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  Agonie (Fortsetzung von "Frust")
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Keuschling Volljährigkeit geprüft
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um Ulm herum...


zur Sicherheit besser verschlossen, zur Zeit im Neosteel TV-Masterpiece...

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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:12.02.13 00:40 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela20,

wieder einmal eine hervorragende Fortsetzung, vielen Dank Dir dafür.

Momentan ist mir allerdings unklar, ob nicht vielleicht diese Fortsetzung dafür verantwortlich ist, daß der derzeitige noch-Papst heute, einen Tag nach der Veröffentlichung Deiner Fortsetzung, seine Abdankung ankündigt, gegen jede Tradition. Und wenn man seinen Lebenslauf auf wikipedia liest, wird klar, daß hier auch nicht alles so wünschenswert gelaufen zu sein scheint. Ob er es selbst dabei so wollte, bleibt dabei offen - zumindest könnte man ihm eine Vernachlässigung von Sorgfaltspflichten vorwerfen, wo er doch so penibel mit anderen Themenkreisen umgeht - aber ich will hier jetzt keine off-topic Diskussion damit eröffnen.

Mißbrauch, das ist das Haupt-Thema dieses Teils aus meiner Sicht. Das Begehen genauso schlimm wie das Zulassen oder Wegsehen. Bei Monika genauso wie bei Klaus. Und schlimmer noch, wenn man dann Lügen gebraucht, um die Täter zu decken, ihnen von höherer Stelle Vertrauen zuspricht, um es möglichen Helfern nur noch schwerer zu machen, indem man sie vollkommen entmutigt, ihnen jede Grundlage für einen aussichtsreichen Protest zu nehmen versucht. Ich finde es großartig, wie Du dieses schwierige Thema hier behandelst, insbesondere darüber, was es aus einem Mißbrauchs-Opfer eben machen kann, oder dessen Umfeld. Und letzteres ist mir leider aus sehr persönlicher Erfahrung nicht unbekannt, daß solch eine Tat eben auch als Spätfolge andere übelst belasten und verletzen kann.

Tja, was hätte Oma Meisner tun können? Sie hätte Klaus aus diesem Umfeld entfernen können, so schwierig das vielleicht gewesen wäre. Aber das tat sie nicht, warum auch immer. Zumindest hat sie diese Briefe aufbewahrt, weil sie wichtig waren und sind, und ich hoffe sehr, daß sie Klaus nun helfen. Ungeschehen wird man die Taten dadurch nicht machen können. Aber vielleicht eine Perspektive finden, das wäre doch schon mal was, um endlich davon zumindest etwas loszukommen. Und aus meiner Sicht liegt sie falsch damit anzunehmen, daß es "damals" keinen Mißbrauch gab - nur wurde der dann eben viel effizienter vertuscht.

Sehr interessant finde ich den Traum von Klaus, zusammen mit Lyn auf der Titanic, aber in vertauschten Rollen zum Film. Ist es am Ende etwa Lyn, die am Ufer der Isar gefunden wurde Ganz so, wie Klaus sie in die kalten Tiefen des Atlantik im Traum absacken sah? Nur noch eine von vielen Möglichkeiten und Hypothesen... Und wir werden wohl noch einige Sonntage warten müssen, jedes Mal mit einer weiteren, tollen Fortsetzung von Dir, um das zu erfahren. Ich jedenfalls bin schon ganz gespannt auf den kommenden Teil, nächsten Sonntag. Eine tolle Woche Dir, Daniela!

Keusche Grüße
Keuschling
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noerdlich von Regensburg




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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:12.02.13 19:26 IP: gespeichert Moderator melden


Vielen Dank für die Fortsetzung!

Das mit Schlüssel ist schon eine fiese Sache, so kurz davor und dann doch nicht nah genug.. Das muss ich mir auf jeden Fall merken, kann man bestimmt mal sinnvoll anwenden.
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Daniela 20
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:17.02.13 22:00 IP: gespeichert Moderator melden


Ist es wirklich schon Mitte Februar?? Schade, denn das bedeutet, dass unsere Geschichte bald zu Ende ist! Für heute aber verspreche ich erst einmal eine Menge guter Spannung. Und allen, die geschrieben haben, wie immer ein großes Dankeschön!!

Eine gute Woche wünscht Euch Eure Daniela

PS: Gestern wurde bei der Berlinale der ´Goldene Bär´ vergeben. Ich frage mich gerade, ob ich wohl einmal den Goldenen Keuschheitsgürtel für meine München-Trilogie bekomme?
---

Frau Meisner stand in der Küche. Zum ersten Mal seit Wochen lief der frisch duftende Kaffee wieder durch den Filter, sie goss noch einmal etwas Wasser auf, es war einfach nur schön, wieder zu Hause zu sein. Auch wenn sie an der Zeit im Spital nichts auszusetzen hatte, aber es gibt halt nichts, was für das menschliche Wohl erträglicher ist, als das Gefühl, wieder in den eigenen vier Wänden zu sein.
Es ging ihr gut. Körperlich war sie wieder in guter Verfassung. Alles war bestens auskuriert, sie kam die Treppen hoch und wieder runter, konnte sich um ihr eigenes Essen kümmern, was wollte sie mehr.
Seelisch ging es ihr nicht ganz so gut. Die Szene, die sie gestern mit Klaus gehabt hatte, hatte ihr weh getan. Diese verfluchten Briefe! Warum nur hatte sie sie nicht längst schon vernichtet? Im Grunde genommen hätte es doch gereicht, wenn sie nur jenes Schreiben aufbewahrt hätte, das ihr schlussendlich so sehr von Nutzen gewesen war. Nun ja, manchmal macht man halt Fehler. Manchmal Fehler, die sich korrigieren lassen, manchmal Fehler, die einen an den Rand des Abgrunds drücken.

Sie setzte sich an den Küchentisch. Ein Blümchen, das Klaus ihr gestern noch zur Heimkehr geschenkt hatte, verbreitete angenehmen Duft. Und heute? Würde er heute auch noch mit Blumen kommen, wo er wusste, dass sie ihn jahrelang hintergangen hatte? Aber, hatte sie das überhaupt? Wohl eher nicht. Nein, sie hatte ihren Neffen ja nicht hintergangen, hatte ihn ja weder betrogen noch irgendwie ausgenutzt. Ihr einziger Fehler hatte darin bestanden, etwas nicht weiterzumelden, von dem sie erfahren hatte. Falls es überhaupt stimmte. Eigentlich hatte sie von jeher dazu tendiert, Thomas´ schwerwiegende Anklage eher, so wie der Sekretär des Bischofs auch schon, in das Phantasiereich eines pubertierenden Jugendlichen einzuordnen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass irgendetwas an diesen Vorwürfen wahr sein konnte.

Und da war noch ein weiteres Problem. Klaus selber hatte nie etwas gesagt. Hatte nie ein Sterbenswörtchen geäußert, dass er Probleme an der Schule hatte. Es mochte also alles nur ein Gerücht sein. Und wie schlimm es war, wenn Leute durch Gerüchte allein fertig gemacht, zerstört wurden, hatte sie schon als Kind erlebt. Das Denunziantentum hatte in ihrer bayrischen Heimat immer beste Bedingungen gehabt. Sie erinnerte sich dunkel, wie ein Nachbar von Männern in langen, dunklen Mänteln abgeholt wurde, nur weil er einmal - angeblich! - Zweifel am ´Endsieg´ geäußert hatte! Irgendjemand hatte berichtet, er hätte es gehört, dass der Bauer gesagt habe, es sei wohl nicht mehr lang bis zum End. So munkelte man hinter vorgehaltener Hand. Wer Anzeige erstattete, war nie herausgekommen.
Und die Nachkriegszeit war auch nicht viel besser gewesen. Es gab in Passau genug Leute, die, mit zweifelhaften Persilscheinen ausgestattet, schon wieder zu Rang und Namen gekommen waren. Und wieder gab es jene, die es als ihre Pflicht ansahen, Leute ins Gerede zu bringen, diese als Altnazis anzuschwärzen, oft auch nur, um unliebsame Geschäftskonkurrenten aus dem Weg zu räumen.

So war sie nicht. Schon als junge Frau hatte sie erkannt, dass sie sich lieber aus allem raushalten sollte. Zeige nie mit dem Finger auf andere, denn drei Finger deiner Hand zeigen immer auf dich zurück! Das war ihre simple Lebensweisheit gewesen, danach hatte sie sich gerichtet, damit war sie immer gut gefahren. Und es war klar, dass sie nie diejenige gewesen war, die die Kraft hatte, sich mit der Kirche anzulegen.

Das Zuschlagen der Haustür riss sie aus ihren Gedanken. Nanu? Annegret blickte auf ihre Wanduhr. Viertel nach neun. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Bub schon so früh kommen würde. Eigentlich hatte sie heute gar nicht mehr mit ihm gerechnet.
"Bub!?" Gerade noch rechtzeitig fiel ihr ein, dass er auf diese Anrede womöglich nicht reagieren würde. "Klaus?? Klaus, bist du es?" Als wieder keine Antwort kam, wurde ihr doch leicht mulmig zumute. Quatsch, dachte sie sich, es kann ja nur Klaus sein. Nur er hatte einen Schlüssel. Aber war er zu Fuß gekommen? Sie hatte seinen lächerlichen Roller gar nicht gehört. "Klaus? Kommst schon so früh heute?" Sie hörte Schritte, die sich der Küche näherten. War er immer noch sauer, wegen gestern??
Sie erschrak, als sie ihn in der Küchentür sah. Einen Moment nur, dann lachte sie leise. "Ist schon wieder Fasching, Klaus?"

Sie hatte sich vorgenommen, sich nicht provozieren zu lassen. Trotzdem huschte ein leichter Schatten über ihr Gesicht. Verärgert strich sie eine Locke der Perücke aus ihrem Gesicht. "Barbara, Oma. Kapier das mal endlich!"

"Nur weil du in dem Fummel da rumrennst? Schämst du dich eigentlich nicht?"

Barbara holte sich eine Tasse aus dem Küchenschrank, setzte sich an den Tisch und goss sich ein. Bedächtig rührte sie ihren Kaffe um. Seltsam war, dass Barbara ihren Kaffee mit Zucker trank; Klaus mocht ihn lieber schwarz.
"Nein." Sie trank einen Schluck, setzte die Tasse ab, behielt sie aber in der Hand. "Nein, Oma, ich schäme mich nicht. Wessen sollte ich mich schämen? Was man mir angetan hat?"

Seine Großmutter nahm den Faden nicht auf. "Aber du bist doch ein Junge..."

Barbara schüttelte den Kopf. "Ich war ein Junge. Bis zu meinem zehnten Lebensjahr ... bis ich es nicht mehr aushalten konnte."

"Aber ... sagtest du nicht, dass dieser Pater... - wie hieß er doch gleich?"

"Ruprecht. Pater Ruprecht."

"...dass dieser Pater Ruprecht die Schule bald danach verlassen hatte?" Sie klammerte sich an den letzten Grashalm, der ihr noch geblieben war.

Barbara lachte auf, es klang hysterisch genug, ihr das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. "Oma, du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass das Problem, wie ich es mal vorsichtig benennen will, damit aus der Welt geschafft ist, dass man der Hydra einen Kopf abschlägt, oder?"

Annegret brauchte ihren Neffen nicht nach weiteren Einzelheiten zu fragen. Ein Blick in seine Augen erzählte alles. "Es gab noch weitere...?"

Barbara ließ den Kopf hängen. "Es kamen andere. Ich war schließlich mehrere Jahre auf dieser Schule, falls du das vergessen hast..." Sie schüttelte sich, fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. "Oma, ich will nicht darüber sprechen. Und ich glaube, du verstehst es auch nicht, oder du willst es nicht verstehen. Es ist das System. Ein System, das von seinem Grundgedanken her Schwache und Kranke anzieht. Und eben auch solche, die sich nur dann stark fühlen, wenn sie sich an noch schwächeren vergehen können. Kindern zum Beispiel." Sie stöhnte hörbar auf. "Weißt du, es ist zwar schon Jahre her, aber es tut immer noch weh." Sie stand auf, suchte nach etwas Essbarem im Küchenschrank, fand eine Tafel Schokolade, und setzte sich wieder. "Oma, ich bin gekommen, weil ich etwas wissen will."

"Was denn, K... - Barbara?" Es fiel ihr schwer, diesen Namen auszusprechen.

Barbara stand auf, bat sie, einen Moment zu warten, ging hinaus und kam nach wenigen Augenblicken mit dem Schreiben wieder zurück, das die Oma am Vortag wieder auf ihren Schreibtisch gelegt hatte. "Dieses Schreiben hier... warum war es nicht mit den anderen zusammen in der Dose? Und warum hattest du es auf deinem Schreibtisch liegen? Hast du es ... hast du es irgendwie zu irgendetwas benutzt? Vielleicht vor gar nicht mal so langer Zeit?"

Ein nervöses Blinzeln der Großmutter bestätigte Barbara, dass sie richtig vermutet hatte. Sie las sich den Text noch einmal genau durch, verstand aber immer noch nicht, was an diesem Schreiben so wichtig sein konnte. "Wozu hast du es benutzt, Oma? Oder wozu wolltest du es benutzen? Es ist Zeit, das Schweigen zu brechen!"

Die alte Frau saß wie versteinert auf ihrem Stuhl. Von gemütlichem Frühstück konnte keine Rede mehr sein. Es ärgerte sie, dass diese ´Frau´ ihr jetzt das Messer auf die Brust gesetzt hatte. Wer gab ´ihr´ denn das Recht, darüber zu bestimmen, wann welche Zeit abgelaufen war? Wenn ´Barbara´ es nicht selber sah, warum sollte sie ´sie´ dann mit der Nase darauf stoßen?
Aber sie kapierte, dass es wirklich vorbei war. Alles war vorbei. Wahrscheinlich würde sich gleich ihr gesamtes Leben ändern, diesmal wohl zum letzten Mal.
"Die Unterschrift, Klaus. Du kennst ihn..."

Barbara reagierte nicht darauf, dass sie sie bei ihrem männlichen Namen nannte. Noch einmal las sie den Namen desjenigen, der das Schreiben seinerseits abgefasst und unterzeichnet hat - alles im Namen des Bischofs. A. Flemming. "Ich kenne ihn??"

Sie nickte, müde und gealtert. "Andreas Flemming. Ja..."

"Andreas Flemming? Doch nicht etwa...?" Barbara wurde blass. "Pastor Flemming Unser Pastor hier? Das glaub ich jetzt nicht. Der alte Knacker?"

"Ja." Sie war zu erschöpft, auf dieses Wort zu reagieren. "Ja, Pastor Flemming. Er kam vor ungefähr fünf Jahren in unsere Gemeinde. Er war schon recht alt, ja, das stimmt, aber wohl noch nicht alt genug, um schon in Rente zu gehen. Man hatte ihn gebeten, hier noch einmal die Leitung der Gemeinde zu übernehmen. Du weißt schon, der Priestermangel..."

"Da gibt es bestimmt genug Frauen, die gern ordiniert werden möchten!"

"Ach Bub..." Sie war so müde. Diese ewigen Diskussionen. Das ewige Anzweifeln. Ihre Schwester damals, jetzt der Junge. Alles war aus dem Lot geraten. "Das würde auch nichts nützen. Oder glaubst du, die Aufhebung des Zölibats würde das wiederherstellen, was einmal gewesen ist?"

Barbara lachte höhnisch auf. "Hoffentlich nicht! Aber ich glaube, der Zug ist längst abgefahren."

"Und jetzt? Was habt ihr jungen Leute denn jetzt, wo der Zug abgefahren ist? Weißt du, wir hatten früher die Kirche. Wir konnten mit unserem Pfarrer oder Pastor sprechen. Wir wussten von seinem Schweigegelübde. Und der Zölibat hatte durchaus seine Vorteile... für uns Frauen."

"Für die Frauen?" Barbara sagte nicht, für uns Frauen, wie die Oma bemerkte. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.

"Ja. Psychologen konnten wir uns damals nicht leisten. Aber jede Frau konnte mit ihrem Geistlichen sprechen, ein offenes Wort führen, bevor es überhaupt so weit kam, dass man irgendwie in Behandlung musste. Und für viele Frauen war dieser Kontakt die einzige Möglichkeit, einmal den Ratschlag eines anderen Mannes einzuholen, ohne dass der Ehemann daheim vor lauter Eifersucht gleich alles zu Kleinholz schlug. Er wusste ja, dass der Geistliche keine Komkurrenz für ihn war. Wo geht ihr denn heute hin, wenn ihr mal Probleme habt?"

Die unerwartete Diskussion verunsicherte sie. Barbara war nicht hergekommen, mit der Oma soziologische Diskussionen zu führen. Aber eine Frage verlangte eine Antwort, das hatte sie so gelernt. "Was wir jetzt haben?? Tja, das Internet, Facebook vielleicht. Ich weiß nicht. Da gibt es genug Freunde, denen wir unsere kleinen Wehwehchen klagen können."

Facebook, ja, davon hatte sie gelesen, als sie noch im Spital war. Sie schüttelte nur den Kopf, ihre Welt war das nicht. "Ja, ich hab davon gelesen. Ihr teilt alles mit aller Welt, mit Leuten, die ihr größtenteils nie getroffen habt. Und sitzt doch allein in eurem Kämmerlein."

"Oma, das ist halt heutzutage so. Du kapierst das nicht." Sie überlegte, ob sie hinzufügen sollte, dass sie selber die antiquierte Einstellung der Großmutter ebenso wenig verstand, verzichtete aber. "Is´ auch egal. Aber das hier," sie wedelte mit dem Schreiben, "was hast du damit gemacht? Hast du es dem Pastor unter die Nase gehalten?"

Eine volle Breitseite. Barbara wusste sofort, dass sie die Großmutter schwer getroffen hatte. Und dann verstand sie endlich, was geschehen war. "Du hast ihn erpresst, Oma?? Oh mein Gott!" Sie wich zurück, sprang auf, warf ihren Stuhl um, ließ ihn liegen, stellte sich mit dem Rücken zur Oma an das Fenster.

"Kannst du ja jetzt in deinem Facebook schreiben! Da gibt es bestimmt einige, die dir Ratschläge erteilen, was du jetzt mit deiner Oma machen sollst."

"Ach hör doch auf! Zu was hast du ihn denn erpresst? Sollte er dir ewigen Seelenfrieden garantieren?" Die Oma murmele etwas, was er nicht recht verstand. Es klang wie esbe. "Esbe?? Was hast du gesagt? Nun red doch endlich!"

"Ich sagte: diese Lesbe!" kam es gepresst von der alten Frau zurück.

"Lesbe? Welche Lesbe? Meinst du Monika?"

"Sie hat es verdient!"

"Sie hat was verdient? Was habt ihr mit ihr gemacht, du und dein toller Freund?"

"Sie hat nur für ihre Sünden büßen sollen."

"Büßen?? Wie denn büßen? Ach du scheiße..."
Endlich verstand sie alles. Die Messdienerstrafbank. Ein kalter Schauer lief Barbara den Rücken hinab. "Diese Strafbank. War das deine Idee? Woher hast du denn eigentlich davon gewusst?"

"Weißt du das nicht mehr? Das war im letzten Herbst. Da war dieses Mädchen da, die war nicht von unserer Gemeinde. Ich glaube, eine Nichte von Agnes. Du weißt schon, die Nachbarin von Pia. Du hattest mich in der Kirche abgeholt, du hast selber gesehen, wie sie da gekniet hatte."

"Und du hast dann später den Pastor dazu gezwungen, dasselbe auch mit Monika zu machen? Und warum das Ganze? Was hat sie dir denn getan? Hat sie dir einige Birnen aus dem Garten geklaut?" Barbara musste sich zur Ruhe zwingen.

Die alte Frau Meisner holte tief Luft. Aber nur stoßweise konnte sie ihrem Enkel das erzählen, was vor vielen Jahren geschehen war. Was seit Jahren mit zerstörerischer Wut an ihr gefressen hatte? Als sie fertig war, blieb die befürchtete Reaktion aus. Es kam kein Geschrei, kein Wutausbruch. Barbara schnappte sich ihre Jacke, stieg wieder in ihre hochhackigen Schuhe, die sie zuvor unterm Tisch abgestreift hatte, langte in ihre Handtasche und suchte den Hausschlüssel hervor, den sie wortlos auf den Tisch legte.
In der Küchentür blieb sie noch einmal stehen, drehte sich zu der einsamen, alten Frau um. "Oma, du tust mir leid. Ich glaube, die Kirche geht nicht an ihrem Priestermangel zugrunde, sondern an Leuten wie dir. Die nicht vergeben und vergessen können. Die immer den Funken der Rache in sich tragen." Dann ging sie und verließ das Haus, eine alte Frau zurücklassend, die sich wünschte, das Ende würde bald herbeikommen.

Annegret Meisner war unfähig, sich zu bewegen. Wie erstarrt saß sie auf ihrem Stuhl und starrte auf den Schlüssel, den ihr Neffe auf den Tisch gelegt hatte. Jahrelang war sie sein Sicherheitsnetz gewesen, war sie an vielen Wochenenden und eigentlich an allen Ferien für ihn da gewesen, hatte sie ihm die Mutter ersetzt. Jetzt, in ihrem letzten Lebensabschnitt, hätte er ihr Sicherheitsnetz werden sollen, sich um sie kümmern, ihr die Tochter ersetzen sollen, die im weit entfernten Rom lebte. Aus die Maus!, dachte sie und musste nun selber ein wenig lächeln, dass ihr ausgerechnet dieser Spruch jetzt einfiel. Aber letztendlich war er genauso gut, wie alle anderen Sprüche, oder genauso schlecht: eine leere Worthülse, an die man sich nicht klammern konnte.


Oktober IX

Ingeborg Wimmer hatte erhebliche Schwierigkeiten, sich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Ihre Gedanken kreisten einzig und allein um ein Thema: was mochte dieses Mädchen, diese junge Frau gespürt haben, als sie dort unten halb im Wasser der Isar lag? Und dieses Riesending...? Niemand hatte sie darüber aufklären müssen, wo genau man das Teil gefunden hatte.
Oh mein Gott! Sie hatte eine rote Ampel überfahren, hatte nicht gemerkt, dass in diesem Fall die Haltlinie gute dreißig Meter vor dem Fußgängerübergang gezogen war, weil eine Seitenstraße hier einmündete. Gott sei Dank war nichts passiert! An der nächsten Parkbucht hielt sie an, stellte den Wagen ab, stieg aus und zündete sich eine Zigarette an. Ihre Nerven brauchten jetzt Nikotin, das war ja mal klar. Langsam und bedächtig sog sie den Rauch ein, den Duft der Großen, weiten Welt, wie sie es in irgendeiner uralten Reklame mal auf Youtube gesehen hatte. Sie wusste, dass Rauchen ungesund war, aber sie wusste auch, dass das Ding, das sie in einem Karton in ihrem Wagen liegen hatte, für eine junge Frau noch viel ungesünder, weil tödlich, gewesen war.
Sie setzte sich zurück in ihren Wagen, öffnete das Fenster, ließ kalte Oktoberluft hinein. Ab jetzt würde man wieder lange warten müssen, bis die Bäume wieder blühten und die Vögel ihr alljährliches Sängerfest eröffneten.
Der Karton! Beweismaterial? Gab es hier noch eventuelle Spuren, die gesichert werden konnten? Das war wohl doch eher unwahrscheinlich, nachdem die Pathologin ihr versichert hatte, dass annähernd alle Institutsmitarbeiter das Ding in den Händen gehabt hatten. Das Ding!

Ihre Hände zitterten leicht, als sie den Karton zu sich hinüberzog. Sie fluchte, als das Dirndl auf den Boden flog, jetzt versaute sie selber noch die Dinge. Sie nahm den glänzenden Gürtel hervor, legte ihn vor sich auf den Schoß, spürte, wie von dem nicht ganz leichten Teil eine fast magische Energie ausging. Genauer betrachtete sie den Phallus, überlegte, wie er wohl auf dem Gürtel zu befestigen wäre, fand auf dem Schrittreifen eine längliche Aussparung, in die sich das Ding einsetzen ließ.
Ganz unten auf dem Boden der Kiste lagen zwei kleine Messingschlösser, die man aufgebohrt hatte. Handelsübliche Schlösser, dachte sie. Schlösser, die man in jedem Laden kaufen konnte. Bei genauerem Hinsehen bemerkte sie, dass an beiden Schlössern eine der oberen Seiten schräg abgefeilt war. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, bis sie den Verschlussmechanismus genauer untersuchte, bis sie herausfand, was wie zusammengesteckt und abgeschlossen werden musste.
Eine Feile! Eine Metallfeile! Sie bräuchte nur eine Metallfeile, dann... Sie schloss die Augen. Dann - was?? Ihre Gedanken gallopierten.
Fahr zurück zum Präsidium! Leg dem Chef den ganzen Klumpatsch auf seinen Schreibtisch!
Sie schmiss alles zurück in den Karton, startete den Motor, legte, um sich in den fließenden Verkehr einzureihen, einen Kavalierstart hin. Sie dachte nicht mehr nach. Sie kannte den Weg. Eine halbe Stunde später fuhr sie in die Tiefgarage ein. Parkte an ihrem Stammplatz und suchte ihren Wohnungsschlüssel hervor.


August I

Das Klappern der Anzeigtafel verwirrte die Mädchen. Jedes Umschalten auf einen neuen Flug bedeutete ein Heranrücken an den unvermeidlichen Abschied, der beiden schwerfallen wollte.
Daniela hatte bereits eingecheckt, hatte nur noch ihr Handgepäck behalten. Jetzt saß sie zusammen mit ihrer Freundin und Reisebegleiterin in einem Café, genehmigte sich einen oder mehrere bunt bestreuselte Cup-cakes, währenddessen sie sich Bilder auf dem Display auf ihrer Kamera anschaute.
"Am liebsten würde ich mitkommen!", scherzte die Freundin.

"Am liebsten würde ich hierbleiben!" gab Daniela zurück. Der Kloß in ihrem Hals wurde größer.

"Wir können ja tauschen! Du bleibst hier und machst meinen Job weiter, und ich fahre nach Köln und mache..." - sie griff sich mit gespielt grüblerischer Miene ans Kinn - "...ja, was mache ich eigentlich?"

Daniela hatte lange nicht mehr daran gedacht. Plötzlich brach es wie ein unerwarteter Regenschauer über sie hinein. Das einzige, von dem sie wusste, dass es definitiv vorbei war, war die Schule. Aber es waren andere Dinge, die bald wieder ihren Alltag ausmachen würden: das Familienleben, ihr nerviger Bruder, möglicherweise Schwester Hildegard, Monika in München. Und sie dachte daran, dass in ihrem Zimmer, unten im Kleiderschrank, wohl immer noch ihr Keuschheitsgürtel lag, zusammen mit dem ganzen anderen Kram, der sich im Laufe des Winters angesammelt hatte. Eigentlich war es ja Claudias Keuschheitsgürtel, aber die war weit weg, in Australien, und es war sowieso fraglich, ob sie ihn zurückhaben wollte.
Sie lächelte. "Nun ja, bis Mittag im Bett liegen, jeden Tag sich an einen gedeckten Tisch setzen, bis in die Puppen fern sehen oder im Internet surfen..."

Ihre Freundin unterbrach sie. "Klingt ja nicht so berauschend. Ich glaube, ich bleibe dann doch lieber hier in New York. Hier wird einem wenigstens was geboten!Findest du nicht auch, dass wir eine tolle Tour hatten, Dani?"

"Absolut! Und danke, dass du mich am Ende noch zu dem Abstecher nach Florida überredet hast. Das war doch irgendwie saugut!"

"Zumindest konnte man dort gut schwimmen!"

Schwimmen? Daniela erinnerte sich lebhaft an das vielleicht verrückteste Erlebnis ihrer Reise. Nein, es war nicht ihr Spaziergang à la Scarlett o´Hara in Charleston, sondern das Meerjungfrau-Schwimmen in Florida. Sie hatte gar nicht gewusst, dass es so etwas wirklich gab. Diesmal war sie es gewesen, die die Freundin zum Mitmachen überreden musste. Was nur gelang, weil es diesmal garantiert kein enges Korsett gab, das ihr die Luft abschnitt. Also hatten beide Mädchen den Eintritt bezahlt und sich von einem Assistenten in die bereitliegenden Fischs chwan zkostüme helfen lassen.
Fast glaubte sie, immer noch den Druck der engen, mit bunt schillernden Plastikschuppen besetzten Latexhülle an ihren Beinen zu spüren. Hatte sie eine zu kleine Größe gewählt? Aber nein, der Assistent beteuerte, das müsse so eng sitzen. Sie hatte sich bis auf ihren Bikini ausgezogen, hatte in einer kleinen Umkleidekabine ihr Oberteil gegen eines zum Fischs chwa nz passenden Oberteil ausgetauscht und sich dann auf den nackten Boden des Schwimmbades gesetzt. Die Füße steckte sie in ein Monofinn genanntes Ding, eine Art Fluke, wie sie Delfine haben. Beide Füße kamen in diese überdimensionale Taucherflosse, die Bestandteil des Kostüms war. Das enge Latexteil hatte man umgeschlagen, jetzt musste sie, zusammen mit dem Assistenten, diese enge Pelle langsam über ihre Beine hochziehen, was alles andere als leicht war. Der arme Kerl zog und zerrte die enge Hülle, bis es endlich geschafft war und ihr gesamter Unterkörper dem einer ´echten´ Meerjungfrau ähnelte.
Dann hatte es eine kleine Trockenübung, ein recht bescheidenes ´Photoshooting´ gegeben, man hatte sie und ihre Freundin in eine gemalte Meeresszenerie gelegt, was ganz nett war, bis das Handy des Fotografen klingelte und dieser sich, in breitem Südstaaten-Akzent, entschuldigte, er müsse jetzt mal weg, so damned sorry und business calls, wie er beteuerte. Damit hatte er die beiden Mädchen sich selbst überlassen, die in ihren engen Fischschwän zen kaum einer Regung fähig waren.

"Dani?? Daniela?? Huhu!" Eine vor ihrem Gesicht hin und her wedelnde Hand riss sie aus ihren Gedanken. "Was ist los? Woran denkst du?"

Daniela lachte verlegen. "Ach, nichts. Ich musste nur an unser kurzweiliges Nixenleben denken!"

Die Freundin lachte begeistert. "Gell, das hat dir gefallen? Ehrlich gesagt, ich glaube, diesem Kerl, der uns in die Kostüme geholfen hatte, dem hatte das auch gefallen. Hast du mal auf seine Shorts gesehen? Der war ganz schön spitz!"

"Echt? Da hätte er bei uns aber keine Chance gehabt!"

"Nee, hätte er nicht. Weißt du, das war schon echt komisch. Ich meine, so als Frau ohne Unterleib. Ich weiß gar nicht, wie ich das Gefühl beschreiben soll..."

"Ich glaube, ich weiß schon, was du meinst", pflichtete Daniela ihr bei. "Mir ging es irgendwie genauso. Das war schon echt komisch, dass man keine Beine mehr hatte."

"Ja, aber da war irgendwie noch mehr. Ohne Beine hatte man auch das zwischen den Beinen nicht mehr... Ich hatte mich da, versteh mich nicht falsch, fast wieder wie ein kleines Mädchen gefühlt. So unbeschwert, frei irgendwie. Ich brauchte keine Angst vor dem Kerl zu haben, verstehst du? Er hätte mit mir ja nichts anfangen können..."

Daniela antwortete nicht sogleich. Hatte sie nicht ähnliches gespürt? War es ihr nicht vorgekommen, als hätte man sie in einen überdimensionalen Keuschheitsgürtel gesteckt? Nur dass sie diesen nicht versteckt unter einem Rock oder einer Hose trug, sondern dass er quasi Teil ihres Körpers war? Die Seejungfrau, die allen Männern den Kopf verdreht, mit der ein Mann aber nichts anfangen kann? Keine Beine, die sich öffnen können? Keine Spalte, die einen Mann aufnehmen konnte? "Ja, das war schon eine geile Sache! Ich habe mich wirklich selten so hilflos gefühlt, und ich habe schon so einiges erlebt!"

Der misstrauische Seitenblick ihrer Freundin war ihr Warnung genug. "Früher, als Kind, beim Indianerspielen mit meinem Bruder!" Der Blick verschwand wieder. "Aber das Schwimmen mit dem Ding war echt super. Ich wär zwar fast abgesoffen, aber als ich es dann raushatte, wie man mit zusammengefesselten Beinen schwimmt, dann war das schon klasse. Diese Flosse da, irre was man da für einen Zahn drauf bekam!"

"So schnell bin ich auf jeden Fall noch nie geschwommen", stimmte ihre Freundin ihr zu. "Hast du noch die Bilder auf deiner Kamera?"

Beide Mädchen sahen sich einige Fotos an und lachten. "Oh, guck mal, hier sind wir noch in Charleston! Du und ich als Scarlett o´Hara!"

"Erinnere mich bloß daran nicht!" Die Freundin tat einen sichtbaren Atemzug. "Da war ich echt kurz vorm Verrecken! Mann, wenn ich noch daran denke, als wir das Schild gesehen haben, dass die Tussi nicht vor fünf Uhr nachmittags zurückkommen würde. Und es war doch erst zwei! Ich glaube, ich hätte diese letzten drei Stunden in dem Kleid nicht überlebt, wenn du mich nicht immer wieder aufgebaut hättest. Dabei warst du doch enger als ich geschnürt!"

"Ach Quatsch! Das bildest du dir nur ein! Ich bin einfach von Natur aus etwas schlanker gebaut! Und du weißt doch - ich hatte schon einmal Erfahrung mit so einem Kleid!"

"Im Traum, ja!" Beide lachten und umarmten sich. "Hattest du nicht an dem Tag in Charleston Post von deinem alten Herrn gekriegt?"

"Ach du scheiße!" Das Lachen gefror Daniela im Gesicht. "Verdammt! Dieser Brief von der Zulassungsstelle! Mann, wo hab ich den jetzt??" Sie bückte sich, öffnete eine Tasche ihres Rucksacks, die prallgefüllt mit diversen Prospekten und Stadtplänen war. "Hier" Gott sei Dank" Wart mal..." Schnell überflog sie den Brief. "Was haben wir heute für ein Datum?" Sie sah auf ihre teure Armbanduhr. "Scheiße!! Den muss ich spätestens morgen abgeschickt haben!!"

"Morgen?" Ihre Freundin legte beruhigend ihre Hand auf ihren Arm. "Aber das schaffst du doch! Wenn da steht, dass das Datum des Poststempels gilt, dann gilt das doch auch für einen holländischen Poststempel. Ist doch alles Europa!"

Daniela atmete erleichtert auf. "Meinst du? Mit meinem Anschlussflug nach Köln schaffe ich das auf jeden Fall nicht, der ist nämlich erst am Abend. Und ich glaube nicht, dass in Köln noch irgendjemand nach 22 Uhr meinen Brief abstempelt."

"Mach dir mal keinen Kopf! Du hast doch mehrere Stunden in Schiphol. Hauptsache, du vergisst es da nicht!"

"Ich werde mir einen Knoten ins Taschentuch machen", lachte Daniela.

"Stell lieber den Wecker an deinem Handy. Aber denk daran, dass die Uhrzeit dann nicht stimmt. Die sind sechs Stunden vor!"

"Keine Sorge! Ich stelle den Alarm an meiner Uhr ein! Die geht immer richtig!" Daniela drückte auf einige Knöpfe ihrer Armbanduhr. So war sie sich sicher, den Brief auf keinen Fall zu vergessen.

Langsam verstummte das Gespräch. Die vielen munteren Erinnerungen wichen der natürlichen Anspannung vor dem Abflug. Bald standen beide Mädchen, umarmten sich und trockneten sich gegenseitig die Tränen aus dem Gesicht. Eine schöne Zeit, ein wunderschönes, gemeinsames Reiseerlebnis ging zu Ende. Beide versprachen sich gegenseitig, sich auf jeden Fall bei der nächstmöglichen Gelegenheit wiederzusehen, vielleicht zu Weihnachten, wenn die Freundin zum Fest wieder nach Deutschland kommen wollte.
Ein letztes Drücken, ein letztes Pass gut auf dich auf!, dann entschwand Bettina ihrem Blick, sie war allein. Selten hatte Daniela sich so allein gefühlt, wie in diesem Moment.


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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:18.02.13 20:36 IP: gespeichert Moderator melden


Hach, ist die Welt nicht klein, das nun genau dieser Pastor dorthin versetzt wurde..

Nun frage ich mich allerdings wie lange es noch dauert bis sich Ingeborg die 2 Schlösser und eine Feile besorgt, unterwegs war sie ja schon, da hätte man doch auch gleich die nötigen Besorgung machen können. Oder liege ich da nun total falsch und es passiert was ganz anderes?!

Auf jeden Fall bin ich nun wieder Mal am Rätseln wie es weiter geht; gelingt ja immer wieder meine erdachte Fortsetzung auf den Kopf zu stellen.

Danke für die Fortsetzung!
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:21.02.13 23:24 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela,

sehr interessante Fortsetzung, die mir einiges zu denken gegeben hat, das ich erst mal verdauen mußte. Und nun will ich meine Gedanken hier beisteuern - ich hoffe, es wird nicht zu länglich und langweilig...

Oma Meissner tut mir echt leid - auch wenn sie irrt und schlimme Fehler gemacht hat. War sie wirklich ein Sicherheitsnetz für Klaus/Barbara? Gerade da, wo er es am nötigsten gehabt hätte, hat sie doch gerade nichts getan, um Klaus zu schützen oder gar zu retten - und das sollte sie spätestens jetzt wissen. Da gibt es nichts mehr zu leugnen, die schreckliche Wahrheit liegt jetzt offen. Ja, sie mag in ihrem Leben auch tief verletzt worden sein, und die Umstände auch nicht eben rosig dabei. Aber deshalb die Augen vor anderem Unrecht verschließen, immer noch andere verantwortlich machen, sich das ganze schönfärben, weil man Angst hat, sonst damit nicht klarzukommen? Die Welt ist eben nicht heil, also sollte man auch nicht so tun. Aber jetzt steht sie offenbar selbst vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens, und das zudem noch allein, was ich ihr auch nicht gewünscht hätte, zumal sie endlich ebenso mit ihrer Wahrheit rausgerückt hat, die sie so lange verborgen hat. Ich bin mir sehr unsicher darüber, ob Klaus/Barbara´s Entscheidung die richtige war, sie jetzt zu verlassen, ihr den Schlüssel mehr als symbolisch auf den Tisch zu knallen. Auf der einen Seite verstehe ich ihn, denn er ist selbst durch den anhaltenden Mißbrauch mehr als schwer verletzt. Und das Wissen, daß seine Oma genau dies ausgenutzt hat, um im Hintergrund zu erpressen, andere leiden zu lassen, das ist absolut harter Tobak. Trotzdem will es nicht recht passen, daß er einerseits von Vergebung spricht, und wie schlimm Rache ist - aber in gewisser Weise ebenso Rache ausübt, indem er als Konsequenz seine Oma verurteilt und verläßt, sie mit Einsamkeit bestraft. Allerdings kann ich wie gesagt durchaus nachvollziehen, wenn er momentan einfach nicht anders kann. Klar kann niemand mehr ungeschehen machen, was ihm widerfahren ist, aber ich denke, er hat immer noch eine Chance, die aber wahrscheinlich sehr professionelle Hilfe voraussetzt, die er wahrscheinlich kaum in Facebook oder bei irgendeiner Kirche finden wird, letzteres schon allein deshalb, weil er jegliches Vertrauen in deren Vertreter nachvollziehbar verloren hat. Zumindest kennt er jetzt den Teil der Wahrheit, die ihm seine Oma viel zu lange verschwiegen hat. Und wer weiß, vielleicht ist das für ihn ein Anfang, sein Leben irgendwie wieder in den eigenen Griff zu bekommen.

Was ist denn nun in Ingeborg Wimmer gefahren? Sie wird sich doch hoffentlich nicht höchst eigennützig an dem mitgenommenen Beweismaterial der Verunglückten vergreifen? Am Ende präsentiert sie sich so sogar noch auf dem Revier bei Rick? Also etwas mehr Pietät wäre dann wohl doch geboten. Immerhin hat diese Teile eine junge Frau in ihrem viel zu frühen Todeskampf tragen müssen, wobei ich mir nicht vorstellen kann, daß sie das in den letzten Momenten ihres Lebens wirklich noch genießen konnte...

Wobei mir eins einfällt: Wieso kam Monika, so verzweifelt wie sie ist, denn nicht auf den Gedanken, die Schlösser irgendwie sonst zu knacken? Klar, das ist schon ein echt erheblicher Schritt - aber Schlösser lassen sich ja zur Not auch nachkaufen, vergangene Zeit und Gelegenheit jedoch nicht. Oder genießt sie diesen Schutz vor sich und ihrer Mutter eventuell doch mehr als sie selbst es zugeben will? Oder spielen hier (unterbewußte) Schuldgefühle für sie eine Rolle als Motivation, sich das Tragen eines so unnachgiebigen und doppelt gesicherten Keuschheitsgürtels selbst aufzuerlegen, quasi als selbstgewählte Strafe oder Ventil?

Daß sich Daniela nach ihrem Abschied sehr allein fühlt, kann ich nachfühlen. Jeder Abschied ist ein kleiner Tod, heißt es doch. Aber sie hat jetzt ja auch viel an ihre Zukunft zu denken und zu planen. Ja, bloß das fristgerechte Abschicken der Formulare nicht vergessen. Die Uhr, die nie falsch geht, solange sie eben tickt, wird ihr mit eingestelltem Alarm dabei sicherlich sehr hilfreich sein...

Ja, eine sehr interessante und teils tiefgründige bis düstere Fortsetzung, die Du hier präsentierst - aber immer noch mit derselben Leichtigkeit geschrieben, trotz ihrer Komplexität und der schweren Themen, die Du anpackst. Meinen herzlichen Glückwunsch dafür! Ich freue mich schon wieder auf nächsten Sonntag!

Keusche aber dennoch liebe und herzliche Grüße
Keuschling

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von Keuschling am 21.02.13 um 23:29 geändert
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Daniela 20
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:24.02.13 22:00 IP: gespeichert Moderator melden


Ja, da hat ein Leser sich darüber gewundert, dass ausgerechnet derjenige, der seinerseits als Sekretär des Bischofs für eine schriftliche Zurückweisung von Thomas´ Pädophilievorwürfen gesorgt hatte, Jahre später Pastor jener Gemeinde wird, in der Klaus´ Großmutter lebt. Nun, vielleicht ist da doch ein Fünkchen Wahrheit in dem alten Spruch: ´Die Wege des Herrn sind unergründlich!´ --- Es kann aber auch sein, dass es einzig der Fantasie der Autorin zuzuschreiben ist ... die Wahrheit werden wir nie erfahren.

Man dankt wie immer für die Zuschrifen einzelner Leser; sie sind für mich das Salz in der Suppe, wobei man nicht vergessen mag, dass die Suppe ohne Salz nicht schmeckt! Jetzt wünsche ich gute Unterhaltung und noch einen schönen Sonntagabend! Eure Dani
---

Als sie Stunden später wieder aufwachte, brummte ihr der Kopf. Daniela versuchte, sich zu strecken, aber der limitierte Platz ließ kaum etwas anderes als Sitzen zu. Schlaftrunken registrierte sie, dass nicht ihr Kopf brummte, sondern ihre ganze Umgebung. Ach ja, sie war irgendwo...
Aber wo genau? Der Abflug ihres Fliegers hatte sich um einige Stunden verzögert. Man hatte eine technische Panne als Erklärung angegeben, der Flieger hatte ausgetauscht werden müssen. Wie gut, dass ihr Anschlussflug erst am Abend stattfinden sollte. Sie sah auf ihre Uhr, war sich aber nicht sicher, welche Zeit diese jetzt anzeigte. Genauere Information versprach das kleine Display im Sitz vor ihr, bis Schiphol waren es immer noch über zwei Stunden, eigentlich müsste es draußen hell sein. Vorsichtig, um ihren Nebenmann nicht zu wecken, schob sie die Fensterverdunklung einen Spalt hoch; gleißendes Sonnenlicht drang augenblicklich hindurch, spiegelte sich irgendwo an einem Gegenstand vor ihr und landete schließlich genau dort, wo es nicht hinsollte: im Gesicht ihres Sitznachbarn.
"Oh, ist schon Tag?" Der Mann räkelte sich und fuhr sich mit der Hand über die Augen.

Daniela zögerte. War dies eine Einladung zu einem netten Gespräch? Sie hatte, als sie an Bord gekommen war, nur noch schnell eine Mahlzeit verdrückt und war dann auf der Stelle eingeschlafen. Mit einem schnellen Seitenblick betrachtete sie den Mann genauer. Ca. Anfang 70, die Haare mehr grau als dunkel, das Gesicht nicht mehr glatt, sondern durchzogen von einigen Falten. Lachfalten, dachte sie erleichtert.
"Vielleicht scheint der Mond heute etwas heller?"

Er lachte still in sich hinein. "Machen Sie das besser wieder zu. Ich bin nämlich mondsüchtig, müssen Sie wissen." Und leise, nur für sie hörbar, ließ er ein gut nachgemachtes Wolfsgeheul folgen.

Der Mann war okay. Daniela schloss die Fensterblende wieder. "Dauert noch etwas bis Schiphol. Noch über zwei Stunden. Sie sind Holländer?"

"Niederländer. Ja. Werden Sie Schwierigekeiten mit dem Weiterflug haben?"

"Nein. Gottseidank nicht. Aber..." Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie unbedingt ihren Brief abschicken musste. Und das würde sehr knapp werden.

"Aber??"

"Ich habe einen Brief, den ich heute noch an die Uni in München schicken muss. Also, der muss heute noch abgestempelt werden. Sonst verliere ich meinen Studienplatz."

"Hm."

Klang es spöttisch? Sie sah ihn an. Nein, jetzt wirkte er ernst.

"Hm. Das könnte schwierig sein. Bis Sie da auf dem Flugplatz eine Post gefunden haben..."

"Ich brauche keine Post! Nur einen Briefkasten. Eine Marke habe ich schon draufgeklebt."

"Darf ich mal sehen?" Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte er sich eine Brille auf. Daniela suchte den Brief in ihrer Tasche und reichte ihn ihm.
"So so." Der Mann rieb sich das Kinn. "Eine schöne Marke. Wo haben Sie die denn her?"

"Immer bereit! Für den Notfall muss man vorbereitet sein, und jetzt ist der Notfall eingetreten. Und ich denke mal, zehn Euro Porto dürften wohl genug sein, den Brief notfalls um die halbe Welt zu schicken."

Er murmelte etwas in seinen Bart. "Am deutschen Wesen...." Daniela verstand es nicht richtig, aber sie sah, dass sich seine Stirn in Sorgenfalten gelegt hatte. "Das mag sein, dass zehn Euro genug sind. Aber das ist eine deutsche Marke..."

"Ja?"

"Das geht nicht bei uns in Holland!"

"Nicht? Aber Holland hat doch auch den EURO!"

"Ja. Aber Holland hat die holländische Post. Da brauchen Sie eine holländische Marke!"

Daniela brauchte keinen Spiegel um zu sehen, dass sie vor Schreck blass wurde. "Eine holländische Briefmarke? Und woher nehmen und nicht stehlen? Ach Mist!" Entmutigt ließ sie den Kopf hängen. "Wissen Sie, ich hatte mich nach mehreren Wochen USA richtig auf unser kleines Europa gefreut. Aber warum muss denn bloß alles so kompliziert sein? Wozu... wieviele Mitgliedsländer gibt es? - wozu denn sechsundzwanzig verschiedene Post Betriebe? Sechsundzwanzig verschiedene Eisenbahnen? Sechsundzwanzig verschiedene Regierungen und Präsidenten? Ich dachte immer, wir wollten in Europa etwas Gemeinsames machen!"

Ihr Gesprächspartner machte ein saures Gesicht. "Ein Volk, ein Reich, ein Präsident??"

Daniela verstand nicht recht, was das sollte. "Was...?"

"Ach, entschuldigen Sie. Dumm von mir. Wissen Sie, Holländer von meiner Generation sind da etwas empfindlich.... Sie wissen schon, Rotterdam und so... Es ist noch nicht so lange her."

Was genau der Mann neben ihr meinte, blieb ihr ein Rätsel. Was auch immer es war, was er angesprochen hatte, lag für ihren Erkenntnishorizont Lichtjahre zurück. "Ich mein ja mal bloß, wir haben doch ein frei gewähltes Europa-Parlament. Warum stellt es denn keine europäische Regierung? Gleiche Regeln für alle! Wo sonst wollen wir denn eigentlich hin? Und wieso haben wir denn immer noch keinen europäischen Präsidenten?"

Jetzt lachte er wieder. "Wir wollen aber unsere Königin behalten!" Auch seine Augen lachten mit. "Und Sie wollen doch sicherlich auch ihren Bundespräsidenten behalten!"

"Nicht immer! Manchmal ist es auch ganz gut, wenn man ihn wieder loswerden kann! Trotzdem meine ich, ein europäischer Präsident wäre keine schlechte Sache, hier fehlt doch solch eine Leitfigur, wie die Amerikaner sie haben."

"Bei dem dann auch alle Gullideckel zugeschweißt werden müssen? So wie wenn Obama mal zu Besuch kommt? Nein, glauben Sie mir, so etwas brauchen wir nicht. Wir brauchen ein gemeinsames europäisches Ziel, die alte Vision muss wiederbelebt werden. Mehr brauchen wir im Moment bestimmt nicht!"

"Doch!" Sie sah ihn an, spürte, dass er auf ein Widerwort wartete, dass er sich auf eine längere Diskussion einlassen wollte. Aber sie war müde und hatte im Moment ganz andere Sorgen. "Doch! Eine Briefmarke. Mein Leben hängt jetzt von einer holländischen Briefmarke ab!"

Er hob den Finger, gab ihr ein klares Zeichen zum Schweigen. Dann suchte er seine Brieftasche hervor, griff hinein und brachte, triumphierend grinsend, eine holländische Marke hervor. "Von mir! Wir Europäer müssen doch einander helfen, nicht wahr? Wie Sie schon sagten: Allzeit bereit! Wenn Sie wollen, werde ich den Brief noch heute bei der Post einwerfen!" Sein Lächeln wurde immer einnehmender.

"Wollen Sie das wirklich für mich tun? Oh, danke!" Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. Eine Last fiel von ihr ab; jetzt konnte sie beruhigt in Schiphol umsteigen.

Er lachte leicht verschämt in sich hinein. "Da werde ich mich heute Abend nicht waschen dürfen! Klar, natürlich mache ich das für Sie! Kein Problem. Wenn gar Ihr Leben davon abhängt! Was für Pläne haben Sie denn?"

Daniela erzählte ihm von ihren Plänen, ein Studium in München zu beginnen.

"Oh, München! Schön. Bier und Lederhosen, nicht wahr?" Er blickte sie mit einem schnellen Seitenblick an. "Entschuldigen Sie. Natürlich keine Lederhosen für Sie. Sie müssen in München... etwas anderes tragen..." Er stutzte, richtete die Augen nachdenklich nach oben. "Ach, wie heißen diese Kleider doch?? ... Vergessen!"

Sie nahm den Faden auf, bevor sie nachdenken konnte. "Dirndl. Sie meinen, ich müsse Dirndl tragen? Da sind sie nicht der erste!"


Eine Durchsage im Lautsprecher unterbrach das Gespräch. Es wurde vor der Landung in Amsterdam eine letzte Mahlzeit angekündigt, Daniela war sich nicht sicher, ob es Frühstück oder Abendessen war, aber es sah lecker aus, als es gebracht wurde.
Wieso war sie wieder bei diesem Thema gelandet? Sie blickte aus dem Fenster, dessen Blende sie jetzt ganz geöffnet hatte. Morgen war Sonntag. Morgen wäre sie wieder zurück in Köln. In ihrem Schrank hing das blaue Dirndlkleid. In ihrem Versteck lag ihr Keuschheitsgürtel mit allem drum und dran. Und Schwester Hildegard wartete sicherlich auch schon wieder. Wochenlang hatte sie all das verdrängt. Jetzt aber war all das Dunkle plötzlich wieder präsent.

Als das Essgeschirr abgeräumt wurde, wischte sich ihr netter Sitznachbar den Mund mit der Serviette ab. "Zurück in unserem schönen Europa. Hat es Ihnen denn in den Staaten gefallen? Sie haben eine Rundreise gemacht, vermute ich?"

"Ja, mit einer Freundin. Eine tolle Reise. Aber..." Sie wusste nicht recht, wie sie es sagen sollte.

Er nickte. "Aber es war nicht alles toll, oder?"

"Nein. Nicht alles. Die USA sind ein schönes Reiseland. Die Leute sind nett und kontaktfreudig. Aber..." Wieder stockte sie.

"Ja. Ich glaube, ich weiß, was Sie sagen wollen. Die Amerikaner sind anders. Vorsichtig ausgedrückt: oberflächlich. Moralisch. Nationalistisch."

"Ja, irgendwie schon. Ich kann mich nicht erinnern, wirklich tolle Gespräche mit ihnen geführt zu haben. Und viele Städte wirkten total heruntergekommen. Riesige Einkaufszentren am Stadtrand, aber in den Stadtzentren war nichts los."

"Tja. Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: das ist bei uns in Europa ja auch schon so vielerorten. Früher war das nicht so..."

Womit das Gespräch endgültig verstummte. Die Landung stand unmittelbar bevor, jeder hatte jetzt genug mit sich selbst zu tun. Wenige Minuten später setzte der Flieger sanft auf der Landebahn auf, rollte zum Gate, wo das übliche Gedränge entstand. Daniela verabschiedete sich herzlich von dem alten Herrn. Dieser klopfte sich auf die Brust, schenkte ihr ein letztes Lächeln und versprach, sich sofort um den Brief zu kümmern. Dann wurde sie vom Strom der aus der Maschine aussteigenden Passagiere mitgerissen.


Oktober X.

"Verdammt!" Schon zum x.ten Mal war das kleine Messingschlösschen aus der provisorischen Halterung gerutscht, die Ingeborg Wimmer mittels einer alten Schublade eingerichtet hatte, um das Metall besser bearbeiten zu können. "Verdammt verdammt!!"
Es war kein Problem gewesen, drei dem Original ähnliche Schlösser zu bekommen, aber es erschien ungleich schwieriger, sie passend zu machen. Ein Kante musste schräg abgefeilt werden; hier musste sie genau arbeiten; eine Werkbank wäre von Vorteil gewesen. Hatte sie aber nicht!
Nervös blickte sie auf die Uhr. Wie lange war sie schon weg gewesen? Wusste sie überhaupt, was sie hier tat? Nein, eigentlich nicht. Richtiger wäre es, alles wieder in dem Karton zu verstauen, so, wie man ihn ihr ausgehändigt hatte, und damit ins Präsidium zu fahren. Was sie hier machte, konnte man ihr leicht als Unterschlagung von Beweismaterial anlasten. Natürlich nur, wenn jemand dahinterkäme. Das Material musste der Spurensicherung übergeben werden, das konnte aber auch noch bis morgen warten. Vielleicht sollte sie sich krank melden?
Nein. Krank war sie nicht. Zumindest nicht im eigentlichen Sinne. In welcher Rubrik einer Krankmeldung sollte sie schließlich den Grund für ihr Fehlen eintragen? ´Erprobung eines Keuschheitsgürtels.´ Genau genommen handelte es sich nur um eine experimentelle Analyse eines am Opfer gefundenen Metallgegenstandes. Also Arbeit. Job.

Die Kriminalbeamtin hatte den Karton ohne Umschweife in ihre Wohnung gebracht, sich dort auf den Fußboden gesetzt und die verschiedenen Teile vor sich ausgebreitet. Nein, sie würden ihr nicht passen. Bestimmt nicht. Keine Chance. Oder? Das Opfer war nach Aussage der Pathologin mittelmäßig gebaut gewesen. Wimmer fasste sich an den Kopf, als sie daran dachte, wie unvorsichtig sie gewesen war, als sie die Ärztin doch glatt nach der Brustgröße der Verstorbenen gefragt hatte. Dämlich hoch zehn!
Es mochte gut möglich sein, dass die Sachen ihr nicht passen würden. Aber, probieren geht über studieren! Ein alter Leitsatz, der wohl auch in diesem Falle galt. So hatte sie erst einmal die beigelegten, aufgebohrten Schlösschen begutachtet, hatte sie herausgefunden, wie diese eingesetzt werden mussten, und hatte dann Entsprechendes in einem nahe gelegenen Baumarkt gekauft. Drei kleine Schlösschen inklusive einer Metallfeile!

Ingeborg Wimmer merkte nicht, wie das Metall nach ihr griff. ´Komm, zieh mich an!´, schienen Keuschheitsgürtel und -BH ihr zuzurufen. Eine Versuchung, der sie nur schwer widerstehen konnte. Sie musste wissen, wie sich das anfühlte. Und dafür brauchte sie funktionierende Schlösser. Probeweise hatte sie bereits den stählernen BH anprobiert, konnte ja sein, dass er viel zu klein war - oder zu groß. Aber er schien wie für sie gemacht. Mittelmäßig, dachte sie, du bist eben auch mittelmäßig.
Ihr Puls ging schneller, als sie endlich das dritte und letzte der kleinen Schlösser so abgefeilt hatte, dass es jetzt problemlos über dem Verschlussmechanismus angebracht werden konnte. Sie sah auf ihre Uhr. Verdammt verdammt, schon so spät! Wann würde ihr spätes Kommen bemerkt werden? Nicht so bald, beruhigte sie sich. Ihr Chef hatte anderes im Kopf, als ihr hinterherzuspionieren. Ihr würde schon noch eine plausible Erklärung einfallen, sollte man sie darum bitten.

Sie blickte in einen Spiegel und wunderte sich, dass sie nackt war. Ganz automatisch hatte sie sich ausgezogen. Und jetzt.... Sie begann zu zittern. Jetzt musste sie nur noch ihren Verstand ausschalten, der ihr immer noch sagte, dass sie es besser sein lassen sollte. Sie wusste, dass sie bereit war, was sie nicht wusste, war, welche Konsequenzen ihr unüberlegtes Handeln schlimmstenfalls mit sich ziehen würde.



August II.

"Welcome home!!" Monika freute sich, endlich wieder die Stimme ihrer Freundin am Telefon zu hören. Sie war sich nicht mehr sicher gewesen, wann genau Daniela vorhatte, wieder nach Hause zu kommen, hatte einfach mal ihr Handy genommen und angerufen, und ja, Daniela war vor zwei Tagen wieder nach Köln gekommen. "Und, wie war es?"

Daniela wollte es gern in wenigen Sätzen erzählen, aber sie schaffte es nicht. Da gab es zu viele Erinnerungen, zu viel hatte sie gesehen, alles wollte erzählt und berichtet werden. Einzig der immer noch leicht vorhandene Jetlag machte ihr zu schaffen. Außerdem war hier in Deutschland alles so furchtbar provinziell, spießig und langweilig; es war schlichtweg zum Heulen. Hätte sie es gekonnt, wäre sie sofort in den nächsten Flieger zurück in die Staaten geklettert.

"Ach, Du Ärmste!", versuchte Monika sie zu trösten. "Soll ich vielleicht nach Köln kommen?"

Daniela am anderen Ende der heutzutage gar nicht mehr vorhandenen Leitung zögerte. Monika in Köln? Wann war sie das letzte Mal hier gewesen? Lange hatte sie nicht mehr daran gedacht, an Monis Besuch an Rosenmontag, und daran, was es für sie in den darauf folgenden Wochen bedeutet hatte. Sicherlich wäre es schön, die Freundin hier in Köln wiedersehen zu können, aber...
"Nee, lass mal! Das passt im Moment überhaupt nicht. Ich muss mich erst mal wieder richtig einleben, Moni. Aber ich komm ja bald nach München!"

"Echt? Hat das geklappt mit deinem Studienplatz hier? Super! Erzähl doch mal!"

Groß zu erzählen gab es da nichts. Auch wusste Daniela sehr wohl, dass sie noch nicht den endgültigen Bescheid der Universität erhalten hatte. Vorausgesetzt, es hatte in Amsterdam mit dem Brief und Poststempel geklappt. Aber eigentlich.... So berichtete sie nur das Nötigste.

Monika hatte gespannt zugehört. "Klingt prima, Dani! Aber wo wirst du dann wohnen? Bei deiner Tante geht ja wohl schlecht, jetzt wo Claudia wieder da ist!"

Daniela fiel aus allen Wolken. "Was?? Claudia ist wieder da? Seit wann das denn? Und wieso hat mir das niemand erzählt?" Wütend trat sie gegen ihren Papierkorb.

"Na ja, was hast du denn bis jetzt gemacht?"

"Hm. Seitdem ich wieder da bin? Gegessen und geschlafen. Mehr eigentlich nicht. Aber das ist ja heftig jetzt..." Sie wusste sofort, dass Monikas Nachricht für sie einige Probleme bedeuten würde.

"Hat Schwester - wie hieß sie? - Hildegard sich schon bei dir gemeldet, Dani? Zum Messe dienen? Der wirst du auch noch Bescheid geben müssen, wenn du umziehst. Kannst dann ja hier in der Gemeinde wieder anfangen. Ich hab nämlich aufgehört, wie du dir wohl denken kannst." Monika machte eine Pause, wusste nicht, was sie weiter sagen sollte.

Auch Daniela schwieg. Bis jetzt hatte sie noch keinen Gedanken an Schwester Hildegard verschwendet. Aber jetzt merkte sie, dass sie tatsächlich wieder im Lande war, und dass sie nicht ewig so mit Essen und Schlafen weitermachen konnte. Beide Mädchen tauschten noch einige Nettigkeiten aus, dann beendeten sie ihr Gespräch.


Monika legte ihr Handy auf den Tisch. Schön, dass Daniela wieder da war. Zwar noch nicht bei ihr in München, aber das würde wohl nicht mehr so lange dauern. Komisch, dass ihr noch niemand davon erzählt hatte, dass ihre Kusine aus Australien zurück war. Aber es mochte wohl stimmen, dass sie vor lauter Jetlag noch gar nichts richtig wahrgenommen hatte. Wahrscheinlich hatte sie noch nicht einmal die Kiste mit ihren Spielsachen angerührt. Monika wusste, dass Daniela eine solche hatte, denn Dani hatte ihr davon erzählt.

Sie schloss die Augen. Nur allzu gern wäre sie jetzt bei ihrer Freundin in Köln. Nicht, dass sie ernsthaft vorgeschlagen hätte, dass sie nach Köln fahren wollte, aber wenn Dani dem zugestimmt hätte, dann hätte sie sich sicherlich in den erstbesten Zug gesetzt. Ihre Phantasie spielte ihr Bilder intimer Spiele vor, die sie heftiger atmen ließen. Unbewusst suchte ihre Hand die vibrierende, verlangende Stelle zwischen ihren Beinen, aber ihr war klar, dass sie keine Chance gegen ihren Keuschheitsgürtel hatte. Das war seltsam, monatelang hatte sie keine ähnliche Not verspürt, aber jetzt, als sie Danielas Stimme am Telefon gehört hatte, jetzt hatte diese Stimme etwas ausgelöst, was sie schon ganz verdrängt hatte. Stärker als je zuvor wünschte sie sich eine Neuauflage ihres spielerisch intimen Verhältnis, verlangte es sie nach Berührung und Stimulierung, und dem erlösenden Rausch des Orgasmus.

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Es war nervig, furchtbar nervig. Daniela ließ ihr Handy achtlos zu Boden gleiten, wieder ergriff bleiernde Müdigkeit von ihr Besitz. Ein schneller Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass es später Vormittag war. Und sie war soo müde. Bis spät in die Nacht hatte sie wach gelegen, sich von einer Seite auf die andere gedreht, bis sie schließlich zu ihrer Kamera griff und sich Bilder ihre langen Reise ansah. Sie hatte in den Monaten über tausend Bilder gemacht, und so war sie einige Zeit damit beschäftigt und hatte gar nicht bemerkt, dass ihr am Ende doch die Augen zugefallen waren.
Sie wollte wieder hinwegdämmern, aber ein Gedanke hielt sie wach. Wochenlang war sie mit ihrer Freundin unterwegs gewesen, und dabei eigentlich immer früh aus den Federn gekommen. Es behagte ihr einfach nicht, den halben Tag im Bett zu verbringen. Sie wollte raus, wollte in den nächsten Greyhound Bus steigen, irgendwo hinfahren, Leute kennen lernen, Fotos machen und sich irgendwo einen ungesunden Schnellimbiss reinziehen.
Alles vorbei. Stöhnend zog sie die Bettdecke über den Kopf. Sie wusste, was los war: sie wollte einfach nicht ankommen, nicht hier sein. Köln!!! Provinz hoch zehn! Konnte man hier überhaupt leben? Nein, noch einmal von vorn. Konnte sie, Daniela, hier überhaupt leben? Eigentlich war Köln jetzt ein abgeschlossenes Kapitel für sie. Hier hatte sie keine Aufgaben mehr, eigentlich wartete sie nur noch auf ihren Umzug nach München, den Studienanfang dort, gemeinsame Stunden mit Monika.

Monika! Lange hatte sie die Erinnerung an all die Spiele verdrängt, die sie mit Monika gehabt hatte. Lange war das alles noch nicht vorbei, erst ein paar Monate, aber zwischenzeitlich war doch eine Menge geschehen, sie hatte ihr Abitur gemacht, dann die lange USA-Reise. Wahrscheinlich würde es all dies nicht noch einmal geben, nicht nach dem furchtbaren Geschehen, das Monika an Ostern erlebt hatte.
Eigentlich schade, dachte sie, als sie merkte, dass sie ihre Finger in ihrer immer feuchter werdenden Scham vergraben hatte. Plötzlich drängte sich ihr eine Stimme auf, eine Stimme, die sie lange nicht mehr vernommen hatte. Nein, nicht, du darfst das hier nicht! Lass es bleiben, sonst... Eiligst zog sie ihre Hand zurück. ´Sonst...??´

Daniela begann, am ganzen Körper zu zittern, als sie die Kiste hervorholte, in der sie all ihre Sachen - ihre ´Spielsachen´ - verstaut hatte. Sie hatte keine Ahnung, ob ihr neugieriger Bruder da dran gewesen war, aber das war ihr eigentlich auch egal. Ihr Bruder war nicht da, war schon ab Anfang Juli beim Bund, das Vaterland verteidigen, wie er gern sagte, oder, wie er ihr gern augenzwinkernd zugeflüstert hatte: ´deine Freiheit verteidigen´. Und jedes Mal hatte sie genau gewusst, was er denn da mit ´Freiheit´ meinte.
Der Deckel klappte auf. Silbern glänzten ihr die diversen Keuschheitsapparate entgegen. Ob sie ihr wohl noch passten? Sie ließ ihre Hand über das Metall gleiten, spürte die Ketten zwischen den Fingern. Es kam wie immer im Leben auf einen Versuch an, sagte sie sich.

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Die Tage vergingen auch mit Nichtstun schneller als erwartet. Daniela hatte alte Kontakte neu aktiviert. Viele ihrer Freundinnen waren noch oder wieder zu Hause, da gab es genug zu berichten und zu erzählen. Jede wollte Bilder sehen, und bald hatte sie auch ihren Jetlag überwunden.
Am Freitag kam es zu einem eher überraschenden Treffen an einer Bushaltestelle. Luise, jenes Mädchen, das mit ihr zusammen bei den Messdienern angefangen hatte, stand plötzlich vor ihr.
"Daniela! Bist du wieder da? Das ist aber schön! Und? Wie war es? Deine Reise, mein ich."

"Oh, danke! Die Reise war super. War echt gut, mal ein wenig von hier wegzukommen! Und du? Alles okay?"

Luise blickte zur Seite. Ihre Antwort kam nicht sofort. "Doch, ja. Geht schon so."

"Gibt es viel zu tun in der Kirche? Kann mir vorstellen, dass dich Schwester Hildegard jetzt in der Ferienzeit nicht zur Ruhe kommen lässt?" Instinktiv bemerkte Daniela den seltsamen Blick ihrer etwas jüngeren Bekannten.

Wieder dauerte es einige Sekunden, bevor Luise antwortete. "Nee. Ist nicht so schlimm..."

Daniela spürte, dass die andere nicht das sagte, was sie eigentlich hätte sagen wollen. "Was ist nicht so schlimm? Hast du Ärger mit den Jungs?" Daniela dachte an einige der anderen Messdiener, Jungs, die gern mal vergaßen, was Sache war.

"Nee, die sind es nicht. Die Jungs sind nett..." Luise sah auf ihre Uhr, sichtlich nervös. "Wann kommt denn der scheiß Bus endlich?"

"Hast du Ärger mit Schwester Hildegard? Sie ist ja manchmal etwas unsensibel...."

"Unsensibel?? Ha!! Die Frau ist ja total durchgeknallt!! Und wenn du es genau wissen willst, ich mach da nicht mehr mit! Mir reicht´s! Ich hab´s hingeschmissen, verstehst du?" Sie hatte sich plötzlich in Rage geredet.

Daniela war geschockt. Dieser Gefühlsausbruch kam etwas plötzlich. Was war denn bloß vorgefallen? Etwas verstört griff sie nach Luises Hand, die sich aber sogleich wieder von ihr befreite. "Was... was ist denn passiert? Hat die Alte Stress gemacht? Solltest du zu oft Messe dienen, oder was?"

Luise zog die Nase hoch und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. "Sie sagte, ich sei nicht aufmerksam. Dass ich zuviel rumhampele. Dass ich meinen Mund nicht halten kann, ständig mit den Jungs quatsche, und dass es an der Zeit sei, dass ich mal ordentlich..." Sie unterbrach sich, griff ihren Beutel enger und machte einen Schritt zurück. "Da kommt mein Bus, Dani! Sorry, ich muss! Keine Zeit mehr. Aber du wirst schon noch sehen, dass..." Der Rest ging im Geräusch des heranfahrenden Busses unter. Luise winkte ihr noch einmal zu, bevor sie in den Bus stieg. Dann war sie auch schon weg und ließ eine grübelnde Daniela zurück.
Was würde sie schon noch sehen? Die Frage war, ob sie überhaupt Lust hatte, noch einmal Kontakt zur Gemeinde aufzunehmen. Im Grunde genommen hatte sie nach ihrer Reise keine Lust mehr auf Messe dienen. Das Ganze war eh eine Idee von Monika gewesen, und da hatte sich jetzt halt doch so manches verändert.
Daniela ging weiter, sie hatte noch einiges zu erledigen, wollte nicht länger über dieses etwas seltsame Zusammentreffen nachdenken. Es war ja sowieso vorbei. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, was Luise gemeint haben konnte, alles klang doch etwas zu verworren, zu abstrus, als dass sie daraus ihre Schlüsse hätte ziehen können.
Dann fiel ihr wieder ein, was sie zuletzt erlebt hatte. Wenige Tage vor ihrer Abreise in die USA. Die Erinnerung jagte ihr einen leichten Schauer den Rücken hinab. Als im selben Moment ihr Handy zu piepsen anfing, erschrak sie. Ungläubig starrte sie auf das Display, ihr Herz setzte einen oder zwei Schläge aus, dann atmete sie einmal tief durch und drückte auf die Taste mit dem kleinen grünen Telefonhörer.


Oktober XI

Sie hatte die Kiste ohne viel Worte auf seinen Schreibtisch gestellt. "Ihre Sachen, Chef." Dann hatte sie sich wieder zurückgezogen, hatte sogar die Verbindungstür zwischen den Büros geschlossen, was ungewöhnlich war.

´Der Rick´ legte die Akte zur Seite, in der er gerade geblättert hatte. Ach ja, diese junge Frau unten an der Isar. Vergessen hatte er sie nicht. Dieses hübsche Ding, das da halb im Wasser lag, und dann mit diesen... Sachen am Körper. Jetzt lag sie hier vor ihm auf dem Schreibtisch. Nicht das Mädel, wohl aber das andere.
Er holte tief Luft, hatte eine ganze Weile wie paralysiert auf den Karton gestarrt. Seine Finger begannen unkontrolliert zu zittern. Verdammt! Bloß gut, dass kein Kollege hier war und das jetzt sah. Vorsichtig entnahm er dem Karton die einzelnen Kleidungsstücke. Er musste den Impuls unterdrücken, am Dirndl seine Nase tief im bunten Stoff zu vergraben, auf der Suche nach im Gewebe vorhandenem Geruch, so als könne dieser ihm bei der Lösung des Falles weiterhelfen. Da man trotz erweiterter Suche bisher keine Handtasche gefunden hatte, die womöglich Personalpapiere enthalten hätte, tappten die Ermittler immer noch im Dunkeln. Auch eine Vermisstenanzeige war bisher nicht eingegangen, niemand hatte sich auf die kurzen Berichte in der Presse gemeldet. Unten in der Kiste lag das, was er unbedingt sehen musste. Ein solider, stählerner BH - er schüttelte sich bei dem Gedanken, wie es sich wohl anfühlen mochte, in solch ein Teil eingesperrt zu werden - und der blanke Keuschheitsgürtel. Vorsichtig legte er beide Teile vor sich auf den Tisch, legte sie so, wie sie am Körper des Mädchens gesessen haben mochten. Ganz unten im Karton lagen drei Schlösser, die man zerstört hatte, um Schlösser und Keuschheitsgürtel sowie -BH dem toten Körper abnehmen zu können. Daneben lag eine recht teure Uhr, die er gedankenverloren neben sein Telefon legte, aber erst einmal unbeobachtet ließ.

Was nun? Ein schneller Blick sagte ihm, dass alle Metallteile sauber abgewischt waren. Mit Fingerabdrücken konnte man wohl nicht mehr rechnen. Er seufzte und schloss die Augen. Und konnte nicht verhindern, dass seine Fantasie ihm ein immer deutlicher werdendes Bild seiner Mitarbeiterin vorgaukelte, die diese Sachen an ihrem Körper trug. Er versuchte es, stemmte sich mühsam gegen diesen Gedanken, versuchte, sein sich regendes Geschlecht unter Kontrolle zu bekommen, wusste, dass allein schon der Gedanke ein absolutes Unding war, aber er war nicht der Erste, der feststellen musste, wie willig der Geist auch war. so war das Fleisch in seiner praktischen Schwäche doch immer etwas stärker.

"Chef Alles in Ordnung, Chef?" Er schreckte hoch, hatte Wimmer nicht kommen hören. Die attraktive Frau, die er eben noch in der Fantasie vor sich gesehen hatte, stand vor ihm und betrachtete ihn besorgt. Hauptkommissar Rick fuhr sich mit der Hand über die Augen.

"Nein. Nichts ist in Ordnung, so lange wir diesen Fall nicht zu den Akten legen können. Das hier war alles, was die junge Frau bei sich trug, Wimmer?" Er vermochte es nicht, sie anzusehen. Das Bild in seinem Kopf würde sich auf seine Mitarbeiterin projizieren, so wie ein altmodisches Dia, jeder würde sehen können, was bisher nur er sah: Ingeborg Wimmer in schimmerndem Stahl...

Aber auch die Kommissarin blickte weg. Würde sie die Frage wahrheitsgemäß beantworten, dann würde sie Fragen provozieren, Fragen, die sie nicht hier, nicht heute beantworten konnte. ´Der Rick´ musste nicht alles wissen... "Ja, Chef, das war alles, was sie bei sich hatte." Unbewusst hatte sie das Wort ´bei´ etwas stärker betont, was Rick aber wohl nicht aufzufallen schien. "Die Spusi hat sich die Sachen angesehen, aber da war nichts wirklich Verwertbares. Man wollte eigentlich nur so weit gehen, mit Sicherheit feststellen zu können, dass das Opfer wohl im Wasser gelegen hatte, aber das hätte auch ein Blinder mit´m Krückstock feststellen können. Keine brauchbaren Fingerabdrücke, denn in der Pathologie hat man die Teile fein abgewischt..."

"Abgewischt?" Rick blickte hoch.

"Ja, Chef. Da hatten wohl so viele Leute an den Dingern rumgefummelt, um die Schlösser aufzubekommen, dass alles so angegrapscht war, dass ein junger Praktikant das saubergemacht hatte, bevor er es in die Kiste legte. Pech..."

"Wir haben also..."

"...nichts." Wimmer zuckte die Schultern. "Zumindest nicht viel. Ich glaube nicht, dass wir da weiterkommen, bevor wir das Mädchen identifiziert haben. Kann ja nur noch eine Frage von Tagen sein. Notfalls müssen wir ein Bild an die Presse geben."

"Und diese Dinger hier?" Rick hob den stählernen BH und den Keuschheitsgürtel etwas an. "Könnten Sie...??"

Es entstand eine Pause, die niemand stören wollte. Beide verstanden etwas, das nie gesagt wurde.

"Ja? Könnte ich...??"

Er räusperte sich. Seine Stimme klang belegt. "Könnten Sie vielleicht mal feststellen, wer so etwas überhaupt auf dem Markt anbietet? Wenn wir Glück haben, dann ist das hier aus heimischer Produktion. Und dann könnten wir eventuell an eine Kundenliste kommen."

"Klar, Chef. Mache ich. Soll ich die Sachen wieder mitnehmen?" Die Frage stand plötzlich im Raum.

"Äh, ja, die Sachen hier?"
Mein Gott, gleich würde sie auf seine Hose starren und es sehen! "Natürlich, Wimmer. Nehmen Sie sie mit und schauen Sie mal, ob sie passen..." Er schloss die Augen und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. "...ob Sie passende Information auftreiben können."


Diesmal ging Kommissarin Wimmer, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Sie hatte die Keuschheitsdinger und das Dirndl schnell in den Karton zurückgelegt und war in ihr eigenes Büro zurückgeeilt. Hauptkommissar Rick blieb sitzen und starrte noch eine Weile vor sich hin. Sein Telefon klingelte, er ließ es einen Moment läuten, eine alte Marotte, nie sofort abzuheben, man sollte bloß nicht glauben, er hätte nichts zu tun. Irgendjemand wollte irgendetwas von ihm, mechanisch gab er Auskunft. Er nahm die Uhr in die Hand, betrachtete das zersprungene Ziffernblatt, auf dem die Zeiger um genau 2.18 Uhr stehen geblieben waren. Dann drehte er die Uhr um.
Es dauerte einige Sekunden, bevor er es bemerkte. Am unteren Deckel der Uhr hatte man eine durchsichtige Folie aufgeklebt und an einer Stelle unter der Folie befand sich ein kleines Stück Papier, farblich so an den Deckel angepasst, dass man es kaum bemerken konnte. Was war das?
Rick klemmte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter, suchte in der obersten Schreibtischschublade nach dem alten Messer, das er als kleiner Bub einmal geschenkt bekommen hatte, und begann, vorsichtig die Folie zu entfernen. Als es ihm möglich wurde, unter das kleine Zettelchen zu blicken, erstarrte er. Eine Nummer!
Ohne sich groß von seinem Gesprächspartner zu verabschieden unterbrach er das Telefonat, drückte mehrere Male auf die Gabel um eine Freischaltung zu bekommen. Dann wählte er die interne Nummer, um aus dem eigenen Telefonnetz herauszukommen und gab schließlich mit klopfendem Herzen die Nummer ein, die er auf dem Zettelchen gefunden hatte. Er hörte das Rufzeichen, wartete geduldig mehrere Sekunden, bis er auflegte und gleich noch einmal wählte. Diesmal hatte er mehr Glück. Eine Frauenstimme meldete sich: "Jensen!"

Keine zwei Minuten später brüllte er, noch von seinem Platz aus: "Wimmer! WIMMER!! Kommen Sie mal, schnell!" Ingeborg Wimmer erschien in der Tür, lehnte sich an und schüttelte Stirn runzelnd den Kopf. "Wimmer, wir wissen, wer sie ist! Jetzt kann es nicht mehr lange dauern, bis ich den Fall gelöst habe!"



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SwitchEr Volljährigkeit geprüft
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:25.02.13 18:50 IP: gespeichert Moderator melden


Na hat sie nun die Sachen anprobiert oder nicht? So lange an den Schlössern rumfeilen um dann doch nicht.. ? Oh man, mach es doch nicht immer so spannend

Danke für die Forsetzung!
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maximilian24
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:02.03.13 18:30 IP: gespeichert Moderator melden


An alle Leser:
Bitte seid euch bewusst, es sind nur noch wenige Sonntage an denen uns ab 22h ein Stück der Geheimnisse um Monika, Daniela, Klaus und Barbara gelüftet werden wird. Ich hoffe, viele freuen sich mit mir auf spannende Sonntagabende.
Also, bis Sonntag 22h
Euer Maximilian
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:02.03.13 20:54 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela,

wieder einmal eine sehr schöne Fortsetzung, die viel Inspiration beinhaltet, und doch so unterhaltsam zu lesen ist.

Es ist schön, wenn der ältere, niederländische Herr der jungen Daniela so bereitwillig weiterhilft. So wächst Europa sicherlich besser zusammen, als wenn es von "oben" verordnet wird, eben in Freundschaft und gegenseitiger Hilfsbereitschaft "von unten".

Ja, die Zeit mit Monika war sicher prägend für Daniela, hat sie doch eine Leidenschaft und Gefühle in ihr ausgelöst, die sie nicht mehr missen will.

Schwester Hildegard hat die Strafbank jetzt wohl fertig und einsatzbereit - und Luise wird wohl schon in deren "Genuß" gekommen sein, wie es scheint. Aber kann man wirklich erwarten, durch solche Strafen einen Menschen zu "bessern", der doch eigentlich nichts Schlimmes getan hat? Besonders, wenn diese "Strafe" eigentlich eher etwas mit Folter zu tun hat? Und was ist mit Schwester Hildegard denn innerlich los, genießt sie diese "Erziehungsmethode" vielleicht sogar innerlich? Projeziert sie ihre eigenen Frustrationen und Entbehrungen etwa, läßt andere leiden, da sie selbst evtl. unter den Ordensregeln bisher so lange zu leiden hatte? Oder kann sie es nicht ertragen, daß andere einfach mehr Spaß aus ihrem Leben holen, Spaß, der ihr nicht vergönnt war? Und wie geht sie dabei mit dem Machtgefühl um, das sie sicher verspüren wird dadurch? Nun, sie hat ein weiteres Opfer in dieser Welt dadurch geschaffen - auch wenn Luise sich dann durch ihren Weggang gerade noch selbst retten konnte, aber dadurch auch etwas verloren hat, was sie im Grunde eigentlich doch sehr gemocht hat, und jetzt immer noch zu leiden hat deswegen. Eine sehr schlimme Entwicklung.

Ich habe keinen Zweifel, daß Ingeborg Wimmer die Teile wirklich anprobiert hat - und sie auch gepaßt haben. Und was mag das bei ihr ausgelöst haben? Ist sie jetzt auch dieser speziellen Art des Bondage verfallen? Rick würde es wohl sehr gefallen, läßt ihn der Gedanke daran doch auch nicht los. Aber was mag wohl geschehen, wenn Ingeborg bei ihrer Recherche auf die wesentlich größere Auswahl an KGs für Männer stößt?

Claudia ist wieder da aus Australien, wo ja auch Monika´s Vater lebt. Ich bin gespannt, welche Rolle sie jetzt spielen wird in Deiner Geschichte. Sie bringt die Planung von Daniela ja ganz schön durcheinander, zumindest scheint es bisher so.

Rick scheint eine sehr heiße Spur gefunden zu haben. Ich bin gespannt, was bei der Verfolgung dieser Spur ans Tageslicht kommen wird.

Viele Fragen, und doch noch keine Auflösung. Es bleibt spannend bis zum Schluß - und doch wünscht man sich, daß es ab jetzt immer noch langsamer bei der Auflösung wird, damit wir alle noch sehr lange sehr gespannt auf Sonntagabend warten.

Liebe wenn auch keusche Grüße
Keuschling
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Daniela 20
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:03.03.13 22:00 IP: gespeichert Moderator melden


Frühling! Sonne!! Plusgrade! Zwitschernde Vögel! Nun ja, eigentlich nenne ich das hier lieber Frühjahr. Frühling ist dann, wenn die Narzissen und Tulpen blühen! Es freut mich, dass meine Leser mir treu bleiben. Vergesst nicht, ein kleiner Gruß erfreut das einsame Herz Eurer Autorin. Es muss ja keine umfassende Textanalyse sein, ein paar nette Worte tun es auch!
Ja, Maximilian hat recht: genießt diese letzten Sonntage jetzt, in einigen Wochen wird die Geschichte zu Ende sein. Nichts ist für die Ewigkeit, auch meine Geschichte nicht.....
Eure Daniela
---

August III.

Leer. Er fühlte sich leer wie das Universum, seit Wochen schon. Seit dem Bruch mit seiner Oma vor einigen Wochen hatte sich eine spürbare Eiszeit in seinem Innern breit gemacht, hatte sich an seine Füße geklammert, hatte langsam aber sicher von seinem Geist und seinem Körper Besitz ergriffen.
Dabei zweifelte Klaus nicht im geringsten daran, richtig gehandelt zu haben. Es war mehr als schmerzhaft gewesen, in das krankhafte Denken seiner Großmutter einzudringen, zu erfahren, welch niedere Beweggründe sie zu ihrem Tun veranlasst hatten. Was aber alles nichts an der Tatsache änderte, dass er sich verraten und verkauft fühlte und dies ausgerechnet von der Person, die ihm jahrelang die Mutter ersetzt hatte. Und jetzt war er allein. Allein und leer.
Es gab niemanden mehr, mit dem er zusammensein mochte. Was nicht so ganz den traurigen Tatsachen entsprach. Es gab schlichtweg niemanden mehr, der für ihn da war. Oder für sie. Für Barbara. Er hatte versucht, seiner Großmutter gegenüber die Karten auf den Tisch zu legen, wollte so wahnsinnig gern von ihr als ganz normaler Mensch akzeptiert werden, egal, welche Kleider er trug. Aber das war ihm nicht gelungen. Immer hatte er ganz unbewusst gespürt, dass sie ihn als krankhaften Fall betrachtete, als jemand, der auf jeden Fall in Behandlung gehörte. Letzten Endes war das Leben für ihn - für sie - einfacher ohne den Kontakt zur Oma.

Und auch zu Monika hatte er keinen Kontakt mehr. Seit ihrem letzten, misslungenen Treffen hatte es keinen weiteren Versuch gegeben. Er wusste, dass sie wieder in einem, jetzt sogar doppelt gesichertem, Keuschheitsgürtel steckte. Das kurze Aufflammen sexueller Begierde war längst wieder erloschen. Und er selber hatte nur noch ganz sporadischen Kontakt zu sowohl Eva Kallipke, jener kleinen Verkäuferin, als auch zu Lynn, der Rettungssanitäterin. Beide hatten eine Zeitlang mitgespielt, hatten aber das Interesse verloren, als sie merkten, dass es für ihn alles andere als ein Spiel war. Nein, in die weibliche Rolle schlüpfen zu können bedeutete eine Lebensnotwendigkeit für ihn, so wie das Atmen. Dumm war nur, dass es niemand verstand.
Genauso wenig wie sein unstillbarer Wunsch nach weiblicher Dominanz. Auch wenn es ihm schwerfiel, sich das einzugestehen, so waren doch jene Monate, in denen Monika ihn, den Jungen Klaus, zu ihrem Transensklaven gemacht hatte, mit die glücklichsten in seinem Leben. Sie hatte ihn dazu erpresst, Mädchenkleider anzuziehen, hatte ihm sogar eine eigene kleine Wohnung besorgt, aber unter der Bedingung, dass er nur als Barbara dort wohnen dürfe. Und er hatte glücklich mitgespielt, genoss es, kein Junge, kein Mann sein zu müssen.

Jetzt aber war sein Leben orientierungslos geworden. Es war niemand mehr da, der ihm den Weg vorgab. Niemand, der seine Genitalien wegsperrte, sodass sie für ihn unerreichbar wären. Er hatte sein soziales Jahr beendet, musste nicht länger die Pflege seiner Oma übernehmen, konnte im Grunde genommen tun und lassen, was er wollte. Nur eben, dass er keine Ahnung hatte, was er wirklich wollte.
Er überlegte, ob er wirklich das erfahren hatte, was er sich gewünscht hatte. Sowohl als auch. Die ersten Male, als er im Dirndl unterwegs war, ja, da hatte ihm das Herz bis in den Hals geklopft! Aber er hatte auch feststellen müssen, dass ja nie jemand wirklich wusste, dass er nur ein verkleideter Junge war. Wenn es ganz richtig wäre, dann müsste man ihn eigentlich gefesselt und angeleint durch die Straßen Münchens ziehen, und zwar ohne Perücke und Makeup! Oh ja! Klaus merkte, wie sich sein Glied versteifte, als er seinen Gedanken nachgab, ja, und dieser kleine Italiener mit dem Frauennamen, Andrea, der müsste ihn so hinter sich herziehen!

Er schüttelte sich. Wunschträume. Er hörte die Klappe seines Briefschlitzes unten an der Haustür klappen. Er schüttelte sich. Wunschträume. Der Briefträger! Wenn der jetzt ein Einschreiben für ihn hatte... jetzt, wo er hier an der Kette hing! Sein Glied wurde noch fester, der Gedanke an Entdeckung trieb das Blut in die Schwellkörper, immer enger legte sich der stachelbewehrte Eierköpfer um sein Genital. Er hatte das Ding vor einigen Tagen in der Stadt entdeckt, hatte keine Ahnung, wozu es diente, musste erst eine Verkäuferin fragen, die ihm sagte, es sei ein Eierköpfer, wobei sie leicht errötete. Sie hatte ihm das Teil aus der Hand genommen, hatte ihm lächelnd gezeigt, was passierte, wenn man den einer Schere ähnlichen Griff zusammendrückte: im Innern des Ringes wurden spitze Stacheln sichtbar, Stacheln, die sich in die harte Eierschale gruben, die das Ei köpften. Er hatte es sofort gekauft, obwohl er gar keine Eier mochte.
Eine kurze Kette war schnell beschafft, kleine Schlösser hatte er noch genug; es war noch gar nicht so lange her, dass er halb München an Schlössern leergekauft hatte. Seitdem schlief er fast jede Nacht ´an der Kette´, genoss den heftigen Schmerz, den sein Glied selbst im Schlaf an sein müdes Hirn sandte, einen Schmerz, der sein Glied nur noch weiter anschwellen ließ. Und ohne Schlüssel war es ihm nicht möglich, das stachelige Ding wieder abzuziehen, solange sein Herz unablässig und unkontrolliert Blut in sein hilfloses Geschlecht pumpte. Es war seine Geilheit, die ihn an sein Bett fesselte; nur wenn seine Erregung abnahm, konnte er sich befreien. Aber es gab Momente, in denen sich das nicht steuern ließ. So auch jetzt, als er sich vorstellte, Andrea würde ihn so hinter sich herziehen, die Kette würde unter seinem kurzen Petticoatrock verschwinden, und er wäre dem kleinen Italiener hilflos ausgeliefert, nur weil er nicht Herr seiner eigenen Geilheit werden konnte.

Plötzlich musste er lachen. Er hatte für einen Moment wieder an den Briefträger gedacht, der möglicherweise gleich die Treppe zu ihm hochkommen würde, und hatte dann die Stimme von Münchens OB Christian Ude gehört: "....oder die BriefträgerIN..." Oh nein! Dieser Mann! Und wie immer: Heiterkeit und Geilheit vertrugen sich schlecht; sein Glied schrumpfte zu knabenhafter Größe, mit einiger Mühe ließ es sich aus dem Stachelkranz herausziehen.

Es war selten, dass er Post bekam, genauer gesagt bekam er hier nie Post, weil hier Barbaras Zuhause war. Nicht das von Klaus. Und so zog sie sich jetzt wieder an, schlüpfte in ihr weibliches Ich, was so einfach war, dass man es kaum glauben mochte. Den BH mit den Einlagen, eine feste Miederhose, darüber die Feinstrumpfhose. Einen luftigen, knielangen Rock und ein buntes top, zum Schluss die Perücke, die er nach der Schnipselei von Daniela vor einigen Monaten immer noch benötigte, dann war sie fertig angezogen.
Barbara lief die kurze Treppe hinab und sammelte diverse Reklameblätter vom staubigen Fußboden auf. Und eine Karte. Eine Karte mit dem Bild der Freiheitsstatue! Sie ließ die Reklame wieder fallen und las noch auf der Treppe, was Daniela ihr geschrieben hatte.

%%%


"Schön, dass Sie kommen konnten!" Der Organist hatte ihr die Tür geöffnet, sichtlich erleichtert, dass sie zur Vorabendmesse hatte kommen können. "Tut mir leid, dass ich Sie so überfallen habe, aber im Moment sind Sie wirklich die einzige Messdienerin, die zu erreichen war. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?"

"Nein nein", beeilte Daniela sich zu sagen, während sie zum ersten Mal seit ihrer Reise wieder an den Schrank ging und ihr gewohntes Messdienergewand hervorholte, den langen, schwarzen Talar und das weite, faltenreiche Chorhemd aus weißem Stoff. Der Organist ließ sie allein, vom Priester war noch nichts zu sehen, denn sie war glatt eine halbe Stunde zu früh gekommen. Das lag nicht an ihrer Uhr, die eigentlich nie falsch ging, sondern eher daran, dass sie einen etwas dreisten Gedanken gefasst hatte. Sie musste es einfach wissen!
"Ist Schwester Hildegard noch nicht da?"

"Schwester Hildegard ist seit einigen Tagen krank. Deshalb bin ich ja jetzt da. Aber sie managed die Dinge immer noch vom Krankenbett aus. War ganz erleichtert, als ich ihr mitteilen konnte, dass Sie den Dienst heute Abend übernehmen. So, ich muss hoch zur Orgel, schnell noch einiges vorbereiten."

Er verabschiedete sich mit einem kurzen Kopfnicken, dann war Daniela allein.
Sie hatte sich immer noch nicht an die Tatsache gewöhnt, dass sie im Alter von achtzehn Jahren doch noch Messdienerin geworden war. Eine seltsame Hassliebe war spät in Erfüllung gegangen, nicht zuletzt, weil Monika ein wenig nachgeholfen hatte. Monika hatte den Kontakt zu dieser Gemeinde hergestellt, Monika hatte dafür gesorgt, dass sie hier mitmachen musste, ob sie wollte, oder nicht. Und genau das war der springende Punkt. Sie wusste es selber nicht. Damals, als man in der Schule das Anmeldeformular zu den Messdienern herumgereicht hatte, da wusste sie genau, dass sie nie im Leben so etwas machen wollte, sie war so schüchtern, dass sie schlichtweg Angst davor hatte, als Messdienerin vor die Gemeinde zu treten. Dumm war nur, dass sie diesen Entschluss eigentlich immer bereut hatte, dass sie sich im Grunde genommen nichts sehnlicher wünschte, als Messdienerin zu werden. Richtig verstehen konnte sie all dies selber nicht. Und jedes Mal, wenn sie sich für den Dienst am Altar vorbereitete, wenn sie die liturgischen Gewänder überstreifte, dann blieb ihr vor Aufregung fast das Herz stehen. So auch jetzt. Aber nicht nur deshalb.

Sie wusste genau, wo die Schlüssel zur Krypta waren. Sie musste Gewissheit haben! Sie musste wissen, wovon Luise gesprochen hatte, jene dunklen Andeutungen, dass Schwester Hildegard.... Ja, was
Vorsorglich verzichtete sie darauf, das Licht in dem langen Gang einzuschalten, der zur Krypta führte. Der kleine Gebetsraum unter der Kirche hatte einige bunte Glasfenster, genügend Licht würde einströmen sie die Dinge sehen zu lassen, die sie vermutete. Wie ein lautloser Schatten huschte sie durch den Gang, kam zur Glastür der Krypta, die erwartungsgemäß abgeschlossen war. Nervös blickte sie auf ihre Uhr; die Zeit verging schneller, als erwartet. Sie tastete im Halbdunkel nach dem Türschloss, verlor vor lauter Aufregung den Schlüssel, der laut polternd zu Boden fiel.

In der Krypta schlug ihr der Geruch erkalteten Weihrauchs entgegen. Es war dunkler als erhofft, die Fenster, die allesamt auf der östlichen Seite lagen, befanden sich bereits im ersten Abendschatten. Sie blieb stehen und lauschte angestrengt in den Raum hinein. Konnte sie ein leises Wimmern hören? Oder kam es von draußen, war es nur das übliche Wimmern der alten Pappeln, die vor der Kirche standen?
Daniela holte tief Luft. Genau das hier, was sie jetzt machte, hatte sie ganz bestimmt nicht machen wollen. Was, wenn sie entdeckt wurde? Wie sollte sie sich herausreden? Oder sollte sie ganz einfach mit der Wahrheit ans Licht, dass sie wissen wollte, ob das ´Projekt´ fertig geworden war? Und dann? Würde sie durch das ´Höllentor´ gehen müssen?
Sie erschrak bis ins Mark, als sie eine weiß gekleidete Person sah, die langsam mit unsicherem Schritt, von der entgegengesetzten Seite des Raumes auf sie zukam. Sie blieb stehen, wagte es nicht zu atmen. Auch die andere Person blieb stehen.

"Ach scheiße!" murmelte sie, als sie erkannte, dass sie sich nur in der zweiten Glastür gespiegelt hatte. Erleichtert ging sie weiter und lief genau in ein großes Lesepult hinein, das irgendjemand dummerweise mitten im Gang abgestellt hatte und nun mit lautem Getöse umfiel. Sie fror zur Statue. Hatte das jemand hören können? Aber wer sollte es gehört haben? Mit einigem Kraftaufwand richtete sie das Pult wieder auf und beeilte sich nun, zu jener kleinen Seitentür zu kommen, hinter der die Lösung ihres Rätsels liegen musste. Der Schlüssel steckte im Schloss und sie schloss auf.
Der Raum war stockdunkel. Sie betätigte den Lichtschalter, die alte Neonlampe ging nach mehrmaligem Blinken an und tauchte den Raum in kaltes, graues Licht. Linker Hand waren die kleinen Fähnchen zu sehen, die man früher zur Ausschmückung des Prozessionsweges an Christi Himmelfahrt benutzt hatte. Auch der sogenannte ´Himmel´ war da. Was nicht zu sehen war, war das Höllentor. Nichts. Kein Tor, kein Schild mit der Aufschrift ´Confiteor´. War sie denn überhaupt im richtigen Raum??

Plötzlich drangen Schritte in ihr Bewusstsein. Daniela sprintete zurück zur Tür der kleinen Kammer, schaltete das Licht aus und zog die Tür so weit wie möglich zu, ohne sie ganz zu schließen. Das Herz hämmerte ihr bis in den Hals und es bestand wohl kein Zweifel daran, dass jeder andere, der die Krypta betrat, es hören musste.
Die Schritte wurden lauter, kamen den Gang hinunter. Sie hörte das dumpfe Geräusch der Glastür, dann wurde das Licht in der Krypta eingeschaltet. "Hallo? Hallo?? Ist da wer?" Es war die Stimme des Priesters, der wohl das Geräusch gehört haben musste, als Daniela das Lesepult umgeworfen hatte. Daniela versuchte, durch den Türspalt zu blicken, konnte aber nichts erkennen. Nur einige schwache Geräusche waren noch zu hören, Schritte, die suchend den Raum kreuzten, dann wurde das Licht wieder ausgeschaltet, wieder gab es das dumpfe Klappen der Glastür. Dann war es vorbei.
Daniela atmete auf, verließ den kleinen Raum und setzte sich, am ganzen Leib zitternd, in eine Bank. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Jetzt aber musste sie sich beeilen. Ein weiterer Blick auf das erleuchtete Ziffernblatt ihrer Uhr zeigte ihr, dass es höchte Zeit war, in die Sakristei zurückzukommen. Sie stand auf, ordnete ihe Gewänder, ging zur Glastür, diesmal ohne etwas umzuschmeißen. Sie drückte die Klinke runter und erschrak, als sie merkte, dass die Tür abgeschlossen war. Sie hatte den Schlüssel außen stecken lassen; der Priester hatte nach seinem Kontrollgang die Tür abgeschlossen. Jetzt war guter Rat teuer. Sehr teuer.

%%%


Monika warf genervt ihr Handy auf ihr Sofa. Warum ging Daniela denn nicht dran? Das sah ihr eigentlich gar nicht ähnlich! Dabei platzte sie fast vor Mitteilungsdrang. Ja, es war erst wenige Tage her, dass sie selber der Freundin die möglicherweise schlechte Nachricht überbracht hatte, dass ihre Kusine Claudia wieder zurück in München war, und sie deshalb nicht, wie eigentlich geplant, bei ihrer Tante würde wohnen können. Auch das sollte natürlich keine permanente Lösung sein, aber bis Daniela ein Zimmer in einer WG oder einem Studentenwohnheim finden würde, war es allemal besser, als wochenlang in der Jugendherberge, oder schlimmer noch, auf dem Zeltplatz hausen zu müssen.
Wieso tat der Staat eigentlich so wenig für seine Stundenten? Nein, sie kapierte es einfach nicht. War Bildung und Ausbildung denn nicht die wichtigste Aufgabe für einen Staat? Galt es nicht, der jeweils in den Startlöchern stehenden Generation beste Chancen zu ermöglichen? Wieso baute man überall im Lande feine Straßen, damit die Leute besser vorwärts kamen, nur im Bildungssektor nicht?
Mit einem Mal musste sie lachen, als ihr einfiel, wie kaputt viele Straßen in der Umgebung waren, sobald man aus einer reichen Kommune heraus war! Hat sich was mit Vorwärtskommen! Ja, die fetten Jahre waren vorbei, jetzt waren Stress im Verkehr und Studium angesagt: Regelstudienzeiten, Bachelor-Studiengänge, die längst nicht das brachten, was sie hätten bringen sollen, und viel zu wenig weiterführende Master-Studiengänge. Und was wollte Daniela noch mal studieren?? Sozialwissenschaften?? So ein Blödsinn.

Aber egal. Wichtiger war es, dass sie möglichst bald von der veränderten Lage Bescheid bekam. Monika hatte sich lange Gedanken gemacht, einen Lösungsweg zu finden und war nicht wenig stolz auf das, was ihr schließlich eingefallen war. Jetzt musste Daniela nur noch kommen!
Noch einmal wählte sie Danielas Nummer, aber wieder schaltete sich nur die Mailbox ein. Nein, lieber nicht, dachte sie, denn sie hasste Mailboxen. Keine Nachricht konnte so wichtig sein, dass man nicht noch eine Stunde warten konnte. Man musste sich halt in Geduld üben, eine Eigenschaft, die jungen Leuten heutzutage leider viel zu schnell abging.

Geduld! Ja, wenn sie nur selber Geduld hätte! Zum hundertausendsten Male fuhr ihre Hand dorthin, wo sie seit Wochen bereits wieder versperrt war. Immer mehr dämmerte es ihr, dass sie einen riesengroßen Fehler gemacht hatte. Agnes und ihre blöde Enthaltsamkeit!! Sie wusste, dass sie die nette Nachbarin, Danielas Tante, total missverstanden hatte. Sie hatte sich erneute Keuschheit auferlegt, diesmal gleich von zwei Menschen kontrolliert, aber das war nicht das, wovon Agnes gesprochen hatte. Nein, diese hatte wohl eher gemeint, dass sie anfangen sollte, nicht immer und ständig an Sex zu denken! Dass sie ihre Gedanken in produktivere Bahnen lenken sollte, auch wenn dies zugegebenermaßen schwierig war. Aber die Nachbarin hatte ihr auch einen Weg gezeigt, der möglicherweise etwas bringen konnte.
Jetzt aber war ihr endlich klar geworden, dass sie aus diesem verdammten neuen Keuschheitsgürtel raus musste. Es war ihr Körper, ihre Sexualität, und sie sah nicht ein, warum sie sie ständig von anderen Personen kontrollieren lassen sollte. Sie würde das Spiel jetzt beenden, hier und heute. Sie wollte Sex, wollte ihre Finger tief in ihrer feuchten Scham versenken, wollte endlich einmal mit einem Mann zusammen sein, so sie denn einen finden würde. Aber das wäre wohl nicht das allergrößte Problem, und dann war da ja immer noch Klaus, falls der wieder aus seinem KG heraus war.

Ungeduldig polterte sie die Treppe hinab. Ihre Mutter war dabei, das Abendessen zuzubereiten. Vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, dachte sie, aber sie wusste, dass sie es nicht länger in ihrem stählernen Tugendwächter aushalten würde.
"Mama, lass mich raus! Komm, schließ mich auf! Ich habe keine Lust mehr!"

Pia ließ das Messer sinken und betrachtete sie misstrauisch. "Rauslassen?? Kommt gar nicht in Frage. Von rauslassen hast Du nie etwas gesagt in unserer Übereinkunft. Ich sollte darauf aufpassen, dass du keusch und unberührt bleibst, und das tue ich auch." Sie schnitt weiter einige Tomaten klein.

"Ja, ich weiß, worum ich dich und Agnes gebeten habe. Aber jetzt bin ich fertig damit. Schluss, vorbei. Ich habe keine Lust mehr, Mama."

"Bist du dir sicher, dass du keine Lust mehr hast?" Die Mutter betonte das Wort ´keine´. "Oder ist es nicht vielleicht so, dass du deine Lust nicht mehr zügeln kannst? Hm..."

"Mama!! Spar dir deine Belehrungen! Und hol lieber den Schlüssel, damit ich dann zu Agnes rübergehen kann."

Ihre Mutter trocknete die Hände an einem Handtuch ab. "Zieh dich schon mal aus! Ich hab das ja kommen sehen...." Ohne weitere Worte verließ sie die Küche.
Monika atmete auf. Das wäre geschafft. Und viel nachzudenken begann sie, sich auszuziehen. Warum sollte sie sich eigentlich ausziehen??

Ihre Mutter kam wieder. Sie hatte einen Karton dabei, den Monika noch nicht vorher gesehen hatte. "Komm, nimm mal die Haare hoch!" Schneller als dass sie hätte reagieren können, hatte Pia ihr die Halsgeige umgelegt und ihre Hände in die dafür vorgesehenen Löcher gelegt. Ein kurzes Drücken, dann setzte sie den Sicherungsbolzen ein. Monika war gefangen.
"Mama!!! Lass den Blödsinn! Ich habe gesagt, ich will das hier nicht mehr. Hörst du?? Es ist aus, vorb...." Sie kam nicht dazu, ihren Protest genauer zu verkünden, schon hatte die Mutter sie mit dem großen schwarzen Gummiball geknebelt. Monika schloss die Augen. Sie brauchte es nicht zu sehen, was ihre Mutter mit ihr tat. Sie verstand es auch so. Etwas Kaltes, Metallenes wurde ihr um den Hals gelegt, dann folgte ein ebenso kalter BH. Ketten fielen ihr über den Oberkörper hinab, sie vernahm das leise Klicken mehrerer Schlösser.
Als die Mutter ihr die nächsten Sachen überstreifte wusste sie, dass sie ab jetzt erst mal wieder auf ihre Jeans verzichten konnte. Sie bemühte sich, langsam und ruhig zu atmen, keine Panik aufkommen zu lassen. Das hier würde nicht ewig so weitergehen. Ihr Entschluss stand fest, sie wusste, dass all dieses Stahlzeug der falsche Weg war, dass es ihr keine Sicherheit geben konnte. Nein, das alles hier war mehr als falsch. Und gleichzeitig begriff sie, dass Agnes mit ihrem Vorschlag den einzig gangbaren Weg aufgezeigt hatte, einen Weg der ihr so einiges an Mut abverlangen solle, der aber - hoffentlich - eines Tages zu ihrer Befreiung, ihrer seelischen Befreiung, führen sollte.

%%%


"Kommen Sie auch schon? Und wie sehen Sie eigentlich aus?"

"Wieso?" Daniela schaute an sich hinunter. Sie hatte sich nach ihrem ´Ausbruch´ aus der Krypta schnell auf die Toilette zurückgezogen, dort ihre vorher abgelegten Messdienergewänder wieder angezogen und die beim Klettern durch eines der schmalen Fenster schmutzig gewordenen Hände gewaschen. Irgendwie hatte sie mehr Glück als Verstand gehabt, hatte einen Stuhl unter das Fenster stellen können und sich dann irgendwie hochgehangelt. Trotzdem war sie sich im Klaren darüber, dass es beinahe ins Auge gegangen wäre.
Sie war froh, dass der Priester sich mit ihrer unschuldigen Antwort zufrieden gab und keine weiteren Erklärungen verlangte. Die folgende Abendmesse verlief ohne große Herausforderung, es waren nur wenige, ältere Gemeindemitglieder gekommen, jüngere Leute sah man sowieso nie. So ganz hatte sie nie verstanden, warum es so war, aber es lag nicht an ihr, das zu ändern. Eigentlich schade, dachte sie, denn seitdem sie Messdienerin geworden war hatte sie durchaus Dinge an diesem Glauben verstanden, die ihr vorher nicht so vermittelt worden waren. Und sie hatte instinktiv begriffen, warum Menschen mit festem Gottesvertrauen besser durchs Leben kamen, als solche, die keines hatten. Dumm war nur, dass sie eigentlich niemanden kannte, mit dem sie ihre Erkenntnis teilen konnte.

Schon während der Messe waren ihre Gedanken immer wieder abgewandert. War sie im richtigen Kellergang gewesen? Aber da hatten doch diese Fähnchen gestanden! Wieso aber hatte sie keine Spur von Schwester Hildegards ´Höllenpforte´ gesehen? Hatte sie alles wieder abgebaut? Oder... hatte sie selber sich das Ganze vielleicht nur eingebildet?
Eine Antwort hatte sie auch Stunden später noch nicht gefunden. Daniela lag in ihrem Bett und grübelte. Überlegte, was Luise wohl gemeint haben könnte. Total durchgeknallt, so hatte sie von Schwester Hildegard gesprochen. Vielleicht hätte sie alles klären können, wenn sie Luise einfach angerufen hätte, aber sie hatte Luises Telefonnummer nicht, ja sie wusste nicht einmal so ganz genau, wo das Mädchen wohnte. Privat hatten sie nie Umgang miteinander gehabt, der Altersunterschied betrug zwar nur wenige Jahre, aber Daniela hatte immer genug mit ihren eigenen Freunden zu tun gehabt. Und Schwester Hildegard selbst zu fragen war schlichtweg nicht möglich.
Es ließ ihr keine Ruhe. Konnte es denn wirklich sein, dass die Ordensfrau ihr seltsames Werk fertiggestellt hatte, und dass Luise vielleicht ihr erstes Opfer auf der Strafbank geworden war? Sie atmete tief durch. Nein. Und sie selber wollte nichts damit zu tun haben. Hatte sie nicht Schwester Hildegard die Münchner Strafbank ganz genau beschrieben? Oder hatte sie das nur geträumt? War das alles eigentlich real, oder existierte es nur in ihrer Einbildung?

Daniela löschte das Licht und legte sich zurück. Einen Moment sah sie Luise, die jammernd auf der Strafbank kniete, während die Nonne böse lächelnd hinter ihr stand, ohne einzugreifen. Dann aber verschwand das Bild der jüngeren Messdienerin und wurde von ihrem eigenen Bild überlagert. Sie selber kniete dort, sie wollte dort knien, sie verspürte zum ersten Mal seit Monaten wieder den unheimlichen Wunsch, sich einem Stärkeren zu unterwerfen.


Oktober XII

Der Fall stand kurz vor der Aufklärung. Das zumindest glaubte Hauptkommissar Rick zu spüren, da war er sich sicher. Man hatte endlich etwas Konkretes, einen Namen, eine Adresse, einen Ausgangspunkt. Jetzt würde man darangehen, das gesamte soziale Umfeld der Verstorbenen aufzubröseln, das kriminalistische Netz auszubreiten und darauf zu hoffen, dass der Täter - oder die Täterin - darin hängen blieb. In fast allen Mordfällen ließ sich früher oder später ein Zusammenhang mit dem Umfeld herstellen; er war sich sicher, dass dies auch hier der Fall sein würde.
Wenn, und das war der Casus Knackus, wenn es ein Mord gewesen war. Leider sprach doch so einiges eher auf einen Unfall mit Todesfolge hin, als auf ein furchtbares Verbrechen, genaueres würde die Pathologin auch nicht sagen können. Oder doch? Der endgültige Obduktionsbericht lag immer noch nicht auf seinem Schreibtisch, vielleicht musste er jetzt ein wenig Druck machen?

Rick klemmte sich den Telefonhörer ans Ohr und wählte die Nummer der Pathologie, die er nach vielen Jahren im Amt auswendig kannte. Das Telefon am anderen Ende klingelte, einmal, zweimal, dreimal. Ja, ging den dort niemand an den Apparat? Oder machten die es am Ende gar wie er selbst? Endlich wurde abgehoben. "Hallo? Frau Doktor? Hier Rick. ... Ja, die junge Frau. Ob Sie schon...?" Warum nur bekam er immer feuchte Hände, wenn er mit der Pathologin sprach? "Ja ... nein, habe ich nicht ... wie bitte, was? Ach so, das Ding! Ja klar, wir untersuchen es ... wann, sagten Sie? Am nächsten Samstag schon? Ja, ja, doch, wir haben daran gedacht. Also Sie meinen, es sei wohl doch eher kein Mord? ... ach so, ja, klar. Also verblutet. Todeszeitpunkt? Können Sie da schon was sagen? ... Ja, ich weiß, schwierige Bedingungen ... aha, dann hat sie also tatsächlich noch einige Zeit dort gelegen, man hätte sie retten können ... Ja Frau Doktor! Mach ich. Also dann, vielen Dank! Ende."

Langsam kratzte er sich das Kinn. Die nächsten Schritte wollten wohl überlegt sein. Man konnte eventuell eine Spur aufnehmen, wenn man Glück hatte. Jetzt kam es erst einmal darauf an, die Arbeit zu verteilen. Er selber wollte den Kontakt mit der Familie aufnehmen, für Wimmer hatte er eine ungleich spannendere Aufgabe vorgesehen. Er stand auf, ging zur Tür und rief ungeduldig nach seiner Mitarbeiterin. "Wimmer! Kommen Sie mal!"

"Chef?" Seine Mitarbeiterin stellte sich nun ihrerseits in den Türrahmen, nachdem Rick wieder Platz genommen hatte.

"Ich hatte gerade mit Frau Doktor gesprochen, sehr interessant, sehr interessant." Er legte eine kleine Kunstpause ein. "Also, die Pathologin ist sich ziemlich sicher, dass wir hier nicht von einem brutalen Mord sprechen können. Doch wohl eher ein böser Unfall. Der Tod der jungen Frau hätte allerdings mit ziemlicher Sicherheit verhindert werden können, hätte man rechtzeitig Rettungskräfte hinzugezogen. Ein anonymer Anruf hätte da schon gereicht..." Er ließ seine Worte einen Moment im Raum stehen; Wimmer unterbrach ihn nicht. "Ich habe hier unter der Uhr der Verunglückten eine Telefonnummer gefunden und eine Frau Jensen am Apparat gehabt. Wer das ist und in welcher Beziehung sie zur Toten steht, weiß ich noch nicht, am Telefon hatte ich vorgegeben, sie unter einem anderen Vorwand sprechen zu wollen. Ich mache das gleich, während Sie..." - er konnte eine leichte Unsicherheit der Stimme nicht verbergen - "während Sie Ihren nächsten Einsatz vorbereiten. ´Under cover´, wie man auf Neudeutsch sagt."

Komissarin Wimmer sah ihren Chef erstaunt an. Derartige Aktionen gehörten nicht zu ihrem normalen Einsatzgebiet. Allerdings kannte sie ihren Chef genug, zu wissen, dass er manchmal den Mund etwas voll nahm. Es würde wohl nicht so schlimm werden. Trotzdem zog sie eine Augenbraue hoch. "Under cover?"

"Ja. Ich sage Ihnen gleich, was sie tun sollen, und zwar schon übermorgen, Wimmer. Jetzt aber..."

"Übermorgen? Am Samstag?" Die Beamtin klang gereizt.

"Immer Ruhe mit den Pferden, Frau Kollegin. Sie sollen ja nur zu einem Fest gehen, mehr nicht! Was ich aber sagen wollte, also ich habe gerade mit Frau Doktor gesprochen und sie sagte... also sie sagte... sie meinte..." Er druckste herum wie ein pubertierender Oberschüler.

"Chef? Was hat sie denn nun gesagt?"

"Sie sagte etwas von einem Phallus, so einem elektronischen Teil, das möglicherweise pr. Fernsteuerung..."

"Ja? Das pr. Fernsteuerung...?" Sie genoss es, ihren Chef ein wenig leiden zu sehen.

Rick beschloss, das Thema nicht mehr zu vertiefen. "Das Teil war nicht im Kasten, den Sie mir hingestellt hatten. Können Sie mir das erklären?"

Sie hätte es ihm erklären können. Aber es gab Dinge, die konnte sie sich nicht einmal selber erklären. "Das Ding muss im Auto aus dem Karton gefallen sein. Soll ich mal nachsehen? Möchten Sie es sehen, Chef?"

"Jetzt nicht. Ich will gleich diese Frau Jensen aufsuchen. Klingt irgendwie schwedisch, finden Sie nicht?"

"Eher dänisch, würde ich sagen. Sie sagten, ich solle WAS machen?"

Hauptkommissar Rick griff in eine Schreibtischschublade, nahm eine grüne Geldkassette hervor, öffnete diese und entnahm ihr zweihundert Euro, die er seiner Mitarbeiterin in die Hand drückte. Er notierte den Betrag auf einen Zettel, fügte ein Wort hinzu, das Wimmer nicht entziffern konnte, dann wandte er sich wieder ihr zu. "Hier, Wimmer, hier sind zweihundert Euro für Sie. Sie gehen jetzt mal in die Stadt und kaufen sich so ein Kleid, und dann kommen Sie wieder zurück und wir besprechen Ihren Einsatz am Samstag." Er hätte sich beinahe bei dem Wort Einsatz verschluckt, seltsamerweise war es aber Kommissarin Wimmer, die einen leichten Hustenanfall bekam.

"Kleid? Was für ein Kleid denn? Wollen Sie mit mir ausgehen, Chef?" Sie leckte sich nervös die Lippen, irgendwie ahnte sie, was jetzt kommen würde.

"Sie nehmen jetzt das Geld hier und kaufen sich ein schönes Dirndl, Wimmer. Ich gehe mal davon aus, dass Sie so etwas nicht in ihrem Kleiderschrank haben, oder? Und wir sehen uns dann vor Büroschluss noch einmal, umgezogen, kapiert? Und vergessen Sie die Quittung nicht!" Noch im Sprechen war er aufgestanden, hatte sich seine Jacke angezogen und sich an ihr vorbei zur Tür hinaus gedrängt. Er war sich nicht sicher, ob all dies hier so ganz lupenreine Polizeiarbeit war, aber es diente schließlich einzig der schnellen Aufklärung des Falles. Auch wenn ein glatter Mord eher unwahrscheinlich schien, so war der Gedanke nicht so angenehm, dass da draußen eine verwirrte Person herumlief, die möglicherweise am kommenden Wochenende wieder zuschlagen würde.


September I.

"Endlich!! Mann, ich warte schon seit Stunden auf Dich!"

"Seit Stunden? Wieso? Der Zug kam doch ganz pünktlich. Wieso wartest du da schon seit Stunden?" Die beiden jungen Frauen begrüßten sich überschwänglich.

"Nun ja, ich habe mich halt so auf das Wiedersehen gefreut. Ist schon so lange her, dass wir beide zusammen gewesen sind. Und..." Monika betrachtete ihre Kölner Freundin, indem sie einen halben Schritt zurückwich, "kein Dirndl diesmal? Kein Petticoat? Nur so eine schnöde Jeans? Du enttäuschst mich, Dani!"

"Ach!" lächelte Daniela leicht verlegen. "Tut mir leid, Moni. Aber ich hatte in den letzten Wochen wahrlich anderes zu bedenken. Immerhin ist es diesmal ja kein kurzer Besuch mehr. Das darfst du nicht vergessen. Und wie du siehst - sie deutete auf ihre beiden großen Koffer - so habe ich mehr als genug zu schleppen. Kann es mir schließlich nicht erlauben, mich hier total neu einzukleiden. Außerdem habe ich jetzt schon mal eine Menge Winterklamotten dabei, und die sind doch schwerer als dünne Sommersachen. Aber keine Angst, ich habe das Dirndl natürlich dabei!" Sie lachte die Freundin an.

"Schön, Dani. Du wirst es bald wieder anziehen können."

"Gibt es die Geidi-Gaudi noch?"

"Ja, die gibt es immer noch. Aber die ist ja erst nach dem Oktoberfest, also erst nächsten Monat. Du wirst deinen Spaß bestimmt wieder haben!"
Daniela hörte es nicht. Aber sie sah ihre etwas ältere Freundin genauer an. "Du siehst gut aus, Moni. Hübscher Rock. Trägst du jetzt wieder häufiger Rock?"

Statt einer Antwort umarmte die Freundin sie und drückte sie fest an sich. Daniela lachte laut auf und versuchte, sich aus der Umklammerung zu lösen. "Aua! Du trägst den BH? Vergiss nicht, mit dem Teil kannst du jemanden umbringen. Und da unten?" Daniela machte eine schnelle Bewegung in den Schritt der Freundin, wo ihre Hand auf deren stählernen Keuschheitsgürtel traf. Auch die Schenkelbänder und die Schrittkette ertastete sie sofort. "Au Mann! Steckst du schon lange in den Dingern?"

Monika verzog ihr Gesicht zu einer Schnute. "Ja. Mutter meint, es sei besser so für mich. Womit sie allerdings alleine dasteht."

Daniela konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. "Glaub ich gern!"

"Und du, hast du deine Dinger dabei?"

Daniela sagte ihr, dass sie alles im Koffer hätte. "Kannst es wohl gar nicht abwarten, mich wieder einzuschließen?" Sie griff sich demonstrativ in den Schritt ihrer Jeans. "Vielleicht sollte ich das schöne Gefühl noch ein wenig genießen, solange ich es noch kann?"

"Passt dir denn dein KG überhaupt noch? Du warst doch mehrere Wochen in Amerika und hast da bestimmt nur so junk-food gegessen, oder?"

Daniela tat beleidigt. "Nicht nur! Da gab es auch leckeren Cheese-cake und so. Aber ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob mir das Teil noch passt."

"Du bist seit einem Monat wieder zu Hause und hast ihn noch nicht angehabt??" Monika konnte es kaum glauben. "Das kannst du deiner Großmutter erzählen!"
"Lieber nicht! Aber es stimmt. Weißt du, so allein, ohne key-holder, das macht keinen Spaß. Was das anbelangt, war da total ´tote Hose´. Aber vielleicht ändert sich das jetzt ja?"

Monika gab ihr einen schnellen Seitenblick. "Was du alles glaubst! Ich werde dich morgen daran erinnern! Aber jetzt erzähl erst mal, was du da alles so erlebt hast und wie das überhaupt ist, so eine weite Reise zu machen. Würd mich schon mal interessieren..."

Auf dem weiteren Heimweg berichtete Daniela ihrer Freundin von den manchmal aufregenden, manchmal eher langweiligen Wochen in Amerika. Als sie endlich zu Hause angekommen waren zog Monika ihren Hausschlüssel hervor. "Sag mal, möchtest du dich erst mal etwas häuslich einrichten und frisch machen, oder willst du gleich zu deiner Tante rüber?"

Als im selben Moment Monikas Mutter Pia die Haustür öffnete, erübrigte sich die Antwort. "Kinder, da seid ihr ja endlich! Ich hab schon alles klar gemacht für dich, Daniela!"

"Hallo Pia!" Daniela begrüßte Monikas Mutter; sie hatten sich bereits im letzten Herbst näher kennen gelernt. "Danke, dass ich jetzt erst mal bei euch im Gästezimmer wohnen kann! Ist ja nicht so ganz leicht, hier in München ein Zimmer zu finden."

"Komm rein, Dani! Und mach dir mal keine Sorgen. Das Gästezimmer ist zwar recht klein, aber du wirst bestimmt nicht lange dort wohnen müssen." Pia warf Monika einen schnellen Blick zu, aber diese schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Aber wisst ihr was, jetzt will ich euch erst mal allein lassen. Ihr habt sicherlich genug zu bequatschen, oder? Und ich weiß, dass Agnes euch zum Abendessen erwartet. Ich will mal lieber den schönen Nachmittag nutzen und noch ein wenig in die Stadt gehen; wir sehen uns dann ja später noch. Moni, bietest du Daniela mal einen Kaffe an? Ja? Kuchen ist da, hab extra für euch gebacken!"

Daniela freute sich, so herzlich willkommen zu sein. Sie hatte lange etwas Bammel vor diesem Moment gehabt, denn sie erinnerte sich nur zu gut an ihre etwas seltsamen Erlebnisse mit Monikas Mutter. Beide gingen ins Haus, und während Monika anfing, Kaffee zu kochen und den Kuchen anzuschneiden, begab Daniela sich mit ihren beiden Koffern in das kleine Gästezimmer im ersten Stock, wo sie in den nächsten Wochen oder Monaten wohnen sollte.


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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:04.03.13 00:54 IP: gespeichert Moderator melden


Wieder war es Sonntagabend 10,
wieder tut´n neuer Teil da steh´n.

Viele Worte, manche Fragen
sind hier da beim Handlung tragen.

Hoffentlich folgen hier noch viele Teile,
Ich seh´ für ein ´end´ noch keine Eile!
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noerdlich von Regensburg




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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:05.03.13 16:29 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Daniela,

erstmal, Danke für die Fortsetzung.

Die Aktion mit Monika, dem BH, das ist schon echt fies.. Ich muss zugegeben dass mich diese Stelle so richtig mitgenommen hat, das hat bis jetzt keine andere Geschichte geschafft, jedenfalls nicht so extrem. Da ist dir echt ein Meisterstück gelungen, Respekt dafür.

Ich freue mich auf jedes weitere Kapitel das da noch kommen mag.
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maximilian24
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:05.03.13 21:09 IP: gespeichert Moderator melden


Ich muss zugeben, dass ich Pia´s Rolle über all die Zeit viel zu wenig beachtet habe. Diese Zweideutigkeiten, diese Niedertracht, diese Radikalität, die sich dahinter verbirgt! Brrrrr.
Pia weiß so ganz genau, was sie will und was sie dabei anstellt! Ich möchte ihr nicht begegnen, nicht einmal in einer Oper. Arme Monika, arme Dani.
Alt werden will jeder, alt sein aber keiner
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:05.03.13 22:13 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela,

auch wenn ich leider nicht viel Feedback gebe....Weiter so. Wann immer ich mir die Zeit rausschneiden kann freue ich mich schon auf ein Wieder/Weiterlesen Deiner Geschichte.
Tolles Niveau und flüssiger Text - das gefällt mir.
Sonnige Woche und bis nächsten Sonntag

Lupo
Manche Leute drücken nur deshalb ein Auge zu, damit sie besser zielen können.
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zur Sicherheit besser verschlossen, zur Zeit im Neosteel TV-Masterpiece...

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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:07.03.13 22:25 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela,

ich hoffe, ich schrecke andere nicht davon zu sehr ab, Dir einfach nur ein paar nette Zeilen zu Deinen hervorragenden Episoden zu senden, indem ich etwas längere Feedbacks schreibe, von denen ich ebenso hoffe, daß sie Dich nicht stören. Textanalysen würde ich meine Beiträge nicht nennen wollen, wohl eher nur Gedanken, die mir beim Lesen Deiner Geschichte gekommen sind. Und dabei bin ich sicherlich weit davon entfernt, ein Marcel Reich-Ranicki zu sein, dem ich alles erdenklich Gute bei der Besiegung seiner kürzlich bekanntgegebenen Krebserkankung wünsche - schon zu viel Leid hat dieser Mensch in seinem Leben ertragen müssen. Ich denke insbesondere bei solch inspirierenden und vielschichtigen Geschichten halt eben viel nach, fühle mich in Personen gern ein als der Empath, der ich eben bin, und gebe meine Gedanken dann gern weiter, wenn ich entsprechende Inspiration erfahren habe, um eben auch etwas zurückzugeben.

Aber noch etwas anderes hat mich aufmerksam gemacht bei Deinem Feedback: "das einsame Herz Eurer Autorin". Das klingt nicht gut, und das wünsche ich Dir auch nicht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß es schwer ist, mit Einsamkeit wirklich gut klarzukommen. Nur wenige können das, und es mag vielleicht auch besser sein, allein zu bleiben, als mit dem falschen Partner aus Angst vor dem Alleinsein zusammen. Letzteres ist keine gute Motivation für Partnerschaft, auch wenn man zusammenwachsen kann - was aber leider auch nur zu häufig mißlingt. Annahme, so wie Du sie für Klaus/Barbara beschreibst, ist sicherlich ein zentrales Element dabei, damit es gelingt. Und letztendlich ist kein Mensch dafür gemacht, allein zu bleiben, ganz egal, wie gut man damit zurechtkommen mag. Dir jedenfalls wünsche ich (genauso wie ich mir selbst), daß Du bald den wirklich passenden Partner für Dich findest, damit Dein Herz nicht mehr einsam ist - und daß Du dennoch genug Raum für Dich findest, insbesondere, um weitere solcher fesselnden Geschichten wie hier zu entwerfen. Ein so kreativer Mensch wie Du verdient es aus meiner Sicht absolut.

Aber nun ein paar Gedanken zu Deiner Geschichte.

Ja, Klaus/Barbara spürt eine innere Leere. Dieses Gefühl ist sicherlich erschreckend, da nichts da zu sein scheint, woran man sich orientieren oder festhalten kann. Dennoch ist es eigentlich die perfekte Ausgangssituation für einen Neuanfang, bei dem nichts durch äußere Zwänge eingeschränkt ist. Nun ja, bei Klaus/Barbara wohl durch unauslöschbare Erfahrungen schon zum Teil, da er/sie sich nicht wirklich davon absolut ablösen kann. Daß er/sie von Daniela gerade eine Postkarte mit der Freiheitsstatue geschickt bekommt, ist dabei fast schon symbolisch. Und daß er als Klaus wirklich absolut inexistent inzwischen ist, daß er als Mann keine Begierde für Frauen mehr verspürt, ist aus meiner Sicht nicht der Fall. Es klingt fast so, als ob eine starke Frau ihn aus seiner eigenen Falle herausziehen müßte - wobei diese wohl auch seine Anteile an Barbara annehmen müßte, um an ihn überhaupt heranzukommen.

Das Abenteuer von Daniela in Köln als Meßdienerin und Detektivin in Sachen Strafbank dort ist Dir meisterlich gelungen - ich habe regelrecht mitgefiebert, wie sie nach dem Verschluß der Krypta dort wieder herauskommt. Aber was ist nun mit der Strafbank? Gibt es sie nun, oder ist sie wirklich nur einem ihrer Alpträume entsprungen, und Schwester Hildegard ist eine ehrenwerte Schwester, wie so viele dieser Zunft es sind?

Monika hat ein grausames Schicksal. In einer Sache hat Pia wirklich recht: Hat sie keine Lust mehr, oder kann sie diese nur nicht mehr unterdrücken? Letzteres wäre für Frauen in ihrem Alter aber doch eher normal, und solche Maßnahmen gegen den Willen der Betroffenen zu ergreifen wie Pia es tut der absolut falsche Weg. Pia mag wohl denken, daß sie selbst in diesem Alter manchen Fehler nicht begangen hätte, wenn sie ihn zwangsweise nicht hätte begehen können, und das besser für sie selbst gewesen wäre. Das aber auf ihre Tochter zu projezieren ist schändlich, und bereitet sie keineswegs auf ein "normales" Leben vor. Menschen lernen hauptsächlich aus Fehlern, so funktioniert es leider, und man kann nur hoffen, daß eine Erziehung dazu verhilft, Fehler zu vermeiden, so gut es geht. Alles übrige sind dann Erfahrungen, von denen die meisten dann hoffentlich glücklich sind, und die anderen dann nicht zu schädlich. Mit ihren Methoden war Pia mir schon früher absolut suspekt, und aus meiner Sicht bräuchte sie dringend Hilfe, um mit sich selbst und ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen.

Die Dynamik zwischen Rick und Ingeborg ist echt bemerkenswert, mit so vielen kleinen, unscheinbar klingenden Andeutungen, die wohl aber mehr bedeuten als sie verschweigen können. Aber Moment, der fernsteuerbare Dildo-Einsatz - das war doch das Teil, das Daniela bei ihrer ersten Geidi-Gaudi getragen hat - bei der doch Klaus das Teil aktiviert hat, als er die Fernbedienung in die Finger bekommen hat. Wird Ingeborg etwa auch in dieser Vollausstattung bei diesem Fest aufkreuzen? Und wer dann wohl die Fernbedienung kriegt...

Daß Daniela nun bei Pia und Monika wohnen wird, und ihre "Ausstattung" bei sich hat, läßt mich trotz der Herzlichkeit beim Empfang doch ein wenig erschaudern...

Wird Daniela Claudia wohl wiedertreffen, nachdem sie aus Australien wieder da ist? Immerhin hätte sie evtl. ebenso dort "unterschlüpfen" können für eine Zwischenzeit.

Ich bin sehr gespannt auf die nächste Episode, auch wenn es mich traurig macht, daß diese Geschichte sich so rasant immer mehr dem Ende nähert.

Liebe, wenn auch keusche Grüße
Keuschling
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Daniela 20
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:10.03.13 22:00 IP: gespeichert Moderator melden


Heute, liebe Leser, habe ich etwas weniger Text als üblich. Aber nur ein wenig; die Spannung bleibt hoffentlich erhalten. Wir müssen unsere Kräfte für den Schlussspurt aufheben!
Herzlichen Dank all jenen, die sich Gedanken zu meiner Geschichte machen und diese mit uns allen teilen, egal, ob sie kurz oder lang gehalten sind! Ach übrigens, ich bin Single und das ist gut so! Nun ja, ein Partner wäre schon eine schöne Sache, aber man kann sie sich ja nicht aus dem Ärmel ziehen, oder? Außerdem, hätte ich einen, dann gäbe es mit Sicherheit diese Geschichte nicht!
Bitte lest auch was ich ab und zu unter der Rubrik ´Diskussion über Stories´ => München-Trilogie schreibe! Jetzt wünsche ich allen eine gute Woche und spannendes Lesen! Eure Daniela 20
PS: Es mag sein, dass einige von uns sich für das bevorstehende Konklave ( cum clave = mit dem Schlüssel) interessieren. Nicht so Monika und Daniela. Sie haben mit einer anderen Sache zu tun, dem Sinklave, (sine clave = ohne Schlüssel)...
---

Oktober XIII.

Hauptkommissar Rick schlug erleichtert die Wagentür zu. Das war immer der schlimmste Teil des Jobs, wenn er Angehörigen eine schlimme Nachricht zu überbringen hatte. Ein Mensch war gestorben, würde nie wieder andere mit seinem Lachen beglücken, würde nie wieder neugierige Fragen stellen. Jeder verstorbene Mensch hinterlässt eine nicht wieder zu füllende Lücke, aber bei Menschen, die gewaltsam aus dem Leben geschieden waren, war diese Lücke oftmals ungleich größer. In diesem Falle hatte er mit einer älteren Frau zu tun gehabt, die gar nicht glauben wollte, was er ihr hatte sagen müssen. Dennoch spürte er gleich von Anfang an, dass sie über jenen glücklichen Rettungsanker verfügte, den insbesondere ältere Menschen noch ihr Eigen nennen durften.

Er hatte versucht, von Frau Jensen ein genaueres Bild des Mädchens zu bekommen, aber anfänglich war alles, was er erfahren hatte, das Bild eines ganz normalen Mädchens ihres Alters. Erst als er von sich aus auf die eher ungewöhnliche Unterwäsche der Verstorbenen zu sprechen kam, kam etwas Bewegung in die alte Dame, begann sie, etwas vom Freundeskreis zu erzählen. Was natürlich kein vollständiges Bild abgeben konnte. Er hatte einige Namen bekommen, leider in fast allen Fällen ohne genaue Adressen, was schwierig sein konnte.

Er zündete sich eine Zigarette an, sog den Rauch begierig in die Lungen und stieß ihn dann, von einem dunklen Husten begleitet, wieder aus. Verdammte Sucht! Er war sich sicher, er hätte es längst schon aufgegeben, gäbe es da nicht all diese komischen, Sucht bildenden Stoffe, die man den Zigaretten beigemischt hatte. Wie wäre es denn, wenn dieser ganze Chemie-Mist mal verboten würde? Um wenigstens mal einen Anfang zu machen? Aber im Moment schien ja sowieso alles verkehrt herum zu laufen, dachte man bloß einmal an diesen viel gefährlicheren Mist mit den Energiesparlampen, die angeblich so toll sein sollten. Wenn man schon gezwungen war, mit lebensgefährlichen Quecksilberdämpfen zu leben, dann konnte man genauso gut qualmen, was das Zeug hergab.

Er schüttelte sich. Es war typisch für ihn, dass sein Gedanken in stressigen Situation gern auf ein Nebengleis kamen. Er musste sich zwingen, konstruktive Arbeit zu leisten, Arbeit, die möglichst schnell dazu führen sollte, den anliegenden Fall zu lösen. Wie aber sollte er vorgehen? Im Grunde genommen war die Idee so schlecht nicht, einen Lockvogel zur nächsten Geidi-Gaudi zu schicken; Wimmer würde da schon mitmachen. Er musste ihr nur noch erklären, was sie auf dieser Party tun sollte.

Zurück im Präsidium blickte er immer wieder nervös auf seine Uhr. Wo blieb sie denn bloß? Wenn es noch lange dauerte, bekäme er bestimmt bald kalte Füße, zumal... Ein ungewohntes Geräusch klackernder Absätze schreckte ihn hoch. Nein, so etwas hörte man hier normalerweise nicht. Selbst die meisten Sekretärinnen - von denen es so viele auch nicht gab, da es als normal betrachtet wurde, dass man die Schreibarbeit selbst erledigte - liefen meist auf eher lautlosen Gummisohlen daher. Jetzt aber dieses Geräusch, das immer lauter wurde, dann vernahm er etwas, das ein wenig wie ein leiser Pfiff klang, dann schien das hämmernde Geräusch der Absätze sich zielgerichtet seiner Tür zu nähern.

"Hallo Chef!"

´Der Rick´ blickte von seinem Schreibtisch auf, ließ die Akte fallen, die er Sekunden vorher zur Hand genommen hatte, wie in einem seltsamen Versuch, sich dahinter zu verstecken. Seine Mitarbeiterin - so sie es wirklich war - stand wie gewöhnlich im offenen Türrahmen und sah ihn erwartungsvoll an, diesmal allerdings mehr als erwartungsvoll. "Oh, Wimmer! Gut! Ja, das geht wohl..."

Sie wirkte leicht pikiert. "Das klingt ja nicht gerade begeistert. Gefalle ich Ihnen nicht?" So, als unterliege sie einem unsichtbaren Zwang, streckte sie die Brust heraus und drehte sich langsam im Kreise. Ihre Hände spielten leicht mit der dunkelroten Seidenschürze ihres grünen Dirndls. Sie hatte ein Modell gewählt, dass nicht zu billig, und nicht zu fein war. Es sollte schließlich zur Gelegenheit passen.

"Doch, doch. Ausgezeichnet. Sie sehen wirklich toll aus, Frau Kollegin!" Hölzerner hätte er es nicht sagen können. Seltsam, dass es Männern immer so schwer fällt, einer Frau ein schönes Kompliment zu machen. Andererseits konnte er ihr auch nicht ins Gesicht sagen, sie solle doch bitteschön die Tür hinter sich zumachen und abschließen und... und...

Konnte sie seine Gedanken lesen? Sie machte tatsächlich die Tür hinter sich zu, schloss aber nicht ab. Kommissarin Wimmer zog den Besucherstuhl hervor und setzte sich. "Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich mich setze, Chef. Die Absätze..." Sie streifte einen der schwarzen Pumps ab und begann, sich den Fuß zu massieren. "Also, was kann ich für Sie tun?"

Seine Zigaretten! Jetzt müsste er sich eine anstecken, dachte er. Um wenigstens diesen Tag noch zu überleben. Er schaffte es kaum, sie anzusehen, wie sie da so vor ihm saß. Zum ersten Mal nahm er seine Mitarbeiterin als Frau wahr, und genau das bereitete ihn erhebliche Probleme. Leider war Rauchen am Arbeitsplatz verboten, was zwar für bessere Raumluft sorgte, aber ihm im Moment nicht viel weiterhalf.
Er bemühte sich, einen Punkt an ihr zu fixieren, der seine zunehmende Erregung nicht verriet. Den Reißverschluss am Mieder? Nein, schlechte Stelle. Den Rock, der ihr beim Setzen etwas hochgerutscht war? Auch nicht gut. Aber er musste zu Potte kommen und begann, ihr seinen Plan für den Samstagabend zu erläutern. Ein Plan, der möglicherweise zur schnellen Ergreifung des Täters führen würde, falls... ja falls Wimmer keine Zicken machen würde!



September II.

Monika pfiff leise durch die Zähne, als sie Daniela bemerkte, die leise die Treppe herunter gekommen war und nun in der Küchentür stand. Sie hatte die Freundin einige Zeit rumoren gehört, dann aber selber mit dem Geschirr geklappert und nichts mehr mitbekommen. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, sie wusste, was Daniela wollte und brauchte nicht mehr lange zu fragen.
Es tat ihr gut, wieder jemanden zu haben, den sie küssen konnte. Ihre Hände berührten den Hals des etwas jüngeren Mädchens, wischten eine Locke vom Ohr, machten Platz für ihre Lippen. Daniela stand still, bewegte sich nicht, genoss den Augenblick, den sie sich lange herbeigewünscht hatte. Monika zog sie näher heran, streichelte mit der Hand über ihren Arm, fuhr ´gegen den Strich´ den Arm aufwärts, bis dahin, wo er im kurzen Ballonärmel der weißen Dirndlbluse verschwand. Dann untersuchten ihre Finger den Stoff des Mieders, versuchten unter einen der Schulterträger des eng ansitzenden Mieders zu gelangen, sie gab es auf, statt dessen griff sie mit der ganzen Hand nach den vollen Brüsten, die unter der dünnen Bluse scheinbar nur darauf warteten, von kündiger Hand liebkost zu werden.

Daniela grinste, als sie merkte, dass Monika mit ihrer Hand nicht weiterkam. Sie hatte sich ein wenig frisch gemacht und dann all das angezogen, worüber sie eben noch mit Monika gesprochen hatte.
"Passt alles noch, Moni!" lächelte sie, aber das Lächeln verschwand augenblicklich, als diese ein wenig fester gegen die Brustschalen ihres Keuschheits-BHs drückte. "Au! Nicht so fest!" Zum ersten Mal seit Monaten verspürte sie wieder das herrliche Gefühl vollkommener Hilflosigkeit, als ihre Brustwarzen sich unter der harten Schale des BHs gegen spitze Stacheln aufrichten wollten, wogegen sich nichts tun ließ. Sie schloss die Augen und genoss Schmerz und Hilflosigkeit.

"Hast du die Stachelschalen drin?"

Daniela nickte.

"Du scheinst nicht mehr lange warten zu wollen! Und den KG? Hast du den auch an?"

Daniela hob den Rock ihres Dirndls an. Alles war gut verschlossen. "Ja. Dumme Frage. Ich wollte genauso verschlossen sein, wie du."

"Bist du aber nicht. Da müssen wir doch noch was ändern. Wart mal hier... nicht weglaufen!"

Sie ließ das Mädchen in der Küche zurück und ging nach oben. Es dauerte lange, bis sie endlich wiederkam, aber Daniela sah sofort, was sie geholt hatte.
"Die Schenkelbänder?" Sie war sich nicht sicher, ob sie die Dinger wirklich an ihren Beinen haben wollte. Die Schenkelbänder waren ein nicht zu unterschätzender Faktor, trug man sie, dann spürte man viel deutlicher die Begrenztheit der Bewegungen, dann wurde einem ein langsamens Dahinschleichen aufgezwungen, dann war es unmöglich, Hosen anzuziehen. Was sie wohl nie jemandem freiwillig erzählt hätte, aber sie fühlte sich immer wie ein ganz anderer Mensch, wenn sie Röcke oder Kleider trug... oder tragen musste. Es war schön, es fühlte sich gut an, für einen Moment, solange man selber es wollte, aber wenn man es nicht wollte, dann war es mehr als nervig. Sie hatte die Schenkelbänder nicht dabei gehabt; Monika hatte sie im letzten Herbst in München behalten.

"Wenn schon, denn schon. Also, Bein hoch! Und was ist mit den Schlüsseln? Ja, komm, her damit!" Sie nahm der Freundin die Schlüssel ab, die diese bis jetzt in der Hand behalten hatte. Daniela umklammerte sie fest mit der Faust, gab dann aber schnell nach. "Nun gib schon her! Du wolltest sie mir doch sowieso geben, nicht wahr? So, das hätten wir. Ist ja nicht das erste Mal, dass du das Vergnügen mit den Schenkelbändern hast. Jetzt noch diese kurze Verbindungskette... und - fertig! Trara!!" Sie nahm die Schlüssel zu den vielen kleinen Schlössern und ging damit aus der Küche.

Daniela begann zu zittern. Ganz leicht nur und kaum wahrzunehmen, aber sie selber hatte ein Gefühl, als würde sie gleich auseinanderfallen. Monika war zurückgekommen und umarmte sie von hinten. "Sch... Ruhig, Kleine! Lass dich einfach fallen...."
Beide Mädchen standen unbeweglich; Daniela spürte den Atem ihrer Freundin in ihrem Nacken. Oh Gott, wie hatte sie all dies vermisst! Und sogleich bekam sie Gewissensbisse, denn wie durfte man SO etwas hier vermissen?? Vorsichtig löste sie sich aus der Umklammerung. "Ist der Kaffee fertig? Ich könnte gut eine Tasse brauchen, bevor mir gleich die Beine wegknicken. Und was riecht denn hier so lecker? Streuselkuchen?"

"Ja, den hat Mama extra gebacken. Komm, ich habe alles drüben im Wohnzimmer stehen!"

Beide ließen es sich gut schmecken. Sie saßen dicht beieinander, immer wieder berührten sie sich, immer wieder fuhr eine verstohlene Hand zu unerreichbaren Zonen. Schließlich ließ sie die alte Wanduhr aufhorchen.

"Verdammt, schon sechs Uhr! Willst du so zu deiner Tante rübergehen?" Monika blickte sie neugierig an.

"Klar, warum denn nicht. Ist doch bald wieder Oktoberfestzeit! Sie wird sich bestimmt freuen. Und Claudia ist jetzt bestimmt auch nach Hause gekommen. Also, lass uns gehen! Ich muss nur noch mal schnell für kleine Mädchen! Ist ja immer etwas kompliziert in diesem ganzen Zeug. Sag mal, hast du die kleine Spritze noch da liegen? Ja? Prima. Weiß gar nicht mehr, wie das noch ging..."

%%%

Alle freuten sich über das Wiedersehen! Es hatte ein großes Hallo gegeben, Danielas Tante hatte sich gleich entschuldigt, dass es ihr nicht möglich war, ihre Nichte, so wie eigentlich versprochen, bei sich aufzunehmen, aber sowohl Daniela als auch Monika versicherten Agnes, dass dies überhaupt kein Problem sei. Beide tauschten einen Blick aus, der so einiges offenbarte, zumindest dem aufmerksamen Beobachter, und dazu gehörte Danielas Cousine Claudia.

Nach dem Abendessen zogen die drei jungen Frauen sich auf den Balkon zurück. Es war ein milder Septemberabend, man konnte noch gut draußen sitzen.
Claudia benutzte die Gelegenheit zu einem kleinen Scherz. "Mein Dirndl!! Schön, dass du es mir zurückbringst, Dani. Kannst es gleich hierlassen!"

"Was?? Öh, nee, glaube nicht, dass das geht." Daniela warf einen schnellen Blick auf Monika, die sich beinahe an ihrem Saft verschluckt hätte.

"Und warum nicht? Du bist doch wohl nicht nackt unterm Kleid??"

Jetzt prustete Monika los. "Nee, ist sie nicht, Claudia!"

Die Angesprochene legte demonstrativ eine Hand hinters Ohr. "Höre ich da was rasseln?"

Dani hatte ihre Cousine seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Früher hatten sie eigentlich keine Geheimnisse voreinander gehabt, aber früher waren sie Kinder gewesen, was sich in den letzten Jahren schnell geändert hatte. Jetzt wusste sie nicht recht, wie sie Claudias dumme Anmache verstehen sollte. "Mann, du kannst einem aber auch den ganzen Spaß verderben. Und wenn...? Stört´s dich etwa?"

Claudia schüttelte lachend den Kopf. "Mich? Nicht im geringsten! Aber ich könnte mir vorstellen, dass es andere stört. Aber lass dir den Spaß nicht verderben! Wie ich von Monika höre, bist du ja sogar fromm geworden auf deine alten Tage?"

"Fromm? Wie meinst du?" Dani rückte ein wenig hin und her auf ihrem Stuhl; sie war das Sitzen mit den Schenkelbändern nicht mehr gewohnt.

"So kirchenmässig? Messe dienen und so?"

"Ach so. Ja, ich hatte das in Köln gemacht. Wollte das ja eigentlich immer machen, aber... nun ja."

"Komisch, Dani. Ich erinnere mich eher daran, dass du immer sagtest, so einen Scheiß würdest du auf jeden Fall nicht machen. Da hat wohl die ganz große Bekehrung stattgefunden, oder?"

"With a little help from your friend!", warf Monika ein, hielt sich aber ansonsten zurück.

"Ach ja??" Claudia tat überrascht. "Hat Moni da etwa ihre Finger im Spiel gehabt?" Sie schüttelte den Kopf und tat entrüstet.

"Ist ja eh vorbei jetzt." Daniela begann, die verdammten Schenkelreifen zu verwünschen.

"Nö," sagte Monika, die ein Grinsen nicht verbergen konnte.

"Was jetzt, nö?", drängte Claudia auf eine Klarstellung. Sie sah Monika gespannt an; auch Daniela hatte der Freundin den Kopf zugewandt.

"Was ´nö´, Moni?"

Monika setzte sich etwas mehr auf, so als erwartete sie einen plötzlichen Angriff, auf den sie besser vorbereitet sein sollte. "Ich hab dich in meiner Gemeinde angemeldet. Wir suchen fieberhaft nach neuen Messdienern, und da kommst du gerade recht." Sie sah Daniela ins Gesicht, die deutlich an Farbe verloren hatte.

"Was Moni, du spinnst ja! Du kannst doch nicht einfach... einfach, so über meinen Kopf hinweg....? Und wieso machst du da immer noch mit? Ich dachte, nach dieser Sache da an Ostern, dass du damit durch wärst?"

"Ist ja eigentlich auch richtig. Selber messdienern tue ich nicht mehr. Aber ich bin immer noch für die anderen Messdiener da, da war nämlich niemand sonst, der das machen wollte oder konnte. Außerdem hat sich da einiges verändert, seitdem Pastor Flemming nicht mehr da ist." Für einen Moment verzog sie ihr Gesicht zu einer schwer zu deutenden Grimasse: es lag sowohl Freude als auch Trauer darin.

"Soll das heißen, dass es diese ominöse Strafbank nicht mehr gibt?"


Monika wurde einer Antwort enthoben, als Claudias Mutter zu ihnen trat. "Ach, ist das ein schöner Abend! Darf man sich dazu setzen? Also, Daniela, du siehst wirklich hübsch aus. Letztes Jahr schlotterte das Dirndl ja doch noch etwas an dir, aber jetzt hast du ja tolle Kurven gekriegt." Als alle drei Mädchen dazu schnieften, hielt sie inne. "Was gibt´s? Worüber redet ihr denn gerade?"

"Über die Kirche, Mama. Daniela wird jetzt hier auch Messdienerin, stell dir mal vor!"

Agnes zog eine Augenbraue hoch. "Tja, warum nicht. Ich bin alt genug, mir so ziemlich alles vorstellen zu können!"

Claudia verdrehte die Augen. Sie ahnte schon, was jetzt wieder kommen würde. "Mama, doch nicht jetzt!" Sie zuckte die Schultern und wandte sich den beiden Mädchen zu. "Ich kenn das schon. Jetzt kommt wieder ihr Feldzug gegen Rom!"

"Sei du mal still! Du hast dich ja total abgemeldet..."

"Was heißt hier: abgemeldet? Ich bin ganz einfach ausgetreten. Irgendwann muss man ja mal konsequent sein. Was du da machst, ist doch die reinste Selbstzerfleischung, Mama!"

Daniela und Monika sahen sich an. Der gemütliche Abend schien eine unangenehme Wendung nehmen zu wollen, wozu sie keine Lust hatten. Beide Mädchen wollten lieber ihre Zeit zusammen genießen. Doch Agnes ließ sich so leicht nicht stoppen, jetzt da sie erst einmal in Fahrt gekommen war.
"Aber ist doch wahr! Wenn ich bloß daran denke! Erst sagen sie den Leuten, was alles Sünde ist, dann stellen sie sich hin und wollen genau diese Sünden den Leuten vergeben, nur unter gewissen Bedingungen natürlich..." Sie ließ ein heiseres Lachen hören und schaute herausfordernd in die Runde. Aber niemand schien Lust zu haben, weiter zu diskutieren.

Doch Daniela konnte es sich nicht verkneifen, eine dumme Frage zu stellen. "Und was ist Sünde, Tante Agnes?"

Ihre Tante lächelte, so als könne sie die Gedanken der jungen Frau lesen. "Ja, Dani, weißt du, das was du jetzt im Kopf hast, das ist in den Augen der Kirche Sünde! Aber ich seh schon, das müssen wir wohl doch ein anderes Mal besprechen. Ihr habt sicherlich was Besseres vor, nicht? Ist ja auch schon spät, und du, Dani, hast einen langen Tag gehabt. Also, geht ihr beide mal ruhig wieder rüber, kein Problem. Gute Nacht!" Sie winkte den Mädchen zu; auch Claudia meinte, sie müsse noch etwas für den nächsten Tag vorbereiten.

%%%

"Oh, ich glaube, Mutter hat sich schon hingelegt." Monika sah, dass bereits Licht im Schlafzimmer ihrer Mutter brannte.

"Vielleicht sollten wir uns auch besser hinlegen?"
brachte Daniela unter einem langen Gähnen hervor.

"Müde?"

"Nee. Wer hat denn etwas von müde gesagt?" zwinkerte Daniela ihr zu.

Beide Mädchen gingen auf Monikas Zimmer und schlossen die Tür hinter sich. Endlich hatte man die ´offiziellen Pflichten´ des Tages erledigt, endlich war man allein. Monika schaltete eine gemütliche Lavalampe ein und löschte das große Licht. Daniela stand vor ihr in ihrem Dirndl, sie sah bildschön aus. Ja, es stimmte, sie war seit dem letzten Herbst zu einer attraktiven jungen Frau herangewachsen.
Monika zog sich aus. Bald stand sie nackt vor der Freundin, nackt bis auf glänzende, metallene Unterwäsche. Immer heftiger verspürte sie das Verlangen in sich emporsteigen, das Verlangen nach Berührung und zärtlicher Nähe, aber auch das Verlangen nach ungehemmter Sexualität.
Daniela wollte dem Beispiel ihrer Freundin folgen, doch diese hielt sie zurück. "Nicht, Dani! Lass mich das machen, bitte!" Monika ließ sich Zeit, umarmte und streichelte sie und drückte sie an sich, sog ihren Duft ein, schmeckte ihre Haut.
Ganz langsam nur begann sie, das andere Mädchen zu entkleiden. Sie öffnete die Schleife der Dirndlschürze, legte diese über einen Stuhl, dann zog sie langsam den langen Reißverschluss am Mieder auf, streifte die Schulterträger des Dirndls über ihre Schultern und half ihr, aus dem Kleid zu steigen. Sanft hob sie die Arme der Freundin empor und half ihr vorsichtig aus der weißen Bluse.
Man vernahm das leise Klirren von Ketten, das kurze, harte Schlagen von Metall auf Metall, begleitet vom zunehmenden Stöhnen der beiden Frauen. Beide lagen in Monikas Bett, eng umschlungen, beide streichelten und küssten sich, intensiver als je zuvor. Es war himmlisch, wieder zusammen zu sein, und beide wussten, wie schön es doch ist, dass man ab und zu sündigen kann.
"Geht es dir gut, Dani?", hauchte Monika ihr ins Ohr.

"Ja. Aber..."

"...aber was?"

"Schließ mich auf, Moni!! Bitte! Sei nicht so grausam zu mir. Ich will mehr von dir..." Daniela brachte die Worte kaum hervor, so erregt war sie. "Ich will, dass du mich leckst! Dass du mir in die Nippel beißt! Dass du mir etwas zwischen die Beine schiebst! Bitte!!" Um ihre Worte zu unterstreichen versuchte sie, die Beine zu spreizen, wurde aber von den Schenkelbändern und der kurzen Kette daran gehindert. Sie fuhr sich mit der Hand in den Schritt, hatte aber auch dort keinen Erfolg. Und obwohl sie wusste, dass es zwecklos war, drückte sie nun auch noch heftig gegen ihren stählernen BH. Sie ignorierte den zusätzlichen Schmerz, den die Stacheleinlagen ihr bereiteten, denn sie war kurz davor, verrückt zu werden, wenn sie daran dachte, dass ihre Brüste nur wenige Millimeter unter ihren Händen lagen, sie aber außer dem Schmerz nichts spürte.

Monika huschte lautlos aus dem Bett. Öffnete ihre Tür und schlich die Treppe hinab. Es dauerte einige Zeit, bis sie zurückkam. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände.
"Was ist los? Moni? Nun sag schon!" Daniela brauchte die Antwort nicht abzuwarten. Sie wusste auch so schon, dass etwas schief gegangen war.

"Mama hat die Schlüssel an sich genommen..."

"Alle Schlüssel?" fragte Daniela tonlos. "Dann geh halt zu ihr und sag ihr, sie soll sie dir geben!"

Monika legte sich zurück ins Bett. "Das geht nicht, Dani. Zumindest geht es so nicht. Weißt du, Mutter hat da so ihr eigenes System. Sie nimmt sich immer genau vor, wie viele Tage man im KG verbringen soll. Das muss man dann einfach aushalten. Und wenn man zu ihr geht und um die Schlüssel bittet, dann fügt sie gleich zwei weitere Tage hinzu. Und wenn man das dann auch nicht aushält, und so dreist ist, noch mal zu fragen, dann gibt es gleich eine ganze Woche extra. Sehr wirkungsvoll, kann ich dir sagen!"
Daniela schloss die Augen. War es nicht das, was sie selber gewollt hatte? Vielleicht ja. Aber nicht so. Nicht so, dass Monikas Mutter die Schlüssel zu ihrer Lust hatte. Es hätte Monika sein sollen, oder, besser noch, Klaus. Sie hatte insgeheim gehofft, dass er ihr neuer Keyholder sein würde; ihm wollte sie sich gern unterwerfen.
Monika schaltete die rot leuchtende Lavalampe aus. Es war Zeit zum Schlafen. Ohne Höhepunkt, frustriert. Aber die Mädchen hatten keine Wahl.

%%%


Monika und Daniela saßen am Frühstückstisch. Sie hatten unruhig geschlafen und erst am frühen Morgen hatte sich etwas mehr Schlaf eingestellt. Kein Wunder also, dass der Kaffee nicht mehr ganz heiß und die Semmeln nicht mehr ganz knackig waren. Beide hatten sich bereits angezogen; Daniela hatte sich wieder einmal den langen Crinkle-Rock von Monika ausgeliehen, den sie bereits letztes Jahr öfters getragen hatte.

"Und? Was hast du heute vor? Willst du mal zur Uni?" fragte Monika, während sie ihre Semmel mit einer braunen Nussmasse bestrich.

"Ja, mal sehen. Viel wird da noch nicht los sein. Mal sehen, was ich so mache. Vielleicht..."

Monika sah Daniela gespannt an. "Vielleicht was?"

"Ich würd ja ganz gern mal sehen, ob Klaus zu Hause ist. Mal sehen wie es ihm geht." Sie machte eine Pause, trank einen Schluck Kaffee und fuhr dann, leicht vergräzt, fort: "Wenn nur dieser ganze Mist hier nicht wäre!" Sie klopfte sich demonstrativ mit dem Kaffeelöffel gegen die versperrte Brust. Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, wie ich das im letzten Frühjahr so lange ausgehalten habe! Das ist ja mega nervig!"

"Vielleicht hast du es so lange ausgehalten, weil du keine andere Wahl hattest?" warf Monika ein. "Wenn ich mich recht entsinne, hattest du keine Schlüssel, oder?" Ihre scheinheilige Frage wurde von einem hämischen Grinsen begleitet.
Genau in diesem Moment betrat Monikas Mutter die Küche, in der die Mädchen sich niedergelassen hatten. "Morgen Kinder! Na, habt ihr gut geschlafen?"

Es war heraus, ehe Daniela noch über die Folgen nachdenken konnte. "Pia, kannst du mir nicht meine Schlüssel geben? Ich hab keine Lust, heute den ganzen Tag mit diesem Eisenkram herumzulaufen. Es nervt jetzt schon und ich will nachher mal zur Uni."

Die Angesprochene ließ mit keiner Mine erkennen, dass sie Danielas Bitte verstanden hatte. Nur Monika hatte mitten im Essen mit dem Kauen aufgehört, denn so etwas von Dummheit hätte sie von Daniela nicht gleich am ersten Morgen erwartet.

Daniela wartete einen Moment, dann glaubte sie, dass Monikas Mutter ihre Bitte nicht gehört hatte. "Pia? Gib mir doch bitte mal die Schlüssel zu diesen ganzen Keuschheitsdingern! Ich hab da im Moment echt keinen Bock drauf."

Pia drehte sich um und sah Daniela nett lächelnd an. "Der Rock steht dir ja gut, Dani. Gut, dass du alle Sachen von Moni tragen kannst, die hat ja genug Röcke. So! Also ich will mal los. Muss noch was in der Stadt erledigen. Bis dann!" Ohne irgendwelche Fragen der Mädchen abzuwarten ging sie hinaus, zog sich im Flur einen Mantel über und öffnete die Tür. "Ich hab die Schlüssel mit, Moni!", rief sie noch, dann war sie weg.

"Was war das jetzt?", fragte Daniela Monika, die immer noch wie erstarrt da saß.

"Bist du eigentlich wahnsinnig? Weißt du, was du dir da gerade eingehandelt hast?" Monika schüttelte den Kopf ob so viel Dummheit. "Eine ganze Woche im KG, mein Fräulein!"

"Ach du scheiße! Daran hab ich überhaupt nicht mehr gedacht!" Daniela wurde blass. "Du meinst, dass ich jetzt eine ganze Woche in diesen Sachen hier stecke?"

"Nein, das meine ich nicht. Weißt du nicht mehr, was ich dir gestern Abend gesagt hatte? Dass Mutter zwei Tage hinzurechnet, wenn man einmal fragt. Und dass es eine ganze Woche ist, wenn man zweimal fragt. Aber sie hat schon vorher festgelegt, wie lange man den Gürtel tragen muss. Kann also sein, dass sie ihn dir heute schon wieder abnehmen wollte. Kann aber auch sein, dass sie das erst in drei Tagen oder einer Woche tun wollte. Und dass dann jedes Mal diese Woche hinzukommt, die du dir gerade eingehandelt hast. Tja, Pech gehabt!! Viel Spaß also mit Klaus... oder Barbara. So genau bin ich nie dahinter gekommen, was er eigentlich lieber war!"


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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:11.03.13 13:56 IP: gespeichert Moderator melden


Hallo Daniela,
nach längerer Zeit kam ich auch wieder mal dazu hier weiterzulesen.

Als ich nach dem Anschluss, also bereits gelesen Teil, suchte, stach mir dieses ins Auge:

Zitat

PS: Gestern wurde bei der Berlinale der ´Goldene Bär´ vergeben. Ich frage mich gerade, ob ich wohl einmal den Goldenen Keuschheitsgürtel für meine München-Trilogie bekomme?



Nur beantragen Daniela, dann müsste es doch auch klappen. ---ggg---


Zitat

Ach übrigens, ich bin Single und das ist gut so! Nun ja, ein Partner wäre schon eine schöne Sache, aber man kann sie sich ja nicht aus dem Ärmel ziehen, oder? Außerdem, hätte ich einen, dann gäbe es mit Sicherheit diese Geschichte nicht!


Wenn es dann mit dem Verleihen des Goldenen Keuschheitsgürtels geklappt hat, kannst mir ja die Schlüssel zusenden damit ich sie für dich bewahre. Somit kämst Du auf keine Dummen Gedanken, und die Geschichte würde weitergehen.

Übrigens, alles nicht ganz ernst gemeint.

Trotzdem möchte ich mich bei Dir für diese Story, in die Du bestimmt sehr viel Herzblut gesteckt hast, bedanken.
-----
Gruß vom Zwerglein

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von Zwerglein am 11.03.13 um 13:57 geändert
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maximilian24
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:11.03.13 18:37 IP: gespeichert Moderator melden


Wieder eine großartige Fortsetzung. Diesmal picke ich für mich die Konstellation von Monika und Daniela heraus: Hüte Dich vor Deinen Wünschen wenn sie in Erfüllung gehen sollten! Ein wahrhaft teuflischer Kreislauf, aus dem auszubrechen sehr schwer ist.
Danke Dani
Euer Maximilian24
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:12.03.13 23:21 IP: gespeichert Moderator melden


Hi Daniela,

erst einmal wieder einmal vielen lieben Dank für die tolle, aktuelle Fortsetzung!

Rick ist also um ein paar Infos reicher, und daß Frau Jensen es offenbar recht gefaßt aufgenommen hat, beruhigt ihn. Nun, er wird wohl nicht mitbekommen, was für Frau Jensen nun zu verarbeiten ist, und wie lange sie wohl noch daran zu knabbern haben wird, selbst mit "Rettungsanker". Aber er ist ja auch kein Seelsorger, er muß ja im Fall weiterkommen als Ermittler, und das ist ok so. Daß der "Rettungsanker", den Du andeutest, insbesodere in solch einem Fall recht zuverlässig funktioniert, auch wenn Zweifel und Fragen nie ausbleiben, habe ich auch schon persönlich bei einem etwas anders gelagerten Fall erlebt, auch wenn ich kirchlich nicht organisiert bin, was aber eine andere Sache ist aus meiner Sicht.

Daß Rick nun zum ersten Mal Ingeborg Wimmer als Frau wahrnimmt, nachdem sie ihre Dienstuniform als Lockvogel anhat, ist etwas traurig, da doch schon recht spät. Aber immerhin, die Entwicklung zwischen den beiden fährt immer noch rasant weiter, auch wenn er sie längst im KG vor seinem geistigen Auge schon gesehen hat. Nun konnte sie ihn überraschen und aus der Reserve locken, und ihre anstachelnde Frage, ob sie ihm nicht gefalle, ist ja Provokation pur - aber auch irgendwie total süß... Es bleibt nun spannend, ob Rick´s Plan aufgeht, und sie nicht aus der Rolle fällt oder eben zu sehr in ihrer Rolle aufgeht und dabei den Plan vergißt. Vielleicht sollte er sie auf die Geidi-Gaudi einfach begleiten, wobei wohl auch dann das Resultat zu ungewiss wäre, zu viel scheint sich auch bei Rick aufgestaut zu haben. Und mir scheint, dieser Fall wird nicht spurlos an den beiden vorübergehen. Und daß sie sich gegenseitig auf die Spur kommen und Gefallen daran finden, das wünsche ich ihnen schon jetzt.

Daniela ist also wieder verschlossen - und gibt ihrer Sucht zunächst ja freiwillig nach. Ja, das Gefühl der Hilflosigkeit aber gleichzeitig der Geborgenheit und Nähe ist schon etwas Besonderes. Und es sprüht ja gewaltig Funken zwischen ihr und Monika. Erotik pur, wie sie miteinander umgehen, gepaart mit Zärtlichkeit und (gezügelter) Lust, wobei das Verlangen durch die Zügelung nur noch mehr gesteigert wird. Aber kann das wirklich Sünde sein, dem dann auch nachzugeben? Nun, nach landläufiger Ansicht nennt man das wohl so, aber aus meiner Sicht ist Sünde etwas ganz anderes: einem anderen Menschen leichtfertig oder gar bewußt Schaden oder Leid zufügen, dabei ohne Not, sondern zum eigenen Vorteil. Pia wäre gemäß meiner Definition schon in ziemlicher Gefahr, dies mit ihrer Praxis der Schlüsselverwaltung zu begehen. Und Pia scheint sich offenbar eigenmächtig Daniela´s Schlüssel bemächtigt zu haben, was nicht ok wäre, wenn Monika hier wirklich die Wahrheit gesagt hat. Kann aber auch durchaus sein, daß sie Daniela hier belogen hat, um ihr nicht gönnen zu müssen, was ihr selbst verwehrt ist, und Daniela hierbei auch noch zu "bedienen". Das wird sich wohl in Zukunft rausstellen. Aber daß Monika Daniela in ihrer Gemeinde angemeldet hat, über Dani´s Kopf hinweg, da habe ich keinen Zweifel, auch wenn das ebenfalls zumindest recht fragwürdig ist.

Interessant finde ich, daß Monika Klaus bzw. Barbara nie verstanden hat. Vielleicht meint sie ja auch, sie hätte es fertiggebracht, aus Klaus Barbara zu machen, ohne recht zu wissen, daß sie Barbara "nur" aus Klaus "befreit" hat. Monika formuliert es ja so, als ob er die Wahl hätte, wer er lieber sein will. Die dunkle Vergangenheit von Klaus kennt sie wohl eher nicht, was vielleicht ja auch besser ist, je nachdem, wie sie damit hätte umgehen können. Um so kurioser, daß gerade jetzt Daniela Klaus ins Spiel bringt, ihn besuchen will. Aber gerade jetzt, wo sie verschlossen ist, wäre das bei seinem derzeitigen Gemütszustand wohl eher kontraproduktiv. Am Ende kommt er zum Schluß, daß jede Frau, an der er jemals Interesse hat oder hatte, für ihn unerreichbar abgeschlossen ist, er also der Ausgeschlossene ohne Zugang oder Schlüssel ist. Und die Folgen davon sind nicht absehbar, insbesondere bei seiner eigenen labilen, mutlosen und orientierungslosen Seele.

Ich bin gespannt, was die nächste Folge zeigen wird. Ja, Du hast Recht: Die Spannung ist fast schon unerträglich erhalten, alles scheint noch möglich - und doch wünscht man sich, daß es noch recht lange so weitergeht.

Liebe und herzliche, wenn auch keusche Grüße
Keuschling

PS.: Du hast schon Recht, passende Partner kann man sich nicht aus dem Ärmel ziehen. Aber man kann auf sie treffen, gewöhnlicherweise dann und dort, wann und wo man es eben am wenigsten erwartet. Die Offenheit dafür entscheidet dann, ob es wirklich weiter geht und eine Partnerschaft draus wird. Und ein echter Partner unterstützt den anderen aus meiner Sicht dann aus eigenem Antrieb, ob es nun das Aufpassen auf einen Schlüssel ist, oder durch ausreichend Freiraum, den der/die andere braucht, um etwa kreative Geschichten zu schreiben, um nur zwei eigentlich weniger wichtige Dinge zu nennen. Ich denke, gerade beispielsweise letzteres muß sich nicht ausschließen. Und ich denke, gegenseitiges Anbieten und Inspirieren ist immer besser als voneinander zu fordern. Für mich ist ein sehr altes, chinesisches Sprichwort über Himmel und Hölle das Sinnbild für Liebe und Partnerschaft geworden: In der Hölle, da ist es furchtbar: ein jeder hat einen vollen Teller vor sich, aber mit seinen 20m langen Eßstäbchen kann er einfach nichts davon essen. Im Himmel, da ist es wunderbar: ein jeder hat einen vollen Teller vor sich und ebenso 20m lange Eßstäbchen - aber man füttert sich dort gegenseitig!
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  RE: Agonie (Fortsetzung von "Frust") Datum:17.03.13 08:08 IP: gespeichert Moderator melden


ich sags mal ganz schlicht und einfach....

diese trilogie sollte verfilmt werden
Die Anderen lachen über mich weil ich anders bin,
ich lache über die Anderen weil sie alle gleich sind.
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