem von einem Freund ausgeliehenen S-Fix und ein paar anderen Din-gen vorbeibringen, damit die Gefängnisärztin »Frau Dr. Renate« zusätzlich zu ihrem sonstigen vielen Zeug nicht auch noch das mitschleppen mußte. 2007 hatte ich das »normale Gefangenen-dasein« kennengelernt, diesmal machte ich nur noch mit, weil ich gleich von den anderen Gefangenen separiert und auf die »psychiatrische Station« gebracht werden würde. (2008 hatte ich schon derartiges zu erleben versucht, das hatte aber nicht ganz geklappt). Was würde mich dort erwarten? Zwangsjacke, Bettfes-seln, Elektroschocks, Psychodrogen (notfalls ersetzbar durch Alkohol), Windeln. So was in etwa. Ich hatte meine Geschichte auch schon zu Ende geschrieben – einschließlich der abschlie-ßenden »Psychiatrie-Kapitel«–, unabhängig davon, was mich im einzelnen erwarten würde.
Ich sollte als letzter einfahren, erzählte mir der »Herr Direktor« und ließ mich gleich im voraus die Einverständniserklärung unterschreiben, denn morgen werde er wohl keine Zeit mehr für ein ruhiges Gespräch haben. Verstehe - wenn ich da so separiert werde, sind die anderen wohl schon weg, und der Direktor muß sich um die anderen kümmern …
In einer nahegelegenen Tankstelle fand ich noch einen bulgari-schen Rotwein in einer Anderthalb-Liter-Flasche mit Schraub-verschluß. Ist zwar eh nur für´n Arsch, aber 12 Prozent sind bes-ser als 10 (des Weines, den ich schon in der Reisetasche
hatte).
Erst mal weiter zu einem Termin nach Thüringen und dann am Nachmittag wieder zurückkehren. »Pension zur grünen Aue« . Nicht ganz so günstig zum Ort des Geschehens gelegen wie das Landhotel Sperlingsberg , aber mit 28 Euro pro Nacht mit Früh-stück sehr günstig; anscheinend wird es unter der Woche von vielen »Gastarbeitern« des nahegelegenen VW-Werks Mosel frequentiert … Man hört das Rauschen der Autobahn, aber an dem Plattenweg, der zur Pension führt, gibt es noch nicht mal eine Straßenlampe.
Abends noch mal in die Stadt, ordentlich was essen und trinken; nachts mit LED-Taschenlampe quer durch die Wiesen zurück zur Pension. Lektüre des aktuellen SPIEGEL: Forensiker haben in Zusammenarbeit mit Altertumswissenschaftlern herausgefunden, was hinter den Ausdrücken für gewisse altpersische Hin-richtungsarten steht, z. B. »ins Wasser werfen«: nicht etwa ein simples Ertränken, oh nein – der Delinquent wird, bis zum Hals im Wasser stehend, festgemacht, sein Kopf mit Honig oder ähnli-chem beträufelt, auf daß sich bald allerlei Fliegen oder so häus-lich niederlassen. Regelmäßig zu essen bekommt er auch, so daß er bald mehr in seinen eigenen Fäkalien als im Wasser steht; der Todeskampf eines Bedauernswerten soll 17 Tage gedauert haben, während er schon halb verfault und von Maden angefressen
war … Erstaunlich, welche Kreativität Menschen entwickeln, wenn es darum geht, andere Menschen nicht nur einfach umzu-bringen, sondern möglichst qualvoll und langsam umzu-
bringen … »Homo homini lupus est«, »der Mensch ist dem Men-schen ein Wolf« – aber das stimmt nicht, das wäre eine Beleidi-gung der Wölfe. Wölfe fetzen sich zwar um die Rangordnung, aber die Beißhemmung bei dargebotener Kehle des Unterlegenen schließt solche Grausamkeiten aus, wie sie unter Menschen vor-kommen.
Samstag vormittags noch mal in die Stadt, billige Einkäufe, Thunfischsalat mit Knoblauch essen – wenn´s nachher eh stinkt, kommt´s darauf auch nicht mehr an – und gegen 15 Uhr zum Knast, vor dem ich um 15.20 Uhr eintraf und wo ich als letzter um 15.30 Uhr einfahren sollte – aber es war eine Schlange am Eingang. Voll wurde der Knast diesmal, und diesmal hat auch kaum einer gekniffen oder vorzeitig aufgegeben. Erstmals waren auch weibliche Gefangene zugelassen – aber als ich im Internet sah, daß die fast alle mit ihren dominanten Partner angemeldet waren, hatte ich den Gedanken wieder verworfen, diesmal als Aufseher aufzutreten.
Es dauerte bis 16 Uhr, bis ich endlich an der Reihe war. Der Di-rektor sagte, nach dem vorletzten Mann müsse ich noch ein paar Minuten warten. Dann ging es los – unerwartet heftig, heftiger als bei den anderen: Ich wurde rechts und links unter den Achseln und Armen gepackt und bis auf den Gefängnishof geschleift, von der »Gefängnisleiterin« brüllend als der mieseste Abschaum aller Wiederholungstäter bezeichnet, zu Boden geworfen, hörte: »Zieht ihn aus, irgendwie«, meine Klamotten flogen durch die Gegend (bei der Entlassung fand ich das eine Bein meiner Hose umgekrempelt, das andere nicht), im Handumdrehen war ich in eine Zwangsjacke verpackt, ein Halskorsett (»neck stiffer«) kam noch dazu und so ein orthopädischer Mundspreizer. Auf einen Bürodrehsessel gepackt, hörte ich noch im Mittelgang zwischen den Zellen die Worte des Direktors »besonders sichere Verwah-rung«, dann wurde ich unter Bewachung ins Obergeschoß ge-schleppt, und »wir alle wußten, daß das nicht die Abteilung für kleine Mädchen sein würde«, so ein Mitgefangener
später.
Eine filmreife Inszenierung, fürwahr. Und an welchen Film erin-nert Sie das, werter Leser? Die meisten Mit- und Exgefangenen wußten in gemütlicher Runde 24 Stunden später die Antwort, ich nicht: an Hannibal Lecter. (Ich mag solche Romane und Filme nicht, sie sind einfach zu viel für mein zartbesaitetes Gemüt. Ich und Hannibal Lecter – ts, da lachen ja die Hühner …). Am lieb-sten hätten sie mir noch eine Lecter-Maske aufgesetzt, erzählten mir die Mädels später.
»Auf Station« ging es gottlob etwas gesitteter zu. Wieder einmal wurde elektrischer Strom zur Wahrheitsfindung eingesetzt. Es gibt ja nicht nur Gleich- und Wechsel- und Drehstrom, sondern auch noch Dreieckstrom und x andere Stromarten. Und jede fühlt sich anders an. Ihnen allen ist gemeinsam, daß man bei richtiger Anwendung Leute zum Brüllen bringen kann, ohne ih-nen Schaden zuzufügen (hoffentlich). Und das beherrscht Frau Dr. hervorragend … Wenigstens hielt sie sich daran, meinen Kronjuwelen weder mit Nadeln noch mit Injektionsspritzen oder Elektroden zu nahe zu kommen.
Nach der Wahrheitsfindung wurde es Zeit für ein wenig Ruhe. Einlauf: Ein Dreiviertelliter von dem zwölfprozentigen Rotwein in den A…, dann Verpfropfen, damit es auch schön wirken konn-te. »Und nun noch etwas zur oralen Anwendung«, sagte Frau Dr. und schob mir den gleichen Schlauch in den Mund. Ich war überzeugt, daß es sich um den Rest des Rotweins handelte, und es zeugt von meinem Zustand, daß ich überhaupt nicht bemerkte, daß es sich um Wodka pur handelte, ein Viertelliterchen oder so, den ich ziemlich flott schluckte. (Wenigstens scheint es sich um guten Wodka gehandelt zu haben – das Ganze ging ohne eine Spur anschließender Kopfschmerzen über die
Bühne).
Danach wurde es natürlich dämmrig um mich. Der Lärm der übrigen war noch eine wirre Geräuschkulisse im Hintergrund für mich. Die ganze erste nächtliche Verhör- und Prügelorgie ging an mir vorbei, ebenso wie das Abendessen. Nur an eine Story, die von unten zu mir hochtönte, erinnere ich mich noch: Einer wurde beschuldigt, diverse Sportwagen (Porsche, Ferrari, Corvette) geklaut zu haben, um damit Frauen zu beeindrucken und sie dann zu SM-Sex zu zwingen. Und die Opfer seien trotz Opferschutz und Zeugenschutzprogrammen dermaßen verschämt, daß man (oder vielmehr frau) sich an ihn halten müsse, um die Wahrheit zu erfahren … Was die sich für abstruse Stories ausdenken – aber lustig!
Der Industriegitterboden des Obergeschosses, schmerzhaft zu begehen mit nackten Füßen, ist wie dafür geschaffen, daß einem S-Fix-Schlüsselchen und -schlößchen aus der Hand fallen und eine Etage tiefer auf dem Boden landen – was den Aufseherinnen denn auch einige Male geschah im Laufe dieser 24
Stunden.
Beim Windelwechsel, der an mir, dem Halbbenommenen, vorge-nommen wurde, ist dann auch noch anderes nach unten getropft, und ich entschuldige mich bei allen anderen … äh … zahlenden Gästen, die dadurch eventuell abgetörnt wurden. (Übernach-tungspreis – 400 Euro – und Intensität des Service lassen durch-aus den Vergleich mit einem Luxushotel zu; was Unterbringung und Essen an Fünf-Sterne-Qualität fehlt, wird ausgeglichen durch die individuell angepaßten Wellness-
Programme).
Ich erinnere mich gerade noch daran, daß mir eine neue Windel verpaßt und ich wieder festgebunden wurde, danach wieder nichts mehr. Irgendwann in der Nacht konnte ich durch Bitten erreichen, daß meine Füße nicht mehr ganz so stramm auseinan-der fixiert und meine Hände vom Kopfende des Bettes an die Seite »verlagert« wurden – leider im Gegensatz zu einer Stan-dardfixierung so weit am Bettrand, daß es nicht möglich war, sich einen runterzuholen, und ebenso wenig, vernünftig zu schlafen, so wie die anderen, deren Schnarchen zu mir
herauftönte.
Mitten in der Nacht ertönten dann Trillerpfeifen, die Gefangenen wurden aufgescheucht, mußten sich aufstellen, nur um sich dann wieder schlafen legen zu dürfen. Die übliche Schikane mitten in der Nacht, dachte ich. Der einzige Trost der Häftlinge ist, daß die Aufseherinnen auch nicht viel Schlaf
bekommen.
Ich liege ja auf der blanken Matratze, kam mir verblüfft zu Be-wußtsein (und die war auch schon nimmer trocken). Später er-zählte man mir, man habe die beschmutzten Sachen gleich in den Müll geworfen – leider inklusive meines selbst mitgebrachten blauen Gummilakens. Mit Müh und Not konnte Frau Dr. den rund 200 Euro teuren S-Fix-Leibgurt, den ich von einem Freund geliehen hatte, vorm Müll bewahren und in die Koch-wäsche stopfen …
Zweimal kam Herr Direktor nachts auf leisen Sohlen zu mir, ich schrak auf, als er sich über mich beugte, er schrak auf und ging wortlos wieder.
Auch die leichtere Fesselung war, wie gesagt, immer noch zu straff zum Schlafen und zu anderem, zumal über dem S-Fix noch ein »Fesselbett« lag, ein netzartiger Überwurf, der vor al-lem unterm Kinn straff anlag. Zum Glück hatte die Kollegin von Frau Dr. die S-Fix-Riemen aber seitlich am Bett nicht ganz korrekt befestigt, so daß ich mich vom meisten befreien konnte. Die Fußriemen ließ ich dran. So – jetzt konnte ich mich wenig-stens von einer Seite auf die andere drehen, abwechselnd etwas dösen und mir mit (relativ sanften) Fantasien einen ’runterholen. (Wie heißt es auf der S-Fix-Startseite so schön?: »So viel Frei-heit wie möglich bei so wenig Fixierung wie nötig«. Gut, Frau Dr. handhabt es umgekehrt – »So viel Fixierung wie möglich, so we-nig Freiheit wie nötig« –, aber diese Haltung muß man sich ja nicht zu eigen machen.)
Ein Donnerwetter zu der »so nicht geplanten« Selbstbefreiung gab´s am Morgen von der Assistentin von Frau Dr. nicht, als ich mich dafür entschuldigte; war auch ein Glück so, denn ohne wäre ich so am Ende gewesen, daß ich wohl hätte abbrechen müssen. Schon so wurde ich auf der Treppe gestützt, als ich nach den an-deren Hofgang bekam – »Viel bewegen wegen der Thrombosege-fahr!« – und mit dem Schlauch abgespritzt wurde.
Ich brauchte auch meine Kraft, denn nach dem Frühstück wurde ich wieder ziemlich straff und unbequem fixiert, mal auf dem Rücken, mal auf dem Bauch – was Frau Dr. den Einsatz von Teppichklopfer und Rohrstock ermöglichte.
Noch etwa fünf bis sechs Stunden, dachte ich. Mal döste ich, mal hörte ich Ausschnitte von dem, was im Nachbar-»Behandlungs-zimmer« vor sich ging. Da war ein Häftling, dem die Aufregung den Blutdruck ungesund hochgetrieben hatte. (Ich möchte wis-sen, wie hoch meiner war, aber den hat diesmal – zumindest meiner Erinnerung nach – keiner gemessen). Ein andermal wur-de ein Häftling in ein Nadelkissen verwandelt – na, danke … Wieder ein anderes Mal hatte offenbar eine weibliche Wärterin eine weibliche Gefangene am Wickel. Möglicherweise ging es um ein Piercing. »Manchmal gehen Wünsche in Erfüllung«, säuselte die Wärterin. »Heute bin ich deine gute Fee. Du wirst fliegen!« Und dann »flog« die Gefangene. Zumindest hörte es sich so
an.
Unten war derweil die zweite Verhör- und Folterrunde im Gange, untermalt von Musik, die von Rammstein über Frank Sinatra und Robbie Williams bis hin zu Wiener Walzer reichte.
Das Mittagessen nahm ich auf dem Bauch liegend und weiterhin stramm gefesselt ein. Ich wurde gefüttert.
Diverse Ladies kamen mal kurz »auf Krankenbesuch«. Meine Äußerung, die Minuten zu zählen, die ich diese zugleich öde und anstrengende Fesselung noch ertragen müßte, wurde natürlich gleich verzerrt weitergetragen, und Frau Dr. erschien dann wie-der (»Was, hier beschwert sich einer über Langeweile?«) und traktierte mich erneut ziemlich heftig mit ihrem Elektrogerät und ihrem gelben Onkel. »Das war das Vorspiel!« beendete sie die Session.
Sie fesselte mich noch einmal um: Auf der Seite lag ich jetzt, die Hände übereinander sehr stramm am seitlichen Bettrand (was nach wenigen Minuten unangenehm wird).
Die Wachen gingen zum Mittagessen. Ich hatte das Gefühl, es zog sich unendlich. Endlich waren von unten wieder Geräusche und Stimmen zu vernehmen. Frau Dr. plauderte unten gemütlich mit dem Direktor über irgendwas, während ich versuchte, von Minu-te zu Minute durchzuhalten. Wie spät ist es? Wie lang geht´s denn jetzt noch? Eine Stunde vielleicht? Und gibt´s in der Stunde vielleicht nach dem »Vorspiel« noch mal so ’ne deftige Session? Ich war drauf und dran, noch zu dieser späten Stunde ein »May-day« oder »Neutrale Zone« nach unten zu rufen (denn bei mir oben war niemand).
»Na, alles okay?« fragte Frau Doktors Assistentin einige Zeit später, als sie als erster nach dem Essen des Personals mein »Krankenzimmer« betrat. »Nichts ist okay«, ächzte ich. »Ich KANN einfach nicht mehr!« – »Na gut, dann mach ich dich
los.«
Während ich mir, noch etwas matt auf dem Bett sitzend, die dik-ken roten Druckstellen an meinen Handgelenken massierte, hör-te ich den Direktor unten sagen, daß jetzt peu à peu die Entlas-sungen vorgenommen würden. Ach ja, richtig – der Direx pflegt ja immer zu sagen »Das Personal zieht sich jetzt zum Mittages-sen zurück, und danach beginnen die Entlassungen«, nur hab ich das von hier oben nicht richtig mitgekriegt. Wenn ich das gewußt hätte, daß es nur noch wenige Minuten sind, hätte ich auch noch ausgehalten. Wußt ich aber nicht. – Wurschtetz. Hauptsache, es ist vorbei! Es war etwa 14.20 Uhr. Ausnahmswei-se hatte ich die Zeit zu konservativ eingeschätzt, während man sonst ohne Uhr eher dazu tendiert zu meinen, es sei schon viel mehr Zeit verstrichen, als tatsächlich verstrichen ist.
Eine halbe Stunde später saß ich mit den anderen vorne im Ge-bäude beim Bier. Unüblicherweise schmeckte es mir gar nicht so recht. Ebenfalls unüblich war, daß ich gar keine Lust hatte, mir einen runterzuholen. »Das machst du heut abend im Hotel bei der gemütlichen Nachbetrachtung der ganzen Sache«, munterte mich Frau Dr. auf. Stimmt, so wäre es üblich. Aber diesmal war es anders. Keine lustvolle Nachbetrachtung im Hotelzimmer. Auch zu Hause bis jetzt – drei Tage später – nicht. (Das soll jetzt keine Kritik am »Team« sein, sie haben sich Mühe gegeben und eine überzeugende Vorstellung geboten. Die Tops bestimmen nun mal, wo es langgeht, und sind nur ausnahmsweise mal
Wunscherfüller der Bottoms).
Das Leistungsdenken durchdringt alle Bereiche des menschli-chen Daseins, dachte ich, als die schwere Tasche mit dem S-Fix drei Kilometer weit über Feldwege zur »Pension grüne Aue« schleppte, schwitzend an diesem schwülwarmen Tag, auch dieje-nigen, wo es eigentlich nichts zu suchen hat. Den Sex etwa. Ich kann öfter als du. Meiner ist länger als deiner. Oder im SM-Bereich: Ich kann mehr Rohrstockhiebe oder längere Fesselun-gen aushalten als du. Als ginge es um Leistungssport und nicht um Spaß. Im Gegensatz zu den anderen Gefangenen hatte ich keine Nummer gehabt, sondern war »V«. V wie verrückt? »V wie fertig«, erklärte mir Frau Dr. bei meiner Aufnahme »auf Stati-on«. Ich: »Aha, so fertig, daß ich am Schluß nicht mehr weiß, ob man ›fertig‹ mit v oder mit f schreibt?« Frau Dr. hatte schon vorher versprochen »Ich mach dich fertig!«, und sie hatte Wort gehalten. Fragt sich nur, ob das Ziel einer SM-Veranstaltung sein sollte. An die Grenzen zu gehen. Man kann das bejahen oder ver-neinen. Auf jeden Fall war die »Therapie« von Frau Dr. irgendwie erfolgreich: Die Knastfantasie ist für mich jetzt – wahrscheinlich endgültig – abgefrühstückt, nicht mehr reizvoll. Auch Femdom interessiert mich momentan nicht.
Im Hotel duschen, anschließend noch mal zu Fuß in die Stadt, anständig essen; am anderen Morgen gemütlich packen. Die Straße von Waldsachsen zu dessen westlichem Nachbardorf war unasphaltiert und mit so dicken Löchern, daß oberhalb von Schrittempo der Achsbruch drohte. Erstaunlich, daß es so was in Deutschland noch gibt.
Stunden später auf dem Heimweg noch mal Pause in Stuttgart zum Einkaufen. Nach dem Einkaufen ging ich noch in eine der Videokabinen eines Sexshops. Heute interessierten mich nur diejenigen Filme, in denen Frauen ihr Fett wegkriegten, z. B. die von Paingate . Eine meiner Autorinnen träumt davon, mal in so einem Film Hauptdarstellerin zu sein, und ich muß sagen, ich kann das verstehen …
Die Tasche mit dem S-Fix brachte ich gleich noch dem Freund zurück, von dem ich sie hatte, und gegen 23 Uhr an diesem 18. Mai ging die wahrscheinlich sonderbarste Reise zu Ende, die ich je unternommen habe.
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Gruß an alle Foris
Rüdiger
www.marterpfahlverlag.com
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Einsteiger
Nehren
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RE: Kerker - so war´s in Crimmitschau 2007 ...
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Datum:03.12.09 22:30 IP: gespeichert
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... als die Veranstaltung das erste Mal stattfand:
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„Das Experiment“
– von Nummer 6 alias Elschen alias Rüdiger Happ –
„Bist du bereit für eine neue Erfahrung, eine Grenzerfahrung?“ So ähnlich lautete die Werbung für das Eroluna-Event „Das Experiment“, den „24-Stunden-Knast“ im sächsischen Crimmitschau.
Gleichzeitig stand ein Domina-Interviewband meines Autors Arne Hoffmann kurz vor der Veröffentlichung, und da ich im Herbst zumeist sowieso eine Art Rundreise zu Autoren in spe unternehme, um sie kennenzulernen und anstehende Projekte vorzubesprechen, wuchs in mir die Lust, meine seit Jahren immer mehr brachliegende passive Ader mal ein bißchen wiederzubeleben, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden und aus der Geschäftsreise wenigstens teilweise eine Vergnügungsreise zu machen – wenn auch eine seeehr anstrengende (und ziemlich teure) …
Mit Ereignissen wie dem Berlin-Marathon hatte ich die Reise eh schon immer mal verknüpft, warum also nicht mal mit SM-Ereignissen?
Eine meiner ersten Reisestationen wurde das „Notre Damm“ (www.notre-damm.de). Für einen für 2008 geplanten Roman brauchte ich ein Titelbild, das unter meiner Mitwirkung entstehen sollte, und gleichzeitig war ich neugierig darauf, was die unter „Kerkerhaft“ bzw. „Kriegsgefangenlager“ verstehen. Etwas sehr Krasses, wurde mir klar, als ich mit kalten Füßen im modrigen Tiefkerker saß, und Psychofolter gab’s auch vom feinsten, zu viel für mein zartbesaitetes Nervenkostüm: Mitten in der Nacht ging plötzlich das Licht an, schoß plötzlich Qualm aus den Lüftungsrohren, ich griff in Panik nach der Gasmaske, bis sich mein Puls wieder beruhigte: Es war nur lästiger, aber harmloser „Diskonebel“. – Generell ist es bei mir so, daß ich manche physischen Belastungen ganz gut verkrafte, aber beim Eingekerkert-und-Alleingelassensein dazu neige, psychisch den Koller zu kriegen. Aber das ist eine andere Geschichte, wird ein anderer Bericht …
Nach einem Tag „Kriegsgefangenendasein“ wurde mir klar, daß ich bei einer Fortsetzung in diesem Stil den Fototermin nicht mehr in arbeitsfähigem Zustand würde erreichen können, und ich machte eine Pause. „Neutrale Zone“ hätte man in Crimmitschau gesagt, nur daß sie hier auf einige Stunden ausgedehnt war, nicht auf lediglich 30 Minuten. Die „Lagerkommandantin“ und ich machten dann mit dem Fotografen zusammen die Fotosession, und anschließend war ich wieder genügend erholt und halbwegs voller Lust, so daß ich das Gefangenendasein mit reduzierter Intensität noch weitere anderthalb Tage fortsetzte … (Ich habe ihr später per Mail eine „Inhaftierung light“ vorgeschlagen, mit etwas bequemeren Bedingungen, aber ohne Ablenkung, nur Laptop oder Notizhefte. Ginge man unter solchen Bedingungen wahrhaft „in Klausur“, würde bestimmt endlich mal mancher Roman fertig werden – eine Maßnahme zur Förderung der Literatur gewissermaßen …)
Nach vielen Zwischenstationen und Terminen stand ich dann am Donnerstagnachmittag auf die Minute genau zwei Tage vor meinem „Einschluß“ erstmals am Rande jener Halle, in der wir am Samstag eingeknastet werden sollten. Das „Big Mama House“ war ein Erotik- und SM-Club im vorderen Teil einer stillgelegten Lagerhalle. Fest in den Boden eingelassene Gitterstäbe gab es nicht, okay, da hatte ich vielleicht zu viel erwartet. Die „Gitter“ waren Bauzäune, eingesteckt in Betonfüße, mit Stacheldraht gekrönt, mit Kabelbindern und Vorhängeschlössern gesichert. Auf einem langen Tisch lagen schon dutzendweise Häftlingsklamotten, Seifen, Feldflaschen bereit, auf einem anderen Schlagstöcke, Handschellen, Fußeisen, Taschenlampen … Es sei ja ganz erstaunlich, meinte Gunnar, was in deutschen Waffenläden so legal verkauft werden dürfte – nur eben keine richtigen Waffen. Daher sei seine „Dienstpistole“ (eine Gaspistole) die einzige. – Über den Zellentrakten rechts und links des Mittelgangs erstreckten sich ausgedehnte Galerien mit Fußböden aus Metallgitterrosten, so daß fast wirklich der Eindruck eines US-Gefängnisses à la Alcatraz entstand. – Gunnar und ich waren uns einig darin, daß Bill Gates eigentlich auch 24 Stunden hier absitzen müßte, hatte er die User der neuesten Winword-Versionen doch mit einem neuen Standard-Datenformat „docx“ beglückt, das von älteren Winword-Versionen nicht zu öffnen ist, was für mancherlei Verdruß beim Verschicken der „Ladungen“ und der sonstigen „letzten Informationen“ 14 Tage vor dem Ereignis gesorgt hatte. (Fast wären diese Mails an mir vorbeigegangen, ich war nämlich schon im Begriff, zur Reise aufzubrechen, und benachrichtigte Gunnar sofort davon, daß dieses Datenformat von den meisten nicht zu öffnen war). – Ich ließ Gunnar mit seinen Vorbereitungen allein, verzog mich für einen Tag ins schöne Görlitz, der Stadt mit den vielen Gründerzeitfassaden.
Am Freitagabend nahm ich anderthalb Kilometer vom „Big Mama House“ Quartier im „Hotel Sperlingshöhe“ und sah auf einem Abendspaziergang, daß das Areal für den „Hofgang“ und die „Außenpforte“ mittlerweile mit grünlicher undurchsichtiger Plastikfolie abgesperrt war …
Während ich nach Abendessen und Bier in aller Ruhe dem Samstag entgegenschnarchte, trafen, wie ich später erfuhr, die Wärterinnen, die Dominas, mitten in der Nacht von Freitag auf Samstag im BMH ein, „in total giggliger Stimmung“, wie eine hinterher sagte – so nach dem Motto: Jetzt wollen wir noch unbedingt den Knast sehen! Geschlafen worden sei – auf einer Lkw-Ladefläche, auch nicht besser als die Häftlinge – erst Stunden später …
„14.55 Uhr“ sagte meine „Ladung zum Strafvollzug“, die ich mir zusammen mit der „Hausordnung“ noch mal zu Gemüte führte; die hatte ich ebenso ausgedruckt wie meinen „Neigungsbogen“, an dem ich nun nichts mehr ändern könnte, obwohl mir immer blümeranter zumute wurde, je näher das Ereignis rückte. Die letzte (heftige) Rohrstocksession lag für mich (als Passiver) immerhin anderthalb Jahre zurück, Klammern hatte ich seit zehn Jahren nicht mehr aufgesetzt. Daß mir auch eine Tracht Prügel von einem männlichen Wärter nichts ausmachen würde, jedenfalls nicht viel mehr als bei einer prügelnden Frauenhand, hatte ich (vermutend) angekreuzt (es sollte für die Bi- und die schwule Klientel ja auch einige wenige männliche Wärter geben), und als TV-Zofe hatte ich vor Jahren im Studio auch schon Schwänze geblasen. Mit Kondom drüber war das kein Problem – aber was, wenn die keins drübertaten? Als Passiver hatte man dann außer völligem Abbruch der ganzen Veranstaltung nur wenige Steuerungsmöglichkeiten. Nicht ohne Grund hatte es auf der Website geheißen, man solle sich vorher gut überlegen, was man sich zumuten wolle. Für einen Rückzieher war es jetzt aber zu spät, und eigentlich wollte ich das auch nicht. So ging ich mit einer Mischung aus Nervosität und Vorfreude an „das Experiment“ heran …
Am anderen Morgen um 10 entdeckte ich beim Morgenspaziergang in den grünlichen Absperrfolien noch etliche kleine Löcher (die aber am Mittag mit Klebeband überklebt waren) und hörte, wie Gunnar letzte Anweisungen gab: „Dann kommt er hier rein … gibt seine Klamotten ab … dann führen wir ihn hierher …“ Auf leisen Sohlen entfernte ich mich wieder und ging in Crimmitschau eine Bierkneipe suchen. Leider erfolglos, zumindest östlich der Bahnlinie, außerhalb des Stadtkerns, und zu weit wollte ich nicht gehen wegen des weiten Rückwegs und der Gefahr, mich ohne Stadtplan zu verlaufen. Stattdessen ging ich noch einmal ins Hotel zurück und verbrachte bei Bier und Reisenotizenmachen die letzten Stunden. Zwar sollte man nüchtern erscheinen, aber das brauchte man ja nicht allzu ernst zu nehmen, und wenn allzu viel Bier nicht »zu viel pinkeln« bedeutet hätte, wäre ich da noch sorgloser gewesen ... Bevor ich erneut aufbrach, schluckte ich Pillen gegen Durchfall. Es reicht ja, wenn ich eine nervöse Blase habe, dachte ich, einen nervösen Darm kann ich da wirklich nicht brauchen … Während der folgenden 24 Stunden habe ich schätzungsweise doppelt so häufig gepinkelt wie normal, sei es aus Nervosität, sei es aus dem Gedanken heraus, besser jede Gelegenheit zu nutzen, wer weiß, wann es wieder eine gibt – denn während man gerade „durchgenudelt“ wird, geht es ebenso wenig, wie es die pathetisch-selbstgefälligen Reden der Anstaltsleitung ertragen, unterbrochen zu werden. Und der Toilettengang mußte ja „angemeldet“ werden, so wollte es die Hausordnung …
Auf der Straße vor dem BMH sammelten sich langsam die Autos, wenigstens halbdutzendweise, und zwar nicht die billigsten – wie sagte mir mal jemand in England: „It’s a game for the elite!“ 500 Euro sind ja auch nicht gerade wenig – aber durch den enormen Aufwand doch gerechtfertigt. Ein Fahrer eines dicken Benz aus Esslingen erklärte mir, Gunnar habe versprochen, jede Stunde nachzuschauen, ob die Autos noch da seien … Einige kramten in ihrem Kofferraum herum, gingen (wie ich) noch einmal ins Gebüsch, um zu pinkeln. (Als ich zum erstenmal in den Harthauer Weg eingefahren war, hatte ich auf Gunnars Hinweis „500 m“ vertraut, obwohl es kaum 200 Meter waren. Der Weg ging nach ca. 300 Metern in einen unasphaltierten Weg über, der an einer Art Kiesgrube mit schreckenerregenden Abbruchhäusern vorüberführte – mein Gott, da wird es doch wohl nicht sein!? –, und wenn ich mir im Internet den Weg in den Harthauer Weg beschreiben ließ, führte man mich mal anständig von der Hauptstraße in den Harthauer Weg und mal über diese Feldwegstrecke von hinten ans Ziel heran …)
Endlich war es soweit, es war fast 14.55 Uhr, und ich übergab dem vielleicht 60jährigen, kleinen, dicken Schließer an der Eingangspforte meine „Ladung“. Einverständniserklärung unterzeichnen, komplett ausziehen, Abgabe der persönlichen Sachen außer Brille und Schuhe, deren Protokollierung und Auflistung: „Zwei Herrentaschentücher, benützt, ein Herrenslip, benützt“ – fast wie bei den Blues Brothers. Nur benutzte Kondome hatte ich nicht in der Hosentasche. – „Bitte hier an der Linie stehen!“ – „Aber der Asphalt ist heiß!“ (es war ein heißer Tag). – „Na gut, dann stehen Sie in meinem Schatten …“ – Ab zur medizinischen Untersuchung: Blutdruckmessung (er war hoch …), Pulsmessung, vorbeugen, Finger in den Po (wird hier was ’reingeschmuggelt?), dann ab zur (meistens kalten) Dusche, auf dem Hof zwischen Palettenstapeln. Auf den paar Metern dorthin hat die nach außen abschirmende grüne Folie einen Durchhänger, und man hat den schönsten, durch Bäume allenfalls halb verdeckten Blick auf ein nahes Einfamilienhaus, dessen Bewohner allerdings gottlob übers Wochenende verreist zu sein schienen. („Was die wohl von uns denken?“ raunte ich bei einer anderen Gelegenheit an dieser Stelle einem Mitgefangenen zu. „Hoffentlich machen die keine Fotos“, entgegnete er). – Klamotten und Waschzeug fassen und dann ab in die Zelle; erst mal an der Wand stehen und dann, wenn sicher verriegelt war, durfte man sich umdrehen und ankleiden: so eine Art hellblauen Monteursanzug. Nach und nach füllten sich die Zellen. Für 24 Gefangene war die Veranstaltung maximal gedacht, aber wir waren nur 17. (Die jüngste Wärterin erzählte später, sie sei anfangs vor Ungeduld schier zersprungen, hätte am liebsten alle Gefangenen gleich ausgepeitscht und mit Elektroschockern (von denen ich aber keinen gesehen habe) in die Zellen getrieben; später sei ihre Stimmung dann umgeschlagen, sie sei viel zu besorgt gewesen, ob es nicht zu doll sei und ob sie es dem Kopfkino der Gefangenen auch ungefähr recht mache und so … – „Wie hast du den Aufenthalt erlebt?“ lautete hinterher im Café eine Standardfrage der Wärterinnen an die Häftlinge. Klar, die wollten „Feedback“ haben – aber in dieser Pauschalität war und ist die Frage kaum zu beantworten, es sei denn durch einen längeren Aufsatz wie diesen hier. – Mich, so eine Wärterin später etwas unzufrieden, habe sie eher als kühl-distanziert, angepaßt und etwas undurchschaubar erlebt. In der Tat: Im Gegensatz zu meinem Zellengenossen Nr. 9, der mir anfangs sagte: „Ich will das hier genießen!“ und sich entsprechend verhielt, hatte ich kein ausgeprägtes „Kopfkino“ für solche Situationen, und ich war mir auch im klaren darüber, daß man hier – vom Neigungsbogen abgesehen – das Geschehen weniger steuern konnte als in einem Studio. Wie sich Handschellen und Fußeisen über Nacht anfühlten, das wußte ich bereits, ebenso kannte ich die für mich psychisch schwer erträgliche Wirkung von Dunkelzellen – beides mußte ich nicht unbedingt noch mal haben, also sah ich keinen Grund, zu stänkern und zu sticheln, nur um eine zusätzliche Bestrafung zu provozieren. Die 24 Stunden würden eh schon lang genug werden … Bei vielen Langzeitinszenierungen kann man ja erleben, daß „die Augen oft größer sind als der Magen“ und daß man vorher aus Geilheit das eigene Durchhaltevermögen oft überschätzt. Also besser ruhig bleiben, beobachten, die Dinge auf sich zukommen lassen, nicht auffallen, so kommt man am besten über die Runden.
Nummer 9 sah das, wie erwähnt, anders. Ich wurde zusammen mit ihm in die vorderste Zelle nahe dem Eingang und dem Aufseher-Schreibtisch gesperrt. Früher, als Schüler, hatte ich die von anderen Schülern gemiedene vorderste Sitzbank vorm Lehrerpult immer als angenehm empfunden, kann man doch so dem Lehrer eher ins Wort fallen, wenn er anfing, Unsinn zu reden, als von entfernteren Sitzplätzen. So ähnlich sah es auch Nr. 9; er war entschlossen, sich nicht widerspruchslos alles gefallen zu lassen, sich auch mal zu wehren (wenn auch vielleicht nur, um überwunden zu werden) und die Wärterinnen (offiziell anzureden mit „Frau Strafvollzugsbeamtin“) mit lauter kleinen Wünschen und Anfragen auf Trab zu halten und dabei die Hausordnung aufs äußerste zu dehnen. („Ein Gefangener darf nur reden, wenn er was gefragt wird? Aber ich hab dich doch was gefragt!“ – und dabei hast du ungefragt den Mund aufgemacht, mein Lieber … Die Anstaltsleitung klärte das in ihrer „Begrüßungsansprache“ wenig später noch einmal). Nr. 9 machte mich auch auf die vielen kleinen Beobachtungskameras aufmerksamen, die überall auf den Galerie-Geländern und anderswo hockten wie kleine, runde, aufgeplusterte Sperlinge (heute sind das ja keine großen Kästen mehr wie vor 20, 30 Jahren). Ich hatte sie zuvor nicht entdeckt, allerdings auch nicht danach gesucht … Auch die Heraushebbarkeit der Gitter aus den Einstecklöchern in den tragbaren Betonsockeln wurde von ihm irgendwann später angetestet. Er hatte recht mit seiner anfangs mir gegenüber geäußerten Vermutung: Wenn man es wirklich darauf anlegte, könnte man die Gitter, auch wenn sie seitlich mit Kabelbinder miteinander verbunden waren, leicht so anheben, daß man darunter durchschlüpfen könnte, es fehlten eh nur wenige Zentimeter. Da nützten auch die obenrum verlegten insgesamt 300 Meter Stacheldraht nichts. Wäre interessant, wie die Wärterinnen auf so einen gespielten Fluchtversuch reagieren würden … (Im „Notre Damm“ hatte ich die Zellen auch untersucht und ebenfalls festgestellt, daß in den meisten Fällen Flucht zur Not möglich gewesen wäre; irgendwie beruhigte mich das ein wenig. Im BMH allerdings war die Lage für mich psychologisch insofern anders, als hier immer jemand da war, man also nicht stundenlang „vergessen“ wurde). Die Kameras nahmen nur Bilder auf, keinen Ton (das erfuhren wir später), aber da der Schall eh nach oben steigt, hörten die Wärterinnen auch so alles …
Einer der unangenehmsten Aspekte in solchen Situationen ist für mich (und ich bin da nicht allein) diese Zeitlosigkeit, wenn einem die Uhr abgenommen wird. Die Minuten und Stunden dehnen sich wie Kaugummi, und meist ist sehr viel weniger Zeit verstrichen, als man glaubt. Als ich Nr. 9 am anderen Morgen in einem unbewachten Moment einmal fragte, ob er vielleicht wisse, wie spät es sei (auf Grund des Sonnenstands schätzte ich bewußt zurückhaltend halb zehn), da sagte er zu meiner Überraschung, es sei jetzt genau 25 Minuten nach 8, und wies mich auf die kleine, von unserer „Proszeniumsloge“ („Zelle Nr. 1“) aber leicht ablesbare elektrische Wanduhr hin, die ich bislang völlig übersehen hatte. „Sie geht genau eine Stunde nach, das hab ich beim Vergleich mit der Uhr eines Wärters gesehen.“ Da hat wohl jemand die Umstellung auf Sommerzeit vergessen, na ja, die Halle wird ja kaum noch genutzt, und die Sommerzeit ist eh ein Scheiß …Von diesem Moment an ging vieles leichter. Nicht nur weil zwei Drittel der Haftzeit bereits abgelaufen waren, sondern auch, weil man den Rest jetzt besser einschätzen konnte: Noch 300 Minuten. Noch 240. Noch 200. Noch 2 ½ Stunden, dann gibt’s endlich wieder ein anständiges Bierchen …
Einige Zeit nachdem (fast) alle Zellen belegt waren, mußten wir Häftlinge alle raustreten und uns an der Linie links und rechts des Ganges aufstellen. Gunnar, der „Direktor“ der Haftanstalt, hatte sich an den Schreibtisch an den Eingang gesetzt. Ob er noch seine „coole“ Sonnenbrille aufhatte wie zuvor beim Empfang der Häftlinge im Außenbereich, weiß ich nimmer; auf jeden Fall trug er Anzug und Krawatte und darunter in einem Schulterholster seine „Dienstpistole“ (eine Gaspistole). Er gab sich sichtlich (und erfolgreich) Mühe, megacool zu wirken und als arrogantes Arschloch zu erscheinen. Er spielte ja auch eine der Traumrollen seines Lebens, auf die er lange hingearbeitet hatte. Als arrogantes Arschloch erscheinen wollte auch die Anstaltsleitung, eine ehemalige echte „Schließerin“ – und auch ihr gelang das. Mit ironischem Lächeln und wortreichen Ansprachen, betont leise gehalten, so daß man mühevoll zuhören mußte und dennoch nicht alles verstand, gefiel auch sie sich sichtlich in ihrer Rolle.
Bei diesem ersten Auftritt wurde erst mal am Laptop die Musik angedreht. (Was mußten wir nicht alles über uns ergehen lassen, mal laut – häufig „zum Wecken“ und Nerven –, mal leise: Von der Internationalen über etwas Dröhnendes, was ich Musikmuffel mal in aller Vorsicht für Rammstein halte, bis hin zu – während der abendlichen Sessions, wenn ich mich recht erinnere – typischer SM-Party-Musik in mäßiger „Hintergrundbeschallungslautstärke“; manchmal war’s aber auch still, musikmäßig jedenfalls).
Zunächst wurden nicht enden wollende drei Strophen der Internationalen auf Spanisch abgespielt (am anderen Morgen hörten wir sie dann mal auf deutsch), anschließend trug uns die Anstaltsleitung noch einmal die Hausordnung genüßlich langsam vor, besonders genüßlich beim letzten Punkt: „Zuwiderhandlungen werden bestraft.“ Der Direktor: „Sagen Sie sich in den verbleibenden 22 Stunden immer wieder: Sie spielen keine Gefangenen, Sie sind Gefangene.“ Mag ja sein, daß das die Intensität des Spiels erhöht, dachte ich, aber es kann auch eine ungute Dynamik in Gang gesetzt werden …Nee nee, ich bleib in meinen Gedanken lieber unabhängig …
Wie das Pinkeln und Sch … vonstatten gehen sollte, wurde uns am Beispiel des ersten Häftlings, der mal mußte, bald vor Augen geführt: Die weiße Lampe am Gang anknipsen, dann das Personal darum bitten, auf die Toilette gehen zu dürfen, man wird rausgelassen, bekommt an einer Kette eine Klopapierrolle umgehängt und muß sich dann im Mittelgang vor aller Augen in den Eimer erleichtern; anschließend muß man in Begleitung ’raus und den Eimer in den Gully an der Dusche entleeren und säubern. Dann wieder Einschluß. Die Pinkeleimer in die Zellen zu stellen war der Leitung wohl nicht demütigend genug. – Ein Teilnehmer fühlte sich durch diese demütigende Pinkel-Zeremonie derart an gewisse KZ-Szenarien erinnert, mit deren Aufarbeitung er beruflich als Rechtsanwalt zu tun hatte, daß er deswegen abbrach und abreiste.
Ach ja – „die weiße Lampe“: „In jeder Zelle gibt es zwei Signale: eine weiße Lampe, mit der du dem Personal signalisierst, daß du irgendwelche Bedürfnisse hast – z. B. zur Toilette –, und einen roten Alarmknopf, den du drücken kannst, wenn ein weiterer Verbleib in der Zelle dir ganz und gar unerträglich erscheint. Du wirst dann umgehend herausgeholt“, so ähnlich hieß es in der Internetwerbung für diese Veranstaltung. Nun, dieser zweite Knopf existierte schlicht und einfach nicht. Wollte man mitten in der Nacht „in die neutrale Zone“ oder schlicht und einfach ganz das Handtuch werfen, weil man die Schnauze voll hatte, blieb einem nichts anderes übrig, als die weiße Lampe anzuknipsen und zu warten, eventuell etliche Minuten lang …
Wer gehen wollte, schaffte das aber auch so anscheinend ganz gut. Viele hatten offenbar schon nach der ersten Session die Nase voll und riefen „mayday“. Schon in der Nacht fiel mir auf, daß viele der anfangs belegten Zellen und Matratzen nunmehr leer waren. Nanu, fragte ich mich, werden die armen Kerle etwa immer noch durchgenudelt, vielleicht irgendwo im Außenbereich, wo man’s hier drinnen nicht hört? (Dafür hätte man’s dann wohl in nahen Einfamilienhäusern gehört, das wäre so nicht gegangen). Aber so war es nicht. Am anderen Morgen signalisierte mir der wie immer gutinformierte Nr. 9 mit Gesten, daß sieben Häftlinge vorzeitig aufgegeben hätten, die meisten offenbar während der Sessions oder kurz danach, so daß es mir nicht aufgefallen war (denn es wäre ja auffällig gewesen, wenn jemand laut „mayday!“ ruft und dann vor aller Augen ’rausgelassen wird). Wir waren nur noch zu zehnt. Die Gründe fürs Aufgeben scheinen sehr mannigfaltig gewesen zu sein, darüber können die Wärterinnen sicher mehr sagen; anscheinend hatten sich viele überschätzt oder das Ereignis mit einem Studio-Aufenthalt verwechselt. Auch der Benz-Besitzer brauchte sich keine Sorgen mehr um seinen Wagen zu machen, er gehörte meiner Erinnerung nach auch zu denen, die vorzeitig verschwanden …
Vielleicht zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung kam Häftling Nr. 1, als letzter. Er hatte in Hof den Anschlußzug verpaßt. „Schön, daß wir endlich komplett sind!“ rief der Anstaltsdirektor. Wir mußten alle noch einmal vor unseren Zellen antreten („Bedanken Sie sich bei Nummer 1!“), noch mal die Internationale, noch mal die Verlesung der Hausordnung. Anschließend legte der Direktor Nr. 8 persönlich über den Bock und verabreichte ihm mit der Riemenpeitsche eine Züchtigung („Pünktlichkeit ist eine Tugend!“).
Zwischendurch mußten wir alle mal eine Hand zum Gitter ’rausstrecken und bekamen ein Kabelbinderband drumherum – damit später leichteres Fesseln möglich sein würde. (Wurde aber bei mir nie benutzt; ob bei anderen, weiß ich nicht).
Nach einiger Zeit war Hofgang angesagt. Oft fand er dergestalt statt, daß wir in Art einer amerikanischen „Chain Gang“ an den Füßen aneinandergekettet waren. Im Hof aber wurden wir oft losgekettet oder machten uns selbst auf Befehl los (mehr als Karabinerhaken waren’s eh nicht) und mußten oft gewisse Übungen machen. Nr. 9 war ein starker Raucher, und weil er wegen seiner kleinen Frechheiten schon in Ketten lag und eine Gummibrille aufhatte, die nur wenig Sicht ermöglichte, mußten wir anderen Gefangenen solidarisch sein: Die es konnten, drehten ihm eine Zigarette. „Vielleicht revanchiert sich Nr. 9 ja bei Euch dafür, etwa mit einem guten Blow Job“, sagte die Aufseherin, die sich alle Mühe machte, den Eindruck einer unsympathischen, männerhassenden lesbischen Ziege zu machen, und damit bei mir sogar Erfolg hatte – ich hielt das anfangs für echt. „Ich kann Heten nicht leiden, die kriegen bei mir was auf Sack“ – gottlob nur leichte Hiebe mit der Riemenpeitsche. Wer „zugab“, bi zu sein, wurde verschont. Der dritte Häftling sagte „eigentlich bin ich nicht bi, aber …“ Nr. 9 mußte antreten, besser: anknien zum Blow Job. Wäre ich schon „das Elschen“ gewesen, als das man mich anderntags zurechtmachte, wäre dieser Mann nicht in meine engere Partnerwahl gefallen. Was ist schon dran an so einem mageren Kerl? hätte ich wahrscheinlich gedacht. Nun, an dem mageren Kerl war einer der längsten und dicksten Schwänze, die ich je gesehen habe. Und er richtete sich auch schön auf – obwohl der Mann „eigentlich nicht bi“ war. Das Störendste war in meinen Augen, daß kein Gummi über dem Schwanz war – meine Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten.
Ich entschied mich auf die Frage der „lesbischen Ziege“ auch lieber für „bi“ als für sanfte Schläge auf den Sack, bekam aber, als Nr. 9 mich blies, keinen hoch. Als TV-Zofe hätte ich ja auch eher selbst geblasen als geblasen bekommen, entschuldigte ich mich. Auch würde ich es niemals ohne Gummi machen. Die Aufseherin verbot dem anderen Mann zu kommen; immerhin das. – Wenn ich TV sei, so die Aufseherin, würde ich mich ja die Nacht über intensiv mit Nr. 9 austauschen können. „Wie denn? Wir dürfen doch nicht reden!“ – „Tja – dumme Sache, das …“
Später mußten einige von uns dann noch, eine Kapuze auf dem Kopf wegen der Peinlichkeit (wie in manchen US-Zeichentrickfilmen, wenn Sohnemann sich für Papa schämt), jeweils den Schwanz eines anderen anfassen und beschreiben …
Inzwischen waren auch an unseren Zellengittern zum Gang hin auf Holzplatten nicht nur die Neigungsbögen mit eventuellen gesundheitlichen Einschränkungen angetackert, sondern auch die (willkürlich zugeteilten) Delikte, deretwegen wir verurteilt waren. Wenn wir wieder mal an der Linie vor unseren Zellen stehen mußten, linste ich nach meinem Delikt: ausgerechnet Vergewaltigung. Ich legte mir in Gedanken so eine Date-rape-Geschichte zurecht (Mädel in Disko kennengelernt … netter Abend … nette Nacht … erst anderntags erfuhr ich, daß sie’s als Vergewaltigung angesehen hatte … ganz überrascht …), die halbwegs plausibel klang. Aber die spätere Erziehung sollte nicht im verbalen Bereich gipfeln, sollte ich noch erfahren. – Nr. 9 war übrigens der Sodomie schuldig befunden worden, und nicht selten (bedeutend öfter als vor meiner Tafel) sah ich Wärterinnen das Urteil von Nr. 9 studieren und ihren Ekel bekunden. Offenbar war ein vergewaltigtes Schaf mehr wert als ein vergewaltigtes Mädchen. (War das Schaf überhaupt vergewaltigt worden?). Nr. 1, der Zuspätkommer, hatte Fahrerflucht begangen. Es gab sogar banale Delikte wie „Ladendiebstahl“ – aber dieser Delinquent gehörte, glaube ich, zu denjenigen, die anderntags nicht mehr da waren. Was soll auch ein Kleinkrimineller in einem Hochsicherheitsknast?
Irgendwann gab’s dann auch mal Abendessen (Kartoffelsuppe mit Wurst, eine Brotscheibe), und tatsächlich hieß es dann mal „gute Nacht!“, und es wurde halbwegs dunkel in der Halle. Ich war skeptisch, dachte aber „Vielleicht finden die Verhöre (jeder Häftling sollte mindestens einmal „zu seiner Tat befragt werden“) ja tatsächlich erst morgen früh statt, bis 15 Uhr ist ja reichlich Zeit.“
Aber Pustekuchen. Kaum hatte ich mich hingelegt und mir gemütlich einen ’runtergeholt, ging das Licht wieder an. Um ehrlich zu sein, kann ich den Ablauf der folgenden Stunden nicht mehr genau wiedergeben. Tatsächlich wünschte uns die Anstaltsleitung zuckersüß bestimmt drei oder viel Mal „Gute Nacht“, aber kurze Zeit später flammten dann die grellen Lichter wieder auf, Trillerpfeifen ertönten, Aufseherinnen ratterten mit ihren Schlagstöcken an den Gittern entlang – interessante Frage: Was wär eigentlich passiert, wenn WIR den Aufstand geprobt hätten? Wenn wir an den Gittern gerüttelt hätten? „Eigentlich hab ich so was befürchtet und hätte für so was auf Nr. 9 vertraut“, sagte eine Wärterin nachher im Café, „aber es hat sich wohl keiner getraut.“ Interessante Frage, wie die Wärterinnen darauf reagiert hätten und wie sich die Dynamik des Spiels dann entwickelt hätte … Das wäre durchaus nicht ohne Brisanz gewesen, ein Komplettabbruch des Spiels durchaus möglich, denke ich.
Mal mußten wir einfach nur zehn Minuten am Gitter stillstehen und durften uns dann wieder hinlegen, irgendwann in der Nacht bekamen wir eine Banane und erlebten, daß die dem Original-Stanford-Experiment entlehnte Regel „Das Essen ist restlos aufzuessen“ immer wieder die gleichen vorhersagbaren Resultate zeitigte: Teilnehmer Nr. 1, der Zuspätkommer, hatte mal wieder die Arschkarte gezogen – er haßte offensichtlich Bananen. Da er aber keine Allergie oder so was hatte (was natürlich berücksichtigt worden wäre), mußte er wohl oder übel seinen Abscheu überwinden und die Banane herunterwürgen. Er durfte sie auch nicht seinem Zellennachbarn geben, im Gegenteil, er bekam von einer frischen Banane noch was nach, weil er das versucht hatte. – Der einzige Trost bei all diesen nächtlichen Unterbrechungen war, daß auch die dominante Seite wenig bis gar keinen Schlaf fand.
Die größte Unterbrechung unserer Nachtruhe bestand aber selbstverständlich aus unseren hochnotpeinlichen Befragungen. Mal wurde ich grob aus meiner Zelle gezerrt, mal ging’s zivilisierter zu, und zunächst ging’s treppauf zur beruhigend ruhigen Ärztin: Noch mal Puls und Blutdruck messen, ein paar ruhige Worte. Das war wenigstens eine echte Ärztin – im Gegensatz zu der vergitterten „Krankenstation“ vielleicht zehn Meter weiter, wo jemand ganz anders „verarztet“ wurde – so mit Eierabbinden und Fesseln und so …
Ich wurde auf meine nächste Station geführt. Platz nehmen auf einem Stuhl, Angestrahltwerden von einer Schreibtischlampe, hinter dem Schreibtisch eine hübsche Frau, die ich aber kaum erkennen konnte. „Das ist hier nicht Teil des Experiments“, verkündet sie mir. Es war die Psychologin, die „außenstehende, neutrale Beobachterin“, die das ganze „Experiment“ begleitete. Sie fragte mich nach meinem Befinden und nach meinen Eindrücken vom „Experiment“: „Wenn Sie etwas auf dem Herzen haben, dann müssen Sie es jetzt sagen.“ Ob meine Erwartungen, mein „Kopfkino“ sich erfüllt hätten. Nein, ich hab da kein festgelegtes Kopfkino. „Sie lassen sich überraschen. Das ist vielleicht gar nicht so schlecht“, meinte die Psychologin. „Und halten Sie es für möglich, daß „das Experiment“ entgleist, eskaliert?“ – „Das halte ich bei der kurzen Zeitdauer von 24 Stunden eigentlich für ausgeschlossen, zumal jeder jederzeit aussteigen kann, wenn er es nicht mehr erträgt.“ – „Das ist richtig“, nickte die Psychologin. Vorausgesetzt, niemand forciert das Spiel durch fingierte Massenausbruchs- oder –aufstandsversuche, ergänze ich heute in Gedanken. Und galt die Möglichkeit des Aufgebens auch für die Aufseherinnen? Auch wenn die Personaldecke dadurch gefährlich ausgedünnt würde?
Endlich ging es weiter zum Wesentlichen – zum Gefoltertwerden. Direktor Gunnar war auch da, er packte mich grob am Kragen und drängte mich ans Geländer: „Arsch ’raus! Hose ’runter!“ Das Dutzend harter Hiebe mit der Riemenpeitsche war mir unangenehmer als die zehnmal so vielen, die noch kamen, nicht weil sie von einem Mann kamen, sondern weil Gunnar es war. Ich kannte ihn von früher – und jetzt ist er mein Kerkermeister und darf mich hier herumschubsen, schikanieren und schlagen; ich glaube, ich spinne. Plötzlich wurde mir klar, warum manche nicht mehr mit einer Profidomina spielen wollen, wenn sie die persönlich gut kennen: Weil die private Bekanntschaft die für ein Machtspiel nötige emotionale Distanzierung überlagert …
(Gerade wurde ich darauf aufmerksam gemacht, daß der Zuspätkommer nicht Nr. 8 war, sondern Nr. 1, der zweite Häftling in derselben Zelle, direkt gegenüber meiner. Ja, ich erinnere mich jetzt wieder. Bitte sehr). [Nr. nachträglich korrigiert]
Den Rest meiner „Behandlung“ übernahm, wenn ich mich recht erinnere, die „lesbische Ziege“ [ … und diverse andere – Korrektur, Juni 2008 ]. Neben mir lag Nr. 1, der Zuspätkommer, in Spreizfesselung auf dem Bock und jammerte immer wieder: „Bitte nicht auf die Eier!“ Ich hatte Verständnis für seine Sorgen, hatte ich doch als Aktiver beim Züchtigen eines TVs schon mal erlebt, was ein nachschwingender Rohrstock alles anrichten kann. Deswegen achtete ich darauf, die Beine immer zusammenzuhalten, und wand mich ein wenig, wenn die Schnüre um mich herum auf die Vorderseite trafen. „Zierst du dich jetzt nicht auch? So wie das Mädchen?“ grinste meine Züchtigerin; ich glaube, es war die „lesbische Ziege“, ich kann mich aber auch täuschen, es war so dunkel, und so verwirrend waren die mannigfaltigen Einzelheiten dieser Nacht. „Man sagt mir nach, ich hätte ein Herz für meine Subs“, schmunzelte sie, und das hatte sie auch. Zwischendurch, in den Pausen zwischen den Schlagsalven. Dann kraulte sie mich, ziepte mich ein wenig an meinen Brusthaaren, sprach mit leisem Lachen auf mich ein: „Du bist ja hier nicht festgebunden“ – stimmt, ich stützte mich „freiwillig“, d. h. auf Anweisung, aber nicht gefesselt, an das Geländer, das die Galerie gegenüber dem Erdgeschoß abschirmte, und ich achtete darauf, die Beine zusammenzuhalten, und wenn sich die Enden irgendwelcher Peitschenriemen allzu sehr um mich wanden – später hatte ich von den auftreffenden Spitzen bis fast vorne auf den Oberschenkeln lauter rote „Pusteln“ –, drehte ich mich ein wenig weg …
„Du bist ja hier nicht festgebunden“, lächelte meine Peinigerin in den „Züchtigungspausen“. „Du könntest ja jederzeit weglaufen. Das würd ich dir zwar nicht empfehlen, aber du könntest es.“ (Und wieder die Frage: Was geschähe, wenn …?)
Wenn ich meinen Kopf nach rechts drehte, konnte ich sehen, wie Nr. 1 auf dem Bock „durchgenommen“ wurde, der arme Kerl. Er hatte auf dem Neigungsbogen „Masochismus: Stufe 5 (von 5)“ angekreuzt (ich Stufe 4) – und dementsprechend wurde er behandelt. Als ich schon wieder unten in meiner Zelle war, wurde er oben immer noch weiter durchgenudelt …
Er wolle nicht von einem Mann geschlagen werden, hatte er vor kurzem gesagt, als der Direktor mal wieder „nach dem Rechten sah“. – „Schau nicht nach rechts“, lächelte mir meine „Erzieherin“ zu, „Nr. 1 möchte nicht von einem Mann geschlagen werden, und sicher ist es ihm auch nicht recht, wenn ein Mann ihm zuschaut.“
Also sah ich wie befohlen nach unten (wo im Zellentrakt immer mal wieder jemand geholt oder wieder verschlossen wurde) oder schaute nach links, wo die Scheinwerfer unsere Schatten auf die wenige Meter entfernte Wand warfen, scharf umrissen: meinen und den meiner Peinigerin, wenn sie wieder einmal hinter mich trat und zum Schlag ausholte.
Nr. 1 wurde immer noch zur Sache befragt: „Warum bist du zu spät gekommen?“ – „Ich sagte doch schon, ich habe in Hof den Anschlußzug verpaßt!“ – „Er hat’s immer noch nicht begriffen: Du hast mein Auto beschädigt und Fahrerflucht begangen!“
Ich wurde der Reihe nach mit allen möglichen Schlaginstrumenten bearbeitet, an den Brustwarzen mit Klammern „geschmückt“ und weiter geschlagen, bis meine Erzieherin schließlich meinte: „Ich hole dir mal was zu trinken.“
Nach einigen Minuten sah ich sie unten durch den Gang gehen; wenig später tauchte sie wieder vor mir auf: „Zuerst das Lauwarme oder das Kalte?“ – „Ich weiß nicht.“ – „Dann entscheide ich: Zuerst lauwarm.“ – Es überraschte mich nicht, daß es der „Sekt“ der Herrin war. Nachspülen mit eisgekühltem Mineralwasser, wohltuend.
Endlich hatte meine Erzieherin genug. Sie nahm mir mit einem Griff meine Klammern ab, woraufhin ich mich vor Schmerzen krümmte. „Wie wär’s mit Ende und ab ins Bettchen?“ lächelte sie. Von mir aus gerne …
Ich wurde wieder in meine Zelle geschlossen.
Zur Ruhe kam ich aber immer noch nicht. Zu unruhig war das ganze Gebäude: Scheinwerfer, Taschenlampe, klackende Schritte, klatschende Hiebe, Schmerzenslaute – unheimlich so mitten in der Nacht in einem Fabrikgebäude …
Auf einmal war auch wieder ein männlicher Aufseher da, ein Vollbart, und ein leicht unbehagliches Gefühl schlich sich bei mir ein. In der Tat rief er mich nach einiger Zeit zum Gitter: „Nummer 6 – machen Sie sich auf das Schlimmste gefaßt. Sie sollen sich fühlen wie das Mädchen!“ Aha, daher weht der Wind, dachte ich. „Okay“, sagte ich durch die Gitterstäbe. „Aber eins sag ich Ihnen gleich: Wenn kein Kondom drüber ist, beiße ich Ihnen den Schwanz ab. Und anal geht sowieso nichts“ – und wies mit der Hand auf mein Profil. „Ich weiß, ich bin vorbereitet“, entgegnete der Bärtige überraschend vernünftig. – „Das ist gut zu wissen.“ – „Ich hole Sie ab.“
Er holte mich ab, vielleicht eine Viertelstunde später. Wieder die Treppe hoch, ins „Verhörzimmer“. Wieder ein Dialog über mein „Verbrechen“. Schließlich mußte ich unter den Schreibtisch krabbeln und dem Herrn Strafvollzugsbeamten einen blasen. Es ging recht gut, aber unabsichtlich berührte ich seinen besten Freund auch mit den Zähnen, und das ließ ihn zusammenschrumpfen. Ich mußte mir mächtig Mühe geben, ihn wieder groß zu machen. Endlich (mir taten schon Knie und Kiefer weh) fing der Herr Beamte an zu stöhnen. „Ja, mach ihn leer!“ Er zog mich noch mehr auf sich, bis mir der Würgereflex kam. – Ich machte ihn leer.
Der Wärter war so zufrieden, daß er sagte, er wolle sich für meine Hafterleichterungen einsetzen. Ich wünschte mir, bis 7 Uhr morgens nicht mehr aus der Zelle geholt zu werden. Er versprach, sich für mich einsetzen zu wollen. Es fiel mir auf, wie penibel er darauf achtete, daß ich, wenn er mich führte, den Kontakt zu seinem hochgehaltenen Schlagstock nicht verlor; und zentimetergenau an der Linie mußte man stehen. (Im Nachhinein hörte ich, die Wärterinnen hätten den Kerl als eher unangenehm empfunden; erst später „zum Team“ gestoßen, habe er zuvor getroffene Festlegungen nicht akzeptieren und wieder umstoßen wollen. „Er war der Typ, dem man zutraut, in einer Krisensituation echt Häftlinge zusammenzutreten.“ – Ich: „Ich fand ihn eigentlich ganz okay.“ – „Da hatten wir ihn ja auch schon zurechtgestutzt. Wir schickten ihn dann zu einem Häftling, dem wir eine gewisse Leidensfähigkeit zutrauten – zu dir.“ Ach, nett, das zu erfahren …)
Ich nutzte die Gelegenheit vor dem Einschluß, um noch mal zu pinkeln. Als ich den Pinkeleimer unter Aufsicht draußen entsorgte, sah ich einen Häftling, der vor einem Plastik-Gartenstuhl kniete und eine darin sitzende Wärterin knutschend verwöhnte. – Ein Blick nach Osten: Da wurde noch nichts grau oder hell am Himmel. Es war also noch nicht vier Uhr morgens, allenfalls zwei oder drei Uhr.
Ich glaube, die Episode mit der Banane war erst später. Sie beschloß diese Folternacht. Der Wärter klopfte mir danach noch väterlich auf die Schulter und sagte, er habe sich für mich eingesetzt, aber nichts erreichen können. „Halten Sie durch, Nr. 6!“ Das tat ich.
Endlich wurde es ruhig und dunkel, und es trat tatsächlich für einige Stunden so etwas wie Nachtruhe ein.
++++++
Ich versuchte zu schlafen, so gut es ging. Allzu gut ging es nicht. Andere schnarchten ruhig vor sich hin. Nr. 9 schlug gelegentlich leise fluchend um sich, weil ihn die Mücken nervten, die mich nur wenig störten; das war bei mir zu Hause auch nicht anders.
[Kürzung aus Diskretionsgründen] Wie sich hinterher zeigte, war er zusammen mit seiner Freundin, einer Wärterin, der „lesbischen Ziege“, glaube ich, hier auf der Veranstaltung. Dadurch wurde es nicht nur bedeutend billiger, es ergab sich auch die Möglichkeit, mit einem „Spielzeugkoffer“ anzureisen und gewisse persönliche Vorlieben ins Spiel mit einzubauen. [Kürzung]
Gegen Morgen meldete sich meine Blase wieder. Normalerweise hätte ich noch zwei oder drei Stunden weitergeschlafen, aber dann muß ich nach dem Aufstehen wirklich sofort aufs Klo und kann nicht mehr länger warten. Wer weiß, ob das hier so geht, wenn erst mal das Weckritual läuft … Also aufstehen und das weiße Lämpchen an, auch wenn es ringsum alles dunkel ist und schläft oder zu schlafen versucht. Etliche Minuten lang reagiert niemand. Nr. 9 erschlug wieder fluchend eine Mücke und fragte genervt, warum ich denn das Licht angemacht hätte; ich solle doch einfach den vielleicht 50 cm außerhalb der Zelle im Gang stehenden Eimer ranziehen und durch das Gitter pinkeln. Das machte ich dann auch. (Nr. 9 später: „Mir war klar, daß das Ärger geben würde, aber ich hatte endlich einige Mücken erschlagen und wollte in Ruhe und ohne Licht schlafen“). – Als Minuten später eine Wache durchging, machte ich auch noch den Fehler zu sagen, was ich getan hatte. Sie schob natürlich den Fehler auf mich: Sie habe seit einigen Minuten schon hier patrouilliert, ich hätte halt warten müssen. (Ich hätte einfach gar nichts sagen sollen, wahrscheinlich hätte keine Sau gemerkt, daß der Eimer nicht mehr ganz leer war).
Vorerst aber konnte ich noch ein bissel weiterschlafen. Durch die Oberlichter wurde es grau, dann hell, d. h. es war jetzt schon mindestens fünf Uhr – die letzten 10 von 24 Stunden hatten begonnen. In den letzten Stunden schwebte mein Finger in Gedanken stets über dem Abbruchknopf – ich war müde und abgespannt und dementsprechend eher in gereizter als in duldsamer Laune. Wenn die mir jetzt irgendwie blöd daherkommen oder irgendwas physisch Belastendes verlangen, dann war’s das halt, dann steig ich aus, so schön es auch wäre, das Ende zusammen mit den anderen zu erleben, war mein Standardgedanke in dieser Schlußphase.
Irgendwann wurden wir geweckt – mit dröhnender Musik, ich glaube, es war die deutsche Fassung der Internationalen (oder war das bei einer anderen Gelegenheit?). Erwartungsgemäß wurde mein „Verstoß“ zum Thema, obwohl die Gefängnisordnung ja nur besagte, daß man den Toilettengang „anmelden“ mußte, nicht daß man ewig warten mußte … Am Vortag hatten die Wärterinnen behauptet, der Zuspätkommer Nr. 1 habe ihnen die Kaffeepause verhagelt, diesmal war ich es, der ihnen das Frühstück verdorben haben sollte (offenbar konnten sie sich nur durch andauernden Kaffeegenuß über die Runden retten und frisch und dynamisch halten). Mein Pinkeleimer wurde von der Anstaltsleitung nach einer wortreichen, pseudo-empörten Ansprache umgestoßen, ich mußte dann den Boden schrubben und alle in den folgenden Minuten anfallenden vollen Eimer nach draußen bringen und spülen. Das machte mir aber wenig aus.
Inzwischen wurde schon das (etwas dürftige) Frühstück ausgegeben (die zwei winzigen Wurstscheiben bedeckten vielleicht ein Drittel der Brotscheibe. Dazu etwas Milch, ein Klecks Marmelade und ein Brötchen. Einen Becher Kaffee gab’s nur für die Hälfte der Häftlinge, für diejenigen, die die meisten Fußballergebnisse richtig raten konnten. Nr. 9 riet zwei von drei Ergebnissen, ich nur eins. Ich bekam Früchtetee und mußte mich beeilen mit dem Essen, weil ich aufgrund meiner „Reinigungsarbeiten“ später dran war als die anderen.
Danach mußten wir unsere Trainingsanzüge anziehen, und es gab Frühsport. Durch den Gang und den Hof joggen und dabei über die (geleerten) Pinkeleimer hüpfen. Der Direktor selbst trieb uns an und sagte: „Wenn Ihr ein Lied singen wollt, dann bitte!“ Nr. 9 lief vorneweg, ich direkt hinter ihm. Ich raunte ihm zu: „Oh Tannenbaum!“ Und da wir alle nur die erste Strophe kannten, wiederholten wir die während unseres Joggens und Hüpfens immer wieder. Die Situation nahm immer absurdere Züge an (woran ich nicht ganz unschuldig war. „Im Frühtau zu Berge wir zieh’n, fallera“ wäre vielleicht passender gewesen).
Aber auch das Management der Anstalt gab sich Mühe. Eine Wärterin lief durch den Mittelgang, im Rock, nicht in Hosen, und ich wunderte mich, als die Anstaltsleitung uns Häftlinge aufforderte, dieser attraktiven Wärterin doch ruhig mal auf den Hintern zu sehen. Wenig später stellte diese Wärterin dem Häftling Nr. 16 mit etwas verschämtem Grinsen hastig eine Vase mit Blumen in die Zelle …
Es dauerte nicht lange, und Trillerpfeifen ertönten. Nr. 16 wurde aus der Zelle geholt, entkleidet, in Spreizhaltung mit Klebeband an allen Vieren auf den Boden des Mittelgangs gefesselt, Kapuze übern Kopf; in seiner Zelle wurde alles auf den Kopf gestellt. Die Anstaltsleiterin verkündete uns, daß manchmal auch neue Häftlinge in die Anstalt kämen … Die erwähnte Wärterin habe sich zur Komplizin von Nr. 16 gemacht und Drogen oder etwas anderes in seine Zelle geschmuggelt (ja, ich glaube, „Drogenvergehen“ war das „Delikt“ von Nr. 16, aber das weiß ich nimmer genau; jedenfalls hatte er vor dem „Experiment“ eine Mail an die Leitung geschrieben, die sich ideal zum Ausschlachten für dieses spezielle Spiel eignete …). Die Wärterin wurde hereingeführt und vor den Augen von uns Häftlingen entkleidet und im Mittelgang über den Bock gelegt. Inmitten ihrer salbungsvollen Ansprache preschte die Anstaltsleiterin nach vorne und knallte der nunmehrigen Ex-Wärterin eine Hand auf den Po. Nach wenigen Sekunden zeichnete sich die Hand mit allen fünf Fingern auf dem Po ab. Empfindliches Untergewebe, dachte ich. Später lag die Wärterin sogar mit gespreizten Beinen auf dem Boden, und von meiner Zelle Nr. 1 aus hatte ich einen guten Blick auf alles Wesentliche … Nach ein bißchen weiterer Bestrafung schließlich das Einlenken der Anstaltsleitung, sie könne ja verstehen, daß die Wärterin, verführt von dem falschen Charme von Nr. 16, diesem „Blender“, sich habe hinreißen lassen … Kurzum: Man werde noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen und sich versöhnen. Wir mußten das mit anhören, während wir befohlenermaßen stehend an die Wand starrten wie ein in die Ecke gestellter Schuljunge. Endlich war das Theaterstück vorbei. Junge, Junge, hier wird wirklich allerhand zur Unterhaltung geboten, dachte ich. Das muß man denen lassen.
Es dauerte allerdings nicht lange, und die Anstaltsleitung begann wieder eine ihrer salbungsvollen Reden, diesmal speziell für mich. In ihren Jahren als echte „Schließerin“ habe sie gelernt, was Deeskalation bedeute. Außerdem solle man jedem eine zweite Chance geben; das habe sie früher nicht immer beherzigt. Und dann zuckersüß lächelnd zu mir: „Nr. 6, würden Sie bitte auf den Gang heraustreten?“ Und wenig später: „Würden Sie die Güte haben, sich zu entkleiden?“ Man verpaßte mir ein Kopftuch und eine häßliche, viel zu kurze Kittelschürze, und ich wurde zu Hausarbeiten abkommandiert. Wenn’s weiter nichts ist … So vergeht wenigstens die Zeit schneller …Meine Schuhe mußte ich auch stehenlassen. Ich bekäme neue, hieß es. Und einen Spitznamen hatte ich auch sofort weg: „Elschen“.
Erst mal mußte ich nach oben auf die Galerie, den Frühstückstisch der Wärterinnen abräumen. Unten an der Treppe standen Damenschuhe. Aha, vielleicht die für mich, dachte ich und stieg hinein. Bißchen eng, ging aber noch. Doch als ich oben war, stellte sich heraus, daß es die Schuhe von der Direktorin waren, die – über allem schwebend, aber nicht so ganz von dieser Welt – hier oben auf dem Sofa lümmelte. Mit den Absätzen bleibe man zu leicht in den Löchern des Metallgitterrostes stecken, daher solle ich die Schuhe wieder ausziehen. In Socken allerdings war das Gehen auf dem scharfkantigen Metall äußerst unangenehm. Durch Vermittlung einer Wärterin bekam ich schließlich die Schlappen der Direktorin und ließ ihr die Schuhe mit den Absätzen und konnte beginnen, den Tisch abzuräumen, allerdings nicht lange: „Kann das Elschen mal aufhören, mit dem Geschirr zu klappern? Ich brauche Ruhe!“ tönte es von unten. Unten war die Anstaltsleitung nämlich mal wieder dabei, zu einer ihrer salbungsvollen moralischen Ansprachen anzusetzen. Diesmal war Nr. 9 dran, mein Zellengenosse. Die Anstaltsleitung zitierte Grundgesetz Art. 1 und schloß daraus auch gleich kühn, daß auch das Schaf eine Würde habe und daß es doch moralisch unter aller Sau sei, ein armes Schaf zu vögeln.
Ganz langsam und möglichst klapperfrei setzte ich die Tassen und Teller aufeinander, trank dabei die eine oder andere halbvolle Kaffeetasse leer (besser kalter Kaffee als gar nichts Aufmunterndes) und trug die Stapel ganz langsam, leise und vorsichtig die Treppe herunter auf den Servierwagen. Dabei konnte ich immer wieder Blicke darauf werfen, wie Nr. 9, jetzt auf einem rollbaren Bürostuhl im Mittelgang sitzend, von Wärterinnen umringt, von der Anstaltsleitung mit pseudomoralischer Entrüstung fertiggemacht wurde ob seiner ungeheuerlichen Tat. „Aber das Schaf liebte mich doch!“ antwortete er einmal auf die Vorwürfe, in Anlehnung an Woody Allen. (So erzählte er es später im Café). Schließlich schritten die Damen zur Bestrafung, und der sich heftig wehrende Nr. 9 wurde in eine Zwangsjacke verpackt und auf den Stuhl gefesselt. (Später durfte er auch wieder aufstehen, blieb aber alles in allem fünf Stunden in der Zwangsjacke, bis zum „Ende der Veranstaltung“ [Kürzung]
Irgendwann bekam ich statt der Kittelschürze ein blaues Satinkleid mit weißen Spitzen und Rüschen und mit Servierschürze sowie eine halblange Spitzenunterhose. Also ab nach draußen unter die Dusche, frisch machen (und die Gelegenheit zum diskreten Pinkeln nutzen), sich abtrocknen und vorsichtig rein ins Kleid. Wie ich später erfuhr, stammte es aus dem Fundus von Nummer 9; er habe es einfach nicht mehr mit ansehen können, diese häßliche Kittelschürze, erzählte er später.
[Kürzung]
Ein neuer „Vollzugsbeamter“ war am Morgen noch gekommen (oder war der am Vorabend schon da?), mit Schnauzer, graumeliertem Haar, und unter der Militär-Tarnjacke, die auch etliche Wärterinnen trugen, ein dunkelgrauer Rock, aber dennoch nicht weibisch wirkend. – Bei diesen zwei alten „Schließern“ hatte man nie den Eindruck, sie wollten einen geblasen bekommen, sie wirkten vielmehr überraschend authentisch als „Schließer“.
Die „lesbische Ziege“ hatte mich zuvor nach meiner Schuhgröße gefragt: 42. Wie praktisch, daß sie 43 hatte – so konnte sie mir Ihre eigentlich dominamäßigen Lack-Schnürstiefel mit 15-cm-Plateausohlen leihen. Unter dem Ballen war der Absatz 5 cm hoch, unter der Ferse vielleicht 15 cm, so daß das „Gefälle“ „nur“ 10 cm betrug – das war machbar. Sie gab mir Hilfe beim Anziehen, warnte mich, daß ein Umknicken zu einem Knöchelbruch führen könnte, gab mir stützende Hilfe beim Gehen – aber ich fand’s gar nicht so schwierig. Bald schon konnte ich mich allein locker bewegen in diesen Schuhen. Schön war’s, mal von über 1,90 m Höhe auf die Mitwelt herabzusehen. – Eine Strumpfhose über die Glatze gab’s auch noch.
Zunächst aber wurde „das Elschen“ wieder in die Zelle gesperrt, zu Nr. 9, der in seiner Zwangsjacke dastand, die Feldflasche mit dem Mineralwasser in seine Armbeuge geklemmt. Alle paar Minuten mußte ich sie nehmen und Nr. 9 etwas Wasser zu trinken geben.
Endlich gab’s Mittagessen, leckeren Gulasch mit Spiralnudeln, und ich mit meinen Plateausohlen mußte servieren. Immer von rechts! ermahnte man mich, als handle es sich hier um das Bedienen einer vornehmen Tafelrunde und nicht um das Beköstigen von Gefangenen. (In diesem Falle bedeutete das: Zuerst den Gulasch und dann darauf die Nudeln statt umgekehrt … nun ja …). Die dünnen Plastikteller wurden so rasch heiß, daß ich jedesmal zwei übereinander nehmen mußte, sonst hätte ich mir die Pfoten verbrannt. Ich wurde ermahnt, größere Portionen zu machen, aber das ging auf den kleinen Tellern kaum, ohne daß Gefahr bestand, daß was ’runterfiel (was ich dann vermutlich wieder aufzuwischen hätte). Außerdem blieb dann womöglich für die letzten nichts mehr übrig. Aber die Gefahr bestand nicht: Der Rest war reichlich – vielleicht weil für 17 Personen eingekauft und gekocht worden war, und wir waren ja nur noch zehn … Einige Mitgefangene raunten mir lächelnd zu, ich säße ja nun an der Quelle und könnte den ganzen Rest für mich behalten. Ich raunte zurück, ob es denn so gut sei, wenn eine Dame aus dem Leim gerate. „Richtig!“ gab die „Lesbe“ hinter mir leise zu …
Dann mußte ich wieder in die Zelle, konnte auch selbst essen, das Hinsetzen und Aufstehen in den Plateauschuhen war kein Problem mehr. Dann wieder abräumen – und für mich ging’s weiter: Gehtraining mit den hohen Schuhen.
Zunächst aber machten die Wärterinnen selbst Mittagspause, und der Direktor ließ uns antreten an den Gitterzäunen, so, wie wir es später machen sollten, wenn die Wärterinnen vom Mittagessen kämen. Wir sollten im Chor sagen: „Wir hoffen, daß es Ihnen geschmeckt hat, Frau Strafvollzugsbeamtinnen (der eine bärtige, männliche Wächter war mit dem Morgengrauen verschwunden wie ein Spuk in der Nacht …), und wir danken Ihnen für diesen wunderschönen Vormittag!“
Endlich ging es weiter, die „Beamtinnen“ kamen und standen als Gruppe erwartungsvoll am Eingang, der vom Nachtclubteil des Gebäudes in den Mittelgang des „Gefängnisteils“ führte, am Schreibtisch des Direktors, wir sagten unser Sprüchlein auf, und weiter ging’s, das „Programm“ ging in die Zielgerade, sozusagen. – Später hörte ich, daß ich, speziell ich, Nummer 6, „Elschen“, während der Mittagspause der Wärterinnen der Erheiterungsgrund Nummer eins und der stete Quell der Belustigung und Freude gewesen sei. Wie schön Der halb besorgte, halb belustigte Spruch „Elschen, Elschen, was soll nur aus dir werden!?“ sei immer wieder wiederholt worden – offenbar war die ganze Runde nach ewigem Wachbleiben und starkem Kaffeegenuß schon reichlich überdreht – , und manche hätten sich dazu verstiegen, mir das „Frausein“ so weit beibringen zu wollen, daß sie mir zeigen wollten, wie es ist, Mutter zu sein, ein Kind an die Brust anzulegen oder ähnliches … Sie, so die Anstaltsleitung später im Café zu mir, habe die anderen dann zur Ordnung gerufen und zur Vernunft gebracht (warum eigentlich? Wär doch irgendwie nett gewesen …).
Jedenfalls ging es jetzt erst mal mit Gehtraining weiter – für mich. Die meisten anderen Gefangenen saßen untätig in ihren Zellen und sahen zu, wie für mich der Mittelgang zum Laufsteg wurde, zum Catwalk … Das heißt, zuerst sollte ich Kaffee holen für die Wärterinnen (ohne Kaffee wären die wohl schon Stunden zuvor umgefallen und eingeschlafen). Dazu sollte ich, so die Anstaltsleitung, an der Tür zum Nachtclubteil klopfen und geduldig warten, und wenn dann geöffnet würde, sollte ich mit einem Knicks (nicht leicht in den ultrahohen Schuhen) um Kaffee für die Anstaltsleitung bitten … Es dauerte viele Minuten und etliche Versuche – und als dann einmal „Direktor“ Gunnar heraustrat und, etwas überrascht und auch noch etwas übernächtigt, von mir mit meinem Sprüchlein angegangen wurde, da sagte die Anstaltsleitung milde tadelnd (wie zu einem kleinen Mädchen): „Aber Elschen! Das ist doch der Direktor! Der holt doch keinen Kaffee!“
Und irgendwann war dann Gehtraining angesagt. Die Anstaltsleitung vorne am Schreibtisch zu Beginn des Mittelgangs, ich am anderen Ende. Eine Wärterin machte den „weiblichen Gang“ vor, etwas stark Schaukelndes, den linken Fuß stark nach rechts, den rechten Fuß weit nach links. Ich machte es genauso nach, und wieder war es nicht recht. Die Anstaltsleitung zog mit Kreide eine gerade Linie die Mitte des Gangs entlang und dann drumherum eine Schlangenlinie. „So“, erklärte sie, „bist du gelaufen, Elschen. So fahren Golf-Fahrer nach dem fünfzehnten Aldi-Bier – und das sind genau die Männer, die solche Frauen fi**en. So wirst du nie eine Frau mit Stil, Elschen.“ Sie fragte mich nach meiner Lieblingsmelodie. Ich war in Verlegenheit und konnte keine angeben. Musik im allgemeinen interessiert mich nicht so sehr. Auch das wurde mir als Mangel an Stil ausgelegt. Ich solle mich daran gewöhnen, Jazz zu hören. Na, das mach ich doch schon, und ich mag ihn auch – aber besondere Titel kann mir deswegen trotzdem kaum merken …
Die Anstaltsleitung war jetzt wieder in ihrem Element, nämlich bei den salbungsvollen Reden. Immer beim Gehen den großen Zeh entlang der weißen Linie sollte ich setzen, ermahnte sie mich und fuhr fort: „Wenn mich ein Mann in einer Mittel- bis Oberklasse-Audilimousine abholt, mich in das richtige Restaurant ausführt, bezahlt – dann fange ich an, übers fi**en nachzudenken. So wird man eine Frau mit Stil, Elschen.“ … oder eine von diesen Luxusschnepfen, von denen es schon viel zu viele gibt. Aber wahrscheinlich ist dieser Eindruck beabsichtigt. Mir wurden Kreidestifte mit Klebeband an den Außenseiten meiner Schuhe befestigt, mit Klebeband. Und tatsächlich: Ich setzte die Füße auf die gerade Linie, und die entstehenden Kreidetupfer blieben in regelmäßigen Abständen von der geraden Linie. Dann das ganze mit einer Pappröhre durch das Servierschürzenband, für den aufrechten Rücken. Sie sei preußisch erzogen worden, so die Anstaltsleiterin, da sei das üblich. Auch das Brett auf (nicht vor …) dem Kopf, für die stolze, aufrechte Haltung. (Ja, meine aus Schlesien gebürtige Oma hatte mir auch mal von solchen Übungen erzählt …). Schließlich wurden sogar meine Augen verbunden, und mit etwas seitlicher Hilfe von seiten der Anstaltsärztin schaffte ich den ganzen Mittelgang, ohne daß das Brett von meinem Kopf fiel. Hurra.
„Es ist jetzt 13 Uhr“, verkündete Direktor Gunnar, „glaubt irgend jemand von den Herren, die letzten zwei Stunden nicht mehr durchstehen zu können?“ Schweigen im Walde bzw. in den Zellen (auch ich war gerade wieder eingeschlossen; ob die „Geh- und Haltungsübungen“ vorher oder nachher waren, weiß ich jetzt gar nimmer).
Jedenfalls ging jetzt alles dem Ende entgegen. Noch 100 Minuten. Noch einmal Hofgang. Ich mußte Nr. 9 jetzt auch die Zigarette halten, bis mir fast die Finger brannten; er steckte ja immer noch in der Zwangsjacke. Das Sprechverbot wurde immer weniger ernst genommen. Durch die Zaunlücken sah man (wie schon am Vormittag), daß die grünliche Sichtschutzfolie an der Außenpforte sich losgerissen hatte und lustig im Winde flatterte. Allenthalben Auflösungserscheinungen.
Die letzte Stunde brach an, verging langsam. Endlich wurden die ersten Häftlinge entlassen. Ich hatte den Großteil der letzten Stunde stehend in meiner Zelle verbracht, die High Heels waren nicht unbequem genug, um mich zum Hinsetzen zu veranlassen.
„Ein bißchen schneller bitte!“ tadelte die „Beamtin“, als ich draußen vor dem „Entlassungskomitee“ stand. „Ich darf aber die Stiefel und das Kleid nicht beschädigen, das hat mir die andere Beamtin (die „Lesbe“) gesagt“, rechtfertigte ich mich. – „Wir wollen doch auch in den letzten Minuten auch noch die Hausordnung beachten!“ Wollen wir das? Ich durfte mich schließlich woanders umziehen, so daß ich den Betrieb nicht weiter aufhielt. (Einen Handschellenschlüssel gab ich auch zurück, den man mir mit der Bemerkung „Nicht verlieren!“ an den Servierschürzengürtel geklipst hatte, etwa ein, zwei Stunden vorher, ich weiß nicht, wozu – außer daß es meine Gedanken beschäftigt hatte …)
Endlich war es vorbei, ich ging durch die Außenpforte nach draußen. Die grüne Plane flatterte sowieso schon teilweise lustig umher.
Alles traf sich im Café nebenan, zu Gespräch, Kaffee, Bier, gutem Essen. Nr. 9 erzählte wenig später, obwohl er weit über seine Grenzen geführt worden sei, habe er nach Abschluß der Veranstaltung einige Minuten lang vor Glück geheult. Ich hingegen war froh, daß es vorbei war und ich wieder bei einem schönen, kühlen Bier saß; für etliche Monate reicht’s mir jetzt mit „Femdom“ …
An die drei Stunden blieb ich im Café, viel länger als geplant. „Laß dich nicht von fremden Männern anquatschen, Elschen!“ rief man mir noch nach, als ich wieder ins helle, warme Sonnenlicht hinaustrat. 20 Minuten später war ich bei meinem Hotel und spazierte noch ein Stück darüber hinaus. Auf einer Weide kamen etliche Schafe, darunter auch der Bock, sogleich neugierig angelaufen, als ich mich näherte. Siehe da – Attraktivität (=Anziehungskraft) wäre also da, dachte ich; warum sollte ein Schaf keinen Menschen lieben können?
Manche fuhren wohl gleich nach Hause, auch einige der (relativ zahlreichen) Besucher aus Südwestdeutschland. Mir ein Rätsel, wie die das schafften. Ich war so müde und zugleich aufgewühlt, daß ich froh war, in Ruhe zu abend essen und früh schlafen gehen zu können …
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Mit realem Gefängnis hat das nicht viel zu tun. Aber interessant ist´s doch
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RE: Kerker
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Datum:03.12.09 22:58 IP: gespeichert
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Und so war´s 2007 im (jetzt meines Wissens nicht mehr existierenden) "Notre Damm":
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»Sind wir hier bei ›Wünsch dir was‹, oder wie!?« Als »Gefangener« im Notre Damm
Wenn man von hier nach Westen wandert, kommt man in ein Sumpfgebiet, gefährlich wie die Sümpfe, die das Gefängnis Dartmoor umgeben. Naturschutzgebiet. Ihr großer Hund habe sich einmal zu tief dort hineingewagt und sei fast versunken, die Todesangst stand schon in seinen Augen; mit knapper Not habe sie ihn gerade noch retten können, erzählte mir die Herrin des »Gefangenenlagers« und SM-Studios »Notre Damm« hinterher. Hinterher …
Angefangen hatte alles Monate zuvor mit den Interviews zu dem hier vorliegenden Band. Ich war beim Surfen im Internet auf die Website des
Notre-Damm (www.notre-damm.de) gestoßen, hatte Arne Hoffmann darauf aufmerksam gemacht, und schließlich stand ich vor der Notwendigkeit, für einen geplanten Roman ein Titelbild schießen zu lassen. Nach einigem Überlegen beschloß ich, mich dort zwei Tage lang als »Kriegsgefangener« behandeln zu lassen, anschließend die Fotosession zu machen (mit mir als Darsteller) und danach zum »gemütlichen Teil« überzugehen: zwei bis zweieinhalb Tage gewöhnliche »Kerkerhaft« (d. h. ohne »Folter« …)
Eingebettet werden sollte das Ganze in ein Rollenspiel mit viel Dialog, das würde für mich erst den eigentlichen Reiz ausmachen: Überall auf der Welt, so das Phantasie-Szenario, regieren inzwischen Radikalfeministinnen, nur ein Land wird noch halbwegs normal regiert, und als schließlich ein Krieg ausbricht zwischen diesem Land und den vereinigten Amazonenheeren, da gerate ich als wackerer Kämpfer für die gute Sache des Patriar-chats in die Hände der Frauen …
An sich habe ich für »Militärspiele« und -inszenierungen wenig bis nichts übrig, es gibt nur weniges, was ich noch ungeiler finde, aber mit einer auf mich abgestimmten »Story« war das etwas anderes, verbal orientiert, wie ich nun mal bin, und ich freute mich schon auf geschliffene Dialoge beim Verhör unter verschärften Bedingungen … Würde es den Amazonen gelingen, mich zum Verrat meiner in geheimer Mission in Feindinnenland tätigen Kameraden zu bewegen … ?
Leider kam es anders. Aus gesundheitlichen und anderen Gründen könne sie mich leider nicht wie geplant persönlich im Notre Damm empfangen, mailte mir Comtesse Noir kurz vor meiner Anreise. Erst am zweiten Tag meines Aufenthalts werde sie von Hamburg ins Notre Damm zurückkehren. Doch sie habe ja eine tüchtige neue Stellvertreterin: Lucksana Viper.
Die allerdings, erst vor kurzem aus Thailand eingetroffen, sprach noch kein Deutsch und auch nur etwas unbeholfen Englisch, und daß ihr Hobby Kickboxen und ihre Devise »I like it the hard way« waren, war auch kein allzu großer Trost. (Später erfuhr ich im Gespräch, daß sie für thailändische Firmen Webdesign macht und außerdem »fetish art« in Form von Zeichnungen – nicht uninteressant für mich als SM-Verleger, auch wenn sich bislang noch keine Möglichkeit der Zusammenarbeit ergab).
»Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen« liegt es schon, das Notre Damm, unweit der mecklenburgischen Seenplatte und ihren land-schaftlichen Schönheiten. Es liegt in der Mitte eines langgestreckten Straßendorfs mit vielleicht 1000 Einwohnern.
Gleich hinter der Omnibus-Wendeschleife liegt das rund einen Hektar große Gelände mit einem kleinen backsteinroten Einfamilienhaus für die Herrin und die Ihren, einem noch kleineren Nebengebäude und einer riesige Scheune, dem Zaun zur Straße hin, mit Militär-Tarnnetzen verhängt und – nahe dem Tor – mit martialischen Warnschildern versehen, die sogar dem Neubrandenburger Nordkurier aufgefallen waren: »›Achtung: Sie verlassen jetzt die Bundesrepublik Deutschland und betreten besetztes Gebiet‹ Und gäbe es da nicht den vom Amt Gnoien erwirkten Klebestreifen, ginge das Ganze mit ›Vorsicht Schußwaffengebrauch!‹ weiter.« Der Artikel über das Notre Damm erschien am 7./8. Juli 2007, also in der Wochenendausgabe – wenn die Leute reichlich Zeit haben für unterhaltsame Geschichten (sofern sie nicht sowieso arbeitslos sind).
Ich fuhr durchs offenstehende Tor und parkte meinen Wagen neben der Scheune. Minuten später saß ich mit Lucksana draußen mit einem Kaffee in der Sommersonne. Gott sei Dank: Von Cock-and-ball-torture hielt sie auch nichts. Noch ein paar Dinge klären, ein bißchen Konversation: Hat sie keine Angst vor fremdenfeindlichen Skinheads? Nö. Anscheinend hatte sie von denen noch gar nichts gehört. Sie fand es ja (in einem späteren Gespräch) sogar überraschend, daß es hierzulande im August bis nach acht Uhr abends hell blieb.
Auf der Website des Notre Damm las ich später, daß sie ihre Autorität vor allem durch Anschreien des Gefangenen sicherstelle – und dazu gab es Bilder von ihr mit bedrohlich weit aufgerissenen Augen.
Nuuun jaaaa …
»Gerade eben trinkt man noch gemütlich Kaffee, und wenige Minuten später liegt man schon in Ketten in einem modrigen Verlies«, schrieb ein Stammgast über einen seiner Besuche im Notre Damm. Ähnlich war es auch bei mir.
Ich durfte gerade noch mal aufs Klo, dann mußte ich alles bis auf die Unterhose ausziehen. Daß auch die Socken und Schuhe verboten waren, machte mir, der ich schon immer zur Frostbeule tendierte und besonders von Kindesbeinen an unter kalten Füßen litt, besonders zu schaffen. Auch die Brille solle ich besser ablegen, hieß es.
Es folgte ein »Verhör«, das aber wegen der erwähnten mangelnden Sprachkenntnisse etwas unbefriedigend verlief. Mit den Worten »Da hast du Zeit zum Nachdenken!« legte sie mir Hand- und Fußschellen an und sperrte mich in die Dunkelzelle: eine Matratze, umgeben von fensterlosen Wänden. Ein Belüftungsrohr oben in der Wand und eins knapp über dem Boden, beide gewunden angelegt, damit kein bißchen Licht in die Zelle in die Zelle hereinfallen kann – und es muß auch nicht immer die gesunde mecklenburgische Landluft durch die Röhren strömen, seid gewarnt, ihr Häftlinge in spe …
Einen kleinen »Schönheitsfehler« hatte die Dunkelzelle allerdings noch: Durch Ritzen am Türscharnier konnte man nach draußen sehen. (Die Zelle blickdicht und vor allem noch schalldicht abzudichten sei zu teuer, so die Herrin später in ihrem Forum.) Aus meiner Sicht angenehm und beruhigend: So wenig zimperlich ich bei Rohrstockhieben auf den Hintern bin, so große Schwierigkeiten habe ich, mich bei solchen »Gefängnisszenarien«, so geil sie in der Phantasie auch sein mögen, völlig vertrauensvoll »fallenzulassen«. Als ich mich also an diversen Phantasien aufgegeilt und abreagiert hatte, wurde ich allmählich unruhig. Am unangenehmsten war mir der Entzug meiner Armbanduhr, die »Zeitlosigkeit«, die er auslöste.
Durch die Türritzen konnte man sehen, wie draußen die Abenddämmerung einsetzte. Das Kinderlachen und Rasenmäherknattern in der Ferne hatte aufgehört. Wie spät mochte es jetzt sein? Wohl so gegen zehn … Wie lang muß ich noch hierbleiben? Etwa bis morgen früh? Scheiße, und ich hab nix zu trinken … und auch keinen Pinkeleimer, und der Kaffee muß raus … Mist.
Ich behalf mir ähnlich wie einst im OWK-Kerker: Ich pinkelte mir in kleinen Portionen in die hohle Hand und trank es dann selbst …
Ich war erleichtert, als Geräusche endlich davon kündeten, daß Lucksana wieder da war, daß die Stunden des Alleingelassenseins ein Ende hatten. Draußen wurde das Licht angeknipst.
Ich klopfte laut an die Tür, rief, daß ich mal müßte (mußte ich auch – trotz meiner Notmaßnahme). Sie öffnete schimpfend, stellte mir einen Eimer ’rein; als sie sah, daß ich über ihr Kommen wirklich erleichtert war, durfte ich ’raus und im gynäkologischen Stuhl ein wenig entspannen, leicht an den Stuhl gefesselt zwar, aber immerhin. Ein bißchen Konversation – bei der aber Vorsicht geboten war: Freundlich gemeinte Bemerkungen bekam sie leicht in den falschen Hals (– absichtlich?). »Ich hätte nicht herkommen sollen«, sagte ich in einem Anflug von Selbsterkenntnis. Irgendwie plagte mich in Kerkern oder Fesseln immer der Alptraum, vergessen zu werden – oder daß der einzige, der von meinem Aufenthaltsort weiß, plötzlich von einem Herzinfarkt oder so dahingerafft wird und daß es dann auch mit mir aus und vorbei ist, nur langsamer und qualvoller. Ganz unwahrscheinlich eigentlich – aber die Angst ist da und kann sich gelegentlich zu einer Panik steigern …
Immerhin habe sie zur Nacht einen »luxury room« für mich, meinte Lucksana ironisch lächelnd. Ich wußte dank Internet schon, was mich erwartete: Falltür auf, Leiter ’runterschieben, ’runter in ein finsteres Loch, einen Tiefkerker von vielleicht zehn Quadratmetern, auf dessen Boden ständig knöcheltief das Wasser schwappte; in trockenen Sommern wurde es mit dem Gartenschlauch aufgefüllt … Für den hier untergebrachten Gefangenen gab es eine seitlich herunterklappbare schmale Wandpritsche. Aber noch durfte ich es mir nicht »bequem« machen. Bibbernd saß ich, mit nichts als meiner Unterhose bekleidet, auf einem Holzklotz, die Füße auf einer halbwegs aus dem Wasser ragenden Palette, dem einzigen halbwegs trockenen Flecken hier auf dem Fußboden. Bestimmt eine Stunde saß ich so, die Arme eng um den Körper geschlungen. Frieren ist ganz und gar unerotisch … und das alles im August, bei sonnigem Sommerwetter von tagsüber 25 Grad … Wie mag es da erst im Winter sein? (Ja, auch im Winter hat dieser Kerker mitunter Insassen, dann aber wenigstens in Thermo-Schlafsäcken oder
so …)
Endlich kam Lucksana wieder, und ich erhielt die Erlaubnis, die Pritsche auszuklappen. Zwei Decken gab’s außerdem (»eine mehr als gewöhnlich! Aber vielleicht wird die wieder entzogen!«), als »Abendessen« gab’s steinhartes trockenes Brot, das man erst mal mühsam bröckchenweise aus der Dose kratzen mußte, irgend etwas (wieder Brot?) in so strammer Plastikverpackung, daß sie ohne Schere oder Messer kaum aufzubekommen war, außerdem eine Flasche Mineralwasser (»aber die muß die ganzen zwei Tage reichen!«), außerdem ließ Lucksana mir kurioserweise eine Gasmaske da mit der Bemerkung, möglicherweise würde ich die ja brauchen. Mir wurde etwas flau zumute, hatte ich doch im Vorfeld meines Aufenthalts mit Comtesse Noir in Mails die Frage angerissen, was sie unter der »Gasbehandlung« verstand, die sie anbot …
Lucksanas Abschieds- und Gutenachtgruß bestand aus zwei Holzstumpen, die sie durch die Luke zu mir herunterwarf, so daß das Wasser hoch aufspritzte und leider auch mich und meine Decke traf …
Ich war erleichtert, als nach kurzer Finsternis eine bläuliche, zugleich triste und grelle Notbeleuchtung eingeschaltet wurde und das geschäftige Trappeln über mir irgendwann aufhörte. Aha, doch »Feierabend«, dachte ich. Da kann ich’s mir ja nun bis morgen früh »gemütlich« machen.
Als jedoch ein, zwei Stunden später das normale Licht in meiner Zelle anging und die Geschäftigkeit über meinem Kopf erneut begann, war ich sofort wieder hellwach und mißtrauisch. Zu Recht: Mit einem heftigen Zischen wurde durch den schrägen Lichtschacht über meinem Kopf ein nebliges Zeug in meine Zelle gepustet und füllte diese in Sekundenschnelle bis in den letzten Winkel aus, begleitet von einem entsetzt-angeekelten »Ääh!!« meinerseits. In Panik griff ich nach der Gasmaske, stellte aber nach ein paar Schrecksekunden fest, daß es sich nur um lästigen, aber harmlosen »Diskonebel« handelte. Klar – bei Lichte (und ohne Nebel) betrachtet, würde eine Domina niemals (wissentlich) etwas tun, was einem zahlenden Gast ernsthaft schaden könnte – nur ist der nüchterne Verstand in solchen Momenten in der Nacht eher abgemeldet … Psychoterror vom feinsten …
»Are you okay?« hörte ich Lucksana nach einigen Momenten von oben fragen.
»Ja!« rief ich auf englisch zurück. »Aber mach das bitte nicht noch
mal!«
Und nun war tatsächlich Ruhe bis zum Morgen. Die Notbeleuchtung ersetzte wieder das weiße Licht. Konnte ich anfangs kaum die Hand vor Augen sehen, so lichtete sich nun der Nebel von Minute zu Minute. Im Wasser gluckste und plätscherte es – irgendwelche Lurche, Amphibien, Frösche. Letztere sollen gelegentlich auch mal über die Insassen hinwegspringen.
Die Pritsche war so schmal, daß man selbst bei größter Sorgfalt kaum verhindern konnte, daß irgendwann mal ein Zipfel der Bettdecke ins Wasser hing, vor allem wenn man mal kurze Zeit richtig einschlief.
Länger als jeweils ein paar Minuten konnte das allerdings kaum gewesen sein, das verhinderten schon meine kalten Füße. Keine Methode des An-wärmens funktionierte, weder Reiben noch Autogenes Training. Zum Essen, Trinken und Pinkeln mußte ich mich sowieso erheben und mit den Füßen wieder ins kalte Naß tauchen, anders ging es nicht.
Einige Hardcore-Stammgäste sollen es hier unten schon bis zu sieben Nächte lang ausgehalten haben, tagsüber nur herausgeholt für irgendwelche Folterungen. Doch auch dem »Rekordhalter« sei es einmal passiert, so Comtesse Noir später mir gegenüber, daß er »eine Woche bestellt« habe, aber bereits in der zweiten Nach in dem muffigen Loch angefangen habe zu kriseln, »da fing das Ganze an zu kippen.« Und da habe sie ihm noch eine Supersession spendiert, und mit dieser hätten sie den auf zwei Tage verkürzten Aufenthalt dann ausklingen lassen.
Teure Session, kann man dazu nur sagen, denn das zu viel bezahlte Geld wird nicht zurückerstattet – nicht die einzige Parallele zum tschechischen OWK, als dessen rustikalere Variante sich das Notre Damm auch sieht. Hier wie dort ist eine vorzeitige Entlassung aus einem einmal gebuchten »Erziehungsaufenthalt« nur möglich aus »ernsten beruflichen, familiären oder gesundheitlichen Gründen«, so heißt es offiziell. (De facto können die dort natürlich keinen gegen seinen Willen dabehalten, das wär ja Freiheits-beraubung …)
Hier wie dort ist den »Zöglingen« das Onanieren verboten, sie sollen ja erzogen werden und nicht sich amüsieren – und hier wie dort wird die Einhaltung dieses Gebots nicht kontrolliert …
Daß das Runterholen bei mir trotz Kälte und Nässe noch funktionierte, war ein gutes Zeichen, aber als es hell wurde und sich scheinbar stundenlang nichts regte, hatte ich doch allmählich die Nase gestrichen voll. Durch den (nicht vergitterten) Luftschacht könnte ich zur Not abhauen, dachte ich mir beim Herausschauen und versuchte die Uhrzeit zu schätzen. Bestimmt ist es mal wieder längst nicht so spät, wie du vermutest, dachte ich und versuchte mich in Geduld zu fassen, aber nach mir endlos erscheinender Zeit (draußen tat sich nichts, nur Comtesse Noirs großer Hund war schon unterwegs) fing ich durch den Luftschacht an zu rufen.
Nach einiger Zeit erschien Lucksana, bereits voll aufgedreßt und auch ziemlich ungehalten. Sie bestimme, wann ich ’rausgelassen würde, nicht ich, schimpfte sie; auch schätze sie es nicht, morgens noch unvollständig zurechtgemacht loshetzen zu müssen.
Immerhin ließ sie mich trotzdem aus dem Verließ ’raus, und ich durfte mich einige Zeit lang, im Gynstuhl angebunden, erholen – das tat
wohl.
Dann erschien sie wieder, verkündete ironisch, nach all der kühlen Feuchte bräuchte ich nun dringend Sonne und Wärme, und zog mich so rasch durch die Halle und über den Rasen (»Nicht so langsam! Los!«), daß die Fußschellen, die ich jetzt wieder trug, schmerzhaft in die Knöchel ein-
schnitten.
Draußen wurde ich von ihr an den Pfahl gebunden, an den Marterpfahl gewissermaßen. Anschließend verband sie mir die Augen und umwickelte mich stramm mit breiten Bahnen Plastikfolie; mit Mühe, aufkeimender Panik und energischem Kopfschütteln erreichte ich wenigstens, daß Mund und Nase frei blieben.
»Enjoy the sun!« rief Lucksana mir noch fröhlich-ironisch nach, dann war sie verschwunden. Aha, Schwitzkur war also angesagt. Es herrschte jenes Wetter, das im Wetterbericht »heiter bis wolkig« genannt wird. Solange ein Lüftchen wehte und Wolken die Sonne verdunkelten, war es sogar ganz angenehm. Sobald es aber windstill wurde und dazu noch die Sonne wieder hinter den Wolken hervorkam, wurde es unerträglich heiß – wie unterm Brennglas …
Und das soll so weitergehen bis morgen abend? Mit einer Flasche Mineralwasser? Allmählich wurde mir klar, daß ich den angestrebten Fototermin morgen abend nicht mehr in arbeitsfähigem Zustand erreichen würde, wenn es so weiterging. Das sagte ich Lucksana auch, als sie nach ich weiß nicht welcher Zeit wiederkam. Ich hätte mich überschätzt und wolle – Geld hin, Geld her – abbrechen, um hier auf Comtesse Noir zu warten, die ja heute von Hamburg her eintreffen wolle.
Lucksana verstand mich, befreite mich aber zunächst nicht, sondern fesselte mich nur etwas lockerer an den Pfahl und entfernte sich dann wieder.
Einige Zeit später kehrte sie zurück, band mich los und führte mich in dem großen Gebäude, der ehemaligen Scheune, in eine kahle Zelle an der Au-ßenwand, mit Milchglasfenster, fragte mich dann, ob ich noch ein Spiel mit ihr wollte. Nun, wenn’s nicht zu doll ist, kann ich eine Session schon noch vertragen, dachte ich und bejahte. Dann müsse sie noch etwas holen, antwortete Lucksana, schloß mich in meine Zelle ein und verschwand.
Es wurde still. Die Zeit verrann. 20 Minuten. 30 Minuten. Vielleicht 30 Minuten – ich hatte ja immer noch keine Armbanduhr. Um Himmels Willen, wie lang braucht die denn, um den für die Session nötigen Kram zusammenzusuchen? Inzwischen hatte ich jede Lust auf Sessions, gleich welcher Art, verloren und wollte nur noch abbrechen. Komplett abbrechen. Als ich wieder Geräusche im Gebäude hörte, bummerte ich daher in regel-mäßigen Abständen an die Leichtmetalltür meiner Zelle und rief laut: »Lucksana, please open the door!«
Endlich erfüllte sich mein Wunsch. Lucksana öffnete und kam herein, ich war schon dabei, dankbar und erleichtert einen Schritt vor die Zelle zu machen, da sagte sie hinter mir: »No – please don’t go out!« Es klang wie ein ehrlich bekümmertes: »Bitte, bitte nicht die Spielregeln brechen!«
Wenigstens hatte Lucksana jetzt begriffen, daß ich wirklich keine Lust mehr hatte. Ob ich am Handy mit Comtesse Noir sprechen wolle? Nein, ich würde warten, bis sie persönlich da sein würde. Kann ja nicht mehr allzu lange dauern.
Ich könne oben im »Café« auf Comtesse Noir warten (und mich dabei frei bewegen) oder hier unten in der Zelle; wenn ich aber in der Zelle bliebe, dann müsse entweder die Tür verschlossen bleiben (und ich eingesperrt), oder ich müsse mit einem Handgelenk an die Wand gekettet werden; dann könne die Zellentür offen bleiben …
Das klang irgendwie logisch. Entweder man war Gefangener, oder man war es nicht. Ich entschied mich natürlich fürs »Café«, eine Art Teeküche im Obergeschoß, ergänzt durch ein Sofa und ein flaches Doppelbett – hier konnte man es sich gemütlich machen. Eine Zeitlang trug ich noch die unbequemen Fußketten, bis Lucksana sie mir abmachte. Sie hatten tiefe Rillen an den Knöcheln hinterlassen.
Ich ging spazieren, sah meine Zelle von außen. Wär ja wirklich bescheuert gewesen, diesen herrlichen Spätsommertag – einen der letzten vielleicht – untätig in dieser dämlichen kleinen Zelle zu verbringen.
Draußen war’s zwar auch nicht sonderlich aufregend, aber wenigstens war’s ein schöner Tag, und es war noch Bier im Kühlschrank … Das war auch ganz gut so, denn die Dorfstraße bot weder eine Bierkneipe noch irgendeinen Laden. Das Notre-Damm-Gelände bot auch nicht mehr viel zu erkunden. Neben meinem Dacia stand jetzt ein Wagen mit Pariser Nummer; offensichtlich ein inzwischen gekommener neuer »Gefangener«.
Natürlich hatte ich mir inzwischen wieder meine Klamotten angezogen und meine Armbanduhr angelegt. Erst gegen Abend traf die Comtesse ein. Hätte ich ohne Uhr in der Zelle warten müssen, ich hätte sicher wieder Zustände gekriegt …
»Du bist schon im Abflug?« fragte mich Comtesse Noir, als sie die Stufen zum Café heraufkam.
»Nein, ich hab mich nur maßlos überschätzt …«
Wir kamen darin überein, die Fotosession noch diesen Abend zu machen (statt 24 Stunden später). Ich brauchte ein oder mehrere Titelbilder für eine Romantrilogie, die die Entführung und Abrichtung eines Sklaven zum Inhalt hatte. Ein Bild wie das auf der Startseite der Notre-Damm-Website (www.notre-damm.de) wäre gerade richtig … (Schauen Sie, verehrter Leser, doch mal bei Tag und mal bei Nacht auf diese Startseite – nachts wird ein bei Nacht aufgenommenes Bild gezeigt und tagsüber dasselbe Motiv, nur bei Tage aufgenommen. – Von der Comtesse erfuhr ich sogar, daß der an das Scheunentor gefesselte Sklave ein flüchtiger Bekannter von mir war).
Leider war das Scheunentor inzwischen mit Militär-Tarnnetz behängt. (Schaulustige aus dem Dorf hatten wiederholt durch die breiten Ritzen des Holztors gespäht, vor allem bei Film-Dreharbeiten). Vor dem Tor war inzwischen überdies eine Grube für die zu filmenden Schlammringkämpfe gegraben worden, so daß ich von der Grube aus mit einer Leiter über drei Meter hätte hochklettern müssen, dann dort auf einem Balken balancieren und hoch über meinem Kopf meine Handfesseln mit dem Karabiner an den Ring am Tor einklinken – nein danke. Ich bin nicht schwindelfrei.
Schließlich schossen wir in verschiedenen anderen Posen und mit verschiedenen Perspektiven und Beleuchtungen mehrere Fotoserien – mit guten Ergebnissen, muß ich sagen. Die Auswahl der besten fällt wirklich schwer … Vorher noch den Schädel kahlrasieren, und ein paar Striemen ließ ich mir vorher von der Lady noch auf den Hintern applizieren, von denen man aber im Scheinwerferlicht nicht mehr viel sah. (Die Lady stöhnte: »Hast du ’ne Lederhaut?« Bei mir sieht man stets relativ wenig Spuren). Ja, Modeling ist schon richtig Arbeit …
Bis zu meiner Abreise morgen früh könne ich es mir ja auf dem Doppelbett im Café bequem machen, sagte die Comtesse, doch ich widersprach mit wiedergekehrter Lust: Die letzte Nacht könnte ich ja doch stilvoll in der Kerkerzelle mit Fenster verbringen, mit Brille, Armbanduhr und Socken, aber auch mit meinem Neosteel-Keuschheitsgürtel.
Bisher hatte ich den maximal ein paar Stunden getragen – »und jetzt gleich eine ganze Nacht lang!?« fragte die Comtesse skeptisch-besorgt.
»Wenn ich nur liege und nicht auf den Beinen bin, geht das schon«, entgegnete ich. Außerdem ist der Gürtel durch meine Gewichtsabnahme so an-genehm locker geworden, daß ich ihn zur Not sogar abstreifen könnte, ergänzte ich in Gedanken. Allerdings könnte ich ihn danach wohl nicht mehr so ankriegen, wie er vorher war …
»Bequem ist das aber nicht!« sagte die Comtesse mit Blick auf mich, wie ich im stählernen KG auf der hölzernen Pritsche saß. »Na gut – jeder, wie er mag.« Und schloß die Tür von außen und drehte den Schlüssel ’rum.
Nachtruhe kehrte danach im Notre Damm allerdings noch lange nicht ein. Immer wieder wurde es draußen vor dem Fenster laut, und auch aus dem »Verhörraum« nebenan war einiges zu hören: Lucksana und Fotograf Sven verhörten offenbar den Franzosen. In holprigem Englisch machten sie ihm klar, daß die Genfer Konvention hier im Notre Damm nicht galt …
Endlich war es wieder ruhig, jedenfalls was menschliche Stimmen anbelangte. Dafür entlud sich jetzt ein gewaltiges Gewitter, krachender Donner und sintflutartig rauschender Regen. Gern hätte ich mir das durchs offene Fenster angeschaut, aber ich konnte das Fenster ja leider nicht öffnen. (Am anderen Morgen stellte ich dann verblüfft fest, daß der Fenstergriff, der am Nachmittag gefehlt hatte, auf einmal wieder da war, ja schon die ganze Nacht über dagewesen war, so daß es doch möglich gewesen wäre. Er war lose aufgesteckt, und man konnte ihn ganz leicht entfernen oder wieder aufstecken, je nachdem, ob man dem Häftling den Blick aus dem Fenster gestatten wollte oder nicht …)
»Na, schon ganz wundgescheuert?« fragte die Comtesse anderntags nach dem »Zellenaufschluß« morgens um neun.
»Nö, durchaus nicht«, erwiderte ich.
Im Vorfeld meines Besuchs hatten wir zwei per Mail das Wichsverbot und seine Durchsetzung und Überwachung diskutiert. Ich hatte geschrieben, daß ich meinen Neosteel-Keuschheitsgürtel keinesfalls mehrere Tage lang tragen könne, höchstens mal über Nacht (das wollte ich, da vorher noch nie praktiziert, eigentlich vor meiner Abreise zu Hause noch mal üben, kam aber mal wieder nicht mehr dazu). Die Comtesse hatte erwidert, dann müsse eben durch entsprechende Fesselungen sichergestellt werden, daß ich da nicht ’rankönne mit meinen Fingerchen …
Ich: »Ich bin jetzt doch neugierig auf Ihre Anti-Wichs-Fesselungen. Ich möchte gern einen Tag verlängern.«
Sie: »Einverstanden. Aber heute vormittag hab ich Termine in der Stadt. Erst mittags bin ich wieder hier. Bis dahin mußt du eben einfach
warten.«
Und fort war sie – und ich wieder alleine in meiner Zelle. An einer Seite hatte diese Zelle eine große, von einem rechteckigen Blech verkleidete Lüftungsklappe, eingebettet in bröseligen Putz – hier könnte man zur Not ausbüxen, wenn man wollte …
Der Franzose hatte die Nacht offenbar in dem muffigen Tiefkerker verbracht. Irgendwann hörte ich durch die Luftklappe, wie Lucksana ihn herausholte. Auf ihre Frage, wie es ihm gehe, antwortete er mit schwacher Stimme »schlecht« oder »nicht so gut«, genau weiß ich’s nimmer. So so, er hat dieses nasse Loch also auch nicht besser vertragen als ich …
Als Comtesse Noir endlich wieder da war (später als geplant), schlang sie mir eine Kette um meine Hüften und fesselte mir dann die Hände auf den Rücken und verband sie mit der Kette. Nützt aber nix, stellte ich experimentell fest, als SIE wieder fort war. Nützt gar nix. Der Hüftgürtel ließ sich nämlich seitlich um die Hüfte verdrehen … Es war ein schnell erreichter, sehr intensiver Orgasmus.
Ein, zwei Stunden lang bekam ich eine Fesselung, bei der meine Hände relativ eng mit einer Kette an ein aus derselben Stahlkette geformtes »Halsband« gefesselt waren. Damit könne ich nun wieder meine Wasserflasche, aber nicht meine guten Sachen erreichen, erläuterte die Comtessa der neugierig zusehenden »Lerndomina« Lucksana. So? Also im Schneidersitz und vorgebeugt konnte ich noch ganz andere Dinge erreichen als nur die Wasserflasche, ermittelte ich wenig später erneut experimentell.
(Das einzige, was vermutlich wirklich sicher ist: Die Hände einzeln an die Wand ketten, möglichst weit auseinander, und den Häftling in Windeln legen, eventuell seine Füße auch anbinden).
Am späten Nachmittag wurde ich aus meiner Zelle geholt und in die große Halle gebracht, den Mittelpunkt der ehemaligen Scheune, dort, wo auch die Fotosession stattgefunden hatte. Hinknien. Kapuze übern Kopf. Sprechen nur, wenn man gefragt wird, z. B.: »Ist elektrischer Strom für dich ein Tabu?« Oh Gott, plant die etwa für die kommende Nacht ein »militärisches Verhör« mit ihrem zu Elektroschockzwecken umgebauten Feldte-lefon? fragte ich mich und dachte an unsere diesbezügliche E-Mail-Korrespondenz im Vorfeld meines Besuchs.
Aber nein, sie hatte nur an die leicht brutzelnden Hiebe gedacht, die sie meinem Hintern mit einer Elektro-Fliegenklatsche verabreichen wollte und auch tatsächlich verabreichte. Eigentlich nicht der Rede wert, aber »für manche ist Elektro ein absolutes Tabu«, so erklärte es mir die Comtesse am nächsten Tag. Da hatte ich nun den halben Abend lang unnötig vor einer Elektro-Session gebibbert, die in Wirklichkeit längst vorüber war …
Zuvor hatten mich Lucksana und die Comtesse die Treppe hinuntergeführt – ich hatte ja die Kapuze überm Kopf –, und nach der kurzen Session führten sie mich irgendwohin, wenige Meter nur, lehnten mich sitzend irgendwo an und schärften mir ein: »Wenn wir irgendwann wiederkommen, dann ist die Kapuze noch über deinem Kopf – klar!?«
Aber ein bißchen gucken wird man doch noch dürfen, dachte ich und hob später, als alles ruhig war, verstohlen die Kapuze. Ich war in einem Metallkäfig im Zentrum der weiten Halle angekettet. Sägemehl am Boden, die seitlichen Gitter übermannshoch, nach oben hin offen. Das Ganze hatte irgendwie so einen Touch von Zirkus und Raubtierkäfig … Brav setzte ich die Kapuze wieder auf.
Irgendwann kam eine der zwei Ladies wieder, nahm mir die Kapuze ab, kettete mich los, gab mir einen Fragebogen zu meinen Neigungen zum Ausfüllen (ist das nicht ein bißchen spät jetzt?), und ich durfte es mir mit Decken im Sägemehl des Käfigs bequem machen. Danach ging die Lady zu dem großen Sarg zehn Meter weiter, klappte einen Teil des Deckels hoch und sprach flüsternd mit jemandem. Erst jetzt merkte ich, daß ich hier nicht allein war. Offenbar erholte sich der Franzose im »gemütlichen« Sarg von seiner Nacht im modrigen Verlies.
Auch ich machte es mir bequem. Wieder prasselte ein Gewitterguß herunter, ein donnerndes Geräusch auf dem ungedämpften Hallendach, viel lauter, als man es sonst gewohnt ist. Soll ich etwa die ganze Nacht hier bleiben?
Nein. »Und das war’s dann bis morgen früh?« fragte ich die Comtesse, als sie mich wenig später aus dem Käfig holte. »Schau’n wer mal«, erwiderte sie vielsagend und schloß mich wieder in meine Zelle ein. Aha – also kommt doch noch was …
Ich solle den Fummel anziehen und mich schminken, sagte Lucksana, als sie mir einige Zeit später aufschloß, und stellte mir gnädigerweise sogar ihre eigenen Schminkutensilien zur Verfügung.
Nun war ich in Verlegenheit, denn für meine eigenen TV-Phantasien hatte mir immer weitgehend die Phantasie gereicht – die ist sowieso fast immer besser als die Realität –, allenfalls dann und wann ein Fummel, aber die Kunst des Schminkens beherrschte ich gar nicht, schon gar nicht in einer unbeleuchteten Zelle in der Abenddämmerung …
Lucksana erkannte mein Defizit, half mir sehr freundlich, und dann wurde es ernst: In Ultra-High-Heels ging’s die Treppe hoch, und dann hieß es im Fummel und auf Knien das Bad putzen. (Wenn man ankreuzt, daß man TV-Rollenspiele mag, kommt immer so was ähnliches heraus …)
Anschließend sollte ich mir vor Lucksana einen abwichsen – keine ganz leichte Sache, so »abgenudelt«, wie ich bereits war. Aber es klappte – und immerhin war so der »Ertrag« geringer, den ich anschließend vom Fliesen-boden auflecken »durfte« …
Bevor sie mich wieder in meine Zelle einschloß, entschuldigte sich Lucksana noch ganz süß, daß sie vielleicht etwas getan habe, was mir echt unangenehm sei, aber sie sei nun mal nur angestellt und müsse sich an die »Dienstvorschriften« halten … (Bei einer anderen Gelegenheit zuvor hatte sie schon mal den Fenstergriff entfernen wollen, es aber auf mein Bitten hin doch unterlassen).
Eine letzte Nacht in der Zelle, in halb weiblichen Kleidern (Strümpfe, Body) und mit angelegten Handschellen. In der benachbarten Dunkelhaftzelle kurierte der Franzose laut schnarchend sein Schlafdefizit aus.
Am anderen Morgen um neun »Aufschluß« durch die Comtesse, Duschen, Gespräch mit ihr im »Café«.
»Anfangs, als die Halle noch nicht fertig war, war der Kerker noch unter meinem Wohnhaus. Da hatte ich mal einen Gast, der hatte seinen eigenen Sträflingsanzug mitgebracht, und morgens machte der auf einmal einen Mordslärm. Das hätte ich normalerweise einfach ignoriert, aber dann klin-gelte auf einmal mein Handy, und auf dem Display sah ich, daß er das war. Er hatte sein Handy wohl mit dem Sträflingsanzug mit hineingeschmuggelt. Er sagte mir, daß er dringend ein Herzmittel nehmen müsse. Ich war stinksauer! Mir so etwas nicht vorher zu sagen!«
Man sieht, die Comtesse ist verantwortungsvoll; das Restrisiko, daß auch einem Gesunden mal was zustoßen kann, während er stundenlang außer Rufweite Svens und der Herrinnen hier eingekerkert ist, muß man eben eingehen – oder auch nicht …
In Ruhe packte ich meinen Kram zusammen und spazierte noch mal übers Gelände, unter anderem um Bilder zu schießen; eine Auswahl davon sehen Sie auf den vorstehenden Seiten. (Absichtlich beschränkte ich mich darauf, fast nur von der Straße aus zu knipsen …) Eine Schlange im Gras nahm eilig vor mir reißaus. In der großen Halle, der ehemaligen Scheune, sollte es sogar Fledermäuse geben – genau wie bis vor kurzem noch im Arbeitszimmer der Herrin im Wohnhaus. Im Rauhputz hingen sie dort an der Wand ’rum … Das Notre Damm liegt eben wirklich am Busen der Natur. An seinem hinteren Ende gibt es keinen Feldweg, sondern übergangslos Äcker und Weiden – trotzdem marschierten hier schon häufig »zufällig« Spaziergänger umher …
Gegen Mittag fuhr ich los. Das Treffen mit befreundeten Eignern eines Traditionsseglers klappte mal wieder nicht – sie hatten wegen widrigen Wetters eine andere Route nehmen müssen, erzählten sie am Mobiltelefon, das ich handyloser Zeitgenosse aus der Telefonzelle heraus anrief, und waren gerade weit entfernt und auf dem Weg nach Südschweden, wenn ich mich recht erinnere.
Am Abend war ich bei Hamburg. Die B 73 ist im Südwesten die Hamburger Ausfallstraße. Nach Cuxhaven führt sie, stark befahren, unfallträchtig, häufig verstopft. Innerhalb der Stadtgrenzen Hamburgs heißt sie »Cuxhavener Straße« und bringt es nach etlichen Kilometern bis auf Hausnummer 540 oder 570, bevor endlich die Stadtgrenze erreicht ist.
Kurz vor der Stadtgrenze befand sich einst eine Kaserne und daneben das Lokal »Haus Fischbeker Heide«, »deutsche Küche«, »Soldatenheim«. An das Lokal angeschlossen ein Gästezimmertrakt; eine Handvoll Zimmer mit einem Bad an einem und einem am anderen Ende des Korridors, die Nacht zu 40,- DM; so hatte ich das in den Jahren 2000 und 2001 kennen- und schätzengelernt. Frühstück gab’s keins, das konnte man sich (außer sonn-tags) rund einen Kilometer weiter ostwärts in der nächsten Supermarkt-Cafeteria besorgen, und für sonstige leibliche Genüsse gab’s den chinesischen Imbiß ein paar Dutzend Meter schräg gegenüber.
Morgens konnte man sich um sieben noch mal gemütlich ’rumdrehen, während man durchs offene Kippfenster hörte, wie der Spieß auf dem Sportplatz die Rekruten beim Frühsport herumscheuchte (da haben wir doch wieder den Militär- und SM-Bezug!).
Doch die Kaserne war nicht mehr in Betrieb, Unkraut wucherte an der Einfahrt, ein Investor wurde gesucht. Auch das einstige Hotel war verwaist, denn wo es keine Soldaten mehr gab, da war auch kein »Soldatenheim« mehr vonnöten. Doch eine gemütliche Pension war nicht weit, knapp jenseits (d. h. westlich) der Stadtgrenze, die chinesische Imbißbude war auch noch da mit ihrem Tsingtau-Bier, und ein paar hundert Meter weiter bediente in einer Kneipe an der B 73 die hübsche Ilona aus Litauen …
Der nächste Tag brachte mich zur Fehnkolonie Papenburg nahe der niederländischen Grenze. Nettes Städtchen (wenn man von der unsympathischen Meyer-Werft absieht, die dauernd verlangt, daß ihretwegen aus Steuergeldern die Ems immer noch tiefer ausgebaggert wird), viele Kanäle, schöne Spaziergänge, hübsche Fotomotive. Für die Jugendherberge war’s schon zu spät, aber es fand sich ein Hotel, das mir ein ganzes kleines Zwei-Zimmer-Appartement billig vermietete.
Am Samstagmorgen saß ich im Papenburger Zentrum in einer Internet-Kneipe – so muß man es wohl nennen, »Internet-Café« hätte es nicht ge-troffen, es war eine richtige Bierkneipe mit Internet-Terminals. Während ich dort meine Mails sichtete, dachte ich verblüfft darüber nach, daß ich, wäre alles nach dem ursprünglichen Plan gelaufen, erst heute morgen aus dem »Notre Damm« entlassen worden wäre – und ich war eigentlich froh darüber, daß es anders gekommen war. Was ich in den zwei Tagen seitdem alles gesehen habe …! Das Notre Damm ist natürlich auch eine interessan-te »Sehenswürdigkeit«, aber, verehrter Leser, verbringen Sie nicht mehr Zeit in öden Kerkerzellen, als Sie sich realistischerweise zutrauen können und wollen.
Wochen später besuchten mich SMer aus Berlin, die über die Hintergründe des Notre Damm und seiner Betreiberin mehr wußten als ich, auch über Persönliches, das vielleicht hinter den Veränderungen im Notre Damm stand. Doch dazu möchte ich nicht mehr sagen … (siehe Vorwort). Lady AlexXandra/Comtesse Noir (zwei Namen für ein und dieselbe Herrin) hat sich jedenfalls mittlerweile komplett nach Hamburg zurückgezogen und das Notre Damm dem Fotografen Sven und der Thai-Domina Lucksana Viper überlassen, die sich bemühen, es weiterzuführen. Die Homepage des Notre Damm wurde angepaßt und ausgedünnt.
Auskünfte über die Erlebnisse der »neuen Alex« , der »Sklavia Alex Nova« gibt ihr Blog http://alex-nova.myblog.de/. Unter »Mein SM« schreibt sie dort: »Als Sklavin bin ich weniger die gehorsame und unterwürfige Dienerin, sondern vielmehr das versaute kleine Miststück, das es zu bändigen gilt. Meine Erfüllung finde ich, wenn ich hemmungslos benutzt werde und dir als Lustsklavin ausgeliefert bin. Allein wenn du mir schon die Hände auf den Rücken fixierst und mir anordnest, meine Beine zu spreizen, spüre ich, wie die Erregung in mir hochsteigt.« Auch Vergewaltigungsspiele und Ohrfeigen schätzt sie.
Falls Sie dies auch einmal selbst ausprobieren möchten, verehrter Leser – hier finden Sie weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: www.studio-labyrinth.com/alex-nova.php
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Tja - gestern Kerkermeisterin und heute Sklavin. Sic transit gloria mundi
Rüdiger
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