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Maria
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Datum:30.12.13 18:35 IP: gespeichert
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Vorwort
»Maria« ist eine von Paul VoF angefangene Geschichte, mich schon länger sehr fasziniert hat. Nachdem Paul schon sehr lange nichts mehr hatte von sich hören lassen, wollte ich einen Versuch starten, diese Geschichte selber fortzusetzen.
Bei diesem Vorhaben war es doppelt schwierig, denn ich musste mir nicht nur eine komplette Story überlegen, sondern ich musste diese Geschichte auch mit den Tatsachen in Übereinstimmung bringen, die Paul in den ersten beiden Kapiteln vorgibt. Trotzdem habe ich es nicht geschafft, alle seine Rätsel zu lösen.
Bedanken möchte ich mich vor allem bei Bastian, ohne den es diesen Versuch wohl gar nicht geben würde und der mich mit vielen neuen Ideen in die richtige Richtung gebracht hat. Genauso geht ein großer Blumenstrauß an Moana, die mir mit ihren nicht immer ganz einfachen Erinnerungen sehr geholfen hat und bei der ich mich auch noch einmal fürs Korrekturlesen bedanken möchte.
Paul hat die Geschichte aus der »Ich«-Form erzählt, ich nehme mir die schriftstellerische Freiheit, in meinen Kapiteln die Perspektive zu ändern.
Nach dem dritten oder vierten Kapitel kam dann eine überraschende Mail von ihm, die mich sehr gefreut hat und die meiner "Maria"-Variante sozusagen den Ritterschlag gab.
Lieber Karl,
entschuldige bitte, das ich dir erst jetzt antworten kann. Bin die ganze Woche beruflich unterwegs gewesen, komme erst jetzt so langsam wieder zur Ruhe. Von wegen, als Selbstständiger kann man sich die Zeit frei einteilen....
[...] Und bitte kein schlechtes Gewissen, was deine Fortsetzung zur Maria-Story angeht ! Du hast doch gar keine Möglichkeit gehabt, mich um eine Zustimmung zu bitten. Meine alte Mailadresse gibt es wohl noch, aber sie ist derart mit Spams vollgemüllt, das ich schon gar nicht mehr wage, sie noch abzurufen. Ich nutze sie schlichtweg nicht mehr, wahrscheinlich sollte ich sie einfach löschen.
Und jetzt zu Maria: Du hattest diese Geschichte schon mal angesprochen, daran kann ich mich noch erinnern. Ob es noch eine Fortsetzung geben würde...
Nun, ich habe diese Geschichte damals in einer besonderen Stimmung geschrieben und nur deshalb ist sie so geworden, wie du sie kennst. Ich wollte die Story ganz langsam aufbauen, den Leser immer nur stückweise mit Informationen versorgen. So, wie in einem gutem Krimi. Ich wollte, das das sogenannte "Kopfkino" angeregt wird, und ich glaube das ist mir ganz gut gelungen. Ja, und ich wollte Maria fortsetzen, doch ich finde einfach diese ganz bestimmte Stimmung nicht wieder, warum auch immer.
Deine Fortsetzung finde ich gut ! Das ist wirklich gut gelungen ! Natürlich drückst du der Story in diesem Teil deinen eigenen Stempel (Schreibstil, Perspektive des Erzählers und auch Inhalt) auf, aber das ist okay. Du siehst, ich bin einverstanden ! [...]
Bis bald
PaulVoF
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RE: Maria Kapitel 1 - Der neue Schüler
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Datum:30.12.13 18:37 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 1 - Der neue Schüler
Autor: Paul VoF
"Guten Morgen."
"Guten Morgen" kam es deutlich leiser aus der Klasse zurück.
Herr Peters nickte kurz, er schien die einstimmige, aber sehr müde klingende Begrüßung als völlig normal zu empfinden.
"So, ich möchte euch einen neuen Mitschüler vorstellen. Das ist Paul, und er wird ab sofort am Unterricht der Klasse teilnehmen."
´Viele Augen, voller Neugier. Ja, ein Neuer, seht mal alle her. Neugier, Argwohn, was noch alles war zu erkennen ?´
Ich bemühte mich ruhig zu bleiben, hoffte, das mein Gesicht nicht zeigte, wie unsicher ich doch war. Zaghaft nickte ich mit dem Kopf, versuchte freundlich zu wirken.
Seit einigen Tagen wohnte ich in der Stadt, meine Großmutter hatte mir ein Zimmer in ihrem Haus angeboten. Ich hatte ihr Angebot schnell angenommen, bot es mir doch die Möglichkeit, dem Alltagsgrau einer Kleinstadt zu entkommen. Meiner Mutter war es Recht, unser Verhältnis in den letzten Monaten hatte sich immer weiter verschlechtert. Wir verstanden uns einfach nicht mehr so gut. Ihre Probleme interessierten mich nicht, handelten sie nur zu oft vom Arbeitsalltag im Büro ihrer Firma. Meine Sorgen und Bedürfnisse schien sie oft gar nicht wahrzunehmen, so beschäftigt war sie immerzu. Solange meine Schulnoten sich nicht verschlechterten, war für sie die Welt in Ordnung.
Meine Großmutter hingegen war froh, das ich mich bei ihr eingerichtet hatte. Sie mochte es, wenn es im Haus lebhaft zuging. Trotz ihres hohen Alters hatte sie all die Jahre darauf bestanden, das ich die Sommerferien bei ihr verbrachte. Immer hatte sie ein offenes Ohr für mich, hatte Spaß daran, sich mit jungen Leuten zu unterhalten.
Die Stimme von Herrn Peters riss mich aus meinen Gedanken.
"Einen Platz haben wir noch frei, Paul. Setz dich bitte in die zweite Reihe neben Maria." sagte er, während er mit dem Finger auf den angewiesenen Stuhl zeigte.
Ich nickte wortlos, packte meine Schultasche und nahm neben dem Mädchen Platz.
"Hallo" sagte ich leise, während ich mich auf den Stuhl setzte.
"Hallo" flüsterte sie leise zurück, mir einen schnellen, schüchternen Blick zuwerfend. Herr Peters begann unverzüglich mit dem Unterricht. Mathematik war das Thema, dem er sich mit großer Energie widmete.
Nachdem die Hausaufgaben zügig durchgesprochen waren, begann er, einige geometrische Figuren auf die Wandtafel zu zeichnen. Minutenlang erklärte er verschiedene Formeln, zeigte Berechnungsmöglichkeiten für Winkel, Flächeninhalte usw. auf.
Auf die Frage, ob noch Fragen offen waren, erhielt er aus der Klasse keine Rückmeldungen.
"Ja, wenn alles verstanden worden ist, dann wollen wir das Thema noch etwas vertiefen."
Neue Zeichnungen entstanden an der Tafel, ergänzt durch Zahlen- und Winkelangaben.
"Möchte jemand freiwillig diese Aufgabe lösen ?"
Eine Hand hob sich in die Höhe, worauf Herr Peters nur lächelte.
"Nein Christian, bei dir bin ich mir sicher, das du es richtig lösen wirst. Aber wie wäre es mit dir, Maria ? Komm doch mal bitte an die Tafel."
Das Mädchen neben mir erhob sich langsam, um dann nach vorne zu gehen. Dort nahm sie die Kreide entgegen, und begann langsam, einige Werte zu errechnen. Alles was sie aufschrieb, erklärte sie mit ihrer leisen, aber festen Stimme.
Hatte ich sie vorher nur ganz kurz und verstohlen mustern können, so hatte ich jetzt die Gelegenheit, sie eingehender zu betrachten.
Maria hatte eine recht helle Haut, ja man konnte ihr Gesicht fast als blass bezeichnen. Ihre Wangen waren vor Aufregung leicht gerötet, was sie aber nur noch hübscher machte. Sanfte Gesichtszüge schmückten ihr Gesicht, gaben ihr ein sehr freundliches Aussehen. Die langen blonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der auf ihrem Rücken bis zu den Schulterblättern reichte.
´Sie ist hübsch, nein sie ist schön. Nein, der falsche Ausdruck. Sie ist irgendwie ganz anders, sie unterscheidet sich.´
Eine weite Bluse aus hellblauem Stoff bedeckte ihren Oberkörper vollständig. Trotz des warmen Sommerwetters trug sie lange Ärmel mit breiten Manschetten. Noch auffälliger aber war der hohe, vollständig zugeknöpfte Stehkragen, der bis unter ihr Kinn zu reichen schien.
Passend zur Bluse war auch der Rock. Ein dunkelblauer Baumwollrock, der leicht schimmerte und in weiten, schweren Falten bis über Marias Knie herabfiel. Unter dem Saum sah ich Stiefel aus dunkelbraunem Leder, mit einem nicht zu hohen Absatz.
Ihre gesamte Kleidung schien sorgfältig aufeinander abgestimmt zu sein. Alles passte perfekt zueinander, die Kleidung schien wie aus einem Guß gemacht zu sein.
´Es sieht streng aus, ja ihre Kleidung wirkt streng. Oder mehr züchtig ? Ihr muß doch warm sein, in dieser Bluse, mit dem engen Kragen. Ein langer Rock, dazu Stiefel im Hochsommer ?´
Inzwischen war Maria mit ihren Lösungswegen an der Tafel ins Stocken geraten. Sie hatte gut angefangen, aber jetzt schien sie nicht genau zu wissen, wie sie weitermachen musste. Herr Peters gab ihr einige Hinweise und mit seiner Hilfe konnte sie nach einiger Zeit tatsächlich ihre Aufgabe erfüllen. Es schien ihr schwer zu fallen, Mathematik war sicherlich nicht Marias Lieblingsfach. Zu ihrer großen Erleichterung konnte sie sich bald hinsetzen und Herr Peters begann wieder, die Wandtafel mit neuen Aufgaben zu füllen.
"Wir wollen doch mal sehen, wie gut sich unser Neuzugang auf Geometrie versteht. Paul, meinst du, das du diese Aufgabe lösen kannst ?"
´Oh, die Feuertaufe. So schnell ?´
Ich nickte und begab mich nach vorne. Nachdem ich kurz nachgedacht hatte, begann ich die geforderten Werte zu errechnen. Es war gar nicht schwer, und so hatte ich die Aufgabe im Handumdrehen gelöst.
Herr Peters nickte anerkennend.
"Das ging ja wirklich schnell. Da es wohl ein wenig zu leicht war, wollen mal einige Werte verändern."
Er wischte einige Teile der Zeichnung weg, ersetzte sie durch neue Striche und Zahlenangaben.
Auch hier hatte ich zum Glück keine Schwierigkeiten. Ausführlich erklärte ich den Lösungsweg und schrieb alles sorgfältig auf.
"Danke Paul, das reicht mir. Viel besser hätte ich das auch nicht erklären können."
Ich nickte und setzte mich wieder hin. Auf dem Weg zu meinem Platz spürte ich deutlich die Blicke meiner Mitschüler, ihre Neugier schien noch mehr zugenommen zu haben.
Irgendwann klingelte es schließlich zur Pause. Alle atmeten erleichtert auf, jeder räumte seine Sachen zusammen, um dann auf den Schulhof zu gehen.
Draußen auf dem Hof gesellten sich einige meiner neuen Mitschüler zu mir. Sie fragten mich ein wenig aus, machten einige Sprüche. Ich beantwortete all ihre Fragen, jedoch wurden meine Antworten immer knapper.
Denn auf der anderen Seite des Schulhofes hatte ich Maria entdeckt. Sie stand im Schatten eines großen Baumes und schien das rege Treiben auf dem Platz zu beobachten.
Überall liefen junge Schüler und Schülerinnen wild durcheinander, vergnügten sich in Spielen. Einige standen in Gruppen zusammen, man erzählte sich etwas, oft war ein Lachen zu hören.
Nur Maria stand ganz alleine unter ihrem Baum, der ihr Schatten spendete. Und sie sah wie ein Wesen aus einer anderen Welt aus.
Die meisten Schüler auf dem Schulhof trugen knappe T-Shirts oder leichte Hemden. Viele der Mädchen zeigten sich im kurzem, knappen Minirock, auch einige der Jungs hatte kurze Hose an. Seit Wochen hatte der Sommer Einzug gehalten und natürlich hatten sich alle mit ihrer Kleidung an das warme Sommerwetter angepasst.
´Sie trägt einen Umhang, es ist ein langes Cape. Bei diesem Wetter trägt sie ein Cape, kaum zu glauben. Und einen Hut dazu. Sie sieht beinahe aus wie eine Statue, wie da so fast bewegungslos steht. Ihr schmales Gesicht ist zu sehen, ein wenig nur. Die Hände, alles verbirgt sie unter dem Cape. Warum steht sie nur so weit entfernt ?´
Das Bild übte eine für mich ungewohnte Faszination aus, ja es zog mich richtig in seinen Bann. Das weite Cape umspielte Marias Körper bei jeder Bewegung, die Falten des Stoffes bewegten sich im Takt ihrer langsamen Schritte. Wie ein Wesen aus einer anderen Welt glitt sie dann über den Hof. Ihre Bewegungen waren langsam, doch strahlte die zarte Gestalt in ihrem Cape eine ungeheure Anmut aus.
"He Paul, hörst du mir noch zu ?" hörte ich eine Stimme neben mir.
"Ja, natürlich.." stammelte ich, ein wenig verlegen. Ich versuchte, mich wieder auf das Gespräch mit meinen neuen Klassenkameraden zu konzentrieren, was mir mit einiger Anstrengung auch gelang.
Nach dem Ertönen der Schulglocke ging ich schweigend, ganz in Gedanken versunken, in den Klassenraum. Ich war verwirrt, wie sehr mich Marias Aussehen auf dem Schulhof beeindruckt hatte. Warum war ich so fasziniert von ihrer Erscheinung ? Ja, es war mehr für mich als Faszination, es war... Noch konnte ich dieses neue Gefühl nicht einordnen.
Langsam füllte sich das Klassenzimmer, jeder nahm seinen Platz ein. Nur Maria kam noch nicht. Sie erschien erst gemeinsam mit der Lehrerin, die uns in den nächsten beiden Unterrichtsstunden die Feinheiten der Weltgeschichte näher bringen sollte.
Maria trug ihr Cape sorgfältig gefaltet über dem Arm, und als sie neben mir Platz nahm, hängte sie es ordentlich über die Stuhllehne.
Dem Unterricht verfolgte ich etwas halbherzig. Immer wieder lehnte ich mich zurück, um Maria beobachten zu können. Erst jetzt fiel mir auf, wie gerade und nahezu unbeweglich sie auf ihrem Stuhl saß. Nicht ein einziges Mal lehnte sie sich an, so als wollte sie das über die Lehne gehängte Cape nicht verknittern. Es war mir ein Rätsel, wie sie so lange in dieser kerzengeraden Haltung sitzen konnte.
Auch schien sie dem Unterricht ihre volle Konzentration zu widmen, denn immer wenn sie etwas gefragt wurde, hatte sie prompt die richtige Antwort parat. Andauernd machte sie sich Notizen, markierte für sie wichtige Stellen im Buch. Ich war mir inzwischen ganz sicher, das sie eine sehr gute Schülerin war.
Irgendwann endete auch diese Unterrichtsstunde. Alle standen auf, strömten wieder nach draußen.
"Wir haben jetzt Sportunterricht, drüben auf dem Sportplatz." Steckte mir einer der Jungs, während wir den Klassenraum verließen.
Ich zuckte mit den Schultern. Natürlich hatte ich noch keine Sportsachen dabei, also würde ich wohl zuschauen müssen.
In der Pause entdeckte ich einen kleinen Kiosk. Ich erstand eine kalte Flasche Limonade und machte mich langsam auf den Weg zum Sportplatz. Während meine Klassenkameraden sich in die Umkleidekabinen begaben, sprach ich den eintreffenden Sportlehrer an. Ich stellte mich kurz vor, und erklärte ihm, das ich nicht vorbereitet auf Sportunterricht war und deswegen keine passende Kleidung dabei hatte.
"Kein Problem. Du kannst dir ja heute von der Bank aus anschauen, was wir gerade üben. Und ab der nächsten Woche bist du dann mit dabei." meinte er freundlich.
Ich nickte, nahm meine Schultasche und machte mich auf den Weg. Am Rande der Laufbahn entdeckte einige Bänke, die natürlich leer waren.
Aber nicht ganz. Eine Person saß dort völlig alleine, und schaute auf den Sportplatz. Sie sah aus, als ob sie träumte. Es war Maria.
Mir stockte der Atem, als ich sie so auf der Bank sitzen sah. Wieder trug sie ihr langes Cape, dazu den Hut. Zum ersten Mal sah ich sie aus der Nähe, und schon wieder bemerkte ich, wie sehr mich ihr Anblick in Aufregung versetzte. Ich beschloß, mich direkt neben sie zu setzen. Als ich näher kam, sah ich, das sie ihr Haar unter einem Tuch verborgen hielt. Zusätzlich hatte sie den Hut auf und so war eigentlich nur ihr Gesicht zu sehen.
Sie schien mich gar nicht bemerken, erst als ich neben ihr Platz nahm, schaute sie auf. Zum ersten Mal sah sie mich direkt an. Zum ersten Mal sah ich ihre Augen. Strahlend blaue Augen, so klar und tief, wie ich es noch nie gesehen hatte.
"Hallo !" begrüßte sie mich, und ein Hauch von Lächeln huschte über ihr Gesicht.
"Hallo Maria." Grüßte ich zurück.
"Machst du den Sportunterricht nicht mit ?"
"Nein, heute nicht. Hab keine passenden Sachen dabei."
Maria lächelte kurz.
"Ja, wie solltest du auch wissen, das gerade heute Sport ist."
"Genau. Und du ? Auch keine Sachen dabei ?"
Für einen Moment verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und ich glaubte fast, sie ein wenig verlegen gemacht zu haben.
"Nein, das ist es nicht. Ich habe ein Attest vom Arzt, er meint wegen meines Kreislaufs sollte ich lieber nicht teilnehmen." Antwortete sie schließlich.
"Ach so, na da kann man wohl nichts machen."
Eine Weile schwiegen wir, beobachten unsere Mitschüler, wie sie mit dem Unterricht begannen. Alle wurden für eine Aufwärmrunde auf die Aschenbahn geschickt und schon nach wenigen Minuten begannen sie, natürlich auch durch die sengende Sonne, mächtig zu schwitzen.
Ich war froh, im Schatten sitzen zu können. Trotzdem wurde auch mir langsam warm und so nahm ich meine Schultasche und zog die Flasche mit der noch kalten Limonade hervor.
"Ganz schön warm heute" bemerkte ich. "Möchtest du vielleicht auch einen Schluck ?" bot ich Maria die Flasche an.
Sie warf mir einen unsicheren Blick zu, dann schien sie sich einen Ruck zu geben.
"Ja, gerne. Ist wirklich sehr warm heute." Geschickt schob sie ihre Hände aus den Durchgriffen ihres Capes hervor und nahm die angebotene Flasche entgegen. Schnell schraubte sie den Deckel ab und nahm einen tiefen Zug.
"Danke. Das hat wirklich gut getan." Sie hatte ihr Lächeln wiedergefunden, als sie mir die Flasche zurückgab.
"Gern geschehen." Mehr konnte ich nicht antworten. Mein Hals war trocken und so nahm ich schnell einen Schluck Limonade.
Wieder hatte Maria mich in Erstaunen versetzt. Sie trug Handschuhe ! Es schienen dünne Lederhandschuhe zu sein, im gleichen Farbton wie ihr Cape, so eng, das sie ihre zarten Hände wie eine zweite Haut umschlossen.
Verstohlen schaute ich noch einmal zu Maria hinüber. Aber sie hatte ihre Hände schon wieder unter dem Cape zurückgezogen.
Wie verwirrt ich war ! Tausend Fragen kreisten mir im Kopf. Warum war dieses Mädchen so angezogen ? Sie trug Kleidung, die sie vollständig verhüllte, eine Kleidung, die gerade mal eben das Gesicht herausschauen ließ. Und es waren Kleidungstücke, die alles Andere als der Mode letzter Schrei waren. Alles war untypisch, so völlig anders. Alle Mädchen, die ich bisher kennen gelernt hatte, trugen möglichst knappe, ja oft aufreizende Kleidung. Maria schien das genaue Gegenteil zu sein. Sie schien sich durch ihre Kleidung verhüllen, ja fast zu verstecken zu wollen.
´Warum ? Warum versetzt mich ihr Aussehen derart in Aufregung ? Warum muß ich sie immerzu anschauen ? Es ist fast wie ein Zwang. Ich möchte meine Blicke an ihr wandern lassen, aber nur so, das sie es nicht bemerkt.´
"Denkst du nach oder träumst du ?" hörte ich Marias Stimme.
"Ich... Ja, ich denke nach. Ja, es ist alles ganz neu für mich hier. Der erste Tag, nur neue Gesichter, daran muss ich mich erst gewöhnen."
Sie hatte mich förmlich aus meinen Gedanken gerissen. Durch ihre Frage wurde mir noch einmal bewusst, wie sehr ich mit mir selber beschäftigt war. So kannte ich mich eigentlich gar nicht.
"Aber gut eingeführt hast du dich heute morgen. Besonders in Mathe."
"Meinst du ?" fragte ich zurück.
"Ja, sicher. Wie du die Aufgaben an der Tafel gelöst hast, das war richtig gut. Ich wünschte, ich hätte es so gekonnt."
"Aber du warst doch auch gar nicht schlecht. Ich meine, schließlich hast du die Aufgabe an der Tafel doch gelöst, oder ?"
"Ja, aber nur mir viel Hilfe. Alleine hätte ich es wieder nicht geschafft. Mathe liegt mir einfach nicht. Da hatte ich schon immer Probleme, irgendwie komme ich auf keinen grünen Zweig."
Marias Seufzen war eindeutig.
"Und wenn ich dir helfen würde ? Ich meine, ich könnte versuchen, es dir zu erklären."
Maria schaute mich jetzt an und ich sah, wie ein Leuchten über ihr Gesicht huschte.
"Ja, ich würde es schon gerne versuchen, aber mach dir keine großen Hoffnungen. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Alle meine Nachhilfelehrer haben das bisher gesagt."
"Es kommt auf einen Versuch an, okay ? Komm, wir fangen gleich an."
Ich nahm das Mathebuch aus meiner Schultasche und begann, darin zu blättern.
Die folgende Stunde verging wie im Fluge. Ich merkte nicht, wie heiß es war, ich schien meine Umgebung völlig vergessen zu haben. Maria und ich redeten die ganze Zeit über Formeln, über Berechnungen, eben alles, was zur Mathematik gehörte.
Ja, sie hatte tatsächlich Wissenslücken, das stellte ich recht bald fest. Aber sie gab sich wirklich Mühe und sie verstand das Erklärte eigentlich recht schnell. Ich empfand Spaß dabei, ihr den trockenen Stoff zu erläutern.
Als die Stunde zu Ende ging, verabschiedete ich mich von ihr, nicht ohne ihr aber zu versprechen, das wir schon am nächsten Tag weitermachen würden. Sie schien sich darüber sehr zu freuen, sie strahlte über das ganze Gesicht.
Als ich mit dem Rad zu meiner Großmutter heimfuhr, freute ich mich bereits auf den nächsten Schultag. Was hatte es das zuletzt gegeben ?
Natürlich musste ich meiner Großmutter vom ersten Tag in der neuen Schule berichten. Bereitwillig schilderte ich meinen Vormittag, erzählte ihr auch von Maria und wie wir begonnen hatten, gemeinsam Mathematik zu üben. Nur die Beschreibung von Marias Kleidung ließ ich aus.
Großmutter hörte sich alles lächelnd an und als ich mit meinen Erzählungen fertig war, fragte sie:
"Sie scheint ja sehr nett zu sein, diese Maria. Hab ich Recht ?"
"Ja, das ist sie wohl." Entgegnete ich nur kurz, denn ich war wieder nachdenklich geworden.
Großmutter hatte gleich gemerkt, wie ich über Maria gesprochen hatte. Sie hatte feine Antennen, und so konnte sie leicht meine Begeisterung heraushören.
Ja, schon jetzt fühlte ich, wie sehr mich dieses Mädchen faszinierte. Sie war so hübsch, so nett. Wenn sie mich ansah, fühlte ich, wie mir die Knie weich wurden. Sie hatte eine wunderbare offene, so eine natürliche Art an sich, etwas, das mein Herz zu öffnen schien.
Auch etwas Geheimnisvolles schien sie zu umgeben, die Art, wie sie sich kleidete, das war für mich ein Rätsel. Warum gab sie sich äußerlich so zugeknöpft, so verschlossen ? Welchen Grund konnte es dafür geben, das sie so außergewöhnliche Kleidung trug ?
Immer wieder beschäftigte mich dieser Gedanke, aber eine Lösung fand ich natürlich nicht. Noch nicht.
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Maria Kapitel 2 - Entdeckungen
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Datum:30.12.13 18:38 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 2 - Entdeckungen
Autor: Paul VoF
Als ich am nächsten Morgen den Klassenraum betrat, saß Maria bereits auf ihrem Platz.
"Hallo Paul" begrüßte sich mich freundlich. Ihre Augen strahlten schon wieder in diesem leuchtenden blauem Farbton, und ich bemerkte schon wieder dieses seltsame Gefühl in meinen Knien.
"Hallo Maria" antwortete ich lächelnd. "Und, hast du noch etwas von dem behalten, was wir gestern besprochen haben ?"
"Ja, ich denke schon. Ich glaube, du hast es mir ganz gut erklärt."
Wir unterhielten uns leise weiter miteinander und so hatte ich wieder Gelegenheit, Maria etwas genauer zu betrachten.
Sie war in der gleichen Art und Weise gekleidet, wie es mir gestern schon aufgefallen war.
Eine karierte Bluse mit hohem, engem Stehkragen, ein dunkler weiter Rock, dazu die passenden Stiefel. Über dem Stuhl hing wieder ihr Cape, sorgfältig zusammengelegt.
Die ersten Schulstunden vergingen nur langsam. Ich konnte es nicht abwarten, bis die Pause begann. Endlich ertönte die Glocke, endlich konnten wir auf den Schulhof gehen.
Ich nahm meine Mathebuch heraus und zeigte es Maria.
"Wollen wir in der Pause gleich weitermachen ?" fragte ich.
Sie nickte dankbar und nahm ihre Handschuhe aus der Tasche. Langsam zog sie sich das feine, helle Leder über die Hände. Als sie fertig war, nahm sie ihr Cape von der Stuhllehne, faltete es auseinander und schwang es sich um die Schultern. Sie steckte ihre Hände durch die Armschlitze, beugte sich herunter, ergriff den Saum des Capes und dann zog sie einen langen Reißverschluß bis zum Hals herauf. Darüber schloß sie noch eine Reihe von Knöpfen. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie sich auch ihr Tuch um den Kopf gebunden und den Hut aufgesetzt. Darin schien sie Übung zu haben, das war unverkennbar.
"So, ich bin jetzt soweit." Sagte sie. Täuschte ich mich, oder war dort eine kleine Spur Verlegenheit, ja Unsicherheit in ihrem Blick zu sehen ?
´Warum ?´
Tausend Fragen lagen mir auf den Lippen ! Aber ich sagte nichts, ich nickte nur und so gingen wir zusammen aus dem Raum.
Auf dem Schulhof suchten wir uns einen Platz auf einer Bank im Schatten und begannen, gemeinsam zu lernen. Während Maria die von mir gestellten Übungen bearbeitete, begann ich erneut, sie zu beobachten. Es war wie ein Zwang, ich konnte einfach den Blick nicht von ihr abwenden. Inständig hoffte ich, das es ihr nicht auffallen würde.
Es war wieder sehr warm, die Sonne hatte so früh am Vormittag sicherlich noch nicht ihre volle Kraft. Aber trotzdem begann ich schon jetzt leicht zu schwitzen. Maria aber schien die Hitze gar nicht zu stören. Ich konnte in ihrem Gesicht keine Anzeichen dafür erkennen. Ihre makellose, fast weiße Gesichtshaut schien nicht einmal gerötet zu sein.
Viel zu schnell näherte die Pause sich ihrem Ende. Als das Klingelzeichen erklang, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Klassenraum.
"Geh nur schon hinein, ich komme gleich." Sagte Maria zu mir, als wir die Tür unseres Klassenzimmers erreicht hatten.
Ich nickte nur und betrat wie alle Anderen den Klassenraum, um den Beginn der nächsten Schulstunde abzuwarten. Nur Maria kam noch nicht. Sie schien vor dem Klassenraum zu warten.
Auf wen wollte sie warten ? Wieder ein neues Geheimnis ? Ein neues Rätsel ?
Wenige Minuten später kam sie dann, gemeinsam mit dem Lehrer. Schnell legte sie ihr Cape über die Stuhllehne, nahm ihren Platz neben mir ein.
Verblüfft erinnerte ich mich daran, das Maria auch gestern zusammen mit der Lehrerin hereingekommen war. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Warum machte sie das ?
In der folgenden Pause wiederholte sich die Vorgänge. Maria zog sich schnell an, das heißt sie legte Handschuhe, Cape, Tuch und Hut an und wir beschäftigten uns gemeinsam mit dem Stoff der Mathematik. Nach der Pause schien sie wieder vor dem Klassenraum zu warten, um dann erneut gemeinsam mit dem entsprechenden Lehrer das Klassenzimmer zu betreten.
Ich konnte mich nur wundern, denn ich hatte keinerlei Erklärung für ihr Verhalten. Natürlich dachte ich immerzu darüber nach, doch eine Lösung wollte mir einfach nicht einfallen.
Irgendwie verging auch die nächste Schulstunde. Die kleine Pause nutzten Maria und ich, um uns leise zu unterhalten. Es machte mir Spaß, mit ihr zu reden, sie hatte Witz und Charme, und sie strahlte eine ungeheure Wärme aus.
Nach einigen Minuten ging die Tür auf, und Herr Peters betrat den Klassenraum. Er bat kurz um Ruhe, um dann zu verkünden, das die letzte Unterrichtsstunde wegen einer Erkrankung des Lehrers ausfallen würde.
Unter lautem Beifall packten alle Schüler ihre Taschen, verließen auf dem schnellstem Wege den Klassenraum. Auch ich suchte meine Sachen zusammen, hielt aber inne, als ich bemerkte, das Maria keinerlei Anstalten machte, sich auf den Weg zu machen.
"Willst du denn nicht nach Hause ? Wir haben eine Stunde eher frei." Fragte ich sie.
"Nein, geht leider nicht. Ich werde abgeholt. So lange werde ich wohl warten müssen."
"Ach so. Das ist ja unglücklich."
Maria nickte nur mit dem Kopf.
Ich hatte eine Idee.
"Ich mach dir einen Vorschlag. Wir gehen raus auf den Hof, suchen uns einen Platz auf der Bank und..."
"Nein, du brauchst nicht wegen mir zu bleiben. Es macht mir nichts."
"Doch, kein Problem, wirklich. Wir könnten uns unterhalten, oder Mathe lernen, ganz wie du willst."
"Ja, wenn du meinst..." noch immer schien Maria zu zögern, aber dann nickte sie mit dem Kopf.
Und sie freute sich doch ! Und so gingen wir hinaus auf den Hof, den wir nun ganz für uns hatten. Natürlich hatte Maria sich wieder vollständig eingekleidet, eine Prozedur, an die ich mich jetzt gewöhnt hatte. Doch jetzt, da niemand mehr im Klassenraum war, fiel mir etwas auf. Als Maria den letzten Knopf ihres Capes schloß, hörte ich ein leises Klicken. Ein Geräusch, ganz so, als ob etwas einzurasten schien.
Natürlich war ich neugierig, aber ich wagte nicht zu fragen. Nicht das. Nicht jetzt. Es wäre falsch gewesen, das spürte ich.
Und noch etwas viel mir auf. Wenn wir in den Pausen durch die Gänge der Schule gingen, so waren sie immer überfüllt, immer herrschte ein mächtiges Gedränge. Man kam nur langsam voran, bis man endlich den Schulhof erreicht hatte.
Jetzt war der Flur menschenleer. In den Klassenräumen wurde schon wieder unterrichtet, alle unsere Klassenkameraden waren längst auf dem Weg nach Hause. Wir hatten also freie Bahn.
Trotzdem gingen wir ziemlich langsam. Fast schien es mir, als ob Maria schon schneller gehen wollte, dies aber nicht konnte. Machte sie so kleine Schritte, oder bildete ich mir dies nur ein ? Während ich so neben ihr lief, konnte ich es nicht erkennen. Ihr weites Cape verdeckte mir die Sicht.
Aber ihr Cape hatte auch sehr schöne Seiten. Anmutig schwang es um ihren Körper, und ich konnte die leisen Geräusche hören, die der Stoff durch seine Bewegungen verursachte. Fast klang es wie Musik für mich. Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das es sie gab. Eine Musik, von der ich bisher nicht gewusst hatte, das ich sie mag.
"Wohnst du denn so weit entfernt, das du nicht alleine nach Hause fahren kannst ?" fragte ich, während wir über den Schulhof gingen.
"Nein, eigentlich nicht. Ich kann zu Fuß nach Hause gehen, es sind nur etwa 15 Minuten."
"Und trotzdem willst du hier warten ?"
Maria schaute mich mit ihren blauen Augen an. Was das Traurigkeit, was man darin entdecken konnte ?
"Nein, ich muß hier warten. Mrs. Potter erwartet, das ihre Anordnungen befolgt werden."
"Wer, Mrs. Potter ?"
"Ja, sie ist Engländerin, deswegen der seltsame Name. Sie ist so etwas wie meine Erzieherin, oder auch Kindermädchen, na so eine Mischung aus beidem eben."
"Das klingt ja interessant. Eine englische Erzieherin. Und deine Mutter ?"
"Sie ist kaum einmal zu Hause. Meistens arbeitet sie, überwiegend in den USA, leitet dort eine große Klinik. Und deswegen hat sie alles auf Mrs. Potter übertragen."
Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
"Und ich hab gedacht, so etwas gibt es nur im Film. Na ja, warum auch nicht. Aber sie scheint ja ziemlich streng zu sein, diese Mrs. Potter. Das du hier so warten musst..."
"Ja, das ist sie wohl. Sie hat ihre Gründe dafür."
Maria schaute mich kurz an, schlug dann die Augen nieder. Sie hatte etwas zu erzählen, das war klar.
"Na, ihr beiden Hübschen. So ganz alleine auf dem Schulhof unterwegs ?"
Drei Mädchen aus unserer Klasse standen vor uns. Sie wirkten sehr ausgelassen, ja fast albern.
Ich verdrehte die Augen. Mir schien es, als ob Maria mir im nächsten Moment etwas erzählen wollte. Die Antwort auf meine Fragen ?
Und gerade jetzt platzten diese drei Mädchen dazwischen.
"Maria, hast du dich auch warm genug angezogen ?" meinte Claudia, die offensichtlich ihre Wortführerin war.
"Vielleicht hättest du ein wärmeres Cape anziehen sollen, auch einen Schal hättest du dir umbinden können. Es ist doch nicht besonders warm hier in der Sonne, oder ?"
Die Mädchen prusteten los, als ob sie einen guten Witz gehört hätten. Sie hielten sich für sehr lustig.
"Laß mich in Ruhe, Claudia. Dein Gerede ist unerträglich." Antwortete Maria schließlich.
"Aber wir finden es schon lustig, wie du dich immer anziehst. So zugeknöpft, wie du herumläufst, man könnte ja fast meinen, du wolltest dich verstecken vor uns."
"Claudia, laß es bitte." bat Maria.
"Hast du dein Cape auch ganz bis oben geschlossen ? Sei lieber vorsichtig, Maria, es könnte dir ja kalt werden. Mensch, wenn ich so etwas anziehen müsste, ich würde mich gar nicht aus dem Haus trauen, ehrlich." lachte Claudia wieder.
"Du weißt, das es meine Sache ist, welche Kleidung ich trage. Und jetzt laß mich in Ruhe."
Claudia grinste nur weiter, wandte sich schließlich an mich.
"Na, Paul, was sagst du denn dazu. Wie findest du es denn, mit einem Mädchen herumzulaufen, das sich wie... ja wie eine Nonne einpackt."
"Nonne ! Das war gut, Claudia !" riefen die anderen Mädchen und kicherten wieder los.
"Ich weiß gar nicht, was ihr habt." Antwortete ich schließlich. "Jeder kann sich doch wohl so anziehen, wie es ihm gefällt, oder ?"
Das Gelächter erstarb, für einen Moment herrschte Stille.
"Aber du musst zugeben, das Maria ziemlich komisch aussieht in ihren Sachen, oder ?"
Die Mädchen ließen einfach nicht locker, schon begann das alberne Gelächter wieder.
"Nein, das tut sie nicht. Sie sieht überhaupt nicht komisch aus." entgegnete ich entschieden.
"Na, du willst doch wohl nicht sagen, das es dir so gefällt ?"
"Doch, mir gefällt Marias Aussehen. Es gefällt mir sogar sehr. Im Gegensatz zu euch hat sie einen eigenen Stil, während ihr nur das tragt, was man in jedem Kaufhaus kaufen kann."
Für einen Moment staunte ich über mich selbst. Aber es schien zu wirken, anscheinend hatte ich ihnen den Wind aus den Segeln genommen.
Die Mädchen hatten wirklich genug. Offensichtlich sahen sie jetzt ein, das sie mich nicht auf ihre Seite ziehen konnten. Achselzuckend drehten sie sich um und machten sich gemeinsam auf den Heimweg.
Maria und ich waren alleine auf dem Hof. Kaum ein Geräusch war zu hören, nur ein Vogel sang in der Ferne ein Lied.
"Hast du das ernst gemeint ? fragte Maria mich.
Ich blickte verlegen auf den Boden.
"Was meinst du ?"
"Du weißt schon, was du gerade gesagt hast. Tu nicht so unschuldig."
"Ja, ich habe es wohl ernst ernst gemeint."
"Und es gefällt dir wirklich, wie ich aussehe ?"
Ganz dicht stand Maria vor mir, ganz leise hatte sie diese Frage gestellt.
Ich nickte wortlos, versuchte dem Blick ihrer Augen standzuhalten.
"So etwas hat noch nie jemand gesagt. Das jemand so zu mir hält, das hätte ich nie..."
"Maria, weißt du denn gar nicht, wie wunderschön du bist ?" unterbrach ich sie leise.
Sie schüttelte nur den Kopf und ihre Augen schienen feucht zu glänzen..
Ganz vorsichtig legte ich meine Hände um ihre Schultern und zog sie zu mir heran. Ihre Lippen schienen wie Feuer zu glühen, so schien es mir, als wir uns den allerersten Kuß gaben. So weich, so zart, sie waren wie ein Geschenk.
Es war ein vorsichtiger Kuss, von kurzer Dauer, aber voller Gefühl und Sinnlichkeit. Und ich würde ihn nie vergessen, das wusste ich schon jetzt.
Minutenlang standen wir wortlos da, genossen das Gefühl, uns aneinander ganz nahe zu sein. Ich streichelte Maria sanft durch den glatten Stoff ihres Capes und sie schien unter meinen Berührungen förmlich zu zerfließen.
Ich nahm sie vorsichtig in den Arm.
´Sie ist wie aus Glas, so zart, so zerbrechlich.´
Irgendwann ließen wir voneinander ab, nahmen uns an die Hand und gingen langsam über den Hof.
Zuerst schwiegen wir, ließen das gerade Erlebte auf uns wirken.
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Maria Kapitel 3 - Die Nachhilfe
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Datum:30.12.13 18:41 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 3 - Die Nachhilfe
Autor: Karl Kollar
Das Telefon klingelte. Mrs. Potter stellte die Herdflamme kleiner und warf einen Blick zur Uhr. Das dürfte das Gymnasium sein, um diese Zeit riefen sie immer an. Es war bald Mittagszeit, und das Essen duftete schon recht lecker auf dem Herd. Sie legte den Kochlöffel aus der Hand, wischte sich kurz die Hände ab und ging mit resoluten Schritten über den Korridor in das Schreibzimmer. Dort trat sie an den großen Schreibtisch, nahm den Hörer ab und meldete sich.
Es war Herr Peters, der Mathematiklehrer von Maria. Mrs. Potter war wie immer sehr interessiert daran, wie sich Maria in der Schule machte, deswegen hatten sie diese täglichen Anrufe vereinbart. Doch heute war Mrs Potter besonders neugierig, wie sich der Kontakt zwischen Maria und Paul entwickelt hatte.
Auch Herr Peters war von Paul sehr angetan. »Paul hat einen sehr positiven Einfluss auf ihren Schützling.« Der Lehrer berichtet von den Ereignissen im Unterricht. Dann erwähnte er die ausgefallene Stunde und dass Paul mit Maria auf dem Schulgelände verblieben war. Sie lernten dort Mathe, fügte er hinzu.
Mrs. Potter wurde ungeduldig. »Was ist sonst noch passiert? Sollte ich noch etwas wissen?« Sie erinnerte ihn an die Abmachungen.
»Ja richtig, auf dem Schulhof haben sie sich geküsst.« Er berichtete von der Szene, bei der Paul Maria beigestanden hatte. »Das hat Maria anscheinend sehr beeindruckt.«
´Na endlich´, dachte Mrs. Potter, ´das Wichtigste kommt immer zum Schluss.´ Sie bedankte sich für den Bericht und verabschiedete sich. Dann legte sie auf und ging wieder in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Dabei überlegte sie, wie sie den Kontakt zwischen Paul und Maria verstärken konnte, denn Paul passte sehr gut in ihr Konzept. Sie warf einen Blick auf Marias Wochenplan, dann wusste sie, wie sie es angehen würde.
Nach einem Blick zur Uhr entschied sie sich, das sie sich so langsam auf den Weg machen könnte, um Maria abzuholen. Zwar wäre es nicht falsch, wenn sie noch etwas mit Paul zusammen sein konnte, doch für Maria war auch die Routine sehr wichtig.
* * *
Paul ging langsam neben Maria her und beide waren noch ziemlich gefangen von ihren neuen Gefühlen. Paul versuchte jede Sekunde von Marias Gegenwart in sich auf zu saugen. Maria schwieg neben ihm. Sie war genauso mit ihren Gedanken beschäftigt. Keiner konnte oder wollte etwas sagen.
So steuerten sie langsam auf den Ausgang zu. Diesmal fiel es gar nicht auf, dass Maria nur kleine Schritte machen konnte. Am Tor sah Paul eine große Frauengestalt stehen, die zu ihnen hinüber sah. Er war zu sehr von seinen Gefühlen eingenommen, sonst hätte er sicher bemerkt, das Maria mit jedem ihrer winzigen Schritte betrübter wurde. Etwas schien sie zu bedrücken.
Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, blieb er etwas hinter Maria zurück, die vor der Frau einen ziemlich altmodischen Knicks machte. Paul machte dies verlegen, ohne dass er recht wusste warum.
Zu ihrer beider Überraschung sprach die Frau Paul gleich an. »Du musst Paul sein, der neue Schüler?« Sie gab ihm die Hand, und Paul war überrascht ob ihres starken Händedrucks.
Paul war auf diese Frage gar nicht eingestellt, er konnte vor lauter verwirrenden Gefühlen nur nicken.
»Ich bin Mrs. Potter, die Erzieherin von Maria.« Sie stellte sich vor. Marias Blick wurde immer ängstlicher.
Mrs. Potter ließ sich davon nicht beirren, und Paul war von der Ausstrahlung und Strenge der Erzieherin sehr in den Bann gezogen. Ihre große und kräftige Gestalt wirkte auch auf ihn ziemlich einschüchternd. Er war froh, dass seine Großmutter viel kleiner und zierlicher war.
»Ich habe gehört, du hilfst Maria bei Mathematik?«
So langsam wachte Paul auf, doch er hatte ein sehr schlechtes Gewissen, weil er Maria geküsst hatte. Und er wusste, dieser Frau würde er keine Sekunde mit einer Lüge standhalten. Mrs. Potter hatte eine so starke Ausstrahlung, dass er einfach nicht anders konnte. Schon jetzt begann er zu verstehen, dass Maria einen solchen Respekt vor ihrer Erzieherin hatte.
Zu einer vernünftigen Antwort war Paul nicht in der Lage, er stammelte irgendwie »Ja... Wir ... Haben geübt. Zusammen.«
Mrs. Potter schien das schlechte Gewissen zu spüren, doch sie übersah es und blickte ihn wohlwollend an. »Das ist schön.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Maria tut sich recht schwer in Mathematik.«
Unwillkürlich warf Paul einen Blick auf Maria. Sie stand neben ihrer Erzieherin, und obwohl sie ihren Kopf aufrecht hielt, war ihr Blick doch auf den Boden gerichtet. Es fiel Paul auf, das sie eine sehr gerade Haltung hatte.
Mrs. Potter war bemüht, ihre Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen. »Wärst Du bereit, Maria Nachhilfe in Mathematik zu geben?« Sie hoffte dass ihr kurzfristig gefasster Plan aufgehen würde. »Du bekommst es auch gut bezahlt.«
Auch Paul musste sich Mühe geben, um sich unter Kontrolle zu halten. Das wäre die Gelegenheit, um weitere Zeit in Marias Nähe zu verbringen. »Ja gern.«
Er schaute Maria total verliebt an, doch es fiel ihm nicht auf, das Marias Blick sich verändert hatte. Sie blickte jetzt eher etwas ängstlich zwischen Paul und ihrer Erzieherin hin und her.
Früher hatte Paul mit der Nachhilfe sein kärgliches Taschengeld aufgebessert. Diesmal würde es allerdings eine andere Motivation sein. Er traute sich allerdings nicht einmal innerlich zu grinsen.
Mrs. Potter setzte nach. »Dann kommst Du heute um drei zu uns.« Paul fiel auf, dass Maria bei der Nennung der Uhrzeit zusammenzuckte und sich ihr Mund etwas öffnete. Ihre Erzieherin schien dies auch bemerkt zu haben und griff gleich ein. »Maria, wolltet Ihr etwas sagen?«
Maria war sehr verunsichert, das war ihr deutlich anzusehen. »Aber bis um vier Uhr habe ich mein Training.«
Dies schien Mrs. Potter nicht gelten zu lassen. »Du kannst auch mit dem Ding lernen, das geht schon.«
Paul sah deutlich, das Maria widersprechen wollte, doch nach einem strengen Blick von Mrs. Potter machte sie ihren Mund wieder zu und blickte vor sich auf den Boden.
Damit schien für Mrs. Potter das Thema erledigt zu sein. »Weißt Du, wo wir wohnen?«
Paul sagte, dass er es nicht wisse.
»Wir wohnen in dieser Straße, dahinten das Haus.« Mrs. Potter zeigte auf ein Grundstück und nannte die Hausnummer.
Paul stellte fest, dass er in Zukunft jeden Tag an Marias Haus vorbei gehen würde, denn es lag auf seinem Weg. »Ich wohne zwei Straßen weiter, wir haben den selben Weg.« Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
Den Rest des Weges gingen sie schweigend, bis sie vor dem Haus der beiden standen. Paul war recht unsicher, wie er sich jetzt von Mrs. Potter und Maria verabschieden sollte. Doch diesmal kam ihm Marias Erzieherin zur Hilfe, in dem sie ihm die Hand reichte. »Dann bis nachher.«
Paul hatte sich vielleicht noch eine Abschiedsgeste von Maria erwartet, doch diese schien sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt zu sein. Doch als Paul auch ihr die Hand reichen wollte, griff Mrs. Potter ein. »Maria freut sich auch auf nachher.« Paul spürte, das er ohne weiteren Gruß gehen musste.
»Und nun lasst uns gehen.« Sie legte ihren Arm um Maria und schob sie leicht vorwärts.
Paul blieb noch ein wenig stehen und blickte Maria und ihrer Erzieherin hinterher. Natürlich freute er sich auf die Nachhilfestunde mit Maria, doch gleichermaßen hatte er schon jetzt großen Respekt vor Mrs. Potter.
* * *
»Na, Du strahlst ja. Hast Du eine gute Note bekommen?«
Paul schüttelte den Kopf, »Nein, heute nicht.«
Seine Großmutter Selma warf noch mal einen prüfenden Blick auf ihren Enkel und hakte nach. »So wie Du strahlst, muss es aber etwas sehr schönes sein.«
Paul konnte nur leicht nicken. Er schluckte. Dann sagte er nur ein Wort: »Maria«.
Selma musste lächeln, als sie Pauls Miene dabei sah. »Na, dich hat es aber schwer erwischt. Habt ihr schon...?«
Paul wurde verlegen. »Wir haben uns heute geküsst.« Dann wurde er ernst. »Aber es ist so seltsam. Sie hat eine sehr strenge Erzieherin und trägt so seltsame Sachen.« Er erzählte von Marias Kleidung, diesem seltsamen Cape und den seltsamen Ereignissen beim Abholen.
Seine Großmutter lächelte nur. »Es ist schön, dass diese Erziehung heute noch praktiziert wird.«
Paul blickte auf. »Du kennst das?« Er sah ganz ungläubig aus.
»Ich habe Dir doch mal erzählt, dass ich früher bei Baron Grünberg gekocht habe.« Paul erinnerte sich an die vielen Geschichten aus der berühmten Küche.
»Die drei Töchter wurden vermutlich auch so erzogen wie Deine Maria.« Selma beschrieb kurz, wie sie die drei Töchter früher erlebt hatte.
Er druckste etwas herum. »Ich bin heute Nachmittag bei ihnen eingeladen, ich soll Maria Nachhilfe geben.« Er machte eine Pause. »Aber ich habe Angst vor Mrs. Potter.«
Selma spürte seine Unsicherheit. »Mach Dir keine Sorgen und benimm Dich einfach so, wie Du es bei mir gelernt hast, dann kann Dir nichts passieren.«
Paul half dies zwar nicht wirklich weiter, doch er nahm sich die Worte seiner Großmutter zu Herzen.
* * *
Maria war schon sehr aufgeregt, bald würde Paul vorbei kommen. Ihr Herz klopfte laut. Sie ging noch einmal in ihr Arbeitszimmer, um nach zu sehen, ob alles bereit war. Der Schreibtisch war in Steh-Position und es standen Getränke bereit. Für Maria steckte ein Strohhalm im Glas. Es war alles okay, Paul könnte kommen. Nur eine Sache stand noch aus.
Sie drehte sich um und ging in die Küche, wo ihre Erzieherin sich mit dem Abwasch beschäftigte. Sie stellte sich vor sie hin und wartete darauf, dass sie von Mrs. Potter angesprochen wurde. Sie hatte gelernt, dass sie selbst eine ältere Person nicht einfach ansprechen durfte, sondern warten musste, bis diese sie ansprach. Nur für die Schule waren die Regeln etwas gelockert. Und Mrs. Potter legte darauf sehr großen Wert.
Mrs. Potter blickte sie an, und nach einiger Zeit erst fragte sie. »Maria, was möchtest Du?«
Maria hob erleichtert den Kopf und blickte ihre Erzieherin an. Ihre Stimme klang schon fast etwas aufgeregt. »Bald kommt doch Paul. Ich würde deswegen gern das Haltungstraining beenden.« Sie bemühte sich, einen recht formalen Eindruck zu machen. »Würden Sie mich bitte aus dem Handschuh raus lassen. Wir wollen doch dann Mathematik machen.«
Doch ihre Erzieherin ließ sich davon nicht beeindrucken. Ihr Blick verengte sich etwas. Sie blickte noch einmal prüfend auf den weißen Monohandschuh, der Marias Arme auf dem Rücken hielt und wandte sich dann wieder ihrem Abwasch zu. Ihre Stimme klang ziemlich verärgert. »Das hatten wir doch schon geklärt oder? Der Handschuh bleibt! Euer Haltungstraining ist wichtiger. Ihr könnt dann ja im Kopf rechnen.« Natürlich war sie alles andere als verärgert, aber in diesem Moment musste sie eine gewisse Rolle vorspielen. Dabei war beiden klar, warum Maria wirklich aus dem Handschuh heraus wollte.
Marias Miene fror ein. »Aber ich mache bald Abitur, da ich kann doch nichts mehr im Kopf rechnen. Ich muß meinen Taschenrechner bedienen. Bitte lassen Sie mich da raus.« Sie versuchte etwas mit ihren Armen an dem Handschuh zu zerren, aber sie wusste schon länger, wie sicher ihre Arme so gefangen waren.
Mrs. Potter machte mit ihrer Arbeit weiter, ein paar Sekunden lang, dann legte sie den Teller, den sie gerade spülte zum Abtropfen auf die Seite und wandte sich erneut ihrem Schützling zu. Sie wusste, was Maria wirklich wollte, doch das konnte sie nicht erlauben. Sie gab ihrer Stimme einen etwas ernsteren Ton. »Ihr werdet mir gehorchen und den Handschuh anbehalten! Mathematik könnt Ihr so auch lernen.«
Maria wollte noch einmal ansetzen. »Aber er weiß doch gar nicht...« Weiter kam sie nicht, denn sie sah das entschlossene Gesicht ihrer Erzieherin und wusste, das sie jetzt besser schweigen sollte. Es liefen ihr ein paar Tränen die Wange hinunter.
Jetzt zeigte Mrs. Potter doch eine Reaktion. Sie nahm Maria in den Arm, wischte ihr mit einem Tuch die Tränen weg und streichelte ihr liebevoll über die in dem ledernen Monohandschuh verpackten Arme. »Du wirst das schon schaffen. Zeige ihm, das Du etwas ganz besonderes bist.«
Maria sah sie erstaunt an. »Meinen Sie das ernst?«
»Genug jetzt. Geht auf Euer Zimmer, er wird gleich kommen.«
Maria seufzte noch einmal leise, dann tat sie, was ihre Erzieherin ihr aufgetragen hatte.
* * *
Paul fragte sich, ob andere wohl sein Herz hören könnten. Es kam ihm vor, als würde es jetzt besonders laut schlagen. Er war sehr aufgeregt, als er jetzt auf dem Weg zu Marias Haus war.
Er freute sich sehr auf seine Nachhilfeschülerin, und zugleich hatte er ehrlich Angst vor ihrer so strengen Erzieherin. Wie würde es wohl sein bei der Nachhilfe? Maria schien ziemlich besorgt wegen eines Trainings, welches sie zu der Zeit machen würde. Er konnte sich jedoch darunter überhaupt nichts vorstellen.
Natürlich hatte sich Paul auch auf die Nachhilfe vorbereitet. Es war natürlich nicht seine erste Nachhilfe, doch aber die, vor der er am meisten Herzklopfen hatte.
Paul war so sehr in Gedanken, dass er fast an Marias Haus vorbeigegangen wäre. Das Grundstück war ihm schon aufgefallen, weil hier das Haus etwas nach hinten zurückgesetzt war. Vor dem Haus standen ein paar uralte große Bäume und gaben dem Ganzen eine parkähnliche Stimmung. Das Haus selber war eine große Jugendstil-Villa mit einem sehr schönen Fachwerkgiebel. Er fragte sich, wo wohl Marias Zimmer sein würde.
Er klingelte vorn an dem großen Tor und wunderte sich etwas, dass ihm gleich aufgemacht wurde. Der Türöffner summte und aus einem Lautsprecher hörte er Mrs. Potters Stimme, die ihn willkommen hieß. »Hallo Paul, schön dass Du da bist. Komm herein.«
Paul drückte gegen das Tor und trat auf das Grundstück. Er blickte zum Haus und sah, wie die Haustür auf ging und Mrs. Potter heraus kam. Sie blickte streng auf Paul, der immer unsicherer wurde. Er ging die wenigen Stufen zum Portal hoch und gab Marias Erzieherin die Hand. Wieder spürte er den sehr festen Händedruck und war noch eingeschüchterter.
Mrs. Potter bat ihn herein. »Maria trägt noch ihre Trainingsausrüstung, du wirst ihr etwas mehr helfen müssen.« Es schien ihr wichtig zu sein.
Paul ging hinter Mrs. Potter her und schaute etwas ungläubig.
»Sie macht ihr tägliches Haltungstraining«, erklärte sie, allerdings in einem Tonfall, der keine Nachfragen erlaubte.
Paul nahm es kommentarlos zur Kenntnis, innerlich brannte er lichterloh. Was würde Maria wohl tragen? Und für was würde Maria denn trainieren? Er ahnte, dass er sobald auf diese Fragen noch keine Antwort bekommen sollte.
Mrs. Potter ging voran und Paul folgte mit respektvollem Abstand.
* * *
Maria hatte die Klingel gehört und war sehr nervös, denn sie wusste, Mrs. Potter würde Paul herein lassen und zu ihr bringen. Sie war sehr unsicher, was Paul wohl von ihrem Handschuh halten würde. Gewiss, es half ihr, die richtige Haltung für Korsett und High-Heels zu trainieren, aber ob Paul dafür Verständnis haben würde?
Überhaupt, sie wollten Mathematik lernen und da würde sie doch ihre Arme brauchen. Seit längerer Zeit war Maria mal wieder etwas verärgert über die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin. Doch insgeheim wusste sie ja, dass es einer höheren Sache diente und deswegen wäre es gut, wenn Paul den Handschuh akzeptieren würde. Sie war stolz darauf, dass sie den Monohandschuh schon so lange tragen konnte. Und außerdem, das musste sie sich eingestehen, war der Handschuh ja nur der Anfang.
Marias Nervosität stieg ins Unermessliche, als sie die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe hörte. Ihre Erzieherin schien Paul etwas zu erklären. Maria hätte sich jetzt gern noch einmal kurz durch ihr Haar gefasst oder ihr Makeup kontrolliert. Doch da war nichts zu machen, ihre Arme wurden von der weißen Lederhülle auf dem Rücken zusammen gezogen, so das ihre Arme völlig unbeweglich waren. Ihr Körper wurde damit an die richtige damenhafte Haltung gewöhnt. Maria hatte sich ja auch schon ziemlich damit abgefunden. Solange sie den Handschuh hier im Haus trug und es sonst keiner sehen konnte, hatte sie keine Probleme.
Doch jetzt kam Paul, und dass er sie mit diesem Trainingsgerät sehen sollte, das passte Maria überhaupt nicht.
* * *
Im Treppenhaus hörte Paul zu, wie Mrs. Potter auf dem Weg zu Maria über die Nachhilfe sprach. Sie erwähnte noch einmal, dass Maria trainierte und dass deswegen die Nachhilfe etwas schwieriger sein würde. »Ihr werden etwas improvisieren müssen. Und ihr werdet im Stehen arbeiten müssen, das geht doch wohl, oder?«
Sie hatte es zwar als Frage formuliert, aber Paul fühlte, das es eher ein Befehl war. Er schaffte nur ein schwaches »Ja« als Antwort.
Paul trat hinter Mrs. Potter in das Zimmer und sofort fiel sein Blick auf Maria, die vor dem Schreibtisch stand und ihn anstrahlte. Ihre Nervosität bemerkte Paul nicht, was wohl daran lag, dass er genauso nervös war. Auf den ersten Blick sah es für Paul so aus, als würde seine Schulkameradin noch die Kleidung aus der Schule tragen. Die gekreuzten weißen Lederriemen über ihrer Brust bemerkte er nicht.
Er begrüßte sie mit einem schüchternen »Hallo Maria«.
Marias Herz schlug ziemlich laut. Sie erwiderte ein leises »Hallo Paul«.
Obwohl sie wußte, das es eigentlich albern war und dass er es bald sehen würde, war sie doch bemüht, ihm nicht ihren Rücken zu zeigen. Sonst würde er den Handschuh sehen und den wollte sie so lange wie möglich vor ihm verbergen. Auch wenn sie natürlich wusste, dass es unsinnig war.
Pauls Herz klopfte auch immer lauter, je näher er Maria kam.
»Schön, das Du gekommen bist.« Maria war sehr verlegen. »Setze Dich doch.«
Er blickte Maria jetzt etwas verwundert an. Maria bemerkte ihren Irrtum. »Ach ja, wir wollen ja im Stehen lernen.«
Paul war noch sehr von Marias Anblick und Haltung fasziniert. »Du machst ein Training«, Paul fragte ehrlich interessiert.
»Ja, ich muss meine Haltung verbessern.« Maria war immer noch ziemlich verlegen.
»Lasst Euch nicht stören«, war die Stimme von Mrs. Potter zu hören. Paul warf kurz einen Blick durch den Raum und sah, dass sie mit einem Tuch bewaffnet begann, ein Regal abzustauben. Maria wusste, dass sie das bisher bei jedem Nachhilfelehrer gemacht hatte. So sauber wie dieses Regal war sonst nichts im Haus.
Paul war sehr nervös, weil er sich jetzt auch noch von Mrs. Potter beobachtet fühlte, und Marias Nähe verwirrte ihn. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch, wo noch das Marias Lateinbuch lag. Grammatik war aufgeschlagen. Darin bewunderte er Maria, weil ihr das so leicht fiel und er hingegen hatte so viel Mühe damit.
Schließlich traute Paul sich, mit dem Stoff anzufangen. »Bist Du heute mitgekommen?« Er stellte eine wie er meinte einfache Fachfrage, die Maria jedoch nicht beantworten konnte, sie zuckte mit den Schultern. Paul wunderte sich, weil er nichts von ihren Armen sah, doch er ließ sich deswegen nichts anmerken.
Er hatte schon viel Nachhilfe gegeben und deswegen wusste er, dass es gut war, die Sachen aus der Stunde einfach noch mal durch zu sprechen. Deswegen fragte er Maria nach der Aufgabe, die sie heute in der Stunde rechnen durften.
Maria blickte verschämt. »Ich habe das erst überhaupt nicht raus bekommen.« Sie machte eine Pause. »Ich wusste ja nicht mal, wie ich anfangen sollte. Ohne den Herrn Peters wäre das nicht gegangen.« Aus ihrer Stimme klang fast etwas wie Verzweiflung.
»Wir sprechen die Aufgabe einfach noch mal durch.« Paul blickte auf ihrem Schreibtisch umher. »Wo ist denn Dein Mathebuch?«
Maria wurde rot. »In meiner Tasche« Es war ihr klar, das Paul spätestens jetzt den Handschuh zu sehen bekommen würde. Sie wollte am liebsten im Boden versinken. So toll der Handschuh auch sonst war, wenn sie während des Trainings etwas greifen oder sonst etwas mit den Händen machen wollte, störte er gewaltig. Und jetzt stand Paul neben ihr, während sie trainierte. Doch da ihre Erzieherin noch im Raum war, traute sie sich auch nicht, sich eine Blöße zu geben oder aus ihrer Rolle zu fallen.
Mrs. Potter blickte ab und zu heimlich auf das Liebespaar. Sie war sehr gespannt, wie Maria sich mit dem Monohandschuh machen würde und mindestens genauso fragte sie sich, wie Paul darauf reagieren würde. Sie putzte die Sachen aus dem Regal diesmal besonders langsam.
Paul blickte Maria erwartungsvoll an und wartete, das sie das Mathematikbuch suchen würde, doch Maria schien sich nicht zu bewegen.
Maria sah Paul an und sie wusste, das er jetzt das Mathebuch haben wollte. ´So ein Mist´ dachte sie bei sich. Das hätte sie auch heraus legen können, bevor Mrs. Potter sie in den Handschuh eingeschnürt hatte. Sie wollte ihm das Ding nicht zeigen, doch so konnte sie ihm das Mathebuch aber auch nicht geben. Sie blickte ihn ziemlich hilflos an und wartete.
Paul fiel ein, das er seines ja auch dabei hatte. Er nahm es aus seiner Tasche und legte es auf den Schreibtisch.
Doch Mrs. Potter war damit überhaupt nicht einverstanden. Natürlich wußte sie, warum Maria so zögerte. Es war ihr aber nicht recht, das Maria versuchte, den Handschuh vor Paul zu verbergen. Sie erwog kurz ihre Möglichkeiten, dann drehte sie sich direkt zu Maria und sprach sie direkt an.
«Maria, warum nehmt ihr nicht euer eigenes Buch?« Maria hörte zu ihrem Entsetzen die Stimme ihrer Erzieherin, und dass sie ihr eine Frage gestellt hatte. In Gegenwart anderer musste Maria unter allen Umständen das Protokoll einhalten, doch dazu müsste sie Paul den Rücken zudrehen und er würde ihren Handschuh sehen können.
Maria schluckte und wusste nicht, was sie Mrs. Potter antworten sollte. Sie zögerte. Doch gerade heute war Mrs. Potter besonders penibel. »Warum antwortet ihr nicht, wenn ihr gefragt werdet?«
Maria musste reagieren und irgendwie war der Respekt vor Mrs. Potter größer als die Sorge um ihr Ansehen bei Paul. Sie drehte sich so um, das sie Mrs. Potter anblicken konnte und antwortete wahrheitsgemäß. Paul war erst ihrem Blick gefolgt und hatte ebenfalls Mrs. Potter angesehen. »Weil es noch in meiner Schultasche ist.« Marias Stimme zitterte.
Pauls Blick suchte im Raum die Schultasche, dabei fiel sein Blick auch auf Marias Rücken und er war sehr erstaunt, als er dort etwas seltsames sah. Es brauchte zwei Blicke von ihm, um zu erkennen, was dort zu sehen war. Marias Arme wurden von etwas Weißem auf dem Rücken zusammen gehalten. Etwas Längliches in Weiß, welches auch noch wie ein Korsett geschnürt war. Es sah mehr als seltsam aus.
Mrs. Potter war gleichermaßen bemüht Maria Mut zu machen und ihr die Scheu vor Paul zu nehmen. Sie blickte sie scheinbar ernst an und so, als ob es das Selbstverständlichste wäre sagte sie: »Dann bittet doch Paul es heraus zu nehmen.«
Maria drehte sich langsam zu Paul hin und mit sehr leiser Stimme bat sie ihn, das Buch aus ihrem Ranzen zu holen. Allerdings fiel es ihr jetzt etwas leichter, denn jetzt hatte er den Handschuh gesehen. Und Paul war noch da.
Paul kam das alles ziemlich seltsam vor, auch der seltsame Ton, den Maria mit ihrer Erzieherin pflegte. Doch da er sich, ohne das er es sich selbst eingestehen wollte, schon in Maria verliebt hatte, nahm er es hin und genoss es, in ihrer Nähe zu sein.
Maria zeigte mit ihren verpackten Armen auf den Ranzen. Paul sah dies und warf noch einmal einen Blick auf dieses sehr seltsame Ding. Dann ging er zu Marias Schultasche, machte sie auf und blickte hinein. Er sah das dicke blaue Mathebuch, nahm es heraus und legte es auf den Schreibtisch. Während Maria sich langsam neben ihn stellte, schlug er die richtige Seite auf.
Paul wollte jetzt mit der Nachhilfe beginnen und bat Maria, sie sollte noch einmal die Zeichnung aus der Stunde nachzeichnen.
Mit einer Mischung aus Stolz und Unsicherheit blickte Maria zu Paul und sagte, dass sie das nicht machen könne. Dabei zeigte sie Paul mit einer Drehung des Oberkörpers ihre verpackten Arme.
Jetzt erst hatte Paul die volle Wirkung dieser seltsamen Vorrichtung verstanden und erkannte, das Maria so ihre Arme nicht benutzen konnte. Er dachte natürlich an das Naheliegende: »Soll ich Dir da raus helfen?« er kam Maria noch etwas näher.
Diese drehte sich erschrocken von ihm weg und widersprach: »Nein, ich muss den tragen. Bitte nicht.« Ihre Stimme klang fast weinerlich bittend. Sie wusste, dass es Paul sehr seltsam vorkommen musste, doch sie konnte es ihm jetzt auch nicht erklären. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen.
Mrs. Potter hatte das Gefühl, eingreifen zu müssen. Sie stellte den Gegenstand, den sie schon seit einiger Zeit putzte ins Regal und kam zu Maria. Sie gab sich Mühe, ihre Stimme ernst klingen zu lassen, obwohl sie doch mit dem bisherigen Verlauf schon sehr zufrieden war. »Lasst es Euch nicht einfallen, Euch den Handschuh ausziehen zu lassen! Ihr müsst Euer Training weiter machen.« Dann ging sie scheinbar auf die Beiden ein. »Was ist denn das Problem?«
Paul wollte eigentlich gegen Marias seltsames Armgefängnis protestieren. Er wollte sagen, dass die Nachhilfe so keinen Sinn mache und Maria unbedingt ihre Arme benutzen müsse. Doch als er Mrs. Potter mit ihrer großen und respekteinflößenden Gestalt gegenüber stand, konnte er nur schlucken. Mrs. Potter hakte nach: »Nun?«
Paul wurde innerlich kleiner. Er brachte einfach nicht den Mut auf, sich hier für Maria gegenüber Mrs. Potter aufzulehnen. Er dachte nach und es fiel ihm ein, dass er ja für Maria zeichnen könnte. Er war, ohne das er es selber erkannte, sehr eingeschüchtert. »Nein, es ist alles in Ordnung. Ich werde Maria zeigen, wie sie zeichnen müsste.«
Mrs. Potter hatte erreicht, was sie wollte. Paul war jetzt willens und in der Lage, Marias Handschuh zu akzeptieren und sich damit auch zu arrangieren.
Sie wünschte den beiden viel Erfolg und verließ den Raum. Die Tür ließ sie offen. Paul hörte, wie sie sich auf dem Korridor zu schaffen machte. Sie war also noch in Hörweite.
* * *
Paul warf noch einmal einen recht deutlichen Blick auf Marias Handschuh. »Wenn Du so etwas tragen musst.« In Pauls Stimme mischten sich die Bewunderung für Maria mit der Verwunderung über dieses seltsame Trainingsgerät.
»Gefällt er Dir?« Pauls Meinung war ihr anscheinend wichtig.
»Ich habe so etwas noch nie gesehen. Er sieht schon toll aus.« Paul war ehrlich. »Aber es wäre leichter mit der Nachhilfe, wenn Du Deine Arme benutzen könntest.«
Maria blickte ihn an und seufzte leicht. »Das ist sicher richtig.« Sie versuchte zu zeigen, wie viel Freiraum sie noch hatte. »Aber ein wenig kann ich meine Arme ja bewegen.« Sie konnte ihre Arme auf dem Rücken pendeln lassen. Und sie schaffte es, sie etwas an ihrem Körper vorbei nach vorn zu bewegen.
Paul schaute fasziniert zu. Er war verwundert und erfreut zugleich, wieder diese geheimnisvolle Spannung vom Schulhof zu spüren. »Er ist wunderschön«, er wusste nichts anderes zu sagen. Und außerdem war es grundehrlich gemeint. »Aber warum trägst Du so etwas?«
Maria antwortete etwas leiser, aber mit viel Begeisterung in der Stimme. »Er hält meine Arme auf dem Rücken zusammen.« Paul hielt fast den Atem an. Maria blickte an sich herunter. »Und diese Riemen halten ihn fest, damit er nicht herunter rutscht.«
Paul folgte ihrem Blick, und jetzt fielen auch ihm die Riemen auf, die sich über Marias Brust kreuzten. Er sprach auch etwas leiser. »Darf ich ihn mal anfassen?«
»Gern, darfst Du«, Maria flüsterte ebenfalls. ´Ich könnte Dich ohnehin nicht daran hindern´, dachte sie sich, ohne es auszusprechen. Paul streichelte ihr sehr zärtlich über die hilflosen Arme. Er spürte, das Maria etwas zitterte. Doch der Handschuh verbarg dieses, da er die Arme sicher festhielt.
Paul bekam eine Gänsehaut. Er wollte nachhaken. »Und warum machst Du das Training?«
Er bekam eine Antwort, die zwar ehrlich war, die ihm aber trotzdem nicht wirklich weiter half, Marias Training zu verstehen. »Für meine Mutter.« Er spürte durch ihrem Tonfall, dass er jetzt besser nicht nachfragen sollte. Er warf einen Blick auf das Mathematikbuch.
Maria folgte dem Blick und beide trafen sich bei der Aufgabe aus der Schule. »Ich habe nicht verstanden, warum ich bei diesem Winkel den Sinus brauche?« Sie war jetzt ernsthaft bemüht, sich auf Mathematik zu konzentrieren.
Paul fragte, welchen Winkel sie meinte.
Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, beugte Maria sich vor zu dem Gefäß mit Bleistiften, nahm einen davon in den Mund und zeigte Paul mit der Spitze des Bleistifts, welche der aufgeschlagenen Aufgaben sie meinte.
Paul war zu verwirrt, um es richtig zu realisieren, aber sie schien den Umgang mit den Bleistiften auf diese Art und Weise gewohnt zu sein. Der Bleistift zitterte nicht.
So langsam fand Paul auch den Weg zurück zu Mathe. Er griff das Thema auf und war bemüht, ihr die Zusammenhänge zu erklären.
* * *
Mrs. Potter blickte ab und zu durch die Tür auf den Schreibtisch, vor dem Paul und Maria standen und wirklich ernsthaft Mathematik machten. Sie war sehr erleichtert, denn Paul schien ein echter Glücksgriff zu sein. Er half Maria mit dem Unterrichtsstoff, er saß in der Klasse neben ihr und es schien, als hätten sie sich auch noch in einander verliebt. Genauso, wie es sein sollte.
Sie schaute auf die Uhr, es war bald 16 Uhr und für Maria würde es Zeit werden, sich für ihr Sportprogramm vorzubereiten. Sie ging auf das Zimmer zu und klopfte vorsichtig am Türrahmen.
Paul und Maria blickten auf und es fiel Paul schon auf, das Maria sich sofort komplett zu ihrer Erzieherin hin umdrehte. Sie schien wirklich streng erzogen worden zu sein.
»Ich wollte bloß wissen, ob ihr bald fertig seid.« fragte sie.
»Diese Aufgabe noch.« Aus Marias Augen strahlten Eifer und Verliebtheit um die Wette.
Ihre Erzieherin erinnerte sie daran, dass sie sich dann für den Sport umziehen müsste. Dann ließ sie die beiden weiter machen. Paul kam es schon ziemlich seltsam vor, dass sie in der Schule vom Sport befreit war und hier welchen machen musste.
Sie kamen mit der Aufgabe dann bald zum Schluss, und eigentlich wollte Paul sich schon verabschieden, als er spürte, das Maria noch etwas von ihm wollte.
Sie kam etwas näher und ihre Stimme wurde leiser. »Ich wollte mich noch mal dafür bedanken, dass Du mir auf dem Schulhof geholfen hast.« Paul kam auch einen Schritt näher. »Die anderen Mädchen sind immer so grausam,« sprach Maria, und dabei bekam sie einen recht traurigen Blick. »Sonst hält keiner zu mir, die denken alle, ich würde spinnen.«
Paul wollte Maria ehrlich trösten, deswegen legte er seine Arme um ihren Körper und zog sie an sich heran. Allerdings kamen seine Hände mit Marias Armen in Kollision, da diese auf ihrem Rücken gehalten wurden. Ohne dass Paul richtig wusste, was er tat, umfasste er mit einen Händen Marias Arme und hielt sie mit fest.
Maria blickte ihn mit großen Augen an, er war so nah. Ihre Lippen näherten sich und sie versanken in der Süße ihres zweiten Kusses.
* * *
Mrs. Potter blickte durch die Tür und lächelte, als sie sah, das die beiden sich küssten. Sie ließ ihnen Zeit, ihre Gefühle zu gießen. Erst nach einiger Zeit kam sie in das Zimmer und klopfte dabei leise an den Türrahmen.
Maria war sehr erleichtert, als sie nicht schimpfte, sondern sie nur an die Uhrzeit erinnerte. Diesmal hatte Maria auch das Protokoll vergessen, denn dazu hätte Paul sie loslassen müssen und das wollte in dem Augenblick keiner von beiden.
Dann war es aber doch Paul, der die Umarmung von sich aus löste, denn er spürte schon ein leichtes schlechtes Gewissen. Aber immerhin hatten sie ja auch eifrig Mathe gelernt. Beide blickten sich sehr verliebt in die Augen und Maria war es am ganzen Körper anzusehen, wie gern sie Paul auch umarmt hätte. Doch der Handschuh unterband dies zuverlässig.
»Ich muss dann Sport machen.« Marias Stimme klang etwas zitternd und es schien ihr gar nicht recht zu sein, dass sie jetzt getrennt wurden. Doch da war die Nähe von Mrs. Potter, die in der Tür stand.
Paul spürte, das der zärtliche Moment mit Maria vorbei war. Er hatte ihn sehr genossen. Jetzt schien Maria wieder in ihre alte Rolle zurück zu fallen. Ihr Blick wurde wieder etwas ruhiger.
»Ihr macht am besten Morgen gleich nach der Schule weiter« Mrs. Potter war ernsthaft bemüht, ihnen die Trennung leichter zu machen. Doch als Paul in Marias auf einmal sehr erschrockenes Gesicht blickte, war er etwas erstaunt.
Maria schien den Vorschlag ihrer Erzieherin nicht gut zu finden. Es war für ihn gut zu sehen, dass Maria einen Kampf mit sich selber führte. Es schien, als traute sie sich nicht, ihrer Erzieherin entgegen zu treten.
Mrs. Potter wusste natürlich genau, worum es Maria ging, doch da musste ihr Schützling durch, das musste sie lernen zu ertragen. Sie wandte sich noch mal an Paul. »Wenn Du Morgen Lust und Zeit hast, dann könntest Du uns auf einem Spaziergang begleiten.«
Paul war sehr davon angetan, ihn freute der Gedanke, auch einmal ohne Mathematik mit Maria zusammen zu sein. Er schaute zu Mrs. Potter herüber und bedankte sich für die Einladung.
Maria schien es nicht mehr auszuhalten. »Nein, das will ich nicht. Nicht wenn ich meine Stiefel trage.«
Mrs. Potter und Paul drehten sich beide erstaunt zu Maria hin. Ihre Erzieherin blickte sie sehr streng an und fragte süffisant: »Liebe Maria, wolltet ihr etwas sagen?«
Maria hatte schon ihren Mund aufgemacht und wollte loslegen, da sah sie in das auf einmal sehr strenge Gesicht ihrer Erzieherin und sofort wusste sie, dass es sehr unklug wäre, wenn sie jetzt etwas sagen würde. Diesen Blick kannte sie mehr als genug, und meistens bedeutete er ein paar Extra-Runden in ihrer »Folter-Kammer«. Doch das wollte Maria sich heute auf keinen Fall einhandeln.
Paul sah, wie bei Maria eine Träne die Wange hinunter lief. Er hätte sie gern getröstet, doch Mrs. Potter griff ein. »Jetzt solltest Du Dich von Paul verabschieden, er möchte gehen.«
Wieder war zu sehen, dass Maria mit ihren gefangenen Armen zuckte. Es schien sie wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Wieder musste ihre Erzieherin ihr helfen. »Du möchtest ihm vielleicht einen Abschiedskuss geben.« Sie drehte sich extra auffällig weg.
Paul stand auf seinem Platz wie festgeschraubt, so seltsam kam ihm das Ganze vor und ehe er sich versah, stand Maria vor ihm und blickte ihm in die Augen.
Ohne dass er wirklich wusste, was er tat, legte er wieder seine Arme um Maria und zog sie an sich heran. Maria schaute ihn verliebt an und flüsterte leise. »Dann bis Morgen.«
Paul sagte ebenfalls etwas und gleich darauf versanken sie in einem kurzen, aber sehr intensiven Kuss.
Mrs. Potter blickte heimlich ab und zu zu ihnen hinüber und als sie der Meinung war, sie hätte ihnen genug Zeit gelassen, räusperte sie sich. »Paul möchte dann gehen.«
Das war natürlich ein charmant ausgesprochener Befehl und Paul spürte dies auch deutlich. Er ließ Maria los und noch einmal tauschten sie intensive Blicke aus.
Mrs. Potter kam auf Paul zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er drehte sich um und ging in Richtung Tür, nicht ohne noch einmal zu Maria zu blicken und ihr zu zuwinken. Maria hätte auch gern gewunken. Ihre Arme zuckten auf ihrem Rücken, festgehalten von dem weißen Leder. So schenkte sie ihm noch einmal ein wunderschön verliebtes Lächeln.
* * *
»Na wie war die Nachhilfe?« Seine Oma war sichtlich neugierig.
Paul bemühte sich ruhig zu werden. Er war noch sichtlich bewegt von dieser so seltsamen Nachhilfestunde. »Maria ...« begann Paul. Da fiel ihm erst auf, dass er gar nicht wusste, was er zuerst sagen sollte.
Seine Großmutter wusste, welche Fragen sie stellen musste. »Ihr habt Euch wieder geküsst?«
Paul wollte sich rechtfertigen. »Nach der Nachhilfe.« Er wurde aber trotzdem rot dabei.
Selma war sensibel genug, um zu spüren, dass ihn noch etwas bewegte. »Du möchtest mir noch etwas erzählen?«
Ihr Enkel war dankbar für diese Frage. »Ja, das war alles so seltsam. Maria konnte ihre Arme nicht benutzen.« Er beschrieb die merkwürdige weiße Lederhülle.
Selma hörte sich den Bericht an, dann nickte sie verständig. »Maria hat einen Monohandschuh getragen.« Sie schien kurz nachzudenken. »Die drei Töchter mussten so etwas auch tragen. Gab es bei Maria auch über der Brust gekreuzte Riemen?«
Vor Erstaunen stand Paul der Mund auf. »Woher weißt Du das?«
«Das gehört zu dem Monohandschuh dazu«, erklärte sie ihm. »Die Riemen sorgen dafür, das der Handschuh nicht die Arme herunter rutschen kann.«
Paul erinnerte sich daran, das Maria so etwas ähnliches gesagt hatte. Er wollte es genauer wissen. »Maria hat gesagt, sie müsse etwas trainieren. Weißt Du, was sie da gemacht hat?.«
Statt einer Antwort stellte seine Großmutter wieder eine Frage: »Du hast Maria doch in den Armen gehalten. Hast Du da so etwas wie ein Korsett gespürt?«
Obwohl Paul jede Sekunde mit Maria genossen hatte, war ihm so etwas nicht aufgefallen. »Darauf habe ich nicht geachtet.«
»Trug Maria hohe Absätze?«
In seinen Gedanken ging Paul noch einmal das Bild durch, welches er sich von Maria mitgenommen hatte. Ihm fiel ein, das sie ja noch die Stiefel aus der Schule trug, und die hatten Absätze. Er beschrieb sie seiner Oma.
Diese nickte wissend. »Ich würde mal vermuten, das Maria ein Korsett-Training macht. Der Monohandschuh ist dann nur ein Hilfsmittel dafür.«
Paul war sichtlich interessiert. Bisher wusste er über Korsetts so gut wie gar nichts. Er blickte seine Oma neugierig an, aber er wusste nicht, welche Fragen er stellen sollte.
Selma beschrieb ihm die Wirkung der einzelnen Bestandteile des Trainings. »Der Monohandschuh hilft vor allem, den Brustkorb zu weiten, weil mit dem Korsett eine Bauchatmung nicht mehr möglich ist.« Sie machte eine Pause, weil sie Paul Zeit zum Nachdenken geben wollte.
»Das Atmen geht auch leichter, wenn Maria ganz gerade steht. Dabei helfen hohe Absätze, denn dann streckt sich der Körper, und der Bauch wird kleiner.« In Gedanken sah Paul die zierliche Figur von Maria vor sich. »Die Schultern werden zurückgenommen und geben der Brust mehr Raum.«
Paul schaute seine Oma total erstaunt an. Doch sie war noch nicht fertig: »Und das Korsett hebt auch die Brüste und bewirkt auch ein schönes Dekolleté, welches die Männer sehr gern mögen.« Paul wurde rot.
* * *
Kalt strahlte des Neonlicht von der Decke. Aus dem kleinen Kellerfenster drang nur wenig zusätzliches Tageslicht in den Raum. Ein starker Hauch von Schweiß und Anstrengung lag in der Luft.
In dem Raum standen verschiedene Sportgeräte. Eine Laufband, ein Trimm-Fahrrad, diverse Maschinen zum Gewicht-Heben, ja sogar eine Kniebeuge-Maschine - alle standen in dem kleinen Raum. Auffällig waren bei fast allen Maschinen die Erweiterungen, die man auf den zweiten Blick entdecken konnte. Bei jeder Maschine stand eine Art Zählmaschine dabei und fast überall dort, wo man normalerweise die Geräte anfaßt, waren kleine Lederriemen angebracht, teilweise verliefen unauffällig Drähte von den Zählern zu den Riemen.
Auch eine Rudermaschine stand in dem Raum, und von dort kamen die einzigen Geräusche, die in dem Raum zu hören waren. Am Lautesten war die Maschine selbst, wenn die Ruder bewegt wurden. Ein rhythmisches Knistern von Plastik war etwas leiser zu hören.
Dazu kam Marias Stöhnen, welches mit jedem Ruderschlag lauter wurde. Der Schweiß lief ihr in Strömen durch das Gesicht. Sie hätte gern gewusst, wie weit sie schon war, doch sie konnte die Zähler vor lauter Schweiß nicht mehr ablesen. Sie konnte sich die Augen auch nicht auswischen, denn ihre Hände wurden mit den Riemen an den Rudern festgehalten. Immer heftiger waren ihre Bewegungen. Fast konnte man meinen, sie würde vor einem Seemonster davon rudern wollen.
Endlich machte es »Klick« und die Riemen an den Händen sprangen auf. Maria merkte dies in ihrem Schwung erst gar nicht. Erst als die Rudermaschine gebremst wurde, nahm sie ihre Hände von den Stangen und konnte sich endlich die Augen frei wischen.
Maria blickte sofort auf die kleine Uhr an der Wand und dachte zuerst an einen Fehler, denn so schnell war sie noch nie fertig gewesen. Sie nahm sich das bereitliegende Handtuch und trocknete sich ihren Kopf etwas ab. Dann stand sie auf. Überall an ihrem Körper klebte das Plastik ihres Schwitzanzuges, und sie freute sich schon sehr auf ihre Dusche. Auch ihr Sportkorsett saß diesmal besonders locker. Sie fühlte kaum etwas von den Korsettstangen, und um ihre Taille spürte sie nur das Plastik ihres Trainingsanzugs.
Mit sehr glücklichem Gesicht ging sie in das Nachbarzimmer, wo Mrs. Potter schon wartete. Auch sie schaute sofort auf die Uhr, als sie ihren Schützling verschwitzt auf sich zu kommen sah. »Oh, Du bist heute aber früh fertig.«
Maria lächelte erschöpft, aber glücklich. Sie war noch sichtlich außer Atem. »Ja, ich habe mich heute extra in die Riemen gelegt.« Sie grinsten beide über das gelungene Wortspiel.
In diesem Moment war es nur ein Ritual, doch auch hier ließen sich beide in das Protokoll fallen. Maria stellte sich gerade vor ihre Erzieherin hin und wartete immer noch leicht keuchend. Mrs. Potter nahm diese Geste zur Kenntnis, aber wartete noch einige Zeit, bis sich der Atem der Sportlerin weiter beruhigt hatte. Dann kam der übliche Satz: »Nun Maria, was wünscht ihr?«
Marias Augen funkelten heute besonders als sie jetzt ihren Kopf hob und ihre Erzieherin ansah. »Würden Sie mich bitte aus meinem Korsett heraus lassen, ich möchte gern duschen.«
Auf dem kleinen Tisch lag das große Schlüsselbund, welches Mrs. Potter jetzt langsam zur Hand nahm. Während sie nach dem richtig Schlüssel suchte, überlegte Maria total fasziniert, dass alle dieser Schlüssel zu ihr gehörten. Sie selbst hätte nicht gewusst, welcher der vielen Schlüssel für welches Schloss war. Diesen Überblick hatte nur ihre Erzieherin.
Sie wartete geduldig, bis Mrs. Potter ihr das Sport-Korsett geöffnet hatte, dann bedankte sie sich und ging ruhigen Schrittes nach oben in Richtung Bad. Nur noch das Plastik ihres Anzugs knisterte etwas.
Mrs. Potter nahm indessen ein kleines Buch zur Hand und ging dann zu einzelnen Sportmaschinen. Bei jeder der Maschinen blieb sie stehen und notierte den Zählerstand. Sie öffnete das Fenster, dann machte sie das Licht aus und ging ebenfalls nach oben.
* * *
Sie hatte sich ein Handtuch um den Körper geschlungen, ein weiteres trug sie wie ein Turban auf dem Kopf. Maria betrat ihr Ankleidezimmer und öffnete den begehbaren Schrank. Sie ging zu den Fächern mit der Freizeitkleidung und nahm sich ihre Abendjacke und einen dazu passenden Rock heraus.
Sie legte sich die Sachen über den Arm und wollte gerade in ihr Fernsehzimmer gehen, als ihr ihre Erzieherin über den Weg lief. Mrs. Potter erkannte sofort, was Maria sich aus dem Schrank herausgenommen hatte, deswegen musste sie die Pläne ihres Schützlings ändern.
»Heute ist Euer Nacht-Korsett aus der Reinigung gekommen und das müssen wir ganz neu schnüren. Das wird lange dauern.« Sie sprach nicht aus, dass Maria heute keinen Fernseh-Abend bekommen würde, das verstand sich auch so.
Maria freute sich, denn obwohl es sehr streng war, trug sie dieses Korsett gern. Sie verließ den Raum und brachte ihre Abendkleidung wieder zurück in den Schrank.
Dann ging sie durch die kleine Tür in ihr Schlafzimmer, wo Mrs. Potter schon dabei war, den großen Karton mit dem Korsett auf zumachen und es auszupacken.
Zu anderen Gelegenheiten musste Maria sich immer bitten lassen, doch heute schien sie glänzende Laune zu haben. Sie nahm die Hängefesseln aus der kleinen Kommode und brachte sie an dem Trapez an. Sie probierte den Sitz der Lederriemen aus und als sie damit zufrieden war, stellte sie das Trapez auf die richtige Höhe ein.
Mrs. Potter war damit beschäftigt, die vielen Korsettschnüre zu sortieren und blickte nur nebenbei auf die Aktivitäten ihres Schützlings. Diesmal schien Maria wirklich alles selber machen zu wollen.
Maria hatte sich die kleine Fußbank unter das Trapez gestellt und probierte noch einmal die Höhe aus. Sie stellte das Trapez etwas höher und war dann mit ihren Vorbereitungen zufrieden. Sie stellte sich auf die kleine Fußbank und überlegte noch einmal kurz, ob sie an alles gedacht hätte. Sie würde sich in die Hängefesseln hinein hängen, dann ihren Körper etwas hochziehen und mit den Füßen die kleine Bank, auf der sie bisher stand, wegstoßen. Der Effekt würde dann sein, dass sie nur noch von ihren Handgelenken gehalten wurde und somit ergab sich, dass sie sich selbst aus dieser Stellung nicht mehr befreien konnte.
Diese Haltung war wichtig, damit Mrs. Potter das Korsett richtig zuschnüren konnte. Maria holte noch einmal tief Luft, dann spannte sie ihre Arme an, damit ihre Beine entlastet wurden. Sie schaute nach unten und stieß mit dem Fuß die kleine Bank weg. So hing sie bereit für das Korsett.
Mrs. Potter wartete noch einen Moment, bis sich der Atmen von Maria wieder beruhigt hatte, dann nahm sie die große schwere Lederhülle und trat auf Maria zu. Sie hielt ihr als erstes das Beinteil hin und Maria blickte nach unten, als sie ihre Füße in das Beinteil steckte. Sie musste ihre Füße wie bei ihren Ballett-Stunden strecken und konnte sie dann in das gepolsterte Fußteil des Korsetts stecken. Es war wie ein Ballett-Stiefel gearbeitet und es wäre Maria sogar möglich gewesen, damit zu stehen. Doch dieses Korsett hatte sie bis auf die Anproben bisher immer nur in der Nacht im Liegen getragen.
Mrs. Potter legte ihr als nächstes den oberen Teil um ihre Schulter und sicherte es mit zwei zusätzlichen Riemen über die Schultern, die das Korsett solange festhalten würden, bis es komplett geschnürt war.
Um die Zeit zu überbrücken, die sie erfahrungsgemäß mit dem Schnüren verbringen mussten, begann Mrs. Potter, Maria nach ihrem Tag zu fragen.
Maria nutze diese Zeit auch gern, um von den Tageserlebnissen zu erzählen. Oft genug hatte wieder von den anderen Mädchen zu erzählen, die sie auf dem Schulhof mal wieder geärgert hatten, doch diesmal gab es nur ein Thema: Paul. Wie einer besten Freundin erzählte Maria von den ersten gemeinsamen Erlebnissen und den schönen Küssen. Gleichzeitig spürte sie, wie Mrs. Potter es immer strenger zusammenschnürte.
»Ich glaube, ihr braucht bald ein neues Korsett.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang fast etwas verwundert. »Ich glaube, ich könnte Euch heute die Schnürung komplett schließen. Seit ihr bereit dazu?«
Maria fand es in Ordnung, dass sie gefragt wurde, auch wenn ihr klar war, dass ihre Antwort nur ´Ja´ lauten konnte. Immerhin erfüllte es sie mit Stolz, dass sie jetzt endlich komplett in dieses so superstrenge Korsett geschnürt werden konnte. Wenn die Schnürung geschlossen sein würde, dann war es Maria nicht mehr möglich, auch nur irgendetwas außer ihrer Arme und ihres Kopfes zu bewegen. Der restliche Körper war in dieses Monsterkorsett eingesperrt.
Immer weiter kam Mrs. Potter mit der Schnürung und Maria spürte mit Wohlwollen, wie es diesmal besonders streng geschnürt wurde. Sie begann neben ihren Erzählungen vom Tag leise zu stöhnen.
Als jedoch das Stöhnen überhand nahm, kam von Mrs. Potter doch die recht ernst gemeinte Frage, ob Maria einen Knebel haben wollte. Dies erinnerte Maria erst einmal daran, sie nicht so gehen zu lassen. Wenn sie sich sonst auch an die Knebel gewöhnt hatte, beim Korsettschnüren wären die einfach nur lästig. Außerdem erzählte sie viel lieber von Paul.
»So, fertig.« Mrs. Potter legte die Lederabdeckungen über die Schnürungen und ließ das kleine Schloss in Marias Nacken einrasten, dann trat sie zu der Kurbel des Trapezes und begann Maria herunter zu lassen.
Nur weil das Trapez gleich neben dem Bett angebracht war, war es für Maria trotz ihren jetzt sehr hilflosen Körpers leicht, ins Bett zu kommen.
Allerdings war selbst das alleine völlig unmöglich, denn jetzt steckte ihr ganzer Körper vom Hals bis zu den Zehenspitzen in dem Korsettmonster und wurde von dem Leder und den langen Korsettstangen unnachgiebig festgehalten.
Mrs. Potter ließ Maria noch einige Zeit neben dem Bett stehen. Maria konnte sich an dem großen Kopfende festhalten und gewöhnte sich etwas an die neuen Gefühle.
Derweil holte Mrs. Potter die Haube aus der Nachttischschublade. Maria stöhnte leise, als sie sah, dass es die ganz strenge Ausführung war. ´Ist das Korsett denn nicht schon streng genug?´ dachte sie, doch sie wusste ja, dass sie gestern eine Freinacht hatte und dass sie den gestrigen Tag nachzuholen hatte.
Mrs. Potter hatte auch den Mundschutz heraus gelegt. Maria schluckte. Wenn sie schon die Haube nicht mochte, dieses Ding hasste sie. Dabei war es noch einer ihrer bequemsten Gegenstände aus dem Schönheitsprogramm, denn sie konnte den Schutz einfach zwischen die Zähne nehmen und musste dabei nur aufpassen, dass ihre Zunge auch Platz fand in dem Hohlraum, welches des Plastikteil frei ließ. So konnte sie ihren Mund fast ganz schließen und war so recht bequem für die Nacht versorgt. Natürlich hätte sie den Mund öffnen können, um den Mundschutz wieder heraus zu nehmen, wenn da nicht gleich danach ihre Haube um den Kopf geschnürt werden würde.
Maria besaß mehrere solcher Masken, einige davon ließen Augen und Nase frei. Bei manchen waren nur noch die Nasenlöcher frei. Heute hatte Mrs. Potter die ganz strenge Maske herausgelegt. Den Mund öffnen konnte sie damit natürlich auch nicht mehr.
Obwohl Maria eigentlich schon total hilflos war, nahm Mrs. Potter sie noch in die Pflicht, was das Anlegen ihrer Nachtgegenstände betraf. Sie reichte ihr diesen vermaledeiten Mundschutz, den Maria nun wirklich nicht mochte.
Maria seufzte. Sie hatte schon gelernt, dass es wenig Sinn hatte, sich dagegen aufzulehnen. So würde sie eben gleich stumm wie ein Fisch sein. Sie schloss ihre Augen und mit Todesverachtung öffnete sie ihren Mund, schob sich langsam den Mundschutz hinein, und nachdem ihre Zunge den für sie vorgesehenen Platz gefunden hatte, schloss Maria langsam ihren Mund. Sie machte die Augen auf und blickte Mrs. Potter wortlos an.
Mrs. Potter fragte noch einmal ob alles in Ordnung war, und Maria nickte noch einmal leicht. Dabei lief ihr eine Träne die Wange hinunter. Dies ignorierte Mrs. Potter und zog ihr die strenge Haube über den Kopf. Dann begann sie die Schnürung am Hinterkopf zu schließen, und immer enger legte sich die Maske um Marias Kopf.
Maria musste ja zugeben, dass diese Haube sehr bequem war. Wenn sie richtig geschlossen war, dann fühlte es sich an wie ihre zweite Haut. Doch von ihren Sinnen konnte Maria danach nicht mehr viele benutzen. Die Augen waren durch die Maske verschlossen, über den Ohren waren noch einmal extra Polster, die sämtliche Geräusche abdämpften. Reden konnte sie nicht mehr, weil die Maske das Öffnen des Mundes verhinderte. Und natürlich hätte sie den Mundschutz nicht mehr herausnehmen können. Lediglich Fühlen mit den Händen und Riechen waren Maria geblieben und sie dachte mit Schaudern an die Samstag Nacht, wenn es noch viel strenger sein würde. Mit einem kleinen Schauer spürte sie, wie Mrs. Potter die Abdeckung über die Schnürung legte, und wie auch hier das kleine Schloss mit einem fühlbaren Klicken einrastete. Nun war sie wieder vollständig gefangen.
Nur sehr gedämpft hörte Maria die Stimme ihrer Erzieherin, die ihr jetzt erklärte, dass sie sie auf das Bett legen würde. Nur schwach spürte Maria die Berührungen und wieder erschauerte Maria, weil ihr hier wieder einmal bewusst wurde, wie streng ihr Nachtkorsett doch war.
Dass sie von Mrs. Potter noch zugedeckt wurde, spürte Maria nur, weil sie mit ihren Händen noch tasten konnte. Samstag Nacht würde das auch nicht mehr möglich sein.
»Gute Nacht mein Schatz.«, Maria hörte die Stimme ihrer Erzieherin nur ganz leise und nur ganz schwach spürte sie den Gutenachtkuß auf ihrer Stirn.
Maria wollte ebenfalls ein »Gute Nacht.« sagen, aber zu hören war davon nur ein Brummen.
Mrs. Potter blickte noch einmal liebevoll auf Marias Bett, machte dann das Licht aus und verließ das Zimmer.
Maria freute sich auf die kommenden Tage. Sie dachte an Paul und seine zärtlichen Küsse sowie an die Samstag Nacht, wenn es für sie so richtig streng werden sollte.
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RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins
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Datum:30.12.13 18:43 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Mrs. Potter wählte die Nummer, die mit den vielen Nullen begann und wartete, bis die Verbindung in die USA hergestellt war. Die Sekretärin war dran. Als diese die Stimme von Mrs. Potter hörte, wusste sie schon, was zu tun war und Marias Erzieherin musste nur noch kurz warten.
»Frederike hier«, meldete sich Marias Mutter. »Was gibt es neues?« Innerlich verdrehte Mrs. Potter die Augen. Immer diese Hetze. Doch dann begann sie ihrer Auftraggeberin von den Ereignissen der Woche zu berichten.
»Die schulischen Leistungen sind in Ordnung. Das Abitur wird sie sicher bestehen. Nur Mathe ist ein Problem.« Das war, das wussten beide, nicht wirklich etwas neues. »Doch jetzt hat sie einen neuen Nachhilfe-Lehrer und ich glaube sogar, zwischen den Beiden hat es gefunkt.«
Frederike Beller freute sich für ihre Tochter, denn sie wusste, das es für Maria nicht einfach war, einen Freund zu finden. Und dass sie jetzt hoffentlich sogar ihre Liebe gefunden hatte, war doppelt schön. Natürlich musste Frederike sich auch eingestehen, das ihr die Liebe ihrer Tochter auch bestens in ihr Konzept passte. So könnte der Plan doch noch aufgehen.
Mrs. Potter blickte auf ihre Notizen, dann bemühte sie sich, eine möglichst kurze, aber umfassende Beschreibung von Paul zu geben. Sie berichtete über seine Art, sein Wesen und vor allem den sehr guten Einfluss auf Maria.
Marias Mutter wurde immer nervöser. »Passt unser Programm oder müssen wir da etwas anpassen?«
Mrs. Potter versuchte Ruhe auszustrahlen. »Das passt so, denke ich. Wir werden ihn wie vorgesehen integrieren.«
»Wie viel weiß er schon?«, fragte die Mutter.
»Nur das Äußere.« Die Erzieherin berichtete, dass Paul Marias Monohandschuh bei der Nachhilfe gesehen hatte und das Paul darauf sehr gut reagiert hatte.
»Müssen wir dann ihren Tagesablauf nicht doch anpassen?« Frederike war skeptisch.
Mrs. Potter war dagegen. »Nein, er soll sich daran anpassen. Das wird dann gleich seine erste Prüfung.«
Marias Mutter fragte nach weiteren Ereignissen. Erst fiel der Erzieherin nichts wichtiges ein, doch dann musste sie daran denken, wie sie Maria eben ins Bett gebracht hatte. »Das große ganz lange Bett-Korsett konnte ich heute ganz zuschnüren.«
»Oh, das ist sehr schön.« Marias Mutter war von der Nachricht sehr angetan. »Dann bekommt sie in den Ferien gleich ein Neues angemessen.«
Sie sprach es nicht aus, aber sie dachte daran, wie schwer es dann für Maria in den Sommerferien werden würde, wenn ihre Tochter sie besuchen kommen würde. Sie beschloss, ihr deswegen davon noch nichts zu sagen, um ihr die Vorfreude nicht zu verderben.
Mrs. Potter fragte nach dem nächsten Termin für den Anruf. Frederike schlug vor, das Marias Erzieherin am Samstag wieder berichten sollte. Die Verabschiedung war kurz und nüchtern.
Mrs. Potter schaute danach noch einmal kurz zu Maria ins Zimmer hinein. Der leichte Atem zeigte an, dass Maria schon eingeschlafen war.
* * *
Stolz lag das große Schloss auf dem Hügel, beschienen von der untergehenden, schon fast rot leuchtenden Abendsonne. Die Strahlen warfen einen letzten sonnigen Gruß durch die hohen Fenster in den festlich geschmückten barocken Ballsaal. Drinnen funkelte das Sonnenlicht mit dem Licht der Kronleuchter und den Tausenden von Kerzen um die Wette.
Die Musiker spielten seichte Stücke zur Unterhaltung. Alle warteten auf die Befreiung der Debütantinnen, mit denen die Prinzen den Ball eröffneten. Bis dahin blieb die Tanzfläche leer.
Es lag eine gewisse Spannung im Raum. Es war für jede Debütantin eine große Ehre, hier an ihrem Pfeiler stehen zu dürfen und auf ihren Prinzen zu warten. Besonders aufregend war es, wenn der Zeremonienmeister ihre Handgelenke mit den goldenen Schlössern an die Pfeiler schloss. Und jede von ihnen fragte sich, ob ihr Prinz sie wohl wieder befreien würde. Den Schlüssel dazu bekamen sie vom Zeremonienmeister um den Hals gehängt.
Maria blickte auf die kleine Erhörung am anderen Ende des Saales. Dort standen die Elevinnen in ihren festlichen Kleidern. Von dort durften sie den ganzen Abend dem Treiben auf dem Ball zusehen. Es sah sehr hübsch aus, wie sie da abwechselnd in Weiß und in Rosa vor den kleinen Säulen standen.
Als besonderes Detail trugen diesmal die Mädchen mit weißem Kleid einen rosa Monohandschuh und die mit dem rosa Kleid einen in Weiß. Die Kleider gingen bis zum Boden und so war nicht zu sehen, warum sie sich nicht von ihrem Platz entfernen konnte. So war es leichter, den ganzen Abend dort oben stehen zu müssen. Maria wurde rot, wenn sie daran dachte.
Die Elevinnen waren aber auch sichtbar an ihren Platz gebunden. Die Spitze des Monohandschuhs war mit einem goldenen Schloss mit der Säule verbunden. Jede der Elevinnen wusste, dass sie im nächsten Jahr nicht mehr auf dieser Empore stehen würde. Stattdessen würde sie unten im Saal auf den Prinzen warten dürfen.
Maria hatte sich schon oft darauf gefreut. Jedes Mal hatte sie sich auf ihren Prinzen gefreut, doch stets war sie eine der wenigen, die nicht befreit wurden.
* * *
Die Prinzen kamen. Einer nach dem anderen kamen sie in den Saal und gingen zielstrebig auf ihre Prinzessinnen zu. Der Brauch wollte es, das jeder Prinz ein kleines Blumenbouquet mitbrachte, um es der Dame seines Herzen vor dem Ball zu überreichen. Dabei fragten die Prinzen gemäß eines alten Rituals nach dem Schlüssel zum Herz der Prinzessin. Nur selten vergaben die Angebeteten mal einen Korb, fast immer bedankte sich die Debütantin brav mit einem Knicks und wurde vom Prinzen von der Säule befreit. Ein paar wenige sehr mutige wagten auch einen ganz kurzen Dankeschön-Kuss.
Die Säulen leerten sich immer weiter, zurück blieben stets nur die kleinen goldenen Schlösser. Nur noch Maria stand an ihrer Säule. Sie seufzte. Bisher hatte sie noch kein Prinz nach ihrem Schlüssel gefragt. Sie blieb jedes Mal an der Säule stehen und hatte bisher von dort dem Treiben auf dem Ball zu sehen müssen.
Doch auf einmal klopfte ihr Herz laut, noch bevor sie überhaupt ahnen konnte warum. Es kam doch noch ein Prinz in den Saal. Paul!
Marias Herz klopfte richtig wild und sie war fast atemlos, als Paul auf sie zu kam und ihr den kleinen Blumenstrauß reichte. Dabei sprach er die Worte, die Maria hören wollte: »Gebt Ihr mir den Schlüssel zu Eurem Herzen?«
Sie konnte nicht antworten, sondern blickte ihn nur voller Liebe an und nickte. Pauls Hände zitterten leicht, als er den Schlüssel von der kleinen Ketten nahm. Er öffnete die Schlösser und befreite Maria von der Säule. Sie wäre ihm liebend gern um den Hals gefallen, doch erstens geziemte sich so ein Verhalten für eine Prinzessin nicht und zweitens konnte sie im Moment gar nicht über ihre Arme verfügen, weil diese von dem Monohandschuh auf ihrem Rücken festgehalten wurden.
Sehr gern ließ sie sich in den Arm nehmen und auf die Tanzfläche führen, wo die anderen schon tanzten. Sie blickten sich verliebt in die Augen und begannen sich auch zu der Musik im Kreis zu drehen.
Mrs. Potter stand am Rand der Tanzfläche und es schien, als riefe sie Maria etwas zu. Sie tanzten langsam zu ihr herüber und jetzt verstand Maria die Worte ihrer Erzieherin.
»Maria, ihr müsst aufwachen«, war ihre Stimme zu hören.
* * *
Mrs. Potter blickte mit Sorge auf Marias im Nacht-Korsett verpackten Körper. Ihr Schützling war ziemlich unruhig. Sie beeilte sich, das Schloss zu öffnen und die Haube aufzuschnüren, denn sie spürte, das heute etwas anders als sonst war. Andererseits hatte Maria nicht das Notsignal benutzt, also konnte es nicht wirklich etwas schlimmes sein.
Trotzdem war die Erzieherin besorgt und brauchte auch nicht lange, bis sie Maria die Haube vom Kopf genommen hatte. Sie blickte in Marias Gesicht und zu ihrer Erleichterung sah Maria zwar aufgewühlt, aber glücklich aus. Maria schlug die Augen auf. Mrs. Potter nahm ihr den Mundschutz aus dem Mund und legte den Knebel auf die kleine Schale auf dem Nachttisch.
Maria blickte ihre Erzieherin verliebt an. »Ich habe wunderbar geträumt.«
Ohne das sie es zeigte, war Mrs. Potter erleichtert, dass Maria nach dieser schon ziemlich strengen Nacht so leicht und munter aufwachte. Sie spekulierte: »Du warst wieder auf dem Ball?«
Maria bestätigte dies mit ihrem Blick. »Paul hat mich zum Tanzen geholt.« Sie erzählte von ihrem Traum, der diesmal ganz anders endete.
»Das ist ja wunderschön.« Mrs. Potter war sehr erleichtert und begann das strenge Nachtkorsett zu öffnen. Doch es war ihr etwas aufgefallen und da wollte sie nachhaken.
»Du sagtest, das Du diesmal an der Säule standest.«
Maria bestätigte dies.
»Und als in Pauls Armen lagst, trugst Du einen Monohandschuh?«
Maria schien in Gedanken ihren Traum noch einmal nachzuträumen. Dann blickte sie ihre Erzieherin erstaunt an. »Ja, Ihr habt Recht. So war es. Seltsam.«
Mrs. Potter nahm dies als ein sehr gutes Zeichen. Maria hatte ihren Handschuh mit Paul in Verbindung gebracht. Bisher lief es sehr gut.
Maria wartete geduldig, bis ihr Korsett soweit geöffnet war, dass sie aufstehen konnte. Doch wie sonst auch, fiel sie gleich wieder in ihre Rolle und wartete auf die Erlaubnis, ins Bad gehen zu dürfen.
Mrs. Potter schickte sie schließlich zum Duschen und während der Zeit legte sie Marias besondere Unterwäsche sowie die dazugehörigen Schlösser bereit.
* * *
Der heiße Kakao duftete schon auf dem Tisch, als Maria in die Küche kam. Sie war schon fertig für die Schule angezogen. Aus dem Schrank nahm sie sich eine kleine Schale und füllte sie sich mit Müsli und Milch, dann setzte sie sich an den Tisch und begann ihr Frühstück.
»Ich habe mit Eurer Mutter telefoniert und ihr von Paul erzählt«, berichtete Mrs. Potter.
Maria zuckte etwas zusammen, denn sie hatte wegen Paul schon ein etwas schlechtes Gewissen. »Sie freut sich für Euch.«
Maria schaute ihre Erzieherin ungläubig an. Sie hätte nicht im Traum damit gerechnet. »Ja ist sie denn nicht dagegen?«
Mrs. Potter blickte mit liebevoller Strenge auf ihren Schützling. »Nein, sie hat nichts dagegen.« Sie machte eine Pause. »Unter einer großen Bedingung.«
Maria seufzte.
»Es bleibt alles beim alten, was Euer Programm betrifft.« Die Stimme ihrer Erzieherin klang ziemlich bestimmt.
Maria schien nachzudenken. Dann runzelte sie ihre Stirn. »Das komplette Programm?« Sie schien sich Sorgen zu machen.
Mrs. Potter schien zu ahnen, welche Gedanken ihr wohl gerade durch den Kopf gingen. Das wollte sie allerdings nicht und deswegen versuchte sie abzulenken. »Ihr müsst gleich zur Schule.«
Maria blickte auf die Uhr und begann etwas schneller zu essen.
Was würde Paul wohl machen? Ob er auch frühstückte? Sie war sehr erleichtert über Pauls bisherige Reaktionen. Aber sie fragte sich auch, wie er wohl über ihr Programm denken würde.
* * *
Oft genug fand Paul es lästig, wenn seine Oma auf dem morgendlichen Frühstück bestand. Doch heute war er recht dankbar darüber. Er war froh jemand zu haben, mit dem er über Maria reden konnte. Mit seiner Mutter hätte er das wohl nicht machen können.
»Sie gefällt Dir sehr.« Selma reichte ein Blick in Pauls Gesicht, um Bescheid zu wissen.
Paul grinste. »Ja!« Mehr schafft er im ersten Moment nicht zu sagen. Doch dann nahm er sich allen Mut zusammen, um es sich vor allem selber einzugestehen. »Aber ihre Erzieherin macht mir etwas Angst. Sie ist so streng, diese Mrs. Potter.«
Pauls Oma dachte über das nach, was ihr Enkel bisher erzählt hatte. Eine gewisse Ähnlichkeit war schon zu erkennen zu der Erziehung der Grafentöchter, die sie kennen gelernt hatte, als sie beim Grafen im Schloß als Dienerin gearbeitet hatte. Sie blieb bei ihrem Rat, er solle sich so benehmen, wie er es gelernt hatte.
Sein Frühstück hatte er diesmal komplett aufgegessen. Nur im Unterbewusstsein wusste er, das er bald nach dem Frühstück wieder Marias Erzieherin begegnen würde und so versuchte er, das etwas hinauszuzögern.
Doch auch seine Oma achtete darauf, das Paul nicht zu spät zur Schule kam. Sie trieb ihn an und nötigte ihn noch, die Regenjacke mitzunehmen. Für den heutigen Tag waren Gewitter angesagt.
Er packte sich die Jacke in den Ranzen und ging zur Tür. »Heute habe ich wieder Nachmittagsunterricht,« fiel ihm im letzten Moment ein. »Ich werde in der Schule essen.« Seine Oma war stets verärgert, wenn er ihr nicht Bescheid gesagt hatte. Er verabschiedete sich und trat nach draußen. Er bog um die Ecke und voller Freude sah er, dass Maria gerade auf den Bürgersteig trat. Seine Miene verfinsterte sich allerdings etwas, als er Mrs. Potter entdeckte, die gleich hinter seiner Angebeteten her kam.
Es lag an Marias sehr kleinen Schritten, dass er sie sehr schnell eingeholt hatte. Doch auch diesmal war nicht zu erkennen, warum Maria nur so kleine Schritte machte. Ohne das es Paul so richtig bewusst wurde, wurden seine Schritte auch langsamer, je näher er Mrs. Potter kam.
Er wollte eigentlich hinter den Beiden bleiben, doch als Mrs. Potter stehen blieb und sich direkt ihm zu wandte, hatte Paul keine andere Wahl mehr, als Beide zu begrüßen.
Es war wie gestern beim Abschied, Mrs. Potter gab ihm mit einem kräftigen Händedruck die Hand, während Maria, die auch stehen geblieben war und sich umgedreht hatte, nur ein schüchternes »Hallo Paul« heraus brachte. Sie gingen schweigend weiter.
Vor der Schule wünschte Mrs. Potter den Beiden einen schönen Tag, dann drehte sie sich um und ging diesmal mit schnellerem Schritt wieder zurück. Paul und Maria gingen schweigend über den Schulhof und betraten schließlich ihre Klasse.
* * *
Nach den beiden Stunden am Nachmittag gingen Paul und Maria zusammen zu Mrs. Potter, die am Tor schon auf sie wartete. Es fiel der Erzieherin auf, dass sich etwas ereignet haben musste. Sie fragte auch gleich danach.
»Wir schreiben nächsten Freitag eine wichtige Mathearbeit«, Marias Stimme klang sehr aufgeregt. »Und deswegen müssen wir unbedingt noch lernen.«
Im Prinzip war es Mrs. Potter ja recht, dass Maria mehr Zeit mit Paul verbringen würde. Doch gleichzeitig durfte ihr Schützling auch ihr normales Programm nicht vernachlässigen.
Mrs. Potter überlegte kurz. »Wie wäre es, wenn ihr gleich heute während Eures Ballett-Trainings etwas lernen würdet?«
Paul sah, das Maria diese Idee nicht so gut fand, doch sie wagte nicht, ihrer Erzieherin zu widersprechen.
»Am besten, Paul kommt gleich mit zu uns. Geht das, Paul?« Dem war das mehr als Recht. Er genoss jede freie Minute, die er mehr in Marias Gegenwart verbringen konnte.
Wie immer gingen sie recht langsam den kurzen Weg zu Marias Haus und Paul fragte sich dabei immer häufiger, ob Maria keine größeren Schritte machen konnte oder ob da etwas anderes dahinterstecken würde. Sie betraten das große Haus.
Mrs. Potter verschwand sofort, während Paul neben Maria wartete.
Maria hatte das Gefühl, sich erklären zu müssen. »Sie holt die Schlüssel für das Cape.« Dabei blickte sie etwas an sich herunter.
Paul folgte dem Blick und es fiel ihm auf, das der obere Verschluss des Capes tatsächlich ein Schlüsselloch hatte. Der Verschluss war außerdem so gearbeitet, das er gleichzeitig auch den Anfasser des Reißverschlusses mit verschloss.
Paul bekam eine Gänsehaut. Maria war in das Cape regelrecht eingesperrt.
Mrs. Potter kam mit dem großen Schlüsselbund zurück. Den richtigen Schlüssel hatte sie anscheinend schon gefunden, denn sie ging direkt auf Maria zu und steckte einen Schlüssel in das kleine Schlüsselloch. Es machte kurz ein leises Klick und Paul sah, wie das Schloss aufsprang. Jetzt konnte Mrs. Potter den langen Reißverschluss öffnen und Maria aus dem Cape helfen.
Ihr Schützling machte kurz einen Knicks und ging dann mit vorsichtigen Schritten zu einer kleinen Kommode, vor der auch ein kleiner Hocker stand. Sie machte die Schublade auf und nahm ein kleines Schlüsselbund heraus.
Dann schien sie zu warten. Ab und zu blickte sie fragend zu ihrer Erzieherin hinüber, die noch recht umständlich damit beschäftigt war, das Cape zusammenzulegen. Erst als sie damit fertig war, richtete sie ihren Blick auf Maria und schien ihr zuzunicken.
Erst jetzt setzte Maria sich auf den kleinen Hocker. Paul war sehr erstaunt. Maria hatte anscheinend auf die Erlaubnis zum Hinsetzen gewartet. Er nahm sich vor, seine Oma danach zu fragen.
Mittlerweile war Maria damit beschäftigt, sich mit einem der Schlüssel ein Schloss an ihrem Stiefel zu öffnen. Paul überlegte, warum ihm das bisher nicht aufgefallen war, doch dann fiel ihm ein, das Marias Rock dies bisher verdeckt hatte.
Nachdem sie sich bei beiden Stiefeln die Schlösser abgemacht hatte, legte sie diese mit dem Schlüssel auf die Kommode und konnte sich jetzt den Reißverschluss öffnen. Sie zog sich die Stiefel aus und stellte sie ordentlich in die Kommode.
Dann schien Maria zu warten. Paul fiel so nebenbei auf, das Maria anscheinend Strümpfe oder eine Strumpfhose trug. Soviel war davon zumindest zu sehen.
Mrs. Potter kam zurück und stellte Maria wortlos ein Paar äußerst seltsame Stiefel hin.
Paul hatte so etwas noch nie gesehen und er war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt Stiefel waren. Immerhin hatte Maria ihren Fuß hineingesteckt und begann jetzt den Schaft des Stiefels bis unter das Knie zuzuschnüren.
Sie bemerkte Pauls ziemlich ratlosen Blick und versuchte ihm es erklären: »Das sind meine Ballett-Stiefel. Das muss ich auch einmal die Woche trainieren.«
Jetzt begann Paul zu verstehen, in was Maria sich das gerade hineinzwängte. Die Stiefel bewirkten, das Maria wie beim Ballett-Tanz quasi auf Zehenspitzen unterwegs sein würden.
Sie sah Paul fragenden Blick und wollte ihm deswegen noch etwas mehr mitteilen. »Ich hatte früher Ballett-Unterricht. Ich bin das gewöhnt und will nicht aus der Übung kommen.«
Paul wusste nun gar nicht mehr, was er davon halten sollte. Er schaute ganz fasziniert zu, wie Maria sich die Stiefel anzog.
Maria hatte sich oben am Stiefelschaft eine schöne Schleife gebunden und Paul dachte schon, das sie damit fertig wäre. Doch zu seiner Überraschung nahm sie aus der Schublade zwei andere Schlösser und fädelte diese so in die Schleife ein, dass sie die Schleife nicht mehr öffnen könnte, wenn das Schloss eingeschnappt sein würde.
Maria kontrollierte die Qualität ihrer Schnürung noch mal, zog hier und da noch mal die Schüre nach, dann ließ sie die Schlösser zuschnappen und zog darüber die Schleife fest.
Paul stockte der Atem. Sie hatte sich eben selber in diese sehr seltsamen Stiefel eingesperrt.
Maria sah Pauls sehr verwunderten Blick und Maria hatte das Gefühl, sich etwas erklären zu müssen. »Ich möchte nicht in Versuchung kommen, die Stiefel ausziehen zu können beim Spaziergang.« Sie griff noch einmal in die Schublade. »Hier sind die Schlüssel.« Sie hielt wieder das Schlüsselbund hoch.
Paul war trotzdem sprachlos.
Maria hielt sich an der Kommode fest und versuchte langsam aufzustehen. »Zu Beginn bin ich immer etwas wackelig,« versuchte sie verlegen zu erklären.
Paul sah, dass sie recht hatte. Sie sah recht unsicher aus, wie sie auf den Stiefeln unterwegs war.
Ohne dass es zu bemerken gewesen wäre, stand Mrs. Potter im Raum. Sie wandte sich diesmal direkt an Paul. »Maria braucht in diesen Stiefel immer eine Hilfe. Am besten ist es, wenn Du Deinen Arm um sie legst.«
Im ersten Moment war es der Respekt vor Mrs. Potter, der Paul zögern ließ, doch dann begriff er, welche Nähe er zu Maria bekommen würde und ziemlich schüchtern legte er den Arm um Maria.
Seine Freundin brauchte die Hilfe auch gleich, denn Mrs. Potter wollte als erstes kontrollieren, ob Maria sich die Stiefel auch wirklich richtig angezogen hatte. Maria hob dabei ein Bein etwas hoch und zeigte ihr den zugeschnürten Stiefel.
Paul spürte ziemlich deutlich, wie wackelig Maria dabei stand und er war sehr bemüht, ihr den richtigen Halt zu geben. Paul war erstaunt, als Mrs. Potter die Qualität von Marias Stiefelschnürung wirklich zu kontrollieren schien. Zuerst hatte Maria das eine Bein gehoben, dann das andere. Dabei spürte Paul, dass sie sich wirklich auf seinen Hilfe verließ und Paul war sehr bemüht, ihr tatsächlich den Halt zu bieten, den sie suchte.
Nachdem sie sich von der Qualität von Marias Arbeit überzeugt hatte, wandte sie sich wieder Paul zu. »Hilfst Du bitte Maria bei der Treppe und bringst sie ins Arbeitszimmer. Ich hole Marias Handschuh und komme dann nach.«Sie hatte es wie eine Bitte formuliert, doch Paul empfand es eher als einen Befehl, dem er auf jeden Fall zu folgen hatte.
Er fühlte sich mehr als überrumpelt. Erst als Maria leise »Komm, lass uns gehen.« flüsterte, riss er sich zusammen und war bemüht, Maria eine Hilfe zu sein. Bis zur Treppe kamen beide gut voran. Doch dann bremste Maria. »Langsam.«
Obwohl er nicht wusste, warum das so war, merkte Paul, das Maria wirklich nicht viel Beinfreiheit hatte. Mit sehr viel Mühe schaffte Maria es, ihr Bein so weit zu heben, dass sie ihren Fuß oder besser die Fußspitze auf die erste Stufe stellen konnte.
Irgendwie instinktiv spürte Paul, dass er jetzt auch eine Stufe hinauf gehen Musste. Maria keuchte etwas, als sie von ihm mit hochgeschoben wurde, doch zu ihrer beider Freude standen sie dann auf der nächsten Stufe.
Paul fragte leise: »So geht es, oder?«
Statt einer Antwort spürte Paul, dass Maria gleich zur nächsten Stufe drängte. Wieder keuchte sie, als sie versuchte, die nächste Stufe zu erreichen.
* * *
Paul hatte vor lauter Aufmerksamkeit gar keine Zeit, die Nähe von Maria zu genießen, als sie jetzt mühsam Stufe für Stufe die Treppe hochkämpften. Paul fragte sich schon, was Maria hier auf sich nahm und auch warum, doch ihm fehlte der Mut, sich danach zu erkundigen.
Auf der obersten Stufe angekommen waren beide ziemlich erleichtert. Der Weg ins Marias Arbeitszimmer war jetzt nur noch eine Kleinigkeit. Allerdings hatte Paul Maria noch nicht wieder losgelassen. Er genoss ihre Nähe.
Und Maria hatte ihn auch nicht darum gebeten.
Erst als Paul die Schritte von Marias Erzieherin auf dem Korridor hörte, lockerte er die Umarmung.
Mrs. Potter kam in den Raum und Paul sah, das sie eine ziemlich seltsame weiße Ledertüte mit vielen Riemen daran in der Hand hielt. Maria sah die Lederhülle, löste sich von Paul und legte ihre Arme auf den Rücken. Dabei lagen die Handinnenflächen aufeinander wie bei einem Gebet.
Paul sah sehr fasziniert zu. Er sah, wie Marias Augen glänzten.
* * *
»Was möchtet ihr denn trinken?« Die Frage von Mrs. Potter zerriss die geheimnisvolle Spannung. Sie blickte zunächst Paul an, der erst nach einem kleinen Augenblick in der Lage war zu antworten.
»Ein Wasser bitte«
Dann blickte die Erzieherin Maria fragend an und diese schloß sich dem Wunsch von Paul an. Dabei nahm sie ihre Arme langsam wieder nach vorn.
Mrs. Potter legte den Handschuh und das große Schlüsselbund auf den Schreibtisch, dann ging sie wieder aus dem Zimmer. Dabei sagte sie, das sie jetzt die Getränke holen würde. Und sie bat Maria, sie sollte ihren Handschuh schon einmal vorbereiten.
Maria nahm sich zunächst das Schlüsselbund in die Hand und suchte daran nach einem bestimmten Schlüssel. Als sie den gefunden hatte, nahm sie den Handschuh vom Schreibtisch und begann, die einzelnen Schlösser zu öffnen.
Sie sah Pauls fragenden Blick und antwortete auf die Frage, die er noch gar nicht gestellt hatte. »Die Schlösser bräuchte es eigentlich gar nicht. Aus dem Handschuh käme ich auch so nie heraus, wenn er richtig geschnürt ist.« Sie machte eine Pause. »Aber meine Mutter wollte das so haben.« Sie zuckte mit den Schultern.
Jetzt wurde Paul etwas unruhig, denn er hatte endlich erkannt, was Maria da machte und vor allem was sie da in den Händen hielt.
Nach den Schlössern öffnete sie noch die verschiedenen Riemen, die an dem Handschuh angebracht waren. Wieder lächelte sie. »Der absolute Overkill, diese Riemen bräuchte es auch nicht. Die Schnürung allein ist schon streng genug.«
Paul verstand die Bedeutung dieser Worte noch nicht, aber er wagte auch nicht, sie danach zu fragen.
Maria öffnete die Schleife der langen Schnürung und zog diese an der Öffnung etwas auseinander. Dann legte sie den Handschuh wieder sehr sorgfältig auf den Schreibtisch und sortierte auch noch die einzelnen Riemen so, dass es wirklich ordentlich aussah. Dann schien sie fertig zu sein, denn sie nahm wieder die alte Haltung ein.
Paul hatte ihr sehr fasziniert zugesehen. Jetzt hatte er den Handschuh, den Maria gestern so seltsam getragen hatte, auch wieder erkannt.
* * *
Maria wurde langsam unruhig. Wo blieb bloß ihre Erzieherin bloß mit den Getränken? Sie musste ihr noch den Handschuh anlegen und dann wollten sie noch ausführlich Mathe lernen. Wegen der Mathematik-Arbeit nächsten Freitag.
Doch Mrs. Potter war noch nicht wiedergekommen.
Maria wurde sichtlich nervös. Sie trippelte leicht auf der Stelle und blickte immer häufiger zur Tür.
Wieder dachte Paul an das Naheliegende. »Vielleicht kann ich Dir dabei helfen?«
Maria schüttelte erst den Kopf, doch dann schien sie nachzudenken. ´Warum eigentlich nicht´, dachte sie bei sich.
Sie hatte das Gefühl, Paul erklären zu müssen, auf was er achten sollte. »Ich werde meine Arme auf den Rücken legen und dann musst Du mir den Handschuh von unten über die Arme schieben.« Sie nahm den Handschuh wieder in die Hand und versuchte es ihm zu zeigen, in dem sie einen Arm hineinsteckte. »So etwa.«
Sie reichte Paul den Handschuh und legte danach ihre Arme auf den Rücken.
Paul musste sich erst mal orientieren. »Die Schnürung gehört wohin?«
Maria drehte sich noch mal zu ihm um. »Die muss von mir weg zeigen, nach hinten.« Dann nahm sie wieder die alte Stellung ein.
Ganz vorsichtig begann Paul jetzt Maria die Hülle über die Arme zu schieben.
Mrs. Potter war ganz leise an die Tür geschlichen und beobachtete voller Freude, wie sich die Beiden mit dem Handschuh abmühten.
Maria beschrieb ihm, das er jetzt den einen der langen Riemen nehmen sollte. »Den bitte erst unter der Achsel durch, unter dem Hals entlang über die andere Schulter und dann bitte am Handschuh festmachen.«
Jetzt erkannte Paul die Riemen, die er gestern schon an Marias Handschuh gesehen hatte und deswegen fiel es ihm jetzt leicht, ihren Angaben zu folgen.
Er versuchte mitzudenken, und als er den anderen langen Riemen sah, fragte er, »diesen Riemen genauso?« Er wartete Marias Antwort gar nicht ab, sondern zog ihn auf die selbe Weise über die andere Schulter und machte diesen ebenfalls am Handschuh fest.
Mrs. Potter war mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Sie nahm das Tablett mit den Getränken wieder in die Hand und ging leise in das Zimmer. Paul und Maria waren beide so beschäftigt, das sie die Erzieherin nicht bemerkten. Sie freute sich, dass ihr kleiner Plan aufgegangen. Doch jetzt wollte sie die Kontrolle wieder übernehmen.
»Lass es ruhig etwas lockerer, das kannst Du später noch fester machen.« sprach sie Paul direkt an.
Marias Freund zuckte zusammen. Er hatte sich richtig erschreckt, als die Erzieherin auf einmal neben ihm stand.
Sie bemerkte sein schlechtes Gewissen, doch das war in diesem Moment unwichtig. »Mach ruhig weiter,« ermunterte sie ihn. »Oder willst Du erst mal zusehen?«
Paul war letzteres viel lieber. Er hatte sowieso das Gefühl, schon viel zu weit gegangen zu sein. Seine Stimme zitterte ziemlich. »Ich... Ich will erst mal zusehen...«
Mrs. Potter stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und trat dann hinter Maria. Sie begutachtete Pauls bisherige Arbeit und begann wie bei einem Korsett die Schnürung von Marias Handschuh fest zuziehen.
Paul sah, das Maria ziemlich damit kämpfte, auf ihren wackeligen Stiefeln nicht umzukippen. Als Marias Körper einmal besonders stark schwankte, streckte Paul seinen Arm aus und hielt Maria kurz an der Schulter fest.
Mrs. Potter blickte zu ihm hin und Paul war schon dabei, seinen Arm wieder zurückzuziehen, als er von Marias Erzieherin angehalten wurde. »Halte Maria ruhig fest. Sie steht nicht besonders sicher auf ihren Stiefeln.«
Maria drehte ihren Kopf zu Paul und blickte ihn liebevoll und dankbar an.
Mrs. Potter hatte mittlerweile den Handschuh so gut wie vollständig geschlossen. Sie war jetzt dabei, die einzelnen Schnüre soweit nachzuziehen, dass der Handschuh um Marias Arme wirklich vollständig geschlossen war und sich ihre Ellbogen berührten.
»Paul, kannst Du mir mal eines der Schlösser reichen?«
Paul griff mit der noch freien Hand auf den Schreibtisch nach einem der Schlösser und reichte es Mrs. Potter hinüber. Kurz darauf hörte Paul dieses typische metallische Klicken und er bekam eine Gänsehaut bei dem Wissen, das Maria so streng in den Handschuh eingesperrt wurde.
»Jetzt kannst Du wieder weiter machen.« Mrs. Potter hatte es wie ein Angebot formuliert, doch wieder verstand Paul es als einen Befehl.
Er trat neben die Erzieherin und blickte sie fragend an. Er hätte allerdings kein Wort herausbekommen.
»Hier, die drei Riemen kannst Du schließen und das Schloss dran machen.« Mrs. Potter zeigte auf die Riemen an Marias Handgelenken, sowie unterhalb der Ellenbogen und am oberen Rand des Handschuhs. »Jeweils ins vorletzte Loch.«
Maria stöhnte ganz leise. Doch das war ihrer Erzieherin nicht entgangen. »Das ist nicht zu eng, ihr könnt das tragen.«
Pauls Finger zitterten, als er jetzt versuchte, die Riemen an den Handgelenken zu schließen. Erst beim dritten Versuch konnte er den Riemen durch die Schnalle ziehen. Er musste etwas kräftiger ziehen um bis in das vorletzte Loch zu kommen, doch er ließ es sofort wieder los, als er merkte, wie fest er da ziehen musste Er flüsterte: »Muss das wirklich so streng zugezogen werden?«
Maria drehte ihren Kopf etwas nach hinten und flüsterte genauso. »Das ist schon richtig so. Ich halte das aus.« Eine Menge Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
Mrs. Potter hatte das Flüstern wohl gehört, aber das ließ sie sich nicht anmerken.
Paul zog den Riemen noch einmal fest durch die Schnalle durch und fixierte ihn dann im vorletzten Loch. Er nahm eines der verbliebenen Schlösser und verriegelte den Riemen, wie es von Marias Erzieherin verlangt war. Das Gleiche machte er mit den beiden anderen Riemen, so dass Marias Arme wirklich sicher verpackt waren.
Mrs. Potter blickte anerkennend. »Jetzt kannst Du die Schulterriemen noch etwas enger ziehen. Vorletztes Loch müsste auch dort gehen.«
Maria gab sich Mühe, keine sichtbare Reaktion zu zeigen.
Paul war jetzt schon etwas sicherer, was das Hantieren an Marias Handschuh betraf.
Nachdem Mrs. Potter auch diese Schlösser kontrolliert hatte, schaute sie auf die Uhr, nahm sie ein kleines Notizbuch zur Hand und machte eine Eintragung.
Paul blickte bewundernd an Maria herunter und herauf. »Du siehst wirklich toll aus.« Aus seiner Stimme klang echte Bewunderung.
Maria lächelte beschämt. Dann ging ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Ich habe meinen Handschuh noch nie selber gehen.« Sie drehte ihren Kopf herum, als wollte sie hinter sich schauen, aber sie schaffte das natürlich nicht.
Mrs. Potter kam der plötzliche Anfall von Eitelkeit sehr gelegen und ihr war auch gleich die Lösung dafür eingefallen. »Geht doch ins Ankleidezimmer! Dort gibt es den großen Spiegel am Schrank und den Spiegel auf Rollen bringe ich Euch.«
Maria blickte Paul an und mit einem auffordernden Lächeln fragte sie ihn »Hilfst Du mir?«
Paul war in diesem Moment sehr schüchtern und suchte erst den Blick von Mrs. Potter. Erst als diese ihm wohlwollend zunickte, legte er seinen Arm um Maria und vorsichtig gingen sie in Richtung Tür.
Maria dirigierte ihn in die Richtung ihres Ankleidezimmers, er öffnete die Tür und sie traten ein.
Maria ging langsam vor den Spiegel und stellte sich vorsichtig seitlich davor, so dass sie sich im Profil sehen konnte. »Ja, soviel habe ich immer schon gesehen. Ich bin sehr gespannt, wie es von hinten aussieht.«
Mrs. Potter rollte den großen Spiegel herein. Sie stellte den Spiegel hinter Maria auf und richtete ihn so aus, das Maria den richtigen Blick hatte.
Maria blickte voller Faszination auf ihre verpackten Arme und war sichtlich davon angetan. Sie ließ ihre Arme ein wenig hin und her pendeln und beobachtete sich dabei im Spiegel. Sie war sichtlich stolz. »So etwas kann ich tragen. Und er ist wirklich ganz geschlossen.«
Paul hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. »Das sieht toll aus.«
Sie blickte ihn sehr verliebt und stolz an. »Danke.«
Mrs. Potter tat es zwar etwas weh, aber sie musste die romantische Stimmung unterbrechen und Maria und Paul an die Nachhilfe erinnern.
Maria suchte Pauls Blick. Dann fragte sie leise. »Hilfst Du mir wieder?«
Mrs. Potter runzelte die Stirn, aber sagte nichts. Es war eigentlich nicht in ihrem Sinne. Maria sollte lernen, von allein sicher auf den Ballett-Stiefeln zu stehen. Aber da dies eine sehr große körperliche Nähe zwischen den beiden Verliebten mit sich brachte, blieb sie ruhig.
Sie gingen zusammen wieder in Marias Arbeitszimmer und blieben vor dem Schreibtisch stehen.
Paul ließ Maria wieder los und holte Marias Mathebuch. Sie begannen Mathematik zu lernen. Immerhin war für nächsten Freitag die Arbeit angekündigt.
Es fiel Paul auf, das Maria sich jetzt etwas langsamer bewegte als gestern. Natürlich leuchtete ihm ein, dass dies an diesen seltsamen Ballett-Stiefeln lag. Ab und zu griff er an Marias Schulter, um ihr zusätzlich Halt zu bieten.
Maria nahm dies dankbar. Sie genoss jede einzelne Berührung von Paul.
* * *
Auf einmal kam Mrs. Potter in den Raum. Sie hatte Marias Cape dabei, legte dies über einen Stuhl und sagte den beiden Bescheid, dass sie schon einmal voraus gehen würde. »Ihr kommt dann nach.«
Maria blickte sie zunächst erstaunt an. Dann dämmerte es ihr, das sie noch einen Moment mehr mit Paul allein sein konnte und war davon sehr angetan.
»Den Weg zu dem Pavillion kennst Du ja, oder?« Ihre Erzieherin vergewisserte sich.
Maria musste kurz nachdenken, dann konnte sie es bestätigen. Plötzlich wurde Mrs. Potter aber wieder etwas förmlicher. »Ich erwarte Euch dann also gegen halb Fünf an dem kleinen Pavillion.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Ihr wisst, was passiert, wenn ihr zu spät kommt.«
Maria zuckte zusammen und machte für einen kurzen Moment einen sehr sorgenvollen Eindruck. Sie blickte zur Uhr, dann schien sie sich wieder unter Kontrolle zu haben.
* * *
Sie machten weiter mit Mathematik, nur ab und zu warf Maria einen prüfenden Blick auf die Uhr. Schließlich schien die richtige Zeit erreicht zu sein.
Maria blickte Paul an und erinnerte ihn an den Spaziergang. »Ich glaube, wir müssen uns dann fertig machen. Mrs. Potter erwartet uns.« Der Respekt vor ihrer Erzieherin schien auch in deren Abwesenheit zu wirken. »Es ist zwar nicht sehr weit, aber ich bin nicht ganz so schnell mit diesen Stiefeln und dem Handschuh.«
Paul blickte sie bewundernd an. Es ging ihm kurz der Gedanke durch den Kopf, dass Maria jetzt noch viel langsamer wäre als normal. Er wusste allerdings nichts zu antworten. Er griff nach dem Cape und drehte es zu Maria hin. Dabei fiel ihm auf, dass ihre Augen auf einmal besonders funkelten. Er fragte sich, was das bedeuten sollte.
Maria blickte noch einmal auf die Uhr. Es schien, als müsse sie sich innerlich überwinden. Dann wandte sie sich zu Paul. »Ich würde gern noch ein weiteres Teil tragen. Aber dazu bräuchte ich Deine Hilfe.«
Paul war etwas vorsichtig. Er war zwar bis über beide Ohren verliebt, aber Maria hatte hier Sachen, die er zuvor noch nie gesehen hatte. Aber er sagte, dass er ihr helfen würde.
»Wir müssen noch einmal in mein Ankleidezimmer, dort sind die Halskorsetts.« Dabei ging sie langsam in Richtung Tür.
Paul beeilte sich, sie einzuholen und seinen Arm um sie zu legen.
Maria ließ ein leises »Danke« hören.
* * *
Paul spürte, das Maria auf einen Schrank zusteuerte, und als sie davor standen, durfte Paul ihn öffnen. Wie er es nicht anders erwartet hatte, waren in dem Schrank lauter seltsame Dinge, von denen er noch keines jemals gesehen hatte. Die meisten schienen aus Leder zu sein.
Maria beschrieb ihm, welchen Gegenstand er aus dem Schrank nehmen sollte. Er blickte ziemlich ratlos auf das feste Stück schwarzes Leder, welches er in der Hand hielt.
Maria wollte ihm helfen. »Das ist ein Halskorsett. Das musst Du mir um meinen Hals legen und dann zuschnüren.«
Paul lag das »warum« zwar auf der Zunge, aber dann schluckte er es ungesagt herunter. Er blickte etwas ratlos auf das Gebilde in seinen Händen.
»Mach die Schnur heraus, dann kannst Du es mir um den Hals legen.« Marias Augen leuchteten.
Paul sah, dass da eine Schnur daran war, wie bei den Stiefeln oder bei dem Monohandschuh. Er konnte sie recht einfach herausziehen.
Jetzt konnte er das Halskorsett auch aufbiegen. Er versuchte es Maria um den Hals zu legen und diese hob ihr Kinn, um es Paul möglichst einfach zu machen. Sie bat ihn noch, das Haar aus dem Korsett heraus zu nehmen. Paul versuchte, dabei besonders vorsichtig und zärtlich zu sein.
»Jetzt nimmst Du die Schnur und fädelst sie wieder in das Halskorsett ein.«
Paul blickte erst einmal etwas ratlos auf die Löcher in dem schwarzen Leder.
Maria gab ihm den richtigen Tipp. »Das müsste genauso gehen wie bei den Stiefeln oder beim Handschuh.«
Das war das richtige Stichwort, jetzt wusste Paul, wie erst es machen musste.
Er fädelte die Schnur in die Löcher ein und gerade als er wie bei den Schuhen die Schnur festziehen wollte, fiel ihm ein dass er da vielleicht etwas vorsichtig sein sollte. Er fragte Maria, wie fest es denn werden sollte.
Sie bat ihn, einfach einmal anzufangen und ganz langsam festzuziehen, sie würde dann sagen, wenn es fest genug wäre.
Paul zitterte etwas, als er den Anweisungen seiner Geliebten folgte. Er zog wirklich sehr langsam und vorsichtig.
Maria machte ihm stets Mut, noch weiter zu machen. Schließlich sagte sie, dass es jetzt gut wäre. »Bitte mache jetzt eine Schleife.«
Paul gab sich größte Mühe, auch eine schöne Schleife hinzubekommen. Dabei ging ihm allerdings noch einmal durch den Kopf, wie starr das Halskorsett doch war, als er es vor hin in den Händen hielt. Er fragte Maria, ob sie denn jetzt noch ihren Kopf bewegen könne.
Diese versuchte den Kopf zu bewegen und es war deutlich zu sehen, dass sie ihren Kopf nur noch minimal bewegen konnte. Sie erklärte es ihm. »Das ist so gewollt, denn ich gewöhne mich so an die richtige Kopfhaltung.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Allerdings ist dieses nur ein einfaches Halskorsett. Ich habe noch viel strengere.«
Paul musste schlucken. Doch die Seltsamkeiten sollten für Paul noch nicht aufhören.
»Geh bitte mal an die kleine Schublade und nimm dort ein Schloss heraus.« Maria musste ihren kompletten Körper drehen um ihm die Richtung zu zeigen, in der er die angesprochene Schublade finden würde.
Paul ging hin und öffnete die Lade. Lauter kleine Vorhängeschlösser lagen darin. Auf jeden war eine kleine Nummer aufgeklebt. »Egal welches?«
Marias Stimme zitterte jetzt etwas. »Ja, das ist egal. Die Schlüssel hat sie nie dabei.«
Paul kam zu ihr zurück und hielt das offene Schloss in der Hand. »Oben links und rechts oberhalb der Schnürung müssten zwei Metallösen sein. Dort muss das Schloss durch«, erklärte sie ihm und es lag ein gewisser Trotz in ihrer Stimme.
Paul war skeptisch. »Aber dann kann ich Dir das Halskorsett nicht mehr abnehmen. Wo sind denn die Schlüssel« Paul zögerte sichtlich.
Maria wollte ihren Plan weiter verfolgen. Sie blickte Paul liebevoll an und flüsterte leise. »Bitte mache es.« Sie versuchte, ihn zärtlich zu berühren.
Paul war zwar nach wie vor nicht davon überzeugt, das richtige zu tun, aber dieser so liebevoll vorgetragenen Bitte konnte er nicht widerstehen. Er nahm das Schloss und steckte es vorsichtig durch die beiden Ösen hindurch. Er fragte noch einmal: »Und Du bist Dir auch ganz sicher?«
Maria bestätigte ihm mit liebevoller Stimme noch einmal ihren Wunsch. Paul nahm all seinen Mut zusammen und drückte auf den Schloßbügel. Es machte Klick.
Maria war irgendwie erleichtert. »Danke. Dann lass uns losgehen.«
Paul sah, wie Maria jetzt ziemlich unbeholfen auf die Tür zuging. Er sah, dass sie nicht mehr vor sich auf den Boden blicken konnte. Es dauerte trotzdem einen Moment, bis Paul erkannte, dass Maria jetzt noch viel mehr Hilfe brauchte als vorher. Er ging auf sie zu und legte ihr wieder den Arm um die Schulter.
Maria war erleichtert. »Danke.« Etwas leiser fügte sie noch etwas hinzu.
Paul verstand so etwas wie »Ich werde es ihr zeigen, dass ich es kann..« Er wusste allerdings nicht, was Maria damit meinte. Und Nachfragen wollte er auch nicht.
Paul wollte mit Maria direkt auf die Treppe zugehen, doch Paul spürte, dass sie in Richtung Arbeitszimmer drängte. »Wir müssen noch mein Cape holen. Das muss ich draußen tragen.«
Wegen der Konzentration auf die recht hilflose Maria bemerkte Paul nur am Rande, das Maria ´wir´ gesagt hatte. Er freute sich trotzdem darüber.
* * *
Das Cape lag über einer Stuhllehne und Paul nahm es zur Hand. Er breitete es auseinander und erkannte recht bald, wie herum er es Maria umlegen musste. Er hängte es ihr über die Schultern und trat dann vor sie. »Jetzt muss ich den Reißverschluss zumachen?«
Maria bat ihn, es noch einmal kurz richtig zurecht zu rücken, dann durfte Paul es schließen. Seine Hände zitterten, je näher er mit dem Anfasser des Reißverschlusses in die Nähe von Marias Busen kam. Maria schien dies nicht zu bemerken.
»Jetzt musst du noch den Riegel zumachen, aber sei bitte vorsichtig, den können wir nicht wieder aufmachen. Das kann nur sie.« So wie Maria das ´sie´ betont hatte, konnte nur ihre Erzieherin damit gemeint sein.
Bei Paul bildete sich eine Gänsehaut. Er betrachtete die beiden Teile am oberen Rand des Capes und er erkannte, wie der Verschluss wohl funktionieren würde. Nur das Wissen, dass er den Schlüssel dafür nicht hatte, hielt ihn davon ab, damit herumzuspielen.
»Auf was muss ich noch achten?« fragte er mit zitternder Stimme.
Maria überlegte kurz. »Ich denke, es passt alles... Und das Cape sitzt gut. Mach es zu.« Beim letzten Satz war ihre Stimme etwas leiser.
Paul nahm die beiden Riegelteile in die Hände, steckte sie ineinander und drückte sie zusammen, bis das Schloss einschnappte.
* * *
Maria bremste Paul, als sie vorn an der Treppe standen. Paul war sehr beeindruckt von der Geschicklichkeit, mit der Maria auf der Treppe dabei war, die Stufen hinunter zu gehen. Immerhin konnte sie sie nicht sehen und sie konnte auch ihre Beine nicht besonders weit auseinander öffnen. Bei letzterem wusste Paul immer noch nicht, warum das so war. Er vermutete einen wohl recht engen Unterrock.
Die Ballett-Stiefel schienen Maria noch am wenigsten auszumachen. Mit denen kam sie sehr gut zurecht.
Schon bald konnte Paul die letzte Stufe ankündigen. Als sie unten waren, blickte ihn eine sehr glückliche und stolze Maria an.
Paul schaute auf die Uhr. Gemessen an Marias Tempo mussten sie sich jetzt etwas heranhalten.
* * *
Sie hatten den Eingang des Parks erreicht. Und da Maria den Weg bis dahin in einem für ihre Verhältnisse sehr schnellen Tempo geschafft hatten, konnten sie sich jetzt sogar etwas Zeit lassen.
Paul versuchte, jetzt wo sie sich nicht mehr so sehr auf Weg und Verkehr konzentrieren mussten, ein Gespräch zu beginnen. Er fragte nach Marias Mutter.
»Meine Mutter lebt in den USA« , erklärte Maria, »sie leitet dort eine Klinik.« Es war ein gewisser Stolz in Marias Stimme zu hören.
»Dann seht ihr euch wohl nicht oft?« fragte Paul interessiert.
Maria seufzte etwas, »Nein, wenn überhaupt, dann nur in den Ferien.«
Ein wenig Mitleid empfand Paul schon für seine Freundin.
Mit ein wenig Begeisterung in der Stimme ergänzte Maria. »In den Sommerferien werde ich sie besuchen.«
Dies gab Paul einen kleinen Stich, denn dann könnte er nicht mit Maria zusammen sein. Insgeheim hatte er sich so etwas schon ausgemalt.
Paul genoss es sehr, hier neben Maria her gehen zu dürfen und dabei ihren sehr hilflosen Körper zu bewachen. Er wollte ihr ein Kompliment machen. »Du bist sehr gut in der Schule.«
Maria war ehrlich erfreut. »Danke. Wenn bloß Mathe nicht wäre...« Sie seufzte. »Aber Mrs. Potter sorgt dafür, dass ich immer gut lerne.«
Paul fühlte die Gegenwart von Marias Erzieherin auch in deren Abwesenheit. »Sie ist sehr streng.«
»Ja«, Marias Stimme klag fast etwas trotzig, »dafür wird sie von meiner Mutter bezahlt.«
Paul spürte, dass er nicht weiter fragen sollte, obwohl er gern mehr gewusst hätte. Er überlegte, was er sonst noch fragen könnte. »Spielst Du auch ein Instrument?«
»Ja, ich spiele Querflöte. Ich habe Übermorgen im Park einen Auftritt. Magst Du nicht kommen?«
Paul nahm das Angebot gern an.
Hätten Paul und Maria einmal zum Himmel aufgesehen, dann hätten sie die dunklen Wolken gesehen, die jetzt aufzogen.
Auf einmal klang Marias Stimme ziemlich entsetzt: »Oh nein, was ist denn das?«
Paul verstand erst einmal nicht, was seine Freundin so erschreckte. Sie standen vor einer großen Steintreppe. Paul hatte die Treppe kurz angesehen und sah in ihr kein Problem. Die würde er leicht hochkommen. Doch dann erst fiel ihm ein, das Maria mit den hohen Stufen deutlich mehr Probleme haben würde.
Doch das war es nicht, was Maria so erschreckt hatte. Sie machte ihn darauf aufmerksam, dass der Weg neben der Treppe gesperrt war. Mitten auf dem Weg klaffte ein tiefes Loch. Anscheinend wurden hier irgendwelche Reparaturen an den verlegten Rohren durchgeführt.
»Ich gehe sonst immer diesen Weg hoch.« Ihre Stimme klang ziemlich verzweifelt. »Die Stufen schaffe ich doch nicht.«
Fast unbewusst sah Paul auf die Uhr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit und er wollte auf keinen Fall, dass Maria wegen ihm Ärger bekommen würde. Er löste seinen Arm aus der Umarmung und ging ein paar Schritte auf die Baustelle zu, um vielleicht einen Weg um sie herum zu finden. Er hatte mit einem schnellen Blick erkannt, dass ihnen nur die Treppe blieb. Langsam drehte er sich, um Maria dies mitzuteilen.
Im Nachhinein wusste Paul gar nicht mehr, warum er so gehandelt hatte. Es war einfach ein Reflex gewesen. Maria war mit ihrem Stiefel an einer etwas hochstehenden Bodenplatte hängen geblieben und hatte versucht, mit schnellen Schritten nach vorn ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Paul sah mit Entsetzen, dass sie genau auf einen unordentlichen Stapel scharfkantiger Steinplatten zusteuerte.
Zuerst dachte er, dass sie die doch sehen müsste, dann fiel ihm ihr Halskorsett wieder ein. Sie konnte es nicht sehen.
Es lief wie in Zeitlupe. Paul ging mit schnellen Schritte auf Maria zu, doch er kam zu spät, Maria war bereits in den Plattenstapel hineingelaufen. Sie begann nach vornüber zu kippen. Paul konnte sie gerade noch auffangen.
* * *
Maria lag in Pauls Armen und beide versuchten sich von dem Schreck zu erholen.
Paul brachte als erstes wieder ein Wort heraus. »Das war knapp.«
Maria war auch ziemlich bewegt. Sie brachte zunächst kein Wort heraus.
Paul blickte etwas ratlos. »Was machen wir jetzt?«
Maria ergriff die Initiative. »Lass uns zu der Treppe gehen. Ich probiere es.«
Er legte Maria wieder den Arm um die Schulter und dann gingen sie für Marias Verhältnisse relativ schnell zu der Treppe. Maria stand vor der ersten Stufe und versuchte ihr Bein hochzuheben, um auf die nächste Stufe zu kommen. Doch wie es zu erwarten war, sie schaffte nicht einmal die Höhe einer halben Stufe. Weiter konnte sie ihre Beine nicht hochheben.
»Was trägst Du auch so seltsame Sachen.« Paul hatte nicht wirklich nachgedacht, als er das sagte.
Maria nahm es mit dem nötigen Humor auf. »Sei froh, das ich nicht den ganz strengen Rock trage.«
Paul wollte in diesem Moment allerdings gar nicht wissen, was da noch strenger sein konnte. Er blickte wieder auf die Uhr und seufzte. Dann sah er wieder die Treppe hoch. Zwei mal acht dieser großen Stufen.
Maria kam die richtige Idee. »Kannst Du mich da hinauf heben?«
Er versuchte mitzudenken. »Lass uns in der Nähe vom Geländer bleiben.«
Maria begann sofort loszutrippeln und Paul ging ihr hinter her. Zusammen standen sie vor der ersten Stufe.
Paul legte seine Arme um Maria und versuchte sie hochzuheben. Er schaffte es zwar, Maria hoch genug zu heben, doch sie standen noch zu weit von der ersten Stufe entfernt. Maria schaffte es so noch nicht.
Der Wind hatte stark zu genommen, doch dies nahmen die beiden nicht wahr.
Paul war jetzt direkt neben die Stufe getreten und Maria hatte sich zu ihm hingedreht. Er hob Maria noch einmal an und diesmal war Maria nahe genug, dass sie ihre Stiefel auf die erste Stufe stellen konnte.
Sie blickten sich erfreut an.
Maria war ziemlich erleichtert. »So geht es.«
Sie hatten einen Weg gefunden.
Paul trat ebenfalls auf die erste Stufe. Er fasste wieder zu und hob Maria an. Diesmal ging es schon etwas flüssiger.
Nach der vierten Stufe war Maria schon etwas erleichtert. »Ein Viertel haben wir schon.«
Wenn man in die Gesichter der Beiden blickte, war zu sehen, dass es für beide eine große Anstrengung war. Denn auch Maria musste sich sehr anstrengen, um nicht umzufallen und einen sicheren Stand auf den kleinen Stufen zu haben.
* * *
Beide waren schon etwas erleichtert, als sie auf der großen Zwischenstufe standen. Die Hälfte der Treppe hatten sie geschafft. Paul schaute auf seine Uhr. Er erschrak. Sie hatten sehr viel Zeit verloren. Es wurde immer knapper.
Er blickte noch einmal an Marias hilflosem Körper herunter und er überlegte kurz, dann trat er direkt auf Maria zu und blickte sie lieb an. »Lass mich etwas ausprobieren.«
Maria blickte zurück mit einer Mischung aus Neugier und Verzweiflung. Sie durften einfach nicht zu spät kommen.
Die kleinen schwarzen Punkte auf dem Boden, die von den ersten Regentropfen hinterlassen wurden, sahen beide nicht.
Er legte einen Arm um Marias Schultern, den anderen in Richtung ihrer Kniekehlen, dann versuchte er Maria hochzuheben. Ein kleiner Schreck ging durch Marias Körper.
Paul biss die Zähne zusammen. So etwas schweres hatte er schon lange nicht mehr gehoben, aber er hatte gar keine Zeit darüber nachzudenken. Er ging mit Maria auf den Armen vorsichtig auf den zweiten Treppenteil zu. Ganz vorsichtig wegen seinen kostbaren Last setzte er seinen Fuß auf die nächste Stufe und mit viel Kraftaufwand schaffte er die Stufe. Auf diese Weise kamen sie gut die nächsten Stufen hoch. Schließlich hatten sie es geschafft.
Paul stellte Maria ganz vorsichtig wieder auf den Boden und ließ sie kurz los. Maria versuchte das Vertrauen zum Boden wieder zu bekommen. Sie blickte ihn sehr dankbar an. Auch Paul war sehr erleichtert und glücklich. Sie hatten die Treppe geschafft.
Er blickte auf seine Uhr. Jetzt lagen sie wieder gut in der Zeit. In der Nähe sah er das kleine Rondell, welches als Treffpunkt ausgemacht war.
Er blickte Maria glücklich an.
Beide kamen sich näher.
Ein lauter Donner zerriss die Stille und beide zuckten vor Schreck zusammen. Gleichzeitig prasselte auf einmal der Regen sehr heftig vom Himmel.
Maria war erschreckt. »Meine Kapuze.« Ihre Stimme klang ziemlich hektisch. Paul fasste hinter Maria und hatte ihr mit einer schnellen Bewegung die Kapuze des Capes über den Kopf gezogen. Dabei musste er kurz darüber nachdenken, wie sehr hilflos Maria doch war und wie dringend sie seiner Hilfe bedurfte. Besonders, wo jetzt starker Wind aufkam und der Regen vom Himmel prasselte.
Paul hatte den Impuls unterdrückt, gleich loszulaufen, denn er musste hier bei Maria bleiben. Er konnte sie doch so nicht allein lassen, auch wenn es noch so sehr vom Himmel schüttete.
Er legte wieder seinen Arm um seine hilflose Freundin und dann gingen sie durch den Regen bis zu dem kleinen Pavillon, der nicht weit entfernt war. Paul schätze die Entfernung auf vielleicht fünfzig Meter. Doch bei dem Tempo, welches Maria nur gehen konnte, dauerte es trotzdem eine ganze Weile, bis sie endlich das schützende Dach erreicht hatten. Die zwei Stufen hatte Paul Maria einfach schnell hoch getragen. Seit der großen Treppe hatte er darin Übung.
Sie standen in dem kleinen Pavillon und waren noch dabei, wieder zu Atem zu kommen, als Paul auf einmal bei Maria eine gewisse Nervosität spürte. Er wusste zunächst nicht, warum dies so war. Er blickte sich um und erst als er die eiligen Schritte von Mrs. Potter entdeckte, ahnte er, das sie der Grund sein könnte.
»Na, das ist ein Unwetter, was?« sprach sie, als sie die beiden Stufen herauf gekommen war. Sie legte ihren großen Regenschirm zusammen und wandte sich an Paul und Maria. »Schön, das ihr es pünktlich geschafft habt.
Paul berichtete vom gesperrten Aufgang und das er deswegen Maria hochgetragen hatte. Er bekam ein Lob von Marias Erzieherin.
Paul fiel nicht auf, das Maria sich seltsam still verhielt.
Doch Mrs. Potter war dies aufgefallen, und da sie ihren Schützling genau kannte, ging sie auf Maria zu und nahm ihr die Kapuze vom Kopf.
Maria vermied es, sie anzusehen. Wobei sie das wegen des Halskorsetts auch gar nicht gekonnt hätte. Ihr schlechtes Gewissen war deutlich zu spüren.
Paul war eigentlich noch ziemlich stolz darauf, dass er es mit Maria pünktlich trotz all der Widrigkeiten zum Treffpunkt geschafft hatte.
Doch Marias Erzieherin wollte dies nicht anerkennen, denn ihr war etwas anderes viel wichtiger. »Maria, warum tragt ihr das Halskorsett?«, ihre Stimme hatte sich verändert.
Paul hatte den Stimmungswechsel noch nicht bemerkt. »Ich habe ihr dabei geholfen.« In seiner Stimme klang noch etwas Stolz.
Mrs. Potter drehte sich kurz zu Paul um und blickte ihn ärgerlich an. »Wie siehst Du überhaupt aus? Du bist ja klitschnass.«
Paul blickte an sich herunter und musste zugeben, dass sie recht hatte. Er war vom Regen völlig durchnässt.
Sie sprach im gleich Ton weiter. »Geh nach Hause und zieh Dich um. Komm bitte um sieben Uhr wieder zu uns.«
Paul wagte nicht, etwas zu erwidern. Wortwörtlich wie ein begossener Pudel ging er zögernd in den Regen zurück. Zunächst ging er ziemlich langsam, sei es aus Trotz oder weil er beleidigt war. So war er noch in Hörweite und konnte erleben, das Mrs. Potter mit Maria schimpfte.
»Maria, ich hatte euch verboten, das Halskorsett zu den Stiefeln zu tragen. Ihr wisst, wie gefährlich es ist.« Ihre Stimme klang ernsthaft böse. Maria schien etwas zu antworten, doch sie sprach sehr leise, so dass er es nicht mehr hören konnte.
»Das ist egal. Ihr habt ein Verbot missachtet. Ihr wisst, welche Strafe darauf steht.« Die Stimme ihrer Erzieherin war dagegen noch gut zu verstehen.
Paul war auf einmal entsetzt. Das hatte er nicht gewollt. Er blieb stehen und drehte sich um. Marias Gesicht sah traurig aus. Er konnte es nicht mehr so genau erkennen, aber er glaubte sogar, das Maria zu weinen schien. Dann sah er, das ihre Erzieherin sich noch einmal zu ihm umdrehte. Schnell drehte Paul sich zurück und ging selbst auch traurig die Stufen der Treppe herunter.
Er hatte auf einmal große Schuldgefühle, denn er hatte Maria ja bei diesem seltsamen Ding geholfen. Jetzt hatte er auch begriffen, was Maria wohl damit meinte, als sie gesagt hatte, das ´sie´ die Schlüssel nicht dabei hätte. Dann fiel ihm ein, das er für heute Abend bei ihnen eingeladen war. Paul hatte jetzt schon Angst davor.
Obwohl es immer noch in Strömen regnete, ging Paul mit normalen Schritte weiter. Er hatte es nicht mehr weit bis zu seinem Haus.
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RE: Maria Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei
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Datum:30.12.13 18:44 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 4 - Das Halskorsett - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar
Zum Glück war seine Oma nicht da, denn sonst hätte sie mindestens genauso geschimpft wie eben Mrs Potter.
Ihm ging durch den Kopf, das er sein Regenzeug sogar dabei gehabt hätte. Allerdings war das in seinem Ranzen und der stand neben Marias Schreibtisch.
Er zog sich seine nassen Sachen aus und sprang als erstes in die Dusche. Wieder prasselte das Wasser auf ihn, nur diesmal war die Temperatur wesentlich angenehmer. Er dachte nach über die Gefühlsschwankungen, die er heute schon erlebt hatte. Seine Verliebtheit in Marias Nähe, sein Eifer bei der Mathematik-Nachhilfe, der Schreck bei Marias Sturz, sein Stolz an der großen Treppe und schließlich sein so großes schlechtes Gewissen, weil Maria jetzt wegen ihm Ärger bekam. Das Maria ihn eigentlich ausgetrickst hatte, das kam ihm nicht in den Sinn.
Jetzt bedauerte er es, dass seine Oma nicht da war, hätte er sie doch gern nach diesen seltsamen Stiefeln gefragt. Und nach diesem seltsamen Kragen, den er Maria umgelegt hatte und der ihre Erzieherin so aufgebracht hatte.
Er blickte auf die Uhr und erkannte, dass er noch eine Stunde Zeit hatte, bis er erneut bei Maria sein würde. Die Freude darauf wurde diesmal sehr getrübt durch die Angst vor Mrs. Potter und von dem Wissen, dass er Maria vermutlich eine Strafe eingehandelt hatte.
Er wollte sich seine Schultasche nehmen und schauen, ob er vielleicht noch etwas für Morgen vorbereiten konnte. Doch dann fiel ihm ein, das diese auch bei Maria stand.
Er hätte in seinem Buch weiterlesen können. Doch er hatte Angst, dass er dann den Termin verpassen könnte und das wollte er auf gar keinen Fall riskieren. Er setzte sich etwas vor den Fernseher und schaute zu. Es lief irgendetwas. Paul war ohnehin die ganze Zeit mit seinen Gedanken bei Maria.
Was würde ihr wohl passieren? Ob er ihr wohl irgendwie dabei helfen könnte? Aber er wusste, das er sich wohl nie bewusst gegen Mrs. Potter stellen könnte. So groß war der Respekt, den sie ausstrahlte.
Paul seufzte noch einmal. Er spürte, wie seine Nervosität mit jeder Minute wuchs. Aber da war auch noch Maria, seine zarte, sehr geheimnisvolle neue Freundin.
Er zog sich seine Jacke über und machte sich auf den Weg. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen. Eine Viertelstunde zu früh drückte Paul auf den Klingelknopf an dem Tor zu Marias Haus. Nach einer Weile hörte er die strenge Stimme von Mrs. Potter. »Hallo Paul, komm herein.«
Das Tor summte und Paul drückte es auf. Mit großem Herzklopfen ging er auf das Haus zu. Je näher er kam, desto deutlicher hörte er Flötenspiel. Das musste Maria sein. Sie hatte ihm ja von ihrer Musik und dem Auftritt am Samstag erzählt.
Sie schien nur die schwierigen Stellen zu spielen, denn er hörte kein zusammenhängendes Stück. Aber es klang toll.
Die Haustür ging auf und eine recht kritisch schauende Mrs. Potter trat vor die Tür. Ein kräftiger Händedruck und die eigentlich sachliche Bemerkung: »Du bist etwas zu früh« ließen Paul zusammenzucken und bewirkten bei ihm ein schlechtes Gewissen wegen des Halskorsetts.
Er ging hinter Marias Erzieherin her in das Wohnzimmer. »Setz Dich, Paul«, sie zeigte auf das Sofa und Paul war so von ihrer Ausstrahlung beeindruckt, dass er fraglos folgte.
Sie selbst setze sich in den Sessel daneben, und sogar im Sitzen war ihre Gestalt so groß, das Paul zu ihr aufsehen musste. Er war dadurch noch eingeschüchterter.
»Paul«, sie blickte ihn mit ernster Miene an. »Es ist mir nicht entgangen, dass Du Maria offenbar sehr gern hast.«
Paul wurde rot. Eine richtige Antwort brachte er nicht zustande.
Aber die schien Mrs. Potter auch gar nicht zu interessieren. »Bitte erzähl mir, warum Du Maria das Halskorsett angelegt hast.« Ihre Stimme klang recht hart.
Paul rutschte noch tiefer in das Sofa hinein. Er stotterte. »Aber ... Maria...« In diesem Moment fragte er sich, in wie weit er lügen und damit Maria in Schutz nehmen sollte. Doch ein Blick in das Gesicht ihrer Erzieherin sagte ihm, dass er seinem Gegenüber nicht lange standhalten könnte.
Er beschloss die Wahrheit zu sagen. Er beschrieb, wie Maria ihn dazu gebracht hatte, ihr das seltsame Korsett um den Hals zu legen. »Ich wusste nicht, dass es verboten ist.«
Ihre Miene schien sich für einen kurzen Moment zu entspannen. Dann wurde sie wieder ernst. »Verboten ist es auch nur, wenn Maria gleichzeitig auch die Ballett-Stiefel trägt.«
Sie erklärte ihm die Wirkung und Paul begriff jetzt wie hilflos Maria wirklich gewesen war, als sie im Park unterwegs waren. In diesem Moment, dies spürte Mrs. Potter deutlich, war Paul trotz seiner Verliebtheit etwas irritiert, weil er erkannte, das Maria ihn ausgenutzt hatte. Sie überlegte, wie sie das zu ihren Gunsten einsetzen könnte.
»Du solltest wissen«, irgendwie klang ihre Stimme recht wichtig, »dass Maria auf ihren eigenen Wunsch hin ein ganz spezielles Training macht.«
Paul hätte gern nachgefragt, aber dies traute er sich nicht.
»Doch dieses erfordert besondere Aufmerksamkeit«, so fuhr sie fort, »denn mit vielen Dingen aus dem Programm ist Maria sehr hilflos, wenn sie sie trägt.«
Er schwieg, doch in ihm herrschte eine große Aufruhr.
»Und dann muss ihre Begleitperson sich um alles kümmern.« Sie blickte ihn noch einmal prüfend an. »Du hast das schon sehr gut gemacht.«
Paul begriff erst ziemlich spät, dass sie ihn gerade gelobt hatte. Zu groß war noch sein schlechtes Gewissen.
Doch dann sprach sie weiter. »Du musst wissen, das Maria mit den Ballett-Stiefeln einen sehr unsicheren Stand hat. Wenn sie aber dazu das Halskorsett trägt, dann kann sie nicht mehr sehen, wo sie ihre Schritte hinsetzt und kommt so sehr leicht ins Stolpern«, Paul lauschte atemlos, »und wegen dem Handschuh kann sie auch nicht ihre Arme benutzen, um das Gleichgewicht zu halten.«
Ihre Stimme wurde noch etwas ernster. »Und wenn sie dann stolpert und stürzt, dann kann sie sich nicht mehr mit den Armen abstützen. Und ihren Kopf kann sie auch nicht wegdrehen. Sie riskiert eine ernsthafte Kopfverletzung oder sogar einen Genickbruch.«
Paul durchfuhr ein eisiger Schreck, als er an die Baustelle zurückdachte.
Ein paar große Gehsteigplatten hatten aufgetürmt im Weg gelegen. Er hatte Maria kurz losgelassen, um zu sehen, ob es einen Weg herum gebe. Als sie alleine weiter ging, war sie ins Stolpern geraten und wäre fast gestürzt, wenn Paul sie nicht im allerletzten Moment aufgefangen hätte. Erst jetzt erkannte Paul, was da alles hätte passieren können.
Ihm wurde ganz mulmig zumute, als ihm klar wurde, in welcher Gefahr Maria tatsächlich gewesen war, als sie auf die scharfkantigen Platten zu stürzen drohte. ´Nur gut´, dachte er, ´dass wir ihr davon nichts erzählt haben!´ Er war noch weiter in das Sofa gerutscht.
Bisher hatte er Marias seltsamen Kleidungszubehör nicht so ernst gesehen. Doch jetzt wurde ihm erst bewusst, welche Verantwortung Marias Nähe mit sich brachte.
Mrs. Potter sprach es auch noch einmal aus: »Bei allem ist Marias Schutz und Sicherheit alleroberste Priorität, und wenn Du weiter mit ihr zusammen sein willst, dann musst Du sie gut beschützen!«
Eines verstand Paul aber nicht. Wenn Maria das alles aus freien Stücken machte, warum wurde sie dann immer regelrecht in ihre Kleidung eingesperrt? Er dachte mit Gänsehaut an die vielen Schlösser. Er traute sich, dies als Frage zu formulieren.
»Maria nimmt an einem Forschungsprogramm teil. Deswegen ist es wichtig, dass alle Maßnahmen genau nach Vorschrift durchgeführt werden. Und abgeschlossen werden sie, damit die Testbedingungen nicht verändert werden können.«
Paul fand das ziemlich seltsam. Aber er versuchte mitzudenken. »Dann war das Halskorsett nicht vorgesehen.«
Sie blickte ihn anerkennend an. »Das hast Du richtig erkannt.« Ihre Gesichtszüge entspannten sich etwas. »Maria mag dieses Halskorsett sehr gern. Allerdings kommt es in dem Programm nicht allzu häufig vor.« Noch etwas war ihr wichtig. »Du wirst oft mit Maria allein sein wollen.«
Paul spürte, wie er rot wurde. Immerhin schaffte er es, sie bittend anzusehen.
»Dann wirst Du Dich um Marias Programm kümmern dürfen. An vielen Punkten braucht Maria Hilfe.«
Doch etwas war für ihn noch offen. Maria hatte ihn wegen des Halskorsetts ja quasi angelogen. Woher sollte er denn immer wissen, ob Maria die Wahrheit sagte?
Mrs. Potter spürte Pauls Misstrauen und versuchte dies in die richtige Richtung zu lenken. »Du solltest wissen, das Maria sehr streng erzogen wird. Sie wird heute noch für dafür bestraft werden.«
Paul war erschrocken. So hatte er das nicht gewollt.
Marias Erzieherin schien dies zu spüren. »Maria wird auch nicht wegen der kleinen Ungehorsamkeit bestraft, sondern wegen ihrem Leichtsinn und ihrer Gedankenlosigkeit.«
Sie machte eine bedeutsame Pause. »Es gibt einen schönen Spruch, den ich Dir und Maria gerne ans Herz legen möchte: ´Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht!´«
Paul musste etwas grinsen. Jetzt war ihm schon wesentlich wohler zumute.
»Wenn ihr das immer beherzigt«, ihr Ton wurde wieder etwas wärmer, »und stets an die Sicherheit denkt, dann müsst ihr nur noch das elfte Gebot streng beachten.«
Paul schluckte. Er traute sich eigentlich kaum zu antworten, doch er musste es fragen: »Was ist denn das elfte Gebot? Ich kenne nur zehn!«
Jetzt war fast schon so etwas wie ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. »Das, mein lieber Paul, musst du schon selbst herausfinden.« Sie blickte auf die Uhr und erhob sich. »Ich muss jetzt nach Maria sehen. Sie wird sich noch umziehen und dann kommen wir wieder. Wartest Du bitte hier?«
Es klang wie eine Bitte, doch Paul verstand es trotzdem als Befehl. »Ach ja, und noch etwas. Wenn Maria kommt, zeige ihr bitte, dass Du ihr verziehen hast. Nimm sie ein bisschen in den Arm, sie fühlt sich schon schlecht genug und hat auch noch die Strafe vor sich.«
Es fiel Paul gar nicht auf, dass sie ihm gar keine Wahl gelassen hatte.
* * *
Das Flötenspiel hatte aufgehört. Paul wurde zusehend nervöser. In ihm kämpften der leichte Ärger wegen des Halskorsetts mit seiner immer stärker werdenden Liebe zu Maria. Außerdem waren da die vielen Sachen aus Marias Programm, die sie alle so sehr hilflos machten. Auch davon war Paul sehr fasziniert.
Er hörte Schritte und hielt den Atem an, als Maria langsam das Zimmer betrat.
Sie trug einen weinroten bodenlangen Rock und eine ziemlich enge Zwangsjacke aus weißen Leder. Ihre Arme schienen darin bewegungslos gefangen zu sein, denn Maria bewegte sie nicht
Dies fiel Paul sofort auf, und kurz durchfuhr ihn der Gedanke, dass Maria damit wirklich sehr anziehend aussah.
Aber er hatte gar keine Zeit, über die sehr seltsame Jacke nachzudenken, denn hinter Maria kam ihre Erzieherin in den Raum und zog die Aufmerksamkeit auf sich. »Setze Dich neben Paul auf das Sofa.« Ihre Stimme klang gerade ziemlich kalt.
Maria ging mit langsamen Schritten auf Paul zu und setzte sich gehorsam neben ihn. Beim Näherkommen hatte Paul Zeit, noch ein Detail an Maria zu entdecken. Sie trug sie ein Halsband recht locker um den Hals. Es war ein schmaler Lederriemen. Vorn unter dem Kinn war allerdings ein zirka drei bis vier Zentimeter großer Ball auf dem Lederriemen.
Es sah ziemlich seltsam aus. Paul wusste nicht, ob das nun ein Schmuck sein sollte, oder was es sonst hätte sein können. Er blickte noch auf das seltsame Gebilde und glaubte, so etwas schon einmal gesehen zu haben. Doch im Moment fiel im nicht ein, wo dies gewesen war.
Paul war durch die neuen Ereignisse sehr abgelenkt, sonst hätte er sicher gemerkt, dass Maria genauso nervös war.
Mrs. Potter ergriff die Initiative. »Paul, ich möchte, das Du Maria den Knebel anlegst.«
Paul blickte wieder auf Marias Hals und jetzt, wo die Erzieherin das Wort »Knebel« benutzt hatte, erkannte Paul diesen seltsamen Halsschmuck auch. Trotzdem blickte er Mrs. Potter ziemlich hilflos an, weil er nicht wusste, wie mit diesen Knebeln umzugehen war.
Marias Erzieherin sagte ihm, dass er die Schnalle aufmachen müsse, dann könne er Maria den Ball in den Mund stecken und die Schnalle wieder schließen. Sie legte ein kleines geöffnetes Schloss auf den Couchtisch. Paul bekam sofort eine Gänsehaut, als er es sah.
Er beugte sich zu Maria hin und mit ein wenig Geschicklichkeit hatte er die Schnalle des Knebels geöffnet. Gerade als er Maria den Ball vor den Mund halten wollte, wurde er von Mrs. Potter unterbrochen. »Doch zuvor möchte Maria dir noch etwas sagen.«. Sie blickte Maria streng und auffordernd an.
Maria drehte ihm den Kopf hin, musste einmal schwer schlucken und blickte ihn mit einer Mischung aus Liebe, Trauer und Zerknirschtheit an. »Bitte verzeih mir« Ihre Stimme war ziemlich leise.
Paul war nicht mehr zu einer Antwort fähig. Er nickte nur leicht. Sie blickte wieder zu ihrer Erzieherin. »Und jetzt lege mir bitte den Knebel an.«
Paul war total verunsichert. Er ahnte, was der Ball in Marias Mund bewirken würde. »Aber dann kannst Du doch nicht mehr reden?«
Ein klein wenig klang die Stimme von Maria schnippisch. »Ich habe heute Nachmittag schon genug gesagt.« Sie blickt ihn fast etwas trotzig an. »Bitte mach es.« Sie machte ihren Mund auf.
Seine Hände zitterten, als er Maria den Ball in den Mund steckte. Sie legte sofort ihre Lippen um den Ball und schloss die Augen. Ihr Atem ging etwas schwerer.
Mrs. Potter schaute interessiert zu und war sehr angetan davon, wie gut Paul mit dem Knebel zurecht kam. Sie bat Paul, die Riemen doch unter Marias Haaren entlang zu führen und sie nicht einzuklemmen.
Paul gab sich Mühe, der Anweisung nachzukommen.
»Und jetzt noch das Schloss.« Die Stimme von Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas leiser, doch dies fiel Paul nicht auf. Er wusste erst nicht, wie er das Schloss an dem Knebel anbringen sollte. Erst als Mrs. Potter ihm erklärte, dass er es durch das kleine Loch am Dorn stecken musste, war ihm klar, wie es ging.
Als er das kleine leise »Klick« hörte, hatte er den Eindruck, dass ein Ruck durch Marias Körper ging. Und es schien, als sei sie noch eine Spur trauriger geworden.
Mrs. Potter unterbrach die Stimmung. »Ich gehe dann mal Getränke holen. Ihr dürft es euch derweil gemütlich machen.« Letzten Satz sprach sie wie einen Befehl aus.
* * *
Er spürte sehr erfreut, wie Maria sich deutlich fühlbar an ihn kuschelte. Es hatte fast etwas von Trotz. Er überlegte, wie er seinerseits dem letzten Befehl von Marias Erzieherin nachkommen könnte. Schließlich legte er seinen Arm um Maria, wie auf dem Spaziergang. Maria legte ihren Kopf gegen seine Schulter und seufzte leicht trotz des Balles in ihrem Mund.
Paul überlegte einige Zeit, was er Maria jetzt fragen konnte. Er rang sich zu einem »Geht es Dir gut?« durch.
Maria drehte den Kopf zu ihm hin und er sah, wie der Ball in ihrem Mund dabei etwas wackelte. Sie nickte leicht.
Paul begriff jetzt erst, was der Ball in Marias Mund bewirkte. »Du kannst wirklich nicht mehr reden?«
Maria blickte ihn total verliebt an. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie musste gähnen. Es sah recht seltsam aus mit dem Ball im Mund.
So blieben sie, bis Mrs. Potter mit den Getränken zurück kam. Sie hatte drei Gläser mit Wasser auf dem Tablett, in einem der Gläser steckte ein Strohhalm.
Sie stellte Paul und sich je ein Glas hin. Das von Maria ließ sie gleich auf dem Tablett stehen. Sie bemerkte Paul fragenden Blick. Sie grinste etwas. »Maria ist eingeschlafen.«
Paul blickte an sich herunter und musste zu seinem Erstaunen feststellen, dass sie recht hatte. Maria lag in seinen Armen und schlief. Er freute sich, dass Maria mit ihrer Strafe anscheinend so gut zurechtkam.
Mrs. Potter hatte sich in den Sessel neben Paul gesetzt und kam ihm damit schon ziemlich nah. Paul bemerkte zu seinem Entsetzen, das er durch Marias Körper quasi an seinen Platz gefesselt war.
Marias Erzieherin begann das Gespräch. »Ich habe gehört, Du lebst bei Deiner Oma?«
Paul fühlte sich schon ein klein wenig in die Ecke gedrängt und er glaubte sich eher in einem Verhör als bei einer gemütlichen Gesprächsrunde. Er war bemüht, gut zu antworten, deswegen erzählte er, wie es kam, dass er nicht mehr bei den Eltern wohnte. »Sie sind fast immer auf Geschäftsreisen. Erst nur mein Vater, jetzt reist meine Mutter auch. Seitdem wohne ich bei meiner Oma.«
»Wie geht es Dir so in der Schule? Hast Du Dich schon eingewöhnt?« fragte Mrs. Potter.
»Ich komme ganz gut mit. Aber so gut wie Maria bin ich nicht.« Paul blieb bescheiden.
»Es scheint, Du kannst Mathe ganz gut?«
Paul fühlte sich geschmeichelt. »Ja, Mathematik ist mein Lieblingsfach.« In diesem Moment hatte Paul nicht das Gefühl, dass er ausgefragt wurde.
Mrs. Potter fragte unvermittelt, was Paul von Marias Gegenständen aus dem Programm hielt.
Paul musste zugeben, das er so etwas noch nie gesehen hatte. »Nur den Knebel habe ich schon einmal in einem Film gesehen.« Er machte eine kleine Pause. »Maria sieht damit sehr schön und anmutig aus. Ich finde es toll, wie gut sie damit klar kommt.«
Mrs. Potter runzelte etwas die Stirn. Doch sie sagte nichts.
»So gesehen gefällt mir ihr Programm auch gut. Nur das Lernen ist damit nicht so einfach.«
Paul erzählte noch etwas von seinen anderen Hobbies und von seiner alten Schule.
* * *
Mrs. Potter schaute auf die Uhr. »Es wird Zeit, ich muss Maria ins Bett bringen.«
Sie bemerkte Pauls fragenden Blick. »Es ist wichtig für das Programm, dass die Zeiten so gut wie möglich eingehalten werden.«
Sie stand auf. »Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten.«
»Ja, gern.« antwortete Paul, aber wie um es deutlich zu machen blickte er auf die vor sich schlafende Maria.
»Ich muss das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Würdest Du sie noch ein wenig festhalten?« Sie sah Paul fragend an.
Paul war bei diesen Worten entsetzt. Er versuchte zu protestieren. »Und der Knebel? Maria wird doch schon bestraft.«
Marias Erzieherin blickte ihn gutmütig an. »Es ist sehr nobel von Dir, dass Du Maria in Schutz nehmen willst.« Sie blickte auch noch einmal auf Maria. »Aber der Knebel ist nur für ihre Widerworte beim Pavillon.«
Paul war sehr enttäuscht. Er hatte sich schon darüber gefreut, dass Maria so einfach »davonkommen« würde.
»Und wie wird Maria bestraft?« Paul war auf einmal verzweifelt, weil er Maria nicht vor der Strafe schützen konnte.
»Das soll sie Dir Morgen selbst erzählen.« Mrs. Potter sah erfreut, dass Paul sehr viel Interesse an Marias Schicksal zeigte. »Aber ich möchte deutlich betonen, dass Maria nicht wegen des Ungehorsams bestraft wird, sondern weil sie so leichtsinnig war und sich selber in große Gefahr gebracht hat. Es war einfach gedankenlos.«
Mit diesen Worten ging sie aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul die Schritte auf der Treppe.
* * *
Er spürte, wie Maria sich in ihren Armen bewegte. Ihr erster Blick fiel auf die Uhr, und sie zuckte für Paul fühlbar zusammen. In ihrem Blick stand Furcht und Paul erkannte, dass sie von der Strafe wusste.
Sie sah ihn an, und als er ihren traurigen Blick sah, erschrak Paul fast.
Er wusste allerdings nicht, was er sagen sollte. Er wollte sie trösten, doch er wusste nicht wie. Es liefen ein paar Tränen über Marias Gesicht. Es tat Paul sehr weh.
Schon erklangen wieder die Schritte von Mrs. Potter auf der Treppe. Maria wurde nervöser, das spürte Paul. Er spürte, wie sie sich aufrichten wollte. Doch sie konnte sich ja nicht mit den Armen abstützen. Paul half ihr, sich wieder gerade hinzusetzen.
Es liefen wieder ein paar Tränen über ihr Gesicht. Paul wurde innerlich immer aufgebrachter, doch sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, das er hier besser nichts unternehmen sollte. Abgesehen einmal davon, dass er gegen Mrs. Potter ohnehin nicht genügend Mut aufgebracht hätte.
Aber er fühlte sich schlecht, weil er seine Freundin nicht vor ihrer Strafe schützen konnte. Auch wenn er natürlich verstanden hatte, warum sie bestraft wurde. Denn schließlich hatte sie ihn ohne sein Wissen zum Werkzeug für ihren Eigensinn gemacht.
Mrs. Potter kam in das Zimmer und Paul war recht erstaunt, dass sie seine Schultasche in der Hand hatte. Die hätte er jetzt ganz vergessen. Sie reichte ihm die Tasche. Paul war recht bedrückt.
* * *
Maria stand mit Tränen in den Augen vor ihm und gab ihm mit dem Ball im Mund einen Abschiedskuss. Dann ging sie mit traurigen Schritten aus dem Zimmer. Gleich darauf hörte Paul ihre Schritte auf der Treppe.
Mrs. Potter brachte Paul zur Tür. Immer noch ziemlich verwirrt trat Paul hinaus und ging langsam den Weg in Richtung Straße. Überall auf dem Boden lagen Blätter und dünne Äste, die anzeigten, dass kurz zuvor ein heftiges Unwetter getobt hatte.
Doch dafür hatte Paul im Moment keine Augen. Zu sehr war er in Gedanken bei Maria und ihrer jetzt wohl stattfindenden Bestrafung. Er hatte zunächst angenommen, der seltsame Ball in ihrem Mund sei die Bestrafung gewesen und er hatte sich schon gefreut, dass Maria es so einfach wegsteckte.
Es tat ihm weh und er hätte es gern verhindert. Doch er wusste weder wie er das machen sollte, noch hätte er dazu den Mut aufgebracht. Denn dazu hätte er sich gegen Mrs. Potter stellen müssen.
Die Strafe hatte vermutlich etwas mit Schlafen zu tun, denn Mrs. Potter wollte ja das Bett für Marias Strafe vorbereiten. Er fragte sich, was Maria da wohl erleiden musste. Dass sie es fürchtete, das hatte er gespürt, als er sie in seinen Armen halten durfte. Zum Schluss sah Maria richtig traurig aus.
Am Himmel waren keine Wolken mehr zu sehen. Der starke Wind hatte dafür gesorgt, dass sie weggeweht waren. So langsam kündigte sich die Nacht an.
Paul war davon unbeeindruckt, trotzdem beschleunigte er seine Schritte. Er musste unbedingt mit jemanden reden und er hoffte sehr, dass seine Oma jetzt zu Hause sein würde.
Schon am Gartentor sah er, dass in der Küche Licht brannte. Er war erleichtert.
Selma saß am Küchentisch und war dabei, einen großen Eimer Sauerkirschen zu entsteinen. Sie war sehr erstaunt, als Paul sich zu ihr setzte und ihr wie früher mit einer zweiten Haarnadel beim Entsteinen half.
Sie kannte ihren Enkel gut und wusste, dass ihm etwas auf dem Herzen lag. Andererseits war ihr die Hilfe bei den vielen Kirschen auch ganz recht. »Was ist denn passiert?« fragte sie recht unvermittelt.
Paul war im ersten Moment ziemlich verblüfft, doch dann seufzte er. »Maria wird bestraft und ich habe sie in Gefahr gebracht.«
Ohne dass sie ihn ansah, spürte Pauls Oma, das ihr Enkel ziemlich aufgewühlt war. »Jetzt erzähl doch mal der Reihe nach.« Sie entkernte ruhig weiter ihre Kirschen.
Paul blickte sie verblüfft an, dann holte er tief Luft und begann mit leiser Stimme zu erzählen...
* * *
Maria kam traurig aus dem Bad und ging langsam auf ihr Bett zu. Es war so ein schöner Tag mit Paul gewesen. Seufzend schlug sie die Bettdecke zurück. Dort lag er, der verhasste Gummischlafsack. Maria war wütend, doch sie wusste selbst nicht genau auf wen eigentlich.
Sie wusste, das sie gegen eine wichtige Regel verstoßen hatte und die Ereignisse vom Spaziergang hatte ihr die Folgen ihres Leichtsinns auch drastisch vor Augen geführt. Wenn Paul nicht gewesen wäre, dann... Sie wagte nicht, es zu Ende zu denken.
Sie war alt genug, um zu wissen, wie wichtig Konsequenz in der Erziehung war. Doch warum ausgerechnet heute. Und fast wäre Paul noch dabei gewesen.
Sie strich verächtlich über das Gummi ihres Nachtgefängnisses. Eigentlich war es ja gar nicht so schlimm. Die Sachen aus der »schönen« Samstag Nacht waren strenger.
Aber in diesem Gummi kam sie immer sehr ins Schwitzen und verbunden mit der Unbeweglichkeit wurde dies dann wirklich zu einer Strafe.
Mrs. Potter kam in das Schlafzimmer und als Maria sah, dass sie die strenge Haube in der Hand hielt, fluchte Maria leise vor sich hin. Manchmal war ihr die Strenge und Konsequenz ihrer Erzieherin wirklich zu viel. Doch sie wusste, das sie sich nicht wirklich dagegen wehren konnte. Und in ihrem Interesse lag es auch nicht.
»Seit ihr bereit, Eure Strafe anzutreten?« Dieser Satz leitet stets das jeweilige Ritual ein. Früher hatte Maria das toll gefunden. Im Moment dachte sie anders darüber.
Eine Antwort brachte Maria nicht zustande. Stattdessen lief ihr eine Träne Über das Gesicht, die sie versuchte heimlich wegzuwischen. Dann stellte sie sich gerade neben ihr Bett und senkte wie sonst auch den Blick zu Boden. Eine Antwort gab sie nicht.
Trotz allem spürten beide, dass es heute etwas anders war als sonst. Und zumindest Maria wusste im Augenblick nicht, woran das lag.
»Ich erlaube Euch, mit der Strafe zu beginnen.« Für Maria war das das Zeichen, dass es jetzt wirklich beginnen würde.
Sie seufzte ganz leise, dann setzte sie sich langsam auf das Bett und nahm die schwere Gummihülle zur Hand. Sie erschauderte schon, als sie das im Moment noch kalte Material in den Fingern spürte. Gleich würde ihr gesamter Körper von diesem Gummi umgeben sein. Es lief noch eine Träne ihre Wange herunter.
Gewiss, Maria war den Umgang mit diesen Materialien gewohnt. Aber diesmal war noch etwas anderes dabei. Ihre frisch erwachte Liebe zu Paul machte ihre Strafe heute doppelt schwer. Wie gern wäre sie neben ihm eingeschlafen und nicht in diesem fast widerlichen Gummisack.
Ein Räuspern ihrer Erzieherin riss Maria aus ihren Gedanken. Sie musste jetzt wirklich anfangen. Langsam steckte sie ihre Beine in den Gummisack. Es war zu sehen, dass sie den Umgang mit diesem Strafgerät gewohnt war. Mit sehr viel Geschick hatte sie ihre Beine bis zur Hüfte in die verhasste Hülle verpackt. Mit den so gefangenen Beinen stellte sie sich vor das Bett und blickte mit einer Mischung aus Traurigkeit und Wut auf ihre Erzieherin.
Sie bekam kaum ihren Mund auf. »Ich wäre dann soweit.« Mrs. Potter war dies zu undeutlich, doch heute verzichtete sie auf das demütigende Ritual, Maria eine deutliche Aussprache abzuringen. Das war eine der wenigen Gelegenheiten, wo sie Nachsicht zeigen konnte.
Sie trat auf Maria zu und zog die schwere Gummihülle langsam bis zu Marias Hals hoch. Diesmal schaffte ihr Schützling es gleich beim ersten Mal, die Arme links und rechts in die innen liegenden Ärmel zu stecken. Sie wollte es heute schnell hinter sich bringen und endlich ihre Ruhe haben.
Als Mrs. Potter den Reißverschluss zu machte, bekam Maria eine Gänsehaut. Dieses ratschende Geräusch hatte für sie immer etwas endgültiges. Sie wusste, das sie vor Morgen früh aus diesem Sack nicht mehr heraus kam. Sie konnte sich darin kaum ein paar Millimeter bewegen und an ein selber befreien war überhaupt nicht zu denken.
Mrs. Potter half ihr, sich auf das Bett zu setzen. Maria hob ihre Beine in der Gummihülle und schwang sie auf das Bett. Ihre Erzieherin half ihr, sich in die Mitte des Bettes zu legen.
Dann nahm sie die lange Schnur und begann, sie in die Schnürleisten links und rechts vom langen Reißverschluss einzufädeln. Nach dem sie damit oben angekommen war, begann sie die Schnürung nachzuziehen und den noch etwas dehnbaren Schlafsack immer enger um Maria zu spannen, bis ihr Schützling sich gar nicht mehr bewegen konnte.
Maria fand dies mehr als überflüssig. Sie hätte sich auch ohne die Schnürung nie befreien können und enger wurde es damit auch. Gut, normalerweise mochte sie die Enge recht gern, wenn es bloß nicht dieses Gummi wäre. Die anderen Schlafsäcke waren wesentlich angenehmer.
Außerdem wollte Maria endlich mit ihrem Kummer allein sein. Sie wusste, das ihre Erzieherin sich noch nie von ihren Tränen hatte beeindrucken lassen.
Auf dem Nachttisch lag drohend noch die Kopfhaube und ihr Mundschutz. Maria erschrak, als ihr Blick darauf fiel. Sie hasste es ja schon, wenn sie sich selbst dieses Ding anlegen musste. Noch schlimmer war es, wenn Mrs. Potter es machen würde.
Sie ärgerte sich sehr, dass sie es vergessen hatte.
* * *
»Und gegen Ende des Abends sagte Mrs. Potter dann plötzlich, das Maria noch bestraft wird.« Die Enttäuschung schwang jetzt noch in Pauls Stimme mit.
Seine Oma hatte bisher nur zugehört. Jetzt versuchte sie, Anteilnahme zu zeigen. Doch sie kam nicht umhin, Marias Erzieherin Recht zu geben. »Ich weiß ja nicht, wie streng die Strafe wohl ausfallen wird, aber die ist wohl zu recht erteilt.«
Paul hielt mit dem Entsteinen der Kirschen inne und blickte seine Oma mit einer Mischung aus Unverständnis und Verzweiflung an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ihr wart wirklich sehr leichtsinnig.« Paul merkte an ihrem Tonfall, dass auch sie es ernst meinte.
Paul versuchte sich zu rechtfertigen, auch wenn er wusste, dass er im Moment nichts mehr ändern konnte. »Ich hatte den Eindruck, dass Maria damit sehr gut klar kam.«
»Sie wollte sich nichts anmerken lassen.« Seine Oma dachte nach. »Sie ist sehr stolz, und daher will sie vor Dir keine Schwäche zeigen. Und sie will wohl auch zeigen, dass sie für ihre Fehler gerade steht und Verantwortung übernimmt.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte.
»Aber Du hast sie wirklich in Gefahr gebracht«, fügte sie nach einer kurzen Pause dazu.
Mit einer Gänsehaut dachte Paul noch einmal an die Baustelle und wie Maria bei den großen Platten gestolpert war. Er hatte sie gerade noch auffangen können. »Du hast recht, ich muss da in Zukunft wohl sehr gut aufpassen.«
Der Blick seiner Oma machte ihm Mut. Dann dachte er noch einmal über Marias Schuhwerk nach. »Warum hat sie denn wohl diese seltsamen Stiefel getragen? Das sind doch einfach Stiefel mit besonders hohen Absätzen, oder?«
Seine Oma war empört: »Wo denkst Du hin. Es sind eben nicht nur Stiefel mit hohem Absatz. Die Ballett-Stiefel bewirken ein schön gestrecktes Bein, strecken ganz andere Muskeln und bringen den Fuß in eine natürliche Haltung.«
Paul blickte seine Oma total erstaunt an. Sie schien sich wirklich sehr gut auszukennen.
»Schau mal ein Foto an von einem Mädchen, das kniet oder mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett oder am Strand sitzt. Sie hat die Füße in perfekt gestreckter natürlicher Haltung!«
Paul versuchte, seinen Fuß so zu strecken.
Seine Oma lachte. »Bei Männern funktioniert das nicht, die können die Füße nicht so strecken.«
Sie erklärte ihm, dass dies eine weibliche Eigenschaft sei. »Gute Ballett-Stiefel werden genau die natürliche Fußhaltung stützen. Und ich bin mir sicher, dass deine Maria so welche trägt. Du müsstest es an ihrer ganzen Körperhaltung erkennen können.«
Paul versuchte sich zu erinnern. »Sie trug allerdings einen recht langen Rock, bis über die Knie.«
»Balance und Grazie werden geübt und wie bei einer Turnerin wird der ganze Gang sehr kontrolliert und fest angespannt. Naja, du wirst es schon noch erleben.«
Paul fühlte fast so etwas wie stolz, wenn er an ´seine´ Maria dachte. Das mit den Stiefeln glaubte er jetzt verstanden zu haben. Doch da war noch etwas: »Und warum wohl hat sie auch noch das Ding um den Hals tragen wollen?«
Seine Oma musste lächeln. »Das &slquoDing´ nennt man Halskorsett.« Sie hielt für einen Moment ihren Kopf so als ob sie selbst eines tragen würde. »Es hält den Kopf gerade und aufrecht. Damit sich die Trägerin an die richtige Kopfhaltung gewöhnt.«
Paul erinnerte sich an den stolzen Eindruck, den er von Maria hatte.
»Aber natürlich kann Maria dann auch ihren Kopf nicht mehr bewegen.« Sie hielt kurz inne. »Ich weiß nicht, warum sie das unbedingt tragen wollte. Vielleicht gefällt es ihr. Du kannst sie ja mal danach fragen.«
Paul blickte sie erstaunt an. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.« Er dachte noch einmal an Marias Gestalt. »Aber das Seltsamste ist dieser Handschuh, der ihre Arme auf dem Rücken zusammenhält.«
Auf einmal stand seine Oma auf. »Warte mal, ich habe da etwas für Dich.«
Sie ging zur Spüle und wusch sich die Hände dann verschwand sie in Richtung Wohnzimmer. Paul hörte, wie sie den Wohnzimmerschrank öffnete. »Wo habe ich es denn hingelegt?«
Paul hörte sie herumkramen.
»Ach, hier ist es.« Als sie wieder kam, trug sie etwas großes unter dem Arm. Sie blickte auf ihren Neffen und lächelte, als sie seine roten Finger sah. »Wasche Dir bitte auch erst die Hände.«
Paul kam der Bitte nach. Mittlerweile hatte Selma den Gegenstand auf den Küchentisch gelegt und Paul sah, dass es ein altes Fotoalbum war. »Bitte sei vorsichtig damit, es hat schon sehr gelitten.«
Paul blickte auf die Fotos, die sie ihm zeigte. Auf der linken Seite waren zwei Gruppenaufnahmen der Grafenfamilie. Und rechts war ein einzelnes Foto. Paul war total fasziniert, es zeigte seine noch junge Oma, wie sie der einen Grafentochter gerade so einen seltsamen Handschuh anlegte, genauso einen, wie Maria auch getragen hatte. Paul war sprachlos.
* * *
Es tat Mrs. Potter ja selbst Leid, das sie Maria in diese schwitzige Gummihülle stecken musste. Aber Maria war heute sehr leichtsinnig und ungehorsam gewesen, und deswegen war für diesen Fall diese Strafe vorgesehen. Und Konsequenz war in Marias Programm besonders wichtig.
Eigentlich machten diese Nächte ihrem Schützling gar nichts aus. Wenn sie Maria morgens aus dem Gummisack heraus ließ, war sie zwar ziemlich verschwitzt, aber nach einer schnellen Dusche war für sie alles vorbei.
Doch heute war es anders und deswegen war Mrs. Potter ziemlich verunsichert. Maria war sehr unruhig und es schien, dass sie unter der Haube weinte.
Die Erzieherin dachte nach. Es war doch eigentlich wie immer gewesen, sie hatte sie in den Sack gesteckt und zugeschnürt. Diesmal hatte sie die Schnürung nicht einmal so fest angezogen wie sonst. Dann hatte sie Maria noch den Mundschutz eingesetzt und ihr die strenge Gummihaube darüber geschnürt. Auch daran konnte es eigentlich nicht liegen, denn diese Kombination trug Maria in dem Programm auch relativ häufig.
Sie schaute noch einmal nach ihrem Schützling. Maria schien unter der Haube wirklich intensiv zu weinen. Das Schluchzen war deutlich zu hören.
Die Erzieherin setzte sich neben das Bett und hörte einen Moment aufmerksam zu. ´Nein´, kam sie zu einem Entschluss, da war etwas nicht in Ordnung. So konnte sie Maria nicht in die Nacht entlassen.
Im ersten Moment schien Maria gar nicht mitzubekommen, dass ihre Haube wieder aufgeschnürt wurde, doch dann hielt sie auf einmal mit dem Schluchzen inne und schien abzuwarten.
Mrs. Potter zog ihr die Haube vom Kopf, und während sie noch den Mundschutz entfernte, fragte sie ihren Schützling, warum sie denn weinte.
Maria blickte sie mit verweinten Augen an. »Paul«, sie schluchzte erbärmlich, »was wird er bloß von mir denken?« Es klang herzzerreißend.
Mrs. Potter streichelte ihr über die zerzausten Haare.
»Das mit dem Halskorsett habe ich so nicht gewollt.« Sie schluchzte wieder. »Er wird mir nie verzeihen.« Maria blickte ziemlich verzweifelt.
»Natürlich wird er Dir verzeihen.« Auch wenn sie gar nicht so genau wusste, um was es Maria ging. »Du liebst ihn, nicht wahr?«
Maria blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Dann nickte sie vorsichtig. Ihr Blick hatte auf einmal etwas verträumtes. Sie sagte nur ein Wort. »Sehr«
Dann wurde Maria wieder traurig. »Ich habe ihn ausgenutzt. Ich war so egoistisch.« Sie schluchzte schon wieder. »Und das nur wegen diesem blöden Halskorsett. So schön war es nicht einmal.«
Jetzt ahnte Mrs. Potter, was wirklich in Maria vorging. Und sie war erleichtert, dass es nichts mit der Gummisack-Strafe zu tun hatte. »Ihr sehr Euch ja morgen in der Schule. Und Paul kommt doch nochmal zur Nachhilfe.« Sie blickte Maria fragend an.
Maria nickte vorsichtig.
»Dann kannst Du ihm alles erzählen. Er liebt Dich doch auch.«
Ein ungläubig erstaunter Blick kam von Maria. »Meinen Sie?«
Sie wollte ihren Schützling beruhigen und ihr ein einfache Strafnacht ermöglichen. Sie streichelte ihr noch einmal über das Haar, dann erhob sie sich wieder.
»Ihr müsst jetzt schlafen, Prinzessin.« Ihr Ton hatte gewechselt. »Ich hole Euch die leichte Haube. Aber sagt Eurer Mutter nichts davon.« Sie ging an den Kleiderschrank und kramte kurz darin.
Maria war über diese Straferleichterung sehr froh, denn zum einen gab es sie nur sehr selten und zum anderen wagte sie auch nie, von sich aus danach zu fragen. Dazu war sie zu stolz. Doch sie war sehr erleichtert, den so strengen Mundschutz nicht tragen zu müssen.
Mrs. Potter setzte sich wieder neben Maria und legte ihr genauso zärtlich wie vorsichtig die leichte Strafhaube an. Diese war aus Leder und ließ sowohl Nase als auch Mund frei. »Jetzt müsst ihr mir aber versprechen, dass ihr mit dem Weinen aufhört.« Sie sprach etwas lauter, weil sie wusste, das diese Haube etwas dämpfte.
Maria drehte ihren Kopf in die Richtung, in der sie ihre Erzieherin vermutete und sprach recht leise. »Ich will es versuchen.«
Diese streichelte ihr noch einmal über die jetzt nicht mehr bedeckte Wange. »Gute Nacht, Prinzessin.«
Maria wünschte ihr auch eine Gute Nacht.
* * *
Paul blickte voller Ehrfurcht auf die drei Fotos. »Das rechte Foto war eine Probeaufnahme des Fotografen. Der Graf hat sie mir geschenkt« Es klang viel Stolz in ihrer Stimme mit.
Sie zeigte vorsichtig auf das recht Bild. »Hier kannst Du auch gut den Unterschied in der Haltung erkennen. »Die älteste Tochter trägt ihren Handschuh schon und die jüngste hat noch ihre Arme frei.«
Paul blickte noch einmal genauer auf die Bilder. Die mittlere Tochter wurde von seiner Oma gerade in den Handschuh geschnürt und so wie sie es gesagt hatte, war bei den anderen Töchtern der Haltungsunterschied gut zu erkennen.
Er verglich dies auch noch einmal mit den offiziellen Aufnahmen. Die Haltung der Schwestern hatte schon etwas sehr vornehmes, fast hochnäsiges. Ohne das es ihm richtig bewusst war, sprach er seine Gedanken aus. »Maria ist nicht so hochnäsig.«
Selma musste lächeln. Ihr Neffe hatte natürlich recht, die Grafentöchter waren mehr als hochnäsig gewesen. Trotzdem dachte sie gern an die Zeit zurück.
Paul fiel ein, dass er seine Oma noch etwas fragen wollte. »Marias Erzieherin hat noch was ziemlich seltsames gesagt. Vielleicht kannst Du mir das erklären?«
Er wartete ihre Antwort gar nicht ab. »Regeln sind dazu da, dass man über sie nachdenkt, bevor man sie bricht! Das habe ich ja verstanden.«
Er machte eine Pause. »Wir sollen immer auf die Sicherheit achten...«
Seine Miene wurde nachdenklich. »Und wir sollen dem elften Gebot streng folgen.«
Selma versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich glaube, trotz all ihrer Strenge ist diese Mrs. Potter ein Pfundskerl, der wirklich nur das Beste für Euch will.«
Sie strich ihm leicht über die Wange. »Wenn du gut auf Deine Maria aufpasst, dann brauchst du wirklich keine Angst vor ihr zu haben.«
Paul freute sich über diese Einschätzung. Doch etwas wusste er immer noch nicht. »Ja, aber was ist denn nun dieses elfte Gebot? Ich habe nur zehn gelernt.« Und dabei überging er sein schlechtes Gewissen, auch diese Zehn nicht mehr auswendig zu können.
»Armer Paul, hast du das wirklich noch nie gehört?« Selma lächelte. »Das elfte Gebot lautet: Du sollst Dich nicht erwischen lassen!«
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Herrin_nadine |
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Sklavenhalterin
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gib jedem menschen seine würde
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RE: Maria
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Datum:31.12.13 01:58 IP: gespeichert
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Hallo Gag_coll,
deine Monstertextblöcke sind extrem schlecht zu lesen. Für deine klemmende Entertaste beame ich dir einen LKW mit Hänger voll mit Schmieröl.
Eine Leerzeile sollte nach ca. 10 - 15 Zeilen sein.
dominante grüße von
Herrin Nadine
sucht die nicht vorhandenen igel in der kondomfabrik
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aiglestiefel |
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Sklavenhalter
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RE: Maria
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Datum:31.12.13 14:15 IP: gespeichert
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Hallo Gag_coll,
Super Fortsetzung der alten Geschichte von Paul,
mach weiter so, freue mich schon auf eine Fortsetzung.
Andere alte Geschichten von Paul VoF gibt es hier im Archiv:
http://web.archive.org/web/2000120617580...vof/hseite.html
Hoffentlich funktioniert der Link.
Grüsse und einen guten Rutsch
aiglestiefel
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pauli2004 |
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Keyholderin
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RE: Maria
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Datum:01.01.14 19:01 IP: gespeichert
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Ganz tolle Geschichte, ich kann die Fortsetzung kaum erwarten. Ich freue mich schon auf den Samstag.
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Story-Writer
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RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins
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Datum:01.01.14 23:16 IP: gespeichert
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Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Eins
Autor: Karl Kollar
Als wäre die Strafnacht nicht gewesen, kam Maria ziemlich unbeschwert aus der Dusche. Sie freute sich auf den Tag und auf Paul. Ihre Sorgen von gestern hatte Mrs. Potter mit ihren überraschend einfühlsamen Worten weggeblasen.
Gewiss, sie hatte sich vorgenommen, heute mit ihm zu reden und ihm einiges zu erklären. Es musste sich ja endlich mal eine Gelegenheit ergeben. Bisher war immer irgendetwas dazwischen gekommen.
Maria blickte auf die Uhr und als sie sah, wie spät es war, ging sie schon mal vorsorglich in Richtung Telefon. Gleich würde ihre beste Freundin anrufen. Sie hatten diese feste Uhrzeit ausgemacht, um die Zeitverschiebung mit Australien in den Griff zu bekommen. Heute war Rosalie dran anzurufen.
Maria brauchte an diesem Morgen nicht lange zu warten. Gerade als sie neben dem Telefon ankam, klingelte es auch schon. Sie rief ein »Ich gehe ran« in das Treppenhaus und nahm ab.
Normalerweise ging erst Mrs. Potter ans Telefon und rief Maria, wenn es für sie war. Das hatte aber nichts mit Zensur zu tun. Es lag daran, das Maria oft einfach nur sehr lange brauchte, bis sie am Telefon war. Meistens hatte der Anrufer dann schon wieder aufgelegt. So fungierte Mrs. Potter quasi als ihr Anrufbeantworter. Nur heute war das nicht notwendig.
* * *
»Oh, Du bist selber dran und nicht Dein Wachhund?« Rosalie war jetzt schon ein halbes Jahr in Australien, doch ihren Spott hatte sie mitgenommen.
Maria überhörte es. »Ich freue mich auch, Dich zu hören.« Doch in ihrer Stimme klang trotzdem etwas Ärger mit.
»Ach komm, Du weißt schon, wie ich das meine. So wirst Du nie einen Freund finden.« Dieses Thema hatten sie schon oft diskutiert. Rosalie war immer etwas in Sorge, was das Liebesleben ihrer Freundin anging. Bislang gab es das nämlich nicht.
Maria war mehr als froh, ihr hier endlich den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Ihre Stimme wurde eine Nuance leiser. »Er heißt Paul.«
Rosalie war schwer beeindruckt. »Sag bloß, es hat Dich trotzdem erwischt?«
Maria wurde innerlich rot. Sie zögerte etwas. Dann wurde ihre Stimme noch etwas leiser. »Er gibt mir Mathe-Nachhilfe.«
»Ach so, Mathe-Nachhilfe.« Das Grinsen der Freundin war sogar durch das Telefon zu hören. »Und, wie ist er? Was habt ihr schon gemacht?«
Maria erzählte ein wenig von ihren Nachhilfestunden.
»Was sagen denn Deine Mutter und Dein Kindermädchen dazu?«
Normalerweise hätte sich Maria durch das ´Kindermädchen´ provoziert gefühlt, heute überhörte sie es. »Meine Mutter weiß es noch nicht. Zumindest nicht von mir. Sie könnte es ihr vielleicht schon gesagt haben.«
Rosalie hakte nach. »Was machst Du jetzt mit dem Training für deinen Mutter? Hörst Du auf?«
Maria war empört. »Auf keinen Fall. Das will ich noch ein paar Jahre durchziehen.« Sie machte eine kleine Pause, als müßte sie nachdenken. »Ich glaube, Paul ist davon ganz angetan. Gestern hat er mir den Handschuh angelegt. Ich glaube, er mag mich so.«
»Ich bewundere Dich.« In der Stimme ihrer Freundin klang ehrliche Bewunderung. »Ich könnte das nicht.«
Maria seufzte, weil sie dieses Thema eigentlich schon oft durchgekaut hatten. »Du weißt, dass es eigentlich ganz einfach ist.«
Rosalie blieb bei ihrer Meinung. »Ich könnte so einen Handschuh nicht tragen. Nicht so wie Du.«
»Das hatten wir doch schon oft genug diskutiert.« Marias Stimme klang mittlerweile etwas genervt. »Wenn Du nicht mit dem Ballett aufgehört hättest, dann könntest Du das jetzt auch.«
»Weiß er schon von Deiner netten Unterwäsche?«
»Nein«, seufzte Maria und mit diesem Seufzer schien sie viel zu sagen.
Doch Rosalie verstand dies falsch. »Du darfst ja erst nach der Hochzeit. Ich weiß nicht, ich würde das nicht aushalten.«
Maria war innerlich aufgebracht und empört. »Du weißt genau, dass das so nicht stimmt.«
»Was ist denn heute los?« Rosalie wunderte sich über ihre Freundin. »Du bist heute so gereizt.«
Jetzt klang Marias Stimme fast etwas traurig. »Ich hatte heute mal wieder eine Gummi-Nacht.«
»Ach Du Ärmste.« Rosalie schien Maria zu bedauern, doch in ihrer Stimme klang auch viel Spott mit »Was hast Du denn wieder angestellt?«
Wie üblich ging Maria nicht drauf ein. »Es war schön gestern mit ihm.«
Wieder war das Grinsen der Freundin durch das Telefon zu hören. »Was machst Du am Wochenende? Wirst Du mit ihm ausgehen?«
Maria war von dieser Frage überrumpelt. Bisher wusste sie nur, dass sie am Samstag den großen Auftritt hatte. »Ich habe noch nichts ausgemacht.« Sie machte eine Pause. »Am Samstag werden wir im Kurpark auftreten. Drücke mir die Daumen.«
Rosalie schien einen Moment nachzudenken. »Du meinst diese Musikgruppe, die immer mit Korsetts auftritt?«
Maria war über den Themenwechsel ganz dankbar. »Ja, heute proben wir noch mal dafür.«
Ihre Freundin erinnerte sich an das, was Maria bewegte. »Hast Du jetzt endlich mal gefragt, ob Du mal die erste Stimme spielen darfst?«
Maria seufzte. »Nein, ich habe mich noch nicht getraut. Carla spielt die Stimme, und die ist die Frau vom Chef.«
Rosalie wollte ihr Mut machen. »Red doch mal mit den Beiden. Sag ihnen, dass Du auch mal möchtest. Du kommst doch mit dem Korsett sicher besser zurecht als Carla, oder?«
Maria war bescheiden, sie wollte sich nicht vordrängen. »Meinst Du?«
»Sicher, tu es.« Rosalies Stimme klang bestimmt.
Mrs. Potter erschien im Flur und zeigte auf die Uhr. Maria erschrak etwas. »Wir müssen Schluß machen. Ich muss zur Schule. Dann bis zum nächsten Freitag.«
Sie verabschiedeten sich, und Maria legte auf.
* * *
Schon beim Frühstück war Paul sehr unruhig. Er hatte in der Nacht von Maria geträumt. Maria kniete in seinem Traum weinend vor dem Bett und ihre Erzieherin ging gerade mit einem Stock weg. Paul war vor Schreck aufgewacht und er hatte sich sofort gefragt, ob Maria wirklich so eine Strafe erleiden musste. Er hatte über seinen Traum auch mit seiner Oma gesprochen. Doch diese fand so eine Strafe eher unwahrscheinlich.
Aber Paul hatte Marias traurigen Blick von gestern Abend noch sehr gut in Erinnerung. Sie schien von der Strafe sichtlich betroffen gewesen zu sein. Paul hatte seit dem einen noch viel größeren Respekt vor Marias Erzieherin und vor allem auch vor der Konsequenz, mit der Maria anscheinend immer noch erzogen wurde.
Mit großem Herzklopfen bog Paul in die Straße ein, in der Marias Haus lag. Er hoffte sehr, wieder Maria auf dem Weg zur Schule begegnen zu können.
Allerdings war ihm auch klar, dass er sich dann wohl auch mit der Anwesenheit ihrer Erzieherin abfinden musste.
Doch zu seiner großen Enttäuschung musste er erkennen, dass er zu spät dran war.
Gerade als er Marias Haus passierte und überlegte, ob er etwas warten sollte, sah er ihre Erzieherin von der Schule zurück kommen. Sie hatte Maria anscheinend schon zur Schule gebracht und war auf dem Weg nach Hause.
Paul wollte ihr eigentlich auf gar keinen Fall begegnen. Vor allem nicht ohne Maria. Doch sie hatte ihn schon gesehen. Jetzt konnte er ihr nicht mehr ausweichen.
Sie kam näher.
Paul erwog seine Möglichkeiten. Natürlich hätte er auf der anderen Straßenseite weiter gehen können. Doch es war ihm auch daran gelegen, bei Maria Erzieherin einen guten Eindruck zu hinterlassen. So nahm er allen Mut zusammen und stellte sich auf das Zusammentreffen ein.
Die Gegenwart von Mrs. Potter weckte bei ihm ein schlechtes Gewissen. Irgendwie hatte er das Gefühl, mitschuldig zu sein. Und er wusste, dass er Marias Erzieherin nicht anlügen konnte.
Sie blieb stehen und blickte Paul interessiert an. »Guten Morgen Paul.« Ihre Stimme war zwar resolut, aber irgendwie auch freundlich.
Paul wünschte ihr möglichst höflich auch einen guten Morgen. Trotzdem war seine Stimme verschüchtert leise.
Sein Gegenüber überging dies. »Ich habe Maria schon zur Schule gebracht. Wir gehen jeden Morgen um halb aus dem Haus.« Eigentlich wollte sie Paul nur einen Hinweis geben, wann er Maria auf dem Weg zur Schule treffen konnte.
Doch Paul verstand dies falsch und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie heute verpaßt hatte.
Er blickte sie ziemlich verschüchtert an und hatte gerade den Mund aufgemacht um sich zu entschuldigen, als sie weiter sprach. »Bitte sei vorsichtig und geduldig, wenn Du mit Maria zusammen bist.« Ihre Stimme klang irgendwie wichtig. »Sie macht etwas für sie ziemlich schweres.«
Paul brachte kein Wort heraus. Er schaute auf zu ihr und nickte zunächst vorsichtig. Es dauerte eine Weile bis Paul verarbeitet hatte, worum Marias Erzieherin ihn gerade gebeten hatte.
»Es wird Dir vieles seltsam vorkommen, aber glaube mir, es hat alles seine Richtigkeit.«
Paul hätte jetzt tausend Sachen fragen wollen, doch er war nicht in der Lage, auch nur eine einzige Frage zu formulieren.
Mrs. Potter wünschte ihm viel Erfolg in der Schule und reichte ihm die Hand. Paul war wegen ihres starken Händedrucks erstaunt und eingeschüchtert zugleich.
Langsam ging er weiter in Richtung Schule. Erst langsam begriff er, dass er Marias Erzieherin wohl falsch eingeschätzt hatte. Er ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen.
Sie hatte ihn gebeten, bei Maria geduldig zu sein und sich über die vielen Seltsamkeiten nicht zu wundern. Aber es waren keine Worte dabei, die ihn aufgefordert hätten, die Finger von Maria zu lassen. Im Gegenteil, sie hatte ihm ja eher Mut gemacht.
Er ging etwas fröhlicher weiter.
* * *
Als er kurz vor Beginn der Stunde in die Klasse kam, saß Maria schon auf ihrem Platz und ihr Cape hing wie üblich über ihrem Stuhl. Er kam gerade noch dazu, ihr einen guten Morgen zu wünschen, als auch schon der Unterricht begann.
Er bewunderte Maria, wie leicht es ihr fiel, dem Unterricht nicht nur zu folgen, sondern sogar recht aktiv mitzuarbeiten. Von ihrem Eifer ließ sich Paul sogar etwas anstecken, und es ermutigte ihn, sich auch etwas öfters am Unterricht zu beteiligen.
Nur gelegentlich tauschten sie kurze verliebte Blicke aus.
Paul freute sich sehr darüber. Und er wusste, dass er es nicht übers Herz brachte, Maria jetzt noch nach ihrer Strafe zu fragen. Auch wenn es ihn brennend interessierte.
* * *
Es läutete zur großen Pause. In alter Gewohnheit sprang Paul sofort auf und war schon drauf und dran, aus der Klasse zu laufen, als ihm einfiel, dass er besser auf Maria warten sollte.
Er drehte sich zu ihr hin und sah, dass sie gerade dabei war, sich ihr Cape umzuhängen und zu verschließen. Die Handschuhe trug Maria schon. Paul war über diese Sorgfalt immer wieder erstaunt.
Er entdeckte die Sorgenfalten auf Marias Stirn, und es fiel ihm nicht schwer zu erraten, was sie beschäftigte. Als nächstes kam die Doppelstunde Mathe, und es waren nur noch drei Unterrichtsstunden bis zur alles entscheidenden Mathematikarbeit.
Auf dem gemeinsamen Weg nach draußen schnitt er das Thema gleich an. »Hast Du noch Fragen zu den Hausaufgaben?« Er war ernsthaft bemüht, ihr zu helfen.
Es war Maria klar, dass er Mathematik meinte. Sie dachte kurz nach. »Ich glaube, ich habe den Lösungsweg verstanden.« Sie beschrieb noch einmal, wie sie Aufgaben dieses Typs lösen würde.
Paul sah, dass sie es wirklich verstanden hatte. Er lobte sie und traute sich sogar einen kleinen Scherz zu: »Immerhin hast Du hier ja auch die Arme frei.«
Maria blickte ihn erstaunt an. Dann erst hatte sie begriffen, dass Paul einen Witz gemacht hatte.
»So weit kommt es noch.« Sie lächelte.
* * *
Paul spürte, dass Maria bei Mathe jetzt etwas gelöster und nicht mehr so verkrampft wie bisher war. Wobei sie natürlich stets vorbildlich auf ihrem Stuhl saß. Aber sie kam jetzt besser mit und konnte den Stoff gleich richtig aufnehmen.
Sie wurde an wieder an die Tafel gerufen. Diesmal schaffte sie es, die Aufgabe ganz ohne Hilfe zu lösen. Herr Peters war sehr beeindruckt von ihrer Leistung. Er sprach ihr ein großes Lob aus.
Marias Augen strahlten, als sie zurück zu ihrem Platz ging. Und sie hatte nicht vergessen, wem sie das zu verdanken hatte. Sie flüsterte ihm ein leises »Danke« zu.
Paul hatte sich über die tolle Leistung von Maria auch sehr gefreut. »Das war gut«, flüsterte er ihr leise zu. In der Klasse war es in diesem Moment seltsam still.
Neben den fachlichen Leistungen war Paul aber auch aufgefallen, wie korrekt Maria an der Tafel stand und wie perfekt in jedem Moment ihre Haltung war. Er konnte nur vermuten, was wohl dahinter stecken mochte.
Es fiel ihm erst nach einiger Zeit auf, dass Maria neben ihm von einer gewissen Unruhe ergriffen war, die er sonst nicht von ihr kannte. Sie war unkonzentriert und rutschte ziemlich nervös auf ihrem Stuhl herum. Sie sah auch sehr oft auf die Uhr.
Zuerst dachte Paul, dass es mit der Aufgabe zusammenhing, an der sie gerade dran waren. Doch als der Lehrer sie dran nahm, konnte sie seine Fragen problemlos beantworten. Es musste etwas anderes sein.
Sie wurde schleichend immer unruhiger. Auch Herr Peters schien dies zu bemerken. Er blickte gelegentlich zu Maria herüber.
Paul rang sich dazu durch, leise ein »Was ist denn los?« zu flüstern.
Maria teilte ihm leise mit, dass sie bald auf Toilette müsste.
Paul blickte auf die Uhr. Es war noch lang bis zur Pause. »Dann geh doch jetzt.«
Maria war genervt. »Das geht nur in der großen Pause.« Es schien ihr sichtlich unangenehm zu sein. »Ich brauche Hilfe.«
Paul war verwundert. So hatte er Maria noch nicht erlebt.
Auch Herr Peters schien dies zu bemerken und zu Pauls Erstaunen fragte er nicht etwa nach, sondern er schien Maria sogar extra zu schonen, denn sie kam die Stunde über nicht mehr dran, auch wenn sie sich ab und zu noch einmal meldete.
Es klingelte zur Pause.
Maria flüsterte ein »endlich«, dann sprang sie auf und ging mit für ihre Verhältnisse sehr raschem Schritt aus dem Klassenzimmer.
Paul erinnerte sich an die Worte ihrer Erzieherin und beschloss ihr einfach hinter zu gehen. Wenn sie Hilfe bräuchte, wollte er zur Stelle sein.
Zu seinem großen Erstaunen ging Maria an mehreren Toiletten vorbei. Doch er wagte nicht, sie deswegen anzusprechen.
Die Deutschlehrerin lief ihnen über den Weg und diese sah sofort, dass Maria etwas auf dem Herzen hatte. Maria ging zu ihr hin und sagte ihr, dass sie dringend auf die Toilette müsste. Die Lehrerin schien sofort Bescheid zu wissen. Sie bat Maria, doch schon einmal vor zu gehen, sie würde die Schlüssel holen.
Maria ging mit ihren kleinen, aber immer schneller werdenden Schritten in Richtung der Lehrerzimmer. Paul war total verwundert.
Vor der Tür der Lehrertoilette bliebt sie stehen und wurde zunehmend nervöser.
Sie trippelte von einem Fuß auf den anderen und biss sich auf die Lippen. Für Paul hatte sie keine Augen mehr.
Die Lehrerin kam mit einem Schlüsselbund zurück. »Na dann komm«, sprach sie ernst und betrat hinter Maria die Toilette.
* * *
Paul blieb erst noch einige Zeit vor der Tür stehen.
Er war sehr verwundert.
Maria konnte nicht selber zur Toilette gehen? Die Lehrerin musste einen Schlüssel holen?
Nach der halben Pause war Maria immer noch nicht fertig. Paul schien so langsam zu begreifen, dass diesmal nicht seine Hilfe gefragt war. Er ging langsam und ziemlich verwirrt in seine Klasse zurück.
Maria kam erst kurz nach Beginn der nächsten Stunde zurück in die Klasse. Sie sprach kurz mit dem schon anwesenden Lehrer und setze sich dann auf ihren Platz.
Paul sah ihr an, dass ihr es sichtlich unangenehm war. Allerdings war auch eine gewisse Erleichterung in ihrem Blick zu sehen.
* * *
Maria stand in ihrem Arbeitszimmer vor dem Schreibtisch und war dabei, Notenblätter zu sortieren. Sie summte dabei kleine Melodien. Von Zeit zu Zeit blieb sie länger an einem Blatt hängen und ging in Gedanken das Stück noch einmal durch. Morgen war der wichtige Auftritt im Kurpark und Maria freute sich schon sehr.
Heute Abend war die Probe für den Auftritt und Maria wollte gut vorbereitet sein. Sie legte sich die Noten der Stücke zurecht, die sie heute Abend proben und Morgen aufführen würden. Sie freute sich schon sehr auf diesen für ihre kleine Gruppe sehr wichtigen Auftritt. Sehr gewissenhaft schaute noch einmal nach den schwierigen Stellen in den Stücken. Sie hatte alle geübt und war fit für den Auftritt.
Ihr fiel ein, dass sie formal ihre Erzieherin ja noch um die Erlaubnis bitten musste, zur Probe gehen zu dürfen. Außerdem würde sie ja auch eine Begleitung brauchen.
Sie summte die Melodie eines der Stücke und machte sich auf den Weg, Mrs. Potter zu suchen. Maria freute sich sehr auf die Musik.
* * *
Mrs. Potter war in der Küche damit beschäftigt, ein Geschenk einzupacken. Sie band gerade eine farbige Schnur um das kleine sehr geschmackvoll eingepackte Paket. Maria fand, dass auch ihre Erzieherin sehr gute Laune hatte.
Maria stellte sich vor den Tisch und nahm die vorgeschriebene Haltung ein. Dann wartete sie, bis ihre Erzieherin ihr die Erlaubnis zum Sprechen gab.
»Nun Maria«, ihre Stimme klang gut gelaunt, »was möchtet ihr?«
Maria hob ihren Kopf und blickte ihre Erzieherin an. »Ich möchte um Erlaubnis bitten, heute Nachmittag die Probe besuchen zu dürfen.«
Mrs. Potter legte die Rolle Klebeband auf den Tisch und blickte ihren Schützling erstaunt an. »Was für eine Probe? Und wo?«
Maria war verwundert. »Sie wissen doch, dass wir Morgen im Kurpark auftreten. Und heute ist dazu die Extraprobe.«
Mrs. Potter war in diesem Moment auch etwas verwirrt. »Von dieser Probe habt ihr mir aber nichts gesagt.« Sie schien nachzudenken. »Ich bin doch heute bei Oma Elisabeth zum Geburtstag eingeladen.«
Marias Gesicht wurde länger. Oma Elisabeth war eine langjährige Freundin in der Nachbarstadt. Sie mochten sie alle sehr gern. Allerdings war sie schon ziemlich alt und wurde entsprechend respektvoll behandelt. Maria begann zu ahnen, was dies bedeuten würde.
»Aber dann kann ich doch nicht zur Probe gehen.« Sie schluckte. »Ich habe Ihnen doch von der Probe erzählt.«
»Ihr habt mir nur etwas von dem Auftritt Morgen gesagt.« Mrs. Potter war sichtlich bewegt.
»Aber die Probe ist Bedingung für den Auftritt. Wer bei der Probe nicht dabei ist, darf auch nicht mit auftreten.« Maria begann zu ahnen, was passieren würde und eine erste Träne lief über ihr Gesicht.
»Ich kann doch nicht wegen Deiner Probe ihren 90igsten Geburtstag absagen.« In ihrer Stimme kämpften Empörung und Bedauern miteinander.
Marias wurde verzweifelter. »Die Probe ist unheimlich wichtig. Ich muss da unbedingt hin.«
Die Stimme von Mrs. Potter wurde verärgert. »Du weißt, dass Du nicht allein dorthin gehen darfst.«
Maria begann zu weinen. »Das ist so ungerecht. Ich habe mich so auf diesen Auftritt gefreut.« Noch hoffte sie, ihre Erzieherin umstimmen zu können.
Mrs. Potter schien dies zu spüren. »Wie stellst Du Dir das vor. Die Oma wohnt in der Nachbarstadt und ich kann nur mit dem Bus dahin fahren.«
Maria wusste, dass Mrs. Potter kein Auto hatte, und bisher war das auch nie ein Problem gewesen.
»Maria«, die Stimme wurde auf einmal etwas kälter, »vergesst Eure Erziehung nicht.« Es tat ihr weh, aber sie musste Maria hier in ihre Schranken weisen.
Mit einem Schlag war Maria aller Wind aus den Segeln genommen. Sie erkannte, dass sie ihre Probe und damit auch den Auftritt absagen musste. Tränen schossen ihr ins Gesicht.
Sie drehte sich um und lief auf ihr Zimmer. Sie warf sich auf das Bett und weinte bitterlich.
* * *
Sie spürte ein Streicheln auf ihrem Kopf und drehte sich verärgert um. Konnte ihre Erzieherin sie nicht in Ruhe weinen lassen? Mit vor Tränen verschwommenen Augen blickte sie auf die Gestalt vor dem Bett, und erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass Paul vor ihr stand.
»Mrs. Potter hat mich herauf geschickt.« Seine Stimme klang ziemlich verunsichert. »Wir wollten heute doch noch etwas Mathe machen.«
Maria war beschämt, dass sie ihm gegenüber so einen erbärmlichen Eindruck machte. Sie wischte sich ihre Augen aus und blickte ihn verblüfft an. »Ich kann die Probe nicht besuchen,« antwortete sie auf die Frage, die Paul gar nicht gestellt hatte. Sie schluchzte erbärmlich. »Es ist der wichtigste Auftritt im Jahr, und ich kann nicht hin.«
Paul wusste nicht, was er sagen sollte. Sie hatte ihm etwas vom einem Auftritt im Kurpark erzählt. Das musste sie wohl meinen. Er wusste, es war falsch, jetzt auch noch danach zu fragen.
Paul sah die Spuren, die die vielen Tränen auf Marias Wange hinterlassen haben. Er griff in seine Hosentasche und reichte Maria ein sauberes Taschentuch. Seine Oma nötigte ihn regelmäßig, sich eines einzustecken. Jetzt war er das erste Mal froh darüber.
Maria setzte sich auf, nahm das Taschentuch dankbar an und wischte sich ihre Tränen weg. Sie flüsterte ein leises ´Danke´. Es war zu sehen, dass sie mit sich kämpfte.
Paul wusste auch nicht, was er sagen sollte. Er spürte zwar, dass Maria Hilfe gebrauchen konnte, doch er wusste nicht, wie. Denn er hatte auch noch gar nicht verstanden, was eigentlich los war. So schwiegen sie sich eine Zeitlang an.
* * *
Maria stand langsam auf und ging zum Schreibtisch. Es war zu spüren, dass es sie große Überwindung kostete. »Laß uns Mathe machen.« Ihre Stimme klang noch ziemlich weinerlich, auch etwas Trotz war dabei. Sie ergriff ihre Schultasche, stellte sie auf den Schreibtisch und nahm ihre Bücher heraus.
Paul ahnte, dass sie ihre Schultasche am liebsten sonst wohin geworfen hätte.
Maria setzte sich auf ihren Stuhl und rollte vor den Tisch. Sie griff nach
einigen Riemen, die an dem Stuhl befestigt waren und schien sich damit an den Stuhl zu schnallen. Jedes mal wenn sie einen Riemenpaar schloss, war zudem ein leises »Klick« zu hören. Paul war mehr als verwundert und er hätte gern nach diesem seltsamen Stuhl gefragt. Doch er wusste um Marias aktuellen Gemütszustand, und so zwang er sich, seine Neugier zu beherrschen. Er nahm sich einen anderen Stuhl und setzte sich neben sie.
Maria war sehr abgelenkt und unkonzentriert. Sie konnte selbst die einfachsten Fragen nicht beantworten.
Paul versuchte zunächst, die Sachen aus dem heutigen Unterricht durchzusprechen. Doch er musste sehr bald einsehen, dass dies im Moment keinen Sinn hatte. Maria schaffte es nicht, sich zu konzentrieren.
Er fühlte sich ziemlich hilflos. Auf der einen Seite drohte die Mathematik-Arbeit in einer Woche. Andererseits wollte er Maria auch nicht bedrängen. Er hatte noch die Worte von Mrs. Potter im Kopf, dass Maria etwas sehr schweres machte.
Doch so unkonzentriert wie sie heute war, hatte es auch keinen Sinn. Dies war Paul klar, doch er wollte Maria auf jeden Fall helfen. Vielleicht half es ihr, wenn sie über ihren Kummer redete. Er rang sich durch, nach ihren Sorgen zu fragen.
»Oma Elisabeth hat heute Geburtstag und ich muss Morgen den Auftritt absagen.« Sie fing wieder an zu weinen.
´Schlechte Frage´, dachte sich Paul. Jetzt verstand er noch weniger. Und ein Weiterfragen verbot sich auch.
Er ergriff die Flucht nach vorn. »Dann lassen wir heute die Nachhilfe ausfallen?«
Doch diese Frage schien Maria aufzurütteln. Sie blickte ihn erstaunt an. »Nein, auf keinen Fall.« Sie schien mit sich selber zu kämpfen. »Ich versuche, mich zu konzentrieren.«
Nach einer kurzen Pause fragte sie von selber nach den Einzelheiten der Aufgabe, die Paul besprechen wollte.
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Herrin_nadine |
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RE: Maria
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Datum:02.01.14 14:57 IP: gespeichert
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Danke für schwere Lesbarkeit der Absätze. Da ist mein LKW mit dem Öl noch nicht angekommen.
dominante grüße von
Herrin Nadine
sucht die nicht vorhandenen igel in der kondomfabrik
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DerFeger |
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RE: Maria
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Datum:02.01.14 19:18 IP: gespeichert
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Hallo gag-coll
ich lese die Geschichten sehr gerne, antworte aber selten. Heute möchte ich eine Ausnahme machen.
Ich hoffe, dass dir der LKW mit Öl von Herrin_nadine nicht die Laune am Schreiben verdriebt.
Ich würde es sehr schade finden, wenn die Geschichte sich in die unendlich lange Reihe der unvollendeten einreihen würde. Wenn der Autor aufgrund der Kritik die Lust verliert.
Wobei ich dies bei einigen Kritiken durch ausverstehen kann.
Daher bitte weiter so.
mfg
DF
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Gummimike |
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 05:29 IP: gespeichert
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Tolle Geschichte wenn auch etwas schwer zu Lesen.
Ausnahmsweise muss ich unserer Absatzfetischistin Nadine Zustimmen, eine Leerzeile bei den Absätzen wär nicht schlecht.
Ich hoffe das Maria doch noch zur Probe und damit zum Auftritt kann. Paul könnte ja die Rolle der Erzieherin Übernehmen und auf Maria Aufpassen und auch den Einschluß übernehmn wenn er von Miss Potter die richtigen Anweisungen erhält.
Ich fände es Praktischer wenn Gleichschließende Schlösser Verwendet würden das Spart ne Menge Zeit immer erst den Passenden Schlüssel zu suchen.
Die Fortsetzung der Geschichte ist dir echt gut gelungen.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von Gummimike am 03.01.14 um 05:31 geändert Don´t Dream it! BE IT!!!
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RE: Maria Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei
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Datum:03.01.14 07:51 IP: gespeichert
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So, ich hoffe, jetzt ist es leichter zu lesen...
Maria
Kapitel 5 - Die Probe - Teil Zwei
Autor: Karl Kollar
Paul spürte, dass Maria sich fühlbar Mühe gab. Doch genauso nahm er ihren Kummer war. Er hätte ihr gern geholfen, doch er wusste nicht wie. Er fühlte sich ziemlich hilflos.
Sie sprachen zunächst noch einmal die Aufgaben aus dem Unterricht durch.
Marias gelegentliches Schluchzen übersah Paul höflich.
Auf einmal waren die resoluten Schritte von Marias Erzieherin auf der Treppe zu hören. Er sah mit Bedauern, wie Maria zusammenzuckte und sich ihr Blick sich in eine Mischung aus Wut und Traurigkeit verwandelte. Trotzdem zeigte Maria keine weitere Regung, als Mrs. Potter in das Arbeitszimmer kam. Wenn man einmal davon absah, dass Pauls Nachhilfeschülerin ihren Kopf gesenkt hatte.
Paul hingegen hatte Mrs. Potter angesehen und ihm war aufgefallen, dass auch sie heute einen etwas bedrückten Eindruck machte. Er wusste allerdings nicht, warum das so war. Ihm fiel auf, dass sie ein großes Schlüsselbund dabei hatte.
Sie wandte sich an Paul. »Was hast Du heute Abend vor?« Es war als höfliche Frage gemeint, doch sie hatte es in einem Ton ausgesprochen, dass Paul das Gefühl hatte, sämtliche Pläne für den Abend sofort über den Haufen werfen zu müssen. Aber er wollte ehrlich bleiben: »Ich wollte noch etwas lernen... Und vielleicht fernsehen...« Warum sie das wissen wollte, das traute er sich nicht zu fragen.
»Hättest Du heute Abend vielleicht Zeit«, ihre Stimme klang jetzt eine Spur freundlicher, »um Maria auf die Probe zu begleiten?«
Kaum hatte sie diese Frage ausgesprochen, als Maria auf einmal ihren Kopf hob und Paul ansah. Innerhalb eines winzigen Moments verschwand alle Traurigkeit aus Marias Gesicht und sie strahlte ihn an. »Ja! Bitte. Das wäre so schön.«
Paul war von ihrem plötzlichen Strahlen total gefangen. Jetzt bekam er kein Wort mehr heraus. Er kämpfte etwas mit sich selbst. Er wollte nicht unhöflich sein, doch er fühlte sich total überrumpelt. »Doch, das geht.« Seine Stimme war fast etwas heiser. Er räusperte sich und seine Stimme klang wieder etwas klarer. »Das kann ich machen.«
»Dann wünsche ich Euch eine schöne Probe.« Marias Erzieherin legte das große Schlüsselbund vor Maria und Paul auf den Schreibtisch. Sie blickte ihren Schützling an. »Du kennst Dich ja mit allem aus.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die keinen Widerspruch zuließ.
Dann drehte sie sich um und ging mit nicht minder resoluten Schritten aus dem Zimmer.
Paul und Maria starrten beide auf das Schlüsselbund.
Durch die Zimmertür waren die resoluten Schritte auf der Treppe noch gut zu hören, dann schon etwas leiser im Flur. Sie hörten die Haustür klappen. Immer leiser klangen ihre Schritte draußen auf dem Kiesweg zur Straße.
Es war still.
Paul und Maria blickten immer noch auf das Schlüsselbund. Langsam hob Paul den Blick in Richtung Maria und flüsterte: »Jetzt ist sie weg.«
Maria war von den Veränderungen völlig überrumpelt. Noch langsamer als Paul hob auch sie ihren Kopf und blickte Paul an. Allmählich begannen auch ihre Augen zu strahlen und ein Lächeln erschien in ihrem Gesicht. »Das ist so schön von Dir, dass Du das machen willst.«
Paul freute sich sehr darüber, dass Maria auf einmal so froh war, dennoch warf er wieder einen verunsicherten Blick auf das Schlüsselbund.
Maria fing diesen Blick auf. Sie ahnte, was ihn bewegte und nahm seine Hand. »Das kriegen wir schon hin.« Sie streichelte seine Hand. »Ich bin ja so froh.«
Paul blickte zuerst auf Marias Hand, dann sah er in ihr Gesicht. »Wann beginnt denn die Probe?« Er versuchte, sich an die neue Situation anzupassen.
Maria begriff langsam, dass sie sich jetzt selbst um sich kümmern musste. Sie begann laut zu denken. »Bis zur Probe haben wir noch knapp zwei Stunden. Dann können wir in Ruhe lernen, noch etwas essen und dann gehen wir los.« sie klang jetzt sehr zuversichtlich.
Sie blickte noch einmal auf die Uhr an der Wand. »Ich muss mich nicht mehr umziehen. Nur noch die Stiefel anziehen.«
Paul hörte fasziniert zu. Aber er erkannte nicht, was diese Worte sonst noch bedeuteten.
»Ich muss das Cape tragen.« Sie zögerte etwas. »Und sonst nur noch meine Tasche mit den Noten. Und die Flöte natürlich.«
Vorsichtig ließ sie Pauls Hand los und nahm das Schlüsselbund zur Hand. Sie schien einen bestimmten Schlüssel zu suchen. »Er ist da.« Sie hatte ihn gefunden und zeigte Peter einen der vielen Schlüssel an dem Bund.
Was sie damit meinte, wusste Paul nicht. Sie spürte seine Neugier. »Du musst mich von diesem Stuhl losmachen.« Als Paul sich anschickte aufzustehen, schob Maria schnell ein »nachher« hinterher.
Sie legte den Bund wieder auf den Tisch und wurde etwas nachdenklich. »Sie hat wirklich alle Schlüssel dagelassen.« Das Wort ´alle´ hatte sie besonders betont.
Paul blickte sie erstaunt an, und für einen Moment glaubte er, in ihren Augen ein ganz besonderes Funkeln zu sehen.
Doch dann schien sie sich zu besinnen. Sie blickte noch einmal auf die Uhr und schien zu überlegen. Schließlich hatte sie sich anscheinend entschieden. »Lass uns noch eine Stunde Mathe machen. Und dann machen wir uns fertig.«
* * *
Jetzt war es an Paul, unkonzentriert zu sein. Er brauchte manchmal etwas länger, um Marias Fragen zu beantworten. Auch tat er sich schwerer, Maria fachliche Zusammenhänge zu erklären. Immer wieder blickte er zu dem großen Schlüsselbund.
Gestern hatte sie ihn wegen des Halskorsetts angelogen. Woher sollte er wissen, dass sie ihm heute die Wahrheit sagen würde?
Er fragte sich, ob Maria ihn hier auch wieder austricksen würde. Diesmal war er ihr ausgeliefert. Dies musste er zu seinem Schrecken erkennen. Es blieb ihm keine andere Wahl, als ihrem Wort blind zu vertrauen.
Aber er freute sich über die Aussicht, sie zur Probe begleiten zu dürfen. Zumal sie anscheinend den ganzen Nachmittag ohne Mrs. Potter verbringen konnten.
Als Maria ihn drauf ansprach, dass er recht unkonzentriert sei, wusste er nichts vernünftiges zu erwidern. Er blickte sorgenvoll auf das Schlüsselbund. Maria bemerkte seinen sorgenvollen Blick und versuchte ihm Mut zu machen. »Das werden wir schon schaffen. Ich weiß ja, was alles erforderlich ist.« Von Pauls eigentlichen Sorgen ahnte sie nichts.
Aber auch sie machte sich ihre Sorgen. Ob Paul ihr bei allem, was für den Probenbesuch erforderlich war, auch wirklich helfen konnte? Maria war ebenfalls ziemlich verunsichert.
Sie drängte ihn dazu, sich doch wieder mehr mit Mathematik zu befassen. Paul musste sich erst einen Ruck geben, dann versuchte er das Schlüsselbund zu ignorieren.
Immerhin war es diesmal sehr viel leichter, weil Maria diesmal ihre Arme frei bewegen konnte. So konnte sie selbst zeichnen, die Rechenaufgaben aufschreiben und den Taschenrechner bedienen.
Allerdings, das war Paul nach einiger Zeit aufgefallen, ganz frei war sie auf dem Stuhl auch nicht. Sie wurde von den Riemen so auf dem Stuhl festgehalten, dass sie zwar ihren Oberkörper frei bewegen konnte, aber der Riemen um ihren Bauch verhinderte, dass sie aufstehen konnte.
Paul nahm es nur noch zur Kenntnis. Wundern tat er sich schon lange nicht mehr drüber.
* * *
Maria blickte auf die Uhr und räkelte sich auf dem Stuhl, dann sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme, dass sie dann langsam aufbrechen müssten.
Paul schaffte es nicht, sein leichtes Erschrecken über diese Ankündigung zu verbergen.
Maria nahm noch einmal seine Hand und versuchte ihn beruhigen. »Wir schaffen das schon.«
Doch das war es nicht, was Paul beschäftigte. Er fürchtete etwas die Verantwortung, die Marias Nähe mit sich brachte. Der Beinahesturz gestern hatte ihm die Folgen von Marias Leichtsinn und ihrer Hilflosigkeit drastisch vor Augen geführt. Er hatte erkannt, welch große Verantwortung er gegenüber Maria trug. Und er wusste immer noch nicht, ob er diese wirklich auf sich nehmen wollte.
* * *
Maria griff zum Schlüsselbund und suchte anscheinend nach einem bestimmten Schlüssel. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie nahm den Schlüssel und reichte ihn Paul. Sie bat ihn, die einzelnen Schlösser der Riemen zu öffnen. Sie waren so angebracht, dass Maria sie selbst nicht erreichen konnte. Paul war fasziniert davon.
Maria konnte sich jetzt von ihrem Stuhl erheben. Sie warf einen Blick in den Spiegel und war beschämt wegen ihres verweinten Gesichts. »Ich bin kurz im Bad.« Mit diesen Worten ließ sie Paul allein im Zimmer zurück.
Sein Blick fiel auf Marias seltsamen Stuhl und er ging zu ihm. Fasziniert bestaunte er das System der Riemen, mit dem Maria auf diesem Stuhl festgehalten wurde.
»Gefällt es Dir?« Maria war wieder in den Raum gekommen und ging auf den Notenständer zu, der am Fenster stand.
Paul zuckte etwas zusammen. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Allerdings hätte er schon gern gewußt, warum sie auf ihrem Stuhl auch festgehalten wurde. Doch dies als Frage zu formulieren, dazu war er nicht mutig genug.
Maria versuchte trotzdem, es ihm zu erklären. »Das ist meine Lernhilfe.« Sie machte vor dem letzten Wort eine Pause, so dass die Ironie recht deutlich wurde. »Sie macht mich erst dann wieder los, wenn ich mit den Hausaufgaben fertig bin.«
Mit ´Sie´ konnte nur Mrs. Potter gemeint sein, dies war Paul klar. Er musste wegen dieser sehr seltsamen Motivationshilfe schlucken.
Maria nahm die Notenblätter vom Ständer und legte sie auf ihren Schreibtisch. Dann begann sie den Notenständer zusammenzulegen. Sie griff sich eine Tasche, die neben dem Schreibtisch stand, und tat Noten, Ständer und einen kleinen schwarzen Koffer hinein. Paul vermutete, dass darin ihre Flöte sei. So etwas ähnliches hatte er schon einmal gesehen.
So nebenbei war ihm auch aufgefallen, dass Maria nicht etwa normale Hausschuhe trug. An ihren Füßen entdeckte Paul eine Art Pantoffeln mit hohen Absätzen. Paul fand das ziemlich seltsam. Gesehen hatte er so etwas noch nicht, aber er erinnerte sich an das, was seine Oma ihm gesagt hatte. Es hing wohl mit dem Tragen von Korsetts zusammen.
Maria schien nachzudenken.
Sie nahm sich das Schlüsselbund vom Schreibtisch und ging durch den Raum zu einer kleinen Garderobe, wo ihr Cape hing. Sie nahm es in die Hand und bat Paul näher zu kommen.
»Ich möchte Dir zeigen, wie Du das Cape aufschließen musst.« Es war ihr recht wichtig, dass Paul das wusste. Sie wollte es ihm nicht erst im Probenraum zeigen, wenn sie zudem in dem Cape eingesperrt sein würde. Sie hielt das Cape im Arm und nahm den Kragenriegel in die eine Hand. In der anderen Hand hatte sie den kleinen Schlüssel, und damit zeigte sie Paul, wie das Schloss zu öffnen war. Sie reichte Paul das Cape und das Schlüsselbund und lächelte ihn an. »Bitte probiere es mal.«
Paul war zwar immer noch verunsichert, doch er nahm das Cape in die Hand und probierte dann mit dem Schlüssel das Öffnen des Kragenverschlusses. Seine Hände zitterten leicht dabei.
Maria war trotzdem mit ihm zufrieden.
So langsam hatte Paul begriffen, dass Maria in diesem Cape wirklich eingesperrt war. Er äußerte dies.
Maria lächelte. »Das ist so gewollt.« Sie nahm es ihm noch mal aus der Hand und zeigte ihm die Armdurchgriffe. »Hier kann ich meine Arme ja noch durchstecken.« Sie grinste. »Aber wenn der Kragen einmal verschlossen ist...« Sie sprach nicht weiter.
Paul musste schlucken.
Sie reichte ihm das Cape wieder hin.
Paul war neugierig und schaute sich das Cape etwas genauer an. Er war erstaunt. »Die Armdurchgriffe lassen sich ja auch noch verschließen.« Er sah Maria verwundert an.
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Neugier und Verwegenheit an. »Ja, aber nur von außen.« Sie machte eine Pause, damit Paul es nachvollziehen konnte. »Wenn ich meine Arme drinnen habe, dann kann ich die nicht mehr aufmachen. Ich komme dann nicht an den Reißverschluss.«
Paul war genauso ehrlich wie spontan. »Seltsam.«
In Marias Stimme klang viel Stolz mit. »Findest Du? Ich habe mir das so gewünscht.«
Es fiel ihm noch etwas auf. »Aber Du kannst Dir doch einfach das Cape nach oben ziehen.«
Sie musste zugeben, dass er recht hatte. »Aber erstens mache ich so etwas nicht, und zweitens« Sie griff an eine bestimmte Stelle vom Cape. »wären hier noch Bänder, um es an meinen Beinen fest zu machen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Aber ich bin brav und brauche die Bänder nicht.« Sie grinste hintergründig.
Paul blickte sie noch verwunderter an. Er sah sich das Cape weiter an. »Hier sind ja auch Innentaschen.«
Er sah, wie Maria leicht rot wurde. »Das sind keine Taschen.« Sie machte eine bedeutsame Pause. »Das sind Ärmel.«
Paul war sprachlos.
Marias Stimme klang auf einmal recht nachdenklich. »Da könnte ich meine Arme hinein stecken.« Sie dachte laut. »Ich habe das noch nie ausprobiert. Es war so gut wie nie Zeit dafür.« Es klang auch ein wenig Bedauern in der Stimme mit.
Paul hatte einen Arm ein wenig in so einen Ärmel gesteckt. »Aber diese Ärmel sind ja festgenäht. Du könntest dann deine Arme gar nicht mehr bewegen.« Er schaute sie ungläubig an.
Ihre Stimme wurde etwas leiser. »Ja, das ist so gewollt.« Sie blickte ihn herausfordernd an.
Paul war noch sehr mißtrauisch. »Aber es ist verboten.« Er hatte es zwar nicht als Frage formuliert, doch es war so gemeint.
Maria hatte ihren Kopf zu Boden gesenkt und schien ernsthaft nachzudenken. Dann blickte sie Paul strahlend an. »Nein, das ist erlaubt.« Sie bemerkte seine Unsicherheit. »Ich habe es bisher nur noch nie gemacht.«
Maria grübelte. Es war zu sehen, dass sie mit sich selber kämpfte. »Doch, das könnte funktionieren.« Sie zögerte. »Ich will nicht schon wieder in den Sack«, murmelte sie vor sich hin.
Paul hatte den Satz trotzdem verstanden. Allerdings hielt ihn ihr in diesem Moment recht trauriges Gesicht davon ab, weiter nach zu fragen.
Andererseits faszinierte ihn der Gedanke, wenn Maria in diesem Cape so hilflos neben ihm gehen würde. Und ein großer Unterschied zu gestern war es auch nicht. Gestern trug sie diesen seltsamen Handschuh, mit dem sie mindestens genauso hilflos war.
Er blickte sie jetzt auffordernd an. »Du möchtest die Ärmel mal ausprobieren?«
Maria strahlte.
* * *
»Wir sollten aber erst noch etwas Essen.« Trotz der großen Vorfreude auf das Kommende versuchte Maria vernünftig zu bleiben und an ihre Regeln und Verbote zu denken. »Lass uns mal in die Küche gehen.«
Paul wusste nicht so recht, ob er widersprechen oder zustimmen sollte.
Widersprechen gebot ihm seine Erziehung, doch sowohl sein Magen als auch sein Herz sagten ihm, dass er lieber nicht ´nein´ sagen sollte.
Maria ging in der Küche zielstrebig auf den Kühlschrank zu und öffnete ihn. Es freute sie, was sie sah, denn es stand da ein großer Teller mit Folie bedeckt, unter der einige belegte Schnittchen zu erkennen waren, und daneben stand ein Schild, auf dem »Laßt es Euch schmecken« stand.
Sie nahm den Teller auf dem Kühlschrank, nahm die Folie ab und stellte ihn auf den Tisch. Dann machte sie ein paar Schranktüren auf, bis sie anscheinend das Gesuchte gefunden hatte. Sie stellte zwei Gläser auf den Tisch. Dann ging sie noch einmal zum Kühlschrank und nahm ein paar ein paar Flaschen heraus und stellte diese ebenfalls auf den Tisch.
Paul stand etwas verlegen neben dem Tisch. Er hätte Maria gern geholfen, doch er kannte sich in der Küche noch schlechter aus.
Sie setzten sich und ließen es sich schmecken.
* * *
Maria blickte auf die Uhr. »So langsam müssen wir uns wirklich auf den Weg machen.« Ich komme ja nicht so schnell voran, dachte sie im Stillen noch dazu.
»Meine Stiefel sind unten.« Sie nahm ihre Tasche und bat Paul, das Cape mitzubringen.
Paul kam ihrer Bitte nach und ging dann langsam hinter ihr her aus dem Raum und in Richtung Treppe. Auf dem Weg nach unten fiel Paul auf der einen Seite auf, wie sehr mühsam für Maria das Treppen hinabsteigen war. Auf der anderen Seite spürte er aber auch ihren unbändigen Willen, gegen ihre Einschränkungen anzukämpfen und sich davon nicht unterkriegen zu lassen. Wobei Paul aber immer noch nicht wusste, was sie so sehr behinderte.
Auf jeden Fall schien Maria den Umgang so sehr gewöhnt zu sein. Es machte ihr überhaupt nichts aus, im Gegenteil, sie strahlte sogar etwas Stolz aus.
Unten angekommen ging sie auf eine kleine Kommode zu und öffnete diese. Sie zog sich ihre Hausschuhe aus und stellte sie an die Stelle der Stiefel im Schrank, die sie heraus nahm.
Paul fiel auf, dass beide ungefähr die selbe Absatzhöhe hatten.
Sie schlüpfte in die Stiefel und zog den langen Reißverschluss zu. Es schienen die Stiefel zu sein, die Maria auch in der Schule trug. Paul glaubte den einen kleinen Kratzer wieder zu erkennen.
Aus einer der Schubladen nahm sie sich wieder ein Schloss und brachte es am oberen Ende des Stiefelschaftes an.
Paul schaute sehr fasziniert zu, wagte jedoch nichts zu fragen.
Maria bemerkte seinen fragenden Blick und hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Das gehört zum Programm. Alles wird kontrolliert.« Sie machte eine Pause. Sie schien nach zu denken. Dann lachte sie. »Heute habe ich ja frei. Da bräuchte ich ja gar nicht.«
Trotzdem nahm sie aus der Schublade ein weiteres Schloss und sperrte sich auch in den zweiten Stiefel ein.
Auf einmal blickte sie Paul besorgt an. »Die Schlüssel hast Du eingesteckt.«
Paul wurde rot. »Nein, die liegen noch auf deinem Schreibtisch.«
Maria musste ihn nicht auffordern. Er reichte ihr das Cape, drehte sich um und lief eilig die Treppe hoch. Er ging in Marias Arbeitszimmer und griff sich das Schlüsselbund. Eine Gänsehaut überkam ihm dabei, denn er ahnte, dass er mit den Bund wohl auch den Schlüssel zu manch einem von Marias Geheimnissen in der Hand hielt.
Maria blickte ihn dankbar an, als er mit den Schlüsseln zurück kam. Mit einem herausfordernden Lächeln reichte sie ihm das Cape. »Hilfst Du mir?«
Im ersten Moment wunderte sich Paul, denn sonst konnte sie sich das Cape ja selbst anziehen. Und wie er ja jetzt wusste, brauchte sie eigentlich nur Hilfe beim Öffnen des Kragenriegels.
Er blickte sie verwundert an. Doch dann fiel ihm ein, dass Maria ja die Ärmel ausprobieren wollte. Allerdings traute er sich nicht, etwas zu sagen. Doch in ihm klangen die Worte von Marias Erzieherin nach. ´Über Verbote nachdenken... Das elfte Gebot...´
Maria spürte seine Unsicherheit und ließ sich davon anstecken. Sie begann laut zu überlegen. »Ich trage das Cape schon sehr lange. Aber die Arme in den Ärmeln hatte ich noch nie.«
Paul versuchte mit zu denken. »Du wärst dann ziemlich hilflos.«
Sie blickte ihn an und strahlte. »Ja.« Dabei wurde sie leicht rot.
Paul versuchte vorsichtig zu bleiben. »Du hast normale Stiefel an und kannst sehen, wo Du hin trittst.«
Maria blickte ihn verliebt an. »Du meinst auch, wir könnten es probieren?«
Paul versuchte, seine letzten Zweifel zu unterdrücken. Er faltete das Cape langsam auseinander und hielt es Maria hin. Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Öffnungen suchte und hinein schlüpfte.
Paul sah dies atemlos und zog das Cape langsam hoch. Marias Arme verschwanden langsam in den Ärmelhüllen.
Er zog ihr den Umhang über die Schultern, dann trat er vor sie und blickte sie fragend an. »Wie gefällt es Dir? Sitzt es gut?«
Maria konnte nur noch flüstern: »Ja, es ist sehr schön.« Sie musste schlucken. »Bitte mach es zu.«
Paul kniete sich kurz vor Maria hin, so dass er den Reißverschluss besser schließen konnte. Er schob ihn langsam hoch und stand dabei wieder auf. Bevor er den Kragenriegel schloss, fasste er noch einmal an seine Tasche, ob die Schlüssel da waren. Er fühlte sie.
Es machte leise »klick« und Marias Augen strahlten. Sie wackelte etwas mit ihren Arme und stöhnte ganz leise dabei. Sie blickte ihn an. »Es fühlt sich toll an.« Sie zeigte ihm, welchen Freiraum sie noch mit ihren Armen hatte. Es war nicht viel.
Sie blickte auf die große Standuhr. »Jetzt müssen wir aber gehen.« Maria ging auf ihre Musiktasche zu und wollte sie wie sonst auch unter dem Cape mit der Hand greifen, als sie beschämt feststellte, dass dies jetzt doch nicht ging. Sie konnte ihre Hand in der engen Hülle nicht genug bewegen. Ein klein wenig ärgerte sie sich. Dies hatte sie doch nicht bedacht.
Paul wusste, dass er bei Marias besonderem Zustand jetzt sehr aufmerksam sein musste, und so entging ihm auch nicht, dass Maria jetzt etwas unsicher auf ihre Tasche blickte. Er ging entschlossen auf sie zu und nahm sich die Tasche. Er legte seinen Arm um Marias Schultern und schob sie sanft in Richtung Tür.
»Laß uns gehen.«
Maria blickte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Dankbarkeit an.
* * *
Die Sonne stand schon tief, als Paul und Maria sich langsam auf den Weg machten. Sie gingen langsam schweigend nebeneinander her. Paul war sehr bemüht, auf seine hilflose Maria gut aufzupassen. Der Weg würde nur eine halbe Stunde dauern, hatte sie ihm gesagt und dabei an sich herunter gesehen.
Paul wusste, was sie damit sagen wollte, auch wenn er nicht wusste, was ihren Schritt so ausbremste. Aber das traute er sich nicht zu fragen.
Es war ihm irgendwie auch klar, dass es der falsche Zeitpunkt war, um Maria nach ihrer Strafe zu fragen, auch wenn es ihn sehr interessierte. Er wollte ihr nicht die Laune verderben. Außerdem erinnerte er sich noch gut daran, wie traurig sie noch vor kurzem war.
Er bedauerte es allerdings, dass Maria jetzt keine »Gehhilfe« brauchte. Sie ging selbständig neben ihm und bis auf die Tatsache, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte, was sie doch ziemlich agil. Paul hätte sie lieber in seiner Umarmung geführt. Aber dies traute er sich nicht, weil er wusste, dass Maria sich dagegen nicht wehren konnte. Und aufzwingen wollte er es ihr nicht.
Auf einmal blieb Maria stehen und Paul sah, dass sie versuchte, ihre Arme zu bewegen. Maria stöhnte leicht. »Ich hätte die Ärmel doch nicht benutzen sollen.«
Paul blickte sie verunsichert und etwas verängstigt an.
Maria blickte Paul an. »Ich müsste mich mal kratzen.« Sie grinste etwas.
Paul war erleichtert und versuchte ihr entgegen zu kommen. »Soll ihr Dir das Cape aufmachen?«
Maria nahm das Angebot dankbar zur Kenntnis. »Nö, laß nur. Aber Du könntest mich an der rechten Schulter kratzen.... jaaa.... danke!« sie ging weiter.
Paul begriff so langsam, wie hilflos Maria in diesem doch so einfachen Cape war. Beide genossen unabhängig voneinander ihre Gefühle.
* * *
Sie waren die ersten im Probenraum.
Paul ließ sich von Maria den Stuhl zeigen, auf dem sie sitzen würde und stellte dort ihre Tasche ab.
Er nahm das Schlüsselbund aus seiner Tasche und ging auf Maria zu. Er grinste.
»Werte Prinzessin, darf ich Euch aus dem Mantel helfen?« Maria blickte ihn zunächst erstaunt an, dann musste auch sie etwas grinsen. Sie stellte sich vor ihn hin und hob etwas den Kopf.
Paul öffnete den Kragenverschluss, so wie er es geübt hatte. Dann zog er den langen Reißverschluss herunter.
Maria versuchte, sich aus den Ärmeln zu befreien, doch zu ihrem eigenen Erstaunen blieb sie in dem Cape gefangen. Ihre Hände hatten in den engen Ärmeln nicht genug Spiel, um es nach unten zu ziehen. Außerdem wurde es noch von ihren Schultern gehalten.
Paul schaute ihr zunächst fasziniert zu, wie sie sich mit ihrem Spazier-»Gefängnis« abmühte.
Anscheinend hatte Maria die Wirkung der Ärmel unterschätzt. Sie drehte sich zu Paul um und ging auf ihn zu. »Die Ärmel sind besser als ich dachte.« Sie lächelte verträumt. »Hilfst Du mir da heraus?«
Paul streifte ihr das Cape von den Schulter und zog es dann nach unten, so dass Maria die Arme heraus nehmen konnte.
»Danke« lächelte Maria. Und es lag ein gewissen Leuchten in ihren Augen.
Maria ging auf ihren Stuhl zu und nahm zunächst den Notenständer heraus. Sie baute ihn auf und legte ihre Notenmappe darauf. Dann packte sie ihre Flöte aus.
Sie sah, dass Paul etwas hilflos mit ihrem Cape in den Händen im Raum stand. Sie zeigte ihm die Garderobe und schlug ihm vor, dass er sich hinten ans Fenster setzen könnte.
Paul kam dieser Bitte gern nach. Er hängte das jetzt so unschuldig wirkende Cape auf und setzte sich auf einen der Stühle am Fenster. Er war erleichtert, denn er hatte Maria sicher zur Probe gebracht. Jetzt erst spürte er, wie müde er doch war.
Maria hatte auf ihrem Stuhl Platz genommen und begann auf ihrer Flöte zu spielen. Paul lauschte den zarten Klängen und ließ sich davon entführen...
* * *
Er schritt langsam den steilen Berg hinauf zur königlichen Burg. Ein Bote hatte eine Einladung in das Schloss gebracht, jedoch wusste er nicht, was die königliche Familie von ihm wollte.
Sein Blick fiel gelegentlich auf die stolze Burg, die langsam näher kam. Schon oft hatte er sich gewünscht, dort einmal hineinschauen zu dürfen. Jetzt trug er fast atemlos die Einladung ihrer Bewohner in der Hand.
Die Wachen am ersten Tor hätten ihn fast wieder davon gejagt. Erst im letzten Moment fiel Paul ein, dass er die Einladung vorzeigen musste. Sofort wurden die Männern freundlicher und begrüßten ihn als einen Gast des Königs.
Auf dem Weg zum zweiten Tor hörte Paul leises Flötenspiel. Er blickte auf zur Burg und sah, dass die liebliche Prinzessin Maria am Fenster saß und auf ihrem Instrument spielte. Sie schien ihn bemerkt zu haben, doch er traute sich nicht, ihr zu zuwinken. Er bewunderte die Prinzessin, doch sie war auch etwas Unnahbares, etwas Heiliges. Außerdem konnte ihn sowohl die Wächter vom ersten als auch vom zweiten Tor sehen und er war bemüht, kein weiteres Aufsehen zu erregen.
Beim zweiten Tor zeigte er gleich seine Einladung vor und die Wächter ließen ihn passieren. Doch für Paul begann jetzt erst das richtige Herzklopfen. Er stand bald darauf vor dem eigentlichen Burgtor. Sehr respektvoll ergriff er den schweren Klopfer und ließ ihn gegen das Tor fallen. Dumpf hallte es durch den Burghof.
Eine kleine Seitenpforte öffnete sich und Paul zeigte sofort seine Einladung vor. Der Kämmerer warf einen kurzen Blick darauf und blickte Paul ernsthaft an. »Ihre Hoheit wartet schon.« Dann bat er ihm zu folgen.
Paul schritt hinter dem Kämmerer her in den Burghof, und nur am Rande nahm er die Musiker wahr, die auf dem kleinen Podest vor der Dürnitz standen und musizierten. Paul konnte nur einen kurzen Blick auf die Personen werfen, doch die kleine Flötistin fiel ihm auf. Er glaubte sie zu kennen.
Er wurde in das Vorzimmer zum Weißen Saal gebeten und angehalten, dort zu warten. Paul kam der Bitte nach und war sehr neugierig, was »Ihre Hoheit« von ihm wollte. Erst jetzt fiel ihm auf, das mit dieser Bezeichnung nicht der König gemeint sein konnte, sondern entweder die Königin oder vielleicht sogar die Prinzessin. Er war sehr gespannt, was wohl von ihm erwartet wurde.
Von draußen klangen noch die Klänge der Musiker durch die offenen Fenster, doch dafür hatte Paul genauso wenig Aufmerksamkeit über wie für den prachtvollen barocken Raumschmuck.
Mrs. Potter kam aus einer Türen und mit einer sehr strengen Miene schalt sie ihn, was ihm denn einfiele, die Prinzessin so lange warten zu lassen. Völlig eingeschüchtert ging Paul hinter ihr her in den großen Weißen Saal.
An der Seite spielten wieder eine kleine Gruppe Musiker, und vorn vor dem großen Spiegel stand die Prinzessin Maria neben einer kleinen Schulbank und einer Tafel. Paul war verwundert und aufgeregt zugleich. Beim Näherkommen sah er, das die Prinzessin ein langes Cape trug. Es kam ihm ziemlich bekannt vor.
Mit einem strengen Blick bat die Prinzessin Paul näher zukommen. Er folgte ihrer Anweisung mit großem Herzklopfen.
»Bitte helft mir aus dem Cape.« Es kam Paul nicht in den Sinn, sich dieser seltsamen Bitte zu widersetzen. Er trat auf die Prinzessin zu, öffnete das Cape und nahm es ihr von den Schultern. Darunter kam ein wunderschönes Kleid zu Tage mit einem sehr reizvollen Dekolleté und einer sehr schmalen Taille.
Und dass die Prinzessin einen zum Kleid passenden Monohandschuh trug, konnte Paul nicht wirklich in Erstaunen versetzen.
Die Prinzessin bedankte sich bei Paul und setzte sich an die Schulbank. Sie lenkte Pauls Blick auf die Tafel, auf der mit Kreide eine Mathematikaufgabe notiert war.
»Könnt ihr mir helfen, diese Aufgabe zu lösen?« die Stimme der Prinzessin klang etwas verärgert. Sie schien sich damit schon länger befasst zu haben.
Paul schaute sich den Text der Aufgabe an: ´Aus dreieinhalb Hektar Getreide lassen sich 20 Brote backen. Welche Fläche wird für 200 Personen gebraucht?´
Paul erkannte sofort, dass sich diese Aufgabe so nicht lösen ließ. Es fehlte doch die Angabe, wie viel Brot eine Person brauchte. Er sagte dies der Prinzessin.
Diese blickte ihn mit einer Mischung aus Enttäuschung und Verwunderung an. »Seht ihr, er kann es auch nicht. Wachen, führt ihn ab.«
Die Musik hatte aufgehört zu spielen und Paul sah mit Erschrecken, wie jemand mit einer schweren Rüstung auf ihn zu kam.
* * *
Im letzten Moment wurde Paul wieder wach und sah, dass einer der Musiker auf ihn zu kam. »Wir gehen jetzt noch ein Gläschen trinken. Du kommst doch mit, oder?«
Paul sah sich verwundert um und dann fiel ihm wieder ein, dass er Maria ja auf die Probe begleitet hatte. Er war beschämt, weil er eingeschlafen war.
Maria war auch zu ihm getreten und blickte ihn lieb an. »Bitte lass uns mitgehen.«
Paul hatte wegen seines Schlafens ein großes schlechtes Gewissen, und die Aussicht, noch länger mit Maria zusammen zu sein, ließ ihn sofort zustimmen.
Auf dem Weg musste er über seinen verrückten Traum nachdenken. Gern hätte er Maria, seiner Prinzessin, davon erzählt, doch dazu hätte er ihr gegenüber zugeben müssen, dass er während ihres Spielens eingeschlafen war.
* * *
Die Gaststube war gleich im Nachbarzimmer. Es wurden zwei Tische zusammengestellt, so dass alle an einem großen Tisch Platz fanden. Paul war erfreut, dass er neben Maria sitzen konnte, denn er kannte sonst keinen aus der Runde.
Der Wirt kam an den Tisch und fragte nach den Getränkewünschen. Paul wollte ein Bier, während Maria sich ein Wasser bestellte.
Der Mann, der ihn gefragt hatte, stand auf und sprach ein paar Worte. Er dankte allen für die Teilnahme an der Extraprobe und begrüßte Paul, der ja extra seine Freizeit geopfert habe.
Maria bedankte sich noch einmal mit einem besonders liebevollen Blick bei ihm.
Direkt an Paul gewandt, stellte sich der Mann als Leiter der Gruppe vor. Er hieß Fritz und saß neben seiner Frau Carla, die die erste Stimme bei den Flöten spielte. Danach stellte er auch die anderen Musiker vor.
Er wünschte allen einen schönen Auftritt Morgen und erinnerte auch noch einmal an das wichtige Katerinenfest, welches dieses Jahr wieder stattfinden würde.
Dann nahm er wieder Platz.
Die Getränke kamen. Sie stießen auf den Auftritt am nächsten Tag an.
Maria war in diesem Moment sehr glücklich, dass Paul sie begleitet hatte. Sie blickte ihn sehr dankbar an und lächelte. Er erwiderte den Gruß.
»Es ist schön, dass Du auch mal mitkommst.« Carla hatte Maria angesehen.
Fritz pflichtete ihr bei. »Ja, das ist sehr schön.« Er blickte zu Paul und dann wieder zu Maria. »Wo hast Du denn Deine Mrs. Potter gelassen?«
Anfangs war Maria über die Geburtstagfeier sehr unglücklich gewesen. Doch jetzt war sie froh, dass stattdessen Paul sie begleiten konnte. »Die musste unbedingt einen Geburtstag feiern.«
Carla grinste. »Paul ist auch eine wesentlich schönere Begleitung für Dich.«
Maria lächelte, und als Antwort nahm sie Pauls Hand und hielt sie fest. »Dabei war ich drauf und dran, alles abzublasen.« Sie überlegte, wie viel sie von sich selbst erzählen wollte. »Aber dann kam Paul, und er hat mich eskortiert.« Vor dem Wort ´eskortiert´ hatte sie eine rätselhafte Pause gemacht.
Paul genoss den Händedruck von Maria sehr und fühlte gleichzeitig auch die Verantwortung, die auf ihm lastete, wenn er die anscheinend oft sehr hilflose Maria begleitete. Er fasste mit der freien Hand an seine Hosentasche. Das dicke Schlüsselbund war noch da.
Carla machte ihr noch ein Kompliment. »Du kommst auch mit den Korsetts immer besser zurecht. Du hast einen sehr schönen Flötenton.«
Maria wurde rot.
Doch die Frau des Leiters ließ nicht nach. »Doch ernsthaft, Du spielst schon fast besser als ich.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Sag es ihr.«
Maria blickte Fritz verwundert an. »Carla und ich haben überlegt, dass Du öfters mal mit Carla die Stimme tauschen könntest.«
Maria war erstaunt. »Aber Carla spielt doch die erste Stimme.« Dann erst begriff sie, was Fritz wirklich gesagt hatte, und sie war erstaunt. »Meint ihr, das schaffe ich?«
Carla lächelte. »Bescheiden wie immer.« Sie streichelte sie zärtlich an der Schulter. »Natürlich kannst Du das.«
Maria fühlte sich sehr geschmeichelt, und die Aussicht auf die erste Stimme freute sie sehr. »Aber auf dem Fest machen wir das noch nicht. Ich muss doch erst mal die Stücke alle üben, und bis dahin ist es gar nicht mehr so lange.«
Fritz ermutigte sie. »Jetzt sind ja bald Ferien. Da hast Du Zeit, Dir die Stücke anzusehen. Und vor dem Fest sagst Du dann noch mal Bescheid.«
Damit war Maria einverstanden.
Jemand wollte von Paul wissen, ob er auch ein Instrument spielte.
»Ich habe mit Blockflöte angefangen.« Paul freute sich, dass er Marias Hand immer noch festhalten konnte. »Ich habe auch mal kurz das Trompetespielen probiert. Doch es wurde mit der Schule zu viel.« Ein wenig Bedauern war in seiner Stimme zu hören.
Carla blickte in die Runde. »Kinder, ich freu mich schon auf das Katerinenfest.«
Karin, die die zweite Tenorflöte spielte, blickte verträumte in die Runde. »Oh ja, das war schön damals.« Ihr Blick hatte etwas verträumtes. »Kerstin war toll als Katerina.«
Carla fiel auf, dass einige in der Runde etwas verständnislos schauten, Paul inbegriffen. »Ach ja, ihr seid ja erst danach dazu gekommen.« Sie schien noch einmal tief Luft zu holen. »Alle sieben Jahre wird bei uns in der Stadt das Katerinenfest gefeiert.« Sie wandte sich an ihren Mann. »Erzähl Du das, Du kennst Dich da besser aus.«
Fritz blickte in die Runde und begann zu erzählen. »Das Fest ist schon sehr alt und es wird alle sieben Jahre gefeiert. Irgendwann im dreizehnten Jahrhundert gab es mal einen Krieg zwischen dem hiesigen Herzog und dem benachbarten Grafen. Der Graf wurde vom Herzog besiegt, und um den Frieden zu sichern, wurde die Grafentochter Katerina als Geisel mit von der Schlacht in die Stadt gebracht. Der Sohn des Herzogs hat sich dann allerdings in die Grafentochter verliebt und schon ein paar Wochen später wurde damals Hochzeit gefeiert.«
Er machte eine bedeutsame Pause. »Zum Ende der Sommerferien wird dieses Fest nachgespielt. Am Freitag Nachmittag ist die siegreiche Heimkehr von der Schlacht. Die Grafentochter wird als Geisel in Ketten in die Stadt gebracht.« Er warf einen Blick auf Karin, die Mutter der letzten Katerina-Darstellerin.
Diese fing den Blick auf und musste lächeln. »Oh ja, das war nicht einfach für Kerstin, die schweren Ketten zu tragen, auf dem ganzen Weg.«
Die Neuen in der Runde blickten etwas verwundert. Fritz versuchte zu erklären. »Ja, das ist das besondere an dem Katerinenfest. Die damalige Katerina war ja eine Geisel, und als solche trug sie die ganze Zeit bis zur Hochzeit immer irgendwelche Fesseln. Und das wird heute immer noch dargestellt. Sogar auf dem Ball, auf dem sie mit dem Herzogssohn getanzt hat, war sie nicht frei. Erst in der Kirche, nach dem »Ja«-Wort.«
Karin war immer noch ziemlich stolz auf ihre Tochter. »Es war nicht einfach für Kerstin, ohne ihre Arme zu tanzen. Aber ich denke, es hat ihr auch Spaß gemacht.«
Carla konnte sich auch gut dran erinnern. »Ja, das war ein schönes Fest. Wie wird es wohl heuer werden?« Sie verzog etwas ihr Gesicht.
Jemand aus der Runde fragte, wer denn dieses Jahr die Katerina spielen würde.
»Na unser aller Party-Luder.« Es lag sehr viel Bedauern und Ärger in Carlas Stimme. »Die liebe Baroness Sophie von Harsumstal.« Es war deutlich zu hören, wie sehr ihr diese Person zuwider war.
Fritz war anzusehen, dass es ihm auch nicht recht war. »Aber da müssen wir durch. Das läßt sich jetzt nicht mehr ändern.« Er beschrieb, dass Sophie schon vor sieben Jahren ausgewählt worden war, und dass ihr Vater, der Baron, deswegen auch den Vorsitz des Festausschusses hatte. Das wurde schon immer so gemacht, und bisher waren die Töchter auch immer brav und artig gewesen. »Aber denken wir nicht an dieses Biest und konzentrieren wir uns lieber auf unsere Auftritte.
Wir werden an dem Wochenende viel zu spielen haben. Bitte vergeßt das Üben nicht.«
* * *
Paul hatte sich seine Jacke schon angezogen und nahm nun Marias Cape vom Haken. Er nahm es am Kragen und hielt es Maria hin. Dabei blickte er sie fragend an, ohne allerdings etwas zu sagen.
Maria stutze erst, als sie seinen Blick bemerkte, dann schien sie den Inhalt der nicht gestellten Frage begriffen zu haben. Sie grinste ihn an und nickte ganz leichte.
Irgendwie war beiden klar, dass Maria wieder die Ärmel benutzen wollte, aber so, dass es die anderen nicht mitbekamen. Paul gab sich große Mühe, das Cape so zu halten, dass Maria mit ihren Händen schnell die inneren Ärmel finden konnte. Zu ihrer beider Freude klappte es sehr gut, und Paul konnte Maria das Cape zu den Schultern hinaufziehen und den Reißverschluss mitsamt dem Kragenriegel schließen. Marias Augen strahlten.
Die anderen Musiker waren das Ritual des Cape-Anziehens von Mrs. Potter her schon gewohnt, und daher schenkten sie auch Paul keine besondere Aufmerksamkeit.
* * *
Der Mond schien ziemlich hell vom Himmel und tauchte die Nacht in ein romantisches Licht. Paul und Maria gingen langsam den Weg zu Marias Haus.
Paul versuchte an ihrer Seite sich an das langsame Tempo anzupassen. Er wurde mutig. »Schade, dass Du den Handschuh nicht trägst.«
Maria blieb verblüfft stehen und blickte ihn mit einem fragenden Gesicht an.
Paul versuchte seine Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen, doch innerlich war er sehr aufgewühlt. »Ich dürfte dann wieder den Arm um Dich legen und Dich führen.«
Ganz langsam glitt ein Lächeln über Marias Gesicht. Sie ging langsam weiter, ohne Paul eine Antwort gegeben zu haben. Doch ihm fiel auf, dass sie auf einmal viel wackeliger auf den Beinen war. Zuerst bekam er einen Schreck und fragte sie, ob denn alles in Ordnung sei. Er schalt sich einen Narren, dass er seinem Wunsch nachgegeben hatte. Er hätte lieber an Marias Schutz denken sollen.
Sie blieb stehen und blickte Paul herausfordernd an. »Ich bin doch etwas unsicher auf den Beinen nach der anstrengenden Probe. Magst Du mich nicht führen?«
Paul legte zärtlich den Arm um Marias Schulter und spürte erfreut, wie sie sich auch etwas an ihn schmiegte.
* * *
Je näher sie dem Tor kamen, desto unruhiger wurde Paul. Es war ihm klar, dass er sich wegen Maria und seiner Begleitung vor Mrs. Potter rechtfertigen musste.
Er war sich zwar sicher, diesmal nichts verbotenes getan zu haben, aber wegen der Cape-Ärmel hatte er irgendwie doch ein schlechtes Gewissen. Andererseits, so versuchte er sich zu beruhigen, schienen sie Maria ja zu gefallen. Und sie hatte ihm extra noch einmal beteuert, dass sie nicht verboten waren.
Vor dem Tor blieben sie stehen und drehten sich zueinander. Maria flüsterte ein leises »Danke für den schönen Abend.«
Paul hielt Maria immer noch in seinem Arm. Es fiel ihm schwer zu antworten, denn er war ganz gefangen von Marias Nähe und gleichzeitig auch ihrer großen Hilflosigkeit, die sie sich selbst so gewünscht hatte. Er brummte so etwas wie ein »Gern geschehen.«
Maria begann sich in seinem Arm zu ihm hin zu drehen und Paul hatte das Gefühl, seinen Arm jetzt wegnehmen zu müssen. Doch als er einen Hauch des Enttäuschens über Marias Gesicht huschen sah, legte er den Arm wieder um sie.
Sie blickte ihn an. Sie schluckte. Dann sprach sie leise. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Du morgen zu dem Konzert zum Zuhören kommen würdest.«
Paul blickte sie und obwohl dies schon fast nicht mehr möglich war, wurde er noch glücklicher. »Sehr gern komme ich morgen mit.«
Er hätte ihr gern ein Kompliment zu der Musik gemacht, doch da er während der Probe eingeschlafen war und Maria gegenüber sehr ehrlich sein wollte, konnte er sich im Moment noch kein Urteil erlauben. Er wäre ohnehin in den Kurpark gegangen, sein schlechtes Gewissen wegen des Einschlafens und des Traumes hatten ihm dies schon geraten.
Maria sprach weiter. »Danke für die Hilfe mit dem Cape.«
Paul erschrak auf einmal. Er hatte erkannt, dass Maria immer noch mit den Armen gefangen war und dass ihre Erzieherin es bemerken würde. Er blickte Maria sorgenvoll an: »Was wird sie bloß dazu sagen?«
Maria erkannte seinen Gedankengang und fühlte tief in sich so etwas wie Trotz. »Ich habe heute meinen freien Tag, da kann ich machen, was ich will.« Sie klang ziemlich gefestigt.
Paul blickte sie erstaunt an. »Du magst es, wenn Du so hilflos bist?«
Zuerst wurde Maria rot und schwieg etwas, dann blickte sie zu ihm auf und lächelte hintergründig. »Wenn Du mich jetzt küssen wolltest, könnte ich Dich nicht dran hindern.«
Paul war schon wieder verblüfft. Zwar war sie ihm ausgewichen auf die Frage nach der Hilflosigkeit, doch dafür hatte sie ihm ein sehr verlockendes Angebot gemacht. Trotzdem war Paul vorsichtig, denn er wollte auf keinen Fall ihre Hilflosigkeit ausnützen.
Er legte langsam und zärtlich beide Arme um sie und zog sie ganz langsam an sich heran. Marias Augen strahlten. Ihre Lippen kamen sich näher.
* * *
Mrs. Potter saß im Wohnzimmer und freute sich über den doch noch gelungenen Tag und auf die Rückkehr ihres Schützlings. Es war das erste Mal, dass sie ihr so viel Freiheit und Vertrauen entgegen brachte, und sie hoffte sehr, dass Maria sich richtig verhalten würde. So wie es im Programm vorgesehen war.
Dabei war es Marias Fehler gewesen, dass es fast ein sehr trauriger Tag geworden wäre, denn sie hatte es wirklich versäumt, etwas von der Extraprobe zu sagen.
Es war sehr gut, dass Paul da gewesen war. Den 90. Geburtstag hatte sie wirklich nicht absagen können, aber es hätte ihr fast das Herz gebrochen, Maria ihren Konzertauftritt verderben zu müssen, auf den sie sich schon so lange freute. Sie hätte es auch sehr unfair gefunden, wenn sie nur wegen des Programms Maria hätte so in die Schranken weisen müssen.
Sie hörte Schritte. Marias Stiefel waren dabei und jemand begleitete sie. Mrs. Potter ging an das Fenster und hoffte sehr, dass es Paul sein würde. Es wäre so schön, wenn Maria in ihm einen Freund finden würde.
Das helle Mondlicht erlaubte es, dass sie Maria und Paul vor dem Tor stehen sah. Voller Freude entdeckte sie, dass die beiden sich gerade küßten. Und auf den zweiten Blick sah es aus, als hätte Maria ihre Arme in den Capeärmeln stecken. Sie freute sich über beides.
Sie zog sich eine Jacke über und ging langsam vor das Haus, um Maria abzuholen. Sie war bis jetzt schon sehr zufrieden mit ihrem Schützling.
* * *
Paul und Maria blickten sich völlig verliebt in die Augen, als auf einmal die Schritte von Mrs. Potter zu hören waren. Paul nahm aus seiner Verliebtheit heraus den Mut, sich nicht von Maria zu lösen. Er wollte ihr zeigen, dass er zu Maria stand.
»Na, hattet ihr einen schönen Abend? Und wie war die Probe?« Mrs.Potter hatte sich extra Mühe gegeben, ihre Stimme möglichst freundlich klingen zu lassen.
Maria faßte sich als erstes. Sie blickte ihre Erzieherin erstaunt an. Sie stotterte trotzdem etwas. »Es... Es war sehr schön.« Es schien, als erwache sie gerade aus einem schönen Traum. »Ich darf bald die erste Stimme spielen.«
Mrs. Potter zeigte ehrliche Freude an der schönen Nachricht. Auch sie lobte Maria noch einmal für ihr schönes Flötenspiel.
»Seit ihr mit dem Cape und den Schlüsseln klargekommen?« Die Frage war mehr an Paul gerichtet und trotzdem zuckten beide bei dem Wort ´Cape´ etwas zusammen.
Paul war zunächst nicht zu einer Antwort fähig. Er griff in seine Hosentasche und nahm zitternd das Schlüsselbund heraus. Er reichte es Mrs. Potter. »Es... Es...« Er stotterte noch mehr als Maria. »Es hat alles gut geklappt.«
Das schlechte Gewissen wegen der Cape-Ärmel war beiden auf die Stirn geschrieben.
Mrs. Potter war der Meinung, dass die beiden jetzt genug gelitten hatten. Sie wollten ihnen ein Zeichen geben. »Lassen sich die Ärmel gut tragen?« fragte sie mit ruhiger Stimme und blickte Maria dabei wohlwollend an.
Maria blickte sie völlig verwirrt an. »Aber wieso... Ich meine...«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Mund blieb offen stehen.
Die Stimme ihrer Erzieherin wurde noch etwas weicher. »Du hast heute Deinen freien Tag. Genieße es.«
Maria machte ihren Mund langsam wieder zu und nur langsam begriff sie, was ihre Erzieherin gerade gesagt hatte.
Diese blickte Maria noch einmal ermutigend an. »Du möchtest Paul vielleicht noch einen schönen Abschiedskuß geben, dann komm bitte ins Haus.« Sie drehte sich um und ließ die beiden total erstaunt und verwundert vor dem Tor stehen.
* * *
Maria kam sehr glücklich aus dem Bad und sah, dass ihre Erzieherin schon ihr Bett für die Nacht zurecht gemacht hatte. Auf dem Tisch, auf dem sich manchmal ganze Berge von Leder und Gummi häuften, lagen nur die beiden strengen Armkorsetts, die sie diese Nacht tragen würde, sowie das kleine Taillenkorsett.
Leise Musik war zu hören. Maria erkannte, dass es eines ihrer Lieblingsalben war. Sie überlegte. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten. Sollte der Tag wirklich so schön enden?
Und richtig, auf dem Nachttisch sah Maria etwas beschämt ihren Lieblingsvibrator liegen sowie ein extra Paket mit Batterien.
Auf dem Regal an der Wand sowie auf dem Nachttisch brannten ein paar Kerzen und tauchten den Raum in ein sehr warmes Licht.
Von draußen warf auch der Mond noch einen Gruß ins Zimmer, als wollte er Maria bei dieser schönen Nacht extra begleiten.
Leise schwebte die Musik im Raum.
Maria setzte sich auf das Bett und blickte ihre Erzieherin mit einer Mischung aus Glück und Verwunderung an. Sagen konnte sie in diesem Moment nichts.
Mrs. Potter blickte sie liebevoll an und streichelte ihr zärtlich über die Haare. Mit leiser geheimnisvoller Stimme sagte sie: »Ich komme dann in einer Stunde wieder, um Dir die Armkorsetts anzulegen. Aber sag Deiner Mutter nichts davon.«
Maria wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie hätte wohl aber auch kein Wort heraus bekommen.
Ihre Erzieherin blickte Maria noch einmal ermutigend an, dann ging sie langsam und leise hinaus.
Maria legte sich auf das Bett und schloß die Augen. Sie dachte an Paul und seine schönen Küsse. Dabei begann sie sich langsam und zärtlich zu streicheln.
Die Musik schwebte zauberhaft im Raum und das Kerzenlicht warf einen warmen Schimmer auf das Bett.
Zärtlich berührte sie ihren Körper und stellte sich dabei vor, es wäre Paul, der sie liebkoste.
In Gedanken ging sie die schöne Zeit an Pauls Seite noch einmal durch, und nur sehr langsam strichen ihre Hände dabei über ihren Körper.
Nach einiger Zeit griff sie langsam zum Nachttisch und nahm sich den vertrauten Vibrator in die Hand, ohne dabei die Augen aufzumachen.
Ein bekanntes leises Brummen mischte sich sanft mit der Musik. Langsam führte sie ihre Hand nach unten. In Gedanken spürte sie, wie ihre Arme von dem Handschuh umfaßt waren. Paul hatte sie darin so schön eingeschnürt. Und die Ärmel in dem Cape, bei denen Paul ihr geholfen hatte.
Paul...
Verträumt dachte sie an die zärtliche Umarmung und an die schönen Küsse.
* * *
»Na so wie Du strahlst, hast Du sie bestimmt geküßt.« Pauls Oma musste ihren Enkel nur einmal kurz ansehen.
Paul war verblüfft. Er wusste nicht, was er sagen sollte. So viel neues und seltsames war heute auf ihn eingeströmt.
»Das ist doch in Ordnung.« Sie wollte ihm Mut machen. »Ich freue mich für Dich.«
»Zuerst war Maria total traurig, weil sie nicht auf die Probe durfte.« Paul begann ihr vom Tag zu erzählen. »Aber dann hatte Mrs. Potter die Idee, dass ich sie begleiten könnte.«
Selma spürte, dass ihren Enkel noch etwas bedrückte. »Du hattest Angst, dass sie dich wieder zu etwas verbotenem überredet.«
»Es war das Cape, welches sie immer trägt.« Er erzählte ihr von dem seltsamen Verschluß und von den inneren Ärmeln, die Maria so unerwartet hilflos machten. Und davon, wie ihre Erzieherin am Schluß reagierte.
»Ich habe Dir doch gesagt, dass sie in Ordnung ist.«
Paul fiel ein, dass er seiner Oma auch von dem seltsamen Traum erzählen konnte. »Ich habe mich nicht getraut, es Maria zu erzählen, denn dann hätte ich ja zugeben müssen, dass ich während ihrer Probe eingeschlafen bin.«
»So so, Du konntest also die Matheaufgabe nicht lösen.« Sie musste lächeln. Sie kannte ihren Enkel gut genug um zu wissen, dass ihn so etwas schon sehr ärgerte.
Paul wollte sich rechtfertigen. »Da hat doch eine Angabe gefehlt.«
Oma Selma dachte einen Moment nach. Dann lächelte sie. »Der Traum wollte Dir etwas ganz anderes sagen.«
Paul blickte seine Oma erstaunt an.
»Wenn Du mit Maria zusammen bist, dann höre nicht auf Deinen Kopf, sondern folge Deinem Herzen.« Sie machte ein kleine Pause. »Tue, was Dein Gespür Dir sagt und sei sehr aufmerksam. Dann wirst Du erkennen, was nötig ist, damit ihr glücklich werdet!«
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Joern |
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Stamm-Gast
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 07:53 IP: gespeichert
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Hallo gag-col,
auch ich möchte mich an dieser Stelle von Herzen für diese schaurig schöne Geschichte bedanken. Laß dir den Spaß am Schreiben nicht von Leuten verderben, die hier selber noch nie eine eigene Geschichte veröffentlicht haben. Ich habe auch vor geraumer Zeit mal eine unvollendete Geschichte angefangen weiterzuspinnen. Leider kome ich nur selten dazu daran weiterzuschreiben. Bei mir ist es allerdings der männliche Part einer sich entwickelnden Beziehung, welcher in den "Genuß" einer strengen Behandlung kommt und ich selber noch am Überlegen bin, wie weit ich da seine neue Freundin mit einbeziehe. Ich vermute ja, daß Paul in deiner Geschichte bald schon in Marias Training einbezogen wird. Er durfte ihr ja schon den Monohandschuh und sogar das Halskorsett anlegen und seine Reaktion darauf war ja äußerst vielversprechend. Und es gibt ja noch jede Menge Fragen, die nicht nur ihm derzeit durch den Kopf zu gehen scheinen: Wwieso kann Maria nicht allein zur Toilette? Ob das wohl etwas mit ihrer im Telefonat erwähnten "Netten Unterwäsche" zu tun hat? Wie wurde Maria bestraft? Ob wohl Paul in ferner Zukunft selbst in die Verlegenheit kommen wird Maria derart unter Strafe zu stellen? Fragen über Fragen...
Viele Dank nochmals und viel Spaß beim Weiterschreiben
Joern
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Story-Writer
München
Beiträge: 631
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 07:55 IP: gespeichert
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Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte?
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Stamm-Gast
N R W
Alles was im Einvernehmen passiert , ist Normal
Beiträge: 519
Geschlecht: User ist offline
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 10:11 IP: gespeichert
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Zitat | Ich würde auch gern in den anderen Kapiteln Absätze einfügen, aber mir wird gesagt, dass ich keine Beiträge editieren darf. Weiß jemand, was ich da tun müßte? |
Du müsstest eine Anfrage bei den Admins machen .
Doch warum ? Schreibe so weiter wie es dir am angenehmsten ist und
erfreue uns Nichtnörgler mit deiner Geschichte . Ich rede den Autoren
nicht gerne rein vom Stil her ist es auch bei deiner Geschichte genau das
was ich mag , leiser BDSM-stil wie auch bei Janet_ro .
Wenn es deine Geschichte nicht zusehr stört lasse Paul doch an einem
Wochenende spühren wie hilflos Maria ist und wie sehr sie ihm vertraut .
An sonsten danke und lasse uns nicht zulange auf weiteres warten .
. 95 % der Literatur sind Kopfkino selbst die Bibel denn keiner der Schreiber war dabei
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Joern |
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Stamm-Gast
Beiträge: 183
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 12:20 IP: gespeichert
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Vielen Dank für die weitere tolle Fortsetzung. Ich hatte ja insgeheim schon darauf gehofft, daß Mrs. Potter Paul mit Marias Beaufsichtigung betrauen würde. Auch die neuen Dimensionen von Marias Hilflosigkeit mit den Innenärmeln des Capes finde ich toll. Was wird Maria wohl Samstagnacht erwarten? Da kamen ja schon gewisse Andeutungen daß diese Nacht sogar noch strenger als die bereits beschriebene Gumminacht ausfallen wird. Paul ist ja sehr gelehrig und aufgeschlossen und ich frage mich, wann er wohl das erste Mal dabei sein wird, wenn Maria zu Bett gebracht wird. Auch Marias Toilettengänge sind ja noch immer ein Rätsel - nicht nur für Paul... Schön, daß du uns zeitweise so auf die Folter spannst und das Kopfkino so richtig in Fahrt bringst.
LG Jörn
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Gummimike |
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Sklave
Lehrte
Immer Elastisch bleiben.Gummi find ich gut!
Beiträge: 4222
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RE: Maria
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Datum:03.01.14 19:04 IP: gespeichert
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Was das Ändern deiner Beiträge Angeht schreib Johni an der kann die Berechtigung Ändern.
Hachja Wunderschöne Fortsetzung und ein Großer Vertrauensbeweis für Maria und Paul das Mrs Potter Alle Schlüssel dagelassen hat.
Da hat Maria einen schönen Abend nach der Strafnacht. Was die Liebe doch so alles Anstellt mit 2 Menschen. Paul wird hoffentlich bald mehr in Marias Training mit Eingebunden werden aber ich hoffe das er seine Schüchternheit noch eine Weile behält. Don´t Dream it! BE IT!!!
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Fachmann
Beiträge: 57
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RE: Maria
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Datum:04.01.14 05:31 IP: gespeichert
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Lieber Gag_coll,
Ich lese hier schon seit dem ich fünfzehn bin mit und habe in dieser Zeit sehr viele und zum Teil sehr gute Geschichten gelesen. Aber noch keine hat mich derart mitgerissen wie diese! Aus diesem Grund hier mein erster Beitrag zu einer Geschichte
Ich fände es extrem schade würdest du aufhören... Lass diese Geschichte bitte noch lange wachsen! Es steckt so viel Potential dahinter und es hat so schön und fantastisch angefangen!
Liebe Grüße
Black
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