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Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:11.10.24 12:47 IP: gespeichert
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Kapitel 1: Die Fortsetzung
Hallo zusammen, mein Name ist Natalie. Meine bisherige Geschichte habe ich unter dem Thread Mädchenpensionat erzählt. Nun möchte ich Euch erzählen, wie meine Geschichte weitergeht.
Nach meinem sehr guten Abitur an einer staatlichen Schule in der Schweiz begann ich mein Psychologiestudium und hatte auch eine Reihe von Vorlesungen bei Prof. Dr. Brinkmann. Bei seinen Vorlesungen kamen mir eine Reihe der praktischen Beispiele auffallend bekannt vor. Als ich mich einmal meldete und die Ausführungen von Herrn Brinkmann ergänzte, quittierte er dies mit den Worten: „Ich hatte schon befürchtet, dass Sie sich nie dazu äußern würden.“ In der Folgezeit erläuterten wir seine Beispiele meist gemeinsam. Er aus Sicht des Therapeuten und ich aus Sicht seiner ehemaligen Patientin.
Wenig später bot er mir eine Stelle an seinem Lehrstuhl an und ich bestritt mit ihm zusammen auch die Vorlesungen für die höheren Semester. Auch arbeitete ich mit ihm zusammen in dem Institut, welches ich gegründet hatte und deren medizinischer Leiter Herr Brinkmann war.
Eines Tages bat Herr Brinkmann mich, ihn auf einen mehrtägigen, internationalen Kongress in New York zu begleiten. Als wir den großen Saal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, betraten, wurde mir schon ein wenig mulmig. Auch fühlte ich mich als Fremdkörper. Schließlich bestand das Publikum überwiegend aus meist männlichen Psychologen im fortgeschrittenen Alter.
Am dritten Tag waren Herr Prof. Dr. Brinkmann und ich mit unserem Vortrag an der Reihe. Wie besprochen, hielt ich mich zunächst im Hintergrund. Als mir Herr Brinkmann ein Zeichen gab, trat ich zu ihm ans Rednerpult und beschrieb den zuvor von ihm dargestellten Sachverhalt aus meiner Sicht. Die allgemeine Ratlosigkeit war den Zuhörer deutlich anzusehen. Prof. Dr. Brinkmann bedankte sich für meine Ausführungen und wies das verdutzt Fachpublikum darauf hin, dass bei unserer Arbeit immer der Patient im Mittelpunkt stehen muss. „Wir haben jetzt zweieinhalb Tage über die Probleme unserer Patienten geredet. Ich dachte mir, es sei endlich an der Zeit, dass auch unsere Patienten zu Wort kommen. Sie haben nun das Glück, dass mein schwierigster aber auch interessantester Fall vor Ihnen steht.“ Er stellte mich als Natalie von Sternenberg vor und wies darauf hin, dass ich zwischenzeitlich bei ihm Psychologie studieren würde. „Frau von Sternenberg ist übrigens eine sehr talentierte Studentin und ich hoffe, dass sie eines Tages meine Nachfolgerin in der Universität und im Institut antreten wird.“ Am Abend fragte ich Herrn Brinkmann, ob er das mit der Nachfolge ernst gemeint hatte, was er bejahte.
In der Folgezeit erhielten wir ständig Einladungen zu Kongressen, die über die ganze Welt verstreut waren. Aufgrund der Vielzahl war es uns nicht möglich, alle anzunehmen. Sie richteten sich übrigens ausdrücklich immer an uns beide. Wenig später veranstalteten wir dann selber unseren ersten Fachkongress in Montreux. Diese war ein großer Erfolg und findet seitdem jährlich statt.
Auch waren wir im nächsten Jahr wieder auf den Kongress in New York. Hatte ich mich im Vorjahr noch mit einem dezenten Business-Outfit zurückgehalten, so entschied ich mich, im Dirndl aufzutreten. Da ich als junges Mädel zwischen den ganzen alten Herren sowieso als Fremdkörper wirkte, war ich der Auffassung, dass ich mich dann auch vom Outfit abheben kann. Anders war jedoch, dass zwischenzeitlich in der Fachwelt bekannt war, dass Herr Brinkmann und ich zusammenarbeiten und wir ein sehr gutes Team sind.
Kurz nach unserer Ankunft kam einer der Organisatoren auf mich zu und fragte, ob ich bereit sei, einen eigenen Vortrag zu halten. Selbstverständlich habe ich mich zuerst mit Herrn Brinkmann darüber beraten. Dieser war der Auffassung, dass ich mittlerweile so weit sei, dass ich auch eine derartige Herausforderung meistern würde. Mir war bekannt, dass es bei Musikfestivals sog. „Headliner“, d.h. Gruppen, die musikalische Höhepunkte darstellen, gibt. Dass es etwas Vergleichbares auch bei Fachveranstaltungen gibt, war mir nicht bekannt. Auch konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Organisatoren mich als „Headliner“ des ersten Tages auswählen würden. Aber genau das war der Fall.
Als Thema für meinen Vortrag wählte ich die Glaubwürdigkeit unserer Patienten sowie unsere Therapieansätze. So trat ich ans Rednerpult und begann meinen Vortrag: „Sie können sicher unschwer erkennen, dass ich aus der Schweiz, genauer aus Montreux am Genfer See komme. Ich studiere dort an der örtlichen Universität und arbeite am Institut, welches ich selbst gegründet habe und dessen medizinische Leiter Prof. Dr. Brinkmann ist. Wir behandeln vorwiegend die ehemaligen Schülerinnen des Mädchenpensionats, welches sich früher in unseren Räumlichkeiten befunden hat. Dies betrifft sowohl die Patienten, die Schülerinnen waren, als das Internat wegen der Zustände seitens der Behörden geschlossen wurde, als auch Schülerinnen, die bereits vor einigen Jahren das Internat verlassen haben. Viele der ehemaligen Schülerinnen leiden bis heute unter den Folgen ihres Internatsaufenthaltes und haben sich an uns gewandt und um psychologische Hilfe gebeten.
Das Internat hatte ca. 100 Plätze und die Schülerinnen blieben durchschnittlich für drei bis vier Jahre im Internat. Dies bedeutet, dass jedes Jahr zwischen 25 und 35 Schülerinnen das Internat verlassen haben. Im Ergebnis sind oder waren ca. 80 % der ehemaligen Schülerinnen der letzten acht Jahre zwischenzeitlich unsere Patienten. Ich bin übrigens auch eine der ehemaligen Schülerinnen, wobei ich lediglich ein gutes Jahr im Internat verbracht habe. Dafür ist meine Geschichte dramatischer, da ich meine Situation nicht mehr ausgehalten habe und aus dem vierten Stock gesprungen bin.“ Es ging ein Raunen durch den Zuhörerraum.
Ich erzählte, dass das Symbol des Institutes das große Herz über der Eingangspforte ist, welches ich seinerzeit mit anderen Internatsschülerinnen gemeinsam gebastelt habe. Weiter führte ich aus: „Viele bzw. nahezu alle unserer Patientinnen haben berichtet, dass ihre Psychologen ihnen das, was sie über das Internat berichteten nicht geglaubt, ihnen Warnvorstellungen diagnostiziert und sie mit Psychopharmaka ruhiggestellt haben.
Wir dagegen glauben unseren Patienten, hören Ihnen zu, zeigen Verständnis, nehmen uns Zeit für sie und zeigen einer Perspektive auf. Und vor allem geben wir ihnen die Zeit, die sie brauchen. Mit diesem Konzept sind wir sehr erfolgreich. So konnten wir Patientinnen therapieren, die zuvor jahrelang lediglich ruhiggestellt wurden." Dann berichtete ich ausführlich von meiner 'ersten Patientin', jener jungen Dame, die völlig aufgelöst zu uns kam und die ich erst einmal in meinem Zimmer einquartierte und die ich anschließend wieder mental stabilisierte.
Unsere Betreuung hört nach Abschluss der eigentlichen Therapie nicht auf. So betreiben wir eine Außenstelle in einem idyllisch gelegenen ehemaligen Berghotel. Dort können unsere ehemaligen Patienten einziehen. Übrigen befinden sich dort ebenfalls Therapieeinrichtungen von uns.
Abschließend beschrieb ich, dass es mir bei meiner Tätigkeit im Institut des Öfteren geholfen hatte, dass ich die gleichen traumatischen Erlebnisse wie meine Patientinnen hatte.
Wenig später kam ein Reporter auf mich zu und bat, um ein Interview. Am nächsten Morgen reichte mir Herr Brinkmann die Zeitung herüber. Dort war ein Bericht über mich mit dem Titel „Mein Name ist Natalie / Das Mädchen aus der Schweiz“ in Form einer Reportage veröffentlicht. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass sich die Presse in der Schweiz verpflichtet hätte, keine Fotos von mir zu veröffentlichen, um mich zu schützen.
Der Reporter berichtete, wie er von seinem Chef verdonnert wurde, über den Kongress des Psychologen zu berichten. Er begab sich zum Versammlungsort. Zwischen all den überwiegend männlichen Teilnehmern im fortgeschrittenen Alter stach eine Teilnehmerin heraus.
Als diese Teilnehmerin wenig später einen beeindruckenden Vortrag hält, der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt ist und alle Teilnehmer regelrecht an ihren Lippen hängen, war sein Interesse geweckt.
Er berichtete, wie er auf mich zuging und mich um ein Interview bat. Er fügte an: „Ich hatte nicht geahnt, welche dramatische aber auch beeindruckende Geschichte ich nun erfahren werde.
Ihr Name ist Natalie von Sternenberg, sie ist zwischenzeitlich 21 Jahre alt und studiert in Montreux Psychologie. Sie arbeitet mit Prof. Dr. Brinkmann, einen der weltweit angesehensten Psychologen zusammen. Dieser bezeichnet sie gerne als seinen schwierigsten - aber auch interessantesten Fall.
Zunächst führte sie jahrelang ein beschauliches Leben in Süddeutschland. Ihre Eltern führten ein mittelgroßes Familienunternehmen. Sie war ihr einziges Kind und kannte keine finanziellen Probleme. Dadurch, dass ihre Eltern sich beide um das Familienunternehmen kümmern mussten, hatte Natalie viele Freiheiten, die sie aber nicht übermäßig ausnutzte.
Die Eltern wünschten sich, dass Natalie nach dem Abitur BWL oder Jura studiert, dann ins Familienunternehmen einsteigt und dies später von ihnen ganz übernimmt. Nur hatten sie ihre Tochter nie nach deren Plänen und Vorstellungen gefragt.
Ein befreundetes Ehepaar hatte selbst seine Tochter auf dem Internat in Montreux angemeldet und dieses in den höchsten Tönen gelobt. Ihre Eltern beschlossen, auch Natalie auf dieses Internat zu schicken und lockten sie unter einem Vorwand dorthin. Zuvor hatten sie sie einen Knebelvertrag unterzeichnen lassen, ohne sie über dessen Inhalt aufzuklären. Natalie vertraute ihren Eltern und unterschrieb den Vertrag, ohne sich diesen vorher durchzulesen. Durch den Vertrag wurde Natalie vollkommen entmündigt und räumte ihren Eltern das Recht ein, vollkommen über sie zu bestimmen.
Natalie verspürte von Anfang an eine starke Abneigung gegen das Internat. Während sie probeweise die Internatsuniform anzog, vereinbarten die Eltern, dass sie im Internat aufgenommen wird. Später stellten die Eltern sie vor vollendete Tatsachen. Ihr Versprechen, dass sie Natalie nach zwei Wochen besuchen kommen und dass sie das Internat dann verlassen kann, wenn es ihr nicht gefällt, brachen sie.
Mit den Knebelvertrag und der Anmeldung im Internat haben die Eltern die Grundsätze von Offenheit, Fairness und Miteinander, die bisher das Zusammenleben mit ihrer Tochter geprägt haben, über den Haufen geworfen. Natalie weiß, dass ihre Eltern nur Bestes für sie wollten, aber sie haben damit das genaue Gegenteil erreicht.
Im Internat durchlebte Natalie die Hölle auf Erden. Rückwirkend muss sie feststellen, dass die Zeit im Pensionat die schlimmste Zeit in ihrem Leben war und sie beinahe verstört hätte. Aber das Allerschlimmste war, dass ihre Eltern ihr nicht geglaubt haben, als sie ihnen erzählte, was sie dort durchleben musste.
Im Internat bestand die Verpflichtung zum Tragen der einheitlichen Schuluniform. Diese beinhaltete ein Korsett nach viktorianischem Vorbild. In diesem war es schwer zu atmen und es schränkte ihre Bewegungsfreiheit stark ein. Zudem gab es mehrere verschärfte Versionen. Natalie wurde mehrfach verpflichtet, diese als Strafmaßnahmen zu tragen. Auch musste sie im Hochsommer die sogenannte Winterversion tragen, da sie sich die etwas leichtere Sommerversion nach Ansicht des sogenannten Lehrpersonals noch nicht verdient hatte.
Im Internat herrschten strenge Regeln und von ihr und den anderen Schülerinnen wurde ein absolutes Gehorsam gegenüber dem Lehrpersonal verlangt. Als Internatsschülerin war sie quasi rechtlos und der Willkür des Lehrpersonals schutzlos ausgeliefert. Für kleinste Verfehlungen und manchmal für gar nichts, musste sie mit drakonischen Strafen rechnen.
Mehrfach versuchte sie ihre Eltern dazu zu bewegen, sie aus diesem Internat zu nehmen. Ihre Eltern räumten später ein, dass sie vom ehrwürdigen Anwesen beeindruckt waren und die Warnsignale und das, was Natalie ihnen erzählte, vollkommen ausgeblendet haben.
Natalie konnte das Verhalten ihrer Eltern nicht verstehen. Sie war ja bereit, auf jedes – wirklich jedes - andere Internat zu gehen. Warum beharrten ihre Eltern so darauf, dass sie unbedingt in diesem Internat bleibt?
Weiter nutzte sie die erste Möglichkeit, die sich ihr bot, zur Flucht. Sie wusste nicht, dass die Polizei die Anweisung hatte, entlaufende Internatsschülerinnen zurück zu bringen. Im Polizeigewahrsam schwor sie sich, die Internatsleiterin und deren Handlangerinnen, für all die Ungerechtigkeiten und Demütigungen bezahlen zu lassen.
Bei einem Besuch ihrer Eltern erzählte Natalie diesen erneut, was sie im Internat erdulden musste. Die Eltern versprachen hoch und heilig, nichts von der Unterredung der Internatsleiterin zu erzählen. Auch dieses Versprechen brachen sie, worauf Natalie erneut eine drakonische Strafe bekam. Sie war ganz unten angekommen und hatte weder den Willen noch die Kraft zum Weiterleben. Sie sprang aus dem vierten Stock und wurde schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Dort gelang es den Ärzten in einer dramatischen Operation, ihr Leben zu retten. Prof. Dr. Gustav Brinkmann wurde von der behandelnden Ärztin hinzugezogen und nahm sich ihrer an. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich schaffte er es, Natalie mental zu stabilisieren. Weiter hatte die behandelnde Ärztin Natalie die Kleidung, die sie beim Sprung getragen hatte, gegeben. So war es ihr später möglich, diese als Beweis vorzuzeigen.
Im Nachhinein ist es schon ein kleines Wunder, dass Natalie drei Monate später das Krankenhaus ohne bleibende Schäden verlassen konnte. Sie zog in eine abgelegene Wohngemeinschaft für junge Erwachsene mit psychischen Problemen ein.
Dort lebte auch eine ehemalige Internatsschülerin. Herr Brinkmann hielt es zunächst aus therapeutischer Sicht für kontraproduktiv, wenn sie mit einer anderen ehemaligen Internatsschülerin zusammenlebt. Aber Natalie hat darauf bestanden und die beiden taten sich sichtbar gut.
Kurze Zeit später hat sich Natalie selbst bei der örtlichen Schule angemeldet. Sie ist zur Direktorin gegangen und hat gesagt: 'Hier bin ich und ich möchte Ihre Schule besuchen.' Herr Brinkmann war von dieser Entwicklung überrascht aber auch sehr erfreut. Zeigte sie doch, dass Natalie ihr Leben wieder selbst in die Hand nimmt und mit dem Abitur im nächsten Jahr wieder ein festes Ziel vor Augen hatte.
Natalie hatte sich dabei bewusst für die staatliche Schule im Ort entschieden. Erstens wollte sie nach den Erfahrungen mit dem Internat in Montreux nicht mehr auf eine Privatschule und zweitens ging ihre Mitbewohnerin ebenfalls auf diese Schule.
Nachdem ihre Eltern erkannt hatten, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte, kam es zur Aussöhnung. Auch akzeptierten die Eltern, dass Natalie inzwischen erwachsen ist und über ihr Leben selbst bestimmen kann. Dies beinhaltete auch, dass Natalie in der WG in der Schweiz bleibt und später nicht das Familienunternehmen übernehmen wird.
Wie Natalie sich seinerzeit im Polizeigewahrsam vorgenommen hatte, wollte sie die Internatsleitung und die ehemaligen Lehrkräfte, für die Misshandlungen, die ich erleiden musste, zur Verantwortung ziehen.
Mit Hilfe eines Anwaltes konnte Natalie der Internatsleiterin und ihren Handlangerinnen das Handwerk legen.
Zuerst erstritt sie eine Entschädigung in Höhe von knapp elf Millionen Schweizer Franken. Mit dem Urteil in der Hand war es ein leichtes für Natalie die Internatsleiter und ihre Handlangerinnen vor den Internatsschülerinnen vorzuführen. Auch ihre Mitschülerinnen befreite sie schließlich aus ihrer Hölle.
Schließlich ersteigerte sie selbst die ehemalige Internatsimmobilie weit unter Wert und konnte diese einer sinnvollen Nutzung zuführen. Sie gründete ein Institut, welches junge Erwachsen therapieren soll. Somit ist ein für alle Mal sichergestellt, dass dort nie wieder ein junger Erwachsener das durchleben muss, was Natalies Mitschülerinnen und ihr selbst widerfahren ist.
Im Strafprozess trat Natalie dann als Nebenklägerin auf. Die Internatsleiterin und ihre Handlangerinnen haben ihre gerechte Strafe bekommen. Wobei sich die Leiterin bei den Internatsschülerinnen und ihr entschuldigt hat, als diese erfahren hat, welche Grausamkeiten diese durch ihr Lehrpersonal hinter ihrem Rücken erleiden mussten. Natalie reagierte hierauf durch eine Videobotschaft und erreichte dadurch, dass die Mitgefangenen die Internatsleiterin weitgehend in Ruhe ließen, während die restlichen Lehrkräfte drangsaliert wurden, wenn immer sich hierfür eine Gelegenheit bot.
Ihren Therapeuten, Herr Brinkmann, gewann sie als medizinischen Leiter ihres Instituts und diesem gelang es innerhalb kürzester Zeit, ein schlagkräftiges Team von Psychologen zusammengestellt. Dieses begann umgehend damit, den jetzt ehemaligen Internatsschülerinnen dabei zu helfen, das Erlebte zu verarbeiten.
Dank der großzügigen finanziellen Unterstützungen aus der Wirtschaft konnten er und seinem Team das Institut innerhalb kürzester Zeit zur führenden Einrichtung für die psychologische Betreuung von jungen Erwachsenen in der Schweiz aufbauen. Auch wurde ein viel beachtete Benefizkonzert für das Institut veranstaltet. Für ihren mutigen Einsatz wurde sie in einer öffentlichen Abstimmung zur Schweizerin des Jahres gewählt. Sie war die erste und bisher einzige Preisträgerin, die nicht die schweizerische Staatsbürgerschaft hat.
Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, war ich über das Lob, welches mir in diesem zu Teil wurde, doch überrascht. Herr Brinkmann und ich verbrachten noch ein paar interessante Tage auf dem Kongress. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich zwischenzeitlich zum Liebling der Medien avanciert war. Als ich Herrn Brinkmann hierauf ansprach sagte er nur: „Die Medien interessieren sich immer für das Außergewöhnliche und Sie stechen aus der Vielzahl der Teilnehmer heraus. Gewöhnen Sie sich besser schon einmal an die Medien. Wenn Sie irgendwann einmal in meine Fußstapfen trete – was ich übrigens sehr hoffe – dann werden sie noch öfters im Interesse der Medien stehen.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 02.12.24 um 09:45 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:12.10.24 09:33 IP: gespeichert
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Moin.
Da bin ich ja mal gespannt, ob es eine Ducret und Niedermayr 2.0 für andere gibt...
Gutes "Flashback" auf jeden Fall.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:12.10.24 11:28 IP: gespeichert
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Kapitel 2: Der Auftrag aus Neuchatel
Eines Tages erhielt Prof. Brinkmann einen Auftrag aus Neuchatel vom dortigen Gericht. Dort gibt es ebenfalls ein sehr elitäres und luxuriöses Internat für Mädchen und junge Damen. Eine 18-jährigre Internatsschülerin hatte die Internatsleiterin als Geisel genommen, sich dann aber widerstandslos festnehmen lassen. Es handelte sich um die Tochter von sogenannten neureichen Eltern aus Deutschland.
Herr Brinkmann erzählte mir von der Anfrage und ich bat ihn, diese anzunehmen und mich mitzunehmen. Instinktiv spürte ich, dass dies ein ganz besonderer Auftrag werden wird. Bei einem luxuriösen Internat werde ich aufgrund meiner eigenen Geschichte immer hellhörig. Ich erinnerte mich an meine Zeit im Internat von Montreux und dachte, was ich wohl herausfinden werde, wenn ich einmal hinter die schöne Fassade blicken werde.
Am nächsten Tag nahmen Herr Brinkmann und ich den Zug nach Neuchatel, um erst einmal mit der jungen Dame zu reden. Im Zug erläuterte er mir unseren Auftrag. Herr Brinkmann hatte bereits einige Male in äußerst komplizierten Fällen Gutachten für die Richterin erstellt.
Sie hatte sich direkt an ihn gewandt, da ihr der Fall irgendwie komisch vorkam. Eine total eingeschüchterte Angeklagte und ein sehr sicher auftretender Anwalt, der sich vehement gegen die Beurteilung der Schuldfähigkeit seiner Mandantin wehrt. Er ergänzte, dass die Richterin in solchen Belangen immer eine sehr gute Einschätzung der Situation vornehmen würde.
Die Richterin hatte uns per Kurier einige Unterlagen zugeschickt. Als erstes war dort das Einsatzprotokoll der Polizei. Die Festgenommen heißt Annabelle Schönleber ist 18 Jahre alt, hat die deutsche Staatsbürgerschaft und besuchte seit einige Zeit das Internat in der Villa zu Schaumbourg in Neuchatel.
Nach Eingang des Notrufes um 10:14 Uhr wurden ein Polizeipsychologe und ein Sondereinsatzkommando alarmiert. Der Psychologe war ein speziell in Deeskalation geschulter Verhandlungsführer und erreichte das Internat um 10:58 Uhr. Dort wurde er von einigen angestellten Lehrkräften in Empfang genommen und über die aktuelle Situation informiert. Das Internat veranstaltet regelmäßig sogenannte „Brautschauen“, bei welchem die Internatsschülerinnen die Möglichkeit haben, angesehene Söhne aus den entsprechenden gesellschaftlichen Schichten als potenzielle Heiratskandidaten kennen zu lernen.
Die Geiselnehmerin hatte bei dieser Gelegenheit einen jungen Mann kennen gelernt und sich – wie man so schön sagt - Hals über Kopf verliebt. Auch der junge Mann hätte ganz offensichtlich die Liebe erwidert.
Leider entsprach die Geiselnehmerin hinsichtlich des Ansehens ihrer Familie nicht den Anforderungen der Familie des jungen Mannes. Der Leiterin des Internats kam somit die undankbare Aufgabe zu, dies der Geiselnehmerin mitzuteilen. Dabei hatte sie den Fehler gemacht, sich abfällig über die Geiselnehmerin und deren Familie zu äußern. Die Geiselnehmerin hatte ein auf den Schreibtisch liegendes Obstmesser an sich genommen und die Internatsleiter damit bedroht. Die ebenfalls im Zimmer befindlich Lehrkraft schickte sie fort. Die Lehrkraft gab an, dass es sich nach ihrer Einschätzung um eine unüberlegte Kurzschlussreaktion der Geiselnehmerin handeln würde.
Der Verhandlungsführer begab sich zum Einsatzort - dem Zimmer der Direktorin - und fand dort die mit einem Messer bewaffnete Geiselnehmerin vor, die nach wie vor die Internatsleiterin in ihrer Gewalt hatte. Die Geiselnehmerin reagierte nicht, wie sonst üblich, mit der hysterischen Aufforderung, zu verschwinden. Stattdessen wirkt sie sehr abgeklärt. Das Gesprächsangebot nahm die Geiselnehmerin mit den Worten „Gut lassen Sie uns reden“ an und fragte, ob sie mit einer Verhaftung rechnen muss. „Sie haben eine Geisel genommen und diese mit einem Messer bedroht. Selbstverständlich werden wir sie verhaften müssen“, war die kurze, knappe aber durchaus zutreffende Antwort.
Sie fragte, ob die Polizei, wenn sie sich ergeben würde, auf Gewaltanwendung verzichten würde, was ihr zusagt wurde. Die Geiselnehmerin legte das Messer auf den Boden und schob es weg. Ihre Handlungen kündigte sie vorher an. Dann bat sie den Polizisten, ihr die Handschellen herüberzuschieben, die sie sich auf dem Rücken anlegte. Abschließend kniete sie sich auf den Boden.
Der Polizist war nach eigenen Angaben vom Verlauf der Geiselnahme überrascht und fragte die Geiselnehmerin, was deren plötzlichen Sinneswandel ausgelöst habe. „Wissen Sie“, begann diese, „Ich gehe davon aus, dass sie nicht alleine angereist sind und sich letztendlich nicht nur mit mir unterhalten wollten. Wir sind und doch beide einig, dass wir beide ein Blutbad vermeiden wollen. Also habe ich realistisch betrachtet zwei Alternativen. Ich kann aufgeben oder ich kann nicht aufgeben. Wenn ich aufgebe, werden sie mich verhaften und wenn ich nicht aufgebe, werden sie mich erst überwältigen und dann mich ebenfalls verhaften. Beiden Alternativen ist somit gemein, dass ich verhaftet und mich heute Abend im Polizeigewahrsam bzw. Untersuchungshaft befinden werde.
Dann schaute sie in Richtung der Internatsleiterin und bat sie um Verzeihung. Diese wies darauf hin, dass ihr mit ihren überaus reichen Eltern und der Ausbildung, die ich hier erhalten hätte, alle Türen offen standen. Somit habe sie sich in einem einzigen Moment, ihre ganze Zukunft verbaut.
Die Geiselnehmerin antwortete, dass sie dies selber wüsste und derzeit die Strategie der Schadensbegrenzung fahren würde. Die Leiterin des Internats nahm ihre Entschuldigung an und kündigte an, dass sie sie nicht fallen lassen würde und sich zunächst um einen sehr guten Anwalt für sie bemühen würde.
Am Ende des Protokolls hatte der Einsatzführer vermerkt, dass das Sondereinsatzkommando nicht mehr zum Einsatz kam und er persönlich den Eindruck hatte, dass es fast schon meinen könnte, dass die Geiselnehmerin verhaftet werden wollte. Er selbst bezeichnete den Einsatz abschließend als ‚sonderbar‘.
Aus den Unterlagen ging dann noch hervor, dass die Geiselnehmerin zuerst zur örtlichen Polizeistelle gebracht und anschließend zum Haftrichter vorgeführt wurde. Gegenüber diesem räumte sie die ihr vorgeworfenen Straftaten vollständig ein. Dieser erließ einen Haftbefehl, wobei er darauf hinwies, dass er aufgrund der Schwere der Tat und der Tatsache, dass sie deutsche Staatsbürgerin sei und somit die Gefahr bestünde, dass sie sich nach Deutschland absetzen könnte, keine andere Wahl hätte. Es erfolgte die Überführung der Festgenommenen ins Untersuchungsgefängnis in Neuchatel.
Nicht aus dem Protokoll ersichtlich war die Unterredung mit dem dortigen Gefängnispersonal. Dieses muss ihr gegenüber streng, unfreundlich und in einem Befehlston aufgetreten sein. Annabelle hat wohl darum gebeten, ihr gegenüber in einem vernünftigen Ton zu agieren und im Gegenzug angeboten, dass sie keine Probleme bereitet. Auch die sie begleitenden Polizistinnen gaben an, dass bei Annabelle nicht mit Problemen zu rechnen sei.
Im Untersuchungsgefängnis hatte Annabelle dann später noch Besuch von jenem Anwalt, dem die Leiterin des Internats beauftragt hatte. Mir gegenüber erzählte sie später, dass der Herr ihr von Anfang an unsympathisch war und sie kein Vertrauen zu ihm hatte. Zunächst hielt er ihr Stunden lange Vorträge über die juristischen Möglichkeiten, den Annabelle aber nicht mal ansatzweise folgen konnte. „Wenn Sie nicht im Gefängnis versauern wollen, dann tun Sie gefälligst das, was ich Ihnen sage. Im Übrigen hat Madame vom Schaumbourg mir diese kleine Fernsteuerung mitgegeben.“ Annabelle war sofort klar, dass der 'schmierige' Anwalt ihr mit dieser jederzeit schmerzhafte Elektroschocks verpassen konnte.
Weiter lagen zwei Prospekte den Unterlagen bei. Diese waren optisch identisch, unterschieden sich aber textlich.
Im ersten Prospekt wurde die sehr luxuriösen Einrichtungen dargestellt. Als ich den Prospekt so durchlas, dachte ich das eine oder andere Mal, dass auch ich es sich in diesem ’Luxusschuppen’ aushalten könnte. Villa ist für das Anwesen mehr als untertrieben. Es handelt sich um ein ehemaliges Grandhotel, welches direkt am See liegt und von einem weitläufigen Parkt umgeben ist. Über die Jahre wurden auf dem Gelände weitere Gebäude, wie das Schulgebäude, weitere äußerst luxuriöse Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen errichtet.
Beeindruckt war ich auch vom Bildungskonzept. Im Internat gibt es keine festen Klassen und Unterrichtsstunden, sondern es wird für alle dort ein individueller Schulungs- und Ausbildungsplan erstellt. Für jede Schülerin wird alle drei Monate – oder bei Bedarf - nach den für sie definierten Zielen, Vorkenntnissen, Eignungen und Neigungen ein spezieller Lehr- und Lernplan festgelegt. Dieser Plan beschreibt die Art der Maßnahmen genau sowie die Zeiten, wann diese absolviert werden sollen, um die Ziele zu erreichen. Es handelt sich um eine Kombination aus Frontaleinzelunterricht, Einzelunterricht, Projektarbeit, Lernstunden, Gruppenarbeiten, Gruppenunterricht, Hausarbeiten u. v. m. Ergänzt wird das Konzept durch eine optimale technische Ausstattung und entsprechende Bibliotheken. Das System garantiert – nach Aussagen des Internats – eine optimale schulische Förderung der Internatsschülerinnen.
Zuerst wunderte ich mich, dass der Prospekt doppelt ist. Wenig später erkannte ich, dass die Textpassagen sich unterscheiden. Offensichtlich war der eine Prospekt für die potenziellen Internatsschülerinnen und der andere für deren Eltern bestimmt.
So wird gegenüber den Eltern auch erwähnt, dass das Bildungskonzept sich nicht nur auf die reine Wissensvermittlung beschränkt, sondern auch Erziehung, Disziplin, Verhalten und alles was damit verbunden ist, beinhaltet. Wörtlich hieß es im Prospekt: „Unser Internat richtet sich speziell an Eltern, deren Töchter erhebliche Defizite im standesgemäßen Benehmen haben. Unser ausgeklügeltes System zeigt bereits nach kürzester Zeit in der Regel schon eine grundlegende Veränderung ihrer Kinder. Dies gilt auch für überaus renitente Jugendlichen. Sie werden begeistert sein.“ Hingewiesen wurde auch ausdrücklich auf die Internatsuniform einschließlich des Korsetts nach viktorianischem Vorbild, welches die Schülerinnen dabei unterstützt, eine optimale Haltung einzunehmen. Dass man in dem Ding nicht atmen und sich nicht richtig bewegen kann, steht dort aber nicht, dachte ich noch so bei mir.
Nachdem ich auch den anderen Prospekt durchgelesen hatte, war mir klar, dass in diesem Internat der gleiche Drill, wie in dem Internat in Montreux herrschen muss, auf dem ich einst die schlimmste Zeit meines Lebens durchleben musste. Einziger Unterschiede waren einige luxuriösen Einrichtungen, wie beispielsweise Schwimmbad, Wellness-Abteilung, Reithalle und Tennisplätzen. Auch die Zimmer waren luxuriöser ausgestattet. Dennoch musste ich feststellen, dass ich meine Einschätzung hinsichtlich eines Aufenthaltes von mir revidieren musste. Unter keinen Umständen wollte ich Schülerin dieses Internats sein. Zu meiner Beruhigung hatte ich letzte Jahr ein sehr gutes Abitur gemacht und kam dankenswerterweise als Schülerin nicht mehr in Frage.
Ich wandte mich an Herrn Brinkmann und sagte: "Die Richterin scheint recht zu haben. Mit dem Internat stimmt tatsächlich etwas nicht." Ich las die Passagen Herrn Brinkmann vor und ergänzte, dass diese auch auf das Internat, auf dem ich als sogenannter 'Zögling' war, zutreffen würde. Herr Brinkmann entgegnete mir, dass es immer einen Grund hat, wenn die Richterin ihn beauftragen würde. Wir unterhielten noch etwas über den Fall und erreichten dann den Bahnhof von Neuchatel. Anders als in Deutschland war der Zug - wie in der Schweiz üblich - pünktlich.
Anschließend fuhren wir mit dem Bus zum Untersuchungsgefängnis.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 23.11.24 um 19:46 geändert
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Einsteiger
DL
Nie einen Schritt zurück.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:12.10.24 18:04 IP: gespeichert
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Eine schöne Fortsetzung. Das Lesen macht Spaß und Lust auf Mehr.
Danke Tom
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Einsteiger
Beiträge: 4
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:13.10.24 10:45 IP: gespeichert
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Danke für die Fortsetzung, sie ist genau so gut gelungen wie der erste teil. Ich freue mich auf noch viele weitere folgen.
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:13.10.24 18:19 IP: gespeichert
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Absolut gelungene Fortsetzung auch im Bezug auf den ersten Teil. Der Fall scheint sehr interessant zu werden und ich bin scho sehr gespannt wie es weiter geht und was noch alles kommt.
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Freak
Deutschland
Beiträge: 120
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:14.10.24 13:38 IP: gespeichert
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Kapitel 3: Im Untersuchungsgefängnis
Wir betraten einen der Besprechungsräume. Die junge Dame mit Namen Annabelle wartet bereits auf uns. Herr Brinkmann versuchte mit ihr ins Gespräch zu kommen. Irgendwie blockte die junge Dame komplett ab. Dann betrat eine Justizangestellte den Raum und erklärte, dass die zuständige Richterin Herrn Brinkmann sprechen möchte.
Ich blieb alleine mit der jungen Dame zurück. Ich fragte sie, ob wir uns weiter anschweigen wollen, worauf sie meinen Block nahm und folgendes aufschrieb: „Ich trage ein Halsband. Mit diesen ist es dem Internat möglich, mitzuhören und mir Stromstöße zu verpassen.“ Als Jugendliche hatte ich mich ehrenamtlich in einem Verein, der einsitzende Straftäterinnen betreute, engagiert. So wusste ich, dass die meisten Gefängnisse spezielle Zellen, die die Überwachung der Gefangenen rund um die Uhr ermöglichten und gleichzeitig derart von der Außenwelt abgeschirmt waren, dass keine Funksignale diese Zellen erreichten. Ich schrieb auf den Block, dass sie ankündigen soll, dass sie sich umbringen wird.
Während dessen fand das Gespräch zwischen der Richterin und Herrn Brinkmann statt. Die Richterin bedankte sich zuerst einmal, dass Herr Brinkmann den Fall übernehmen würde. Weiter führte sie aus, dass ihr der Name der Angeklagten etwas sagen würde, sie sie aber nicht zuordnen konnte. Das Internat hatte der Schülerin einen Anwalt organisiert. Jedoch hat die zuständige Richterin das Gefühl gehabt, dass irgendetwas mit der Schülerin bzw. dem Anwalt nicht stimmt. „Mein weiblicher Instinkt sagte mir sofort, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Die Situation war schon grotesk. Auf der einen Seite war da der von sich sehr überzeugte Anwalt und auf der anderen Seite die Angeklagte, die regelrecht Angst vor ihm hatte. Und schließlich konnte ich mir gar nicht erklären, warum eine Schülerin überhaupt eine solche Tat begeht und dann sofort aufgibt, wenn die Polizei eintrifft.“ Die Richterin habe sich daraufhin die Genehmigung eingeholt, direkt von mit der Angeklagten außerhalb von Gericht sprechen zu dürfen. Auch diesem Antrag hat der Verteidiger nur zähneknirschend zugestimmt.
Wenig später betrat Herr Brinkmann in Begleitung der zuständigen Richterin den Raum. Er fragte mich, ob ich etwas herausgefunden hätte. Ich führte aus, dass die Angeklagte meiner Meinung nach hochgradig suizidgefährdet sei und deutete auf meinen Block. Die Richterin verließ den Raum und sagte, „Ich schau, was sich machen lässt.“ Wenig später kam sie mit zwei Justizangestellten zurück und kündigte an, dass Annabelle in eine Spezialzelle, die speziell für suizidgefährdete Insassen eingerichtet wurde, verlegt wird.
Wir gingen alle zusammen in den Block mit den Spezialzellen. Eine Justizangestellte erläuterte, dass dieser Bereich absolut abhörsicher sei. Neben suizidgefährdeten Insassen werden hier überwiegend Gangsterbosse untergebracht, denen keine Möglichkeit gegeben werden soll, ihre kriminellen Geschäfte aus dem Gefängnis weiter zu organisieren.
Ich bat darum, mit Annabelle mich alleine unterhalten zu können. Die Richterin sah zuerst mich und dann Herrn Brinkmann verdutzt an. Herr Brinkmann antwortete: „Lassen Sie Natalie mal machen. Sie ist immer für eine Überraschung gut.“
So ging ich mit Annabelle alleine in eines der Besprechungszimmer. Ich versicherte ihr, dass wir uns jetzt unterhalten können, ohne dass jemand mithört. Sie entgegnete mir: "Sie haben doch keine Ahnung, was ein Aufenthalt in einem Internat wie diesem für eine Schülerin bedeutet." Ich antwortete, dass sie mich ruhig duzen kann und ich es sehr wohl nachvollziehen kann. "Ich war selbst auf einem ähnlichen Internat in Montreux. Dieses ist zwischenzeitlich geschlossenen und wurde von den Medien auf ’Horror-Internat’ getauft. Das Internat liegt auch in einem ehemaligen Chateau, kann aber dem Luxus von Euch nicht mithalten. Dafür mussten wir auch keine Elektrohalsbänder tragen.
In meinem Internat musstest Du mit drakonischen Strafen für kleinste Verfehlungen und manchmal für gar nichts rechnen. Somit war es so, dass Du in ständiger Angst leben musstest, dass Du wieder gegen irgendwelche Regeln verstoßen haben könntest und dafür eine Strafe bekommen wirst. Du lebst nur noch von Tag zu Tag und bist für jeden Tag, den Du ohne angeblichen oder tatsächlichen Fehltritt und somit ohne Strafe überstanden hast, dankbar.“
Annabelle wollte wissen, wie ich die Hölle ausgehalten habe. Ich antwortete: „Gar nicht, als im vierten Stock ein Fenster offenstand, bin ich einfach hinunter gesprungen, um meinem Leben ein Ende zu bereiten und nicht mehr in diesem verfluchten Internat sein zu müssen. So weit ist es bei Dir zum Glück noch nicht gekommen.
Nachdem mich die Ärzte wieder 'zusammengesetzt' haben, lerne ich Prof. Dr. Brinkmann kennen, der sich meiner annahm und mich mental wieder aufbaute.“
Ich spielte ihr die Reportage 'Steh auf, wenn Du am Boden liegst' vor, die ich seinerzeit auf meinem Smartphone abgespeichert hatte, vor. In dieser wurde kurz auf die Zustände im Internat eingegangen und dann dargestellt, wie sehr wir ehemalige Internatsschülerinnen unter den Folgen zu leiden hatten.
Jetzt, wo Annabelle erkannt hatte, dass ich ein ähnliches Schicksal, wie sie erleiden musste und sie mir vertrauen konnte, war das Eis gebrochen. Es sprudelt gerade aus ihr so heraus.
Annabelle berichtete, dass es schon seit längerem ständige Konflikte mit ihren Eltern gab. Lange Zeit hatten ihre Eltern an ihrem Kleidungsstil und ihrem Verhalten nichts auszusetzen. Dies änderte sich, nachdem sich ihr Vater selbstständig gemacht hatte und damit wirtschaftlichen Erfolg hatte. Auf einmal verlangten ihre Eltern, dass sie beides ändern sollte. Dabei kleidete sie sich doch genau so, wie ihre Altersgenossinnen und verzichtete ja schon mit Rücksicht auf Ihre Eltern auf allzu freizügige Kleidung. Ihre Freundinnen scherzten, dass sie sich wie eine Nonne kleiden würde und so nie einen Typen abbekommen würde.
Auch verlangten ihre Eltern regelmäßig, dass sie sie bei Geschäftsessen begleiten würde. Dass sie oftmals bereits anderweitig verplant war und diese Veranstaltungen langweilig fand, interessierten ihre Eltern gar nicht. Anfangs bin ich meinen Eltern zu Liebe mitgekommen und saß dann den Abend gelangweilt herum, anstatt mit meinen Freunden Essen, ins Kino oder andere Aktivitäten zu entfalten.
Eines Tages kam wieder einmal ein Geschäftspartner meines Vaters bei uns zu Besuch. Er wurde von seiner Frau und seiner Tochter Nicole begleitet. Nicole war in etwa in meinem Alter, genau gekleidet wie ich und erzählte mir von Internat. Gelogen hat sie eigentlich nicht, nur ein paar 'Details' halt nicht erwähnt. Ich hatte den Eindruck, dass es sich um eine Luxusunterkunft mit ein wenig Schulbetrieb handeln würde und war neugierig. Auch hoffte ich, dass ich mir dort nicht immer die Vorträge meiner Eltern über meinen Kleidungsstil und mein Verhalten anhören muss.
Später hat Annabelle erfahren, dass Nicole quasi gezwungen wurde, sie zum Internat zu locken. Hätte sie dies nicht geschafft, wären drakonische Strafen die Folge gewesen. Die Kleidung, die sie trug, wurde übrigens extra für das Treffen von ihrer Mutter gekauft. Aber das wusste Annabelle ja nicht und auch der Prospekt, den ihr ihr Vater kurze Zeit später gab, machte sie neugierig. Sie ging davon aus, dass sie sich das Internat probeweise ansehen würde. Als ihre Eltern ihr dann eröffnet hatte, dass sie einen 14-tägigen Probeaufenthalt für sie vereinbart haben und sie anschließend ihr neues Reich erkundete, kamen ihr Zweifel daran. Erstens war ihr Kleiderschrank voll mit Internatskleidung in ihrer Größe, darunter auch die Winterkleidung und dies im Hochsommer. Zudem befanden sich im Bad genau die Kosmetikprodukten, die sie auch zu Hause immer verwendet hatte. Zuerst dachte sie sich nichts dabei. Aber inzwischen hat sie den Verdacht, dass ihr Aufenthalt beim Besuch bereits eine ausgemachte Sache war.
Beim Besuch des Internats wurde ihr angeboten, die internatseigene Kleidung zu präsentieren und sie willigte ein. Unter den Vorwand, ihr den im Internat üblichen Schmuck anzulegen, bekam sie jenes Halsband verpasst, mit dem man ihr die Stromstöße verpassen konnte. Von der Möglichkeit wurde dann sofort Gebrauch gemacht, als sie sich weigerte, die Kleidung weiter anzuziehen.
Annabelle erzählte, dass sie, als sie verhaftet wurde, die Internatsuniform trug. „Da war es schon eine Wohltat, als man mir im Gefängnis anbot, die Gefängnisuniform zu tragen. Verpflichtend ist diese nur für verurteilte Straftäter, sodass ich wählen konnte. Natürlich habe ich mich für die Gefängnisbekleidung entschieden, obwohl orange gar nicht meine Farbe ist. Allerdings wurde sie das Halsband, den Keuschheitsgürtel samt Schenkelbändern und das Korsett nicht los. Sie wollte auch keinen der Gefängnisangestellten um Hilfe fragen, da ihr dies zu peinlich war.
Allein die Internatsuniform war der Horror. Als erstes musst Du ein Korsett tragen, welches extrem fest ist und so eng geschnürt wird, dass Du Schwierigkeit hast, zu atmen. Dann kommen sehr enge Stützstrümpfe und Handschuhe aus einer Art Latex dazu, die bis zu den Schultern bzw. Achselhöhlen gehen und im Nacken mit Schnallen aneinander befestigt werden. Dann folgt eine Bluse mit einem Stehkragen. Als ob dies noch nicht genug war, kommt ein zusätzlicher Kragen dazu. Und der absolute Horror sind die Stiefel mit Mega-Absätzen.
Die Böden im Internat sind mit weißem und schwarzem Marmor ausgelegt. Als Schülerin des Internats darfst Du nur auf dem schwarzen Marmor gehen. Auf den Gängen ist dies ein etwa zehn Zentimeter breiter Streifen. Trittst Du aus Versehen nur einen Zentimeter daneben, bekommst Du einen Stromschlag. Das gleiche passiert übrigens auch, wenn Du zu langsam gehst oder eine Lehrkraft der Meinung ist, dass Du dies verdient hast.
Irgendwie dachte ich, dass ich gegenüber dem jungen Mädchen stark sein muss. Dabei wiesen unsere Geschichten sehr viele Parallelen auf. Erinnerungen, von denen ich glaubte, dass ich diese schon längst überwunden hatte, kamen wieder hoch. Plötzlich fragte mich Annabelle, was mit mir los sei. Ich erklärte, dass unsere beiden Lebensgeschichten gewisse Übereinstimmungen aufweisen würden und ihre Geschichte mich schon belasten würde. Annabelle sagte, dass ich die erste Person sei, die sie verstehen würde. "Ich wünsche mir vom ganzen Herzen, dass Du meine Betreuung übernimmst. Falls Du es nicht kannst, habe ich Verständnis dafür. Aber vor mir brauchst Du keineswegs stark zu sein. Wenn Dir danach ist, kannst Du ruhig weinen."
Wir beide lagen uns in den Armen und gaben uns gegenseitig Halt. Ich lächelte sie an und sagte "Das bekommen wir schon hin." Auch Annabelle lächelte zurück. In diesem Moment betraten die Richterin und Herr Brinkmann den Raum. Herr Brinkmann erkannte sofort, dass ich es geschafft hatte, das Vertrauen der Angeklagten zu gewinnen. Zur Richterin meinte er nur "Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Natalie immer für eine Überraschung gut ist.“ Weiter fragte er mich, was ich herausgefunden habe. Ich sagte Herrn Brinkmann, dass er mein Gutachten nehmen könne und lediglich den Namen austauschen müsste. „Die Schuldunfähigkeit können wir zudem ohne Gewissensbisse bescheinigen.“
Dann bat ich darum, das arme Mädchen vom Halsband, Keuschheitsgürtel, Schenkelbändern und Korsett zu befreien. So kam später ein Spezialist von der Kriminaltechnik vorbei. Dieser war von der Konstruktion des Halsbandes sehr angetan und brauchte eine knappe Stunde, um Annabelle dieses abzunehmen. Anschließend erläuterte er, dass Annabelle als Trägerin keine Chance gehabt hatte, dieses loszuwerden. Dann zeigte er auf die Elektroden und sagte, dass hierdurch die Möglichkeit bestanden hat, Annabelle sehr schmerzhafte Stromstöße zu verabreichen.
Mit dem Keuschheitsgürtel und den Schenkelbändern machte er kurzen Prozess. Mit brachialer Gewalt zerlegt er diese einfach in ihre Einzelteile. Das Korsett stellte dann keine Herausforderung mehr da. Ich befreite schließlich Annabell aus diesem.
Die Richterin rief die Gefängnisärztin und diese bestätigte, dass die Verbrennungen auf Annabelles Haut darauf hindeuten würden, dass ihr etliche Stromstöße verabreicht wurden. Annabelle erläuterte der Richterin auf Nachfrage, dass ihr im Internat regelmäßig Stromstöße verpasst - als Bestrafungen für ein angebliches Fehlverhalten - wurden und auch der ’ihr’ Anwalt mit solchen gedroht habe. Die Richterin war sichtlich erbost und sagte: „Diese Internatsleitung und dieser Anwalt werden mich noch kennen lernen.“
Herr Brinkmann empfahl noch eindringlich die Verlegung von Annabelle in eine psychiatrische Einrichtung, zum Beispiel zu uns in Montreux.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 24.12.24 um 11:26 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:14.10.24 18:35 IP: gespeichert
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Schöne Geschichte, ich bin gespannt was noch so alles ans Tageslicht kommt und wie die Eltern von Annabelle zu dem ganzen Thema stehen
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:14.10.24 19:00 IP: gespeichert
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Super!! Genauso habe ich mir das vorgestellt. Nun bin ich auch gespannt, was nun passiert.
Garantiert ist eins der Elternteile so stur wie Natalies Vater in der Hauptgeschichte, nach ihrem Sprung.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:18.10.24 18:21 IP: gespeichert
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Kapitel 4: Die Brautschau und ihre Folgen
Herr Brinkmann musste nach Montreux zurück und ich bliebt allein in Neuchateau, um Annabelle weiter zu betreuen. So verbrachte ich ziemlich viel Zeit mit ihr, in welcher ich sie hauptsächlich erzählen ließ und lediglich zuhörte. Zuerst wollte ich wissen, wie es zur Geiselnahme kam. Annabelle erläuterte:
„Von Zeit zu Zeit finden im Internatsgebäude die sogenannten 'Brautschauen' statt. Die Herren bzw. deren Eltern müssen dabei tief in die Tasche greifen, um an diesen teilnehmen zu können. Die meisten Kandidaten werden von ihren Eltern bzw. meist Vätern mehr oder minder dazu gezwungen. Eine Mitschülerin hatte mir geraten, einfach immer zu sagen, dass ich als Dame von Welt meinen zukünftigen Mann glücklich machen will. Diese Floskel war wohl eine versteckte Botschaft, dass man kein Interesse an seinem Gegenüber hat. Für eine Dame von Welt geschickte es sich nämlich nicht, ein Angebot von einem ehrwürdigen jungen Herrn einfach abzulehnen.
Mit dieser Strategie hatte ich bereits einige dieser komischen Brautschauen hinter nicht gebracht, ohne dass einer der anwesenden Herren Interesse an mir gezeigt hätte. Bis zu diesem denkwürdigen Ereignis betrachtete ich die Brautschauen als so ziemlich das Sinnfreiste, was es im Internat gab.
Ich hatte bereits vier total verkrampfte und langweilige Gespräche mit potenziellen Heiratskandidaten hinter mich gebracht. Das fünfte Gespräch lief nicht besser; ganz im Gegenteil. Mein Gegenüber hieß Manuel und 'verkrampft' war gar kein Ausdruck. Schließlich fragte ich ihn ganz offen heraus: „Du hast wohl auch keinen Bock auf diese Veranstaltung?“, was er mir bestätigte. Sein Vater habe ihn dazu verdonnert, an dieser Veranstaltung teilzunehmen und mit einer Dame als seine zukünftige Schwiegertochter zurück zu kommen.
Nachdem dies geklärt war, tauten wir regelrecht auf. Mehrfach lachten wir beide laut los und mehrfach wurde – natürlich nur ich – um Kontenance gebeten. Da wir weiter unseren Spaß hatten, verspürte ich zunächst ein Kribbeln an meinen Hals und bekam schließlich sogar einen Stromstoß verpasst.
Irgendwie war mir Manuel sympathisch und ich hoffte inständig, dass dies auch auf Gegenseitigkeit beruhen würde. So fragte ich ihn offen heraus, ob er auch ein Interesse hatte, mich näher kennen zu lernen. Als er dies bejahte, bat ich ihn: „Wenn gleich jemand kommt und uns mitteilt, dass unsere die Konversationszeit vorbei ist, dann frage mich bitte: „Würden Sie mir die Freude bereiten, mit mir gemeinsam zu dinieren?“.
Gesagt - getan. Eine der Internatsangestellten kam vorbei und verkündete, dass Ende unserer gemeinsamen Zeit. Manuel, fragte mich und ich antwortete, dass dies ein Vergnügen für mich sei. Manuel sprang auf und sagte: „Dann lass uns jetzt zum Essen gehen“. Ich entgegnete, dass es mir fern liegen würde, ihm Vorschriften zu machen. Jedoch würde es die Etikette gebieten, dass er mir helfen würde, aufzustehen, dann meinen Blazer reichen würde und mich schließlich zum Tisch geleiten würde.
Wir verließen den Raum und kamen an der Garderobe vorbei. Manuel fragte mich, ob es die Etikette auch verbieten würde, mich hinter den Garderobenschrank zu ziehen und zu küssen. Ich antwortete, dass eine Dame von Welt so etwas nie tun würde, dies mir aber gerade egal sei. Manuel zog mich hinter einen Schrank und wir küssten uns leidenschaftlich. „Ich würde gerne noch mehr mit Dir anstellen“, flüsterte er mir ins Ohr. Mit dem mehr anstellen wird es leider heute nichts. Ich trage einen Keuschheitsgürtel.“, antwortete ich ihn. Manuel sah mich völlig entgeistert an. „Glaubst Du, ich trage das verfluchte Ding freiwillig?“, entgegnete ich ihm.
Wir verbrachten noch einige Minuten abgeschirmt hinterm Schrank. Dann sagte ich: „Ich muss kurz mal auf die Toilette, mich wieder herrichten. Es muss ja nicht gleich jeder sehen, was wir gerade hier veranstaltet haben.“
Danach gingen wir beide in den sogenannten kleinen Speisesaal und Manuel spendierte mir ein wirklich wunderbares Essen. Das Essen war herrlich und ich genoss seine Gesellschaft von ganzem Herzen. Anschließend verbrachten wir noch einige Stunden im weitläufigen Park des Internats und Manuel fragte mich, ob ich das gleiche empfinden würde, wie er. Ich antwortete, dass ich nicht wüsste, was er empfinden würde, ich mich aber Hals über Kopf in ihn verliebt hätte. Er antwortete, dass es bei ihm genauso sei.
Wir gingen dann noch in eine der versteckten Lauben. Bevor Manuel dann gehen musste, gab ich ihm noch meinen 'Steckbrief' und sagte, dass ich es schon jetzt kaum erwarten kann, ihn wieder zu sehen. Er sagte, dass es ihm genauso gehen würde.
Am nächsten Tag wurde ich zur Direktorin gerufen. „Du hast auf der letzten Brautschau Manuel von Burgfels kennen gelernt und ihr beide scheint Euch gut verstanden zu haben. Sein Vater hat mich angerufen. Die von Burgfels sind eine alt eingesessene Adelsfamilie, die seit dem 17. Jahrhundert die Großmeister von Neuchatel stellen. Da könnt Ihr als Neureiche nicht mithalten. Es tut mir wirklich leid für Euch, aber aus Eurer Beziehung wird nichts.
Danach äußerte sich die Direktorin sehr abfällig über mich und den gesellschaftlichen Stand meiner Familie. Die Worte, die sie wählte, will ich gar nicht wiederholen. Irgendwie muss mir dann eine Sicherung durchgebrannt sein. Ich nahm das Obstmesser, welches auf dem Schreibtisch lag und nahm die Direktorin als Geisel. Den Rest hast Du sicher schon im Einsatzprotokoll der Polizei gelesen.“
Im Einsatzprotokoll wird aber auch ausgeführt, dass Dein Verhalten sonderbar war und der Verdacht geäußert, dass Du das Ganze nur veranstaltet hattest, um dem Internat entfliehen zu können.
Annabelle antwortete, dass es eine Kurzschlussreaktion gewesen sei. Weiter sagte sie: „Als ich das Büro der Direktorin betrat, war ich über beide Ohren verliebt. Auch konnte ich nicht wissen, dass dort ein Obstmesser auf dem Schreibtisch liegt. Weiter lag es mir fern, irgendwelche Gewalt gegen die Leiterin des Internats anzuwenden, da ich ja wusste, dass ich dann einen Stromstoß bekommen werden. Offensichtlich hatte man aber dies aber nicht getan, da man befürchtete, dass ich der Direktorin etwas antun kann. Bedenke bitte auch, dass für mich die realistische Chance bestand, an der Seite von Manuel, das Internat ein für alle Mal zu verlassen. Als dann der Polizist auftauchte, war mir klar, dass er nicht allein da war. Mir wurde augenblicklich klar, dass ich großen Mist gebaut hatte und nur noch die Wahl zwischen aufgeben oder überwältigt zu werden, hatte. Mir ist klar, dass dies auf den Polizisten sonderbar gewirkt haben muss.“
Ich bot Annabelle an, dass ich persönlich zu Manuel gehen würde und ihm einen Brief von ihr übergeben würde. Annabelle war überglücklich und bat darum, das Gespräch sofort zu beenden, damit sie umgehend mit dem Schreiben beginnen kann.
Am nächsten Tag ging ich um 10:00 Uhr wieder ins Kantonalgefängnis. Annabelle wartete bereits auf mich. Den Brief hatte sie fertig und bereits in einen Umschlag eingetütet. „Wir müssen den leider durch einen Justizbeamten kontrollieren lassen“, sagte ich. Ich rief einen Beamten herbei. Dieser las den Brief durch, sagte „sehr romantisch“ und gab ihn mir wieder. Ich packte den Brief in einen neuen Umschlag, verstaute ihn, verabschiedete mich von Annabelle und machte mich auf den Weg zum 'Anwesen' der von Burgfels. 'Anwesen' ist gar kein Ausdruck. 'Residenz' oder 'Palast' würde es wohl besser beschreiben.
Eine Hausangestellte öffnete mir die Tür und fragte, was sie für mich tun könne. Ich antwortete, dass ich eine persönliche Nachricht für Manuel von Burgfels habe. Sie sagte, dass sie die Nachricht gerne zu Herrn von Burgfels junior bringen könnte. Sie hielt mir ein Silbertablett hin und ich legte den Brief darauf. Sie bat mich zu warten, damit ich bei Bedarf die Rückantwort gleich mitnehmen kann. Die Angestellte brachte mich in einen Salon und ein Diener brachte mir Kaffee und Gebäck.
Plötzlich kam die Angestellte zurück und bat mich, ihr in das Appartement von Manuel zu folgen. Dieser wartet bereits auf mich und war sehr aufgeregt. „Wo ist Annabelle?“, „Geht es ihr gut?“ „Was macht sie?“
Ich fragte ihn, ob es okay ist, wenn ich ihn mit Manuel anrede. Dann erzählte ich die ganze Geschichte und dass sich Annabelle gerade in Untersuchungshaft im Kantonalgefängnis befinden würde. Manuel wollte sofort Annabelle im Gefängnis besuchen. Ich fragte ihn, ob es nicht zu gefährlich sei, wenn er im Gefängnis gesehen wird. Worauf er antwortete, dass er das Risiko für Annabelle jederzeit eingehen würde. Während Annabelles weiteren Gefängnisaufenthalt muss Manuel sie dann doch fast täglich besucht haben, ohne dass ich oder jemand anderes außerhalb des Gefängnisses dies mitbekommen haben.
Dann erzählte er mir die Geschichte aus seiner Sicht. Sein Vater hatte ihn schon seit einiger Zeit gedrängt, ja regelrecht genervt, wann er ihm denn endlich seine zukünftige Schwiegertochter präsentieren würde. Eines Tages kam er auf ihn zu und erzählte mir von den sogenannten Brautschauen, die regelmäßig in der Villa de Schaumbourg, einem sehr angesehenen Internat, stattfinden. Sein Vater eröffnete ihm, dass er ihn zur nächsten Brautschau angemeldet habe und dass er es nicht wagen soll, ohne eine zukünftige Schwiegertochter zurück zu kommen. Worauf er ihm entgegnete, dass dort nur Schnepfen seine. „Es ist mir egal welche, aber Du führst eine dieser Schnepfen nächstes Jahr zum Altar.“ Manuel kann es daher nicht verstehen, was sein Vater gegen Annabelle hat, zumal er sie gar nicht kennt.
Die Damen auf der Brautschau sahen zwar alle sehr gut aus und waren sicherlich auch gut erzogen. Manuel konnte sich aber zunächst beim besten Willen nicht vorstellen, mit auch nur einer von ihnen etwas anzufangen, geschweige denn eine von ihnen zu heiraten. Dies war so bis zu der denkwürdigen Zusammenkunft mit Annabelle. Er hatte schon ein paar verkrampfte Gespräche hinter mich gebracht, dann lernte er Annabelle kennen. „Zugegeben unser Gespräch lief anfangs auch alles andere als gut, aber dann wurde es immer besser und schließlich haben wir uns beide Hals über Kopf ineinander verliebt.“, ergänzte er.
Plötzlich stand Manuels Vater im Raum und fragte, wer ich sei. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal froh sein würde, dass man uns im Internat mit diesen Benimmregeln regelrecht gequält hatte. Aber so konnte ich wie es die Etikette vorschreibt, gegenüber Herrn Freigraf zu Burgfels, seines Zeichens Großmeister von Neuchatel auftreten. Ich stellte mich als Natalie von Sternenberg vor. Als er mich fragte, ob ich seine künftige Schwiegertochter sein werde, antwortete ich: „Ich will nicht unhöflich sein. Aber daraus wird leider nichts, auch wenn mir Ihr Sohn durchaus sympathisch ist. Wissen sie, meine Familie gehört seit mindestens 800 Jahre dem europäischen Hochadel an. Meinen Sie, was dann los ist, wenn ich ein Mitglied eines adeligen Emporkömmlings aus den 17. oder 18. Jahrhundert eheliche. Da hilft es auch nicht, dass Ihre Familie seit dieser Zeit die Großmeister stellt.“ Manuels Vater ließ es sich nichts anmerken, aber meine Aussage traf ihn, wie ein Pfeil ins Herz. Er bewahrte allerdings die Form und verließ den Raum. Mein Dank galt zudem auch meiner kürzlich verstorbenen Großmutter, die seinerzeit Unsummen in Ahnenforschung investiert hatte. Im Übrigen hätte ich meinen Eltern oder irgendwelchen anderen Familienmitgliedern etwas gehustet, wenn sie mir hätten vorschreiben wollen, wen ich heiraten soll.
Als sein Vater gegangen war, sagte Manuel, dass ich mitunter ganz schön biestig sein kann. Ich lächelte kurz und antwortete mit einem knappen „Ja, na und?“, wir beide sahen uns an und lachten laut los. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit Manuel und er gab mir schließlich einen Brief für Annabelle mit. Diese riss ihn mir später regelrecht aus den Händen. Über das, was sie dort las, war sie überglücklich.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 01.12.24 um 16:39 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:18.10.24 19:04 IP: gespeichert
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Nach der grausamen Geschichte von Beatrice nun wieder etwas fürs Herz. Du scheinst ein Multitalent zu sein Meine Geschichten:
Studentin unter Kontrolle - vollständig gepostet
Auswanderin unter Kontrolle - vollständig gepostet
Prinzessin Bella - Kurzversion gepostet
Sklavin in Ostafrika (Auswanderin unter Kontrolle II)
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:18.10.24 19:19 IP: gespeichert
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Total süß!
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Freak
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:18.10.24 20:34 IP: gespeichert
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Eine sehr schöne Fortsetzung der Geschichte. Ich bin sehr gespann wie sich das alles weiter entwickelt. ich freue mich mehr von der Geschichte zu lesen.
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rabe57 |
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:20.10.24 00:34 IP: gespeichert
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Das ist eine tolle Geschichte! Ein bisschen BDSM,und viel Liebe dabei!😀
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:20.10.24 13:54 IP: gespeichert
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Kapitel 5: Die Gerichtsverhandlung
Da Herr Brinkmann immer noch Montreux sein musste, übernahm ich weiter alleine die psychische Betreuung von Annabelle und war in den letzten Tagen im Gefängnis ein und aus gegangen. Schließlich begann die Gerichtsverhandlung und ich nahm an dieser als psychologische Betreuung von Annabelle teil.
Wie mit der Richterin besprochen, widersetzte sich Annabelle mehrfach den Anweisungen ihres Anwaltes. Die Kriminaltechniker hatten ihr das Halsband abgenommen und an diesem eine Lampe angebracht, die immer dann aufleuchtete, wenn versucht wurde, ihr einen Stromstoß zu verpassen. Die Lampe war so platziert, dass die Richterin und Annabelle diese sehen konnte, nicht aber ihr Anwalt. Auch trug Annabelle ein Halstuch.
Immer wenn die Lampe aufleuchtete, tat sie so, als wäre ihr gerade ein Stromstoß verabreicht worden. Plötzlich hielt die Richterin ihr Halsband in die Höhe und fragte den verdutzten Anwalt, ob er wisse, dass dies sei. Gleichzeitig forderte sie ihn auf, ihr die Fernsteuerung auszuhändigen. Als er der Aufforderung nicht nachkam, führte sie aus, dass diese vom Gericht beschlagnahmt sei.
Der Staatsanwalt eröffnete, dass er gegen den Anwalt Ermittlungen aufnehmen würde und er verhaftet sei. „Ich glaube, dass sie jetzt einen guten Anwalt brauchen“, fügte er hinzu. Nach der Verhaftung ihres bisherigen Anwaltes musste sich Annabelle einen neuen suchen. Unglücklich war ich darüber nicht, wie sie mir später erzählte. Schließlich hatte der Anwalt nach ihrer Überzeugung in erster Linie die Interessen des Internats und nicht die von ihr vertreten und ausstehen konnte sie den arroganten Typen sowieso nicht. Glücklicherweise hatte ich ihr meinen Anwalt, der mich auch beim Prozess gegen das Internat in Montreux vertreten hatte, empfohlen. Sie nahm zu dem Herrn Kontakt auf und der Prozess wurde wenige Tage später mit ihm an Annabelles Seite fortgesetzt.
Dann sagten ihre Eltern aus. Sie führten aus, dass sie immer wieder rebelliert hätte und ihr Erscheinungsbild und ihr Verhalten vollkommen unakzeptabel gewesen seien. Bereits vor dem Besuch des Internats waren sich alle Beteiligten bereits einig darüber, dass sie zukünftig Schülerin des Internats sein soll. Ihre Eltern sahen hierzu aufgrund ihres Verhaltens keine Alternative. Unklar war ihnen nur, wie es gelingen würde, sie zum Internat zu locken. Somit wurde bestätigt, was Annabelle schon lange vermutet hatte. Dann rechneten die Eltern vor, wie viel sie dafür gezahlt haben, damit Annabelle im Internat sein konnte. Sie brach in Tränen aus. Die Richterin unterbrach die Vernehmung ihrer Eltern und fragte sie, was los sei.
Sie begann: „Wissen Sie, wir waren früher einmal eine ganz normale Familie. Gut wir hatten nicht viel Geld und wohnten zunächst in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung und später in einer etwas größeren Vier-Zimmer-Wohnung. Ich habe auch akzeptiert, dass meine Eltern mir nicht viel Taschengeld zahlen konnten und habe daher im Reitstall ausgeholfen.
Aber wissen Sie, was der Unterschied zu jetzt war? Ich hatte früher Eltern, die mich geliebt haben und dies auch zeigten und die mich so akzeptiert haben, wie ich war.“ Sie bekam einen Weinkrampf. Nachdem sie sich beruhigt hatte, führte sie weiter aus: „Ich habe die Selbstständigkeit meines Vaters nie im Wege stehen wollen. Das einzige, was ich nicht wollte, war mich zu verkleiden, zu verstellen und dann als schmückendes Beiwerk zu fungieren. Im Übrigen wollte ich auch mein eigenes Leben leben und nicht immer Verabredungen absagen, nur weil meinen Eltern wieder einmal eingefallen ist, dass ein geschäftlicher Termin ansteht.
Ich habe ganz normale Kleidung getragen, genau wie meine Altersgenossen auch. Mein äußeres Erscheinungsbild und mein Verhalten waren lange Zeit kein Problem für meine Eltern. Dabei habe ich mich mit Rücksicht auf meine Eltern schon nicht so freizügig angezogen. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, aber ich meine, dass ich verglichen mit meinen Altersgenossen doch recht pflegeleicht war. Zumal ich die meine Freizeit überwiegend im Reitstall verbracht habe. Auch habe ich keine Erfahrungen mit Drogen und nie über die Maßen Alkohol konsumiert. Ferner hatte ich nie Stress mit der Polizei und war auch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen – zumindest bis ich ins Internat kam. Dies ist quasi mein erster Konflikt. Und auch meine schulischen Leistungen gaben keinen Grund zu Beanstandungen. Weiter hatte ich – anders als viele meiner Mitschülerinnen – noch nichts mit Jungs und bin noch Jungfrau. Ich hoffe, dass sich dies demnächst ändert. Ich habe einen jungen Mann namens Manuel kennen gelernt, nur leider entspricht der Stand meiner Familie nicht den Erwartungen seiner Familie. Wissen Sie was das für ein Gefühl ist, wenn man meint, dass man sich ganz normal verhält und als eigene Tochter seinen Eltern nicht gut genug ist?“
Die Richterin zeigte Verständnis und fragte anschließend Annabelle, was es mit dem Reitstall auf sich haben würde.
„Wie gesagt, meine Eltern waren früher finanziell nicht in der Lage, mir viel Taschengeld zu zahlen. Ich habe mir einen Job in einem Reitstall gesucht. Zunächst um mein Taschengeld aufzubessern. Später hatte sich das Pferd eines Vereinsmitgliedes verletzt und der Besitzer wollte es einschläfern lassen. Ich habe ihm gefragt, ob er mir das Pferd überlassen würde. Seitdem war ich im Reitstall nur das das Mädel mit dem kranken Pferd.
Ich habe dann so ziemlich jede freie Minute in Reitstall verbracht, um mir den Platz im Stall leisten zu können und mein Pferd gesund zu pflegen. Gereicht hat es dann aber immer noch nicht. Zum Glück haben mir immer wieder Vereinsmitglieder unter die Arme gegriffen und irgendwie habe ich mein Pferd wieder gesund bekommen.“
Ihr Vater sagte, dass es ihm peinlich gewesen sei, dass Annabelle andere Vereinsmitglieder regelrecht anbetteln musste, nur weil sie das alte, kranke Pferd haben wollte.
„Mit diesem alten, kranken Pferd – wie Du es nennst - habe ich es beim örtlichen Springturnier als Qualifikantin bis ins Stechen geschafft. Dort musste ich in Führung liegend leider zwei Hindernisse vor dem Ziel aufgeben, da sich Termis Verletzung wieder bemerkbar machte. Nahezu alle Vereinsmitglieder haben mich danach angeschrieben und mir zu meinem Erfolg gratuliert. Nur meine eigenen Eltern nicht. Kein Vereinsmitglied hat übrigens die Rückzahlung von irgendwelchen Geldern verlangt.“
Die Richterin sagte: „Sie waren das also – Ihr Name kam mir bekannt vor, allerdings wusste ich nicht wieso.“ Annabelles Vater wollte wissen, was es mit dem Reitturnier auf sich habe.
Die Richterin antwortete: „Ihre Tochter war mehrere Wochen lang, das Gesprächsthema in Neuchatel; zumindest in den höheren Kreisen. Das Sprungturnier ist eines der angesehensten und höchstdotiertes Turniere in Europa und hier ein großes gesellschaftliches Ereignis. Wir konnten uns alle nicht erinnern, wann es das letzte Mal eine Qualifikantin ins Hauptspringen geschafft hatte. In den letzten 20 Jahren zumindest nicht. In diesem Jahr taucht plötzlich – quasi aus dem Nichts – Ihre Tochter auf und legte einen fulminanten und fehlerfreien Ritt hin und schafft es ins Stechen. Niemand hat vorher etwas von ihrer Tochter oder dem Pferd etwas gehört. Aber nicht nur die sportliche Leistung hat uns allen imponiert. Der Moderator hat sich bei der Anmoderation ziemlich abfällig über sie und ihr Pferd geäußert. Sie ist einfach durch den Parcours geritten und hat dann vor der Ehrentribüne angehalten und sich ordnungsgemäß verbeugt. Ihr Pferd übrigens auch. Ich hätte in der Situation allen den Mittelfinger präsentiert.“ Annabelle antwortete: „Ich hätte dies sehr gerne getan, aber mit dem Halsband um den Hals überlegen Sie sich so etwas zweimal.“
Die Richterin fuhr fort: „Und dann war da noch die Tragik, als sie kurz vor dem Ziel aufgeben musste. Alle auf der Tribüne haben mit Ihrer Tochter mitgelitten, als sie ihr Pferd auf drei Beinen humpelnd vom Platz führte.“
Anschließend fragte die Richterin Annabelle, was ihre weiteren Pläne seien. Sie antwortete: „Zuerst einmal muss ich abwarten, wie dieser Gerichtsprozess ausgeht. Ich habe die mir vorgeworfene Tat begannen und werden selbstverständlich die Konsequenzen tragen. Wenn ich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werde, werde ich diese selbstverständlich akzeptieren und diese antreten.
Natalie hat mir von einem Institut am Genfer See erzählt, die auf die psychische Betreuung von jungen Erwachsenen spezialisiert ist. Sie sollen gewisse Erfahrungen mit der Behandlung von traumatisierten Internatsschülerinnen haben. Ich würde gerne Kontakt mit dem Institut aufnehmen und dort um Betreuung bitten. Dann hat mein Anwalt mir auch geraten, Schadensersatzforderungen gegen das Internat geltend zu machen.“
„Mit Ihren Eltern wollen Sie sich nicht aussprechen?“, fragte die Richterin. „Ich glaube kaum, dass dies überhaupt noch Sinn macht.“, antwortete sie unter Tränen. „Für meine Eltern bin ich doch nur die ungezogene Tochter, die nur Probleme bereitet, die sich unmöglich anzieht und sich nicht benehmen kann. Vielleicht sollte ich mir wieder das Halsband anlegen lassen und meinen Eltern die Fernsteuerung geben. Dann können sie mir immer einen Stromstoß verpassen, wenn ich mich wieder einmal daneben benehme.“
Ihr Vater entgegnete, dass er diese Horrorgeschichten von angeblichen Elektrohalsbändern nicht mehr hören könne. „Auch Nicole hat ihren Eltern eine derartige Geschichten aufgetischt.“
Annabelle brach sofort in Tränen aus und stammelte: „Was habe ich nur verbrochen, dass ich solche Eltern bekommen habe?“, während die Richterin ihr Halsband präsentierte und erläuterte, dass Annabelle dieses bei meiner Verhaftung getragen habe. „Mit dieser Fernsteuerung, die ich übrigens vom ehemaligen Anwalt Ihrer Tochter beschlagnahmt habe, war es möglich, Ihrer Tochter sehr schmerzhafte Stromstöße zu verpassen. Wir haben Ihre Tochter ärztlich untersuchen lassen. Nach den Hautschädigungen ist von der Möglichkeit reichlich Gebrauch gemacht worden.“
Annabelle schluchzte zur Richterin: „Sehen Sie jetzt, warum eine Aussprache keinen Sinn macht? Die Stromschläge waren echt schmerzhaft, aber wissen Sie was viel mehr weh tut? Wenn die eigenen Eltern einem nicht glauben.“ Gleichzeitig flechte sie ihre Mutter sie regelrecht an: „Schatz, bitte glaube uns, das haben wir wirklich nicht gewusst und noch nicht einmal geahnt.“ „Aber wieso? Ich habe es Euch gesagt und auch Nicole hat es ihren Eltern erzählt. Und schließlich habt Ihr Euch offensichtlich untereinander ausgetauscht. Dass der Grund, wenn zwei Internatsschülerinnen unabhängig voneinander das Gleiche berichten, auch sein kann, dass es wahr ist, ist Euch nicht in den Sinn gekommen?
Wo sind die liebevollen Eltern geblieben, die ich einmal hatte? Ich bin doch nur noch ein Investment für Euch. Sonst hätte Ihr sicher nicht haarklein vorgerechnet, was Euch mein Aufenthalt im Internat gekostet hat. Ich weiß, dass Papa ein erfolgreicher Geschäftsmann ist. Vielleicht merkt Ihr irgendwann, dass Ihr Euch mit Eurem Geld so ziemlich alles kaufen könnt, nur halt nicht die Liebe Eurer Tochter. Die müsst Ihr Euch immer noch verdienen.“
Die Richterin merkte an, dass dies ein paar schöne Worte seien und rief als nächstes die Leiterin des Internats Frau vom Schaumbourg in den Zeugenstand. Dabei sprach sie sie ausdrücklich mit 'Frau' und nicht mit 'gnädige Madame', wie es von den Internatsschülerinnen verlangt wurde, an. Diese wunderte sich, dass der Anwalt, den sie für Annabelle beauftragte hatte, nicht anwesend war. Die Richterin erläuterte, dass der Herr unabkömmlich sei, Annabelle aber auf seiner Anwesenheit bei der Vernehmung von ihr nicht bestehen würde. Beides war ja keineswegs gelogen.
Frau vom Schaunbourg führte aus, dass sie ein sehr renommiertes und angesehenes Internat führen würde, in dem den Schülerinnen die bestmögliche Ausbildung auch hinsichtlich ihres Benehmens und des Auftretens in der Öffentlichkeit bekommen würden. Sie sah Annabelle an und fragte sie, ob sie dies bestätigen könnte. Darauf wandte sie sich an die Richterin und fragte: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass ich vor Gericht die Wahrheit sagen muss?“ Wir sahen, dass Frau vom Schaumbourg offensichtlich versucht hatte, Annabelle über das Halsband, welches sie nicht mehr trug, einen Stromstoß zu verpassen. So zuckte sie zusammen und führte weiter aus: „Ich weiß nicht, ob die Zeugin noch ein weiteres Internat betreibt, auf dem, in dem ich Schülerin war, trifft es sicherlich nicht zu.“ Wieder leuchtete die Lampe auf, sodass sie wieder zusammen zucken musste. „Ich erzähle Ihnen jetzt, was ich alles im Internat erlebt hatte.“
Die Lampe leuchtete jetzt permanent auf. Die Richterin präsentierte das Halsband und forderte die Aushändigung der Fernsteuerung. Der Staatsanwalt erklärte der völlig verdutzten Frau vom Schaumbourg, dass er gegen das Internat und sie Ermittlungen wegen des Verdachtes der Misshandlung Schutzbefohlener – wie es die Juristen so schön ausdrücken - einleiten würde und er sie nach der Gerichtsverhandlung verhaften würde.
Jetzt gab sich Annabelles neuer Anwalt als solcher zu erkennen und kündigte an, dass er im Namen seiner Mandantin Schadenersatzforderungen gegen das Internat und gegen sie als deren Leiterin persönlich geltend machen werde. Danach präsentierte er die Internatsuniform sowie die Reste des Keuschheitsgürtels und der Schenkelbänder. All dies hatte Annabelle bei ihrer Verhaftung getragen und der Anwalt erläuterte, dass ihm die Sachen von Gefängnis zur Verfügung gestellt wurden. Frau vom Schaumbourg führte aus, dass diese Uniform erforderlich sei, um die Internatsschülerinnen zu richtigen Damen zu formen. Im Übrigen hätte sie mit den Eltern von Annabelle einen Vertrag geschlossen, der ein Tragen der Internatsuniform vorsehen würde.
Auf Nachfrage von Annabelles Anwalt erklärte Frau vom Schaumbourg, dass sie sich mit Annabelles Eltern überein gekommen sei, dass Annabelle Schülerin des Internats wird. Ihr sei allerdings bekannt gewesen, dass Annabelle dies nicht wollte. So bestand das Problem darin, sie irgendwie ins Internat zu bekommen. Der Anwalt erklärte, dass Annabelle bei Aufnahme im Internat bereits volljährig gewesen sei und daher ihre Eltern keine Verträge mehr für sie abschließen können. Annabelle ergänzte, dass sie mit Elektroschocks dazu gezwungen wurde, diese fürchterliche und vollkommen unbequeme und zudem noch zu warme Uniform zu tragen. Auf Nachfrage ihres Anwaltes erklärte Annabelle, dass sie freiwillig diese Uniform nie angezogen und auch nie einem zugestimmt hätte, dass sie Schülerin des Internats wird.
In der weiteren Verhandlung ließ sich dann die Richterin die Geiselnahme aus der Sicht von Frau vom Schaumbourg erläutern. Neue Erkenntnisse brachte diese nicht, abgesehen von der Tatsache, dass sie sich – trotz ihrer verletzenden und abfälligen Bemerkungen über Annabelle und ihre Familie – keiner Schuld bewusst war.
Dann wurde ich nach den Folgen des Aufenthalts im Internat befragt. Ich führte aus, dass Herr Brinkmann dringend nach Montreux reisen musste, ich mich aber in dem Fall ebenso gut auskennen würde. Außerdem hat Herr Brinkmann bereits ein Gutachten verfasst. Dieses bescheinigt Annabelle schwere traumatische Störungen als Folge ihres Internatsaufenthaltes. „Diese wurden nach unserer Überzeugung, durch die Art und Weise, wie Annabelle gegen ihren Willen im Internat angemeldet haben, ausgelöst. Das Verhalten ihrer Eltern empfindet sie als herzlos und Verrat. Hinzu kommt die körperliche und seelische Gewalt, die sie im Internat erdulden musste. Zu nennen wären hier die Elektroschocks, die ständigen Demütigungen durch das Lehrpersonal und der geforderte absolute Gehorsam. Vor diesem Hintergrund und der abfälligen Bemerkungen der Frau vom Schaumbourg sehen wir eindeutig eine Schuldunfähigkeit der Angeklagten. Die die Auswirkungen sind nach unserer Einschätzung so gravierend, dass nach unserer Beurteilung dringend eine psychologische Behandlung notwendig ist, da andernfalls die Gefahr besteht, dass sie sich oder anderen etwas antun könnte.“, erläuterte ich. Im Nachhinein wundere ich mich schon, dass meinen Ausführungen vor Gericht ein derartiges Gewicht beigemessen wurden, obwohl ich „nur“ eine Studentin war.
Dann fragte die Richterin zuerst den Staatsanwalt und dann Annabelles Anwalt, ob beide jetzt mit einer Beendigung der Beweisaufnahme einverstanden seien. Nachdem beide zugestimmt hätten, bat sie um die Schlussplädoyers. Der Staatsanwalt begann und führt aus, dass von seiner Seite aufgrund unserer Einschätzung einer Schuldunfähigkeit kein Interesse daran bestehen würde, dass Annabelle zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Allerdings hält er die Auflage, dass sie sich umgehend einen Therapieplatz suchen würde, für dringend geboten.
Dann hielt Annabelles Anwalt sein Schlussplädoyers: „Eurer Ehren, meine Mandantin hat die ihr zu Last gelegte Tat begangen. Auch stellt eine Geiselnahme gewöhnlich eine Straftat dar, die mit einer Gefängnisstrafe geahndet wird. Allerdings kennt das schweizerischen Recht auch Fallkonstellationen, bei denen eine derartige Straftat zulässig ist und demzufolge straffrei begannen werden kann. Frau vom Schaumbourg war bekannt, dass meine Mandantin bereits volljährig war und dass sie definitiv nicht Schülerin des Internats werden bzw. bleiben wollte. Annabelle wurde ohne Rechtsgrundlage und gegen ihren Willen im Internat festgehalten und dort nachweislich unter anderem mit Elektroschocks regelrecht gefoltert. Dies erfüllt die Tatbestände der fortgesetzten Freiheitsberaubung und der fortgesetzten schweren Körperverletzung. Hinzu kommen die seelischen Grausamkeiten, die sie nachweislich erdulden musste. Folglich hatte Annabelle das Recht, im Wege der Nothilfe, diesen Zustand zu beenden. Nun stellt sich die Frage, ob für sie eine Alternative bestanden hätte, um aus dieser Situation heraus zu kommen. Ich meine nicht. Die Geiselnahme von Frau vom Schaumbourg war in diesem Zusammenhang ein adäquates Mittel. Frau vom Schaumbourg war Verursacherin der übrigens strafbaren Situation. Sie hatte veranlasst, dass meiner Mandantin das besagte Halsband umgelegt wird und war somit genau wie der Anwalt, den sie für meiner Mandantin organisiert hat, in der Lage, der Angeklagten Stromstöße zu verpassen. Daher müssen ihre Interessen gegenüber denen von meiner Mandantin zurückstehen. Vor diesem Hintergrund stellt das Verhalten meiner Mandantin keine Straftat dar.“ Der Anwalt bot aber an, dass sich Annabelle freiwillig verpflichten würde, sich in Therapie zu begeben.
Zuletzt gab die Richterin Annabelle das letzte Wort. Die sagte, dass sie froh sei, dass der Horror vorbei sei.
Die Richterin verkündete das Urteil. In diesem wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Geiselnahme von Frau vom Schaumbourg ein probates Mittel gewesen, den widerrechtlich Zustand der Freiheitsberaubung und der fortgesetzten Körperverletzungen zu beenden. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der bescheinigten Schuldunfähigkeit wird Annabelle frei gesprochen. Die Richterin wies abschließend noch auf Annabelles Bereitschaft, eine Therapie zu machen, hin.
Anschließend riet sie Annabelle, ihren Eltern doch noch eine Chance zu geben. „Sie haben nur die einen.“, gab sie ihr dann noch mit auf den Weg und wünschte mit in Bezug auf Manuel und mein Pferd noch alles Gute. Zu ihren Eltern meinte Sie: „Sie sollten sich überlegen, ob Ihre Tochter nicht bei all dem wirtschaftlichen Erfolg, den Sie in den letzten Jahren hatten, auf der Strecke geblieben ist. Denken Sie immer daran, was Ihre Tochter gesagt hat. Sie können alles kaufen, nur nicht ihre Liebe; die müssen Sie sich verdienen.“ Im Übrigen konnte ich Ihre Tochter während des Gerichtsprozesses kennen lernen. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wann ich zuletzt eine derart anständige junge Dame hier vor mir hatte.
Nach der Gerichtsverhandlung hatte Annabelle ein kurzes aber durchaus klärendes Gespräch mit ihren Eltern. Diese entschuldigte sich, dass sie ihr nicht geglaubt haben und baten sie um Verzeihung. Weiter versprachen sie, dass sie alles unternehmen würden, um sich ihre Liebe wieder zu verdienen. Alle verabredeten, dass sie sich so schnell – wie möglich - ins Institut von Prof. Dr. Brinkmann begibt und sie sich dann weiter aussprechen.
Auch ich verabschiedete mich von Annabelle und kündigte an, nach Montreux zurück zu kehren und dort nach einem Zimmer zu schauen, damit sie schnellst möglich, mit ihrer Therapie beginnen kann. Für alle Fälle gab ich ihr meine Mobil-Nummer. Ich bat sie, mich in ein paar Tagen anzurufen, dann kann ich sagen, was ich für sie erreicht habe. Dadurch hatte sie noch ein paar Tage zusammen mit meinen Eltern.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 02.12.24 um 10:27 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Genau das habe ich mir gedacht.
Super Fortsetzung, bin gespannt, wem Natalie noch alles helfen muss...
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:22.10.24 19:20 IP: gespeichert
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Kapitel 6: Annabelles Pferd
Nach der Gerichtsverhandlung kehrte ich – wie mit Annabelle besprochen - nach Montreux zurück. Ich wollte nach einem Platz für Annabelle in unserem Institut zu schauen. Ich nahm wie immer den Zug. Mir gegenüber saß ein Mann im mittleren Alter. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir, dass er ein sehr erfolgreicher Springreiter sei. Ich fragte ihn, ob ihn der Name Annabelle Schönleber etwas sagen würde. Er bejahte dies und erzählte mir, dass er einen maßgeblichen Anteil an ihrer Geschichte hätte.
Er begann: „Jedes Jahr findet in Neuchatel ein großes Sprungturnier statt. Dabei handelt es sich um eines der angesehensten und höchstdotiertes Turniere in Europa. Folglich sind dort die besten Springreiter der Welt am Start. Es hat auch schon Tradition, dass wir - der Reit- und Springverein Hannover - bzw. unsere Reiter und unsere Pferde am Turnier teilnehmen und uns im Vorfeld im Reitstall der Villa zu Schaumbourg einquartieren. Dies hat den Vorteil, dass sich alle – Reiter und Pferde - akklimatisieren können und dann optimal ins Turnier starten können. Der Aufenthalt dort ist nicht gerade billig, aber wir konnten es uns leisten und haben - dank der optimalen Vorbereitung - in den letzten Jahren auch bei den Preisgeldern immer wieder abgeräumt.
Als wir morgens ankamen, teilte mir der Leiter des Stalls mit, dass er noch auf das Pferd von einer der verzogenen Internatsschülerinnen warten würde und ansonsten alles – wie wir es erwarten – vorbereitet sei. Wir versorgten zuerst unsere Pferde und alle Reiter absolvierten dann den aufgebauten Sprungparcours. Ich hatte um einen anspruchsvollen Parcours gebeten und wir wurden nicht enttäuscht. Zumindest schaffte niemand von uns, diesen fehlerfrei, d.h. ohne Abwurf, zu absolvieren.
Am frühen Nachmittag wurde dann der Pferdeanhänger auf das Gelände gefahren. Der Leiter des Reitstalls öffnete die Tür und sah, dass das Pferd im Anhänger lag und schlief. Offensichtlich hatten die Kollegen im bisherigen Stall das Tier betäubt, um die Strapazen der Reise abzumildern. Dies ist nichts Ungewöhnliches, insbesondere bei Pferden, die Transport nicht gewöhnt sind. Er entschied, das Tier solange es schlief, im Anhänger zu belassen und anschließend auf die Koppel zu bringen.
Auf einmal fing der Transporter an zu wackeln. Offensichtlich war das Pferd aufgewacht und 'randalierte' in Anhänger. Ich hatte zwischenzeitlich erfahren, dass der Hengst Terminator heißt und dachte bei mir, dass ich noch nie ein Pferd gesehen habe, auf welches der Name so gut passt, wie dieses.
Die Angestellten platzierten Heuballen neben dem Anhänger und informierten die Leiterin des Internats. Diese kam wenig später und wurde von der Besitzerin des Pferdes, einem jungen Mädel, begleitet. Der Leiter des Reitstalls fragte sie, was jetzt geschehen soll, um mit der Bestie fertig zu werden. Die junge Dame erklärte, dass Termi – wie sie ihr Pferd liebevoll nannte – mitunter etwas temperamentvoll sei, sich aber normalerweise sofort beruhigen würde, wenn sie sich um ihn kümmern würde. Sie bat alle Anwesenden sich vom Anhänger fern zu halten. Ich erklärte sie für verrückt, wenn sie jetzt allen Ernstes zu der Bestie gehen wolle und fragte sie, ob sie bereits ihr Testament gemacht hätte. Der Leiter des Reitstalles holte gleich vier Betäubungsgewehre und verteilte drei unter seinen Angestellten. Das vierte behielt er selber. Die Besitzerin sagte ruhig, dass die Betäubungsgewehre mit Sicherheit nicht notwendig sein werden.
Was dann passierte, überraschte alle Beteiligten. Die junge Dame öffnete tatsächlich die Tür und das Pferd kam heraus. Es war wie ausgewechselt und ließ sich problemlos zur Koppel bringen. Es sollte nicht die letzte Überraschung sein, die die junge Dame und ihr Pferd für uns bereit hielten.
Die junge Dame entschuldigte sich bei der Leiterin des Internats und des Reitstalles für die Unannehmlichkeiten, die sie verursacht hatte und bat darum, bei Schwierigkeiten mit ihrem Pferd umgehend informiert zu werden. Weiter bat sie darum, ihr Pferd gleich im Reitstall versorgten zu dürfen und anschließend einen Ausritt zu unternehmen. Schließlich habe das Pferd die letzten Wochen im Stall verbracht. Scherzhaft bot ich ihr an, den aufgebauten Sprungparcours einmal zu versuchen. Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie mein Angebot ablehnt. Stattdessen nahm sie es an. Die Leiterin des Internats verabschiedete sich und wir blieben mit der jungen Dame allein zurück. Auch der Leiter des Reitstalles und dessen Angestellten gingen wieder ihrer Arbeit nach.
Die junge Dame brachte ihr Pferd in den Stall, um es zu putzen und zu versorgen und es anschließend wieder auf die Koppel zu bringen. Danach ging sie sich umziehen und kam bald darauf in der internatseigenen Reituniform wieder. Sie ging zu ihrem Pferd sattelte es und ritt zum Parcours. Tatsächlich schafften es die beiden, einen fehlerfreien Ritt hinzulegen.
Bei dem Turnier im Neuchatel handelte es sich – wie gesagt - um eines der angesehensten Turniere auf europäischer Ebene. Unter den anwesenden Reitern und Pferden hatte mehrere das Turnier bereits gewonnen. Aber niemand war es gelungen, diesen Parcours fehlerfrei zu absolvieren.
Ich sprach die junge Dame an, ob sie nicht auch am Reitturnier teilnehmen wolle. Dabei bot ich ihr an, dass unser Verein das Startgeld übernehmen würde, wenn sie für uns starten würde. Sie wies darauf hin, dass sie dazu die Erlaubnis von Madame vom Schaumbourg benötigen würde. Also ging ich noch am gleichen Tag zu ihr und fragte, ob die junge Dame nicht für unser Team beim Turnier starten könnte. Ich bot auch ihr an, dass der Verein das Startgeld übernehmen würde und falls das Preisgeld dieses übersteigen würde, der 'Gewinn' zu gleichen Anteilen zwischen dem Internat und uns geteilt würde. Die Internatsleiterin erklärte, dass sie über mein Angebot ergebnisoffen entscheiden würde. Sie stimmte der Teilnahme dann schließlich zu und Annabelle und Terminator schafften es als einzige Qualifikanten durch drei fehlerfrei Ritte, sich für das große Springen zu qualifizieren.
Dann kam der große Moment. Annabelle wurde der Startplatz sechs zugelost. Der diesjährige Parcours war wirklich anspruchsvoll. So schaffte es keiner der ersten fünf Springer, diesen ohne Abwurf zu absolvieren.
Der Moderator wies darauf hin, dass es in diesem Jahr seit langem wieder eine Qualifikantin geschafft hat, sich für das große Springen zu qualifizieren. Dann bezeichneter Terminator als Ackergaul und bat Annabelle nicht alle Stangen abzuwerfen, damit die Helfer nicht so viel tun haben.
Annabelle schaffte dann mit Terminator fehlerfrei zu bleiben. Auf den Rängen kam erstmals Applaus auf. Nach dem Ritt streckte sie die Hand in die Luft und ritt zur Ehrentribüne. Sie verbeugte sich anständig und auch Terminator tat dies. Der Vorsitzende des Spring- und Reitvereins von Neuchatel stand auf. Er hielt ein Mikrophon in der Hand und sprach: „Sehr geehrte Frau Schönleber, im Namen des Vorstandes und des gesamten Vereines entschuldige ich mich für die unserer Meinung nicht akzeptable Anmoderation von Ihnen. Ich persönlich bin überaus froh, dass sie heute den Weg zu uns gefunden haben und freue mich schon, darauf Sie im Stechen wieder zu sehen.“ Das gesamte Publikum sprang auf und applaudierte.
Neben Annabelle und mir schafften es noch drei weitere Reiter ins Stechen. Annabelle war die letzte Reiterin. Bisher hatte niemand einen fehlerfreien Ritt geschafft. Ich lag mit einem Abwurf und der besten Zeit in Führung. Für Annabelle sah es sehr gut aus. Sie hatte nur noch zwei Hindernisse vor sich und war bisher fehlerfrei. Da stoppte sie Terminator stieg ab und ging zu seinem rechten Hinterlauf. Die Pfleger und unser Vereinstierarzt eilten zu den beiden. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass es nicht gut, um ihr Pferd stand. Mit tat Annabelle so leid. Man sah ihr deutlich an, dass sie mit den Tränen kämpfen musste. Terminator humpelte auf drei Beinen hinaus.
Es war der einzige Sieg meiner Karriere, über den ich mich gar nicht freuen konnte. Trotz Disqualifikation entschieden die Verantwortlichen, dass Annabelle und Terminator den fünften Platz belegt hätten. So nahm sie an der Siegerehrung teil.
Nachdem die Siegerehrung vorbei war, forderte ich sie auf, zu mir auf Siegertreppchen zu kommen. Die Verwunderung war ihr ganz offen anzusehen. Die kam meiner Aufforderung dann doch unter dem Jubel der anwesenden Zuschauer nach.
Auf der anschließenden Pressekonferenz ließ der Veranstalter ausrichten, dass sich Annabelle noch um ihr Pferd kümmern würde, dann aber – falls es ihr möglich ist – noch bei der Pressekonferenz vorbei schauen würde.
Ich führte dann aus, dass ich mich über diesen Sieg nicht richtig freuen könnte und erzählte die Geschichte, wie ich die beiden im Reitstall des Internats kennen gelernt hatte.
Annabelle schaute dann tatsächlich noch auf der Pressekonferenz noch vorbei. Man sah ihr deutlich an, dass sie geweint hatte. Ihr Make-up war deutlich zerlaufen.
Sie berichtete, dass zwischenzeitlich auch die Tierärzte des hiesigen Vereins sich Terminator angesehen und die Diagnose gestellt hätten. Es sah gar nicht gut aus. Es war mehr als fraglich, ob sie mit Terminator jemals wieder an einem Springen teilnehmen kann.
Dann erzählte Annabelle quasi ihre gesamte Lebensgeschichte. Als junges Mädchen hätte sie in einem Reitstall gearbeitet, um sich ihr Taschengeld aufzubessern. Dort gingen die reichsten der Reichen ein und aus. Bei einer dieser Reichen hatte sich ein Pferd derart verletzt, dass der Besitzer beschloss, das Tier einschläfern zu lassen. Sie fragte, ob er ihr das Tier nicht schenken könnte. Dann würde er sich die Tierarztrechnung sparen. Sie übernahm das Pferd und pflegte es gesund. Seitdem war sie im Reitstall nur noch die Kleine mit dem Pferd. Das Pferd war bereits für Springen ausgebildet und sie probierte regelmäßig mit ihm die Parcours aus, die sie zuvor mit aufgebaut hatte. Ihr Vater hatte sich seinerzeit noch nicht selbstständig gemacht, sodass sich die Familie den Platz im Reitstall und die sonstigen Kosten des Pferdes gar nicht leisten konnte. Zum Glück hatte sie im Reitstall bei Allen große Sympathien, sodass sich immer jemand fand, der ihr unter die Arme griff.
Sie beschrieb Termi als sehr temperamentvoll. Er würde sich aber stets beruhigen, wenn sie sich um ihn kümmern würde.
Weiter sei sie seit kurzem Schülerin des Internats in der Villa Schaumbourg und hatte ihr Pferd in den internatseigenen Reitstall verlegen lassen. Dort habe sie die Kollegen von Reit- und Springverein Hannover kennen gelernt. Nachdem wir deren Parcours fehlerfrei durchritten hatten, habe die ihr angeboten, für sie am Springen teilzunehmen.
Da ich als Turniersieger ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, ergänzte ich, dass ich meine Beziehungen zum hiesigen Verein nutzen musste, damit Annabelle am Qualifikationsturnier teilnehmen konnte.
Dann fragte sie ein Reporter, wie es ihr im Internat gefallen würde. Sie antwortete, dass das Internat jeden erdenklichen Luxus bieten würde und das Ausbildungskonzept individuell für jede Schülerin erstellt wird. „Ich weiß auch, dass meine Eltern dafür sehr viel Geld ausgeben.“ Sie sagte, dass sie keineswegs undankbar sein wolle, aber sie würde schon ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter und ihre Freundinnen daheim vermissen. Im Übrigen hätte sie gar nicht gewusst, dass es so viele Benimmregeln gibt. „Gefühlt habe ich gegen hunderte von ihnen verstoßen, seit ich im Internat bin.“ Alle Anwesenden lachten und der Vorsitzende des Vereins versicherte, dass ihr bisheriges Verhalten keinen Grund für Beanstandungen geben würde. Irgendwie schaffte sie es mit ihrer Art, alle Anwesenden von sich zu begeistern.
Da es Annabelle ins Stechen geschafft hatte, musste für sie kein Startgeld bezahlt werden. Als fünftplatzierte hatte sie immerhin noch 100.000 Franken Preisgeld gewonnen. Ich vereinbarte mit dem Internat, dass zunächst die tierärztliche Behandlung von ihrem Pferd aus dem Preisgeld bezahlt wird. Dies ermöglichte dann eine optimale Versorgung.
Wir brachten Annabelle und ihr Pferd zurück zum Reitstall. Ich habe noch nie eine Reiterin gesehen, die sich so rührend um ihr Pferd kümmert.
Nach der Bahnfahrt verabschiedete ich mich von dem Herrn und nahm den Bus zum Institut.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:25.10.24 14:13 IP: gespeichert
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Kapitel 7: Im Hotel
Nachdem die Richterin die Gerichtsverhandlung geschlossen hatte, fragte Annabelle ihren Anwalt, ob sie jetzt das Gerichtsgebäude als freies Mädel verlassen dürfe. Dieser antwortete: „Im Prinzip ja, allerdings müssen Sie noch einmal im Untersuchungsgefängnis vorbei schauen und dort quasi 'auschecken'.“
Ihre Eltern hatte ihr gesagt, dass sie im Grand-Hotel zu Neuchatel abgestiegen seien. Sie würden sich freuen, wenn Annabelle mit ihnen noch ein paar Tage dort gemeinsam verbringen würde. Schließlich hätten sie einiges zu besprechen. Sie sagte zu, später bei ihnen vorbei zu kommen.
Annabelle wurde mit einem Entlassungsbeschluss von den Justizbehörden zum Kantonalgefängnis gefahren. Dieses ist zwar nur einen knappen Kilometer vom örtlichen Landgericht entfernt, sodass sie angeboten hatte, die Strecke zu Fuß zurück zu legen. Jedoch bestanden die Behörden darauf, sie zu fahren. Es wäre sicherlich auch etwas komisch gewesen, wenn sie in Gefängnisuniform mit der Aufschrift „Kantonalgefängnis Neuchatel“ vollkommen allein durch die Straßen von Neuchatel stolziert.
Im Gefängnis gab sie die Gefängniskleidung ab und erhielt ihre Internatsuniform zurück. Zusätzlich hatte die Richterin verfügt, dass sie noch 200 Franken als Entlassungsgeld erhält, damit sie ihre Ausgaben der nächsten Tage bestreiten kann. Sie zog die Internatsuniform wieder an, verzichtete allerdings auf das Korsett, die Stützstrümpfe, die Handschuhe und den Kragen. Das Gefängnispersonal wünsche ihr noch alles Gute und fragte, ob sie ihr ein Taxi rufen sollen oder sonst noch etwas für sie tun könne. Einer der Beamten sagte dann noch zu ihr: „Dass Sie nicht lange bei uns bleiben werden, war uns allen von Anfang an klar. Sie sind so vollkommen anders als unsere sonstige Kundschaft. So anständig und Sie wissen sich zu benehmen.“ Sie bedankte sich für alles und sagte, dass sie jetzt den nächsten Bus in die Innenstadt nehmen würde und dann ihre Eltern treffen würde. Dazu kam es aber nicht mehr, da ihre Mutter bereits vor dem Gefängnis auf sie wartete.
Die Mutter fragte, ob die beiden nicht gemeinsam einkaufen gehen sollen. Als erstes besorgte sich Annabelle ein Paar Stiefel mit einem moderaten Absatz und sie legte sie sich noch ein neues Smartphone zu. Beim weiteren Einkaufen herrschte dann quasi eine verkehrte Welt. Die Mutter suchte ständig Kleidungsstücke, die sie bisher als 'Schlabber-Look' bezeichnet hätte, heraus, während sich Annabelle für elegante Kleider interessierte.
Später trank Annabelle zusammen mit ihrer Mutter noch einen Kaffee und die beiden gingen anschließend zum Hotel. Die Mutter fragte, ob sie noch ein Zimmer für Annabelle bekommen könnte. „Wir sind leider bis auf die Präsidenten-Suite vollkommen ausgebucht“, war die Antwort. Plötzlich kam der Hoteldirektor und fragte, ob es ein Problem geben würde. Er war auch der Vorsitzende des örtlichen Reit- und Springvereins. Er erkannte Annabelle wieder und begrüßte sie überschwänglich. Er bot an, dass die Familie in die Präsidenten-Suite umzieht. „Wir berechnen Ihnen selbstverständlich nur den Preis für Ihre bisherige Suite plus ein normales Einzelzimmer.“
Annabelle zog sich auf ihr Zimmer zurück. Ihren Eltern erzählte sie, dass sie sich ein wenig ausruhen wollte. Schließlich sei es für sie ein harter Tag gewesen. Tatsächlich probierte sie ihr neues Smartphone aus und telefonierte ausgiebig mit Manuel.
Am Abend ging die gesamte Familie Schönleber dann zum gemeinsamen Essen. Die Eltern gingen voraus, da Annabelle noch ein paar Minuten im Bad benötigte, um sich zurecht zu machen. Sie hatte sich für ein elegantes, langes blaues Kleid entschieden und auch die Haare und ihr Make-up waren perfekt.
Ein Ober begleitete Annabelle zum Tisch ihrer Eltern. Er gab ihr die Speisekarte und sie bestellte ein Glas Champagner als Aperitif. Nachdem die Familie auch ihr Essen bestellt hatte, kam der Hoteldirektor und erkundigte sich, ob mit dem Umzug alles geklappt hätte und die Herrschaften mit ihrem Zimmer zufrieden seien, was der Vater bestätigte. Dann fragte er, was Annabelle in der letzten Zeit gemacht hätte. „Sie waren ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht sind.“ „Meine Tochter hat einige Zeit außerhalb von der Schweiz verbracht.“, antwortete der Vater. Annabelle sah ihren Vater ganz böse an und entgegnete vorwurfsvoll: „Vater, ich möchte nicht, dass Du meinetwegen lügst. Ich habe einen Fehler gemacht und muss dazu stehen. Ich war nicht im Ausland sondern die ganze hier in Neuchatel, allerdings die meiste Zeit in Untersuchungshaft im Kartonalgefängnis.“
Der Hoteldirektor ging auf den Gefängnisaufenthalt nicht weiter ein und erkundigte sich stattdessen, wie es ihrem Pferd gehen würde. Annabelle antwortete, dass nahezu das gesamte Preisgeld für die Behandlung ausgegeben wurde und es Termi immer besser gehen würde. Der Hoteldirektor sagte, dass er sich freuen würde, wenn Annabelle wieder am Turnier teilnehmen würde. Diese fragte ihn, ob ihr Gefängnisaufenthalt kein Hindernis sei. Der Direktor sagte, dass er kein Hindernis sehen würde. Allerdings müsste sie es ja nicht auch jeden auf nie Nase binden.
Nachdem sich der Direktor verabschiedet hatte, meinte Herr Schönleber, dass Erscheinungsbild, Verhalten und Auftreten von Annabelle jetzt vorbildlich seien und fügte an: „Dann hat Dein Aufenthalt im Internat doch was Gutes.“ Annabelle entgegnete, dass der Preis dafür allerdings sehr hoch sei. „Dein Schulgeld war nicht billig, aber das konnten wir uns problemlos leisten.“ Annabelle konnte es nicht fassen. „Sieht mein eigener Vater nicht, wie sehr ich unten den Folgen leide“, dachte sie und brach in Tränen aus. Dabei vergaß sie kurzzeitig jede Etikette und schrie ihren Vater an „Den wahren Preis muss ich zahlen.“ Es folgte der nächste Weinkrampf. „Ihr habt jetzt eine Tochter, die Ihr problemlos in der Öffentlichkeit präsentieren könnt, die aber ein psychisches Zwack ist. Ich werde versuchen, mich bei öffentlichen Anlässen zusammen zu reißen, kann aber nicht garantieren, dass ich keinen emotionalen Zusammenbruch haben werde.“
Sie hielt die Situation nicht mehr aus und rannte unter Tränen aus dem Saal hinaus. Wie ein Häufchen Elend kauerte sie sich in einem der Sessel in der Hotel-Lobby und weinte vor sich hin. Ihre Eltern und auch die restlichen anwesenden weiteren Gäste waren sichtbar geschockt. Die Eltern über das, was sie gerade hören mussten und die anderen, dass das adrett gekleidete Mädchen, welches zuvor derart perfekte Manieren an den Tag gelegt hatte, derart die Fassung verloren hatte.
Ihre Mutter und wenig später auch ihr Vater kamen zu ihr und fragten mich, was los sei. „Ihr seht immer nur das verdammte Geld. Ich wollte nie in dieses verfluchte Internat und leide immer noch unter den Folgen. Ich habe beispielsweise immer noch Angst, einen einfachen Lichtschalter zu betätigen, da ich fürchte, einen Stromstoß zu bekommen. Aber das seht Ihr ja nicht. Ihr seht jetzt die angepasste Tochter, die keine Probleme mehr bereitet. Dass ich zwischenzeitlich ein psychisches Zwack bin, interessiert ja niemanden.“
Ihre Mutter entgegnete, dass sie das Ausmaß der Folgen vollkommen unterschätzt hätten.
„Mir dieses Internat anzutun, nur weil ich mich genau wie meine Altersgenossinnen gekleidet habe und nicht an Deinen Business-Meetings teilnehmen wollte, finde ich unfair. Wisst Ihr, was das für eine Gefühl ist, wenn Du ein Halsband trägst und genau weißt, dass Du bei der kleinsten Verfehlung einen äußerst schmerzhaften Elektroschock bekommst. Und wisst Ihr, was das Schlimmste ist? Wenn einem die eigenen Eltern dies nicht glauben und dann später nur das Schulgeld sehen, welches sie bezahlen mussten. Dabei muss ich dafür einen sehr hohen Preis in Form meines zerstörten Lebens bezahlen. Ich erinnere Euch, dass Ihr versprochen habt, alles zu tun, um meine Liebe wieder zu verdienen.“
Ich wollte Deinem geschäftlichen Erfolg nicht im Wege stehen, aber ich wünsche mir oft die Zeit davor zurück. Gut wir hatten nicht viel Geld und mussten jeden Euro mehrfach umdrehen und wohnten in einer kleinen Dreizimmerwohnung in einer nicht so guten Wohngegend, aber wir waren eine richtige Familie und haben uns geliebt.“
Ein Mann im Alter unserer Eltern kam auf Annabelle zu und fragte mich, ob ich vom Internat in der Villa Schaumbourg sprechen würde, was sie bejahte. Er stellte sich als Hermann Wolfsleben vor. Im Internat hatte Annabelle eine Mitschülerin namens Jessica Wolfsleben und so fragte sie den Herrn, ob Jessica seine Tochter sei. Als er dies bestätigte, sagte sie zu ihm: „Wenn Sie noch ein klein wenig Liebe für Ihre Tochter übrig haben, dann holen Sie sie sofort aus der Hölle heraus. Das Internat ist für uns alle kein Zuckerschlecken, aber Jessica leidet besonders stark unter den Zuständen dort.“
Herr Wolfsleben verlor keine Zeit. Er bezahlte sofort sein Essen und verließ das Hotelrestaurant. Auch Annabelle verließ das Hotel und ging am See spazieren, erstens um meinen Kopf frei zu bekommen und zweitens um sich mit Manuel zu treffen. Als sie drei Stunden später wieder das Hotel betrat, stand Herr Wolfsleben mit Jessica in der Hotelhalle. Jessica sah sie und rannte auf sie zu. Mit Tränen in den Augen sagte sie: „Danke, dass Du meinen Vater gebeten hast, mich aus dieser Hölle zu befreien.“
Das Hotel war immer noch vollkommen Hotel ausgebucht. So bot Annabelle Jessica an, sich ihr Zimmer in der Suite mit ihr zu teilen. Diese nahm das Angebot dankbar an. Die beiden wollten gerade auf ihr Zimmer gehen, da sprach sie ein junger Mann an. Er sei Reporter der örtlichen Zeitung und habe schon lange den Verdacht, dass mit den Internat irgendetwas nicht stimmen würde. Solange er aber keine Beweise bringen würde, weigerte sich sein Chefredakteur, die Sache aufzugreifen.
Ihr Vater wies Annabelle darauf hin, dass der Vertrag mit dem Internat eine Verschwiegenheitsklausel enthalten würde. Diese konnte es nicht fassen, dass sich ihr Vater mehr darum sorgt, dass er gegen den Vertrag mit diesem verfluchten Internat verstoßen könnte, als um den Zustand seiner eigenen Tochter. Allerdings verspürte sie keine große Lust, das Gerichtsgebäude wieder von innen zu sehen.
Aber so konnte sie erneut ihr neues Smartphone ausprobieren und rief ihren Anwalt an. Dieser erläuterte ihr, dass die Vertragsklausel, wenn sie überhaupt vor Gericht bestand haben sollte, für Jessica und sie nicht gelten würden, da wir keine Vertragspartei seien und auch nichts unterschrieben hätten. Da sich der Anwalt noch in Neuchatel aufhielt, bot er an, bei dem Interview dabei zu sein.
Annabelle erzählte ihrem Vater, was sie gerade von ihrem Anwalt erfahren hatte. Sie fügte an, dass sie sich keineswegs den Mund verbieten lasse. Hier waren wieder ihre beiden Gesichter zu sehen. Auf der einen Seite war dort, dass kleine, zerbrechliche Mädchen, welches unter den Folgen des Internatsaufenthaltes litt und auf der anderen Seite war dort die Kämpferin.
Annabelle fragte den Reporter, ob er etwas dagegen hätte, wenn zur Sicherheit Ihre Eltern und ihr Anwalt dem Interview beiwohnen würden. Der Reporter stimmte zu. Dann fragte sie Jessica, ob sie auch teilnehmen wollte. So verabredeten sie sich für den nächsten Tag in der Suite der Familie Schönleber zu einem Interview.
[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von ZdBdLa am 25.11.24 um 15:07 geändert
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:25.10.24 19:02 IP: gespeichert
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Hallo, schön das es weiter geht, und es ist sehr schön geschrieben. Die Geschichte wird immer interessanter, ich bin sehr gespannt wie es weiter geht.
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RE: Natalie Teil 2 (Fortsetzung vom Mädchenpensionat)
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Datum:26.10.24 09:37 IP: gespeichert
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Bei sowas kommt mir echt die Galle hoch.
K & K, Kohle und Karriere, das ist den Eltern wichtiger als die eigene Familie.
Ich will nicht wissen, wie hoch die Dunkelziffer bei den Familien ist, wo das bittere Realität ist.
Bitte schreib weiter, und decke weitere Skandale auf.
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